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BIBLIOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT
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Lehrbuch
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vergleichenden Pathologie.
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Von
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Dr. med. Johann Paul frleistog,
praktischer Arzt und Magister der Thierheilkuade.
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Leipzig
Verlag von Otto Wigand. 1865.
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Vorwort.
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Hiermit tibergebe ich dem ärztlichen Publikum ein Lehrbuch der vergleichenden Pathologie als einen Versuch, diese Wissenschaft vorzüglich auf pathologische Anatomie und Physiologie zu begründen, um hierdurch die Pathologie des Menschen den Thierärzten und die Thierpathologie den Menschenärzten in einer Weise zugänglich und verständlich zu machen, wie dies bis jetzt noch nicht geschah.
Statt aller an dieser Stelle üblichen Captationen will ich hier ganz besonders bemerken, dass ich meinem eignen Gefühle widersprechen würde, wollte ich nicht anerkennen, welchen thätigen und herzlichen Antheil mein Freund, Dr. Eduard Trautvetter, Oberrossarzt der Königl. Sachs. Armee, am Erscheinen dieses Werkes nahm. Besonders leistete er demselben durch Herbeischaflfung pathologisch-anatomischer Präparate auf das Opferwilligste einen sehr wesentlichen Vorschub. Vieles, was hier niedergelegt ist, ging aus den vielfachen zwischen uns gepflogenen collegialischen Besprechungen hervor und Nichts ist in praktisch thierärztlicher Beziehung hier vorgeführt, was nicht auch seine Billigung fand. Und so übe ich wahrlich nicht blos einen Akt der Pietät
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jynbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorwort.
gegen meinen Freund, sondern erfülle nur meine Pflicht, indem ich dies hier hervorhebe.
Um dem Werke auch eine praktische Brauchbarkeit zu geben, sind ganz vorzüglich die diagnostischen Momente bei den Beschreibungen der Menschen- und Thierkrankheiten mit möglichster Sorgfalt hervorgehoben worden. Im Uebrigen mag die Sache für sich selbst sprechen. Sollte man Fehler an ihr zu rügen haben, so decke man dieselben nur ruhig auf, denn nur dadurch kann der Wahrheit ernstlich gedient werden, ich werde Jedem Red' und Antwort stehen.
Die Mittheilung aus der Jacksch'sehen Klinik (pag. 3) machte mir Dr. med. Otto Krause, ein Schüler Jacksch's von 1853 zu 1854, gegenwärtig praktischer Arzt in Jefferson-City am Missouri.
Die Beobachtungen von Claus über das seuchenartige Auftreten des Petechialfiebers unter den Schweinen (pag. 145) theilte derselbe mir brieflich mit.
Die mikroscopische Untersuchung des Cystenkrebses, welcher von Franz Müller in der Leber eines Bären angetroffen wurde, ist von We dl.
Dresden, den 24. März 1865.
Der Verfasser.
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Einleitung.
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Geschichte und Literatur.
Les ck'grée de perfection Tarient k rinfini. Cepecdant le fönds et partout Ie même. n n'y a de la difference que du grand au petit, du sensible ä rinseneible etc. Leibnitz. NouTeaux Essais.
Das Bediirfniss, sich darüber Rechenschaft zu geben, warum die Erscheinungen des kranken Lebens sich beim Menschen und bei den Thieren mannigfach verschieden gestalten, ist ein längst gefühltes , und schon bei Hippokrates finden wir Andeutungen davon, hier einschlagende Fragen zu beantworten, bei Galen dagegen schon das Streben, durch das Studium der Thierkrankheiten die Pathologie des Menschen zu erklären. Doch beschränkt sich darauf die Literatur der vergleichenden Pathologie des Alterthums. Denn erst zu Ende des siebenzehnten Jahrhunderts unternahm es Ehrhard Brunner unter der Aegide Stahls einen wissen-schaftlichen Vergleich zwischen Thier- und Menschenpathologie zu ziehen (dissertatio de 1'requentia morborum in corpore humano prae brutis, Halae), nachdem schon J. Ph. Ingrassias quod medicina veterinaria formaliter una eademque sit cum nobiliori hominis medicina, materiae duntaxat nobilitate differens, Venetiae 1568, und Lange in einer Abhandlung de differentiis inter hominum morbos cum brutis communes et proprios, Altdorf 1689, den Versuch gewagt hatten, die vergleichende Pathologie zu begründen.
Nach Brunn er zeigen sich die Fieber, welche so häufig beim Menschen sind, ungleich seltener bei den Thieren, dasselbe Verhäit-niss walte bei den (spontanen) Blutungen ob, die wassersüchtigen Anschwellungen imd die Höhlenwassersuchten wären auch seltener
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VInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einleitung.
bei Thieren, ausgenommen bei den Schafen. Die Schwindsucht sei nngekannt bei den Thieren, auch beobachte man seltener bei diesen den Husten, mit Ausschluss jener Fälle, die durch Eindringen fremder Körper in Luftröhre und Luftröhrenäste erzeugt würden. Bei den Thieren wären die Affectionen der Brust gewöhnlich durch äussere Ursachen erzeugt, beim Menschen wären diese ein Produkt einer allgemeinen Disposition und eines inneren Fehlers. Die Entzündung der Augen, der Ohren, der Kehle seien seltener bei den Thieren. Der Hund und die Katze wären häufiger Gegenstand der Augenentzündung und der Blindheit mit und ohne Linsentrübung (Katarakta). Convulsionen und Lähmungen, so wichtige Affectionen des Menschen, seien sehr selten bei den Thieren. Oft complicire der Einfluss der Leidenschaften, der Furcht und der Einbildung den Verlauf der Krank hei ten bei den Menschen, nichts Aehnliches komme den Thieren zu. Die Beispiele von kaltem Brand wären auch seltener bei den Thieren als bei den Menschen, der Geburtsact sei bei den Thieren von weniger Gefahren als beim Menschen begleitet, denn die Krankheiten der Gebärmutter und ihrer Anhänge wären sehr selten bei den Thieren.
Brunn er zieht denSchluss, dass die Thierkrankheiten deshalb weniger zahlreich sind, weil das Leben einer grossen Anzahl unter ihnen so kurz sei, und weil sie weniger durch die Abweichungen des Mediums , in dem sie leben, alterirt würden. Die geringe Zahl der Krankheiten sei auch durch eine grössere Einfachheit der Organisation und durch die so geringen Abweichungen der gegebenen Verrichtungen von der Norm bei ihnen bedingt.
Brunn er hat hinsichtlich der in derWildniss lebenden Thiere nicht unrecht, wenn er besonders dort die geringe Frequenz der Thierkrankheiten hervorhebt. Denn das Grab der meisten pflanzenfressenden Vertebraten und Evertebraten ist der Magen der fleischfressenden Thiere. Und was in der Thierwelt nicht den Carnivoren zur Beute wurde oder zufällig einen gewaltsamen Tod starb, erliegt einem physiologischen Lebensende, ohne Texturveränderung innerer Organe, ohne Krankheit, ohne Siechthura. Bei vieljn Evertebraten hält dieser physiologische Tod bestimmte Zeitmaasse ein. Aber wo er auch auftritt, er ist ohne Abweichung von den Lebensvorgängen , vielmehr dem allmäligen oder plötzlichen Stillstehen einer Maschine zu vergleichen. Ja mit Ausschluss des Parasitismus und dessen Folgen, der allerdings in der Thierwelt eine ganz gewaltige Verbreitung zeigt, sehen wir die in der Wildniss lebenden Thiere nur hin und wieder von Zeit- wie Ortsseuchen heimgesucht, unter denen besonders der Milzbrand zu nennen ist, der nicht nur unter den in Wildniss lebenden Warmblütern, sondern auch bei Reptilien und Fischen in seuchenartiger Verbreitung beobachtet wurde.
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Geschichte und Literatur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;VII
Sporadische Krankheiten sind bei den wilden. Thieren höchst selten, und wir kennen nur einzelne Beispiele vom sporadischen Vorkommen der Krankheiten bei jenen, z, B. beim Wild (Hirsch, Hasen, Wildschwein).
Nicht ohne Bedeutung ist die Abhandlung in den nachgelassenen Werken Peter Campers: Réponse a la question proposée en 1783 par la Société batave de Rotterdam, Paris 1803, für die Geschichte unserer Disciplin. Dort hebt Camper hervor, dass die Organisation des menschlichen Körpers und die der Säugethiere vollkommen übereinstimme. „Der Mensch einfach als Naturwesen betrachtet, sagt C. , ist weder mehr noch weniger ein Gegenstand der Erkrankung wie das Thier. Aber von dem Augenblick an, wo sich die Menschen zu einer Gesellschaft formirten, von da an, wo sie das natürliche und wilde Leben verliessen , mussten sie einer grossen Anzahl von Krankheiten ausgesetzt sein, welche nothwendig aus diesem Wechsel der Lebensweise hervorgehen mussten.quot; Eine Annahme, die auch Per ei val theilt (Philosophical Transactions vol. LXIV p. 66 sect; 5), welcher hierher bezüglich, besonders den Missbrauch des Alkohols hervorhebt, der nach seiner Auffassung alljährlich mehr Menschen hinwegraffe, als die Fieber, die Tuberkulose und die ansteckenden Krankheiten.
Camper theilt die Krankheiten derThiere in zwei Gruppen, in solche, welche die Thiere im Naturzustand, und in solche, welche dieselben in der Gefangenschaft heimsuchen, und vergleicht beide Krankheitsgruppen mit den Krankheiten der Menschen. Doch zählt er in jenen Gruppen die gewöhnlichen Krankheiten der Menschen und Thiere in der Gefangenschaft wie im Zustande der Wildniss ohne Ordnung auf.
Camper erwähnt der Entzündung, der Verschwärung, des Brandes, aller Arten von Geschwülsten, der Hernien, einer Anzahl Verletzungen, Verrenkungen und Brüche. Ueberhaupt ist seine Ein-theilung zu missbilligen, denn die Freiheit und der gezähmte Zustand üben weniger auf die Art als auf die Zahl der Erkrankungen einen Einfluss aus. Ferner bemerkt er etwas über die Häufigkeit der Missgeburten bei Menschen und Thieren, erwähnt der Würmer in den Luftwegen, der Parasiten in den Verdickungen der Haut und unter der äusseren Decke bei den Thieren. Er nennt die Kopf-affectionen bei den Thieren selten. Ferner theilt er dort einige interessante Beobachtungen über den Einfluss des Klimas, über die Einwirkung der Fütterung auf die verschiedenen Species , und des mehr oder weniger gesunden Getränks auf die Entwickelung des thierischen Organismus und einiger Krankheiten, besonders der Steinkrankheiten bei Menschen und Thieren mit.
Schon während des Lebens Campers erschien von ihm eine
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Abhandlung von den Krankheiten, die sowohl den Menschen, als den Thieren eigen sind. Lingen 1787.
J. P. Franck, disc. med. de morbis pecadum a medentibus nequaquam praetervidendis Ticin. reg. 1790.
L. W. Nebel, nosologia brutorum cum hormnuin morbis com-parata,Giessae 1798, tritt der Wahrheit schon bedeutend näher, wenn er versichert, dass die Thiere im Zustande derWildniss selten erkranken, dass sich aber dieses Verhältniss in der Gefangenschaft wesentlich ändere. Die Beschaffenheit des Bodens, des Wassers und der Luft des Aufenthaltsorts der Thiere ist nach Nebel von keinem geringern Einfluss, als schwere Arbeit und Art der Nahrung auf das häufigere Erkranken der Thiere in der Gefangenschaft. N. zieht a. a. O. einige Vergleiche zwischen den Fiebern des Menschen und denen der Thiere, macht dort einige Bemerkungen über die eigenthüna-liehen Störungen der Intelligenz beim Menschen, über ansteckende Krankheiten, die nach ihm besonders das Hornvieh am Wüthendsten heimsuchen sollen, und einige Entzündungen der Geschlechtswerk-zenge, die bei dem Hunde , dem Pferde, bei einem in der Wildniss lebenden Thiere, dem Hasen, beobachtet wurden und der Syphilis des Menschen ähneln sollen.
1801 F. Aygalenq, aper^u general sur la médecine vétérinaire et ses rapports avec la médecine. Paris.
1804 wurde durch einen Schüler Blumenbachs — Bergmann Primae liniae pathologiae comparatae — eine weitere Begründung der vergleichenden Pathologie versucht. Derselbe bezeichnet wohl mit vollem Recht in jener Abhandlung die vergleichende Pathologie als ein Complementstück der Naturgeschichte der Thiere, und behauptet, dass durch die Experimente, welche die Thierpathologie gestatte, sie der Medicin, Chirurgie und Therapie zu Hülfe käme und durch die Geschichte der Thierseuchen die der Epidemien aufhelle.
Bis auf Bergmann haben die Autoren das Feld der vergleichenden Pathologie auf eine Vergleichung der Krankheiten der Thiere mit denen der Menschen beschränkt, jedoch ihm ist zu verdanken, dass er seine Betrachtungen in dieser Richtung auf alle organischen Wesen ausdehnte. Er bemühte sich nachzuweisen, dass es möglich sei, bis zu einem gewissen Grade die Krankheiten der Menschen und Thiere auch in den Pflanzen aufzufinden, z. B. die Bleichsucht, verschiedene Exantheme, die Verschwörungen , den Knochenfrass, Geschwulstbildungen und Missgeburten. Die Details der Pflanzenkrankheiten sind bei de Candolle Physiologie vegetable einzusehen.
Bergmann bespricht in seinem Werke die Krankheiten der Insekten, Fische, Lurche, Sängelhiere und der Menschen. Bei den
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Geschichte und Literator.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;IX
Insekten werden namentlich die Krankheiten der Bienen und Seidenwürmer abgehandelt, wobei er ein merkwürdiges Beispiel anführt. Während des Jahres 1791 herrschte eine Seuche unter den Menschen und eine Epizootie, welche beide sich sehr ähnelten. Es gingen viele Menschen und Thiere verloren, und gleichzeitig herrschte eine grosse Sterblichkeit unter den Bienen und Seidenwürraern *). Von den F isc h en bemerkt Bergm an n , dass sie Verletzungen, die man ihnen zufügt, im Allgemeinen leichter vertragen. Ferner hebt er a. a. O. hervor, dass sie Parasiten in grosser Zahl, pflanzlicher wie thierischer Natur bergen, er gedenkt der Abweichungen der Wirbelsäule, besonders bei yerca flmiatilis, erwähnt der einfachen und doppelten Monstrositäten bei ihnen und der Vergiftung der Fische durch verschiedene Substanzen. In einem gewissen Alter der Fische fände man bei denselben die überfüllten Gefösse, welche der Ernährung der Schuppen vorstehen, verstopft, ihre Farbe und ihr Glanz seien matt, und die Schuppen wären mit verschiedenen Arten Auswüchsen besetzt. Eine ähnliche Erscheinung käme an der Haut der Greise vor. — Im Jahre 1757 herrschte nach Bergmann eine grosse Zeilseuche unter einigen Species der Thiere, gleichzeitig starben viele Fische in einer grossen Zahl von Teichen ab. Dem entspricht auch die Beobachtung, der zu Folge während der Cholera-epidemieen 1853 und 1856 in Kussland eine seuchenartige Sterblichkeit unter den Flussfischen herrschte. In den beiden Jahren fand man die Ufer des caspischen Meeres, vorzüglich in der Gegend von Kis-lar, was 400 Werst entfernt von Astrachan liegt, in grosser Ausdehnung von todten Fischen bedeckt. (Ray er.) Doch ist in Deutschland während jener Choleraepidemieen nichts Aehnliches bekannt worden , obgleich in Böhmen während der 50er Choleraseuche sich
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*) Jene verheerende Krankheit, welche zu gewissen Zeiten ein seuchen-attiges Absterben der Seidenwürmer in den Maulbeerplantagen begründet, ist von A. Bassi 1835 genauer untersucht und unter den Namen Mnscardinc oder Calc'mo (Incrustirung) allgemein bekannt. Bassi fand, dass dieses Leiden in einer Entwickelung eines Schimmelpilzes, hotrytis Bassiana, bestehe, der im Innern der Seidenraupe, im sogenannten Fettkörper, zuerst auftrete und später durch stete Wucherung und Vermehrung durch die Löcher der Haut hervordringe und diese schliesslich vollkommen überziehe, ähnlich den kleinen Isa-rien, welche auf den Körpern der Hausfliegen, todter Spinnen, Schmetterlingspuppen so häutig entstellen. In toto bildet botrytis Bass, eine weisse mehlartige Efflorescenz, die durch Einimpfung bei gesunden Individuen dieselbe Krankheit erzeugt, aber immer erst nach dem Tode des Individuums erscheint. Andonin hat 1837 durch Versuche gefunden, dass die Muscardine der ganzen Ordnung der Sehmetterlinge gemein ist, dass sie von Seidenwürmern auch auf andere Insecten und umgekehrt verpflanzt werden kann, dass sieh weder die Krankheit noch der Pilz auf den verschiedenen Insectengattungen ändert, und dass durch künstliche Ansteckung der Fettkörper der Seidenraupe schneller vom Pilze zerstört wird, und daher auch der Tod früher erfolgt.
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Xnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Einleitung.
oine grössero Sterblichkeit unter dem Federvieh herausstellte, die auch 1831 unter den Hühnern und Truthühnern während der Choleraepideraie bemerkt wurde. Dem Tode gingen Erbrechen, Durchfälle und Convulsionen voran. Solche Beobachtungen , dass sich ein massenhaftes Absterben der Fische zu Zeiten bemerklich macht, in welchen Epidemieën und Epizootieen herrschten, sind jedoch in der neueren Zeit schon mehrfach gemacht worden. So erwähnt Grünberg in sein er Theorieder orientalischen Cholera, Berlin 1836, u. A.: von Juni bis August 1828 hatten wir längs des ganzen Laufs der Oder und deren Ausflüsse eine Erscheinung, die unseres Wissens hier zu Lande nie beobachtet ist, obwohl Aehnliches anderswo und besonders an den italienischen Küsten häufig vorkommt, nämlich ein Sterben der Fische. Es starben zuerst W e 1 s e, später auch Hechte und Zander in so ungeheurer Menge, dass deren Leichname zu vielen Tausenden an den Ufern antrieben, dass hier und da zur Verhütung von Krankheiten polizeiliche Maassregeln nöthig wurden. Die Section er-u;ab einen brandigen Zustand des Darracanals, eine aussere Ursache konnte gar nicht ermittelt werden. — Meyer berichtet, dass während der 31er Petersburger Choleraepidemie in dem Ostseemeerbusen bei Riga eine ungeheure Anzahl todter Fische vorkam.
Bergmann beschreibt einige parasitische Pflanzen auf gewissen Organen der Fische. Er machte ferner die Beobachtung, dass die Vögel, welche den atmosphärischen Einflüssen ausgesetzt sind, von den unter andern Thieren herrschenden Zeitsenchen heimgesucht werden. Er gedenkt einer Seuche, die eine Heerde Kälber und gleichzeitig die Hofhühner betraf; 1812 herrschte in der Gegend der Stadt Augsburg eine Epizootie, die gleichzeitig Pferde, Ochsen und Schweine befiel und sieh auf Vögel ausbreitete. 1763 —1764 machten sich zahlreiche Krankheiten bei Hunden und bei einer grossen Zahl von Vögeln in mehreren Gegenden Europas bemerklich. Während der Blatterepidemieen wurden einige Vögelarten und namentlich die Taube von einem Eruptions fi eher befallen, der pustulöse Ausschlag glich dem Blatternexanthem.
Blumenbach versichert das gleichzeitige Vorkommen der Blattern bei Vögeln und der Schafpocken beobachtet zu haben, ja in einigen Fällen sogar während herrschender Menschenpocken-epidemieen. Dies könnte die Annahme begründen, dass die Pocken der Menschen, der Schafe und die pockenartigen Ausschläge der Vögel aus einer gemeinsamen Quelle herzuleiten wären, trotz der frappanten Verschiedenheiten, die jene Affectionen unter sich darbieten. — laquo;Die Seuchen der Vögel sind oft die Vorläufer der Epidemieën der Menschenquot; (Bergmann).
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Geschichte und Literatur.
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XI
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Bergmann beweist, dass manche Krankheiten in dieser Species häufiger, in jener seltener sind , ein Verhältniss, was man bis zu der Behauptung ausdehnen kann, dass jeder Thierspecies mehr oder weniger eine besondere originäre Krankheit entspricht, so den Einhufern der Rotz und der Wnrm, den Kindern die Lungenseuche, dem Hundegeschlecht die Wuth. Bergmann zeigt ferner am angegebenen Orte, dass, wenn gewisse Krankheiten des Menschen an bestimmte Klimate geknüpft sind, auch die Thiere an jener; Krankheiten participiren. Er erwähnt beispielsweise des Weichselzopfs , der bei Menschen, Hunden und Pferden in den Niederungen an der Weichsel vorkommt. Der Affe, welcher naturhistorisch dem Menschen am nächsten steht, erkranke auch wie dieser so häufig an der Tuberkulose, den Seropheln, sowie an allgemeinen Convulsionen. Ein Vergleich der Ergebnisse grosser chirurgischer Operationen und der Körperverstümmelungen bei den Säugethieren und den Menschen ergiebt nach Bergmann mannigfache Abweichungen zwischen dem menschlichen Organismus und demjenigen der verschiedenen Säuge-thierspecies. Die zahlreichen Experimente ergaben, dass der Hund z. B. die schwersten Verstümmelungen verträgt und besser verträgt als der Mensch, während die Ziegen, Schafe, Kaninchen ihnen fast sämmt-lioh plötzlich unterliegen. Bergmann bemerkt dann, dass das inter-mittirende Sumpffieber, welches so gewöhnlich unter den Bewohnern sumpfiger Gegenden grassirt, nicht bei den Haussäuge-thieren vorkomme, obwohl diese wie jene dem Einflüsse des Malariagiftes ausgesetzt sind , doch solle dieses nach B e rgm an n bei den Thieren, namentlich bei den Schafen ein ähnliches Siech-thum erzeugen , wie es das Weehselfiebersieehthum des Menschen ist, nämlich Wassersucht der Haut, der Körperhöhlen, Bleichsucht (Verarmung des Blutes an gefärbten Blutzellen), überhaupt die sogenannte cachexia aqvosa. Bergmann schliesst seine Arbeiten durch einige allgemeine Bemerkungen über die Thierseuchen und hebt u. A. hervor, dass Krankheiten wie die Pest und Typhus der grossen Haussäugethiere, welche sich so sehr ansteckend in derselben Species erweisen, sich doch nicht auf andere Thiere, wie auf den Hund, das Pferd, das Schaf, die Ziege etc. fortpflanzen.
Hennemann hielt schon im Jahre 1778 in Göttingen einen Cursus über vergleichende Medicin. Guill. Joann. Corn. Hennemann. Lectiones suas per semestre aestivum in Academia Georgia Augusta habendas indicit, praemittentur primae lineae nasologiae morborum. Bossiegel, Goettingae 1778, „Artem veterinariam tractandam suscipio, commilitones optimi, doctrinam ab ea quae sanitati hominum et constituendae et restituendae inservit, non adeo discrepantem ac vulgo plerique putant.quot;
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jjlnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Einleitung.
1792 erschien Müller's pathologiae comparatae specimen Regiomont.
1809 Sydow's: Der Mensch und seine vorzüglichsten Haus-thiere (Memorabilien der Heilkunde).
1817 Gandolfi Cenni di eonfrouto tra le malattie dell' uomo e dei brutti (Opuscoli scentifici di Bologna).
1818—21 Greve, Erfahrungen und Beobachtungen über die Krankheiten der Hausthiere in Vergleich mit den Krankheiten des Menschen. Oldenburg. Obwohl dieses Werk das Ergebniss von Studien ist, die der Autor theils am Krankenbette, theils in den Krankenställen der Hausthiere gemacht hat, so ist es trotzdem von geringer Bedeutung. Interessant sind in ihm einige Bemerkungen über die Uebertragung der Krätze von dem Pferde auf den Menschen, und die Untersuchungen über die Entwickelung der Larven von musca cadaverina in bestimmten Geschwüren des Menschen und der Thiere , wodurch er den Beweis führt, dass das Erscheinen dieser Fliegenlarven darin nichts Anderes wäre, als die Folge der Entwickelung von Eiern, welche jene Fliege in die Geschwüre der Menschen und Thiere legte.
1825 zu Breslau Römer's dissertatie exhibens pathologiae comparatae specimen.
1828 Mandt, praktische Darstellung der wichtigsten Epidemieën und Epizootieen. Berlin.
1830 erschien Otto's Lehrbuch der pathologischen Anatomie des Menschen und der Thiere. Berlin, worin alle Fehler der ersten Bildung (vitia primae conformationis) und alle Gewebsalterationen durch alle Organe und sämmtliche Gewebe hindurch bei Mensch und Thier untereinander verglichen sind. Selbstverständlich liegen dem Werke Otto's nur wenig neue Beobachtungen zu Grunde, die meisten dort niedergelegten Thatsachen waren den Werken deutscher und französischer (Dupuy, Leblanc, Delafond, Renault und Bouley) Autoren entlehnt.
1834nbsp; Strachof, über die Dienste, welche die Thierheilkunde und thierische Anatomie der menschlichen Heilkunde bereits geleistet hat und noch zu leisten vermag. Moskau.
1835nbsp; Math. Joseph Barth, de nonnullis epidemiis et epi-zootiis simul regnantibus earumque mutua indole contagiosa. Berolini.
Von Wichtigkeit war die Discussion Ray er's über die üeber-trasning des Rotzes von den Einhufern auf den Menschen.
Ray er, im Bulletin de l'Academie royale de médecine, 1836. Ray er, de la morve et du farcin chez l'homme, 1837.
1836nbsp; nbsp;erschien das Werk von Isidore Geoffrey Saint H i 1 a i r e : Histoire générale et particuliere des anomalies de l'erga-nisation chez l'homme et les animaux, das wohl die vollkommenste
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Geschichte und Literatur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;XIII
Darstellung der Missgeburten bei dem Menschen und den Thieren enthält.
1839 gab Jacob Livin eine vergleichende Darstellung der von den Hausthieren auf Menschen übertragbaren Krankheiten in Berlin heraus, worin vom Rotze der Einhufer und dessen Uebertragung auf den Menschen, vom Milzbrand der Schafe (sang de rate), von den Carbunkelkrankheiten der Thiere und deren zufälligen Uebertragun-gen auf den Menschen, von der Maul- und Klauenseuche und der Möglichkeit einer Uebertragung dieser Krankheit auf den Menschen, von den Kuhpocken und ihrer Uebertragbarkeit auf den Menschen, von der Uebertragung der Krätze der Thiere auf den Menschen, von der Hundswuth, der Wuth des Menschen und der Wuth der Haus-thiere gehandelt wird.
Einen gewissen Einfluss auf die Entwickelung der vergleichenden Pathologie übten auch die berühmten Blutuntersuchungen von Andral und Gavarret aus.
Recherches sur les modifications de proportion de quelqiies principes du sang (fibrine, globules, materiaux solides du serum et eau) dans le maladies par M. M. Andral et Gavarret (Annales de chimie et de physique LXXV). Recherches sur la composition du sang de quelques animaux dans l'état de santé et de maladie par M.M. Andral, Gavarret, Delafond (Annales de chimie et de physique 3. Série t. V).
1842 begründete Ray er zu Paris sein Archiv der vergleichenden Pathologie, wodurch er die vergleichende Pathologie zur selbstständigen Wissenschaft erhob. Dies ist wahrlich nicht das geringste Verdienst dieses Mannes, der bescheiden genug, trotz der ihm zustehenden, nicht wegzuleugnenden Priorität in dieser Sache, dennoch sich nicht vor Heusinger stellt, sondern sich demselben in seiner Geschichte der vergleichenden Pathologie (Introduction des Cours de médecine compar. von R.) anreiht.
C. Fr. Heusinger's Recherches de Pathologie comparée. Cassel 1844—1847. Vol. II. lieferte das erste grössere Werk über vergleichende Pathologie. In diesem Werke ist u. A. eine Geschichte der Thierheilkunde enthalten, welche die Leistungen nicht nur der Römer und Griechen, sondern auch der Indiër, Perser, Aegypter und Araber in der Thierheilkunde bis zur Zeit des Abu Bekr Ben el-Bedr (f 1290) schildert und von da an die Leistungen thierärzt-licher Autoren bis auf die Zeit Heusingers verfolgt, indem er ein besonderes Capitel dem Mittelalter, von 1200—1600, widmet (eine Geschichte der Thierheilkunde während des Wiedererwachens der Wissenschaften) und ein anderes Capitel, von Carl R u i n i an bis zur Eröffnung der ersten Thierarzneischulen, von 1600—1763, der Geschichte der jüngeren und jüngsten Periode der Thierheilkunde
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XIVnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einleitnng.
voransehickte. Ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich behaupte, dass dieser Abschnitt des H e u s i n g e r'schen Werkes ein historiographisches Muster ist.
Diesem historischen Theile folgt bei H. die Partie deuxième. Exquisse d'une nosographie comparée de rhomme et des animaux domestiques. Hier sind die Krankheiten nach den einzelnen Organen und Systemen gruppirt und die Krankheiten des Menschen und der Haussäugethiere geradezu (tabellarisch) nebeneinander gestellt. Eine eigentliche Beschreibung der Krankheiten bei beiden unterbleibt, vielmehr wird nur nominell aufgeführt, was beim Menschen und den Haussäugethieren vorkommt, das Wie wird als bekannt vorausgesetzt. Deshalb sinkt an vielen Stellen innerhalb dieses Abschnittes die H e u s i n g e r'sehe Arbeit zu einer pathologischen Häufigkeitstabelle herab, die durch die unbestimmte Ausdrucksweise (frequent ou plus frequent que dans rhomme, rare on plus rare dans tons nos animaux domestiques etc.), die sich durch den ganzen Abschnitt, wie ein rother Faden, hindurchzieht, und durch den Mangel einer pathologisch-anatomischen Auffassung der erwähnten Krankheiten hin und wieder ganz entwerthet wird. Dort setzt er dem Soor des Menschen die Aphthenkrankheit der Lämmer entgegen. DenAphthen des Menschen werden die Aphthenkrankheiten der Thiere gegenübergestellt. Bei der brandigen Mundentzündung des Menschen erwähnt er die Maulentzündung der Thiere und den seuchenartigen Anthrax bei Pferden, Rindern und Hunden. Bei der gangränösen Angina des Menschen gedenkt er des Kropfanthrax der Vögel und einiger mit brandigen Organleiden einhergehender Seuchen der Thiere. Bei Gelegenheit der bei Menschen so seltenen Zungenentzündung weist er auf die Häufigkeit derselben bei dem Schweine hin. Der Krebs der Lippen und der Zungen ist dort als quot;gleich selten bei dem Menschen wie bei den Thieren bezeichnet. Die Warzen, die beim Menschen so selten wären, kommen nach H. in Folge einer massenhaften Entwickelung der Papillen und des Epitheliums auf der Mundschleimhaut sehr häufig bei gewissen Thieren vor, solche wären das Pferd, die Ziege, der Hund. Die Exostosen der Zähne wären häufiger bei den Pflanzenfressern , als bei dem Menschen. Der Zahnfrass fände sich zwar bei allen Haussäugethieren, aber wäre doch ungleich seltener als beim Menschen. Der Autor untersucht nachher vergleichend bei dem Menschen und bei den Thieren die Krankheiten des Schlundes, Magens, Darms, der Bauchspeicheldrüse, des Bauchfells, der Lymphgefasse, der Venen , des arteriellen Systems , der Milz, der Leber, der Respirationsorgane, der Haut, der Nieren, der Geschlechtswerkzeuge, der Muskeln und Knochen. Hieran schliesst sich eine vergleichende Betrachtung der Cachexieen. Seine Definition der Cachexieen ist sehr eigenthümlich: „Les cachexies sont des ma-
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Geschichte und Literatur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; XV
ladies dans lesquelles, par un vice central de la vie, souffrent tonte la nutrition et l'innervation.quot; Aber er unterlässt es gänzlich, Sitz und Art des inneren Fehlers genauer zu bezeichnen. Den Schluss bilden die Krankheiten der Sinneswerkzeuge und des Nervensystems. Es finden sich vielfache Unrichtigkeiten in diesem Abschnitte. So heisst es p. 144 9, „Cachexia carcinomatosa. — C'est vrai que dans ses cas Mr. Andral a senlement tronvé du pus dans le sang.quot; Ich weiss nicht, was Herr Andral gesehen hat, aber das kann vollkommen zurückgewiesen werden, dass er Eiter im Blute Krebskranker vorfand, da es im höchsten Grade zweifelhaft ist, ob ü b e r h a u p t je intacterEiter in das circulirendeBlut gelange. Bei Krebskranken kommen ausserdem viel seltener die Fälle vor, welche an einen Eiterübertritt in's Blut denken lassen, als unter anderen Verhältnissen, unter denen, trotz ihrer Häufigkeit Lebert nur zwei Mal Eiter im Blute gesehen haben will.
Ferner 9: „Les maladies carcinomateuses nemanquent pas chez les animaux (Greve I c.II, p. 65, Delabere Blaine I, c. b. 156, Gurlt pag. 29, Körb er pag. 240) comme on eroyait autre foi, ce-pendent elles sont infinement plus rares et je ne connais pas d'obser-vations sur la cachexie eancéreuse des animaux.quot; — Jedoch seitdem auch bei den Thierärzten die pathologische Anatomie anfangt, in succum et sanguinem überzugehen, häufen sich die Beobachtungen über Krebsgeschwülste bei den Thieren der Art, dass man trotz der Geringfügigkeit des vorliegenden Beobachfungsmaterials behaupten kann, der Krebs sei ebenso häutig bei den Haussäugethieren, wenn nicht noch häufiger, als bei dem Menschen. Besonders bei den Pflanzenfressern hat sich eine ungewöhnliche Frequenz der Krebsgeschwülste und aller analogen Bildungen, die man jetzt gemeinhin als Sarkorne aufführt, herausgestellt, wodurch am besten bewiesen wird, wie unabhängig von allen äusseren Einflüssen sich diese Geschwülste entwickeln, denn wie verschieden sind die äusseren Lebensverhältnisse des Ochsen und die des Cultur-menschen.
Im dritten Theile, der der voluminöseste des ganzen Bandes ist, giebt Heusinger eine allgemeine Pathologie, worin er theils den Einfluss der allgemeinen und speciellen Disposition, theils die Einwirkung äusserer, krankheitserzeugender Potenzen auf die Entstehung der Krankheiten beim Menschen und den Thieren auf nicht weniger als auf 461 Quartseiten bespricht. Den Schluss bildet ein Abschnitt über die Pandemieen und Panzootieen und eine epizootische Tabelle.
Obwohl in dem aetiologischen Theile des Heüsinger-schen quot;Werkes eine Summe der wichtigsten Bemerkungen niedergelegt ist, obgleich dort eine grosse Anzahl fremder, höchst instructiver
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XVInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einleitung.
Beobachtungen aufgeführt wird, so dass man wohl in dieser Richtung das Werk fast erschöpfend nennen könnte, so erscheint mir doch die Behandlung des Stoffs viel zu umfangreich für den Gegenstand selbst. H. hat auf Kosten des positiven Wissens, nämlich der anatomischen und semiotischen Seite der vergleichenden Pathologie, die Aetiologie, den eigentlich negativen Theil unseres Wissens, in fast monströser Weise vorgeführt. Denn was könnte trotz genauer statistischer Untersuchungen dunkler sein, als die Ent-wickelung spontaner Störungen beim Menschen und bei denThieren? — Die Pneumonie z.B. befällt fast mit g 1 e i c h e r Frequenz Menschen nnd Pferde und die Gefährlichkeit des Zustandes ist bei Beiden trotz der so verschiedenen Organismen, trotz der so verschiedenen äusseren Einflüsse eine gleiche, da das gewöhnliche Procentverhältniss der Sterblichkeit bei der Lungenentzündung der Pferde wie des Menschen zwischen 12—15 Proc. schwankt. Wie dunkel ist die Aetiologie fast aller Zeitseuchen, und selbst bei den Endemieen, deren territorialen Ursprung wir genau kennen, häufen sich bei einer genaueren Prüfung ihrer Ursachen Zweifel auf Zweifel. Trotzdem ist nicht zu leugnen, dass durch die Heusinge r'schen vergleichenden aetiologischen Untersuchungen Manches aufgehellt und Vieles ermittelt wurde, u. A. — und dies scheint mir von hoher Bedeutung — die Identität in causaler Beziehung zwischen Milzbrand der Thiere und den intermittirenden Fiebern der Menschen, die innerhalb der historischen Zeit stets gleichzeitig seuchenartig herrschten und die, wie H. erwies , an gleiche Territorien geknüpft sind. Die dort niedergelegten Beobachtungen sind so zahlreich, die einschlagende Literatur aller Nationen ist in so ausgedehnter Weise benutzt, dass statt alles Weiteren hier auf das Werk selbst verwiesen werden muss.
Im zweiten Volumen sind die sogenannten Pieces justificatives enthalten. In der ersten Nummer findet sich eine Vergleichung der durch die Thierärzte des Alterthums und der von den Thierärzten des Mittelalters beschriebenen Krankheiten. Gewiss von hoher bibliographischer Bedeutung. — Die zweite Nummer ist eine historische Uebersicht der Lehre von den Krankheiten der Vögel, woraus erhellt, dass dieser Theil der vergleichenden Pathologie sich seit den ältesten Zeiten der Aufmerksamkeit gelehrter Männer zu erfreuen gehabt hat. Ich lasse hier die Literatur nach H. folgen :
Florentinus (200 —100 a. C.?), Beobachtung über die gespornten Hühner.
Berytius (200 — 100 a. C.?), Ueber den Schwindel der Hühner.
Päxamus (50 a. C. ?), Vier Artikel über die Krankheiten der Hühner.
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Columella (40 p. C), Der Kopfcarbunkel oder die brandige Halsentzündung der Hühner etc.
Palladius (300 p.C), Die Krankheiten der Hühner und der Pfaue. Unter dem Namen grana circa ocnlos beschreibt er das erste bei den Vögeln bemerkte Exanthem, welches die späteren Autoren -varioli und corales nennen.
De Crescentiis (1233—1307). Ueberhaupt werden hier -die varioli colubarum zuerst erwähnt.
Kaiser Friedrich II., Einige Krankheiten der Falken.
Albertus Magnus (1193—1280). In seinem Werke de falconibus, asturibus et accipitribus, welches mit dem Werke Friedrich des Zweiten veröffentlicht wurde, befindet sich ein Capitel über die Krankheiten der Falken, das aber beinahe Nichts enthält.
Demetrius(1261). JjjfMjTQlov xdvaravTivoTroliTOt', neqi rrjg rmv isqüxwv dtQO(pijg re xaï éTTi/ueXsiag. Von allen Schriftstellern beschreibt er die Krankheiten der Falken am vollständigsten, eine grosse Zahl jener ist in diesem Werke genannt.
Orneosophion (1300—1400). 'OgveoaótpiovdyQOtxÓTSQOv. Nicht so gut wie der Vorige.
Orneosophion Michaelis (1400). 'Ogvsoaóquov xslsvasi ys'YOvog tov doidif.iov ßaatXewg Mt/a^l. Von noch geringerem Werthe.
Mohamed Bardschini, in der Falknerei des Hammer. Hier wird eine grosse Zahl Krankheiten, welche mit den von den griechischen Autoren beschriebenen im Allgemeinen übereinstimmen, aufgeführt.
Fr. Sf. da Carcano, tre libri degli uccelli dirapina. Vinegla 1568. Die zweite Ausgabe ist erschienen Vincenza 1622.
Chr. d'Arcussia de Capre, die Falknerei (Falkenbeitze). Aix 1598, Eine bessere Ausgabe erschien Paris 1627.
Eng. Raimondi, delle caccie libri quattro (1626).
Pet. Olina, uccelliera. Roma 1684. Dieses sehr beachtens-werthe Werk war zu seiner Zeit sehr in unseren alten Bibliotheken verbreitet.
J. N. Rohlwes, die Federviehzucht. Berlin 1821.
L. Bossi, Trattato delle malattie degli uccelli. Milano 1823. Beinahe nur nach Raimondi und Olina.
Walter B. Dickson, Poultry, their breeding, diseases etc. London 1838.
Bechstein, Naturgeschichte der Stubenvögel. Gotha 1860. „Dieser emsige und unermüdliche Forscher hat das Meiste gethan, um die relative Häufigkeit der Krankheiten in den verschiedenen Species der Vögel festzustellen.quot; Darüber entwirft er folgende Liste :
II
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Colmnba risoria: Sie sind von allen Krankheiten des Menschen angesteckt worden, denn sie haben die Spitzblattern mit den Kindern, sie leiden an geschwollnen Füssen, wie die Stubenmenschen ; Parus : der Schwindel, die Dane, das Podagra; Molaciltae: die Diarrhöe, die Darre ; Motacilla alricapilla, horte?isgt;s emsserdem an Kahlköpfigkeit; Molacilla iiioduluris: leidet vorzüglich an den Spitzblattern auch in der Freiheit und selbst dieKleinen im Neste; Turdi omnes: Verstopfung der Schwanzdrüse, Darre; Alauda trivialis: die Kahlköpfigkeit; Alauda arborea: Fussgeschwüre, Knocheubrüche; Alauda arvensis: Schnabelgrind; FrmgiUa canariu: der Bruch, die gelbe Eäude, das Schweissfieber, der Catarrh, die Verstopfung, die Epilepsie, Ueborernährung der Krallen; Fringilla spinus: die Epilepsie; Fi'mgilla carduelis: die Epilepsie (vorzugsweise), die Augenentzündungen, der Schwindel, Blindheit; Fringilla linaria : Fussgeschwüre; Fringilla cannabina: Verstopfung, Darre, Epilepsie; Fringilla coelebs: Uebermässige Hornbildung an den Beinen (vorzugsweise), Verstopfung der Schwanzdiüse, der Durchfall; Emberiz-a cürmella et horiulana .• Darrsucht; Loxia pyrrhula ; Verstopfung, Durchfall, Epilepsie, Schwermuth; Loxiu curvirostra : Augènentzündungen, geschwollnc Beine, Schlagfluss, Epilepsie; Strix passerina: Schwindsucht.
Später ziihlt H. sämmtliche, von den Autoren beobachteten Krankheiten der Vögel auf, woraus u. A. hervorgeht, dass erou-pöse und dip h t h eri t i se h e Entzündungen der Maul-und Eachenhöhle der Vögel schon längst, ja selbst den alten Aegyptern bekannt waren.
H. nennt folgende Krankheiten:
Stomatitis exsudaiiva (Pituita pavonis Palladius. Alba pellieula linguae gallinarum Pal lad.— die passendste Bezeichnung. — Pituita gallinarum de Crescentiis).
Catarrhusoris, stomatitispituitosa ; stomatitis puitacea („wenn der Jagdvogel am Gaumen weiss wird,quot; Bardschini); stomatitis vesiculosa seu bullosa („Die Blase im Munde des Jagdvogels.quot; B.).
Stomatitis gungraeuosa.
.^ngräa ,• angina gangraenosa: Kropfsucht, Käsesu ch t (ein Croup oder eine Diphtheritis der Kropfschleimhaut).
Die Entzündung des Kropfs.
Die Verwundungen des Kropfs, besonders bei Hühnern nach Verschlucken von Metallstücken.
Appetitmangel und Un Verdaulichkeit („wenn der Jagdvogel nicht isst.quot; „Schwacher Magen des Jagdvogels.quot; B.).
Ueberladuug des Kropfs.
Das Erbrechen der Falken.
Pneumatosis ventriculi falconum.
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Pneumatosis intestinalis falconum.
Diarrhoea, Alvi profluvium gallinarum, Enteritis, eine zuweilen epizootisch herrschende chronische Darinentzündung aller unserer Hausvögel, besondei-s der Truthühner und Kanarienvögel, wobei die Vögel sehr abmagern und die Bauchdecken sehr dünn, fast durchsichtig werden. Die Eingeweide steigen zum After herab, und die Thiere gehen an Gangrän des Darms zu Grunde.
Die Verstopfung.
Litkiasis. (Generari lapis in visceribus solet, cum accipiter carnibus vescitur pinguibus, aut male olentibus, aut multis expletur.) E u d o 1 p h i fand einen Stein in der Kloake des f'alco yalumbarhts, er bestand aus Harnsäure, harnsaurem Ammoniak etc.
jérchoslenosis falconis.
Tabes (oft von Tuberculose abhängig).
Ph ilh isis ab dorn in a lis.
Hepar magnum gallinuc. Hepar pingue gallmae. Hepar la]rideuj)i gallinae.
Faden w ür in er in den Lu ft röhren und den Lungen. Die Lungenentzündung (Dampf der Jagdvögel, das Seitenstechen derselben. B.).
Die Zerreissung der Luft sack e („Wind im Rücken des Jagdvogelsquot; und „Wind im Flügel des Jagdvogels,quot; „Windsucht der Hühnerquot; und „Windsucht der Truthühner.quot; B.). Schimmelpilzbildung in den Luftsäcken der Vögel. Wassersucht der Luf t s ä ck e.
Die Spitzpocken (Blattern), die pustula maligna und die Carbunkelkrankeit. Die Räude. Die Nesselsucht. Die Schweisssucht (die schwarze Krankheit).
Die Hyperceratosis. Warzen an den Füssen. Exungulatio, fissurae wigulac. Entzündung und Geschwüre der Füsse. („Wenn der Jagd vogel Löcher bekommt.quot; B.) Abscess der Haut.
Krankheiten derFedern (Verlust der Federn, schwaches Wachsen, „wenn das Gefieder krumm wächstquot;).
Die Krankheiten der Schwanzdrüse (Verstopfung, Entzündung, irrthümlich als Ursache der Darre, des s. g. Bruchs beschuldigt).
Krankheiten der Augen: catarrhalisehe Augenentzündung, Corneitis, Leucoma, Pterygium, Katarakta, Amaurose, Helmin-thiasis des Auges (eine Filariaspecies).
Sehlagfluss. Epilepsie. Der Ergotismns. Der Schwindel. Das Drehen. Nervenschwäche („Stumpfsinn,quot; „Müdigkeit des Jagdvogels.quot; B.). Die Schwerrauth der Vögel.
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Die epi z o o t i sc h e Wuth der Hühner, welche wohl zu trennen ist vonder Hundswuth der Hühner, die gleichfalls vorkommt.
Rheumatismus. Gicht (fälschlich, denn wie später im Texte erwähnt werden wird, haben die Gelenkauftreibungen der Hühner nur eine gröbere äussere Aehnlichkeit mit den tophi arthi'itici des Menschen gemein).
Scropheln. Wassersucht. Tuberculose. „Seiet saepe aeeipitribus ex nimia edacitate, vel ex noxio humore intus infra pectus, et cor et maxillas quidam humoris plenum nasci, simile pustulis aut strumis, cui nisi cito suecuratur, consumit avem.quot; Hartm. Ephem. nat. curios, dec. 2. a. 7. b. 67.
Hämorrhoiden.
Die Pest (eine Dysenterie, also wieder Diphtheritis. „Wenn der Jagdvogel stinkt.quot; B.).
Die Gelbsucht.
Die Knochenkrankheiten (Pädarthrocacen der Tarsen junger Hühner, Ehachitis der Truthühner).
Prolapsus vaginae.
Eine Milchmetastase (nach Unterdrückung der Kropfabsonderung).
Das Liebesfieber.
Entartung des Eierstocks, der Eier. Retention des Eies im Legedarm. Das Legen der Eier ohne Hahn. Das Lebendiggebären der Vögel, hierbei sind die Hühnchen schon im Eileiter oder selbst im Mutterleibe ausgebrütet.
Missgeburten (ausserordentlich zahlreich bei den Vögeln).
Eingeweidewürmer (Faden würmer in den Bronchien , in der Lunge und in dem Auge; beim Falken „ein Wurm zwischen Haut und Fleisch,quot; „Würmer im Magen des Jagdvogels,quot; „Würmer im Bauche.quot; B.).
In dem Gefieder der Falken wohnen verschiedene Schmarotzer-insecten und in seinem Innern Würmer, besonders eine Art Fadenwürmer (filaria tendo. Nitzsch), die das Fett und die Häute, welche die Gedärme, das Herz, die Lunge und dergl. umgeben, oft in so grosser Menge bewohnen, dass sie das gamp;nze cavum tho?'acis et abdominis ausfüllen. Ich fand sie einst in einem Exemplar in unglaublicher Menge, bei vielen wieder keine Spur davon. Es scheint aber, als wenn ihnen diese Würmer nicht viel schadeten (Naumann). Die Haut der Vögel ist der Sitz einer Anzahl Milben und Läuse.
Die III, Nummer der pieces justificatives enthält die Chronologie diplomatique des epizooties, eine auf die bewährtesten Schriften sich stützende Geschichte derThierseuchen. DieDocumente beginnen mit derlliade des Homer und reichen bis zu den vierziger
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Jahren unseres Jahrhunderts hinauf. Man wird in diesem mehr als 400 Quartseiten umfassenden Abschnitte förmlich von Citaten in fast allen bekannten lebenden und todten Sprachen erdrückt. Dadurch wird die Uebersichtlichkeit und das Verständniss der Sache oft arg beeinträchtigt. Besonders wird ein Index der H.'s Arbeit gerade hier sehr vermisst. Die Beziehungen derThierseuchen zu denEpide-mieen sind überall hervorgehoben. Vielleicht enthält diese Chronologie die vollständigste Literatur über Thierseuchen, welche bis jetzt existirt. Diese Seuchengeschichte ist eine gewaltige Arbeit, die dem Autor alle Ehre macht, trotz des bunten Durcheinander, in welchem Einem dort die Thatsachen entgegentreten. Hätte H. jede einzelne Thierscuche chronologisch dargestellt, so wäre jener Wirrwar hintangehalten worden, und das Werk hätte sehr an Brauchbarkeit gewonnen.
Ferner sind hier zu nennen :
Die Untersuchungen Vauquelin's und Fourcroy's über die Steine (steinige Concremente) des Menschen und über die der Thiere (Annales du Museum d'histoire naturelle 1.1. II. et Mémoires de 1'institut t. IV.
Hering, die Krätzmilben der Thiere und einige verwandte Arten nach eignen Untersuchungen beschrieben in Nova acta phy-sico-medica t. XVIII.
Got, de la gale de 1'homme et des animaux, produite par les acares et de la transmission de cette maladie ä Thoinme par diverses espèces d'animaux vertébres. Paris 1844.
Gurlt und Hert wig, Untersuchungen über die Haut des Menschen und der Haussäugethiere und über die Kratz- und Räudemilben. Berlin 1844.
Ch. Robin, des végétaux quicroissent sur les animaux vivants. Paris 1847. Eine neuere durchgesehene Ausgabe unter dem Titelr Histoire naturelle des végétaux parasites qui croissent sur 1'homme et sur les animaux vivants. Paris 1853.
1853 Veyssière, des maladies transmissibles des animaux a rhornme.
Gerlach, Krätze und Räude. Entomologisch und klinisch bearbeitet, mit 8 Tafeln Abbildungen. Berlin 1857.
R e y n a 1, von der Uebertragung des herpes tomurans des Pferdes und des Ochsen auf den Menschen in den mémoires de l'Academie imperiale de médecine. Paris 1858.
Gleisberg, über die trophischen Veränderungen der thieri-schen Gewebe etc. im Magazin von Gurlt und Her twig von 55—58, worin die hypertrophischen, atrophischen Vorgänge, sowie die gutartigen (Homo-) und bösartigen Neubildungen (Hetero-
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XXIInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Einleitung.
plasieen) des menschlichen und thierischen Organismus einer ein-n-ehenden Betrachtung unterworfen werden.
D a v a i n e , Traite des entozoaires et des maladies verminenses chez l'hömme et chez les aniraaux domestiques. Paris 1860.
Delafond etH. Bourguignon, Traite pratique d'entorao-logie et de pathologie comparée de la psore ou gale de l'homme et des anitnaux domestiques. Paris 1862.
Fürsten berg, die Krätzmilben der Menschen und Thiere mit 15 lithographirten Tafeln. Leipzig 1861.
Payer's Cours de Médecine comparée, Paris 1863 (Introduction) , nach dem zum Theil dieser Abschnitt meines Buches gefertigt ist.
An diesem Orte sind nun die helminthologischen Untersuchungen von Bremser, Rudolph!, Dujardin, C. Th. von Siebold, Küchenmeister, Zenker, Leuckartu. A'. zu nennen, welche die Helminthiasis bei Menschen und Thieren als von einander abhängig hinstellten, Krankheiten auf einen Parasitismus zurückführten, denen man früher eine unbedingte (Trichiniasis) oder bedingte (Drehkrankheit der Schafe) Unabhängigkeit zuschrieb, die durch Experimente die Einwanderung aller in dem thierischen Organismus vorfindlichen Schmarotzer feststellten , welche die Cystici, die man vordem als geschlechtslose Würmer hinnahm, für die es demnach nur eine Urzeugung geben konnte, als Bandwurmlarven erwiesen, kurz — welche die neuere wissenschaftliche Helminthologie begründeten.
Das Beste jedoch, was bis jetzt für die wissenschaftliche Begründung der vergleichenden Pathologie geleistet wurde, ist in den Zoonosen Virchow's enthalten, worin die von den Thieren auf den Menschen übertragbaren Krankheiten, wie sie sich beim Menschen und bei Thieren äussern, abgehandelt werden. Dort hebtV. hervor, dass fast jede Thierspecies eine eigenthümliche Receptivität gegen Gifte zeige, und dass selbst da, wo eine Wirkung des Giftes eintrete, sie keineswegs überall dieselbe sei. Er sagt: ,,Nichts ist in dieser Beziehung auffallender, als die Wirkung des Digitalins, von dem durch die Versuche von Stannius (Archiv f. physiologische Heilkunde 1851) und G. Siegmund (Archiv f. path. Anatomie 1853) gezeigt ist, dass die Verlangsamung der Herzbewegung, welche bei dem Menschen und den Fleischfressern so constant ist, sich bei Kaninchen und vielleicht bei Pflanzenfressern überhaupt nicht findet.quot; Dagegen ist einzuhalten, dass bei Pferden diese pulsverlangsamende Wirkung der Digitalis durch eine grosse Zahl klinischer Erfahrungen festgestellt und über jeden Zweifel'erhaben ist. Bei A. Hayne in Wien wurde ganz gewöhnlich die Pleuritis und Pneumonie der Pferde mit Digitalis traktirt, wobei fast regelmässig ein aussetzender, seltener
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Puls eintrat, nachdem 2 Unzen der Digitalis gereicht waren. Doch bieten die Pflanzenfresser ein ganz verschiedenes Verhalten gegen gewisse Gifte als die Fleischfresser und der Mensch dar, und so sei hier beispielsweise des Schierlings und der Krähenatigen gedacht. Ersterer ist für die Ziege ebenso wenig ein Gift als die letzteren für die körnerfressenden Vögel. Ferner bemerkt er dort; „Es lässt sich bis jetzt nicht übersehen, worin diese Verschiedenheiten ihren Grund haben; indess ist es sehr wichtig sie im Auge zu behalten, da man daraus ersehen kann, dass nicht alle Versuche, die an Thieren angestellt wurden, für den Mens e hen entscheidend sind. Gewiss besteht zwischen Fleisch-und Pflanzenfressern eine grosse Verschiedenheit der physiologischen Einrichtung, wie sich das besonders in den Vorgängen des Stoffwechsels erkennen lässt, allein weniger sicher ist es, in wie weit diese Verschiedenheit für die Wirkungskreise des Nervensystems oder seiner einzelnen Provinzen in Anspruch genommen werden kann. Jedenfalls kann man nicht umhin, auch die specifische Natur der einzelnen Contagien wesentlicii in Anschlag zlaquo; bringen, da nicht etwa dieselben Gattungen der Thiere denselben Contagien zugänglicli sind, vielmehr jedes Contagium seinen besonderen Verbreitungsbe-zirk besitzt. Manche an sich sehr contagiöse Krankheiten beschränken sich auf eine Gattung, z. B. die Lungenseuche (erysipelatöse Pleuropneumonie) und die Rinderpest (typhöse oder diphtheritische Darmaff'ection) auf das Rindvieh ; ja manche an sich sehr ähnliche Formen besitzen nur in derselben oder in sehr nahestehenden Gattungen Ansteckungsfähigkeit. So lassen sich die Sehafpocken auf Ziegen, aber sehr schwer auf Kühe übertragen; Rotz haftet leicht beim Esel und Maulesel, aber schwer bei Wiederkäuern und anderen Säugern. Auch die contagiösen Krankheiten verbreiten sich schwer auf Thiere. Masern und Scharlach sind kaum übertragbar, obwohl J. Frank letztere bei Hunden möglich hielt (die von Thierärzten als ursprüngliche Masern und Scharlach beschriebenen Affectionen sind sehr zweifelhaft). Pocken des Menschen haften beim Affen leicht (Viborg), bei anderen Thieren schwer oder gar nicht; die Syphilis kann auf Thiere übertragen werden (Auzias-Turenne) ohne jedoch gleich wirknngsfähig zu sein. Bei den grossen Epidemieën der typhoiden Krankheiten, bei der Pest, bei der Cholera, bei denen die Frage der Contagiosität an sich so grosse Schwierigkeiten darbietet, hat man oft genug analoge Krankheiten der Thiere constatirt, ohne dass esjedoch bis jetzt möglich war, sei es die üeberein Stimmung dieser Krank-heit'en mit denen der Menschen, sei es die Entstehung derselben aus meteorologischen, territorialen oder eontagiösen Schädlichkeiten zu ermitteln. Im Allge-
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meinen steht nur soviel fest, dass der Mensch eine grosse Ke-ceptivität gegen Thiereontagien, die Thiere eine geringe gegen menschliche besitzen (RudolfVircho w). „Als eigentlich übertragbare (auf den Menschen nämlich) Krankheitenquot;, sagt Virchow ferner a. a. 0., „können nur diejenigen betrachtet werden, in denen der contagiöse Körper eine mit der bei dem ursprünglich erkrankten Thiere beobachteten gleichartige Reihe von Störungen erregt. Sie unterscheiden sich dadurch wesentlich von anderen Krankheiten, welche in der gleichen Thiergattung contagiös sind, aber bei anderen Thieren und Menschen entweder als reizende Ursachen wirksam werden, indem sie Stoffe erzeugen, welche allerdings als Krankheitsnoxen , aber ohne speci-fischen Charakter auftreten, oder welche in der That eigenthümliche Erscheinungen hervorrufen, die jedoch nicht mit denen des ursprünglich erkrankten Thieres identisch sind. Dieses Verhältniss erklären sehr gut Versuche von Wertheim (Zeitschrift der Wiener Aerzte 1851, Januar, Seite 74), welche mit Ein im p fung von Sputis eines tuberculösen Mannes gemacht wurden. Es entstanden dadurch örtlich Knötchen, welche meist einschrumpften , ohne ganz zu vergehen, in einzelnen Fällen auch sich in Geschwüre verwandelten , die schliesslich vernarbten, wobei zuweilen ein allgemeines Uebelbefinden und andauernde Anschwellung von Lymphdrüsen stattfand. Wurden dieselben Thiere zum zweiten Male geimpft, so geschah auch an den älteren Knoten eine neue sympathische Erkrankung , welche mit den Veränderungen der Impfstelle parallel ging. Frischer Bronchialschleim und cariöser Eiter erzeugten nichts Aehnliches. Dagegen entstand durch die Impfung der Vaccine bei den Hunden ausser einer transitorischen Anschwellung an der Impfstelle eine ausgedehntere Fluxion im weiteren Umfange mit allgemeinem Uebelbefinden. Wurde gleichzeitig mit der Vaccine auch Tuberkelsputuni geimpft, so wuchsen die Knoten der Sputumimpfung rascher und verwandelten sich in Geschwüre mit violetter Färbung, härtlichem Walle (?) und kreisförmiger Oeffnung, die ailmälig vernarbten. Einmal entstanden sogar taubeneigrosse Drüsengeschwülste in den Leisten und Abscesse. Wertheim schliesst daraus, das* hier nicht bloss ein localer, sondern auch ein allgemeiner Process erzeugt sein muss, dessen Verlauf durch die Vaccination merklich alterirt wurde.quot;
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Die experimentelle Pathologie ist von hoher Bedeutung für die vergleichende Pathologie geworden, denn durch die ihr zu Grunde liegenden Experimente wurden jene Verhältnisse bei den Krankheiten der Thiere und Menschen festgestellt, welche bei Bei-
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den ganz identisch sind, nämlich die jauchige Infection, die Eitervergiftung des Blutes, die mikroskopischen Vorgänge bei der Entzündung in den Geweben, die Reflexkrämpfe etc.
Ausser den älteren Untersuchungen von Galen sind zunächst die Lower's (de corde 1669) zu nennen, welcher beim Hunde die hintere Hohlvene in der Brust und die Drosselader unterband, und dadurch eine der häufigsten Ursachen des Hydrops, nämlich Venenstase, constatirte. Denn in dem einen Falle trat Bauchwassersucht, in dem anderen Haut Wassersucht ein.
Baglivius suchte noch vor dem Ende des siebenzehnten Jahrhunderts durch eine Reihe von Injectionen spirituöser, saurer und aromatischer Flüssigkeiten in die Venen der Thiere die Ursachen der verschiedenen Fieber festzustellen (Georgii Baglivi Opera omnia pag. 53, „Porro ut cognitie verae causae febrium magis illustretur certiorque reddatur, coepi duobus abhinc annis nova nostra methodo febres in canibns aliisque animalibus excitare infundendo in venas varii generis liquores, spirituosos , aromatico-acres, aeido-acres et similes, eosdemque etiam cum eibo et potu miscendo, donec febriraquo; excitata sit: qua excitata, observo diligenter vehementiam ejusdem inappetentiam, languorem, alvi siccitatera, tremoris periodos aliaque id genus aeeidentia, quae pro diversitate liquoris aromatici quae eisdem praebetur, diversa solent apparere.quot; (s. Ray er: Introduction zum Cours de pathologie comparée).
Van Swieten betrat denselben Weg wie B a gli vi u s , nur benutzte er zur Injection in die Venen der Hunde nicht jene genannten alcoholischen, sauren etc. Liquidäten, sondern wählte putride Stoffe dazu aus. v. Swieten hatte unzweifelhaft einVerständniss für die embolischen Vorgänge in den Venen , dem Herzen und der Lunge und deren hohe Gefahr für das Leben des Individuums, besonders an beiden letzten Orten. Doch deutete er die Entstehung der emboli falsch. „Tentavi similia in canibus saepius, vidique semper sanguinem inde grumescere, et per venas, semper latiores in suo derursu, ad cor dextrum deferri, dein in pulmones : ibi autem haere-bat et post summas anxietates anitnalia haec moriebantur, citius vel serius, prout major minorve talinm coagulantium quantitas venis in-jeeta, et diversa foret horum injeetorum efficacia. Poterit ergo et a talibus causis lethalis subito peripneumonia induci.quot; Comnientaria in Herrmanni Boerhaavi Aphorismos t. II p. 654.
Die berühmtesten Untersuchungen über die faulige Injection sind jedoch die Gaspard's, welche erin dem Journal de physiol. par Magendie 1822 T. II und 1824 T.IVp. 1 niederlegte. Dieselben sind nach ihm vielfach wiederholt worden, wie von Trousseau, Dupuy, Sédillot, Hamontu. A. Diese Experimentatoren agir-ten meistentheils an Pferden und Hunden und erachteten, nach dem
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XXVInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Einleitung.
Ergebnisse ihrer Experimente urtheilend, die verschiedensten metastatischen Vorgänge (Pneumonieen , Pleuriten , Gangrän der verschiedensten Theile, Ecchymosenbildnng am Herzen und an den grossen Gefässen etc.) unmittelbar von der fauligen Injection abhängig, obwohl die Möglichkeit, dass feste Partikelchen bei ihren Injectionen in's circnlirende Blut gelangten, bei Keinem, selbst bei Sédillot nicht ansznschliessen ist, der mit filtrirten Flüssigkeiten operirte.
Schon Dupuytren war ausser Stande, bei Hunden durch Eiterinjection Metastasen hervorzubringen. Aug. Boy er leugnet geradezu, dass guter Eiter die vorausgesetzten Einwirkungen ausübe und schloss, dass jedesmal fauler Eiter anzuschuldigen sei, eine Auffassung, die bis in die neueste Zeit eine grosse Anzahl von Anhängern hatte (untfr ihnen B. Reinhardt). Ziemlich um dieselbe Zeit suchte Günther in Hannover in Rust's Magazin 1824 Bd. 30 S. 332 nachzuweisen, dass die metastatischen Heerde auf mechanische Weise durch die Stockungen des Eiters in der Lungenarterio sich bilden. Er wurde am Schärfsten durch Beck zurückgewiesen (Untersuchungen und Studien im Gebiete der Anatomie, Physiologie und Chirurgie 1852), der bei 14 Versuchen mit gutem Eiter, die mit idlen möglichen Vorsichtsmassregeln angestellt wurden, auch nicht ein einziges Mal deutliche Metastasen eintreten sah. Die E d i n b u r g h e r Commission erhielt beim Esel in zwei Versuchen gleichfalls nur negative Resultate, während Lee und Gam gó e wieder positivo Resultate erhielten. Allein der eigentliche Begründer der Lehre von der Infection und Embolie wurde doch erst Rudolf Virchow durch seine Experimente am lebenden Thiere. Siehe in dessen gesammelten Abhandlungen: Phlogose und Thrombose im Gefässsystem S. 458 und ebendaselbst: Weitere Untersuchungen über die Verstopfungen der Lungen arterie und ihre Folgen. Er brachte Fasserstoffgerinnsel, Venen-pfröpfe, Muskelstücken, Hollundermark und Kautschuckstückchen in die Venen lebender Thiere (Hnnde) ein, wodurch es ihm gelang, den Mechanismus embolischer Gefässerkrankungen für immer allen Zweifeln zu entreissen, ihn factisch festzustellen und die Pyämie (Eiterblut) in den meisten Fällen sogenannter Eitervergiftung zurückzuweisen.
Ferner sind hier die älteren Experimente zu nennen, welche Redi, Ant. de Hide, Rudolf Jacob Camerarius, J. J. Harder, Lancisi Boerhaave über den Einfluss des Lufteintritts in die Venen gemacht haben. Nysten (Recherches de physiologic et de chimie pathologique 1811) injicirto verschiedene Gase, als Sauerstoff, Stickstoff, WasserstofTgas etc.
Dann sind noch besonders die Untersuchungen als sehr einflussreich für die Entwickelung der vergleichenden Pathologie zu bezeichnen, welche in folgenden Schriften enthalten sind:
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Experimentelle Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; XXVII
Cohn, Klinik der embolischenGefasskrankheiten. Berlin 1863. Magendie, Phénomenes physiques de la vie. Paris 1842 (Tnjec-tionen mit verschiedenen Substanzen in das Bhit der Thiere). Flo u tens, Recherches expérimentales sur les propriétés et les fonctions du Systemenerveuxchezlesanimaux vertébrés. Paris 1842. (Enthält besonders die Resultate der Vivisectionen des Gehirns).
Dann sind noch zu nennen:
Die Untersuchungen von Claude Bernard über den Zusammenhang der Zuckerruhr mit einer Verletzung der vierten Hirnkammer; über den Einfluss der Verletzungen des Nervensystems auf die Erzeugung gewisser Entzündungen und einiger Hydropsieen; über den Einfluss der Exstirpation des Halsganglions des sympathicus auf die Entstehung von pericardialen Ergüssen, der Entfernung des ganglion cervicale infimum und thoracicum primum auf die Ent-wickelung des Empyems und fibrinöser Ausscheidungen auf der Pleura; über den Einfluss der Entfernung des letzten Brustganglions auf Blutergüsse in den Dünndarm und über die Erzeugung der Ophthalmic und der Conjunctivitis durch Trennung der Halsportion des Ganglionstrangs des nerv. symp. Je hinfälliger diese Thiere waren, um so sicherer traten jene Erfolge ein. Blieben dieselben aus, so reichte ein zwei- oder dreitägiges Fasten aus, um Entzündung und Eiterung hervorzurufen.
Brown S éq u a r d, Recherches expérimentales sur la production d'une afiection convulsive épileptiforme, ä la suite de lesions de la moelle épinière. Paris 1855.
L on get, sur une nouvelle cause d'emphysème du poumon (Comptes rendus des seances de l'Academie des sciences). 1842.
Magnus Huss, chronische Alkoholkrankheit oder alcoholis-mus chronicus. Leipzig 1852.
Cruveilhier, Traite d'anatomie pathologique générale, t. IV p. 544. Paris 18G2.
Ray er. Mémoires sur l'ossificafion morbide considerée comme une terminaison de l'inflammation (Archives générales de médecine 1823).
Ollier, de la production artificielle des os au moyen de la transplantation du périoste et des greffes osseuses (Comptes rendus des séances et Mémoires de la Société do biologie t. V, 2. serie, 1859.
C h o s s a t, Recherches expérimentales sur l'inanition (Mémoires présentés ä l'Academie des sciences, t. VIII, 1843.
Orfila, Traite des poisons tirés de règnes mineral, vegetal et animal, ou toxicologie générale, 3. edit. Paris 1826.
Die Experimente von Traube.
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XXVIIInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Einleitung.
Unter den deutschen Thierärzten, welche sich um die experimentelle Pathologie verdient gemacht haben, sind vorzüglich Hert-wig, Gurlt, Prinz, Günther, Gerlach, Anton Ha y n e zu nennen.
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Es kann nun nicht meine Absicht sein, an dieser Stelle einen allgemeinen ïheil dem speciellen meines Werkes vorauszuschicken, denn, wenn auch nicht andere Rücksichten eine möglichste Raumbeschränkung geböten, so wäre ein solches Beginnen wenigstens als überflüssig zu bezeichnen, da die Grundstörungen (Hyperämie, Anämie, Hyper-Atrophie, Neuplasie etc.) bei allen Homöothermen (Säugethieren, Vögeln) gleichwie deren feinere Organisation , bis auf wenige unerhebliche Abweichungen (z. B. Kerne der Blutkörperchen) eine übereinstimmende ist, dieselben sind. Selbst bei den pökilothermen Thieren (den Fröschen) bieten die sogenannten elementaren Krankheitshergänge (Hyperämie, Stase, Exsudation) keine nennenswerthen Abweichungen von denen des Menschen und der Säugethiere dar, denn wir verdanken ja gerade den Untersuchungen am Frosch die genauere Kenntniss jener Zustände bei den Warmblütern. Auch haben die Untersuchungen an der Flughaut der Vespertilionen und an den Mesenterien lebender Ratten und Mäuse ganz die gleichen Resultate ergeben. Daraus mag hervorgehen , dass Ernährungsstörungen, Reizungsvovgänge in den Geweben , Geschwulstbildung insofern bei allen Warmblütern in ganz gleicher Weise vorkommen, als nur im Maasse und in der Oertlichkeit dieser elementaren Krankheitshergänge, nur im Grade und der Art der Rückwirkung derselben auf den afficirten Organismus sich in den verschiedenen Thierspecies bestimmte, aber in den betroffenen Individuen die mannigfachsten und variabelsten Modificationen herausstellen.
Von diesen bestimmten Abweichungen des kranken Lebens in verschiedenen Species — die eine gewisse Gesetzmässigkeit erkennen lassen — soll in diesem Buche, soweit verlässliche Untersuchungen vorliegen, gehandelt werden. Die Grenze des empirischen Materials ist auch die Grenze der vorliegenden Arbeit.
Aber worin sind die bestimmtenAb weichungen in den Krank he its äu sserungen bei den verschiedenen Species begründet? —
In der verschiedenen Reizempfänglichkeit der einzelnen Arten.
Diese verschiedene Reizempfanglichkeit besteht nicht nur, wie längst bekannt, für vegetabilische und mineralische Gifte, sondern auch für miasmatische Ausströmungen des Bodens und ganz beson-
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Sclilussbemerkung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;XXIX
ders für Contagien. So erzeugt das Malariagift beim Menschen das quot;Wechselfleber, bei den Wiederkäuern und Allesfressern die Milzbrandfieber und den Anthrax.
Der Immunität verschiedener Thierspecies für ihnen nicht originäre Ansteckungsstoffe ist es ganz besonders zuzuschreiben, dass sich bestimmte Krankheiten auf bestimmte Thierspecies beschränken, so Masern und Scharlach auf den Menschen, die Rinderpest auf das Hornvieh, die Lungenseuche auf das Rind. Und selbst da, wo für das Contagium aus einer anderen Thierspecies eine Empfänglichkeit besteht, producirt die andere Thierspecies nach Uebertragung jenes Anstecknngsstoffs zwar wesentlich dieselbe Krankheit, aber doch nach einem anderen Muster. So giebt z. B. der Rotz der Einhufer auf den Menschen übertragen fast ganz seinen geweblichen (tuberkulösen) Character auf, auch äussert sich der auf den Menschen übertragene Milzbrand nur als Carbunkelkrankheit, niemals als Milzbrandfieber in apoplectischer oder spinaler Form. Die Empfänglichkeit für atmosphärische Einflüsse, z. B. für einen Ozonreichthum der Luft ist auch in der Thierwelt sehr verschieden vertheilt. Am empfänglichsten dafür ist der Mensch, aber fast einflusslos geht eine solche Mischungsverändernng der atmosphärischen Luft an den in der Wildniss lebenden Thieren vorüber. Unter den Haussäuge-thieren zeigt sich gleichfalls gegen atmosphärische Einflüsse eine sehr verschiedene Reizempfanglichkeit. Am unempfänglichsten für diese sind die Wiederkäuer und hier namentlich die Rinder, denn was spurlos in dieser Beziehung an einem Ochsen vorübergeht, kann ein Pferd, einen Hund tödten. Dagegen sind die Wiederkäuer gegen miasmatische Ausströmungen des Bodens sehr empfänglich.
Diese pathologischen Verschiedenheiten sind ferner begründet in der gröberen Organisation (Textur) der verschiedenen Arten.
Jede vorwiegende Entwickelung eines Organs im Organismus bedingt auch eine hervorstechende Neigung an diesem Organe zu erkranken. Um dies zu belegen, erinnere ich an die Frequenz der Seelenstörungen beim Menschen , an die so gewöhnlichen Nasenca-tarrhe der Pferde, an die Ausbreitung croupöser und diphtheritischer Entzündungen der Nasenschleimhaut des Rindes auf dessen riesenhafte Stirnhöhlen, an die Blähsncht der Wiederkäuer, an die Kolik der Pferde und an die Hufleiden der Einhufer. Hier sehen wir eine Anzahl eigenthümlicher Krankheiten durch die Organisation gewisser Species bestimmt. Aber von welchem gewichtigen Einflüsse die specielle Organisation auf den Hergang und auf die Aeusserungs-weise gewisser Störungen ist, beweist die Rückwirkung der Schlund-klappe der Einhufer auf die Erkrankungen des Darmcanals derselben, wie nicht minder die mächtige Entwickelung des interlobularen
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XXX
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EinleitiiDg.
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Bindegewebes der Rinderlunge, die fast eine Immunität der Lungen-alveolen des Rindes vor originären Erkrankungen begründet.
Dann in der verschiedenen Structur derOrgan-theile und in den verschiedenen Atomencomplexen derElementarkörper in den Organismen der einzelnen Species.
In der feineren Anordnung der Gewebe ist gewiss der Grund zu suchen, weshalb bei den Einhufern selbst jeder einfache Nasen-catarrh zu einer entzündlichen Affection der Kehlgangsdrüsen führt, warum beim Hunde sich langwierige Catarrhe des Darmcanals und der Luftwege so regelmässig mit functionelien Störungen im Bereiche spinaler Nerven verbinden, weshalb bei den Einhufern pyämische Zustände in vielen Fällen nicht direkt das Leben bedrohen, sondern indirekt durch Selbstentwickelung des Rotzes.
Der Chemiker trägt kein Bedenken, das Globulin als eine besondere Proteinverbindung hinzustellen, weil es aus einer Lösung in Essigsäure durch Ammoniak fällbar ist. Man trennt von ihm jetzt ganz allgemein das Krystallin, das dieses Verhalten nicht zeigt, wohl aber unter bestimmten äusseren Bedingungen bald in Prismen, bald in Tetraedern oder Oktaedern krystallisirt. Der Umstand, dass das Hämatokrystallin in den verschiedenen Species häufiger die eine als die andere Krystallisationsform darbietet, lässt auf gewisse Verschiedenheiten des Blutkrystallins in den einzelnen Arten schliessen, denen gewiss verschiedene Afomencomplexe entsprechen müssen, obwohl dieselben durch die organische Chemie noch nicht festgestellt wurden. Gewiss solchen Verhältnissen ist es zuzuschreiben, dass die Malariainfeetion von so verschiedener Wirkung im menschlichen und thierischen Organismus ist, hier sofort das jähste Con-sumen der Blutzellen eil masse bewirkt, dort Monate, ja Jahre lang auf die gefärbten Blutzellen einwirken kann , ehe nur ein ähnlicher Effect sieh herausstellt. Denn die Melanämie chronisch Wechselfieberkranker weicht vom Milzbrandblute der Thiere insofern ab, als bei jener nicht krystallinisches, sondern amorphes Pigment im Blute auftritt. Das Globulin unterscheidet sich demnach kaum mehr von dem Blutkrystallin überhaupt, als die Blutkrystalline der verschiedenen Species unter sich. Und man ist somit gewiss in gleicher Weise berechtigt, jenes Blutkrystallin der Wiederkäuer und der Allesfresser als verschieden von dem des Menschen zu betrachten, gleichwie man das Chrondrin seit Job. Müller vom Leime trennt, weil es aus seiner warmen wässrigen Lösung, wie das Blutkrystallin jener Thiere durch die Malariainfeetion, durch eine Anzahl bestimmter Reagentien präeipitirt wird, welche den Leim nicht fällt, genau so, wie auch das Blutkrystallin des Menschen durch das Malariagift nicht krystallinisch gefällt wird. In vielfachen derartigen, aller-
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Schlussbemerkung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;XXXI
clings noch unerkannten Verhältnissen mag man den Grund suchen, dass sich die lieactionsphänomcne bei gleichen ausseren Veranlassungen so sehr verschieden in den einzelnen Species gestalten.
Endlich ruht die Differenz zwischen den Krankheiten der Menschen und der einzelnen Thiergattun-gen in den verschiedenen ausseren Einflüssen.
Zunächst sei hier hervorgehoben, wie mächtig die Nahrung auf den Parasitismus der einzelnen Art influirt (die geographische Grenze des EindfleischgenTjsses ist die geographische Grenze des Vorkommens der taenia mediocanellata), ja in der Ernährung der Fleischfresser mit dem Fleische bestimmter Pflanzenfresser ist der Generationswechsel der Cestoden bei Beiden ausschliesslich begründet. Schweine, die nur mit Pflanzenkost genährt werden, sind trichinenfrei. Der Alkoholgenuss ruft beim Menschen die grössere Häufigkeit chronischer Magen- und Respirationscatarrhe hervor, und erzeugt eine ihm f as t eigenthümliche Leberkranklieit und eine besondere Psychose. Die Ueberf'ütterungskoliken der Pferde sind ihm genau so eigenthümlieh, wie die Blähsucht nach dem Verfressen auf der Weide den quot;Wiederkäuern etc. Von gleich grossem Einfluss ist die Beschäftigung des Menschen und die Verwendung der Thiere. Eine der vorzüglichsten Quellen der Seelenstörungen des Menschen entspringt aus einer anhaltenden, übermässigen, unfruchtbaren geistigen Beschäftigung. Die Blutarmuth vieler Handwerker und Fabrikarbeiter ist in der so beschränkten Ortsbewegung derselben begründet. Die Zugthiere erkranken häufiger als die Zuchtthiere und der Mensch an den Bewegungswerkzeugen. Das Zucht- und Nutzvieh ist häufiger wie das Zugvieh consumptiven Störungen unterworfen, z. B. der Tuberculose, der Knochenbrüchigkeit etc. Nicht minder beeinflussen Pflege des Körpers und der Aufenthaltsort die Verschiedenheiten der Krankheiten in den einzelnen Species. Bezüglich des Aufenthaltsortes gedenke ich hier nur der mannigfachen Acclimatisa-tionskrankheiten des Menschen (Gelbfieber, Intermittenten etc.), der Heerdekrankheiten der Thiere beim Weidegange und der Faulfieber der Pferde bei längerem Aufenthalt in dunstigen Ställen.
Der Zweck der vorstehenden Andeutungen konnte nicht der sein, in erschöpfender Weise d i e Verhältnisse hier aufzuführen, welche theils von äusserer, theils von innerer Natur jene Verschiedenheiten der Krankheitsäusserungen bei dem Menschen und bei den einzelnen Thierspecies zu verursachen vermögen. Aber dazu werden sie ausreichen, um einigermassen ein Verständniss zu erzielen, jede weitere Belehrung ist aus dem Texte selbst zu schöpfen. Doch nicht kann ich meine Einleitung schliessen ohne das Geständniss unserer grossen Unkenntniss über das Ursächliche der eigenthüm-lichsten Punkte der vergleichenden Pathologie. Hier meine ich die
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XXXII
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Einleitung.
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Selbstentwickelung der Wuthkrankheit bei den Hunden, die der Kotzkrankheit bei den Einhufern, die der Rinderpest bei den Rindern etc. Zwar lassen sich für diese eigenthümlichen Verhältnisse in der Thierwelt mannigfache Analogieën in der Pflanzenwelt aufweisen , denn unter gleichen territorialen, tellurischen und cosmi-schen Einflüssen treiben neben unseren Cerealien und landwirth-schaftlichen Blattgewächsen Atropa Belladonna, Conium maculatum Blüthen und Früchte, deren deletäre Wirkung bei fast allen animalischen Wesen genügend bekannt ist. Die letzte Ursache dieser Gifterzeugung in jenen Pflanzenorganismen ruht auch dort, gleichwie die Entwickelung specifischer Thiergifte, in der speciellen Organisation der Art und ist unabhängig von den Einflüssen der Aussenwelt, denn eben so wenig als jemals Solanum tuberosum im Innern seiner Parenchymzellen Atropin erzeugt, eben so wenig als Apium Petro-selinum in den Zellen seiner Blätter und Blüthen je Coniin entwickelte, eben so wenig vermag der menschliche Organismus ursprünglich in sich den Rotz zu erzeugen, oder die Einhufer die Rinderpest in sich zu entwickeln. Jedoch hinkt dieser Vergleich genau so sehr wie jeder andere, denn die Atropin- und die Coniin-erzeugung sind in jenen Pflanzen ohne jede pathologische Bedeutung, vielmehr entwickeln Atropa und Conium die entsprechenden Alkaloide genau in derselben gesetzmässigen Weise, wie die Säuger das Fett in der Unterhaut und in der Leber ausscheiden.
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Inhalts -Verzeichniss.
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Infectionskrankheiten.
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Die acuten Formennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1
Die chronischen Formennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 93
Von den Krankheiten des Blutesnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 127
Allgemeine Ernährungsstörungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;us
Erkrankungen des Nervensystems.
Von den Krankheiten des Gehirns.
Anatomische Störungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . 173
Functionelle Störungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;218
^on der Wuth, Lyssa, Hydrophobianbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ...nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . 249
Sie Krankheiten des Rückenmarks und seiner Hüllen.
Die anatomischen Störungen des Rückenmarks . . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 291
Von den fuuctionellen Störungen des Rückenmarks . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 295 Ueber centrale, Leitungs- und periphere Störungen einzelner Nerven-
stämmo und deren Enden . . . . . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 311
Von den Erkrankungen der Respirationsorgane,
Die Krankheiten der Nasenhöhlen . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. 316
Die Krankheiten des Kehlkopfs und der Luftröhre ....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;326
Die Krankheiten der Bronchien.
Anatomische Störungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ...... 338
Functionelle Störungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ...... 349
Die Krankheiten des Lungenparenchjms.
Die anatomischen Störungen .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 354
Gleisberg, vergleichende Patliolügiu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;]IÏ#
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XXXIV
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Inhalt.
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Seite
Functionelle Störungen der Lunge ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 424
Die Erkrankungen der Pleura .......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 425
Destructive Veränderungen der Pleura ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 435
Anomalieën des Inhalts der Pleurahöhle ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 441
Von den Erkrankungen des Herzens und der Gefässe.
Krkrankungen des Herzens.
Anatomische Störungen ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 447
Von der Entzündung des Herzens und seiner Häute . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 458
Functionelle Störungen . . . . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 471
Die Krankheiten der Blutgetasse .......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 472
Von den Erkrankungen des Lymphgefässsjstems ....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 488
Krankheiten der Digestionsorgane.
Von den Krankheiten der Mundhöhle.
Anatomische Störungen . . . . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4 94
Functionelle Störungen ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 500
Erkrankungen der Speicheldrüsen.
Anatomische Störungen . . . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;501
Functionelle Störungen ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 502
Von den Krankheiten der Kachenhöhle.
Anatomische Störungen ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 502
Functionelle Störungen ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 507
Von den Krankheiten der Speiseröhre.
Anatomische Störungen ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 508
Functionelle Störungen ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 509
Magenkrankheiten.
Anatomische Störungen . . . . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 510
Neubildungen am Magen ........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;524
Abnormitäten des Mageninhalts .......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;532
Functionelle Störungen des Magens ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;535
Von den Krankheiten des Danncanals.
Anatomische Störungen ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 537
Die Abnormitäten des Inhalts ... ....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 564
Die functionellen Störungen des Darmcanals. ....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 568
Krankheiten des Bauchfells ........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 573
Von den Krankheiten der Leber und der Gallenwege.
Leberkrankh eiten.
Anatomische Störungen ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 582
Von den Krankheiten der Gallenwege.
Anatomische Störungen ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;605
Functionelle Störungen . . . . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 610
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Inhalt.
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XXXV
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Von den Krankheiten der Milz.
Anatomische Störungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .....
Krankheiten der Bauchspeicheldrüsenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .....
Von den Krankheiten der Harn Werkzeuge.
Von den Krankheiter, der Nieren.
Anatomische Störungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.....
Functionelie Störungen der Niere ....
Krankheiten der Harnwege.
Von den Krankheiten des Nierenbeckens.
Anatomische Störungen
Functionelie Störungen . Erkrankungen der Harnblase.
Anatomische Störungen
Functionelie Störungen der Blase Krankheiten der Harnröhre.
Anatomische Störungen
Functionelie Störungen
Krankheiten der Geschlechtsorgane.
Krankheiten der männlichen Geschlechtsorgane.
Anatomische Störungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ....
Functionelie Störungeunbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ....
Von den Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane.
Anatomische Störungen Krankheiten der Gebärmutter Abnormitäten des Inhalts des Uterus Erkrankungen der Brustdrüse und des Euters .
Functionelie Störungen der weiblichen Geschlechtsorgane .
Krankheiten der Bewegungswerkzeuge .
Von den Krankheiten der Muskeln und deren Anhängen insbesondere Von den Krankheiten der Knochennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;....
Functionelie Störungen der Bewegungswerkzeuge Zahnkrankheiten ..'.,.
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676 684 692 697 697
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Von den Krankheiten der Haut.
Anatomische Störungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;...nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;...
Die Entzündung der Haut ......
Functionelie Störungen der Absonderung der Haut Functionelie Störungen der Empfindung und des Tastgefühls Die Erkrankungen der Nägel, Hufe, Klauen, Hörner
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698 705 722 723 724
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Infectionskrankheiten.
Die acuten Formen.
Vom Typhus.
Die Krankheit kommt trotz aller gegentheiligen Behauptungen nur dem Menschen zu. Die Annahme, dass die Rinderpest ein typhöses Leiden sei, ist wenigstens auf anatomischem Wege zurückgewiesen , indem durch die berühmten Untersuchungen Moritz Roe 11s festgestellt wurde, dass der speciflsche Process auf dor Darmschleimhaut der an der Rinderpest zu Grunde gegangenen Thiere exquisit ex sud ati ver Natur ist, deshalb, wie se nem sonstigen Verhalten halber, den Diphtheriten unterzustellen sei, und keineswegs, wie der Vorgang auf der Darmschleimhaut beim Abdo-minaltyphus nur auf einer Zellen- und Kern Wucherung des normalen Drüseninhalts der solitaren und gehäuften Darmfollikel ursprünglich beruhe. Alles, was man ausserdom noch als Typhus der nutzbaren Haussäugethiere aufgeführt hat, gehört theils den Milzbrand fiebern an, theils sind es Zustände, welche man ganz irrthümlicherweise mit dem Namen Typhus belegte, als grosse Pn e um on ie en und bedeutende pleuri tische Exsudate, welche zum raschen Verfall der Kräfte führen; sehr ausgebreitete fieberhafte Catarrhe, wie besonders acute Bronchial-catarrhe, die mit Magen - und Darmcatarrh verlaufen, Zustände, welche von keinem aufgeklärten Arzt mehr mit dem Typhus con-fundirt werden. Allerdings kommen bei Thieren und namentlich bei Pferden sehr schnell verlaufende Fieber vor, die unzweifelhaft miasmatischen Ursprungs sind, welche gern schlecht ventilirte und überfüllte Ställe heimsuchen. Bei der Section der an diesen Zuständen zu Grunde gegangenen Thiere fehlen meist alle vorgerückten Gewebsvcränderungen, im Gegentheil trifft man ausser einem dunkeln, wenig gerinnungsfähigen Blute nur die Zeichen-localer Kreislaufsstörungen . unter denen sich besonders zahlreiche grössere
Gleisberg, vergleicbeude Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1
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2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Infectionskrankheiten.
und kleinere Schlagheerde in den verschiedensten Geweben als constante Zeichen hervorheben lassen. Aber gerade dieser Befund ist beim Menschentyphus so selten und so wenig constant, dass es als eine blosse Willkür zu bezeichnen ist, wenn Thierärzte diese Zustände als Typhus aufführen.
Neuerdings ist von einem sehr verlässlichen Beobachter, Prof. Leisering, die Existenz des Typhus beim Schweine behauptet worden. Doch der Umstand, dass derselbe neben Darmgeschwüren, welche angeblich alle Charaetere eines typhösen Sehleimhautge-schwürs an sich trugen, Krystalle im Blute vorfand, welche genau mit den von Pollender und Brau e 11 im Blut milzbrandkranker Thiere aufgefundenen übereinstimmten, lässt mich immer auf meine frühere Behauptung zurückkommen, das, was unter den Thierkrank-heiten dem Typhus des Menschen am ähnlichsten ist, gehört den Milzbrandfiebern oder wohl gar dem Anthrax an.
Der Typhus -— eine also nur beim Menschen sich entwickelnde Krankheitsform — entsteht ursprünglich durch ein Miasma und pflanzt sich durch einen Ansteckungsstoff fort. Unter jenen Thier-krankheiten, die hin und wieder als Typhen aufgefasst werden, sind vielleicht ausschliesslich die Milzbrandfieber und anthrakösen Formen contagiös. Wenn Haubner das Gegentheil bezüglich jener Thierkrankheiten behauptet, indem er allen für Typhus gehaltenen Krankheiten, demnach auch den Milzbrandformen die Contagiosität abspricht, so ist das seine Sache und er mag dies mit seinem wissenschaftlichen Bewusstsein ausmachen. Doch wenn er so weit geht, sogar zu erklären, dass ihm kein Fall von Me ns ch en ty p hus bekannt sei, welcher ansteckend wäre, so ist das, da Haubner kein Menschenarzt ist, mindestens ohne jede wissenschaftliche Bedeutung und deshalb natürlich völlig werthlos. Es beweist dies aber, wie gross der Wirrwarr in der thierärztlichen Typhus-lehre ist, besonders wenn man bedenkt, dass S p i n o 1 a trotz der R o eil'sehen Untersuchungen die Rinderpest als Typhus auffasst, also dem typhösen Process eine Ansteckungsfähigkeit zuerkennt, welche selbst die der orientalischen Pest übertrifft, während Haubner Thier- und Menschentyphus als nicht contagiös auffasst.
Die fortgesetzt wirkenden miasmatischen Heerde, welche fort und fort Typhus erzeugen, sind in dem in eminenter Zersetzung begriffenen Boden grosser Städte zu suchen. Doch darf man sich hierbei nicht denken, dass die Zersetzungsproducte selbst das Typhusgift wären, sondern dieselben leisten nur der Bildung des Giftes und seiner Vermehrung Vorschub. Die vergiftende Substanz, durch Haut oder Lunge in die Säftemasse aufgenommen, ruft nun nicht nur die anatomischen und functionellen Störungen des Tyhpus in dem inficirten Körper hervor, sondern jenes Virus vermehrt sich
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#9632; auch innerhalb des Organismus und erlangt die Fähigkeit, sich von Individuum zu Individuum fortzupflanzen, und bei dazu disponirten Subjecten den Typhusprocess hervorzurufen. Doch hängt von der Art der Erkrankung die Intensität des Contagiums ab, indem beide Formen, unter denen der Typhus beim Menschen auftritt, die Ansteckungsfähigkeit nicht im gleichen Grade besitzen, denn der Flecktyphus ist viel ansteckender, als die abdominale Typhusform. So hebe ich hervor, um ein sehr eclatantes Beispiel der hohen Ansteckungsfähigkeit des Flecktyphus anzuführen, dass Professor D i t r i c h , der später in Erlangen verstarb , in Prag, wo allerdings Flecktyphen fast nie ausgehen, als Primär des allgemeinen Krankenhauses, drei Mal vom exan t h e m atisch en Typhus heimgesucht wurde (Oppolzer), und so sind auch im verflossenen Sommersemester dort wieder zwei junge Mediciner als Opfer ihres Wissenseifers gefallen, die bei der Untersuchung exanthematisch Typhöserauf der Jack seh'sehen Klinik sich inficirten (Dr. med. Otto Krause). Die abdominale Form ist gleichfalls ansteckend, aber nicht in so hohem Grade, doch gelingt der Nachweis ihrer contagiösen Verbreitung im Beginne einer Epidemie sehr leicht. Die miasmatische Entstehung tritt bei dem Abdominaltyphus dagegen ganz besonders in den Vordergrund; in grossen, dichtbevölkerten Städten scheint er fast niemals ganz zu erlöschen, selbst in einzelnen Gehöften, in denen er mehrere Opfer forderte, herrscht er bisweilen endemisch durch Jahre fort, obwohl in der Umgebung weit und breit kein Typhusfall vorkommt, der die erneute Einschleppung von Typhusgift möglich macht.
Das Kriterium des Typhus ist ein Betäubungsfieber mit vier- bis sechswöchentliehem cyklischen Verlauf. Innerhalb der ersten vierzehn Tage betragen die Morgenremissionen der mitunter bis zu 41deg; C. gesteigerten Hauttemperatur nur Bruchtheilgrade, wodurch, da auch der Puls kaum merkliche Morgenremissionen zeigt, innerhalb dieser Zeit der Typhus das Bild einer f'ebris conlinua wiedergiebt. In der dritten Woche werden die Morgenremissionen der gesteigerten Hauttemperatur immer auffälliger, aber die Abendtemperaturen erreichen noch eine ziemliche Höhe. Erst in der vierten, noch mehr zu Anfang der fünften Woche sinkt auch die Hautwärme in den Abendstunden in auffälliger Weise. Neben diesen so characteristischen Abweichungen der Eigenwärme beobachten wir ziemlich constant, ausser den Zeichen des speeifischen Haut- oder Darmleidens, die Erscheinungen eines diffusen Bronchial- und Intestinal-catarrhs neben Milztumor, dicrotem Puls und cep hali-schen Erscheinungen. Der dicrote Puls ist von hoher diagnostischer Bedeutung. Er fehlt fast nie bei unzweifelhaften Typhcn, beruht auf einem lähmungsartigen Zustande der glatten Muskelfasern
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laquo; der mittlern Arterienhaut und ist gleichsam eine specifische Wirkung des Infectionsstoffes.
Die beiden Erscheinungsweisen des Typhus sind die exan-thematische und die abdominale. Beide Formen unterscheiden sich sogar historisch. So war, wie die Untersuchungen von G- r i e s i n g e r und Hirsch ergeben haben, der exanthe-matische Typhus vom 16. bis zum Anfange des 18. Jahrhunderts als die ständige Typhusform über alle Länder Europas verbreitet, und erreichte während der napoleonischen Kriege im Anfange dieses Jahrhunderts auf dem Continent die grösste Ausbreitung. Nach jener Zeit wurde sie auf dem Continent so selten, dass hin und wieder die Ansicht aufkam , es gebe keinen Typhus ohne Darmgeschwüre. Erst in den letzten Decenniën haben die Epidemieën in Oberschlesien, Böhmen (Prag) etc. diesen Irrthum aufgehellt. Gegenwärtig bildet der exanthematische Typhus auf den britischen Inseln und an einzelnen Flecken Mitteleuropas (Oberschlesien, Polen , russische Ostseeprovinzen) die endemische Form des Typhus. In Südeuropa, Unteritalien , in den orientalischen Ländern, in Ungarn , kommt der exanthematische Typhus bald allein, bald mit der anderen Form gemischt vor. Kleinere Epidemieën dieser Typhusform werden fast überall von Zeit zu Zeit beobachtet, und scheinen vorzugsweise durch Einschleppung erzeugt zu sein (Wunderlich, Nietn ey er).
Der Abdominaltyphus hat seit dem zweiten und dritten Decennium dieses Jahrhunderts, in welchem der exanthematische Typhus seltener geworden ist, und zum Theil verschwand, eine sehr grosse Ausbreitung erlangt. Auf dem europäischen Festland ist es mit Ausnahme der vom exanthematischen Typhus heimgesuchten Districte die ständige Typhusform. Er kommt als solche sowohl im hohen Norden, in Russland, in Dänemark, als in Mitteleuropa, namentlich in Frankreich, Deutschland, in der Schweiz vor, und ist auch im Süden, in Italien, Syrien und der Türkei nicht selten. Auf den britischen Inseln prävalirt zwar die andere Typhusform, doch findet sich auch neben derselben der Abdominaltyphus, besonders in den Landstädten und in den von den irischen Einwanderern wenig berührten Ktistenprovinzen Englands.
Bei der exanthematischen Form kann man, wie bei den Ausschlafsfiebern, eine Incubationszeit, ein stadium invasioiiis und eruptionis annehmen.
Während der Incubationszeit sind allgemeine Beschwerden und Fieber nur in massigem Grade vorhanden, und nichts spricht mit Bestimmtheit für Typhus.
Das Stadium invasioms wird meist mit Frost eingeleitet, hier sinken die Kräfte rasch, typhoide Symptome treten auf, heftige Ca-
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tarrhe der Respirationsschleimhaut und der Intestinalwege sind vorhanden. Die Milzvergrösserung ist noch massig.
Das eruptive Stadium tritt in der zweiten Halfte der ersten Woche ein. Anfangs spcärlich, dann aber reichlich, treten an Hals, Rumpf und Extremitäten Roseolaflecke auf, die sich von den Masern durch ein längeres Bestehen unterscheiden. quot;Während die Maserfiecke schon nach 2—3 Tagen verschwunden sind, besteht das Typhusexanthem bis zu Ende der zweiten Woche, und verschwindet erst gänzlich mit eintretender Defervenz des Fiebers. Je länger die Roseolaflecke bestehen, desto livider ist ihre Färbung. Eine Besserung der allgemeinen Erscheinungen mit dem Ausbruch des Exanthems besteht hier nicht, wodurch sich der Flecktyphus wieder von den Ausschlagsfiebern des Menschen unterscheidet.
Bei der abdominalen Form treten zwar auch hin und wieder Roseolaflecke auf der Haut der Brust und der Magengrube hervor, doch meist in geringer Zahl, häufiger beobachten wir hier einen reichlichen Miliariausbruch, der ebenfalls ohne jede kritische Bedeutung ist. Hier kommen in der Regel Durchfälle vor, selten ist Verstopfung vorhanden. Der Leib ist schmerzhaft, aufgetrieben, Cöcal-geräusch ist zugegen, die vorhandene Empfindlichkeit des Unterleibs kann sich bis zu peritonitischen Erscheinungen steigern. Beide Zustände haben aber die schweren Kopferscheinungen und die heftigen anhaltenden Fieberbewegungen miteinander gemein. Zu ersteren gehören : Der Kopfschmerz , gepaart mit Sinnesstörungen (Ohrensausen , Schwerhörigkeit, Schwarzwerden vor den Augen), die Muskelschwäche, der Schwindel, die Agrypnie im Beginn, die Schlafsucht auf der Höhe der Krankheit oder nachdem die Macht des Fiebers gebrochen ist, die Delirien, dio Krämpfe , welche hier von unbedeutenden Muskelzuckungen (Zittern) bis zu allgemeinen Convulsionen beobachtet werden. Die Constanz dieser Nervenerscheinungen bei allen ausgesprochenen Typhen, denen aber keineswegs eine bestimmte anatomische Veränderung des Gehirns entspricht, war die Veranlassung, dass man dieselben zur Zeit der symptomato-logischen Schule als febres nervosae aufführte, welche man je nach dem Vorhandensein der Zeichen der Hirnreizung oder der der Paralyse der Hirnfunctionen weiter als febres nervosae versatiles oder stupidae rubricirte, denn man nannte diese Fieber erst dann typhös, wenn unzweifelhafte Ansteckungsfähigkeit und ein hervorstechender Character der Gefahr dieselben auszeichnete. Trotz der grossen Aehnlichkeit im Verlaufe und den allgemeinen Erscheinungen, scheinen doch beide Zustände auf der Einwirkung verschiedener Gifte zu beruhen , wofür ganz besonders die Geschichte des Typhus, das Alterniren seiner beiden Formen innerhalb der historischen Zeit und die geographische Verbreitung derselben sprechen. Deshalb ist es
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völlig unstatthaft, den Abdominaltyphus als einen höheren Grad, den exanthematischen Typhus als einen niederen Grad der Infection mit Typhusgift darzustellen, da es Epidemieën des exanthematischen Typhus gegeben hat, welche viel mörderischer waren , als die Epidemieën des Abdominaltyphus, und auch bei den heutigen Epidemieën des exanthematischen Typhus die Intensität der Krankheitserscheinungen, namentlich die des Fiebers, in den einzelnen Erkrankungsfällen fast immer grosser ist, wie in den meisten Fällen der abdominalen Form. So liefert auch der Umstand, dass eine Ansteckung durch exanthematischen Typhus stets wieder den exanthematischen und nicht den abdominalen Typhus erzeugt, den besten Beweis der Ungleichartigkeit und Verschiedenheit der beiden Typhen zu Grunde liegenden Gifte. Und so besteht hier ein wesentlicher Unterschied zwischen den Typhusgiften und dem Variolagift, welches immer ein und dasselbe ist, obwohl es, je nach der Individualität des Inficirten, bald die Variola, bald die Variolois erzeugt.
Unter den Ausgängen des Typhus ist der in Genesung der häufigste; er tritt etwa bei drei Viertel aller Fälle ein, doch giebt es Epidemieën, welche weit bösartiger sind, aber nicht minder auch solche, bei welchen die Sterblichkeit geringer ist. Der Tod erfolgt in den meisten Fällen in der zweiten Woche auf der Höhe der Krankheit, bisweilen jedoch, bei sehr tumultuarischem Verlaufe schon innerhalb der ersten 5 bis 8 Tage oder bei protrahirten Fällen erst in der sechsten Woche und noch später an den Nachkrankheiten (Parotidenvereiterung, Decubitus, pyämische Zustände, Peritoniten, Pleuriten, Tabes meseruica etc.).
Die Sectionsergebnisse sind bei der exanthematischen Form mehr negativer Natur, die Roseolaflecke sind y;o*lt; mortem hier gerade so verschwunden, wie bei Masern- und Scharlachleichen. Hiervon ausgenommen sind nur die Petechienbildungen, die auf einer Hihnorrkagie in das Cutisgewebe beruhen, mitunter auf der Höhe des Typhusexan-thems in wechselndem numerischen Verhältniss sich bilden. Trat der Tod früher ein, dann ist die Abmagerung gering, die Todten-starre bedeutend, die Leichenhypostase sehr ausgebreitet. Die Muskeln sind von dunkler Beschaffenheit, Herz und grosse Gefässe enthalten ein mehr kirschrothes Blut, das nur in selteneren Fällen reichliche Faserstoffabscheidung zeigt. Das Gehirn ist meist blutreich , die Bronchialschleimhaut im Zustande des acuten Catarrhs. Im Lungengewebe findet man häufig schlaffe Hepatisation, die Bronchialdrüsen sind geschwellt, aber nicht markig infiltrirt. Der Darm-canal und die Gekrösdrüsen bieten keine constanten und wesentlichen Veränderungen dar. — Tritt in einem späteren Stadium der Tod ein, dann ist die Todtenstarre geringer, dem Blute mangelt fast das Fibrin, die intima vasorum bietet ausgedehnte Blutfarbstoff-
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irabibitionen dar, in den Lungen begegnen wir gewöhnlich einer ausgebreiteten Hypostase. Die Milz ist immer gross, oft sehr bedeutend angeschwollen, und enthält bisweilen in ihrem Innern hä-morrhagische, selbst puriform geschmolzene Heerde. Magen und Darmcanal bieten ebenfalls trotz des längern Bestehens dieser Typhusform keine characteristischen Veränderungen dar, denn den hin und wieder angetroffenen massigen Schwellungen der solitären und gehäuften Darmdrüsen begegnen wir auch in gleicher Weise bei den Ausschlagsfiebern. Als seltnere Befunde sind hier vereiternde Parotidengeschwülste, gangraena ex decubitu, diphtheritische Processe auf den verschiedenen Schleimhautprovinzen , Zellgewebs-vereiterungen und Verjauchungen etc. anzugeben.
Bei der abdominalen Form beobachten wir, wenn der Tod innerhalb der ersten Woche eintrat, einen ähnlichen Befund, wie beim exanthematischen Typhus, wenn dieser innerhalb einer gleichen Frist tödtete. Der Körper ist dann meist gut genährt, die Todten-starre ist sehr ausgesprochen, es findet sich an den abhängigen Korperstellen bedeutende Leichenhypostase , russiger Belag der Nasenöffnungen, des Zahnfleisches und der Zähne; die Haut ist meist mit Miliariabläschen bedeckt, die Muskeln sind dunkelroth, derb, trocken, das Blut im Herzen und den grossen Gefassen ist theerartig dickflüssig, und bildet nur spärliche , weiche Coagula. Die Verminderung des Fibrins, die Vermehrung der Blutktigelchen, treffen wir auch bei andern lufectionskrankheiten. Diese Vermehrung des Cruors scheint die dunkle Farbe des Typhusblutes zu bedingen , und ist wohl mehr eine relative, als absolute. Sie wird wohl durch die bedeutenden Wasserverluste veranlasst, die der Organismus hier durch die zahlreichen und copiösen Darmdejectionen erfährt, welche eine Eindickung des Blutes nach sich ziehen. Besteht der Typhus länger, so ruft der enorme StoffVerbrauch, den die w-ochenlang anhaltenden hohen Hauttemperaturen fordern, und welcher durch keine entsprechenden Stoffeinnahmen gedeckt wird und werden kann, eine Verarmung des Blutes an Eiweiss hervor, die zur hydrämischen Blutbeschaffenheit führt. Wunderbar ist, dass das Gehirn und Rückenmark trotz der wochenlang bestehenden schweren Nervensymptome keinerlei materielle Veränderungen darbieten, die diese genügend zu erklären vermöchten. Es findet sich nicht einmal constant Hyperämie der Meningen vor, ja man will sogar oft hier eine Vermehrung der Consistenz des Gehirns wahrgenommen haben, obwohl auch gegentheilige Beobachtungen vorliegen.
Veränderungen in den Respirationsorganen sind constant. Das typhöse Kehlkopfgeschwür scheint sogar bestimmte Epidemieën auszuzeichnen. Niemals fehlt wrohleinebisindie feinsten Bronchialendigungen reichende Hyperämie
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und Schwellung der Luftwegschleimhaut. Sie ist esr die die Athenmoth und das cyanotische Colorit der Gesichtshaut im Typhus erklärt, sie ist es, die die beständigen trockenen Rasselgeräusche im Thorax des Typhösen hervorruft, derselbe Zustand ist es, welcher hier so oft zum determinirenden Lungenödem führt, und so das Leben arg bedroht. Die häufig vorkommende Lungenhypostase führt mitunter durch Schwellung der Alveolenwände zur Verdichtung des Lungengewebes, ohne Concurrenz eines Faserstoffexsu-dates, oder das Lungenparenchym ist an den betreffenden Stellen ödematös infiltrirt. Mitunter begegnet man hier atelectatischen Stellen, erzeugt durch eine Verstopfung des entsprechenden Bronchus, und bisweilen auch lobulären entzündlichen Heerden, doch seltener auf der Höhe , als nach Ablauf des Typhusprocesses. Diese lobulären pyämischen Heerde findet man bei purulenter Thrombosis der Pfortaderzweige.
Die Bronchialdrüsen sind geschwellt, blutreich, und zeigen mitunter ähnliche Infiltrationen, wie die Gekrösdrüsen, — Das Herz ist schlaff, das Herzfleisch blass, oder schmutzig roth. Das Encar-dium ist in der Regel Sitz von Blutfarbstoffimbibitionen. — Die Milz ist bei dieser Form um das Doppelte bis um das Sechsfache vergrössert, die Hülle gespannt, die Milzpulpa zerfliessend weich und dunkel bis schwarzroth gefärbt. Berstung der Milzkapsel und Er-guss des erweichten Parenchyms in's cavum abdominis gehört mit zu den allerseltensten Befunden. — Die Magenschleimhaut bietet Blutüberfüllungen ihrer Venen im Blindsack und Injectionen der Blutgefösse der Schleimhaut dar.
Die Veränderungen im Dünndarm sind die wichtigsten im Abdominaltyphus. Dieser verdankt ja seinen Namen „Il e o typ h usquot; jenen constanten Veränderungen der Krummdarmschleimhaut, die Rokitansky in vier Stadien eintheilt:
Im ersten Stadium ist eine hochgradige venöse Hyperämie der Darmschleimhaut, die gradatim an Intensität nach der valvnla Bauhini zunimmt, vorhanden. Hierbei ist die Schleimhaut geschwellt, gelockert, mit Schleim und epithelialen Massen bedeckt.— Die Mesenterialdrüsen sind geschwellt, blutreich, weich und von dunkler Farbe.
Im zweiten Stadium vermindert sich die Schleimhauthyperämie und concentrirt sich auf die Umgebung der solitaren und Peyer'schen Drüsen. Die Drüsen schwellen beträchtlich anT so dass sie 1'quot; und darüber über die Schleimhäute hervorragen. #9632; Diese Prominenzen sind grau, grauröthlich, durchscheinend, und haben entweder flache oder abfallende Ränder. Sie sitzen auf der Muskularis des Darms unverschiebbar auf, und sind mit der sie bedeckenden Schleimhaut auf das Innigste verschmolzen.
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Die mikroscopische Untersuchung ergiebt, class diese Drüsen-sehwellung auf einer enormen Zellen- und Kernwucherung des normalen Driiseninhalts beruht. Ein eigenes Exsudat im Sinne der Aelteren kommt hier nicht vor. Die Peyer'schen Drüsenhaufen bilden in diesem Stadium silbergrosehen - bis thaler-grosse Flatschen (Plaques); sie haben eine vorherrschend ovale Form , und fliessen in der Nähe der Klappe gewöhnlich zusammen, so dass sie an dieser Stelle ein oft mehrere Zoll langes Darmstück einnehmen. Auf der Schnittfläche hat es den Anschein, als ob die kranken Darmdrüsen mit einer weichen, grauweissen oder blassröth-lichen, hirnmarkähnlichen Masse infiltrirt wären ; doch handelt es sich auch hier nicht um eine Infiltration mit einem amorphen Exsudate, sondern um eine excessive Vermehrung der den Drüsen auch unter normalen Verhältnissen eigenthümlichen zelligen Elemente. Wenn dieser Process über die Drüsenkapseln hinausgreift, so findet man auch in der Umgebung derselben, im Bindegewebe der Schleimhaut , markige Massen, diese sind Wucherungsproducte der Bindegewebskörper. Die Mesenterialdrüsen sind bis zu Bohnen-, ja Haselnussgrösse angeschwollen, dabei resistent, blutreich und grauröthlich von Farbe.
Im dritten Stadium, welches Rokitansky das der Erweichung, Auflockerung und Abstossung nennt, bieten die Veränderungen in der Leiche je nach der Natur des einzelnen Falles mannigfache Verschiedenheiten dar. quot;Wird der Process rückgängig , ohne dass Zerstörungen in Wand, Follikel und Schleimhaut eintraten, so schwillt die Drüse ab, eine Fettmetamorphose ihres zelligen Inhaltes leitet die Resorption ein, welche so vollständig eintreten kann, dass keine Spur des Processes zurückbleibt. Diese Fälle stellen wohl die abortive Form des Typhus dar.
In anderen Fällen leitet sich Verse h o rfung ein. Die Decke des Follikels, des Plaques, wird trocken, bröcklich, durch Foecalmasse gelb gefärbt; diese Verschorfung sehreitet nach der Tiefe weiter vor, und so wird auch endlich der ganze Drüsenhaufen in einen gelben Schorf verwandelt, dessen Grosse und Form der Grosse und Form des Plaques entspricht. Oder die solitären und gehäuften Follikel tumesciren bis zu einem gewissen Grade, bersten und entleeren ihren Inhalt in den Darm, wodurch die Schleimhaut streckenweise siebartig durchlöchert wird, die Plaques ein netzförmiges Ansehen erhalten. In diesem Stadium zeigen die Mesenterialdrüsen die bedeutendste Schwellung. Einzelne derselben können die Grosse eines Tauben-, selbst eines Hühnereies erhalten.
Im vierten Stadium, im Stadium der Geschwürsbildung nach Rokitansky, werden die Schorfe bald im Zerfall, baldimGan-
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10nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Infectionäkrankheiten.
zen abgestossen. Es entstehen so Substanzverluste, die der Grosse der verschorften und abgestossenen Drüsenkapseln und Drüsenhaufen entsprechen, und diese Substanzverluste sind dieTy-phu sge s ch wür e. Sie sind rundlich, wenn sie von einer solitä-ren Drüse, elliptisch , wenn sie von einem Peyer'schen Plaques herrühren , buchtig, wenn die Abstossung des Schorfes nur theilweise erfolgte. Ihre Grosse variirt von der eines Hanfkornes bis zu der eines Thalers. Der Geschwürsrand wird von einem etwa l'quot; breiten, abgelösten, über der Geschwürsfläche verschiebbaren, blauröthlichen, später schiefergrauen Schleimhautsaum gebildet. Der Geschwürsgrund ist eine zarte Schicht Bindegewebe, die die Muskularis überzieht.
Als abweichend von diesem Verlauf ist eine hochgradige Hyperämie der Dünndarmschleimhaut zu bezeichnen, wobei die Drüsen sehr geschwellt sind, so dass die Plaques oft schwammigen, poly-pösen Wucherungen gleichen. Es kommt hierbei zu Blutungen in die Substanz der Schleimhaut (Ecchymosen) und in die Darrohöhle, welche die Kräfte des Typhösen bald erschöpfen, und daher von der übelsten prognostischen Bedeutung sind. Ein allerdings noch gefährlicheres Ereigniss ist die durch die Geschwürsbildung erzeugte Perforation des Darmes. Sie entsteht dadurch, dass nicht nur eine Nekrose der Schleimhautdecke des Follikels, sondern auch eine Nekrosirung des unter dem Follikel gelegenen Serosa- und Musku-laristheils eintritt. Die Perforation und der Erguss des Darminhaltes in die Bauchhöhle hat eine schwere, immer tödtliche Peritonitis zur Folge, und nur, wenn durch eine adhäsive Peritonitis, die eine Verklebung der Geschwürsränder mit den Nachbartheilen einleitete, dem Erguss in die Bauchhöhle vorgebeugt wird, kann dieses Ereigniss gefahrlos am Kranken vorübergehen.
Das quantitative Verhältniss des Befallenwerdens der Darmschleimhaut vom typhösen Process bietet begreiflicherweise die mannigfachsten Abweichungen dar, und alles logisch Denkbare ist hier auch das Mögliche. Mitunter scheint der Process absatzweise auf der Darmschleimhaut zu erfolgen, wenigstens findet man in der Leiche Typhöser hier den oben geschilderten Process oft in so verschiedenem Grade entwickelt, dass , während hier noch Hyperämie und Turaescenz der Drüsen besteht, dort schon Verschorfung und Verschwärung Platz gegriffen hat, was es wohl rechtfertigt, einen Zeitunterschied, je nach dem Grade des Processes, anzunehmen.
Erfolgt der Tod in der dritten und vierten Woche, oder noch später, so ist die bedeutendste Abmagerung vorhanden. Die Hautdecken sind blass, die Todtenstarre ist massig, fuligo an Zahnfleisch und Zähnen; gewöhnlich vorgeschrittener Decubitus oft bis zur Bloslegung der Knochen, massiges Oedem der Füsse; auf der
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Haizt Miliariabläschen, Ecthymapusteln, Petechien, in manchen Fällen Vereiterungen des subcutanen und interrnuscularen Bindegewebes. Das Blut ist wässerig und roth , das Gehirn blutarm , blass, dessen Mark meist durchfeuchtet. In den Lungen findet man mitunter lobäre und lobuläre Pneumonieen. Sind Laryngalgeschwüre vorhanden, so haben sie das Perichondrium erreicht, oder dies wohl auch blosgelegt. Blutfarbstoffimbibitionen auf der Innern Herzhaut und in den grossen Gefässen sind nicht selten. Die Milz ist abgeschwollen, deren Kapsel daher stark runzlig, das Gewebe schlaff und Wass. Zuweilen sind sich rückbildende hämorrhagische Infarctf vorhanden, in welchen die mikroscopische Untersuchung Blutkry-stalle nachweist. Die Magenschleimhaut ist wieder erblasst, die Dünndarm schleim haut zeigt die Geschwüre in Heilung begriffen. Die Heilung geht vom Geschwürsrande aus, der mit der Basis verwächst, die Bindegewebsschicht, welche die Mus-kularis bedeckt, trübt sich, wird weisslich, verdickt, und wird endlich zu einer serösen Platte, in welche der nach Innen sich verjüngende und an sie angelöthete Randsaum unmerklich übergeht. All-mälig rückt der Schleimhautrand über dieser serösen Platte nach dem Centrum des Geschwürs vor, wird aber dabei in Folge der Dehnung, welche er erleidet, dünner.
Berühren sich endlich die Schleimhautränder, so ist die Heilung des Geschwürs vollendet, wenn sie verschmolzen sind. Die Narbe bildet eine durch Verdünnung der Schleimhaut bedeckte leichte Depression. Sie ist häufig etwas pigmentirt, erscheint glatter als ihre Umgebung, und trägt nur spärliche oder keine Zotten. Niemals führt das Typhusgeschwür bei seiner Vernarbung zu einer Verengerung des Darmes. Während der Heilung der Geschwüre schwellen die Mesenterialdrüsen ab. Sie schrumpfen hierbei nicht selten zu kleinen , festen, schiefergrauen Körpern ein. Mitunter findet man, wenn der Kranke in der fünften oder sechsten Woche am Typhus stirbt, auf der Schleimhaut des Dickdarms diphtheri-tische Vorgänge.
Die pathologische Anatomie des Typhus ist deshalb hier so eingehend besprochen worden, weil sie ganz vorzüglich den Typhus characterisirt, und alle die Zustände als nicht typhöse zurückweisen lässt, die man bei Thieren dafür gehalten hat und noch hält.
Zunächst tritt uns hier der Pferdetyphus nach Roell entgegen. Es ist nicht zu leugnen, dass diese Thierkrankheit mannigfache Anhaltspunkte zu einem Vergleiche mit dem Typhus darbietet, so die Natur des Fiebers, die constante Milzschwellung, wie die Darm-affection. Aber das Auftreten beulenartiger Entzündungsheerde in der Haut und im Unterhautzellgewebe, die faserstoffige Natur dieser Geschwülste, der Umstand, dass die Darm- und Magengeschwüre
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aus zollhohen faserstoffigen Infiltraten der Mucosa und Submucosa des Magens und Darms hervorgehen, während nebenbei nur in den seltensten Fällen massige Schwellung der Peyer'schen Drüsen besteht, also das wesentliche Drüsenleiden des Typhus hier mangelt, der Umstand ferner, dass diese Geschwüre stark gewulstete Ränder zeigen, dass sie mit dicker, bindegewebiger Narbe heilen, unterscheidet den Pferdetyphus genügend pathologisch-anatomisch von dem Typhus des Menschen. Roell hat den Pferdetyphus selbst dem Anthrax untergeordnet, gewiss gehört er dahin.
Der sogenannte Petechialtyphus der Pferde, von dem gegenwärtig so viel gesprochen wird, eharacterisirt sich am lebenden Thiere durch Ecchymosenbildung auf Nasen- und Maulschleimhaut bei einem fiebernden Thiere, durch einen sehr raschen Decurs der Krankheit und durch einen fast nie ausbleibenden tödtlichen Ausgang. Die Section ergiebt dann, je nach der Natur der Grundstörung, das Mannigfachste: Entzündungen der Athmungswerkzeuge, der Hinterleibsorgane, namentlich des Peritonäums, Herzbeutelentzündung, ausgebreitete Catarrhe der Respirations- und Intestinal-schleimhaut, aber immer vermisst man das oben geschilderte, speci-fische Darmleiden. Die Ecchymosen beschränken sich natürlich nicht nur auf die S ch n ei der'sehe Membran und auf die Maul-sehleimhaut, sondern wir begegnen ihnen in grosser Zahl auf den serösen Häuten , auf der Darmschleimhaut etc. Das Zustandekommen dieser Härnorrhagieen in die Gewebe der genannten Theile ist begreiflicherweise durch die Aufstellung einer häraorrhagischen Diathese keineswegs erklärt. Es bleibt uns hier nichts Anderes übrig, als die Annahme geweblicher Störungen in den Capillarwan-dungen, die diese an verschiedenen Punkten des Gefässsystems brüchig, zerreisslich machen, so dass schon eine massige Steigerung des Seitendrucks, unter dem das Blut in den Haargefässen kreist, genügt, um Gefässrupturen zu erzeugen. Die Natur dieser Gewebsstörnn-gen in den Gefässwandungen ist freilich noch nicht erörtert. Wir wissen nur, dass dieselben im Verlauf gewisser Krankheiten, nach Einwirkung bestimmter äusserer Schädlichkeiten, gern eintreten, wie beim Menschen im Typhus, Lebertyphoid, beim Scorbut; bei Thie-ren vor Allem beim Anthrax, aber besonders bei den Pferden in rasch verlaufenden fieberhaften Krankheiten, welchen die verschiedensten örtlichen Affectionen zu Grunde liegen können. Meist sind diese entzündlicher Natur; die Krankheit nimmt nach Ausbruch der Petechien einen raschen Decurs, die Kräfte sinken schnell, es treten mitunter diphtheritische Processe auf der Maul-, Nasen- und Darmschleimhaut auf, die gesetzten Exsudate zeigen eine grosse Neigung zum Zerfall, zur Verjauchung, die Pulsfrequenz und die Hauttemperatur erreichen hierbei eine enorme Höhe, der Puls wird an der
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Vom Typhus.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;13
facialis sehr bald fadenförmig, unfühlbar, die Thiere brechen zusammen , und enden nach kürzerem oder längerem Todeskampfe. Die Dauer der Krankheit beträgt hier oft nur 24 bis 48 Stunden, selten mehr als vier bis fünf Tage.
In der Leiche finden wir ausser den wiederholt erwähnten Ecchymosen nur ein constantes Phänomen, nämlich die schwarz-rothe Färbung des Blutes und seine fast mangelnde Gerinnbarkeit. Wenn etwas das Zeichenbild der febris putrida (Faulfieber) der alten Aerzte fast vollkommen deckt, so sind es diese Zustände.
Vom Petechialtyphus des Menschen unterscheiden sich aber diese Fleck- oder Faulfieber der Thiere genügend durch folgende Umstände:
Nie bieten sie, wie dieser, einen mehrwöchentlichen Occurs dar.
Der Petechialtyphus gehört zu den schwereren Typhusformen. Die Kranken sind gleich vom Anfange an betäubt, später somnolent. Die Thiere sind bei den hier geschilderten Fleckfiebern zwar sehr entkräftet, stehen mit gesenktem Kopfe, halbverschlossenen Augen, schwankend da, und drohen jeden Augenblick zusammenzubrechen, aber eine wahre Suspension der Gehirnverrichtung, welche den Petechialtyphus auszeichnet, tritt bei diesen Fleckfiebern erst kurz vor oder mit dem Tode ein.
Das specifische Darmleiden mangelt hier bei den Thieren stets, denn wurden auch Geschwüre angetroffen, so sassen sie entweder im Magen oder im Dickdarm , und waren häraorrhagischer oder catarrhaliscber Natur.
Die Fleckfieber sind an sich nicht ansteckend, es wäre denn, dass sie sich zum Anthrax, zum acuten Rotz, gesellten , und dann vermitteln diese, nicht jene, die Infection, während der Flecktyphus die ansteckendste Typhusform ist. —
Wenn wir absehen von der Hämophilie im Anthrax, so scheinen die Ursachen jener dissemenirten Gewebshämorrhagieen im Menschen und Thiere eine gewisse Identität zu besitzen. Der Scorbut befällt die Bewohner der Keller- und Hofwohnungen, der Gefängnisse, der Spitäler etc., die Fleckfieber beobachten wir namentlich bei Thieren, die in übersetzten, schlechtventilirten, dunstigen, dunkeln Stallungen aufgestellt sind. Also hier, wie dort, scheint der Mangel an Licht, reiner Luft und die Einwirkung miasmatischer Stoffe, deren chemische Natur freilich noch nicht erkannt ist, die Hämophilie zu vermitteln. Beim Menschen sehen wir aber auch Scorbut bei ausschliesslicher Nahrung mit geräuchertem, gepökeltem Fleisch , trockenen Gemüsen , auftreten , so z. B. auf Schiffen, was die gestörten Nutritionsverhältnisse der Ge-fässwandungen genügend erklärt, obwohl auch hier das Engebei-
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sammenleben der Bemannung in den Schiffsräumen eine miasmatische Entstehung des Schiff'sscorbuts sehr nahe legt. Denn dass der Mangel frischer Pflanzenkost nicht allein den Schiffsscorbut zu erzeugen vermag, erhellt daraus, dass der Scorbut seuchenartig unter der armen Bevölkerung Grossrusslands herrscht, die nur von frischer Pflanzenkost lebt.
Bei Infectionen mit thierischen Giften, wie mit denen des Anthrax , des Petechialtyphus, sind die Gewebsveränderungen der Ge-fässwandungen auf Rechnung der Infection selbst zu setzen. Unter allen Umständen scheinen aber hier chemische Verhältnisse ins Spiel zu kommen, wofür der Scharbock beim Mercurialismus und bei ichorrhämischen Zuständen spricht. In letzter Beziehung sind jene Wochenfieber zu erwähnen, die sich innerhalb der ersten drei Mal 24 Stunden nach der Geburt entwickeln und ausserordent-lich rasch tödten. So der Fall mit Ernestine Dressler, 26 Jahr alt, unverehelicht, gebar einen sechs Monate alten Fötus. Das Wohlbefinden der Wöchnerin war innerhalb der ersten 24 Stunden ungestört. Den zweiten Tag trat bedeutender Meteorisraus, Kurzathmigkeit, eine Pulsfrequenz von 135 und eine Hauttemperatur von 40,5deg; C. ein. Auf den Volarflächen beider Vorarme wurden guldenstückgrosse blaue Flecke wahrgenommen, die unter dem Fingerdruek nicht schwanden (Ecchymosen). Im Verlaufe des Tages gingen einige copiöse, fötide Stühle ab, ohne dass der Meteorismus abgenommen hätte. Die Nacht wurde unruhig verbracht. Früh in der neunten Stunde fand ich die Kranke verfallen, die Hauttemperatur auf 41,5deg; C. in der Achselhöhle erhöht, Puls 140, debil, spontane Blutungen auf der Bindehaut des linken Auges, aus d er Mund- und Nasenhöhle, Abgang pechschwarzer Massen mit dem Stuhle. Bedeutender Durst, lederartige Zunge. Heftige Delirien in den Abendstunden. Gegen Morgen Sterberöcheln, Tod in der sechsten Morgenstunde. —
Es ist hier noch zu erwähnen, dass man die epizootische Brustentzündung der Pferde in der neuern Zeit auch unter dem Namen Typhus (Nervenfieber) aufgeführt hat. Dies Beginnen ist so widersinnig , dass ich mich nur um deswillen zu einer kurzen Widerlegung desselben hier nochmals herbeilasse, weil sehr allgemein dieser Irrthum noch fort und fort besteht. Es ist zwar zuzugeben, dass die fieberhaften Brustkrankheiten der Einhufer mitunter mit einem auffälligen Schwächezustand verlaufen, aber diese Depressionserscheinungen erreichen doch niemals den Grad, wie im Typhus; niemals werden hier tobsüchtige Erscheinungen beobachtet, und selbst wenn diese letzteren hier vorkämen, so würden sie keineswegs absolut für Typhus sprechen, indem schwere Hirnsymptome, die den
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Character der Exaltation an sich tragen, vielfach schon bei genuinen Pneutnonieen des Menschen beobachtet wurden. So bei einer grossen rechtseitigen Pneumonie eines 15jährigen Knaben zu O . . Die manieähnliche Aufregung war hier so gross, dass der Patient bis zum fünften Tage der Krankheit unausgesetzt Wache haben musste; denn er war nur mit Mühe im Bett zu erhalten. Kein pulsus dicro-lus, kein Milztumor, kein Durchfall, keine Auftreibung, keine Schmerzhaftigkeit des Unterleibes war vorhanden, wohl aber leer-tympanitischer Percussionsschall und exquisites Bronchialatlira e n mit consonirendem Blasen vermischt, rechts hinten, von oben bis unten zugegen. Den sechsten Tag trat bedeutende Defer-venz ein, mit ihr Abnahme der Pulsfrequenz und der Athemnoth; die früher blutigen Sputa wurden jetzt puriform, das bronchiale Athmen verschwand, an seine Stelle trat crepitirendes Rasseln. Den neunten Tag war der Knabe bereits in der Reconvalescenz.
Woher es komme, dass sich zu Pneumonieen mitunter so schwere Gehirnsymptome gesellen, scheint zwar von einer schnellen Verarmung des Blutes an Eiweisskörpern und rothen Blutzellen herzurühren, jedoch hängt dieses Nervöswerden der Pneumonieen nicht immer mit einer bedeutenden Ausdehnung der anatomischen Störungen zusammen, und so mögen hier wohl noch unbekannte individuelle Verhältnisse mit in's Spiel kommen. Als Beispiel sei hier einer beiderseitigen lobären Pneumonie erwähnt, die den ganzen Rücken eingenommen hatte, und bei welcher das bronchiale Athmen beiderseits die Axillarlinie überschritt, welche eino 40jährige anämische Ehefrau befiel. Das Bewusstsein war bei ihr bis zum letzten Tage ihres Lebens, dem achten der Krankheit, ungetrübt, nur in den letzten Lebensstunden trat anhaltender Sopor ein; jedoch war die prostra-lio viriuvi schon den dritten Tag der Krankheit so gross, dass sie sich nicht ohne Beihülfe im Bette wenden konnte.
Dies auf die Thierpathologie angewandt, so geht aus dem Angeführten hervor, dass selbst die höchsten Grade des Kräfteverfalls, dass selbst eine manieähnliche Aufregung der Psyche eine fieberhafte Thierkrankheit noch nicht zum Typhus stempelt; denn ein Fieber kann nur alsdann Typhus genannt werden, wenn jener oben genau erörterte typhöse Process auf der Krummdarmschleimhaut oder Haut und der oben ebenfalls bereits geschilderte ge setz massige Verlauf typhöser Fieber nachgewiesen wurde.
Mitunter hängen somnolente Erscheinungen bei grossen Pneumonieen und Pleuriten mit dem gehemmten Athmen zusammen; Venenstase im Gehirn und mangelhafte Oxydation des Blutes vermitteln dann hier die Schlummersucht. Grosse lobäre Pneumonieen und massenhafte pleuritische Ergüsse, welche primär auftreten
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und um die es sich so oft bei jenen Zuständen handelt, die von den Thierärzten für Typhus gehalten und ausgegeben werden, schlies-sen, soweit unsere gegenwärtige Erfahrung reicht, geradezu den Typhus aus.
Der sehr seltene Befund, wo lobäre croupöse Pneumonieen bei Typhus angetroffen -werden, gehört zu den Folgezuständen des Typhus. Niemals begegnet man ihnen dort innerhalb der ersten 14 Tage der Krankheitsdauer; sie treten immer erst zu Ende der vierten, im Beginn der fünften Woche auf, wo bereits die höchsten Grade der Abmagerung und Kräfteerschöpfung eingetreten sind. Entkräftung, anhaltende Rückenlage bei mehr weniger gehemmtem Athmen und hochgradige Abmagerung, sie mag hervorgerufen werden durch was immer, führen bei dem Menschen sehr oft auch ohne die typhöse Erkrankung zu einer lobären Pneumonie beider unteren Lungenlappen. Also darin kann gar kein Kriterium für den Leichenbefund des Typhus ruhen, dass man hin und wieder lobäre Infiltrationen der Lungen in der Typhusleiche vorfand, da dieser Befund einmal durchaus nicht dort constant ist und andererseits unter den oben angegebenen Umständen bei den verschiedensten tabescirenden Zuständen angetroffen wurde. Also nicht der specifische pathologische Process des Typhus, sondern die allgemeine Ernährungsstörung (hochgradige Abmagerung), das gehemmte Athmen, durch dauernde Rückenlage erzeugt, und die herabgesetzte Innervation führen hier in den abhängigsten Partieen der Lunge zu entzündlichen Infiltrationen.
Ich beobachtete derartige hypostatisehe Pneumonieen u. A. bei einer leberkrebskranken Frau nach einem sechsmonatlichen Krankenlager, wo dieselbe bereits skeletartig abgemagert war, und bei einem tetanus idiopathicus, der während seiner achttägigen Dauer nur die Rückenlage gestattete. Abmagerung und grosser Kräfteverfall wurden in letzterem Falle durch den trisnms vermittelt. der keine Speiseaufnahme mehr gestattete.
Beim Hunde beobachten wir eine fchris pituitosa nefvosa, ein sogenanntes nervöses Schleimfieber. Meist werden junge Hunde davon befallen, die in der Entwickelung begriffen sind. Selten bleibt ein Hund ganz von dieser Krankheit verschont. Diese sogenannte „Seuchequot; ist ein fieberhafter Catarrh aller Schleimhäute. Es findet hier die massenhafteste Production eines puriformen Schleims auf der Augenbindehaut, Luftwegschleimhaut, auf der Mucosa des Intestinaltractus, ja selbst auf der der Harnwege, statt. Von Hause aus zeigt sich grosse Mitleidenheit im Nervensystem. Muskelzuckungen, veitstanzähnliche, epileptiforme Krämpfe, paretische und paralytische Zustände, besonders der hintern Extremitäten, treten hier auf, und erhalten sich oft noch Monate, selbst Jahre lang, nach Ab-
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lauf des Catarrhalfiebers. Aber ein Typhus ist es denn doch nicht. Zwar kommen hier catarr haiisch e Geschwüre mitunter auf der Darmschleimhaut vor, doch niemals der wahre Typhusprocess; auch ist hier das Rückenmark, weniger das Gehirn, der Ausgangspunct der nervösen Symptome.
Die Milzbrandfieber und der Anthrax
kommen ursprünglich nur bei Thieren vor. Sie treten meist epizootisch auf, sind unzweifelhaft contagiös, entwickeln sich vorzüglich bei den Herbi- und Omnivoren, den wilden wie gezähmt vorkommenden, übertragen sich aber auf Fleischfresser , Vögel, auf die Menschen, vielleicht sogar, wie Heusinger behauptet, auf die Fische und Krebse.
Der Milzbrand hat in geographischer Beziehung einen grossen Verbreitungsbezirk. Es ist eine Thierkrankheit sui generis, und zeigt eine so bedeutende Contagiosität, dass von keiner andern Krankheit in derselben Weise die Fortpflanzungsfähigkeit von Individuum zu Individuum behauptet werden kann.
Die Milzbrandkrankheiten haben alle gemeinsame Quellen mit dei-Malaria, denn in historischer, wie geographischer Beziehung, schlies-sen sich die Milzbrandseuchen den Intermittenten aufs Innigste an. Nicht das Klima , nicht bestimmte Breiten- und Längengrade, nicht gewisse Erhebungen über dem Meeresspiegel, noch ein bestimmter geologischer Character, bestimmen das Vorkommen des Milzbrandes, sondern überall ist es das Gebiet der kalten Fieber der Menschen, wo der Milzbrand bald sporadisch, bald epizootisch, herrscht, der Boden mag nun sumpfiger Natur, oder undurchlässig, oder frisch gerodet und gewendet sein, oder was sonst für Charactere des Malariaterrains besitzen. Mitunter ist das Malariaterrain nur ein temporäres , wie bei Sommerüberschwemmungen, und dann ist es auch das des Milzbrandes.
Durch meteorologische Verhältnisse und Ansteckungen, Verschleppungen , können sich die Milzbrandheerde verbreitern. Kälte beschränkt und hebt das Vorkommen des Milzbrandes auf, grosso Wärme, Gewitter, vormehren das Vorkommen der Milzbrandfälle bi.gt; zum seuchenartigen Auftreten. Fette, gutgenährte Thiere werden leichter, als abgemagerte , schlechtgenährte , befallen. Ob der Genuss fauligen, brackigen Wassers, schimmligen Futters, Milzbrand zu veranlassen im Stande ist, ist wohl zweifelhaft. Wo solches Wasser und Futter von Thieren genossen werden müssen — denn wo ihnen besseres Futter und Getränk zu Gebote steht, geniessen sie jenes so wie so nicht, — wirken gewöhnlich gleichzeitig die oben bezeichneten territorialen Schädlichkeiten auf di(5
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2
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Thiere ein. Auf keinen Fall ist es aber der Erfahrung entlehnt, wenn Spinola hier einen unmittelbaren Uebergang parasitischer Pilze in's Blut annimmt, diesen die Rolle der Ferrnentkorper überträgt und die Blutalteration beim Milzbrand als Ferm ent Wirkung auffasst, vielmehr ist dies eine höchst unwissenschaftliche Hypothese, welche gerade von Spinola um so weniger zu erwarten war, da er trotz der G erl ach'sehen und Für s t enberg'schen Arbeiten die durch diese Forscher ganz besonders gewonnene That-sache, dass die ßäudemilbe als die ausreichende Ursache der Räude zu betrachten ist, auf alle nur mögliche Weise zu bekriteln und in Zweifel zu ziehen sich bestrebt (Spinola, SpeciellePath. p. 186II.). Das^^er miasmatische Ausströmungen des Bodens in der That in vielen Fällen den Milzbrand veranlassen, dafür spricht ganz besonders die vonDressler beim Rindvieh beobachteteThatsache, dass es plötzlich zusammenstürzte, wenn es den Tränkanstalten zu nahe kam, und ch das Elennwild, das in einem ausgedehnten Bruchterrain stand, wurde jedesmal in der Nähe der noch Wasser haltenden Stellen todt gefunden.
Ich stimme Rudolf Virchow vollständig bei, wenn er in seinen Zoonosen, dieser miasmatischen Entstehung entsprechend, ein septisches Ferment annimmt, das durch die Exhalation des Bodens in das Blut gelangt, den Milzbrand erzeugt, und pflichte ihm nicht minder bei, wenn er in dem eminent septischen Character der Anthraxformen einen Beweis für diese Annahme findet.
Bei den ursprünglichen, miasmatischen Formen des Milzbrandes ist das Blut als Mittelpunct der Erkrankung anzusehen, und wenn die humoralpathologischen Anschauungen unter den gewichtigen Schlägen der cellularen Theorieën in der That noch ein Terrain fanden, auf dem ihnen diese nicht zu folgen vermochten, so ist es die Lehre von den ursprünglichen Milzbranderkrankungen. Denn bei den durch Ansteckung erfolgenden Formen sind die localen Heerde durch den Contact oder die Impfung des Anthraxgiftes häufig schon im Voraus bestimmt. Aber trotzdem bleibt auch hier das Blut der allgemeine Ausgangs-punet der verschiedensten Krankheitszeichenund örtlichen Vorgänge.
Pollen der und Brau eil sahen im Blute milzbrandkranker Thiere ausserordentlich feine stäbchenförmige Körper von grosser Gleichförmigkeit und in ungewöhnlicher Zahl. Diese Stäbchen wurden für Parasiten gehalten. Brau eil hielt sie für Vibrionen, Del a fond für Algen , Pollen der beschrieb diese Beimischung als stabförmige, äusserst feine, solide, durchsichtige Körperchen, die ganz gerade, gleich dick, in ihrem Verlaufe nicht verästelt wären, vom Wasser unverändert blieben und keine autoehthonen Bewegun-
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gen zeigten. Brau ell wies zuerst nach, dass diese stäbchenför-migen Körper nicht nur im Blute todter, sondern auch lobender milzbrandkranker Thiere vorkämen. Er vermisste diese Körperchen hier stets, wenn Genesung eintrat; die Thiere, bei welchen er sie antraf, gingen dagegen sämmtlich zu Grunde. Er wollte Bewegungen an diesen Körpern wahrgenommen haben und nannte dieselben deshalb selbst bewegungsfdhige Vibrionen. Und so schien die bereits verlassene Lehre des Parasitismus der Krankheiten einen neuen Boden zu gewinnen. Hier konnte es begreiflicherweise nicht an Zweiflern fehlen. Man suchte diese Thatsache, die nicht länger bezweifelt werden konnte, da sie durch erneute Beobachtungen vielfach gestützt wurde, auf die Anwesenheit von Gewebstriimmern oder feiner Fib'rin-gerinnungen im Blute milzbrandkranker Thiere zurückzuführen. Und was lag näher als diese Annahme, da die grossen Schlag- und Jaucheheerde , die in der Eegel in den Cadavern dieser Thiere angetroffe werden, die Ueberführung von Gewebstrümmern in das cirkulirenue Blut sehr wahrscheinlich erscheinen Hessen. Vorzüglich wurden die stäbchenförmigen Kerne der Capillargefässe beansprucht. Doch Alles dies konnte die grosse Gleichmässigkeit der aufgefundenen Stäbchen, ihre bedeutende Zahl und ihr Vorkommen, besonders bei den schnell verlaufenden Formen, nicht erklären. Die Verrauthung V i r e h o w 's , dass es Blutkrystalle sein könnten, wurde von Wien aus bestätigt. Gegenwärtig, wo es gelungen ist, diese Blutkrystalle auch experimentell zu erzeugen, kann über ihre Natur und ihren Ursprung wohl kaum noch ein Zweifel gehegt werden. Sie charac-terisireu nun den Milzbrand als eine schon während des Lebens bestehende hochgradige Blutzersetzung, wie sie bis jetzt nur bei den Thieren, und vielleicht bios in dieser Krankheit beobachtet wurde. Daher zeigt auch das Blut hier diese grosse Ansteckungsfähigkeit, daher die Neigung zur Hämophilie, die enormen Schlagheerde im Unterhautzellgewebe, im intermuskulären Bindegewebe, die zahlreichen Ecchymosen der Schleim- und serösen Häute. Das Blut hat die Fähigkeit verloren , allen Blutfarbstoff zu fixiren , eine grosse Zahl von Blutkügelchen geht zu Grunde, das Krystallin derselben schiesst in Form der Polle nde r-B rau ell'schen Stäbchen an, der Blutfarbstoff suffundirt die Gewebe. Und diese Trennung des Blutfarbstoffs besteht ebensowohl während des Lebens, als die Kry-stallbildung im Blute. Die dissolullo sa?iguinis der Craseologen war bereits in Misscredit gerathen (Wunderlich), die Auffindung der Pollender-Braue 11'sehen Stäbchen hat diese Alteration des Blutes vollkommen rehabilitirt.
Das Anthraxblut ist sehr dunkel, zuweilen schwärzlich, röthet sich schwer in der Luft, ist dick, gallert-undtheerartig; einem eigentlichen Faserstoffmangel, wie er wohl hin und wieder für das Milz-
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brandblut beansprucht wurde, begegnen wir nicht immer. Mitunter ist Faserstoff'genug da, um eine vollständige Gerinnung zu geben; nur fehlt constant die Neigung znrZusammenziehung des Gerinnsels. Dasselbe gilt auch von den extravasculären Faserstoffdepots im Milzbrand, die oft sehr massenhaft sind ; aber auch ihnen gebricht die Neigung zur Zusammenziehung, sie schliessen deshalb dauernd grosse Quantitäten Blutserums in sich ein , stellen auf diese Weise zitternde Gallerten dar (die so oft genannten sulzigen Massen) mit einer grossen Neigung zum Zerfall. Aber die Neigung des Blutes zur Zersetzung characterisirt sich nicht bios in den eben geschilderten Veränderungen, sondern ganz besonders in der Neigung, welche es selbst, sowie seine Exsudate und Extravasate, zur Zersetzung zeigen. Gasblasen im Blute des Herzens und der grossen Gefässe sind keine seltenen Befunde in den Milzbrandleichen (daher Brandblut der Schweine). Die Extravasate und Exsudate faulen hier schon während des Lebens (rauschender Brand). Die Leichen der gefallenen Thiere gehen in kürzester Zeit in die extremste Zersetzung über.
Nächst dem Blute bietet die Milz am constantesten Veränderungen dar. Dieser Umstand gab ja der Krankheit den Namen. Die Milzvergrösserung kann hier einen ganz enormen Grad erreichen, und nur in seltenen Fällen maugelt sie. Das Organ ist hierbei äusserst hyperämisch, zuweilen ecchymotisch, die Pulpa ist brüchig oder zerfliessend, kurze Zeit nach dem Tode durch Gasblasen emphysematös. Die Milz scheint die Lagerstätte und der Multiplicationsheerd für das Milzbrandgift zu sein, von wo aus die weitere und fortgesetzte Inficirung des Korpers erfolgt. Durch Lähmung der Milzmuskulatur, wodurch die Contractions-lähigkeit dieses Organs aufgehoben wird, mag die Milzgeschwulst bedingt sein, jedoch ist die physikalische Veränderung des Blutes gewiss nicht ohne Einfluss auf die Entstehung des Milzturaors. Das Blut verliert die Fähigkeit bestimmte Gefössprovinzen rasch zu passiren, namentlich wird das für jene Gefässprovinzen gelten, deren Bau schon unter normalen Verhältnissen eine Eetardirung des Blutlaufs veranlasst, was besonders für die grossen Venensinus der Milz gilt.
Die Leber ist iu den meisten Fällen sehr bedeutend erkrankt. Sie, wie die Nieren und die Lungen, werden in der Regel gross, blutreich, mürbe angetroffen. Alle Blutadern finden sich stark gefüllt mitdunkelm, schwärzlichem Blute, insbesondere, ausser den bereits genannten Organen, am Darme, an der Haut, im Unterhautzellgewebe, im Netz, im Gekröse, in den Lymphdrüsen, selbst in den Knochen. Diese allgemeine venöse Stase hängt theils vom gehemmten Athmen und dadurch bedingter Ueberfüllung des rechten Herzens, theils von einer mangelhaften Herzcontraction, vermittelt
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durch beginnende Lähmung der Herznerven, theils aber auch von der abgeänderten physikalischen Blutbeschaffenheit ab. Das Blut scheint die Fähigkeit zu verlieren, bestimmte Haargefässdistriete zu passi-ren , daher die oft exquisite Anämie der Muskulatur; die Muskeln sehen weiss, wie gekocht aus. Mitunter wird diese Muskelanämio durch die Suffusion von Blutfarbstoffquot; verdeckt.
Der Ecchymosen in den verschiedenen Organen wurde bereits gedacht. Aber was für die Besonderheit der Aff'eetioncn namentlich characteristisch ist, sind Vorgänge mehr exsuda-tiver Natur, welche dem Process den Character der Reizung verleihen. Hierhin gehört ganz vorzüglich das extravasculärc Auftreten jener gallertartigen, halbflflssigen Faserstoffexsudate. Sie constituiren im hyperämischen Lederhaut- und Unterhaut-zellgewebe die Carbunkeln (daher Carbunkelfieber), sie treten ganz vorzüglich local begränzt in der Submukosa auf, wie auf der Nasen- und Rachenschleimhaut, an der Stimmritze, in der Trachea, nicht minder im Magen und Zwölffingerdarm. Aber auch mehr diffuser Natur begegnen wir ihnen im ünterhautzellgewebe der Extremitäten (entzündliche Wassersucht), und hier stellen sie eine Rotli-laufform dar, die rücksichtlich ihres gewöhnlichen Ausgangs brandiger Rothlauf genannt wird. Ueberhaupt haben nicht nur diese diffusen, sondern auch die circumscripten Exsudate die grösste Neigung zum jauchigen Zerfall und zum brandigen Absterben. Jene Faserstoffexsudate besitzen eine gradezu fürchterliche Contagiosität; Hunde, die davon lecken, crepiren auf der Stelle, ein Tropfen in das Auge einer Taube gespritzt, veranlasste schon nach drei Stunden deren Tod, ebenso den einer Ente, welcher man einen Theelöffel voll davon in den Hals goss.
Die Symptomatologie des Milzbrandes zerfallt theils in die Zeichen der jetzt geschilderten Veränderungen des Blutes und der Organe, theils in die Zeichen der Einwirkung des Anthraxgiftes und jener Gewebsstörungen auf das Nerven- und Gefässsystem. Die ersteren werden gewöhnlich unter dem Namen Anthrax oder Carbunkel aufgeführt, die letzteren unter dem der Milzbrand-fi e b e r.
Beide unterscheiden sich wesentlich durch Acuität ihres Verlaufs , indem die Milzbrandfieber einen oft vollkommen fulminireu-den Verlauf nehmen, und kaum Stunden lang dauern, bis sie zum Tode führen, während die andern etwas mehr protrahirt werden, tagelang, ja 1 bis 2 Wochen dauern können, und eine ungleich günstigere Prognose geben. Denn die fulminirenden Formen führen stets zum Tode , während die protrahirteren, bei denen es zur Car-bunkelbildung kommt, selten, aber doch in Genesung übergehen.
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Jlat man doch deshalb den Carbuukeln gradezu eine kritischlaquo;? Bedeutung zugeschrieben.
Nach dem oben Erörterten können wir zwei Categorieën des Milzbrandes unterscheiden. Bei der einen macht sieh ausser der Blutveränderung, die allen unzweifelhaften Milzbrandformen zukommt, die Wirkung des Milzbrandgiftes vorzüglich im Nervensystem geltend. In der anderen fehlen die prominirenden Nervenerscheinungen mehr oder weniger, und an ihre Stelle treten die ge-weblichen Störungen mit exquisit septischem und brandigem Character und dessen Rückwirkung auf Blut und Gefasssystem in Form einer fabris putrida oder (janyraenosa.
Die nervösen Milzhrandformen treten in folgender Weise auf:
Die ap o plecti seh e fulminirende Form. Hier erfolgt der Tod schlagflüssig wider alles Erwarten. Die bis dahin muntern Thiere stürzen, nachdem sie nur kurze Zeit Krankheits-symptome dargeboten haben, bei der Arbeit z. B. zusammen , oder werden früh todt im Stalle vorgefunden, doch ist das kein Tod durch Blutaustretungen in's Gehirn, keine apoplexia sanguined, denn Gehirn und Rückenmark werden hier stets intact angetroffen , vielmehr lassen sich diese Fälle nur durch Lähmung des verlängerten Markes, des gemeinsamen Centralheerdes für Athem- und Herzbewegungen erklären, also ein Tod durch Suff'ucation.
Mitunter wird nicht das Gehirn, sondern das Rückenmark gelähmt. Plötzlich fangen die Gebrauchsthiere, besonders Pferde, an schwankend zu gehen , sie brechen im Hintertheil zusammen , sind quer gelähmt, die Paralyse schreitet nach dem Gehirn zu vorwärts, doch noch ehe dieses erreicht ist, erfolgt der Tod durch Erstickung. In beiden Fällen ist eine mehr directe Wirkung des Milzbrandmias-ma's auf die medulla oblongata oder auf das Rückenmark anzuneh-nien. Während bei der apoplectischen Form fast alle pathologischen Veränderungen fehlen, so treten bei der spinalen Form dagegen in der Leiche die Zeichen der local gestörten Circulation in der, Vordergrund und es bleibt hier ganz besonders die Aufgabe der Forschung, nach jenen fulminirenden Milzbrandformen Blutkry-stalle in der Leiche so kurz wie möglich nach dem Tode nachzuweisen.
Bei der spinalen Milzbrandform, welche innerhalb 12 bis 48 Stunden tödtet, werden passive Blutüberfüllungen in Leber, Nieren, Milz, ganz besonders in den Lungen angetroffen.
Ergreift die Einwirkung des Milzbrandmiasma's besonders das grosse Gehirn, so treten, statt wie in den genannten Fällen. Asphyxie und spinale Lähmung, excessive Aufregung der Gehirn-funetionen, ein. Die Thiere geberden sich den wüthenden Thieren gleich, brüllen, schlagen um sich, zersprengen ihre Ketten etc.
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Die Milzbrandfiebor und der Anthrax.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 23
Heusinger hebt bei dieser Form, welche er den furibunden Milzbrand nennt, die Analogie derselben mit der Wasserscheu hervor. Jedoch war es wohl zu weit gegangen, als Karl Gottlob Prinz die Hundswnth mit dem Milzbrand gradezu zu identifici-ren sich bemühte.
Die dritte Form des nervösen Milzbrandes ist die intermit-tirende. Dieselbe erinnert recht lebhaft an die perniciösen Wechselfieber des Menschen. Wie bei diesen sind die Interraissionen von kurzer Dauer, ij2 bis 2, zuweilen 6 bis 12 Stunden anhaltend, und wie bei den comitirten Fiebern des Menschen ebenfalls nicht rein, sondern durch paralytische Erscheinungen, Blutungen und profuse Absonderungen getrübt. Nur nach dem ersten, gewöhnlich unvollständigen, und mehr durch allgemeine Krankheitszeichen characteri-sirten Anfall, ist die Intermission so vollständig, dass oft das Bild der vollständigsten Genesung zurückkehrt. Der Anfall selbst lässt ein starkes Frost- und Hitzestadium, jedoch beim heftigsten ErgrifTen-sein des Nervensystems, erkennen. Der Tod erfolgt den ersten bis vierten, mitunter den siebenten bis zehnten Tag.
Die zweite Kategorie betrifft die Milzbrandformen, welche in der Regel unter dem Namen Anthrax, Carbunkelkrankheit, aufgeführt werden. Hier treten die anatomischen Störungen in den Vordergrund. Die Namen, welche dieser Form beigelegt werden, sind meist der Oertlichkeit entlehnt, wo diese anatomischen Störungen vorzüglich auftreten, so g lo ssanthr aoc, Stomantkr ax, Halsanthrax, beim Schweine mit der Unterabtheilung weisseBorste, anthrax haemorrhoidalis etc.
Der eigentliche Carbunkel sitzt an verschiedenen Stellen der Haut und des Unterhautzellgewebes. Man kann hier eine mehr diffuse, rothlaufartige Form annehmen, wodurch die in der Regel gangränescirenden Afterrosen der Extremitäten, des Rückens , des Halses, des Steisses, des Kopfes etc. erzeugt werden, und eine ciron mscripte Form , wo derselbe Vorgang in kleineren, discreten Heerden auftritt.
Hat man Gelegenheit die diffuse Form am Schweine, am Schafe, also bei Thieren zu beobachten, die kein pigmentirtes rete Malpighii haben, so zeigen sich zunächst rothe Flecke, welche alsbald zu grös-sern rothen Flächen zusammenfliessen, von leichter Geschwulst und deutlicher Hitze begleitet sind. Jedoch kommt diese pathologische Färbung der Haut in ganz gleicher Weise ohne Entzündungsvorgänge bei dem morbus maculosus der Schweine vor, der ebenfalls zu den Milzbrandformen gehört. Ist aber Entzündung vorhanden, so tritt unter Zunahme der Geschwulst, unter Verlust der Haare und der Oberhaut bei Aussickern einer jauchigen Flüssigkeit, Teigigwerden der Rothlaufgeschwulst ein. Die Haut platzt an ver-
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24nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Infectiouskrankhoiten.
schiedeuen Stellen, jauchiger Erguss findet statt; und erfolgt hier der Tod nicht bald, so werden grosse Hautlappen nekrotisch abge-stossen, und die Muskulatur wird auf grossen Strecken blosgelegt.
Bei der circurascripten Form haben wir ganz denselben Vorgang, nur an einer beschränkteren Localität. Die Geschwülste treten daher beulenartig über der Haut hervor, sind nur anfänglich heiss und schmerzhaft, später werden sie kalt, teigig, brechen auf, sterben feuchtbrandig ab , und stellen dann grosse Brandgeschwüre mit gewulsteten Bändern und buchtigem Grunde dar, die nie einen guten Eiter liefern. Tritt eine Mumification ein, so bildet sich ein Brandschorf, der später durch Eiterung in der Umgebung desselben abgestossen wird. Die Hautfarbe kann begreiflicher Weise nur bei Pigmentmangel im i'cte, je nach dem Entwicklungsgrade des Processes, eine rothe, blaurothe, schwarzrothe Tingirung zeigen. Der weisso Carbunkel des Schweines entwickelt sich ohne diese Farben Veränderung der Haut, er ist trotzdem entschieden irr it a-tiver Natur, nur ist das Lederhautgewebe hier selbst nicht mit betheiligt, und ist deshalb wohl vom weissen Brande des Menschen zu unterscheiden.
Diese beiden jetzt angeführten Anthraxformen schliessen sich nicht gegenseitig aus, denn nicht selten entwickeln sich neben Afterrosen Carbmikeln, und umgekehrt. Die Carbunkeln kommen gewöhnlich an der vorderen Bauchgegend und an den Seitentheilen des Halses vor, sie finden sich aber auch an allen möglichen andern Stellen, z. B. am Kopfe, an der Brust, an den Hinterbacken, Weichen , am Schlauche ; beim Pferde entsteht gewöhnlich nur ein einziger , bei dem Rind jedoch mehrere.
Die Entwickelung carb unkelartiger Geschwülste auf den Schleimhäuten ist bereits oben angedeutet. Sie kommt auf der Schleimhaut dor Zunge, des weichen Gaumens, des Rachens, der Nase, des Kehlkopfs, des Magens und Darmcanals vor, und führt dort, — wenn der Tod nicht früher durch Suffueation oder durch Lähmung der Nervencentren erfolgte, welches letztere ganz besonders für den circumscripten Anthrax auf Rachen- und Kehlkopfschleimhaut gilt. Zustände, die ausnahmslos innerhalb weniger Stunden durch Suß'u-cation tödten, — zu Brandgoschwüren auf den Schleimhäuten und in deren Umgebung zu extensiven Hyperämieen, hä-morrhagischen Catarrhen, Vereiterungen etc. Mit der Entwickelung von Carbunkeln un minder lebenswichtigen Theilen nimmt die Krankheit einen mehr langsamen Verlauf mit auffälliger Depression im Gefäss- und Nervensystem. Die Thiere zittern, sind abgeschlagen, ohne Appetit. Einige Stunden, manchmal erst einige Tage nach dem ersten Auftreten der Krarikheitszeichen beginnen die Beulen sich zu bilden, und sofort steigert sich die Pulsfrequenz, das
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Die Milzbraudfieber und der Anthrax.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;25
Athmen, sowie die Temperatur. Mit der Vollendung der Beulen tritt mitunter ein Nachlass in den Erscheinungen ein, und es kann unter günstigen Bedingungen die Genesung zu Stande kommen, indem das Fieber schwindet, die Respiration sich beruhigt und copiöse Ausleerungen durch Mastdarm und Harnwege erfolgen. Sistirt die Entwickelung der Beulen, bevor diese einen gewissen Höhegrad erreicht hat, oder gehen sie wohl gar zurück, so steigert sich das Fieber auf das Vehementeste, und der Tod erfolgt rasch unter grossem Collaps der Kräfte. Auch wenn die Carbunkeln stehen bleiben, ist ein ungünstiger Ausgang die Regel. Mit dem Aufbruch der Beulen,, mit der Bildung von Brandgeschwüren und Brandschorfen vermindert sieh nicht der Grad des Fiebers, sondern er vermehrt sich, und so erfolgt der Tod innerhalb acht Tagen unter grosser Entkräftung und lähmungsartigen Erscheinungen. Entwickeln sich Carbunkeln auf den Schleimhäuten, so kommt es zu Hämorrhagieen aus Nase, Maul, After, zu Gangrän der Lungen, zu Lungen-, Kehlkopfoedem, zu Peritonitis, Emeritis, zu croupösen und diphtheritischen Entzündungen der Dünn- und Dickdarmschleimhaut etc., und dadurch zum Tode.
Zwei eigenthümliche Formen wären nun noch am Schlüsse dieses Capitels über den Milzbrand der Thiore, das durchaus keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen kann, da es sich hier zu unserem Zwecke nur darum handelte, das Krankheitsbild des Anthrax in seinen gröberen, wesentlichen Umrissen zu zeichnen, hervorzuheben, nämlich das Fleckfieber der Schweine und die Blutseuche der Schafe.
Im ersteren Falle haben wir exquisite Petechien- undEcchymo-senbildung in der Haut, bei der letzteren erschöpfendes Blutharnen. Das Fleckfieber der Schweine habe ich nicht nur in Böhmen in seuchenartiger Ausbreitung, sondern auch sporadisch in Mecklenburg beobachtet. Auch bei uns, in der Umgebung von Dresden, ist es zu Anfang des Sommers und im Hochsommer die allergewöhnlichste Milzbrandform der Schweine. Der Decurs der Krankheit ist ein sehr schneller, meist innerhalb 12bis24 Stunden erfolgt der Tod ; Fieberbowegungen , grosse Hinfälligkeit, Schwanken im Kreuze, Entwickelung bald kleinerer, mitunter aber auch handgrosser livider, rother Flecke an der Bauchhaut und an den Extremitäten sind die einzigen, aber constanten Erscheinungen während des Lebens. Bei der Section findet man ein dunkles, faserstoffarmes Blut, Milztumor und ausgebreitete Imbibitionsröthe, theils auf den serösen und Schleimhäuten , theils auf dem Encardium und der inneren Gefässhaut. Bisweilen hämorrhagische Ergüsse in's Abdomen, in den Herzbeutel. „In dem himbeersyrupartig aussehenden Blutequot; des rechten Herzens eines an diesem Flockfieber gestor-
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26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Infectionskrankheiten.
benen Schweines fand Leisering eine Unzahl feinster nadelfór-miger Krystalle.
Die Carbunkelkrankheit des Menschen
ist wohl sehr alten Datums. Die Spuren dieser Krankheit reichen bis in das Alterthum hinauf. Aber schon seit langer Zeit hat man die sibirische Blatter und die blaue und weisse Blatter der Esthländer gekannt, und doch ist man erst in der jüngstverflossenen Zeit darüber allgemein einig, dass diese Blattern vom Milzbrande der Thiere herrühren; dagegen ist über die Aleppopustel der Streit noch nicht entschieden, ob dieselbe vom Milzbrande der Thiere herrühre oder nicht. Denn wenn man diese Pustel „Anthracoi'dquot; nennt, so ist doch damit nichts entschieden.
Die gewöhnlichste Ueberfragung des Milzbrandgiftes auf den Menschen geschieht durch das Blut, die Milz, die Exsudate in den Höhlen und durch die Anthraxbeulen. Doch ist die Intensität des Ansteckungsstoffes nicht immer gleich. Dieselbe scheint wesentlich durch die individuelle Constitution, durch die Natur der Seuche, begründet zu sein.
Aber auch die Form ist hier nicht ohne Einfluss.
Am ansteckendsten sollen die fulminirenden Formen sein, jedoch ist davon wenigstens das Fleckfieber der Schweine auszu-sehliessen. Die Anwesenheit von Anthraxmaterie erhöht gewiss die Ansteckungsfähigkeit. Auch die Thierspecies scheint hier nicht ohne EinHuss. So wird behauptet, dass der Milzbrand der Pferde und des Rindviehes für den Menschen ansteckender sei, als der des Borstenviehes, der Schafe. Der menschliche Anthrax ist am wenigsten contagiös für den Menschen, so dass eine nicht geringe Zahl von Beobachtern die Contagiosität des Menschenanthrax gradezu in Abrede gestellt hat. Doch sind allerdings Rückimpfungen auf das Kaninchen gelungen. — Die Verbreitung des Contagiums scheint im Körper selbst verschieden zu sein, bald zeigt sieh nur das Blut ansteckend, bald nur die Carbunkelgeschwulst, bald kann von jedem Theile aus die Ansteckung vermittelt werden.
Ist das Contagium flüchtig? —
Eine Entscheidung dieser Frage ist sehr schwierig, da die erkrankten Thiere meist den gleichen äussern Schädlichkeiten ausgesetzt sind. Einige Beobachtungen einer flüchtigen Uebertragung sollen vorliegen , doch im grossen Ganzen kommt es wohl selten vor, ausserdem hat das Experiment negative Resultate hier geliefert. Der Träger des Ansteckungsstoifs ist daher gewöhnlich einer der thierischen Säfte. Der Ansteckungsstoff haftet vorzüglich am Blute, weniger an den von diesem abgeleiteten Secreten. Der Umgang
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mit Fleisch, mit den Häuten frisch gefallener oder getödteter Thiere erzeugt gewöhnlich eine grosse Gefahr der Ansteckung, daher Abdecker, Thierärzte , Fleischer, Gerber, vor Allem dieser Infection ausgesetzt sind.
Die Träger des Ansteckungsstoffes brauchen nicht nothwendig mit Wunden oder excoriirten Stellen in Berührung zu kommen, denn es mangelt nicht an Beobachtungen , wo Blut oder Anthraxmaterie auf die unverletzte Haut des Gesichts, der Hände, auf die Augeu-schleirahaut gelangte und bald nachher die Carbunkelbildung begann. Hierhin gehört auch der von mir beobachtete Fall in Uebi-gau, bei welchem die Besudelung der Augenlider mit Biut eines an Milzbrand umgestandenen Thieres nicht nur eine gangränöse Zerstörung der Augenlider, sondern auch eine Vereiterung des Bulbus nach sich zog. Jedoch scheint das Vorkommen von Excoriationen an den Händen, was häufig besteht ohne beachtet zu werden, wie z. B. bei Anatomen und Thierärzten, die Einwirkung des Virus wesentlich zu erleichtern. Ob der Fleischgenuss von milzbrandkranken Thieren schädlich oder unschädlich sei, ist noch nicht erörtert , indessen spricht das vorliegende Beobachtungsmaterial mehr für, als gegen die Gefährlichkeit des Fleischgenusses. Im Widerspruch mit der oben erwähnten Behauptung scheint es aber, als ob, je acuter der Verlauf war, um so weniger Gefahr beim Fleischge-nusse vorhanden wäre, wenigstens schadete der Genuss einer aus dem anatomischen Saale entwendeten und gebratenen Keule eines am apoplectischen Anthrax verendeten Schweines, das im Sommer 1847 der Dresdner Thierarzneischule todt überschickt wurde, keinem der an jenem diebischen Nachtmahle partieipirenden Eleven.
Daslncubationsstadium kann nur Stunden, aber auch 11 bis 12 Tage dauern. Zuweilen fehlt es jedoch gänzlich. Im letzteren Falle werden die Leute geradezu wie von einer acuten Vergiftung befallen, und die Kürze der Incubation steht demnach in geradem Verhältnisse zur Gefahr der Krankheit.
Auch hier können wir eine nervöse Form unterscheiden. Sie soll nach dem Genüsse von milzbrandigem Fleische, der Milch anthraköser Thiere auftreten. Gliederschmerzen, Angstgefühl, Beklemmung, besonders in denPräcordien befällt die Inficirten, Uebel-keit, Brechneigung stellt sich ein, öfter kommt ein typhoides Fieboi-, und unter schnellem Sinken des Pulses, Verfall der Kräfte, Ohnmächten, zuweilen Delirien, erfolgt der Tod.
Die Carbunkelform ist hier theils primär, theils seeun-där, indem der Carbunkel entweder an der Infectionsstelle eintritt, oder erst die Inficirung der allgemeinen Säftemasse voraussetzt, und dann sich seeundär, bald an den innern, bald an den äussern Organen entwickelt.
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28nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Infectionskrankheiten.
Auch beim Menschen lassen sich zwei verschiedene Erscheinungsweisen des Carbunkels unterscheiden, die diffuse oder erysipe-latose und die umschriebene, welche letztere bald mehr als derbe, grössere Knoten (eigentlicher Carbunkel), bald als blasige Eruption, schwarze oder blaue Blatter, pustula maliyna, erscheint. Im Ganzen verhalten sich beide Formen beim Menschen, wie bei den Thioren, nur mit dem Unterschiede, dass hier stets eine grössere Neigung zu Blasen-(Blatter-)Bildung vorhanden ist, weshalb auch die Bezeichnung der ganzen Affection von diesen Zeichen hergenommen ist. Die grössere Zartheit der menschlichen Haut, der geringere Keichthum an Haaren unterstützen sowohl die Möglichkeit einer Ablösung der Epidermis durch Flüssigkeiten , als auch die genauere Beobachtung des Vorgangs, die in dieser Weise nur bei derCarbun-kelkrankheit der Schweine und Schafe, und hier auch nur an bestimmten Stellen der Körperoberfläche möglich ist.
Ausserdem findet sich beim Menschen regelmässiger, als bei Thieren ein hämorrhagischer Erguss, so dass sowohl die blasigen Aufhebungen der Haut, als auch die festeren Infiltrationen derselben und der Innern Theile frühzeitig dunkel oder schwärzlich gefärbt werden, die klaren Blasen und die gelbliche Sülze daher weniger klar und weniger rein vorkommen. Die Neigung zur Sepsis haben aber diese Bildungen gerade so, wie bei den Thieren.
In vielen Fällen bleibt die Affection während des ganzen Verlaufs local, ohne dass irgend ein Zeichen grösserer allgemeiner Störung hier eintritt. Die sphacelös gewordene pustula maligna löst sich dann allmälig durch eine demarkirende Eiterung ab, das zurückbleibende Brandgeschwür reinigt sich nach und nach, und vernarbt ganz einfach. Mitunter greift aber der Brand weit um sich, ohne jedoch andere Erscheinungen hervorzurufen, als wie sie jeder Brand aus andern Ursachen erzeugt, namentlich fehlt ein typhoides Fieber. Wird frühzeitig Hülfe gesucht, so gelingt es meist, dem Uebel Schranken zu setzen. Allein sehr selten sind die Kranken auf den Anfang ihres Uebels aufmerksam genug, und dann entsteht gewöhnlich sehr bald eine Reihe heftiger febriler Zufälle : Gefühl von Druck oder Brennen in der Magengegend, Appetitlosigkeit, Aufstossen, Uebelkeit, Zungenbeleg, retardirter Stuhl, Steigerung der Pulsfrequenz und Temperatur, anfangs mehr anfallsweise mit leichtem Frostschauer wechselnd, Kopfweh, Eingenommenheit, Mattigkeit, Gliederschmerzen, unruhiger Schlaf. Diese Erscheinungen eines fieberhaften Gastrointestinalcatarrhs mit Hirnreizung steigern sich allmälig, es kommt bis zum Erbrechen galliger und schleimiger Massen. Die Präcordialangst nimmt zu , die Respiration wird beschleunigt und mühsam, die Herzbewegung kraftlos und häufig, die Zunge braun und trocken, es entwickeln sich Delirien, Sopor, und endlich
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Die Carbuukelkrankheit des Menschen.
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erfolgt der Tod im Zustande der äussersten Schwäche oder unter Convulsionen. Dieser ganze Verlauf währt in der Regel eine Woche, nachdem zwei bis drei Tage verstrichen, ehe nach Einbringung des Contagiums das erste Unwohlsein auftrat. Ausnahmsweise hat man einen Verlauf von 14 Tagen beolün-iitet. Haben die Krankheitszeichen eine gewisse Höhe erreicht, ist der Tod gewiss, doch sind Fälle von Genesung beobachtet worden. In einzelnen Fällen sind die allgemeinen Erscheinungen bei geringer Entwickel-ung der localen Affectionen sehr unbedeutend, und nichts scheint eine drohende Lebensgefahr zu verrathen, bis plötzlich bedeutendes Schwächegefühl, heftige Schmerzhaftigkoit im Unterleibe, namentlich in der epigastrischen Gegend, auftritt, nicht selten von Erbrechen begleitet, bei elendem Pulse, Kälte der Extremitäten , Eingenommenheit des Kopfes etc. Hier tritt der Tod schneller ein, schon nach 12 bis 20 Stunden nach dem ersten Erscheinen der heftigeren htörungen.
Mitunter geht offenbar ein Allgemeinleiden dem Ausbruche der Carbunkeln voraus, und dann treten die Carbunkeln nicht nur an der äussern Haut, sondern auch an den inaern Organen auf. quot;Wie bei den Thieren ist auch hier der Unterleib vorzüglich der Sitz innerer Carbunkelentwiekelung. Der Tod erfolgt hier schon nach 24 Stunden, manchmal erst nach einigen Tagen. Die vorbereitenden allgemeinen Erscheinungen sind die wiederholt erwähnten Zeichen eines nervösen Gastrointestinalcatarrhs, die sich rasch zu einem hochgradigen typhoiden Fieber steigern. Bedeutendes Angstgefühl, Schwäche bis zur Ohnmacht, bis zu allgemeinen Convulsionen sich steigernde Muskelkrämpfe , Schwindel, Betäubung. Delirien , Störungen der Haut- und Nierenabsonderungen sind hier die gewöhnlichsten Vorläufer des Todes.
Der Leichenbefund gleicht vollkommen dem beim milzbrandkranken Thiere- Das Blut hat Aehnlichkeit mit dem Cholerablut. Die Leichen zeigen eine grosse Neigung zur Fäulniss. Das Blut ist im Zustande der Auflösung, die Gefässhäute und die tieferen Gewebe sind mit bedeutender Imbibitionsröthe versehen.
Stärkere Injectionen kommen auf der Schleimhaut des Dige-stionstractus vor. Sonderbarer Weise mangelt eine erhebliche Milzschwellung. Dagegen werden die Lymphdrüsen häufig verandert vorgefunden, besonders sind sie in der Nähe der Carbunkeln hyper-ämisch, tumescirt. Dasselbe gilt von den Mesenterialdrüsen. Die Leber ist nicht oft afficirt, dagegen zeigen die Lungen fast constant die stärksten Hyperämieen, Ecchymosen, und selbst entzündliche Infiltrationen. Die gallertartigen Ergüsse der Thiere werden selten beim Menschen in jener Reinheit wie dort angetroffen, doch hat man ihnen auch hin und wieder in der Bauchhöhle, in dem Zwischen-
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JJQnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Infectionskrankheiten.
bindegewebe der Muskeln, dem Unterhautzellgewebo in reinster Form begegnet. Die eigentlichen Carbunkeln bestehen aus derben, fäserstoffigen Infiltrationen, die bald marmorirt sind, bald ein gleich-massiges sehwarzrothes Ansehen haben. Diesen derben fäserstoffigen Infiltraten begegnet man, wie bei den Pferden, auch im Netze, im Gekröse, zwischen und in den Magenhäuten. Und so wären nur der Mangel der Milzgeschwulst und die meist fehlenden rein gallertigen Exsudate als Unterschiede zwischen dem Leichenbefunde des Menschen und der Thiere im Milzbrande anzuführen. Bei den Thieren bestehen Exsudate und Hämorrhagieen für sich, beim Menschen kommen neben selbstständigen Hämorrhagieen hier fast nur h ä m o r r h a g i s c h e Exsudato vor.
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Vom Typhus unterscheidet sich der Milzbrand genügend durch die hohe Contagiosität aller thierischen Säfte, durch den septischen Character der Extravasate und Exsudate, und besonders durch die kurze Verlaufsdauer, die ganz und gar dem gesetz-mässigen Typhusverlauf widerspricht, vielmehr recht lebhaft an die Einwirkung mancher toxischer Stoffe (Schlangengift) erinnert, sowie durch die territoriale Begrenzung seines Vorkommens. Ein Anderes ist's mit der Malaria des Menschen. Die kalten Fieber sind, soweit verlässliche historische Berichte reichen, die steten Begleiter des Milzbrandes gewesen. Auch heute ist noch ihr Vorkommen an gemeinsame territoriale Bezirke geknüpft. Beide gehen aus der Einwirkung eines gleichen Miasma's hervor, das sich überall da entwickelt, wo organische Stoffe, namentlich Pflanzen, einen allmäligen Vermodcrungs- und Verwitterungsprocess eingehen.
Wie beim Anthrax können wir auch hier eine Incubations-dauer unterscheiden, wo das Miasma bereits in das Blut aufgenommen , aber noch nicht wirksam ist, bis auf einmal, plötzlich, analog den acuten Milzbrandflebern, ein Schüttelfrost den ersten Fieberparoxysmus einleitet.
Wenn wir unsre Frühlingstertianen, denen von altern Aerzten sogar eine bestimmte Heilsamkeit zugeschrieben wurde, gegenüber den fulminirenden Anthraxformen, welche blitzähnlich tödten, in Betracht ziehen, so muss auf jeden Fall zugegeben werden, dass ..der Character der Gefahrquot;, mögen sie immer einer Ursache ihr Dasein verdanken, beide-Zustände von einander wesentlich unterscheidet. Jedoch ist der Verlauf des kalten Fiebers beim Menschen, selbst in unseren Gegenden auch nicht immer der der milden Frühlingstertianen, und in den Tropengegende. quot;berbaupt in den heissen Sumpfgegenden, so schon in denen Italiensnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;igarns, tödtet oft
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schon der erste Fieberanfall nach Malariainfection. Die Fieberkranken werden hier während des ersten Frostanfalls plötzlich somnolent, die Extremitäten sind eiskalt, der Radialpuls ist fadenförmig unfühlbar, das Athmen geschieht kaum merklich oberflächlich. Der Kranke ist hier vollkommen bewusstlos, das Gesicht ist verfallen, der Blick stier, der Mund geöffnet. Lippen, Nase, Wangen, Fingerspitzen etc. werden livid, und so scheint man in der That einen Verscheidenden vor sich zu haben. Doch erfolgt hier nicht immer der Tod, sondern das reactive Stadium beginnt reit Hebung des Pulses und Herzschlags, mit allmäliger Rückkehr der normalen Hautwärme, die aber nun in das entgegengesetzte Extrem übergeht, und in der Regel bis 42deg; C. steigt. Das Bewusstsein kehrt in diesem reactiven Stadium nicht oder nur unvollkommen zurück, es delirirt der betäubte Kranke vor sich hin. Erfolgt der Tod im ersten Paroxysmus, so tritt tiefer Sopor ein, in welchem der Kranke steckflüssig zu Grunde geht. Tödtet nicht der erste Anfall, so bricht ein reichlicher Schweiss aus, die Pulsfrequenz mindert sich, der Kranke kommt soweit zu sich, dass er z. B. auf Anregen Getränk zu sich nimmt, aber die schweren Nervenerscheinungen weichen keinesfalls gänzlich, er bleibt auch in der Intermission schwer besinnlich, delirirend, Stuhl- und Harnentleerungen erfolgen oft unregclmässig, es sind Lähmungserscheinungen der Zunge und der Extremitäten vorhanden, bis ein neuer Anfall, meist mit 12stündigem Typus, in gleicherweise, wie oben geschildert, eintritt. #9632;—Die nächstfolgende Intermission ist noch unreiner. Die Kraukon liegen dann lethargisch dahin. Pulsfrequenz und Hautteinperatur kehren während derselben auch keineswegs ganz zur Norm zurück, und somit kann sich noch ein dritter, selbst vierter Paroxysmus, meist mit anteponirendem Typus, wiederholen, bis der Tod unter den höchsten Graden der Erschöpfung erfolgt. Hämorrhagieen aus dem Darm sind hier mehrfach beobachtet, der Milztumor ist von Hause aus ganz colossal, und bei dem weichen, meist eingefallenen Abdomen, leicht durch Plessimetrie und Palpation nachweisbar.
Diese schweren comitirten Fieber entwickeln sich bei uns, wo die niederen Temperatargrade der Atmosphäre keine so excessive Miasmaentwicklung wie in den Tropen gestatten, aus Intermittenten mit reinen Intermissionen. So bei H., 29 Jahre alt, früher Soldat, Mühlenpächtcr zu Cossebaude. Seine Mühle liegt in einem feuchten, waldigen, mit 60—70jährigen Laubholzbeständen versehenen, von steil abfallenden Felswänden eingeselilossenen engen Grunde, der nur in den Mittagsstunden der Sonne zugänglich ist. Ausserdem hatte er für mehrere hundert Thaler Baumrinden in seiner Mühle zum Behufe der Lohfabrquot;, Aon aufgestapelt, und so fehlte es also nicht an Gelegeninbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; • Entwickelung des Malariagiftes in den
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32nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Infectionskrankheiten.
heissen Julitagen, in die seine Erkrankung fiel. Der Müller hatte zwei Paroxysmen einer Tertiana überstanden, als ich gerufen wurde. Ich reichte in der Apyrexie 15 Gr. doppelt schwefelsaures Chinin. Der zu erwartende Anfall blieb aus, und nur ein massiger Rheumatismus der Fussgelenke, welcher schon vor dem ersten Fieberanfall bestand, war noch zugegen. Dieser wich der Anwendung eines Vollbades und der Application einer Spirituosen Einreibung. Der Patient glaubte sich vollkommen hergestellt, machte den vierten Tag nach dem letzten Fieberanfall einen Spazierweg nach einem nahe gelegenen Dorfe, und kehrte, gegen die ärztliche Vorschrift, spät Abends wieder heim. Den nächstfolgenden Tag, am Frühstückstisch mit seiner Familie sitzend, spricht er plötzlich irre, erkennt seinen eignen Schwager nicht, welchen er für einen fremden Menschen hält, mit Mühe wird er ins Bett gebracht: heftiger Schüttelfrost, Eiskalte der Extremitäten, Pulslosigkeit, Livor des Gesichts, kaum merkliches Athmen, complete Bewusst- und Empfindungslosigkeit, Unvermögen zu schlingen, unwillkürlicher Abgang der Excremente treten ein. Dies Stadium algidmn hielt U/j Stunde an; das Hitzestadium war von grosser Unruhe des Kranken begleitet, er warf sich auf seinem Lager hin und her, lallte unverständliche Worte, dann ein tiefer Sopor und reichlicher Schweiss. Der Kranke blieb soporös bis zum nächsten Paroxysmus, dieser wiederholte sich in gleicher Weise, wie oben geschildert, aller 12 Stunden, noch fünf' Mal. Das kurz vor dem Paroxysmus in Scrupel-dosen dargereichte Chinin coupirte nur das Hitzestadium und den Schweiss; die bedeutende Milzdämpfnng und der deutlich unter dem linken Hypochondrium fühlbare Milzrand blieben unverändert, und so erfolgte der Tod unter erschöpfenden Durchfällen und Schlund-kopflähmnng im lethargischen Zustande unter Trachealrasseln. Die Section wurde leider nicht gestattet.
Niemand wird die grosse Aehnlichkeit dieser schweren Malaria-fieber mit dem intermittirenden Milzbrande in Abrede stellen wollen. Beide haben unzweifelhafte, wenn auch nicht reine Intermissionen; in beiden Fällen sind sie durch paralytische Erscheinungen, Hä-morrhagieen und profuse Absonderungen getrübt. Nur nach den ersten, gewöhnlich gelinder auftretenden Anfällen, ist die Intermission so vollständig, dass bei den pernieiösen Malariafiebern, wie bei dem intermittirenden Milzbrand, das Bild der vollständigsten Genesung zurückkehrt. Und so verhielt es sich auch in unserem concreten Fall.
Die intermittirenden Milzbrandfieber lassen gleich dem Malariafieber starkes Frost- und Hitzestadium erkennen. Dass dabei nach Heu singer's Versicherung 'das heftigste Ergriffensein des Nervensystems zugegen ist, spricht erst recht für die von uns aufgestellte
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Analogie, wenn nicht für Identität beider Zustände. Gewiss nicht unwesentlich ist der von Hensinger hervorgehobene 6—12stün-dige Typus. Selbst den übertragenen Milzbrandformen klebt noch der typische Verlauf an, wofür die Schröder'schen Beobachtungen sprechen.
Es ist eine alte und von verschiedenen Autoritäten gemachte Erfahrung, dass chronische Wechselfieberkranke ein exquisit graues, selbst aschgraues Colorit besitzen. Nicht minder ist es schon seit geraumer Zeit bekannt, dass nach jahrelang bestehenden kalten Fiebern die Leber aschgrau gefärbt ist, und Hirnhäute, sowie grössere Abschnitte der serösen Häute und Schleimhäute eine mehi oder weniger intensive eisengraue Farbe zeigen. Niemand wusste dies zu deuten. Da wurde dieser Befund, circa vor 11 Jahren, durch die Beobachtung noch vermehrt, dass man bei apoplectisch und lethargisch zu Grunde gegangenen Intermittenskranken neben diesen diffusen Melanosen der Leber und der Hirnhäute im Hirnmark, in den Basalganglien auf dem Durchschnitt eine Unzahl flohstich-bis stecknadelkopfgrosse, schwarzrothe bis schwarze Heerde wahrnahm, welche sich von den punctis rubris dadurch wesentlich unterschieden , dass sie sich mit der' Messerklinge nicht wegstreichen Hessen.
Man hielt diese kleinen Heerde anfänglich für capilläre Apo-plexieen, und diese erklärten auch hinreichend die schweren Hirnsymptome, wie die lähmungsartigen Erscheinungen. Da entdeckte Heinrich Meckel im Blute nach langem Bestehen kalter Fieber ein körniges, schwarzbraunes Pigment, welches theils in feinen Körnern zerstreut, theils in Form von Körnchenconglomeraton, theils, wenn auch in seltenen Fällen, in Zellen eingeschlossen im Blute kreiste. Ein morphotisch und chemisch ganz gleiches Pigment wurde bei diesen Zuständen in ganz enormer Anhäufung in der Milz angetroffen. Was lag also näher, als eine allmälige Infection des Blutes bei lang dauernden Intermittenten von der Milz aus mit diesem Farbstoff anzunehmen, der durch den Blutstrom den Körper durchkreise, und durch theilweise Embolie der Haargefässe die diffusen Pigmentirungen der Organe hervorrief. Kaum konnte nun noch bezweifelt werden, dass die für capilläre Apoplexieen im Hirnmark gehaltenen flohstichgrossen Heerde auch nichts wären und sein konnten, als Capillarembolieen mit diesem Farbstoff'.
Das massenhafte Auftreten von Pigment im Blute setztein entsprechendes Zugrundegehen vonrothen Blutkörperchen voraus.
Die Milz bietet bei dieser Krankheit den passendsten Ort dazu dar; sie ist ausnahmslos in den kalten Fiebern geschwollen, also in ihren grossen Veneusinus mit langsam fliessendem, selbs-t
Gleisberg, vergleichende PatUulugie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3
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stagnirendem Blute überfüllt. Die grosse Zerreisslichkeit und Zartheit der Milzcapillaren bedingt hier constant Extravasationenr und in diesen Heerden findet stets Zersetzung der ausser Circulation gesetzten Blutkügelchen statt. Jedoch gelangen die Residuen solcher Schlagheerde wohl nur ausnahmsweise in das circulirende BlutT und der Untergang der Blutzellen muss deshalb hier im circuli-renden oder höchstens temporär stagnirenden Blute geschehen. Fre-r i e h s theilt zwar einen Fall mit, in welchem er in der Milz kein Pigment, wohl aber in der Leber so grosse Mengen vorfand, dass er dieses Organ als den Bildungsheerd desselben ansehen musste.. Doch schliesst dies die Möglichkeit durchaus nicht absolut aus, dass doch das Pigment ursprünglich in der Milz gebildet wurde, und erst durch die Milzvene und Pf'ortader in die Haargefässe der Leber gelangte. Dass aber rein mechanische Verhältnisse keineswegs genügen, um den Untergang der Blutkörperchen und das Freiwerden des Pigments zu erklären, dafür spricht das Vorkommen der bedeutendsten Milztumoren bei vollkommener Abwesenheit freien Pigmentes im circulirenden Blute, wie beim Typhus. Alle Beobachtungen sprechen hingegen dafür, dass es der Einfluss der Malariainfection ist, die diesen Untergang der Blutkügelchen und das Freiwerden des Pigments bewirkt. Die Infection mit Malaria erzeugte bei Thieren etwas ganz Gleiches : ebenfalls Untergang rother Blutzellen en masse, Freiwerden von Pigment und Krystallin innerhalb des circulirenden Blutes. Nur tritt hier kein amorphes Pigment wie beim Menscheii auf, sondern der zähflüssige Inhalt der zu Grunde gehenden Blutzellen schiesst in Form der P ollen d er-Brau ell'schen Stäbchen an. Gleiche Ursachen : Die gemeinsame Einwirkung der Malaria auf Menschen und Thiere erzeugt auch gleiche Effecte: Intermittirende Fieberanfälle, Lähmung der Milzmuskulatur, in Folge dessen bedeutende Milztumoren und massenhaften Untergang von Blutkörperchen. Dass bei den Thieren Krystallbildung auftritt, scheint mit der Acuität des Milzbrandprocesses zusammenzufallen, also hier ein jäher Untergang von rothen Blutkügelchen, wobei das freiwerdende Krystallin noch so wenig verändert ist, dass es krystal-linisch auftreten kann, aber doch schon soweit verändert war, dass nicht die gewöhnlichen Blutkrystalle, sondern jene feinen Stäbchen sich bildeten. Jedoch ist auch hier wohl zu berücksichtigen, dasraquo; bei der Krystallbildung im circulirenden Blute wesentlich andere Verhältnisse obwalten, als bei der Darstellung der F unke'sehen Krystalle aus abgezapftem Blute. Die von Kolliker im Blute von Perca ßuviatüis fertig angetroffenen Blutkrystalla gleichen dagegen fast vollkommen den Polle n der-B rau ell'scnen Stäbchen.
Bei den Intermittenten ist der Blutzellenuntergang ein lang-
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samerer, oft über Monate, selbst Jahre ausgedehnter, und dieses allmiilige Zugrundegehen der Blutzellen scheint der Krystallbildung im Blute nicht günstig zu sein. Denn das Pigment wird hier in Schollen, in eckigen Körnchen angetroffen. Mitunter ist die Proteïn-substanz noch zugegen, an die das Pigment gebunden war. Sie verklebt die Körnchen zu Haufen und umgiebt sie in Form eines hellen Saumes.
Trotz dieser grossen Aehnliehkeit in Ursachen und Erscheinungen bieten Milzbrand und Malariaäeber, weniger in ihren Anfangen, in ihren Primärwirkungen, als vielmehr in ihrem weiteren Verlaufe, Verschiedenheiten dar. Dies liegt in der Natur der Organisation und in der durch diese bedingten grosseren oder geringeren Reizempfänglichkeit gegen Einwirkungen bestimmter Agentien, ein Umstand, der in der vergleichenden Pathologie nicht raquo;enug gewür-digt werden kann. Er vermittelt, dass man Ziegen mit Schierling nähren kann, während der Mensch so ausserordentlich empfänglich für dieses Gift ist. Er bewirkt, dass der Mensch den kleinsten Arsenikgaben unter den fürchterlichsten Erscheinungen erliegt, während das Pferd quentchenweise den Arsenik verzehrt und dabei fett wird etc. Ihm muss auch das Freibleiben der menschlichen Gewebe von den oben, bei der Carbunkelkrankheit geschilderten anatomischen Veränderungen trotz der Malariainfection, zugeschrieben werden, aber diese Immunität bewahren die menschlichen Gewebe nur bei der Einwirkung des ursprünglichen Malariagiftes. Sowie dasselbe den Körper eines Pflanzenfressers oder Allesfrossers durchwandert hat, sich dort vermehrte, modificirte, mit thierischen Säften in Verbindung trat, und dann auf den Menschen überging, so ist nichtnur diese Immunität verloren gegangen, sondern die menschlichen Gewebe zeigen jetzt die höchste Empfänglichkeit gegen das aus der Malaria hergeleitete Milzbrandgift. Aber dies gilt nicht blos für die Theile, sondern auch für das Ganze. Denn der abgeleitete Anthrax verläuft am Menschen gerade so, als wie am Thiere.
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Die Malariafieber des Menschen.
Diese Fieber, die man auch kalte, intermittirende nennt, und die in causaler Beziehung die innigste Verwandtschaft mit dem Anthrax der Thiere zeigen, sind rein miasm a ti s ch er Natu r, d.h., obwohl sie durch die Aufnahme eines Sumpfmiasma's entstehen, so reproduciren sie doch diesen Stoff'nicht in dem Organismus, den sie befielen, deshalb giebt es auch keine Uebertragung der Malariafieber von Individuum zu Individuum, sondern die Grenzen des infi-cirten Körpers sind auch die Grenzen der Infnctionswirkungen. Ganz besonders in diesem Umstände ist der Grund zu suchen, dass
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trotz der zeitweilig herrschenden Intermittensepidemieen, dennoch die geographische Verhreitung der Malariafieher, wenigstens im Grossen, dieselbe blieb, und jede Veränderung im Kleinen sich, durch bestimmte Boden-und Witterungsverhältnisse erzeugt, nachweisen lässt: z. B. das Auftreten der Malariafieber an solchen Plätzen, an welchen eine lange Zeit hindurch vernachlässigter und sich selbst überlassener Boden wieder aufgerissen wurde, oder ein bis dahin ganz uncultivirter Boden urbar gemacht wird; ferner das Erscheinen der kalten Fieber nach Sommerüberschwemmungen u. s. w.j obwohl an diesen Orten früher kein Malariafieber vorkam, oder das Verschwinden der kalten Fieber an Localitäten nach Trockenlegen von Sümpfen, Veränderungen eines Flussbettos etc. Ausserdom steht für die in Sumpfgegenden endemisch herrschenden Malariafieber fest, dass deren Frequenz mit den Bedingungen für die Zersetzung der in den Sümpfen enthaltenen vermodernden Vegetabiliën steht und fallt. Tritt Frost ein, frieren die Sümpfe zu, so sistiren die Wechselfieber. Sehr nasse Jahre oder sehr trockne, in welchen die Sümpfe austrocknen, sind der Ent-wickelung der Malaria ungünstig, während heisse und nicht zu trockne Jahre sich durch das Vorkommen einer grossen Zahl von Wechselfiebern auszeichnen. Eigenthümlich ist das Vorkommen der Malariafieber an jenen Küstenstrichen, an denen eine Mischung des Seewassers mit Regen- und Quellwasser stattfindet. Bei hoher Fluth tritt Seewasser in die Sümpfe, welche in der Nähe des Strandes liegen. Dieses „Brackwasser'quot; enthält eine Mischung von Süss-wasser und Seepflanzen, welche in demselben der Zersetzung anheimfallen.
Wenn wir auch in der anhaltenden Zersetzung vegetabilischer Stoffe eine der wesentlichsten Bedingungen der Malariaentwickelung nach alledem erblicken müssen, so kennen wir doch trotzdem das Malariagift bis heute noch nicht, da es keineswegs mit einem der Producte dieser Zersetzung zu identificiren ist. Denn bestünde eine solche Identität wirklich, so wäre das Ausgoschlcssensein mancher Sumpfgegenden von den Malariabezirken unerklärlich. Aber fast noch schlagender sind die Beobachtungen, nach welchen sämmtliche Individuen, die aus einem Sumpfe Wasser tranken, vom Wechselfieber befallen wurden, während das Trinken von Wasser aus den verschiedensten Sümpfen ohne diesen Effect blieb. Daraus kann nun gefolgert werden, dass die eigenthümlichen Verhältnisse, welche in Sumpf- und Marschgegenden obwalten, zwar ganz vorzüglich die Entwickelung der Malaria begünstigen, aber keineswegs ausreichen, dieselbe allein zu erzeugen. ,
Das epidemische Auftreten der Wechselfieber zu gewissen Jahren in den Gegenden, wo sie constant als Ortsseuche vorkommen,
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und zu jenen Zeiten nur eine sehr starke Verbreitung zeigen, fällt nicht immer in heisse und gleichzeitig sehr feuchte Jahre, so dass man dasselbe von einer Steigerung jener Bedingungen herleiten könnte, die die Zersetzung vegetabilischer Stoffe in grösserem Maassstabe vermitteln, noch lässt es sich immer durch Luftströmungen, welche die Malaria nach Orten führen, die vordem frei von Weehsel-fiebern waren, genügend erklären, sondern hängt von andern, bis jetzt ganz ungekannten Verhältnissen ab.
Sehr räthselhaft ist das Vorkommen sporadischer Wechselfieber.
Die Disposition für die Malariaintoxication ist eine sehr allgt-meine. Erschöpfende Anstrengungen und andere schwächende Potenzen, Diätf'ehler, namentlich aber Erkältungen steigern hier die Anlage in so hohem Grade, dass viele Individuen, die sich lange Zeit der Malaria ungestraft aussetzten, erst nach Einwirkung einer derartigen Schädlichkeit erkrankten.
Merkwürdig ist, dass ein einmaliges Uebersteheu des Wechselfiebers nicht nur nicht die Anlage zu einer erneuten Infection vermindert, sondern sogar vermehrt, ein Verhält-niss, was kaum eine Analogie in der Pathologie hat und am schroffsten den Erfahrungen zuwiderläuft, welche wir bei anderen Infectionskrankheiten, als beim Typhus und ganz besonders bei den fieberhaften Exanthemen machen. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Wirkungen der Malaria ganz besonders an dem Nervensystem verlaufen, das nach dem Gesetze der Gewohnheit so characteristische Bewegungen, welche ein Fieberparoxysmus darstellt, so gern auf gleiche Anregungen wiederholt. Deshalb steht auch die Heilbarkeit des inveterirten Fiebers im umgekehrten Verhältnisse zur Zahl der überstandenen Fieberparoxysmen, und daher rührt aucli die Schwer-, selbst Unheilbarkeit vieler inveterirter Fieber, die besonders dann beobachtet werden, wenn kein längerer Ortswechsel der Fieberreconvalescenten möglich ist. Nur insofern tritt eine Absehwächung der Empfänglichkeit für die wiederholte Infection mit der Malaria ein, als die späteren Fieberparoxysmen schwächer werden, und achliesslich an ihre Stelle ein chronisches Siechthum tritt.
Die geographische Verbreitung der Wechselfieber ist eine ausserordentlich grosse. Besonders zwischen den Wendekreisen ist diese Krankheit ausserordentlich häufig und herrseht dort besonders an allen den Orten, die sich nicht durch grosse Trockenheit auszeichnen.
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Infectionskrankheiten.
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Die Symptomatologie des kalten Fiebers:
a) des einfachen Wechaelfiebers.
Die Incubationszeit bei der Infection mit Malaria ist nicht genau gekannt, sie ist wohl nie über 14 Tage lang, bisweilen scheint sie so verschwindend kurz zu sein, dass sich die Zeichen des Paroxysmus unmittelbar der Einwirkung der Malaria anschliessen. Die Zeichen geschehener Infection sind die eines gestörten Allgemeinbefindens.
Der Paroxysmus eines Wechselfiebers besteht aus drei Stadien: dem Frost-, dem Hitze- und dem Schweissstadium. Das Froststadium beginnt mit Schwäche und grosser Mattigkeit, wozu sich bald ein subjectives Kältegefühl gesellt, das anfangs in der Empfindung eines kalten, sich von Zeit zu Zeit wiederholenden Ueberrieselns der Haut, später in einem anhaltenden Frieren besteht, so dass die Krankon das Bett aufsuchen oder hinter den Ofen kriechen u. s. w. Steigert sich der Frost, so zittern die Glieder, beben die Lippen, klappern die Zähne und gar nicht selten wird der ganze Körper heftig hin und hergeschüttelt. Gleichzeitig mit diesen Horripilationen stellt sich lebhafter Kopfschmerz ein, das Athmen wird mühsam und beschleunigt, die Sprache ist undeutlich und coupirt; war der Magen gefüllt, so tritt jetzt gern Erbrechen ein. — Das Gesicht ist eingefallen, die Nase spitz, die Nasenflügel, die Fingerspitzen blau, die Haut im Allgemeinen auffallend blass. Nicht selten haben die Finger in Folge einer bedeutenden Anämie ein vollkommen wächsernes Aussehen. Der Puls ist klein, frequent, hart; die Urinsecretion vermehrt. Die Milz zeigt sich bisweilen jetzt schon geschwollen. Die Thermometrie ergiebt ein Sinken der Hauttemperatur um mehrere Grade, während die Blut wärme und die Eigenwärme der inneren Organe in einer messbaren Steigerung begriffen sind. Diese Steigerung kann 2 bis 3 Grad betragen.
Das Hi t zes ta diu m beginnt allmälig, denn das Frieren wird anfänglich nur durch vorübergehende Wärme- oder Hitzegefühle unterbrochen. Die Kopfschmerzen werden jetzt heftiger, die Kranken verfallen in grosse Unruhe und nicht selten in leichte Delirien oder in einen Zustand massiger Betäubung; auch das Gefühl der Oppression auf der Brust nimmt zu, während die Athemzüge tiefer, freier und langsamer werden. Der Durst ist beträchtlich. Das Ansehen des Kranken wird jetzt verändert. Der Turgor der Haut kehrt zurück und wird bedeutend vermehrt; das Gesicht wird jetzt dunkel geröthet, die Haut wird warm und die cutü anserina wie Cyanose der Finger und Lippen verschwinden, an diesen letzteren schiessen Herpes-Bläschen empor. Der früher kleine und unterdrückte Puls wird voll und entwickelt, der Carotispuls wird
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grosser und stärker; der secernirte Harn ist reich an Harnfarbstoff', die Milzsehwellung nimmt zu. Die Hauttemperatur ist im Hitzestadium au der Peripherie der Art messbar gesteigert, dass hier überhaupt die höchste Steigerung derselben (bis zu 42,5 G-rad Cel.) zur Beobachtung gelangt. Die Zunahme der Bluttemperatur erreicht zu Anfang dieses Stadiums die Akme, hält sich hier längere Zeit auf einor Höhe, und erst gegen Ende des Hitzestadiums tritt ein langsames Sinken ein. Die Dauer des Stadiums beläuft sich auf 6, 8 bis 12 Stunden.
Sowie Stirn und Achselhöhlen feucht werden , beginnt das Seh weis s Stadium, indem sich anfänglich ein duftender, massiger, später aber ein sehr reichlicher Schweiss über den ganzen Körper ausbildet. Die Kranken fühlen sich jetzt wesentlich erleichtert und nur ein sehraquo; reichlicher Schweiss belästigt; die Kopfschmerzen lassen nach und verschwinden endlich ganz, dasSensorium wird frei, die Athembeklemmung verliert sich , die Tiefe und Frequenz der Atherazüge kehrt zur Norm zurück, der Durst ist jetzt weniger quälend, der Puls ist gross und weich, seine Frequenz nimmt ab. Der in grossen Quantitäten entleerte Urin setzt reichliche Sedimente von Harnsäure und harnsauren Salzen ab, die bei vielem Trinken im Hitzestadiuni, wodurch ein sehr dilutirter Harn entsteht, gering sind oder auch ganz fehlen können, was darauf hinzuweisen scheint, dass sie durch eine zu bedeutende Concentration des Urins hervorgerufen werden. Die Körpertemperatur sinkt im Schweissstadium allmälig, und erreicht gegen das Ende desselben so ziemlich die Norm.
Die fieberfreie Zeit (Apyrexie) ist nur selten nach den ersten Fieberanfällen ganz rein. Die Zunge ist hier belegt, die Verdauung gestört, die Haut ist ausserordentlich empfindlich gegen äussere Einwirkung , doch sind Pulsfrequenz und Hautwärme keineswegs gesteigert , oft zeigen sich beide unter das physiologische Niveau herabgedrückt. Nach Wiederholung einiger Paroxysmen verschwinden diese Störungen, und nur überhandnehmende Schwäche und die mit jedem Anfalle sich steigernden Zeichen der Anämie trüben die Apyrexieen.
Der Rhythmus des kalten Fiebers ist bald der quotidiane, bald der tertian e laquo;der der quartan e. Andere Typen sind wenigstens nicht genügend constatirt. Der quotidiane und tertiane sind die gewöhnlichsten. Tritt das Fieber zu einer frühem Stunde ein, so entsteht der anteponirende, tritt es zu einer späteren #9632;ein, der postponirende Typus. Dauert ein Fieberparoxysmus so lange an, dass zwei Fieberanfälle fast zusammenstossen, so nennen wir die febr. intermittens eine subintrans. Als febr. intermittens dupUcata führen wir ferner jene Form einer Tertiana, Quartana oder
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Quotidiana auf, bei welcher auch auf die Apyrexie ein schwächerer Fieberanfall fällt. Bei der quotidiana duplicata kommen auf jeden Tag zwei Anfälle; bei der tertiana duplicata kommt auf jeden Tag ein Anfall, aber an den gleichen Tagen ein starker, an den ungleichen ein schwächerer, kürzerer, der meist ante- oder post-pónirt; bei der doppelten Quartana kommen auf zwei Tage hintereinander Fieberparoxysmen, der je dritte Tag bleibt frei. Die febres duplicatae sind wohl nie ursprünglich, sondern entwickeln sich wohl stets aus den einfachen Fiebern.
Unsere Beobachtungen über den Verlauf der kalten Fieber werden vielfach durch medicaraentöse Eingriffe (Darreichung von Chinin) getrübt. Aber soviel vermag ich auch aus eigner Beobachtung zu bestätigen, dass die Fieberparoxysmen sich auch dann noch durch einige Zeit wiederholen , wenn die Kranken cter ferneren Einwirkung des Giftes entzogen sind. Der neunjährige Knabe des Herrn von K. aus Posen wohnte mit seinen Eltern in Dresden auf der Ostraallee, der einzige und scharf umgrenzte Malardistrict Dresdens. Jener Knabe bekam eine Tertiana, die nur eine homöopathische Behandlung erfuhr. Die besorgten Eltern warteten nur wenige Anfalle ab, und begaben sieh mit ihrem Kinde nach derLössnitz b. Dresden, einem auf sandigen Weingebirgen sehr zerstreut liegenden Orte, welcher ganz frei von Fiebern ist; trotzdem wiederholte sich dort das Fieber durch drei Wochen einen Tag um den andern. Der Knabe wurde sehr anämisch, und bekam einen bedeutenden hydrqps asciles, welcher den Eltern alles Vertrauen zu der Homöopathie benahm. Ein halber Scrupel Chinin sulph., in der Apyrexie gereicht, coupirte das Fieber sofort, dieMilzgeschwulst minderte sich nun von selbst, während die Bauchwassersucht die Darreichung eines Diure-ticums (Kaliacetic.) behufs einer schnelleren Beseitigung forderte.— Hierher gehören auch die Beobachtungen, denen zu Folge auf hoher See Wechselfieberreeidive eintraten.
Nach längerem Bestehen der kalten Fieber sind spontane Heilungen an Fieberorten, wie in fieberfreien Gegenden, wohin diejenigen flohen, welche an jenen Orten eine Intermittens acquirirten, gar nicht selten, denn gar oft schwand ein hartnäckiges kaltes Fieber von selbst, nachdem der Hausarzt schon längst aus langer Weile weggeblieben, war, und so scheint es, als ob sich gegen die weitere Einwirkung dieses Giftes nach und nach eine Art Toleranz Seitens des Körpers herausstellte. Jedoch schliesst auf jeden Fall eine fortdauernde Einwirkung des Malariagiftes auf den Organismus diese Toleranz aus, dadurch werden nur die Intoxica-tionserscheinungen modificirt, das Fieber verliert seinen typischen Character ganz, seine Intensität mindert sich; dafür stellt sich aber ein chronisches Siechthum mit enormer Schwellung der Milz und
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der Leber (sogenannte Fieberkuchen) ein, das in den meisten Fällen unter anämischen und hydropischen Erscheinungen tödtet.. Hierbei ist gleich von vornherein die Kachexie (malus habitus) durch eine blasse, erdfahle Gesichtsfarbe ausgesprochen.
Schon nach den ersten Anfällen erbleicht das Gesicht der Fieberkranken und es liegt nahe, dies mit einer Anhäufung des Blutes in der Milz in Zusammenhang zu bringen; bei längerem Bestehen tritt eine Verarmung des Blutes durch Untergang vieler rother Blutzellen und eine absolute Vermehrung der farblosen Zellen ein, welche die Ana mie begründen. Die graue Farbe der Haut chronisch. Fieberkranker ist durch ein dunkles Pigment erzeugt, was von den untergegangenen rothen Blutkörperchen herrührt.
Hierbei ist nicht zu unterschätzen, dass die Stoffconsumption bei sich oft wiederholenden Intermittensanfällen, in denen die Hauttemperatur auf 41 bis 42deg; C. steigt, keine geringe ist, die an und für sich schon die consecutive Anämie und Hydrämie erklären dürfte, denn wäre in der fieberfreien Zeit nicht die Möglichkeit eines Wiederersatzes durch Nahrungsaufnahme geboten, so müssten die kalten Fieber zu den höchsten Graden von Abmagerung und Entkräftung führen, und es würde geradezu unerklärlich gegenüber den anderweit in der Pathologie gewonnenen Erfahrungen erscheinen, dass kalte Fieber sich oft durch Jahre mit dem Fortbestehen des Lebens vertragen. Denn dass in der That viele Körperbestandtheile und bei weitem mehr als unter normalen Verhältnissen während der Fieberparoxysmen verbrannt werden, geht aus der bedeutenden Vermehrung des Harnstoffs hervor, die nicht nur während des Anfalls, sondern auch während der Apyrexie besteht. Die durch die vermehrte Verbrennung von Gewebstheilen im Fieberanfall erzeugten Verluste an Gewebsbestandtheilen werden nur mangelhaft durch die Nahrungsaufnahme in der Apyrexie gedeckt, daher die constante bedeutende Abmagerung des Körpers bei jedem chronischen Wechselfieber.
Je mehr das Blut auf diese Weise an festen Bestandtheilen verarmt , um so mehr bildet sich eine hydrämische Beschaffenheit des Blutes aus, welche auch alsbald zuHydrops führt, wenn nicht durch Darreichung von Chinin den Fieberanfällen Einhalt gethan wird. Bei diesem Hydrops ist die Harnentleerung ungestört, nicht vermindert, nur ausnahmsweise enthält der Urin Eiweiss, vielmehr verhält sich die Wassersucht genauso wie jene, die im Verlaufe anderererschöpfender Krankheiten auftritt. Wächst der Milztumor sehr jäh, wie in dem angegebenen Falle, so entsteht nur hydrops ascites vor der Hand, welcher durch Venenstase im Unterleib, durch Druck der vergrösserten Milz auf die veria mesaraica magna oder deren Aeste erzeugt, hervorgerufen wird. Je länger das Wechselfieber
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Infectionskrankheiten.
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besteht, um so mehr ist zu besorgen, dass sich bleibende Gewebs-störungen in der Milz, der Leber, den Nieren entwickeln , welche gewöhnlich in der amyloiden Entartung mit Pigmenteinlagerung jener Organe bestehen, und mit einem unheilbaren Siechthum verknüpft sind. Bisweilen gesellt sich zu schweren Intermittenten croupöse Nephritis oder die hämorrhagische Diathese. Diesen schweren Folgen einfacher Wechselfieber wird in den meisten Fällen durch ein zweckmässiges Curverfahren vorgebeugt, und nur in Ausnahmefällen kommt es in Gegenden, in welchen eine intensive Malaria endemisch herrscht, bei einer umsichtigen Behandlung zu Hydrops, zur amyloiden Degeneration der inneren drüsigen Organe und zu unheilbarem Siechthum. Hier handelt es sich vor Allem um eine zweckmässige Behandlung der ersten Fieberanfälle, diese müssen durch Darreichung von grosseren Chiningaben coupirt werden, und wenn dadurch auch nur ein Symptom der Malariainfection getilgt wurde, so ist diese Erscheinung auf jeden Fall die wesentlichste und gefährlichste Aeusserung dieser Infectionskrankheit, die, um totaliter gehoben zu werden, ganz besonders ein strenges diätetisches Regim und das gewissenhafteste Vermeiden jeder Gelegenheit zu einer erneuten Infection mit Malaria erheischt. Bricht nach einigen Wochen, nachdem der erste oder die ersten Fieberanfälle coupirt wurden, ein Recidiv der Fieberanfälle aus, so ist um deswillen nicht immer auf eine erneute Infection zu schliessen, sondern diese Recidive zeigen in vielen Fällen nur an, dass die ursprüngliche Malariaintoxication noch nicht getilgt war, wofür ganz besonders jene Beobachtungen sprechen, nach welchen Fieberrecidive nach Monaten auch in fieberfreien Gegenden eintraten, wohin die Kranken zum Behufe einer Radicalcur flüchteten.
Eine je grössere Summe von Fieberanfällen überstanden ist, um so schwerer heilbar ist das kalte Fieber. Nach einjährigem Bestehen gehört die Heilung zur Seltenheit.
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b) Perniciöse, comitirte Wechselöeber.
Die Gefahr, welche die Malariainfection für das Leben bringt, beruht entweder in der Möglichkeit des Eintritts jenes oben geschilderten Wechselfiebersiechthums, wurde also durch die Rückwirkung auf Ernährung (amyloide Degenerationen) und Blutbeschaffenheit (Hydrämie und Melanämie) erzeugt, oder die Gefahr ist eine mehr momentane, sie tritt sofort mit dem ersten Fieberanfall auf, und bezieht sich auf eine drohende Paralyse des Herzens oder des Gehirns oder beider Organe zugleich. Dies letztere kann in der Individualität oder in dem Grade der Malariainfection begründet sein. Der erstere Umstand wird die Veranlassung, dass auch bei uns, wo die
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milderen Formen der Malariafieber heimisch sind , zeitweilig perni-ciose Fieber vorkommen, der andere, dass die tropischen Sumpfgegenden das eigentliche Heimathland schnell tödtender Wechselfieber sind.
Die individuell begründeten perniciösen Fieber betreffen Kinder, schwächliche, heruntergekommene Personen. Bei den erstem gesellen sich gern allgemeine Convulsionen zu den Fieberanfällen, bei letzteren wird die Erschöpfung der Kräfte, welche den Fieberparoxysmen folgt, gefährlich.
Die durch den Grad der Infection erzeugten perniciösen Fieber bedrohen das Leben bisweilen durch die g r o s s e Intensität und die lange Dauer der Fieberbewegungen. Bei diesen erleidet die Milz eine so colossale Vergrösserung, dass sie bis zum Kamme des Darmbeins herabsteigt, bisweilen berstet, und zu einem tödtlichen Bluterguss in die Bauchhöhle führt, oder der Frost erreicht eine excessive Höhe, so dass die gestörte Circulation zu Lungen- oder Herzlähmung führte, oder endlich, die Fieberbewegungen hielten 24 Stunden an, und erzeugten einen tödtlichen Collaps. Denn die hohen Temperaturen im Wechselfi eher sind nur derKürze d es Anfalls h alber ohneLebens-gefahr erträglich. Sobald die Dauer des Paroxysmus eine gewisse Grenze übersteigt, fehlt hier die tödtliche Erschöpfung ebensowenig, als in allen anderen Krankheiten, in welchen die Eigenwärme das Maximum ihrer pathologischen Steigerung erfährt, und sich nur durch einige Zeit auf dieser Höhe erhält.
Verfallen die Wechselfieberkranken schon beim ersten Anfall, tritt Delirium mit oder vor dem Froststadium und Koma im Hitzeoder Schweissstadium ein, so erhalten wir das Bild einer febris intermittens comatosa. Nach dem Tode, dem nur ein oder einige wenige Fieberanfälle vorangehen, fehlen meist anatomische Störungen im Gehirn. — Bei der apoplectischen Form, welche ich mehrfach im allgemeinen Krankenhanse zu Wien beobachtete, wurden im Gehirn zwar sehr regelmässig die capillären Heerde in einer Unzahl , durch das Mark und die Rinde beider Hemisphären zerstreut, angetroffen, aber auch in den von mir beobachteten Fällen handelte es sich nicht um frische, sondern um alte, verschleppte In-termittenten, bei welchen der letzte oder einer der letzten Paroxysmen die Erscheinungen des apoplectischen Insultes hervorrief.
Diese nadelkopfgrossen Heerde bestehen theils aus Embolieen der Haargefässe des Gehirns mit Pigmentschollen , theils aus secun-dären Extravasationen, welche dadurch erzeugt wurden, dass durch die Gefässverstopfungen der Hirncapillaren Kreislaufsstörungen laquo;ntstanden, welche zu Gefassrupturen und Blutergüssen vor Allem
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Infectionskrankheiten.
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in das Gewebe eines Organes führen mussten, welches so zarte Gefässe und einen so vulnenrablen Bau besitzt, als das Gehirn.
Bei der febris algida haben wir die Erscheinungen der Herzparalyse : Reptilienkälte der Haut, Cyanose, Unfühlbarkeit des Radialpulses, Schwäche und Aussetzen des Herzchocs. Bei diesen schweren Formen von Wechselfiebern hat man trotz des sehr acut en Verlau f es massenhaftes d u nkles Pigm e n t im Blute vorgefunden. Die Intensität der Infection führt auf der einen Seite zu einem Untergehen grosser Mengen gefärbter Blutzellen , woraus das Freiwerden von Pigment folgt, und auf der anderen Seite zur Paralyse des Sympathicus und des Gehirns. Demnach haben diese schweren Erscheinungen im Nervensystem bei der febris algida nur den Werth von Intoxicationssymptomen, und dies um so mehr, da man sehr oft hier die Hirngefässe frei von Pigment angetroffen hat, obwohl während des Lebens die schwersten Gehirnerscheinungen bestanden. Die Melanämie ist deshalb nicht Ursache der schweren Kopfsymptome bei den Malariafiebern, sondern ein Coëffect der Infection mit Malaria. Ausser den Zeichen der Melanämie trifft man nach bösartigen Wechselfiebern in der Leiche Hyperämieen, Blutergüsse und Entzündungen in den verschiedensten Organen an.
c) Larvirte Wechselfieber.
nennen wir jene Consequenzen der Malariaintoxication , die nicht in einem Fieberparoxysmus bestehen, sondern intermittirende Neuralgieën darstellen. Der auftretende Schmerzanfall entspricht dem Fieberparoxysmus, die schmerzfreie Zeit der Apyrexie. In der Regel ist es eine neuralgia supraoi'bitalis. seltner die eines anderen Astes des trigeminus. — In sehr seltenen Fällen scheinen auch andere Anomalieën der Nervenerregung unter dem Einflüsse der Malaria zu stehen. Hierher gehören intermittirende Anästhe-sieen, Lähmungen, Krämpfe, psychische Störungen {mania periodical , Hyperämieen und Oedeme der verschiedensten Gestalt.
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Das intermittirende Fieber der Thiere.
Die Intermittens soll bei allen Haussäugethieren beobachtet worden sein. Die meisten Beobachtungen von Intermittens beziehen sich jedoch aufs Pferd (Ruini, Kersting). Royston will in den sumpfigen Niederungen von Cambridge das Tertianfieber bei Pferden gesehen haben. Ausserdem soll der Hund oft und das Rind bisweilen von dem kalten Fieber heimgesucht werden. Auf keinen Fall ist aber der Beweis, dass dieses Fieber wirklich bei Thieren
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Die Binderpest und Ruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 45
vorkomme, endgültig geführt, vielmehr liegt es nahe, dass entweder das Milzbrandfieher mit intermittirendem Typus hin und wieder bei Thieren für das kalte Fieber genommen wurde, oder deutlich remittirende Fieber, denen aber örtliche Leiden zu Grunde lagen, von denen das Fieber ausging, wurden mit dem kalten Fieber verwechselt. Denn es ist doch sehr auffüliig, dass das kalte Fieber in seinem endemischen Auftreten , soweit meine Erfahrungen und die aller unparteiischen Beobachter reichen, zwar die Menschen heimsucht, aber die Thiere, obwohl sie unter demselben Einflüsse der Malaria standen, verschont, vielmehr äassert sich, wie schon oben hervorgehoben, die Malariainfection der Thiere theils als Milzbrandfieber, allerdings bisweilen auch mit intermittirendem Typus, doch mit der eminenten Contagiosität, mit dem septischen Charakter und der grossen Gefährlichkeit, theils als Anthrax. Bei allen Verbreiterungen des Malariaterrains breiten sich nicht nur die kalten Fieber, sondern auch die Milzbrandfälle aus. Milzbrandseuchen undIntermittensepidemieen herrscheu gleichzeitig. — Im Frühling des Jahres 1845, wo das Elbthal die bedeutendste Ueberschwemmung in diesem Jahrhundert erfuhr, traten gleichzeitig in den untern Eibdörfern bei Dresden Milzbrand unter dem Hornvieh und kalte Fieber unter der Bevölkerung in grosser Verbreitung auf.
Dupuy theilt mit, dass er 500 Schafe nach dem Weidegange in Sümpfen habe unter allen Erscheinungen des intermittirenden Fiebers zu Grunde gehen sehen. Auf jeden Fall waren dies Milzbrand f i eher, denen diese Thiere in so grosser Anzahl und so plötzlich erlagen.
Die Rinderpest und Ruhr.
Die Rinderpest ist eine eigenthümliche, höchst ansteckende, fieberhafte Erkrankung des Hornviehes, deren Uebertragung bis jetzt nur auf das Schaf gelang, welche nur dann in seuchenartiger Ausbreitung bei uns herrscht, sobald sie durch Einschleppung aus dem südlichen Russland uns zugeführt wurde. Ihre hochgradige Anstcckungsföhigkeit erinnert recht lebhaft an die orientalische Pest, wie auch deren Verlauf und Krankheitscharacter. Doch verläuft diese an der Haut und dem ünterhautzellgewebe, sowie au den oberflächlich gelegenen Lymphdrüsen, denn der Sectionsbefund ergiebt bei der orientalischen Pest, ausser den Erscheinungen einer beginnenden Blutzersetzung, ganz besonders Infiltration und Erweichung einzelner oder mehrerer Lymphdrüsen, Bubonen und Carbunkeln im Zustande des Sphacelus, der Verjauchung und Vereiterung, hitmorrhagische Exsudate der Innern Höhlen, sonst, ausser
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Infectionskrankheiten.
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Milzgeschwulst kein (konstantes Phänomen weiter. Obwohl nun sich die Rinderpest, wie die orientalische Pest durch ein flüchtiges wie fixes Contagium verbreitet, obwohl das die Pest begleitende Fieber denselben typhusähnlichen Character an sich trägt, wie das bei der Rinderpest, so unterscheidet sich doch diese dadurch vor Allem von der orientalischen Pest, dass sie auf den Schleimhäuten und vorzüglich auf der des Darmkanals verl auf t.
Die Constanz der Magen-Darmaffection und des typhusähn-lichen Fiebers legt es sehr nahe, in der Rinderpest nichts als einen in das Rind versetzten Typhus zu sehen. Dies wurde namentlich vonBochdalek behauptet. Das Vorkommen von Geschwüren auf Magen- und Darmschleimhaut schien die behauptete Identität beider Zustände nur zu bestätigen. Etwaige aufgefundene, vom Normalbefund des Typhus abweichende Erscheinungen suchte man in etwas unlogischer Weise durch die Annahme eines degenerativen Characters zu erklären (Weber). Die Untersuchungen M o ri tz Roells im Jahre 1850 haben jedoch ergeben, dass der auf Magen-und Darmschleimhaut angetroffene Vorgang durchaus nicht typhöser, sondern diphtherischer Natur ist. Dieser Process entwickelt sich zwar vorherrschend auf der Magen- und Darmschleimhaut, wird aber auf den Schleimhäuten aller Systeme beobachtet.
Anfänglich erscheint ein Catarrh auf den befallenen Schleimhäuten , insbesondere findet man die Mucosa des Magens, vorzüglich in der Nähe des Pförtners, dann jene des Dünndarms geschwollen, entweder gleichförmig, oder um die Follikel herum stärker geröthet, hie und da blutstreifig. Die Drüsenbälge sind oft geborsten, daher erscheinen die Peyer'schen Drüsenhaufen areolirt; ausserdcm sind sie geröthet, geschwollen und gelockert. Die Oberfläche der Schleimhaut ist mit einer zähen, klebrigen, meist röth-lichen oder blutigen Flüssigkeit, welche in wechselnder Menge den Darminhalt bildet, bedeckt, das unter ihr gelegene Bindegewebe von einer trüben Flüssigkeit durchdrungen und geschwollen. Der Dickdarm ist seltner, am häufigsten noch der Blinddarm, catarrha-lisch afficirt, besonders sind es hier die Ränder der Kerkring'-schen Falten. Eine gleiche catarrhalische Affection wird in diesem ersten Stadium auch auf der Schleimhaut des Kehlkopfs, der Luftröhre , der Bronchialäste, bisweilen auch auf der Schleimhaut der Harn- und Geschlechfswerkzeuge wahrgenommen. '
Auf dieses catarrhalische Stadium folgt das e x s u d a -tive. Die Schleimhaut ist noch dunkler geröthet als vordem, besonders im Labmagen. Sie ist von violetten und zahlreichen Extra-vasaten durchzogen. Auf der Schleimhaut sitzen nun
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disseminirte Exsudatplatten, welche räch dem Pförtner zu am ge drängt esten stehen.
Sie enthalten mehrere Linien im Durchmesser, ihre Dicke beträgt ij'2—1quot;quot;. Die freie Oberfläche derselben ist leicht gewölbt, ihre Farbe ist gelblich-braun und röthlich, mit ihrer Mitte haften sie fest an der Schleimhaut, ihr, wie angenagter Band, hängt der Schleimhaut nur locker an. Nach Entfernung dieser Exsudatplatten erscheint die Schleimhaut leicht vertieft, heller geröthet, arrodirt, besonders, wo die Mitte des Exsudats aufsass, leicht blutend. Jene geschilderten Exsudatplättchen der Rinderpest sind nach Grosse und Beschaflenheit dieselben, welche oft in ungeheuren Quantitäten von Ruhrkranken durch den Mastdarm entleert werden.
Aehnliche platten f örmige Gerinnsel, wie im Labe, kommen in der Rinderpest auch im Z wo If f i n ge rdar m e und von hier an bis in das Ende des Krummdarms vor. Sie sitzen dort meist auf den einzelstehenden Drüsenbälgen. Auf den Peyer'schen Drüsenhaufen erlangen diese Gerinnungen ihre bedeutendste Grosse, indem sie jene ihrer ganzen Länge nach oder doch stellenweise bedecken, und dicke gelbbraune oder blutig gefärbte, meist mehrere Linien dicke Schichten darstellen, welche an der Oberfläche wie zernagt sind, mit ihrer untern Fläche, die in der Regel Blutpunkte zeigt, mehr oder weniger auf den Drüsenhaufen fest aufsitzen. Diese Auflagerungen sind bald rahmähnlich zer-fliessend, bald ziemlich derb. Die Drüsenhaufen zeigen sowohl an den von Gerinnungen freien Stellen, als auch nach Hinwegnahme der aufsitzenden Exsudatplatten ein siebähnlieh durchlöchertes Ansehen (plagues a surface réticulêe).
Die Mehrzahl dieser Oeff'nungen enthält ein weissgelbliches, vorspringendes Pfröpfchen, welches durch einen leichten Druck leicht herauszuheben ist. In der Umgebung dieser Gerinnungen ist der Catarrh der Darmschleimhaut stets am intensivsten.
In seltenen, meist sehr rasch verlaufenden Fällen', ist die freie Oberfläche der Dünndarmschleimhaut bisweilen von einer oft meh-raquo;rere Fuss langen , ein bis mehrere Linien dicken, röhrenförmigen Gerinnung bedeckt, welche von grauer oder schmutzig-röthlicher Farbe ist, und entweder an ihrem ganzen äussern Umfange an der geschwollenen und mürben Schleimhaut haftet, oder schon theil-weise losgestossen und zerfliessend in die Darmhöhle hineinhängt. Aehnliche röhrenartige Croupmembranen finden sich, wenn auch seltner, im Blinddarme, mitunter auch im Colon und Rectum. Der Dünndarminhalt ist schmutzig-braun oder grau, hin und wieder durch Futterbrei grünlich geförbt. Der Dickdarm hat mehr breiiges, dünnflüssigeres Contentum mit Blutstriemen vermischt.
Mitunter mangeln die Gerinnungen auf der Darmschleimhaut.
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oder sie sind nur sehr spärlich vorhanden. Dies kommt namentlich bei sehr heruntergekommenen Thieren vor. Den Darminhalt bildet dann eine zähe, eiweissähnliche, weissgelbliche oder bräunliche Flüssigkeit. Die Schleimhaut finden wir hier oft grosse Strecken weit vollkommen abgestossen,- und dies im Dünn- wie im Dickdarm. Hiar liegt das submuköse Bindegewebe, oder wohl gar die Muscu-laris blos zu Tage, oder wie bei den echten Ruhrprocessen finden wir sie in einen missfarbigen, abstreifbaren Brei verwandelt, der noch inselförmig der Darmgegend in grössern oder kleinern Strecken aufsitzt, während der abgestossene Theil dem Darminhalt als flockige Masse beigemischt ist. Die Peyer'schen Flatschen treten dann bestimmter hervor, sind areolirt, und ihre Exsudatdecke ist ebenfalls breiig entartet.
Im dritten Stadium tritt allgemeine Lösung der noch aufsitzenden Gerinnsel ein. Diese Lösung geschieht durch puriformes Schmelzen der auf Plaques oder Schleimhaut zunächst aufsitzenden Schicht. Die Verbindung in der Mitte persistirt immer am längsten. Sehr oft flottiren daher die Exsudatplatten in dem Darminhalt, indem sie noch an einem beschränkten Theile ihrer untern Fläche dem Plaque an irgend einer Stelle anhaften. Schliesslich werden auch sie losgestossen, zusammengeschwemml, und in Form flockiger Massen mit dem Darminhalt entleert. Die Stellen, wo die Exsudatplatten aufsassen , sind hyperämisch , ecchymotisch , goschwollen, mitunter durch einen massigen Substanzverlust ausgezeichnet.
Diese drei Stadien folgen nun nicht aufeinander wie die Tageszeiten , sondern das zweite und dritte Stadium wird bei an Rinderpest u m gestand e n e n Thieren immer gleichzeitig angetroffen.
Nächst dem Darmkanale bieten die Athmungsorgane am häufigsten hier Veränderungen dar. Die Nasenschleimhaut ist hyperämisch, ecchymotisch , besonders an den Nasenmuscheln , ihre Venen sind mit dunklem Blut überfüllt, und sie se,'bst ist mit gelblich-grauem , zähem Schleime bedeckt. Mitunter finden sich Faser-stoffgerinnungen auf der Schleimhaut aufsitzend, sowie auch oft oberflächliche Excoriationen.
Ungleich exquisiter tritt eine Croupbildung auf Kehlkopf-, Luftröhren- und Bronchialschleimhaut hervor. Dieselbe bedeckt sich bei vorgeschrittener Entwicklung des Processes mit einer hautartigen, weisslichen oder grünlich-gelben, zusammenhängenden Exsudatschicht, die häufig bis in die Luftröhrenverzweigungen der dritten und vierten Ordnung sich erstreckt, oder der Process war disconti-nuirlich, und dann ist die Luftwegschleimhaut mit plattenartigen Gerinnungen von der Grosse einer Linse bis zu der eines Zwanzig-kreuzerstücks oder endlich nur mit einer eitrigen , schaumigen Flüssigkeit, die die Höhle der Luftröhre nahezu erfüllt, bedeckt.
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Unter diesen Krankheitsproducten ist die Schleimhaut hyperämisch, ecchymotisch arrodirt.
Die Gallenblase ist in der Regel enorm, bis zur Kindskopf-grösse ausgedehnt, was diesem Zustand auch den Namen der Ueberga}.le gab. Die Galle ist sehr dünn , die Schleimhaut der Gallenblase ist hyperämisch, mit strahligen Injectionen versehen, die aufsitzenden Exsudatschichten sind durch den Gallenfarbstoff grünlich tingirt.
Die Maulhöhle zeigt ebenfalls disseminirte, meist linsen-grosse Exsudatplatten, vorzüglich auf den Lippen und an der Zunge.
Auch in der Scheide und im Tragsack werden Exsudate auf der Schleimhaut beobachtet, besonders kurz nach dem Abkalben.
Das Haar ist glanzlos und struppig, die Haut mit Krusten besetzt, die Augenbindehaut im Zustand des Catarrhs, die Nasenöffnungen mit schwarzverschorften Exsudaten belegt, der Mastdarm stark vorgetrieben und entzündet. — Die Centralorgane des Nervensystems sind gewöhnlich vollkommen normal.
Das Lungenparenchym ist mit den seltensten Ausnahmen vollkommen normal, selten ödematös. Das Herz ist schlaff und welk, Musculatur missfarbig, sein Inhalt flüssig, dunkel.
Encardium und innere Gefässhaut besitzen immer starke Im-bibitionsröthe.
Der Magen ist meist mit Futter gefüllt, das Epithel ist abstreifbar. Der dritte Magen ist bald derb, bald weich, und enthält zwischen seinen Blättern im ersteren Falle zu Pulver zerreibbare, eingetrocknete Futtermassen, daher der Name Löserdürre. Doch ist dieser Befund, wie bereits angedeutet, nicht constant, und deshalb die Bezeichnung verwerflich. Denn mitunter findet man hier auch breiige Futtermassen zwischen den Löserblättern. Ausser-dem begegnen wir jenen eingetrockneten Futterraassen auch bei anderweiten Fiebererkrankungen, wenn längere Zeit vor dem Tode keine Futteraufnahme stattfand.
Der Epithelialüborzug der Löserblätter ist in der Rinderpest leicht ablösbar. — Die Gekrösdrüsen sind bald völlig unverändert, bald massig geschwollen. Die Vergrösserung überschreitet nach Roll nie das Doppelte der normalen Grosse.
Leber und Milz sind bald geschwollen, bald nicht. Am häufigsten ist die Leber blutarm, gelb, matsch. — Die Nieren sind geschwollen und blutreich, die Harnblase von trübem Harne ausgedehnt , die Schleimhaut geschwollen, blutreich, mit Schleim bedeckt.
Dies der Sectionsbefund bei Rinderpest nach Moritz Roll.
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4
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Die Unterscheidung der Rinderpest vom Typhus kann nach den gründlichen und so vielseitigen Untersuchungen Rolls über jene Krankheit kaum Schwierigkeiten darbieten. Zwar begegnen wir dem wesentlichsten und constantesten Processe im Typhus, wie in der Rinderpest auf der Darmschleimhaut, jedoch mangelt im Typhus hier jedes eigentliche Exsudat, die Drüsenschwellungen gehen aus einer Wucherung des normalen Inhaltes der Drüsenkapseln hervor, während dagegen das Auftreten eines freien Exsudats auf der Oberfläche der Schleimhaut und der Drüsen im Labe undDarra-kanal ein vorzügliches Kriterium der Rinderpest ist. Die Darm-driisen, welche im Typhus wesentlich leiden, werden hier nur durch den an ihrer Oberfläche stattfindenden Process accessorisch afficirt. Die Darmdrüsenerkrankung geht in der Rinderpest nicht über Schwellung und Areolirung hinaus. Im Typhus dagegen sind die Darmfollikel der Ausgangspunkt der wesentlichen anatomischen Störung.
Trotzdem wärmt Spinola die bereits früher vielfach vorgetragene Ansicht, dass die Rinderpest ein dem Menschentyphus vergleichbares Uebel sei, wieder auf, und findet wunderbarer Weise in dem Fehlen plastischer „zum Wesen der Entzündung nothwendig gehörenderquot; Exsudationen den Grund, die entzündliche Natur des Uebels zu leugnen. Das Vorkommen der Blutunterlaufungen und — wie versichert wird —• der dem Typhus charakteristischen (?) Eechymosenbildung, sowie die sulzig - ödematösen Infiltrationen, die zerfliessenden Gerinnungen der Magendünndarmschleimhaut, die mit croupösen Exsudaten nur den Sitz theilten, sonst aber ganz verschieden von denselben wären, bestimmenSpinola vorzüglich den Process als „typhösquot;, die Substanzverluste der Schleimhaut als „typh Ösequot; Geschwüre zu bezeichnen. Wahrscheinlich mangelte Spinola bis jetzt die Gelegenheit, bei den Obductionen am Typhus verstorbener Menschen sich davon zu überzeugen , dass dort von Infiltrationen der Submucosa und fauligen croupösen Exsudaten sehr selten etwas zu finden ist, und nur in Ausnahmsfallen Ecchymosen-bildungen in der Typhusleiche angetroffen werden. Allerdings giebt es kein Croupgeschwür, aber eben deshalb bezeichnen wir hier den Process als Diphtheritis.
Eine ungleich grössere Aehnlichkeit, wenigstens in pathologisch-anatomischer Beziehung, besteht zwischen Ruhr und Rinderpest. Auch sie ist eine Infectionskrankheit. Ihr wesentlich anatomischer Process befällt die Darmschleimhaut, in der Regel die der dicken Därme, nur ausnahmsweise die der Dünndärme. Die Schleimhaut ist hier mit einem fibrinreichen Exsudate infiltrirt, und der Umstand, dass das infiltrirende Exsudat einen Druck auf die ernährenden Gefässe der Schleimhaut ausübt, erzeugt anämische
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Nekrose des befallenen Theils und Verschorfung desselben. Die Abstossung des Schorfes ruft einen Substanzvorlust hervor, der bald oberflächlich ist, bald tief eindringt, bald über grössere Strecken der Darmschleimhaut sich verbreitet, bald nur geringere Partien derselben befallt. War der Process nur ein oberflächlicher, dann war eine restüutio inintegrmn möglich; wurde aber die Schleimhaut gänzlich zerstört, so bildet sich an der Stelle der zerstörten Schleimhaut bei der Heilung eine schwielige Masse, die sich , gleich jedem andern Narbengewebe, zusammenzieht, und so zu unheilbaren Darmverengerungen führt. Je nach dem Grade ist der pathologischanatomische Befund bei der Euhr sehr verschieden. Bei den niedersten Graden zeigen besonders die Ke r kr in g'schen Falten In-jectionsröthe. Die Schleimhaut ist, diesen Stellen entsprechend, mit einem grauweissen, weichen, vieles Epithel einschliessenden Exsudat bedeckt. Die leidenden Stellen haben das Ansehen, als wenn sie mit Kleie bestreut wären. Dieses Exsudat lässt sich leicht mit dem Skalpellstiel wegstreichen ; ist es entfernt, so treten oberflächliche Substanzverluste an der Schleimhaut hervor, ein Beweis, dass das Exsudat nicht nur der Schleimhaut auflag, sondern sich in die Substanz derselben selbst hinein erstreckte, und darin ruht das Kri t eriu m des diphthe-ritischen Exsudats, welches dem Euhrgeschwür gerade so zu Grunde liegt, wie dem Geschwür bei der Rinderpest. In beiden Krankheiten haben wir also nicht bloss einen einfachen Auflase-rungsprocess, wie beim Croup, sondern die Bildung des faserstoffigen Exsudats findet auch in der Substanz der Schleimhaut selbst statt. Beim Untergange desselben muss es daher in der Ruhr, wie in der Rinderpest, nothwendig zu theilweisem oder gänzlichem Ab-stossen der befallenen Schleimhaut kommen, in beiden Krankheiten muss selbst bei oberflächlichen Substanzverlusten die blossgelegte Schleimhaut nebst Submueosa sich entzündlich infiltrirt zeigen.
Bei höheren Graden der Ruhr begegnen wir auf der Dickdannschleimhaut , wie bei der Rinderpest, bald mehr leimähnlichen, bald mehr derben, grauweissen Schichten an umfangreichen Stellen der Innern Darmoberfläche. Sie lassen sich nur schwer und nur gleichzeitig mit der ganzen Darmschleimhaut abstreifen. Sind sie bereits abgestossen, so liegt die Submukosa frei zu Tage. Die ganze Darmwand erscheint durch hochgradiges Oedem des submu-kösen Zellgewebes, der Muscularis und der Serosa bedeutend verdickt, oft so bedeutend, dass sie an manchen Stellen die Innenfläche des Darms bucklig hervortreiben. Der seröse üebcrzug des Dickdarms ist meist entzündet, mit Fibrinlagen bedeckt, die mannigfache Verklebungen des Darms mit der Umgebung bedingen. Der afficirte Darmtheil ist meist aufoetrieben in Folge von Lähmnne
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der Muskelschicht. Sein Inhalt ist ein missfarbiges Liquidum, dem Blut, Exsudatfetzen, abgestossene Schleimhaut, zusammengeballte Epitholienmassen etc. in wechselndem Verhältniss beigemischt sind. Kothraassen fehlen in der Regel.
Bei den höchsten Graden ist die Schleimhaut des befallenen Darrastucks sammt dem auf- und eingelagerten Exsudate in grossen Strecken trocken- oder feuchtbrandig abgestorben. Beide stellen dann entweder eine schwarze, verkohlte Masse dar, die nicht selten in Form röhriger Lappen abgestossen und ausgeführt wird, oder beide sind in eine aashaft riechende, missfarbige Pulpa verwandelt. Das submuköse Gewebe ist meist blutig-serös infiltrirt, oder erbleicht, oder hat sich selbst in der oben geschilderten quot;Weise an den Morti-ficationsprocessen betheiligt. Mitunter ist sie in ihren tiefern Schichten Sitz einer reactiven Eiterung.
Der Peritonialüberzug ist missfarbig, glanzlos, hat Capillar-injectionen, und ist mit einem jauchig zerfliessenden Exsudat bedeckt. Auch hier ist das Darmrohr meist ausgedehnt, sein flüssiger Inhalt ist durch eine dem Kaffeesatz ähnliche Masse schwarz gefärbt, oder der Darm ist collabirt, und bei längerer Dauer des Processes ist die Muskelhaut geschrumpft, leichter zerreisslich, missfarbig. Die Betheiligung der Darmdrüsen ist nur eine accessorische. Wir finden dieselben bald in höherem, bald in niederem Grade blutreich und geschwollen.
Die Leber ist meist blutreich und bei den Ruhren in den Tropen oft Sitz disseminirter Abscesse durch Embolie der Pfortader und jauchiger oder puriformer Schmelzung der in die Pfort-aderäste eingekeilten Thromben erzeugt. Jauchige Flüssigkeiten können hier durch die Darmvenen der Leber zugeführt werden. Thromben, in den Blutadern des erkrankten Darmstücks gebildet, gelangen in das eirculirende Blut, durch die Pfortader in die Pfortader Verzweigungen des Leberparenchyms, keilen sich dort ein, und erzeugen die abscedironden Heerde.
Bei Thieren ist mit Ausschluss der Rinderpest der Ruhrpro-cess entschieden ein seltenes Vorkommniss, denn was die Thier-ärzte als Ruhr bezeichnen, sind acut verlaufende Magen darmcatarrhe, denen der characteristische Exsudationsprocess auf der Dünndarmschleimhaut mangelt. Vor Kurzem beobachtete ich mitTrautvetter die Ruhr bei einem Pferde, das an einem fieberhaften Rothlauf aller vier Extremitäten zu Grunde gegangen war. Die Dünndarmschleimhaut war in einen aashaft riechenden, grünen Brei verwandelt, der sich mit dem Scalpellstiel leicht abschaben Hess, die übrigen Darmhäute waren entzündlich infiltrirt, der Darminhalt stellte eine , durch die aufgelöste Schleimhaut grün gefärbte und von Exsudatfetzen und Schleim getrübte, stinkende Flüssigkeit dar. Die Schleimhaut
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des Kolon war in grosser Ausdehnung in eine braune, goschwollene, brandig erweichte Masse verwandelt.
Pathologisch-anatomisch decken sich Ruhrprocess und die Vorgänge auf der Darmschleimhaut bei Rinderpest wohl vollkommen, und es scheint in der That nur ein Gradunterschied zwischen beiden Krankheiten zu bestehen, indem bei der Rinderpest in viel grösserer Ausdehnung die Darmschleimhaut afficirt ist als bei der Ruhr, und bei jener auch noch in der Regel andere Schleimhäute, wie die der Nasenhöhle, desMaules, der Luftröhre und der Bronchien, selbst der Harnblase und Geschlechtswerkzeuge sich von dem uiph-theritischen Processe befallen zeigen. Vielleicht schon aus der grössern Verbreitung der diphtheritischen Entzündung in der Rinderpest resultirt die ungleich höhere Gefahr beim Befallenwerden von ihr, als bei dem von der Ruhr. Doch bleibt auch diese einer dei lebensgefahrlichsten Zustände, denn wenn auch die sporadische Ruhr vielfach heilt, so steigert sich sofort der Character der Gefahr beim epidemischen Auftreten dieser Krankheit, und so gehören Ruhrepidemieen seit Jahrhunderten zu den furchtbarsten Geissein der kriegführenden Armeen; z. B. im preussisch-französischen Feldzug 1793, wo nicht die Kugeln der Franzosen, sondern eine derartige Ruhrseuche die Preussen unter Ferdinand von Braunschweig furchtbar decimirte, und zum Bückzug zwang.
In entfernt ursächlicher Beziehung gehen freilich Ruhr und Rinderpest sehr auseinander. Denn wenn auch über die Natur des Ruhrgiftes ein ebenso grosses Dunkel herrscht, als über die Natur des Cholera- und Typhusgiftes, so kennen wir wenigstens doch einen Theil der Bedingungen, unter welchen die Bildung, oder auch vielleicht die Vermehrung dieses Giftes begünstigt wird, was nicht in gleicher Weise von der Rinderpest gilt, da die miasmatischen Exhalationen, welche die Rinderpest ursprünglich erzeugen, nicht nur ganz ungekannt sind, sondern auch die Bedingungen, unter denen jene Einflüsse wirksam werden.
Ruhr und Intermittens entwickeln sich nebeneinander epidemisch und endemisch, woraus zu folgen scheint, dass die Ent-wickelung beider Zustände durch ähnliche, wenn auch nicht gleiche Verhältnisse begünstigt wird. Aber die gleiche Quelle lässt noch nicht auf eine gleiche Natur beider Gifte schliessen, und wie eine Pflanze gleichzeitig männliche und weibliche Blüthen zu treiben vermag, so ist auch hier eher die Bildung zweier ihrer Natur nach verschiedener Gifte inmitten anhaltender allmMliger Zersetzung vegetabilischer Stoffe anzunehmen, als von einem Gifte so verschiedene Wirkungen im Thierkörper herzuleiten , wie Intermittens- und Ruhrprocess. Während der erstere unzweifelhaft im Blute und am Nervensystem abläuft, beschränkt sich letztererauf
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einen bestimmten Schleimhautdistrict des Darmkanals , denn was auch im Körper eines Euhrkranken sich ereignen mag, die heftige Kolik, der unerträgliche Afterzwang, die peritonitischen Erscheinungen, das begleitende asthenische Fieber, der Verfall der Kräfte und der Ernährung, die Leberabscesse, die pyämischen und ichorämischen Vorgänge — Alles folgt mit gesetzmässiger Noth-wendigkeit aus dem constanten Vorkommen und dem Grade der Darmaffeetion in der Ruhr. Aber die Erfahrung lehrt weiter, dass nicht nur an bestimmten Orten, sondern auch zu bestimmten Zeiten Ruhr und Intermittens miteinander auch epidemisch vorkommen. Der Umstand aber, dass Zusammengedrängtsein vieler Menschen auf einen engen Raum, in Spitälern, Casernen, belagerten Festungen, zur Entstehung verheerender Ruhrseuehen Veranlassung giebt, macht es im hohen Grade wahrscheinlich, dass nicht nur Zersetzung vegetabilischer, sondern auch animalischer Stoffe das Ruhrgift zu erzeugen vermag, und vielleicht ruht eben hierin der causal^ Unterschied zwischen Malaria und Ruhrgift. Eine Uebertragung des Ruhrgiftes unmittelbar von Person auf Person ist nicht bekannt , wohl aber scheint ein im Körper reproducirtes Ruhrgift mit den Darmdejectionen entleert zu werden, und von diesen kann dann eine Uebertragung auf andere Individuen stattfinden; daher die hohe Gefahr für Gesunde, Nachtstühle, Abtritte, Stechbecken, Klystirspritzen zu gebrauchen, die vordem von Ruhrkranken benützt wurden.
Bei der Rinderpest treten uns in ursächlicher Beziehung ganz andere Verhältnisse entgegen. Eine spontane Entstehung kommt mit Ausschluss der Steppengegenden im südlichen Russland , in der Ukraine, in Bessarabien , in der Krim etc. wohl nicht vor, wenigstens ist, jenen Theil des russischen Reichs ausgenommen, eine Selbstentwicklung der Rinderpest in Europa nicht beobachtet, und, seitdem das podolische Vieh nicht mehr bei uns eingeführt werden durfte, seitdem die Grenzsperre bei jeder herrschenden Rinderpestseuche in den österreichischen Erblanden von allen angrenzenden Ländern auf das gewissenhafteste geübt wurde, ist das übrige Deutschland und Mitteleuropa vollkommen frei von der Rinderpest geblieben. Wenn es demnach als feststehend zu betrachten ist, dass die Rinderpest bei uns nicht ursprünglich entsteht, so scheint doch unter unbekannten Zeitverhältnissen die Seuche in ihrem Heimaths-land plötzlich, gleich dem Ausbruche anderer Seuchen, eine raschere Verbreitung zu gewinnen , und sich durch die Viehtriebe über die Grenzen der benachbarten Länder fortzupflanzen. Von grosser Bedeutung sind natürlich hier Zusammenziehungen grosser Truppenmassen , denen Schlachtvieh zu Tausenden nachgetrieben wird, ein Krieg Oesterreichs mit dem Orient, bei welchem die Quarantaine
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unzureichend oder gar nicht eingehalten wird, Revolutionen etc.
Die Stätten der ursprünglichen Entwickelung sind auf jeden Fall die Steppenländer des europäischen und asiatischen ßusslands, und so scheinen es insbesondere die Küsten des schwarzen Meeres zu sein, von wo aus die Rinderpest durch die Ochsenzüge in das innere Russland verschleppt und die Handelsheerden angesteckt werden.
Das in grosser Anzahl in jenen Gegenden gehaltene Rindvieh mag zur ursprünglichen Entwicklung dieser Krankheit ganz besonders disponiren. Jedoch scheint trotzdem diese Krankheit in jenen Steppenländern nicht einmal fortwährend zu herrschen, was bei der fürchterlichen Contagiosität derselben, die sie, bei uns eingeschleppt, zeigt, hatte angenommen werden müssen, sondern sie tritt in unbestimmten Zwischenräumen nach Art einer Epizootic in Folge un-gekannter, wahrscheinlich atmosphärischer Einflüsse (vielleicht Ozonmangel) seuchenartig auf, und verbreitet sich durch das während ihres Verlaufs sich entwickelnde Contagium. Selbst jene Calamitäteß, welche die Viehtriebe auf ihrem Marsche treffen, scheinen bei diesem Steppenvieh die Seuche auch entfernt von ihrer Heimath hervorrufen zu können.
Der Verlauf der Rinderpest ist in deren Heimath ein sehr gelinder, und dem ist es, wie dem nicht ununterbrochenen Herrschen jener Seuche dort, zuzuschreiben, dass der Rindviehbestand in den genannten Steppenländern keineswegs abnimmt, sondern immer noch ausreicht und ausreichen wird, nicht nur die eignen, sondern auch die Bedürfnisse der Nachbarländer an Schlachtvieh im ausgedehntesten Maasse zu decken.
Das Contagium ist sowohl flüchtig als fix, und haftet an Allem, was vom rinderpestkranken Thiere stammt: Blut, Speichel, Milch, Krankheitsproducte, Haare, Haut, Klauen, Hörner und an Allem, was an ihnen war, wie Stricke, Stränge, Geschirre etc. Die Distanz, in welcher der Ansteckungsstoff durch die perspiratio insensibilis des rinderpestkranken Thieres sich auf ein anderes übertragen kann, ist auf 20—30 Schritt geschätzt. Diese hohe Ansteckungsfähigkeit per Distanz besitzt ausser den Menschenblattern nur die Menschenpest, und dieser Umstand gab zum Namen Einder pest Veranlassung, denn im Uebrigen haben , wie schon oben erwähnt, die orientalische Pest und die Rinderpest Nichts mit einander gemein. Aber auf keinen Fall kommt der Ruhr des Menschen und der Thiere eine solche Ansteckungsfähigkeit zu. Im Gegentheil muss man eine directe Ansteckung bei der Ruhr geradezu leugnen, es kommt bei derselben nur auf indirectem Wege eine Uebertrasung von Individuum zu Individuum vor, nämlich durch
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die Föcalmassen. Dies und die Beschränkung der anatomischen Störungen auf die Dickdarmschleirahaut unterscheidet die Ruhr von der Rinderpest.
Was das Phänomenologische der Rinderpest anlangt, so ist hier zunächst eine Incubationsdauer von 3—8 Tagen hervorzuheben. Nach Verstreichung dieser Frist tritt Fieber ein, wobei einige Thiere sehr grosse Unruhe zeigen (Brüllen, Stossen mit den Hörnern, Stampfen mit den Beinen). Die Fresslust ist hier aufgehoben , Durst ist vermehrt, das Wiederkauen sistirt, entweder complet, oder incomplet, die Mistentleerung ist verzögert, der abgesetzte Mist ist mit Schleim überzogen. Mitunter scheint schon hier Schmerzhaftigkeit im Hinterleibe zu bestehen. Der Puls ist auf 60—80 Schläge vermehrt.
2—3 Tage nach diesem Prodromalstadium treten characterist-ische Symptome hervor. Die Intensität des Fiebers steigert sich, mit ihr Mattigkeit, Traurigkeit und Abstumpfung. Die Thiere liegen deshalb viel, schwanken, wenn sie sich erheben; das Athmen wird kurz und beschleunigt; der Puls steigert sich auf 90 Schläge in der Minute ; die Hauttemperatur ist bald erhöht, bald erniedrigt. — Der Hinterleib scheint jetzt bestimmt schmerzhaft zu sein , wofür das öftere Umsehen nach der Hungergrube und bisweilen Kolikerscheinungen sprechen. Die Fresslust liegt ganz darnieder, desgleichen das Wiederkauen. Der Mist wird jetzt weich, durchfallig, mitunter blutig, und nun gelingt es zuweilen, in ihm die abgestossenen Exsudatplatten, Exsudatfetzen oder röhrige Gerinnungen aufzufinden. In den meisten Fällen stellt er aber eine trübe, flockige, höchst übelriechende Flüssigkeit dar. Derselbe wird mit Zwang und unter lebhaften Schmerzensäusserungen abgesetzt. Die Entleerung erfolgt häufig und in geringen Quantitäten. Der After wird dabei hervorgetrieben, und die hochrothe, entzündete Mastdarmschleimhaut hervorgestülpt. Bei hochgradiger Erschöpfung erfolgt die Entleerung auch im Liegen. Der After bleibt, wie gelähmt, halb offen stehen.
Das Aussehen der Kranken verfällt jetzt rasch, die Abmagerung nimmt überhand ; die Haut wird trocken, pergamentartig; das Haar glanzlos, gesträubt, verworren. Bisweilen bilden sich unter der Haut umschriebene Emphyseme. Das Fett in der Augenhöhle schwindet, deshalb sinkt das Auge tief ein; die Thränenab-sonderung vermehrt sich, und am inneren Augenwinkel findet man jetzt eine klumpige Schleimanhäufung. Die Nasenschleimhaut wird
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im weiteren Verlaufe blässer , zeigt Ecchymosirungen ; ein reichlicher , gelblicher oder blutiger, schleimiger Ausfluss tritt ein, der über das Flotzmaul herabfliesst,, und später exquisit jauchig wird. Auf der Maulschleimhaut treten diphtheritische Exsudate auf, die
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sich häufig in Gestalt einer breiigen Masse abstossen, und loslösen, worauf die Maulschleimhaut wund und leicht blutend erscheint. Das Maul ist immer mit zähem, fadenspinnendem Schleime erfüllt, der gegen das Lebensende hin röthlich und schaumig wird. Das Athmen ist beschleunigt, mühsam, die Auscultation ergiebt Rasselgeräusche über den ganzen Thorax verbreitet, doch keine Conso-nanzerscheinungen. Die Milchabsonderung ist beschränkt oder ganz aufgehoben, nur in Ausnahmefällen besteht sie bis zum Tode. Aus der Scheide fliesst zäher Schleim in Strängen ab, ihre Schleimhaut ist entzündet, und mit Exsudatfetzen bedeckt.
Tritt Genesung ein, so mindert sich der Catarrh der Maul-, Nasen- und Augenlidschleimhaut. Die Exsudate stossen sich ab, werden eliminirt, die Geschwüre heilen, der Durchfall mindert sich, und der Mist erlangt so nach und nach seine normale Beschaffenheit, unter einer reichlichen Expectoration kehren die Respirationsorgane zur Norm zurück, und die sehr abgemagerten Thiere erholen sich bald. Die Genesung tritt um so sicherer und leichter ein, je geringer die Ausdehnung und der Grad der diphtheritischen Processo auf den Schleimhäuten war. — Der Tod erfolgt unter den höchsten Graden der Erschöpfung, Zähneknirschen , unter Ausfliessen missfarbiger, übelriechender Flüssigkeiten aus den Schleimhauthöhlen und enormer Puls- und Athembeschleunigung. Bisweilen gehen dem Tode Convulsionen voraus. Sein Eintreten erfolgt zjyischen dem 4. und 11. Tage nach Ausbruch der ersten Fiebererscheinungen. Das Symptomenbild der Ruhr gleicht im Wesentlichen wohl ganz dem der Rinderpest. Ich kann freilich hier nur einen Vergleich mit der Menschenruhr geben, da ich die Ruhr bei Thieren nur einmal in dem oben erwähnten Falle beobachtete. Ueberhaupt mag dieselbe viel seltner bei Thieren sein, als in den Lehrbüchern behauptet wird. Alle dort niedergelegten Schilderungen der Ruhr bei Thieren tragen zu sehr den Character aprioristischer Folgerungen an sich, als dass sie unbedingten Glauben verdienen. Dieselben scheinen vielmehr unmittelbare Uebertragnngen aus der Menschen-in die Thierpathologie zu sein. Da, wo wirkliche Beobachtungen den Schilderungen der Thierruhr zu Grunde liegen, handelt es sich meist um acute Catarrhe der Magen- und Darmschleimhaut (Lämmerruhr), ganz besonders gilt dies von den Mittheilungen Spinola's, der geradezu unter dem Namen Ruhr den simplen acuten Magen-und Darmcatarrh vorführt.
Die Ruhr wird beim Menschen durch Fieber eingeleitet, oder was mit der minder intensiven Infection wohl zusammenfällt, durch einen scheinbar unschuldigen Durchfall, zu dem sich nur massige Kolikbeschwerden gesellen. Je häufiger sich die Durchfälle wiederholen , desto mehr steigern sich die kolikartigen Schmerzen, welche
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namentlich kurz vor jeder erneuten Darmdejection wieder eintreten. Zu den Entleerungen gesellt sich nun alsbald ein heftiger Afterzwang, der, wenn er einen gewissen Grad erreicht hat, durch Irradiation sich der Blase mittheilt. Trotz des heftigen Drängens werden nur sehr geringe Quan tität en entleert, die nicht mehr fäculent, sondern bald rein schleimig, bald rein blutig sind (daher weisse und rothe Ruhr). Zuweilen gehen harte Kothmassen ab. Unmittelbar nach der Entleerung fühlt sich der Kranke erleichtert, und hat gewöhnlich nur bei tieferem Eingreifen in den Unterleib schmerzhafte Empfindungen, aber vor und während jeder neuen Darmentleerung die heftigsten Schmerzen, so dass der Kranke laut wimmert, sich ängstlich krümmt. Derartige schmerzhafte Entleerungen können sich innerhalb 24 Stunden bis 30 Mal wiederholen.
Das begleitende Fieber hat entweder einen erethischen, synochalen, oder einen asthenischen Character. Diese Fieber-charactere entsprechen genau den oben geschilderten drei Stadien der Ruhr.
Bei leichteren Graden der Ruhr kommt es bald in Folge des beträchtlichen Eiweissverlustes, des Fiebers und der Schlaflosigkeit, zu Anämie, gedrückter Gemüthsstimmung und zum Verfall der Kräfte. Der Eiweissverlust ist hier oft ganz enorm, wodurch es erklärlich wird, dass, wenn in der Reconvalescenz durch eine gut nährende Diät diese Eiweissverluste nicht gedeckt werden, gern hydropische Erscheinungen eintreten.
Bei den höhern Graden der Ruhr ist der Tenesmus, der kolikartige Schmerz fast ununterbrochen. Die Dejoctionen enthalten sehr viel Blut, zahlreiche Flocken und Fetzen , zuweilen grössere häutige Massen. Ich beobachtete bei einem 13jährigen Knaben einen höhern Ruhrgrad, bei welchem die grössten Massen rundlicher oder elliptischer Faserstofffetzen durch viele Tage entleert wurden, die den R ö 11'sehen Exsudatplatten in der Rinderpest vollkommen glichen. Die kolikartigen Schmerzen hatten sich hier bis zu unzweifelhaften peritonitischen Erscheinungen gesteigert. Enormer Verfall der Kräfte, Tiefliegen der Augen, blasses Gesicht, blaue Augenringe, hohe Hauttemperatur, beschleunigter Puls, stetes Wimmern und Händeringen neben absolutem Appetitmangel und Brechneigung nach dem Genüsse der kleinsten Quantitäten flüssiger Nahrung waren zugegen. Die Abmagerung und Entkräftung erreichte den höchsten Grad; es trat Irrereden ein, und unter diesen Erscheinungen erfolgte der Tod fast ohne Todeskampf.
Die höchsten Grade der Ruhr, der sogenannten p u t r i d e n, septischen Form , geben vollkommen das Bild der höhern Grade der Rinderpest wieder. Wie dort nehmen sehr frühzeitig die Ausleerungen ein missfarbiges, braunrothes oder schwarzliches Ansehen
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und einen aashaften Geruch an, auch sind ihnen nicht selten grössere, schwarze, brandige Schleimhautfetzen beigemischt, wie in der Rinderpest, wo die kaffeesatzähnlichea Massen den Darm-dejectionen intensiv schwarze Farbe verliehen. Wie dort lassen Tormina und Tenesmus in den ersten Tagen nach, und an die Stelle der schmerzhaften Reizung tritt ein halb paralytischer Zustand des Sphincters, der die übelriechenden Massen direct abfliessen lässt. Diesen paralytischen Zuständen entspricht auch das Fieber. Der Puls ist klein und äusserst frequent, die Extremitäten werden kühl, der Stamm ist dagegen heiss, die Kranken collabiren , das Gesicht wird entstellt; Zunge und Zahnfleisch überziehen sich mit bräunlichen , trocknen Borken ; das Sensorium wird tief benommen, und wie bei der putriden Form der Rinderpest, gesellen sich in derartigen Fällen zu den Erscheinungen der Adynamie die einer acuten hämorrhagischen Diathese: Blutungen aus der Nase, Petechien-bildung auf den Schleimhäuten etc. Wie bei der Rinderpest können hier die Kranken auch schon in den ersten Tagen diesen schweren Symptomen erliegen.
Diese letztgeschildei te Form zeigt dieselbe hohe Gefahr für das Leben wie die putride Form der Rinderpest. Der gewöhnliche Ausgang ist der Tod. Wir begegnen den septischen Ruhrformen namentlich in belagerten Städten , in Feldlagern. Mitunter sterben Ruhrkranke an der consecutiven Peritonitis oder in Folge von Leber-abscessen. Das letztere gilt besonders für die Ruhr in den Tropengegenden.
Die asiatische Cholera.
In mancher Beziehung mit Ruhr und Rinderpest verwandt, aber dennoch sich genügend von denselben unterscheidend, namentlich in pathologisch-anatomischer Beziehung, ist die asiatische Cholera, jene gefürchtete Seuche, die erst seit 32 Jahren in Europa bekannt ist. Diese asiatische, auch morgenländische und ostindische Cholera genannt, stellt einen höchst acut verlaufenden Magen- und Darm-catarrh dar, wobei der Process eine solche Rapidität besitzt, dass Magen- und Dünndarmschleimhaut fast gänzlich ihres Epithels beraubt werden. Sie scheint ursprünglich in Ostindien, namentlich in den sumpfigen Niederungen der Gangesausflüsse einheimisch zu sein, und hat im Laufe des 18. Jahrhunderts mehrmals daselbst bedeutende Epidemieën gezeigt, meistens jedoch nur in Folge der dort geführten Kriege. Bedeutender wurde aber ihre seit d-quot;- Mitte des Jahres 1817 von Noddia nach Calcutta geschehene Verbreitung, östlich nach China und Japan, westlich nach Vorderindien , so dass sie im Jahre 1821 am persischen Meerbusen erschien, und sich von
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hier aus über Schiras an das kaspische Meer bis nach Astrachan, Orenburg und einen Theil des russischen Reichs verbreitete. Doch geschah diese Verbreitung nicht in einem stetigen Fortrücken, sondern unter längeren Pausen, Verschwinden und Wiederkehren der Krankheit. Im Jahre 1831 verbreitete sie sich, durch die Kriegsereignisse unterstützt, in Polen, und berührte im Juni desselben Jahres die Grenze von Deutschland, überzog Schlesien, einen grossen Theil der preussischen und österreichischen Monarchie, verbreitete sich nach Hamburg, erschien plötzlich mit grosser Heftigkeit in Paris und in mehreren Gegenden Englands und Amerikas, verschonte Sachsen, Baiern und die meisten südwestlichen Gegenden Deutschlands, und verschwand, wenigstens in ihren schweren Fällen und grossen Verbreitung noch im Jahre 1833. 1847 zeigte sie sich wieder in München. Aber mit den Volkserhebungen in den Jahren 1848—49 erschien sie in vielen Heerden in Deutschland , Ungarn, Polen, Italien , und hielt unter vielen Nachlässen und Verschlimmerungen bis 1851 an. Mit Beginn des orientalischen Krieges begegnen wir ihr wieder im Herbst 1853 unter den Auxiliartruppen in der Türkei, und von nun an verlässt sie den Kriegsschauplatz und dessen Umgebung nicht wieder vor dem Friedensschlüsse Ende 1856. Während dieser Zeit herrschte sie namentlich in allen grosseren Städten, ungeheure Opfer an Menschenleben fordernd. Seit 1856 schien diese gefürchtete Seuche in Euro p a zu schweigen, bis sie plötzlich mit fast unerhörter Heftigkeit an der Ostsee und ganz besonders in Mecklenburg 1859 wieder auftrat. Sie hat gegenwärtig ihre Reise um die Welt vollendet. Während der ostindischen Kriege in den Jahren 1856—57 grassirte sie mit der grössten Heftigkeit unter den Eingebornen und den englischen Truppen.
Die ansteckende Natur der Cholera ist noch nicht vollkommen erwiesen, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass die Dejectionen von Individuen, welche mit Choleragift inficirt sind, die Verbreitung der Cholera in allen , jedenfalls in den meisten Fällen vermitteln.
Die Verhältnisse, welche einen erneuten Seucheausbruch veranlassen , sind allerdings in ein tiefes Dunkel gehüllt. Es schien fast, als ob politische Bewegungen und die durch sie vermittelte Aufregung der Psyche — der psychologische Zeitcharacter — hier nicht ohne Einfluss wären. So erinnere ich nur an die Revolutionen von 1830—32undvon 1848—49, sowie an den orientalischen Krieg. Aber andernseits darf doch nicht geleugnet werden, dass die Cholera uns auch im tiefsten Frieden heimsuchte, wie die Bewohner des dünnbevölkerten Mecklenburg, welche im Jahre 1859 von einer furchtbar mörderischen Choleraepidemie deeimirt wurden, und andernseits darf ebensowenig verschwiegen werden, dass die ausgedehntesten
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Revolutionen, die mörderischsten Kriege jahrelang bestehen können, ohne dass sich die Cholera zeigt (z. B. der gegenwärtig geführte polnische Revolutionskrieg).
Die Verbreitung der Cholera gleicht nicht einer reinen Conta-gioiie, aber doch ist nicht zu leugnen, dass die grossen Heer- und Wasserstrassen in der Regel die Wege ihrer Ausbreitung sind. Durch das Benützen der Eisenbahnen werden derartige Beobachtungen freilich sehr erschwert. Man denke sich, dass Jemand unausgesetzt hunderte von Meilen mit der Eisenbahn zurücklegt, der bereits infi-cirt war, so wird man gar sehr geneigt sein, die an so entfernten Orten auftretende Krankheit auf Rechnung allgemein wirkender, nichtgekannter Zeitverhältnisse zu setzen, obwohl hier eine Ueber-tragung der Krankheit von Individuum zu Individuum, wenn auch nur auf indirectem Wege, stattfand. Diese mittelbare Uebertragung geschieht durch die Darmdejectionen von Individuen, welche mit Gholeragift inficirt sind. Und so scheint die Verbreitung der Cholera und der Ruhr in der That auf gleiche Weise stattzufinden. Dass aber die Ruhe nie in dieser grossartigen Verbreitung wie die Cholera auftritt, kann zunächst auf einer geringem Intensität des Ruhrgiftes beruhen. Aber auch die Wirkungssphäre des Contagiums ist bei der Ruhr eine ungleich beschränktere, als bei der Cholera. Während bei der Ruhrübertragung durch Euhrstühle ein fast unmittelbarer Contact gefordert wird, wie der gemeinsame Gebrauch Gesunder und Ruhrkranker dermitRuhrdejectionen besudelten Abtritte, Nachtstühle , Klystirspritzen, Stechbecken etc., so genügt bei der Cholera, um von ihr inficirt zu werden, schon das Benützen eines höher gelegenen , in einer andern Etage befindlichen Abtritts, auf dem zwar kein Cholerakranker sass, welcher aber eine gemeinsame Schlotte mit jenem Abort hat, den ein Cholerakranker benützte, oder in den Choleradejectionen geschüttet wurden. Auf der Höhe der Epidemie ist am Ende das Einathmen einer mephitischen Luft, die durch die flüchtigen Bestandtheile der Choleradejectionen verunreinigt wurde, zur Ansteckung ausreichend. Vielleicht reicht schon ein Spazierweg an einem Graben, Bach, Fluss hin, in welchen von Cholerakranken benützte Abtrittschlotten münden, um inficirt zu werden. Andererseits fördert wesentlich die Choleraverbreitung jener Umstand, dass viele mit Choleragift Inficirte noch tagelang ambulant sind, herumgehen, herumfahren, sogar noch weite Reisen unternehmen , da sie ausser einem massigen Durchfall kein Krankheitssymptom darbieten. Bei der Ruhr, namentlich bei den schwereren Formen, findet dieses Verhältniss meist nicht statt, im Gegentheil werden die Kranken gleich niedergeworfen, und ans Bett gefesselt, oder bestand doch im Prodromalstadium ein massiger Durchfall, der noch durch einige Zeit gestattete , dass der mit Ruhrgift Inficirte seinem
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alltäglichen Berufe nachging, so scheinen doch die catarrhalischen Dejectionen bei der Ruhr entweder von gar keiner, oder nur von sehr geringer Ansteckungsfähigkeit zu sein. Ueberhaupt dürfte dieRuhrübertragungmehr den Infectionen mit rein putriden Stoffen gleichkommen. Bei der Cholera, beim Typhus ist die Zersetzung organischer Substanzen kein wesentliches, sondern ein mehr accidentelies Moment zur Entstehung und Vermehrung der entsprechenden Gifte. Dass auch bei der Cholera die grossen Städte mit engen finstern Gassen die vorzüglichen Choleraheerde darstellen, geht nicht nur aus den jetzt geschilderten Verhältnissen hervor, da in einer solchen Stadt, wenn die Cholera in derselben wüthet, es kaum einen unverdächtigen Abort geben dürfte, sondern die eminente Zersetzung, in der sich der Boden grosser Städte befindet, scheint die Vermehrung des Choleragiftes wesentlich zu befördern. Je lockerer, poröser, imbibitionsfähiger die Bodenbeschaffenheit eines Orts ist, desto günstiger ist sie der massenhaften Ent-wickelung dieses Giftes. Und so müssen wir in der Anhäufung von Schmuz, Unrath, organischen Abfällen eine der wichtigsten „Hilfsursachenquot; der Cholera erblicken.
Dieses Haften der Cholera am Alluvium macht sie überall da heimisch, wo sie zum ersten Male auftrat. Nicht so die Rinderpest, deren Ansteckungsstoff vom Boden gar nicht oder nur wenig aufgenommen zu werden scheint, die daher durch consequente Grenzsperre vollkommen fern zu halten ist. Dasselbe gilt von der orientalischen Pest. Denn mögen die geographischen Verhältnisse im Nildelta noch so viel Theil haben an dem endemischen Herrschen der Pest in Aegypten, nach Europa übertragen blieb sie, wie die Rinderpest in den aussersüdrussischen Theilen unsers Erdtheils, immer nur ein Fremdling. Nach dem Erlöschen einer Seuche ist deshalb in beiden Fällen kein neuer Ausbruch derselben zu befürchten , so lange nicht von Neuem durch Zureisen verdächtiger Fremden, durch Einführen von Pestträgern (Rohproducte aller Art), durch Viehtriebe die Ansteckungsstoffe der Pest oder Rinderpest uns zugeführt wurden. Die an Organismen oder todten Körpern haftenden Contagien beider Krankheiten scheinen innerhalb sechs Wochen unwirksam zu werden. Dies bestimmt die Dauer der einzuhaltenden Quarantain ezeit.
Wie die Cholera bezüglich Entstehung und Verbreitung mannigfache Eigenthümlichkeiten darbietet, so gilt das weniger von dem anatomischen Befunde bei derselben. Denn keine Krankheit stützt, mit Ausscblnss der Lehre von den speeifischen Ferm ent Wirkungen, die Annahme sp eeifischer Processe im Organismus wohl weniger, als gerade die Cholera. Was in der Choleraleiche angetroffen wird, geht in einem acuten Magen- und Darmcatarrh auf, und
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was man am Cholerakranken beobachtet, sind die Zeichen dieses Zustandes und die directen und indirecten Folgen desselben.
Da in Folge der enormen Stoffverluste in der Cholera die Erschöpfung vor dem Tode eine sehr hochgradige ist, in dem stadium algidum und stadium asphycticum gleichsam nur eine vita minima besteht, so ist das Sterben aussergewöhnlich erleichtert. Es findet ein kaum merklicher Todeskampf statt, der Sterbende ist von dem Gestorbenen kaum zu unterscheiden, und daher mag es rühren, dass die Choleraleichen in der Stellung verharren, in der der Tod den Cholerakranken beschlich. Die Todtenstarre ist sehr bedeutend, die Cadaver sind wie ausgetrocknet, das Gesicht ist bis zur Unkenntlichkeit entstellt, die Augen sind eingesunken, die Augenlider welk, die freien Theile der Cornea und Sclerotica pergamentartig, die Hautdecken cyanotisch, namentlich an den Lippen und Nagelgliedern, die Haut der Finger ist runzlich, diese ähneln daher denen der Wäscherinnen. Das Unterhautbindegewebe ist trocken, die Musceln sind dunkel gefärbt. — Das Blut ist von heidelbeerartigerFarbe, und besitzt nur sparsame, weiche, schwärzliche Gerinnsel, Das vorhandene Blut ist meist im rechten Herzen angehäuft. Das Gehirn ist trocken und derb. Im Herzbeutel ist kein Serum. Die Oberfläche des Perieardiums fühlt sich klebrig an, die Musculatur des Herzens ist derb, missfarbig, roth, und die Pleurablätter sind, wie das Pevito-näum und der Herzbeutel, von einer klebrigen Substanz überzogen. Mitunter findet man dort Ecchymosen. Die Lungen sind trocken, und es mangelt jede Spur einer Hypostase oder eines Oedems in ihnen.
Der Dünndarm ist meistentheils rosenroth gefärbt, die Dünndarmschlingen sind schwappend und mit vieler Flüssigkeit erfüllt. Den Dünndarminhalt stellt eine, den Reiswasserstühlen Cholera-kranker complet gleichende Flüssigkeit dar. Sie ist farblos, und enthält ganz ungewöhnliche Mengen abgestossenen Epithels ,• die in Form weisslicherFlocken in diesem farblosen Serum suspendirt sind. Die Schleimhaut des Dünndarms ist der Sitz einer feinen und dichten Injection, welche in der Nähe der Bau hin'sehen Klappe am stärksten ist, und nach oben successive abnimmt, ein Intensitätsverhält-niss, wie wir es bereits bei der abdominalen Form des Typhus ganz an demselben Orte antrafen. Bisweilen trifft man eine Hämorrhagie theils in die Substanz des Gewebes, theils auf die freie Oberfläche der Schleimhaut. Mitunter ist die Dünndarmschleimhaut bleich, vielleicht verschwand die pathologische Röthung hier erst nach dem Tode, wie dies bei Exanthemen die Regel ist. Die solitären wie gehäuften Drüsen sind geschwollen. Bisweilen sind die Plaques mit einem festen Exsudat erfüllt, ihre Oberfläche reticulirt. Das Wesentlichste und Constanteste aber bei dem Befunde in der Cholera-
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leiche ara Dünndarm ist die massenhafte Epithelialabstossnng. Die afficirte Darmschleimhaut ist ihrer schützenden Decke beraubt, da dieselbe fast ganz ohne Epithel ist. Mitunter ist der Epithelial-überzug nur blasenförmig abgehoben, und so hat in der That der Choleraprocess auf der Dünndarmschleimhaut Aehnlichkeit mit den Folgen der Einwirkung eines Vesicators oder siedenden Wassers auf die äussere Haut.
Der Dickdarm zeigt keine constanten Veränderungen. Der Choleraprocess scheint sich vorzüglich auf das Ileum und Duodenum zu erstrecken, denn der Leerdarm ist meist nur unbedeutend afflcirt.
Die Magenschleimhaut ist hyperämisch und ecchymotisch.
Die Leber ist von blasser Farbe, also in ihren Parenchymen anämisch, dagegen ist das heidelbeerähnliche Blut in den grossen Lebergefässen ziemlich reichlich enthalten und fliesst auf Durchschnitten träge aus denselben ab. Die Gallenblase ist fast immer mit einer reichlichen Menge Galle erfüllt, selbst ausgedehnt, ein ähnliches Verhalten wie in der Rinderpest. In beiden Fällen hindern Schwellungen des gemeinschaftlichen Gallengangs den Abfluss aus der Gallenblase. — Die Milz bietet keine constanten Veränderungen dar. Die Nieren sind in diesem Stadium der Cholera bis auf eine massige Hyperämie von normaler Beschaffenheit. Jedoch beginnt mitunter schon hier die Erkrankung der Epithelien in den Bellin'schen Röhren.
Erfolgt auf der Höhe der Erkrankung der Tod, was in der Regel bei 50 Proc. der Erkrankten auch vorkommt, so finden wir demnach im Wesentlichen:
Massenhafte Abstossung des Darmepithels; enorme Transsudationen von Blutserum in die Darmhöhle; einen acuten Magen-Dünndarmcatarrh und
Eindickung des Blutes, deshalb jene heidelbeerartige Beschaffenheit desselben.
Tritt der Tod während des sogenannten Choleratyphoids ein, d. h. unter reactiven Erscheinungen, so ist die Todtenstarre wesentlich geringer. Zähne und Zahnfleisch sind fuliginös, die Cyanose der Hautdecken mangelt gänzlich, oder ist nur in Spuren vorhanden, die Muskeln sind feuchter, und das Blut ist dünner, minder dunkel. Die Hirnhäute sind in der Regel mit einer feinen Injection versehen. Bisweilen ist ein Oedem der pia vorhanden.
Die Gehirnsubstanz ist feuchter. Das rechte Herz ist meist noch überfüllt. Innere Herzhaut und grosse Gefässe zeigen ausgebreitete Imbibitionsröthe. Die Lungen sind hier oft mit Blut überfüllt, und nicht selten Sitz von Hypostase, lobulären und lobären Pneumonieen. Der Dünndarm zeigt äusserlich noch die rosenrothe Farbe, aber sein Inhalt ist jetzt gallig gefärbt. Das Epithel der
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Dünudarmsclileimhaut ist oft restituirt, so dass manchmal kaum eine Spur des früher dagewesenen, rapid verlaufenen Catarrhs nachgewiesen werden kann; oder wir finden die Schleimhaut noch hyper-iimisch, ihre Drüsen geschwellt. In den extremen Fällen bogegnen wir hier einem diphtheritischen Process wie bei der putriden Ruhr, die Schleimhaut ist dann an mehr oder weniger umfangreichen Stellen in bräunliche Schorfe verwandelt, die bis auf das submuköse Gewebe reichen. Dieser Diphtheritis begegnen wir mitunter hier in so ausgedehnter Weise wie in der Kinderpest, nämlich gleichzeitig auf der Dickdarm-, Gallenweg-, Scheidenschleimhaut und selbst auf der änssern Haut der Genitalien und im introïtus vaginae. Die Leber und Milz zeigen blos mitunter hochgradige Blutüberfiillung. Die Nieren bieten alle Stadien einer eroupösen Nephritis dar. Die Harnblase ist mit einem eiweissreichen Urin erfüllt.
Herrscht in einer Gegend die Cholera, so leidet eine grosse Zahl der Bevölkerung derselben an Abweichen, Präcordialangst, Zittern, gedrückter Gemüthsstimraung, Unlust zur geistigen und körperlichen Arbeit. Dies ist die Wirkung der Furcht vor der Cholera , die sich mehr oder weniger aller Gemüther bemächtigt, die Zeuge der zahlreichen Opfer dieser grimmigen Seuche sind. Diese genannten Symptome der Choleraf'urcht können sich bei nervösen Personen bis zu den heftigsten Wadenkrämpfen, selbst bis zu Con-vulsionen steigern, und doch ist nicht nothwendig , dass diese Individuen vom Choleragifte inficirt sind.
Die Incubationszeit ist verschieden angegeben, bis auf 3, selbst auf 14 Tage, doch ist die letztere Dauer gewiss zu hoch ge-grifTen. Der Anfall beginnt mit reichlichen Darmdejectionen, denen kein Tenesmus folgt, die aber eben so wenig von Kolikschmerzen begleitet sind. Die Ausleerungen sind auffallend copiös, folgen sich rasch aufeinander, und sind färb- und geruchlos. Diese C h o -leradiarrhoeen weichen den gewöhnlichen Hausmitteln und Opiaten nicht; sie gestatten dem Kranken noch herumzugehen, seine Alltagsgeschäfte zu verrichten, und sind deshalb die vorzüglichsten Quellen der Choleraverschleppung. Aus ihnen entwickeln sich die schwersten Formen der Krankheit oft so schnell, dass Patienten, die noch vor Stunden anscheinend an einem unbedeutenden Durchfall litten, nach 12, 6 Stunden, ja nach einer noch kürzeren Frist, schon asphyktisch und cyanotisch beim nachraquo; sten Besuch des Arztes angetroffen werden. Sowie die Durchfälle eine ernstere Bedeutung gewinnen, tritt Erbrechen ein. Anfänglich wird Mageninhalt und Galle entleert, später ist das Erbrochene wenig oder gar nicht von Gallen farbsto ff gefärbt, und die Beschaffenheit desselben nimmt immer mehr das Aussehen der so gefürchteten Reiswasserstühle an. Es ist, als ob die
Gleisberg, vergleichende PatUulugie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 5
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gßnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Infectionskrankheiten.
Gefässe des Magens und Darms alle Fähigkeit verloren hätten, das Blutwasser zurück zu halten , und gewiss wird diese exosmotische Strömung mächtig durch den Epithelialverlust der Magen- und Darmschleimhaut gefördert. Diesem Zustande entspricht der nicht zu stillende Durst, der jähe Collaps, das Sinken der Kräfte, die Paresis der Herzmusculatur, in Folge dessen die mangelhafte Füllung der Körpercapillaren und die Anhäufung des Blutes in den Venen und in dem rechten Herzen eintreten. Je mehr durch die bedeutenden Wasserverluste das Blut eindickt, um so weniger ist es geeignet, die Haargefässe zu passiren, deshalb die Marmorkälte der Glieder, die Cyanose im Gesicht, an den Fingern und Zehen. Die Entfärbung der Darmdejectionen hängt theils mit der enormen Verdünnung des Entleerten, theils mit einer beschränkten Gallenausscheidung, durch die Anämie der Leber hervorgerufen, zusammen. Der Puls zeigt trotz der heftigen Erscheinungen keine Beschleunigung, er ist debil, selten, aussetzend. Heftige Wadenkrämpfe treten jetzt mitunter ein, die minutenlang anhalten.
Tritt in diesem Stadium die Genesung ein, so werden die Ausleerungen seltener, minder copiös, und erscheinen wieder gallig gefärbt. In den häufigeren Fällen geht jedoch dieses Cholerastadium unmittelbar oder nach einer kürzeren oder längeren Pause, nach erneuton reichlichen Darmdejectionen in das asphyktische Stadium über. Die Marmorkälte der Haut erstreckt sich jetzt nicht blos auf die Endglieder, sondern nähert sich immer mehr und mehr dem Stamme. Die Cyanose nimmt überhand, der Verfall der Gesichtszüge steigert .sich bis zur Unkenntlichkeit, der Eadialpuls wird unfühlbar, der Herzschlag ist kaum fühlbar, der erste Arterienton schwindet ganz, der zweite Arterienton wird schwach, oft kaum vernehmbar, ausser-ordentlich selten. Dasselbe gilt von den Kammertönen. Die Stimme wird heiser, matt (vox cholerica), der Kräfteverfall so gross, dass die Kranken sich nicht ohne Hülfe zu wenden vermögen. Erbrechen und Durchfall sistiren, wenn kein Getränk, keine Nahrung aufgenommen wird , treten aber sofort wieder ein , sobald nur das Geringste genossen wurde. Die Wadenkrämpfe werden jetzt auffällig schmerzhaft, eine grosse Angst und Beklemmung stellt sich ein. Die lieptilienkälte verbreitet sich jetzt über den ganzen Körper (stadium algidum). Obwohl Schwarzwerden vor den Augen , Ohrensausen, Schwindelgeklagt wird, so ist doch dasBewusstsein ungetrübt.
Alle diese Erscheinungen lassen sich durch Bluteindickung in Folge der enormen Wasserverluste erklären. Ausgenommen scheinen nur die Cholerafälle zu sein, die nach wenig Stunden schon zum Stadium algidum führten. Vielleicht liegt hier eine directere Wirkung des Choleragiftes auf das Nervensystem vor. Soviel steht aber fest, dass das Blut in diesem Stadium eine förmliche Gier zeigt, seine
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Wasserverluste zu decken, wie der O ppolzer'sche Fall beweist, wo ein grosses pleuritisches Exsudat, welches vor dem Choleraausbrueh bestand, hier innerhalb Stunden vollständig verschwand. Oasselbe gilt von nässenden Ausschlägen, die hier complet verschwinden. Gleichzeitig sistiren auch die physiologischen Absonderungen, wie die des Speichels , der Thränen, der Milch , vor Allem aber die Urinabsonderung.
Das stadium asphycticum dauert 6,12 bis 24 Stunden und wohl nie länger als zwei Tage. Vor dem Tode hören die Ausleerungen in Folge von Lähmung des Darmcanals auf. Die Agonie ist kurz und hier fehlt, was sonst nur bei den fulminirenden Apoplexieen mangelt, und deshalb ganz characteristisch ist, das Tracheairasseln der Sterbenden. Bei den günstig verlaufenden Formen kehrt auch hier allmälig mit dem Einströmen eines dünnern , sauerstoffreichern Blutes in die Capillaren, die Körperwärme und der Puls zurück. Das aufgenommene Getränk bleibt, und der Turgor der Haut kehrt wieder. Die reactiven Symptome beginnen mitunter mit einer Entleerung, die entschieden gallig gefärbt ist, und einen prononcirten Faecal-geruch besitzt. Urin wird jetzt wieder gelassen, er ist in der Eegel eiweisshaltig. Bisweilen bleibt noch ein massiger Durchfall zurück, der zwar mitunter die Heilung unter Entleerung übelriechender, grünlich gefärbter Massen einleitet, bisweilen bleibt aber dabei der Puls klein, die Temperatur an den Extremitäten niedrig, und der Kranke läuft grosse Gefahr, unter Eecrudescenz des Brechdurchfalls nachträglieh noch zu Grunde zu gehen. Sehr oft geht die unvollständige Reaction in das Choluratyphoid über.
Mitunter schlagt, wie bei den comitirten Fiebern das stadium algidum plötzlich in das entgegengesetzte Extrem um. Die Hauttemperatur erreicht sehr hohe Grade, die Gesichtshaut und die Schleimhäute röthen sich, der Puls wird gross, voll und sehr beschleunigt. Dieser Zustand von Orgasmus geht unmerklich in's Choleratyphoid über. DieU rsach e des Choleratyphoids ist noch nicht genügend ermittelt, denn obwohl es sich nur den schweren Choleraformen an-sehliesst, so wird es doch nicht ausschliesslich von der Hochgradigkeit des Processes hervorgerufen, da die extremsten Fälle von asphyc-tischer Cholera sehr oft ohne Choleratyphoid in eine, wenn auch noch so protrahirte Rcconvalescenz übergehen. Auf jeden Fall fällt es mit Ernährungsstörungen im Gehirn zusammen, die bei einer gewissen Dauer des algiden Stadiums, bei welchem der Stoffwechsel in den Nervencentren durch die mangelhafte Capillarfülle innerhalb Stunden, selbst eines vollen Tages gehemmt, selbst temporär aufgehoben war, nicht wohl ausbleiben können.
Von der gestörten Capillarcirculation und der hochgradigen Venensfaso hängt auch grossentheils das Auftreten der eroupösen
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(j(Jnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Infectionskranklieiten.
Nephritis in und nach dem asphyctischen Stadium ab. Erreicht dieselbe einen höhern Grad, sistirt die Urinahsonderung oder ist dieselbe äusserst gering, und treten hierbei schwere Kopfsymptome auf, so ist auf eine urämische Intoxication zu sehliessen. Demnach ist die Ursache des Choleratyphoids nicht immer ein und dieselbe. Beide Ursachen können zugegen sein , doch deckt die Urämie nur in den seitenston Fällen das Choleratyphoid vollkommen, da oft zwei Tage lang nach dem asphyctischen Stadium reichlich Urin gelassen wird, und trotzdem tritt das Choleratyphoid ein. Die Symptome desselben gleichen denen eines schweren Typhus: Betäubung, bedeutende Muskelschwäche, hohe Hauttemperaturen, bisweilen sogar doppel-schlägiger Puls, werden beobachtet. Mitunter sind Durchfälle vorhanden. — Bei Diphtheritis der Darm Schleimhaut gesellen sich hier zu den Zeichen des Typhoids noch die der Ruhr. Lobuläre und lobäre Pneumonieen veranlassen bei dem schweren Betäubungsfieber begreiflicherweise keine subjeetiven Symptome. Die Fälle sind nicht ganz selten, wro trotz des erschöpfenden Fiebers nachweisbare Läsionen weder im Leben noch in der Leiche bestanden.
Das Choleraexanthem scheint ein Kunstproduct zu sein.
Die Cholera kommt bei T liieren nicht vor. Obwohl Spi-nola versichert, dass in Jahren, wo grössere Choleraepidemieen unter den Menschen herrschen, Brechruhr mit epizootischer Verbreitung unter den Thieren vorkäme, so steht er doch mit dieser Behauptung ganz vereinzelt da. Während der mörderischen Cholera-epidemie 1849—50, die ich in Böhmen erlebte, wurde allerdings unter den Hühnern, Gänsen, Enten, Truthühnern ein jähes Dahinsterben beobachtet. Die Thiere gingen entweder ganz unerwartet zu Grunde, indem plötzlich ohne alle Vorboten dieselben kurzathmig wurden, mit den Flügeln schlugen, sich erbrachen, oder Blutabgang aus der Cloake darboten, hinstürzten, und unter heftigen Krämpfen verendeten, oder es gingen einige Stunden die Zeichen grosser Mattigkeit, verminderter oder aufgehobener Fresslust, Sträuben des Gefieders voran; die Kämme und Kehllappen der Hühner wurden bläulich , am Körper entwickelten sich rothe, violette Fiecke, der Tod erfolgte dann innerhalb weniger Stunden unter den Erscheinungen der grössten Erschöpfung. Ausser einer dunkeln Beschaffenheit des Blutes und dessen mangelnder Gerinnbarkeit, Ecchymosen auf den .Schleimhäuten des Darms, Eileiters, des Bauchfells, bot die Section nichts Nennenswerthes.
Die Lungenseuche
kommt selten sporadisch, gewöhnlich seuchenartig unter dem Rindvieh vor. Einmal an einem Orte eingenistet, ist sie schwer ganz zu tilgen, daher ihr endemisches Auftreten.
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Die Lnngenseuclie.
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Sie stellt eine interstitielle Pneumonie dar, zu welcher der Bau der Rinderlunge ganz vorzüglich disponirt, da hier das interstitielle Bindegewebe, was die einzelnen Lungenläppchen miteinander vereinigt, eine ungewöhnlich massenhafte Entwickelung zeigt.
Der Process entwickelt sich in der Kegel in der Miïte einer oder beider Lungen. Das interstitielle Gewebe ist hier blutreich und serös infiltrirt. Dadurch werden weissgelbliche Streifen gebildet, die bisweilen blutstreifig sind, und die einzelnen lobuli umgrenzen, deren Zellen gewöhnlich etwas Serum enthalten, was über die Schnittfläche hervorquillt. Nur selten treten in ihnen, wie in der croupösen Pneumonie des Menschen und der Pferde, FaserstofTgeräm-sel auf. Wie bei jener Pneumonie betheiligt sich auch hier gewöhnlich das Lungenfell, wenn der Process sich unmittelbar unter ihm entwickelt. Die Pleura ist auch hier getrübt, mit dünnen faserstoffigen Gerinnungen beschlagen, und der subseröse Zellstoff zeigt eine ähnliche Beschaffenheit wie das interlobuläre Bindegewebe, ist von grauweisser Farbe, mehr oder weniger derb, faserstofi'ig infiltrirt. Je weiter nun der Process umsichgreift, je mehr nimmt die faserstoffige Infiltration in dem Zwischenläppchenbindegewebe überhand. Das vordem mehr gallertige Infiltrat verliert seine grauweisse Farbe, wird nun graugelb, selbst hochgelb und vertauscht seine geringe Consistenz mit einer derben, käsig-brüchigen. Hierdurch und durch eine gleichzeitige Wucherung des Bindegewebes verdicken sich die interlobulären Streifen, besonders an jenen Stellen, wo mehrere kleinere Lungenläppchen sich zu einem mittleren Lungenläppchen vereinigen, bis auf 3 bis 4quot; Dicke, während jene zwischen den kleineren Läppchen gelegenen 1 bis 2'quot; breit sind. Au feinem Durchschnitte hat die Lunge ein exquisit marmorirtes Aussehen. Grau gelbe, liniendicke Adern umgrenzen die hy-perämischen Lungenläppchen, welche blaurot he Felder darstellen. Das Innere der Lungenzellen ist nur selten mit Serum oder Croupgerinnseln erfüllt; meist sind sie bis zur Luftleere comprimirt. Das Gewicht der Lunge steigert sich durch diese immense Wucherung des interlobulären Bindegewebes, wie durch die massenhaften Faserstoffdepots, bis auf 20, selbst 30 Pfund. Die feinern Bronchien betheiligen sich gewöhnlich nicht bei diesem Processe, jedoch trifft man nicht so selten trotz der gegentheiligen Behauptung AV obers die feinern Bronchien mit Croupgerinnseln erfüllt. In der Regel findet man ein entzündliches pleuritisches Exsudat auf beiden Blät-tei-n der Pleura der entsprechenden Seite vor, und im Cavum eine verschiedene Menge seröser Flüssigkeit angehäuft, welcher Faserstoffin den wechselndsten Mengen bald in Form hautartiger Gerinnungen, bald in Klumpen-, Flockenform beigemischt ist.
Der Verlauf der ernährenden Lunnrensrefässe ist in dem inter-
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70nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Infecfionskraukheiten.
raquo;titiellen Bindegewebe. Da bei der Lungenseuche eine so enorme Faserstoff'bildung in diesem Gewebe stattfindet, wobei das Bindegewebe selbst sich noch ungewöhnlich vermehrt zeigt, so kann die Anschwellung desselben, da einer Ausdehnung der Lunge sehr enge Grenzen gesetzt sind, nur auf Kosten der Ausdehnung der Lungen-läppchen und der ernährenden Gefässe geschehen. Der anhaltende Druck, den die Bronchialgefässe des interstitiellen Bindegewebes liier erleiden, führt zu Ernährungsstörungen desselben , und so kommt es bisweilen hier zu einer completen Soquesterbildnng. Grosse Abschnitte des Lungengewebes lösen sich von der Umgebung ab, und stecken gleichsam in einer Höhle, welche von infiltrirtem , mit der übrigen Lunge noch in Zusammenhang stehendem Lungenparenchym gebildet wird.
Die Schicksale der interlobulären Faserstoffexsudate sind dieselben wie die der obdurirenden Faserstoffpfröpfchen in der croupösen Pneumonie des Menschen und der Einhufer. Entweder tritt Resorption des Exsudats und Wiederausdehnung der comprimirten Lungenzellen ein, die seltneren Falle, oder die Bindegewebswucher-ung schreitet fort, durch Druck von dieser Seite auf die Gefässe mindert sich die Hyperämie , die Exsudate gerathon mehr weniger ganz aussei- Zusammenhang mit dem eirculirenden Blute, die Lun-genlnppchen werden anämisch, das Exsudat verfettet, verkreidet, oder der Character des Processes bleibt mehr ein reactiver, dann tritt Eiterung ein, die vom hyperplastischen Bindegowebe ausgeht. Der Eiter löst grössere oder kleinere Stücken des Lungengewebes ab, die von Eiter umspült in Höhlen angetroifen werden, welche ein schwieliges Gewebe begrenzt. Diese sequestrirten Lungenstücke sind entweder wenig verändert, oder im Begriff fauliger Zersetzung. Kommt es bei der Lungenseuche zur Thrombose grösserer Zweige der arteria broneMalis, so tritt nicht selten Lungengangrän ein. Die Lungenvereiterung verträgt sich, wenn sie gewisse Grenzen einhält, mit dem Fortbestehen des Lebens, und so findet man oft lange Zeit nach Ablauf dieser Krankheit jene Abscesse mit eingedicktem Eiter und geschrumpften Lnngenresten vor. Grosse pleuritische Exsudate vermehren die Gefahr für das Leben der Thiere begreiflicherweise sehr. Die unvollständige Resorption der gesetzten Exsudate ist bei dem Ausgange in Wiedergenesung die Norm. Alte Eiterdepots, Bindegewebsindurationen, Verwachsungen beider Pleu-rablätter werden in der Regel in den Cadavern oder in geschlachteten Thieren angetroffen, die früher an Lungenseuche litten. —
Geschichtlich lässt sich die Lungenseuche bis in die ältesten Zeiten mit Sicherheit nicht verfolgen, nur die neuere Zeit liefert un-zweifelhafte Belege für ihr Auftreten, sowie für ihre verderblichen Folgen. Nach Spinola erschien die Lungenseuche schon im vori-
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Die Lungenseucho.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;71
gen Jahrhundert in verschiedenen Ländern Europas, namentlich soll es Deutschland und die Schweiz gewesen sein, wo sie sich am meisten zeigte, so in Schwaben und einigen schweizerischen Cantonen im Jahre 1727, und namentlich im letzteren Lande hätte sie 1743, nach AVirth schon 1713 und 1714 sehr ausgedehnt grassirt. Zu Anfang dieses Jahrhunderts trat sie in dem viehrsichen Holland auf, und erst in den letzten Decenniën hat sie England heimgesucht, wohin sie durch holländisches Vieh verschleppt wurde. Frankreich kannte, nach Spinola, diese Seuche schon im vorigen Jahrhundert (1765); Polen und Russland sollen sie erst durch Einschleppung von Deutschland aus erhalten haben. Soviel scheint jedoch fest zu stehen, dass Russland am wenigsten unter dieser Seuche zu leiden hat, und selbst in den viehreichen Steppen des südöstlichen Russ-lands ist diese Krankheit eine sehr seltene Erscheinung. Spinola erachtet das Steppenvieh für wenig oder gar nicht zur Lungenseuche disponirt, vielleicht, dass die in jenen Gegenden heimische Rinderpost , gleich vielen anderen Seuchen, einen exlusiven Character bewahrt , und so die Lungenseuche verdrängt. Auch das ungarische Steppenvieh seheint eine Immunität für die Lungenseuche zu besitzen. Nach Sachsen, Preussen etc. fällt ihr Auftreten ganz vorzüglich mit der Einführung von fremdem Zuchtvieh (Allgauer, Oklenburger, Holländer Race) zusammen, und so liegt bei dem unzweifelhaft contagiösen Character der Krankheit und der historischen Neuheit derselben in jenen Gegenden die Annahme einer Entstellung durch Einschleppung sehr nahe. — Nach Südafrika wurde die Lungenseuche durch einen aus Holland importirten Zuchtstier eingeschleppt.
, Die Verluste, welche durch diese Krankheit hervorgerufen werden, sind sehr bedeutend; so hat Holland von Anfang bis zu Ende der 40er Jahre allein 64,000 Stück eingebüsst. Nach den Berichten der französischen Commission haben 217 Gemeinden im Departement du Nord während 19 Jahren einen auf 52 Millionen Franc zu schätzenden Verlust an Rindvieh durch diese Seuche erfahren. Nicht viel unbedeutendere Verluste erfuhren Preussen (besonders die Mark), Belgien etc. (s. Spinola, Specielle Path, und Therapie der Hausthiere).
Die Lungenseuche ist unzweifelhaft ansteckender Natur. Die Ansteckung geschieht theils durch flüchtige, theils durch feste Träger, wie die Impfungen mit Blut, Eiter, Exsrudat, Speichel etc. lungen-seuchekranker Thiere erwiesen haben. So viel auch von der Selbstentwickelung der Lungenseuche in unsern Gegenden gesprochen wurde, so viel man auch hier iSchädlichkeiten, welche aus Missver-luiltnissen der Fütterung, Witterung, des Gebrauchs und der Pflege hervorgehen , als Entstehungsursache der Lungenseuche aufführen
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mag, Niemand hat bis jetzt den endgültigen Beweis geführt, dasraquo; die Lungenseuehe bei uns spontan sich entwickele. Und auch in Italien, in der Schweiz, in Frankreich, in Belgien überwiegen in der Lehre von der Lungenseuche die Contagionisten entschieden die Nichtcontagionisten unter den Thierärzten. Allerdings muss die Vorstellung einer contagiösen Pneumonie für einen Menschenarzt etwas sehr Eigenthiimliches haben, jedoch steht diese Krankheit nicht so ganz isolirt da. Man denke an das Erysipelas, was bezüglich seines Verlaufes, seines Typus, seines spontanen Schwindens so recht das Bild der Pneumonie auf' der äussern Haut wiedergiebt; man denke ferner an jene entzündlichen Wassersuchten, die bei den gefährlicheren Erysipelasformen im Unterhautzellgewebe vorkommen,, so wird man nicht leugnen, dass eine grosse Analogie zwischen den Vorgängen in der Haut und dem Unterhautzellgewebe bei manchen Rosen einerseits, und dem Processe in dem Zwischenbindegewebe der Lunge lungenseuchekranker Rinder andernseits bestehe. In beiden Fällen haben wir irritative Vorgänge diffuser Natur in der Biu-degewebssubstanz, vulgo Bindegewebsentzündung. Die unzweifelhaft ansteckende Form des Erysipelas ist der Scharlach, aber auch manche Afterrosen, die sich zu Verwundungen gesellen, zeigen in überfüllten Spitälern eine solche Verbreitung, dass die Annahme einer Mittheilung durch Ansteckung wenigstens nicht als Absurdum zurückzuweisen ist.
Ausserdem ist es gewiss ganz irrig, bei contagiösen Processen specifische Vorgänge im Körper anzunehmen, denen sonst im gesunden wie anderweit erkrankten Thierkörper nichts entspräche. Man denke hier nur an die Blattern, bei welchen wir den alltäglichsten Vorgang einer Hyperämie, Exsudation und Eiterbildung des Papil-larkörpers vor uns haben, nur in ungewöhnlicher Ausdehnung auf eine grosse Zahl discreter Heerde sich erstreckend. Und trotzdem ist wohl Niemandem, mit Ausschluss Harn mernj k's, bis jetzt 4er Gedanke gekommen, die Pocken für nicht ansteckend zu erklären.
Im Wesentlichen ist demnach die Lungenseuche derRinder eine diffuse Z e llge we bs entz ün d un g deraquo; interlobulären Lungengewebes. DieProducte derselben, das Blut der erkrankten Thiere und dessen Derivate (Speichel, Schleim, Schweiss etc.) besitzen die Fähigkeit, auf andere, noch gesunde Thiere übertragen, denselben Process zu erregen. Ein einmaliges üeberstehen dieses Zu Standes schützt meist vor dem Wiederbefallen werden. Jedoch ist hierbei nicht noth wendig, dass der Process allernal im Zellgewebe der Lunge verlaufe, vielmehr haben die Impf un gen bei der Lungenseuehe erwiesen, dass, ob-
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Die Lunger.senche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;73
wohl hier der Process nur im Bin de ge webe der Haut und der Unterhaut vor sich geht, dennoch die geimpften Stückein den allermeisten Fällen vor jeder weitern Ansteckung mit Lungenseuchecontagium befreit blieben.
Hieraus erhellt die Analogie der Lungenseuche mit den Pocken, die, jener gleich , durch ein Contagium entstehen , am Bindegewebe verlaufen, ebenfalls Reizungsvorgänge darstellen (Hyperämie, Exsn-dation, Eiterung), und das betreffende Individuum in der Form der Variola meist nur einmal befallen.
Die Lungenseuche entwickelt sich unmerklich. Nacli einer Incubationszeit, deren Dauer sehr schwankend ist, beginnt ein trockner Husten sich einzustellen. Dabei ist das Tliier fieberlos, und zeigt sich nur während der Hustenanfalle, die in immer kürzeren Intervallen und immer heftiger wiederkehren , merklich irritirt. Der Husten geschieht stossweise, wobei der Rücken der Thiere aiif-gekrümmt wird, und sich das Athmen merklich erschwert zeigt. Der Brustkorb wird empfindlich, Fresslust und Milchabsonderung vermindern sieh, das Haar wird ranh, glanzlos, die Ernährung sinkt mitunter jetzt schon, und aus der Nase fiiesst eine schmierige, wasserhelle Flüssigkeit. Die Auscultation ergiebt in diesem ersten, fieberlosen Zeitraum ziemlich früh, namentlich hinter den Schulterblättern , bronchiales Athmen bald mit, bald ohne bronchiales Rasseln.
Das fieberhafte Stadium tritt bei dieser Krankheit 8 bis 14 Tage nach dem ersten Auftreten von Krankheitssymptomen ein. Die Erscheinungen sind die eines entzündlichen Reizfiebers, dessen Grad durch individuelle Verhältnisse, ganz besonders aber durch die Ausdehnung der anatomischen Störung bestimmt ist. Der Puls steigt auf 60 bis 70 Schläge, das Flotzmaul ist trocken, Ohren und Endgliedmassen sind bald heiss, bald kühl, die Fresslust und das Wiederkauen verlieren sich vollständig. Die Mistentleerung geschieht seltner und in Form dunkler, fester Ballen. Das Athmen wird ausserordentlich mühsam, geschieht mit gestrecktem Hals, aufgesperrten Nasenflügeln , stark nach auswärts gekehrten Ellenbogen und auffälligem Flankenschlagen. Der Nasenausfluss ist wechselnd, oft eitrig schleimig oder blutstriemig, mitunter missfarbig. Die Schmerzhaftigkeit des Brustkastens hat zugenommen, der Husten ist bald seltener, bald häufiger, stellt sich namentlich nach der Getränkaufnahme ein, und ist dumpf und klanglos.
Die Auscultation und Percussion lässt bei vorgeschrittener Abmagerung, die hier niemals fehlt, sehr eclatante Untersuchungsresultate gewinnen. Bald gelingt es, grosse pleuritische Exsudate nachzuweisen. Wichtig ist hier, wenn ein solches linkseitig auftritt, die
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Infectionskran kheiten.
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Dislocation des Herzens nach rechts, während links von oben bis unten, von hinten bis vorn, Schenkelton bei der Percussion der Brastwand angetroffen wird. Bei grossen rechtseitigen pleuritischen Ergüssen findet man linkerseits einen sehr verbreiterten Herzschlag, durch eine appressio cordis vermittelt; rechts, wie im vorigen Falle links, weitverbreiteten Schenkelton und einen absoluten Mangel jedes A thmungsgeräusc hes.
Treten die pleuritischen Erscheinungen mehr in den Hintergrund, so ergiebt die Percussion, soweit Infiltrationen mitfaser-atoffigem Exsudat und Compression der Lungenläppchen bestehen, einen leer-tympanitischen Schall und dem entsprechend hohes Bron-chialathmen. Rasselgeräusche kommen seltner zu Anfange und auf der Höhe der Krankheit vor, werden dagegen später angetroffen. Bei Sequestration von Lungenstücken und nachfolgender Cavernen-bildung findet man , wenn die gebildeten Höhlen der Brustwand unmittelbar anliegen, mit einem nicht verstopften Bronchus coramuni-ciren, und ausserdem nicht allzu klein sind, amphorisches Athmen und den Ton des gesprungenen Topfes.
Hat die Lungenseuche ihre Höhe erreicht, dann schreitet sie meist unaufhaltsam dem Tode zu. Das Athmen wirdausserordentlich beschwerlich, die ausgeathmete Luft wird übelriechend, der Husten häufiger, die Augenlidspalte und die Nasenlöcher sind mit eitrigem Schleim verklebt. Die Haut ist ohne allen Turgor, pergamentartig, trocken, das Haar matt, glanzlos; der Puls wird äusserst frequent, klein und schwach, der Herzschlag pochend. Die höchsten Grade der Erschöpfung treten ein. Das Thier ist so abgestumpft, dass es die Application des Glüheisens, der Moxen ruhig geschehen lässt. Die Abmagerung hat jetzt den höchsten Grad erreicht. Bisweilen tritt Oedem der Füsse, der Brusthaut ein. Sowie die Thiere sich nicht, mehr auf den Fassen zu erhalten vermögen, erfolgt der Tod steckflüssig, 14 Tage bis 3 -Wochen nach Eintritt des Fiebers, so dass die gewöhnliche Verlaufsdauer 4 bis 5 Wochen ist. Bei jüngeren und gutgenährteu Thieren verläuft die Krankheit schneller und stürmischer, als bei alten und abgemagerten. In Ausnahmsfällen hat man eine Dauer von zwei, selbst drei Monaten beobachtet. Vollständige Genesung tritt nur bei der Minderzahl der befallenen Stücke ein, und unter allraäliger Abnahme der Krankheitserscheinun-lt;ren erfolgt Wiedergenesung. Unvollständige Genesung ist der häufigere Ausgang, indem Bindegewobsinduration, Verwachsung der Lunge mit dem Rippenfell, persistirende Eiterheerde, pleuritische Exsudate, dauernde Kurzathmigkeit bedingen, wobei Ernährung und Kräftestand sich wesentlich verringert zeigen. ' Aber häufig erfolgt der Tod durch Erstickung in Folge der bedeutenden Ausdehnung lt;ler anatomischen Störungen, oder er Wurde durch eine Anämie her-
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Contagiöse Exanthcme.
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vorgerufen, die so massenhafte Verluste an Faserstoff und an Eiweiss, welche das Blut hier erfuhr, nach sich ziehen rausste. Der gewöhnliche Verlust durch Tod beträgt 30 Proc.
Wenden wir uns nun zu den fieberhaften
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contagiösen Exanthemen,
so finden wir in vergleichend pathologischer Beziehung das Terrain hier ziemlich eng begrenzt, da Masern und Scharlach nur dem Menschen zukommen, und bios die Menschenpocke unter den Thieren in ('er Kuh- und Schafpocke Repräsentanten besitzt. Ungleich seltener und meist ganz local beschränkt, werden die Pocken auch bei Schweinen, Hunden und Ziegen angetroffen.
Zwar hat Spinola das Vorkommen des Scharlachs und der Masern bei den Haussäugethieren a. a. 0. behauptet. Alles, was er dort mittheilt, trägt so den Character einer unmittelbaren Uebertragung #9632;#9632;\cr Beschreibung dieser fieberhaften Exantheme aus irgend einem Lelirbuche der speciellen Pathologie des Menschen in die Thier-pathologie an sich, dass die dort gelieferten Beschreibungen der Masern und des Scharlachs der Thiere nur den Werth hohler Muth-maassungen, wenn nicht gar blosser Erdichtungen haben. Sagt doch Spinola selbst, die Masern wären „übrigens eine selten vorkommende (von mehreren Seiten sogar in Zweifel gezogene) Krankheit, und bis jetzt vorzugsweise nur bei Schweinen, Schafen und Hunden (von mir) beobachtet; wahrscheinlich aber kommen sie bei allen un-sem Haussäugethieren vor.quot; Wie es aber Spinola möglich war, auf der dunkel pigmentirten, dichtbehaarten Haut des Hundes die Maserfleckchen zu sehen, wie es ihm gelang, das Changiren der Flecke aus dem Blassrothen in's Hochrothe und dann in's Braunrothe wahrzunehmen, ist wenigstens mir, — und wahrscheinlich noch ïnanchen Andern — ganz unerklärlich. Ja er rehabilitirt sogar an liieser Stelle die Theorie von den specifischen Gerüchen der Hautausschläge , indem er einen eigenthümlichen Geruch der Hautaus-ilünstung bei den Morbillen der Thiere wahrgenommen haben will. Gleichsam sich entschuldigend fügt er am Schlüsse seines Capitels hinzu , dass die von ihm beobachteten Masernfälle sämmtlich junge Hunde mit weissem und gelbem Haar betrafen. Nun will ich zwar keineswegs bezweifeln, dass Spinola bei diesen jungen Hunden Stippchenexantheme beobachtete , aber die Berechtigung, dieselben Masern zu nennen, und sie wohl gar mit den Masern des Menschen •xu identificiren, mag Spinola selbst nachweisen. Ich sehe, um nicht zu ermüden, von joder weiteren Discussion darüber ab.
Die Beschreibung des Scharlachs, welche Spinola liefert, be-/ioht sich besonders auf die Darstelluiio' eines sogenannten Enan-
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7(3nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Infectionskrankheiten.
t h e m s. Hier sollen, nachdem einige Tage Fieberbewegungeu und eine Trübung des Allgemeinbefindens bestand, unter Schlingbeschwerden, auf der Nasen- und Mundschleimhaut rothe, unregel-mässig geformte Flecke ausbrechen, die alsbald confluiren, und beiden Schleimhäuten ein intensiv himbeersaftähnliches Ansehen verleihen. Besonders soll die Zunge Scharlachrothe zeigen. Ferner wird versichert, dass die an der Haut vor sich gehenden Veränderungen zwar für das Auge nicht wahrnehmbar wären, sich aber dem Gefühle insofern erkennbar machten, als die Haut vermehrt warm sich anföhley und das Haar am Rumpfe theilweise oder mehr allgemein aufgerichtet, wie aufgebürstet, erscheine. Nach einem Bestehen von drei bis fünf Tagen soll En- undExanthem verschwinden und eine Abschup-pung und Abschälung der Oberhaut beginnen, die besonders an den Lippen und der Nase hervortreten. Am Schlüsse dieses Abschnitts giebt er die Versicherung, dass er eine ganze Abtheilung juiig.;r Pferde unter den oben beschriebenen Zufallen erkranken sah. Statt aller hier gewiss zu fordernden genauen Casuistik giebt er bios die Versicherung, dass er das erst erkrankte Pferd nur für bräunekrank hielt, sich aber bald durch das Abweichen im Krankheitsbilde, sowie durch die nachfolgenden Krankheitsfälle überzeugte, dass er es hier mit einer Ausschlagskrankheit zu thun habe, welche er für Scharlach — warum, ist natürlich zu erörtern gar nicht nothwendig— hielt. Eigenthttmlich ist, dass er der Diphtheriten der Mund- und Nasenschleimhaut, der Scharlach Wassersucht, des Einflusses des Scharlach-exanthems auf das Nervensystem etc. etc. mit keinem Worte unter den Anomalieën des Krankheitsverlaufes erwähnt. Da der ganze Artikel berechnet zu sein scheint, den Thierärzten eine besondere Freude zu bereiten, so begreife ich nicht, warum Spinola dies nicht ganz that, und der Convulsionen , des vwrbus Brightii, der schweren Betäubungsfieber auch gedachte, die gewiss in seiner Quelle unter den Ausgängen und Complicationen des Scharlachfiebers auf-gezeiclinet waren.
Die Menschenpocke
pflanzt sich nur durch Ansteckung fort. Obgleich nur ein Pockengift existirt, so giebt es doch zweierlei Erscheinungsweisen der Pocke am Menschen, nämlich die variola und die variolois, und trotzdem, dass der erstem die schwereren, der letztern die leichteren Pockenerkrankungen entsprechen, so vermag doch die Ansteckung von einer variolois ebensowohl eine schwere variola zu erzeugen, als das von einer variola stammende Gift. Die Disposition für die Blattern ist eine ziemlich allgemeine, denn selbst in den frühern Jahrhunderten, wo es noch keine Schutzblatternimpfung gab, waren.
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Die Menschenpocke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 77
es nur Auanahrasfälle, wenn sich Individuen in dem Seuchenorte ungestraft der Ansteckung aussetzen durften. In der Regel wurde Alles von Blattern befallen, was in nähere oder entfernte Berührung mit Pockenkranken trat. Die Anlage zur Pockenerkrankuug fragt nicht nach Alter, Geschlecht, ja selbst der Fötus scheint keine absolute Immunität für die Pocken zu besitzen. In der Eegel erlischt die Disposition für diese Erkrankung nach dem einmaligen Befallenwerden, mitunter bedingt dieses aber nur eine Immunität auf eine Reihe von Jahren, jedoch zeigen sich spätere Blatterausbrüche durch eine auffällige Intensitätsabnahme aus. Das Ueberstehen der Kuh-pocke schwächt oder hebt in ähnlicher Weise die Disposition für das Blattergift im Menschenorganismus auf, wie das einmalige Befallenwerden von der wahren Blatter. — Zu gewissen Zeiten herrschen sogenannte Pockenepidemieen, jedoch kommt es gegenwärtig bei der allgemein eingeführten Schutzpockenimpfung trotzdem nur zu sehr vereinzelt dastehenden Fällen, so dass bei den sogenannten Pockenepidemieen oft kaum 1 bis 2 Proc. der Bevölkerung befallen werden. Die Form ist in der Regel die variolois, nur die Nicht- oder ohne Erfolg Geimpften werden dann von der wahren Blatter befallen. Jedoch existiren, wie schon oben angedeutet, auch hier mannigfache Ausnahmen. So beobachtete ich bei der diesjährigen Blatterepidemie bei einem zweijährigen nicht vaccinirten Mädchen keine vaj'iola, wohl aber eine variolois.
Die ersten Veränderungen an der Haut, welche man bei der Blatter wahrnimmt, sind umschriebene Hyperämieen der Haut, die genau denjenigen Stellen entsprechen, auf denen sich später die Pusteln entwickeln. Die Hyperämieen reichen durch die ganze Dicke der Lederhaut bis in das Zellgewebe abwärts, treten aber doch am stärksten am Papillarkörper hervor. Die an diesen Stellen befindlichen Papillen erscheinen ansehnlich verlängert und blutroth von den erweiterten Gefässschlingen. Ihre Epidermoidalbekleidung ist stärker erhoben, und besonders das reteMalpighi verdickt. In diesem Stadium stellen die Blattern scharf begrenzte, oben abgeflachte Knötchen dar, die noch keine Spur einer Höhle und keine Flüssigkeit enthalten, sondern vollkommen solid sind. In einem zweiten Stadium kommt es zur Exsudation, die überall da erscheint, wo siel; bisher nur Hyperämie bemerkbar machte; die früher lebhaft geröthe-ten Stellen der Lederhaut erscheinen bis in das Unterhautzellgewebe hinab jetzt weiss, von einer weichen Exsudatmasse getränkt und nur noch am Rande von einem rothen Saume begrenzt; auch die Papillen sind entfärbt. Die Zellen des rete Malpighi, von flüssigem Exsudat aufgequollen , bilden am Rande einer jeden Blatter einen dicken, ringförmigen quot;Wulst, den die meisten Beobachter für eine Pseudo-membran gehalten haben. In der Mitte aber ist ihr Zusammenhanu
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gelost, und sie schwimmen vereinzelt in der serösen Flüssigkeit, welche sich zwischen den Papillen und der Hornschieht der Epider-rnis angesammelt hat. In einem dritten Stadium wandeln sich die Bläschen in Pusteln um, indem ihr Inhalt eiterfürmig wird. Untersucht man die Blattern jetzt, so überzeugt man sich, dass der ganze vorher infiltrirte Theil der Lederhaut mit seinen Papillen durch Eiter-uug zerstört ist. Die Blattern haben eine halbkugelige gewölbte Form, und enthalten ausser Eiter auch Fetzen der abgestorbenen Gewebe. In einem vierten Stadium endlich ist die Decke der Pusteln zerrissen, ihr Inhalt ausgeflossen , und an ihrer Stelle sind offene kleine Geschwüre vorhanden, welche mit Zuriicklassung der bekannten netzförmigen Narben heilen (Bare n s prun g). Bei den milderen Formen fehlt eine Zerstörung der Cutis in ihrer ganzen Dicke entweder gänzlich, oder sie findet nur an einzelnen Stellen statt, oder nur die oberflächlichen Lagen der Cutis wurden ergriffen, dann bleiben unbedeutende, kaum merkliche Narben zurück. An andern, und zwar an den meisten Pocken findet bei den leichtern Formen eine vollständige Zertheilung der Hautentzündung statt, und es bleiben keine Narben zurück. — Der Pockennabel scheint durch die Anwesenheit eines Haarbalgs vermittelt zu sein, in dessen Umgebung dieExsndation stattfand. Bärensprung erklärt die sogenannte Nabelbildung der Pocke theils für eine Täuschung, indem der Blatterinhalt am Rande weiss und in der Mitte roth durchscheine, und erst wenn die Blatter in der Mitte auszutrocknen anfinge , entstünde die wahre Narbe.
Die verschiedenen Fockenspecies , welche man aufgestellt hat, beziehen sich entweder auf die Zahl, variolae dis er et ae, oder auf ihre räumliche Ausdehnung, z. B. , wenn dieselben zn-sammenstossen, variolae eon fluenl es; oder auf die Ent-wickelung des Processes, wenn es nicht zur Blasehenbildung kam, der Process gleichsam abortirte, variola e ver rueosae; wenn sie mit Serum gefüllt erscheinen, variolae serosae s/ve lymphatic ae', wenn sie ein hämorrhagisches Exsudat enthalten, rariolaeeruenlae; findet man sie mit Luft gefüllt, so bezeichnet man sie als variolae empkysemaiicae; enthalten sie ein missfarbiges, jauchiges Exsudat, und sind sie mit Hautbrand verbunden, so nennt man sie variolae (jangraenosae etc.
Die Pocken entwickeln sich aber auch auf den Schleimhäuten und besonders auf den mit der Haut unmittelbar zusammenhängenden, so auf der Schleimhaut des Auges, der Nase, des Mundes, des Kehlkopfs, Schlundkopfs, des Mastdarms, der Vagina. Sie bilden hier kleine Geschwüre, welche von einer stark entzündeten Schleimhaut umgeben sind.
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Die Menschenpocke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;79
Mitunter findet man in der Blatterleiehe Hyperamieen, Hämor-rhagieen und Entzündungen der verschiedensten Organe vor. Das Blut ist faserstofi'arm und dunkel, die Milz ist vergrössert, die Darmfollikel sind geschwollen.
Das Incubationsstadium ist von verschiedenei Dauer. Fand eine Impfung mit Variolagift statt, so bildet sich zwar nach einigen Tagen ein entzündetes Knötchen, aber ein allgemeiner Blatternausbruch findet hier erst dann statt, nachdem die Zeichen eines Allgemeinleidens die allgemeine Infection angezeigt haben.
Das Invasionsstadium characterisirt sich durch Fiebererscheinungen mit auffälligem Ergriffensein des Nervensystems, bedeutender Steigerung der Hauttemperatur, Pulsbeschleunigurig, Appetitmangel, Durst, retardirtem Stuhl oder Durchfalle, Schwindel, Kopfschmerz, Zittern der Glieder. Ziemlich constant beobachtei man in diesem Zeiträume neuralgische Schmerzen, besonders im Bereiche der Lendennerven. Mitunter können hier sogar Delirien eintreten. Den Kreuz- und Lendenschmerzen hat man hier eine pathognomonische Bedeutung zugeschrieben. Sie fehlen in der Kegel nicht, werden jedoch in einer nicht geringen Zahl von Fällen vom Kranken nicht hervorgehoben ; möglich, dass sie durch eine Ueberfüllung der Rückonmarksvenen oder durch eine Nieren-reiznng begründet sind. Das Fieber wächst innerhalb der Dauer dieses Prodromalstadiums unter massigen Morgenremissionen bis zum dritten Tage , wo es seine Akme erreicht. Der zu erwartende Pockenausbrueh stellt im geraden Verhältniss bezüglich Ausdehnung und Intensität zur Höhe des einleitenden Fiebers.
Das Stadium eruptionis beginnt mit Stippehenbildung auf der Gesichtshaut, die anfanglich discret stehen, aber sich rasch vermehren und endlich die ganze Gesichtshaut einnehmen. An einzelnen Stellen fliessen sie zusammen. Bleiben sie discret, so sind sie durch normale Haut von einander getrennt. Vom Gesicht aus schreitet das Exanthem auf Hals, Brust, Rücken, und amdritten Tage auf die Extremitäten über. Die Zahl der Papeln ist am Rumpfe eine geringere als wie im Gesicht, so dass confluirende Variolen nur im Gesichte vorkommen. Aus den Stippchen werden allmälig grössere, konisch abgestumpfte Knötchen, die sich schon am zweiten Tage in Bläschen verwandeln ; am dritten, vierten und fünften Tage trübt sich der Inhalt allmälig, es kommt zur Eiterbildung , und so ist die Pustclbildung vollendet.
Die Blatterentwicklung ist an den Extremitäten immer zurück gegen die der Gesichtshaut, und so kann die Blatterbildung auf' dem Gesicht schon vollendet sein , während auf' den Extremitäten noch Knötchenbildung besteht.
Die Blattereatwickclung auf den Schleimhäuten ruft sehr lästige
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30nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Infectionskrankheiten.
Erscheinungen hervor, so die Pustelbildung auf der Mundschleim, haut, Speichelfluss, im Pharynx Schling-, im Kehlkopf Athem-beschwerden, Heiserkeit, auf der Conjunctiva Thränenfluss. Fieber und Allgemeinbesclnverden remittiren mit dem Ausbruch des Exanthems. Sie nehmen mit der Entwickelung der Pocken am Rumpf und an den Extremitäten noch mehr ab, und so bietet in der That das Allgemeinleiden bei den Pocken das Bild eines essentiellen Fiebers dar. Es besteht vor dem örtlichen Process, bei seinem Auftritt mindert es sich, und verschwindet unter dessen weiterer Entwickelung.
Bei den confluirenden Pocken erscheint das Gesicht oft wie eine grosse Eiterblase , und, obwohl auf der Höhe dieses Stadiums die Kranken guten Muthes sind, im Zimmer herumwandern, so treffen wir bei den confluirenden Pocken, besonders wenn sie die Schleimhäute mit befielen, die lästigsten Symptome, wie Dysphagie, Bluthusten, Ischurie, Photophoble.
Bei der variolois steigt das Fieber nun nicht wieder. Die Pocken verschorfen, verwandeln sich in schwarzbraune, bröcklige Massen, welche dem Kranken zwar ein fürchterliches Aussehen verleihen, was aber im schroffsten Widerspruche zu seinem übrigen Befinden steht. Die Schorfe stossen sich ab , lassen hochrothe, erhabene, leiehtblutende Buckel zurück, die nur mit einer äusserst zarten Epidermoidalschicht bekleidet sind ; diese verdichtet sich all-mälig, Prominenz und Röthe schwinden, und so kehrt Alles zur Norm zurück.
Anders ist es bei den suppurativen Formen, die die wahren Menschenblattern darstellen. Hier ergreift die Eiterung auch die Substanz des Papillarkörpers bis zur Grenze des Unterhautzellgewebes. Die Pocken werden grosser, sie verlieren ihre Hache Gestalt, werden kuppeiförmig, füllen sich mit einem dicken, intensiv gelben Eiter, der nun auch die Dissepimente zerstört, welche vordem die Pocke in Fächer theilten. Die umgebende Haut wird dunkel geröthet, dies tritt besonders bei discreten Pocken hervor. Die Beschwerden des Kranken erreichen hier begreiflicherweise einen sehr hohen Grad, der durch die intensive und so ausgedehnte Dermatitis begründet und durch den Ausbruch enanthematischer Pusteln wesentlich vermehrt wird. Dass das während des eruptiven Stadiums fast gänzlich geschwundene Fieber jetzt wieder bedeutend steigt, versteht sich von selbst. Dies geschieht entweder allmälig oder unter tumultuarischen Erscheinungen (Schüttelfrösten). Es hat überhaupt den Anschein, als ob dieses secundäre, auch suppura-tive Fieber nicht von dem Variolaprocess an sich, sondern von der socundären Dermatitis abhinge. Erreicht das secundäre Fieber einen gewissen Grad, so treten typhoide Erscheinungen (asthmische.
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Die Mensehenpocke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;51
nervöse, typhöse Pocken) und die höchsten Grade der Adynamie ein, die durch die so gesteigerte Körperwärme, vielleicht auch durch eine fast complete Sistirung der Hautathmung bewirkt werden, und bis zur tödtlichen Erschöpfung sich steigern. Bisweilen tritt hier ziemlich rasch eine hämorrhagische Diathese auf. Die Pocken-pnsteln füllen sich mit Blut (hämorrhagische Pocken) ; es kommt zu Blutungen aus der Nasenhöhle, seltener zu Hämorrhagieen aus den Bronchien, den Harn- und Geschlechtsapparaten. Zwischen den Pusteln entstehen Petechien und unter dem Einflüsse dieser Diathese sterben grosso Partieen der Haut brandig ab. Die Pocken füllen sich mit Brandjauche (vuriolue gunyt^aenosae).
Im Stadium mulurutionis treten auch die oben bereits angedeuteten Entzündungen der serösen Häute und parenehyma-tösen Organe auf, die Schleimhautaffectionen führen in diesem Zeiträume mitunter zu croupösen und diphtheritischen Vorgängen. In mannigfachster Weise wird das Krankheitsbild durch die Erscheinungen einer eitrigen Entzündung der Gelenke, einer eitrigen Periostitis , subeutaner und intermusculärer Abscesse, der Bildung eines Hypopiums, einer Pericarditis, Meningitis, oder durch anderweite pyämische und ichorrhämische Vorgänge modificirt. Am häufigsten beobachten wir diese Zustände bei den confluirenden Pocken.
Im vierten Stadium, in dem dor Exsiccation, berstet ein Theil der Pusteln, und ihr Inhalt dickt zu einer anfanglich weichen, gelben, später harten Kruste ein. Der andere Theil der Pocken berstet nicht, sie verlieren ihre Spannung, werden in der Mitte bräunlich, trocken, Hülle und Inhalt verwandeln sicii schliesslich zu einem runden, schwarzbraunen Schorf. Während dieser Verschorfung verschwindet der Hof in der Umgebung der Pustel, die Haut schwillt ab, wodurch das lästige, drückende, spannende Gefühl in der Haut fast gänzlich verschwindet, an dessen Stelle ein unerträgliches Jucken tritt. Das Verschwinden der Dermatitis geschieht in derselben Reihenfolge, in der die Blattern-cruption auftrat, und daher kommt es, dass die schmerzhafte Dermatitis an den Zehen erst auftritt, während sie im Gesicht und Stamm bereits verschwunden war. Das Abfallen der Schorfe erfolgt un-regelmässig. Bei den gutartigen Pocken haften sie nicht länger als 3—4 Tage, dagegen bleiben die Schorfe, wenn eine Gesohwür-bildung oder eine mehr oder weniger tiefgehende Eiterung das Cutisgewebe zerstörte, viel länger haften; die Eiterung besteht in der Tiefe fort, während jene Schorfe allmälig dicker werden, und ein körniges Gefüge bekommen. Die frühzeitig abfallenden Schorfe hinterlassen rothe und etwas erhabene Hautstellen, welche allmälig blass werden, und dann nach einigen Wochen spurlos verschwinden.
Gleisberg, vergleiclieucie Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 6
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Unter den längere Zeit anhaftenden Schorfen dagegen kommen Narben zum Vorschein, welche eingekerbte Ränder und einen punk-tirten, gerippten Grund haben. Sie sind ursprünglich roth, und werden später auffällig weiss. Mit der eintretenden Verschorfung und Vernarbung der Schleimhautpocken verschwinden auch die oben hervorgehobenen subjectiven und objectiven Zeichen. Das Fieber nimmt unter der Krustenbildung ab, verschwindet endlich gänzlich, indem die Pulsfrequenz sich verliert, und unter duftigem Schweisse und sedimentirenden Harnausscheidungen das Allgemeinbefinden zur Norm zurückkehrt.
Bei den confluirenden Pocken ist im Exsiccationsstadium das Gesicht von einer schwarzbraunen Borke bedeckt, und hier kommen die furchtbarsten Entstellungen durch Narbenbildung vor (Ectopieen, Verzerrungen und Verengerungen der Mund-, Nasenöffnungen etc.). Die Affectionen innerer Organe schwinden nach confluirenden Pocken viel langsamer, als die Haut-affectionen.
Die Varioloiden bieten gegenüber der Variola nur graduelle Verchiedenheiten dar.
Im stadium prodromorum wird mitunter ein Erythem der untern Körperhälfte wahrgenommen, jedoch habe ich trotz vielfacher Behandlung von Varioloiden - Fällen dies noch nicht beobachtet.
Das Eruptionsstadium ist nicht so regelmässig und schon nach 24—36 Stunden vollendet; die Papeln gehen schneller in Bläschen, die Bläschen schneller in Pusteln über, die Schleimhautaffectionen mangeln stets, mit ihnen auch die entsprechenden subjectiven Beschwerden. Das Fieber verliert sich nach vollendeter Eruption gänzlich.
Im Studium maturationis füllen sich zwar die Pocken mit Eiter, aber die Suppuration bleibt superfieiell, die Eiterung dringt nie in die Tiefe der Lederhaut ein, die Pusteln bersten, die Dermatitis ist sehr gering, auf kleine Höfe beschränkt. Dem geringen Grade der Dermatitis entspricht auch ein geringer Grad der febris secunda/'ia. Es ist zwar behauptet worden, dass das secundäre oder Eiterungsfieber hier ganz fehle, jedoch tritt, nachdem während des Poekenausbruchs alle fieberhaften Erscheinungen geschwunden waren, mit der Füllung der Pusteln und der eitrigen Metamorphose ihres Inhalts erneut eine Zunahme der Hauttemperatur und der Pulsfrequenz ein. Diese Temperatur- und Pulssteigerungen sind aber manchmal so unmerklich , dass sie wohl übersehen werden können; daher diese ziemlich allgemeine Behauptung. Die Schleimhautaffectionen können aber einen'eben so hohen Grad als bei der Variola erreichen, wie die Dysphagle, der Husten, die
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Die Schafpocke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;83
Heiserkeit, jedoch kommen croupöse und diphtheritische Entzündungen der Schleimhaut hier nicht vor. Die Exsiccation erfolgt bei den Varioloiden den 5. bis 6. Tag, nur wenige Pusteln platzen, die Mehrzahl vertrocknen und verwandeln sich sammt ihrem Inhalte, von der Mitte aus allmälig gegen die Peripherie vorschreitend, in einen braunen , broeklichen Schorf, der schon nach 3—4 Tagen abfällt, und eine geröthete, etwas promenirende Stelle zurücklässt. Allmälig verschwinden Köthe und Prominenz, und so bleibt keine Spur des dagewesenen Processes zurück. Die Mortalität der Varioloisepidemieen, und solche herrschen in der That auch nur da, wo die Schutzpookenimpfung allgemein eingeführt ist, ist so ausscr-ordentlich gering gegenüber der Sterblichkeit früherer Blatterepi-demieen, dass jene kaum den 10. Theil der Opfer fordern, welche früher von den Variolaepidemieen weggerafft wurden.
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Die Schafpocke
ist der Menschonpocke so conform, dass sie fast für identisch mit derselben gehalten zu werden verdient; um so mehr, als darüber kein Zweifel mehr zu hegen ist, dass sich die Schafpocke nicht nur auf andere Thiero, sondern auch aufden Menschen erfolgreich übertragen lässt. Legni versichert, dass die Sehafpocken, auf Kinder übertragen, einen der Vaccine ganz analogen Verlauf hätten, obwohl die ersten Impfungen mit der ursprünglichen Materie kraftlose Pusteln erzeugt zu haben schienen, und dass er die Materie aus denselben zwei und mehrere Jahre benutzt, und mehr als 300 Kinder damit schützend geimpft habe, und mit Bezug auf die damals in Pesaro 3 Jahre grassirende Pockenepidemie fügt er hinzu: „Ungeachtet dieser mörderischen Epidemie blieben doch alle mit dem Schafgift Geimpften von dem traurigen Uebel verschont, obwohl sie mit den Pockenkranken in genauester Gemeinschaft lebten. quot; (Spinola a. a. O.)
Wir haben hier ganz denselben pathologisch-anatomischen Vorgang auf der Haut, als wie bei der Menschenpocke. Erst die Stippe, aus der die Papel hervorgeht, dann die flache, genabelte Vesicel, die sich aus der Pnpel bildet, und endlich die Pustel, die sich aus der Vesicel entwickelt. Auch hier beobachten wir ein einleitendes Pieber, dessen Höhe im umgekehrten Verhältniss zur Entwickelung des Processes steht, und ein seeundäres oder Eiterungsfieber. Auch die Vertheilung- der Eruptionen entspricht ganz der bei der Menschenpocke. So stehen auch hier die Eruptionen am dichtesten im Gesicht , und die Aufeinanderfolge des Aufbruchs ist hier dieselbe, wie dort.
Die Krankheit tritt meist seuchenartig auf. Die Entwickelung
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wird durch einen Ansteckungsstoff bedingt, der von pockenkranken Schafen stammt.
Die Träger des Ansteckungsstoffes sind hier sehr mannigfaltige. So kann der Ansteckungsstoff an Weideplätzen, an Strassen, an Fellen und Wolle, an Dünger, der Kleidung von Menschen haften. Er kann durch Hunde, Katzen und Geflügel verschleppt werden.
Als Vehikel der Ansteckung fungiren theils die Producte des Processes selbst, wie Serum-, Eiter-, Schorfpartikelchen, die von der Blatter stammen, theils sind es Secrete aus der Nasen- und Mundschleimhaut, theils haftet der Ansteckungsstoff an der perspi-ratio insensibilis (Haut- und Lungenausdünstung), vermischt sich auf diese Weise mit der atmosphärischen Luft, kann so ausseror-dentlich weit fortgetragen werden , und vermag nun in weiter Entfernung zu wirken. In der Regel geschieht die Verbreitung und Mittheilung des Ansteckungsstoffes durch die Luft. Die Disposition für die Schafpocke ist unter den Schafen eine so allgemeine, wie die Disposition für die Menschenpocke unter den Menschen. Bei den Schafen ist gar keine Ausnahme in dieser Beziehung bekannt. Auch schützt das einmalige Durchgeseuchtsein vor der Wiederansteckung, was nicht mit einer Eigenthümlichkeit des Processes zusammenfällt, der die Schafpocke von der Menschenpocke unterschied, indem bei dieser ein zweimaliges Befallenwerden so oft beobachtet wurde, sondern hängt wohl mit der so kurzen Lebensdauer des Schafes zusammen, die gleichsam der durch Ueberstehen der Pocken erworbenen Immunität gegen eine Wiederansteckung keine Zeit lässt zu erlöschen.
Die Incubationsdauer wird von 3—7 Tagen angegeben. Während derselben bestehen kaum Krankheitszeichen, höchstens am Schluss derselben gestörte Bewegung der hintern Extremitäten, Mangel an Fresslust. Nach Ablauf' dieser Frist beginnt der Process mit einem mehr oder weniger heftigen Fieber. Der Puls steigt bis auf 80, 90 Schläge, die Körperwärme wird erhöht, Futterauf-nahme und Wiederkauen sind aufgehoben , die Mistentleerung ist retardirt etc.
Die Eruption des Exanthems beginnt meist am 2. Fiebertage, jedoch auch später. An den weniger bewollten Hautstellen, besonders am Kopfe, um die Augen, am Maule, ander Innern Fläche der Schenkel, an der Brust, am Bauche, an der untern Fläche des Schwanzes, werden flohstichähnliche Flecke bemerkt, die sich schon den nächsten Tag zu Knötchen erheben, welche allmälig breiter, platter werden, und in ihrer Mitte einen Nabel zeigen, überhaupt genau der Menschenpocke gleichen. Den 4. bis 5. Tag wird das Exsudat flüssig, das Knötchen verwandelt sich in ein Bläschen, in desseu Umgebung wir
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Die Schafpocke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;85
einen rothen Hof wahrnehmen. Die Hautentzündung nimmt oft sehr Überhand, besonders an den Augenlidern, am Maule und der Nase. Diese Oeffnungen sind sehr oft durch Anschwellungen ganz verlegt, aus ihnen quillt ein eitriges, mitunter blutiges Secret hervor. Ist die Pläscheneruption vollendet, so ist das Fieber vollkommen gewichen, es wäre denn, dass die Hautentzündung sehr bedeutend ist, dann wird von hier aus das Fieber noch unterhalten.
Nun beginnt allmälig die eitrige Metamorphose; die Pustel wird noch etwas grosser, gelblich, der umgebende Hof breiter, und verschmilzt häufig mit jenen der angrenzenden Pocken. Das Fieber nimmt entweder zu, oder tritt von neuem ein; die Geschwulst an den NasenöfFnungen, am Maule und an den Augenlidspalten vermehrt sich, der Ausfluss aus der Nase dauert fort. Dieses Eiterungsstadium nimmt für jede einzelne Pocke 3 Tage in Anspruch, und da hier der Ausbruch, wie die eitrige Metamorphoso des Exanthems, nicht gleichzeitig, sondern in einer bestimmten Aufeinanderfolge geschieht, so werden in der Regel 6 Tage beansprucht, ehe diePustelbildung vollendet ist. Jetzt beginnt nun die Abtrocknung. Pustel wie Inhalt verwandeln sich in eine gelbliche, später schwarzbraune, körnige Masse, die sich innerhalb 5—6 Tagen abstösst. Es bleibt ein röthlicher, erhabener Fleck, die Pockennarbe zurück, welche nach und nach abschwillt und erbleicht. Der ganze Schafpockenprocess ist in 18— 21 Ta^en abgelaufen.
Alle die oben angegebenen Anomalieën des Menschenpockenverlaufs kehren bei der Schafpocke wieder. Wie dort, beobachten wir auch hier eine enorme Ausdehnung der consecutiven Dermatitis, bedingt durch ein zu dichtstehendes Exanthem und eine zu tiefgreifende Eiterung. Es kommt auch hier, wie dort, zu einem Zu-sammenfluss der Eruptionen. Die rosenartige Dermatitis führt nicht nur zu einer Vereiterung des Papillarkörpers, sondern auch zu Abscessen im Unterhautgewebe, die ganz bedeutende Zerstörungen setzen können, ja selbst zu Gelenkvereiterungen zu führen vermögen. Begreiflicherweise vermehren diese Eiterungsvorgänge die Fieberbewegungen bedeutend. Gehen die Thiere an diesen Zuständen, wie in der Regel, nicht zu Grunde, so bleiben oft langwierige Geschwüre zurück, die doch endlich das zarte Leben erschöpfen. Oder es kam zur Eildung der sogenannten hämorrhagischen Diathese, dann füllen sich die Pocken im Eiterungsstadium mit Blut, passive Blutungen aus den verschiedenen Höhlen treten ein, Ecchymosen-bildungen zeigen sich zwischen den discreten Variolen, und erfolgt der Tod hier nicht rasch durch Erschöpfung, wie in den allermeisten Fällen, so kommt es mitunter zum Hautbrand. Die zu-
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sammenfliessenden Pocken verfallen einer jauchigen Zerstörung (Aaspocken), der die Thiere rasch erliegen.
Die en anthematische Ent Wickelung, welche beim Menschen so häufig vorkommt, scheint bei Thieren nur den anomalen Verlauf' zu begleiten. — Luftentwickelung innerhalb der noch nicht geborstenen Pocke wird allgemein als einsehr übles Zeichen angesehen.
Der Verlust, welchen Schafheerden durch diese Krankheit erleiden , wird auf 10—20 Proc. berechnet.
In der Leiche der zugrundegegangenen Thiere findet rnan die Zeichen von Anämie, Pyämie, Extravasationen der verschiedensten Art und an den verschiedensten Orten, Imbibitionsröthe der innern Gefässhäute , der serösen Membranen , der Schleimhäute, croupöse und diphtheritische Exsudate auf den verschiedenen Schleimhäuten, ausgebreitete Zellgewebsentzündungen, subcutane Abscesse, Lymphdrüsenvereiterungen, aphthöse Zerstörungen der Nasen-, Maul-, Rachenhöhle, Lungenentzündung etc., pathologische Veränderungen, wie sie genau auch in den Leichen der an Pocken verstorbenen Menschen angetroffen werden.
Die Schafpocke unterscheidet sieh deshalb von der Menschen-pocke nur dadurch, dass beiden trotz der Verimpfbarkeit der Schafpocke auf den Menschen ein besonderes Contagium zu entsprechen scheint, denn immer mangeln noch verlässliche That-sachen bis jetzt dafür, dass ein pockenkrankes Schaf einen Menschen zufällig ansteckte, oder dass sich die Menschenblatter auf das Schaf ohne Dazwischonkunft der Kunst (Impfung) übertrug. Daher herrschen auch die Blatterepidemieen unter den Menschen und Schafen nicht gleichzeitig, was doch vorausgesetzt werden müsste, wenn der Menschen - und Schafpocke einerlei Contagium zu Grunde läge.
Die Uebertragung der Kuhpocken schützt die Schafe nicht vor der Schafpocke, die Schutzimpfungen müssen hier mit der Schafpocke selbst vorgenommen werden. Man vermindert hier die Verluste an dieser gefürchteten Seuche auf ein Minimum durch eine Auswahl der Impflinge, sowie durch die Vornahme der Schutzimpfung in einer günstigen Jahreszeit. Durch eine fortgesetzte Uebertragung des Contagiumträgers scheint sich auch die Wirkung des Ansteckungsstoffes etwas abzuschwächen, denn, wenn auch bisweilen nach vorgenommener Schutzimpfung eine allgemeine Blattereruption folgt, so entwickelt sich doch in den meisten Fällen blos eine locale Pocke , die den Impfling in gleicher Weise vor der Ansteckung schätzt, wie jener allgemeine Ausbruch.
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Die Kuhpocke
verläuft local an den Strichen der Kühe. Dieser pustulöse Euterausschlag geht mit Fiebererscheinungen einher, entwickelt sich ursprünglich nur bei den Kühen, trägt sich aber auf andere Rinder und durch Impfung auf andere Haussäugethiere und den Menschen über. Die Anlage scheint allen Rindviehracen eigenthümlich zu sein. Nie wurde eine ursprüngliche Êntwickelung bei männlichen Rindern beobachtet. Die veranlassenden Ursachen sind so gut wie ungekannt. Einmal entwickelt, geschieht die Uebertragung auf den Menschen durchs Melken.
Der Ausbruch wird auch hier durch Fieberbewegungen eingeleitet, wobei besonders eine Verminderung der Milchabsonderung und ein Wässrigwerden derselben hervortritt. Das Euter schwillt besonders an den Strichen an, ist schmerzhaft, und nach dem Verlauf von 3—4 Tagen erscheinen am Euter, vorzugsweise aber an den Strichen, Knötchen von der Grosse einer Linse bis zu der einer Bohne von blassröthlicher Farbe, welche in den nächsten Tagen grosser werden, und unter deren Epidermis sich eine zähe, gelbe Flüssigkeit ansammelt. In der Mitte sind sie dann bläulich-weiss, am Rande gelblich, röthlich oder blauröthlich, und zeigen im Centrum den Nabel. In der Umgebung jeder Pocke findet sich ein circum-scripter Entzündungsheerd (Hof). Die Pocken vergrössern sich den folgenden Tag, und haben am 8. bis 10. Tage ihre Blüthe erreicht, wo sie bisweilen die Grosse eines Silbergroschens erlangt haben. Die Form der Blatter ist jetzt am Euter eine runde, an den Strichen eine längliche. Nun beginnt die Eiterung, und der Inhalt der Pocke wird rahmiihnlich, gelb. Aber ehe noch diese eitrige Schmelzung die Peripherie erreicht hat, entwickelt sich schon in der Mitte der Blatter der Schorf, der sich nach dem Umkreis zu ausbreitet, dunkelbraun , schwärzlich, glänzend ist, und am 10. bis 14. Tage sich abstösst. Die zurückbleibende, anfänglich blauröthliche Narbe erbleicht allmälig, und bleibt, wie jede andere dcatricula für das ganze Leben sichtbar. Auch hier findet der Ausbruch der Blattern absatzweise statt, so dass bisweilen an den zuerst aufgetretenen Pocken die Verschorfung eingeleitet ist, während andere noch im Stadium der Knötchenbildung sich befinden.
Der ganze Verlauf der Kuhpocke beträgt 4—6 Wochen.
In Gegenden, wo die Rindviehzucht bedeutend getrieben wird, im nördlichen, nordwestlichen Deutschland, im Holsteinschen, in den südlichen Grafschaften von England und andern Orten war es längst bekannt, dass ein von Zeit zu Zeit sich an den Eutern der Kühe zeigendes Blatternexanthem sich gern auf die Hände der
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Melkenden übertrage , und dass solche Personen oft dadurch gegen die echte Menschenpocke geschützt seien. Leteteres war z. B. 1763 dem Landprediger Heim zu Soltz bekannt, und schon 1765 soll man im Holsteinischen Kuhpocken zum Schutz auf Menschen übergeimpft haben. Eine solche glücklich verlaufene und vollkommen schützende Impfung, unmittelbar von dem Euter der Kuh weg, wurde im Jahre 1791 an 3 Kindern durch den Schullehrer Plett in Stackendorf im Holsteinschen verrichtet, aber nicht weiter beachtet, ein Verhältniss, was sich so oft in der Heilkunde wiederholt hat (so die Entdeckung der Krätzmilbe von den arabischen Aerzten im 11. Jahrhundert, so die Entdeckung der Percussion durch Auenbrugger). Andere Impfversuche hatten durch ihren ungleichen und unzuverlässigen Erfolg Aerzte und Laien ermüdet und von einer genauen Erörterung der Sache abgezogen, und so blieb es Edward Jenner vorbehalten, der Wohlthäter der Menschheit zu werden, indem es ihm durch die Schutzimpfung gelang, eine der furchtbarsten Seuchen zu bannen, die vor ihm durchschnittlich 400,000 Menschen in Europa jährlich das Leben kostete, und was ihr mit dem Leben entrann, oft auf das fürchterlichste entstellte. Derselbe ist 1749 geboren und 1823 verstorben. Es war ein englischer Landarzt aus Berkeley in Gloucestershire; er wurde, da in der Umgegend seines Wohnortes die Kuhpocke von Zeit zu Zeit seuchenartig herrschte, schon im Jahre 1770 mit der ihr innewohnenden Schutzkraft bekannt, und begann im Jahre 1775 ernstlichere Nachforschungen darüber, nachdem er vorher mehrfach, aber vergeblich, die Aerzte dafür zu gewinnen gesucht hatte. Er ging zuerst darauf aus, die Sage von der Schutzkraft der Kuhpocke festzustellen, und fand bald , dass allerdings diese Schutzkraft in vielen Fällen sich nicht bewährt hatte.
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Die Ursache fand er theils darin, dass nur eine bestimmte Art
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der am Euter der Kuh vorkommenden Aussehläge, nur die echte Vacciola, und auch diese nur in einem bestimm ten Stadium ihrer Entwickelung, j enen Schutz gewähre. So weit war Jen n er im Jahre 1788 gelangt. Bald kam er auch dahin, die bei dem Menschen erzeugte Schutzpocke durch Impfung auf ein anderes menschliches Individuum zu übertragen , was um so wichtiger war, als die Vacciola überhaupt nur in wenigen Gegenden vorkommt, und auch dort für viele Jahre lang oft gänzlich verschwindet. Die erste Impfung von einem Menschen auf den andern verrichtete Jenner am 14. Mai 1796, und zwar von der Hand eines Milchmädchens in der Nähe von Berkeley, Sara Nelmes mit Namen, auf den Arm eines achtjährigen Knaben, Namens James Phipps, mit vollkommen gutemquot; Erfolge. Dieser Tag ist daher der wichtigste in der Geschichte der Vaccination. Durch mehrjährige
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Die Schutzblattern.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; gÖ
Experimente setzte Jenner sodann den Thatbestand der ganzen Lehre aufs Gediegenste und Gründlichste fest, und wurde hierdurch zum wirklichen Schöpfer dieses Heilverfahrens. Die erste Schrift über seine Entdeckung gab J e n n e r unter dem Titel heraus : An inquiry into the causes and effects of' the Fariolae vaccinae. Londonl798, 75 S. 4.1801, 4. (deutsch von G.F.Ballhorn,Hannov. 1799. S.; französisch von Delaroque, Lyon 1800; lateinisch von Aloys Careno, Wien 1799,4.) Vergl. L. Choulant, Biographie und Characteristik Jenners in den „Zeitgenossenquot;, 3. Reihe, No. VII, 1829. (H. E. Richter, Grundriss etc.) Gegenwärtig ist die Einimpfung der
Schutzblattern (Vaccina),
die Uobertragung der Kuhpocken auf den Menschen, sogenannte Schutzpockenimpfung, fast in ganz Europa und sogar in anderen Welttheilen eingeführt, und wird theils durch directen, theils durch indirecten Zwang von Staatsivegen ausgeübt.
Die Kuhpockenlymphe eignet sich vorzüglich zur Impfung, da der Inhalt der Pockenpusteln bei der Vacciola der einzige Träger des Contagiums hier ist; denn es ist noch kein Fall bekannt, dass ein Mensch oder ein Thier an der Vaccina erkrankten, die sich zufällig in der Atmosphäre eines vacciolakranken Individuums aufhielten. Das Vacciola- und das Vaccinagift*) kommen lediglich an den Stellen zur Entwickelung, wo sie in die Haut eingeimpft wurden. Nie wird hierbei eine allgemeine Blattereruption bemerkt. Das Verhältniss der Kuhpocke zur Menschenpocke ist noch nicht eruirt, und es ist gewiss nur als eine Hypothese zu bezeichnen, wenn man in der Vaeeine ein durch den Organismus des weiblichen Rindes (eultivirtes) Pockencontagium erblickt. Diese Annahme schien dadurch gestützt zu werden, dass mitunter gleichzeitig mit dem seuchenartigen Herrschen der Menschenpocke auch die Kuhpocke auftrat. Jedoch kann das gleichzeitige Herrschen beider Pockenarten sehr wohl auch auf Zufälligkeit beruhen, da die Fälle überwiegen, wo bald die Menschenpocke, bald die Kuhpocke für sich seuchenartig cursirte.
Die Disposition für die Vaccinaerkrankung ist ausserordentlich verbreitet, und es ist geradezu eine Seltenheit, wenn bei der Schutzpockenimpfung der Impferfolg ausbleibt, und auch hier beruht das Ausbleiben des Impferfolgs in den meisten Fällen auf einer mangelhaften Technik, am allerseltensten auf einer fehlenden
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*) Vacciola die originäre, Vaccina die abgeleitete Erkrankung.
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Disposition zur Vaccinaerkrankung. Daher ereignet es sich auch so oft, dass die erfolglos Geimpften bei herrschenden Variolois-epidemieen von der wahren Pocke befallen werden, und gar nicht selten daran zu Grunde gehen. — Die Dauer des Schutzes der Vaccina vor der Variola erstreckt sich nicht immer auf das ganze Leben, weshalb eine selbst wiederholte Revaccination nur zu billigen ist.
Trotz der ausserordentlichen Wohlthätigkeit der Schutzblatternimpfung, die namentlich durch die Statistik erhärtet wird, indem, wie durch diese nachweislich, die Sterblichkeit sich wesentlich seit der Einführung der Vaccination verminderte , hat jenes wohlthätige Verfahren auch seine Gegner gefunden. Allerdings lässt es sich nicht in Abrede stellen, dass die Kuhpocken in einzelnen Fällen das Leben der Kranken in Gefahr bringen, und in andern Fällen dauernde Störungen der Gesundheit, namentlich Hautausschläge oder andere sogenannte scrophulöse Zustände hinterlassen. Aber auf keinen Fall sind sie die ausschliessliche Ursache der letzteren, sie zeitigen nur dieselben, verfrühen ihren Ausbruch, und ebenso wenig findet hier mit der Lymphe eine Uebertragung eines wirksamen Scrophelstoffes von Individuum zu Individuum statt, wie hin und wieder von den Gegnern der Vaccination behauptet wurde. Denn wenn auch zugegeben werden muss, dass die Impfung in vielen Fällen schwächend auf die Kinder einwirkt, dieselben dadurch zu allerlei Kränklichkeiten disponirt werden, und das künstlich erzeugte Hautleiden die Haut der Kinder im hohen Grade geneigt macht, Sitz irritativer Ernährungsstörungen aus allgemeinen Ursachen zu werden, so sind doch die schlimmeren Fälle der Art viel zu selten, und ihr vermeintlicher nothwendiger Zusammenhang mit der Vaccination noch zu zweifelhaft, um von einem so wohl-thätigen Verfahren, wie es die Schutzpockenimpfung darstellt, um desswillen absehen zu dürfen. Ob sich die schwächende Wirkung der Schutzpockenimpfung auch bis zur Pubertät fortpflanze, ob sie hier die Ursache der immer häufiger und häufiger werdenden Chlorose des weiblichen Geschlechts werde, kann wenigstens nicht entschieden verneint werden. Denn dass nicht mangelhafter Verkehr mit Licht, Luft, dass nicht Trägheit, beschränkte Bewegung, eine unkräftige Kost die Entstehungsursachen der Chlorose decken, geht schon aus dem immer häufigeren Vorkommen der Bleichsucht unter den Land mädchen hervor. Es lässt sich hier wohl annehmen, dass bei der Schutzpockenimpfung der zartere (weibliche) Organismus heftiger ergriffen werde, dass die Nachwirkungen der Vaccination gleichsam länger andauern und sich nicht blos auf eine Immunität des Organismus gegen Blattergift beschränken. Das Vaccinagift hat, wie jedes animalische Gift, eine besondere Ver-
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wandtschaft ga den Lymphdrüsen, und so ist es wohl denkbar, dass bei den lebhaftem Ernährungsvorgängen, die die Pubertätsentwickelung beim Weibe in sich schliesst, eine durch die Schutz-pockenimpfung verursachte, aber bis dahin latente Wirkung hervorgerufen werde, die im Wesentlichen auf einer übermässigen Bildung farbloser Blutzellen innerhalb der Lymphdrüsen und der durch die reichliche Beimischung jener zum Blute erzeugten Blutveränderung beruhe. Aeussert sich die Wirkung des Vaccinagifts auf die Lymphdrüsen in frühern Jahren, so haben wir ein chronisches Siechthum mit einem polylencocytotischen Zustand, die sogenannte erethische Form der Scrophulose. Jedoch sind hier immer noch andere Zustände in Rechnung zu bringen, die sehr wohl im Stande sind, die Scrophulose allein zu erzeugen, wie das Entwöhnen der Kinder, der Durchbrnch der Zähne, das Abstammen von kränklichen, tuberkulösen, vordem syphilitischen Eltern, schlechte Nahrung, der Aufenthalt in dunkelr , feuchten Wohnungen etc.
Die Fälle, wo Kinder der Vaccination unmittelbar zum Opfer fallen, sind so ausserordentlich selten, dass sie gar nicht in Betracht kommen gegenüber jener Zahl von Individuen, deren Leben die Vaccination vor dem Tode durch Pocken schützte. Und vor dieser gewaltigen Zahl muss auch jenes Bedenken schwinden, demzufolge das häufigere Sterben der Kinder an Masern, Scharlach, Croup, Hydrocephalus seit Einführung der Schutzimpfung mit dem Verdrängen der wahren Pocke durch die Kuhpocke in Zusammenhang zu bringen sei. Auf keinen Fall besteht ein ursächliches Verhält-niss zwischen Kuhpockenimpfung und jenen gefürchteten Kinderkrankheiten, sondern ein kleiner Theil der Kinderzahl, welche früher den Pocken zum Opfer fiel, wird, seitdem diese verdrängt sind, durch jene Zustände hinweggerafft.
Der Verlauf der Schutzpocke ist folgender: Die Incubations-zeit dauert meist 3 Tage. Ein stadium j)7'odromorum wird hier nicht beobachtet. Das slad.ium eruptionis beginnt mit einer Röthung der Impfstelle, die zu einem rothen Knötchen anschwillt. Am 5. und 6. Tage verwandelt sich dasselbe in ein Bläschen , das bis zum 8. Tage beiläufig linsengross geworden ist, einen Pockennabel zeigt, und einen fächrigen Bau hat. Am 9. Tage wird der Inhalt der Schutzpocke, während sich ein breiter, dunkelrother Hof in ihrer Peripherie entwickelt, trübe und molkig, am 10. Tage eiterhaltig. Von dieser Zeit an beginnt ein allraäliges Eintrocknen der fast immer unverletzten Pockenpustel. Gegen das Ende der 3. Woche oder noch später fällt der Schorf ab , und hinterlässt eine etwas vertiefte, runde, weisse, auf ihrer Basis punetirte und gerippte Narbe. Nur ausnahmsweise treten in der Umgebung der Poeken diffuse, rosenartige Entzündungen oder eczematöse oder
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92nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Infectionskrankheiten.
furunkulöse Dermatiten ein. Derartige Zustände storen lt;len Verlauf der Pocke oft sehr, und können selbst zu Fieberbewegungeu führen.
Die Spitzpocken (Varicellen)
beginnen mit Fieberbewegungen, die 1—2 Tage anhalten, worauf discrete Knötchon im Gesicht, am Stamme, an den Extremitäten ausbrechen, welche sich rasch in Bläschen umgestalten, vertrocknen, und unter Verschwinden der localen Entzündungsheerde mit einer Abschilferung nach 8—4 Tagen enden. Sie sind beim Menschen, besonders unter der Kinderwelt, eine sehr gewöhnliche Krankheit, man will sie aber auch bei Thieren beobachtet haben.
Als seltnere Pockenformen unter den Thieren sind die Pocken der Ziegen, Schweine und Hunde anzuführen.
Die Maul- und Klauenseuche
ist eine bei Rindern , Schafen, Ziegen und Schweinen, aber auch bei Pferden vorkommende, epizootisch herrschende, fieberhafte Krankheit, welche sich durch Vorkommen von Blasen auf der Maulschleimhaut und durch Blasenbildung auf der Haut der Klauenkronen auszeichnet.
Meist gehen Fiebererscheimingen voraus, doch mitunter tritt gleichzeitig mit dem Fieber die Blasenbildung auf der Maulschleimhaut auf. Haben die Blasen eine gewisse Grosse erreicht, so bersten sie und hinterlassen eine geröthete, blutende Stelle, die sieh mit einem Exsudathäutchen überzieht, unter welchem allmälig die Epithelienbildung beginnt. Ist der Ausbruch vollendet, so lässt auch das Fieber nach. Bisweilen erreichen die Blasen eine bedeutendere Grosse, dann ist der örtliche Process etwas verschleppt. Aber nur selten kommt es zu tiefgehenden Vereiterungen und Ver-schwärungen. Ganz in gleicher Weise verläuft auch der Process an der Kronenhaut. Der Vorgang bei der Maul- und Klauenseuche ähnelt in vieler Beziehung den Spitzpocken der Menschen und der Thiere. Eigenthümlich ist das gleichzeitige Herrschen mit Anthrax. Die Vorhersage der Maul- und Klauenseuche ist sehr günstig, die Genesung ist die Regel. Meist bleiben nicht einmal Narben zurück, wo die Bläschen auf Schleimhaut und Haut sassen.
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Die Syphilis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 93
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Die chronischen Formen der Infections-krankheiten.
Hierher gehören: die Syphilis und der Rotz.
Die Syphilis
kommt nur dem Mensehen zu. Sie entwickelt sich gegenwärtig nicht mehr ursprünglich, sondern, wo sie einen Menschen heimsucht, kann mit Bestimmtheit auf eine Mittheilung von einem anderen syphilitischen Individuum geschlossen werden. Wie sie ursprünglich entstanden ist, darüber sind heute noch die Meinungen der Aerzte getheilt. Die älteste Meinung, behauptet Simon, war die, dass die Lustseuche aus allgemeinen, epidemischen Ursachen entstanden sei, und in Folge ungünstiger Witterungsverhältnisse, starker Sommerhitze, Austreten der Flüsse, namentlich in Italien, wozu noch Kriegselend und Hungersnoth kamen, im Jahre 1493 oder 1494 sich entwickelt habe. Im Geiste der damaligen Zeit wurden auch noch sowohl vom Volke, als auch von den Gelehrten unglückliche Constellationen der Planeten zu Hülfe genommen, aus welchen man neue Seuchen prophezeite. Einige gelehrte Aerzte, die aus den Schriften der Arabisten die Schilderung des Aussatzes kannten, wie er sich vom 12. bis 14. Jahrhundert gestaltete, waren geneigt, in dem morhus gallicus nur eine besondere Modification des alten Aussatzes zu erblicken. Sie verglichen ihn mit den herpe-tischen, pustulösen, condylomatösen und geschwürigen Formen der Lepra, mit derFormika, demBothor, dem Saphati und dem T u s i u s der arabischen Aerzte. Paracelsus hielt den morbus (jallicm für eine Complication der Lepra mit dem Cambucca, worunter er ein unreines Genitalgeschwür verstand. Aus diesen zweien Aussätzen, dem öffentlichen, wie er ihn nennt, und aus dem geheimen „in loco vulvaequot;, entstehen nach ihm die Franzosen, wie aus Ross und Esel ein Maulesel entsteht. Die Cambucca habe der Lepra die französische Tinctur gegeben, woraus lepra cam-huccina entstanden, in die sich nun der alte Aussatz verloren und geendet habe, der eigentlich die wahre Mutter der Blattern, d. h. der (jrosse veröle sei.
Bis zu den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts war also nur darüber die Meinung getheilt, ob die Lustseuche eine neue, cigenthümliche Krankheit, oder ob sie nur ein modificirter Aussatz sei. Erst um diese Zeit wurde, hauptsächlich durch den spanischen
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Priester Oviedo, die Meinung verbreitet, dass die Syphilis aus America nach Italien verschleppt worden, und zwar durch Individuen, die mit Columbus die Entdeckungsreise gemacht und unter dem spanischen General Cordova nach Neapel gekommen sein sollten. Obgleich die ganze Geschichte des Ursprungs der Lustseuche aus Amerika näher beleuchtet, als grundlose Fabel erscheint, so wurde sie doch lange als wahr angenommen, und fand noch an Freind, Astruc, van Swieten, Girtanner, Bosquillon, G i b e r t und Anderen eifrige Vertreter. Selbst G a u t h i e r meint, es sei zu leichtsinnig, die Meinung vom amerikanischen Ursprung der Seuche ganz über den Haufen zu werfen. Im Gegentheil haben Sanchez, Hensler, Thiene den westindischen Ursprung durch die klarsten und gründlichsten Argumente widerlegt, so dass es kaum der Mühe verlohnt, ein Wort darüber zu verlieren.
Eineandere, besonders von Grüner undSprengel vorgetragene Hypothese, ist die, dass die Syphilis durch die aus Spanien vertriebenen Mauren und Juden nach Italien verschleppt worden, aber die sogenannte marranische Pest, an welcher 1493 in Rom an 20,000 Menschen starben , war ein pestartiger Typhus , der von unglücklichen, verkommenen Flüchtlingen ausging, den sie wahrscheinlich schon aus Spanien mitgebracht hatten und über Italien und Frankreich verbreiteten. —
Der Ursprung der Syphilis aus Hindostan, den Schau fuss ermittelt haben will, beruht auf eben so schwachen Gründen, als die ältere Meinung Sydenhams, dass die Neger aus Afrika die Seuche nach Amerika verschleppt haben. Der Idee van Helmonts, dass die Syphilis ans dem acuten ßotz oder der Druse der Pferde entstanden sei, wäre kaum zu gedenken, wenn nicht neuerdings Ricord diese Idee als nicht weit von der Wahrheit entfernt bezeichnet hätte.
Der über Jahrhunderte geführte Streit über das Alter und den wahren Ursprung der Syphilis hat viele neuere Schriftsteller, wie Choulant, Struve, Dit trieb, zu der schon im 16. Jahrhundort von manchen Aerzten gehegten Idee zurückgeführt, dass sie nichts sei, als eine Abart oder Bastardform der uralten Lepra, und diese Ansicht hält auch Simon in Hamburg, dem wir diese historische Skizze der Syphilis entlehnen, nach langer, zweifelhafter Forschung für die natürlichste, einfachste und durch die Analogie der Symptome begründetste.
Hierfür führt er folgende Gründe an:
„Sowohl im Alterthum, als besonders im Mittelalter kommen neben dem Aussatze Harnröhrenflüsse, Genitalgeschwüre, Feigwar-zen und Rhagaden an den Geschlechtstheilen und dem Gesäss über-
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Die Syphilis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 95
aus häufig vor, und sind nicht allein den ärztlichen, sondern auch den nichtärztliehen Schriftstellern geläufigl Ja die Behaftung dieser Theile, die von vielen Wundärzten des Mittelalters als Folge des coitus cum muitere f'oeda sive leprosa bezeichnet wird, galt zum Theil auch als Vorbote des Aussatzes.
Der unreine Coitus, die Hauptquelle der modernen Lustseuche, wird schon von einigen Schriftstellern des Mittelalters als Ursache der Lepra angedeutet. War diese Ansteckungsweise bei letzterer keineswegs die gewöhnliche, so finden wir, dass auch die sogenannten Syphiloiden, die doch zweifellos von genuiner Syphilis abstammen, ebenfalls seltener durch den Coitus, als auf andere Weise anstecken.
Die Aehnlichkeit vieler Symptome des Aussatzes mit denen der secundären und besonders der sogenannten tertiären Lustseuche ist höchst frappant.
Der angeblich heutzutage so oft vorkommende Uebergang der Lustseuche in Aussatz, von dem schon zu Anfange des 16. Jahrhunderts Catanius de Vigo und Ve 11 a sprechen, und von welchem auch bei spätem Aerzten , bei Fischer, Kniphof, Hensler Beispiele vorkommen. Das Scherlievo und die Falcadine, die Sibben s, die Yaws, die Plans, die kanadische Seuche, die krimmsche Krankheit, das mat roug e de C aj enne, die norwegische Kadesyge, die holsteinische Marschkrankheit, die jütländische, die kurländische Seuche etc. sind syphilitischen Ursprungs mit zum Theil leprösen Symptomen. Daher der Streit über die lepröse oder nicht lepröse Natur der genannten Syphiloiden.
Lustseuche sowohl, wie Aussatz, werden von den Eltern auf die Kinder vererbt. Kinder von syphilitischen Eltern, selbst wenn diese auch zur Zeit der Zeugung nicht an syphilitischen Symptomen litten, bekommen bisweilen hartnäckige und unvertilgbare Hautkrankheiten, die den bekannten Formen des Aussatzes entsprechen.
Syphilis und Aussatz können jahrelang im Körper schlummern als latente Krankheiten, oder sich auch bisweilen als nur allgemeine Kachexie ohne specifische Symptome äussern. Endlich
die von den namhaftesten Wundärzten des Mittelalters, Theoderich, Arnald von Villanova, Guido von Choliac, schon gegen viele Formen des Aussatzes erprobte Heilkräftigkeit des Quecksilbers, und namentlich der Einreibungen bis zu anhaltenden Speichelflüssen, wodurch Aerzte und Afterärzte zur Zeit des ersten Ausbruchs der Lustsenche auf die Inunctionen , als das kräftigste Heilmittel derselben vorfielen.
Es ist im hohen Grade wahrscheinlich, dass die Harnröhrenflüsse, die Geschwüre, Condylome an den Genitalien und am Gesäss,
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96nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;lufectionskraukheiten.
die schon in der wüsten, sittenlosen Zeit der römischen Kaiser und noch mehr im rohen, ausschweifenden Mittelalter so überaus häufig waren, nur ein gleichsam örtlicher Reflex des damals so allgemein verbreiteten Aussatzes gewesen sind. Dieser gewissermassen par-ticulare Aussatz der Genitalien und ihrer Umgegend, der unverkennbar in nichts Auderm bestand, als was wir jetzt primäre syphilitische Symptome nennen, gewann durch die entsetzliche Sittenlosigkeit des Mittelalters, durch eine wenig beaufsichtigte und dabei so allgemeine Prostitution, wie wir sie jetzt kaum kennen, mehr und mehr an Virulenz und Selbständigkeit, während der echte, allgemeine Aussatz, als eine dem Abendlande vom Morgenlande aus eingeimpfte Krankheit, mehr und mehr abnahm , als , seit dem Aufhören der Kreuzzüge, der massenweise Verkehr mit dem Morgenlande nicht mehr stattfand.
Bei der allgemeinen Verbreitung des particulären Aussatzes oder in loco vutvae, wie Paracelsus sich ausdrückt, wird es leicht begreiflich, wie der Kriegszug der Franzosen nach Neapel 1494, wo eine rohe, aus allen Ländern zusammengeströmte Soldateska mit den italienischen Dirnen auf eine viehische Weise ausschweifte , zum Ausbruch einer schon lange vorbereiteten Seuche Anlass geben konnte, die in den ersten Decenniën ihres Bestehens den uralten Aussatz in seinen schlimmsten und scheusslichsten Formen noch überbot, und den Stempel ihrer leprösen Abkunft so sichtlich an der Stirne trug.
Man muss bedenken, dass der virulente Zunder in den unreinen und oft so bösartigen Genitalaffectionen seit Jahrhunderten glimmte, und dass es nur einer solchen Gelegenheit, der geschlechtlichen Vermischung so verschiedener Nationalitäten, bedurfte, um ihn der-massen anzufachen, dass er endlich in eine wüthende, die ganze Constitution vergiftende Seuche ausbrach. Und wenn man die dunkle und verworrene Geschichte des ersten Ausbruchs des soge-naxvaten morbus gallicus liest und wiederliest, so bleibt am Ende nur die einzige Thatsache stehen, dass diese Seuche vor dem Kriegszuge nach Neapel in ganz Europa unbekannt war, und dass sie dess-halb von den Franzosen mul Je Neapel und von den Italienern mal f'rancese genannt wurde. Ob schon vor 1494 auf die unreinen Genitalgeschwüre post coitum cum muliere foeda aut meretrice öfter eine mildere, allgemeine Infection gefolgt sei, ist um so schwerer zu ermitteln und nachzuweisen, als der genuine Aussatz ganz ähnliche Symptome darbot, und die derzeitigen Aerzte von conse-CUtiyen Symptomen der genannten Geschwüre nichts angemerkt haben. Wenn V e 11a, ein Zeitgenosse des Ausbruchs der Lustseuche, ausdrücklich bemerkt, dass in den früher bekannten Genitai-geschwüren, aus welchen sich seit 1494 der 7laquo;o/i?/,9 gilaquo;///cM,9 ent-
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Die Syphilis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;97
wickele, keine Veränderung vorgegangen sei, und wenn Aleme-nar 1502 sagt, die neue Seuche entspringe aus den carolis und der varies puiendorum — einer aus dem Mittelalter stammenden Bezeichnung der unreinen Genitalgeschwüre — so müssen wir noth-wendigerweise annehmen , dass bis 1494 eine allgemeine Infection in Folge dieser caroli so selten war, dass sie der Aufmerksamkeit der Aerzte entging, oder, wenn sie vorkam, nicht mit ihnen in Verbindung gebracht wurde. Wir finden dagegen die Bemerkung, dass der Aussatz bisweilen mit Genitalaffectionen anfing, und dass der coitus cum leprosa manchmal Genitalaffectionen nach sich zog.
Auffallig ist allerdings, dass nach dem Auftreten der Lust-seuche auf einmal der Aussatz aus den Büchern der Aerzte verschwindet. Einmal erklärt sieh das daraus, dass diese orientalische Seuche in der That zu jener Zeit im Absterben sich befand, das andere Mal ist wohl anzunehmen, dass noch vorkommende Aussatzfälle nach Auftreten der Lustseuche nur als Folgen dieser betrachtet wurden und nicht als selbstständige Krankheitsformen, was sie denn doch hin und wieder noch gewesen zu sein scheinen. Erst in späterer Zeit bemühte man sich, wieder zwischen Lustseuche und Aussatz zu distinguiren.
Die Aufmerksamkeit musste auch vorzugsweise auf die Lustseuche gelenkt werden, denn beim ersten Auftreten unterschied sich der morbus gallicus durch die Heftigkeit und Schnelligkeit des Verlaufs , durch die Schmerzhaftigkeit und Bösartigkeit der Hautgeschwüre und die enormen condylomatösen Hautauswüchse wesentlich vom Aussatze, der damals viel milder verlief, und von jeher meist erst nach Jahren eine Gestalt annahm, wie die neugeborne Lustseuche schon nach Monaten und selbst nach Wochen. Auch die Halsgeschwüre, die so schnell um sich griffen, die Nasengeschwiire, die so oft den Einsturz und den gänzlichen Verlust der Nase nach sich zogen, die nächtlichen Knochenschmerzen, die Tophen und Caries waren Symptome, welche man in der Heftigkeit und Bösartigkeit beim Aussatz nie gekannt hatte. Zwar deutet auch die heisere Stimme beim Aussatz auf bedeutende Affection des Schlundes und des Kehlkopfs, und auch beim Aussatz fiel die Nase nicht selten ein. Aber das geschah nur in den schlimmsten Fällen und nach jahrelanger Dauer der Krankheit, während beim neuen morbus gallicus diese Zufälle mit furchtbarer Rapidität aufeinander folgten. Dieser gewissermaassen acute Character der neuen Seuche, diese rasch zerstörende Wuth der Symptome, überdauerte kaum die ersten zehn Jahre; schon bald nach Anfang des 16. Jahrhunderts verlor der morbus gallicus an Intensität, die Hautausschläge wurden trocknerund unschmorzhafter, die bösartigen Geschwüre seltner, aber die Knochenschmerzen und Tophen vervielfältigten sich in dem
Gleisberg, verglüichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 7
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Maasse, als die unzweckmässigen und grösstentheils unzulänglichen' Quecksilberkuren häufiger wurden. Die impetiginösen und her-petischen Ausschläge, die gewöhnlichen Symptome in seiner milderen Artung, kamen wieder häufiger zum Vorschein, und so kann man sich's erklären, warum bei manchen Aerzten schon im ersten Decennium des 16. Jahrhunderts vom Uebergange des morbus (jallicus in Lepra die Rede ist. Später kam auch noch dieAlopecie, das Ausfallen der Nägel und Zähne dazu, lauter Symptome des alten Aussatzes , die aber vermöge der ursprünglich leprösen Natur des morhtts yallicus sehr begreiflich werden. Catanius spricht sogar schon 1504 vom Uebergange des morbus gallicus in Elephantiasis, eine Ausartung, die auch von vielen spätem Aerzten beobachtet worden ist.
Der morbus gallicus, die Syphilis oder Lustseuche, hervorgegangen aus den ansteckenden aussätzigen Genitalaffectionen, ist eine Tochter des Aussatzes, und kann unter gewissen Umständen wieder zur Mutter des Aussatzes werden. Soweit Simon.
Die Entstehung der Syphilis ist, da gegenwärtig eine Selbstentwickelung derselben ausgeschlossen werden muss, an die Ueber-tragung des syphilitischen Virus geknüpft, was sich nicht zu allen Zeiten während der syphilitischen Erkrankung entwickelt, sondern nur an die Absonderung gebunden zu sein scheint, welche die primären Genitalgeschwüre, Condylome und die Hals- und Mund-tiffectionen liefern. Also gleichsam nur im Anfange des Processes wird ein Secret geliefert, was weitere Infectionen hervorzurufen vermag. Nach Erfolg der allgemeinen Infection sind nur deren erste Wirkungen virulent (Halsgeschwüre und Condylome), alle spätem Manifestationen der allgemeinen Infection scheinen nur in Ausnahmsfällen sich zu übertragen, in der Regel entbehren sie jeder ansteckenden Natur, jedoch mit der Einschränkung, dass die Frucht von der Seite des Vaters wie von der Seite der Mutter bezüglich dieser Immunität entschieden ausgeschlossen ist.
Ein Mann, der mit allgemeiner Syphilis in die Ehe geht, vererbt die Syphilis in der Regel auf seine Descendenten, die in Folge dessen entweder vorzeitig, meist innerhalb des ersten Lebensjahres, zu Grunde gehen, oder die erst später, oft erst nach der Pubertät, von Syphiloiden befallen werden. Die allgemein syphilitische Mutter gebiert in den seltensten Fällen ein lebendiges Kind; in der Regel stirbt es im 4. — 6. Monat der Schwangerschaft ab, und wird so halbverfanlt geboren.
Die allgemein syphilitische Erkrankung wurde bis jetzt aus der localen hergeleitet, welche in der Form des Chaukers auftritt. In noch früherer Zeit leitete man die syphilitische Erkrankung von jeder venerischen Affection her, und glaubte, es ent-
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Die Syphilis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 99
stehe die Syphilis eben sowohl nach Gonorrhoe, als nach Chanker. Ich schliesse mich aber ganz entschieden der Meinung meines Lehrers Sigmund in Wien an, dass die Tripperseuche mit der Chankerseuche Nichts gemein habe, als den locus vulvae. Gegen-theilige Beobachtungen, wo nach Tripper allgemeine syphilitische Erscheinungen auftraten , sind nicht nur äusserst selten, sondern sie müssen auch sehr vorsichtig hingenommen werden. So kam vor einiger Zeit ein verheiratheter Mann mit einem syphilitischen Geschwür an der Stirn zu mir. Auf die Frage, ob er früher venerisch krank gewesen sei, räumte er ursprünglich nur einen Tripper während seiner Militärdienstzeit ein. Erst auf eindringliches Zureden , dass die volle Wahrheit zu erfahren nothwendig sei, um die entsprechende Kur einzuleiten, gestand er zu, vor einem Jahre einen Chanker gehabt zu haben. Schliessen wir es also aus, dass Tripper jemals eine allgemeine syphilitische Infection erzeuge, so bleibt uns nur das primäre Genitalgeschwür als der Ausgangspunkt der allgemein syphilitischen Erkrankung. Jedoch muss auch bei diesem bemerkt werden, dass nicht jeder Chanker allgemeine Syphilis nach sich zieht. So lange der Chanker weich ist, sind keine allgemeinen Erscheinungen zu fürchten. Sowie aber seine Basis sich erhärtet, sobald der Geschwürsgrund eine backsohüsselförmige, verschiebbare Induration darstellt, ist der Anfang der allgemeinen Syphilis gegeben.
Die Impfversuche mit Chankersecret haben nun das ganz merkwürdige Resultat, geliefert, dass der weiche Chanker zwar ver-impfbar ist, nicht aber der harte. Dies führte zur Idee der Syphilisation. Man nahm an, dass ein Sättigungspunkt des Körpers mit syphilitischem Gift existire, und dass der erst erreicht sein müsse, ehe Heilung der syphilitischen Affection eintreten könne. Zur Widerlegung dieser höchst barocken Methode will ich nicht verschreiten, denn sie hat sich selbst gerichtet, da nur der nicht-verimpfbare Chanker allgemeine Syphilis nach sich zieht, aber die vielfach in Krankenhäusern vorgenommene Inoculation der Syphilis führte zu einer neuen Idee über die Natur des syphilitischen Contagiums , der zu Folge die Syphilis als eine Krankheit zu betrachten sei, welche vom Chanker mehr oder weniger unabhängig wäre. Und es ist gewiss nicht unberechtigt, nach dem dermaligen Stande unseres Wissens drei venerische Contagien anzunehmen, die nichts mit einander gemein haben, als den Fundort und die Infectionsstelle ; nämlich : Ein Contagium des Trippers, des Chankers und der constitutionellen Syphilis.
Die wesentliche Primärwirkung des syphilitischen Contagiums ist, dass es eine Induration an jenen Stellen hervorbringt, an welchen es haftet.
Die Gewehsalteration in Folge der Einwirkung des syphilitischen
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100nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Infectionskrankheiten.
Giftes wird in einem viel späteren Stadium hervorgebracht, als die Einwirkung des Tripper- und Chankergiftes zur Beobachtung gelangt. Alle möglichen Fälle der Combinationen der venerischen Giftwirkungen können in einem Individuum vorkommen. Entweder es wirkt nur Tripper-, oder nur Chanker-, oder nur Syphilis-gü't ein, oder je zwei dieser Gifte, oder alle drei gleichzeitig. Haftete das Gift der constitutionellen Syphilis allein, so wird sich mehrere Wochen nach Ausübung eines suspecten Coitus eine harte Stelle an den Genitalien bilden, welche verschwärt und zur Bildung des Hunter'schen Chankers führt. Oder es wirkte gleichzeitig Chankergift und Gift der constitutionellen Syphilis ein, und dann bildet sich nach 3—4 Tagen ein Chankergeschwür, welches zwar anfänglich weich ist, jedoch trotz allen Topicis und Merkurialien nicht zur Heilung zu bringen war, nach 14 Tagen, 3 Wochen, selbst 4 Wochen indurirt, und dann in der Regel eines Vierteljahrs bedarf, um zu heilen. Allgemeine Syphilis bleibt hier nie aus. Wirkte nur Chankergift ein, so entsteht ein weiches Geschwür, das innerhalb einiger Wochen heilt, ohne die Zeichen einer allgemeinen Infection nach sich zu ziehen, denn das Chankercontagium bringt nie die Syphilis hervor. — Der Chanker erzeugt wieder Chanker, der ohne Concurrenz des Syphilisgiftes immer weich bleibt, zur vollkommenen Heilung gelangt, und höchstens die nahe gelegenen Drüsen in Eiterung versetzt. Wurde aber gleichzeitig Syphilisgift aufgenommen , so bleibt eine harte Narbe zurück, und von dieser Gewebsverhärtung aus scheint auf den Lymphbahnen die allgemeine Infection des Körpers zu erfolgen.
Es wäre nun die Frage zu erledigen, ob das syphilitische Virus jedesmal zuerst #9632; die Stelle alterirt, an welcher es zur Haftung gekommen , und ob es nicht möglich wäre, dass das Gift in den Lymph- und Blutstrom aufgenommen werde, ohne an jener Stelle, an der es eindringt, eine merkliche Alteration zu erzeugen. Ich kann dies entschieden bejahen. Ein dreijähriges Mädchen, Selma G., schlief bei seiner dreiundzwanzigjährigen, an allgemeiner Syphilis leidenden Schwester. Das Kind bekam eine exquisite macula syphilitica, Geschwüre im introïtus vaginae, auf der Zunge, den Lippen mit unzweifelhaft syphilitischem Aussehen und paternosterformiger Anschwellung der linken Halsdrüsen. Merctirius solubilis Halmemann., pro dosi 1/8 Gran, brachte nach drei Wochen vollständige Wiederherstellung. Daraus geht hervor, dass, wenn auch in seltenen Fällen, so doch der nahe Umgang ausreicht, um constitu-tionelle Syphilis ohne geschlechtliche Vermischung zu übertragen.
Die Kinder des Schuhmachers Seh. in L. verkehrten viel und nahe mit einem Frauenzimmer, die früher einen lüderlichen Lebenswandel geführt hatte, und an syphilitischen Gaken und Hautge-
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Die Syphilis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;101
schwüren litt. Das Alter der Kinder war 11, 7, 5 und 2 Jahre. Alle vier waren mit nässenden, breiten Condylomen am After behaftet , als ich dieselben untersuchte, die bei dem siebenjährigen zu Lymphangioitis und Drüsenvereiterung der rechten Seite führten. Der älteste Knabe ging an Diphtheritis des Hintermundes und Kehlkopfes zu Grunde, die drei andern Kinder genasen unter einer raerkuriellen Behandlung und der topischen Anwendung einer con-centrirten Höllensteinlösung.
Die Spielgenossen dieser Kinder waren ein Mädchen von 0,und ein Knabe von 3 Jahren des Schmiedes L. Zum Mädchen wurde ich gerufen, als dasselbe bereits moribund in Folge einer suppurativen Entzündung beider Ohrspeicheldrüsen war. Dasselbe hatte ebenfalls breite Condylome am After, wie sein kleiner Bruder. Der Knabe genas unter Darreichung des Calomels in refracta dosi.
Also trotzdem, dass die Impfungen mit dem Product der secundären Affectionen in der Regel erfolglos bleiben, geht doch aus diesen Beispielen hervor, dass auch die weiteren Folgen der syphilitischen Infection virulente Producte zu liefern vermögen , die auf aussergeschlechtlichem Wege übertragbar sind, und nicht noth-wendig an der Uebergangsstelle eine bestimmte Gewebsveränderung hervorrufen müssen, wie der Fall bei der dreijährigen G. beweist. Aber selbst das Vorkommen der breiten Condylome bei den Kindern des Schuhmachers S. und des Schmiedes L. schliesst eine Contact-wirkung als Ursache der Condylombildung aus, da kein Nachtgeschirr , kein Abort von den Kindern wie von jener Frauensperson gemeinsam benützt wurden , und das Frauenzimmer ausserdem nicht an Condylomen litt.
Symptome des Chankers und der constitutionellen Syphilis:
Der weiche Chanker stellt ein unregelmässiges, gewöhnlich rundliches Geschwür mit der Tendenz sich zu vergrössern dar. Die Ränder des Geschwüres sind scharf abgeschnitten, und scheinen wie zernagt. Der Boden des Geschwüres hat ein speckiges Aussehen, welches darauf beruht, dass das mit entzündlichem Exsudat infiltrirte Gewebe im Zerfall begriffen ist. Die häufigste Complication ist ein entzündliches Oedem der Vorhaut, welches zur Bildung von Phymose und Paraphymose führt, und bei enger Mündung des Präputiuras von einer eczematösen Entzündung der Innern Vorhaut und der Haut der Eichel begleitet ist.
Der indurirte Chanker entwickelt sich selten aus einem Bläschen oder einem Erythem, aus welchem sich nach Abstossen der Epidermis ein Geschwür bildete, dessen Grund oder dessen Umgebung sich später indurirte, im Gegentheil geht er mit wenig Ausnahmen aus einer festen Induration hervor. Jene Ausnahmen
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sind mehrfach constatirt, und so kommt es in der That vor, das? ursprünglich ein weicher Chanker vorhanden ist, der sich erst später indurirte, und es muss angenommen werden, dass das Contagium des Chankers und der Syphilis hier gleichzeitig einwirkten. Einmal erhärtet oder ursprünglich hart, erhebt sich der Chanker über die Umgebung (m/cm* elevatum). Man fühlt an der erkrankten Stelle eine mehr oder weniger dicke, knorpelhafte Scheibe, deren Oberfläche meist glatt ist, und nur eine spärliche, dünne Flüssigkeit absondert. Durchaus fehlen dem harten Chanker das speckige Ansehen und die zernagten Ränder. Die Heilung lässt in der Regel Monate auf sich warten, sie erfolgt nur. wenn entweder durch fettige Usur oder durch Verschwärung die Induration verschwand, mit der Hinterlassung einer harten Narbe, die erst nach Jahren bis auf einen weissen Narbenstreif schwindet.
Der phagedänische Chanker gewinnt rasch grosse Flächenausdehnung, ist eine Complication des weichen Chankers, und entwickelt sieh aus einem diphtheritischen Infiltrat des Geschwürsgrundes. Das grünliche, missfarbige, mit einem zackigen Rande umgebene Geschwür ist von einem kupferrothen Hofe umgeben, und führt bisweilen zu bedeutenden Zerstörungen der Vorhaut , Glans, der Haut des Scrotums oder der labia ma/'ora, des Dammes in der Umgehung des Afters. Mitunter treten hier auch bedeutende Blutungen ein.
Der gangränöse Chanker kann sich aus dem weichen, wie aus dem harten entwickeln, und setzt ähnliche, aber noch gefährlichere Verwüstungen.
Der syphilitische Bubo ist entweder ein entzündlicher, oder ein chronisch indolenter. Weiche Chanker, zumal solche, welche am Phrenulum sitzen , compliciren sich am häufigsten mit eiternden Bubonen. Bei indurirten Chankern gehört diese Complication mit zu den Ausnahmen. Der entzündete Bubo schwillt entweder wieder ab, und verschwindet durch Resorption, oder er geht in Eiterung über.
Da der vereiternde Bubo sich in der Regel zu we-chem Chanker gesellt und nicht zum indurirten, so erklärt sich hieraus recht leicht die früher allgemein angenommene Behauptung, dass der eiternde Bubo vor allgemeiner Syphilis schütze. Der weiche Chanker zieht diese an und für sich nicht nach sich , daher diese Fabel. Gesellte sich der eiternde Bubo zu einem weichen Chanker, der später indurirte , so folgen der Bubovereiterung ebensowohl die Erscheinungen einer allgemeinen Infection, als wäre die Drüse nicht vereitert.
Bei empfindlichen Personen kann sich zur Drüsenvereiterung Fieber gesellen. Gangränescirte der Bubo, so können die Erschei-
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nungen einer allgemeinen Erkrankung eine bedeutende Höhe erreichen.
Der indolente Bubo folgt vorzüglich und fast ausschliesslich auf den indurirten Chanker. Er beschränkt sich nicht auf einzelne Lymphdrüsen, sondern er ergreift eine grosse Zahl derselben.
Die Condylome treten bald als spitze, bald als breite auf. Die erstem sind zugespitzte, trockne, #9632;warzenähnliche und meist sehr kleine Excrescenzen, die oft in grosser Zahl an der Glans, am Prae-putium, an der innern Fläche der labia majora. im introitm vaginae etc. angetroffen werden.
Die breiten Condylome sind weiche, mit breiter Basis aufsitzende, nässende Wucherungen des Papillarkörpers, welche am Scrotum. After, bei den Frauen vorzüglich an den la/ms majoribvs angetroffen werden. Sie sind meist Zeichen einer allgemeinen Infection, treten aber sehr früh auf, meist 4 bis 8 Wochen nach überstandener Primäraffection. Ausnahmsweise kommen die breiten Condylome über den ganzer Körper verbreitet vor. Dann treten sie aber in jene Reihe syphilitischer Symptome ein , die wir tertiäre Syphilis nennen. Festzuhalten ist hier, class es keine Stelle der Haut giebt. wo man bei allgemeiner Lues condylomato.se Bildungen nicht schon einmal beobachtet hätte. Bisweilen treten sie sogar auf der Schleimhaut des Mundes auf, besonders an den Zungenrändern.
Bezüglich der syphilitischen Exantheme ist zu bemerken, dass dieselben nur durch äas virus der constitutionellen Syphilis hervorgerufen werden. Während die syphilitische Natur der Condylome, namentlich der spitzen, noch zweifelhaft ist, kann bei dem Ausbruch eines venerischen Exanthems allemal auf allgemeine Lues geschlossen werden. Es kommen alle möglichen Efflorescenzen hier vor: Der Fleck , die Papel, das Bläschen, die Pustel, der Tuberkel, der Knoten , die Pityriasis wie die Psoriasis. Diesen Exanthemen soll eine Kupferröthe eigenthümlich sein, aber auch andre Farben kommen hier vor, wie namentlich die Schinkenfarbe, das Violette, Gelbe. Man schreibt diesen sogenannten Syphiliden eine Kreisform zu. Dies gilt ganz besonders für die Makel und die Psoriasis. Die Bläschen-, Pusteln-, Tuberkeleruptionen nehmen meistentheils kreisförmige Stellen der Haut ein, zeigen die Tendenz zum Heilen, besonders in der Mitte, und schreiten an der Peripherie weiter. Es können sich .zwei solche serpiginöse Processe begegnen, wodurch oft eigenthüni-liche Figuren gebildet werden {tinea figura/a der Aelteren). Die Bildungen sind bisweilen nicht so massenhaft, als bei den nichtsyphilitischen Exanthemen. Dies gilt ganz besonders für die Psoriasis, welche, in die Reihe constitutionell syphilitischer Erscheinungen eintretend, äusserst feine Schüppchen entwickelt, diesichauf einer violett
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oder kupferroth gefärbten Haut in Kreis- oder Scheibenform vorfinden , und sich mit grösster Leichtigkeit abkratzen lassen. Die Psoriasis no7i syphilitica bildet massenhafte Schuppen, die der Haut innig adhärent sind, und die sich nur schwer abkratzen lassen, wobei die Haut blutet. Die nicht syphilitische Psoriasis befallt die Streckseiten, die syphilitische die Beugeseiten etc. Verdächtig ist ganz besonders, wenn ein Exanthem, was in der Regel an einer bestimmten Stelle auftritt, z. B. die Psoriasis an den Ellenbogen, an den Knieën, an einer anderen Stelle erscheint (Hohlhand, Fusssohle).
Eine weitere Eigenthümlichkeit der syphilitischen Exantheme ist, dass die Syphiliden gern an den Hautpartieen ausbrechen, welche der Luft ausgesetzt sind, dass sie meist solche Stellen wählen, wo die Haut unmittelbar auf den Knochen liegt, dass sie höchst selten ein Jucken hervorrufen , und dass unter ihnen die tuberkulösen , nodösen Formen eine grosse Neigung haben, in das ulcus syphiliticum cutanaum überzugehen. Dasselbe hat scharfe Ränder, laquo;nen speckigen Grund, ist fast ausnahmslos rund, heilt und bricht wieder auf. Die Narben sind weiss oder violett, atlasslänzend. nicht an die Unterlage angelöthet.
Oberflächliche Exulcerationen beobachten wir namentlich auf der Schleimhaut des Mundes, der Gaumenbögen , ausnahmsweise im Larynx.
Die syphilitischen Knochenaffectionen kommen vorzugsweise an den Schädelknochen vor. Hier entwickeln sich die Gummi-geschwfilste, die Tophi. Die ersten enthalten in ihrem Innern eine klebrige Flüssigkeit. Sie gehen, wie die Tophi, vom Periost aus. Letztere sind geradezu nichts anderes, als umschriebene periostitische Exsudate. Dieselben haben keine Tendenz zur Vereiterung, wohl aber zur Ossification. Lieferte die periostitis syphilitica ein eitriges Product, so kommt es zum Bioslegen des Knochens. Die ernährenden Gelasse, die von der Knochenhaut aus in den Knochen eindringen, werden hier zerstört, und deshalb stirbt der Knochen entweder in Form von Caries oder Nekrose ab. Am gefürchtetsten und bekanntesten sind die auf diese Weise erzeugten Zerstörungen des Nasengerüstos. Bei der Syphilis kommt aber auch noch eine andere Knochenzerstörung vor, die uns Bruns genauer kennen lehrte, nämlich die anostosis ewcentrica. Hier kommt es zur Kno-chenusur durch allmälige Erweiterung der Markraüme des Knochens, durch Wucherung und Schwellung des die Markraüme erfüllenden Gewebes.
Die Sarcocele geht von der Albuginea aus, ist eine Bindege-webswuchenmg, die sich zwischen die Samencanälchen erstreckt, sich später contrahirt, und eine derbe, schwielige BeschafTenheit annimmt.
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Der Gesa ra mtverlauf der Syphilis ist folgender : Die primäre Affection ist abgekeilt, und nun verstreichen meist mindestens einige Wochen, ehe sich Condylome, Exantheme oder andere Folgen der syphilitischen Affection bemerkbar machen, und nachdem diese verschwunden sind, tritt in der Regel eine von Krankheitserscheinungen freie Zeit ein, bis wiederum eine zweite Reihe syphilitischer Affectionen das anscheinende Wohlbefinden unterbricht. Dieser im Verlauf der Krankheit gewöhnlich sich noch öfter wiederholendeWech-sel hat bis jetzt kaum irgend eine plausible Erklärung gefunden. Der Zeitraum, welcher zwischen der Heilung des Chankers und dem ersten Auftreten von Zeichen der allgemeinen Infection liegt, und der Zeitraum, welcher die einzelnen Attaquen der secundären Affectionen von einander trennt, ist in den einzelnen Fällen verschieden. Die Ursachen dieser Verschiedenheit, die Dauer, welche die Latenz abkürzen oder sie verlängern, sind uns gleichfalls zum grössten Theil unbekannt.
Die Reihenfolge, in welcher die Symptome der syphilitischen Infection auftreten, und die Combinationen, welche sie untereinander bilden, lassen annähernd eine bestimmte Norm erkennen. Wenn Jemand von einem indurirten Chanker geheilt ist, so hat er alle Aussicht nach einigen Wochen oder Monaten von Condylomen, von einem makulösen Exanthem, von einer syphilitischen Angina heimgesucht zu werden. Aber er ist zu dieser Zeit sicher vor einem syphilitischen Lupus und einem syphilitischen Knochenleiden. Umgekehrt , wenn Jemand seit Jahren wiederholte Rückfälle syphilitischer Affectionen gehabt hat, so ist er in Gefahr, von destruirenden Erkrankungen der Haut und des Unterhautbindegewebes, von Caries und Nekrose heimgesucht zu werden, aber nicht von breiten Condylomen oder von einer roseola syphüitica. Man hat diejenigen Ernährungsstörungen , welche, sich häufig miteinander combinirend, in der Reihenfolge der syphilitischen Affectionen die erste Reihe einzunehmen pflegen, als secundäre Syphilis, diejenigen, welche, ebenso häufig mit einander combinirt, erst später zu folgen pflegen, als tertiäre Syphilis bezeichnet.
Zur secundären Syphilis rechnet man: die indolenten Bubonen, die Condylome, das Rachengeschwür, die syphilitischen Gaken , die Excoriationen auf der Mundsehleimhaut, die verschwinden und wiederkehren, und ein, wenn auch wenig gefährliches, doch sehr lästiges Zeichen der Syphilis darstellen; die roseola syphili-tica; die psoriasis palmaris etplantaris; die impetigo syphüitica; das pustulöse und vesiculöse Syphilid, kurz alle syphilitischen Exantheme, mit Ausschluss der tuberkulösen und lupöson Form. Mitten inne zwischen secundärer und tertiärer Syphilis steht die iritis syphililica, die, wenn sie überhaupt eintritt, sich in der Regel in
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jener kürzern oder längern Pause zeigt, welche zwischen die secun-dären und tertiären Affectionen fällt.
Die tertiäre Syphilis, die selbst 10 Jahre nach dem Ab• heilen des indurirten Chankers eintreten kann, befällt Haut, Knochen . Muskeln und innere Organe. Auf der Haut erscheinen jetzt die hypertrophischen Formen, wie die Gummata, die Nodi, die Tu-berkula, die alle aus Hypertrophieen des Papillarkörpers und der Unterbaut hervorgegangen sind, und grosse Neigung zum Zerfall und zur Geschwürsbildungbesitzen. Aus diesen nodösen und tuberkulösen Formen entwickelt sich auch in der Regel das ulcus syphilitictim cutaneum. Die syphilitischen Hautgeschwüre bieten trotzdem, dass sie aus tuberkulösen und nodösen Formen hervorgingen, keine infiltrirten Ränder dar, vielmehr sind dieselben scharf, der Grund hat ein exquisit speckiges Ansehen, die Umgebung der Geschwüre ist spiegelnd, blauroth oder Schinkenfarben: sie heilen mit atlasglänzender, glatter Narbe, und haben grosse Neigung wieder aufzubrechen. — Die tertiär-syphilitische Muskelerkrankung besteht in Fibrillenschwund und Substitution der Muskeln durch Bindegewebe. — Die Knochen sind entweder Sitz einer Neurose, der so gefürchteten dolores osteocopi, oder irritativer Vorgänge in der Beinhaut mit Bildung des syphilitischen Osteophyts, oder diese Reizungsvorgänge finden in der Knochensubstanz selbst statt, dann bekommen wir entzündliche Hyperostosen; oder der Vorgang hat hier einen exquisit destru cti ven Character, und dann entstehen Caries und N e k r o s e der Knochen. — Bisweilen sehen wir auch die Leber von der tertiären Syphilis befallen, wobei sich gummöse Knoten im Leberparenchym bilden, welche später schrumpfen und characteristische Narben in der Leber zurücklassen, die Bochdalek für in Heilung begriffenen Leberkrebs hielt. Ja selbst Erkrankungen des Gehirns und der Gehirnhäute setzt man auf Rechnung der tertiären Syphilis.
Vergleicht man diese beiden Reihen von pathologischen Erscheinungen mit einander, so ergiebt sich, dass die secundären einen minder bösartigen, d. h. weniger destruirenden Character haben, als die tertiären Affectionen, und dass sie sich gewöhnlich auf die oberflächlichen Gebilde, auf die Haut und Sehleimhaut erstrecken, während die tertiären Affectionon auch auf die tiefer gelegenen Organe übergreifen. Die Eintheilung in secundäre und tertiäre Formen bewährt sich zwar in der Regel, doch sind auch Ausnahmen bekannt, wo destruirende Knochenleiden die ersten oder doch frühzeitigen Symptome der allgemeinen Infection abgaben.
Die Gegner der merkuriellen Behandlung beschuldigen das •Quecksilber, dieses frühzeitige Auftreten tertiärer Symptome zu bewirken, ja sie gehen noch weiter, und behaupten geradezu, dass der
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Merkurialgebrauch, indem er den nachtheiligen Einfluss der syphilitischen Infection auf den Organismus steigere, überhaupt das Zustandekommen tertiärer Zufälle verschulde. Die Syphilis, wenn sie nicht mit Merkur behandelt sei, lasse die Knochen stets verschont. — Diese Behauptung in dieser Form in die Welt hinaus posaunt, musste schaden, und hat auch in der That viel Unheil gestiftet. Denn wenn auch zugegeben werden muss, dass durch unzeitigen und ttbermässi-gen Merkurgebrauch bei der Behandlung der Syphilis mannigfach geschadet wurde, so sind die Fälle zweifellos entschieden der Zahl nach die überwiegenden, wodurch eine nicht merkurieile Behandlung oder durch eine nicht ausreichende Anwendung des Merkurs, besonders nach der so beliebten Exstinctionsmethode, die Patienten dem Siechthum der tertiären Syphilis zum Opfer fielen. Viele Nasenstege, viele harte Gaumen wären sicher erhalten worden , hätte man statt der D z o n d i 'sehen Pillen während der Primäraffection lege artis die Schmierkur angewandt. Die Behauptung, dass die Kno-chenaffectionen durch Quecksilbergebrauch hervorgerufen würden, dass sie also die Zeichen einer Quecksilberintoxication wären, lässt sich am Besten dadurch widerlegen, dass die Frequenz der Knochenleiden , wie überhaupt die der tertiären syphilitischen Affectionen, wenigstens doppelt so gross bei Frauen, als bei Männern ist. Dieser statistische Nachweis ist von Sigmund geliefert. Derselbe erklärt das häufigere Vorkommen tertiär syphilitischer Erscheinungen bei Frauen durch den Umstand, dass sich das quot;Weib toleranter gegen den Chanker verhalte, als der Mann, weshalb es käme, dass beim Weibe viele Fälle von PrimärafFectionen ganz unbehandelt blieben. Also nicht die Häufigkeit merkurieller, sondern der nichtmerkuriellen Behandlung steht im geraden Verhältniss zur Frequenz der tertiären Syphilis. Doch etwas Wahres hat die oben aufgestellte Behauptung denn doch. Nämlich, sobald die Constitution des Syphilitischen zerrüttet ist, so tilgt in vielen Fällen der Merkurgebrauch nicht nur die bestehenden syphilitischen Affectionen nicht, sondern die später laquo;intretenden Attaquen scheinen unter seiner Anwendung nur an Bösartigkeit zu gewinnen.
Das Allgemeinbefinden bei Syphilis, die Rückwirkung auf den Gesammtorganismus, äussert sich nur in den seltensten Fällen in Form eines Fiebers und dann wohl vorzüglich beim Eintreten der Secundäraffectionen oder beim vereiternden entzündlichen Bubo. Anders verhält es sich mit dem Reflex auf die allgemeinen Ernäh-rungsvorgänge. Die an allgemeiner Lues leidenden Personen haben nie ein blühendes Aussehen. Treten wiederholt Rückfälle ein, wird #9632;die Nachtruhe durch die dolores osteocopi dauernd gestört, consu-miren langwierige Eiterungen viel Stoffe, ist dabei die Diät eine beschränkte, und werden gleichzeiti? angreifende Merkurialkuren
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angewendet, so bedarf es wahrlich keines weitern Erklärungsmo-ments, um das Eintreten der sogenannten cachema syphilitica begreiflich zu l'mdeu. Mitunter kommt es hier zu hydropischen Erscheinungen und unter allgemeiner Entkriiftung zum Tode. Die Section ergiebt dann Wasseransammlungen in den verschiedenen serösen Höhlen und in der Unterhaut, die characteristischen Narbenbildungen auf der Haut, der Mund- und Eachenschleimhaut und eine amyloide Degeneration der Nieren, der Milz, der Leber; doch ist diese der Syphilis keineswegs eigenthümlich, denn wir begegnen derselben nicht nur beim Weehselfiebersiechthum, sondern auch bei langwierigen Knocheneiterungen.
Der Ausgang in Tod bei Syphilis ist bei der enormen Frequenz dieses Krankheitszustandes unter der Bevölkerung grosser und grös-serer Städte so selten, dass er im Allgemeinen geradezu verschwindend ist. Denn so verzweifelt auch manche Fälle von Syphilis aussehen , so prononcirt auch die cachexia syphilitica sein mag, immer haben diese Zustände die Tendenz zu heilen, selbst unter den ungünstigsten äusseren Verhältnissen. Mitunter bedrohen schon frühere Zustände das Leben des Inficirten , wie ganz besonders das Gangränesciren vereiternder Buboneu, was bisweilen rasch um sieh greift, und Muskulatur oberhalb, sowie Schenkelgefässe und die Muskeln unterhalb des Poupartisehen Bandes in ziemlicher Ausdehnung bioslegt. Jedoch ist das Gangränesciren der Bubonen ziemlich selten. Es kommt meist nur in überfüllten Spitälern vor, und steht demnach in einer Linie mit dem Hospitalbrand. So waren im Hochsommer 1853 alle eiternden Bubonen auf der Sigm und'schen Abtheilung in Wien für syphilitische Frauen gangränös geworden.
Vollständige Genesung ist beim weichen Chanker innerhalb weniger Wochen die Regel, nicht so beim harten, der trotz der zweckmässigsten Behandlung nur inden seltensten Fällen, wie einige Autoren behaupten, gar nicht, ohne anderweite Gewebsstörungen heilt. Auf jeden Fall ist der Ausgang in unvollständige Wiederherstellung der häuflgste. Denn sowie ein Chanker indurirte, so ist nach meiner Erfahrung dieser Ausgang nach Abheilung des Chankergeschwürs fast die Norm, und es bedarf oft vieler Jahre, ehe jede Spur einer Gewebsstörung hier getilgt ist, ja Fälle, wo sich bis in das hohe Alter Spuren früherer syphilitischer Infection erhielten , sind durchaus keine grossen Seltenheiten. Diese Ernährungsstörungen sind oft so unbedeutend, dass sie von leichtfertigen Personen kaum beachtet werden, so die maculae syphiliticae, psoriasis orbicularis, figurata an irgend einer Stelle der Haut, oft in ganz beschränkter Ausdehnung ; oder es blieben Drüsenanschwellungen am Ellenbogen, am Hinterhaupt oder am Halse zurück; oder jene oben erwähnten Gaken und oberflächlichen Exulcerationen der
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Mundschleimhaut etc. Diese Zustände bessern sich und verschlimmern sich, und stellen in der Regel die Brücke zwischen den primären und secnndären, sowie zwischen den secundären und tertiären syphilitischen Aff'ectionen dar. Namentlich kommen diess oberflächlichen Exulcerationen der Schleimhäute ziemlich früh und oft schon während des Bestehens des Hunt ersehen (indurirten) Chan-kers vor.
Die Nachwirkungen der syphilitischen Infection scheinen sich oft nach längerem, mehrjährigem Bestehen ganz erschöpft zu haben, und dennoch sind die Wirkungen vor der Hand nur latent. Dies beweisen jene Beobachtungen, denen zu Folge Meretrices , die solid wurden und heiratheten, meist zu Anfange ihrer Ehe trotzdem, dass dieselben bei ihrer Verheirathung keine Zeichen von constitutioneller Syphilis darboten, nur todte, halbverfaulte Früchte zur Welt brachten, und Väter, welche zwar vor der Ehe syphilitisch, aber als sie die Kinder zeugten, frei von jedem Symptom der Syphilis waren, kränkliche, elende Kinder erzeugen, die meist im ersten Lebensjahre trotz der günstigsten äussern Verhältnisse marastisch zu Grunde gehen, und bei welchen Stirnausschläge, Bhogaden am Munde, am After, oder wohl gar condylomatöse Bildungen den syphilitischen Ursprung ihrer Leiden genügend bekunden. Haben sich endlich die Wirkungen der syphilitischen Infection im Vater und der Mutter erschöpft, so vermögen dieselben nun kräftige, gesunde Kinder zu erzeugen.
Demnach müssen wir behaupten , dass die syphilitische Infection, die eine Infection sul generis ist, sich von der mit Chankergift und Tripper wohl unterscheidet, ursprünglich nur an einer beschränkten Stelle haftet, aber von da aus nach und nach innerhalb eines Zeitraums von mehreren Jahren Gewebe um Gewebe inficirt, und in ihnen bestimmte Ernährungsstörungen einleitet, denen allen , selbst den hyperplastischen Störungen, der destructive Charakter inne wohnt. Es ist hierbei nicht anzunehmen, dass das syphilitische Gift im Körper seine eignen Wirkungen überdauere, vielmehr spricht die Nichtcontagiosität der schwersten — tertiären — Syphilisformen für einen Untergang des Contagiums nach Abheilen der primären syphilitischen Aff'ectionen. Denn sind einmal diese Ernährungsstörungen eingeleitet, so pflanzen sie sich, ohne Concurrenz des Erregers, von Gewebe zu Gewebe fort, ja diese Bewegung beschränkt sich sogar nicht auf den eignen Körper, sie trägt sich selbst auf den Keim, die Frucht über, in diesen analoge Veränderungen wie im Aolternorganismus hervorrufend. Aus diesem Verhalten des syphilitischen Contagiums und seiner Wirkungen geht hervor, dass es kein besseres Heilmifel für inveterirte Syphilis giebt, als die Zeit. Denn gleichwie das Gesetz der Trägheit jeder Körperbewegung endlich Halt gebietet, so ist es auch mit den durch das syphilitische Virus
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hervorgerufenen Gewebsalterationen, sie erschöpfen sich endlich, indem ihnen durch die normalen Ernährungsvorgänge, wie jeder mit-getheilten Bewegung durch das Beharrungsvermögen, Grenzen gesetzt werden.
Die vererbte Syphilis ist eine bestim mte, vom väterlichen Organismus mitgetheilte Bewegungsrichtung in den Ernährungsvorgängen, die sich entweder unmittelbar nach der Geburt oder erst später in bestimmten Ernährungsstörungen manifestirt, und in dem letzteren Falle exquisit in der Rückkehr zum Aussatz begriffen ist. Denn die lupösen Erkrankungen der Haut, welche unzweifelhaft auf vererbt syphilitischem Boden stehen, sind gleichsam nur ein local beschränkter Aussatz. Ich meine hier den lupus hypertrophicus, exf'oliuiivus, exedens mit der unverkennbaren Tendenz zur Heilung, wenn auch mit furchtbar entstellenden Narben. Bei uns kommt der Lupus in der Regel im Gesicht, nur ausnahmsweise an andern Körpertheilen vor. In den Tropengegenden, besonders im Orient, aber auch in der neuen quot;Welt, in Westindien, begegnen wir der lupösen Form der Syphiloiden über den ganzen Körper als Aussatz verbreitet. Ich habe nur einen derartigen Fall bei einem Westindier, Namens Oppenheimer, einem Plantagenbesitzer aus Set. Domingo, beobachtet, der sich in der Hoffnung nach Europa wandte, von seinem fürchterlichen Uebel geheilt zu werden. Das ganze Gesicht, die Haut des Rückens , der Brust, der Extremitäten, besonders der Hände, Fingerund der Unterschenkel boten alle Entwicklungsstufen des Lupus in grosser Flächenausbreitung dar. Die Haut war blauroth, glänzend, exquisit hypertrophisch, stellenweise in ein reticuli'rtes Narbengewebe verwandelt; das Sehvermögen war durch Hornhautmakeln complet aufgehoben , die Haut beider Unterschenkel zeigte sich in grosse Geschwüre verwandelt, während der Lupus der Hände zu theilweisem Ablösen der Fingerglieder führte. — Das Tastgefühl war beschränkt. Gehör und Geschmack intact. Der Tod erfolgte durch Erschöpfung nach einem mehrjährigen Bestehen dieses Uebels.
Aussatzähnliche Syphiloiden, die sogar, gleich der orientalischen Lepra, sich durch nahen Umgang von Individuum zu Individuum übertragen, beobachten wir in Dalmatien als Scherlievo und Falcadine, ferner als eanadische Seuche, als krimmsche Krankheit, als mal rouge de Cajenne etc., wie schon oben angegeben.
Ueberträgt sich die Syphilis auf Thiere? — Bei dem ekelhaften Gebrauche, den manche Lustdirnen von ihren Schosshunden machen, müssten syphilitische Affectionen im Maule der Hunde schon beobachtet worden sein. Doch liegt hierfür nicht eine verbürgte Beobachtung vor. Ueberhaupt ist die Empfänglichkeit der Thiere für die von Menschen stammenden Ansteckungsstoffe
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ausserordentlich gering, während umgekehrt der Mensch sehr empfänglich für Thiergifte ist.
Bei Thieren, namentlich bei Pferden und Schafen, kommt allerdings eine
Chankerseuche
vor, die sich auch durch den Coitus von weiblichen Thieren auf männliche, und umgekehrt, verpflanzt. Bei den weiblichen Thieren findet die ursprüngliche Entwickelung statt.
Die Ursachen ihres ursprünglichen Entstehens sind noch in ein tiefes Dunkel gehüllt. Mitunter zeigt diese Krankheit eine seuchenartige Verbreitung über grössere Landstriche, ohne dass die Bedingungen dieses seuchenartigen Auftretens ermittelt werden; bisweilen vergesellschaftet sie sich mit der Druse, selbst mit Wurm und Rotz der Pferde. — Con tagiös ist sie u nz w eif elhaf t. Die Krankheit hat in ihren reinen Formen einen entschieden milderen Character, als die Syphilis des Menschen, und bleibt, wenn sie nicht zur Selbstentwickelung des Wurms und Rotzes führt, fast ausnahmslos local auf die äussere Haut der Ruthe oder auf die Scheidenschleimhaut beschränkt. Wenn also ein Vergleich mit den venerischen Erkrankungen der Menschen zulässig ist, so würde jene Krankheit derThiere den weichen Chanker, bei welchem nicht selten auch ausgedehnte rosenartige Entzündungen der Vorhaut und Scheide vorkommen, des Menschen repräsentiren.
Bei den weiblichen Thieren stellt sich hier zunächst Röthung, Geschwulst und eine Vermehrung der Scheidenabsonderung ein ; dieselbe ist anfänglich eine farblose, eiweissähnliche Flüssigkeit, welche später trübe , dick, eiterähnlich wird, und zu Krusten vertrocknet , die den Wurf verkleben. Auf der entzündeten Schleimhaut in der Nähe des Kitzlers entwickeln sich linsen- bis erbsengrosse Blasen, welche mit Serum gefüllt sind, dann bersten, und Geschwüre bilden, die sich rasch mit einer Kruste bedecken, unter der das Geschwür mit Zuriicklassung einer weisslichen Narbe heilt. Mitunter sistirt dieserHeilungsprocess, und dann greifen die Geschwüre um sich, und bedecken sich bisweilen mit diphtheritischen Membranen. Diese Diphtheritis der Scheide pflanzt sich hier mitunter bis in die Höhle des Uterus fort, aber auch trotzdem erfolgt hier spontane HeiluBg, wenn auch etwas hinausgeschoben, unter einem copiösen, purulenten, mitunter jauchigen Scheiden- und Gebärmutterfluss, dem diphtheritische Fetzen beigemischt sind. Die Geschwüre heilen unter Verminderung des Ausflusses mit strahligen, constringirenden Narben.
Bei männlichen Thieren, besonders Vaterpferden, entwickelt sich ganz derselbe Vorgang auf der Rutheuhaut. Auch hier
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findet Bläschen- und Geschwürsbildung statt, die Vorhaut betheiligt sich hierbei in Form einer entzündlichen Hautwassersucht, und ist deshalb mitunter sehr bedeutend geschwollen. Die Heilung der Geschwüre erfolgt bei den männlichen Thieren noch schneller, als bei den weiblichen. Ueberhaupt ist bei gut constitutionirten Thieren keine Gefahr für Gesundheit und Leben vorhanden. Bei heruntergekommenen , früher kränklichen Thieren, insbesondere Stuten, stellt sich bisweilen Entzündung der Lymphgefässe, des Euters, der hintern Extremitäten und der Lymphdrüsen dieser Theile ein; es entwickeln sich schliesslich Hautwurm und Kotz, und diesem Umstand verdankt die Chankerseuche den Ruf ihrer ^rossen Gefährlichkeit. Hat sich beim seuchenartigen Herrschen der Chankerseuche der Hautwurm nur bei einzelnen Individuen entwickelt , so ist bei der furchtbaren Contagiosität dieses Zustandes in grossen Pferdehaltereien, Gestüten etc. der Verbreitung des Rotzes begreiflicher Weise Thor und Thür geöffnet, und dem mag es zuzuschreiben sein, dass man von einer Complication der epizootischen Chankerseuche mit dem epiz o o ti s chen Rotz gesprochen hat. Die Behauptung, dass die Chankerseuche der Pferde sich mit Querlähmungen combinire, beruht auf einem groben diagnostischen Irrthum.
Die Chankerseuche der Thiere ist demnach eine erysipela-t ö s e Entzündung der Buthenhaut mit Bläschenentwiekelung (erysipelas bullosum) der männlichen , oder ein diffuser entzündlicher Catarrh der Scheidenschleimhaut der weiblichen Thiere mit einer gleichen Bläscheneruption, Zustände, die bald, gleich den Rosen und entzündlichen Catarrhen, sich in einigen Tagen selbst abschliessen, unter ungünstigen constitutionellen Verhältnissen zu diphtheritischen Vorgängen führen, und bei zerrütteter Constitution die Selbstentwickelung des Wurms und Rotzes veranlassen. Die Ursachen der Selbstentwickelung der Chankerseuche sind ungekannt, die Ueber-tragung geschieht bei dem Belegact durch ein Contagium von Individuum zu Individuum.
Der Rotz und der Wurm
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sind den Pferden und ihren Bastarden eigenthümliche Krankheiten, die sich nur bei ihnen spontan entwickeln, im hohen Grade ansteckend sind, und sich nicht nur andern Thieren, sondern auch dem Menschen mittheilen. Während der Rotz vorzüglich Nasenschleimhaut, nahe gelegene Lymphdrüsen und die Lungen befällt, so befällt der Wurm die Haut, das Unterhautzellgewebe, seeundär gleichfalls in grosser Ausdehnung Lyraphgefässe und Lymphdrüsen. Bald ist der Rotz die ursprüngliche Affection, und der Wurm folgt nach,
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bald ist das Verhältniss ein umgekehrtes, oder der Wurm besteht für sich , und der Rotz besteht für sich. Eigenthümlich ist ferner, dass der Ansteckungsstoff beider Zustände ganz identisch zu sein scheint, indem Rotzcontagium, auf andere Tliiere übertragen, bald Wurm, bald Rotz erzeugt, oder beide Zustände zugleich. Und so hat man in der neuern Zeit beide Krankheiten für identisch erklärt, und den Wurm geradezu als Hau trotz aufgeführt. Beiden liegt auch einerlei Neubildung zu Grunde. Diese Rotzneubildung, welche das Originäre bei quot;Wurm und Rotz ist, entwickelt sich im erstem Falle in der Haut und in der Unterbaut, im letzteren Falle in der Luftwegschleimhaut und in den Lungen, in beiden Fällen consecutiv in den Lymphdrüsen.
Wenn das Criterium des Tuberkels lediglich in seiner Form, in seiner weitern Metamorphose ruhte, so hätte Dupuy gewiss Recht, die Rotz- und Wurmneubildung mit der Tuberkulose des Menschen und der Thiere zu ideutiflciren. Denn ursprünglich entwickelt sich beim Rotz aus einer gallertartigen, glasigen Infiltration an einer scharfumschriebenen Stelle ein halb durchscheinendes Knötchen oder ein Infiltrat. Diese gehen unzweifelhaft, wie durch vielfältige Untersuchungen Virchow's und Leise-r i n g 's festgestellt ist, aus einer Zellen- und Kern Wucherung prä-existirender Gewebselemente hervor. Denn diese jungen Knötchen und frischen Infiltrate enthalten in reichlichem Maasse sehr junge, kleine, zarte Zellen, sowie zahlreiche freie Kerne. Waren die Knoten grosser und älter, so fanden sich auch grössere, sehr deutliche , kernhaltige Zellen, welche ausserordentlioh dicht gedrängt lagen, und fast die ganze Masse des Knotens ausmachten, in die ausserdem einzelne Faserzüge vom Zwischengewebe eingehen. Offenbar entwickeln sich diese Zellen aus den präexistirenden Elementen und speciell an der Nasenschleimhaut aus den Bindegewebs-körperchen der Schleimhaut und des submukösen Gewebes. Jemehr nun die Zahl der Zellen zunimmt, um so dichter und gelber werden Knoten und Infiltrat. Bald gehen dann die älteren eine Rückbildung ein, werden zum Theil mit Fettkörnchen erfüllt, ihre Contouren zeigen sich weniger scharf. Endlich zerfallen sie, und der Knoten, das Infiltrat, enthalten hauptsächlich Zellendetritus, aus dem sich noch einzelne, isolirte Elemente auslösen.
Dieser Metamorphose entspricht auch ein verändertes äusseres Ansehen der Rotzneubildung. Die ursprünglich gallertartige, halbdurchscheinende Neubildung trübt sich , verliert an Liquidität, wird trocken , brüchig, und verwandelt sich schliesslich in eine gelbe, käsige Masse. In diesem Zustande gleicht die Rotzneubildung vollkommen dem gelben Tub er ke 1. Wie bei diesem, wurde durch die fortschreitende Zellenwucherung ein
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;8
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Druck auf die Haargefasse des Knötchens oder Infiltrats und dadurch ein anämischer Zustand jener bewirkt. Die Neubildung wird hierbei mehr oder weniger ausser Wechselverkehr mit dem circuliren-den Blute gesetzt, deshalb die anämische Necrose des Knötchens oder Infiltrats, welche mit der fettigen Entartung der constituirenden Theile derselben beginnt, und deren Schiusseffect entweder die Verkalkung und Obsolescenz, oder, wenn eine Entwickeln ng eiterkör perähnlicher Zellen der fettigen Entartung voranging, dieVerschwärung des Rotztuberkels ist.
In diesem Verhalten der Rotzneubildung, sowie in ihrem feineren anatomischen Baue, ist nichts Eigenthümliches zu finden. Die Besonderheit der Bildung ruht auch hier nur in dem physiologischen Character, der sich zum Theil in der Oertlichkeit der Neubildung (Haut, Schneidersche Membran , Schleimhaut der Nebenhöhlen etc.), zum Theil in ihrem gesammten Verlaufe, aber vor Allem in ihrer Ansteckungsfähigkeit ausspricht.
Das Letztere ist ganz besonders hervorzuheben, denn existirt jene Virulenz der Rotzneubildung nicht, wäre diese nicht durch klinische Erfahrung und Experiment nachgewiesen, so hätten wir nur von einem eigenthümlichen Vorkommen der Tuberkeln bei den Einhufern auf der Haut und in der Schneider sehen Membran zu berichten; denn die geweblichen Elemente, welche das Mikroskop in der Rotzneubildung nachwies und deren Umwandlungen verfolgte, wiederholen genau den Vorgang der Tuberkelbildung des Menschen im Thierkörper, aber durch die Ansteckungsfähigkeit unterscheiden sich die Rotzneubildungen von den Tuberkeln so wesentlich, wie die Blattern durch ihre Virulenz sich von jedem andern Bläschen- oder Pustelexanthem der Haut unterscheiden. Auch hier ist wieder der Beweis geliefert, dass das Mikroskop niemals über den physiologischen Character eines Theiles zu entscheiden vermag. Denn es giebt in jeder Wissenschaft Fragen, welche nur durch eine Methode entschieden werden können. Jeder Versuch , eine solche Frage durch eine andere Methode zu beantworten, führt zu endlosen Umwegen, die doch immer auf denselben Punkt zurücklaufen, von dem man ausgegangen ist. Der Mineralog wird weder aus der Form, noch Härte, noch Farbe, noch aus dem Fundorte eines Minerals im Stande sein, die Frage über dessen giftige Eigenschaft zu entscheiden. Warum der Anatom im Stande sein sollte, aus den physischen Merkmalen einer Geschwulst auf deren Bösartigkeit zu schliessen, ist nicht leicht abzusehen, wurde aber sonderbarerweise fast allenthalben gefordert,
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und doch haben gerade die mikroskopischen Untersuchungen pathologischer Gewebe den Beweis geliefert, dass der Bösartigkeit einer Neubildung nie ein bestimmter geweblieher Character entspricht. Es ist deshalb schon als ein grober Irrthnm zu bezeichnen, wenn Jemand nach solchen geweblichen Eigenthümlichkeiten forscht.
Die Rotzneubildungen treten nun an den angegebenen Oertlich-keiten theils in Knötchenform, theils diffus auf. Die Knötchenfonn ist die häufigere. Die Rotztuberkeln variiren von der Grosse eines Hanfkornes bis zu der einer Erbse. Grössere Knoten , wie sie hin und wieder beobachtet wurden, sind schon als Infiltrate aufzufassen (L eise ring). Ihr Vorkommen ist constant in der Haut beim Wurm, in der Schleimhaut der Luftwege beim Rotz, sehr häufig, wenn auch nicht in allen Fällen, in der Lunge ; R o e 11 behauptet in zwei Dritteln aller Fälle.
Auf der Nasenscheidewand und auf den Muscheln kommen die Knötchen nach Leisering öfters so dichtgedrängt vor, dass bei der bedeutenden Kleinheit der Knötchen die von ihnen besetzten Stellen wie infiltrirt aussehen. Sonst treten sie isolirt oder insel-förmig gruppirt auf. In den Nebenhöhlen der Nase sollen die Knötchen nach Leisering seltner vorkommen. Die Hervorragungen und Unebenheiten , die hier nicht selten angetroffen werden , sind Bindegewebsauswüchse , deren Bedeutung später erörtert werden wird.
Beim Hantrotze , vulgo Wurm, liegen die Rotzknötchen hauptsächlich in der Lederhaut und im Unterhautzellgewebe. Ihre Grosse ist hier etwas bedeutender als auf der Luftwegschleimhaut und in den Lungen.
Der Fundort hat nach Leisering keinen Einfluss auf den histologischen Character der Rotztuberkeln. Im frischen Zustande, wo sie noch gallertartig, halbdurehscheinend sind, enthalten sie noch ihre eignen Blutgefässo, wovon sich Leisering an den Knötchen injicirter Lungen überzeugte. Die Rotzknötchen der Lunge scheinen eine gewisse Persistenz zu besitzen, denn bei Pferden , die schon längere Zeit rotzig waren , findet man Lungenknoten noch im frischen Zustande. In demselben begrenzt sie gesundes Lungenparenchym, erst bei einem längeren Bestehen bildet sich eine bindegewebige Kapsel. Die Rückbildung der Rotzknoten ist in den Lungen die Regel; sie verfetten, verkreiden, in den seltneren Fällen gehen sie in Verschwärung über. Bisweilen findet man in der bindegewebigen Hülle ein Kalksteinchen als Residuum des untergegangenen Rotzknötchens. — Auf der Sehn eider sehen Membran ist die Geschwürbildung die Regel. Dieselbe leitet sich durch Bildung von Eiterkörperchen im Centrum des Knötchens ein,
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die nach der Peripherie vorschreitet, doch haben die den Eiter-körperchen gleichenden Zellen eine ganz transitorische Bedeutung, sie zerfallen zu einer Detritusmasse, die nach Aussen durchbricht, und so zur Bildung des Rotzgeschwürs führt. Währenddem, dass das Eotzknötchen zerfiel, wuchert das Bindegewebe in der Umgebung, und bildet den aufgeworfenen Rand des Geschwürs. Dieses hat, wenn es nicht aus einem Infiltrat, sondern aus dem Knötchen hervorging, eine runde Form, es greift immer weiter um sich, ver-grössert sich, confluirt mit benachbarten Geschwüren, und giebt mitunter zu den tiefsten Zerstörungen, welche Knorpel und Knochen nicht verschonen, Veranlassung.
Di esereigenthümli ehe Verlauf des Rot zgeschwürs, der ganz besonders beim Hautrotz hervortritt, hat etwas Charac-teristisches an sich. Dieses serpiginöse Umsichgreifen der Geschwüre, indem die Neubildung von Zellen und Bindegewebe immer wieder zerfällt, während an der Peripherie des Geschwürsrandes und in der Tiefe des Geschwürsgrundes die Rotzneubildung sich wiederholt, was das Bild des Umsichfressens des Rotzgeschwürs erzeugt, kommt in dieser Weise bei der Tuberkulose nicht vor. Hier erfolgen die Bildungen neuer Tuberkelmassen in Absätzen, die quot;rössere Pausen zwischen sich lassen. Also nicht dieses unaus-
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gesetzte Auslösen der zerfallenden Neubildung durch neuauftretende Zellen, denen in der kürzesten Zeit ein gleiches Schicksal bevorsteht, wofür wieder neue Zellen an der Peripherie auftreten u. s. f. Der Tuberkulose macht zeitweilig eine Aussaat von Tuberkeln bei der chronischen Miliartuberkulose , dann erfolgt eine längere Pause, bis eine neue Aussaat erfolgt, dann wieder eine Pause u. s. f.
Der infiltrirte Rotz ist erst durch Leikering genauer untersucht. Jener bildet diffuse Infiltrate von. gallertartiger, schleimiger, durchsichtiger Beschaffenheit, deren Farbe bald gelblich, bald röthlich, bald graulich ist. Leisering beobachtete diese Infiltrationen namentlich auf den Schleimhäuien der Nasenhöhle , des Kehlkopfes und der Luftröhre. Sie können grosse Strecken einnehmen, beschränken sich aber auch nur zuweilen auf kleine, inselförmige Stellen. Bisweilen ist das Rotzinfiltrat nur wenig prominirend, oft dagegen ist die Schleimhaut bedeutend aufgewulstet. Die Metamorphosen können folgende sein:
Es stösst sich auf der infiltrirten Stelle das Epithelium ab, und es tritt Rotzwucherung auf der Fläche ein. Sie ist locker, weiss-lich gefärbt, quillt über der Oberfläche der Schleimhaut hervor, und hat ein diehtfilziges Ansehen. Diese Wucherung besteht im Wesentlichen aus den Elementen der Rotzknoten, doch walten in ihr runde Zellen vor. Legte Leisering solche Schleimhautstücke in
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Wasser, so spülte dies nicht allein die puriforme Masse ab, von welcher solche Rotzwucherungen bedeckt wurden, sondern es wurden auch die nur locker zusammenhängenden Bindegewebsmassen fortgeschwemmt, wodurch der ganze Grund der Wucherung ein zernagtes, zerfressenes Ansehen bekam. Die Rotzwucherungen zerfallen mehr oder weniger rasch, führen oft zu Extravasationen, mitunter zu den ausgedehntesten Zerstörungen der befallenen Sehleimhaut und ihrer Unterlage, und begleiten mehr die acuteren Formen.
Die zweite mögliche Metamorphose des infiltrirten Rotzes ist die fibroide Neubildung. Nachdem sich nämlich das Epithel oberhalb dem Rotzinfiltrate abgestossen hat, tritt eine Neubildung von Bindegewebe auf, welches sich allmälig mehr und mehr verdichtet, und in ein vollkommenes Nar benge we be verwandelt. Nach Leisering handelt es sich hierbei keineswegs um die Heilung eines Geschwürs, denn ein Rotzgeschwür heilt nach der Annahme dieses Forschers niemals, wenigstens liege nicht eine verbürgte Beobachtung dafür vor, sondern in der That um eine Rotzneilbildung, die sich von dem gewöhnlichen Rotzinfiltrat nur durch einen grosseren Bindegewebsreichthum auszeichne. Dieses Bindegewebe ziehe sich bei längerem Bestehen zusammen , führe zum theilweisen Untergang der eingelagerten Zellen, werde weiss, schwielig, strahlig.
Ich will es wenigstens als unentschieden hinstellen, ob nicht auch das Rotzgeschwür heilen könne. Ein Analogen hätte das heilende Rotzgeschwür allerdings in dem heilenden Tuberkelgeschwüre, über dessen Existenz gar kein Zweifel besteht, und welches eine Bindegewebswucherung in der nächsten Umgebung des verjauchenden Tuberkels darstellt, die schliesslich nach completer Elimination aller histologischen Elemente des Tuberkels den Substanzverlust ausgleicht. Auch widersprechen die meisten Praktiker in diesem Punkte Leisering.
Die Rotznarben entstehen nach Leisering im Gewebe der Schleimhaut und im submukösen Bindegewebe. Ihre Ausbreitung hängt ganz von der Grosse der einleitenden Infiltration ab. Die Form derselben ist sehr mannigfach; sie sind nach Leisering stern-, büschel-, garbenförmig, riefig, rippig, und stellen, wenn sie zahlreich sind, und auf der Nasenscheirlewand auftreten, mitunter die zierlichsten Bilder dar, die an die Figuren gef'rorner Fensterscheiben erinnern. Sie sind mitunter so klein, dass man bisweilen die Loupe zu Hülfe nehmen muss, um sie zu sehen, mitunter traf' sie aber auch Leisering 6quot; lang und 2quot; breit an, diese bezeichnet L. mit dem Namen Rotzschwielen, welche L. häufig in der Luftröhre antraf. Bisweilen scheint die fibroide Bildung aus-
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schliesslich auf der Nasenschleimhaut zu dominiren. Diese Form pflegt nach Leiserings Beobachtung am Langsamsten zu verlaufen, und sei aus dem Grunde die gefährlichste und am meisten zu fürchtende Form, weil sich bei ihr die Thiere meistens ganz munter und wohl zeigen, und die übrigen Symptome des Rotzes weniger hervortreten. In drei Vierteln aller an chronischem Rotz leidenden Thiere sind die N e ben höhlen Sitz dieser fibroiden Bildung, was die Bedeutung der Trepanation zur Feststellung der Diagnose des Rotzes sehr steigert. Dnrch jene Bildungen wird die Schleimhaut der Nebenhöhlen zu einer höckrigen, unebenen Masse umgestaltet.
Die Rotzinfiltration der Lunge tritt sehr häufig auf. Wir begegnen den Infiltraten hier an den Lungonrändern unmittelbar unter der Pleura, aber auch tiefer im Lungengewebe. Im Anfange ist das infiltrirte Stück von gallertartiger Beschaffenheit und hyperämisch. Im weitern Verlaufe treten entweder die runden Zellen, oder die Bindegewebskörper in den Vordergrund. Im erstem Falle vermehren sich die Zellen, die Stelle wird mattweiss, gelblich, trübe, härtlich. Ihre Schnittfläche ist trocken, nicht granulirt, vielmehr gleichförmig. Sie unterscheidet sich von der eitrigen Infiltration durch grössere Festigkeit und Nichthervorquellen einer purulenten Masse auf der Schnittfläche. Diese Stellen haben einen verschieden grossen Umfang, können bald mehr eine rundliche , bald mehr eine Flächenausbreitung besitzen. Sie variiren zwischen Taubenei- und Gänseeigrösse. Mitunter sind sie von frischen Rotzinfiltraten umgeben. Sie verfallen vorzugsweise der Verkäsung und Verkalkung, und sind dann von Binde-gewebslagen begrenzt. Mitunter kommt es zur Verjauchun g dieser Heerde.
Verwandelt sich das Rotzinfiltrat in Bindegewebe, so findet man entweder harte, fibroide Knoten in der Lunge zerstreut, in denen jedes Lungengewebe zu Grunde gegangen ist, oder aber es treten Stellen auf, in denen das Lungengewebe zwar noch erhalten ist, aber durch die Vermehrung des interstitiellcn Bindegewebes in seiner Function beeinträchtigt wurde. Diese Stellen sind anämisch und heller gefärbt, als ihre meist hyperämische Umgebung. Zwischen ihnen und der luftleeren Bindegewebsinduration kommen alle Mittelstufen vor. Die luftleeren Stücke sind zäh , dicht, fest, und lassen sich schwerer schneiden. In noch andern Fällen geht die Binde-gewebsneubildung in stärkeren Strahlen durch das Lungengewebe, unmittelbar unter der Pleura treten Bilder auf, die an die Rotznarben auf der Nasenschleimhaut erinnern.
Bei dem Hautrotze kommen Rotzinfiltrate in der Lederhaut, im Bindegewebe der Unterhaut und dem Zwischenbindegewebe der
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einzelnen oberflächlich gelegenen Muskeln, ja selbst in den Binde-ge websschichten der tiefer gelegenen Muskeln vor. Leise ring beschreibt sie als durchscheinende, schlüpfrige , gelbliche, mitunter einen Stich ins Röthliche an sich tragende, schleimige, manchmal eiterähnliche Massen. Mikroskopisch untersucht, verhielt sich die Masse fast wie Eiter, doch kamen in ihr Bindegewebskörperchen vor. Physikalisch soll sich das Infiltrat beim Hautrotz vom Eiter durch grössere Zähigkeit unterscheiden.
Von denjenigen Flüssigkeiten, welche sich in der Umgebung der Lymphgefässe, Lymphdrüsen, Venen im Zellgewebe oftmals sehr reichlich infiltrirt vorfinden, unterscheidet sich das Eotzinfiltrat nicht allein durch Farbe und Beschaffenheit, sondern auch mikroskopisch. Diese Flüssigkeiten sind lediglich Transsudate ohne alle zellige Beimischungen, und verhalten sich wie farbloses Blutserum. (S. Leisering, die pathologische Anatomie des Rotzes).
Der pathologisch-anatomische Character des Rotzes unterscheidet sich auf das Bestimmteste von der Syphilis; abgesehen noch davon, dass Ursprung, Verlauf, Oertlichkeit und ganz besonders der Character der Gefahr beider Zustände so wesentlich von einander abweichen, ist vor Allem jener Umstand differenzirend, dass der Rotz sich aus einer Neubildung entwickelt. Denn wo immer auf' Blut- und Lymphbahnen hier von der Infectiousstelle aus Rotzcontagium fortgeführt wird, und anderweite Ernährungsstörungen einleitet, so ist bei diesem das Primäre immer die Rotzneubildung , während bei der Syphilis nur im Beginn etwas Analoges besteht, nämlich die Erhärtung an der Haftungsstelle des syphilitischen Virus.
Etwas Anderes ist es mit der Tuberkulose. Denn wie schon wiederholt erwähnt, wenn die C o n tagi osi tat des Rotzes nicht wäre, würde wohl Niemand ernstlich daran gedacht haben, den Rotz von der Tuberkulose zu trennen. Denn Nichts bietet hier in anatomischer Beziehung einen durchgreifenden Unterschied dar. Man müsste denn darauf aufmerksam machen, dass gr ö s s e r e Zellen in der Rotzneubildung häufiger sind, als im Tuberkel, da dieser vorherrschend eine Ke rn w uche ru ng der Bindegewebskörperchen präexistirender Gewebe darstellt. Aber andernseits ist doch zu bemerken, dass auch hier Zellen angetroffen werden, und zwar mit einer solchen Constanz, dass man sie geradezu als Tuberkelkörper aufgeführt hat. Die Metamorphosen der Rotzneubildung und des Tuberkels unterscheiden beide Zustände nicht von einander, denn sie sind vollkommen identisch, ebensowenig „die heiterere Hälfte des Janusgesichtsquot;, denn der fibroide Character tritt bei der Tuberkulose gleichfalls und zwar in der schwarzen und grauen Induration der Lunge auf. Auch
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das Rotzinfiltrat wiederholt genau das B i 1 d einer tuberkuli-sirenden Pneumonie, und gerade das Glatte, nicht Granulirte, das Anämische, die lichtere Färbung, der Mangel eines auf der Schnittfläche hervorquellenden Exsudats , was Leis e ring für das Rotzinfiltrat hervorhebt, characterisirt jene Pneumonie in der Leiche. Nur im Menschen giebt der Rotz mitunter den gewcb-lichen Character der Tuberkulose so auf, dass man streng genommen Nichts als Pusteln und Abscesse vor sich hat, die das Bild der metastatischen Ablagerungen bei der Pyämie und bei den bösartigen Wochenfiebern treu wiedergeben. Diese Zustände sind kaum dann von dem Menschenrotz zu unterscheiden, nur die mögliche Rttck-impfung — also wieder die Contagiosität — zeichnet den Menschenrotz vor diesem Zustande aus.
Der Rotz pflanzt sich durch Ansteckung fort. Der Ansteckungsstoff ist fix und haftet nicht nur an dem Nasenausfluss der Pferde, sondern auch am Blute, an den Geweben, an den Ab- und Aussonderungen.
Ob eine Mittheilung durch die Hautausdünstung möglich sei, was eine gewisse Distanzwirkung des Rotzes voraussetzen würde, ist nicht ganz unwahrscheinlich. Bei der furchtbaren Contagiosität des Rotzgiftes ist es auch denkbar, dass kleine Bläschen, die sich beim Ausschnauben der Pferde bilden, in der Luft sich durch einige Zeit suspendirt erhalten, so dass gewissermaassen trotz der fixen Natur des Rotzgiftes doch die Luft der Träger des Ansteckungs-stoff'es werden kann. Dass diese Bläschen, obwohl von mikroskopischer Kleinheit, doch wirksam sein können, ist wohl nicht in Abrede zu stellen.
Zwischenträger des Ansteckungsstoftes sind Krippen, Raufen, Geschirrstücke, Putzzeug.
Die Selbstentwickelung des Rotzes kann nicht geleugnet werden, und ist vielleicht häufiger, als man glaubt. An Zweifeln und Zweiflern ist allerdings hier kein Mangel, da begreiflicherweise jedes Beispiel von selbstentwickeltem Rotze angezweifelt werden kann. Denn wer will jede Möglichkeit bei derartigen Fällen absolut ausschliessen, dass eine Uebortragung von Rotzgift stattgefunden habe, und die Selbstentwickelung nur eine scheinbare ist ? Die Sache liegt ungefähr so, dass heruntergekommene Pferde, besonders die, welche an langwierigen Eiterungen leiden, trotzdem, dass dieselben nachweislich mit keinem rotzkranken Thiere weder in mittelbare, noch unmittelbare Berührung traten , dennoch von Rotz oder Wurm befallen werden. Hier scheint sogar Erblichkeit mit im Spiele zu sein. — Ob sich der Rotz aus einer gutartigen Druse zu entwickeln vermag, ist wenigstens sehr zweifelhaft. Wahrscheinlich ist, dass schon während des Nasencatarrhes Rotzneubildung auf
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Nasenschleimhaut und in der Lunge bestand. — Aus alten Widerristschäden , Hufknorpelfisteln, entwickeln sich gern Lymphangioiten, und diese führen zum Hsutrotz, dem erst später Rotz der Luftwegschleimhaut folgt, oder es kommt zu pyämischen und ichorrhämischen Zuständen und durch diese zum acuten Rotz.
Die Zeichen des Rotzes sind im Beginn der Erkrankung zu wenig verlässlich, um mit Sicherheit auf die An Wesenheit des Rotzes zu schliessen. Denn zu Anfang haben wir nur einen Nasencatarrh, der sich in die Länge zieht, und in vielen Fällen einseitig ist. Die anfänglich catarrhalische Beschaffenheit des Nasenausflusses verliert sich mehr und mehr, er wird trübe, gallertartig, zäh, vertrocknet an den Nasenöffnungen zu braunen, glänzenden Schorfen, häufig fliesst er in Strängen aus, und wird beim Ausbrausen in Klumpen weggeschleudert. Die Untersuchung durch das Gefühl, weniger durch das Gesicht, entdeckt Knötchen auf der Nasenschleim haut. Die Kehlgangsdrüsen sind meist einseitig angeschwollen, haselnuss-bis kastaniengross, sind dabei hart, uneben, unschmerzhaft, mit der Haut verschmolzen , am Kiefer festsitzend. Bis jetzt, ehe es noch zur Verschwärung der Rotztuberkeln gekommen ist, bezeichnet man den Zustand als verdächtige Druse.
Wenn es zu der oben geschilderten Verschwärung der Knoten auf der Nasenschleimhaut kommt, und die Geschwüre theils sichtbar, theils fühlbar sind, wird das Thier erst für rotzig erklärt, obwohl die verdächtige Druse weiter nichts war, als ein früheres Stadium der Rotzkrankheit. Die Charactere der Rotzgeschwüre sind bereits angegeben, und hier ist besonders nochmals auf ihre infiltrirten Ränder und ihren speckigen Grund aufmerksam zu machen. Um aber die Existenz der Rotzgeschwtire über allen Zweifel zu erheben, empfiehlt sich ganz besonders dielmpfung, indem man Geschwür-secret entweder auf ein anderes Tlfier, oder wenn dies ökonomische Rücksichten verbieten, in eine beliebige Hautstelle desselben Thieres überimpft. Stammte das Secret wirklich von Rotzgeschwüren, dann entzünden sich die Impfstellen schon den dritten oder vierten Tag; es bildet sich ein harter, sehr schmerzhafter Knoten, von dem aus entzündete Lymphgefässe verlaufen. Der Knoten bricht bald auf, und bildet ein Wurmgeschwür.
Der Ausfluss wird während der Verschwärung der Rotz-knötchen auf der Nasenschleimhaut missfarbig, blutig, übelriechend und excoriirt die Theile , über die er herabfliesst. Das Allgemeinbefinden der Thiere ist anfangs ein gutes, und wird auch in vielen Fällen selbst monatelang nicht gestört. Fieber ist nicht zugegen, die Thiere sind munter, das Haar ist glänzend und anliegend, die Fresslust ist lebhaft, ihr Aussehen ist kaum verändert. Erst wenn sich die Lungenaffection weiter entwickelt, wird das Allgemein-
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befinden gestort, und febrile Erscheinungen treten ein. Die Ernährung sinkt, das Haar ist rauh und struppig, es stellt sich Husten, Dispnoe ein, die Füsse schwellen an, es bilden sich Wnrmknoten in der Haut, welche verschwären , und so geht das Thier entweder an Abzehrung, oder an secundären Lungenentzündungen, oder an pyämischen und ichorrhämischen Zuständen zu Grunde.
Der Wurm (Hautrotz) beruht auf einer Entwickelung der Rotzneubildung in der Haut und dem Unterhautgewebe , in einer Verschwärung der Neubildung mit begleitender und nachfolgender Entzündung der Lymphgefässe und Lymphdrüsen, wobei Lymph-gefässe wie Lymphdrüsen vielfach vereitern und verjauchen, zu ausgedehnten entzündlichen Hautwassersuchten , besonders der Extremitäten, des Unterbauchs, der Brust, Veranlassung geben.
Der Hautrotz tritt entweder ursprünglich auf, oder gesellt sich zum Kotz. Im ersteren Falle entwickeln sich, nachdem das Thier einige Zeit gekränkelt hat, namentlich an der Schulter, Brustwand, Bauchgegend und Schienbein, unschmerzhafte Knötchen, die allmälig die Grosse einer Wallnuss erreichen. Anfänglich stehen sie isolirt, werden aber durch entzündete Lymphgefässe mit den benachbarten Beulen verbunden. Diese Knoten bestehen entweder eine längere Zeit unverändert, oder gehen rasch in Erweichung über, wobei die bedeckende Haut eine kloine Oeffnung bekommt, wodurch eine missfarbige, jauchige Masse sich ergiesst. Die Oeffnung ver-grössert sich ziemlich schnell, und so bildet sich das Wurmgoschwür, welches das Rotzgeschwür genau auf der Haut wiederholt, nur dass dasselbe constant mit bedeutender Entzündung der Unterhaut verknüpft ist. Die Wurmgeschwüre sind meist erhaben, mit aufgeworfenen Rändern und einem graugelben, glänzenden Grunde versehen. Die Absonderung ist eine missfarbige, ausseist übelriechende, zähe Flüssigkeit, welche an den Haaren zu einer grauen, glänzenden, schorfigen Masse vertrocknet. Bisweilen scheint die Präexistenz von Hautrotzknötchen zweifelhaft, namentlich in den Fällen, wo die Haut schon zuvor hypertrophisch, entzündet, der Unterhautzellstoftquot; mit einem starren Exsudat infiltrirt war. In diesen Fällen bricht die Haut an verschiedenen Stellen auf, es bilden sich gros'se Hautgeschwüre, und nach dem Tode findet man hasel-nuss- bis wallnussgrosse Rotzinfiltrate im ünterhautgewebe und zwischen den Muskeln, die bereits theilweise die Haut zerstört haben, dem Durchbruch nahe, theils wirklich durchgebrochen waren.
Der Verlauf ist ein sehr langwieriger. Nehmen aber die consecutiven Erscheinungen, wie Adeniten, Lymphangioiten, diffuse, entzündliche Infiltrate der Unterhaut sehr überhand, so gesellt sich Fieber hinzu, was zu einem raschen Verfall der Er-
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nährung und der Kräfte des Thieres führt, oder es entwickelt sich eine rotzige Lungenentzündung, der das Thier erliegt, oder es kommt zu diphtheritischen Bildungen auf der Nasenschleimhaut (acuter Rotz) , oder Pyämie tödtet.
Der Hautwurm , respective Hautrotz , entwickelt sich häufiger selbstständig, als der Rotz der Luftwege.
Es ist kein Fall von Heilung, weder des Luftweg- noch des Hautrotzes bekannt. Obwohl eine Summe von specifischen Mitteln gegen diesen mit Recht so gefürchteten Zustand in Bewegung gesetzt wurden, so haben sich doch alle gegenüber dieser Krankheit als unwirksam erwiesen , auch die Kunst heilte bis jetzt noch keinen Fall von unzweifelhaftem Rotz. Der Rotz hat demnach die For.-n des Tuberkels und den physiologischen Character des Krebses. Nur übertrifft er denselben , selbst dessen weichste Formen, an Bösartigkeit, da Krebsneubildungen zwar den eignen Körper, in dem sie ihren Sitz aufschlugen, inficiren, nie aber über dessen Grenzen hinaus wirksam sind. Selbst bei dem intimsten Umgänge, wie bei Eheleuten, z. B. beim Gebännutterkrebs, ist noch kein Fall von Uebertragung von Individuum zu Individuum beobachtet worden. Wie anders verhält sich da der Rotz, der sich nicht nur auf Menschen überträgt, sondern auch von diesen auf Thiere zurückgeimpft werden kann, und wie durch eine Reihe trauriger Beispiele, namentlich aus den pariser Spitälern erhellt, sich unzweifelhaft vom Menschen zum Menschen fortpflanzt. Insbesondere sind junge Mediciner nicht blos im Kranken dienste, nicht bios am Leichentische , sondern auch unter Verhältnissen, die kaum die Flüchtigkeit des Rotzgiftes ausschliessen lassen, Opfer dieser Seuche geworden.
Die Rotzkrankheit des Menschen.
Der Mensch scheint mehr als irgend ein Säugethier, mit Ausnahme der Einhufer, der Rotzansteckung ausgesetzt zu sein. Doch ist deshalb noch nicht auf eine grössere Empfänglichkeit des Menschen für dieses thierische Gift zu schliessen, indem ja der Mensch fast ausschliesslich unmittelbar mit dem Pferde verkehrt. Die Uebertragung der Krankheit geschieht am leichtesten in Wunden, denn dass eine intacte Epidermis ziemlich sicher vor Rotzinfection schützt, dafür spricht das verhält-nissmässig so seltene Vorkommen der Rotzkrankheit bei den Eleven der Thierarzneischulen, und mit wahrem Grauen denke ich jetzt, indem ich dies niederschreibe, an den leichtfertigen Umgang, den wir als Eleven mit den uns zur Pflege anvertrauten zahlreichen rotzkranken Pferden pflogen. In dieser Beziehung kann nicht
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gewissenhaft genug von Seiten der Lehrer eine Controle ausgeübt werden, um die furchtbare Gefahr, die gleich einem Damoklesschwert über Jedem schwebt, der die Pflicht hat, mit diesen Thieren zu verkehren, möglichst zu beseitigen. Besonders sind Schüler, Wärter, die an Excoriationen der Hände, an Panaritien leiden, sofort von dem Umgange mit rotzkranken Thieren zu dispensiren. Das Benützen der Cadaver rotzkranker Pferde zu anatomischen Präparaten sollte, gegenüber den traurigen Erfahrungen, welche man gemacht hat, den Schülern nicht blos freigestellt, sondern geradezu verboten werden. Die Sectionen sind mit Vorsicht zu machen. Am besten bedient man sich bei diesen alter Leder- oder Kautschukhandschuhe, weil denn doch Erfahrungen vorliegen, dass die Rotzkrankheit sich von Thieren auf den Menschen übertrug, obwohl die Anwesenheit von Excoriationen wenigstens nicht mit Bestimmtheit nachgewiesen werden konnte. So bei einem Pferdewärter in einem Rotzstall der berliner Thierarzneischule, der sich mit den Kotzen zudeckte, die auf rotzkranken Pferden gelegen hatten. Am meisten dem Menschenrotz ausgesetzt sind begreiflicherweise Pferdehändler, Abdecker, Wärter, Thierärzte und Eleven.
Die von Trousseau und T e i s s i e r aufgeworfene Frage von dem spontanen Rotz des Menschen lässt sich bei dem so beschränkt vorliegenden Beobachtungsmaterial kaum discutiren.
Die Inoculation geschieht gewöhnlich an den obern Extremitäten und im Gesicht. Lag eine Verwundung zu Grunde, so vergehen meistentheils 4—5 Tage, ehe Entzündung und Lymphangioitia und Lymphdrüsenschwellung auftreten. Nach Verstreichen dieser Zeit schwillt die Impfstelle an, die umgebende Haut wird spiegelnd, sie bedeckt sich mit blasigen Eruptionen, wird dunkelroth, manchmal schwärzlich, und geht entweder in jauchige Eiterung, oder in wirklichen Brand über. Im Gesicht treten bisweilen, wenn die Ueber-tragung dort geschah, entzündlich ödematöse, hämorrhagische Geschwülste auf, die fast genau die Milzbrandcarbunkel des Menschen wiederholen. Doch nicht immer begegnen wir an der Inoculationsstelle so hervorstechenden Phänomenen, sondern mitunter heilt die verunreinigte Wunde innerhalb weniger Tage gleich einer nicht inficirten, und erst nach Verlauf einer kürzern oder längern Incubationszeit tritt die Krankheit sofort generalisirt auf. Denn die Besonderheit der Krankheit ruht nicht in den örtlichen Vorgängen, die sich nicht wesentlich von denen der Infection mit Leichengift unterscheiden, sondern in den Wirkungen des Rotzgiftes an entfernteren Punkten. Zum Glück scheint dies nicht in allen Fällen vorzukommen, denn mitunter beschränkte sich in der That der Process auf einen Theil, z. B. auf einen Arm. Es kommt
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Die Rotzkrankheit des Menschen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;125
hier zu einer Summe von Wiederholungen des ursprünglichen Vorgangs, Knoten auf Knoten brechen aus, das Fieber erhält sich aber trotzdem in einem massigen Grade. Die Lymphdrüsen scheinen hier das Giftauf seinem Wege aufzuhalten. Hier ist Heilung beobachtet worden.
Virchow unterscheidet zwei Stadien der generalisirten Krankheit: das febrile und eruptive Stadium.
Das erst ere giebt sich durch heftige Fieberbewegungen zu erkennen. In den mehr acuten Fällen beginnen dieselben mit heftigem Schüttelfrost, dem gewöhnlich grosse Hitze folgt, mit Empfindlichkeit, Eingenommenheit des Kopfes, Uebelkeit, Mattigkeit. In den chronischeren Formen beobachten wir öfteren Fieberschauer. Die Kranken werden matt, abgeschlagen, unlustig, leiden an gastrischen Störungen mit nervösen Symptomen. In beiden Fällen werden aber Muskelschmerzen beobachtet, die besonders in den Extremitäten sitzen, jedoch auch im Kreuze, an der Brust, im Halse beobachtet werden. Bei der Untersuchung der schmerzenden Stellen findet man bald mehr diffuse , bald mehr circumscripte teigige Anschwellungen , die bisweilen nach einigen Tagen wieder verschwinden. Das Fieber hat dabei den Character des entzündlichen Reizfiebers, der Puls ist bis auf circa 100 Schläge gesteigert, dabei voll und gross, der Urin ist gesättigt roth, spärlich, die Haut trocken, lieiss, die Zunge belegt, die Nächte sind unruhig.
Das eruptiveStadium ist durch eineEeihe vonLocalaffectio-nen characterisirt, welche ohne jede kritische Bedeutung sind , und deren Reihenfolge keineswegs eine gesetzmässige ist. — Bei den chronischen Formen geht oft eine lange Zeit darüber hin, ehe Eruptionen sich geltend machen, denn innerhalb Wochen, Monaten kehrt das Bild fast vollkommener Wiedergenesung zurück; nicht so bei den acuten Formen, wo sich gleich an das fieberhafte Stadium das eruptive anschliesst, unter dem jenes einen mehr typhoiden, selbst putriden Character annimmt. Diese Localaffectionen sind folgende:
Wie bei den Pferden findet sich dieNasenaffection am häufigsten. Sie characterisirt sich ursprünglich durch einen reichlichen, zähen, schmutzig gelblichen, bräunlichen, blutuntermischten Aus-fluss. Gleichzeitig schwillt die Umgebung der Nase häufig an, bekommt ein erysipelatöses Ansehen , und geht in Brand über. Die Augenlider betheiligen sich an diesem Process, verschwellen, die entzündete Conjunctiva liefert ein die Lider verklebendes Secret. Mitunter fehlt die Nasenaffection. Die Submaxillardrüse ist bei dieser selten afficirt, Bei der Section findet man in der Nase dieselben Veränderungen wie beim Pferde.
Das Rotzexanthem besteht aus einer Einlagerung fester, zäher, trübweisser Massen in dasCorium, über welche die Epidermis hinwegläuft. Anfänglich sind diese Stellen sehr klein, stark geröthet.
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126nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Infectionskrankheiten.
fast wie Flohstiche. Dann bilden sichPapeln, und erst allmälig erhebt sich die Oberfläche mehr kuglig, wie blasig, und es tritt ein gelbliches Aussehen ein, was an Pusteln erinnert. Diese Knötchen haben einen injicirten Hof, deren Oberfläche ohne Teile ist, was sie von der Blatter unterscheidet. Unter der Oberhaut des Knotens findet man eine puriforme Flüssigkeit, die keine Eiterkörperchen besitzt, nur aus Detritus besteht, und welche ein Loch im Corium zurücklässt. Diese puriforme Flüssigkeit ging aus einer Erweichung des Rotztuberkels hervor. Bei längerem Bestehen werden diese Eruptionen blau, schwarz in Folge von Blutaustretungen. Derartige Eruptionen kommen oft in enormer Zahl über den ganzen Körper vor; bisweilen stehen sie nicht discret, sondern sind conglomerirt, wie die Tuberkelnester.
Die phlegmonösen Knoten liegen hauptsächlich im Unterhautgewebe, und erscheinen bald als umschrieben harte, schmerzhafte, blaurothe Beulen, bald als diffuse Anschwellungen. Sie haben grosse Neigung zur Gangränescenz. Die Knoten verschwinden oft, um an einer andern Stelle wieder aufzutreten.
Die Muskelknoten kommen besonders in den Muskeln des Halses und der Waden vor, gehen entweder von intermuskulären Ab-scessen aus, oder sind mehr hämorrhagischer Natur. Sie rufen die heftigen Muskelschmerzen hervor.
Die Eruption in den Respirationsorganen besteht theils in der rotzigen, lobulären Pneumonie, theils in derEntwickelung yon Rotzknötchen auf allen Provinzen der Luftwegschleimhaut. Zufällige Eruptionen finden sich ausserdem an vielen Organen, besonders eitrige Entzündungen der Gelenke und der Pleuren.
Während sich diese örtlichen Vorgänge bilden, steigert sich das Fieber, die Schweisse werden klebrig, übelriechend, Eingenommenheit des Kopfes, Sopor, Delirien treten ein, das Auge ist verklebt, Nase und Mund sind fuliginös beschlagen, die Respiration ist mühsam und keuchend, und unter Durchfällen und Bewusstlosigkeit geht der Kranke an Erschöpfung zu Grunde. — Bisweilen ist der Verlauf sehr schleichend, mit ausgesprochnen Remissionen, dann erliegt der Kranke dem hektischen Fieber, das sich in Folge zahlreicher Ulcerationen bildete. Die Dauer der Krankheit kann eine Woche, ja sogar nur drei Tage betragen. In andern Fällen ist die Dauer 3 bis 4 Wochen, in den protrahirten Formen erstreckt sich der Verlauf auf viele Monate. Die Remissionen sind hier stets atypische.
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Yon den Krankheiten des Blutes.
Anämie und Chlorose.
Das Blut, als Gewebe aufgefasst, indem es die einfachsten Ge-websformen wiederholt, die nur aus Zellen und Intercellularsubstanz bestehen, kann mannigfache Abänderungen seiner Zusammensetzung darbieten, die sich theils auf eine Vermehrung oder Verminderung der normalen Bestandtheile beziehen, theils durch Beimischung von Gewebselementen erkrankter Gewebe veranlasst werden, theils endlich durch Aufnahme deletärer Stoffe sich erzeugten. Die letzte Kategorie ist bereits theils in dem Abschnitt über die acuten und chronischen Infectionskrankheiten abgehandelt, theils fallt ihre specielle Beschreibung der Toxicologie anheim. Wir haben dort den Ausdruck Dyscrasieen vermieden, weil wir der Ueberzeugung sind, dass die Wirkungen jener deletären Stoffe nur theilweise am Blute verlaufen, im Wesentlichen sich in allen Fällen durch Gewebs-veränderungen documentiren, die ihrerseits erst wieder rückwärts auf directem oder indirectem Wege bestimmte Blutveränderungen nach sich zogen. Vielleicht macht hiervon nur der Milzbrand eine Ausnahme, bei dem das Blut in der That den Mittelpunkt der verschiedenen Gewebserkrankungen abzugeben scheint.
Als unzweifelhaft ursprüngliche Blutkrankheiten würden nur jene aufzufassen sein, bei denen nachweislich keine anderweitigen Gewebsveränderungen der Mischungsveränderung des Blutes vorangingen. Und da treten uns besonders die bleichsüchtigen oder chlorotischen Zustände entgegen, die sich oft so allmälig entwickeln , ohne irgend ein Zeichen einer anderweiten veranlassenden Gewebserkrankung, z. B. bei noch nicht menstruirten Mädchen. Alle Krankheitszeichen im Verlaufe der Bleichsucht lassen sich auch dort ziemlich ungezwungen auf einen Mangel der farbigen Blutkörperchen und auf eine numerisch nachweisbare Zunahme der farblosen Blutzellen und des Plasmas im Blute und deren gewichtige Folgen für Ernährung und Nervensystem zurückführen. Liesse sich also nachweisen, dass die farblosen Blutzellen wirklich ohne
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128nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Von t*611 Krankheiten des Blutes.
vorhergegangene gewebliche Störung irgend eines Organes sich vermehrten, so -wäre die Bleichsucht der beste Beweis für das Vorkommen einer u rsprüngliehen Blutkrankheit. Doch dem ist nicht so. Die farblosen Zellen entwickeln sich nicht im Blute selbst, sondern in den Lymph-, Chylusdrüsen und in der Milz. Also wo eine Vermehrung dieser Blutzellen nachweislich ist, muss stets auf eine Reizung jener Gewebe geschlossen werden, die diese veranlasste, die Stätte eines regeren Zellenbildungsprocesses zu werden. Pathologisch lässt sich das beweisen. Denn bei jenen Zuständen, wo die Vermehrung der farblosen Zellen im Blute so zunimmt, dass sich ihre Zahl zu der der farbigen wie 1/6 oder wohl gar wie 1/2 verhält, finden wir constant eine Vergrösserung der Milz (die lineale Form der Leuchämie), oder bedeutende Vergrösserungen der Lymphdrüsen (die lymphatische Form der Leuchämie). Jenen Zustand, bei welchem eine geringere Vermehrung der farblosen Zellen vorliegt, nennen w'vc Po ly leueo ey to sis, zwischen ihr und der Leuchämie bestehen nur Gradunterschiede.
Bei den chlorotischen Zuständen leidet in den meisten Fällen die quantitative Seite der Ernährung nicht, im Gegentheil ist das Embonpoint chlorotischer Frauenzimmer in der Regel ein gutes. Sobald sich Abmagerung zu den Zeichen der Anämie gesellt, und ein längeres Fasten, oder acute und chronische Verdauungsfehler ausgeschlossen werden können, mag immer auf Verbildung innerer, wichtiger Eingeweide, besonders auf Tuberkulose und Krebs geschlossen werden. Aber eine von diesen Zuständen abhängige Anämie verdient den Namen einer selbstständigen Krankheit nicht mehr, sondern sie ist nur als eine Theilerscheinung jener Zustände zu betrachten, bei welchen wir sie antreffen. Ausserdem liegt hier keine absolute, sondern eine relative Vermehrung der farblosen Blutzeller.'. vor, indem die farbigen sich vermindern. Die Ziffer des Faserstoffs ist gleichfalls eine niedere als gewöhnlich, das Serum ist dagegen bedeutend vermehrt. Grosse Blutverluste erzeugen diese Blutmischung ausserordentlich rasch. Nicht minder wird sie durch langwierige Eiterungen , erschöpfende Ausleerungen hervorgerufen, aber auch schon durch einfache Abstinenz (langes Fasten) kann sie ebensowohl veranlasst werden, als eine Erkrankung der Verdauungsorgane sie nacli sich zieht, wobei die Nahrung verschmäht oder die aufgenommene schlecht oder nicht verdaut wurde. Ganz besonders haben manche Aftergebilde, denen man den Character der Bösartigkeit zuschreibt, eine nie ausbleibende Rückwirkung auf die Blut-masso , die sich entweder erst in den späteren Stadien, oder gleich bei der Entwickelung in Foa-m exquisiter anämischer Symptome äussert. Dies gilt im ersten Falle für den Krebs, im zweiten für die Tuberkulose.
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Anämie und Chlorose.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;129
BeiSäuglingen und kleinen Kindern ist die Blutarmuth sehr häufig, und hängt bald von Nahrungsmangel ab, bald von dem Darreichen einer unzweckmässigen Nahrung, bald von Erkrankungen des Magens, Darmcanals und der Gekrösdrüsen {tabes mesa-raicä). Die äusseren Zeichen sind Bleichheit, Zartheit der Haut bis zur Durchsichtigkeit, Abmagerung, Neigung zu Convulsionen (Hydrocephaloid von Marshai Hall). Sie ist eine der gewöhnlichsten Complicationen bei dem acuten Brechdurchfall und den chronischen Diarrhöen der Kinder, tuberkulöser Knochenerweichung.
Im Knabenalter ist sie vom fünften Jahre an häufig, seltener trifft man sie schon so frühe bei den Mädchen. In beiden Geschlechtem wird sie hier durch ein sehr lebhaftes Wachsthum, durch einen zu raschen Stoffverbrauch, den die Verdauungsorgane nicht zu decken vermögen, durch eine zu wenig nährende, unzweckmässige Kost, durch den zu langen Aufenthalt in überfüllten Schulstuben, geistige Anstrengung, Mangel an Bewegung erzeugt. Ungewöhnliche und vorzeitige Aufregung der Leidenschaften (Romanlesen, Besuch des Theaters), vor Allem aber Onanie und Manustupration, vermögen die exquisitesten Beispiele von Anämie aus Nervenaufregung zu erzeugen. — Die Zeichen der Blutarmuth sind hier Muskelschwäche, mangelhafte Füllung der Arterien und Haargefässe, blaue Augenränder etc. Sie erzeugt Neigung zu Knochenleiden, zu Verkrüppelungen des Skelets, disponirt zu Tuberkulose, und verschleppt sich bei Mädchen gern bis zur Pubertät.
Die Pubertätschi o rose befällt weibliche Individuen vom elften Jahre an bis in das geschlechtliche Alter hinauf. Sie kann sich aus der Anämie des Kindesalters entwickeln, und dann mit derselben gleiche Ursachen haben, zu denen sich später die Einflüsse der Pubertätsepoche selbst gesellen , als der grössere Blutverbrauch, welchen die gleichzeitig gesteigerte Entwickelung des Muskel-, Nerven-und Geschlechtssystems mit sich bringt, ferner die Nervenreizbarkeit und die sich entwickelnden geschlechtlichen Vorstellungen, oder auch ohne jene, das Kindesalter treffenden vorbereitenden Einflüsse treten die ersten Zeichen der Chlorose mit der beginnenden Pubertätszeit ein. Die Anforderungen des geselligen Lebens an das werdende Weib — die Sprachstudien, die Bälle, die Concerte, Gesellschaften oder wohl gar die Ausartungen geschlechtlicher Vorstellungen bis zur unnatürlichen Unzucht sind sicher in sehr übertriebener Weise als Ursachen der Chlorose aufgeführt worden, denn das Vorkommen der Chlorose bei Landmädchen beweist zur Genüge, dass ohne alle jene Verweichlichungen, Sentimentalitäten, Bizarrerieen und Laster und unter allen äusseren Bedingungen eines physischen Wohlbefindens sich die Chlorose in der auffälligsten Frequenz zu entwickeln vermag. Doch ist hervorzuheben, dass Alles, was den
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9
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130nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten des Blutes.
Katamenialfiuss zu stören oder zu sistiren vermag, die chlorotischen Erscheinungen hervorruft, wie Erkältungen, besonders während der Zeit der Reinigung, übermässige Anstrengungen, die in keinem Ver-hältniss zum gegebenen Kräftemaass stehen, namentlich das tägliche angestrengte Arbeiten in Fabriken und quot;Werkstätten bei Entbehrungen aller Art, vorzüglich der freien Luft, des Lichts, der Ortsbewegung, einer kräftigen (Fleisch-) Nahrung.
Das Verhältniss der gestörten , aufgehobenen oder verspäteten Menstruation zu dem Genitalapparate ist bei der Chlorose folgendes: Entweder das Subject ist von Haus aus schwächlich, muskelschwach , dürftig genährt, anämisch, daher eine mangelhafte Ent-wickelung der Genitalien und deshalb das Zurückgehaltenwerden der Menstruation — oder die Chlorose entsteht bei schon entwickelten Jungfrauen oder Frauen in Folge krankhafter Störungen der Ge-schlechtsfunctionen, in den meisten Fällen durch Leucorrhöen oder durch übermässigen Menstrualfluss, durch Aborten , zu schnell aufeinander folgende Wochenbetten. Im er stèren Falle ist das Leiden der Geschlechtsorgane ein secundäres, und das Ausbleiben des Monatsflusses hat unverkennbar etwas Heilsames, im letzteren Fall ist das sexuelle Uebel primär, doch hat man sich in diesen Fällen, besonders wenn die Ernährung sich auffällig gestört zeigt, und anderweite verdächtige Erscheinungen sich zeigen, wie Husten, Neuralgieën, Ausschläge etc., vor Verwechselungen mit Tuberkulose, Magengeschwür, Syphilis zu hüten. Zustände, welche oft mit der extremsten Anämie einhergehen oder sich hinter den Erschei-iiunaren der Bleichsucht verbergen.
Dies letztere gilt besonders für die Blutarmuthder Erwachsenen, welche hier entweder auf harte Entbehrungen, Ausschweifungen oder auf schwere innere Krankheiten hindeutet. Unter die erstere Rubrik gehört die Bleichsucht der Bergleute, Hüttenarbeiter, der Gefangenen, der Fabrikarbeiter, unter die zweite die der Onanisten, Wüstlinge, unter die dritte die der Tuberkulösen, Carcinomatösen, Reconvalescenten, der Metallarbeiter etc. Im Greisenalter ist die Blutarmuth fast ein normales Vorkomm-niss. — Bei Kropfkranken, Buckeligen und Schwangeren sind die Erscheinungen der Anämie sehr häufig.
Die Symptome dieses Zustandes sind auffällige Blässe der Haut und sichtbaren Schleimhäute. Da die Absorptionsfähigkeit des Blutes für Ozon im geraden Verhältniss zur Menge der farbigen Elemente desselben steht, so beobachten wir constant Kurzathmigkeit bei den Chlorotischen, obwohl in vielen Fällen die physicalische Exploration nur normale Verhältnisse der Athmungsorgane nachweist. Nonnengeräusch in der Jugularvene und lautes Blasen an allen vier Herzostien im systoli-
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Anämie und Chlorose.
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sehen Momente, was durch eine mangelhafte Innervatioia der Herz-musculatur und dadurch bewirkte unvollständige Spannung der Herzklappen erzeugt ist, sind nicht minder constante Zeichen. Aber eine mangelhafte Innervation beschränkt sich bei der Chlorose keinesfalls auf den Herzmuskel, vielmehr lässt sich die grosse Muskelschwäche, die leichte Ermüdbarkeit, die auffällige kijrperliche und geistige Trägheit Bleichsüchtiger nur auf eine mangelhafte peripherische Innervation zurückführen, die wiederum durch den herabgesetzten Einfluss des Blutes auf die centralen Nervenheerde veranlasst wird; daher die grosse Abgeschlagenheit, Mattigkeit, zusammensinkende Haltung des Körpers, besonders des Rückens, Trägheit, Verschlafenheit etc., bisweilen Sohwermuth, selbst bis zum Lebensüberdruss. Hierzu gesellen sich allerlei Störungen im Nervensystem, namentlich die mannigfachsten Sensibilitätsneurosen (Gesichts-, Zahn- und Wirbelschmerz), dabei Neigung zu Ohnmächten, Schwindel, Ohrensausen. Die Verdauung ist oft gestört, vorzüglich der Appetit, und so verschmähen bleichsüchtige Mädchen und Kinder in der Regel den ihnen so zuträglichen Fleisch gen uss, und zeigen besondere Appe-tinenzen auf widerliche Dinge (Tinte, Kreide, Schieferstifte). Eigen-thiimlich ist für die von gestörtem Menstrualfluss abhängige Chlorose die zeitweilige Gasentwiekelung in dem Magen , die denselben kugelartig in der epigastrischen Gegend hervortreibt, und von periodischen Magenschmerzen begleitet ist. In Ausnahmsfällen entwickelt sich die Luft in den Gedärmen, und erzeugt dort ein lebhaftes, sehr anhaltendes Kollern und Poltern mit Blähungsbeschwerden, Erbrechen. Doch zeigt sich bisweilen das Erbrechen unabhängig von jener Gasentwickelung. Die Erscheinungen der Hirnanämie (Schwindel, Ohrensausen, Ohnmächten, Neigung zu Krämpfen) verschlimmern sich bei schmaler Kost, und werden durch den Genuss von Wein, kräftigen Speisen, horizontale Körperlage vorübergehend und durch eine zvveckmässige allmälige Darreichung einer bestimmten Menge (beiläufig gß) eines Eisenpräparats dauernd gebessert, wenn die äusseren Verhältnisse die Kur unterstützen, undk eine ernsteren Gewebsstörungen oder Organleiden der Anämie zu Grunde liegen. Bei Thieren kommt, besonders bei Schafen, eine Form der Bleichsucht (Fäule) vor, die bald epi-, bald enzootisch herrscht, sich durch die exquisiteste Anämie characterisirt, und in der Regel zu wässrigen Infiltrationen des Unterhautbindegewebes, aller serösen Höhlen, selbst der Hirnhöhlen führt, und durch Oedeme lebenswichtiger Eingeweide (Gehirn, Lunge) oder durch Entkräftung tödtet. Hierbei ist das Blut so -wasserreich, dass es fleischwasserähnlich aussieht. Alle festen Blutbestandtheile, aber ganz besonders die farbigen Blutzellen und der Faserstoff', sind bedeutend vermindert, denn nur in seltenen Fällen werden gallertähnliche Gerinnsel spärlich im
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132nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten des Blutes.
Herzen und in den grossen Gefässen angetroffen. Alle Gewebe sind erbleicht, wie ausgelaugt, auf den Schleimhäuten ist jede Röthe gewichen, bisweilen sind die Gekrosdrüsen turaescirt; constant ist die Galle so enorm verdünnt, dass sie kaum bitter schmeckt, und nur ganz matt gallig tingirt ist. Die Gallengänge sind mit grossen Mas-senLeberegeln erfüllt; in den Luftwegen begegnen wir dem Lun-genfadenwurm (strongyius ßlarid). Diese Krankheit wird seuchenartig in sehr feuchten Jahren, besonders unter sogenannten veredelten Schafen beobachtet. Die Ursache der Krankheit kann theils in einer reichlichen Entwickelung und Einwanderung des Leberdoppellochs in den Schaforganismus beruhen, die durch jene Calami-täten, welche ein nasses Jahr setzt, begünstigt werden, theils können diese allein die Krankheit veranlassen, theils wirkten beide Momente als Ursachen. Dass aber die Helminthiasis hier die Ursache der Anämie nicht vollkommen deckt, leuchtet schon daraus ein, dass in denCada-vern der an Fäule zu Grunde gegangenen Schafe das distovia hepati-cum und lanceolatum nicht constant angetroffen werden.
Die Leuchämie.
Diese Krankheit, welche durch Virchow entdeckt wurde, ist bezüglich ihrer entfernten Ursachen der Forschung noch ganz unzugänglich geblieben. Sie befällt beide Geschlechter. Bis jetzt wurde sie häufiger bei Männern beobachtet, bei Kindern ist sie ausserordent-lich selten. Auffällig ist, dass sie in einer gewissen Beziehung zum Puerperium und zur Menstruation steht, und dies bestimmt uns schon, die Chlorosis der Mädchen als einen niederen Grad der Leuchämie aufzufassen. Jedoch steht die Leuchämie in keiner Beziehungzur Scrophulose, wie vermuthet wurde, obwohl bei dieser Hyperplasieen der Lymphdrüsen so häufig sind.- Es waltet bei derselben mehr der degenerative Character vor, während bei der lymphatischen Form der Leuchämie nur eine übermässige Wucherung präexistirender Elemente besteht.
Es wurde oben erwähnt, dass die Milz und die Lymph- und Chylusdrüsen die Bildungsstätten der im Blute in Uebermaass angetroffenen farblosen Blutzellen seien. Hierzu ist als ergänzend zu erwähnen, dass Virchow auch in der Leber, in den Nieren, in der Darmschleimhaut, selbst in der Pleura lymphatische Heerde nachwies , von wo aus dem Blute farblose Elemente zugeführt wurden. Es handelt sich demnach nach Virchows Ausspruch hier nicht nur um eine lymphatische Dyscrasie, sondern um eine lymphatische Diathese. Und die in Leber, Nieren etc. verlegten Bildungsstätten der farblosen Blutzellen bieten ein ganz eclatantes Beispiel der Hetero-topie dar.
Bei derlienalen Form der Leuchämie Vinterscheiden sich die
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Die Leuchamie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;133
weissen Blutkörperchen nicht von denen, welche im normalen Blute vorkommen, sie bilden deutlich und gut entwickelte Zellen. Bei der lymphatischen Form dagegen fanden Virchow und andereForscher zahlreiche freie Kerne und kleinere Zellen, welche beide genau mit den in den Lymphdrüsen gefundenen Elementen übereinstimmten, im Blute vor. Waren gleichzeitig die Milz und die Lymphdrüsen erkrankt, so fanden sich im Blute, jemehr die Erkrankung der Milz vorherrschte, um so mehr die grosseren zelligen Gebilde, je ausgedehnter dagegen die Erkrankung der Lymphdrüsen war, um so zahlreicher traten die kleinen lymphatischen Elemente auf.
Das specifische Gewicht des leuchämischen Blutes ist bedeutend niedriger, als das des normalen. Während das gesunde Blut 1,055 spe-cifisch schwer ist, schwankt das specifische Gewicht jenes zwischen 1,036 bis 1,04:9. Das Blutserum hat zugenommen, während die geformten Bestandtheile trotz der Vermehrung der weissen Blutkörperchen in Folge der excessiven Verminderung der rothen Blutzellen abgenommen haben. Auf diesem Umstände und auf dem geringeren specifischen Gewichte der weissen Blutkörperchen, denen ja das eisenhaltige Pigment mangelt, beruht die Abnahme des specifischen Gewichtes, die hier das Gesammtblut erfahrt. Eiweiss, Fibrin, Salze des Blutes lassen keine wesentlichen und constanten Veränderungen erkennen. Scherer fand ausserdem im leuchämischen Blute gewisse Bestandtheile der Milzflüssigkeit, als Milchsäure , Ameisensäure , Essigsäure und eine leimähnliche Substanz. Der normale Gehalt an Harnsäure und Leucin der Milzflüssigkeit wurde vermisst.
Was am meisten bei der Obduction leuchämischer Leichen auffällt, und was auch meinem verewigten Lehrer Benno Reinhardt bei der ersten Section eines Leuchämischen im Charitékrankenhause zu Berlin zuerst auffiel, sind graugelbe, grünlichgelbe, eingedicktem Eiter ähnliehe Gerinnsel, die sich streckenweise einem bald geronnenen, bald nicht geronnenen Blute beimischen. „Das mag wohl so ein Fall sein, wie ihn Virchow anderweit beobachtete, und als Leuchämie beschriebquot;, warenRein hardt s Worte, als er diese Melange von rothcm und weissem Blute zum ersten Male in derPulmo-nalis auffand (Wintersemester 50 bis 51). Bisweilen ist aber die Mischung der farblosen und farbigen Elemente eine ziemlich innige, wodurch das Blut exquisit chocoladenfarbig sich zeigt. Mitunter jedoch treten jene farblosen Gerinnsel, namentlich im Herzen, in wunderbarer Reinheit auf, wie ich dies im Wiener Leichenhause 1853 bei H esc hl sah, der als echter Wiener diese Bildungen mit Griesknöteln verglich. Sie sind von weicher, schmieriger Beschaffenheit, und bieten unter dem Mikroskope fast ausschliesslich farblose Elemente dar. Auch in den feineren Aesten der Lungenarterie, in
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134nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten des Blutes.
den Venen des Herzens, der Gehirnhäute, hat man zuweilen einen völlig entfärbten, eiterähnlichen Inhalt gefunden. Aus diesen Befunden muss geschlossen werden, dass der Gehalt des Blutes an farblosen Zellen, je nach den verschiedenen Gefässprovinzen ein verschiedener ist. Im rechten Herzen, in den Hohlvenen, in der Lungenarterie ist er grosser, als in dem des linken Herzens, und war in einem von de Pury beobachteten Falle in dem Blute der Milzvene doppelt so gross, als in dem der Jugularvene.
Die Milz ist in den meisten Fällen enorm vergrössert. Man hat sie von 5 bis 7 Pfund schwer angetroffen, doch in jenem Falle, den ich bei H e s c h 1 in Wien beobachtete, wog sie sogar 9 Pfund. Die Resistenz des Organs war auch dort bedeutend vermehrt, das Parenchym erschien grauroth , trocken , blutarm, die Trabekelzüge waren verdickt, die Hülle bot Spuren chronischer Entzündung dar. Die mikroskopische Untersuchung weist im hypertrophischen Organe nichts, als normale Bestandtheile nach, nur sind die normalen Elemente, um mit Virchow zu reden, in dichterer Zusammen-fügung vorhanden. Bisweilen beobachtete man hämorrha-gische Infarkte in der Milz.
Die Lymphdrüsen bilden in der lymphatischen Form oft ganz colossale Tumoren. Dies gilt besonders für die Mesenterialdrüsen, Lumbardrüsen und die epigastrisehen Drüsen, sowie von denen des Halses, der Achselhöhle und der Leisten. Gewöhnlich ist bei dieser Form die Milz gleichzeitig mit geschwellt. Von Virchow wurde in dieser Beziehung ein einziger Ausnahmefall beobachtet.
Die geschwollenen Lymphdrüsen waren in allen Fällen weich, blass, von glatter Oberfläche und wässrigem Glänze. Die Rindensubstanz erschien vorzugsweise vergrössert, in manchen Fällen bis zur Dicke eines halben, selbst bis zu 3/4 Zoll. Das Ansehen war homogen , markig; beim Druck wurde eine trübe Flüssigkeit entleert. Die mikroskopische Untersuchung ergab Kerne, Zellen und Kernkör-perchen, ähnlich denen , welche in normalen Drüsen vorgefunden werden.
Die Leber ist hier meist vergrössert, bald von dichterer, bald von weicherer Beschaffenheit. In zwei Fällen fand Virchow im Leberparenchym und in dem einen Falle auch in der Niere kleine grauweisse Stellen, die beim Druck eine weissliche Flüssigkeit gaben, welche aus dichtstehenden freien Kernen und kleinen Zellen bestanden, die von ihrem Kerne fast gänzlich erfüllt waren. Aehnliche Beobachtungen sind von Böttcher und Friederich gemacht.
Die Leuchämie war längst dem pathologischen Anatom bekannt , ehe sie von den Klinikern während des Lebens diagnosticirt wurde. Gegenwärtig, wo das Interesse an dieser Krankheit ein so allgemeines geworden ist, häufen sich die klinischen Beobachtungen
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Die Leuchämie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;135
über diese Krankheit mehr und mehr. Besonders werden es-aber diejenigen Formen von Leuchämie sein, die sich fortan einer klinischen Beobachtung werden zu erfreuen haben, bei welchen periphe-rische Lymphdrüsen stark turaesciren, und bei denen Milzturaoren nachweislich sind. Jeder chronische Milzturaor, der in excessiver Weise Monare, ja Jahre besteht, erregt immer den begründetsten Verdacht auf Leuchämie. Es scheint jedoch, als ob monate-, selbst jahrelang Milz- und Drüsentumoren bestehen können, ohne Leuchämie zu erzeugen.
Die Lymphdrüsen am Halse, in der Achselhöhle, in den Weichen entwickeln sich entweder langsam oder stossweise, und maehen zuerst auf das Uebel aufmerksam. Bei der lienalen Form bildet sich unter Anschwellung des Leibes, unter einem Gefühl von Druck und Vollsein im linken Hypochondrium eine Milzvergrösserung. Diese Milzschwellung kann entweder schmerzlos und ohne Fieber entstehen, so dass die Zeit ihres Beginnes nicht festzusetzen ist, oder sie entwickelt sich in einzelnen Absätzen, während welcher Zeit die Milzgegend schmerzhaft war, und die Kranken fieberten. Je mehr Drüsen und Milz schwellen, je mehr ihr zelliger Inhalt wuchert, um so mehr gelangen farblose Elemente ins Blut, und in demselben Maasse vermindern sich die farbigen Blutzellen relativ und absolut. Dadurch wird die Haut des Kranken bleich und cachectisch. Aber lt;la die Abnahme der rothen Blutkörperchen bei den Leuchämischen selbst die höchsten Grade der Chlorose in dieser Beziehung übertrifft, lt;o bekommen die Kranken, gerade wie dort, das wachsbleiche Ansehen , was bei Kerzenlicht exquisit in's Grüne spielt. Dazu gesellen sich, wie dort, Luftmangel und beschleunigtes Athraen, Erscheinungen , welche, wie bei der Chlorose, durch keine genügenden anatomischen Störungen der ßespirationsorgane vermittelt werden, und die gleichfalls, da die farbigen Blutkörperchen den Gasaustausch zwischen Blut und Luft in der Lunge ganz vorzüglich zu vermitteln scheinen, von der Verminderung der gefärbten Zellen abgeleitet werden müssen. Erreichen Drüsenschwellung, namentlich Milztumor, bedeutende Grade, so vermehrt der gestörte Blutlauf die Athemnoth, die bisweilen durch intercurrirende Bronchialcatarrhe unerträglich wird.
Entzieht man in diesem Stadium Blut, so findet man zwischen der Grenze der Speckhaut und des rothen Kuchens einzelne Knöt-chen, oder eine zusammenhängende Schicht von mehr grauer oder grauröthlicher Farbe , die lediglich aus verklebten , farblosen Blutkörperchen besteht. Defibrinirtes Blut zerfallt rasch in zwei Schichten , in eine untere, gefärbte, und in eine obere, eiterähnlich milchige. Die mikroskopische Untersuchung erweist in diesem Falle die obere Schicht nur aus farblosen Elementen bestellend, welche
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nicht isolirt, wie im normalen Blute, sondern zu Klümpchen vereinigt im Sehfelde erscheinen.
Der Verlauf der Krankheit ist verschieden, aber immer chronisch. In allen Fällen gesellt sich zum Schlüsse der Krankheit zur lymphatischen die sogenannte häm orrhagisc h e Diathese. Die Blutungen erfolgen besonders aus der Nase, dem Darme oder in die Haut, selbst in das Gehirn, wodurch das Ende des Patienten rasch beschleunigt wird. — Entweder gehen die Patienten plötzlich apo-plectisch zu Grunde, oder die höchsten Grade der Anämie treten ein, denen jene unter den Symptomen der Erschöpfung erliegen. — Bildet sich keine hämorrhagische Diathese aus, so nimmt die Krankheit , mit wenig Ausnahmen, einen mehr langwierigen Verlauf, und kann sich selbst jahrelang hinziehen, wobei die Anschwellung der Milz und der Lymphdrüsen einen sehr hohen Grad erreicht, und die Spannung der Milzkapsel zur Entzündung dieser, wie zu heftigen Schmerzen im linken Hypochondriitm führt. Hämorrhagische Ergüsse in's Organ sollen die Schmerzhaftigkeit vermehren. Hierbei tumescirt immer die Leber. Die Kranken magern ab, und das bleiche cachectische Ansehen erreicht einen hohen Grad. Die Dispnoë wächst, wird quälend, der Urin enthält häufig Sedimente harnsaurer Salze und von reiner Harnsäure. Meist entwickeln sich Bronchialcatarrhe mit quälendem Husten und copiösem Auswurf. Noch häufiger beobachten wir hier Darmcatarrhe mit hartnäckigen Durchfällen. Hydropische Zustände kommen meist erst zuletzt, was vielleicht damit zusammenfällt, dass hier das Blut nicht wie bei der Hydrämie neben der Verringerung der gefärbten Blutzellen an Eiweiss verarmt, wodurch das exosmotische Aequivalent des hydrämischen Blutes so sehr gesteigert wird. — Der Tod erfolgt in diesen chronischen Formen durch Erschöpfung. —
Die Leuchäraie wurde in einem Falle von Leisering, genau in derselben Weise wie beim Menschen, beim Pferde beobachtet. Ich gebe die Mittheilung wörtlich, wie sie im Veterinärbericht von 1858/59 pag. 35 ff. enthalten ist:
„Herr Bezirksthierarzt Eosenkranz zu Pirna sandte eine sehr vergrösserte Milz von einem getödteten Pferde ein und berichtet darüber Folgendes: „„Das Pferd war bei gutem Appetit und guter Verdauung skeletartig abgemagert, es zeigte bedeutende Schwäche und ein mehr nach rechts Schwanken des Hintertheils in der Bewegung; die ganze linke untere Seite des Hinterleibes war ver-grössert und fest anzufühlen. Der der Zahl nach normale Puls war voll, weich und besonders nach dem Fressen stark aussetzend, auch zeigte sich um diese Zeit oft an den Drosselvenen der sogenannte Venenpuls. Das Athmen war angestrengt, aber nicht beschleunigt. Im Gange bergauf veränderte sich darin wenig, aber bergab traten
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bedeutende Athmungsbeschwerden mit starkem Aufreissen der Nasenflügel ein. Vor ungefähr vier Wochen war das Pferd von einem Thierarzte an Koiik eine Nacht hindurch behandelt worden; früh war durch den After theils frei, theils mit Darmexcrementen eine bedeutende Menge dunklen Blutes entleert, auch die Excremente noch einige Tage schwarzroth davon gefärbt gewesen. Bei der Section zeigten sich im Darmcanal an drei Stellen die Spuren von früheren scharf begrenzten Verletzungen der Schleimhaut durch halbverwachsene, mit dunklen Blutunterlaufungen umgebene Narben. Ungefähr 16 Zoll vom After nach vorn war ein 5 Zoll langer, halbvernarbter , kreisförmiger Riss in der Schleim- und Muskelhaut des Mastdarms zu bemerken, wovon die frühere Blutung ausgegangen war. An dieser Stelle hatte sich gleichzeitig zwischen Mastdarm, Gebärmutter und Blase in das Zellgewebe bedeutendes Blut ergossen, indem sich hier eine gegen sechs Pfund schwarzrothe, dicksulzig? Blutmasse, aber nicht die geringste Spur von Darmexcrementen bemerklich machte.quot;quot; — So weit Rosen kränz.
„Bei der von mir (Leisering) näher vorgenommenen Untersuchung der vom Herrn Rosenkranz eingeschickten Milz ergab sich, dass dieselbe die normale Form einer Pferdemilz bewahrt hatte, aber in einem colossalen Maassstabe; ihr oberes Ende war 2 Fuss 2 Zoll (Leipziger Maass) breit, ihre Länge betrug 3 Fuss 10 Zoll; die Dicke variirte an verschiedenen Stellen etwas, doch nicht sehr auffällig ; der grösste Dickendurchmesser betrug 6 Zoll; das Gewicht derselben betrug 57 Pfund Zollgewicht. Die an verschiedenen Stellen gemachten Einschnitte Hessen überall eine glatte, dunkel-blaurothe Fläche erkennen , die fast trocken erschien, und den darüber streichenden Finger oder weissen Skalpellstiel kaum röthete; einige Zeit der atmosphärischen Luft ausgesetzt, erschien die Schnittfläche schön hellroth; die Pulpe haftete so fest, und zeigte sich so resistent, dass man stark aufdrücken rausste, um sie aus dem Balkengewebe herauszuschaben; selbst als Stücke der Milz theils an der Luft, theils im Wasser über 4 Wochen gelegen hatten, liess sich die Pulpe schwer daraus entfernen. Bei den im Wasser macerirten Stücken begab sich das Balkengewebe bei dergleichen Versuchen fetzig mit heraus, während sich bekanntlich aus gesunden Pferdemilzen nach mehrtägiger Maceration die Pulpe schon mit grosser Leichtigkeit entfernen lässt. Nach fortgeschabter Pulpe zeigte sich das Netzwerk des Milzbalken bedeutend weitmaschiger, als es in normalen Milzen der Fall ist, die Balken selbst beträchtlich verdickt, ebenso fand sich auch der fibröse Milzüberzug, jedoch nicht überall gleichmässig, verdickt. Im Milzvenenblut gehörten wohl die Hälfte sämmtlicher Blutkörperchen den farblosen an; in der Milzpulpe zeigten sich die farblosen Elemente überwiegend; sie
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waren zu grossen Haufen, Tausende von Körperchen enthaltend, vereinigt, aber auch unter den rothen fanden sich ebenfalls noch beträchtliche Mengen farbloser Zellen vor. Ich will besonders darauf hinweisen, dass die farblosen Körper die farbigen nicht viel an Grosse übertrafen, viele sogar noch kleiner erschienen, so dass ich einen grossen Theil der farblosen Elemente, wie sich auch aus ihrem weitern Verhalten ergab, als blosse Kerne ansprechen musste. — Dieser hier von mir geschilderte Befund Hess mich auf den Gedanken kommen, dass das Pferd, welchem die fragliche Milz angehört hatte, an jener Blutanomalie gelitten haben dürfte, auf welche besonders Virchow in der Menschenheilkunde zuerst hingewiesen und dieselbe unter dem Namen der Leuehämie eingeführt hat, und von der, so viel mir bekannt ist, Beispiele in der Thierheilkunde noch nicht vorliegen.quot;
„Ich schrieb deshalb sofort an den Herrn Rosenkranz und ersuchte denselben um Einsendung von Blut aus andern Körper-theilen, wies auch zugleich darauf hin , dass die unteren Fusstheile des Pferdes noch wohl am ersten intact vorhanden sein dürften. Herr Rosenkranz kam meiner Bitte durch sofortige Einsendung eines Fusses, vom Fussgelenk abwärts, nach, und ich erhielt somit Gelegenheit, auch Blut aus andern Theilen zu sehen.quot;
„Schon bei der Abnahme der Hornkapsel zeigten sich die sogenannten Fleischtheile des Hufes häufig blässer, als es in der Regel der Fall zu sein pflegt; es gelang mir, aus den Hufvenen hinreichend Blut für meine Untersuchungen zu erhalten. Das Hufvenenblut hatte ein etwas helleres Ansehen, als in gewöhnlichen Fällen, und bestätigte bei der näheren mikroskopischen Betrachtung meine Ver-muthungen auf das Entschiedenste. Es stellte sich eine auffällige Armuth an farbigen Blutzellen und eine grosse Menge der farblosen Elemente heraus; letztere verhielten sich hinsichtlich ihres Grössen-verhältnisses, wie sich die farblosen Körper in der Milz verhielten; sie stellten wenig grössere granulirte Zellen als die farbigen Blutkörperchen dar, aber auch hier waren Kerngebilde unverkennbar in grosser Menge vorhanden. Die farbigen Blutkörper legten sich geldrollenförmig an einander. Eine specielle Zählung — die auch nicht immer vorlrrthümern schützt — habe ich nicht vorgenommen, glaube jedoch, dass , wenn ich das Verhältniss der farblosen zu den farbigen Körpern wie 2 : 3 schätze, der Wahrheit ziemlich nahe gekommen zu sein, und wenn ja ein Irrthum bestände, so wäre er vielleicht bei dieser Schätzung noch eher auf eine zu grosse Angabe der farbigen als der farblosen zu setzen.quot;
„Es ergiebt sich hiernach zur Evidenz, dass das genannte Pferd neben der Milzhyperplasie und ohne Zweifel auch durch dieselbe an „„weissem Blutequot;quot;, der Leuehämie, gelitten hat, die man in diesem
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Die Pyamie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 139
Falle, da Angaben über eine Veränderung der Gekrösdrüsen nicht vorliegen, als eine lie rial e bezeichnen müsste.quot; (Leisering).
Die Pyämie.
Die Pyamie gehört zu jenen Blutkrankheiten, die eine prä-existirende Gewebsstörung als Ursache voraussetzen. Die Natur dieser Störung ist in allen Fällen destructiver Art, wiewohl der Vorgang nicht immer der der Eiterbildung ist. Sehr oft n.angelt der lobenswerthe Eiter hier, denn zerfallende Entzündungsheerde der verschiedensten Gewebe, wobei nur Detritusmasse auftritt, vermögen ebensowohl Pyämie zu erzeugen, als Knochencaries.
Vordem war man der Ansicht, dass bei der Pyämie intacter Eiter in das circulirende Blut gelange, und in demselben eine ungewöhnliche Vermehrung erführe. Während früher eine derartige Annahme auf einem rein hypothetischen Boden stand, so schienen die Beobachtungen von Leuchämie neben Gewebseiterung der Lehre von dem Eiterblute eine factische Basis zu verleihen. Man hielt in diesen Fällen die so colossale Vermehrung von farblosen Blutzellen für Eiterkörperchen, und glaubte nun fest, einen unwiderleglichen Nachweis der Eiterresorption des Blutes, sowie der Eitergährung desselben geliefert zu haben. In den nicht seltenen Fällen von Leuchämie, wo eine Gewebseiterung mangelte, nahm man eine ursprüngliche Eitergährung des Blutes au. Rudolf Vi r c h o w hat diese Auffassung glanzvoll zurückgewiesen. Denn die Leuchämie hat in der That nichts mit der Eiterresorption oder mit der Pyämie zu thun. Die farblosen Elemente, welche dort im Blute angetroffen werden, sind unzweifelhaft weisse Blutkörperchen oder frühere Entwickelungsstufen derselben.
Wenn man an der Leiche eines Amputirten , der an Eitervergiftung zu Grunde ging, die Venen im Stumpfe verfolgt, so findet man bisweilen dieselben grosse Strecken weit mit einer dem lobens-werthen Eiter im Aeussern complet gleichenden Flüssigkeit erfüllt. Sobald man aber etwas davon auf den Objectträger des Mikroskopes bringt, hat man nur Detritusmasse im Sehfelde. Obwohl nur starre Röhren saugen können, bewies man doch früher aus derartigen Fällen die wirklich stattgefundene Eiterresorption. Zuweilen findet man in diesen Amputationsstumpfen Blutgerinnsel, die deutlich aus zwei Schichten bestehen, nämlich aus einer gelben, halbfliissigen, und einer röthlichen , consistenteren, die dem Blutfaserstoff gleicht. Mitunter findet sich die eiterartige Masse im Innern des Coagulums. Niemand bezweifelt jetzt, dass diese Blutgerinnungen im Begriff sind, eitrig zu zerfallen. Hat die puriforme Schmelzung allen Faserstoff des Venenthrombus zerstört, sind die Blutzellen zerfallen,
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so ist das Venenrohr mit der oben geschilderten eiterähnlichen Flüssigkeit angefüllt, und wir begegnen intacten Thromben nur an den Stellen, wo das Gefäss mit einer Vene zusammenstösst, in welcher das Blut noch circulirt. Der Vorgang ist hier ziemlich einfach. Bei einer Amputation, einer Erstirpation oder nach Ausschliessung der Frucht- und der Eihäute, ferner bei destructiven Processen aller Art, werden Blutadern ausser Zusammenhang mit ihren Haargefassen gesetzt, es mangelt nun für das in ihnen enthaltene Blut die inlaquo; a tergo, und so muss sich bis zum nächsten Collateral ven enaste Thrombusbildung in den Venen einleiten, deren Haargefässe zerstört oder mit amputirt wurden. Wenn der Thrombus jene oben geschilderte eitrige Schmelzung nicht eingeht, so wird er bei längerem Bestände wasserärmer, trockner, brüchiger, und unter Wucherung der Intima der Venenhäute kommt es zur completen Verödung des G-efässes und seines Inhaltes. Dieses ist der erwünschteste Ausgang, wobei die Venen zu bindegewebigen Strängen degeneriren. Diesen Vorgang hat man adhäsive Phlebitis genannt. Doch bisweilen setzen sich die Gerinnsel in den Venen weit nach dem rechten Herzen zu fort, so dass die Thrombenbildung, z.B. bei Amputationen der Extremitäten bis in die Axillaris, in die Cruralis reicht. Dann ereignet es sich nicht selten, dass jene Thrombustheile, die in das circulirende Blut hineinragen , was constant an der Einmündungsstelle des thrombotischen Gefässes in das freie stattfindet, von dem Blutstrom weggeschwemmt und nach dem rechten Herzen fortgeführt werden. Dass in der That solche massige, körperliche Theile, wie sie derartige Thrombenstücke darstellen , von dem Blutstrom fortgetragen werden können, ist durch das Experiment nachgewiesen, indem man Kautschuk-, Hollunder-markstückchen, die man in die Drosselvene des Hundes einbrachte, theils im rechten Herzen, theils in den Lungengefässen eingekeilt wieder vorfand.
Die abgebröckelten und fortgeführten Thrombusstücke verweilen nun entweder im rechten Herzen, oder werden in die arteriapulmona-lis eingetrieben, wo man sieauf denBifurcationsstellen derPulmonal-gefässe reitend antrifft. Sie verschliessen grosseren oder kleineren Abschnitten der Pulmonalgefasse den Blutstrom, erzeugen collaterale Fluxionen, führen zu Blutgerinnungen und zur Bildung der hämorrhagi-schen Infarcte, welche constant eine Keilform darbieten, mit der Basis nach aussen,mit der Spitze nach innen gelagert sind. Diese anfänglich schwarzen, derben, brüchigen Heerde entfärben sich allmälig, und nehmen unter Consistenzverminderung eine exquisit gelbe Färbung an. Bisweilen trifft man aber ähnliche Heerde im Bereiche des grossen Kreislaufs, z. B. in der Leber, in der Milz, in der Niere, zu deren Erklärung man die Existenz ausserordentlich kleiner Thromben supponiren
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musste, die so klein wären, dass sie die Lungencapillaren passiren konnten. Jenseits dieser Gefässprovinz vergrösserten sie sich durch Juxtaposition gerinnbarer Stoffe aus dem Blute, was durch die Thatsache wesentlich gestützt wird, dass die wandernden Thromben meist einen concentrischen Bau zeigen, aus verschiedenen Schichten bestehen, die unverkennbar ungleichen Datums sind. In sehr vul-nerablen Organen ruft die Thrombose Mortificationsvorgänge hervor, so besonders im Gehirn. In vielen Fällen nicht entzündlicher localer Hirnerweichung ist die Ursache eine Arterienthrombose des Gehirns.
Das Abbröckeln von Thrombusstücken wird durch eine locale eitrige Schmelzung der Veneuthromben veranlasst, wodurch aliquote Theile derselben flott werden. Und so hängt von der physicalischen Beschaffenheit dieser Venenthromben der glückliche Ausgang einer Operation, einer Entbindung ab. Aber vollkommen deckt die Embolie das Bild der Pyämie denn doch nicht. Wenn auch die localbeschränkten Vorgänge, die sogenannten metastatischen Ab-scesse genügend durch die Embolie erklärt werden, so gilt dies nicht in gleicher Weise von der diffusen Entzündung des Unterhautbindegewebes, der serösen Häute, von den diphtheritisehen Vorgänger, auf den Schleimhäuten , von der hämorrhagischen Diathese , sowie von dem eminent septischen Character mancher Fälle von Pyämie. Auch die febrilen Symptome, der so gefürchtete Schüttelfrost, die gewaltige Steigerung der Hauttemperatur, das fulminante Sinken der Kräfte -— Alles das kann auf einem so grob mechanischen Wege kaum erklärt werden, vielmehr drängt eine vorurtheilsfreie Beurtheilung zur Annahme einer toxischen Wirkung, einer Infection mit fauligen Stoffen hin. Das sah schon Reinhardt ein. Er äusserte: „Wo wir Eiterung haben, da stirbt auch Etwas abquot;, und von der Aufnahme in Zersetzung begriffener thierischer Flüssigkeiten und Gewebstheile leitete er die Pyämie her, wodurch begreiflicherweise jede Differenzirung zwischen Pyämie und Ichorrhä-mie in ursächlicher Beziehung wegfiel. Aber die Jaucheinfeetion des Blutes ist nach V i r c h o w doch von der Pyämie getrennt zu halten, obwohl in vielen gegebenen Fällen beide Zustände mit einander coincidiren. Berücksichtigt man den eitrig schmelzenden Thrombus, und denkt sich diesen Schmelzungsprocess bis zur Grenze des circulirenden Blutes fortgesetzt, so sind alle Bedingungen gegeben , dass eine fremde, in Zersetzung begriffene Materie dem Blute beigemischt werde. Dass eine solche Materie in der That existire, kann kaum in Zweifel gezogen werden, seitdem feststeht, dass Verwundungen bei Sectionen Pyämischer am constantesten und am heftigsten die Wirkungen der Leichengiftinfection nach sich ziehen.
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Wir begegnen der Pyämie beim Typhus, bei den Pocken, beim Scharlach , bei der Syphilis, beim Carbunkel, beim Rotz, bei der Pest, beim Gelbfieber, bei der Diphtheritis, bei der Ruhr, bei Scropheln, bei der Cholera, beim Erysipel, nach Operationen, nach anatomischen Verletzungen, nach der Geburt, nach Verwundungen.
Die Symptome des Zustandes sind: Heftiger Schüttelfrost, der sich öfters wiederholt, und keinen bestimmten Typus einhält; eine darauf folgende sehr gesteigerte Hauttemperatur, bedeutender Durst, eminente Pulsbeschleunigung, Erbrechen, schwere cephalische Erscheinungen , besonders Delirien, selbst Raserei, ganz vorzüglich aber von Hause aus die bedeutendsten Grade der Erschöpfung, copiöse Schweisse, wozu sich noch die Symptome einer Pneumonie, eines massigen, puriformen Exsudats der Pleura, der Bauchhöhle, des Pericardiums etc. hinzugesellen können. Innerhalb 1—3 Tagen erfolgt der Tod.
Bei diesen acut verlaufenden Pyämieen beobachten wir sehr oft diphtheritische Affectionen der Schleimhäute des Mundes, des Hintermundes, des Dickdarms, mit rascher Putrescenz des Exsudats und der Matrix. Bei Pferden werden diese diphtheritisciien Vorgänge besonders auf der Nasenschleimhaut beobachtet, und bieten das Bild des acuten Rotzes dar.
Der Tod ist bei diesen Zuständen die Regel, doch ist auch Genesung beobachtet worden , besonders , wenn die metastatischen Eiterungen mehr die äusseren Theile, z.B. das Unterhautzellgewebe befielen. Bei den sehr rapid verlaufenden Formen complicirt bisweilen die hämorrhagische Diathese die Pyämie, und führt zu Petechienbildung in der Haut und zu Blutungen aller Art.
Die faulige Infection entsteht ohne Concurrenz von Phlebitis bei Uebertragungen des Leichengiftes, überhaupt bei Verletzungen mit unreinen Instrumenten, ferner bei Uebertragung von fauligen Stoffen durch Insecten, bei übel eiternden oder wohl gar verjauchenden quot;Wunden, bei Knochencaries, Gangrän, Diphtheritis, beim Zurückbleiben der Nachgeburt. Hier scheinen theils die Venen, theils und vorzüglich die Lymphgefässe Aufnahmsorgane für den putriden Stoff zu sein.
Um sich den Verlauf recht klar zu machen, nehmen wir als Beispiel die Infection mit Leichengift. Nach einer kürzern oder längern Incubationszeit entzündet sich die Hautwunde des Anatomen lebhaft, es bildet sich eine Lymphangioitis des Armes, endlich ein entzündliches Oedem der Unterhaut und ein Erysipelas der Haut. So lange ist der Vorgang noch local. Kommt es hier zu einer allgemeinen Störung, so kann sie nicht vom örtlichen Process abgeleitet werden, da jetzt hier weder von Eiter noch vor Brand eine Spur war, sondern man hier nichts als frische Entzündungsheerde findet. Die
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allgemeinen Erscheinungen sind die eines intermittirenden typhösen Fiebers mit Affection des Lymphgefässsystems, der Milz, der Leber und Nieren, durch Uebertritt des putriden Stoßes aus den Lymphin die Blutbahnen vermittelt. Hierbei werden Säfte mit eminent virulentem Character erzeugt. Dies gilt namentlich von den diphtheritischen Producten der Schleimhäute. Erysipelas und Diphtheritis sind von Hause aus hier nicht eitrig, werden es aber später, und führen zu Gangrän der Haut und der Schleimhaut.
Der Unterschied zwischen Pyämie und jauchiger Infection beruht in Folgendem : Die Pyämie ist die Folge destructiver Pro-cesse, welche von Venenthrombose und puriformer Schmelzung der Venenthromben begleitet sind. Die jauchige Infection dagegen entwickelt sich durch unmittelbaren Uebergang jauchiger Stoffe in Lymph- und Blutgefässe, wobei die örtlichen Erscheinungen = 0 sein können, in der Regel aber die Form einer Afterrose mit Neigung zur G-angränescenz und Lymphgefässentzündung darbieten. In den meisten gegebenen Fällen besteht Ichorrhämie neben Pyämie gleichzeitig. In den reinen Fällen von Ichorrhämie fehlen die embolischen Heerde, und es machen sich gleichsam nur chemische Wirkungen auf Säftemasse und Ernährung des aufgenommenen fauligen Stoffes geltend. Es werden deshalb auch nur in diesen Fällen jene Erscheinungen der Pyämie wahrgenommen, die sich nicht auf Gefässembolie in ursächlicher Beziehung zurückführen Hessen. Der Decurs ist in den reinen Fällen von Ichorrhämie meist ein noch rapiderer, als bei der nicht durch Jaucheinfection com-plicirten Pyämie. Die so jähe verlaufenden Wochenfieber, die bisweilen innerhalb eines halben Tages tödten, scheinen nur durch Jauchevergiftung des Blutes veranlasst zu sein, und selbst jene von längerer Dauer mit örtlichen Affectionen am Genitalapparat setzen nicht immer pyämisehe Zustände unbedingt voraus, vielmehr können auch sie nur auf Ichorrhämie zurückgeführt werden. Die Lymphan-gioitis fehlt hier ebensowenig, als ein Aequivalent des Rothlaufs der äussern Haut. Dies ist die Diphtheritis der Schleimhäute.
Von grosser Bedeutung für die Genese dieser Zustände ist die faulige Erweichung der vorhandenen Entzündungsheerde an den äussern und Innern Genitalien. Es bilden sich hierbei höchst diffusible und imbibitionsfähige Zersetzungsstoffe, wofür die leichte und ausgedehnte Durchtränkung der Nachbargewebe in der Leiche spricht. Diese Jauchedurchtränkung setzt sich allerdings hier sehr oft bis in die Venenthromben fort, führt zu deren fauliger Zersetzung, und kann auch auf diese Weise putride Infection des Blutes erzeugen.
Bei den gangränescirenden Carbunkeln, also namentlich beim
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144nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten des Blutes.
Anthrax, sowie bei der Existenz grosser Jaucheheerde, ist der Jaucheinfection des Blutes Thor und Thür geöffnet, und sie kann hier auf mittel- und unmittelbarem Wege zu Stande kommen. Alle secundären Heerde haben bei der putriden Infection die grösste Neigung zum jauchigen Zerfall.
Vom Scorbut.
Die hämophilen Zustände werden gegenwärtig immer mehr und mehr mit dem Namen der hämorrhagischen Diathese bezeichnet. Dieselbe besteht vielleicht weniger in einer Mischungsveränderung des Blutes, als in einer gestörten Ernährung der Capillarwandungen, wodurch diese leichter zerreisslich werden, und schon bei der geringsten Vermehrung des Seitendrucks, unter dem das Blut in ihnen strömt, bersten, zerreissen, wodurch es theils zu freien Blutungen, theils zu Blutungen in die Gewebe kommt. Wenn diese Diathese eine gewisse Selbstständigkeit erlangt, chronisch verläuft, und zu einer blutigen Infiltration des Zahnfleisches führt, so wird dieser Zustand S corbut oder S charb ock genannt, bei dem ganz besonders noch Petechienbildung auf der Haut (namentlich an den unteren Extremitäten) in der verschiedensten Zahl und Ausdehnung auftritt, wozu sich bisweilen entzündliche Infiltrate der Lederhaut und Unterhaut gesellen. Der Blutfehler, welcher später hervortritt, äussert sich in einer dunkeln Farbe des Blutes und in unzweifelhaftem Faserstoffmangel. Durch Blutverluste in Folge der Mundblutungen, zu denen sich Blutungen auch aus andern Schleimhauthöhlen gesellen können, entwickelt sich im Verlaufe der Krankheit beim Menschen oft eine so exquisite Anämie, dass das Colorit des Kranken, besonders im Gesicht, auffallig wachsgelb wird. Die Rückwirkung der Anämie auf das Nervensystem äussert sich in grosser Schwäche, bleierner Schwere der untsrn Extremitäten, gedrückter , an Schwermuth grenzender Gemüthsverstimmung, leichter Ermüdbarkeit. Zuweilen nekrosiren die heutigen Infiltrate der Sehleimhäute und der Haut, und erzeugen die .sogenannten scorbuti-schen Geschwüre. Von dieser Seite her dronen, wenn die Ver-schwärungen eine gewisse Ausdehnung gewinnen, den Kranken die mannigfachsten Gefahren, aber besonders die, durch putride Infection zu Grunde zu gehen.
Der Scorbut wird in Gefängnissen beobachtet, ganz besonders aber bei Seeleuten, welche lange zur See waren, und daselbst einer anhaltenden Kälte, vorzüglich der nassen Kälte ausgesetzt waren. Es ist zweifelhaft, ob die Schiffskost von Einfluss auf die Entstehung des Scorbuts ist. Die Schiffsmannschaft entbehrt in der Regel den Genuss frischer Gemüse, der Kartoffeln, und ist nur auf den Genuss
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Vom Scorbut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 145
von gepökeltem Fleische und Schiffszwieback angewiesen. Es ist daher wohl anzunehmen, dass der Mangel des Genusses frischen Fleisches und der frischer Vegetabiliën, sowie die übermässige Zufuhr von Kochsalz nicht ohne Einfluss auf die Entstehung dieses Blutfehlers ist. Dass aber der Mangel frischer Pflanzennahrung durchaus keine ausreichende Ursache des Scorbuts ist, geht wohl aus jenem Umstand hervor, dass wir den Scorbut auch bei solchen Individuen antreffen, welche fast nur Gemüseund Kartoffeln geniessen, dabei aber Mangel leiden, und zumal in den nordischen Gegenden wohnen , z. B. in Russland, wo das Landvolk in kalten, feuchten Kellerwohnungen haust. Dies weist auf eine miasmatische Entstehung des Scorbuts hin. Ueberhaupt scheinen die Ursachen des Seescorbuts compli-cirter Natur zu sein, und so hat man ganz besonders den Scorbut auf jenen Schiffen beobachtet, welche sich wegen Windstille lange Zeit unter der Linie aufzuhalten gezwungen waren. So hat man femer bemerkt, dass übermässige Strapazen, eine trübe, muthlose Stimmung der Mannschaft, den Ausbruch des Scorbuts begünstigt, während umgekehrt bei wenig Arbeit und heiterer Stimmung der Mannschaft Scorbut nicht beobachtet wurde. Hieran schliesst sich auch die Beobachtung des Scorbuts in Gefangnissen, Casernen, Hospitälern. —
Der Scorbut ist bei Thieren in seltenen Fällen bei Schafen und Schweinen angetroffen worden. Auch hier mangelten die charac-teristischen Blutunterlaufungen des Zahnfleisches nicht. Die blutigen Infiltrationen des Hautgewebes führten besonders bei den Schweinen zu einem leichtern Ausgehen der an ihrem Wurzelende blutigen Borsten (Borstenfäule). Bei den Thieren lässt sich gleichwohl eine miasmatische Entstehung des Scorbuts nicht ausschliessen, denn diese Krankheit wurde namentlich in mit Excrementen überhäuften, dumpfen, überfüllten Ställen beobachtet. Der Verlauf der Krankheit ist auch bei Thieren der eines chronischen Siechthums. In vielen Fällen erfolgt der Tod durch Erschöpfung unter colliquativen Ausleerungen.
Dass dieser Blutfehler aber auch die verschiedensten acuten fieberhaften Erkrankungen, aber ganz besonders die Milzbrandfieber, die putride und eitrige Infection des Blutes, aber auch einfache Entzündung innerer Organe, wie der Lungen und der Pleura, selbst nur catarrhalische Affectionen zu compliciren vermag und das ganz besonders dann thut, wenn miasmatische Ausströmungen des Bodens, der Stallungen etc. mitwirkend sind , ist bereits wiederholt erwähnt worden. —
Jene Form, welche Claus als Petechialfieber der Schweine beschreibt, und welche im verflossenen Jahre mehr als 400 Stück in der Nähe Muissens dahinraffte, entwickelte sich nach Claus
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;10
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146nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten des Blutes.
ohne vorhergehendes auffälliges Unwohlsein. Meist sei die Krankheit über Nacht entstanden; die Schweine kamen des Morgens nicht zum Futter, oder lagen schon todt im Stalle. Bei Besichtigung der Kranken sah man gewöhnlich die Ohren roth und violett gefärbt. Am Stamme, vorzüglich am Euter, am Bauche und zwischen den Hinterschenkeln traten handtellergrosse, gleichfalls violett gefärbte Flecke auf, welche nicht erhaben waren, sich nach allen Riehtungen hin ausbreiteten und gegenseitig zusammenflössen. Bei näherer Untersuchung fand Claus die Körperwärme entweder sehr erhöht, oder so gesunken, dass sich die Haut eisig kalt anfühlte. Letzteres sei stets das sicherste Kennzeichen des tödtlichen Ausgangs der Krankheit. Allen Kranken sei ein eigenthümliches, beschwertes, kurzes und stossweise ausgeführtes Athmen mit starker Bewegung-des Hinterleibes eigenthümlich. Dieses Athmen sei auch die Ursache , dass man den Puls zu fühlen nicht im Stande wäre. Den Herzschlag fand er stark klopfend. Die Fresslust mangelte. Die Darmausleerungen gingen selten und dann trocken und fest ab. Trat der Tod ein, so bemerkte Claus Blutausfluss aus After und Nase.
Nach dem Tode entwickelte sich in allen Fällen eine den ganzen Körper überziehende blaurothe Färbung der Oberfläche. Die Obduction ergab, dass die Ecchymosen nicht nur den Hautkörper, sondern auch das ünterhautzellgewebe und das von ihm eingeschlossene Fett intensiv blauroth, selbst schwarzroth gefärbt hatten. Die Muskulatur war braunroth gefärbt und mürbe. Eine rosenrothe bis braunrothe Färbung zeigte auch der Darmcanal entweder an einzelnen Stellen, oder diffus die ganze Serosa des Darms befallend. Die Magenschleimhaut war fleckig geröthet, und be-sass hin und wieder Substanzverluste (hämorrhagische Geschwüre). Etwas Aehnliches wurde auch auf der Dickdarmschleimhaut beobachtet. Die Leber wurde blutreich, die Milz ebenfalls blutreich und sehr mürbe angetroffen. Pleura und Herzbeutel waren meist diffus braunroth tingirt; in diesen serösen Cavitäten traf Claus spärliche , seröse, blassröthliche Ergüsse an. Der Herzmuskel war schlaff und mürbe. Das rechte Herz im Zustand passiver Dilatation. Das Blut im Herzen und in den grossen Gefässen erschien schwarz und flüssig.
Rücksichtlich der Krankheitsursachen glaubt Claus, dass die hybriden Formen der Schweine vorzüglich heimgesucht werden, während das englische Schwein und das Landschwein nur selten dieser Seuche zum Opfer fallen. Die Ursache zum Ausbruch sucht Claus in dem Aufenthalt der Schweine in schlechten, finstern, feuchten Stallungen, welche ohne Lüftungsvorrichtungen sind. quot; Ferner versichert er, habe sich herausgestellt, dass die Frequenz der Erkrankung im geraden Verhält-
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Vom Scorbut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 147
nisse zu den äussern Bedingungen der Zersetzung organischer Stoffe sei. Dass demnach im Hochsommer bei Gewitterschwüle in nicht allzu trockenen Sommern die Frequenz der Erkrankungen Überhand nehme, bei Kälte und Frost sich zwar wesentlich vermindere, aber doch nicht ganz erlösche. Dieser Umstand, sowie das Geknüpftsein des epizootischen Auftretens des Petechialfiebers aa gewisse Jahre scheine aber doch noch von unbekannten Verhältnissen abhängig zu sein, da durchaus nicht in jedem heissen Sommer diese Seuche herrsche, sondern scheinbar unabhängig von den äussern Bedingtwerden organischer Zersetzung in einem Jahre seuchenartig auftritt, in den darauf folgenden unter gleichen äussern Verhältnissen nur sporadisch vorkommt u. s. f.
Die Contagiosität für Thiere und Menschen wird entschieden zurückgewiesen, und um deswillen die anthraköse Natur des Uebels bestritten. Ich trage kein Bedenken, dieses von Claus beschriebene Petechialfiebei- der Schweine für ganz identisch mit der von mir unter dem Namen morbus muculosus im Jahre 1849 beobachteten und 1853 beschriebenen Sohweinekrankheit zu halten. Die unzweifelhaft miasmatische Entstehung der Krankheit, der schnelle Decurs, die Zeichen hochgradiger Blutzersetzung während des Lebens, die noch durch das Auffinden von Blutkrystallen wesentlich vermehrt wurden, bestimmen mich auch jetzt noch, das Petechial-üeber der Schweine den Milzbrandfiebern unterzuordnen, obwohl ich zugestehen muss, dass die noch nicht constatirte Contagiosität der Krankheit immer noch einige Zweifel zulässt. —
Die meisten Fälle von Vorder- und Hinterbrand, selbst von Bräune der Schweine dürften auf einer Verwechselung mit dem Fetechialfieber beruhen. — Der Schweinetyphus gehört ebenfalls hierher. — Treten niitunter, wie ich es in Mecklenburg beobachtete, zahlreiche, hochrothe, linsengrosse Flecke (purpura) an der Bauchhaut auf, so entsteht eine aus sere Aehnlichkeit mit den Masern, daher die Annahme des Vorkommens der Masern bei Schweinen von den Thierärzten. — Das Fleckfieber der Schweine mit den Nesseln derselben zu confundiren, ist ebenso willkürlich als irrig, beruht auf einer groben Unkenntniss der beiden Zuständen zu Grunde liegenden Vorgänge, und wurde durch das gleichzeitige Herrschen des Petechial- und des Nesselfiebers unter dem Borstenvieh veran-lasst. Der gewöhnliche Ausgang bei dem Fetechialfieber ist der Tod. In den seltenen Fällen, in welchen Heilung eintrat, verschwinden die Petechien genau so allmälig, wie die violetten Flecke der Gesichtshaut nach Contusionen, und gehen, wie diese, aus dem Violetten in das Grüne, dann in das Gelbe und endlich in die normale Hautfärbung über. Das Fieber verschwindet so schnell, als es kam.
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Allgemeine Ernährungsstörungen.
Die Zuckerhammhr.
Diese Krankheit, welche ein ungewöhnliches wissenschaftliches Interesse erregt hat, und nach allen Richtungen der Pathologie und Physiologie erforscht wurde, ist zwar immer noch in pathogenetischer Beziehung in ein tiefes Dunkel gehüllt, aber auf jeden Fall ist hier der passende Ort, sie abzuhandeln , da der Zucker, welcher bei dieser Krankheit in so grossen Quantitäten, in dem Wasser des secer-nirten Harns gelöst, in den Nieren ausgeschieden wird, nicht etwa sich erst dort bildet, sondern vielmehr aus dem verbreitetsten Gewebe, dem Blute, ausgeschieden wird, in welchem er zwar auf einer kurzen Strecke der Blutbahn unter normalen Verhältnissen vorkommt , bei dieser Krankheit aber in ungewöhnlichen Mengen nicht nur im Blute aller Theile des Körpers, sondern auch in dessen sämmtlichen Derivaten angetroffen wird, was durch gestörte oder gehemmte Assimilationsverhältnisso vermittelt wird. Denn das normale Vorkommen des Zuckers im Blute darf nicht so aufgefasst werden , als ob das Blut jedes Organs und jeder Gefässprovinz eine gleich grosse Menge Zucker gelöst enthielte; im Gegentheile ist das Blut verschiedener Organe und ganz besonders das d erNieren als ganz frei von Zucker, und nur das Venenblut des Unterleibes , das Blut der Pfortader, Lebervenen, zuckerhaltig angetroffen worden.
Jenseits der Lungencapillaren mangelt dem Blute jede Spur von Zucker unter normalen Verhältnissen. Aus diesem Verhalten ging zunächst die Hypothese der Zuckerruhr hervor, dass man den Diabetes von einem gehemmten Umsätze des dem Blute zugeführten Zuckers ableitete. Aber die Bedingungen , von denen das pathologische Vorkommen des Zuckers im Gesaramtblute, in allen thierischen Secreten und ganz besonders im Harn abhängt, und die demnach die negativen Ursachen des aufgehobenen Umsatzes der durch die Lebervenen dem Gesaramtblute zugeführten Zuckerquantitiiten in Buttersäure oder Milchsäure, oder in Aldehyd, Essigsäure, Kohlensäure
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Die Zuckerharnruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 149
und Wasser abgeben, sind gegenwärtig noch ganz unbekannt. Die Behauptung, dass der Mangel an Alkalien im Blute der Diabetiker der Umsetzung des Zuckers hinderlich sei, ist vollständig widerlegt, und die Annahme, dass im Blute der Diabetiker ein n icht näher bekanntes Ferment fehle, welches im Blute gesunder Individuen vorhanden sei, und dort die Umsetzung des Zuckers bewirke, entbehrt jedes genügenden Nachweises.
Ferner leitete man die Entstehung des Diabetes von einer gesteigerten und beschleunigten Umsetzung der Kohlenhydrate in Zucker ab, deren weitere Ursache in einer abnormen Beschaffenheit der Verdauungssäfte gesucht wurde. Diese Annahme steht auf noch schwankenderen Füssen, denn die Physiologie hat längst nachgewiesen , dass eine vollständige Umwandlung der Kohlenhydrate in dei; ersten Wegen stattfindet, und dass diese vollständige Umwandlung sogar bei übermässiger Nahrung, z. B. bei gemästeten Thieren, nicht einmal mangelt. Hätte diese Hypothese nur eine thatsächliche Berechtigung, so müssten nach jeder übermässigen Mahlzeit, bei der grosse Mengen Kartoffeln, Reis, Gräupchen genossen wurden, wenigstens Spuren von Zucker im Urin auftreten. Dem ist jedoch keinesfalls so. Ferner müsste bei completer Abstinenz vegetabilischer Kost, und bei dem ausschliesslichen Fleischgenusse der Zucker im Harn schwinden. Die Erfahrung hat das Gegentheil gelehrt.
Die Thatsache, dass bei Fleischfressern die Leber das Organ der Zuckerbildung ist, eine Entdeckung Claude Bernards, legt es ziemlich nahe, die nächste Ursache des Diabetes in eine krankhafte Affection dieses Organs zu verlegen. Jener geistreiche Franzose trug kein Bedenken, diese Anschauung, welche anscheinend durch pathologisch-anatomische Thatsachen gestützt, sich eines grossen Beifalls des ärztlichen Publikums zu erfreuen hatte, mit jener wunderbaren Thatsache der experimentellen Physiologie in Einklang zu bringen, der zu Folge eine Verletzung des Bodens der vierten Hirnhöhle bei Hunden, Kaninchen, sofort das Auftreten des Zuckers im Harne nach sich zog (die sogen. Piquüre). Er hielt auch für die hypothetische Lebererkrankung, welche den Diabetes erzeuge, die Innervationsstörung aufrecht. In Folge der abnormen Innervation werde in der Leber sowohl die Erzeugung der zuckerbildenden Substanz vermehrt, als die Umwandlung derselben in Zucker beschleunigt. Eine antagonistische Lähmung des Sympathicus und eine übermässige Thätigkeit jener Nerven, welche die Leberfunctionen verstärken, wären die nächstursächlichen Momente. Gewiss ist anzunehmen, dass die Leber im Diabetes mehr Zucker producirt, als unter normalen Verhältnissen, aber gewiss wäre es zu weit gegangen, den Entstehungsort des Pfundes Zucker, was gar nicht so selten in einem Tage mit dem Urin des Diabetikers ausgeschieden wird.
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nur in die Leber zu verlegen. Deshalb müssen wir trotz der eifrigen Forschungen so vieler bedeutender Physiologen und Kliniker heute offen gestehen, dass wir dem Erkennen des Wesens des Diabetes trotz der sonst so anerkennenswerthen Thätigkeit jener Männer nicht um einen Schritt näher gerückt sind.
Der Diabetes kommt häutiger bei Männern, als bei Frauen vor. Auf drei diabetische Männer kommt eine diabetische Frau. Diese Krankheit scheint vorzüglich den Jahren der Bliithe eigen zu sein. Bei Männern fällt die grösste Frequenz zwischen das dreissigste und vierzigste, bei Frauen dagegen zwischen das zehnte und dreissigste Jahr. Erblichkeit scheint nicht ganz ausgeschlossen werden zu können. Erkältung, Durchnässung des Körpers, äussere Gewaltthätigkeiten, besonders Erschütterungen des ganzen Körpers, übermässiger Genuss von Zucker, von jungem Wein, Obstmost, abusus spiriluosorum, niederdrückende Gemüthsaffecte, über-mässige geistige Anstrengung werden als Gelegenheitsursachen aufgeführt, obwohl eine gewissenhafte Prüfung der conereten Fälle von Diabetes derartige Annahmen meist grundlos erscheinen lässt.
In fast allen Leichen Diabetischer wird eine mehr oder weniger vorgeschrittene Lungentuberkulose angetroffen. Ausserdem finden wir hier sehr constant die Zeichen einer chronischen Furuncu-losis der Haut und eine exquisite Abmagerung. Bisweilen ist Pneumonie oder Lungengangrän vorhanden. Die Leber ist oft normal, selten hyperämisch, das Pancreas meist atrophisch. Das Herz bietet eine atrophische, der Magen dagegen eine massig hypertrophische Muskulatur, der übermässigen Nahrungsaufnahme im Verlaufe dieser Krankheit halber, dar. Die Nieren werden in vielen Fällen von Diabetes im Zustande des morbus Brightö angetroffen.
Die Symptome dieser Krankheit werden oft lange verkannt. Immer ist es ein übermässiger, kaum zu stillender Durst und eine constant vermehrte Harnabsonderung, welche den Kranken in Verwunderung setzen, und ihn zunächst darauf hinführen, dass er krank sei. Bisweilen sind im Anfange Polyurie und Polydipsie die einzigen Krankheitszeichen, doch gesellen sich nicht selten Verdauungsstörung , Neigung zur Magensäure, Sodbrennen und ungewöhnlich starke Esslust zum übermässigen Durste hinzu. Von diesen Erscheinungen steigert sich mit Zunahme der Krankheit vor Allem der Durst auf das Heftigste, und wird fast unlöschbar, besonders zur Nachtzeit. Es kommt gar nicht selten vor, dass im Verlaufe eines Tages zehn bis fünfzehn Kannen Wasser oder einfaches Bier genossen werden. Der Diabetiker steigt nie ins Bett, ohne neben sich einen Krug mit Getränk zu haben.
Bei diesem übermässigen Durste ist die Hauttemperatur normal,
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Die Zuckerharnruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;151
oft unter der Norm , Lippen und Zunge sind beständig trocken, an den Lippen brechen Bläschenausschläge hervor (herpes labialis). Durch diese so grosse Aufnahme flüssiger Stoffe muss begreiflicherweise der Urin in gleichem Maasse vermehrt werden, niemals betragen aber die Wasserausgaben durch den Harn mehr, als die Wassereinnahraen durch das Getränk, wiewohl dies hin und wieder ist behauptet worden. Im Gegentheil haben die gewissenhaften Untersuchungen von Liebermeister und Reich erwiesen, dass die Wassereinnahmen durch das Getränk die Wasserausgaben durch den Urin um Einiges übersteigeraquo;, da mit den Fäces und durch die perspiratio itisensibilis der Körper gleichfalls Wasserverluste erfährt, die von den Wassereinnahmen durch das Getränk abgezogen werden müssen. Erst der hier bleibende Rest ist den Ausgaben durch den Harn allein zu überweisen. Da der Verlust durch Lungen- und Hautausdünstung ein zu geringer ist, weichen die Wasseraufnahmen durch Getränk und Wasserausgabe durch den Urin quantitativ nur wenig von einander ab. Die ausgeschiedenen Harnmengen betragen pro Tag viele Pfunde. In 24 Stunden entleert ein Gesunder 5—6000 Cubikcentimeter Harn , die 24stündige Menge des gelassenen Harns beim Diabetes schwankt dagegen zwischen 7 —10,000 Cubikcentimeter.
Der ausgeschiedene Harn besitzt ein hohes specifisches Gewicht. In leichteren Fällen beträgt dasselbe 1,020—1,030, in schwereren 1,030—1,050. Diese Zunahme des speeifischen Gewichts kann nur von der Anwesenheit des Traubenzuckers abhängen , denn, wenn sich die Behauptung auch nicht bestätigt hat, dass die absolute Menge der Harnsalze im Diabetes vermindert sei, so ist auf jeden Fall der relative Gehalt an Salzen bei der enormen Zunahme des Wassers im Urin ein verminderter. Auffällig ist die Harnstoffraenge hier im Urin vermehrt, denn während bei dem Gesunden die 24stündige Harnstoffmenge zwischen 29 und 32 Gramm variirt, schwankte sie nach Liebermeister und Reich bei den Diabetikern zwischen 32 und 55 Gramm. — Der Zuckergehalt des Urins ist keineswegs constant. Bei niederen Graden der Krankheit beläuft er sich auf 1—2 Procent, bei höheren Graden dagegen auf 6 —10 Procent. Die Gesammtmenge des täglich ausgeschiedenen Zuckers kann sogar mehr als ein Pfund betragen. Der Zuckergehalt des Urins bietet im Verlaufe der Krankheit und selbst während der einzelnen Krankheitstage vielfache Schwankungen dar. Die Ursachen dieser Variationen sind allerdings zum grossen Theil unbekannt, und nur mit einzelnen Momenten, welche den Zuckergehalt des Urins der Diabetiker vermehren oder vermindern, hat uns die fortgesetzte klinische Beobachtung bekannt gemacht. Nach starken Mahlzeiten ,ï ganz besonders aber nach Zu-
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152nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine Ernährungsstörungen.
fuhr grösserer Mengen von Zucker und stärkemehlhaltigen Stoffen — vermehren sich, nach Einschränkungen der Getränke und Nahrungsmittel, besonders nach Entziehung Stärkemehl- und zuckerhaltiger Nährstoffe, — vermindern sich die Procentzahlen des Zuckergehaltes. Der Einfluss der Mahlzeiten auf die Zuckervermehrnng dauert mehrere Stunden, und verliert sich dann, um einer weit schwächeren Zuckerausscheidung Platz zu machen.
Die Hautausdünstung ist beschränkt, die Secretion der Hautdrüsen nicht minder. In Folge dessen ist die Haut des Diabetikers auffallend trocken und spröde. Treten Schweisse auf, so sind dieselben gerade so zuckerhaltig, wie der Speichel und der Mundschleim, dessen Zuckergehalt einen widrigen, süsslich-säuerlich riechenden kaliUis Oi'is begründet. Das Zahnfleisch ist roth , aufgeschwollen, leicht blutend, der Stuhl träge. Die Stimme wird hohl und rauh. In vielen Fällen von Diabetes bilden sich Cataracten aus, und es ist nicht unwahrscheinlich , dass die grossen Wasserverluste , die der Körper beim Diabetes erfährt, jene trophischen Veränderungen der Linsenfasern veranlassten, deren sichtlicher Ausdruck die milchige Trübung der Linsenfasern ist. Im weitern Verlaufe der Krankheit stellen sich neben überhandnehmender Abmagerung, leichter Ermüdbarkeit, grosser Hinfälligkeit, auffälliger Abnahme des Geschlechtstriebes und Geschlechtsvermögens die Zeichen der Lungentuberkulose immer bestimmter heraus. Rosenartige Entzündungen der Vorhaut, Eicheltripper und Phimosis, am Schlüsse der Erkrankung sogar Hautgaugrän, Caries der Zähne, sind sehr constante Erscheinungen während dieser Krankheit. Ueberhaupt stellen sich im weitern Verlaufe der Erkrankung gern destructive Vorgänge ein, oder die vorhandenen Krankheitsprocesse nehmen den Character jener an, weshalb vorhandene lobäre und lobuläre Pneumonieen, Erytheme ex decubitu oder anderweite, aber spontane rosenartige Dermatiten, sowie Furunkeln und Carbunkeln jetzt gern gangränesciren.
Als terminale Erscheinungen beobachten wir bei der grossen Hälfte aller Diabetiker die Lungentuberkulose. In einzelnen Fällen tritt Eiweiss im Urin auf, was die Erschöpfung nur vermehren muss und das Ende deshalb wesentlich beschleunigt. Vielleicht ist die Entstehung der parenchymatösen Nephritis, welche der Albumi-nerie zu Grunde liegt, ein Effect der Nierenreizung, welche wieder durch die Zucker- und übermässige Harnausscheidung in der Nierensubstanz beim Diabetes gesetzt ist. Lassen sich doch die destruc-tiven Veränderungen der Organe und Organtheile durch die Anwesenheit des Zuckers in allen Parenchymsäften und dessen Neigung bei dem Vorhandensein von Eiweiss und Fett die saure Gährung einzugehen, recht wohl erklären. — Der Tod erfolgt in den aller-
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Diabetes mellitus bei Thieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 153
meisten, vielleicht in allen Fällen. Ihm gehen entweder die Symptome eines hectischen Fiebers, oder doch die Zeichen der höchsten Erschöpfung, lähmungsartiger Schwäche etc. vorher.
Der Diabetes ist immer eine langwierige Krankheit. die sich auf Monate, selbst Jahre erstreckt. Nur bei einem sehr kleinen Theil der bekannt gewordenen Fälle nahm die Krankheit einen acuten Verlauf und endete schon nach wenig Wochen, wohl gar noch früher, mit dem Tode. Der Anfang dieser Krankheit fallt fast niemals in die Zeit der ärztlichen Beobachtung, fast alle Kranken dieser Art suchen erst dann ärztliche Hülfe, wenn der Durst sehr quälend geworden ist, Abmagerung und nicht zu stillender Hunger den Verdacht einer schweren Krankheit erweckten. Auch bei den acuten Fällen leitet ein vermehrter Durst und gesteigerter Hunger, sowie die übermässige Diurese die Krankheit ein.
Die Dauer des Diabetes wird auf 1—3 Jahre angegeben. Mehr als 60 Procent der von G ri esinger gesammelten Fälle endeten innerhalb dieser Zeit mit dem Tode. Unter glücklichen Lebensverhältnissen mag die Krankheit wohl einen ungleich längern Verlauf nehmen, als bei solchen, welche gezwungen sind, ihre Zuflucht in Spitälern zu suchen. Ein längerer Stillstand des Processes berechtigt noch nicht, eine vollkommene Heilung anzunehmen. Wurde der Tod nicht durch die oben erwähnten Complicationen der Krankheit (Lungen-, Hautgangrän, Lungentuberkulose, Lungenentzündung, morbus Brightii) veranlasst, so erfolgt er unter den höchsten Graden des Marasmus. Zuweilen leitet das tödtliche Ende eine urämische Intoxication ein.
Die Existenz des
Diabetes mellitus bei Thieren
ist noch zweifelhaft. Zwar wird von den thierärztlichen Schriftstellern eine andauernde übermässige Vermehrung der Harnabsonderung unter dem Namen Harnruhr (Lauterstall, Harnfluss) aufgeführt, dieselbe soll bei allen unsern Hausthiergattungen angetroffen werden, bisweilen sogar alsHeerdekrankheit; aber was diesen Zustand genügend von dem diabetes mellitus des Menschen unterscheidet, ist einmal die Abwesenheit des Zuckers im Urin, dann die specifischen äussern Ursachen, und drittens die günstige Prognose.
Die Ursachen dieses Zustandes bestehen bei Thieren in dem Genüsse eines dumpfigen, verdorbenen oder neuen Hafers, verdorbenen Heues, in einer übermässigen Träberfütterung, in dem Trinken eines kalk- oder salpeterhaltigen Wassers, in dem Fressen scharfstoffiger Pflanzen (Anemonen, Ranunkeln, Euphorbiaceen,
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154nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Ernahmngsstonmgen.
der Asclepias Vinceloxicum), dem zu anhaltenden Gebrauch harntreibender Mittel, kurz — in der Aufnahme quot; von Stoffen , die eine übermässige Urinsecretion zur Folge haben. Daher kommt es auch, dass Hering das specifisehe Gewicht des Urins nicht vermehrt, sondern vermindert gefunden hat, weil eben der das specifisehe Gewicht des Harns vermehrende Zucker bei den Thieren mangelt. Denn es handelt sich hier blos um eine Vermehrung eines sonst normalen Vorgangs. Der ausgeschiedene Urin weicht hier nur insofern von der Norm ab, als die wässrigen Bestand-theile des Urins vermehrt und dadurch dessen feste Bestandtheile (relativ) vermindert sich zeigen.
Die Harnruhr der Thiere ist demnach nichts, als eine Nierenreizung, die durch jene, oben näher aufgeführten äussern Schädlichkeiten veranlasst wurde. Sobald die Thiere unter günstigere Verhältnisse kommen, sobald der Genuss jener scharfstoffigen Substanzen gemieden wird, mindert sich die Nierenreizung von selbst, die übermässige Ausscheidung des Harns lässt nach, der vermehrte Durst schwindet, deshalb die so günstige Prognose der Harnruhr bei Thieren, die so sehr von der hohen Lebensgefahr und der fast absoluten Unheilbarkeit des diabetes mellitus beim Menschen absticht. Daraus folgt ferner, dass die Harnruhr der Thiere in den allermeisten Fällen einen sehr acuten Verlauf hat, während sie bei den Menschen sich über Jahre erstreckt, daraus folgt weiter, dass alle ernsteren Rückwirkungen auf die Ernährung bei Thieren in der grössten Zahl der Fälle mangeln, während bei den Menschen die frühzeitig eingeleitete Abmagerung, die rosenartigen Entzündungen der Haut, die irritativen trophischen Veränderungen in der Lunge, in den Nieren, in den Sinnesorganen, die Krankheit so recht als eine allgemeine Störung der Reproduction und wenn man will, der Assimilation stempeln. Zwar versichert Spinola, dass der diabetes insipidns, bei welchem der entleerte Urin von heller Farbe und ohne süssen Geschmack sei, bei Pferden und Hunden am Häufigsten wäre, während ézv diabetes mellitus, der durch einen süsslich schmeckenden Urin, der unzweifelhaft Traubenzucker enthalte, ausgezeichnet sei, bei Rindern und Schafen gewöhnlicher vorzukommen schiene, und fügt hinzu, dass zwischen diesen beiden Arten ein wesentlicher Unterschied nicht bestehe. Ich glaube, dass eine derartige ungegründete Behauptung sich gegenüber den oben angegebenen Thatsachen selbst richtet, und halte dagegen hier fest, dass die gewöhnliche Harnruhr der Thiere ihrer kurzen Dauer, leichten Heilbarkeit, meist fehlenden Rückwirkung auf die Ernährung halber und ganz besonders vegen der, von den gewissenhaftesten Beobachtern nachgewiesenen bedeutenden Verminderung des specifischen Gewichts desUrins (statt 1,040 fand
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Diabetes mellitus bei Thieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;155
man höchstens 1,025) von der Harnruhr des Menschen streng zu trennen sei. Denn jene ist nur eine übennässige Secretion der Nieren, welche mit der Einwirkung der schädlichen Einflüsse steht und fällt. Also eine Heterometrie und keine Heterotopie, um mit Vi r c h o w zu. reden.
In einigen Ausnahmsfällen hat man allerdings einen chronischen Verlauf, eine sichtliche Rückwirkung auf die Ernährung und ein Uebergehen des Harns in zwei Fällen in die Essiggährung beobachtet.
Wirken Erkältung der Haut, insbesondere bei nasskalter, rauher Witterung auf viele Thiere gleichzeitig ein, so wird sogar eine übermässig vermehrte Harnabsonderung in seuchenartiger Ver-breitunj; unter den Thieren wahrgenommen. Die anhaltend unter-drückte Hautausdünstung setzt eine vicarirende übermässige Harnausscheidung, wie schon im Winter constant mehr Urin von allen Geschöpfen ausgeschieden wird, als im Sommer. Wer hat aber jemals etwas von einem seuchenartig herrschenden diabetes mellitus unter den Menschen gehört ? — Oder sollte S p i n o 1 a wirklich glauben, dass man durch Fragezeichen und hohle Vemuthungen solche mathematische Beweise, wie den der Nichtexistenz des diabetes meliitus bei Thieren vernichten könne, welchen Hering durch Nachweis der Verminderung des specifischen Gewichts des Urins bei der Harnruhr der Thiere geführt hat?
Die Zeichen der Harnruhr der Thiere bestehen in der häufigen und sehr reichlichen Ausscheidung eines wässrigen, specifisch leichteren, fast geruchlosen Harns. IstderGenuss scharfstoffiger Pflanzen , das Fressen junger Fichtensprossen (bei Waldhutungen , dann gleichfalls mehrfach als Heerdekrankheit beobachtet) die Ursache der Harnruhr, so treten die Erscheinungen einer entzündlichen Reizung des Harnapparates auf(Dysurie, Strangurie). Dann ist der Gang steif und gespannt, die Haltung der Lende gerade, die Nierengegend scheint empfindlich zu sein, das Thier stellt sich oft zum Harnen an. Auffällig ist hier eine sehr häufige Urinausscheidung, mitunter ist sogar Fieber zugegen. Bei verminderter Fresslust fallen die Thiere etwas vom Fleische. — Kommen die Thiere jetzt in eine gute Pflege, werden die veranlassenden Ursachen gemieden, wird eine palliative Behandlung eingeleitet, so mindern sich diese Krankheitszeichen sehr bald, und so beobachten wir hier in der Regel innerhalb kürzester Frist unter Verminderung der Harnabsonderung und des übermässigen Durstes, der Rückkehr der Fresslust und des ursprünglichen Kräftemaasses bei Vermeidung erneut einwirkender Schädlichkeiten den üebergang in vollkommene Wiedergenesung. Nur bei längerer Einwirkung der Krankheitsursachen, bei von Haus aus cachectischen Thieren, bei sonstigen ungünstigen äussern Ver-
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156nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine Ernahrungsstöruugen.
hältnissen nimmt die Krankheit einen chronischen Verlauf. Es kommt dabei zu bedeutender Abmagerung und zum Zehrfieber. quot;Wird die übermässige Harnsecretion habituell, so kann sie, wie einige Autoren versichern, dann auch nur in grossen Ausnahmsfällen , durch Jahre bestehen, bis endlieh die Kranken unter den Erscheinungen der Querlähmung und der Cachexie zu Grunde gehen.
Die nur selten sich bietende Gelegenheit, an Harnruhr zu Grunde gegangene Thiere zu seciren, hat keine constanten Leichenphänomene ergeben. Die Behauptung, dass man in mehreren Fällen eine excentrische Hypertrophie der Harnleiter, Harnblase, angetroffen habe, scheint ein Autor von dem andern abgeschrieben zu haben, und trägt andrerseits viel zu sehr den Character einer aprioristischen Folgerung, der keine objective Wahrnehmung entspricht , an sieh, um darauf einen besonderen Werth legen zu können.
Von der Scrophulosis.
Gegenüber den verschiedenen Zuständen, welche von den Aerzten als Scrophulosis aufgeführt werden, muss es schwierig erscheinen , eine durchgreifende Definition von diesem Zustande zu geben. Die Humoralpathologen erklärten die unter dem Namen Scrophulosis aufgeführte allgemeine Kränklichkeit des Organismus aus einer lymphatischen Dyscrasie , und leiteten die im Verlaufe dieser Krankheit auftretenden örtlichen Leiden von einer Ablagerung einer im Blute kreisenden scrophulösen Materie in die Gewebe ab. Diese grobe, humorale Auffassung ist jetzt ziemlich allgemein verlassen, und man nennt gegenwärtig denjenigen Zustand des Organismus Scrophulosis, der sich durch eine hervorstechende Neigung zu Ernährungsstörungen in der Haut, in den Schleimhäuten, in den Gelenken, in den Knochen, in den Sinnesorganen und ganz besonders in den Lymphdrüsen auszeichnet. Man spricht sogar, dass ein Individuum scrophulös sei, bei dem man nur die Anlage zu diesen Ernährungsstörungen erkannt hat.
Die Vorgänge bei der Scrophulose haben keinesfalls etwas Specifisches. Denn an sich befrachtet sind sie nur sehr protrahirte entzündliche Vorgänge oder Wucherungen präexistirender Gewebs-elemente. Auch die Schicksale der Scrophelheerde sind genau die eines chronisch entzündeten Theils. Zwar hielt man die käsige Materie, die so vielfach in lt;len scrophulös afficirten Theilen angetroffen wird, und der man namentlich bei dieser Krankheit in den Lymphdrüsen so constant begegnet, für etwas Characteristisches. Doch auch das muss zurückgewiesen werden, da die käsige
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Von der Scrophulosis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;157
Metamorphose ein constantes Glied in der Reihe allmäliger Rück-bildungsvorgänge pathologischer, wie physiologischer Gebilde ist. Trotzdem ist man in der Praxis selten darüber in Zweifel, ob ein gegebener Fall als scrophulös oder als nicht scrophulös aufzufassen ist. Sitz der Ernährungsstörungen , Natur der Vorgänge , chronischer Verlauf, Hartnäckigkeit, grosse Neigung zu Recidiven , eonsensuelles Leiden der Lymphdrüsen und ganz besonders das Lebensalter des Individuums (Säuglingsalter bis zur Pubertät) sind leitend bei der Diagnose.
Begreiflicherweise ist es in causaler Beziehung eine Vielheit, welche die Practiker und Systematiker hier unter einem Namen zusammenfassen. Dies beweisen ganz vorzüglich die Fälle von angeborner Scrophulose. Denn die Aetiologie der congenitalen Formen lehrt, dass allgemeine Syphilis, Tuberkulose, Carcinom oder anderweites Siechthum, selbst vorgerücktes Alter der Aeltern bei der Zeugung sich in jener Neigung der Kinder wiederspiegeln, unter den Erscheinungen allgemeiner Kränklichkeit, von jenen Ernährungsstörungen der Haut, der Lymphdrüsen etc. befallen zu werden. Jedoch decken diese Verhältnisse keineswegs das Ursächliche der congenitalen Scrophulose vollkommen, denn nur zu oft wird diese Form bei Kindern ganz gesunder Aeltern beobachtet.
Die erworbene Scrophulose entwickelt sich besonders in Folge schädlicher Einflüsse, welche im Verlauf der ersten Lebensjahre die gesundheitsgemässe Entwickelung des Organismus stören. Von jeher hat man eine unzweckmässige Ernährung der Kinder in dieser Richtung ganz besonders beschuldigt, z. B. das sogenannte Auf-päpeln. Doch vorzüglich ist es hier der Mangel an Bewegung, an reiner Luft, an Licht, welcher diese Krankheit veranlasste; daher in den Keller- und Hofwohnungen des Proletariats, in den „Altstädtenquot; volkreicher Plätze, namentlich aber innerhalb der Festungsmauern befestigter Orte die Scrophulose in allen Nuancirungen im besten Flor angetroffen wird. Wie zwingend gerade diese äussern Verhältnisse sind, geht daraus hervor, dass, wenn dieselben auf Erwachsene einwirken, wie bei längerem Aufenthalte in Gefängnissen , in Armen- und Arbeitshäusern, besonders wenn dabei Dürftigkeit und Mangel aller Art concurriren , dieselben gleichfalls jene allgemeine Kränklichkeit mit chronischen Haut-, Drüsen-, Knochen-, Augenleiden zur Folge haben. — Der kindliehe Organismus besitzt aber entschieden zur Scrophulose eine grössere Disposition, als der des Erwachsenen.
Neben den inconstanten Veränderungen der Haut, Sehleimhaut und der Sinnesorgane, sind besonders die constanten der Lymphdrüsen hervorzuheben. Namentlich werden dieselben in der Nähe der entzündlichen Störungen der Haut, der Schleimhäute entzünd-
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158nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Ernahrungssiürungen.
lieh geschwollen angetroffen. Das Drüsenleiden ist wohl hier seeundär aufzufassen. Sehleimhäute und äussere Haut bergen dichte Netze von Lymphgefässen. Diese scheinen pathologische Säfte innerhalb der Entzündungsheerde aufzunehmen, und den benachbarten Lymphdrüsen zuzuleiten, wodurch diese in den Zustand entzündlicher Schwellung gerathen. Das Eigenthümliche bei der Scrophu-lose ist nur, dass das Mitleiden der Lymphdrüsen ein häufigeres und constanteres ist, als unter anderweiten gleichen Verhältnissen. Denn wir beobachten nicht selten die bedeutendsten Entzündungen des Cutisgewebes , z. B. bei Panaritien , Furunkeln , Carbunkeln , ohne dieses consensuelle Leiden, während jede unreine Wunde fast sofort Lymphgefäss- und Lymphdrüsenentzündung zur Folge hat, was wohl darauf hinweisen dürfte, dass auch bei den scrophulosen Drüsenleiden erregende, in Umsetzung begriffene Säfte mit im Spiele sind, die, ein Product der örtlichen Ernährungsstörungen, zwar keiner erfolgreichen Uebertragung auf andere Individuen fähig sind, wohl aber die benachbarten Drüsengebilde dauernd zu irritiren vermögen. Denn das consensuelle Drüsenleiden bei der Scrophulose ist ausserordentlich hartnäckig, und besteht auch dann noch lange Zeit fort, nachdem die erregenden Entzündungsheerde in der Haut und Schleimhaut bereits abgeheilt sind. An der Entzündung des Drüsenparenchyms betheiligt sich später das umgebende Bindegewebe, es kommt zur Vereiterung, die, wie alle Drüsenabseesse und Drüsengeschwüre sehr hartnäckig ist, und mit Hinterlassung einer zackigen, seh wi elige n , gefit z ten Narbe heilt. Am Häufigsten begegnen wir der Drüseneiterung der Cervicalstränge, was wiederum mit der Häufigkeit der Gesichts-, Kopfausschläge und der Otorrhoe zusammenhängt. Sehr oft trifft man chronische Anschwellungen der Lymphdrüsen, wobei dieselben einen beträchtlichen Umfang erreichen, und wenn mehrere ungewöhnlich angeschwollene Drüsen aneinandergereiht sind, knotige Stränge oder unförmige Paekete darstellen. — Die einzelne Drüsengeschwulst ist von regelmässiger Form und glatter Oberfläche.
Früher nahm man allgemein an , dass die Drüsentumescenz hier auf einer Ablagerung der Scrophelmaterie aus dem Blute beruhe , und man fand in dem Vorkommen einer käsigen Infiltration dieser Drüsen einen factischen Beweis für diese Auffassung. Doch beruht dieselbe auf dem Irrthum, dass man das Gewordene und Werdende verwechselte, denn ursprünglich besteht keine käsige Infiltration hier, vielmehr hat das Mikroskop nachgewiesen , dass die chronische Schwellung der Lymphdrüsen Inder Scrophulose ursprünglich nur auf einer Wucherung und Vermehrung der zelligen Elemente der Lymphdrüsen beruhe. Der zellige Inhalt ist normal, nur die colossale
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Von der Scrophulosis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;159
Anhäufung der Zellen in denMaschenräumen der Mark- und Rindensubstanz der Drüse ist das Wesen der pathologischen Vergrösserung (He terom etri e). Diese Zellen können sich zurückbilden, und die Drüse kann ihr ursprüngliches Volumen annehmen. Geschieht diese Rückbildung allmälig, wie beim normalen Acte der Ernährung, des Stoffwechsels, so bleibt keine Spur des pathologischen Vorganges zurück. Doch ist dieser Ausgang nur dem günstigsten Verlaufe eigen. Sehr oft tritt auf einmal eine fettige Entartung der ganzen Zellenmasse ein, deren äusserer Ausdruck eben die käsige Metamorphose ist. Oder es kommt nachträglich in der chronisch geschwellten Drüse zu einem Reizungsvorgange, in Folge dessen hypertrophirt die bindegewebige Kapsel der Drüse, wodurch die Oberfläche derselben uneben tyid hart wird, während der zellige Inhalt abscedirt. Der Eiter bricht nun entweder nach aussen durch, oder dickt zu einer dem gelben Tuberkel analogen Masse ein. Bisweilen ist die Entzündung der Kapsel und deren Ausgang in Verdichtung die Ursache einer anämischen Nekrose, in Folge deren nicht nur der zellige Inhalt der Drüse, sondern auch Gewebstheile der Maschenräume in der käsigen Metamorphose untergehen. Geschieht dies an umschriebenen Stellen, so verändert sich die Gestalt der Drüse, sie wird unregelmässig und eckig. Der käsige Heerd hat ein gleiches Schicksal, wie der gelbe Tuberkel, entweder er verkreidet, oder in Folge reactiver Hyperämie und Eiterung, die er einem eingedrungenen fremden Körper gleich veranlasste, führt er zu hartnäckiger Entzündung und Vereiterung der Drüse. Oft werden ausser den Drüsen des Halses, des Ohres, des Unterkiefers auch die Bronchial- und Mesenterialdrüsen geschwollen und vereitert angetroffen. Beschränkt sich der Vorgang, wie nicht selten, auf einzelne discrete Heerde einer Drüse, die die Grosse eines Hirsekorns nicht überschreiten, so hat man einen der Miliartuberkulose in andern Organen, z. B. den Lungen, ganz analogen Vorgang vor sich.
Die Symptomatologie der Scrophulose zerfällt in die Zeichen der Anlage und der eigentlichen Krankheit.
Die Zeichen des serophulösen Habitus sind die des Blutmangels und der Fettanhäufung an Theilen, wo das Fett sonst mangelt oder nur spärlich angetroffen wird, z. B. im Unterhautzellgewebe der Lippen, der Nase, während anderweit das Fett fehlt. Mitunter treffen wir einen ungewöhnlich grossen Kopf, grobe Gesichtszüge, breite Kinnbacken, dicken Bauch, Drüsengeschwülste am Halse, schlaffe Muskulatur, bald begegnen wir hier einer dünnen, zarten, anämischen Haut, welche bei den unbedeutendsten Veranlassungen körperlicher oder gemüthlicher Natur sich röthet, hohe Röthe der
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IgQnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Ernährungsstörungen.
Lippen und Wangen, gracilen Bau, Durchscheinen der Sclerotica, bläuliche Zähne, weiches Kopfhaar.
Die Zeichen der Krankheit fallen wie die der Anlage mit grösster Frequenz in die ersten Lebensjahre, sie verlieren sich zur Zeit der Pubertätsentwickelung meist vollkommen. Die Hautausschläge, welche die Krankheit am Häufigsten einleiten, haben ihren Sitz gewöhnlich im Gesicht und auf der behaarten Kopfhaut. Dieselben zeichnen sieh durch das Setzen eines freien, zellenreichen Exsudats aus, wobei die Cutis geröthet, ihrer Epidermis beraubt, massig infiltrirt (eczemata, impetigines) ist, die Lupusformen sind der scropkula adultorum eigen.
Den scrophulösen Entzündungen der Schleimhäute begegnen wir vorzüglich in der Nähe der Ostien. Hierhin gehört der scro-phulöse Rotz, der sich gewöhnlich mit einem Eczem der Oberlippe vergesellschaftet, die catarrhalische Entzündung des Gehörganges, die catarrhalische Conjunctivitis, die sich gern mit einem Eczem der Wangen verbindet. Die Bronchial- und Darmschleimhaut und in seltneren Fällen die Schleimhaut der Harn- und Geschlechtswerkzeuge sind Sitz hartnäckiger Catarrhe.
Die scrophulösen Entzündungen der Gelenke bieten theils das Bild einer Gelenkwassersucht, theils das eines sogenannten iumor albus (am Ellenbogen, Kniegelenk), theils das einer bösartigen Vereiterung der Gelenke mit Neigung zu Caries der Gelenkenden und zu Eitersenkungen und Fisteln (Pädarthrocacen, Pottsches Üebel) dar. Die Knochen erkranken bald vom Periost, bald vom Knochen selbst aus. Die Ausgänge sind: Osteophytbildungen, Hyperostose, Caries, Nekrose.
Häufig werden von den Sinnesorganen die Augen scrophulös affi-cirt, und namentlich ist die Conjunctiva oft Sitz chronischer Hyper-ämieen , die meist durch viele Jahre bestehen, von der quälendsten Photophobie begleitet sind, oft ganz plötzlich verschwinden, aber eben so schnell wiederkehren, und doch noch trotz der jahrelangen Dauer mit dem Eintritte der Pubertät verschwinden. Die Schneider sehe Membran ist gleichfalls von einem langwierigen Catarrh heimgesucht und der Geruch dabei aufgehoben oder verändert. Die Drüsenaffectionen bilden oft sehr schmerzhafte Geschwülste, zu denen sieh sogar Fieber gesellen kann. In Folge dessen leidet das Allgemeinbefinden des Kranken sehr. Halten Drüsenanschwellung und Fieber durch Monate an, so tritt tiefer Kräfteverfall und bedeutende Abmagerung ein. Die Vereiterung der Drüsen und der Aufbruch des Abscesses hat hier regelmässig eine kritische Bedeutung , das Fieber schwindet und das Wohlbefinden des Kranken kehrt zurück, selbst unter einer bedeutenden Eiterentleerung bessern sich Allgemeinbefinden und Kräftemaass. Die kalten Drüsen-
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Von der Scrophiilosis.
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geschwülste sind weder von Fiober, noch von Schmerz begleitet, trotz ihres oft so bedeutenden Umfhngs. Der Einfluss der zellig-liyperplastischen Drüsengeschwülste auf den Gehalt des Blutes an farblosen Zellen ist noch nicht ermittelt.
Der Verlauf der Scrophulose ist sehr langwierig, Besseruuir und Verschlimmerung wechseln in unbestimmten Zeiträumen. Eine Gruppe von Krankheitserscheinungen schwindet, um einer andern Platz zu machen. Bisweilen bleibt der ursprünglich locale Heerd der Krankheit während der langen Dauer der Scrophulose derselbe. Dies gilt ganz besonders für die Conjunctiviten. Der häufigste Ausgang ist der in Genesung, der Tod tritt nur selten und dann hauptsächlich nach langwierigen Gelenk- und Knochenleiden oder vereiternden Bronchialdrüsen ein. Auffällig fet die Disposition scrpphulöser Kinder für Croup, hydrocephalus acutus; eine nicht geringe Zahl scropbuloser Kinder geht an diesen Zuständen zu Grunde. Bei langwierigen Knochen- und Gelenkeiterungen, sowie auch bei sehr protrahirten Drüsenvereiterungen entwickelt sich eine speckige (amyloide) Entartung der Leber, Milz und Nieren, die unter allgemeinem Hydrops und Marasmus tödtet. Nicht selten werden scrophulose Kinder nach eingetretener Pubertät ein Opfer der Tuberkulose.
Vielfach ist eine Identität der Scrophulose und Tuberkulose behauptet worden. So hat unter Andern Funke die Scropheln aus einem lymphatischen Zustand hergeleitet, diesen die Knospe, die Scrophulose die Blüthe, und die Tuberkulose die Frucht genannt, so dass der Process einmal nur bis zum lymphatischen Zustand, das andere Mal bis zur scrophulösen Erkrankung, und in einer grössern Zahl von Fällen bis zur höchsten Stufe, nämlich der Tuberkulose, vorschrcite. Dieser Auffassung ist entgegen zu halten, dass die Ernährungsstörungen im Verlauf der Scrophelerkrankungen die mannigfachsten Abweichungen von der Tuberkelerkrankung darbieten, und auf keinen Fall wie diese von zahlreichen, hirsekorn-grossen Neubildungen der afficirten Organe ausgehen, welche von Haus aus armliche Producte sind, und eine in zahllosen lieerden auftretende Kernwuchoruiig präexistirender Elemente darstellen. Daher gleicht auch nur in Ausnahmsfällen das mikroskopische Verhalten der scrophulös afficirten Organe den von Tuberkulose befallenen. Die scrophulösen Ernährungsstörungen haben einen mehr diffusen Character, mehr gleichmässig werden von ihnen grössere Gewebsabschnitte befallen. Ausserdem unterscheidet auch die Tendenz zum Heilen die Scrophulose practisch sehr von der Tuberkulose, welcher man diese Neigung geradezu abgesprochen hat, indem eine durch Verkreidung oder Verfettung obsolet gewordene Generation von Tuberkeln stets durch eine neue Generation aus-
G-leiaberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; •nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; \\
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Ig2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine Ernähnmgsstürungen.
frelöst wird, und so wiederholt sich dieses Spiel bis zum tödtlichen Ende des Individuums fort und fort.
Bei der scrophula adulto?'um treten zwar tuberkulöse Hautausschlage auf. Aber der Hauttuberkel der Kliniker hat nichts mit dem Tuberkel des pathologischen Anatomen zu thun. Er ist gleichsam eine höher organisirte Bildung, eine gefässhaltige Zellgewebsneu-bildung, deren constituirende Elemente eine grosse Neigung zum Zerfall zeigen. Aber auch ihm wohnt eine unverkennbare Neigung zum Heilen inne, wie die Lupusformen lehren, die trotz ihrer fürchterlichen Zerstörungen der Gesichtshaut dennoch, wenn auch mit oft entsetzlich entstellenden Narben, heilen.
Die käsige Metamorphose verwandelt allerdings Drüsenab-schnitte oder die Drüse m ioto bei der Scrophulose in eine gelbe, bröckliche, käsige Masse, welche sich physikalisch und chemisch nicht von den gelben Tuberkeln unterscheidet. Doch immer wird es gelingen, in der Leiche eines Scrophulösen frühere Entwickelungs-stofen der käsigen Metamorphose aufzufinden, welche sich genügend von der Tuberkulose morphologisch trennen lassen. Es dürfte deshalb , da Sitz, Lebensalter der Befallenen, der Character der Gefahr, sowie der morphologische Character der Tuberkulose und Scrophulose so verschieden sind, weder wissenschaftlich noch prac-tisch Schwierigkeiten darbieten, diese Zustände von einander getrennt zu halten. Deshalb erachte ich den von Spinola a. a. O. p. 755 gethanen Ausspruch für wissenschaftlich ganz unberechtigt, den ich hier gleichzeitig als Probe eines schönen deutschen Styls wiedergebe: „Es dürfte wohl unzweifelhaft eiuer zu peinlich gepflogenen Unterscheidung von nur geringfügigen Abweichungen in den Krankhctsproducten und deren ferneren Metamorphosen, und dass blosse Zufälligkeiten für Wesentlichkeiten genommen wurden, insbesondere aber auch, wohl nicht ganz mit Unrecht, einem zu grossen Hange zum Specialisiren, wobei man zu sehr in Nebensachen sich erging — zuzuschreiben sein, wenn wir trotz aller mikroskopischen Untersuchungen und chemischen Analysen noch am Vorabend einer geläuterten Einsicht in jenen Krankheitsprocess stehen, den man seither unter genauer Anführung einer Reihe von anatomischen, physiologischen und chemischen Kriterien sehr allgemein in strenger Sonderung als Scrophulosis und Tuberkulosis (beim Menschen) beschrieben findet.quot;
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Von der Scrophulosis der Thiere.
Bei den Thieren kommt kaum eine Krankheit vor, welche die Scrophulose des Menschen in ihren mannigfachen Formen ganz wiederholte. Als Entwickekingskrankheit und besonders dem jugendlichen Alter eigen, constant mit einer Betheiligimg der Lymphdrüsen des Kehlganges verlaufend, ist die Druse der Pferde zu nennen, die im quot;Wesentlichen in einem acuten, bisweilen fieberhaften Catarrh der Schleimhaut der Nasen- und Nebenhöhlen besteht, und wobei die Kehlgangsdrüsen anschwellen, schmerzhaft werden, sich entzünden, und in Eiterung übergehen. Es bilden sich auf diese Weise Abscessc im Kehlgang, die bei ihrer freiwilligen oder künstlichen Oeffnnng einen dicken, rahmähnlichen Eiter entleeren, der noch einige Tage fortfliesst. Dann verkleinert sich die Höhle, Fleischwärzchenbildung, Vernarbung tritt innerhalb kurzer Frist ein. Die gewöhnliche Dauer des Zustandes ist 2—3 Wochen.
Der acute Verlauf und das ausschliessliche Ergriffensein der Schleimhaut unterscheidet diesen Zustand von der Scrophulose. Bei jüngeren Pferden treffen wir bisweilen stärkere Schlingbeschwerden, dann ist die Rachenschleimhaut mit ergriffen, und ausserdem noch Lymphgefässontzündungen im Antlitze, Drüsenentzündungen und Vereiterungen der oberen Luftröhrenlymphdrüsen, der Bug- und Leistendrüsen. Dabei ist das Fieber oft sehr heftig, grosse Athom-noth ist vorhanden, und wurden die Luftsäcke mit ergriffen , füllten dieselben sich mit eitrigem Schleim, so ist der Tod durch Erstickung gar nicht selten. Bei starker Schwellung der Halsdrüsen kann durch Zusammendrücken der Luftröhre von Seiten der starkgeschwollenen Lymphdrüsen, die ich selbst faustgross angetroffen habe, gleichfalls der Tod durch Erstickung erfolgen.
Mitunter erfolgt der Tod durch Lungenvereiterung, oder es entwickelt sich aus dem acuten Leiden ein chronisches Siechthum, wobei namentlich die Gekrösdrüsen bis zurFaustgrösso anschwellen, entweder weich, röthlich grau, oder fest, fleischig hart sind, niciit selten sich entzünden, häufig vereitern, oder die käsige Metamorphose eingehen. Doch nicht bios die meseraischen Drüsen, sondern auch die Bronchial-, Leisten- und Achseldrüsen sind hier geschwollen, markig infiltrirt angetroffen worden, besonders fand man bei Rindern die Bronchialdrüsen zu mehr weniger dicken, handgrossen Massen angeschwollen, dieGrundmasse fleischroth, markig, aber auf dem Durchschnitt zahllose käsige Heerde. Der Peritonealiiberzug, welcher die Mesenterialdrüsen überzieht, ist in der Regel Sitz einer chronischen Peritonitis, welche zu Trübungen und Verdickungen des Bauchfells führt, doch interenrriren auch acute Peritoniten, besonders, wenn der seeundär vereiterte oder puriform geschmolzene
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Iß4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine Ernährungsstürungen.
Drüsontumor seinen Peritonealüberzug durchbricht, und keine Adhäsion des Drüsentumors mit den Nachbartheilen vorhanden war, die einen freien Erguss des Drüseneiters oder der puriformen Masse in das cavum abdominis hinderte. Die Schleimhaut des Darmes ist meist im Zustande eines chronischen Catarrhes , in der Lunge findet man oft disseminirt lobuläre, käsige Heerde, die theils aus einer fettigen Umwandlung lobulärer Pneumonieen , theils aus era-bolischen Heerden hervorgegangen sind. Dieselben als Tuberkulose zu deuten, ist irrig.
Die Erscheinungen dieses chronischen Drüsenleidens, was nicht nur bei Füllen, sondern auch bei verschiedenen andern Thier-gattungeu beobachtet wurde, sind die eines langwierigen Dahin-siechens. Die Munterkeit dieser Thiere schwindet, der Leib ist auf-gesehürzt, das Haar ist glanzlos, struppig, Fieber, Appetitmangel, verzögerte Mistentleerung oder Durchfälle, Athombeschwerden sind vorhanden. Die Kräfte schwinden, hochgradige Abmagerung tritt ein (daher Darrsucht), und unter colliquativen Entleerungen erfolgt der Tod. Doch giebt es auch einen höchst acuten Verlauf ganz desselben Leidens. Acht Tage, nachdem die ersten Kranklieitszoichen sich bemerklich machten, erfolgt hier der Tod. Die Section ergiebt dann meist Lungenknoten (lobuläre Pneumonieen) und Vereiterungen irgend einer oder mehrerer Lymph- oder Gekrösdrüsen. Der Tod scheint hier durch Pyämie vermittelt zu sein.
Gar nicht selten complicirt die Darrsucht, die sogenannte Füllenlähme, welche in einer eitrigen Entzündung des Vorderknie-, Sprung-, Bug-, Oberschenkelgelenks mit nachfolgender Caries der Gelenkenden und Bildung von Fistelgängen, Eitersenkungon besteht. DieseFüllenlähme stellt ein Analogen derPädarthrocacen beim Menschen dar, disponirt fast noch mehr als die Drüsonver-eiterungen zu pyämischen Zuständen, weshalb man liier in den Ca-davern auch nicht nur die keilförmigen Heerde in den Nieren, Leber, Milz und den Lungen in grosser Zahl antrifft, sondern auch die diffusen Eiterungen der Pyämie auf Peritonäum, Pleura, Unterhautzellgewebe. Nicht minder als mit der Füllenlähme vergesellschaftet sich die chronische Form der Darrsucht mit den Zeichen heftiger Bronchialcatarrhe, der Lungen- und Halsentzündung.
Bisweilen hat man beobachtet, dass dem Aufhören der Drüseneiterungen, des Nasenausflusses, Bronchialcatarrhs die Zeichen heftiger Entzündung innerer Organe mit bedeutender Fieberbewegung folgten. Diese Fälle hat man als versch lage n e D ruse aufgeführt und die seeundären Entzündungen innerer Organe geradezu als Wirkungen (Metastasen) der unterdrückte.! Eiterung oder des unterdrückten Nasenausflusses aufgefasst. Jedoch lässt sich das Ver-hältniss auch sehr wohl umkehren, und behaupten, dass die sich vor-
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Ven der Scrophulosis der Thiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Iß5
bereitenden, schweren, inneren Erkrankungen die Ursache der Sistirung der Drüseneiternng oder Blennorrhoe wurden. Es wiederholt sich hier ein Verhältniss, dem wir unter anderen Bedingungen so oft am Krankenbett begegnen. Bei der Tuberkulose, beim Krebs stellt der Organismus alle überflüssigen Ausgaben ein, wie die durch Menstrualfluss und beim Krebs ganz besonders die durch die Hautabsonderung. Denn wer kennt nicht das formliche Vertrocknen des Hautkörpers bei der Krebskachexie, was den Krebshabitus so sehr kennzeichnet. Aber auch bei acuten Erkrankungen, z. B, den schweren Wochenfiebern sehen wir mit der wachsenden Gefahr für das Leben der Wöchnerinnen Milch und Lochien schwinden, und gewiss ist hier das Verhältniss genau dasselbe, wie bei der anomalen Druse, denn die Käse- und Milchmotastasen der älteren Geburtshelfer gehören gewiss ganz allgemein nur noch der Curiositäten-samnilung der Medicin an.
In seltenen Fällen entwickelt sich Hautwurni (Hautrotz) aus der Druse der Pferde. Dies ist der übelste Ausgang, obwohl auch hier sorglich zu prüfen ist, ob nicht eine stattgefundene Infection übersehen und mit einer ursprünglichen Entwickolung verwechselt wurde.
Wie beim Menschen die Scrophulose, so kommen auch alle geschilderten Variationen der Drüsenkrankheit der Thiere bei erwachsenen, selbst älteren Individuen vor, nur dass bei diesen der chronischere Verlauf vorhorrschend ist.
Im Allgemeinen bietet die Drüsenkrankheit der Thiere und die Scrophuloso der Menschen mannigfache Vergleichungspunkte dar. Beiden 1st das constante Drüsenleiden eigen, bei beiden Zuständen ist eine grosse Neigung zum Heilen vorhanden, denn auch bei den Thieren ist die Prognose der Drüsenkrankheit in den allermeistenFällon eine günstige, da nur in Ausnahmsfällen die schwereren Formen, entweder unter acut fieberhaften Erscheinungen rasch tödteu, oder es werden zu einem chronischen Siechthum , zur Darrsucht führende Formen beobachtet. — Wie bei der Scrophulose des Menschen werden bei der Drüsenkrankheit der Thiere Kehlgangsdrüsen und Halsdrüsen am Häufigsten befallen. Sowie anderweite Drüsen ergriffen werden, z.B. die Bronchial-, Mesenterialdrüsen, steigert sich die Gefahr für das Individuum. — Die Pädarthrocacen des Menschen wie die Gelenkleiden der Thiere begleiten nur schwerere Formen. Die Natur der Gelenkleiden ist beim Menschen und Thiere ganz gleich. — Der Unterschied zwischen der animalen Scrophulose und der des Menschen dürfte darin aufgehen, dass die Drüsenkrankheit der Thiere, besonders der Pferde, in den meisten Fällen ein ganz acutes Leiden ist, während bei den Menschen ein acuter Verlauf nur in den aller seltensten Fällen beobachtet wird. Die chronischen Formen sind identisch. Das häufigere, ja fast ausschliessliche Vor-
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Iggnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine Ernährungsstörungen.
kommen der chronischen Form beim Menschen hängt liier mit der Ursache der Scrophulose, welche in so vielen Fällen eine von den Eltern mitgetheilte Krankheit ist, zusammen. Wurde die Scrophulose durch äussere Verhältnisse hervorgerufen, so befällt sie die Individuen unter Umständen, welche keine dauernde Beseitigung joner zulassen, und deshalb einen chronischen Vorlauf begründen.— Endlich unterscheidet die Drüsenkrankheit der Thiere von der Scrophulose der Menschen der Mangel chronischer Ernährungsstörungen der Haut bei Jener, die diese so sehr auszeichnen.
Von der Knochenbrüchigkeit.
Die Knochenbrüchigkeit ist beim Menschen durch ein gestörtes Ernährungsverhältniss der Knochen vermittelt. Im Greisenalter tritt uns ein atrophischer Zustand fast sämmtlicher Knochen entgegen, als sogenannte atropkia ossium senilis, wobei Knochenbrüche sich ausserordentlich leicht bilden. Aber auch bei jenen vorzeitigen ma-rastischen Zuständen, welche die Tuberkulose, Syphilis, Gicht und die Rhachitis begleiten, beobachten wir ziemlich verbreitet in den Knochen atrophische Hergänge, welche die Knochen zerbrechlicher machen , als unter normalen Verhältnissen. Ihrer Natur nach sind diese Vorgänge Atrophieon. Die Fettzellon der Markräume schwinden zum Theil, die noch vorhandenen sind serurahaltig (Markflüssigkeit). Viele Membranen der Fettzellen sind geschwunden und an ihre und ihres Inhaltes Stelle sind conglomerirte Fettkügelchen getreten. Die Markräume vergrössern sich, die Gefässe veröden, das sie begleitende Bindegewebe inernstirt kalkig. Das Periost schrumpft, wird gelockert, verliert seinen Silberglanz , die Gefässe , welche es enthält, veröden gleichfalls. Der Inhalt der Knochenkörperchen und Intercorpuscularräume ist manchmal ganz dunkel, schwarz.
Niemals jedoch erreicht die Knochenbrüchigkeit bei Menschen den Grad wie bei Thieren. Hier kommt diese Krankheit bald seuchenartig, bald sporadisch vor, vorzüglich bei Rindern und Ziegen, aber auch bei Pferden. Der pathologisch-anatomische Charakter ist genau derselbe wie beim Menschen, nur ist die Knochenbrüchigkeit des Menschen mehr local, sich auf einzelne Knochen erstreckend, während bei Thieren fast alle Knochen, sogar die gemischter Form und die platten Knochen des Skelets, wie Wirbel, Darmbein, Schulterblätter befallen werden.
Die Behauptung, class ein Ueberwiegen der leimgebenden (collagene) Substanz im Knochen die Ursache der Knochenbrüchigkeit sei, ist sehr unrichtig; im Gegentheil ist Alles, was den Knochen geschmeidig erhält, und was seine Elasticität bedingt, geschwunden, verödet, wie Fett. Bindegewebe, Gefässe. Periost,
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Von der Knochenbruchigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^(57
Markhaut, und was von diesen Tlieilen noch vorhanden ist, ist durch kalkige Incrustation aller Elasticität beraubt. Die Bruchflächen solcher Knochen — die durch Muskelcontraction erzeugten ebensowohl als die künstlichen — sind auffällig trocken. Die Markräume laquo;nthalten nur eine spärliche, blutige, wässrige Flüssigkeit, oft sind dieselben aber ganz leer, mit Luft gefüllt, die Markhaut ist kalkig incrustirt. Die Knochensubstanz zeigt sich bei einer mikroskopischen Betrachtung schmutzig grau, trocken und so wenig cohärent, dass sich z. B. die Rippen wie altbackner Pfefferkuchen brechen lassen. Sehr poröse Knochen, wie namentlich die Wirbelkörper, vertragen nicht einmal einen stärkern Fingerdruck. Adles das weist daraufhin, class die quot;Weichtheile vorherrschend gesehwunden sind. Die mikroskopische Untersuc'aung ergiebt auch hier eine Vergrösserung der Interglo-bularräume und besonders der Ausläufer der radiirten Körperchen. Die intensiv dunkle Färbung der Knochenkörperchen und ihrer Ausläufer weist darauf hin, dass dieselben nicht mehr saftführend sind, sondern nur von Luft erfüllt werden. Deshalb sind die Weich-tlieile des Knochens absolut und relativ, die Knochensalze nur absolut vermindert, aber bei dem fast completen Schwunde aller Weichtheile ganz enorm relativ vermehrt. Die Knochen verhalten sich hier fast wie calcinirte.
Eine Anlage scheint den Wiederkäuern vorherrschend eigen zu sein. Doch beobachtete ich die Knochenbruchigkeit in zwei Fällen mit Ed. Trautvetter beim Pferde. Die Lecksucht der Rinder scheint diese Krankheit vorzubereiten, doch folgt ihr nur in den seltensten Fällen die Knochenbruchigkeit. Seuchenartig hat man diese Krankheit bei Misswachs beobachtet und gefunden, dass dieselbe in gewissen Gegenden geradezu heimisch ist, was theils für eine Erblichkeit dieses Zustandes, tlieils für endemische Ursachen spricht. Ob der übermässige Genuss bestimmter Futterstoffe, wie der von Knollen- und Rübengewächsen, der der Carexarten die Knochenbruchigkeit veranlassen könne, ist wenigstens zweifelhaft, denn in unsern Fällen wurden Thiere, #9632;welche die beste und sorglichste Pflege erfuhren, das ausgesuchteste Futter erhielten, in wahren Musterställen aufgestellt waren, von der Knochenbruchigkeit in extremster Weise befallen. Ich meine daher, dass es klüger ist, seine Unwissenheit hier einzugestehen, als Uner-wiesenes und vor der Hand Unerweisliehes kritiklos wiederzugeben. Die Erscheinungen in unsern Fällen waren die eines allgemeinen Muskelrheumatismus. Die Thiere gingen steif, gespreizt, mit schwankender Nachhand. Abmagerung leitete sich zunächst an der Kruppe, später an allen Muskeln der Nachhand ein. Die lähmungsartige Schwäche nahm überhand. Die Thiere hielten sich so lange wie möglich auf den Beinen. Als sie nicht mehr stehen konnten, sanken sie zusammen, und verharrten nun in der Seitenlaire. Jetzt
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168nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine Ernährungsstörungen.
traten die verschiedensten Brüche, schon während des Lebens nachweisbar, an den Rippen, an den Wirbeln, am Darmbein, am Oberarm auf, ohne dass auf die brechenden Knochen etwas anderes eingewirkt hätte, alsMuskelcontractionen und die eigneKörperschwero, und ohne dass sich in der Umgebung der fracturirten Knochen Ent-zündungserscheinungen einstellten. Abmagerung und Lähmung ergriffen dann den Stamm und die Vorhand. Der Urin bildete in beiden Fällen reichliche Sedimente von phosphorsauren Salzen. Die Beobachtungsdauer erstreckte sich auf 8 Wochen. In keinem dor Fälle wurde der Tod abgewartet, sondern die Thiere, nachdem sich Zehrfieber eingestellt hatte, getödtet.
Bei Rindern soll der Appetit lange ungestört bleiben, selbst die Milchabsonderung, so wird versichert, sei trotz der Knochen-briiehigkeit nicht vermindert. Später treten auch hier die Erscheinungen der Cachexie ein: Abmagerung, glanzloses Haar, pergamentartige Haut. Die Vorhersage ist wohl in allen Fällen eine absolut ungünstige.
Diesem Zustande gleichsam entgegengesetzt ist die
Knochenerweichung, Osteomatacia?-
wobei die Knochen so weich werden , dass sie leicht mit dem Messer durchschnitten werden können. Das Mark ist sehr blutreich, dünnflüssiger, weniger fettreich. Die einzelnen Fettzellen sind weiter von einander entfernt, und zwischen ihnen findet man eine grosse Menge weisser Blutkügelchen und zahlreiche Pigmentmolekeln, welche theils aus nekrosirtem Blute, theils vielleicht durch Tränkung mit Blutfarbstoff' entstanden sind. Die Knoclienkörperchon sind durchscheinend, die Grundsubstanz des Knochens zeigt eine grosse Neigung, in Lamellen zu zerfallen, so dass dieselbe ein feinstreifiges Ansehen gewinnt. Die Knochenmasse zeigt sich auf mittleren Querschnitten der Röhrenknochen bis zum Verschwinden reducirt, und bot auf dem Durchschnitt eines Oberschenkels eine kaum einen halben Millimeter messende Rindenschicht dar, von welcher zackige, dünne Knochenstrahlen sich gegen das Mark hinbegaben, und ein zartes Netzwerk bildeten. Bisweilen ist die compacte, sich in Lamellen spaltende Knochenmasse gar keine wahre Knochenmasse mehr, sondern besteht aus structurlosen Platten, welche eine complet hyaline Grundsubstanz enthalten, in die nur spärlich Zellen eingetragen sind. Es scheint überhaupt, als ob in vielen Fällen von Osteomalacie eine knorpeläbnliche Neubildung bestände, die durch Druck die Knochensubstanz zum Schwinden bringt. Die Markhöhlen sind bedeutend vergrössert.
Die Osteomalacie ist eine seltene Krankheit. Sie ist gegenwär-
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Die Rhachitis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 169
tig nur bei Frauen beobachtet worden, und von den veranlassenden Ursachen wissen wir nur so viel, dass die ersten Anfange dieses Leidens sich einige Zeit nach einem Wochenbette entwickeln. Es giebt Fälle, wo die Osteomalacie sich nur auf einzelne Knochen erstreckt , wie auf die des Beckens und der Wirbelsäule, in andern Fällen breitet sich die Krankheit fast über alle Knochen des Skelets aus, verschont aber auch dann fast immer die Knochen des Schädels. In Folge der Knochenerweichung entstehen nun Verkrümmungen des Rumpfes und der Glieder. Durch das Gewicht des Kopfes wird der Halstheil der Wirbelsäule zuweilen winklig zusammengebogen. Durch Verkrümmungen der Brustwirbel und der Rippen entstehen Verengerungen des Brustkastens. Das Becken wird seitlich zusammengedrückt bis zu dem Grade, dass sich die horizontalen Aeste des Schambeines berühren, und schnabelförmig hervortreten. Die Verkrümmung der Extremitäten ist oft ganz entsetzlich, so dass die Füsse nach oben gerichtet sind. Hierdurch und durch die Ver-kriippelung der Wirbelsäule entsteht eine zworgähnliche Verkürzung der Körperlänge.
Der Verlauf der Krankheit ist langwierig. Die Vorgänge in den Knochen werden durch bohrende, wüthende Schmerzen in denselben eingeleitet, die die Behauptung Virch o w's stützen , dass die nächste Ursache dieser Krankheit eine parenehymatöse Entzündung der Knochen sei. Durch den Harn werden im Verlauf dieser langwierigen und später auch fieberhaften Krankheit ganz ungewöhnliche Mengen phosphorsauren Kalkes abgeführt. Reichlicher als sonst enthalten dieses Salz auch der Speichel, der Schweiss. Oft wird das Allgemeinbefinden erst spät, mitunter gleich von Hause aus beeinträchtigt. Der Tod trat in allen Fällen, aber erst nach jahrelangem Bestehen des Uebels ein. —
Eine Knochenerweichung eines Pferdes mit sehr acutem Verlauf wurde von Haubner beobachtet. Der entleerte Urin war ebenfalls ausserordentlich reich an phosphorsauren Salzen. Die Weichheit der Knochen, die ich von diesem Thiere bei Pieschel sah, war so gross, dass sie sich mit grösster Leichtigkeit mit dem Messer schneiden und wie Knorpel biegen liessen.
Die Rhachitis
ist gleichfalls als eine allgemeine, aber dem jugendlichen Alter eigene Ernährungsstörung der Knochen und besonders derEpiphysen derselben autzufassen. Sie beruht auf einer mangelhaften Zufuhr von Kalksalzen zu jenen Knochen, in Folge dessen eine Verzögerung der Ossification und eine constante Vermehrung der Phosphate im Urin eintritt, sowie auf einer Wucherung der knorpligen Grundlage
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170nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Ernährungsstörungen.
der Epiphysen. Denn ohne eine Erkrankung der Epiphysenknorpel würde es sicher unerklärlich sein, woher es komme, dass bei genügender Anwesenheit von jenen Kalksalzen im Blute die Epi-physenknorpel dieselben zurückweisen. Es ist deshalb naheliegend, eine entzündliche Ernährungsstörung des Knorpels und Periosts als die Ursache der Rhachitis anzunehmen. Die begleitenden dispeptischen Beschwerden bei Rhachitis vermindern zwar die Aufnahme von Albuminaten, mit welchen die in den Organismus eingeführten Phosphate fast ausschliesslich gepaart sind, aber trotzdem werden genügende Mengen phosphorsaurer Salze selbst bei spärlicher Nahrung eingeführt, um die Ossification zu vermitteln. und es bleibt so nichts übrig, als ein gestörtes Circulationsverhält-niss in den krankhaft wuchernden Gebilden anzunehmen, welches die Ablagerung der Kalksalze hemme. Denn dass es dem Körper nicht an Kalksalzen fehle, dafür sprechen die constanten massenhaften Ausscheidungen von phosphorsaurem Kalk durch den Urin, die recht wohl als Folge und nicht als Ursache des rhachltischen Processes aufgeführt werden können.
Vir c h o w bezeichnet die Veränderungen an den Epiphysen-knorpeln folgendermaassen :
Zurückbleiben der Ossificationslinie bei relativer Vergrösserung der präparatorischen Wucherungslinie des Knorpels; Vorrücken der Markräumbildung in die Ossificationslinie, oder auch Überdieselbe hinaus bei Fortdauer der Knorpelwucherung; Bildung fasriger Markräume, ostoide Umbildung der Umgebung derselben, sowie entfernterer Stellen ohne Kalkablagerung. Die an den Diaphyten während der Rhachitis beobachteten Vorgänge wären demnach: Grössere Dicke der Periostwuchernngen bei fortdauernder Differen-zlrung der Substanz im areolen Balkennetze; mangelhafte Ossification der Balkennetze bei Fortbestehen der tieferen Lage compacter Rinde; theilweise Knorpelbildung in den Areolen (Rudolf' Vir chow).
Durch die starke Anschwellung der Epiphysen bekommen die rhachltischen Knochen ein ausserordentlich plumpes Ansehen. Es kommt zu Verbiogung und Knickung der Knochen ; am bekanntesten sind die an den untern Extremitäten (Säbelbeine). Durch Verbiegung der hintern Rippenenden einer Seite bildet sich Asymmetrie und Schiefwerden des Thorax aus. Durch Verbiegung und Verschiebung der obern und untern Enden einzelner Wirbel — der pars Ihoracica — entstehen Verkrümmungen der ganzen Wirbelsäule, indem sich complementäre Verbiegungen am Hals- undLendentheile consecutiv entwickeln , Skoliosen , Lordosen , Kyphosen. Durch Verbiegungen und Verschiebungen der Beckenknochen an ihren Verbindungsstellen bilden sich Beekendilformitäten , unter welchen
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Jie kartenherzförmige die bekannteste und gewöhnlichste ist, welche eine Verkürzung der Conjugaia bis auf' zwei Zoll setzt. Aber auch am Schädel entwickeln sich der Rhachitis characteristische Abweichungen. Die Nahtknorpel, welche den Epiphysenknorpeln der Extremitäten vergleichbar sind, verknöchern auffallig spät, und nicht selten trifft man rbachitische Kinder im zweiten und dritten Jahre, welche noch ganz offene Fontanelle haben. Die Wucherungen der Nahtknorpel der Gesichtsknochen führen zu oigenthümlichen Entstellungen des Aussehens. Ausserdem bemerkt man eine partielle Verdünnung der Schädelknochen, welche soweit gehen kann, dass sich Pericranium und dwm mater berühren. Die Ursache dieses Schädelschwundes beruht auf dem Drucke des wachsenden Gehirns auf die weichen Schädelknochen. Solche häutige Lücken beobachten wir am Häufigsten am Hinterkopf, dabei weicher Hinterkopf {craniolahes Elsässer) und zwischen Scheitel- und Stirnbein. Heilt die Rhachitis, wie in vielen Fällen, so schwellen die Gclenkenden ab, die Knochen werden fest, die Verkrüppelung der Glieder bleibt aber. Die nachfolgende Ossification geschient hier so vollständig, dass die Epiphysen eine förmliche Elfenbeinhärte erlangen. Dadurch und durch die Schnelligkeit des Vorgangs wird dem weitern quot;Wachsthum des Individuums ein Hemmniss gesetzt, deshalb der Zwergwuchs vordem Rhachitischer.
Die Rhachitis beobachten wir im Kindesalter von der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres bis gegen die Zeit dos Zahnweehsels. Meist wird der Zustand durch einen chronischen Durchfall eingeleitet. Später gesellen sich entzündliche Knochenschraerzen hinzu, denen endlich die Auftroibungen der Epiphysen folgen. Der Zahnausbruch ist in der Regel verzögert. Rbachitische Kinder zeichnen sich besonders durch ein kluges, geistig gewecktes Wesen, durch eine vorzeitige psychische Entwickelung vor Kindern gleichen Alters aus, ein Verhältniss, was in der eigenthümlichsten Weise mit den grossen, plumpen Schädeln dieser Kinder contrastirt. —
Ein der Rhachitis des Menschen ganz analoger Zustand ist bei jungen Thieren , namentlich Hunden, Lämmern, Schweinen, Affen, beobachtet worden. Auch hier findet eine Wucherung der Epi-physenknorpel statt, wobei gleichfalls die Ossification verzögert ist. Die Markräume vergrössern sich, wodurch die Festigkeit der Knochen nur noch mehr vermindert wird. Die durcli die grössero Weichheit verminderte Leistungsfähigkeit der Knochen führt zu allerlei Verkrüppelungen der Extremitäten, des Rumpfes, des Beckens, der Wirbel. Auch bei der Rhachitis der Thiere hat man eine Vermehrung der phosphorsauren Salze im Urin nachgewiesen, und die Heilung erfolsrt auch hier unter bedeutender Dichtiakeitszunahmp
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der rhachitischen Knochen. Interessant ist die E ö 11'sehe Beobachtung, der zu Folge sich dieRhachitis bei jungen Löwen, Geppards entwickelte, als ihnen nur ausgekochtes Fleisch gegeben wurde. Zum Schluss der allgemeinen Ernährungsstörungen sei der
Progressiven Muskelatrophie
erwähnt. Bei diesem Zustand bleibt die electrische Erregbarbeit, der sogenannte Electrotonus , der Muskeln so lange erhalten, als noch eine Muskelfibrille des geschwundenen Muskels vorhanden ist, als bester Beweis dafür, dass wir es hier mit einer primären Muskelkrankheit zu thun haben, und nicht mit einem Muskelschwund in Folge aufgehobener Nervenerregung. Diese Muskelatrophie kommt bei allen Ständen vor. Sie sucht Männer häufiger, als Frauen heim. In einigen Fällen war eine hereditäre Anlage nicht zurückzuweisen. Uebermässige Muskelanstrcngung scheint sie in einzelnen Fällen veranlasst zu haben.
Die anatomische Untersuchung ergiebt ausser einer Volumenabnahme des Muskels einen fettigen Detritus der Muskelbündel. Durch Resorption des molekularen Fettes bleibt endlich nur noch das Sarkolemma zurück. In den meisten Fällen werden zuerst die Muskeln der einen Hand oder der einen Schulter, zuweilen auch die des Halses, des Nackens, seltner die des Gesichts zuerst befallen. In manchen Fällen bleibt die progressive Muskelatrophie auf einzelne Provinzen des Körpers beschränkt, in andern dagegen verbreitet sie sich allmälig über den grössten Theil der von Hirn und Rückenmark versorgten Muskeln, verschont dagegen constant die Muskulatur des Herzens, der Blase und des Darmkanals. Bei sehr vorgeschrittenen Fällen sind die Kranken nicht mehr im Stande zu gehen, und ihre Lage zu ändern, sie müssen gefuttert werden. Bei bedeutendem Schwund der Zunge wird die Sprache undeutlich, endlich das Schlingen unmöglich, und so endet oft nach jahrelangen Leiden ein unbedeutender Catarrh der Respirationsschleimhaut, da die geschwundenen Respirationsmuskeln selbst das unbedeutendste Hinderniss nicht mehr zu überwinden vermögen.
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Yon den
Erkrankimaen des Nervensystems.
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I. Abschnitt.
Von den Krankheiten des Gehirns. A. Anatomische Störungen.
Die Blutarmuth des Gehirns
ist entweder eine absolute und beruht auf einer thatsächlichen Verminderung des Blntgehalts im Gehirne, ein Znstand, der sich in der Leiche durch Mangel der rothcn Punkte des Markes und Bleichheit der grauen Substanz ausspricht, oder ein zu dünnes, wässriges Blut ist in den Hirngefässen vorhanden, was in anatomischer wie functio-neller Beziehung von fast gleichen Erscheinungen begleitet ist. Das Gehirn zeigt auch hier in der Leiche grosse Bleichheit der Rinde und reine Weisse des Marks, aber die Gehirnsubstanz ist durchfeuchteter wie dort.
Den erstercn Zustand beobachten wir nach bedeutenden Blutverlusten, den letzteren bei anämischen und hydrämischen Zuständen. Partielle Hirnanämieen werden häufig durch Embolie grösserer Hirnarterien erzengt. Die Erscheinungen, welche sich nur auf die Blutarmuth des Gehirns beziehen, sind Schwindel, Ohrensausen, Schwarzwerden vor den Augen, Ohnmächten, selbst Scheintod. Bei niederen Graden treten beim Menschen besonders sogenannte nervöse Erscheinungen auf: Zittern, Schreckhaftigkeit, unbegründete Angst, Verzagtheit, neuralgische Erscheinungen, Krämpfe, bald einfache, bald coordinirte, veitstanzähnliche, selbst epileptiforme Zustände. Bei Thieren sehr sensibler Natur, besonders bei Schafen , Stubenhündchen , gelangen, mit Ausschluss der aufgezählten subjectiven Phänomene, ganz analoge Erscheinungen bei der Hirnblntarmuth zur Beobachtunff.
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Von Jen Erkrankungen des Nervcnävsiems.
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Die Hyperämie des Gehirns
eharacteri^irt sich in der Leiche besonders durch eine ausserordent-lieh feine, dichte Injection der auf der Hirnoberfliiche verlaufenden Grefässe, durch kleine, capiUäre Blutergüsse, Trübung und leichtere Zerreisslichkeit der weichen Hirnhaut; bei chronischer verlaufenden Fällen durch eine vermehrte Zähigkeit und stärkere Trübung der j)ia und durch die Anwesenheit zahlreicher, geschlängelter Gefasse. Die Gehirnsubstanz selbst bietet in ihrem Marke eine grauröthliche Färbung, eine dunklere, braunrothe, selbst violette Farbe der Rinde dar. Die Consistenz des Gehirns ist entweder normal, oder vermehrt. Die Gefasse der Diploë sowie die Hirnsinus sind meist mit Blut überfüllt.
Die Ursachen der Hyperämie sind ausserordentlich mannigfach. Vollblutige und gutgenährte Individuen sollen ganz besonders dazu disponiren. Der Eintritt der wärmeren Jahreszeit und plötzliches Steigen des Thermometers scheinen die Frequenz dieses Zustandes zu vermehren. Das Bestehen mancher Hirnkrankheiten macht ganz besonders zu Hirnhyporämieen geneigt, z. B. die Scelenstörungen des Menschen, der Dummkoller der Pferde. Aber vor Allem ist hier auf jene Kreislaufsstörungen als Ursache der Hirnhyperämieen zu verweisen, die ganz vorzüglich beim Menschen durch Herzleiden erzeugt und unterhalten werden. Dies gilt besonders für Hyper-trophieen des linken Ventrikels, die zu activen Congcstionen zum Kopfe führen, von den hochgradigen Insufficienzen dorTricuspidalis und von Stenosen des ostium venosum deattrum, wobei der Ab-fiuss des Blutes vom Gehirn gehemmt ist. In diese Kategorie gehören auch die durch Lungenentzündungen, Lungenindurationen, Emphysem, Bronehiectiasien gesetzten Kroislaufshemmungen, welche nur eine mangelhafte Entleerung des rechten Ventrikels gestatten, und die adhäsive Phlebitis der vena Jugularis commimis. In Fiebern bildet die Hirnhyp rämie jene Theilerscheinung, welche die nervösen febrilen Erscheinungen veranlasse Secundär begegnen wir ihr bei Afterbildun^an der Meningen, des Gehirns, in deren Umgebung, nicht a'-ider neben apoplectischen und entzündlichen Heerden etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;raquo;raquo;1
Als veranlassende Ursachen sind die Einwirkungen der Sonnenstrahlen aufs Gehirn , sogenannter Sonnenstich , heitige Bewegung, Erschütterung, Kopfverletzungen, der Genuss mancher Narkotica, das Tragen enger Halsbinden, bei Thieren dei Druck durch G-a-schirrstücke zu bezeichnen. Wenig Bewegung und übermässige Nahrung scheinen die Entstehung der Hyperämie-zu begünstigen.
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Die Hyperämie des Gehirns.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;175
Die Gi'liiraliyperiiniic ist beim Menschen begreiflicherweise hiiufifrer, als bei den Thieren. Die gesteigerte Function des Gehirns beim Menschen, die mannigfachen Rückwirkungen des Gcmüths und des Geistes auf dieses Organ, wie es das gesellschaftliche Leben in seinem mannigfachen Wechsel von Freude und Leid DOthwendig mit sich führt, der Einflnss vieler conventioneller Getränke, ganz besonders der alkoholischen, auf's Gehirn, führen zu einer Häufigkeit dieses Zustandes beim Menschen, der wir bei Thieren wohl nie begegnen. Namentlich bedingen die Entwicke-lungsstadien des menschlichen Organismus, und unter diesen vorzüglich die Periode des Säuglingsalters, Zahnens, dann die der Reife und des Mannesalters ein häufigeres Vorkommen dieses Zustandes. Es scheint aber ausserdem noch in einigen Fällen eine besondere Disposition des Menschen zu Gehirnhyperämieen zu bestehen.
Obwohl die verstärkte Action des Herzens allein keine Gehirn-liyperämie hervorruft, weil die Uebert'üllung der Arterien sich gleich-'.üässig über all e Organe des Körpers verbreitet, weshalb nur ein beschränktes plus dem Gehirne zukommen dürfte, so entsteht bei Leuton, deren Gehirnschlagadenv besonders zart und dünnwandig 'ind, und die deshalb dem verstärkten Blutdruck leichter nachgeben, bei jeder Gelegenheit, wo die Horzaction eine Beschleunigung erfahrt, .#9632;ine fluxionäre G e h i r n hy p er ä m i e. Dass aber Gemüths-üifecto, denen der Mensch ungleich mehr unterliegt, als das Thier, wirklich im Stande sind, Gehirnhyporämie zu erzeugen, dafür spricht das Experiment der Sympathicusdurchschneidung in der Halsportion. Dieselbe rief constant eine Erweiterung der Gefässe der betreffenden Kopfhälfte hervor.
Die Symptome der Gehirnhyperämie sind beim Menschen bald die der Reizung oder Depression der Geliirn-verrichtungen. Die der e r s t e r e n sind : Kopfschmerz, gesteigerte Empfindlichkeit für alle äussern Reize, Lichtscheu, schreckhaftes Zusammenfahren bei den leisesten Geräuschen, Intoleranz gegen die sanftesten Berührunger Wie diese Zeichen nur als eine krankhafte Erregung der leidend .1 Gehirntheile aufzulassen sind, so sind das auch die hier vorkomi ?ndeii subjeetiven Phänomene, als das Flimmern vor den Augen, uas Funkensehen, Ohrenklingen, die lästigen und oft unerträglichen Ei. pfindungen im Bereich der Muskel- und Hautnerven. Aber die gesteigerte Erreg-barkeit des Gehirns durch Blutfülle äussert sich nicht bios in cx-centrischen Energieën im Gebiete der sensitiven und sensoriellen Nerven, sondern auch in dem, der motorischen. Dies giebt sich durch körperliche Unruhe, durch plötzliches Zusammenschrecken
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176nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^on den Erkrankungen ties Nervensystems.
der Kranken , durch automatische Bewegungen in den Extremitäten kund. Bei den Kindern beobachten wir ganz besonders Zähne-knirschen, Aufschreien im Schlafe, und vereinzelte Muskelzuckungen. besonders im Gesicht. Diese Zeichen vermisst der Kinderarzt bei Hirn-hyperämieen, die bei schwächlichen, zart organisirten Kindern fieberhafte Krankheiten fast ausnahmslos begleiten , selten. Dagegen ist es doch wohl zu beanstanden, allgemeine Convulsionen ohne Weiteres zu den Symptomen der Gehirn rei zu ng zuzählen, und wohl deshalb, weil sie constant mitLähmung des Bewusstseins verlaufen. Die dankenswerthen Untersuchungen vonKussmaul und Tenner haben zwar ergeben , class eine Erregung des verlängerten Markes und einiger Basaltheile des Gehirns Convulsionen hervorruft, und die Erfahrung hat als Complementstück zu diesem Satze den Beleg geliefert, dass die krankhafte Erregung jener Hirntheile mit einer Suspension der Function der grossen Hirnhemisphären coincidirt. Aber wir kennen die Ursache jener Heizungen ebensowenig, als die Gesetze dieses Antagonismus.
Die durch die Blutfülle gehetzte Reizung der Hemisphärenrinde äussert sieh besonders durch eine Flucht der Vorstellungen , durch das Zusammenhanglose der einzelnen Vorstellungsbildor und durch einen raschen Wechsel dieser, so dass ein klares, ruhiges Denken zur Unmöglichkeit wird. Aber auch Vorstellungen von besonderer Lebhaftigkeit, denen keine oder keine adäquate Sinneswahrnehmung zu Grunde liegt (Hallucinationen , Illusionen), treten auf, und verwirren den Geist des Kranken nur noch mehr. Sie scheinen durch die Blutfülle der Easalganglien vermittelt zu werden. Die Kranken behaupten Thiere , abwesende Personen zu sehen , sie hören Stimmen, obgleich Niemand sprach, oder sie werden durch das Verkennen , durch die falsche Deutung äusserer existirender Objecte getäuscht, oder wohl gar in Furcht und Schrecken gesetzt. Das zufällig brennende Licht wird zu einem Flam uenmeer, die Verdunkelung des Sehfeldes wird als Russ, Asche, die inouches volnntes als Spinnen , Mäuse u. dergl. gedeutet.
Der Schwindel, der der hyperämischen Gehirnreizung nie mangelt, scheint auf einer Alteration des Muskelgefühls zu beruhen. Die Kranken erhalten hierdurch die Vorstellung des Fallens, Fliegens, Schaukeins mit entsprechenden Reflexen in den splanch-nischen Nerven: Uebelkcifen, Brechneigung, wirkliches Erbrechen. Der Schlaf ist in vielen Fällen aufgehoben, oder er ist durch beunruhigende , lebhafte Träume gestört.
Die D e pre s s i onslaquo; rsch ei n u n ge n bestehen in einer Unempfindlichkeit gegen äussere Sinneseindrücke. Grelles Licht, lautes Geräusch, stärkerer Druck werden geduldig ertragen. Die Kranken haben das Gefühl des Eingeschlafenseins der Glieder, ja
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Die Hvperamie des Gehirns.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;177
in Ausnahrasfällen kann die Unempfindlichkeit bis zur completen Gefühllosigkeit ausarten. Die verminderte Erregbarkeit äussert sieh ferner in einer Schwerbeweglichkeit, die sich bis zur cerebralen Paralyse, bis zur absoluten Unbeweglichkeit steigern kann. In jenen Theilen des Gehirns, welche die psychischen Functionen vermitteln , äussert sich die herabgesetzte Erregbarkeit als Gleichgültigkeit, Theilnahmslosigkeit, die Vorstellungen laufen träge ab, sie scheinen sich nur auf das soeben Wahrgenommene zu beziehen, und sich deshalb in den engsten Kreisen zu bewegen. Bei den höchsten Graden erlischt das Bewusstsein gänzlich.
Begreiflicherweise müssen wir bei einer so erheblichen Alteration des Centralnervenorgans auch pathologische Zustände in jenen Theilen wahrnehmen , die vom Willen nicht beherrscht werden. So finden wir die Iris bei den Exaltationserscheinungen verengt, bewirkt durch Reizung der Oculomotoriusfasern, bei den Depressionserscheinungen erweitert, weil jetzt die Sympathicusfasern über jene ein functionellesUeberge wicht erhielten. Bei der erhöhten Erregung des Gehirns finden wir eine Verlangsamung der Herzbewegungen, wie bei der Reizung der Vagi; bei der Lähmung des Gehirns eine Beschleunigung der Herzthätigkeit, welche man experimentell bei D urch scb nei dun g der Vagi erzielt. Deshalb ist der Puls im ersteren Falle bedeutend verlangsamt, im letzteren beschleunigt.
—nbsp;Die Athemzüge sind oft auffallend langsam, tief und schnarchend.
—nbsp; Das Erbrechen ist bereits erwähnt, es ist von hoher Bedeutung für die Diagnose der Gehirnreizung durch Gehirnhyperämie. Obwohl wir den physiologischen Zusammenhang zwischen jenen Symptomen und der Ueberfüllung der Hirngefässe mit Blut noch nicht nachzuweisen vermögen , so steht doch so viel klinisch fest, dass Gehirnreizungen anderer Art, z. B. im Typhus, trotz der Hochgradigkeit der Affection das Erbrechen stets mangelt.
Die geschilderten Zeichen combiniren sich nun in den gegebenen Fällen in der mannigfachsten Weise, und scheinen sich sogar zu widersprechen, indem Reizungs- und Depressionsphänomene gleichzeitig vorhanden sind. Die Intensität der Erscheinungen bietet begreiflicherweise in den concreten Fällen eine ganz gleiche Verschiedenheit dar, denn während der Eine nur über Schlaflosigkeit, unruhige Träume, eingenommenen Kopf klagt, ist der Zweite bereits ein completer Narr oder Maniacus, während der Dritte unbesinnlich unter den heftigsten Convulsionen oder unter Delirien dahinliegt.
Die Dauer des Zustandes ist entweder kurz, und es folgt innerhalb weniger Tage complete Wiedergenesung, der aber immer eine Neigung zu Recidiven anhängt, oder der Zustand zieht sich in die Länge unter momentaner Intensitätsschwächung, die aber bald durch Recrudescenzen wieder ausgelöst wird, wobei das Bild einer Seelen-
Gleisberg, vergleichende l-atliologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;12
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178nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Yon den Krankheiten des Nervensystems.
Störung auftritt, oder die Hyperämie ist nur der Vorläufer von ex-sudativen Vorgängen, wie von denen der Meningitis, der Hirn-entziindung, Hirnerweichung etc.
Die Hirnhyperämie der Kinder ist innerhalb der ersten beiden Lebensjahre die gefürchtetste Complication sehr zahlreicher fieberhafter Krankheiten. Sie determinirt bei unbedeutenden Affectionen der Mundschleimhaut in der Zahnperiode ebensowohl als bei dem diffusen Bronchialcatarrh und den lobulären Pneumonieen innerhalb der ersten Lebensjahre, aber nicht minder bei Gastrointestinal-catarrhen, bei den acuten Exanthemen, bei Keuchhusten u. s. w. Die Kinder werden plötzlich oder nachdem Muskelznckungen an den Extremitäten und im Gesicht vorausgegangen sind, von Be-wusstlosigkeit und allgoraeinen Convulsionen befallen, die sich bald in tetanischer, bald in epileptifonner Weise abwechselnd äussern. Die Krämpfe halten oft viele Stunden an. Je jünger das Kind, um so schneller erliegt es diesem gefiirchteten Zustand. Der Tod ist die Regel, wenn der Zustand innerhalb der ersten Lebensmonate auftrat, nur bei etwas im Alter vorgeschrittenen Kindern folgt den Convulsionen ein tiefer Schlaf, aus welchem das Kind zwar ermattet, aber im Uebrigen frei von schweren Symptomen erwacht. Ein erneuter Anfall tödtet nicht selten das bereits als gerettet betrachtete Kind.
Auch bei denThieren beobachten wir bei der Gehirnhyperämie bald die Symptome der Reizung, bald die der Depression. Unruhe, Aufregung bei stärkerer Röthung der Augenbindehaut und herabgesetzter Pulsfrequenz werden hier bis zur Tobsucht (rasender Koller), besonders bei Pferden angetroffen. Diese hauen dabei mit den Vorderfüssen in die Ketten, steigen in die Krippen, fletschen mit den Lippen, drängen an die Wand, an den Barren. Rinder und Schafe stossen mit den Hörnern, Hunde sind unruhig, beissen.
Oder wir haben die Erscheinungen der Depression, welche mit denen der Reizung altorniren: Die Thiere sind matt, bis zum Zusammenbrechen hinfällig, oder sie liegen wohl gar be-wusstlos unter allgemeinen Convulsionen da, besonders Hunde und Schafe. Auch hier ist bei den Depressionserscheinungen die Pupille erweitert, bei den Reizungserscheinungen ist die Pupille dagegen verengt und das Auge halb oder ganz geschlossen, stier, glänzend, wild. Das Athmen ist stets mühsam. Der Puls ist bei Betäubung und Bewusstlosigkeit beschleunigt, während derselbe bei der Hirnreizung verlangsamt war. Die Entleerung der Excremente ist constant verzögert.
Ein derartiger Anfall kann Viertelstunden, Stunden anhalten, worauf ein freierer Zwischenraum folgt, in dem jedoch die Symptome
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Der Bluteiguss in's Gehirn, Gehirnapoplexie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 179
der Depression: Ermattung, Betäubung, theihveise persistiren. Aoussere Reize rufen sehr leicht den ebenüberstandenenParoxysmus wieder hervor. Der Verlauf der Krankheit ist entweder der Ueber-gang nach einer ein- oder zweitägigen Dauer der Hirnhyperärnie in vollständige Wiedergenesung, namentlich, wenn die Hirnhyperämie ein bis dahin ganz gesundes Thier befiel, oder es erfolgt hier ebenso schnell Tod durch Hirnödem oder durch Blutergüsse, oder wir beobachten auch den Uebergang in Gehirnhaut-, Hirnentziindung, Hirnerweichung, Hirnhöhlen Wassersucht, welche bald zu Lähmungserscheinungen in den motorischen Nerven , bald zu Dummkoller, Schwindel, Stumpfsinn führen.
Der Bluterguss in's Gehirn, Gehirnapoplexie
tritt ungleich häufiger beim Menschen als bei Thieren auf; hier will man diesen Zustand besonders bei Rindern und Schafen beobachtet haben, bei den letzteren sogar mit seuchenartiger Verbreitung.
Der Begriff Apoplexie wird bald klinisch , bald anatomisch aufgefasst. Klinisch und dem Wortlaut gemäss drückt er ein plötzliches, blitzähnliches Eintreten von theilweiser oder vollkommener Functioiisunfähigkeit des Gehirns aus. Deshalb unterscheiden auch die Aelteren zwischen einer apoplexia nervosa, serosa und sanguinea, während wir hier nur jene Suspension der Gehirnverrichtungen vor Augen haben, die durch Zerreissung von Hirngefässen und Blutaustritt veranlasst wird, unbekümmert darum, in welcher Ausdehnung die Gehirnverrichtungen suspendirt sind, da wir ja auch jene Gehirnblutungen als Apoplexieen bezeichnen , bei denen nur der Willenseinfluss auf räumlich beschränkte Muskelgruppen, z. B. des Armes, der Zunge , der mimischen Gesichtsmuskeln etc. aufgehoben ist.
Dieser Zustand ist beim Menschen meist dem höhern Lebensalter eigen, jedoch kommt er auch in früheren Lebensjahren vor. Die Blutung erfolgt hier fast immer aus den feineren Ge-fässen, und wird theils durch Gefässorkrankungen, theils durch Erkrankungen der die Hirngefässe umgebenden Gewebe, theils durch eine Vermehrung des Blutdrucks bedingt.
Die wichtigste Ursache ist die Texturerkrankung der Gefasse, denn selbst die bedeutendsten Hypertrophieen des linken Ventrikels können lange bestehen, ohne Hirnapoplexieen zu veranlassen, während die fettige Entartung der mittleren Arterienhaut, die an einer beschränkten Stelle eines Arterienreises das Gefässrohr brüchig macht, bei einer ganz massigen Vermehrung des Blutdrucks, selbst unter anscheinend ganz normalen Druckverhältnissen , zu einer beträchtlichen, selbst tödtlichen Hirnapoplexie zu führen vermag.
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180nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten des Nervensystems.
Mitunter berstet nur die Intima und Media, und dann wird die Adventitia sackartig, aneurysmatisch ausgedehnt. Bei der hämorrha-gischen Diathese begegnen wir Hirnblutungen, z. B. im Typhus, bei der Pyämie, bei der lehorrhämie, ohne dass wir die Erkrankung der Gefässwand kennen, trotzdem, dass eine grössere Zerreisslich-keit der Gefässwände hier kaum zurückgewiesen werden kann.
Alle Zustünde, die zu Hirnschwund führen , müssen ein Vacuum setzen, was durch die Cerebrospinalflüssigkeit ausgefüllt wird. Genügt diese Füllung nicht mehr, so transsudiren entweder Blut-bostandtheile, oder es kommt zu Gefässrupturen und zu Bluterguss, so bei Atrophie der Gehirnsubstanz, daher die Häufigkeit dieses Zustandes im hohen Alter, bei Erweichungsprocessen.
Die veränderten Druckverhältnisse rühren entweder von momentanen Steigerungen der Herz- und Gefässaction her, die Apoplexioen der Völler, oder eine Herzhypertrophie unterhielt eine dauernde Steigerung des Blutdrucks, der bis zu einem gewissen Grade ertragen, jenseits desselben aber zu Gefässruptur führte. Oder die gesteigerten Druckverhältnisse in den Gehirnarterien wurden durch eine cnarteriitis defbnnans der grossen Gefässe erzeugt, wobei eine so geringe Abschwächung des Herzimpulses innerhalb der grosseren Gefässe stattfand, dass das Blut pulsirend in den kleinen Arterien und Haargefässen des Gehirns kreiste.
Bei T h i e r e n walten in ursächlicher Beziehung wohl ganz dieselben Verhältnisse ob , jedoch, wie schon gesagt, ist der blutige Schlagfluss hier sehr selten, denn bei der apoplecti sehen Form des Anthrax werden jene Blutaustretungen im Gehirn eben nicht angetroifen. Am Häufigsten werden noch Hirnapo-plexieen, durch Gewebserkrankungen des Gehirns vermittelt, oder solche, die durch äussere mechanische Insulte veranlasst sind, hier beobachtet; oder endlich , die Hirnapoplexie bildete einen Ausgang der Gehirnhyperämie, daher das Auftreten des Schlagflusses bei grosser Sonnenhitze, beim Aufenthalt in überfüllten und dunstigen Stallräumen, nach grosser körperlicher Anstrengung, beim über-mässigen Genuss eines üppigen Futters.
Das seuchenartige Auftreten des Hirnschlagflusses bei Schafen und Rindern wird wohl durch die apoplectische Form des Milzbrandes gedeckt.
Spinola behauptet denHirnschlagfluss als Heerdekrankheit besonders dann beobachtet zu haben, „ wenn mit ihnen Kartoffelfelder zum Ausweiden betrieben wurdenquot;, während von Andern der Betrieb üppiger Stoppelweiden oder der Genuss eines nach frischer Gypsung gewonnenen Klees beschuldigt wird. In den beiden ersten Fällen ist wenigstens die Möglichkeit keineswegs in Abrede zu
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Der Bluterguss in's Gehirn, Gehirnapoplexie.
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stellen, dass miasmatische Ausströmungen des Bodens hier wirksam waren.
Dass Hirnapoplexieen bei Thieren so selten sind, wird theils durch den Umstand veranlasst, dass dieser Zustand meist dem höhern Alter angehört, was bei landwirthschaftlichen Haussäuge-thieren nur in Ausnahmsfällen abgewartet wird, da man die Thiere vor dem Eintritt des Alters aus ökonomischen Rücksichten tödtet theils wohl auch deshalb, weil der atheromatöso Process der Schlag-adorn, obwohl er bei Thieren vielfach beobachtet wurde, wie an der grossen Körperschlagader, an der Gekrösarterie , doch ziemlich selten an den Gehirnarterien zu sein scheint.
Aus dem S ect ionsb ef un de der Apoplexie erweist sich, dass der Bluterguss entweder aus zahlreichen, kleinen, dichtgedrängten Ergüssen, oder aus einer umfangreichen Blutlache bestent. Im ersteren Falle erscheint die Gehirnsubstanz an einer Stelle durch punktförmige Extravasate dunkelroth gesprenkelt, und die zwischen den Extravasaten gelegene Hirnsubstanz hat entweder ihre normale Form und Consistenz bewahrt, oder sie ist durch Imbibitionsstoffe in verschiedenen Graden röthlich oder gelblich gefärbt, oder sie befindet sich im Zustande der rothen Erweichung.
Bei grosseren hämorrhagischen Heerden sind die Gehirnfasern entweder auseinander gedrängt, oder wirklich zertrümmert, und dann dem extravasirten Blute beigemischt. Im ersteren Falle ist der Heerd länglich und besitzt glatte Wände, im letzteren rundlich, hat ein zerfetztes Ansehen und ist von einer mehrere Linien dicken, blutig suffundirten, zottig breiigen Gehirnmasse umgeben. Die Grosse des Heerdes variirt von der eines Mohnkornes bis zu der einer Faust. Lag er in der Nähe des Ventrikels , so durchbricht er mitunter dessen Wand, und das Blut ergiesst sich in die entsprechende Seitenhöhle. Apoplectische Heerde, welche unmittelbar unter der Hirnrinde liegen, durchbrechen nicht selten die Corticalsubstanz und die Pia, so dass sich oft umfangreiche, subarachnoideale Heerde bilden. Die Zahl der hämorrhagischen Heerde ist nur selten eine mehrfache, in der Regel ist nur einer vorhanden. Der gewöhnliche Sitz ist das corpus slrialum, der tkalamus und die grossen Marklager der Hemisphären, seltner trifft man sie in der Rindensubstanz des grossen Gehirns, im cerebellum und in der Brücke.
Die Umwandlung des Heerdes ist ein allmäliger Zerfall des Blutgerinnsels, der Blutzellen und Hirntrümmer. Dadurch wird der Inhalt dos Hohlraumes flüssig, die Farbe der Flüssigkeit ist anfänglich dunkelbraun , später safrangelb. Der Blutfarbstoff' trennt sich von den Blutzollen, und verwandelt sich entweder in ein körniges Pigment, oder tritt in Form von Hämatoidinkrystallen auf, welche von Virchow entdeckt wurden, und rubinrothe, rhombische,
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Von den Krankheiten des Nervensystems.
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sechsseitige, ausserordentlich kleine Sänlclien darstellen, die eine ungewöhnliche Resistenz gegen Reagentien besitzen, und deren Asche eisenhaltig ist.
Zwischen den nervösen Elementen der Wand kommt es zu einer Bindegewebswucherung, welche schliesslich eine mehr oder weniger dicke Auskleidung des Hohlraumes bildet, der apoplectische Heerd wird jetzt von einer schwieligen Kapsel umgeben angetroffen. Auf der innern Fläche der Kapsel wuchern zarte Bindegewebselernente, die den Heerd durchziehen. Die Residuen desHeerdes verschwinden allmälig, an ihre Stelle tritt eine klare Flüssigkeit, die den Hohlraum erfüllt und zur Bildung der apoplectischen Cyste führt, welche von einer callösen Kapsel umgeben, von einer serösen Flüssigkeit erfüllt und von gelbpigmentirtem Bindegewebe durchzogen und ausgekleidet ist.
Unter steter Resorption der Flüssigkeit nähern sieh die Wände der Cyste immer mehr und mehr, bis sie sich endlich berühren und nur durch eine Pigmentschicht getrennt sind, die die früher bestandene Höhle und deren Ursprung andeutet.
Befand sich der hämorrhagische Heerd in der Corticalsnbstanz, und bildete einen flachen und verbreiteten Bluterguss unter den Hirnhäuten, so geht der ursprünglich rothe Brei in eine roth - braune, später safrangelbe, bröcklicho Masse über, welche nach unten von einer verdichteten Gehirnsubstanz, nach oben von einer mehr oder weniger veränderten Pia begrenzt ist. Am Schlüsse der Metamorphose findet man an der Hirnoberfläche eine etwas eingesunkene, pig-mentirte Platte, oberhalb welcher ein seröser Erguss die entstandene Lücke ausfüllt.
Nicht immer erfolgt dieser günstige Ausgang in spontane Heilung, sondern es kommt zu sehr ausgedehnten Erweichungen der umgebenden Hirnsubstanz und zur puriformen Schmelzung des Heerdes und seiner nächsten Umgebung. — War der Heerd gross, so ist die entsprechende Hemisphäre in der Regel blutarm, während kleine, sogenannte capilläre Apoplexieen ohne Einfluss auf den Blutgehalt des befallenen Hirntheiles sind.
Bei grossen apoplectischen Heerden erscheint die Oberfläche der betroffenen Hemisphären in Folge der Blutleere der Meningal-gefässe auffallig glatt und eben. Bei längerm Bestehen des apoplectischen Heerdes leidet die Ernährung des Gehirns wesentlich. Es leitet sieh eine Atrophie sämmtlicher Gehirntheile ein und es ist gewiss nicht ohne wissenschaftliches Interesse, dass es der Forschung gelang, besonders in jenen Gehirnfasern eine bis in das Rückenmark sich erstreckende Degeneration nachzuweisen, deren centrale Enden im apoplectischen Heerde zu Grunde gingen, ein Verhalten, das mannigfache Analogieën besitzt, z. B. in dem constanten Schwinden
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Der Bluterguss in's Gehirn, Apoplexie.
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und fettigen Degeneriren des entsprechenden tractus opticus bei Cycolpie. Bei T h i e r e n werden ganz dieselben Verhältnisse angetroffen, so die punctförmigen Apoplexieen, besonders im Verlauf von Hirnhyperämie und Meningitis (gewöhnlicher Sectionsbefund beim rasenden Koller). Ausnahmsweise kommen auch grössere apoplectische Heerde vor. Blutungen in die Gehirnrinde oder in die weiche Hirnhaut worden in der Regel durch mechanische Verletzungen hervorgerufen.
Das Symptom enbild der Hirnapoplexie beim Menschen ist folgendes: Ohne oder mit Vorboten, die in der Regel in Hinterhauptskopfschmerz , Ziehen im Nacken und Stuhlverstopfung bestehen, bricht der Betroffene plötzlich unter einem lauten Schrei oder lautlos zusammen, und bleibt entweder gleich todt, oder nach einem kürzern oder längern Todeskampf, welcher durch comatose Zustände mit stertorösem Athmen ausgezeichnet ist, erfolgt nach Stunden, halben oder ganzen Tagen, innerhalb welcher Zeit das Bewusstseia nicht wieder zurückkehrt, das Ende unter Tracheairasseln.
In vielen Fällen von Gehirnschlagfluss erwacht jedoch der Kranke aus diesem schweren Coma nach kürzerer oder längerer Zeit mit verzogenem Gesichte und Hemiplegie der einen oder andern Seite, die mit wenig Ausnahmen die entgegengesetzte der Hä-morrhagie ist.
Diese Lähmung kann alle möglichen Grade darbieten, sie kann sich nur auf den Arm, nur auf das Bein der entgegengesetzten Körperhälfte erstrecken, sie kann aber auch die ganze Körperhälfte einnehmen, und sich mit Lähmung der Sinnesorgane, der Schliessmuskeln des Afters und der Blase vergesellschaften. Diese Lähmung kann sich innerhalb einiger Tage bessern, selbst ganz verlieren, sie besteht aber auch, obwohl stets unter Intensitätsverrnindorung, selbst jahrelang bis zum endlichen Eintritt des Todes fort.
Bisweilen ist nur Lähmung der Zunge vorhanden. Strabismus ist höchst selten. Die Pupillen sind meist erweitert, mitunter ist heftiges Erbrechen zugegen. Kehrt das Bewusstsein allmälig zurück, so überrascht oft der intacte Zustand der Geisteskräfte, welche erst mit vorschreitender Veränderung der Umgebung des Heerdes allmälig abnehmen, und in SÄumpf- und Blödsinn übergehen.
Die durch den apoplectischen Insult gesetzten Gehirnsymptome sind aber wohl von den Reactionsphänomenen zu trennen, die in der Regel — wenn überhaupt, denn mitunter mangeln sie gänzlich — den fünften Tag eintreten. Sie gleichen complet den Zeichen einer Gehirnentzündung. Das Gesicht röthet sich jetzt, die Temperatur der Kopfhaut steigt, der Kranke wird unruhig, wirft sich auf seinem Lager hin und her, stösst bei Zungenlähmung unarticulirte Laute aus, stöhnt, ächzt, wirft besonders den nichtgelähmten Arm,
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das nichtgelähmte Bein herum, der Puls wird dabei gross, hart, beschleunigt, und unter diesen Erscheinungen kann unter den höchsten Graden der Bewusst- und Empfindungslosigkeit nach einigen Tagen der Tod erfolgen. In einer nicht geringen Zahl von Fällen mindern sich auch diese Reactionsphänomene, das Fieber rnässigt sich, das Bewusstsein kehrt nach und nach zurück, die Kräfte nehmen zu, und so kann entweder das Bild vollkommener Wiedergenesung nach Wochen, Monaten wieder eintreten , oder, wie allerdings in den meisten Fällen, bleiben Lähmungen zurück. In vielenFällen werden die Zeichen der wiederkehrenden Gesundheit plötzlich durch die Erscheinungen eines erneuten apoplectischen Insults unterbrochen, dem der Kranke entweder sofort erliegt, oder das Spiel wiederholt sich, indem von Neuem Nachlass der Lähmungserscheinungen eintritt, die wiederum durch einen dritten Insult unterbrochen werden, nur mit dem Unterschied, dass jede spätere Intermission unreiner wird, und durch schwerere Krankheitssymptome sich getrübt zeigt, als die vorhergehende. Auf diese Weise kann der Wechsel sich all-mälig bessernder Lähmungserscheinungen und jäh auftretender Verschlimmerung derselben sich jahrelang hinziehen.
Die Verschiedenheiten der aufgeführten Symptome hängen begreiflicherweise von Sitz, Ausdehnung des apoplectischen Heerdes und von den Veränderungen in seiner Umsrebung ab. Der Umstand, dass complete Muskellähmungen, selbst aufgehobenes Sehvermögen, Hören, nach einem apoplectischen Anfall fast in der Eogel sich bessert, deutet an, dass die Lähmung nicht ausschliesslich von der Zerstörung des entsprechenden Hirnabschnitts, sondern zum Theil auch von der durch den apoplectischen Insult gesetzten Circulations-störung und dem Oedem in der Umgebung derZerreissungsstelle abhängt. Dasselbe gilt von der halbseitigen Anästhesie, die sich in der Regel in einigen Tagen verliert, während die Lähmung der motorischen Nerven noch persistirt. Auch die Rückkehr eines ungetrübten geistigen Wirkens lässt sich dem entsprechend wohl nur so auffassen, dass nach einigem Bestehen des apoplectischen Insults, vielleicht durch Eröffnungen collateraler Bahnen, die bis dahin durch Blutfülle und Oedem behelligte Hirnrinde nun wieder entlastet wird. Das Auftreten halbseitiger Lähmungen wird durÄi die Pyramidenkreuzung erklärt. Hämorrhagieen im pons haben bisweilen beiderseitige, bisweilen einseitige Lähmungen zurFolge. BeiExtravasationen im kleinen Gehirn wird auch in der Regel die entgegengesetzte Körperhälfte gelähmt, jedoch giebt es hier, wie auch bei Hämorrhagieen in den Basalganglien, höcht wunderbare Ausnahmen, die dermalen durch die Physiologie noch nicht erläutert sind. Grosse Blutergüsse in den Hemisphären in der Nähe der Rinde führen constant zu bedeutenden Geistesstörungen. Einer langsam erfolgenden, aber zuletzt
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Das Hämotom der dura mater.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 185
sehr reichlich werdenden Hämorrhagie scheint jenes Bild zu entsprechen, wo die halbseitige Lähmung die Scene eröffnete, und die Zeichen des apoplectischen Insults sie schlössen. Die capillären Apo-plexieen, wenn sie in grosser Ausdehnung vorkommen, führen zu Sopor, Coma und allgemeinen Lähmungserscheinungen.
Die Krankheitszeichen des apoplectischenHeerdes der Thiere wiederholen genau die des Menschen. Oftmals gehen auch hier Vorboten voran, gewöhnlich sind es die Erscheinungen der Him-hyperämie. Schwindelanfalle, Unruhe oder Abgestumpftsein, Muskelzuckungen etc. Tritt eine bedeutende Hirnblutung ein, so stürzen die Thiere zusammen, und sind sofort todt, oder sie liegen bewusst-und empfindungslos, ohne Bewegung oder mit krampihaften Zuckungen da. Die Körpertemperatur ist vermindert, die Schleimhäute sind geröthet, die Augen sind verdreht, die Pupillen erweitert, starr, das Athmen schnarchend, tief, der Puls ist aussetzend, der Herzschlag ist bald schwach, bald stark fühlbar, Mist- und Harnentleerung erfolgen unwillkürlich. Unter diesen Zuständen gehen entweder die Thiere zu Grunde, oder Lähmungserscheinungen bleiben zurück, besonders der Ohrmuskeln, der Augenlider, der Lippen, der Sehnerven. Auch diese Lähmungen können endlich gänzlich verschwinden, wiewohl auch hier erneute und umfangreichere Blutungen in die Gehimsubstanz nicht selten den Tod nach kürzerer oder längerer Zeit veranlassen.
Das Hämotom der dura mater,
welches man in nicht seltenen Fällen, namentlich bei Obductionen von Geisteskranken, zwischen der duru matei' und der arachioidea vorfindet, isect;t nach Virc h o w nicht, wie früher angenommen wurde, als einfaches Blutextravasat anzusehen, an dessen Peripherie sich der Faserstoff des Blutes niedergeschlagen und den flüssigen Antheil desselben abgekapselt hat, sondern es handelt sich nach diesem Autor hier um eine langwierige Entzündung der harten Hirnhaut mit einem hämorrhagischen Exsudate. Das Hämatom hat seinen Sitz gewöhnlich neben der Pfeilnaht, und stellt einen ovalen, flachen Sack dar, der in der Länge von 4—5 Zoll, in der Breite von 2—3 Zoll und in der Dicke von Va Zoll angetroffen wurde. Die Wände des Sackes sind durch verändertes Hämatin rostbraun gefärbt. Der Inhalt ist entweder ein frisches, flüssiges oder geronnenes Blut, oder ein altes rostbraunes Gerinnsel. Die entsprechende Hirnhemisphäre ist abgeflacht, zeigt mitunter eine Impression.
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136nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten des Kervensystems.
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Die Entzündung des Gehirns und seiner Hüllen.
Aus der vorhergegangenen Abhantllunraquo; über Blutungen in die Hirnhäute und Gehirnsubstanz dürfte schon hervorgegangen sein, dass das Gehirn in gewissen Theilen grobe materielle Veränderungen erträgt, ohne bedeutende Functionsstörungen darzubieten. Denn nicht selten beobachtet man in der Leiche grosse apoplectische Cysten, ohne dass kurze oder längere Zeit vor dem Tode Störungen der Intelligenz, der Bewegung, der Empfindung bestanden hätten. Wie anders verhält sieh da die Lunge, das Bauchfell, wo auf die unbedeutendsten Reize, bei letzterem schon nach Einwirkung der atmosphärischen Luft, diffuse, irritative Vorgänge folgen. Aehnliche Resultate als die klinische Beobachtung liefert auch das Experiment, und wem wären die Ergebnisse der bis zum Ekel ausgebeuteten Vivisectionen nicht bekannt, denen zu Folge die Hemisphären warmblütiger Thicre schiclitenweise abgetragen werden können, ohne dass auffällige Re-actionsphänomene beobachtet werden? — Demnach steht das Gehirn bei aller seiner anderweitoa Bedeutsamkeit in dieser Beziehung nicht gerade auf einer sehr hohen Stufe. Zwar kommen heftige acute Gehirnentzündungen vor, zu welchen der reizbare Organismus des Kindes besonders rlisponirt ist, und zu denen im reifen Lebensalter das männliche Geschlecht vor dem weiblichen hierzu eine grössere Anlage besitzt, weshalb auch Gehirnreizung bei Männern eher zu Degeneration führt. Aber auffallend ist es denn doch, wie das Gehirn, zumal bei Weibern erregt und gereizt werden kann, ohne dass es zur Entzündung kommt. Tritt diese trotzdem hier ein, so ergreift sie meistens die Hirnhäute, und nimmt gern einen chronischen Verlauf. In der Gehirnsubstanz selbst tritt seltener eine primäre Entzündung auf, und dann auch meistens nur local. Auch bei Geisteskranken findet man häufiger Atfectioner. der Hirnhäute mit Veränderung der Rindensubstanz, als solche der Hirnsubstanz selbst, in welcher sich die Folgen der Hirnreizung meist erst nach längerem Verlaufe als Erweichung oder Erhärtung kundgeben. Daher ist es gekommen, dass man durch die Leichenöffnungen sich nicht befriedigt fühlte. Und da man sich nicht denken konnte, dass durch solche geringe Abweichungen bedeutende Erscheinungen bedingt sein sollten, so fiel man darauf, das Irresein als ein rein psychisches Leiden anzusehen. Auch bei Thieren beobachten wir die intensivsten Hirnreizungen, denen in der Leiche oft nur eine massige Hyperämie der Meningen entspricht, und umgekehrt oft die colossalsten Degenerationen, z. B. bei einem Ochsen eine 2*/^ Pfd. wiegende Enostose der Glastafel des Scheitelbeins, welche zu einem bedeutenden Schwund beider Hemisphären geführt hatte, ohne dass diesen Zustand auffällige
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Die Entzündung des Gehirns und seiner Hüllen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 187
äussere Erscheinungen begleitet hätten. So hat auch die pathologische Anatomie des Menschen ergeben, dass man bisweilen in den Leichen bedeutenden Degenerationen des Gehirns, z. B. Eiteransammlungen begegnete, welche sich während des Lebens durch keinerlei Erscheinungen verrathen hatten.
So lange die Entzündung der Gehirnsubstanz local beschränkt bleibt, entstehen keine Irreseinserscheinungen, sie miisste denn auf die pia übergehen, oder von ihrem Ausgangspunkt aus auf den vordorn und obern Gehinilappen fortschreiten, oder durch ccllaterale Fluxion Hyperämie der Rinde erzeugen. Auch können beim Manschen wie bei jenem Ochsen Gehirnpartieen verloren gehen, und der Betroffene tritt mit vollständiger Erhaltung der Verstandeskräfte in die Genesung, wenn nur die Verwundung keine Meningitis nach sich zog, die sich über das Gehirn ausbreitete, und wenn nur die Rindenschicht der oberen und vorderen Partie des Gehirns gesund und funetions-fähig blieb. Ungleich gefahrbringender gestaltet sich die Sache, wenn der Krankheitsprocess, z. B. in einigen Fällen von Manie, von der Oberfläche der Hirnrinde und von der pia mater selbst ausgeht. Dies ist auch namentlich für die Fälle von rasendem Koller hervorzuheben, wo ganz besonders die weiche Hirnhaut der Ausgangspunkt der localen Erkrankung ist, im höchsten Grad hyperämisch , von capillären Apoplexieen durchsäet, mit Exsudat bedeckt und infiltrirt angetroffen wird. In beiden Fällen, bei der Manie des Menschen, wie bei dem rasenden Koller, verbreitet sich der Process mehr oder weniger rasch über die ganze Oberfläche des Gehirns oder wenigstens über den grössten Theil der Hemisphären. Die pia muter und die arach-noideath.n\?n mit den serösen Häuten die Eigenschaft, dass eine darin auftretende Entzündung sich über die ganze Fläche ausbreitet. O b aber dabei Geistesstörung auftritt oder nicht, dies hängt lediglich davon ab, ob die unterliegende Hirnrinde in den Entziindungsproeess mit hineingezogen wird oder nicht. Denn an den Rindenzellen werden die höhern geistigen Thätigkeiten offenbar; sie sind die Organe des Gedächtnisses, der Phantasie, sie verarbeiten die Sinneswahrnehmungen, welche die Perceptionszellen, empfingen und durch die Leitfasern der Rinde übermittelten, zu Vorstellungen. Dieses Verhalten der Rinde ist ganz vorzüglich zu berücksichtigen, um die hohe Bedeutung zu ermessen, welche das Uebergreifen irritativer Ernährungsstörungen von den Hirnhäuten auf die Rinde hat.
Ein schwach congestiver Zustand oder eine beginnende Entzündung der weichen Hirnhaut kann sich auf ihr äusseres Blatt nebst der Arachnoidea beschränken. Es bildet sich dann ein faserstoffiges Exsudat unter der Arachnoidea, welches oftmals in der Form einer mehr oder weniger undurchsichtigen Speckhaut das ganze Gehirn
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188nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Yon den Krankheiten des Nervensystems.
überdeckt. Dies kommt sehr häufig bei Irrsinnigen vor, und dies veranlasste Schröder van der Kolk zu der Auffassung, in diesem speckigen Exsudat ein Kriterium zwischen dem Gehirn eines lirsinnigen und Nichtirrsinnigen zu erblicken. Doch beobachtete er bald ein ganz gleiches Exsudat zwischen pia und arachnoidea in der Leiche Nichtirrer, bei welchen nicht einmal Kopfschmerz während des Lebens bestanden hatte. Das Verhältniss ist hier ein sehr einfaches. Sobald die Blutfülle, die Entzündung, die Ausschwitzung sieh nur auf die äussere Fläche beschränken, und das Gehirn freilassen, so dass man im Leichnam das Exsudat nur zwischen pia und arachnoidea antrifft, so wird man stets vergebens nach pathologischen Hirnerscheinungen fragen, die dem Tode vorausgingen. Sobald aber das Exsudat zwischen Hirnrinde und pia sich befand, sobald die Hirnrinde selbst entweder in Form von Schwund, Tumescenz oder Infiltration am pathologischen Process mit Theil nahm, gingen immer schwere Hirnerscheinungen dem Tode voran.
Die Natur hat eine sehr sinnige Vorrichtung getroffen, um die Hirnrinde vor mannigfachen Gefahren zu schützen, denen sie bei der Blutfülle und der Entzündung der Hirnhäute ohne diese Vorrichtung vielleicht nie entgehen würde. In der pia mater findet nämlich ein directer Uebergang arterieller Gefässe in Venen statt, wodurch ein stärkeres Zuströmen von Blut, ja selbst eine Gongestion (fluxionäre Hyperämie) und eine leichte Entzündung zu Stande kommen kann, ohne dass die in die Hirnrinde sich erstreckenden Gefässe an dieser gestörten Blutvertheilung thoilnehmen. Man kann sagen: „der Sturm fahrt über uns hin, ohne dass wir es nur bemerken.1' (Schröder van der Kolk.) Bei der geringen Irritabilität des Gehirns pflanzt sich eine Entzündung nur langsam auf dasselbe for;, und verläuft dann auch meistens chronisch. Wie nun eine Pericarditis mit massigem Exsudat recht wohl vorlaufen kann, ohne die Muskulatur des Herzens mit zu afficiren, so ist es wohl auch sehr gut möglich, dass eine Entzündung und Exsudatbildung an der Aussenfläche der pia mater sich der Hirnrinde nicht wohl mitzutheilen braucht.
Da nun die Hemisphären unempfindlich sind, eine Reizung der Hirnrinde aber wohl zur Erregung und Leidenschaftlichkeit Anlass geben kann, nicht aber zum Auftreten von Kopfschmerzen, so haben leichtere Affectionen so lange keine besondorn pathologischen Erscheinungen in ihrem Gefolge, als nicht die Totalwirkungen des Gehirns ihres einheitlichen spontanen Princips verlustig wurden, d. h. so lange die Seele noch die Zügel führte. Verliert jenes die Herrschaft, wird die geistige Selbstständigkeit des Kranken fraglich, dann kann stets auf ein bedeutenderes Ergriffensein der Hirnrinde geschlossen werden. Es ist deshalb gewiss unrichtig, mit Nasse
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Die Entzlmdnng des Gehirns und seiner Hüllen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;189
die Meningitis als ursächliches Moment des Irrsinns und seiner Folgen bestreiten zu wollen.
Tritt die Entzündung der Hirnsubstanz ganz local auf, dann fehlen die Erscheinungen einer Gehirnafiection. Beschränkt sich der entzündliche Process auf die Aussenseite der pia mater, dann kann sich Erregtheit und Schlaflosigkeit einstellen, manchmal auch ein Gefühl von Leichtsein, oder aber von Schwere und Anfiillung, oder es scheint sich auch wohl ein fremder Körper hin und her zu bewegen. Wird die Gehirnrinde stärker gereizt, dann entsteht im acuten Falle Delirium, im chronischen dagegen Manie oder Melancholie mit deren Folgen. Bei Irresein, namentlich wenn es idio-pathisch ist, hört man nur selten über Kopfschmerz klagen.
Obwohl nun die Hemisphären nur eine geringe Reizbarkeit besitzen, obgleich sie unempfindlich in dem Sinne sind, dass sich ihre Affection nicht durch Schmerz kund giebt, so lange dieselbe nicht direct oder indirect auf die tieferen Theile des Gehirns einwirkt, oder sich auf die harte Hirnhaut ausbreitet, so zeichnen sie sich wieder in der Beziehung durch einen hohen Grad von Empfindlichkeit aus, dass schon durch einen schwachen Reiz heftige Erscheinungen hervorgerufen werden, wenn gleich keine oder nur sehr geringe Spuren von Entzündung vorhanden sind. Und diese Erregbarkeit des Gehirns ist bei den verschiedenen Species eine verschiedene. So ist sie am Geringsten beim Ochsen, gering, aber doch stärker, beim Pferde, sehr prononcirt beim Schafe und beim Hunde. Während sich ein Stubenhündchen stunden-, selbst tagelang in Convulsionen wälzen kann, und doch die andere Stunde oder den andern Tag sich leidlich wohl befindet, so sind derartige Zeichen beim Pferde und Rind in der Regel unmittelbare Vorläufer des Todes. Diese Reizbarkeit des Gehirns kommt beim Menschen dem Weibe in ungewöhnlich hohem Grade zu. Dasselbe kann stundenlang von epileptiformen Krämpfen heimgesucht werden, und doch ist es bisweilen denselben Tag noch fähig, eine Gesellschaft zu besuchen. Beim Mann haben solche anhaltende Convulsionen viel ernstere Ursachen, treten deshalb viel seltener hier auf, aber wenn sie beobachtet werden, sind sie von den schwersten anderweiten Zuständen begleitet, und gar nicht selten sind dieselben unmittelbare Vorläufer des Todes. Diese Reizempfänglichkeit des Gehirns wird die Ursache, dass ein Tuberkel, ein massiger Blutaustritt, ein beschränktes Hirnödem die heftigsten Convulsionen veranlassen kann. Reizung der Rindensubstanz, stärkere Congestionen, wie sie beim delirium tremens vorkommen, erzeugen Wuthanfälle, ein Blutverlust, wobei gewiss nicht von Entzündung und Congestion die Rede sein kann, ruft die heftigsten Krämpfe hervor ; im Typhus werden sogar durch Wochen die schwersten Hirnsymptome beobachtet, ohne dass diesem Zustande in der Leiche eine
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Constante Veränderung des Hirns und seiner Hüllen entspräche etc. Deshalb berechtigen heftige Gehirnerscheinungen noch durchaus nicht unter allen Umständen zur Annahme einer bedeutenden Entzündung des Gehirns und seiner Hüllen, obwohl wiederum nicht vergessen werden darf, dass die irritativen Vorgänge im Gehirn in gehöriger Ausdehnung und am gehörigen Orte alle Symptome der Gehirnpathologie zu voranlassen vermögen, und in der That auch hervorrufen.
Die Entzündung der dura mater.
Obwohl von Leu buscher behauptet wird, dass die acute Form ziemlich selten ist, so hat doch Schröder van der Kolk mehrere sehr lehrreiche Fälle von acuter Entzündung der harten Hirnhautverzeichnet. Die Entzündung der harlen Hirnhaut kann sich zu Sehädelverletzungen, zu Fracturen, Caries der Schädelknochen, des Felsenbeins, des Siebbeins gesellen. Bisweilen complicirt sie Entzündungen des äussern Feriosts, ohne dass sich das W i e der Fortpflanzung von dort auf die dura mater nachweisen liesse. Sie wird auch primär und spontan beobachtet, wie die Sehröder van der Kolk'sehen Fälle beweisen.
Die Pachymeningitis, welche sich zu Caries des Felsenbeins hinzugesellt, ist häufig mit Thrombenbildung und mit eitrigem oder jauchigem Zerfall der Thromben in den Sinus der harten Hirnhaut, namentlich im simis transversus, ferner in den Felsenbeinblutleitern, sowie mit Entzündung der Sinuswände verbunden. Von diesen Thromben aus können sich embolisehe Heerde entfernter Organe und pyämische Erscheinungen entwickeln.
Die anatomischeVeränderung beschränkt sieh bei den chronischen und leichteren Formen auf eine alltnälige Verdickung der harten Hirnhaut in Folge einer Bindegewebswucherung an ihrer äussern Fläche, wodurch die dura nutter sehr fest an das Schädeldach angeheftet wird. Später ossificirt zum Theil das neugebildete Bindegewebe. In acuten Fällen trifft man die dura mater an einer umschriebenen Stelle von Gefässinjectioneu undEcchymosen goröthot, verdickt und durchfeuchtet, später missfarbig, bei Eiterbildungen kommt es zur Ablösung der rfwa/wafer von den Schädelknochen. In letzterm Falle ist die fia in grosser Ausdehnung entzündet, die smus enthalten eitrige oder jauchig geschmolzene Thromben.
Die mit Verletzungen und Caries complicirton Formen bieten ein so mamiigfaehes Krankheitsbild dar, als Complicationen und deren Art verschieden sind. Chronische Pachydermiren werden wohl immer mit hartnäckigen Cephalalgieen verlaufen , und acute mit den Symptomen des Fiebers, mit Erbrechen, Ohrensausen, Schwindel,
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Die eitrig-fibrinöse Entzündung der pia mater.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 191
Zuckungen, Delirien, denen schliesslich Depressionserscheinungen folgen. Die von Schröder beschriebenen Fälle spontaner Pachydermitis boten dieZeichen local beschränkter,aber höchstheftiger Cephalalginen dar, die später unter Lähmungserscheinungen und den Symptomen des Comas und Stupors meist plötzlich und unerwartet tödteten.
Eine dieser Form der Pachydermitis entsprechende Krankheit ist bis jetzt bei Thieren nur nach äusseren Verletzungen beobachtet worden.
Die eitrig-fibrinöse Entzündung der pia mater.
Bei dieser Entzündung bildet sich unter der Spinnwebenhaut ein faserstoffhaltiges Exsudat, dem sich später Eiterkörperchen beimischen.
Beim Menschen gesellt sich diese reine Form der Meningitis, welche sich von der nachher zu besprechenden tuberkulösen Form sehr wohl unterscheidet, als secundäresüebel zu Schädelverletzungen, zur Entzündung der harten Hirnhaut, zu Erkrankungen des Gehirns selbst. Als ein selbstständiges Leiden ist sie in ihrer acuten Form beim Menschen eine grosse Seltenheit, ungleich häufiger ist hier die chronische Meningitis. Die acute Form trifft man bisweilen bei heruntergekommenen Individuen an, die anderweite seh were Störungen zu überstehen hatten, so nach Pnoumonieen und Pleuriten, nach fieborhaften Exanthemen, morbus Brightii. Da der Nachweis neuer Schädlichkeiten hier meist nicht gelingt, so ist sie als Metastase jener Krankheiten zu betrachten. Aber auch bei an allgemeiner Syphilis leidenden Personen ist die eitrige Meningitis von Griesinger, Nie-meyerundZiemsen unterVerhältnissen angetro ffen worden, die diese Autoritäten bestimmten, sie alsTheilerscheinungderconstitutionellen Syphilis, also als meningilis syphilitica aufzufassen. In Frankreich wurde wiederholt eine eitrig-fibrinöse Meningitis, die sich auch auf die Rückenmarkshäute erstreckt, in seuchenartiger Ausbreitung unter dem Militair, namentlich in Südfrankreich in überfüllten Casernen beobachtet. Diese Krankheit kam zwar hauptsächlich in Garnisonsorten vor, doch auch in Städten, wo kein Militair lag. Sie herrsehte wiederholt als sehr verbreitete Seuche, richtete grosse Verheerungen unter der Bevölkerung an. Ein Contagium als Verbreitungsursache war nicht nachzuweisen, auf jeden Fall entwickelte sie sich aber aus einer Infection des Blutes mit miasmatischen Stoffen.
Der anatomische Befund ist beim Menschen folgender: Sichtliche Injection der feinsten Gefässe der pia; in den subarachnoidealen Räumen namentlich zwischen den Gyri in den Sulcis und neben den grössern Gefässen trifft man ein Exsudat, welches meist fest ist, und aus Eiterkörperchen und Faserstoff besteht. Zuweilen
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findet sich auch auf der Arachnoidea ein eitriger Beschlag. Die Rinde ist entweder uormal, oder roth erweicht. Die Ventrikel werden hier in der Eegel leer angetroffen. Bei der chronischen Form der Meningitis findet man bald partielle, bald complete Verwachsungen der Arachnoidea mit der dura mater. Die pia ist verdickt, getrübt. Jene Räume, die dadurch entstehen, dass die Spinn-webenhaut sich brückenartig von Gyrus zu Gyrus herüber spannt, sind mit einem trüben Exsudat erfüllt, oder die ganze weiche Hirnhaut ist in eine derbe, schwielige Haut, verwandelt, welche sich nicht ohne Gewalt, und dann nur mit Zerreissung des Gehirns, abziehen Lässt.
Die Erkenntniss einer acuten Meningitis hat während des Lebensbegreiflicherweise bei der grossen Aehnlichkeit dieser Krankheit mit dem Typhus in den äussern Zeichen grosse Schwierigkeiten. Die Wahrscheinlichkeit wächst in hohem Grade, dass wir es nicht mit Typhus, sondern mit Meningitis zu thun haben, wenn die Krankheit mit einem Schüttelfroste begann, die Pulsfrequenz gleich von Haus aus eine enorme Höhe zeigte, welche sich durch einige Tage auf 120 — 140 Schlägen erhielt, und nun plötzlich auf 80, selbst bis 60 Schläge herabsinkt, wobei die Erscheinungen im Nervensystem noch stetig im Wachsen begriffen sind, also trotz des Sinkens der Pulszahl keinerlei Nachlass zeigen. Tritt hierzu noch Erbrechen und Pupillen Verengerung, so . steht die Diagnose fest.
Diese Erscheinungen kommen freilich auch bei Hirnhyperämie vor, und von dieser würde die Meningitis nur dann zu unterscheiden sein, wenn die Anwendung von Blutentziehungen, die Darreichung eines Laxans, die Application der Kälte auf den Kopf erfolglos blieben. Ein Anfall von Convulsionen leitet in der Regel das zweite Stadium der Meningitis ein, welches durch die höchsten Grade des Sopors, durch Lähmungserscheinungen am After, am Schliess-muskel der Blase, Pupillenerweiterung, Nackencontractur etc. ausgezeichnet ist.
Die Zeichen der chronischen Meningitis beim Menschen bestehen entweder nur in einer chronischen Cephalalgie, und dann befand sich das Exsudat zwischen jBza und aracÄwoirfea und zwischen dieser und der dura, oder der exsudative Vorgang erstreckte sich in die Hirnrinde und führte zu einer Degeneration derselben, und dann haben wir das Bild der progressiv-psychischen Verwirrung, das sich nicht über Monde, sondern über Jahre ausdehnt, und oft mit ziemlich reinen Intermissionen verläuft.
Auffällig ist bei diesem Zustande, dass, wie schon oben im Eingang erwähnt, über Kopfschmerz selten oder gar nicht geklagt wird. Auch dort wurde schon erörtert, dass die wüthendeu Cephalal-
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gieen, welche die Kranken bis zur Verzweiflung treiben, mitPachy-dermiten zusammenfallen, welche am Schlüsse des Processes zu completer Verwachsung aller drei Hirnhäute und zu localem Schwund tier Hirnrinde an der entsprechenden Stelle fuhren, aber nicht bei den irritativen Vorgängen in der Hirnrinde wahrgenommen werden.
Wenn bei der chronischen Meningitis das Exsudat sich zwischen pia und Rinde entwickelte, so müssen Reizungsvorgänge angetroffen werden, die diesen exsudativen Process einleiteten. Diesen ßeizungs-vorgängen entspricht kein festes Exsudat, sondern nur eine Blutfülle der via und Rinde, und so werden alle jene Erscheinungen, welche wir oben bei der Hirnhyperämie als Reizungs - und Depressionserscheinungen kennen lernten, in der verschiedensten Combination und Stärke hier beobachtet. Es kommt natürlich sehr viel auf Sitz, Ausdehnung und Intensität des Processes an. Wird der vordere und obere Theil der Hirnoberfläche befallen, so herrschen die Zeichen einer Seelenstörung vor, wir beobachten dann Schwermuth. Wahnsinn, Narrheit mit intercurrirenden tobsüchtigen Anfällen. Der jähe Wechsel dieser Erscheinungen bei der chronischen Meningitis, das oft gänzliche Verschwinden jener und die Rückkehr eines, wenn auch nur temporären, completen geistigen Wohlbefindens, schliessen in den früheren Stadien der chronischen Meningitis jede Annahme eines festeren Exsudates, einer Verbildung der Rinde und ihrer Hüllen aus. Diese letztere fehlt jedoch in den meisten Fällen chronischer Meningitis des Menschen in den späteren Zeiträumen dieser Krankheit nicht. Ihrem Eintritt entspricht am Kranken eine immer bestimmter hervortretende Abnahme seines G e dächtnisses mit der Eigenthümlichkeit, dass längst vergangene Dinge ihm zwar noch erinnerlich sind, während er das in jüngstvergangener Zeit Geschehene nicht mehr in seinem Geiste zu fixiren vermag. Bestanden Wahnvorstellungen bestimmten Inhalles, so entkleiden diese sich immer mehr und mehr ihres idealen Gewandes, sich immer trivialere Objecte suchend. Das Associationsvermögen der Seele, was sich beim irrsinnig Meningitischen in den früheren Stadien seiner Krankheit oft wohl erhalten, selbst, wie im ersten Stadium des Rausches, potenzirt zeigte, geht endlich hier ganz verloren, die Vorstellungen, wie sie in den Rindenzellen aufkommen, finden ohne allen logischen Zusammenhang unter sich eine sofortige Verwerthung in der Sprache, und so wird der Wahnsinn , den man mit Recht ein waches Träumen nannte, jetzt zur A 1b er n li e it. Je mehr nun durch fortgesetzten Druck von Seiten eines starren Exsudates Rindenzellen schwinden, um so ärmer wird die Seele an Vorstellungen. Der vordem schwatzhafte Alberne wird jetzt schweigsam und blödsinnig.
Befiel die chronische Meningitis die hinteren Lappen oder das Cerebellum, so treten Lähmungserscheinungen in den Vordergrund,
G1 e i 3 b e r g, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 13
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wurden vorherrschend die Meningen in der Scheitel- und Hinterhauptsgegend ergriffen, und blieb die vordere Partie der Hemisphäre unter dem Stirnbein frei, so fehlt in der Eegel die allgemeine Verstandesverwirrung. Der Kranke ist von einer dominirenden Idee erfasst, die ihn Alles schwarz sehen lässt und meist mitLebensüber-druss und Neigung zum Selbstmord verknüpft ist. Befiel dieselbe die Hirnbasis, so werden Störungen in den Sinnesorganen, Gesichtslähmung beobachtet. Den Schluss bildet hier eine allgemeine Paralyse, die mit Zittern der Lippen beginnt, später zu tremor der Hände und Füsse führt; der Gang wird schwankend, endlich tritt Quer- oder halbseitige Lähmung ein, und der Tod erfolgt durch Erschöpfung.
BeiThieren ist diese einf acheMeningitis, welche nicht wie die später zu besprechende tuberkulöse Hirnhautentzündung die Präexistenz von Tuberkeln voraussetzt, in der acuten wie chronischen Form sehr vielfach bei Pferden und Hunden beobachtet. Auch bei diesen lässt sich die Hirnhautentzündung wie beim Menschen nicht ganz getrennt von der Hirnentzündung besprechen, da auch hier in allen schwereren Formen nicht nur die Einde, sondern auch die Haut der Seitenventrikel, selbst das Marklager Theil an dem exsudativen Vorgang nehmen, während beim Menschen in dieser nichttuberkulösen Form der Meningitis die Hirnhöhlen fast immer frei von einer pathologischen Serumanhäufung angetroffen werden.
Bezüglich des anatomischen Befundes ist hervorzuheben, dass genau dasselbe hier angetroffen wird, wie beim Menschen. Die fia ist auch hier leichter zerreisslich und getrübt, der Blutreichthum der weichen Hirnhaut ist um so grosser, je kürzer die Krankheitsdauer war, und je weniger Exsudat vorhanden ist. Das Gehirn ist hyper-ämiseh. Die weiche Hirnhaut ist von einem Exsudat infiltrirt, was zäh, klebrig, eiweisshaltig ist, die Bindegewebselemente dieser Membran befinden sich im Zustande der Wucherung, daher die Tendenz zu bleibenden Trübungen und Verdickungen. Während sich im Zustande der Blutfülle die weiche Hirnhaut leiclit und intact abziehen liess, so wird dies im Stadium der Exsudation immer schwieriger, da das wuchernde Bindegewebe und das Exsudat in die ßindensub-stanz selbst eindringen. Bisweilen verwandelt sich das Exsudat in Eiter. Derselbe wird dann in ziemlicher Ausbreitung zwischen der weichen Hirnhaut und Spinnwebenhaut, besonders an der Oberfläche des grossen und an der untern, dem Schädelgrunde zugekehrten Fläche des kleinen Gehirns angetroffen. Die Seitenhöhlen des Gehirns sind in solchen Fällen gewöhnlich mit einem serösen Erguss gefüllt.
Mitunter ist die weiche Hirnhaut mit einem faserstoffigen Exsudat infiltrirt, und erhält dadurch ein derbes, speckiges Aeussere. Die Spinnwebenhaut ist bisweilen von einem gallertartigen, golb-
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lieh grauen Exsudate, besonders zwischen Sichelrand und Hemisphäre bedeckt.
Bei der chronischen Meningitis der Thiere werden exquisite Trübungen und Verdickungen derHirnhäute, Verwachsungen der Hirnhäute unter sich, besonders der Arachnoidea mit der dura, atrophische Zustände des Hirns und fast ausnahmslos hydrops ven-iriculorum angetroffen. Bisweilen sind gleichzeitig diffuse oder heerdweise Gehirnerweichung, Gehirnabscesse etc. vorhanden.
Die Erscheinungen sind bei der a c u t e n Form im Beginne die der Hirnreizung. Diese Reizungserscheinungen bestehen entweder fort, oder lassen nach, und reeidiviren. Sie zeichnen sich durch grosseUnruhe, Hauen, Schlagen, Steigen bei bedeuten der Pulsfrequenz und starker Röthung der sichtbaren Schleimhäute aus. Nachdem diese Erscheinungen einige Zeit angehalten haben, z. B. 12—48 Stunden, oder, wrenn auch in seltenen Fällen, ohne Vorausgehen dieser Reizungserscheinungen, stellt sieh ein Zustand von Stumpfsinn und Bewusstlosigkeit ein. Die Thiere stehen mit herabhängendem oder aufgestütztem Kopfe da, und zeigen eine ausserordentliehe Schwerbewegliehkeit, die sich dadurch kennzeichnet, dass es nur mit Mühe und Kraftanstrengung gelingt, dem Thiere eine andere Stellung zu geben. Die Thiere stehen wie angenagelt, oder sie liegen oder lehnen wohl gar betäubt und regungslos da. Durch Zuruf sind sie bisweilen kurze Zeit zur Besinnung zu bringen, verfallen jedoch bald wieder in ihren betäubten Zustand. Ist es möglieh, sie in Bewegung zu versetzen, so sehreiten sie mit schwerem, gesenktem Kopf taumelnd einher, und gehen wie blind auf jeden Widerstand los. Bisweilen (bei Complication mit rother Hirnerweichung in einem oder dem andern Hirnsehenkel) sind Drehbewegungen nach der einen oder nach der andern Seite vorhanden. Oder sie drängen nach der Seite, schwanken hin und her, und haben beständig die Neigung, eine bestimmte Bewegungsrichtung zu verfolgen. Wie manche Irre, die sieh ihrer Aufsicht entzogen, stundenweit gradaus, um jedes Terrainhinderniss unbekümmert fortlaufen, rennen auch sie geradeaus, und ändern auch dann ihre Bewegungsriehtung nicht, wenn sie mit dem Kopf an die M^uer rannten. Dort bleiben sie wie eingewurzelt stehen. Zuweilen laufen sie im Kreise herum, und wenn ihnen kein Hinderniss entgegensteht, oder gestellt wird, stundenlang, tagelang. Dabei finden wir die Pupille erweitert, die Pulsfrequenz bedeutend, selbst bis auf einige 30 Schläge herabgesetzt, die Empfindlichkeit der Haut auffällig vermindert. Die Futteraufnahme wird entweder versagt, oder sie geschieht unregel-mässig, absatzweise. Das Thier verglast sich beim Fressen, und hält oft lauschend, horchend, minutenlang das Maul in die Krippe ohne zu fressen, oder während des Fressens vergisst es das Kauen, und behält
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längere Zeit, ohne zu kauen, das Futter im Maule. In ähnlicher Weise gerirt sich das Thier beim Saufen. Das Athmen ist tief und langsam.—Während des Verlaufs stellen sich zu unbestimmten Zeiten tobsüchtige Symptome ein, nach deren Ablauf die Symptome des Stumpfsinns vorherrschen. Und so erfolgt in der Regel der Tod nach 3 — 8 Tagen, oder wir beobachten den Ueber-gang in Dummkoller, halbseitige Lähmung, Schwindel, die nach kürzerer oder längerer Zeit gleichfalls den Tod nach sich ziehen. Als eine eigenthümliche Nachkrankheit dieses Zustandes ist der graue Staar zu bezeichnen. Die nächste Ursache des Todes ist bald ein Hirnödem oder zahlreiche capilläre Apoplexieen des Marks und der Rinde, bald eine Complication mit ausgedehnter Hirnerweichung und Hirnabscess, bald eine gangränescirende Pneumonic.
Die chronische Hirnhaut entzün dung der Pfer de beginnt mit einer Hirnhautreizung niederen Grades, wobei unter gewöhnlichen Verhältnissen das Thier gar keine Krankheitserscheinungen zu erkennen giebt. Erst nach anhaltender Bewegung, nach einem forcirten Ritte, beim Aufstellen des Thieres in einem dunstigen Stall, also unter Verhältnissen, welche schon bei gesundem Zustande der Thiere eine gesteigerte Fluxion des Blutes zum Hirne erzeugen, treten hier Zeichen hervor, welche auf eine alterirte und geschwächte Hirnfunction schliessen lassen. Die Thiere drängen beim Reiten stärker in die Zügel, oder sind auf einmal nicht mehr zu erhalten, oder sie steigen, überschlagen sich mit dem Reiter, oder nach einer länger fortgesetzten Bewegung, die sie ganz munter antraten, stehen sie stumpfsinnig da, und sind kaum von der Stelle zu bewegen. Kommt ein solches Thier nach derartigen Vorfällen in eine zweckmässige ärztliche und diätetische Behandlung, wird das Thier kühl gestellt, werden die Heu- und Haferrationen durch Grünfutter ersetzt, oder kann es über Tag schattige Weiden besuchen, so verschwindet jede Spur der oben aufgezählten Symptome und ihrer Folgezustände. In der Regel geht nun das Thier an einen andern Besitzer über. Werden nun jenem von diesem die gewöhnlichen Dienstleistungen zugemuthet, wird von Neuem Hafer gefüttert und die träge Mistentleerung nicht beschleunigt, so wiederholen sich die oben geschilderten Vorfälle, die zwar gleichfalls vorübergehend sind, doch werden nun die Intermissionen unrein, und alle Erscheinungen des Dummkollers treten nach und nach ein, die das Thier innerhalb Monaten, selbst erst nach Jahren entwerthen. Diese Erscheinungen sind begreiflicherweise dieselben, wie sie oben bei der acuten Meningitis geschildert wurden, nur entwickeln sie sich ganz allmälig, denn jene Höhe der Erscheinungen, die dort in Tagen erreicht wurde, fordert hier ein, selbst mehrere Jahre, wobei die Remissionen oft ausserordentlich täuschend sind, und bisweilen das Bild voll-
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Die tuberkulöse Basilarmeningitis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 197
kommener Wiedergenesung vorspiegeln. Aber auch die anscheinend reinste Remission ist hier durch eine Characterverschlechterung charakterisirt. Das vordem beste, frömmste Thier 1st jetzt ein Schläger, Belsser geworden, das helmtückisch den Menschen wie ein Hund auflauert. Etwas ganz Aohnliches beobachten wir beim Mensehen. Der früher in gesunden Tagen beste und edelste Mensch verliert im Verlaufe der progressiven psychischen Verwirrung, die wir oben durch eine chronische Meningitis und deren Rückwirkungen auf die Ernährung der Hirnrinde bewirkt sahen, neben der Möglichkeit eines geregelten und vernünftigen geistigen Wirkens seinen sittlichen Werth. In demselben Maasse, als sein Denkvermögen abnimmt, wird er hinterlistig, boshaft, falsch, treulos.
Die tuberkulöse Basilarmeningitis.
Hierbei entwickeln sich gleichmässig in der welchen Hirnhaut discrete, hlrsekorngrosse Tuberkelgranulationen, die in ihrem Aeussern dem in Wasser aufgequollenen Gries ähnlich sind, neben einem srelatinösen, gerinnenden Exsudate in den subarachnoidealen Räumen au der Hirnbasis. Dieses Exsudat tritt vorzüglich in den Sylv'schen Gruben und in der Umgebung des chiasma ne.rvnrum opticorum auf. Die Seitenventrikel sind ziemlich stark erweitert, mit einer serösen, flockig getrübten Flüssigkeit gefüllt. Diese Form der Meningitis, scheint nur dem Menschen zuzukommen. Hier beobachten wir sie entweder im Verlaufe der acuten oder chronischen Miliartuberkulose, oder sie hat eine gewisse Selbstständigkeit, wie im Kindesalter, als sogenannter hitziger Wasserkopf.
Gesellt sich die tuberkulöse Basilarmeningitis zur chronischen Tuberkulose, so bietet die Diagnose dieses Zustandes kaum Schwierigkeiten dar, sobald Hirnerseheinungen dort eintreten, und eine bedenkliche Höhe erreichen. Werden aber ganz gesunde, jugendliche Personen von der acuten Miliartuberkulose befallen, so ist die Diagnose bisweilen ausserordentlich schwierig;. Die Krankheit wieder-holt hier ganz und gar das Bild eines Typhus. Anfanglich ist heftiges Fieber mit hohen Hauttemperaturen und hoher Fulsbeschleunigung vorhanden, wozu sieh grosse Aufregung und exquisite cephalische Erscheinungen gesellen; doch viel früher als beim Typhus lassen die Phänomene der Exaltation nach, tetanusartige Starrheit der Muskulatur, Muskelunruhe, Convulsionen, selbst epileptiforme Krämpfe treten auf, und leiten schon vor Ablauf der ersten Woche die höchsten Grade der Bewusstlosigkeit ein, denen der Kranke rasch unter vorschreitender Lähmung erliegt. Characteristisch sind unter den positiven Symptomen die, welche durch das Exsudat an der Himbasis hervorgerufen werden: der Strabismus, dasErbreehen
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und die (spätere) Pulsverlangsamung. Unter den negativen Erscheinungen sind der Mangel des dicroten Pulses, der Durchfälle (hier ist fast constant Verstopfung vorhanden), des Coecalgeräuscho?' und der Schmerzhaftigkeit des Unterleibes hervorzuheben.
Der hitzige Wasserkopf der Kinder, eine mitacutem Hydrocephalus complicirte Meningaltuberkulose der Kinderwelt, beginnt bisweilen mit Vorboten. Aber alle angegebenen Erscheinungen kündigen nicht mit Sicherheit den Eintritt des hydrocephalus acutusim, vielmehr fehlen dieselben oft genug gänzlich. In der Regel leitet sich der Zustand mit heftigem Erbrechen, Kopfschmerz und Stuhlverstopfung ein. Das Erbrechen tritt nicht nach Genus? von Speisen, sondern in sehr auffälliger Weise nach dem Aufrichten des Kindes im Bette ein. Der Schlaf der Kinder ist unruhig, sie schreien öfters auf, knirschen mit den Zähnen, Muskelzuckungen treten ein, und dann will man auch hier, wie bei der Basilarmenin-gitis der Erwachsenen, das unzählige Wiederholen ein und desselben Wortes oder Satzes theils im Delirium, theils auf Befragen im Zwiegespräch beobachtet haben. Die Pupillen sind dabei verengt, der Puls ist beschleunigt. In Folge von Nackencontractur bohrt das Kind unausgesetzt mit dem Hinterkopf ins Bntt. Dieser Zustand kann sich ein, zwei Tage ohne wesentliche Intensitätssteigerung hinhalten, er vermag aber auch ziemlich rasch in das letzte Stadium dieser Krankheit überzugehen. Hier hört das Erbrechen auf, die bestimmten Klagen schwinden und machen einem unausgesetzten Wimmern oder absatzweisen Schreien Platz. Das Kind fahrt mit den Händen nach dem Kopfe, die Empfindlichkeit gegen stärkere äussere Sinneseindrücke schwindet gänzlich: der Leib ist eingefallen, die Pupillen sind erweitert, der Willenseinfluss auf'die Mus-culatur ist ganz aufgehoben, sie werden nur zeitweilig von krampfhaften Bewegungen angesprochen. Strabismus, Pulsverlangsamung, oberflächliches, bisweilen wie in Vergessenheit gerathenes Athmen , dann wieder ein tiefer Athemzug, Coma, intercurrirende Anfälle von Convulsionen, tetanische Starrheit der Nacken- und Rückenmuskeln schliessen die Scene. — Der Verlauf der Krankheit kann sich auf 8—11 Tage erstrecken. Der Tod ist die Regel. Hauttemperatur und Puls nehmen hier kurz vor dem Tode sehr zu; erschöpfende Schweisse und unwillkürlicher Abgang von Urin gehen ihm voran.
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Vron der Gehirnentzündung.
Die Gehirnentzündung ist eine seltene Krankheit. Sie wird bald durch Traumen, bald durch Reizungen, die das Gehirn durch Neubildungen oder nekrosirende Heerde erfahrt, bald durch Krank-
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Von der Gehirnentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;199
heilen der Schädelknochen hervorgerufen, bisweilen vergesellschaftet sie sich mit acuten oder chronischen Infectionskrankheiten, wie mit der Pyämie, dem Rotz, der Syphilis; oder sie gesellt sich zu bereits bestehenden Hirnhautentzündungen chronischer und acuter Natur. Dies gilt namentlich von der Entzündung der Einde. Oder die Ursachen sind nicht zu eruiren. Die Gehirnentzündung tritt immer heerdweise auf. Meist ist nur ein Heerd vorhanden, seltner mehrere. Niemals wird das Gehirn in seiner Totalität befallen. Der Sitz ist bald im grossen, bald im kleinen Gehirn. Im Beginn der Krankheit findet man die Gehirnsubstanz erweicht, und durch kleine Extra-vasate rothfieckig punktirt. Dass auch ein gewisser Grad von Schwellung bestellt, scheint daraus hervorzugehen, dass die entsprechende Hemisphäre an ihrer Oberfläche eben und blutarm erscheint. Bei längerem Bestehen nimmt die Lockerung der Textur Überhand', es entsteht ein rother Brei, der allmälig durch Veränderung des Hämatins eine mehr rostbraune, später hefengelbe, und bei einer geringern Beimischung von Blutroth eine mehr graue Farbe annimmt. Dieser Brei, welcher schon durch einen schwachen quot;Wasserstrahl abgespült werden kann, besteht aus Trümmern der Nervenfasern, Blutzellen, Körnchenhaufen, Körnchenzellen, De-tritusmasse etc.
Bei der sogenannten r o t h e n Erweichung, die dem entzündlichen Vorgange in andern Organen hier im Gehirne entspricht, wird ein Exsudat gesetzt, welches complet frei von Faserstoff ist; es involvirt sich sehr bald zu einer fettigen, molekularen Masse, und führt eine Schmelzung des betreffenden Gehirnparenehyms herbei, wodurch es zur Zerstörung zahlreicher kleiner Gefasse kommt, und in Folge dessen zu einer grossen Zahl kleiner Blutungen, welche die röthliche Färbung des entzündlichen Heerdes bedingen. Bei der mikroskopischen Untersuchung nimmt man vorzüglich eine grosse Zahl kleiner Kügelchen wahr, die theils isolirt sind, theils zu Körnerhaufen vereinigt erscheinen. Diese Körnchen bestehen aus Fett, wie die Mikrolyse erweist. Ausserdera beobachtet man häufig Cholestearintafeln. Die ausgetretenen Blutkörperchen schrumpfen ein , lassen aber dabei ihren Blutfarbstoff nicht fahren , im Gegen-theil zeigen sie eine intensivere Färbung von Roth, als die frischen. Sie erscheinen in tief orangegelben oder rothbraunen Klümpchen, welche meist aus 8—10 verschmolzenen Körnern bestehen, und manchmal von einer Umhüllnngsmembran umschlossen sind. Aus dem in der exsudirten Flüssigkeit aufgelösten Hämatin präeipitirt sich das Pigment, welches theils frei, als tief orangegelbe, braunrothe, schwarzbraune Masse, theils in Gestalt von pigraentirten Molekülen, oder dunkeln , unförmigen Plättchen erscheint. Die Nervenröhren und Ganglienzellen gehen in dem Heerde ganz unter. Die Gefösse
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machen sich noch durch die sie bedeckende feinkörnige Masse kenntlich , auch fallen sie durch den Abgang von Aesten auf. Die zuweilen in den Heerd eingestreueten Bindegewebsbündel gehören der Zellgewebsschicht der kleineren Arterien und Venen an, oder gehen doch durch Wucherung präexistirender Elemente von denselben aus.
Verwandelt sich der entzündliche Heerd unter steter Wucherung in eine weisse, schwielige Narbe, so erweist sich bei der mikroskopischen Untersuchung, dass die zähe Consistenz von einem Fadengerüste abhängt, welches jedoch so zart und dicht ist, dass es erst in sehr dünnen Schichten zum Vorschein kommt. Die Binde-gewebsfalten verlaufen gestreckt, und durchkreuzen sich in den verschiedenen dichten Bindegewebslagen, unter den mannigfachsten Winkeln, sich in Zügen aneinander reihend. Die Feinheit der wellenförmigen Falten ist unmessbar. In diesen starkverdichteten Stellen sind die Nervenröhren ganz untergegangen, und es lässt sich bald gar kein Nervenfett in Form von jenen doppelt contourirten unregelraässigen Körpern, an jenem Durchschnitt auspressen. Die Gefässe sind rarificirt.
Zuweilen kommt es in der Umgebung des Entzündungsheerdes zu einer Neubildung von Bindegewebe, das in Form äusserst zarter Fibrillen den Heerd durchzieht, und so ein Maschenwerk darstellt, welches mit Serum oder mit einer kalkmilchähnlichen Flüssigkeit erfüllt ist. Dies ist die Durand-Fardel'sche Zelleuinfil-tration. Mitunter erfolgt hier in gleicherweise die Heilung, wie bei der apoplectischen Cyste und dem rothen Ervveichungsheerde. Die Wände rücken näher an einander, die festen Bestandtheile, welche die Maschenräume erfüllen, schmelzen, werden resorbirt, und so kann sich in gleicher Weise wie dort eine weisse, schwielige Bindegewebsnarbe entwickeln. — Oder der Ausgang war die Bildung eines Gehirnabscesses. Dieser ist unregelmässig geformt oder rund, und stellt einen Hohlraum dar, der mit einer gelben , oder graulichen, oder röthlichen, eiterähnlichen Flüssigkeit erfüllt ist. Die Wände der Lücke sind zottig und gleichfalïs eitrig infiltrirt. Ist der Abscess älter, so ist der Inhalt eine mehr feste, bröckliche, käsige Masse. Mitunter tritt hier durch Bindegewebsneubildung in der Umgebung der Lücke und Resorption des Abscessinhalts Narbenbildung auf, die aber immer noch im Innern eine käsig-bröckliche Masse birgt. Zuweilen vergrössert sich der Hirnabscess, bis er entweder eine Ventrikelwand durchbricht, oder die Hirnrinde erreicht. Er ruft hier meist eine eitrige, diffuse Meningitis hervor, und kann selbst nach Aussen oder nach einer der benachbarten Höhlen, z. B. nach dem cavum tympani, durchbrechen.
Diese Entzündungsheerde kommen beim Menschen, aber auch bei Pferden, Rindern, Hunden ^or. Die Entwickelung
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Von der Gehirnentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 201
ist in violen Fällen eine allmälige, und da, wie schon oben erörtert, das Gehirn eine ziemliche Toleranz bei dem Befailenwerden von derartigen Zuständen zeigt, so braucht man sich nicht zu wundern, dass man bisweilen in den Cadavern diese Veränderungen in ziemlicher Ausdehnung wahrnimmt, obwohl während des Lebens keine auffälligen Hirnerscheinungen bestanden. Es muss aber auch hieraus noch hervorgehen, dass plötzlich eintretende apoplectische Insulte, oder plötzlich sich entwickelnde und schnelltödtende Hirnödeme , und nicht minder gefahrliche diffuse, acute Meningiten durch die oben geschilderten entzündlichen Vorgänge des Gehirns inonate-, ja jahrelang vorbereitet sein können. In dieserraquo; Fällen trug der Kranke durch geraume Zeit ohne jedes bedeutende Symptom seinen Entzündungsheerd, bis durch Zerstörung eines Gefässes eine Hirnhärnorrhagie, oder durch lokal gestörte Circulation ein umschriebenes, oder durch Druck auf die Basalvenensinus ein allgemeines Hirnödem entstand, oder bis durch Uebergreifen des Processes auf' Rinde und Meningen reactive Erscheinungen hervorgerufen wurden.
Es wird begreiflicherweise von der Grosse und vom Sitze des Entzündungs- und Eiterungsheerdes abhängen, ob und was er für Erscheinungen hervorruft. Fehlen die Complicationen mit Meningitis, so mangeln meist die Seelenstörungen. Aber niemals werden bei einiger Ausdehnung eines solchen Entzündungsheerdes motorische und sensible Lähmungen vermisst. Das quot;Wechselnde in den Lähmungserscheinungen an den motorischen und sensitiven Nerven, was ganz besonders hier beobachtet wird, spricht wieder dafür, dass dieselben nur theilweise von der Faser- und Ganglienzellenzerstörung innerhalb der Entziindungsheerde abhängen, zum grossen Theil aber von dem Oedem und der Blutfülle in der Umgebung des Entzündungsheerdes bedingt werden. Bei Zerstörung des Thalamus der einen oder andern Seite oder der corpora quadrigemina haben wir ein- oder — im letzteren Falle — beiderseitige Blindheit; bei Zerstörung von Oculomotorius- und Abducensfasern einseitige Pupillenerweiterung und einseitiges Schielen; bei Zerstörung der Acusticusfasern Taubheit etc. Wird der Raum in Folge von Schwellungen der betreffenden Hemisphären beengt, so treten Pulsver-langsamung, Schwindel, Anfalle von Bewusstlosigkeit ein, oder es kommt zu epileptiformen Krämpfen.
Begreiflicherweise sind die klinischen Beobachtungen über Gehirnentzündungen und Gehirnabscesse der Thiere bei den abgehenden subjectiven Symptomen ziemlich beschränkt. Pferde, bei denen man derartige Entzündungsheerde im Cadaver antraf, waren während des Lebens dummkollerig, Hunde, die an diesen Zuständen litten, waren fallsüchtig, Rinder litten an Schwindel und
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Dummheit. Lähnmngserscheinungen wurden bei allen mehr oder weniger angetroffen.
Der Tod erfolgt bei Menschen und Thieren entweder in Folge von übermässiger anatomischer Ausbreitung der Störungen, oder durch secundäres Oedem , oder durch grössere oder kleinere Hirn-hämorrhagieen, oder durch Meningitis.
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Die anämische Nekrose, die gelbe Erweichung ctas Gehirns.
Nach längerem Bestehen der rothen Erweichung verwandelt sich der Heerd sehr oft in eine gelbliche, selbst strohgelbe Masse, was man längst als sogenannte gelbe Hirnerweichung kennt. Doch tritt auch dieser Zustand unabhängig von Entzündung auf. Dann wird er durch partielle Anämie der Gehirnsubstanz hervorgerufen, die wieder in den meisten Fällen durch Verstopfung der Gehirnarterien erzeugt wird. Diese partielle Anämie entsteht vor Allem durch Unterbindung der Carotis, falls sich nicht hier (in der arteria vertebratis und basüaris) ein Collateralkreislauf einleitete. Viel häufiger als aus dem Verschluss der Carotis entwickelt sich dieser anämische Zustand aus der Verstopfung kleiner Gehirnarterien, durch wandernde Blutpfröpfe, oder aus einer Entzündung der Arterienwände (urteriitis dif/onnans), welche zu Rauhigkeiten, Unebenheiten der Gefasswandungen, zu Niederschlägen aus dem circu-lirenden Blute, und so zu Verengerungen und zum Verschluss der Arterien Veranlassung gab. Der Ausgang der arlei'iitis difformans in Verknöcherung der Arterien wan düngen führt fast regelmässig zur Thrombenbildung im Arterienrohre und in den Haargefässen. Die wandernden Thromben, welche Gehirngefässe verschliessen, stammen in vielen Fällen von erkrankten Herzklappen, oder sind wohl garTheile der erkrankten Herzklappen selbst. Die Nekrose erfolgt hier in der Weise, dass den Theilen alles Ernährungsmaterial wnd aller Stoffwechsel entzogen ist. Die aufgehobene Ernährung hat eine Lockerung und Erweichung der Gehirnsubstanz zur Folge. Die erweichten Heerde haben ihren Sitz vorzüglich in den grossen Hemisphären, und zwar besonders im Marklager. Ihre Grosse variirt von der einer Bohne bis zu der eines Hühnereies. Der Grad der Erweichung ist verschieden. Bei den höchsten Graden ist die Gehirnsubstanz in eine zitternde Gallerte verwandelt, die bald #9632;weiss, grauweiss , bei längerem Bestehen gelb ist. In grosser Anzahl trifft man hier die von Ginge unter dem Namen Entzündungskugeln aufgeführten Körper. Es sind theils runde, ovale, theils etwas in die Länge gezogene Körper, wobei der längste Durchmesser
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Das Oedem der Gehirnsubstanz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 203
den queren etwa um die Hälfte übertrifft. Sie sind aus Körnchen zusammengesetzt, die dunkel contourirteKügelchen mit einem hellem Centrum darstellen. Die Körper haben eine dunkle, braungelbe Farbe, in mehreren gewahrt man eine runde, lichtere Stelle, welche einem blusigen Kern entspricht. -— Ausserdem begegnet man in diesen Heerden Trümmern von Nervenfasern, Pigmentkörnern , auch bisweilen Hämatoidinkrystallen. Löst sich der ganze Heerd in eine kalkmilchähnliche Flüssigkeit auf, und bewahren die Haargefässe und das sie begleitende Bindegewebe ihren Zusammenhang, so entsteht auch hier ein Masehenwerk, was jene Flüssigkeit erfüllt, — die bereits genannte Durand-Fardel'sche Zelleninfiltration.
Mit Ausschluss der Herzkranken beobachten wir diese Hirnerweichung am Häufigsten im höhern Alter. Symptomenlos kann der Zustand nur am Individuum vorübergehen, wenn sich ein Collateralkreislauf herstellte. Geschieht dies nicht, so erfahren die Nachbartheile oft eine nicht unbedeutende collaterale Fluxion, dis, wenn sie sich auf die Rinde erstreckt, zu Seelenstörungen, Abnahme des Gedächtnisses, des Denkvermögens führt. Auffällig ist hierbei , dass bestimmte Namen und Zahlen gänzlich aus der Seele des Leidenden geschwunden sind. Diese Zustände treten oft ganz plötzlich ein, und bessern sich auch sehr schnell wieder. Es seheint damit zusammen zu hängen, dass durch collaterale Ströme die partielle Anämie beseitigt wurde. Motorische und sensitive Lähmungen einzelner Glieder sind gleichfalls vorhanden, doch ist keine der vorhandenen Krankheitserscheinungen constant. Der Verlauf ist verschieden. Oft nimmt die Lähmung der geistigen Functionen überhand. Die Kranken werden apathisch, blödsinnig, und gehen marastisch zu Grunde. Oder der Verlauf war der einer entstellenden Gehirnapoplexie. Die Kranken verlieren plötzlich die Besinnung, stürzen zusammen, und sind, wenn sie wieder zur Besinnung kommen, halbseitig gelähmt. Nimmt die Krankheit diesen Verlauf, so unterscheidet sie sich durch nichts von der Hirn-hämorrhagie, und nur die Section kann über die Natur des Vorgangs entscheiden. Bei der durch Embolie der claquo;/quot;OftWwfe/'raa entstehenden partiellen Anämie undNekrose des Gehirns tritt der bedeutenden Ausbreitung der Störung halber halbseitige Lähmung mit Bewusst-losigkeit auf. quot;Wegen der Natur der Ursache geschieht dies plötzlich.
Das Oedem der Gehirnsubstanz
ist eine der häufigsten Todesursachen, besteht in einer serösen Durchtränkung der Hirnfasem, und wird bei dem verschiedensten anderweiten Befunde sehr oft in den Leichen der Menschen und Thiere angetroffen. Bei dem geringsten Grade giebt sich das Hirn-
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ödem durch ein ungewöhnliches Feuchtsein der Durchschnittsfläche des Gehirnmarks und einen ungewöhnlichen serösen Glanz derselben kund, wobei die Consistenz des Gehirns vollkommen normal sein kann. Im höhern Grade ist die Hirnsubstanz mit einer grössern Menge Serums durchdrungen, dabei weicher, teigig, selbst zer-Hiessend weich. Die Farbe dieses Himmarks ist mattweiss, im atrophischen Greisengehirn grauweiss. Die höchsten Grade de.laquo; Hirnödems werden als weisse Erweichung bezeichnet. Das Oedem entwickelt sich entweder rasch und führt dann, zumeist im Verlauf fieberhafter Krankheiten, zu schweren Gehirnerscheinungen: Betäubung, Schlafsucht, Coma, Paralyse, und unter diesen Zeichen zum Tode, oder es entwickelt sich langsam, dann haben wir beim Mensehen die Zeichen des paralytischen Blödsinns , bei Pferden die höchsten Grade des Dummkollers gleichzeitig mit Lähmungserscheinungen. Nicht selten vergesellschaftet sich mit dem Hirn-ridem ein
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Oedem der Arachnoidea.
Zwischen Arachnoidea und Pia ist hier eine wasserklare Flüssigkeit ergossen. Bisweilen ist das Hirn atrophisch fest, mitunter aber treffen wir es im Zustande der weissen Erweichung. Für sieh bestehend wird es mitunter bei hochgradiger venöser Stase angetroffen , oder es ist eine Theilerscheinung der allgemeinen Wassersucht , welche hochgradige Hydrämieen mit oder ohne morbus B/igktü hegleitet.—-Die Symptome des Hirnhautödems sind die des Hirndrucks: Schlummersucht, Bewusstlosigkeit, Lethargie, allgemeine Paralyse und Tod.
Der Hydrocephalus
ist eine Complication der Wassersucht des Arachnoidealsacks mit der der Hirnventrikel. Dieser Zustand ist entweder angeboren, oder acquirirt.
Der angeborne Wasserkopf kommt bei Menschen und Thieren vor. Begreiflicherweise bietet er bei Thieren ein untergeordneteres Interesse dar, da dieselben in der Regel sofort getödtet werden, sobald der Wasserkopf erkannt ist. Beim Menschen tritt der angeborne Hydrocephalus entweder unmittelbar nach der Geburt auf, oder bald nach derselben macht er sich durch Grosse und Missgestaltung des Kopfes bemerkbar. Die Quantität von Wasser, welche hier zwischen den Blättern der Spinnwebenhaut und in die Himhöhlen ergossen ist, kann 6—10 Pfund betragen. Durch diese Wasseranhäufungen sind die Schädelknochen weit auseinander
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Der angeborene Hydrocephaluä.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 205
getrieben , und statt der Fontanelle haben wir einen häutigen Sack vor uns, welcher von der äussern behaarten Kopfhaut, von der Spinnwebenhaut, oder von der dura viater und der Arachnoidea gebildet ist. Dieser Sack tritt durch eine Lücke zwischen den Schädelknochen hervor, und sein Cavuni communicirt mit der Höhle der Arachnoidea. Oder wir beobachten eine gleichförmige Anhäufung von Wasser im Arachnoidealsacke mit Verdrängtsein des Gehirns nach der Schädelbasis, bisweilen mit Ortenstehen der Seitenventrikel nach oben. Dieser Hydrocephalus kann den höchsten Grad von Erweiterung des Schädels erzeugen, ist aber seiter.. Oder endlich die Wasseransammlung erreicht innerhalb der Ventrikel einen eminenten Grad, wobei die Gehirnmasse rings um die Höhlen, zumal nach dem Scheitel hin, verdünnt ist, bisweilen so, dass sie kaum noch eine eine Linie dicke Schicht bildet, an welcher die Windungen nur angedeutet und abgeflacht, die sämmtlichen Hirnhäute ungewöhnlich zart und dünn sind. Nach innen und abwärts sind die Hirntheile mehr oder weniger comprimirt und aus einander gedrängt, die Streifen und Sehhügel abgeflacht und die beiden Seiten weiter von einander entfernt, die Vierhügel abgeplattet, die Cotnmissuren gezerrt und verdünnt, der Fornix und Balken in die Höhe gedrängt, das Septum vergrössert, sehr verdünnt oder auch durchbrochen, der Boden des dritten Ventrikels verdünnt, das kleine Gehirn und die Brücke abgeplattet, die Hirnschenkel auseinander gewichen. Zu dem Volumen des grossen Gehirns stehen das kleine Gehirn und die sämmtlichen Markgebilde sammt den Nerven in Miss-verhältniss.
Der angeborne Hydrocephalus kann selbst im höhern Grade bis in das Knaben- und Jünglings-, ja selbst bis in das reifere Mannesalter fortbestehen. Dabei vermehrt sieh die Masse des Gehirns bis zur annähernd normalen Menge unter steter Erweiterung des Schädels. Der Schädel verknöchert spät, sehr spät, aber doch, ja, in sehr seltenen Fällen hat man sogar eine Vermehrung der Hirnmasse über das Normalmaass bei diesen Wasserköpfen beobachtet.
Die äussern Zeichen hängen natürlich sehr von dem Grade des Hydrocephalus ab.
Fehlt die Vergrösserung des Kopfes, oder ist sie nur unbedeutend , so bleibt der Zustand gar nicht selten im ersten Lebensjahre unerkannt, und erst im vorschreitenden Alter tritt ein fratzenhaftes Gebahren bei Ausbrüchen von Freude und Furcht deutlicher hervor, was Mutter und Arzt auf den Verdacht hinlenkt, es könne Wasserkopf bestehen. Bei vorschreitendem Alter tritt Albernheit und Blödsinn immer deutlicher hervor. Viele solche Kinder lernen gar nicht laufen. Diejenigen, die laufen lernen, behalten einen unbeholfenen Gang, stürzen über jedes Hindemiss. Gewöhnlich
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ist dabei Strabismus und Pupillenerweiterung vorhanden. Die höhern Grade des angebornen Wasserkopfs, welche mit enormer Schädelvergrösserung einhergehen, können begreiflicherweise nicht unerkannt bleiben. Hier tritt namentlich das Missverhältniss der .Schädeldimensionen zu dem kleinen, alten Gesicht hervor. Der Umfang des Schädels nimmt noch bei längerem Bestehen zu, und vermehrt nur den abscheulichen Eindruck, welchen der Anbück eines Wasserköpfigen erzeugt. Die Kopfhaut ist meist dünn behaart, die Venen an der colossalen, über die Augen sich her-vorwülbenden Stirn sind ausgedehnt, der Wuchs des übrigen Körpers ist zwerghaf't, die Beine sind rhachitisch verkrümmt, die Muskulatur ist massig entwickelt und vermag den schweren Kopf nicht aufrecht zu erhalten, der, der Schwere folgend, nach jeder Richtung herabsinkt. Der gewöhnliche Ausgang ist der Tod; oft bleibt der Zustand lange auf einem Grade stehen, und in einigen Fällen hat mau sogar eine Ausgleichung der vorhandenen Störungen beobachtet, doch ohne vollkommene Rückkehr zur Norm. Immer bleiben derartige Individuen imbecill und schwachsinnig.
Das endemische Vorkommen des Wasserkopfs beim Menschen wird als
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Cretmismus
bezeichnet. Nach den berühmten Untersuchungen V i r c h o w s lassen sich die Ursachen desselben auf fötale Hyperämieen und Entzündungen des Hirns und seiner Hüllen zurückführen. Während der nicht endemische Wasserkopf ursprünglich nur auf einer Hemmungsbildung zu beruhen scheint, indem dort nur eine theilweise Umwandlung der Hirnblase in Gehirnsubstanz stattfindet, wozu sich erst später pathologische Transsudationen in den Hirnhöhlen und dem Araehnoidealsack gesellen, beruht der Cretinismus von Hause aus in vielen Fällen auf irritativen Vorgängen in den Nahtknorpeln, die erst secundär zu einer Schädelverkrüppelung und gehemmten Hirnentwickelung führen. Hierbei mangeln nur selten die pathologischen Transsudationen in den Gehirnhöhlen und im Araehnoidealsack, oder halten sich, wenn sie vorhanden sind, meist auf einer massigen Höhe. Die Nahtsubstanz ist die eigentliche Matrix des wachsenden SchädelknochensJ wie die Untersuchungen von Gibson und Sommering ergeben haben. Ein frühzeitiges Verstreichen einzelner Nähte ist deshalb für die Form des Schädels von höchster Bedeutung. Der Nahtknorpel verwandelt sich durch Einlagerung von Kalksalzen in seine Substanz in Knochen, der peripherisch den betreffenden Schädelknochen vergrössert. Daraus wird ersichtlich, dass sich ein Schädelknochen nur dann gleichmässig nach allen
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Der erworbene H^drocephalus acutus und chronicus.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;207
Richtungen vergrössern kann, wenn ihm auf allen Seiten ossifi-cationsfähige Nathmasse anliegt. Verschmelzen frühzeitig benachbarte Schädelknochen durch totale Ossification der zwischengelagerten Naht durch Synostose, so ist damit ihrem weiteren Wachsthum an dieser Stelle eine unübersteigliche Grenze gesetzt. Geschieht dies an vielen Nähten zu gleicher Zeit, so entsteht ein mikrocephaler Schädel. Geschieht es aber nur an einem Theile einer Naht, so wird der Schädel difform, indem ein Theil desselben in seiner Entwickelung zurückbleibt, während die andern sich vergrössern : partielle Mikrocephalie, Craniostenose. Allein es kann auch sein, dass das Wachsthum der übrigei; Theile die Mangelhaftigkeit des einen ausgleicht, und der Schädel gewisse compensatorische Erweiterungen erfährt, so dass die Difformität ohne Eaumverminderung der Schädelhöhle stattfindet. Doch trotzdem leidet hier an beschränkten Stellen die Hirnrinde, wie überhaupt dieser Hirntheil vor Allen bei den cretinen Schädeklifibrrai-täten atrophisch angetroffen wird. Aussei- diesem Eindenschwund beobachten wir fast constant eine Asymmetrie beider Hirnhälften. Der hydrops ventriculorum wird hier in allen Graden angetroffen, nur in 'wenig Fällen mangelt er. Bei den höchsten Graden desselben besteht Makrocephalie. Der Rindenschwund beim Cretinen-gehirn wird nicht nur durch den synostotischen Zustand des Schädels , sondern häufig auch durch chronische Entzündung der Meningen, welche auf die Hirnrinde übergriff, veranlasst.
Die äussern Zeichen des Cretinismus sind in seelischer Beziehung die der höchsten menschlichen Verthiertheit, und körperlieh die der abscheulichsten Verkrüppelung. Die höchsten Grade des Blödsinns persistiren neben unersättlicher Ess- und Geschlechtsbegierde. Kropfbildung ist häufig, doch nicht constant.
Der erworbene Hydrocephalus acutus und chronicus.
Die acute Form kommt im Verlaufe fieberhafter Krankheiten nicht so selten beim Mensehen vor, sie ist besonders als sogenannte Metastase gefürchtet im Verlauf fieberhafter Exantheme: der Masern, des Scharlachs. Am Häufigsten begegnen wir ihr bei meningitis basilaris. Das ergossene Serum kann bald klar, bald getrübt sein, und aus der An- oder Abwesenheit fester Beimengung kann deshalb niemals mit Bestimmtheit auf die Natur des Vorgangs — ob acut oder chronisch, ob entzündlich oder nicht entzündUch — geschlossen werden. Lehrt doch schon die Analogie z. B. an der Haut, dass die unzweifelhaftesten entzündlichen Vorgänge rein seröse Pro-ducte liefern können, wie bei Application von Vesicatorien auf die Haut. Lässt man hier das Blascnpfiaster nicht zu lange einwirken,
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so ist die Epidermis von einer ganz wasserklaren Flüssigkeit emporgehoben , in der nur spärlich epidermoidale Zellen aus dem rete angetroffen werden.
Die chronische Form vergesellschaftet allgemeine Wassersuchten , jedoch erreicht dieselbe dabei nie einen hohen G-rad. Beim selbstständigen chronischen Hydrocephalus begegnen wir dagegen bisweilen 10—12 5 eines klaren Serums in den Ventrikeln. Hierbei ist das Ependyma der Gehirnhöhlen verdichtet, und mit feinkörnigen Granulationen besetzt. Die Gehirnsubstanz ist meist dichter, fester, die GehirnoberHäche blutarm, die Gehirnwindungen abgeplattet. Ueberhaupt ist das Gehirn sehr anämisch.
Tritt der Hydrocephalus acut auf, so haben wir die Symptome des apoplectischen Insultes, die nicht nur durch die pathologische Ansammlung von Serum in den Hirnventrikeln hervorgerufen werden , sondern vorzüglich durch die weisse Erweichung in der Umgebung der Hirnhöhlen. Ueberhaupt lässt sich niemals mit Bestimmtheit bei den Zeichen des apoplectischen Insultes feststellen, ob man in der Leiche einen Blut- oder einen serösen Erguss im Gehirn antreffen wird. Bei Kindern ist der acute seröse Ergl,ss in die Hirnventrikel eine eben so häufige als mit Recht gefurchtete Complication der Hirnhyperämieen, welche mit wenig Ausnahmen unter Convulsionen und Bewusstlosigkeit tödtet.
Der chronische Hydrocephalus entwickelt sich entweder aus dem acuten, indem die Symptome plötzlich aufgetretener Lähmungen , Convulsionen und anderweite cephalische Erscheinungen theils verschwinden, theils nachlassen, und in paralytischen Blödsinn übergehen, oder der Zustand entwickelt sich ganz allmälig unter den Zeichen von Kopfschmerz, Schwindel, momentanem Vergehen der Sinne, hin und wieder Auftreten von epileptiformen Krämpfen, wozu sich ein paretischer Zustand gesellt. Taumelnder Gang, Zittern der Glieder stellt sich ein. Die Intelligenz nimmt allmälig ab, das Gedächtniss schwindet, oft nur für einzelne, ganz bestimmte Gedankenkreise , so besonders für Zahlen, Personen, Namen. Die Convulsionen wiederholen sich, es stellt sich Erbrechen ein, der Puls wird langsam, die Hauttemperatur kühl, der Appetit ist immer gut, die Stuhlentleerung meist verzögert. Der Blödsinn nimmt Überhand, und unter vorschreitender Lähmung tritt nach ein- bis zweijähriger Dauer des Leidens der Tod ein.
Die acuten Ergüsse in die Seitenventrikel sind bei Pferden gewöhnliche Begleiter der Meningitis, sie führen zur Erweichung der Umgebung der Hirnhöhlen. Hierbei ist die Wasseransammlung meist trübe, indem ihr Faserstoffflocken beigemengt sind, in seltenen Fällen ist das Transsudat hell, rein serös und demnach frei von festen Beimengungen. Die Adergeflechte sind bisweilen mit Faser-
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Uer erworbene Hydrocephalus acutus und ohronicus.
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stoff'gerinnseln bedeckt, die halbdurchsichtige Scheidewand, der Fornix, Theile des Balkens sind mitunter erweicht, und deren Trümmer dem flüssigen Exsudate beigemischt. Das Gehirn ist bald hyperämisch, bald anämisch, letzteres besonders bei reichlichem Erguss in die Hirnhöhlen. Dabei können nun Trübungen in der Arachnoidea , Verwachsungen der harten Hirnhaut mit dem Schädeldache, Cholesteatome der Adergeflechte, Exsudationen an der Hirnbasis und am verlaiijrerten Mark vorkommen. Die Lunten werden häufig ödematös, entzündet, selbst brandig angetroiTen.
Diesem acuten entzündliehen Erguss in die Hirnhöhlen entspricht das Bild des rasenden Kollers, der entweder unter den Erscheinungen der Tobsucht und Easerei, unter Lähmungserscheinungen im Bereiche der motorischen wie sensitiven Nerven durch Gel.irnlähmung zum Tode führt, oder die Erscheinungen lassen an Intensität nach, und es entwickelt sich dann aus ihnen der chronische Dummkoller.
Bei Thieren kommt auch, besonders bei Pferden, der acquirirte hydrocephalus chroniciis ausserordentlich häufig vor, zeigt genau den schleichenden Verlauf, wie oben beim Menschen geschildert, und bietet nach Aussen das Bild des Dummkollers dar. Hierbei findet man in den Hirnhöhlen eine schwaehgolbliche, wasserklare Flüssigkeit ergossen , das Ependyma gleichzeitig verdickt, die Umgebung der Ventrikel atrophisch verdichtet oder erweicht. Entwickelt sich dieser Zustand allmälig, so entstehen nach und nach paretische Erscheinungen, die Bewegungen der Thiere worden plump und unbeholfen, das Bowusstsein wird getrübt. Die Thiere scheinen das Erkenntnissvermögen für die alltäglichsten Gegenstände zu verlieren, sie rennen mit dem Kopfe gegen die Wand, bleiben oft wie angenagelt stehen, beissen gedankenlos in den Barren, kurz, es entwickeln sich hier allmälig alle Erscheinungen des höchsten Grades von Hirndruck, die ganz vorzüglich durch eine exquisite Verlangsamung des Pulses bis auf 27 Schläge und durch Pupillen-erweiternng characterisirt sind. Sowie im Verlaufe dieses Symptomenbildes die Zeichen der Gehirnreizung auftreten, so ist entweder auf die Anwesenheit einer Meningal- und Rindenhyperämie, oder wohl selbst auf exsudative Vorgänge in den Meningen und in der Hirnrinde zu schliessen. —
Die trophischen Veränderungen der Gehirnsubstanz bestehen in hypertrophischen, a t r o p h i s c h e n Zuständen und in dem Auftreten von Neubildungen in der Gehirnsubstanz und auf den Gehirnhäuten.
Die Existenz einer
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;14
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Hypertrophie des Gehirns
ist vielfach angezwoifslt worden, und in der That haben die neueren Untersuchungen auch ergeben, dass die Massenzunahme des Gehirns nicht auf einer gleichmiissigen Vermehrung der normalen Gewebs-elemente des Gehirns beruhe, sondern es findet hier eine Wucherung der zarten Zwischensubstanz statt, welche die Nervenelemente verbindet. Es scheint, als ob oft wiederkehrende Hyperämieen des Gehirns diesen Zustand verursachten. Auf jeden Fall ist er vorzüglich dem frühesten Lebensalter eigen, mit zunehmendem Alter wird er immer seltner, bisweilen vergesellschaftet er sich mit Zwergwuchs. Hierbei ist das grosse Gehirn schwerer und grosser, als normal. Ist das Schädeldach abgehoben, so quellen die Hemisphären förmlich hervor, und es ist nicht möglich, das Schädeldach dem Sägeschnitt wieder genau anzupassen. In den Arachnoidealräumen fehlt jede Flüssigkeit, die Windungen sind abgeplattet, die Sulci kaum wahrnehmbar, das centrum semiorale ist auffällig gross, die Ventrikel sind beengt, Gehirnhäute und Gehirnsnbstanz sind blutleer und trocken.
Eine Erkenntniss dieses Zustandes während des Lebens ist sehr schwierig, und kann nur auf Wahrscheinllchkeitsächlüssen beruhen. Die Symptome der Hirnhypertrophie können nur die des Hirndrucks sein, und werden sich deshalb kaum von den Zeichen des Hydro-cephalus unterscheiden. Jedoch will man im Beginne dieser Krankheit eine Steigerung der geistigen Fähigkeiten beobachtet haben. Als ein characteristisches Phänomen werden noch epileptiforme Krämpfe angegeben, die durch arterielle Anämie bedingt zu sein scheinen. War die Fontanelle noch nicht geschlossen, so wird der Schädel in gleicher Weise wie beim Hydro cephalus auseinander getrieben. Tritt die Hirnhypertrophie bei Erwachsenen auf, wie bei übermässiger geistiger Anstrengung, Alkoholmissbrauch, so kann begreiflicherweise von einer pathologischen Schädelvergrösser-ung keine Rede sein. Hat die Hypertrophie einen gewissen Grad irreicht, werden die Nervenelemente und besonders die der Rinde gedrückt, so werden Schlummersucht, Stumpfsinn, Lichtscheu, Schwindel, Erbrechen, allgemeine Muskelschwäche nicht ausbleiben.
Die Atrophie des Gehirns
ist entweder eine locale, halbseitige, oder eine allgemeine. Die heerdweise Beschränkung der Atrophie haben wir bereits bei den Hirnblutungen, Entzündungen, und Hirnwassersuchten kennen ge-
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Die Atrophie des Gehirns.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 211
lernt. Die halbseitige Atrophie des Gehirns sahen wir als Folgezustand der Craniostenose auftreten, und besonders durch eine Asymmetrie der Gehirntheile ausgesprochen. Als primäre allgemeine Atrophie ist der Gehirnschwund eine Theilerscheinuug des marasmus senilis, welcher jedoch nicht immer in geradem Verhält-niss zu den anderweiten Altersveränderungen der Greise steht, und nicht so selten bei anderen, in den Jahren weit weniger vorgeschrittenen Individuen sich viel mehr als im hohen Alter entwickelt zeigt. Bisweilen beobachten wir die allgemeine Hirnatrophie im Verlaufe erschöpfender Krankheiten, und die bewunderungswürdige Resignation, die manche hoffnungslos Dahinsiechende gegenüber dem unverkennbaren Eintritt des Todes an den Tag legen, scheint weniger auf einem sittlichen Heroismus, als auf einer an Stumpf-ähm grenzenden Gleichgültigkeit, durch jene allgemeine Atrophie hervorgerufen, zu beruhen. Etabliren sich im Gehirn apoplectische Heerde, Alterbildungen, so kommt es meistentheils nicht nur in der nächsten Umgebung dieser Krankheitsheerde zum Schwund der Gehirnelemente, sondern die Ernährung des Gehirns leidet in toio, und es entwickelt sich allgemeine Atrophie des Gehirns. Eine der gewöhnlichsten Ursachen des Hirnschwundes ist der Druck von Seiten subarachnoidealer oder Kammerergüsse, ferner von Enostosen der Schädeldecke, durch Afterbildungen der dura mater, der fleams chorioideales etc. Die halbseitige Agenesie des Gehirns ist bisweilen so bedeutend, dass die entsprechende Hemisphäre, meist die linke, nur eine wenige Linien dicke Schicht darstellt. Bei den primären oder secundären allgemeinen Atrophieen findet man constant eine bedeutende Anhäufung von klarem Serum in den Subarachnoidealräumen und in den Hirnventrikeln (hydrops ex vacuo}. Die Hirnsubstanz ist meist resistenter, blutarm und von grauweisser Farbe.
Die Erscheinungen der allgemeinen Atrophie sind die des paralytischen Blödsinns. Die Zeichen des localen Hirnschwundes werden durch Sitz und Ausdehnung der Hirnatrophie bestimmt. Ausgedehnter Schwund der Rinde führt zu Stumpfsinn, Schwund der Basalganglien zu Hemiplegieen, Amaurose etc.
Die Afterbilchmgen des Gehirns
sind : DerGehirntuberkel. Derselbe erreicht beim Menschen oft die Grosse einer Wallnuss, eines borsdorfer Apfels. Trotz der Versicherung der Handbücher, dass der Gehirntnberkel stets solitär sei, ist vielmehr hervorzuheben, dass ein solcher Knoten nicht ein Tuberkel ist, sondern aus tausenden von roiliaren Granulationen besteht, der sich dadurch vergrössert und wächst, dass fort und
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fort an seinem Umfange immer neueHeerde ausgebildet werden, die mit ihm in eins verschmelzen. Betrachtet man den vollkommen gelbweissen , trocknen, käsigen Knoten, so findet man nämlich in seiner nächsten Umgebung eine weiche, gefässreiche Schicht, welche ihn gegen die benachbarte Gehirnsubstanz abgrenzt; dies ist eine dichte Areola von Bindegewebe und Gelassen. Innerhalb dieser Schicht liegen die kleinen jungen Knotehen, bald in geringerer, bald in grösserer Zahl. Sie lagern sich aussen an, und der grosse Knoten wächst durch Apposition von immer neuen Heerden, von welchen jeder käsig wird. Daher kann der ganze Knoten in seinem Zusammenhange nicht als einfacher Knoten betrachtet werden. Der Knoten bleibt minimal, oder win man zu sagen pflegt, miliar. Der Gehirntuberkel ist beiThieren noch nicht beobachu-t.
Gehirnearcinome von der Structur des Markschwammes. Dieselben gehen entweder von den Schädelknochen oder von den Hirnhäuten aus, oder sie entwickeln sich in den Gehirntlieilen selbst. Beim Menschen hat man die im Gehirn sich entwickelnden Markschwämme bis zur Grosse einer Faust beobachtet. Der Hirnkrebs hat hier die Eigenthümlichkeit, dass er, wenn er nicht nach Aussen durchbricht, niemals verjaucht, dagegen eine Disposition zur Rückbildung, zur fettigen Entartung, zur käsigen Metamorphose zeigt, was man als Tuberkulisiren der Krebsgeschwulst aufgeführt hat. — Krebsbildung beiThieren in den Schädelknochen ist vielfach beobachtet worden., besonders in den Knochen der Augenhöhle, doch ist weder die Existenz des Krebses der dura inater, noch die des Gehirncarcinoms durch verlässliche Beobachter festgestellt.
Die f ibro plast i seh en Geschwülste, als Pacchio-nischeGranulationen anï Her dupa mater imü arachnoidea. sind bei Menschen und Thieren gar nicht selten. Siegehen von der Spinn-webenhaut aus, und wuchern entweder nach dem Gehirn oder nach dem Schädeldache zu. Im letzteren Falle rufen sie durch Druck partielle Knochenusur im Schädeldache und auf diese quot;Weise die Pacchionischen Gruben hervor. Die Kleinheit dieser Geschwülste ist die Ursache, dass sie trotz der grossen Anzahl, in der sie bisweilen angetroffen werden , dennoch keine auffälligen Krankheitserscheinungen hervorrufen. Bei Pferden treten sie als rundliche , dichte, gestielte Knötchen der Spinmvebenhaut auf. Sie sind hier in der Grosse eines Mohnsamens bis zu der einer Erbse angetroffen worden. Auch hier durchbohren sie allmälig die harte Hirnhaut, und erreichen endlich die Glastafel, in der sie ihrer Grosse entsprechende Gruben durch Druck erzenger. Der feine Bau dieser kleinen fibroplastischen Geschwülste zeigt eine dendritische Anordnung der Bindegewcbsbündel.
Die Perlgeschwulst, das sogenannteCh olesteatom, kommt
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Die Afterbiklungen des Gehirns.
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bald auf der dura mater, bald auf der Glastaf'el der Schädelknochen, bald im Innern der Gehirnsubstanz vor. Es ist, ausser beim Menschen, mehrfach beim Pferde beobachtet worden, bei diesem bald in nicht unbeträchtlicher Grosse, meist aber als stecknadel-kopf- bis erbsengrosse, perlmutterähnlich glänzende Knötchen, theils von den Aderguflechten ausgehend, theils im Zusammenhange mit den Basalganglien des Gehirns, besonders an der untern Fläche des kleinen Gehirns. Es besteht aus einer bindegewebigen Hülle, die in ihrem Innern grössere, runde, sogenannte epidermoidale Zellen und Gallenfett in rhombischen Tafeln , die treppenförmig übereinander geschichtet sind, enthält. Die Geschwülste sind auf dein Durchschnitt perlmutterglänzend, und zeigen makroskopisch concentrische Lagen.
L i p o m e wurden als kleine, gelappte Geschwülste auf der dura maler beim Menschen gesehen.
Fibroide finden sich bisweilen an den Adergefiechten der Sei-tenkammecn bei Pferden in ziemlicher Grosse, nicht minder auch h^'i diesen melanotische Geschwülste, theils an den plexus, theils an der untern Fläche des kleinen Gehirns vor.
Cysten, mit Flüssigkeit oder mit Fett und Haaren gefüllt, sind in seltenen Fällen beim Mensehen, dagegen viel häufiger bei Pferden beobachtet. Sie stellen hier entweder kleine , stecknadelkopf- bis #9632; rbsengrosse Blasen dar, die mit einer wasserklaren Flüssigkeit gefüllt sind, oder sie erreichen die Grosse eines Taubeneies, und sind dann bald mit einer trüben Flüssigkeit, bald mit einer breiigen Masse angefüllt. Trübung und Consistenzzunahme des Cysten-inhalts werden durch Beimischung epithelialer Zellen, welche Product der Innenwand sind, erzeugt.
Die äussern Zeichen aller der aufgeführten N e u b i 1 d u n -#9632;ren imGehirn ergeben sich aus dem Vorhergesagten fast von selbst. Nur, wenn dieselben eine gewisse Grosse erreichen, und durch Druck benachbarte Hirntheile behelligen, werden sie, je nach der Natur und physiologischen Bedeutung der gedrückten Hirnpartie und je nach dem Grade des Druckes Lähmungen oder paretische Zustände im Bereiche sensorieller, sensitiver und motorischer Nerven hervorrufen. Immer werden sich diese Krankheitserscheinungen ganz allinälig entwickeln, am Seltensten dürften hier Störungen der Intelligenz beobachtet werden, wenn nicht consecutiv diffuse Meningalhyperämieen oder Meningiten, Hirnödeme, allgemeine Hirnatrophie oder ausgedehnte Erweichungen in der Umgebung tier Afterbildungen erzeugt wurden. Kleinere Afterbildungen erzeugen selbst in grosser Zahl keine äusseren Erscheinungen, und haben deshalb strenggenommen kein klinisches, sondern nur ein anatomisches Interesse. Bei den Gehirnkrebsen gesellen sich zu den Erscheinungen
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örtlich gestörter Hirnfunctionen noch die der allgemeinen Krebs-cachexie und bisweilen lancinirende Schmerzen in einer dem Geschwulstsitze mehr oder weniger correspondirenden Schädelpartie.
Von ungleich höherem Interesse als die Neubildungen des Gehirns und seiner Hüllen sind
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die Parasiten des Gehirns.
BeimMen sehen wurde wiederholt der cysticercus ceUulosae im Gehirn angetroffen.
In einem Falle, der auf der C h o u 1 a n t'schen Klinik von mir beobachtet wurde, äusserte sich dieser Gehirnparasitisniiis in Form einer wüthenden Cephalalgie bei einem 23jährigen, bis dahin gesunden, kräftigen Dienstmädchen. Die Heftigkeit des Kopfschmerzes, die anfangs von hartnäckiger Schlaflosigkeit begleitet war, trotzte jeder Behandlung. Zu ihm gesellte sich später Doppelsehen, Schwindel, hochgradige Muskelschwäche, später Schlumraersueht, Erbrechen, Bewusstlosigkoit, Pupillenerweiterung, unwillkürlicher Abgang von Harn und Stuhl, nach einer dreiwöchentlichen Behandlung trat im lethargischen Zustande der Tod ein.
Fieberbewegungen waren niemals beobachtet worden. Die Section ergab eine ausgedehnte weisse Erweichung beider Gehirnhemisphären, Oedem der Arachnoidea, hydrops ventricu-lorum und eine Unzahl erbsengrosser Cysten, die in ihrem Innen. Cysticercen bargen. Bemerkenswerth war das Vorkommen von Cysticercen im rechten Thalamus, dem ein Erblinden auf dem linken Auge kurz vor dem Tode entsprach.
Der Cysticercus scheint ziemlich häufig beim Menschen im Gehirn zu sein, gewöhnlich wird er auch gleichzeitig in grosser Menge in den Muskeln angetroffen. Sein Sirz ist vorzüglich die graue Substanz; in der Gehirnrinde lagert er gemeinhin so, dass er dieselbe überragt, und somit zum Theil in die pia mutar gebettet ist. Stirbt die Bandwurmlarve ab, so trifft man in der schwieligen Hülse ein mörtelartiges Concrement, was das verkreidete Thier darstellt.
Die Finne kommt begreiflicherweise am Häufigsten im Gehirn der Schweine vor, und hier oft in ausserordentlicher Anzahl. Die se.'undären Blasen erreichen bisweilen eine ungewöhnliche Grosse, und rufen dann Convulsiouen, selbst Käserei hervor.
Der Echinococcus kommt selten und in einem seiner Zartheit wegen leicht zu übersehenden Balge vor.
Die Entwickelung des Gehirnblasenwurms (coenvrus cere-brails) ist die Ursache der
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215 Drehkrankheit der Schafe.
Sie kommt jedoch nicht nur den Schafen, sondern auch, obwohl in seltneren Fällen, den Rindern zu, und äussert sich in einer Störung der Gehirnfunctionen, besonders der willkürlichen Bewegung , und führt bei längerem Bestehen zur Abmagerung und unter eacheetischen Erscheinungen zum Tode. Die Ursache ist das Einwandern von Bandwurmbrut in den Organismus der Wiederkäuer, denn durch Fütterungsversuche ist es festgestellt, dass die reifen Glieder von taenia coeimrvs in den Magen der Schafe (Lämmer) gebracht, nach kürzerer oder längerer Zeit die Drehkrankheit erzeugen. Es ereignet sich häufig, dass Schäferhunden das Gehirn drehkranker Schafe zum Fressen vorgeworfen wird. Im Magen des Hundes wird die Blase des Coenurus verdaut, während die an der innern Fläche der Blase sprossenden Bandwurmköpfe von der Verdauung intact gelassen werden, mittelst Hakenkranz und Saugnäpfen sich an einer beliebigen Stelle der Magen- oder Darmschleimhaut in-häriren, und nun durch Wachsthum an ihrem Schwänzende Glieder treiben, die anfänglich geschlechtslos sind, später aber in ihrem Innern Hoden und Eierstöcke entwickeln, und so geschlechtsreif werden. Hat auf diese Weise der Bandwurm eine gewisse Länge erreicht, so lösen sich zeitweilig die letzten reifen Endglieder ab, und werden mit dem Darminhalte entleert. Diese reifen Glieder gelangen so auf die Halme der Gramineen, der Kleearten, und da ihnen contractile Elemente nicht abgehen und sie in Folge dieser autochthone Bewegung zeigen, so wohnt ihnen die Fähigkeit inne, sich, wenn sie mit dem Kothe entleert wurden, von diesem grössere Strecken weit fortzubewegen. Durch Fäulniss zerstört, werden die Eier, da sie eine harte, der Fäulniss trotzende Schaale besitzen, frei, und haften nun isolirt an den Halmen der Gräser. Jene mikroskopisch kleinen, lange entwickelungsfähig bleibenden Ovula werden von den Schafen mit diesen Gräsern gefressen , gelangen so in den Magen derselben, woselbst sie durch den Verdauungsprocess ihre harte, kalkige Schale einbüssen. Hierdurch werden die Embryonen (Scolices) frei, dieselben sind mit sechs Häkchen bewehrt, durchbohren mittelst dieser die Wandungen eines Darm-gefasses, gelangen in das circulirende Blut und auf der Blutbahn ins Gehirn. Diejenigen Scolices, welche in extracephalen Organen sich einkeilen, gehen zu Grunde, nur die in das Gehirn gelangten entwickeln sich zum Hirnblasenwurm. Die festere Beschaffenheit der Gewebe älterer Thierc scheint dem Eindringen der Bandwurmbrut hinderlich zu sein. „Daher kann mau erwachsenen Schafen ganze Bandwürmer beibringen, ohne dass sie drehkrank werden.quot; (Gorlach.)
Bei der Section der an Drehkrankheit zu Grunde gegangenen oder jener Krankheit wegen getödteten Thiere finden sich in dem
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verschiedensten Grade die Zeichen der Meningitis und Encephalitis. Die Spinnwebenhaut ist getrübt, die Hirnhäute sind verwachsen, das Gehirn ist blutreich etc. Die Parasiten findet man entweder frei auf der Oberfläche des Gehirns, oder mehr oder weniger tief in die Gehirnsubstanz eingedrungen in der Form zahlreicher Bläschen von der Grosse eines Stecknadelkopf's bis zu der einer Erbse vor, welche innerhalb einer structurlosen Wandung ohne Spur einer Kopfanlage eine klare , wasserhelle Flüssigkeit enthalten.
Dieser Befund wurde in der Regel bei künstlichen Fütterungsversuchen mit Proglottiden, gewöhnlich 2—3 Wochen nach dem vorgenommenen Experiment angetroffen. Waren die reactiven Erscheinungen minder heftig, gingen deshalb die Thiere nicht nach so kurzer Zeit zu Grunde, so vergrössern sieh die Blasen, an verschiedenen Stellen treten Trübungen an der Blasenwand hervor, als Andeutungen der spätem Kopfanlagen, aus denen sich nach und nach zahlreiche, in Gruppen beisammenstehende Tänienköpfe entwickeln. Währenddem wächst die Blase fort und fort, und kann die Grosse eines Hühnereies erreichen. Je weniger Blasen sich entwickeln, eine um so bedeutendere Grosse erreichen dieselben. Sie dringen allmälig tiefer in das Gehirn ein, indem sie durch Druck die Gehirnsubstanz zum Schwinden bringen, Gehirntheile comprimiren, verschieben, wodurch die Erscheinungen der Drehkrankheit hervorgerufen werden.
Bisweilen ist die nächste Umgebung der Coenurusblase Sitz einer reactiven Entzündung, wobei sie bald im Zustande der rothen Erweichung angetroffen wird, bald umgiebt die Coenurusblase ein gelbes, eiterähnliches oder faserstoffiges Exsudat, ein Verhältniss, was die früheren Forseher, unter ihnen Carl Gottlob Prinz zu jenem Irrthum verleitete , in den Coonurusblasen nichts als Ent-zündungsproduete zu sehen. Dringen die Coennrusblasen bis zum Schädeldache vor, so führen sie allmälig zur Usur des Knochens, das Schädeldach wird an der entsprechenden Stelle bisweilen so enorm verdünnt, dass es dem Fingerdruck nachgiebt, oder die Knochensubstanz schwindet complet an der Druckstelle , so dass die Coenurusblase nur von der äussern Haut bedeckt wird.
Bei längerem Bestehen dieses Zustandes kommt es zu hochgradiger Anämie und Abmagerung des Wohnthieres. In der Leber, in der Milz, in den Lungen , dem Herzen , in dem intermuskulären Bindegewebe findet man eine grosse Anzahl Bläschen von der Grosse eines Hanfkorns bis zu der einer Erbse. Ihr Inhalt ist gelblich-grünlich, schmierig, und ist das Residuum des verirrten, abgestorbenen, fettig degenerirten Scolex. In der Umgebung dieser verödeten Blasen findet man meist zerfallende Exsudate.
Die äussern Zeichen der Entwickeln ng der Coennrusblasen im Schafgehirne sind bisweilen sehr heftiger
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Die Drehkrankheit der Schafe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;217
Natur, dies namentlich, wenn reactive Meningitis und diffuse Hyperämie die nächste Folge einer zahlreichen Einwanderung von Band wurmbnit in das Gehirn ist. Dann werden die Thiere unruhig, laufen zwecklos hin und her, zeigen eine gesteigerte Hauttemperatur, besonders heissen Kopf, bedeutende Pulsfrequenz, starke Injection der Augenbindehaut, senken den Kopf, oder schütteln ihn beständig, oder neigen ihn auf die eine Seite, bisweilen stürzen sie zusammen und bekommen die heftigsten epileptiformen Krämpfe. Futter und Getränk wird verschmäht, am Schlüsse der Krankheit liegen sie bewusstlos am Boden, mühsam athmeml, und gehen in diesem Zustande meist innerhalb der ersten Woche zu Grunde. Gelangten nur eine kleine Zahl Embryonen in das Gehirn, so sind die Erscheinungen von Haus aus nicht so heftiger Natur. Die Zeichen der Hirnreizung, welche den Uebertritt der Embryonen in das Gehirn auch hier anzeigen, erhalten nur einige Tage sich auf einer bestimmten Höhe, lassen dann nach, so dass die Thiere nach 8 —14 Tagen anscheinend in vollkommener Wieder-^enesung begriffen sind. Erst mit dem Heranwachsen der Bandwurmbrut zu grosseren Blasen treten von Neuem Krankheitszeichei'. auf, Erscheinungen, die begreiflicherweise durch alle die Momente gesteigert werden müssen, die einen vermehrten Zufluss von Blut zum Gehirn begünstigen, resp. veranlassen, als der Aufenthalt in einem dunstigen, übersetzten Stall, die Darreichung eines gutnährenden Futters, die intensive Einwirkung der Sonnenstrahlen, z. B. im Hochsommer, bei dem bis in die Mittagsstunden ausgedehnten Weidegang etc. Zu jener Zeit, als man die Lebensgeschichte der laenin coenurus noch nicht kannte, nahm man diese nur verschlimmernden ursächlichen Moment e als alleinige und ausreichende Ursachen der Drohkrankheit an, ein Irrthum, der durch die experimentellen helminthologisciien Forschungen nun gänzlich getilgt ist.
Haben die Coenurusblasen innerhalb Monaten eine gewisse Grosse erreicht, wirkten gleichzeitig die soeben angedeuteten Schädlichkeiten, welche so leicht eine Hirnhyperämie veranlassen, auf die Thiere ein, so beginnen die Schafe allmälig stumpfsinnig zu werden, sie stehen mit gesenktem Kopf an der Wand, oder sie haben das Maul an der gefüllten Krippe, und fressen nicht, oder unterbrechen sich ohne allen Grund beim Fressen, oder bleiben hinter der Heerde zurück wie angewurzelt stehen. Entwickeln sich die Blasen tiefer in die Hirnsubstanz hinein und werden besonders die Basal-ganglien, die Hirnschenkel afficirt, so treten die characteristischen Drehbewegungen ein. Die Schafe drehen dann meist nach jener Seite, wo die Blase liegt, kürzere oder längere Zeit im Kreise herum. Sitzt die Wurmblase in der Nähe des verlängerten Markes am kleinen Gehirn, so wird der Kopf in der Regel hoch gehoben, der Gang ist dabei taumelnd. Bei einseitiger Entwickelung des Blasenwurnn'S
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fallen sie oft nach der entsprechenden Seite, oder sie überschlagen sich nach rückwärts. Sitzen die Blasen vorn im Gehirn, so wird der Kopf gesenkt gehalten, und die Thiere überstürzen sich nach vorn. Hat sich durch Druck der Coenurusblase eine weiche Stelle am Schädel gebildet, so bedarf es nur eines Druckes auf dieselbe, um die gedachten Erscheinungen hervorzurufen. Vermehrt man den Druck, so stürzen die Thiere, wie ich (Jas wiederholt selbst experimentell beobachtet habe, bewusstlos zusammen, und verfallen in heftige allgemeine Krämpfe. Sind die Erscheinungen der Drehkrankheit in dieser Weise ausgebildet, so werden die Thiere in der Regel geschlachtet. Geschieht dies nicht, so nimmt die Betäubung mehr und mehr zu, die höchsten Grade der Abmagerung treten ein, und die Thiere sterben nach mehrmonatlicher Dauer des Zustande.* unter Erschöpfung und Bewusstlosigkeit.
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Von den functionellen Störungen des Gehirns.
Von den Seelenstörungen.
Uebèr das Wesen der Seelenstörungen war man bis ganz vor Kurzem unter denAerzten keineswegs einig; denn während einTheil derselben der Ansicht war, dass es keine Seelenstörung ohne materielle Betheiligung des Gehirns, ohne Gehirnerkrankung gäbe, die sogenannte somatische Schule, behaupteten Andere unter ihnen, dass eine Erkrankung des Geistes an sich wohl möglich sei, und suchten diese Behauptung dadurch zu stützen, dass sie theils auf die nicht geringe Zahl von Fällen hinwiesen, wobei trotz jahrelangen Bestehens von Seelenstörungen die anatomische Untersuchung im Gehirn keine Anomalie nachzuweisen vermochte, theils, indem sie jene Fälle hervorhoben, bei welchen trotz der bedeutendsten anatomischen Veränderungen im Gehirn keinerlei Störung der Intelligenz oder des Gemüths im Leben bestand. Die Gegenbeweiskraft der allerdings ungleich zahlreicheren Fälle von Seelenstörungen, welche mit groben anatomischen Läsionen des Gehirns und seiner Hüllen einhergingen, suchten sie dadurch zu entkräften, dass sie diese anatomischen Veränderungen nicht als Ursachen, sondern als Folge der Seelenstörungen auffassten. Dies Letztere that die spiritualistische Schule.
Schon oben ist hervorgehoben (bei Gelegenheit der irritativen Vorgänge im Gehirn und seinen Hüllen), dass sehr viel auf dieOert-lichkeit der anatomischen Veränderung im Gehirn ankommt, ob sie während des Lebens eine Seelenstöruns: zur Folffe haben soll, oder
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Vom idiopathischen Irresein.
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nicht. So lange die Ganglienzellen der Rinde intact bleiben, ist eine Störung der Intelligenz und des Gemüths bei Gehirnkrankheiten geradezu eine Ausnahme. Jedoch liegen die Sachen doch nicht so, dass man das Verhcältniss gerade umdrehen darf, denn in vielen Fallen bestehen durch längere Zeit die bedeutendsten Störungen der Psyche, und doch muss eine Erkrankung der Rinde ausgeschlossen werden. Erfolgt der Tod hier durch zufallisje Umstände, so kann man das Gehirn frei von jeder materiellen Veränderung antreffen. Daraus folgt aber nun keineswegs, dass eine Erkrankung der Seele an sich möglich sei, vielmehr lehren die klinischen Beobachtungen und die anatomischen Forschungen, dass hier anderweite krankhafte Zustände bestehen, welche auf consensuellem Wege die Hirnfunctioneu hemmen 'jid alteriren. Dies Verhältniss giebt die höchst praetische Eintheilung der Scelenstörungen an die Hand, nämlich in das idiopathische und sympathische Irresein.
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Vom idiopathischen Irresein.
Beim Menschen äussert sich dieses ursprünglich durch einen gereizten Zustand, dem eine pathologische Erregung der Rinden-substanz entspricht, womit eine beschleunigtere Circulation im Gehirn Hand in Hand zu gehen scheint. Der Puls ist in der Regel mehr frequent, nicht selten hart und voll. DerTurgor des Gesichts ist gesteigert, der Blick ist lebhaft, munter, oft auch leidenschaftlich erregt, nnstät, das Auge dabei funkelnd. Dabei ist eine ungewöhnliche Beweglichkeit vorhanden, eine gewisse Ueberstürzung in allen Handlungen und in Folge dieser Aufregung ist das entschiedene Gefühl von Gesundheit zugegen, so dass der Patient versichert, er sei gesünder, rascher und kräftiger als je zuvor, er behauptet, befähigter und geistig productiver als je zu sein. Und wunderbarer Weise werden in diesem Zustande die grössten körperlichen Strapazen ohne Hinderniss ertragen, die bedeutendsten geistigen Anstrengungen ermüden jetzt kaum. Und so scheint in der That zu Anfang der idiopathischen Manie ein oft durch längere Zeit anhaltender Zustand gesteigerter Hirnfunction zu bestehen, der dem Leidenden geradezu günstig ist, indem er die ursprünglichen geistigen Anlagen vermehrt, und eine Kraftäusserung des Hirns in intellectueller Beziehung zulässt, die dem werdenden Irrsinnigen in seinen gesunden Tagen nicht möglich war. Aber durch die fortwährende Erregung der Hirnrinde und durch die hier unterhaltene Lebhaftigkeit der Vorstellungen, die im raschen Wechsel, aber immer noch in logischer Folge, einander ablösen, wird der Schlaf unruhig, unterbrochen, oder er stellt sich gar nicht mehr ein. Da das Gefühl der Ermüdung trotzdem fehlt, so steigert dieser Umstand nur das Wachsen des Selbstgefühls des
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Kranken , ilenn er gumbt gar keines Schlafes mehr zu bedürfen. Jene geschilderte Erregung der Vorstellungen, deren Lebhaftigkeit diejenige in den gesunden Tagen erfahrene weit hinter sich lässt, der rasche Gedankenlauf, die ruhelose Beschäftigung, die erhitzte Phantasie bringen dem Kranken die Ueberzeugung, dass er viel mehr denn sonst auszuführen vermag, aber auch die Ueberzeugung, dass er ungleich mehr zu leisten im Stande wäre, als andere Menschen, dass er mehr sei, als seine Nebenmenscheu (Grössenwahn). Die Art und Weise, wie der Patient seinem gesteigerten Selbstgefühl Ausdruck verleiht, hängt sehr von seinem Bildungsgrade, von seiner Erziehung und von zufälligen Einflüssen und Umständen ab. Während der eine sieh nur für einen sehr Klugen oder wohl gar den Klügsten erachtet, indem er sich höher stellt als Andere, sich einsichtsvoller als seine Umgebung fühlt, vermag in einem andern Falle der Verstand den mit Ungestüm immer mehr anschwellenden Strom der Vorstellungen und Bilder nicht mehr zu beherrschen. Es kommen die ausschweifendsten Pläne und Entwürfe zum Durchbruch, es wird mit Millionen, mit Königreichen gespielt. Wir haben es jetzt mit einem Fürsten, mit einem Kaiser, einem Weltbeherrscher oder wohl gar mit einem Heiland, einem Gott zu thun.
'Auffällig ist aber von Haus aus in allen diesen Fällen eine unbesiegbare Schwatzhaftigkeit, die ursprünglich noch vernünftige Gedanken in logischer Ordnung, wenn auch mit sich überstürzender Hast, offenbart. Erst nach und nach schleicht sich eine Wahnvorstellung um die andere ein, die nicht sofort den logischen Gedankengang aufheben, sondern sich denselben nur dienstbar machen. Denn es ist mitunter erstaunlich, mit welcher Dialectik Geisteskranke ihre Wahnvorstellungen zu vertheidigen und ihre thörichten Handlungen zu rechtfertigen vermögen. Erst später schwindet das logische Band der Gedanken, doch nicht in der Weise, dass sofort Albernheit eintritt, wobei nicht Worte, sondern Wörter im buntesten Wirrwarr ohne jeden vernünftigen Zusammenhang ausgestossen werden (Gedankentrümmer), sondern es ist im weivern Vorschreiten des Irreseins noch nicht jeder Zusammenhang der einzelnen Vorstellungen aufgehoben, aber die einzelnen Gedankengänge, die im raschen Wechsel einander ablösen, sind in keinen vernünftigen Zusammenhang zu bringen. Der Irre macht eine Mittheilung, die an sich vernünftig scheint, aber dann gleich eine andere, die nichts mit jener gemein hat, oder jener geradezu widerspricht.
Beim Beginn der Krankheit, die oftmals nur sehr langsam und fast unmerklich vorschreitet, wird die Veränderung sogar von der nächsten Umgebung nicht-immer wahrgenommen. Man bemerkt zwar eine grössere Lebhaftigkeit, freut sich aber über die Versicherung eines vollkommenen Wohlbefindens, ungeachtet die grosse Reizbar-
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keit und das Aufbrausen beim Widersprechen nicht selten auf unangenehme Weise die Ruhe der Familie stört. Uebrigens weiss sich der Kranke meistens im Anfange Fremden gegenüber noch zu beherrschen, so dass andere Personen Nichts an ihm bemerken. Beim Weiterscbreiten der Krankheit müssen ihnen freilich die verrückten Pläne, das sinnlose Kaufen und Verschwenden, der ungebührliche Hochmuth und die Selbstüberschätzung die Augen ott'nen. Eine solche Aufregung des Gehirns bleibt aber auch nicht ohne Einfluss auf den übrigen Körper. Das verlängerte Mark geräth mehr und mehr ebenfalls in erhöhte Thätigkeit, und es steigert sich dessen Empfindlichkeit, daher Neigung zu epileptiformen Convulsionen, kataleptischen Zuständen, Schluchzen, Wein-, Lach-, Athemkrämpfe. Aber die gesteigerte Erregung erstreckt sich auch auf andere Nervenprovinzen, besonders auf die der Eingeweide, daher lebhaftes Hungergefühl und eine kräftige Verdauung; ersteres artet nicht selten bis zur Fressgier aus. Dieser gute Appetit, diese rege Verdauung, schützt den Irren vor einem raschen Verfall der Kräfte, dem Säufer im delirium tremens so rasch erliegen, da sie bei dem constanten Appetitmangel quot;jene Stoffverluste nicht zu decken vermögen, welche die Gehirnreizung setzt. Bisweilen verbindet sich mit der Fressgier auch eine Neigung zum Weintrinken oder überhaupt zu Spirituosen. Dieser Umstand bringt sehr oft diese Unglücklichen um das Erbarmen der Mitwelt, was sie so. sehr verdienen, da von Laien und laienhaft denkenden Aerzten die Seelenstörung als eine Folge der Trunksucht aufgefasst wird. Aber das Verhältniss ist hier entschieden ein umgekehrtes, denn der Irre ist in den allermeisten Fällen nicht irre, weil er trank, sondern er wurde ein Trinker, weil die sich entwickelnde Seelenstörung ihm die Möglichkeit eines geregelten geistigen Wirkens raubte, ihn, unbeschadet der später eintretenden pathologischen Trinklust, von seinen Berufsarbeiten ablenkte, und ins Weinhaus trieb. Da die Geschlechtsfunctionen mit dem verlängerten Marke in genauem Zusammenhange stehen, so werden diese in die allgemeine Aufregung hineingezogen, und geschlechtliche Aufregungen kommen daher in solchen Zuständen sehr häufig vor. Nicht selten werden Irre jetzt Onanisten, die es früher nie waren, syphilitische Affectionen kommen ebenfalls jetzt sehr häufig bei ihnen vor. Schreitet die Krankheit weiter fort, und geht sie nicht durch übermässige Hirnreizung und Meningitis in Raserei über, so folgt nun dem acuten Stadium ein mehr chronisches, wo die grosse Lebendigkeit in dem Maasse zurücktritt, als die graue Rindenschicht mehr und mehr entartet, und sich verändert. Zornige Aufwallungen kommen nur noch zwischendurch zum Vorschein, und hören endlich ganz und gar auf. Die Vorstellungen werden mehr und mehr verwirrt, zuletzt verfällt der Kranke in Albernheit, wobei,
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wenn noch einige Aufregung besteht, im buntesten Durcheinander, wie schon oben angedeutet, von entmasteten Schiffen, Zahnstochern, kleinen Kindern, Teufel, Tod, Tanz etc. geschwatzt wird. Oder es treten bereits die Zeichen des hydrocephalm chronicus und des Hirnödems ein. Dann wird der Kranke still, muthlos, und in wunderbarer Weise schliesst sieh Extrem an Extrem, indem der frühere Kaiser und Weltbeherrscher den Muth verloren hat, aus dem Bette aufzustehen und sich anzukleiden. Während ihn früher das Gefühl menschlicher Grosse und menschlicher Macht beseelte, so behaftet ihn jetzt dauernd eine ihn stets ängstigende Furcht, die er in der lächerlichsten und unbegründetsten Weise zu motiviren sich bestrebt. Je mehr die Wasseransammlung in den Ventrikeln und die Erweichungsvorgänge im grossen und kleinen Hirn überhandnehmen, um so mehr steigern sich die Erscheinungen des paralytischen Blödsinns. Wiederholte apoplectische Anfälle treten ein, und ein derartiger Anfall endet meist das Leben des Kranken, wenn nicht Erkrankungen extracephaler Organe dem Leben vordem eine Grenze setzten. Das letzte Blödsinnsstadiuni ist durch hemiplegische, paraplegische Zustände, sowie durch Willenslosigkeit mit Verweigerung der Nahrungs- und Getränkaufnahme, durch Lust an Umgang mit ekelhaften Dingen, überhaupt durch die grösste Ünrein-lichkeit ausgezeichnet. Mitunter intercurriren im Blödsinnsstadiura maniakalische Zustände mit Zertrümmerungs- und Zerstörungswuth. Körperconstitution, Geschlecht und Alter modificiren hier natürlich mannigfach de3i Krankheitsverlauf, immer indessen liegt Hochmuth mit den verschiedenartigen Nuancirangen dem idiopathischen Irrsinn zu Grunde. Derselbe ist aber auf keinen Fall als veranlassende Ursache anzusehen, sondern derHochmuth bezeichnet bei der primär vom Gehirn ausgehenden Erkrankung bereits deren Anfang, und gehört zu den ersten und constantesten Krankheitssymptomen derselben.
Die idiopathische Manie ist bei den Männern häufiger als bei den Weibern, da die Hirnreizung von dem Manne nicht nur ungleich schlechter ertragen wird, als von dem Weibe, sondern auch der Mann viel mehr zu irritativen Ernährungsstörungen disponirt ist, als das Weib. Die Heftigkeit der Hirnerscheinungen entscheidet nicht, ob idiopathi8cfa.es oder sympathisches Irresein vorhanden ist. Denn bei der mania puerperalh, bei noch nicht menstruirten Mädchen beobachten wir die extremsten Fälle von Tobsucht, obwohl nur auf indirectem Wege durch Affection peripherischer Nerven die Gehirn-function hier alterirt ist.
Der Verlauf des idiopathischen Irreseins kann nun acut und chronisch sein.
Die acute Form characterisirt sich durch grössere Intensität
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und durch kürzere Dauer, und entspricht dem jugendJichen Alter und der kriiftigen Constitution. Die Erscheinungen der Hirnreizung und der Meningitis treten dann mit stärkerer Ausprägung hervor, die Verwirrung des Geistes ist grosser und mehr ausgebreitet, das Toben in den Wathanfällen ist heftiger, der Puls fühlt sich nicht selten voll und hart an, der Kopf' ist heiss, das Antlitz manchmal stärker ge-röthet, in der Kegel aber etwas geschwollen. Die Augen, deren Conjunctiva mitunter injicirt ist, sind starr, glänzend, und die Pupille erscheint meist klein und zusammengezogen. Der Kranke ist in fortwährender Bewegung, er vermag so wenig still zu sitzen, wie Jemand bei einem heftigen Zorn- und Wuthanfalle, und dabei entwickelt er oftmals eine ungemein grosse Muskelkraft. Die irrsinnigen Vorstellungen von Grosse, Macht und Reichthum gehen über alle Schranken hinaus, und bei dieser heftigen Hirnreizung stellt sich auch nicht selten vollständige Schlaflosigkeit ein. Der Geschlechtstrieb ist meistens erhöht. Dabei pflegt der Appetit sehr gut zu sein, so dass der Kranke in Betreff'der Speisen, aber auch des Weins und der Spirituosen, wenn er sie haben kann, im hohen Grade unmässig ist. Der Stuhl ist in der Regel träge. Eine besondere Disposition zu dieser Krankheitsform hat man meistens schon in einem erblichen Zustande, im sanguinischen, leicht erregbaren Temperamente, in grösserer Lebhaftigkeit und Beweglichkeit des Geistes zu suchen. Als veranlassende Ursachen machen sich alle Einflüsse geltend, welche heftig reizend auf das Gehirn einwirken : äussere Verletzungen, der Sonnenstich, intensive anhaltende geistige Anspannung, heftige Gemüthsaö'ecte, Missbrauch von Spirituosen.
Die Prognose ist zu Anfang der Krankheit im Ganzen nicht ungünstig. Sehr oft tritt innerhalb kurzer Zeit das Bild vollkommener geistiger Gesundheit wieder ein, und man erstaunt oft über den jähen Wechsel der Erscheinungen, indem der noch vor wenig Wochen Tobsüchtige jetzt vor wie nach seinem Beruf nachgeht, sich pflichttreu in jeder Beziehung zeigt, und aus seinem Irrsein anscheinend Nichts in das gesunde geistige Leben hinüber nahm, als eine Empfindlichkeit und Reizbarkeit des Gemüths, die ganz besonders nicht dulden will, dass er nur entfernt an seinen überstandenen #9632; Wahnsinn erinnert werde. Aber trotzdem ist nicht nur im Umgange mit einem solchen Menschen grosse Vorsicht nöthig, sondern auch Vorsicht in prognostischer Beziehung, weil sehr gern Recidive kommen, die dann entweder in die chronische Form der mania idiopathica übergehen, oder es kommt zu den heftigsten Erscheinungen der Meningitis, die unter apoplectischen und paralytischen Erscheinungen innerhalb weniger Tage determiniren.
Die Section ergiebt dann starke Ausschwitzungen eines eitrig-übrinösen Exsudats auf der Gehirnoberfläche, Missfarbigkeit und
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Consistenzverniindening der Rinde, Hyperämie des Marklagers oder ausgedehnte, weisse Erweichung (Hirnödem), mehr oder weniger erhebliche Ventrikelergüsse.
Die chronische Form desidiopathischenIrreseins entwickelt sich entweder aus der acuten, oder entsteht in der im Eingange des Capitels geschilderten Weise ganz allmälig, fast unmerklich sich an das gesunde geistige Leben des Individuums ansehliessend, unter den Erscheinungen einer successiv wachsenden Rindenreizung. Entwickelt sich die chronische aus der acuten Form, so nehmen die Krankheitszeichen an Intensität ab, und seltner stellen sich Anfalle von starker Aufregung ein. Aber an die Stelle des früher wechselnden Wahnsinns, wo fast täglich neue Ideen und Pläne auftauchten, ist jetzt mehr eine bestimmte, einzelne Vorstellung getreten. Statt des früheren heftigen und auffahrenden Wesens zeigen die Kranken manchmal mehr den Character der Narrheit, sie sind still, und in ihren Vorstellungen giebt sich immer mehr eine allgemeine Ver-wirrtheit kund. Andere Male tritt abwechselnd noch die grössere Lebendigkeit hervor, während der Kranke im Ganzen von einer Vorstellung beherrscht wird. Nicht selten entwickeln sich dabei Hallucinationen, namentlich im Gehörorgane. Der Kranke hört dann Stimmen, durch die er verfolgt wird, oder er glaubt Verwünschungen und Lästerungen zu vernehmen, oder als Prophet empfängt er Eingebungen von Gott. Die Art der Vorstellungen hat man vordem immer benützt zur Eintheilung dos Wahnsinns. Aber gewiss sind derartige Eintheilungen ganz werthlos, da der Inhalt der Wahnvorstellungen ganz zufälliger Natur ist, und im Verlauf der Seelenstörungen dem mannigfachsten Wechsel unterliegt. Es wird ganz auf die vielfachen individuellen Verschiedenheiten an-konmion, die aus dem Gesehlechte, der Erziehung, dem Stande, der früheren Bildung und Beschäftigung des Kranken hervorgehen, was sich der Kranke einbildet. Deshalb hat der Inhalt der Wahnvorstellungen ein ganz untergeordnetes Interesse, und es ist mehr oder weniger als eine Spielerei zu betrachten, das Irresein in einen Liebeswahnsinn, religiösen Wahnsinn, politischen Schwindel, Dämonomanie etc. zersplittern zu wollen. Denn die Beobachtung lehrt, dass das im religiösen Wahnsinn befangene Weib sich nicht weniger verliebt zeigt, als die Götter und Fürsten der Narrenhäuser, und es zeigt sich ferner, dass das, was heute mit aller Inbrunst des Gemüths vom Irren ersehnt und begehrt wurde, den andern Tag, ja bisweilen schon in der andern Stunde, in gleichem Maasse von ihm verwünscht und verabscheut wurde. In diagnostischer Beziehung kann nur von Bedeutung sein, dass der Irre Vorstellungen producirt, denen in der Wirklichkeit Nichts entspricht, dass er die erträumte Welt für die w i r k 1 i c h e nimmt, und nehmen nmss, da ihm die mitafficirten
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Sinnesorgane den Ausgeburten seines Gehirns adäquate Sinnes-ompfindungen mit einer Lebhaftigkeit vorspiegeln, die hinter der der wirkliehen Sinneseindrücke nicht zurückbleibt, dieselbe bisweilen noch übertrifft, obwohl jenen jede, oder jede genügende Realität mangelt. Nur insofern hat die Art der Wahnvorstellungen einen Werth, als der Hochmuth und Grössenwahn den irritamp;tiven Vorgängen in der Rinde entspricht, die Furcht, Muthlosigkeit und Zerknirschung die degenerativen Vorgänge in der Rinde anzeigen, und der religiöse Wahnsinn mit ziemlicher Sicherheit auf geschlechtliche Ausschweifungen zurückschliessen lässt. Wichtig ist ferner, dass die Vorstellungen mit solcher Macht die Seele des Kranken beherrschen, dass er sie nicht niederzuhalten vermag, und alles vernünftige Zureden, womit ihm das Verkehrte seines Wahns ziin; Be-wusstsein gebracht werden soll, entweder auf schroffen Widerspruch stösst, oder höchstens den Erfolg hat, dass der Irre nach neuen Gründen sucht, wodurch er seinen Wahn vertheidigen kann, und dass er statt überzeugt zu werden, in der Regel sich noch mehr in diesen Wahn verrennt.
Bisweilen lösen sich gleichsam einzelne Vorstellungen oder bestimmte Vorstellungskreiso aus dem Wahnsinn ab, und werden dominirend. Was ausserhalb dieses engen Kreises fällt, kehrt zur Norm zurück, und wenn man diese dominirenden Ideen so wenig als möglich berührt, und den Kranken davon abzieht, indem man seine Thätigkeit andern Gegenständen zulenkt, wozu vor Allem, wenn der Kranke sich dazu eignet, Arbeit und Beschäftigung das ihrige beitragen können, so gelingt es, besonders der Disciplin einer Irrenanstalt, die Kranken soweit herzustellen, dass dieselben in jeder Gesellschaft erscheinen können, sich überhaupt so benehmen, als ob sie nicht irre wären. Doch schiessen hin und wieder verwirrte Vorstellungen auf, die sich bei genauer und längerer Beobachtung der Wahrnehmung des Sachverständigen kaum entziehen. Bisweilen wird hier vollkommene Wiederherstellung trotz jahrelangen Bestehens des Irreseins erzielt.
Bei längerem Bestehen des Irreseins treten auch an den äussern Theilen die Zeichen chronischer Congestion und Meningitis auf. Das Gesicht hat nicht mehr die tiefere gleichmässige Färbung, sondern meistens ist die Nasenspitze dunkler, ähnlich wie beim Alkoholmissbrauch, und bei einem heftigeren Grade der chronischen Meningitis nimmt auch die Gegend oberhalb der Augenbrauen an dieser dunkleren Färbung Antheil. Meistens fühlt sich die Scheitelgegend heisser an, bisweilen auch das Hinterhaupt. Füsse und Hände sind kühl, letztere hin und wieder geschwollen und bläulich gefärbt. Die Gegend zwischen Occiput und Atlas ist bisweilen beim Druck empfindlicher. Eine stärkere Röthung der Ohren bei Irren
Gleis berg, vergleichende Pathologio.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;15
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226nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten des Nervensystems.
mag von einer Congestion in der Schädelbasis und einer Blutfülle in den Vertebralarterien abhängen.
Der Hunger des Kranken ist häufig unersättlich. Wie viel Speisen er anch verschlingen mag, er verdaut sie trefflich, und nur selten leidet er an Indigestion, trotzdem, dass der Stuhl träge ist und fast immer die Darreichung von Eccoproticis erheischt. Man hat sich sehr zu hüten, den chronisch Irren auf eine karge Diät zu setzen. Jedes längere Fasten führt hier schnell zur Cachexie oder gar zum Zehenbrand. Im fernem Verlaufe der Psychose, zumal wenn sie sich dem schlimmen Ausgange zuwendet, treten Lähmungserscheinungen ein. Häufig wird hier eine Ungleichheit in der Pupillenerweiterung beider Augen beobachtet. Vielleicht beruht dies auf einem unbemerkt vorübergegangenen leichten apopleetisehen Anfall. Sie ist ein übles Zeichen und zeigt spätere apoplectische Anfälle im Voraus an. Sind die Pupillen verengt, so ist Hirnreizung vorhanden. Später gesellt sich auch wohl eine Störung im Sprechen dazu. Dieselbe fängt mit einem Zucken um den Mundwinkel an, dann kann der Kranke die ersten quot;Worte nur mit Mühe aussprechen, und weiterhin wird das Stammeln immer stärker. Eine Heilung solcher Kranken tritt nur selten ein.
Die Vorhersage bei der chronischen Manie ist immer eine ungünstige. Sie ist um so ungünstiger, je heftiger das frühere acuto Stadium auftrat, je mehr Zeichen der Meningitis früherhin hervorgetreten waren, je kräftiger die Constitution war, je leichter das Ge-fässsystem in eine abnorme Thätigkeit versetzt wird, weshalb die Vorhersage bei Männern ungünstiger ist, als bei Frauen.
Die Dauer des Irreseins steht in umgekehrtem Verhältniss zur Möglichkeit seiner Heilung. Nach einer vierjährigen Dauer wird die Unheilbarkeit der Seelenstörungen sogar gesetzlich angenommen. Jenseits des 60. und 70. Lebensjahres wurde niemals Heilung beobachtet.
Das idiopathische Irresein wird unter den Thieren, besonders bei Pferden, durch den
Dummkoller
repräsentirt. Begreiflicherweise ist es nicht möglich, in der Art die Symptome hier zu verfolgen, wie dies beim Menschen gelingt. Da nur die objectiven Erscheinungen der gestörten Gehirnverrichtung zur Beobachtung gelangen, indem jede unmittelbare Aeusserung der gestörten Hirnfunction, wie sie beim irren Menschen durch die Sprache möglich ist, beim Thiere mangelt, so werden es ausschliesslich die gestörte willkürliche Bewegung und die gehemmte Sinnesthätigkeit sein, wodurch sich jenes langwierige, meist fieberlose Gehirn-
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Dummkolier.
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leiden zu erkennen giebt, was wir unter dem Xamen Dummkolier begreifen.
Meist entwickelt sich hier nach und nach ein Zustand von Stumpfsinnigkeit. Die Thierc achten nicht mehr auf ihre Umgebung, sind in sich gekehrt, schläfrig, senken den Kopf' oder stützen ihn auf einen festen Gegenstand. Die Augen sind meist halb geschlossen. Während das Thier sonst lebhaft war, und seine grosse Aufmerksamkeit durch ein munteres Ohrenspiel, was jedem, selbst dem leisesten Geräusche folgte, anzeigte, so werden jetzt die Ohren nach rückwärts gelegt, in welcher Lage sie meist verharren , was dem Thiere, bei den nur halb geöffneten Augen, ein exquisit dummes Aussehen verleiht. Es scheint in der That auch hier ein Grad von Schwerhörigkeit zu bestehen, da die Thiere Geräusche, die in ihrer unmittelbaren Nähe entstehen, kaum beachten. Die Thiere hören nicht mehr auf den Zuruf ihres quot;Wärters, zeigen sich sehr oft bissig und werden Schläger. Im höhern Grade des Zustandes kann man dem Thiere j^de Stellung, z. B. die mit den Vorderfiissen gekreuzte, geben, und das Thier behält diese Stellung bei, bis es-umzufallen droht. Die Bewegung zeigt sich nicht minder gestört, als das Verhalten im Stande der Ruhe. Alle Actionen sind plump und unbeholfen. Die Thiere drängen in die Zügel oder zur Seite, gewisse Hülfen werden von ihnen nicht mehr verstanden. Das vordem zu den feinsten Evolutionen geschickte Reitpferd ist jetzt ein plumpes, unbehülfliches Thier geworden, dessen Bewegungen nur durch die rohesten Hülfeleistungen von dem Willen des Reiters regiert werden können. Namentlich sind die Thiere nicht zum Zurückgehen zu bewegen. Versucht man es, sie zurück zu schieben, so sind sie wie angenagelt. Im Beginne des Leidens und bei einem niederen Grade desselben treten diese Erscheinungen erst bei längerer Bewegung ein. Die Empfindlichkeit ist herabgesetzt, die Thiere erdulden mechanische A7erletzungen aller Art, ohne darauf'zu reagiren, doch ist nicht selten, besonders bei intercurrirender Hirnreizung, die Empfindlichkeit auch eine gesteigerte. Bei der Futterauf'nahme benehmen sich die Kranken sehr ungeschickt. Sie fahren häutig rasch mit dem Maule in das Körnerfutter, nehmen ein Maul davon, machen einige Kaubewegungen, halten dann mit denselben längere Zeit ein, und setzen das Kauen erst nach einer Weile wieder fort. Ganz genau verhalten sie sich so beim Heufressen. Beim Saufen stecken sie den Kopf tief in's Wasser hinein.
Wir haben also hier eine Störung des Bewusstseins und eine gehemmte Einwirkung des thierischen Willens auf die Art und Weise der willkürlichen Bewegung, so dass dieselbe bald unbeholfen, schwerfällig, bald zwecklos, selbst zweckwidrig erscheint. Trotz normaler Beschaffenheit der Sinnesorgane, wie der des Gefühls, Geis*
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sichts und Gehörs, ist doch die Sinneswahrnehmuiig eine beschränkte, was auf' eine Alteration, oder Degeneration der Perceptionszellen im Gehirne schliessen lässt. Die Sinnesreize werden in ganz normaler Weise von den entsprechenden Organen dem Gehirne zugeleitet, aber die Umsetzung in die correspondirenden Vorstellungen geschieht ganz unvollkommen. Die Störung des Bewusstseins und der willkürlichen Bewegung hängt hier in den allermeisten Fällen von Druck ab, der ganz besonders von den Seitenkammern ausgeht und sich durchs Mark bis zur Rinde fortsetzt. Derselbe wird durch eine sich allmälig im Verlaufe des Dummkollers mehrende pathologische AVasseransammlung in den Ventrikeln erzeugt.
Obwohl es nicht in der Tendenz meiner Schrift liegt, Fragen zu discntiren, die zum Ressort der gerichtlichen Thierheilkunde gehören, so muss ich doch hervorheben, dass sehr oft durch die Macht äusserer Verhältnisse, wie nach Einwirkung grosser Sommerhitze, eines reichlichen, gutnährenden Futters, des Aufenthaltes in einem dunstigen, übersetzten Stall plötzlich dieErscheiuungen des Hirndrucks in den Hintergrund treten, und die Symptome der Hirnreizung zur Beobachtung gelangen. Steigern sich dieselben bis zur Meningitis, wobei die äussern Erscheinungen die des rasenden Kollers sind, und geht das Thier, wie gar nicht selten, unter diesen Symptomen zu Grunde, so können die Erscheinungen einer eitrig-fibrinösen Hirnhautentzündung so in den Vordergrund treten, dass gar nicht selten die Zeichen des jahrelang bestehenden kydrocephaltis chronicus verkannt werden, indem man den alten Erguss als eine Theil-erscheinung der Meningitis und deshalb als eine frische Exsudation auffasst. Und selbst, wenn die festen Beimengungen der Exsudate mangeln, da Entzündungen oft auch nur rein seri'iso Producte liefern, so wird man geneigt sein, wenn unter den oben angegebenen Vei--hältnissen die Zeichen einer acuten fieberhaften Gehirnkrankheit auftreten, die reichliche Ansammlung von Serum in den Gehinihöhlen, zwischen den Gehirnhäuten und die seröse Infiltration des Marks der Hemisphären sammt und sonders als die Producte eines acuten Vorgangs aufzufassen, trotzdem, dass — vielleicht schon seit Jahren — ein massiger hydroccphalm chronicu.s bereits bestand.
Von diesen Zeichen einer intercurrirenden Meningitis, die, wie wir wissen, fieberhaft ist, müssen wir die Erscheinungen des Spring- oder rasenden Kollers doch trennen. Bei diesem Zustand, der sich beim dummkollerigen Pferde, besonders nach Einwirkung von grellem Licht, von heftigem Geräusche, rohen Hülfen einstellt, werden die Thiere plötzlich rasend, steigen in die Krippe, bei der Bewegung gehen sie durch, überschlagen sich, zertrümmern Wagen und Geschirre, aber dergleichen Anfälle, wornach die Thiere sich ausserordentlich erschöpft zeigen, dauern höchstens eine
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Dammkoller.
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halbe Stunde, und dann kehrt Alles wieder in's alte Gleis zurück. Diese Paroxysmen, welche die tobsüchtigen Anfalle im Verlauf des chronischen idiopathischen Irreseins des Menschen genau im Thiere wiederholen, entsprechen einer vorübergehenden Hirnreizung, durch Blutüberfüllung der Meningen und der Rinde vermittelt. Wiederholen sich derartige Paroxysmen öfterer, so erfolgt der Tod bisweilen rasch durch Hirnüdem oder durch eine jiihe Vermehrung des Kamnierwassers.
Der Verlauf des Dummkollers ist in der Regel ein lang-wi eriger. Unter günstigen iiussern Umständen, und wenn die Krankheit noch keinen hohen Grad erreicht hat, können diese Thiere noch jahrelang im langsamen Zuge verwandt werden. Beim erwachenden Frühjahre zeigen sich in vielen FäHen Verschlimmerungen, und ganz besonders sind es die ersten heissen Tage des Mai, wo dummkollerige Pferde von den oben geschilderten tobsüchtigen Paroxysmen heimgesucht werden, emVerhältniss, das auch beim chronischen idiopathischen Irresein des Menschen beobachtet wird. Denn in den ersten heissen Sommertagen geht es in Irrenhäusern ausserordentlioh lebendig her. Beide Fälle beruhen auf einer Ursache, nämlich auf einer durch die Einwirkung dos jähen Ueborgangs von niederen zu höheren Temperaturgraden auf' das Gefässsystera erzeugten stärkeren Fluxion des Blutes y.um Gehirn. Im Winter tritt eine Besserung des Zustandes bei dumm-kollerigen Pferden ein.
Der Tod erfolgt hier entweder durch Lungenödem, Lungenentzündung, chronischen Rotz, indem dummkollerige Pferde ganz besonders zur Selbstentwickelung des Rotzes disponiren, oder das pathologische Transsudat wächst in den Kammern in dem Maasso, dass der Hirndruck zur Hirnlähmung führt, wobei meist halbseitige Lähmungen dem Tode vorangingen, oder es determinirte eine Meningitis. In jenen Fällen, wo Heilung beobachtet wurde, bestand wohl keine bedeutendere Exsudation im Gehirn, sondern wir hatten es wohl mehrmit einer langwierigen Blutfülle der Hirnhäute und der Rinde zu thun.
Der Sectionsbefund bei Dummkoller besteht in den meisten Fällen in einer pathologischen Vermehrung des Kammerwassers im Gehirn. Diese Vermehrung kann 6, selbst 10 3 betragen, wodurch begreiflicherweise eine Erweiterung der Kammern, eine Abplattung der Basalganglien, besonders der Streifenhfigel und der thalami optici, durch partielle Atrophie der Theile erzeugt, beobachtet wird. Dabei ist vielfach eine Verdickung des Ependyma's, eine Erweiterung der Höhlen der Riechkolben, Spuren überstandoner Meningitides, wie ganz besonders die Trübung der dura mater, ferner Pacchioni-sche Granulationen auf der Arachnoidea, Erweiterungen der Venen an der Oberfläche des Gehirns mit Vermehrung ihrer Schinngelungen beobachtet worden.
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Ger lach identificirt nun geradezu den Dummkoller mit der chronischen Hirnhöhlen -Wassersucht, hebt hervor, dass Hirnerweichung und Gehirnödem in den Cadavern dummkolleriger Pferde stets mangeln, betont besonders, dass in allen Fällen das Kammerwasser klar und frei von festen Beimischungen sei, und findet in diesen Umständen vorzüglich den Grund zur obigen Aufstellung, wie zu der Annahme, dass das Wesen und die nächste Ursache des Dummkollers in einem gestörten Transsudationsverhältniss der Kammerwandungen zu suchen sei.
Es scheint doch, als ob mein hochgeehrter Freund sich habe hier durch eine Summe übereinstimmender Thatsachen zu einer etwas zu exclusiven Auffassung verleiten lassen. Denn wenn ich auch vollkommen mit ihm einverstanden bin, dass es von W agenfeld eine wunderbare Inconsequenz war, wenn derselbe den Dummkoller unter der chronischen Hirnhöhlenwassersucht rubricirt und trotzdem das Fehlen dieser pathologischen Vermehrung der Hirnhöhlenflüssigkeit im Dummkoller zugiebt, so vermag ich doch nicht in Abrede zu stellen, dass ich mich durch eigne gewonnene Erfahrung von dem Vorkommen des Dummkollers ohne Gohirnhöhlcnwassersucht überzeugt habe, wenn ich auch gern zugebe, dass dieses Verhältniss nur bei einer verschwindend kleinen Zahl der dummkollerigen Pferde existirt. Die hier einschlagende Beobachtung machte ich an einem an dem höchsten Grade des Dummkollers leidenden Thiere. Dasselbe wurde wegen Unheilbarkeit getödtet. Bei dem Absetzen des Kopfes vom Atlas floss ungefähr eine Obertasse Flüssigkeit durch's Hinterhauptsloch ab, die weisslich getrübt war. Die Spinnwebenhaut und pia mater der medulla obloiujata waren verwachsen, getrübt , in der Spinnwebenhaut fanden sich kalkige Concretionen und, wie die mikroskopische Untersuchung ergab, Einlagerung von Gallenfett. Die Hirnhäute waren gleichfalls getrübt, die Sub-arachnoidealräume mit Wasser erfüllt, die Oberfläche der Arach-noidea von dem noch auf ihr stehenden Wasser stark glänzend (Oedera der Arachnoidea). . das Gehirn blutarm, die Ventrikel fast leer.
Die Vermehrung des Kammerwassers an sich kann niemals die Erscheinungen des Dummkollers bedingen, sondern diese sind die weitern Folgen des Druckes, den die vermehrte Wasseransammlung theils nach abwärts auf die Centralheerde der Sinneswerkzeuge, theils nach oben auf Mark und Rinde ausübt. Aber da wir durch die physiologischen Forschungen kennen lernten, dass eben nur an den Zellen der Eindenschicht die höhern geistigen Thätigkeiten offenbar werden, da wir ferner wissen, dass von dort aus die Beziehungen der Seele zur Bewegung und Empfindung durch Leit-fasorn vermittelt, die in den Rindenzellen beginnen, und in den
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Dummkoller.
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Zellen der Basalganglien enden, zur Geltung kommen, so muss vorausgesetzt werden, dass, damit die Zeichen des Duii.-mkollers, nämlich des gestörten Bewusstseins und des gehemmten Willens, in die Erscheinung treten, der durch das Mark fortgepflanzte Druck einen loestimmten Grad besitze, und vor Allem auch die Eindenzellen wirklich erreiche. Dass dem auch in der That so ist, geht aus dem Sectionsbefund dummkolleriger Thiere hervor, denn dort findet man die Windungen an der Oberfläche und der Basis des Gehirns in Folge der Pressung durch die Hirnhöhlenwassersucht abgeflacht, selbst verstrichen, die Hirnmasse dichter und blutarm, die Hirnhäute bei bedeutendem Hydrops anämisch.
Bei dem chronischen Hirnhautödem, was auf demselben Process als die langwierige Hirnhöhlenwassersucht beruht, nur dass der Vorgang heterotop in den Hirnhäuten stattfindet, ist die Wirkung der pathologischen Wasseransammlung eine mehr directe. Dabei werden die Eindenzellen unmittelbar von der pathologischen Wasseransammlung behelligt, und in ihrer Function beeinträchtigt. Aber für den Totaleffect ist das ganz gleichgültig. Wir haben hier wie dort ein chronisches Hirnleiden mit Schwächung derHirnfunctionen, einen Zustand, den wir eben trivialiter den Dummkoller nennen. Gerlaeh hebt am angegebenen Orte hervor, dass die Gehirnentzündung sich so von dem Dummkoller unterscheide, dass sie — dort — kaum der Erwähnung werth sei, und bemerkt weiter unten, dass die Erscheinungen bei der Gehirnentzündung der Pferde leicht zu Verwechselungen dieses Zustandes mit den tobsüchtigen Paroxysmon beim Dummkoller führen können. Ger lach meint hier wohl auf keinen Fall das Auftreten der Hirnentzündung in einem discreten Heerde ohne Concurrenz einer Meningitis. In der Hegel beobachten wir diese Entzttndungsheerde in der einen oder in der andern Hemisphäre; sie können Taubenei-, selbst Gänseeigrösse erreichen, die betroffene Hirnpartie in einen zerfliessenden Eiter-heerd oder in eine käsige, bröckliche Masse umwandeln, oder ein Maschenwerk feiner Bindegewebsfibrillen darstellen, das mit einer kalkmilchähnlichen Flüssigkeit infiltrirt ist, und doch bestand während des Lebens kein Zeichen des Dummkollers. Das Thier ging an einer extracephalen Störung zu Grunde, oder es wurde wegen eines Zustandes getödtet, der nicht im Entferntesten mit Dummkoller etwas gemein hatte, sondern man fand den Entzünduugs-heerd im Gehirn ganz zufällig. Das Mark des Gehirns zeigt eine ausserordentliche Toleranz für derartige Zustände, und in dieser ist der Grund zu suchen, dass solche pathologische Veränderungen hier jahrelang ohne Störungen des Bewusstseins, ohne Hemmung der Empfindung und Bewegung, ohne Alteration der Sinnesthätig-ikeiten getragen werden können. Ich erinnere mich sehr wohl
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eines Falles beiReiuh ardt, bei welchem in der linken Hemisphäre eines Mannes ein fast hühnereigrosscr Heerd angetroffen wurde, der gelbroth von Farbe, einer zitternden Gallerte gleich, aus dem zartesten Bindegewebe bestand, das in seinen Masehen ein rothliches Serum barg, — ein früheres Stadium der Du ran d-Far d e 1'sehen Zelleninfiltration —, und doch versicherten die anwesenden Abtheilungsärzte, dass der Mann bis kurz vor dem Tode ein ungetrübtes Bewusstsein besessen habe. Die Sache muss sich aber nothwendig ändern, so bald in Folge reactiver Hyperämie die Hirnrinde alterirt wird, oder sobald consecutiv eine Vermehrung des Kammerwassers durch derartige Zustände erzeugt wurde. Dann werden Störungen des Bewusstseins und gehemmte Sinnesthätigkeiten niemals vermisst worden, weder beim Menschen, noch beim Thier. Auch hier wird sich bei Thieron allmälig ein Zustand von Stumpfsinn und Bewusstlosigkcit einfinden, der sich von den Zeichen des Dmnmkollers bestimmt in Nichts unterscheidet, und nur die Dauer und der Sectionsbefund können darüber Anfschluss geben. Denn beginnen solche Entzündungen oderEiterungsheerde im Gehirn einmal bedeutendere Erscheinungen zu machen, so erfolgt der Tod ziemlich raseh, entweder unter apoplectifonnen Erscheinungen, oder unter Erkrankungen der Athmungswerkzeuge. Diese localen Hirnentzündungen können sehr lange, monate-, ja jahrelang getragen werden, ohne dass sie Erscheinungen machen, und in forensischer Beziehung scheint mir deshalb ein durch sie veranlasster Dummkoller mit gleichem Rechte die Wandelklage zu bedingen, als ein durch eine chronische Hirnhöhlenwassersucht erzeugter. Ganz andere Verhältnisse treten uns bei der Hirnhaut-Hirnentzündung entgegen, bei welcher die irritativen Ernährnngsvorgänge in der pta auch die Hirnrinde mit erfassen. Durch diese kann ein bis vor wenig Tagen gesundes, preiswürdiges Thier vollkommen entwerthet werden, oder zu Grunde gehen, und dies innerhalb einer sehr kurzen Frist. Aber wenn zugestanden werden muss, dass dieses acute Geliirnloiden oft den Ausgang in unvollkommene Genesung nimmt und Dummkoller zur Folge hat, der noch jahrelang fortbestehen kann, ohne den Tod des Thieres zu erzeugen, so wird die An- und Abwesenheit von Spuren früher dagewesener Entzündung im Gehirn vordem dummkolleriger Pferde in forensischer Beziehung sehr entwerthet.
Die chronische Hirnhautentzündung, die zu bleibenden Trübungen und Verwachsungen der Hirnhäute, zu pathologischen Ergüssen in den Spinnwebensack führt, wird nie ohne die Zeichen des Dummkollers verlaufen, sobald sie gewisse Grenzen überschreitet. Sie complicirt sich meist mit Hirnhöhlenwassersucht, besteht aber auch ohne diese. Die Wasserergüsse sind hier meistens klar, und darin soll ein Unterschied zwischen den chronischen und acuten Wasser-
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Die acute idiopathische Manie der Pferde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 233
ansammlungen im Gehirn beruhen, jedoch hat G erlach wiederholt acute Ergüsse in den Ventrikeln beobachtet, denen jede Trübung durch feste Beimengung mangelte. Die Riechkolben sind bei den chronischen Ergüssen meist durch Wasser enorm ausgedehnt, die Auskleidung der Kammerwandungen ist verdickt und ihre innere Fläche mit mohnsamengrossen, festen Knotehen bedeckt, welche die vorpuscula awylacea enthalten. #9632;—
Der idiopathische ehr onisch e D um mk oll er wird demnach in den allermeisten Fällen durch Hi r n -h ö h 1 e n w a s s e r s u c h t veranlasst, doch vermag er auch durch Hirnhautödeme, durch die Folgen chronischer Hirnhautentzündungen, Ent-zündungsheerde des Gehirns, die seeundär zu Hirnhautentzündungen und Hirnhöhlen waäsersucht führten, wie nicht minder durch die Folgen acuter Hirnhautentzündungen erzeugt zn werden. In ganz exeoptio-nellen Fällen beobachtete man Duramkoller auch bei grossen Neubildungen auf den Adergeflechten und grössern Auswüchsen auf der Innern Schädelfläche.
Die acute idiopathische Manie der Pferde
ist entweder eine acut auftretende Hirnhaut- und Hirnhyperämie, oder durch die eitrig-flbrinose Meningitis begründet. Die äussern Zeichen dieses Znstandes sind schon oben bei jenen anatomischen Veränderungen des Gehirns aufgeführt. Wir beobachten hier entweder Üebergang in Genesung mit grosser Neigung zu Recidiven, oder üebergang in Tod, meist durch Hirnödem, oder endlich, die tobsüchtigen Erscheinungen lassen nach, und machen den Erscheinungen des langwierigen Dummkollers Platz.
Das consensuelle Irresein des Menschen.
Bei dieser Art des Irreseins leidet das Gehirn erst seeundär in Folge des Verbandes zwischen den verschiedenen peripherischen Organen und dem centralon Nervensystem, woraus es auch begreiflich wird, dass die Geistesverwirrung dabei keinen so hohen Grad erreicht und der Verlauf der Krankheit auch ein langsamerer ist. In der That scheint die mania sympathica mit andern Erscheinungen aufzutreten, als die idiopathische. Die vom Gehirn und von dessen Häuten ausgehende Reizung characterisirte sich durch Raschheit im Handeln , durch Lebhaftigkeit der Phantasie, auch wohl durch ein erhöhtes Selbstgefühl und durch ein stolzes, hoffärtiges Benehmen. Bei der seeundären Hirnaff'ection dagegen hat die Congestion einen mehr passiven Character, die Hirnreizung ist dabei nicht so bedeutend, es leidet v o rn e h m 1 i ch das G e m ü t h , und manchmal zeigt sich ein Gefühl von Druck und Schwere im Kopfe.
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234nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Yon den Krankheiten des Nervensystems.
Mit wenig Ausnahmen erscheint der mit sympathischer Manie Behaftete weniger aufgeregt, sondern er wird durch ein Angstgefühl gedrückt, das er nicht los werden kann. Da er den Grund dieses •Gefühls meistens nicht im eignen Körper zu finden vermag, sich vielmehr ebenso für gesund hält, wie ein an idiopathischer Manie Leidender, so sucht er die Ursache seines Leidens in ganz anderen, meist ausserhalb seines Organismus gelegenen Verhältnissen. Wir müssen nun festhalten, dass die Aeusserungen des Gehirns nicht durch ein besonderes Gefühl von Schmerzhaftigkeit sich kund geben, vielmehr, insofern die Oberfläche des Gehirns dabei in Frage kommt, als Bilder und Vorstellungen oder als unklare Wahrnehmungen und als eine eigenthürnliche Stimmung des Geistes hervortreten. Besonders kommen uns oft im gesunden Zustande unwillkürlich mancherlei Bilder und Gedanken, selbst wenn wir über Anderes sprechen und schreiben, und wir achten nicht weiter darauf, wenngleich es nicht selten schwer fällt, uns derselben zu entschlageu. Dies wiederholt sich auch im Traume. Wenn aber dann eine mehr passive Congestion stattfindet, etwa durch ein eng anliegendes Halstuch oder durch Tiefliegen des Kopfes, so pflegen mehr ängstliche Bilder in Folge der Zurückhaltung des venösen Blutes und der verlangsamten Circulation aufzutreten. Ist das Gehirn stärker erregt, strömt mehr arterielles Blut durch die Hirngefässe, dann sind die Träume lebhafter und die phantastischen Vorstellungen lösen einander in rascherer Folge ab, ohne dass sich damit etwas Aengst-liches verknüpft. Diese Verhältnisse scheinen sich bei der sympathischen Manie zu wiederholen. Ganz besonders besteht bei den mit Schwermuth verknüpften Formen eine mehr venöse Congestion zum Gehirn. Zuerst klagen die Kranken über ein besonderes Gefühl von Wärme oder über einen Druck in der Scheitelgegend. Der Kopf ist meist geröthet oder wohl auch etwas geschwollen, der Scheitel fühlt sich wärmer an, manchmal auch der Hinterkopf oder selbst die Stirne, was jedoch mehr bei idiopathischer Manie vorkommt. Hände und Füsse dagegen sind, zumal im weitern Verlauf, kühl, bläulich aufgetrieben. Der Eadialpuls ist klein und weich, der Caritidenpuls stärker. Alles deutet auf eine gestörte Circulation im Gehirn, obwohl sich die letztere hier nicht immer in einem rothen, gedunsenen Gesichte offenbart. Sowie sich Aeusserungen von Schwermuth einstellen, zeigt das Gesicht meist eine blassgelbe oder bräunliche Färbung, die zuweilen eine Complication des Irreseins mit einem Leberleiden andeutet. Die gedrückte Gemüths-stimmung kommt aber wohl auf jeden Fall auf Rechnung einer Anhäufung venösen Blutes im Gehirn und in den Gehirnhäuten. Es ist gleichsam ein Traum im wachen Zustande, den der Kranke vergeblich niederzuhalten sucht. Der Nachtheil dieser passiven Congestion
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Das cousensuelle Irresein des Menschen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;235
scheint nicht lediglich in der vermehrten Zufuhr von Blut und in der mechanischen Ausdehnung der Gef'ässe zu liegen. Gleichzeitig ist auch die Circulation verlangsamt, das venöse Blut verweilt länger in den Haargefässen, das arterielle Blut wird weniger rasch zugeführt, und darunter muss wohl die Ernährung oder der Stoffwechsel des Gehirns und somit auch dessen Thätigkoit und Erregung leiden.
Wir wissen Alle, wie belebend und geistig aufmunternd das Einathmon einer frischen, sauerstoff'roichen Luft auf uns einwirkt, und wie das Gegentheil: der Aufenthalt in einem engen Räume, der mit einer im Uebermaasse mit Kohlensäure und AVassergas geschwängerten Luft gefüllt ist, auch das Gegentheil erzeugt. Manche krankhafte Zustände refiectiren sich mit grosser Bestimmtheit in der Art der Gehirnfunctionen; so ist der Lungenschwindsüchtige lebhaften Geistes, ein rascheres Denken und eine Steigerung der Phantasie giebt sich hier'kund; engbrüstige Individuen dagegen und solche, die an Asthma leiden, sind kleimnüthig und leicht sciireckbar. Ebenso wirken bestimmte Blutfehler auf unsere Hirnstimmung ein: Scorbutische sind kleimnüthig und gedrückten Geistes, Chlorotische, wie allgemein bekannt, machen sich durch ein verdriessliches Weset. unangenehm, Gelbsüchtige sind meistens schwerfällig, matt und träge , verdriesslich , an Entzündung der Brusteingeweide Leidende, bei welchen der Faserstoffgehalt des Blutes bis auf das 20fache sich steigern kann, wobei constant eine Verminderung der farbigen Blutzellen stattfindet, werden bisweilen manieähnliche Delirien beobachten lassen, obwohl, wenn der Tod erfolgt, Hirnhäute und Gehirn frei von hervorstechenden anatomischen Veränderungen angetroffen werden. Beim Nervenfieber wird die ganze Scala der Erscheinungen der Hirnerregung und des Hirndrucks wahrgenommen, und doch entspricht ihr keine bestimmte intracephale Läsion. Bei grossen Blutverlusten treten Ohnmächten, Convulsionen und Delirien ein. Hierbei kommt nicht bios die geminderte Ausdehnung der Blut-gefässe in Betracht, sondern auch die mangelhafte arterielle Blutfülle.
Indess würde man doch zu weit gehen, wollte man die cousensuelle Manie und Melancholie und deren Modificationen nur aus einer Zu- oder Abnahme der zum Gehirn strömenden Blutmenge, oder aus einer rascheren oder trägeren Circulation, oder endlich aus einer veränderten Mischung des Blutes erklären. Die beigebrachten Beispiele sollten nur darthun, wie gross der Einfluss des Blutes auf's Gehirn sei. Der eigentliche Grund, warum ein entfernter Theil einen pathologischen Einfluss auf's Gehirn auszuüben vermag, ist ohne Zweifel in den Nerven zu suchen, namentlich im Sympathieus und Vagus. Wenn auch nicht in allen, so doch in
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den meisten Fällen, seheint der Sympathicus von dem afficirten Theil in der Bahn des Rückenmarks reHectorisch auf's Gehirn zu wirken. Ob eine solche quot;Wirkung auch direct durch den Sympathi-eusstrang ausgeführt werden kann, ist nicht ausgemacht, es ist sogar unwahrscheinlich, dass die Reflexe vom Sympathicus auf das Rückenmark bekannt genug sind. Die Nerven vom colon sinislrum , von den Geschlechtstheilen, vom Uterus, kommen dabei hauptsächlich in Frage.
Nach der Verbreitung der auf den Hirngeßisseu verlaufenden Fasern dos Sympathicus in der Schädelhöhle steht zu vermuthen, dass durch sie hauptsächlich locale Congestion zum Gehirn zu Stande kommt. Durchschneidung des Halstheiles des Sympathicus erzeugt nur auf der entsprechenden Seite Hyperämie und Exsudation. Nach Durchschneidnng der pars cerriculis sijmpathici beobachtete Bernard die gleichnamige Kopfseite hoher temperirt, die Arterien derselben stärker gefüllt, die Theile blutreicher. Die Congestion nahm allerdings nach einigen Tagen ab , die erhöhte Temperatur aber blieb.
Bei der Section sympathisch Irrer kommt am Häutigsten eine Veränderung im Colon vor, namentlich bei Melancholie, womit Stnhlträgheit und Obstruction verbunden zu sein pflegen. Fast immer ist das colon sinislrum der leidende Theil. Man begegnet hier Einschnürungen und Verengerungen. Die Stelle dieser Stricturen wechselt. Man findet sie unterhalb der flcvuru siymoideu am Uebergange ins Rectum, wo dann die Sformige Schlinge erweitert, verlängert, und durch Gas ausgedehnt zu sein pflogt. Sie ist dabei vielleicht nach oben gedrängt, ja sie reicht wohl bis zum colon Irunsversum, ja noch darüber hinauf. In anderen Fällen sitzen die Stricturen über der (lexura siymoideu am linken Colon. Dann ist das colon transversum erweitert und verlängert, so dass es wohl bis in's Becken hinabreicht, und dann wieder bis zur Leber hinaufsteigt. Auch das Cöcum kann dabei erweitert sein. Es kommen auch mehrfache Stricturen im colon siitistnnnvor, ober- und unterhalb der fleivura sif/moiden , wobei die Sformige Biegung und der Quergrimmdarm in verschiedenem Grade erweitert sein können. Verengerungen im colon transversum oder ascendens scheineb nicht vorzukommen. Die Häute des Colon sind meistens verdünnt und ausgedehnt, an den Stricturen aber kann der Darm bis zur Fingerdicke verengt sein. Die Schleimhaut hat auf der Innenfläche meist ein laquo;esundes Ansehen, doch ist sie bisweilen an den Stricturen etwas verdickt und roth. Bisweilen begegnet man Entzündungen und Ulcerationen hier. In einem von Schröder beobachteten Fall heftiger und unbezähmbarer Melancholie mit Neigung zum Selbstmorde war das ganze
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Das conseusuelle IiTOäein Jes Menschen.
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Colon auf der Innenfläche stark entzündet und verschwärt, und im Cöcuin fand sich sogar eine perf'orirte Stelle.
Bei der sympathischen Manie findet man aber nicht nur bedeutende Erweiterungen des Darms oberhalb der stricturirten Stelle, sondera auch eine messbare, mehrere Fuss betragende Verlängerung des Dickdarms. Hierdurch werden, da das Caliber der zu- und abführenden Gefässe dasselbe bleibt, sicher bedeutende Circulations-hemmungen gesetzt, die in der Regel zur Bildung von Hämorrhoidal-knoten führen.
Ob die Anhäufung eines mehr venös beschaffenen, träge cireu-lirenden Blutes in der Umgebung des Sympathicus eine nachtheilige Einwirkung auf diesen Nerv auszuüben im Stande ist, harrt freilich des wissenschaftlichen Nachweises, jedoch ist es auffällig, wie günstig Hämorrhoidalblutungen auf die Melancholie, in welcher Form sich gewöhnlich die sympathische Manie äussert, einwirken, und von welchen Verschlimmerungen der Gemüthsstörungen eine Unterdrückung derartiger Blutungen begleitet ist. Der Zusammenhang der Nerven der Gebärmutter sowohl, als der Samenbläschen , und ebenso der Zusammenhang der Nerven der Harnblase und der Harnleiter mit denen des plexus viescnto.ricus inferior, dessen Aeste zum colon descendens verlaufen, dürfte viele Erscheinungen in der Geschlechtssphäre bei Melancholikern erklären, indem durch Irradiation der Empfindung, die von derKothanhäufung in dem Colon ausgeht, Geschlechts- und Harnwerkzeuge dauernd in erregtem Zustande erhalten werden, daher Pollutionen und Neigung zur Onanie oder Manustupration bei Melancholikern. Im weitern Verlaufe stellen sich auch irritative Vorgänge in den Geschlechtsorganen ein, Hypertrophieen und Entartung der Ovarien, des Uterus . Fibroide des Uterus, Entartung der Hoden. Oder das Ver-hältniss war ein umgekehrtes, die Entartungen im Geschlechtsapparate waren das Primäre, und die Dickdarmerkrankung folgt nach. Dabei ist es beachtenswerth, wenn der sympathische Irrsinn von den Ge-schlechtsthoilen ausgegangen ist, oder zu Erkrankungen der Ge-schlechtstheile führte , dass die melancholischen Vorstellungen eine eigenthümliche Färbung und einen besondern Character annehmen, weshalb man auch umgekehrt auf den wesentlichen Character des Irreseins, auf die Ursachen dieser Krankheit zurückschliessen darf.
Aber auch die Lungen und die Luftwege werden bei der sympathischen Manie die liauptsächlich leidenden Theile sein, weshalb auch einer der häufigsten Befunde in den Leichen Geisteskranker die Lungentuberkulose ist. Ein, wenn auch etwas seltnerer Befund , sind Hypertrophieen des Herzens mit oder ohne Klappenveränderung. Nicht selten findet man bei Irren die bedeutendsten Lungenzerstörungen, die sich bei Lebzeiten durch keine auffallenden
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Erscheinungen kundgaben. Der Husten fehlt in solchen Fällen manchmal ganz und gar, auch von Auswurf sieht man nichts, weil ihn der Kranke regelmässig verschluckt, und nur durch Abmagerung, durch beschleunigten Puls, durch den eigenthümlichen Gesichtsausdruck und durch die äussere Untersuchung der Brust kann die Lungenaffection erkannt werden.
Man glaube aber nicht, dass die erwähnten Leiden in entfernten Theilen des Körpers an und für sich den Irrsinn hervorzubringen im Stande sind. Verlängerungen und Stricturen des Colon, Träger Stuhl, Affectionen des Uterus, der Ovarien, der Lungen, kommen häufig genug vor ohne die geringste geistige Verwirrung. Es muss noch eine besondere Disposition und eine besondere Erregtheit der Cerebraltheile hinzukommen. Bisweilen sind die Stricturen des Colon, die geschlechtliche Aufregung, von einer vorausgegangenen Affection des Gehirns und des Rückenmarks abhängig. Sind sie entstanden, so üben sie selbst wieder einen nachtheiligen Einfluss auf die letztgenannten Theile, und tragen zur Erzeugung des sympathischen Irrsinns bei. Es kommt immer darauf an, welcher Theil am Stärksten ergriffen ist, und gleichsam den Grundton anschlägt, wodurch das Irrsein seine eigenthümliche Farbe bekommt. Sitzt das Leiden wesentlich im Gehirn, so zeigt sich mehr eine allgemeine Aufregung. Der Kranke ist meistens weit lebhafter, und in seinem Streben tritt ein erhöhtes Selbstgefühl zu Tage. Ueberwiegt die Affection der Eingeweide, so pflegt der Kranke lange nicht so lebhaft und aufgeregt zu sein, aber alle seine Vorstellungen haben einen dunkeln Hintergrund. Andern Personen gegenüber vermag sich der Irre hier noch lange dergestalt zu beherrschen , dass man ihm fast nichts anmerkt. Er spricht noch ganz scharfsinnig über Dinge, die in keiner unmittelbaren Beziehung zu seinem Schwermuthe stehen, sein Verstand ist also nicht verwirrt. Allein unaufhörlich wird er durch einen verkehrten Wahn, durch einen ängstlichen Traum beherrscht, und seinen trüben Vorstellungen und Selbstanklagen vermag er sich nicht zu entziehen. Das Gefühl, das Gemüth , üben einen pathologischen Einfluss auf seinen Verstand. Ein fremdartiger, ihm unerklärlicher Einfluss wirkt auf sein Gehirn und auf seinen Verstand, dieser führt ihn irre, und reisst ihn unwiderstehlich mit sich fort.
Im Gehirn findet man in der Regel die nämlichen Veränderungen wie bei der beginnenden mania idiopathica, die Ge-fässe sind meistens ausgedehnt, die pia mater über den Hemisphären oftmals mit einem serösen Exsudate bedeckt, das zwischen ihr und der Arachnoidea gelegen ist. Wird die pia maier abgerissen , so zeigt die graue Rinde abwechselnd an verschiedenen Stellen eine hellrothe und eine blassere Färbung. Bei längerer-
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Dauer der Krankheit ist auch die pia mater mit den Hirnwindungen verwachsen, und lässt sich nur schwer abziehen. Meistens indessen ist bei Melancholie, namentlich wenn dieselbe von den Eingeweiden und Gesehlechtstheilen ausgeht, die Scheitel- und Hinterhauptsgegend stärker ergriffen, und die vordere Partie der Hemisphären unter dem Stirnbeine zeigt um so weniger pathologische Veränderungen , jemehr der Kranke während seiner Melancholie von allgemeiner Verstandesverwirrung frei blieb, und, abgesehen von einer dominirenden, falschen Idee, verständig sprach. Bei mania idio-pathica leidet mehr die vordere Partie der Hemisphären. Wenn nun aber bei längerer Dauer der Melancholie die sympathische Manie endlich zur idiopathischen wird, und die Melancholie in Manie oder in Blödsinn übergeht, dann ist die Gehirnaffection nicht mehr so umschrieben, sondern es hat sich manchmal eine allgemeine chronische Meningitis mit den nämlichen Folgen gebildet, die bei mania idiopathica auftreten.
Bei der vom Colon ausgehenden maniasympathica cha-racterisirt sich die Geistesstörung durch ein eigenthümliches Gedrücktsein des Gemüths, durch Beängstigung und dadurch, dass sich die Kranken meist selbst der Schlechtigkeit und Verworfenheit anklagen, entweder in der Gegenwart, oder in der vergangenen Zeit. Die Krankheit hat einen sehr langsamen Verlauf, und meistens sind die Beängstigungen oder Selbstanklagen schon eine gewisse Zeit hindurch dagewesen, bevor noch ein Arzt befragt wurde. Anfangs bekämpft der Patient noch seine trüben Gedanken , und Fremden gegenüber benimmt er sich wie ein Gesunder, so dass man nichts Ungewöhnliches an ihm wahrnimmt oder vermuthet. Der Kranke leidet meistentheils lange, oft schon jahrelang, an einem trägen Stuhle. Hämorrhoidalknoten am After, Hämorrhoidalblntflüsse, sind die gewöhnlichen Befunde.
Die Schwermuth nimmt langsam zu, wenn das Gemüth nicht anderweite erschütternde Eingriffe erfahren muss. Der Kranke sucht die Einsamkeit, versteckt sich gern in einen dunkeln Winkel, auch hat er wohl ein höchst unangenehmes Gefühl in den Präcordien, das sich nicht selten, zumal bei Weibern , nach links ausbreitet. Dazu gesellt sich ein unbeschreibliches Angstgefühl, wofür die Seele auf das Geschäftigste Objecte sucht, und so wird diese Hyperästhesie, die unzweifelhaft somatischen Ursprungs ist, zur furchtbarsten Seelengeissel, indem sich der Schwermiithige um jenes Gefühls willen eine Summe von Verbrechen und Lastern andichtet, die er nie beging. Die Selbstanklagen zeigen individuelle Verschiedenheiten , doch laufen sie meistens darauf hinaus, dass die Kranken sich anklagen, als schlechte, abscheuliche Menschen ihre Verwandten und Freunde unglücklich gemacht oder in Armuth gestürzt
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zu haben. Sie zeihen sich der Lieblosigkeit gegen Verwandte, Ehegatten oder Kinder, sie glauben sogar, ihre nächsten Anverwandten wären todt, und jene, die dafür sich ausgeben, seien nur fremde Eindringlinge, die sich der Kleider und Güter ihrer wahren Verwandten bemächtigten. Sie halten sich wohl für die Ursache zufällig herrschender Krankheiten, denn durch ihren giftigen Athem oder andere schädliche Eigenschaften, meinen sie, muss Alles sterben, was in ihre Nähe kommt. Durch eigne Schuld sind sie in die grösste Armuth verfallen, und sie können nichts verbrauchen, weil sie es nicht zu bezahlen vermögen. Sie fürchten vor Gericht gezogen und der schrecklichsten Folterung unterworfen zu werden. Waren sie früher als Künstler, als Musiker von Ehrgeiz beseelt, so glauben sie ihren Beruf vernachlässigt zu haben, so dass sie von Andern überflügelt werden und der Verachtung anheim fallen. Und so kommt es vor, dass Mütter, die durch den Verlust ihrer Kinder, oder auch nach Verdruss und Misshandlungen, die sie von den eignen Kindern erlitten hatten, in Melancholie verfielen, und das Vorhältniss geradezu umkehrten, so dass sie durch Sorglosigkeit den Tod ihrer Kinder herbeigeführt oder deren Vermögen vergeudet zu haben behaupteten. Oder eine Tochter war trostlos geworden, weil sie in der Pflege der kranken Mutter eine Kleinigkeit übersehen und dadurch ihren Tod herbeigeführt hatte. In einem Falle, wo die kranke Mutter genesen war, jammerte die Tochter fortwährend darüber, dass sie den Tod der Mutter hätte verschulden können, weil sie einmal verabsäumte, derselben zur bestimmten Zeit die verordnete Arznei zu reichen. So kannte ich eine junge Frau, die das Fallissement ihres Mannes verschuldet zu haben vorgab, weil sie ihm einst —#9632; eine Kaffeebohne entwendete. Bisweilen erreichen die Selbstanklagen und schwermüthigen Vorstellungen jedoch einen Grad, dor jedes Anknüpfungspunktes mit den wirklich existirenden Verhältnissen entbehrt, so bei den Melancholici, die vorgeben, Reiter im Leibe zu haben, von Butter oder Glas zu sein etc. Sehen wir von diesen extremen Fällen ab, so finden die Melancholischen den Grund oder die Ursache ihrer Gewissensbisse und ihrer Schuld in diesem oder jenem höchst unbedeutenden Ereignisse, das aber nicht ungeschehen gemacht werden kann. Demnach ist ihre Schuld nicht zu tilgen, an ein Wiedergutmachen ist nicht zu denken, und es ist eine vergebliche Mühe, wenn man diese Unglücklichen während der Heftigkeit der Krankheit durch Vernunftgründe zu besserer Einsicht bringen will. Alles dies treibt auch die Unglücklichen zum Selbstmord an, der oft mit einem Raffinement und einem Heroismus ausgeführt wird, welche Erstaunen erregen. Die Kranken sind von einer eisernen Consequenz in der Ausführung ihrer Selbstmordplane, sie verschlucken Glas, Nägel, suchen sich
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zu verhungern, entfliehen ihrer Aufsicht und stürzen sich von Höhen herab etc. Die Esslust ist in einigen seltenen Fällen vermehrt, doch fehlt sie mitunter gänzlich, und dies deutet darauf hin, dass eine bedeutende Anhäufung von Kothmassen im Dickdarm besteht. Damit verbindet sieh nicht selten ein übelriechender Athem. In Fällen der Art glauben die Kranken gar keiner Speisen zu bedürfen , oder sie suchen in der Enthaltung von Speisen ein Mittel, ihrem Leben ein Ziel zu setzen. Diese Erscheinungen wechseln begreiflicherweise nach Alter und Geschlecht. Männer sind meistens stille vor sich hin , scheu , zurückhaltend; Frauen dagegen pflegen unter grosser Beweglichkeit anhaltend zu klagen.
Meistens ist die Circulation unregelmässig , Hände und Fusso sind kühl, bisweilen cyanotisch, der Radialpuls ist klein und eingezogen , der Kopf dagegen ist heiss, namentlich am Scheitel und Hinterkopfe, die Nase ist bläulich roth und geschwollen. Meistens #9632;wird über einen Druck in der Scheitelgegend oder über Ohrensausen geklagt. Schliessen die Kranken im Dunkeln die Augen, so sehen sie Funken.
Bisweilen ist Hirnreizung vorhanden, dann ist der Kranke ver-driesslich, und flieht jede geistige Anstrengung, die ihn angeblicli sehr angreift. Ein ferneres Zeichen der Hirnreizung ist der schlaflose Zustand. Sie können entweder gar nicht einschlafen , oder aio werden in der Nacht oder am frühen Morgen munter, und bringen die übrige Zeit im Bette zu unter furchtbarer Angst und selbstquälerischen Anklagen, da sie nicht, wie am Tage, durch andere Gegenstände abgezogen werden. Sie sind aber auch schwer dazu zu bringen, dass sie das Bette verlassen. Manche leiden besonders in den Morgenstunden, Abends ist der Zustand erträglicher, bei Andern ist es gerade umgekehrt. Treten die Erscheinungen der Hirnreizung sehr ausgedehnt hervor, so verbindet sich in der Regel ein gewisser Grad von Spinalirritation damit. Bisweilen besteht Dismenorrhoe, der Urin ist bei acuten Fällen dunkel und sedi-mentirend.
Alle diese Erscheinungen erklären sich aus derAffection des Colon und dessen Reflexen auf den obern Theil des Rückenmarkes und des Gehirns.
Eine zweite Form des sympathischen Wahnsinns ist die vom Genitalapparate ausgehende Melancholie. Die psychische Grundlage dieser Melancholieform ist zwar auch die Schwer-rnuth, das Niedergedrücktsein, die Selbstanklage, wie bei der vom Colon ausgehenden Form. Dabei zeigt sich aber doch noch etwas Eigenthümliches. Der Dickdarmmelancholiker hat es mit eingebildeten Missethaten zu thun, er ist ein schlechter Mensch, der Alles durchgebracht hat, oder vor dem wel tli ch e n Richter er-
Crleisberg. vergleichencle Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 16
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scheinen soll; der Andere hingegen hält sich für sündhaft, er ist von Gott verlassen, der ihm niemals seine Missethaten vergeben kann, und in Ewigkeit verloren. Die Schwermuth bekommt hier einen religiösen Anstrich, mit einem Worte, die Gemüthsstörung geht hier in melancholia religiosa über.
Die melancholia religiosa wird sehr oft bei Onanisten beobachtet, jedoch ist dies nicht die einzig mögliche Seelenstörung, die nach Onanie folgt. Entweder beobachten wir hier bei fortgesetztem Onaniren eine allmälige Abnahme der Geisteskräfte, es kommt zu Stumpf- und Blödsinn, oder lange nachdem dieses Laster aufgegeben wurde, gelangt die sittliche Schmach, womit die menschliche Gesellschaft diesen abscheulichen Fehler belastet, zum vollen Bewusst-s-ein, ein Gemisch von Verzweiflung und Reue verbindet sich mit der Furcht, den Folgen der Onanie doch nicht entgehen zu können, obwohl physisch kein Grund vorhanden ist, dies anzunehmen. Selbstmord ist hier in den meisten Fällen der Ausgang des Leidens. Gesellt sich mania religiosa zu einer anderweiten Seelenstörung, so ist immer begründeter Verdacht vorhanden, dass Onanie vorliegt.
Wenn man bei einem jungen Menschen eine gewisse Scheu, innen ausweichenden und niedergeschlagenen Blick, ein träges und unentschlossenes Wesen wahrnimmt, wozu sich bald Stumpfsinnigkeit , Eingenommenheit des Kopfes und Gedächtnissschwäche gesellen, dann hat man immer an dieses traurige Laster zu donken. Dazu gesellt sich eine gewisse Unbeständigkeit des Characters und ein sehr ungleiches Benehmen, je nachdem der unglücklichen Neigung ohne Rückhalt gefröhnt, oder aber einigermaassen ein Ziel gesteckt wird. Alle Onanisten bleiben des Morgens gern im Bette liegen, auch Menschenfurcht tritt meistens hervor, sie meinen, dass Jedermann unterwegs sie ansähe, beklagen sich auch wohl darüber, und lassen sich zu allerlei schwärmerischen Einbildungen verleiten. Geseilt sich hierzu noch Selbstbeschuldigung, dann kann kaum noch an der Existenz dieses Lasters gezweifelt werden. Eine ungleiche Vertheilung der Körperwärme, örtliche Schweisse, Schwere des Hinterkopfs, neuralgische Beschwerden, wie das Gefühl, als ob ein Reifen um den Kopf und um die Brust gelegt sei, Kreuzschwäche, das Unvermögen längere Zeit zu stehen oder aufrecht zu sitzen, bisweilen die üble Angewohnheit des Nägelabkauens, werden oft bei diesen Onanisten beobachtet.
Der Blick ist hierbei matt, das Gesicht ist nicht selten gedunsen in Folge einer chronischen Congestion zum Kopf. Abnahme der geistigen Kräfte ist sehr merklich und diese geistige Abstumpfung schreitet namentlich bei jugendlichen Individuen rascher vor. Diese Veränderungen werden wir ausschlieaslich beim männlichen Geschlecht beobachten. Denn wenn man ein ähnliches Laster,
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was Mädchen und Frauen üben, als Onanie bezeichnet, so ist das wenigstens nicht correct; denn der Name ist den mosaischen Büchern entlehnt: „Aber da Onan wusste, dass der Same etc., liess er's aut' die Erde fallen etc.quot; (1. Mos. 38, 9). Manustuprationen und lesbische Liebe werden bisweilen von Mädchen in zügellosester Weise lange hindurch getrieben, und doch beobachtet man keine entsprechende Abstumpfung des Geistes, sondern mehr Launenhaftigkeit, Eeizbar-keit, Neigung zu Keflexkrämpfen, Bizarrerie, überhaupt etwas Fremdartiges in dem psychischen Character, kurz jene Summe von Erscheinungen, die man gewöhnlich unter dem Namen Hysterie auf-iasst, ein Verhältniss, was mit dem passiven Character der Functionen der Wollustorgane im Weibe zusammenhängt.
Für uns ist der aus Onanie hervorgehende Blödsinn deshalb von grossem Interesse , weil er uns das eclatanteste Beispiel vom sympathischen Irresein darbietet. In der Leiche fehlen die Erscheinungen von Exsudation im Gehirn, mangeln die Spuren i'iberstandener Hirnhautentzündung, wohl aber begegnen wir einer ungewöhnlichen Vergrösserung der Blutgefasse, namentlich der Venen im Gehirn. Und so seheint der Kindenschwund theils durch diese Gefässerweiterung veranlasst, theils scheint jedoch auch die Annahme nicht ganz unberechtigt, einen primären durch consensuelle Hirnreizung hervorgerufenen Kindenschwund anzunehmen, dem erst secundär eine Gefässerweiterung folgte. Nur bei sehr vorgeschrittenen Fällen dürfte eine seröse Exsudation entstehen. Daraus folgt in prognostischer Beziehung der wichtige Unterschied, dass, während niedere Grade der dementia ex onania die Möglichkeit • iner Heilung noch zulassen, der Blödsinn aus idiopathischem Wahnsinn stets unheilbar ist. Bisweilen werden Gehörshallucinationen bei Onanisten beobachtet. Dies giebt stets die ungünstigste Prognose. Eine der häufigsten Folgen derOnanieist die Epilepsie.
Eine andere häufige Quelle der Melancholie ist die menstruatio mppressa oder irregularis. Freilich kann man auch hier das Verhältniss umdrehen und behaupten, dass die unterdrückten oder gestörten menses nicht die Ursache, sondern die Folge der Schwermuth wären. Dagegen ist einzuhalten, dass ein Wiedereintreten des Men-strualflusses, oder die Rückkehr seiner Regelmässigkeit von ausgesprochener kritischer Bedeutung für die Schwermuth ist, dass selten eine Amenorrhoe besteht ohne gedrückte Gemüthsstimmung, ohne Unlust zur Arbeit, ohne unerklärliche Sensationen und Appetinenzen, und dass man bei jenen, mit gehemmtem oder gestörtem Menstrualfluss verlaufenden Melancholieen so oft jede andre Ursache, die man in sachge-mässen causalen Zusammenhang mit einer Gemüthsstörung zu bringen vermöchte, vermisst. Denn gröbere materielle Veränderungen des Gehirns, ja überhaupt jedes selbstständige ernstere Gehimleiden ist
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um deswillen hier auszuschliessen , weil die Schwermuth , nachdem sie kürzere oder längere Zeit bestand, complet wieder verschwinden kann. Denn nach Wiedereintritt der Periode ist auch dann in der Regel der Anfang der vollkommenen geistigen Wieder-genesung gegeben. Dagegen ist es als ein ungünstiges Zeichen anzusehen, wenn die Periode wieder eintritt, einen regelnlässigen Verlauf nimmt, ohne dass eine Aenderung des Irreseins sich einstellt. Dann geht die Krankheit meist in unheilbaren Blödsinn über.
Stellt die Amenorrhoe in ursächlicher Beziehung zur melan-choliareligiosa, dann werden die Kranken fortwährend durch Furcht vor ewigen Strafen gequält, und ungeachtet ihres religiösen Benehmens und der Angst vor der Zukunft suchen sie durch Selbstmord ihrem Leben ein Ende zu machen. Dabei glauben sie sich aber nicht selten bereits in der Hölle, und fühlen nach ihrer Versicherung die ewige Pein. Bisweilen treten cataleptische Zustände ein. Manche Kranke wähnen sich schwanger, vielleicht indem eine Blut-fülle der Gebärmutter eigenthümliche Sensationen im Becken bedingt, und jammern über die Schande. Der Wiedereintritt der Periode hebt auch diesen Irrwahn, wie überhaupt dieser kritische Einfluss des wiederkehrenden Menstrualflusses vongrösster diagnostischer Bedeutung für die durch Amenorrhoe bedingte Melancholie ist.
Bisweilen zieht auch das gänzliche Verschwinden des Menstrualflusses in den klimakterisehen Jahren eine melancholia religiosa nach sich. Soübelauch die Prognose dieses Zustandes im Ganzen sein mag. so lassen sich auch hier um deswillen idiopathische Veränderungen des Gehirns und seiner Hüllen ausschliessen, indem trotz jahrelangen Bestehens der Schwermuth oft fast ganz reine Remissionen eintreten, welche lange anhalten können, und innerhalb welchen das vordem irre Weib vor wie nach seinem Hausstatide zur Zufriedenheit der Familie vorzustehen vermag, ja die Möglichkeit einer gänzlichen Wiederherstellung ist, wie vielfacheBeispiele gelehrt haben, hierkeines-wegs gänzlich ausgeschlossen. Sowie jedoch die vom Genitalapparat eingeleitete Congestion zum Gehirn irritative Ernährungsstörungen dort einleitet, ist begreiflicherweise von einer Wiederherstellung keini-Rede und der Uebergang in unheilbaren Blödsinn unausweichlich.
In hartnäckigen, meist veralteten Fällen ändert die manw religiosa den Character. Es bildet sich eine bestimmte Vorstellung aus, und so haben wir es mit d'dmonomania zu thun. E s q u i r o 1 fand in einem derartigen Falle eine adhäsive Peritonitis, welche zu einer Verwachsung der Gedärme unter einander geführt hätte. Aber es scheint mir .doch zu weit gegangen, von den durch diese Verwachsung hervorgerufenen Zerrungen und Sensationen dieser Organe den Character des Irreseins herleiten zu wollen.
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Die mania puerperatis gehört gleichfalls mit zu jenem sympathischen Irresein, was durch pathologische Zustände des Ge-schlechtsapparats veranlasst wird, wobei nicht selten die heftigste Aufregung und Tobsucht mit religiösen Vorstellungen, Schwermuth abwechselt. Dabei hat man meist schon ein paar Tage nach der Niederkunft grosse Lebhaftigkeit und ein aufgeregtes Wesen zu beobachten Gelegenheit. Manchmal wurde der Ausbrach durch einen Schreck oder durch eine andere, unvorhergesehene Einwirkung veranlasst. Bisweilen sistiren die Lochien, die Milchabsonderung vermindert sich, oder besteht in gewöhnlicher Weise fort. Der Puls ist beschleunigt. Es kommt zu wahren Wuthausbrüchen, die Kranken zerreissen ihre Kleider, zertrümmern, was sich zertrümmern lässt, werfen nach ihrer Umgebung was ihnen zur Hand ist, beleidigen ihre Anverwandten auf alle mögliche Art, und verlieren nicht selten alles Schamgefühl. Der Schlaf fehlt, die Angst treibt die Unglücklichen manchmal zu Fluchtversuchen, und sie suchen dann durch Ertränken ihr Leben zu enden. Meist sind religiöse Vorstellungen mit im Spiele, und bei längerer Dauer geht der Zustand in mania relitjiosa über. Die Puerperalmanie wird sehr oft geheilt.
Schröder will ein paar Fälle von Irresein beobachtet haben, die im Zusammenhang mit Nieren- und Blasenleiden zu stehen schienen, wenigstens wich das Irresein vollkommen, als der Harn-apparat wieder zur Norm zurückgebracht war.
Nach Nasse soll Irresein häufig in einein ursächlichen Zusammenhange mit Herzleiden stehen, doch ist es gewiss hier sehr schwierig, Zufälliges und Wesentliches von einander zu trennen. Denn wie oft werden die bedeutendsten Herzhypertrophieen beobachtet, welche trotz jahrelangen Bestehens keine Seelenstörungen nach sich ziehen. Anders scheint es sich dagegen mit L u ngenaf fe c tio n e n , mit Tuberkulose und Pneumonie zu verhalten, namentlich scheint die Lungentuberkulose in genauerer Verknüpfung zum Irresein zu stehen, denn nicht nur, dass man in den Leichen vordem Irrsinniger sehr oft Lungentuberkulose antrifft, sondern auch zur Lungentuberkulose gesellt sich bisweilen Manie in exquisitester Weise. Dass sich zu einer Pneumonie manieähnliche Aufregung gesellen kann, ist schon erwähnt.
Die mania erethica sensilis.
Damit bezeichnet man eine Form der Manie, die sich durch eigenth Um liehe Charactere auszeichnet. Die Reizung des Gefäss-systems tritt dabei entschieden in den Hintergrund. Die
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Zeichen von Congestion zum Gehirn können gänzlich fehlen, die Verstopfung wird vermisst. Dabei zeigt sich eine anhaltende Unruhe des ganzen Körpers, die sich bis zur Wuth steigern kann, die Nachtruhe ist unvollkommen oder fehlt auch gänzlich, bei heftigen Anfällen dauert das Sprechen, Singen oder Schreien ohne Unterlass fort. Meistens ist diese Form bei zarten, sensibeln, hysterischen Frauenzimmern beobachtet worden, nur ausnahmsweise bei Männern, aber dann in dem höhern Lebensalter.
Die mania intermittens
ist ein Irresein mit typischem Character, wobei die dilueida inter-valla jeden zweiten Tag eintreten. Bisweilen wird auch der quartano Typus beobachtet. Diese intermittirende Form des Irreseins beruht auf Malariainfection. Statt des Fieberanfalls beobachten wir am Fiebertage einen Irrsinnsparoxysmus. Bei den Thieren ruft die Malariainfection bisweilen auch periodische Wuth ausbräche hervor (furibunder Milzbrand).
Das sympathische Irresein der Thiere.
Es liegen noch keine genügenden Beobachtungen vor, welche mit Sicherheit nachwiesen, dass Störungen der Canalisation in dem Darmkanal, Stricturen, Erweiterungen mit massenhaften Kothanhäufungen bei den Thieren eine ähnliche Seelenstörung hervorzurufen vermöchten, wie die Dickdarmmelancholie des Menschen. Aber so viel wissen wir mit Bestimmtheit, dass Verstopfung und Kothanhäufung die Zeichen eines chronischen Hirnleidens wesentlich verschlimmern, und dass dem entsprechend beiDarreichung von Abführmitteln, besonders der Aloë in grössern Gaben, die Zeichen gehemmter und gestörter Hirnverrichtung wesentlich gebessert werden können.
Inwieweit der Zustand der Leber einen Einfluss auf dasGehirii der Thiere hat, lässt sich zwar keineswegs apodictisch feststellen, doch ist er auf jeden Fall von altern Aerzten übertrieben dargestellt worden. Denn den fortgesetzten pathologisch - anatomischen Forschungen verdanken wir die Erfahrung, dass alle nur erdenklicher Leberentartungen in der Regel ohne Seelenstörungen bestehen. Nicht einmal durch das Gefässsystem vermögen Leberentartungen das Gehirn zu alteriren, da durch sie gesetzte Kreislaufshemmungen (venöse Stasen) zwar zu Blutüberfüllungen der Milz, des Darmkanals und selbst der Beckeneingeweide führen können, nie aber zu Bluttiberfüllung des Gehirns Veranlassung geben. S p i n o 1 a behauptet jedoch trotzdem Folgendes a. a. 0.: „Von den Organen der Bauchhöhle ist es besonders die Leber, deren Erkrankungen in mannig-
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Das svmpathische Irresein der Thiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;247
facher Beziehung zum Gehirn und dessen Functionen stehen und in der Gesammtheit der hierdurch erregten Zufälle sich einerseits ebensowohl dem Dumrakoller sehr ähnlieh gestalten und deshalb bei der Diagnose des Letztern besonders beaciitet zu werden verdienen, als sie andernaeits an und für sich nicht gerade erhebliche Erscheinungen nach Aussen hin offenbaren. Es kommen hier nicht bios die acuten, sondern vornehmlich die chronischen Krankheiten der Leber in Betracht, welche durch die Functionsstörung dieses für die Blutbildung wichtigen Organs die Mischung des Blutes stören, und so durch Aenderung der Wechselwirkung zwischen Nerven und Blut jene Zufälle der Stumpfsinnigkeit hervorrufen.quot; Und ferner: „Es ist. zwar mehr als wahrscheinlich, dass in derai-tigenFällen derabnornif; Transsudationsprocess im Gehirn secundär durch eine in Folge der Erkrankung der Leber veränderte chemische Affinität der einzelnen Bestandtheile des Blutes zu einander herbeigeführt wird etc.quot; Damit ist nun auf keinen Fall mehr gesagt, als dass bestimmte Functions-störungen der Leber, durch chronische Erkrankung dieses Organes erzeugt, Blutfehler nach sicii ziehen, die Ernährungsstörungen im Gehirn und Nervensystem erzeugen, welche zu den Zeichen des Dummkollers führen. Während er pag. 503 die Sache mehr dynamisch auszulegen scheint, indem er von einem gestörten Wechselverhält-niss zwischen Nerven und Blut spricht, beansprucht er pag. 499 eine mehr materielle Ursache, nämlich einen gestörten Transsudationsprocess im Gehirn, der die Folge einer Leberkrase sein soll. Uebcr den anatomischen Character der supponirten Ltberstörung wird natürlich kein Wort verloren, ja an einer andern Stelle sogar du-Versicherung gegeben, dass dieselbe, eine bestimmte Farbenverändc-rung der Leber ausgeschlossen, anatomisch gar nicht zu begründen sei. Ich glaube, diese letztere Andeutung entwaffnet hier die Kritik und genügt, um dasWerthlose derS p in o la'sehen Behauptung hinreichend darzuthun. Denn eine Li'berkrankheit, welche sich anatomisch nicht begründen lässt, und die doch existirt, die bald auf dem Wege gestörter Transsudation, bald auf dem eines gehemmten Antagonismus zwischen Nerv und Blut Störungen der Gehim-funetionen veranlasst, und dies in beiden Fällen durch eine unge-kannte Mischungsveränderung des Blutes effectuirt, gehört gewiss in das Gebiet der Conjecturalpathologie, und ist als eine leere Speculation so lange zurückzuweisen, bis nicht auf pathologisch-anatomischem und klinischem Wege für die bis dahin vagen Spinola'-schen Behauptungen stützende Thatsachen gewonnen wurden.
Bisweilen scheinen Magenleiden der Pferde Gehirnstörungen zu veranlassen. Ausgebreitete Magen- und Darmcatarrhe, die sich zu Erkrankungen der Brnstorgane gesellen, sind nicht selten mit einem stumpfsinnigen Zustand der Thiere gepaart. Bestand bereits Dumm-
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koller, so treten die Zeichen der Stumpfsinnigkeit nur um so bestimmter hervor. Nicht minder wirken pathologische Zustände des Uterus, der Ovarian auf die Gehirnfunetionen ein. Bestand ebenfalls hier bereits Dummkoller, so können sich unter dem Einfluss dieser Zustände die Erscheinungen bis zur Tobsucht steigern. Aber auch an und für sich vermögen sie auf sympathischem Wege Dummkoller zu erzeugen, wie dies genügend von den mit übermässiger Rossigkeit behafteten Stuten bekannt ist. Erkrankungen der Brust-organe nehmen nur in seltenen Ausnahmefällen den Ausgang in Koller. Hierbei scheint eine Metastase aufs Gehirn (Hirnhautentzündung) mit im Spiele zu sein. Bei Rindern verbindet sich die Entwickelung von Fibroiden auf der Pleura gar nicht selten mit einer ungewöhnlichen Hirnaufregung, die mit excessivem Geschlechtstrieb einhergeht (Monatsreiterei). Die Kühe sind hierbei steril; wurden sie doch trächtig, so verkalben sie, gehen meist an Abzehrung zu Grunde. Bei dem Hunde werden consensuelle Seeionstörungen sehr oft beobachtet, die nicht selten zur Verwechselung mit der wahren Wuth Veranlassung gegeben haben. Anfälle von Tobsucht, Beisswuth, veitstanzähnliche Zustande bei geschwächtem oder gar aufgehobenem Bewusstsein, wobei die Thiere wie an der Longe stundenlang im Kreise herumlaufen, und mit offenen Augen gegen alle Widerstände rennen, die ihnen in den Weg treten, sind vielfach bei den mannigfachsten Erkrankungen der Brust- und der Hinterleibsorgane der Hunde zur Beobachtung gelangt.
Bei Intoxicationen mit vegetabilischen Stoffen werden gleichfalls auf sympathischem Wege, also, wenn man will, vom Blute aus, Functionsstörungen des Gehirns bei Thieren wahrgenommen, wie nach dem Genüsse von equiseium palustre, der semina coeculi, der unreifen Mohnköpfe, des Taumellolchs etc.
Gewiss ganz naturgemäss schliesst sich hier jene Seelenstörung der Thiere an, die durch Einbringung eines speeifischen Thier-giftos in eine frische Wunde auf sympathischem Wege. nämlich ohne jede erhebliche Alteration des Gehirns und seiner Hüllen,, zur ausgesprochensten Seelenstörung der Thiere führt, nämlich zur Wuth.
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Von der Wuth, Lyssa, Hydrophobia.
Die Wuthkrankheit der Thiere.
Die Wuthkrankheit soll sich ursprünglich nur bei dem Hunde-und Katzengeschlecht entwickeln. Von dem Hunde, dem Fuchse, Wolfe und der Katze wird vielfach angenommen, dass die Krankheit bei ihnen primär entstehe, während den Wiederkäuern, Einhufern, den Schweinen und Vögeln nur die Möglichkeit einer von den Fleischfressern und Kaubthieren auf sie übergegangenen Wiuh zugestanden wird. Allein es fehlt nicht an gewichtigen Beobachtern, die auch die Epigenese der Wuth bei den Raubthieren in Zweifel gezogen haben. Wir hätten es demnach vorzüglich hier mit der traumatischen Form der Hundswuth zu thun. Dieselbe bricht, wie besonders die Untersuchungen von H e r t w i g gelehrt haben , meist innerhalb 50 Tagen nach der Verwundung aus. Bisweilen vergeht noch eine längere Frist, so dass der Ausbruch der Krankheit sich in den dritten oder vierten Monat hinauszieht, ja in einzelnen Fällen dauert derselbe fünf, ja sieben Monate.
Die entstandene Wunde heilt manchmal mit grosser Schnelligkeit ohne alle Zufälle. Das andre Mal entzündet sich die Umgebung und es entsteht eine beträchtliche Anschwellung, die jedoch kaum je einen gefährlichen, nur zuweilen einen erysipelatösen Character annimmt.
Die Hundswuth ist gewöhnlich in einep aralytische, stille, und in die rasende, auch acute, tolle Wuth eingetheilt worden. Jedoch dürfen diese nicht als wesentlich verschieden, oder einander coordinirt betrachtet werden, vielmehr stellen sie nur verschiedene Erscheinungsweisen derselben Grundform hervor, die oft genug als unterscheidbare Stadien der Krankheit in ein und demselben Thiere auftreten. Ungleich wichtiger ist die Eintheilung in drei Stadien, nämlich in das der Vo rb o t en oder der Seh w erin uth, in jenes der Reizung oder Raserei, und endlich in das Lähmungsstadium. Naturell, zufällig vorhandene •Störungen einzelner Organe, sowie allgemeine Constitution und Race modificiren begreiflicherweise die Symptomengruppe und den Verlauf der Krankheit für den concreten Fall sehr mannigfach.
Im stadium prodromorum. zeigen sich die Thiere verstimmt, und zwar bald mehr deprimirt, bald mehr aufgeregt. Im erstem Falle sind sie trag, schläfrig, mürrisch, im letztern ungewöhnlich munter, ja freundlich, dabei aber sehr empfindlich und zum Zorne
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geneigt. Diese Zustände von Depression und Exaltation wechseln nicht selten miteinander ab, so dass sie bei dressirten Hunden als ungewöhnliche Launenhaftigkeit sich darstellen. Gleichzeitig erscheint eine auffallige Unruhe, die am Frühesten durch häufigen Wechsel der Lagerstätte und durch öfteres Auffahren aus dem Schlafe bemerkbar wird, und namentlich bei den weniger culti-virten Racen tritt eine grössere Reizbarkeit hervor. Ungleich weniger constant sind Störungen der Digestion. Gewöhnlich bemerkt man Anorexic, die sich nicht selten bis zur Uebelkeit und zum Erbrechen steigern kann, die jedoch nur selten andauert, so dass in den freien Zwischenräumen die Hunde zuweilen mit gesteigertem Appetit fressen. Indess ist die verminderte Fresslust doch eine wichtige Erscheinung, und es ist namentlich hervorzuheben, dass, wenngleich die Hunde besonders Leckerbissen und bessere Speisen noch fressen, sie ihr gewöhnliches Futter entweder ganz stehen lassen, oder dasselbe beschnuppern, einige Bissen in das Maul nehmen, und sich dann davon wegwenden. Eigentliche Wasserscheu ist nie vorhanden, vielmehr ist in dieser Zeit häufiger Durst und häufiges Saufen beobachtet worden. Die Kothentleerung ist gewöhnlich angehalten. Fieberhafte Zustände scheinen selten in ausgesprochener Weise vorzukommen. Neben diesen allgemeinen Erscheinungen treten nun specifische Zeichen der Krankheit hervor:
Hauptsächlich eine Veränderung an der Narbe.
Man erkennt dies aus der sorgfältigen, häufigen und andauernden Art, mit der das Thier die Stelle leckt, oder kratzt, oder auch kaut.
Eine Veränderung in den Affecten und Trieben tritt namentlich jetzt hervor. Der eigne Urin wird geleckt, gleichfalls der eigne Koth. Es tritt eine Idiosynkrasie hervor, allerlei ungeniessbare oder unverdauliche Körper in's Maul zu nehmen, zu benagen und selbst zu verschlucken, wie Holz, Stroh, Papier, Lumpen. Der Geschlechtstrieb ist meist erregter. Zornaiisbriiehe werden häufiger beobachtet. Das Benehmen der Stubenhunde ist gegen ihre Herren ein verändertes , das Thier scheint unverkennbar von einer Innern Angst gequält zu sein.
Die Stimme wird verändert, Schlundkrämpfe scheinen zeitweilig zugegen zu sein. Manchmal zeigt sich einige Tage Salivation, die aber wieder verschwindet.
Die Thiere zeigen eine mehr oder weniger deutliehe Mattigkeit, die bei einzelnen durch Zittern und Schwanken im Kreuze deutlich ausgesprochen wird. Dabei besteht Wärme des Vorkopfs, der Nase, der Ohren, stärkere Injection der Bindehaut des Auges, die Pupille ist erweitert, der Bulbus her vorgetrieben. Die Dauer dieses Prodromalstadiums ist verschieden. Dieselbe kann einen, zwei, drei Tage betragen, in Ausnahmsfällen schon nach
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zwölf Stunden oder erst nach acht Tagen in die eigentliche Wuth übergehen.
Das Stadium der Irritation verläuft nicht gleichmassig, sondern in Paroxysmen. Die Zahl und Dauer der Anfälle ist in den einzelnen Fällen verschieden, jedoch ist gewöhnlich der erste Anfall der heftigste und am längsten anhaltende, so dass die Krankheit nur aus einem Anfalle zu bestehen seheint.
Ein solcher Wuth - Paroxysmus ist ganz besonders durch das Entweichen aus dem Hause und durch die Bissigkeit characterisirt. Anfangs wechseln die Thiere ohne Zweck und ohne Grund häufiger als vorher den Ort. Bald versuchen sie in's Freie zu gelangen, angebundene, eingeschlossene, oder gar gefesselte Hunde bemühen sich ihre Banden zu zerreissen oder zu zerfressen, die Thüren oder Bretter ihres Verschlags zu durchbrechen, und die Schwierigkeit dieses Versuchs erregt nur um so mehr ihren Zorn, so dass sie Alles, was sie erfassen können, mit Wuth ergreifen, und zu zerreissen suchen. Entkommen sie, so schweifen sie planlos umher, und legen oft innerhalb kurzer Zeit grosse Wegestrecken zurück. Bei diesem Heram-schweifen äussert sich nun vorzüglich ihre Bissigkeit, und hierbei kommt es ganz besonders vor, dass fremde Hunde und fremde Menschen von ihnen gebissen werden.
Ein derartiger Anfall kann nur einige Stunden, häufig jedoch einen ganzen Tag anhalten. Dann tritt eine Remission ein, die oft so vollständig ist, dass jedes Zeichen der frühern Störung verschwand. Dieser Nachlass ist bei den dressirten Hunden deutlicher als bei den mehr wilden Racen, und jene finden sich daher meist nach dem Aufhören des Paroxysmus bei ihren Herren wieder ein. Nach der Rückkehr zeigen die Thiere oft ein deutliches Bewusstsein der Ungehörigkeit ihres Benehmens, indem sie sich dann der Aufmerksamkeit durch Verkriechen zu entziehen suchen. Die spätem Anfalle haben gewöhnlich nicht die Heftigkeit des ersten, und treten nicht mit einer solchen Ursprünglichkeit auf, sondern mehr auf äussere Veranlassung, namentlich auf psychische Reizungen. Die Remissionen treten immer undeutlicher hervor, und nun vermehrt sich auch die Gefahr für die nächste Umgebung des Thieres, während sie früher mehr für Fremde bestand.
Die äussern Zeichen der Tollwuth beim Hunde, als das struppige Haar, der hängende oder eingezogene Schwanz, die hervorhängende Zunge, die Anwesenheit von Schaum und Geifer am Maule , endlich die Wasserscheu sind Erscheinungen , die entweder ganz fehlen, oder mehr accidentell sind, auf jeden Fall aber dem spätem, paralytischen Stadium der Wuth angehören.
Während des eigentlichen Paroxysmus befindet sich das Thier wie in einem Anfall acuter Manie. Die Thiere kennen ihre Herren
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nicht mehr, oder achten wenigstens nicht auf ihre Befehle, oder wenn sie auf die Strasse kommen, so laufen sie ohne Plan und ohne Schätzung der Gefahren, welche sie treffen können, umher. Andere gehorchen freilich noch, wenn auch mit einiger Zögerung, und führen die ihnen beigebrachten Kunststücke oder Geschäfte aus, allein während sie dies thun, werden sie ganz zornig und bissig. Jagdhunde zerreissen das Wild, was sie sonst unverletzt apportiren, Schäfer- und Metzgerhunde beissen mit plötzlicher Wuth auf die Thiere ein, die sie treiben sollen, Stubenhunde fahren unversehens in die Hand, die sie liebkosen will. Im Allgemeinen entwickelt sich jedoch der Zorn zunächst in einer Steigerung der natürlichen Affecte. Alle Hunde beissen leichter Fremde als Angehörige, und häufiger Thiere, gegen welche sie sonst feindlich sind, als solche, die ihnen gleichgültig sind, oder zu denen sie sonst Anhänglichkeit besitzen. Während des Herumschweifens pflegen die gezähmten Hunde gleichfalls nur solche Menschen und Thiere zu beissen, die ihnen in den Weg treten, oder sie angreifen, doch verhalten sich von Hause aus bissige Hunde mehr aggressiv, schweifen von ihrem Wege ab, rennen auf fremde Thiere und Menschen los, und fallen sie an. Auf jeden Fall ist es unrichtig, wenn versichert wird, dass der tolle Hund immer in gerader Richtung seine Strasse verfolge.
Ist der Hund eingesperrt, oder kehrte er von seiner Wanderung zurück, so bemerkt man ausser einer grossen Erregbarkeit au ihm, die ihn auf alle vorgehaltenen Gegenstände losfahren und einbeissen lasst, Symptome an ihm, die auf Hallucinationen, selbst auf Delirien hindeuten. Sie schnappen in die Luft, blicken glotzend auf einen Pimct, springen plötzlich mit wildem Geheul auf, rennen an die Wand, kurz sie begehen Handlungen, die entschieden darauf hindeuten, dass ihr Bewusstsein erheblich gestört ist.
Der in früherer Zeit bestehende gesteigerte Geschlechtstrieb schwindet jetzt, und macht dagegen einer perversen Appetinenz Platz, die sie bestimmt, Mörtel, Stroh, Glas, Holz und andere unverdauliche Sachen zu verschlingen. Kothentleerung und Harn ist währenddem meist angehalten, die Ernährung sinkt, die Thiere magern ab, das Haar wird dabei struppig. Es scheint auch jetzt eine cutane und muskuläre Anodynie zu bestehen, indem sich die Thiere jetzt gegen Schläge, Bisse und sonstige Verletzungen unempfindlich zeigen. Bisweilen beissen und zerfleischen die Hunde sich selbst, ohne jeden Schmerzenslaut.
Characteristisch ist besonders die Veränderung der Stimme. Sie ist rauh, tiefer, später heiser. Der interrupte Character des Bellens verschwindet, und an die Stelle desselben tritt ein oft miim-tenlanges Heulen, was etwas in die Höhe steigt. Der Anschlag ist ein Gebell und dieser setzt sich in ein Heulen fort, dessen Endtöne
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beiläufig J/i Ton höher liegen, als die Töne des Anschlags. Hierbei kommen Anschwellungen der Nase, des Schlundes, der Zunge, auch wohl des ganzen Kopfes vor. Die Speichelabsonderung ist vermehrt, und der bestehenden Dysphagie halber fliesst der Speichel passiv aus dem Maule ab.
Das Athmen ist beschleunigt, zuweilen ausserordentlich beschwert, keuchend, der Puls hart und beschleunigt. Ausser den Anfällen scheint höchstens ein etwas stärkerer Impuls des Herzens, jedoch weder eine gesteigerte Frequenz, noch eine Störung der Circulation bemerkbar zu sein. Die Röthung der Conjunctiva steigert sich, es scheint jetzt Photophobie einzutreten. Die Bewegungen des ganzen Körpers sind rasch und hastig, sonst zeigt sich deutlich die Schwäche des Hintertheiles. Die Dauer dieses Stadiums ist wechselnd, man kann sie auf drei bis vier Tage anschlagen. Dieses Stadium endet entweder auf seiner Höhe unter apoploctiformen Zuständen, oder geht allmälig in das stadium paralyseos über.
In diesem Lähmungsstadium werden die Paroxysmen immer schwächer, dieRemissionen immer unreiner. DieThiere magern immer mehr ab, das Haar wird struppig, glanzlos, die Flanken sinken ein, das Hintertheil wird schwächer und zuletzt vollständig gelähmt. Die Thiere liegen in grosser Erschöpfung, oft wie schlafsüchtig auf einer Seite, erheben sich aber auch dann, wenn sie gereizt werden, noch zum Beissen, oder schnappen wenigstens in der Nähe um sich. Vermögen sie noch ein paar Schritte zu gehen, so schleppen sie die Hinterbeine. Die Augen sind glanzlos und eingesunken, das Maul steht offen, die Maulschleimhaut ist trocken, die bleifarbige Zunge hervorgestreckt. Der Herzschlag ist beschleunigt, unregelmässig, zuweilen intermittirend, schwach, das Athmen angestrengt, aber dabei selten beschleunigt. Oertliche oder allgemeine Krämpfe treten jetzt ein. Der Tod erfolgt im soporösen Zustande fünf bis acht Tage nach dem deutlichen Ausbruch der Krankheit.
Jene Form der Hundswuth, wo von Hause aus die Erscheinungen der Gehirnreizung weniger ausgebildet sind, und mehr die Affection des Digestionsapparates in den Vordergrund tritt, wird als stille Wuth bezeichnet. Die Neigung zum Fortlaufen, die Beiss-sucht, sind hier ungleich geringer, ja fehlen mitunter gänzlich. und ich erinnere mich noch sehr wohl eines Falles, den ich auf der Dresdener Thierarzneischule beobachtete, vonStillwuth eines Wachtelhündchens, das von dem Practicanten an der Kette bei der Visite vorgeführt wurde, als wenn es nicht wüthend wäre. Auch bei diesem Thiere waren die entzündlichen Erscheinungen des Schlingapparats ganz besonders hervorstechend. Die Sehleimhaut war stark geschwollen und hoch geröthet, ganz besonders auch die hervorgestreckte Zunge ; die Speichelabsonderung war übermässig, das
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Thier aber keineswegs wasserscheu, denn es steckte wiederholt sein entzündetes Maul in das Wasser des Bassins, doch vermochte es nicht zu schlingen. Aber sehr ausgesprochen war der lähmungs-artige Zustand der hinteren Extremitäten und die Lähmung des Unterkiefers. Dies letztere macht die Thiere ungefährlich, da sie der Kaumuskellähmung halber nicht zu beissen vermögen, obwohl Beobachtungen vorliegen, dass an der Stillwuth leidende Hunde plötzlich die Herrschaft über ihre Kaumuskeln wiedergewannen, und dann gereizt, Menschen oder Thiere bissen. Bisweilen besteht bei der Stillwuth eine Affection der Respirationsorgane, indem die Nasen- und Luftwegschleimhaut Sitz einer reichlichen Schleimabsonderung wird.
Das Ende der Wuth ist nach dem dermaligen Stande unsers empirischen Wissens immer der Tod, der spätestens in sieben Tagen erfolgt, und am frühesten schon den zweiten Tag beobachtet wurde.
Die Sectionsergebnisse bei der Wuthkrankheit der Thiere haben bis jetzt durchaus nichts ergeben, was das Wesen dieses Zu-standes besonders aufhellen könnte. Die Cadaver faulen schnell, das Blut ist meist dunkel, und zeigt keine odernur spärliche Gerinnsel, die innere Gefässhaut ist Sitz ausgedehnter Blutfarbstoff'imbibitionen. Stärkere Injectionen und partielle Exsudationen am Gehirn, Rückenmark und an den Nerven sind vielfach hier gesehen worden. Unter letzteren wird besonders der Vagus, die Ganglien des Sympathicus am Halse und an der Brust, der Hypoglossus aufgeführt. Exsudationen und Hyperämieen des Gehirns werden namentlich in der rasenden Wuth angetroffen.
Blutüberfüllungen , Anschwellungen , Extravasationen im Di-gestionstractus zeigen sich besonders in der stillen Wuth ausgeprägt. Die bei Lebzeiten ausgesprochene Schwellung und Röthung der Mandeln , der Zunge, des Rachens, verschwinden öfters mit dem Tode. Die Speicheldrüsen sind häufig vergrössert und injicirt. Der Magen enthält die verschiedensten fremdartigen Dinge. Seine Wülste sind mit Errosionen und Ecchymosen besetzt. Einen ähnlichen Befund bietet auch der Dünndarm dar. Milz und Leber enthalten oft hämorrhagische, keilförmige Heerde. Blutüberfüllungen und vermehrte Absonderung an den Respirationsorganen, insbesondere am Kehldeckel, an dem Kehlkopfe, den Bronchien findet man zuweilen bei der rasenden Wuth; nicht selten werden Stauungshyperämieen im Unterhautgewebe und in den Muskeln angetroffen. —
Dass die Einbringung des Wuthgiftes in eine frische Wunde die Wuth veranlasst, ist erst neuerdings festgestellt. Denn schon lange Zeit wusste man, dass der Biss eines tollen Hundes bei andern Thieren die Wuth hervorzubringen vermochte, ehe man durch directe Impfversuche sich von der Contagiosität des
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Speichels toller Hunde überzeugte. Die genaue Kenntniss der hier einschlagenden Verhältnisse verdanken wirMagendie undHertwig. Letzterer hat zugleich das Verdienst, die Inoculation mit andern Stoffen als den im Maule vorgefundenen versucht zu haben. Daraus ging hervor, dass der Ansteckungsstoff fixer Natur ist, und insbesondere durch die Luft nicht verbreitet wird, dass der gewöhnliche Träger desselben die Maulflüssigkeit ist, dass jedoch auch der reine, aus der Ohrspeicheldrüse entlehnte Speichel, Stücke dieser Drüse selbst und reines aus dem rechten Herzen oder Drosselvenen entlehntes Blut den Ansteckungsstoif enthalte. Nervenstückchen in Hautwunden gebracht, hatten keinen Effect. Speichel auf unverletzte Haut oder Schleimhaut gebracht, gab zweifelhafte Erfolge, in den Magen eingeführt , zeigte sich das Contagium stets unwirksam. Der An-steckungsstoff ist zu jeder Zeit bei der ausgebildeten Krankheit, selbst nach dem Tode des tollen Hundes noch vorhanden, daher auch bei Sectionen eine wirksame üebertragung des Wutbgiftes auf den Menschen, wie durch einige traurige Erfahrungen bestätigt, noch möglich ist.
Das Wuthgift kann sich durch mehrere Generationen seine Wirksamkeit vollständig erhalten. Auch der Durchgang des Giftes durch eine andere Thiergattung verändert den Ansteckungsstoff nicht. Dies beweisen die gelungenen Impfungen von Schafen mit Wuthgift gebissener Ochsen, sowie die gelungene üebertragung derLyssa vom Menschen auf Hunde. Die Ueberführung des Contagiums direct in's Blut ist noch nicht versucht, auch ist es noch nicht durch Experimente festgestellt, ob das Wuthgift schon vor dem Ausbruch der ersten Krankheitserscheinungen im Thierkörper existirt. Auch ist die vielbesprochene Frage noch immer nicht entschieden, ob das Gift seine Incubation an dem Orte seiner Einbringung durchmache und erst von dem Augenblicke an, wo die Narbe sich von Neuem entzündet, seine allgemeine Wirkung ausübe, oder ob das Gegen-theil stattfinde. Die meisten Beobachter haben sich für den ersten Fall ausgesprochen.
Die Empfänglichkeit für das Wuthgift ist durchaus keine allgemeine, und diesem Umstand ist es besonders zu danken, dass die Wuthkrankheit derThiere niemals eine grössere Verbreitung gewann. Nach Hert wig's Impfversuchen beträgt sie nur •237/10 pro Cent der Gebissenen. F ab er giebt an, dass von 144 gebissenen Hunden 77 erkrankten, was 5 33/j0 pro Cent giebt. In manchen Fällen ist die Empfänglichkeit eine noch viel geringere. Es liegen Mittheilungen vor, wo keins der gebissenen Thiere erkrankte, es sind aber auch gegentheilige Beobachtungen gemacht worden, wo sämmtliche gebissene Thiere von der Tollwuth befallen wurden. Als occasionelies Moment ist die Aufregung zu bezeichnen, in die das
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Thier bei dem Gebissenwerden versetzt wird. Aber auch nachdem das Thier gebissen ist, bringen heftige Zornausbrüche, gesteigerter Geschlechtstrieb die Krankheit oft plötzlich zum Ausbruch. Ein jäher Temperaturwechsel scheint nicht ganz ohne Einfluss auf den Ausbruch der Wuth zu sein.
Die Wirkung des Wuthgiftes ist der eines Fermentkörpers gleich. Es ist nicht anzunehmen, dass das Wuthgift längere Zeit im Körper enthalten ist, ohne wirksam zu sein, und erst nach Verlauf einer längern Zeit, also nach Ablauf der oft sehr hinausgezogenen Incubationszeit sich wirksam zeige, da das Blut Wege zur Regulation, besonders durch die Nieren genug besitzt, um das Wuthgift auszuscheiden. Andererseits kennen wir keine Thatsache. welche die Möglichkeit darlegte, dass sieh das in das Blut eingebrachte Gift in dem Blute etwa selbst fortpflanzte , vielmehr ist es am Wahrscheinlichsten, dass von der Impf-oder Bissstelle aus fort und fort neue Bestandtheile dem Blute zugeführt werden, und dass diese nun erst vom Blute aus auf das Nervensystem einwirken. Eine örtliche Einwirkung auf die Nerven der Impfstelle würde es nicht erklären, dass die Erscheinungen der Wuth von denen des Starrkrampfes verschieden sind, und noch viel weniger, dass das Contagium sich im Blute und Speichel des gebissenen oder geimpften Thieres wieder vorfindet. Es scheint eine gewisse Analogie zwischen der Wirkung des Wuthgiftes und der Wirkung der Alkoholvergiftung zu bestehen. Auch hier finden wir ein langes Stadium, wo unter dor immer erneuten Einwirkung des Giftes in dem Nervenapparat sich eine Summe von Veränderungen ausbildete, welche theils psychischer, theils motorischer, theils ästhetischer Art sind, die aber gleichfalls bei gelegentlicher Einwirkung ganz plötzlich mit grosser Heftigkeit und nicht geringer Gefahr ausbrachen. Im Uebrigen bietet der Verlauf der Lyssa die grösste Uebereinstimmung mit dem Irresein dar, denn auch hier kann man ein stadium melaiickolicum. ein Wahnsinnsstadium mit intercurrirenden Anfällen von Manie (die Wuthparoxysmen), und endlich paralytischen Blödsinn, in dem immer noch hin und wieder Wuthparoxysmen aufscMessen, unterscheiden.
Die spontane, ursprüngliche, auch miasmatische Wuthkrankheit
unterscheidet sich nicht von der traumatischen Form, doch erheben sich einige Bedenken gegen diese Wuthform überhaupt. B lain e will nichts von der Selbstentwickelung der Hundswuth in unserer Zeit wissen, und hält jeden Fall von vorkommender Hundswuth für
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mitgetheilter Natur. Y o u a 11 pflichtet dieser Ansicht bei, während Ribbe die Ansicht der spontanen Entwiekelung der Wuth in Deutschland aufrecht erhielt. Einen vollgültigen Beweis der spontanen Entwiekelung der Hundswuth zu führen, der über allen Zweifel erhaben unangefochten dastünde, ist unter den obwaltenden Verhältnissen, und besonders in einer Zeit wie der unsern, wo Alles angezweifelt wird, geradezu unmöglich. Man denke nur hier an die behauptete, fast ausnahmslos dastehende Daner der Incubations-zeit des rnitgetheilten Wuthgiftes, man denke ferner an die Natur der Krankheitsäusserung der Wuth, wie an die Natur des gebissenen Geschöpfes, welche das Thier meilenweit herumtreiben und es zwingen, Thiere der entlegensten Orte zu beissen und das Wuth-gift zu übertragen, man denke ferner daran, wie oft derartige Beissereien vom Menschen ganz unbeachtet bleiben , oder wenn sie an entlegenen Orten stattfanden, gar nicht zur Beobachtung gelangen konnten, um es begreiflich zu finden, dass so oft die übertragene Wuth für die spontane gehalten wurde.
Das Vorkommen der Hundswuth im Grossen spricht allerdings mehr für, als gegen die Epigenese. Gegenüber dem populären Vor-urtheil, dass grosse Kälte oder grosse Hitze die Hunde wüthend mache, hat man die Erfahrung gemacht, dass die kältesten und heissesten Gegenden unserer Erde fast von der Hundswuth verschont bleiben. Fast ganz frei von dem Vorkommen dieser Krankheit ist Kamtschatka, Grönland und zum Theil auch Schweden und Dänemark , und von den südlichen Gegenden sind es die Küstenländer des Mittelmeeres, Afrika, das südliche Asien und Amerika, welche höchst selten wüthende Hunde besitzen, so dass gerade die gemässig-ten Breiten des europäischen Continents nebst England die eigentliche Heimath der Wuth sind. Doch wurden auch gegentheilige Beobachtungen gemacht. So soll nach Caelius Aurelianus die Wuth in Carlen und Creta häufig sein, von Aegypten haben aber Prosper Alpinus, Larrey angeführt, dass die Wuth dort gar nicht vorkomme, B r u n n e r dagegen fand nicht bios die Krankheit dort, sondern er ermittelte auch, dass sie unter den koptischen Bevölkerungen wohl bekannt sei. Guy on beobachtete die Wuth in Algier, Johnson in Ostindien. Aus Nordamerika erwähnt schon Rush die Gefahr, welche den Mensehen daraus erwachse, dort mit wüthenden Hunden in Berührung zu kommen, und eine andere Reihe von Beobachtern haben sie in Südamerika, Westindien und Mexico angetroffen. — So viel steht fest, dass sie in manchen Ländern häufiger, in manchen wieder seltener ist. Auffällig ist aber, und dies spricht namentlich gegen die Epigenese, dass an Orten, die von Natur mehr abgeschlossen sind, oder bei denen ein künstlicher Schutz eingeführt ist, die Wuth fehlt; dies gilt besonders für Inseln,
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;17
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So theilt Hunter die Erfahrung mit, dass in Jamaika trotz der ungemein grossen Zahl der Hunde, welche dort gehalten werden, 40 Jahre vergangen seien, ohne dass ein einziger Fall von Wuth vorgekommen sei. Er schob dies auf die Länge derßeise von Europa dahin und erwähnte, dass, als die Krankheit in Jamaika auftrat, man den Verdacht gehabt habe, sie sei von Nordamerika übergeführt. Auf vielen westindischen Inseln war vor dem Jahre 1783 seit 50 Jahren die Wuth nicht gesehen worden. Heusinger erwähnt , dass die quot;Wuth auf dem Ungeheuern Festlande von Südamerika früher niemals gesehen sei. Auf Isle de France war die Hundswuth unbekannt, bis 1821 ein englisches Schiff aus Bengalen dieselbe mitbrachte, worauf sie sich in grosser Ausdehnung entwickelte. Bei der grossen Wuthseuche von 1852 berichtet Schra-der aus Hamburg, wo allein 267 tolle Hände constatirt wurden, dass die Eibinseln verschont blieben.
Die Jahreszeiten scheinen einflusslos auf das Vorkommen von Hundswuth zu sein, denn die Hundstage stehen ebensowenig in einer Beziehung zur Frequenz der Hundswuth als der Hundsstern. Nach der Statistik von Trolliet kamen die meisten Erkrankungen im Februar, Mai, Juli, September und October vor. Unter 779 wüthenden Hunden , welche in der Thierarzneischule zu Lyon von 1811—42 beobachte't wurden, kamen die meisten im Juni (87), nächstdem im April (79), im Juli und August (je 71), im Mai (67) vor, so dass die niedrigsten Zahlen auf den Januar (58), October (56) und December (49) fielen.
Dass zu gewissen Zeiten die Hundswuth eine ungewöhnliche Verbreitung gewann und förmlich seuchenartig herrschte, ist erst seit dem Mittelalter bekannt. Haben wir doch etwas ganz Aehn-liches im Jahre 1852/53 im Norden Deutschlands und Frankreichs beobachtet. Im Alterthume sprechen Dicscorides und Aristoteles viel von der Hundswuth, während sich in den frühesten Aufzeichnungen germanischer Völker keine Andeutung von dieser Krankheit vorfindet. Daraus geht hervor, dass das geographische Vorkommen, wie die zeitliche Verbreitung der Hundswuth nichts mit unzweifelhafter Sicherheit darthut, was auf eine spontane Entwicke-lung der Lyssa schliessen Hesse, und wir hätten uns nun an die äussern Lebensbedingungen und an das individuelle Naturell des fraglichen Thieres zu wenden, ob dieselben vielleicht Anhaltepuncte für die Epigenese der Lyssa darböten.
In ersterer Beziehung hat man zunächst eine Zähmung und Verweichlichung der Hunde angegeben. Denn in dem Maasse, als der Hund mehr Hausbewohner geworden ist, hat sich auch die Hundswuth mehr ausgebreitet. Daraus sollte nan folgen, dass die Stubenhunde häufiger toll würden, als die Jagd-, Ketten-, Karrenhunde;
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dem ist aber, so weit wenigstens meine eigenen Erfahrungen reichen, durchaus nicht so; im Gegentheil habe ich fast nur Hunde gemeineren Schlages, als den gemeinen Haus-, Hof-, Karren- und Kettenhund von der Wuth befallen gesehen. Bei Stubenhunden, Sehooss-hündchen, habe ich bis jetzt nur die stille Wuth beobachtet. Dies soll nun durchaus kein maassgebender Ausspruch sein, da meine, beiläufig 30, Beobachtungen gar nicht in die Waagschale fallen können; aber man sieht doch daraus, wie man sich hüten muss, aus einem vorliegenden, beschränkten Beobachtungsmaterial sofort allgemeinere Schlüsse zu ziehen, und wie die Sachen sich sehr wohl auch umgekehrt, wie von namhaften Autoren angegeben ist, verhalten können. Aufiällig ist freilich, dass im Orient, wo der Hund ein mehr öffentliches Leben führt, was mit der Auffassung desselben als ein unreines Thier zusammenhängt, die aber unter den griechischen, römischen und germanischen Völkerschaften fast ganz verschwunden ist, die Hundswuth so seifen vorkommt. Aber wer bürgt dafür, dass das immer so bleibe. Vielleicht waren es nur glückliche Zufälligkeiten, die in eigenthümlicher Weise durch Jahrhunderte fort wirkten, und die das Morgenland vor der Lyssa mehr oder weniger schützten. Aber gleichwie das Abendland und die neue Welt endlich doch auch die Cholera bekommen haben, so kann auch über kurz oder lang die Immunität für Lyssa dort verloren gehen, wie wir das nicht nur im ostindischen Archipel, sondern auch bereits im nördlichen Aegypten beobachtet haben.
Mangel an Nahrung und Getränk oder eine besondere Nahrung sind ausser Zusammenhang mit der Epigenese der Lyssa, wie jetzt allgemein angenommen wird. Das Ueberstehen mancher Krankheiten, wie des nervösen Catarrhalfiebers, soll die Disposition zur Lyssa steigern. Dasselbe gilt von korperlichon und psychischen Aufregungen. Aber da niemals bis jetzt dargethan wurde, dass aus diesen Ursachen sich die Lyssa allein entwickele, so steht auch die Behauptung, dass derartige Zustände prädisponirende Momente abgeben könnten, auf ausserordentlich schwankendem Boden.
Da der Nachweis der Uebertragung der Wuth in einem con-creten Fall von Lyssa oft nicht minder schwierig ist, als der exacte Nachweis einer Epigenese, so sind die Fragen gewiss hier nicht unberechtigt : überträgt ein anderes Thier die Wuth auf die Hunde ? und da die Annahme eine allgemein getheilte ist, dass nur beiRaub-thieren eine primäre Entstehung der Wuth vorkäme : ist dieses Thier vielleicht der Fuchs, der Wolf? Denn dass die Katze es nicht ist, hat Fr o riep dargethan. Die Bestätigung der Annahme, dass.eine Wuth von tollen Füchsen und Wölfen ausgehe, ist bei der exquisit contagiösen Natur der Lyssa nicht unmöglich. Aber nicht einmal die Wahrscheinlichkeit lässt sich genügend durch Thatsachen erhärten, und so
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wollen wir diese Supposition als ein Terrain bezeichnen, worauf sich die Contagionisten flüchten können, ohne von der Kritik ereilt zu werden.
Diese vielen Zweifel, die sich hier dem vorurtheilsfreien Forscher aufdrängen, haben sogar die Anschauung vorbereitet, von der specifischen Natur der Lyssa ganz abzusehen; ein wunderbares Gebaren : eine Thatsache um deswillen zu leugnen, weil ihre Deutung der Wissenschaft vor der Hand unmöglich ist. Dieses Beispiel eines exclusiven Doctrinarismus steht keineswegs vereinzelt da, denn aus der Geschichte der Syphilis und der Pocken geht hervor, dass auch dort extravagante Köpfe die Verhältnisse in gleicher Weise auf den Kopf gestellt haben.
Ich sehe hier ab von dem Versuche meines Lehrers Prinz, die Hundswuth als eine Milzbrandform aufzufassen, da die Frage nach dem originären Ursprung derWuth dadurch nicht beantwortet, sondern nur verlegt wird. Aber auch dieses Verlegen der Streitfrage ist unzulässig, denn wer wollte nur wagen, dieEpigenese der Lyssa auf Malariainfection zurückzuführen, dagerade die Tropengegenden, die eigentlichen geographischen Bezirke perniciöser Wechselfieber von der Wuth frei sind, während die gemässigtere Zone, wo die Malaria nur in ihren milderen Formen herrscht, vorzüglich das Heimathsland der Lyssa ist? Prinz liess sich vielleicht zu dieser irrigen Annahme durch den Sectionsbefund bei der Lyssa verleiten. Denn wie bei den fulminirenden Milzbrandformen und den schnell verlaufenden Milzbrandfiebern, trifft man auch dort ausser den Zeichen beginnender Blutzersetzung und den Folgen local gestörter Circulation kein constantes Phänomen an. Aber bei den vielfachen Impfversuchen mit Wuthgift hätten sich denn doch characteristische Formen des Milzbrandes bei den Impflingen herausstellen müssen, wie An-thraxbeulen. — Rychner will die stille Wuth als Symptom einer Darmaffection aufgefasst wissen. Damit ist wiederum nichts für die Erklärung gewonnen, so lange wir nicht die besondern Eigenschaften derjenigen #9632; Darmaffection bezeichnen, welche die Wuth hervorbringen muss, womit die Bedeutung der Darmaffection für die Symptomatologie der stillen Wuth keinesfalls in Zweifel gezogen werden soll.
Jener obige Ausspruch über die nicht Specifiker in der Geschichte der Lyssa gilt besonders für die Leugner der Contagiosität der Wuth, welche diese nur als eine besondere Form des tetanus iraumaticus auffassen. Aber dass die Wuth ansteckend ist, kann sicher nicht bezweifelt werden. Denn wenn auch mancher Arzt und mancher Naturforscher vergeblich impfte, so beweist ein positiver Erfolg mehr, als alle negativen zusammen. Dem-nach kann vernünftigerweise nur hier die Frage zulässig erscheinen: Ist
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dieWuth eine besondere Art Starrkrampf? Bruckmüller hat das noch 1852 behauptet.
Die eclatantesten Fälle von Starrkrampf kommen bei den Einhufern vor, und am Lehrreichsten wäre es gewiss, einen Vergleich zwischen tetanus und Wuth der Einhufer zu ziehen. Ich bin in dieser Lage. Im Jahre 1848, kurz vor dem Ausbruche der Wiener Märzrevclution, führte der verstorbene Professor Anton Hayne und Dr. Buchmüller den ganzen Cötus der Practicanten des Thierarzneiinstituts in den Marstall des damaligen Staatskanzlers Fürst Metternich, wo ein Wagenpferd, Goldfuchs, ßjährig, Vollblut, nach eihem Biss wüthend geworden war. Ich habe nie ein ähnliches Bild thierischer Wuth wieder gesehen. Jeder Muskel spielte an diesem Thiere, das unaufhörlich in die Marmorkrippe biss, dass das Blut ihm aus dem Maule strömte, ausschlug, wie ein Hund nach uns fuhr, die Zähne fletschte, doch seiner Ketten halber uns nicht erreichen konnte. Ein Versuch des Dr. Buchmüller und einiger Militäreleven, eine Schlinge dem Thiere um den Hals zu legen, brachte das Thier vollends ausser sich. Aus Sorge für die Wärter wurde das Thier auf Vorschlag Hayne's und Befehl des Ministers erschossen. Dieser Zustand unterschied sich wesentlich vom rasenden Koller. Denn bei diesem ist das Wüthen und Toben ohne jede bewusste objective Beziehung; sich nicht mehr selbstbewusst folgt das Thier hier einem unwiderstehlichen Innern Bewegungsdrange, den es durch die unbändigsten und zwecklosesten Bewegungen auslöst, und so verletzt es sich und seine Umgebung geradeso unbe-wusst, wie es die Maschinentheile einer Dampfmaschine thun, in deren Getriebe fremde Objecte gelangten. Anders bei der Wuth. Hier ist das Thier wirklich aggressiv, es ist sich seiner noch bewusst, aber der Zerstörungstrieb ist dominirend und unwiderstehlich. Doch wird der Gegenstand erkannt und mit sichtlicher Auswahl der Mittel in Angriff genommen. Beim Starrkrampf dagegen wird das vordem wildeste, unbändigste Pferd fromm wie ein Holzbock. Das Thier ist steif und unbeweglich wie dieser, schliesslich gerathen alle Muskeln in einen Dauerkrampf; wird das Zwerchfell auch davon ergriffen, so erfolgt der Tod durch Erstickung. Demnach ist der Starrkrampf symptomatologisch gerade das Gegentheil von der Wuth.
Man suchte endlich die Sache so zu erklären, dass man dem Speichel an sich, ohne qualitative Veränderung seiner Beschaffenheit, die Eigenschaft zuschrieb, Lyssa zu erzeugen. Man fusste namentlich auf den Satz des C e 1 s u s: omnis f ere morsus habet quoddam virus, Wright hat viele Versuche in dieser Beziehung angestellt. Dieser Beobachter injicirte grössere Quantitäten Speichels, bis 9 3, in die Blutgefasse von Hunden und sah besonders nach Injectionen in die Carotis die heftigsten Erscheinungen auftreten, die An-
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fangs den Character der Beizung und später den der Depression und Lähmung an sich trugen. Daraus würde hervorgehen, dass jeder Biss unter Umständen, wenn gewisse Quantitäten von Speichel dabei in das circulirende Blut gelangten, Lyssa zu erzeugen vermöchte. Aber es erscheint doch misslich, auf die Wright'sehen Experimente ohne Weiteres derartige Folgerung zu bauen, um so mehr, als bei Injection in die Carotis offenbare Unterbrechungen des Blutstroms stattfinden, die zu Thrombose und Embolie der Arterien und hierdurch zu Hirnerweichungen etc. führen, wie die dort eintretende plötzliche Blindheit beweist, und andernseits Jacubo-witsch direct nachwies, dass filtrirter Speichel eine Eeihe von Eigenschaften nicht besitzt, die den nicht filtrirten auszeichnen, dass insbesondere die Respirationsbeschwerden und die Herzbeschleunigung fehlen. Allein einige Versuche sind bemerkenswerth, insofern erst am 8. oder 15. Tage nach der Injection eine Reihe von Erscheinungen auftrat, welche mit denen der Wuth die grösste Aehn-lichkeit darboten. Doch muss trotzdem hervorgehoben werden, dass die Beweiskraft derartiger Experimente um deswillen sehr geschwächt, wenn nicht gar aufgehoben wird, da bei denselben Quantitäten von Speichel zur Verwendung kamen, die in gar keinem Verhältniss zu den bei dem Biss oder der einfachen Impfung übertragenen stehen. Man denke auch hier an die vorgekommene Uebertragung derHundswuth durch'sBlut. Aber auf jeden Fall bestehen hier ganz andere Verhältnisse, als bei der normalen Speichel-secretion, und es bliebe, wenn man den Werth der Wright'sehen Experimente dennoch retten wollte, nichts übrig, als die Annahme eines besonderen Fermentkörpers im Speichel der Raubthiere, der zu gewissen Zeiten in ungewöhnlich reichlicher Menge dort auftritt, wobei dann auch kleine Mengen des Speichels Wirkungen auf den Körper auszuüben vermögen, wie sie sonst nur sehr grossen zukommen. Natürlicherweise entzieht sich auch dieser hyp othetische Fermentkörper der chemischen Analyse, denn dass er in dem Rhodankalium des normalen Speichels nicht aufgehe, haben die negativen Resultate der Wright'schen Untersuchung mit dieser Cyanverbindung gezeigt. Die Vermehrung dieses Fermentkörpers bis zu dem Grade, dass schon kleine Quantitäten wirksam sind, und deren Bückwirkung auf das Nervensystem in Form der Wuth in einem nicht gebissenen Thiere wäre dann gleich der Epigenese der Lyssa, ja es würde vielleicht nicht einmal die Möglichkeit ausschliessen, dass in einzelnen Fällen bei einer allmäligen Vermehrung des Fermentkörpers sich eine Toleranz des Organismus gegen dieselbe herausstelle, und auf diese Weise würden sich jene seltenen, aber doch nicht wegzuleugnenden Fälle erklären, wo der Biss eines nicht wüthenden Thieres die Wuth erzeugte. Dadurch würde auf keinen Fall die Specifität der
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Wuthkrankheit in Zweifel gezogen, nur die des Wuthgiftes würde auf eine, unter unerklärlichen Verhältnissen stattfindende Vermehrung eines normalen Bestandtheiles des Speichels reducirt. Hierbei würde man noch keineswegs in die Verlegenheit gerathen, mit Bruckmüller jedem Bisse eines jeden Hundes die Möglichkeit zuzugestehen, die Lyssa zu erregen. Gegen diese letzte, höchst geistreiche Hypothese Rudolf Virchow's streitet nichts als die geographische Verbreitung der Lyssa, denn das unzweifelhaft vorherrschende Geknüpftsein der Lyssa an bestimmte Länderstriche, könnte doch nur von miasmatischen Ursachen abhängen. Und so hätte nach der dermaligen Sachlage die Annahme der miasmatischen Verbreitung der Lyssa gegenwärtig, bis nicht andere That-sachen gewonnen sind, eine volle wissenschaftliche Berechtigung.
Ist das Ferment in den Körper eines andern Thieres übertragen, so ist es besonders durch eine lange Incubationszeit ausgezeichnet. Erst mit der Wiederentzündung der Wunde, mit der Multiplication und dem Ueberführen des Ferments in die Säftemasse treten die Zeichen der Wuth in die Erscheinung, die sich als eine Hyperästhesie des verlängerten Markes und des Gehirns characteri-siren, und die erst später in das entgegengesetzte Extrem, nämlich in Paralyse umschlagen. Die Wuthkrankheit verläuft vorzüglich am Nervensystem, daher auch die Section fast nur negative Resultate darbietet.
An sich ist die Wuth eine consensuelle Psychose in Verbindung mit Störungen in den Schling- und Stimmwerkzeugen, welche ein Gemisch von Paresis und Hyperästhesie darstellen. Vielleicht ist es so zu deuten, dass neben einem lähmungsartigen Zustande der Schling- und Stimmritzmuskeln eine gesteigerte Reizbarkeit der sensitiven Nerven des Schlundes und des Kehlkopfs bestehe, die bei der Einwirkung alltäglicher Einflüsse die Veranlassung zu den so lästigen und von dem Thiere so gefürchteten Reflexkrämpfen wird. Diese schmerzhaften Spasmen treten aber nicht blos beim Schlingen oder beim Versuch zum Schlingen ein, sondern auch von entfernten Nervenprovinzen, ganz besonders von den Sinnesnerven (von den optici) aus, wie namentlich bei der Einwirkung eines grellen Lichtes oder einer spiegelnden Fläche, erregt werden können. Daher das häufige, aber durchaus nicht constante Phänomen der Wasserscheu, eine überhaupt unpassende Bezeichnung, da die Thiere nicht das Wasser an sich scheuen, sondern nur die Schluckbewegungen oder den Anblick spiegelnder Flächen begleitenden Krämpfe, die nicht weniger bei der versuchten Aufnahme fester Substanzen und dem Erblicken anderer glänzenden Dinge als Wasser eintreten. Sowie Lähmung der Gefühls- und der motorischen Nerven des Hintermau-les zugegen ist, wie bei der stillen Wuth, dann scheint es den
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Thieren sogar Erleichterung zu verschaffen, wenn sie ihre Schnauze ins Wasser halten.
Characteristisch ferner für diese Psychose ist der perverse Appetit, die Zornmüthigkeit bei relativ geringer Störung des Bewusstseins, wodurch sich die Hundswuth besonders von dem Koller unterscheidet, die Kreuzschwäche und die schliesslich stets vorhandene Kreuzlähme, sowie die Paralyse der Kaumuskeln im letzten Stadium der Wuth. Bei der stillen Wuth sind die Lähmungs-erscheinungen vorwaltend und diffuse entzündliche Catarrhe auf der Rachen-, Schlund-, Magen- und Dünndarmschleimhaut vorhanden. Die Bissigkeit ist weniger characteristisch, sie fehlt bei der stillen Wuth oft ganz, auch ist sie bei wüthenden Pflanzenfressern seltener, aber dennoch mitunter sehr exquisit vorhanden. Die Thiere benützen gleichsam hier jede ihnen zu Gebote stehende Waffe, um ihre Wuth an belebten wie leblosen Gegenständen auszulassen.
Endlieh ist in diagnostischer Beziehung der rasche und immer tödtliche Verlauf und die nachweisliche Uebertragbarkeit hervorzuheben.
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Die Kenntniss der Wuthkrankheit beim Menschen ist durchaus noch nicht so alt. Hippokrates erwähnt ihrer nicht, und Aristoteles macht sogar in seiner historia ammalium liber 8die wunderbare Bemerkung, dass der Mensch für die Wuth nicht empfänglich sei. Caelius Aurelianus dagegen discutirte die Frage, ob die Krankheit eine neue sei, wobei er Angaben des D e m o -kr it, eines Zeitgenossen des Hipp o krates, beibringt. Auf jeden Fall ist anzunehmen, dass in der vorchristlichen Zeit die Menschenwuth ausserordentlich selten war, was gewiss nicht Wunder nehmen kann, da wir ja bezüglich der Hundswuth ganz ähnliche Thatsachen kennen gelernt haben, ist ja noch heutzutage das Vorkommen dieser Krankheit in dem Orient eine ausserordentliche Seltenheit. Soviel steht fest, dass sich die Menschenwuth über die Zeiten des Demokrit hinaus historisch nicht feststellen lässt. Kann man auch kein Gewicht auf die Angabe des Plutarch legen, dass die Menschenwuth zuerst in der Zeit desAsklepiades von B i t h y n i e n aufgetreten sei, so datiren doch die ersten genauem Aufzeichnungen aus der Alexandrinischen Schule.
Die Lyssa wird dem Menschen mitgetheilt durch den Biss eines Thieres oder durch Einbringung des Giftes auf eine excoriirte Hautstelle. Die unverletzte Haut scheint absolut vor der Einwirkung des Wuthgiftes zu schützen. Gewöhnlich überträgt der Hund das Gift auf den Menschen, doch sind auch Fälle von der Katze,
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dem Wolfe bekannt. In sehr seltenen Fällen ist die üebertragnng durch Füchse, Rindvieh und Schweine geschehen. Die Zurück-impfung vom Menschen auf Hunde und Kaninchen ist Magend ie, Breschet und E a r 1 e geglückt, während in der neuern Zeit constatirte Beispiele einer Uebertragung vom Menschen zum Menschen nicht existiren. Frühere Angaben sind nicht ganz zweifellos. Ob es immer der Biss eines wüthenden Hundes sein muss, der die lyssa hutnana erzeugte, und ob nicht auch der Biss eines gereizten, wüthenden, aber sonst gesunden Thieres die Menschenwuth zu erzeugen vermag, harrt noch der weitem Bestätigung, obwohl Zwinger den Biss eines zornigen Thieres für ausreichend erachtet, um die Wuth zu erzeugen.
Die Empfänglichkeit für das Wuthgift ist beim Menschen zum Glück ausserordentlich gering. Mir sind selbst mehrere Fälle bekannt, wo Menschen von wüthenden Thieren gebissen wurden, und doch blieben sie von der Wuth frei. Und so hat man behaaptet, dass von 20 Gebissenen nur einer erkranke. F ab er stellte aus Würtemberg 145 Fälle von gebissenen Personen zusammen, unter denen 28 erkrankten. Was diese ungleiche Empfänglichkeit begründe, lässt sich nicht sagen, aber Geschlecht, Alter, Temperament, Constitution scheinen hierauf ohne Einfluss zu sein, nicht so die Oertlichkeit des Bisses. So sind Verletzungen an unbedeckten Körpertheilen, namentlich an Gesicht und Händen, ungleich gefährlicher, als an den bedeckten.
Die Incubationszeit oder auch das Stadium der Latenz des Giftes ist hier ungewöhnlich lang und wird schon von den alten Aerzten auf 40 Tage angegeben. Im Allgemeinen kann man es auf 4—7 Wochen setzen ; die kürzeste Dauer scheint 3 Tage zu sein. Doch auch hierbei herrschen Zweifel. Sehr unwahrscheinlich sind die Angaben über den Endpunct der Latenzzeit. Hunter spricht von 17—19 Monaten, ältere Schriftsteller sogar von 20—40 Jahren.
Die Bissstelle heilt im Allgemeinen nicht schwerer, als eine andere Bisswunde, und nur in seltenen Ausnahmsfällen entzündete sie sich lebhafter, eiterte längere Zeit, oder wurde wohl gar brandig. Oefterer dagegen hat man bemerkt, dass die Narbe längere Zeit hyperämisch und geschwollen bleibt, oder dass sich unter einem kleinen Schorf eine Eiterung erhalte, oder dass sich endlich unter heftigem Jucken neben der Narbe Bläschen bilden. Bisweilen bilden sich unter der Zunge Bläschen. Schon die Alten schenkten dieser Stelle unter der Zunge eine besondere Aufmerksamkeit, indem sie dort den Tollwurm, die Ursache der Lyssa, suchten. In der neuern Zeit, 1820, wurde jedoch das allgemeine Interesse sehr lebhaft durch die Mittheilung eines in Russland practicirenden
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piemontesischen Arztes Marochetti erregt, welcher das Ge-heimniss eines Kosaken, der mit Glück die Wasserscheu behandelte, abgelauscht hatte und durch eigene Erfahrung die Thatsache bestätigte , dass unter der Zunge Hydrophobischer eigenthümliche Bläschen ausbrächen. Die Glaubwürdigkeit dieser Angabe wurde durch die Erzählung eines griechischen Arztes Xanthos, indem darnach in den verschiedenen Theilen Griechenlands diese Wuth-bläschen schon lange bekannt und mit dem Namen Lysses belegt seien, bestätigt. Darnach sollten die Bläschen den dritten Tag nach dem Bisse unter der Zunge erscheinen. Marochetti hat noch eine neuere Mittheilung von 1842 gemacht, in welcher diese Bläschen als eine Art Pusteln, die das Wuthgift enthalten sollen, aufgeführt sind. Er glaubt, dass die Ausführungsgänge der kleinen Drüschen strotzend mit Wuthgift angefüllt sind und in Folge dessen bläschenartige Buckel unter der Zunge bilden. Die Marochetti'schen Angaben sind voller Widersprüche und grober ünwahrscheinlichkeiten. Viele Beobachter haben ähnliche Bildungen gesehen, andere wieder nicht. Und so ist, wie dies bei ungenauen Beobachtungen in der Regel vorkommt, die Sache bis heute auf keinen Fall erledigt.
Kommt nun die Hydrophobie zum Ausbruch, so beobachten wir zunächst, wie bei dem wüthend werdenden Thiere, ein Stadium melancholicum, dessen Dauer sehr verschieden lang, manchmal kaum bemerkbar und verschwindend kurz ist, andere Male tage-, ja wochenlang besteht. Der Kranke zeigt sieh oft mehr oder weniger verstimmt; lebhafte Unruhe, Eingenommenheit, Appetitmangel , zuweilen Uebelkeit oder Erbrechen, starker Durst, Verstopfung, nicht selten Horripilationen, Mattigkeit und Niedergeschlagenheit, Gliederschmerz und Hitzegefühl sind zugegen.
In der Narbe gehen jetzt eigenthümliche Veränderungen vor, die Narbe bekommt ein livides Ansehen, wird schmerzhaft, bricht in vielen Fällen wieder auf, und die Wunde sondert dann eine dünne Jauche ab. Hierbei ist in der Regel eine schmerzhafte Empfindung vorhanden, die von der Wunde oder Narbe aus in centripetaler Richtung ausstrahlt. Doch in einer nicht geringen Zahl von Fällen können auch alle diese Veränderungen an der Bissstelle fehlen. Die Kranken suchen meist die Einsamkeit, sind furchtsam und schreckhaft, sitzen tief in sich versunken da, oder finden nirgends Ruhe. Sie klagen über ein unbestimmtes Gefühl von Angst und Beklemmung, ohne sich einer besondern Veranlassung dazu bewusst zu sein. Andere sind mit trüben Vorstellungen wechselnden Inhalts beschäftigt, oder werden, wenn sie die Gefahr kennen, in welcher sie sich befinden, unaufhörlich durch die Furcht vor dem Ausbruche der Krankheit gequält. Der Schlaf ist unruhig und durch ängstliche Träume gestört. Präcordialangst, Athembeklemmung, Zwerchfells-
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krämpfe in Form seufzender Inspirationen weisen darauf hin, dass auch die medulla oblongata mit ergriffen ist. Bisweilen gesellen sich zu diesen Athemkrämpfen tetanische Zuckungen in den Nackenmuskeln und Schultermuskeln.
Das stadium irritationis oder hydrophobicum seu furibundum tritt entweder spontan ein, oder nach der Einwirkung bestimmter Einflüsse, so nach einer Gemüthsalteration, nach einem Schreck, Aerger, Zorn, oder nach der Einwirkung grellen Lichtes, lauten Geräusches, oder im AfFecte, in der Freude. Der erste Anfall characterisirt sich als eine plötzlich auftretende Erstickungs noth, welche beim Versuch zu trinken eintritt, und die es dem Kranken zur Unmöglichkeit macht, nur einen Tropfen hinabzuschlucken. Die Kranken haben die Empfindung, als werde ihnen bei dem Versuch zu trinken die Brust und die Kehle zusammengeschnürt. Es spricht nichts dafür, dass ein krampfhafter Verschluss der glottis oder eine krampfhafte Contraction der Exspirationsmuskeln dieser Empfindung zu Grunde liege. Es fehlen die Zeichen eines Laryngismus und einer unwillkürlich for-cirten Exspiration, dagegen deuten das hervorgewölbte Epigastrium und die emporgehobenen Schultern auf einen tonischen Krampf der Inspirationsmuskeln, welcher das Ausathmen unmöglich macht und dieselbe Erstickungsnoth bewirkt, wie eine Zusammenschnürung der Kehle und der Brust, von welcher der Kranke selbst fälschlich seine Athemnoth ableitet. Jeder neue Versuch zu trinken ruft einen neuen Anfall hervor*). Die schrecklichen Erfahrungen, die sie gemacht haben, machen die Kranken wasserscheu. Je häufiger sich die Anfälle wiederholen, um so grosser wird die Furcht vor denselben. Die Aufforderung zu trinken, die Darreichung eines Glases mit Wasser, versetzt sie daher in die grösste Unruhe. Schliesslich bringt sie schon der Anblick eines Glases oder eines blanken Gegenstandes in die grösste Verzweiflung, und ruft von Neuem die Reflexkrämpfe auch ohne Schluckbewegung hervor. Auffallend ist es, dass Anfangs das Schlucken fester Nahrung noch möglich ist, später erzeugt auch dieses die fürchterlichsten Reflexkrämpfe. Im weitern Verlaufe steigert sich die Reflexerregbarkeit so, dass ein Luftzug, welcher die äussere Haut trifft, eine unsanfte Berührung derselben, der zufallig in den Hals herabgleitende Speichel, oder selbst die blosse Vorstellung eines Schlingversuches einen erneuten Anfall hervorrufen. Die Kranken sprudeln und spucken rücksichtslos aus, vielleicht um erneuten Anfällen auszuweichen, später verbreiten sich die Krämpfe auch auf andere In-
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*) Jubere talem aegrotum, ut bibat, est postulare, ut ipse se con-stringat etc. etc.
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spirationsmuskeln, endlich auch auf die der Extremitäten. Da zwischen den einzelnen Muskelcontractionen kürzere Pausen fallen, so kommt mehr oder weniger das Bild eines protrahirten epileptischen Anfalls zu Stande, der bisweilen durch sardonisches Lachen, krachende Zusammenziehung der Kiefer ausgezeichnet ist. Auf der Höhe des Paroxysmus steigert sich die Beengung und Beklemmung zu einer drohenden Erstickung. Auch hier sind die Kranken von Traurigkeit und Schwermuth befallen, sie werden von einer wahren Todesangst gepeinigt. Manche suchen die Einsamkeit, verstecken sich vor den Menschen, Andere laufen rastlos hin und her. Bei den meisten Kranken kommt es nun, zumal nach einer rohen Behandlung, zu periodischen tobsüchtigen Anfallen. Die Kranken sind hier schwer zu bändigen, zertrümmern Alles, was in den Weg kommt, schlagen, beissen, kratzen, entwickeln oft wie bei der Manie eine ungewöhnliche Muskelkraft und legen gar nicht selten, da der Grundton der Seelenstörung der höchste Grad menschlicher Verzweiflung, gepaart mit der schrecklichsten physischen Pein, ist, Hand an sich selbst. Die Bissigkeit ist kein pathognomisches Zeichen der Hydrophobie, denn auch bei dem Maniakus begegnen wir ihr oft in gleichem Maasse und in gleichem Grade. Auch die bellenden, heulenden Töne, welche die Hydrophobischen ausstossen, characterisiren ebensowenig die lyssa humuna, denn bei den intercurrirenden maniakalischen Anfällen des idiopathischen Irreseins wird es bei einem gewissen Grade der Tobsucht sehr oft beobachtet.
Die Dauer dieser tobsüchtigen Anfälle ist nie länger als eine viertel, höchstens eine halbe Stunde. Hierauf kehrt die sittliche Selbstbestimmbarkeit vollkommen wieder zurück, die Kranken sind sich ihres fürchterlichen Zustandes wohl bewusst, sie bitten flehendlich ihre Angehörigen um Verzeihung wegen der im Anfall zugefügten Unbill, bestellen im klaren Bewusstsein des nahe bevorstehenden Todes ihr Haus, bitten selbst um Zwangsmittel für den nächsten Anfall, oder ersuchen ihre Angehörigen, sich zu entfernen, damit sie ihnen nicht von Neuem wehe thun müssten.
Nachdem die Krampf- und Wuthanfälle 2— 3 Tage immer häufiger wiedergekehrt sind, verlieren sie mit der zunehmenden Schwäche des Kranken gewöhnlich an Intensität, denn es ist grade-zu eine Ausnahme, dass der Tod auf der Höhe der Krankheit durch Erstickung erfolgte. Es stellt sich jetzt das sogenannte paralytische Stadium ein. Der Kranke magert hier schnell ab, der Geifer wird nicht mehr ausgeworfen, sondern läuft passiv aus dem offenstehenden Munde ab, oder fliesst auch in den Hals zurück und erzeugt heftige Hustenanfälle, zu denen sich Erbrechen oder die quälendste Er-stickungsnoth gesellt. Die Stimme wird immer rauher und schwächer, die Worte werden mehr murmelnd hervorgebracht; äusserst häufig
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ist die Haut mit klebrigem Schweisse übergössen, die Augen sind trüb, starr, die Pupillen erweitert. Der Tod erfolgt unter Convul-sionen, oder asphyctisch. Häufig dagegen lassen die Erscheinungen schliesslich nach, Angst und Respirationsnoth verlieren sich , und der Tod erfolgt sanft.
Der gewöhnliche Ausgangist derTod. Mitunter täuscht derNach-lass der Erscheinungen, der dem Tode vorangeht, und so macht schon Avicenna die Bemerkung, dass, wenn die Kranken wieder trinken, ihr Toü nicht ferne sei. Gewöhnlich erfolgt derTod drei Tage nach Ausbruch der Wasserscheu, doch giebt es Fälle, wo derselbe schon 16 Stunden darauf eintrat, andere, wo sich die Krankheit 4—5 Tage fortzog, noch andere, obwohl dieselben nicht unzweifelhaft sind, wo die Krankheit 2—3 Wochen angedauert haben soll. — Ob ein Ausgang in Grenesung je vorgekommen ist, ist höchst zweifelhaft. Ausser einer Beobachtung von Rust, wo die Genesung eines kaum zu bezweifelnden Falles von beginnender Wasserscheu ohne alle innere und äusserliche Behandlung stattfand, haben wir in der Literatur zwei von van Swieten mitgetheilte, wenn auch nicht selbst beobachtete, Fälle. Dort wird eine Art chronischer Wasserscheu bei zwei Kranken geschildert, die sich von selbst verlor.
Diepathologische Anatomie der Hydrophobiebietet, wie die der Lyssa der Thiere, sehr wenig characteristische Veränderungen dar. Der gewöhnliche Befund bei Hydrophobie, der auch ganz und gar mit der der Lyssa bei Thieren übereinstimmt, ist folgender:
Sehnelle Todtenstarre, rasch eintretende Fäulniss, grosse Neigung des Blutes zur Zersetzung, daher auch sehr bald sich Gasblasen in den Gelassen und dem Herzen entwickeln. Das Blut ist sehr dunkel, flüssig, der Blutfarbstoff trennt sich leicht, daher ausgedehnte Imbibitionsrötho der verschiedensten Theile und Gewebe. Im Gehirn, Rückenmark, in den peripherischen Nerven werden Hyperämie und geringere Grade einer Exsudation, aber ohne jeden speci-fischen Character, angetroffen. Besonders wurde der Vagus, der Halstheil des Sympathicus stärker geröthet beobachtet. Mund- und Rachenhöhle sind mit zähem Schleim erfüllt, die Papillen der Zunge sind vergrössert, die Follikel der Zunge, Zungenwurzel und des Rachens sind geschwollen, der Pharynx ist venös hyperämisch. Uvula und Gaumen angeschwollen , die Speicheldrüsen fast immer normal. Einige Beobachter geben Bläschen und Pusteln an unter der Zunge. Die Schleimhaut des Magens und des Darms ist geröthet und ecchymotisch. Im Magen finden sich Speisereste oder eine bräunliche oder schwärzliche, gallige oder blutige Flüssigkeit. Die grossen Unterleibsdrüsen sind hyperämisch, Hypostase und Oedem der hintern Lungentheile, sehr häufig interlobulares Emphysem der vordem Ränder, das sich sogar in ein paar Fällen auf das
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lockere Bindegewebe der Brust, des Halses und Unterleibs verbreitet hatte. Die Bronchien und Luftwege sind überhaupt mit zähem, schleimigem Inhalte erfüllt, ihre Schleimhaut geröthet; ausgedehnte venöse Hyperämie der Oberfläche des Körpers, häufig grosse Abmagerung, nicht blos des Fettes, sondern auch der Muskeln, sind zugegen.
Die Hydrophobie und li/ssa canina sind ein paar identische Zustände, und die Verschiedenheit in der Symptomatologie beider wird nur durch die Verschiedenheit in der Organisation bedingt. Diese Differenz ist keine qualitative, sondern nur eine quantitative, denn wir treffen überall bei beiden dieselben Symptomengruppen oder dieselben Organleiden, nur dem Grade nach verschieden sich äussernd.
Der gemeinschaftliche Mittelpunct ist beim Menschen wie beim Hunde das Wuthgift, das vom Hunde auf den Menschen und von diesem zurück wieder auf den Hund übertragen werden kann. Dies Gift, aller Wahrscheinlichkeit nach eine Art Fermentkörper, begründet die eigenthümliche Affection der Centraltheile des Nervensystems, welche beim Hunde wie beim Menschen eine Reihe von Neurosen hervorbringt, die jedoch beim Menschen ungleich auffälliger sind, so dass die mitgetheilte Form die besten Aufschlüsse über die Natur der Störung beim Thiere gewährt. Dies gilt besonders von den Reflexkrämpfen, die beim Menschen viel deutlicher hervortreten, und von dem intermittirenden Verlauf der Krampf-und Wuthparoxysmen, der in dieser Reinheit nie bei den Thieren beobachtet wird. Ob auch beim Menschen das Blut der Durchgangspunct der Erkrankung ist, konnte hier durch directe Versuche nicht nachgewiesen werden. Die grösste Aehnlichkeit mit der Wuthgifcwirkung haben die Vergiftungen mit Alkohol und Strychnin.
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ist bei Menschen und Thieren ein oft beobachtetes, periodisch sieh äusserndes Leiden des Gehirns, welches in seinem hohem Grad mit Bewusstlosigkeit der Kranken verbunden ist, und sich nebea dieser als ein clonisch-tonischer Krampf aller Muskeln äussert.
Die Epilepsie ist nicht wie die Chorea oder der Starrkrampf eine reine Motalitätsneurose, denn die Pause der Empfindung und des Bewusstseins während des Anfalls und die Störung der Psyche unmittelbar nach überstandenem Krampfparoxysmus, welche von den niedern Graden einer Schwer-oder ünbesinnlichkeit an bis hinauf zu unzweifelhaft tobsüchtigen Zuständen beobachtet wird, sind ebenso wesentliche Attribute der Epilepsie, als die Convulsionen.
Dass der Ausgangspunct jener tumultuarischen Muskelcon-tractionen, jener Perturbation der motorischen Nervenerregung in den Centraltheilen , welche den epileptischen Anfall erregen, die medulla oblongata und die Basalganglien des Gehirns sind, kann wohl länger nicht mehr bezweifelt werden. Dafür spricht der Umstand, dass die tiefste Bewusstlosigkeit alle vollkommenen epileptischen Anfälle begleitet, innerhalb welcher die Ganglienzellen der grauen Rinde und die Leitfasern der grossen Hemisphären unzweifelhaft ausser Thätigkeit gesetzt sind, sowie die Ergebnisse der Vivisectionen, bei denen es den verschiedensten Experimentatoren gelang, durch anhaltende Reizungen der Basalganglien mittelst des Inductions-apparats epileptiforme Krämpfe zu erzeugen, während dieser Effect stets ausblieb, reizte man die verschiedenen Abschnitte der grossen Hemisphären. Gelang es doch auch Kussmaul und Tenner, nach completer Exstirpation beider Hemisphären noch epileptische Krämpfe zu erregen. Weniger als der Ausgangspunct ist die Natur des Vorganges bekannt, welcher von medulla oblongata und den Basalganglien nur zeitweilig diese stürmischen Convulsionen erregt. Es scheint sich auch hier wieder der Satz zu bewähren, dass die Art der Leistungen gewisser thierischer Gewebe dieselbe bleibt, trotz der verschiedenartigsten Einwirkungen. Selbst Gegensätze scheinen hier ein und dasselbe zu leisten, daher kommt es, dass Kussmaul
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und Tenner die arterielle Anämie des Gehirns als nächste Ursache des epileptischen Anfalls betrachten, weil es ihnen gelang, durch Abschluss des arteriellen Blutes vom Gehirn epileptiforme Anfälle hervorzurufen, während Sehr öder van der Kolk eine arterielle Hyperämie des Gehirns und besonders der medulla oblongata als nächste Ursache des epileptischen Anfalls auffasst, weil er bei einer grossen Anzahl Leichen Epileptischer nach einem längeren Bestehen der Krankheit neben vielen inconstanten Veränderungen constant eine Erweiterung der feineren Arterien im verlängerten Mark angetroffen hatte. Auf keinen Fall ist durch arterielle Anämie und Hyperämie des Gehirns das Nächstursächliche der Epilepsie gedeckt, vielmehr kann auch vom Blute aus, durch Zuführen heterologer, deletärer Stoffe, Epilepsie erregt werden. Man denke hier z. B. an die cephalopathia satumina, an die epileptiformen Krämpfe heruntergekommener Säufer etc. Aber auch Ernährungsstörungen des Gehirns fähren oft zu epileptischen Krampfanfällen, daher die Epilepsie eine der gewöhnlichsten Complicationen chronischer Seelenstörungen ist. Es ist hier nicht allemal nothwendig, an Blutfiille oder Blutlere zu donken , denn Erweichungsvorgänge und verstärkter Druck vom Kammerwasser aus auf Basalganglien und Medulla bei Blödsinnigen haben diesen Effect ebensowohl, als die constanten Störungen der Blutvertheilung in den Hirngefässen in den früheren Stadien des chronischen idiopathischen Irreseins. Neubildungen auf den Hirnhäuten, auf den Adergeflechten, Neoplasmen in der Hirnsubstanz selbst gehen sehr oft mit Epilepsie einher, jedoch ist die Coincidenz beider Zustände keinesfalls constant. Denn nur zu oft ist die functionelle Störung vorhanden ohne die anatomische, und umgekehrt.
Bisweilen wird im Gehirn selbst nach längerem Bestehen der Epilepsie nicht das mindeste Anomale angetroffen, und es bleibt in solchen Fällen nur die Annahme übrig, dass die medulla oblongata auch durch Uebertragung eines krankhaften Erregungszustandes von entfernten centralen oder peripherischen Nervengebieten in jenen gereizten Zustand versetzt werden kann. Und so hat man von allen Nervenprovinzen aus die Epilepsie sich entstehend gedacht, und in dem Verschwinden epileptischer Anfälle nach dem Abtreiben eines Bandwurmes, nach der operativen Entfernung auf Nervenstämme drückender Neurome, Balggeschwülste, Narben, den Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung gefunden. Die Entdeckung Brown-Séquard's, dass nicht unmittelbar nach Verletzungen des Rückenmarks bei Hunden, sondern erst nach einiger Zeit epileptische Krämpfe auftreten, scheint zu beweisen, dass eine krankhafte Erregung von entfernten Theilen successive auf der Bahn centripetaler Nervenfäden zur medulla oblongata fortschreitet, und dort angelangt, die Ursache habitueller, periodisch auftretender
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Krämpfe zu werden vermag. Was fBr das'Rückenmark gilt, kann aber auch für alle übrigen peripherischen Nerven beansprucht werden , da bezüglich der Leitung das Rückenmark sich zum Gehirn nur wie ein summvs neruvs coi'poris verhält. — Vielleicht mögen in ähnlicher Weise Gehirntumoren und andere Erkrankungen des Gehirns und des Rückenmarks durch allmälige Fortpflanzungen einer krankhaften Erregung zum verlängerten Mark die Epilepsie hervorrufen. Sehr schwer zu erklären ist aber der Umstand, das? trotz der permanent wirkenden Ursachen: fortgepflanzter Druck durch Geschwülste, Erweichungs-, Eiterheerde des Gehirns, Druck eines hydrops ventriculorum, trotz permanent wirkender peri-pheriseher Erregung der medulla oblongata durch Neurome, Parasiten, nicht anhaltende, sondern nur perio dis ch e krankhafte Erregungszustände in den motorischen Nerven bemerkt werden. Es fehlt bis jetzt jede nähere Einsicht in diese Verhältnisse, und es würde nur ein müssiges Gebahren sein, den Leser durch eine per-mutatio rerum, die trotz aller geistreichen Hypothesen doch mit dem Gestandniss eigener Unkenntniss der wahren Ursache jenes widersprechenden Verhältnisses schliessen müsste, zu ermüden.
Ein zweites Räthsel, was sich uns hier aufdrängt, ist das Alter-niren der Thäligkeiten der grossen Hemisphären mit den Functionen der medulla oblongatd und der Basalganglien. Denn während diese sich im Excess der Thätigkeiten befinden, deutet die absolute Pause der Empfindung und des Bewusstseins auf einen Lälunungs-znstand der grossen Hemisphären hin. Man nahm an, class diese von einer venösen Stauung im Gehirn abhänge, welche sich in Folge der Compression der Halsvenen durch die Contrahirten Halsmuskeln entwickele, theils dachte man sie sich abhängig von einem gehemmten Athmen, welches eine Ueberladung des Blutes mit Kohlensäure bewirke, durch krampfhaften Verschluss der Glottis erzeugt. Auf' jeden Fall fasste man sie aber als eine seenndäre, durch die Convulsion bedingte Erscheinung auf. Diese Auffassung ist gewiss irrig, denn obwohl die Pause des Bewusstseins die Krämpfe überdauert, so beginnt sie doch mit denselben gleichzeitig, ein Verhültniss, welches beide gegebene Erklärungsweisen ausschliesst. In einigen Fällen geht sogar die Störung des Bewusstseins den Krämpfen voran, deshalb kann dieselbe weder von venöser Stase, noch von Glottiskrampf abhängen, da beide Zustände erst mit den Convulsionen eintreten. Dieser sich bei den epileptischen Anfällen kundgebende Antagonismus zwischen Grosshirnhemisphären und den Basaltheilen ist trotz der verschiedensten Hypothesen gegenwärtig noch vollständig unerklärt.
Beim Menschen ist die Epilepsie eine sehr häufige Krankheit. Unter tausend Individuen werden sechs epileptische angetroffei..
Gleiaborg, vergleichende Pathologio.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 13
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Frauen leiden häufiger an Epilepsie als Männer. Die meisten Fälle von Epilepsie fallen auf die Zeit vom 10. —20., näehstdem auf die Zeit vom 2.—10. und vom 20.—30. Lebensjahre. Im eigentlichen Greisenalter entsteht selten Epilepsie. Ebenso selten fällt sie in die ersten Lebensmonate. In 'A aller Epilepsiefalle lässt sich eine angeborene Anlage nachweisen. Die Mutter scheint diese Anlage sicherer zu vererben, als wie der Vater, aber auch bei solchen Kindern, deren Vorfahren an Geisteskrankheit und Trunksucht gelitten haben, findet sieh oft die Anlage zur Epilepsie vererbt. Manche Familien bieten zahlreiche Fälle von Epilepsie dar, und diese traurige Eigenthümlichkeit erhält sich sogar durch mehrere Generationen. Zuweilen wird eine Generation übersprungen, und so werden erst die Enkel fallsüchtig. Heruntergekommene Subjecte, Onanisten, Trinker werden häufiger befallen, als gesunde.
Gelegenheitsursachen: Psychische Erregungen, Furcht, Schreck, der Anblick eines Fallsüchtigen ; in mehr als einem Drittheil der Fälle folgt unmittelbar einer heftigen Gemüthsalteration der erste Anfall.
Causae remotae internae: Der Befund am Gehirn ist höchst inconstant. Die gewöhnlichsten Texturerkrankungen, die sich zuweilen unter ungekannten Bedingungen mit Epilepsie vergesellschaften, sind : Asymmetrie, Difformitäten des Schädels, diffuse Verdickungen desselben, Knochenauswüchse, die Zeichen einer chronischen Pachydermitis (Verdickungen, Verwachsungen, Verknöcherungen der dur'a mater), Tumoren des Gehirns und seiner Hüllen, encepha-litische Heerde , chronischer Wasserkopf, bisweilen Hypertrophie des Gehirns.
Der Befund in den extracephalen Organen ist ganz inconstant.
Die Epilepsie ist eine chronische Krankheit. Sie besteht in einer Summe von Krampfanfällen, welche durch sehr verschieden lange Intervalle getrennt sind. Das Kriterium des Anfalls ist die tiefe Bewusstlosigkeit neben den Convulsionen. Jene fehlt nie, diese sind jedoch in seltenen Fällen unbedeutend, und stellen dann nur massige Muskelzuckungen dar. Solclie Anfälle nennen die Franzosen petit-mal. Eine Aura leitet den Anfall ein. Dieselbe stellt in dem seltensten Falle das Gefühl eines Hauches, weit häufiger die Empfindungen des Kriebelns, der Wärme, der Erstarrung oder eines eigenthüm-lichen Schmerzes dar. Ausser diesen sogenannten „sensibeln Signalenquot; giebt es auch motorische: Krampfhafte Zuckungen, selbst Lähmungen , oder in den Sinnen thut sich der beginnende Anfall kund in Form von Ohrensausen, Funken-, Farbensehen, Schwindel, oder wohl gar in dem Auftreten bizarrer Gestalten im subjectiven •Sehfeld. Eigenthümlich ist es, dass man durch Reiben, Unterbinden
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jener Körpertiieile, in welchen sich die Aura ki.'nd thut, mitunter einen drohenden epileptischen Anfall verhüten kann.
Die Aura ist immer kurz, niemals behält der Epileptische Zeit, durch diese gewarnt, sich einen passenden Ort aufztisnchen, und hierdurch unterscheidet sich die Epilepsie so recht von den hysterischen Convulsionen, bei welchen die Frauen es oft tagelang zuvor wissen, dass ihnen ein Krampfanfall bevorsteht. Dagegen stürzt der Epileptische, nachdem kaum die Aura empfunden ist, unter einem lauten Schrei besinnungslos, meist rückwärts oder seitlich zu Boden. Jetzt treten gewöhnlich zuerst tonische Contractionen ein, durch welche der Körper und die Extremitäten gestreckt, der Kopf rückwärts und oft nebenbei seitwärts gezogen, der Mund fest geschlossen, die weit aufgerissenen Augen nach innen und aussen gerollt, der Thorax festgestellt, die Respirationsbewegungen sistirt werden. Nach wenig Secunden, während welcher die Jugularvenen schwellen und das Gesicht cyanotiseh wird, beginnen die clonischen Krämpfe, die sich schnell über den ganzen Körper verbreiten. Die mimischen Muskeln gerathen jetzt in die lebhaftesten Bewegungen, Stirnhaut, Augenbraunen, Mundwinkel sind in heftig zuckenden Bewegungen begriffen, während die Kiefern krachen, die Zähne knirschen, schäumender Speichel sich in der Mundspalte zeigt, der nicht selten mit Blut gemischt ist, das von der zerbissenen Zunge stammt. Kopf, Extremitäten, Stamm werden hin und her geworfen, namentlich sind die obern Extremitäten Sitz rasch aufeinanderfolgender, stossweiser, schlagender, drehender, zuckender Bewegungen, die, wenn auch in seltenen Fällen, sogar Luxationen und Fracturen erzeugten. Die Finger sind in der Regel gebeugt, der Daumen in die Hohlhand eingeschlagen. Bisweilen lassen die Krämpfe plötzlich nach, um nach wenig Secunden mit erneuter und vermehrter Heftigkeit auszubrechen, oder die clonischen Krämpfe gehen plötzlich in einen tetanischen Faroxysmus über, der aber alsbald wieder durch allgemeine Convulsionen ausgelöst wird. Die Respiration ist auf die Dauer des ganzen Anfalls gehemmt und beeinträchtigt, da alle Atlnnungs-muskeln, besonders das Zwerchfell am Krampf partieipiren. Tritt Glottiskrampf ein, so wird das Athmen noch mehr beeinträchtigt, und quiekende, pfeifende Inspirationen gesellen sich zum Krämpfe der Athemrauskeln. Der Herzschlag ist beschleunigt, pochend, der Puls klein, aussetzend, die Haut geröthet, nach dem Schlüsse des Anfalls zu mit reichlichem Schweiss bedeckt. Unwillkürlicher Stuhl-, Harn- und Samenabgang werden oft beobachtet. Bewusst-sein und Empfindung sind während der Dauer eines solchen Anfalls so vollkommen aufgehoben, dass der Kranke sieh die grässlichsten Verletzungen zuziehen kann, ohne nur den mindesten Schmerz zu verrathen. Doch scheint die Reflexthätigkeit nicht ganz erloschen
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zu sein, wenigstens nicht zu Anfang und am Schlüsse des epileptischen Anfalles. Hasse wies eine electro-muskulare Anodynie im Anfall nach. Die Dauer des ganzen Anfalls währt nur Minuten. Die Convulsi(jnen erlöschen am Schhisse desselben entweder allmälig, indem die Zuckungen schwächer und schwächer werden, oder die stürmischsten Muskelcontractionen lassen auf einmal nach. Meist beendet eine tiefe, seufzende Exspiration den Anfall, es erfolgt Würgen, Erbrechen, oder Abgang von Blähung und Stuhl. Jetzt beginnt das soporöse Stadium, Dasselbe zeichnet ein tiefer Schlaf aus, wobei die Respiration stertorös ist; der Kranke ist aus demselben nicht zu erwecken. Die Dauer dieses Schlafes ist verschieden, oft nur minuten-, bisweilen jedoch, nach sehr heftigen, sich rasch wiederholenden Anfällen , stundenlang. Der Kranke erwacht aus diesen Anfällen ohne Bewusstsein derselben. Erstaunt, verwundert blickt er sich in dem Zimmer um , in das man ihn trug: das Erste, was er empfindet. sind die Contusionen, die er sich im Anfall zuzog, oder Muskelschmerzen, die die heftigen Muskelcontractionen zurückliessen.
Die Rückwirkungen des epileptischen Anfalles sind ausser-ordentlich verschieden nach Natur des Anfalles und Individualität des Erkrankten. Mitunter ist der Kranke schon kurze Zeit nach dem Schlafe wieder fähig, seinen Greschäften nachzugehen, und für den Tag des Anfalls bleibt nur Schwerbesinnlichkeit, Unvermögen oder nur Unlust zu geistiger und körperlicher Beschäftigung, Wüst-lieit des Kopfes zurück, während bei Andern nach einem jeden Anfalle oder nach besonders heftigen und schnell wiederholten Anfällen nicht nur die mannigfachsten Innervationsstörungcn, sondern selbst krankhafte Geisteszustände wahrgenommer werden. Diese können in ausgeprägten tobsüchtigen Anfällen bestehen. Ich behandelte längere Zeit fruchtlos einen pensiohirten Hauptmann, 60 Jahr alt, an Epilepsie, der nach jedem epileptischen Anfalle seine Umgebung misshandelte, unausgesetzt im Zimmer auf und nieder rannte, schimpfend, fluchend — kurz, der nach dem Anfall das Bild eines Mauiakus complet darbot. In einem andern Falle, der einen Viehhändler, 30 Jahre alt, gut constitutionirt, betraf, äusserte sich die Rückwirkung des Anfalles in Form eines typhoiden Fiebers. Der Mann war tagelang betäubt, die Haut heiss, das Gesicht glühend, der Puls beschleunigt, gross, das Athineu mühsam.
Nicht immer findet eine Exaltation der Psyche, der nach kurzem Bestehen Gedächtnissschwäehe. Unvermögen scharf zu denken folgt, statt, sondern man hat.bisweilen unmittelbar nach einem epileptischen Anfall eine Verschärfung der Intelligenz, eine Potenzirung des Denkvermögen? beobachtet. Die nach epileptischen Anfällen zurück-
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bleibenden Innervationsstöruiigen sind paralytische Zustände der Extremitäten, Aphonia, Dysphagie, asthmatische Beschwerden.
Der Gresammtverlanf der Epilepsie ist ausserordentlich mannig-faltig. Der günstigste Verlauf ist begreiflicherweise der, wo auf den ersten Anfall kein zweiter im Leben folgt. Man hat solche Fälle nicht der Epilepsie unterordnen wollen, sie vielmehr der Eklampsie zugezählt. Bei manchen Kranken vergehen Jahre, bei vielen Monate und Wochen, ehe ein neuer Anfall eintritt. Oft kommt in grossern, vier- oder sechswöchentlichen Pausen nicht ein einzelner Anfall, sondern eine Gruppe zahlreicher, durch kurze Intervalle von einander geschiedener Paroxysmen vor. Bei einigen Individuen tritt oinigermassen ein bestimmter Typus hervor, doch im langen Verlauf der Krankheit rücken meist die Anfälle näher aneinander. Ein regelnlässiger Typus, wie bei den Malariakrankheiten , kommt hier wohl niemals vor. Annähernd regelmässig wird er bei Frauen angetroffen, was mit der Geneigtheit der Frauen , während , kurz vor und kurz nach der Zeit der Regeln durch die unbedeutendsten äussern Veranlassungen „nervösquot; zu werden, im Zusammenhange steht. Die Anfälle kommen häutiger am Tage, als in der Nacht vor, die nächtlichen werden für sehr gefährlich gehalten. Gelegenheitsursachen fehlen meist, doch lassen sich bisweilen Schreck, Onanie, Coitulaquo;, ein Excess inBaccho als veranlassende Momente nachweisen. Vorboten fehlen sehr constant, nur zuweilen kündigen Schwere der Ex-Tiemitäten, Kopf- und Gliederschmerzen den baldigen Eintritt eines Anfalls an.
Wenn auch in einer grossen Anzahl von Fällen die AVieder-kehr der epileptischen Paroxysmen durch Jahre, ohne dauernde Rückwirkungen auf' die Psyche vertragen wird, so hat dies begreif-licherweise seine Grenzen, denn die Mehrzahl der Epileptiker be-schliesst ihr Leben im Irrenhause. Aehnlich, wie beim Missbrauch weingeistiger Getränke, wird hier ein Seelenvermögen nach dem andern untergraben und vernichtet, wobei der physische Habitus sich gleichfalls gänzlich verändert. Die Schärfe des Urtheils verliert sich, das Gedächtniss und die Einbildungskraft werden geschwächt, alle bessern und edlern Strebungen werden durch die wuchernden Triebe der niedersten Art, wie der Geilheit und Gefrässigkeit, ver-Irängt, und gar nicht selten beobachten wir den Epileptiker auf der Bahn des Verbrechens. Oft werden die Epileptiker menschenscheu, sie ziehen sich ängstlich von ihrer Umgebung zurück, sind launenhaft, bizarr und quälen ihre Umgebung bei den unbedeutendsten Veranlassungen etc.
Obwohl diese Rückwirkung die gewöhnlichste bei längerem Bestehen der Epilepsie ist, so giebt es doch hiervon mannigfache Ausnahmen, bei welchen trotz eines jahrelangen Bestehens der Epi-
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lepsie, wenn die Anfälle in nicht zu rascher Folge auftraten, nicht nur ein normales geistiges Wirken möglich war, sondern die höchste geistige Begabung, das schärfste Denken, die schöpferischsten Ideen angetroffen wurden. So ist es ja bekannt, dass Männer, wie Julius Cäsar, Napoleon, Erzherzog Karl (der Sieger von Aspern und Esslingen) zeitweilig von epileptischen Anfällen heimgesucht wurden. Bei Allen äusserte sich aber trotz ihrer unleugbaren Genialität eine gewisse Ungebundenheit des Willens in schwer bezähmbaren zeitweiligen Zornausbrüchen. Grosse Characterzeichner, wie Shakespeare, haben diese Eigenthiimlich-keit gewaltiger Charactere, nämlich deren Neigung zu epileptischen Anfällen, sogar im Drama (Othello) zu verewigen gesucht.
Bei längerem Bestehen der Epilepsie, bei öfterer Wiederkehr ihrer Anfälle verändert sich das äussere Aussehen wesentlich. Die Züge sind grob, die Augenlider geschwollen, die Lippen dick, der Blick unsicher, die Augäpfel oft weit hervorgetrieben, der Körper plump. Selbst das schönste Gesicht wird durch diese Krankheit endlich hässlich gemacht.
Genesung ist bei der Epilepsie sehr selten, die Aussicht auf Wiederherstellung steht in umgekehrtem Verhältniss zur Zahl der überstandenen Anfälle, zur Heftigkeit der Paroxysmen, zur Intensität der Rückwirkung der Fälle auf Geist und Körper und zur Häufigkeit der Anfälle in einer gegebenen Zeit (Wiederkehr). Wiedergenesung wird häufiger bei Frauen, als bei Männern, öfterer im Kindes- und Greisenalter, als in dem mittleren Lebensalter beobachtet. Längere Pausen spiegeln sehr oft den Ausgang in vollkommene Genesung vor, doch selbst nach jahrelangem Aussetzen der Anfälle kehren dieselben mit erneuter Heftigkeit und Frequenz wieder. Intercurrirende Krankheiten, der Eintritt oder das Aufhören der Menses, heftige psychische Alterationen erzeugen oft dauernde Heilung. Seltener stirbt der Kranke während des Anfalls, bisweilen jedoch in Folge von Körperverletzungen beim Zu-bodenstürzen. Hin und wieder erfolgt aber ein lethaler Ausgang auf der Höhe des Paroxysmus entweder steckflüssig oder a p o -pie et is ch, oder im comatösen Stadium collabiren die Kranken, und der Tod tritt unter den Erscheinungen allgemeiner Lähmung ein. Nur in Ausnahmefällen erreichen die Epileptiker ein hohes Alter. In vielen Fällen erfolgt der Tod durch destructive Gehirnleiden, die bald die epileptischen Anfälle veraniassten, bald diesen folgten. In einer nicht geringern Zahl von Fällen wird der Tod durch acute und chronische Krankheiten hervorgerufen, die in keiner Beziehung zur Epilepsie stehen.
Die Epilepsie ist bei allen unsern Hausthiergp. ttungen beobachtet worden, aber ganz besonders wurde dieses Leiden bei
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Die Epilepsie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 279
Hunden angetroffen. Eine vererbte Anlage scheint auch bei den Thieren sehr oft vorzuliegen. Jüngere, männliche Thiere werden vorzüglich heimgesucht. Im Uebrigen ist die Aetiologie hier ganz in das-selbe Dunkel gehüllt, als wie beim Mensehen. Man beschuldigt hier alle Umstände, die eine Congestion zum Kopfe erzeugen können, ah Vollblütigkeit, die Periode des Zahnwechsels, ein zu heftig aufgeregter Geschlechtstrieb, die Anwesenheit des bandwurmlormigen Fiinflochs in der Stirnhöhle.
Die Section ergiebt ebensowenig sichere Thatsaclien. Bald wurde das Gehirn normal, bald hyperämisch angetroffen, am Häufigsten begegnete man, besonders bei Hunden und Pferden, Oedemeu der Hirnhäute und Hirnhöhlenwassersucht. Die vorgefundener. Parasiten im Darmoanale hat man ebenfalls als Ursache der während des Lebens bestandenen Epilepsie angesehen.
Die Erscheinungen entsprechen genau den bei den Menschen beobachteten. Die Thiere, welche ganz munter schienen, werden plötzlich von allgemeinen Convulsionen befallen, unter denen sie (Hunde) laut heulend und winselnd zu Boden stürzen. Verdrehen der Augen, Zähneknirschen, schäumender Speichel vor dem Maule, die regellosesten Zuckungen der Extremitäten, complete Empfin-dungs- und Bewusstlosigkeir zeichnen den Anfall ebenfalls hier aus. Der Puls ist dabei klein, der Herzschlag pochend, das Athmen mühsam. Bei Pferden beginnt der Zustand mit sohwindelartigen Erscheinungen. Die Thiere taumeln, spreizen die Fiisse, zittern, lehnen sich an Barren, Wand, Deichsel, bis sie unter allgemeinen Convulsionen zusammenbrechen. Die Dauer des Paroxysmus ist bei Pferden auffallend kürzer, als bei Hunden. In wenig Minuten ist der Anfall meist beendet. Unter dem Ausbruch eines reichlichen, allgemeinen Schweisses kehrt Bowusstsein und Empfindlichkeit wieder zurück, die Thiere springen vom Boden auf, schütteln sich, und nach verhältnissmässig sehr kurzer Frist kehrt ein vollkommenes Wohlbefinden wieder. Bei den Pferden fehlt demnach das soporöso Stadium. Bei Hunden ist die Dauer der Convulsionen ausserordent-lich lang, namentlich sind die ersten Anfälle durch diese lange Dauer ausgezeichnet. Kehren sie bei diesen Thieren in kurzer Aufeinanderfolge wieder, so tödten sie oft nach wenig Tagen, aber auch hier ist das soporöse Stadium weniger prononcirt, die Convulsionen bestehen bis zum Ende des Anfalls oder bis zu Ende des Lebens fort. Bei diesen Thieren findet man dann, wenn innerhalb weniger Tage der Tod das Leiden beschloss, in der Regel Hirnödem, Erweiehungsheerde in den Hemisphären, Hirnhöhlenwassersucht. Kehrt der nächste Anfall erst nach längerer Frist wieder, schwächt sich seine Intensität und Dauer, so können die Thiere oft jahrelang noch fortleben. Gehen die Thiere erst dann zu Grunde, so findet
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man gleichfalls jene Gehirnfehler vor. Bei Pferden wird die Fallsucht gar nicht selten habituell und erstreckt sich über Jahre hinaus.
Die Eklampsie
ist eine acut verlaufende Epilepsie, bei Menschen und bei Thiereu vielfach beobachtet. Bei Kindern wird die Eklampsie bis zum 10. Lebensjahre nicht selten angetroffen. Es treten hier Convulsionen, verbunden mit Aufhebung des Bewusstseins, auf, genau wie bei den epileptischen Anfällen, nur wiederholen dieselben sich nicht wie bei der Epilepsie durch Monate und Jahre, sondern sind auf wenige .Stunden, höchstens auf Tage beschränkt. Nach Ablauf dieser Frist determinirt entweder Tod oder Wiedergenesung.
Wie ans dem oben bei der Epilepsie Erörterten hervorgeht, kann bald arterielle Anämie oder Hyperämie des Gehirns die Ursache der Eklampsie sein. Doch nicht immer erschöpfen Anomalieën der Blutvertheilung im Gehirn die nächsten Ursachen der Eklampsie, vielmehr deuten die eklamptischen Anfälle bei Masern, Scharlach, Pocken, gehemmter Harnentleerung, morbus Briyhlii auf Inf'ec-tionswirkungen hin. Bisweilen scheint weder gestörte Blutvertheilung, noch ein inficirendes Miasma, Contagium oder eine noch r.ngekannte Mischungsveränderung des Blutes, wie bei der urä-mischen Intoxication, die Ursache der Eklampsie zu sein,' z. B. bei den eklamptischen Anfällen der Kinder nach Schreck, Furcht etc. Häufig sehen wir Eklampsieen in dem friihesten Lebensalter durch Reizung peripherer Nervenenden veranlasst, so bei Erkrankungen der verschiedensten Organe, beim Zahnen, bei schmerzhafter Verletzung der Haut.
Die grösste Frequenz dieses Zustandes fällt in die ersten Lebensmonate. Nach vollendeter Dentition wird die Krankheit selten, noch seltener nach der zweiten Dentition. Gut genährte Kinder werden mit gleicher Häufigkeit von diesem Zustand befallen, als anämische.
Die Eklampsie der Schwangern, Gebärenden und Wöchnerinnen {eklampsia gravidarum, parturient'mm et puerjjerarum) wurde von F r e r i c h s und L i t z m a n n ausschliesslich auf eine urä-mische Intoxication des Blutes zurückgeführt, jedoch haben viele neuere Forscher sehr gerechte Bedenken gegen diese exclusive Auffassung erhoben. Gewiss würde man zu weit gehen, wollte man in allen Fällen eklamptischer Zustände kurz vor, während oder nach der Geburt beim Weibe die Urämie als Ursache ausschliessen, aber ebenso ungerechtfertigt ist es, diese Convulsionen des Weibes nur
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als Zeichen dieses Zustandes aufzufassen. Denn in den Fällen von Eklampsie der Schwangern, Kreisenden und Wöchnerinnen, wo der Urin kein oder nur Spuren von Eiweiss enthält, wo die Urinsecre-tion reichlich ist, kein Hydrops oder nur massige Oedeme bestehen, bleibt nichts übrig, als das Auftreten der Eklampsie auf periphere Nervenerregung im Bereiche der Sexualorgane und Uobertragung jener Erregung auf die rnedullu obl. und Basalganglion zurückzuführen. Zu dieser peripheren Nervenerregung geben die letzten Monate der Schwangerschaft, das Gcburtsgoschäft und dessen unmittelbare Nachwirkung auf den Genitalapparat gewiss die reichste Gelegenheit. Doch auch hier mangeln sehr oft nicht die Verhältnisse und Erscheinungen, die auf eine arterielle Anämie oder Hyperämie des Gehirns hinweisen, z. B. grosse Blutverluste vor, während und nach der Entbindung, oder Zeichen von Congestion zum Kopf: hohe Röthung der Gesichtshaut, Ohrensausen, Funkensehen voi den Augen, Gefühl von Schwere im Kopf, Erscheinungen, die seh;- oft den eklamptischen Anfällen vorangehen.
Die Erscheinungen bei der Eklampsie der Kinder sind ziemlich uniform. In dem frühesten Lebensalter, wo die Eklampsie eine der häufigsten Todesursachen abgiebt, beginnen die Convnlsionen meist mit Zuckungen im Gesicht, haiton sehr lange an, und enden in vielen Fällen, ohne dass eine Intermission eingetreten wäre, mit dem Tode, indem unter reichlichen Sehweissen, completer Bewusst-und Empfindungslosigkeit, unter Trachealrasseln nach einer mehrstündigen Dauer der Tod erfolgt. Je älter das Kind ist, um so bestimmter tritt der intermittirende Typus hervor. Die heftigen Convnlsionen halten nur Minuten, höchstens eine Viertelstunde an, darauf erfolgt Sopor, aus dem das Kind mit wüstem Kopfe erwacht, bis unter Zähneknirschen und lautem Aufschreien ein neuer Anfallsich einstellt. Auf diese Weise können in einer Nacht, wie ich dies bei einem neunjährigen Mädchen beobachtet, einige 20 derartige Anfälle überstanden werden, und doch erfolgt Wiedeigenesung, wie im coucreten Falle. Den andern Tag klagte das Kind nur über heftige Muskel-schmerzen, Schwächegefühl, das Aussehen war leidend und anämisch. Aber den dritten Tag war das Kind in vollkommener Wiedergenesung begriffen. Doch tritt in einer nicht geringen Zahl von Fällen der Tod im comatösen Stadium oder auf der Höhe der Convnlsionen ein. Jedoch wird bei der Mehrzahl älterer Kinder Wiedergenesung beobachtet.
Beim Weibe, kurz vor, während und nach dem Geburtsgeschäfte, ist die Eklampsie ein ebenso mörderisches als furchtbares Uebel. Die Aufeinanderfolge der Anfälle ist hier meist so zusammengerückt, dass nur im Beginn der Eklampsie nach dem Sopor ein momentanes Erwachen der Patienten erfolgt. Alle späteren Anfalle beginnen
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im Sopor des vorhergehenden. Die Heftigkeit der Convulsionen übersteigt hier alle Vorstellungen, besonders wird durch die Kau-muskelkrärapfe die Zunge arg verletzt, so dass oft bedeutende Mundblutungen beobachtet werden, und die Zunge zollhoch aufschwillt. Je näher die Zeit der Entbindung ist, um so günstiger ist die Prognose bei der Eklampsie der Schwangern. Dasselbe gilt auch von der Eklampsie der Gebärenden, denn je schneller hier die Geburt sich beendet oder durch die Kunst beendet werden kann, um so mehr ist Aussicht vorhanden, dass die Intensität der Anfälle nach-lässt, dieselben seltner sich einstellen und endlich ganz aufhören. Die Eklampsie der Wöchnerinnen hat einen ungleich selbstständigern Character, sie führt am Häufigsten zur Wiedergenesung. Mit Ausnahme seltner Fälle sind hier die Krämpfe meist minder intensiv, wiederholen sich nicht so häufig und üben deshalb auch keinen so nachtheiligen Einfluss auf'den Gesammtorganismusaus. Die während der Geburt auftretenden eklamptischen Anfälle weichen nicht früher, als bevor nicht die Contenta der Gebärmutter vollständig ausge-stossen sind. Die eklamptischen Convulsionen nehmen in dem Maasse an Intensität und Frequenz zu, als die Wehen rascher und kräftiger aufeinander folgen, so dass in der Regel die stürmischsten und am längsten anhaltenden Convulsionen den Austritt des Fötus aus dem Becken begleiten. Im günstigsten Falle treten nach der Geburt des Kindes noch 2—3, wenn auch schwächere und kürzer dauernde Anfälle auf. Aber in der Mehrzahl der Fälle wiederholen sie sich viel öfterer, und nicht selten sieht man sie in gleicher Heftigkeit mehrere Stunden, selbst einen ganzen Tag nach der Entbindung fortdauern. Die im Verlauf der Schwangerschaft auftretende Eklampsie hat meist kurze Zeit nach ihrem Eintritte das Erwachen der Geburtsthätigkeit zur Folge. Jedoch ist dies nicht in allen Fällen so. Denn ich beobachtete im 8. Monate der Schwangerschaft eine Eklampsie, welche innerhalb 12 Stunden die Schwangere tödtete, ohne dass die Zusammenziehunge/i des Uterus erwacht wären, trotz des hohen Grades der Convulsionen im gegebenen Falle. Ebenso sind Fälle von Levret, Hamilton, Bland, f^elpeai/, der Lachapelle verzeichnet, wo die im Verlaufe der Schwangerschaft aufgetretenen eklamptischen Anfälle nach längerer oder kürzerer Zeit wieder gänzlich nachliessen , die Kranken zum vollen Bewnsstsein zurückkehrten und weder im fernem Verlauf der Schwangerschaft, noch während des Geburtsactes von ähnlichen Krämpfen befallen wurden.
Die Eklampsie der Thiere ist ganz besonders bei Hunden beobachtet. Zarte, zugleich wohlgenährte, säugende Hündinnen fallen bisweilen in eklamptische Krämpfe, wenn ihnen die Jungen genommen werden. Aber auch ein Analogen der eklampsia gra-
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vida.mm,'parturientium und jmerpèrarum kommt bei Hündinnen vor: so beobachtete ich bei einem weiblichen Wachtelhündchen, welches hochträchtig- war, eklamptische Anfälle, welche ohne Ein-fluss auf die Geburtsthätigkeit waren, und denen das Thier in einer Stunde erlae.
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stellen reine Motalitütsneurosen dar. Beider Symptome lassen sich auf eine krankhafte Erregung der motorischen Nerven zurückführen, während Empfindlichkeit und die geistigen Functionen keine nennenswerthen und anhaltenden Abweichungen von der Norm zeigen. Die Verbreitung der krankhaften Erregungen über den grössten Theil der cerebrospinalen Bewegungsnerven spricht unverkennbar gegen den peripheren Ausgang der Krankheit. Die vollständige Integrität der übrigen Gohirnfunctionen macht es unwahrscheinlich, dass die Bewegungen bei der Chorea vom Gehirn aus erregt werden. Dagegen spricht Manches, namentlich die während des Schlafes und während der Chloroformnarkose eintretende Pause in der Muskelunruhe mehr für den Ausgang der Bewegungsimpulse vom Gehirn, als für die Erregung derselben vom Rückenmark aus. Dies bestimmt mich auch, den Veitstanz hier abzuhandeln.
Die Aetiologie des Zustandes ist in nächstursächlicher Beziehung sehr dunkel. Bietet sich zufällig einmal die Gelegenheit dar, die Leiche eines Choreakranken zu obdueiren, so findet man in den Centralorganen in der Hegel nichts Abnormes, oder sollten jene doch Anomalieën darbieten, so werden dieselben sachgemässer dem terminalen Uebel zuzusprechen sein, und nicht der Chorea. — Am Häufigsten ist die Chorea zur Zeit der zweiten Dentition und der Pnber-tatsentwickelung, daher die vermeintliche Wiederkehr nach 7 Jahren. Vor dem 6. und nach dem 15. Jahre ist die Krankheit sehr selten. Werden spätere Altersperioden befallen, so zeigt die Krankheit grosse Hartnäckigkeit. Das weibliche Geschlecht erkrankt häufiger am Veitstanz, als das männliche. Hydrämie und Anämie vermehren die Disposition zur Chorea. Veranlassende Ursachen sind: Nachahmungstrieb, Schreck, Furcht, Onanie, Wiirmreiz, Schwangerschaft.
Der kleine, oder englische, Sydenh amsche Veitstanz, die sogenannte Muskelunruhe besteht in allerlei verwirrten und unzweck-mässigen Muskelbewegungen, welche während des Wachens unausgesetzt wider Willen des Kranken, ja sogar am Lebhaftesten dann, wenn der Kranke willkürliche Bewegungen sich zu machen bestrebt, eintreten. Im Schlafe schweigt der Krampf gänzlich, bei unruhigem
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Schlafe dauert er in geringem Grade fort, der beste Beweis dafür, dass die Bewegungsirnpulse ganz besonders vom Gehirn ausgehen, indem eine vollkommene Sistirung der Hemisphärenthiltigkeiten, wie sie im tiefen Schlafe vorkommt, die krampfhaften Bewegungen vollkommen aufhebt, während eine unvollkommene Suspension der Hemisphärenthätigkeiten die krampfhaften Actionen auch nur unvollkommen hemmt. Die Krampfbewegungen, die bisweilen nur einzelne Partieen befallen, sind in der Regel clonische und successive, gruppenweis einander ablösende, in seltneren Fällen aber stossweise periodische Erschütterungen (chorea electrica), oder förmlich tonische Zusammenziehungon (chorea telanicä). Hierbei sinkt die Ernährung, das Muskelfleisch ist welk, die Haut blass, leichte Ermüdbarkeit ist vorhanden. Bei Mädchen sind oft exquisite chloro-tische Erscheinungen zugegen. Die Prognose ist günstig, Heilung erfolgt in 4—6 Wochen.
Der grosse Veitstanz, die chorea St. Viti, ist eine in Anfällen auftretende Krampfkrankheit, bei welcher ganz unwillkürlich, aber gewöhnlich bei vollem Bewusstsein, solche combinirte Bewegungen ausgeführt werden, welche den willkürlich beschlossenen und zweckbewusst ausgeführten ganz ähnlich sind. Diese Bewegungen sind: Herumspringen, Hüpfen, Tanzen, Vor-und Rückwärtsgehen , im bestimmten Kreise herumlaufen, kreiselartiges Drehen oder über Tische, Stühle etc. klettern, mit den Armen gesticuliren und dazu Singen, Lachen, Weinen, Schreien und Thiertöne Nachahmen. Die höchsten Grade der Anfalle können sich zu einer Art von Nachtwandeln oder Verzückung steigern, die theilweise mit Sinnestäuschungen und Bewusstlosigkeit verbunden ist, so dass der Kranke nach seinem Erwachen das Vorgefallene nicht kennt, obschon er während des Anfalles sieh vor Beschädigungen oder unanständiger Entblössung zu hüten wusste, deshalb bestand auf keinen Fall eine so vollkommene Pause des ßewusstseins und der Empfindung, wie wir sie bei der Epilepsie antrafen. Also wie der Schlafwandler vollführt der am grossen Veitstanze Leidende seine Handlungen nur mit dem Bewusstsein der Handlung selbst, und nicht mit dem Bewusstsein der wirkliehen, wachenden Ordnung der Dinge. Alle diejenigen Empfindungen sind von seiner Aufmerksamkeit ausgeschlossen, welche nicht einem herrschenden Gedankenkreise angehören, sowie auch jene Eindrücke, die die vollführte Handlung im senso-rium commune hervorbrachte. Bei den leichteren Graden ist Patient noch fähig zu sprechen, zu schlingen und diese und jene Bewegung willkürlich auszuführen. Diese Fähigkeiten verlieren sich aber mit der Steigerung der Heftigkeit des Anfalls. Wird der Kranke in seinem Thun gehindert oder festgehalten , so kann sich der Anfall bis zur heftigsten Zornwüthigkeit und zur Tobsucht steigern. Die
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Die Starriucht. Katalepsie,
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Anfälle dauern bald minuten-, bald stundenlang. Ihre Vorboten sind : Reizbarkeit, Unruhe, Aengstlichkeit, Abgeschlagenheit, Muskelzittern, Herzklopfen und Athembeklemmung, die Nachwehen des Anfalls: mehr oder weniger tiefer Schlaf, nnter reichlichen Schweissen, Erwachen mit Abspannungsgefiihl. Die Intervalle betragen Tage bis Wochen. Die Dauer der ganzen Krankheit beläuft laquo;ich bisweilen auf mehrere Jahre und hört in der Regel allmälig mit Schwächer- und Seltnerwerden der Anfälle auf, nur noch längere Zeit grosse Nervenaufregnng zurücklassend. In seltnen Fällen steigert sich die Krankheit zu einem dauernden Zustande von Idio-soimiambulismus, wobei die Kranken mit geschlossenen Augen die verschiedensten Handlungen vornehmen, wahrsagen, bauchreden. Bisweilen geht die Krankheit dann in Fallsucht, Geisteskrankheit oder Blödsinn über.
Am Häufigsten sind veitstanzähnliche Anfälle bei Hunden beobachtet worden. Diese Tbiere führen hierbei wider ihren Willen Thätigkeiten aus, die anscheinend zweckmässig sind, besonders habe ich liier das unausgesetzte Imkreiseherunilaufen beobachtet. Dass hierbei wirklich eine Alteration des Bewussfseins vorkommt, dürfte daraus hervorgehen, dass die Thiere bei diesen Zuständen mit dem Kopfe gegen Hindernisse rennen, die man ihnen entgegen hält, und sofort ihren Lauf wieder beginnen, wenn dieses Hinderniss wieder beseitigt ist.
Häufiger und viel ausgesprochener als der grosse Veitstanz, ist der kleine bei Hunden, denn die Muskelunruhe ist eine der gewöhnlichsten Nachkrankheiten der sogenannten Hundeseuche. Spinola sagt zwar pag. 606: „Mit dem Veitstanze ist übrigens nicht die Muskelnnruhe, wie sie bei Hunden ab und zu und namentlich partiell vorkommt, zu verwechseln, wobei zwar ebenfalls unwillkürliche und zwecklose Bewegungen erfolgen, aber das Be-wusstsein nicht verloren geht etc.quot; Dieses Bedenken ist ganz überflüssig, da beim kleinen Veitstanz des Menschen, dem die erwähnten Zustände der Hunde ganz identisch sind, nie Bewusstlosig-keit angetroffen wird, und auch beim grossen Veitstanz die vollkommene Pause des Bewussfseins fehlt.
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Die Starrsucht, Katalepsie
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bestellt in einem plötzlichen Starrwerden der animalen Muskeln, mit Unterbrechung der willkürlichen Bewegung, zum Theil auch des Bewnsstseins und der Empfindung, ohne dass aber die vegetativen Frocesse dadurch gestört würden. D';r Anfall, welcher nur
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wenige Minuten, aber auch Tage dauern kann, beginnt entweder plötzlich oder nach geringen Vorboten. Der Kranke bleibt unbeweglich , wie verzaubert, in demselben Zustande, in derselben Stellung verharrend, in welcher er sich befand. Die Gliednoaassen haben eine wachsähnliche Biegsamkeit. Sie lassen sich ohne grossen Widerstand in jedwede Lage bringen und verharren darin, wenn nämlich diese Lage nicht sehr beschwerlich und der Anfall nicht sehr anhaltend ist. Die Gesichtszüge des Kranken sind ruhig, unbeweglich , das Auge meistens offen, stier und mit unbeweglicher Pupille; auch die übrigen Sinne sind unempfindlich. Nach dem Anfalle, aus welchem der Kranke wie aus einem tiefen Schlafe und ohne Erinnerung an das Vorgefallene erwacht, fährt er oft in derselben Rede und Handlung fort, in welcher ihn der Anfall überraschte. — Die Krankheit ist ziemlich selten, und in den meisten Fällen stellt sie wohl ein begleitendes Symptom andrer Krampfund Hirnkrankheiten dar. — H e r t w i g will diesen Zustand auch bei Hunden beobachtet haben.
Hysterie und Hypochondrie zählen wir den periphe-risehen Nervenkrankheiten zu, aus Gründen, die im Capitel über peripherische Nervenkrankheiten abgehandelt werden.
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Vom Schwindel.
Beim Menschen ist der Schwindel häufiger ein, anderweite Störungen begleitender Zustand als ein selbstständiges Leiden. Er besteht in einem Schwinden des Muskelgefühls, wodurch der Gang unsicher, taumelnd, schwankend wird. Auch die Perception durch die höhern Sinne ist gestört, es dreht sich Alles im Kreise um den Leidenden. Bisweilen tritt momentanes Schwinden der Sinne, Schwarzwerden vor den Augen, Ohrensausen ein. Der Anfall ist meist kurz, unter Gähnen, bisweilen auch nach Erbrechen röthetsich das vordem blasse Gesicht wieder, das beengte Athmen wird jetzt freier, und die Empfindung jener Scheinbeweguhg schwindet gänzlich mit der Rückkehr des frühern Wohlbefindens. Jugendliehe , vollsaftige Individuen, aber auch anämische, blutarme, besonders Greise, Matronen, werden oft von diesem Zustande befallen. Demnach ist er ebensowohl eine Consequenz der Hirnhyperämie, als der Hirnanämie. Wir begegnen ihm deshalb atich bei allen jenen Zuständen, die Störung der Blutvertheilung im Gehirn nach sich ziehen, als bei Erkrankungen der Hirngefässe, der arteriellen Gefässe überhaupt, bei Herzkrankheiten, Lungenaffectionen, aber auch bei starker fluxio-närer Hyperämie des Gehirns, nach Genuss von schwerem Wein,
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Die Stetigkeit der Pferde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;287
überhaupt beim abusus spirituosomm, bei der unmittelbaren Einwirkung von Sonnenstrahlen auf' die Kopfhaut, sogenannter Sonnenstich. Zuweilen ist der Schwindel ein Zeichen anatomischer Störung des Gehirns, namentlich der partiellen Hirnanämie. Der Ausgang des Schwindels hängt ganz und gar von der Natur seiner Ursachen ab, und ergiebt sich aus dem Vorhergesagten von selbst.
Be; Th ie ren ist der Schwindel mehrfach bei Pferden beobachtet worden, und zwar fast ganz unter denselben äussern und innern Umständen. Ausser den bereits beim Menschen angegebenen Ursachen sind besonders hier enge Zäumungs- und Arbeitsgeschirre hervorzuheben, die durch Druck auf die Halsgefässe, besonders auf die vena jugularis, den Schwindelanfall hervorzurufen vermögen. Ob eine übermässige, erhitzende Fütterung, die eine Vollblütigkeit erzeugt, Schwindel zu erzeugen vermag, ist zweifelhaft. Nicht ohne Ein-fluss auf die Entstehung des Schwindels scheint der längere Aufenthalt in dunstigen Ställen und die unmittelbare Einwirkung der Sonnenstrahlen auf den Vorkopf zu sein. Der Anfall erfolgt bei Thieren plötzlich, meist im Freien während des Zuges. Die Thiere bleiben plötzlich stehen, schütteln mit dem Kopfe, zittern, taumeln, schwanken, drängen nach Rückwärts oder zur Seite. Oder sie lehnen sich an die Deichsel, an das nebengespannte Pferd, oder laufen wohl eine Strecke geradeaus oder im Kreise herum. Alle Muskeln sind in zitternder Bewegung dabei begriffen — kurz, die Thiere verrathen eine innere Angst, die aber nur kurze Zeit besteht, und unter einem reichlichen Schweissausbruche zu schwinden scheint. Der Anfall hält nur wenige Minuten an, ist er vorüber, so sind die Thiere abgespannt und matt, erholen sich aber bald wieder. Bisweilen stürzen die Pferde auch zusammen. Doch dann dürfte eine Verwechselung mit epileptischen Anfällen vorliegen. Die Wiederkehr derartiger Anfälle ist atypisch in verschieden langen Zeitabständen. Diegrösste Frequenz dieser Anfälle lallt in die heissen Frühjahrstage. Heilung kann nur in den Fällen beobachtet werden, die nicht von incurabeln Herz-, Lungen-, G-efäss- und Gehirnleiden abhängen.
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Die Stetigkeit der Pferde
definirt Reell so: „Man begreift mit diesem Namen eine entweder andauernde oder periodisch eintretende Widersetzlichkeit und Un-folgsamkeit, wobei die Pferde das nicht leisten wollen, was man billigerweise von ihnen verlangen kann.quot; Gerlach dagegen sagt: ,. Die Stetigkeit ist keine Krankheit, sondern eine Untugend, in den
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288nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Von den Krankheiten des Nervensystems.
gewöhnlichen und gewöhnten (oder auch ausdrücklich bedungenen) Dienstleistungen ohne besondere Veranlassung bei einer ordnungs-raässigen Behandlung, die sich entweder bei jedesmaligem Gebrauche oder nur zuweilen in einzelnen Dienstleistungen äussert.quot; Da Moritz Roell die Stetigkeit in den meisten Fällen als eine functionelle Störung des Gehirns betrachtet, der keine bestimmte anatomische Veränderung des Gehirns und seiner Hüllen zu Grunde liegt, so stehen sich die Anschauungen beider Autoren geradezu gegenüber. Ein entscheidendes Wort hierüber zu sprechen, ist sehr schwierig, und um deswillen vielleicht ganz unmöglich, weil man hier, wie in der Thierheilkunde gewöhnlich, das Allerverschiedenste unter einem Namen, unter einem Begriff zu vereinigen sich bestrebt. Zwar hat man diesem Uebelstande dadurch abzuhelfen gesucht, dass man die Stetigkeit in eine echte und unechte eintheilte, und man hat sich so nicht gescheut, Dinge als zusammengehörig zu bezeichnen, die nach dem eigenen Eingeständuiss nichts miteinander gemein haben. Denn unzweifelhaft kommen Fälle sogenannter Stetigkeit vor, wobei sieh die Thiere genau wie tobsüchtige benehmen, underst nach vollkommener momentaner Muskelerschijpfung durch das unausgesetzte Be'ssen, Schlagen, Zerschlagen, Zertrümmern, Durchgehen etc. wieder zur Besinnung kommen, während andrerseits nur Untugenden vorliegen. Gerade aber hier mangeln Uebergangszustände nicht. Und so kann es im concreten Falle grosse Seliwierigkeiten darbieten, darüber zu entscheiden, ob ein vorliegender Fall von Stetigkeit eine pathologische Bedeutung habe, oder nicht. Es thut dabei nichts, wenn äussere Veranlassungen vorliegen, als ein ungewöhnliches Geräusch, eine unzeitige Hülfe etc. Das Colo ssale der Rückwirkung steht liier niemals in irgend einem Verhältniss zur minimalen Veranlassung. Forner steht fest, dass viele stetige Pferde später dummkollerig werden, als bester Beweis dafür, dass es eine pathologische Stetigkeit geben rauss, die als Vorläufer der ausgesprochenen Seelenstörung vorangeht. Beim Menschen haben wir bei der Entwickelung einer Seelenstörung gleichfalls sehr oft diagnostische Schwierigkeiten zu überwinden. In vielen Fällen der progressiven psychischen Verwirrung, die mit ihren ersten Anfängen sich unmerklich in die Breite eines gewöhnlichen geistigenWohlbefindens verliert, werden die ersten,sichtlichen Aeusser ungen alterirter Seelenthätigkeit (Hochmuth, schrankenlose Anmass-nng, Zorn, selbst Wuthausbrüche bei den leisesten Widersprüchen) nicht für pathologische Erscheinungen, sondern für Characterfehler des Betreffenden , für Untugenden gehalten, und so wird derselbe nur zu oft Gegenstand eines unversöhnlichen Hasses seiner Umgebung, obwohl er des liebevollsten Mitleids derselben so sehr bedürftig ist. Erst spät, sehr spät, oft nach vielen Jahren kommt erst das Verständnis? dieser Vorfälle. Und so ist mir in dieser Beziehunsr der Fall
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mit einem unvergesslichen Freunde immer erinnerlich, der auf eine Verdachtsäusserung seiner Frau hin: Er habe mit dem Dienstmädchen gescherzt, in einen derartigen Wuthausbruch gerieth, dass er Stunden lang gleich einem Maniakus tobte, und Alles zertrümmerte, was ihm Zerbrechliches zu Gesicht kam. Zwei Jahre später wurde er irrsinnig, und fünf Jahr darauf erlag er einer Hirnerweichung.
Dass viele Fälle von Stetigkeit vorkommen mögen, welche durchaus keinen Anspruch auf eine pathologische Bedeutung haben, ist selbstverständlich. Hierhin gehören die reit-, zug- oder wagenstetigen und die furchtsamen, sogenannten scheuen Pferde, die Durchgänger. Bei diesen dürfte es sich in den meisten Fällen nur um eine Untugend, aber um keine Krankheit handeln.
Müller in Stolp discutirt in einem Aufsatz des Magazins von G. u. H., SO. Jahrgang, die Stetigkeit, und sagt U.A.: „er stehe fern, den Thieren, wie es selbst Seitens hervorragender Psychologen geschehen sei, und speciell dem Pferde die Seelenthätigkeit abzusprechen.quot; Und ferner: „dass diese Seelenthätigkeit nicht in so vollkommenem Grade bei Thieren vorhanden ist, dass die letzteren vermögen, höhere Ideen, also auch fixe Ideen aus sieh selbst zu entwickeln. Eine fixe Idee hat der Referent nie bei der Untersuchung stetiger Pferde entdecken können, und glücklicherweise hat diese Lehre auch nie unter den practischen Thierärzten des Landes quot;Wurzel geschlagen und viele Anhänger gefunden.quot; Zuvörderst muss ich dem Herrn Müller sagen, dass mir kein Psycholog bekannt ist, am Allerwenigsten ein hervorragender, der dem Pferde jede Seelenthätigkeit abgesprochen hätte, es müsste ein Stolper Psycholog gewesen sein. Denn eine Seele hat Alles, was da em pfinde t, und sich begehrend nach dem Empfundenen bewegt. Dass aber die Seelenthätigkeiten des C ul tu rm en se h e n die der höhern Thiere weit überragen, ist ebensowenig von irgend einem Sachverständigen, wie von mir ernstlich in Abrede gestellt worden. Kein Thier kann abstracte Begriffe bilden, und deshalb müssen ihnen auch alle höhern, von der wirklichen Welt mittelst der Urtheilskraft abgezogenen Vorstellungen mangeln. Wie Referent a. a. 0. zur „fixen Ideequot; kommt, weiss ich nicht, diese kann bei derStetigkoit überhaupt nicht in Frage kommen. Das Thier wird hier von einem nicht zu bändigenden Unmuth oder von einem unbezähmbaren Bewegungsdrange befallen, der das Thier nöthigt, zuschlagen, zuhauen, und gegen den Willen des Menschen Bewegungen auszuführen oder geforderte zu unterlassen. Es kann hierbei nur in Frage kommen, ob dieser Unmuth, dieser Bewogungsdrang eine pathologische Ursache haben kann, die man nothgedrungen in das Gehirn verlegen müsste. Ebenso lächerlich als naiv ist es, wenn Mülle r versichert, dass
Gleisberg, vergleiclieude Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;19
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Von den Krankheiten des Nervensystems.
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er bei stetigen Pferden, welchen doch, wie den Thieren überhaupt, jede Befähigung, Vorstellungen und Gedanken einen äussern Ausdruck zu verleihen, fehlt, vergebens nach „fixen Ideenquot; gesucht habe. Ich selbst müsste es als ein Unglück bezeichnen, wenn eine derartige widersinnige Behandlung wissenschaftlicher Stoffe unter den Thierärzten Preussens Platz griffe. Aber warum hält sich die Redaction des Magazins nicht eine solche Mitarbeiterschaft vom Halse ? Mir scheint ein derartiger Aufsatz eines Journals unwürdig, welches mit Recht prätendirt, das erste publicistische thierärztliche Organ Deutschlands zu sein.
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Die Krankheiten des Rückenmarks und seiner Hüllen.
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Die anatomischen Störungen des Rückenmarks.
Anatomische Störungen der Rückenmarkshäute.
Die harte Rückenmarkshaut ist selten der primäre Sitz einer Krankheit, wenn nicht im Gefolge einer mechanischen Einwirkung. Häufiger wird sie seotmdar und sympathisch von Entzündungen, Tuberkulose und Krebs befallen.
Die Entzündung der harten Rückenmarkshaut ist bald eine traumatische, bald eine abgeleitete, bei Entzündung und Vereiterung anstossender Gebilde, so bei Knocheneiterungen, Caries der Wirbelknochen , im Verlaufe des malum Poltii. Sie geht bald in Vereiterung und ulceröse Zerstörung, bald in Verdickung der rfwra jnater spinalis über, mit Verwachsung zwischen dieser und den Knochen, oder der Arachnoidea. Merkwürdig ist es, dass man Verknöcherungen der Verdickungsschichten auf der innern Fläche der dura, die als Ausläufer chronischer Entzündungen aufgef'asst werden müssen, hier so selten antrifft, während sie auf der harten Hirnhaut ein so gewöhnliches Vorkommniss sind. Tuberkeln begegnen wir nur bei der Tuberkulose der Wirbelknochen auf der harten Hirnhaut. Krebsgeschwülste sind hier vielleicht nie als selbstständige Neubildungen beobachtet worden.
Die Arachnoidea des Rückenmarks ist bei der spina bißda mit Hydrorrhachis zu einem Sacke an den Lenden, Kreuzgegend ausgedehnt. Diese Haut ist im Allgemeinen denselben Krankheiten unterworfen, wie die arachnoidea cerebralis und gewöhnlich zugleich mit der jna mater spinalis erkrankt. Sie unterliegt meistens an ihrem Lendentheile der Hyperämie, oft wiederkehrend und anhaltend der Entzündung, der Verdickung, der Verknöcherung, bisweilen der Blutung; die häufigste Neubildung, die hier angetroffen
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292nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^ic Krankheiten des Kückenraarks und seiner Hüllen.
wird, ist der fibro - plastische Körper, oder die Pacchionische Granulation.
Die weiche Rückenmiirkshaut wird selten von spontaner Entzündung befallen, und diese ist fast nie eine tuberkulöse. Die Hyperämie dieser Haut führt bisweilen zu Hämorrhagioen oder zu einem AYassererguss in den Arachnoidealsack. Afterbildungen sind in dieser Haut ausserordentlich selten.
Anatomische Störungen des Rückenmarks.
Das Rückenmark wird, wie das Gehirn, von Hyperämie und Entzündung befallen.
Die Myelitis ist bei weitem seltener als die Hirnentzündung, mit der sie alle anatomischen Charactere gemein hat. Sie befällt, wie diese, bald die weisse, bald die graue Substanz und zieht ebenso weisse und rothe Erweichungen , wie purifonne Schmelzungen und Verhärtungen mit nachfolgender Atrophie des Rückenmarks nach sich. Häufig sind Rückenmark und seine Häute gleichzeitig entzündet; der Lumbai- und Halstheil ist am Häufigsten entzündet angetroffen worden.
Blutaustretung ist äusserst selten, häufiger das O e d e m des Rückenmarks, wobei eine grössere Weichheit, eine Co n-s i s t e n z v e r m i n d e r u n g der weissen Rinde und des grauen cen-tralen Kerns angetroffen wird.
Das Vorkommen einer Hypertrophie des Rückenmarks ist zweifelhaft. Es wird von ihr behauptet, class sie seltener als die Hirnhypertrophie vorkomme und entweder das ganze Rückenmark betreffe, oder nur eine partielle sei, und dann fast nur sich auf die Anschwellungen des Rückenmarks beziehe. Auch hier scheinen chronische Stasen, wie sie sich amAftergêbildè, um Verengerungen des Rückenmarkcanals, bei unvollkommenen Luxationen, Brüchen etc. entwickeln, das Hauptmoment abzugeben. Das hypertrophische , turgescirende, teigige Rückenmark soll eine gerundete, plumpe Gestalt besitzen, seine Furchen sollen verstrichen, seine Substanz und Häute blutarm sein.
Ungleich häufiger ist die Atrophie des Rückenmarks beob-achtet worden. Diese kann entweder eine totale oder partielle sein, und nicht selten wird aus der partiellen eine totale, wobei sich die Atrophie leichter von unten nach oben, als von einer zur andern Seite, oder (bei den Thieren) von vorn nach hinten zu verbreiten scheint. Im Allgemeinen gleicht die Atrophie des Rückenmarks der des Gehirns vollkommen, auch sie kommt, wie der Gehirnschwund, als selbstständiges Leiden vor, und compli-cirt nicht selten dieAlters-atrophie des Gehirns, doch begegnen wir ihr ganz besonders bei vor-
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Anatomische Störungen dos Rückenmarks.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;293
zeitigem Marasmus. Die Alfersatrophic bietet Volumens-abnahme des Organs, schmutzig-weisse Färbung der Markstränge, rostbräunliche, fahle Färbung der grauen Substanz , Zähigkeit dos Marks bis zum Lederartigen dar; dabei bestehen chronische seröse Ergüsse in den Arachnoidealsaek mit Trübung und Verdickung der Spinnvvebenhaut. Nicht selten ist hierbei auch das Rückenmark von chronischem Oedom befallen, und dann weicher und welk in seiner Substanz. Die partielle Atrophie der medulla ist in den meisten Fällen consecutiv, betrifft vor Allem den Lumbaltheil des Marks und ist dann durch übermässige Saaracnverlustc erzengt.
Im Rückenmark hat Rokitansky hirsekorn - bis bohnen-grosse Tuberkel, vorzüglich im Hals- undLondentheil, in der grauen und weissen Substanz, aber immer nur neben andern vorgeschrittenen Tuberkulosen, beobachtet. Rotho und weissc Erweichung fand sich auch hier in der Umgebung der Tuberkel. Rückenmarkskrebs scheint äussorst selten zu sein. Einige Male ist auch der Cystieercus im Cervicaltheile beobachtet worden, bei Lämmern der coenurus ce?'ehi,alis.
Die äussern Zeichen dieser anatomischen Störungen werden sich zunächst auf Empfindung undBewegung beziehen, aber der Zusammenhang der Rückenmarksfasern mit dor medulla oblonyata und dem Gehirn, sowie die Verbindung zwischen Rückenmark und Ganglienstrang des Sympathicus und däerumicotnnumicun-/éwmussten nothwendig dieBedeutung der anatomischen Störung des Rückenmarks und seiner Hüllen vermehren, und Krankheitszeichen in Organen vermitteln, die nur einen mittelbaren Zusammenhang mit dem Rückenmarko haben, wie solche einer gestörten Respiration, Herzthätigkoit, Digestion, Harn- und Samenoxcretion.
Die Symptome jener oben geschilderten Rückenmarkskrankheiten sind bald örtliche, und beziehen sich bald auf Abnahme der Empfindung und Schmerzen der verschiedensten Art an der kranken Stelle, die bald von selbst eintreten, oder durch äussere Einflüsse, wie durch Druck, Wärme, Kälte, Rückenlage, Diätfchler veranlasst werden, oder durch eine vermehrte quot;Wärme, Auftreibungen oder Abmagerung der benachbarten Weichtheile sich kund geben. Aber häufiger führen die anatomischen Riickenmarkskrankheiten nach dem Gesetze der excentrischen Energieën Symptome mit sich, die in Störungen der Empfindung, Bewegung und des Tonus der Theile bestehen, in welchen jene Rüekenmarkstheile endigen, wobei die Symptome auf beiden Körper half ten parallel, also nicht einseitig, wie wir das so oft bei den analogen Störungen des Gehirns beobachten, und im Gebiet mehrerer Nerven zugleich auftreten. Am Meisten und Frühesten werden diese Erscheinungen in den Beinen, bei den Thieren in den hintern Extro-
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294nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Die Krankheiten des Rückenmarks und seiner Hüllen.
mitäten, beobachtet. Mit Zunahme des Uebels verbreiten sich die Krankheitserscheinungen von unten nach oben, bei Thieren von hinten nach vorn, und schreiten so auf Hüfte, Genitalien, Mastdarm, Rumpf, Verdauungsorgane, Respirationsmuskeln, Herz fort. Die Symptome sind: Schmerzen, abnorme Empfindungen, wie Jucken, Brennen, Heiss- oder Kaltüberlaufen. Dass derartige Zustände auch bei Thieren vorkommen, dafür spricht das Scharren, Kratzen, Beissen der botreffenden Stellen. Ferner grosse Empfindlichkeit gegen allerlei Einflüsse, deshalb grosse Neigung zu Refiexkrämpfen, gesteigertes Sexualgefiihl; dann Krämpfe, Zusammenfahren, Zuckungen, besonders bei Hunden ausserordentlieh häufig. Zittern, Contracturen oder Lähmungen, im Gegensatz zum Gehirn nicht halbseitige, sondern Querlähmungen, die von einer leichten Ermüdbarkeit, von einer Schwäche, einer langsamen, trägen, unbehülflichen Bewegung an, bis zur completen Querlähmung angetroffen werden. So lange diese Lähmungen bei ihren höhern Graden nur centralen Ursprungs sind, kann die Eigenwärme und der Electrotonus sich noch wohl erhalten zeigen, sinkt jene und schwindet auch dieser, so ist anzunehmen , dass auch die trophischen (sympathischen) Fasern gelähmt wurden, und dann besteht grosse Neigung zur Gangräne. Mit der Lähmung dos Electrotonus geht eine mangelnde Spannkraft, quot;Welkheit und Abmagerung in den Muskeln einher, häufig werden bei diesen Zuständen Herzklopfen, Asthma, Husten, Digestionsstörungen und Harnbeschwerden beobachtet. Dies erklärt sich genügend aus dem Eingehen der Rückenmarksnerven in die Nervengeflechte des Beckens, Abdomens und der Brust. DasBesvusstsein und dieSinnes-thätigkeiten sind aber, so lange die Rückenmarkskrankheiten für sich bestehen, immer intact. Die Art, Grad und Combinationen der aufgeführten Symptome anatomischer Rückenmarksstörungen hängt begreiflicherweise sehr vom Sitze, der Ausdehnung und der Natur der anatomischen Störung ab. Immer aber liegen die Heerde gestörter Nerventhätigkeiten unterhalb, bei den Thieren hinter der veränderten Rückenmarkspartie. Fieber werden wir bei den anatomischen Störungen, wenn sie für sich bestehen, nur selten beobachten, am Ehesten noch bei ausgebreiteten Entzündungen der Rückenmarkshäute. Ein Excess in den Functionen des Rückenmarks, wie Hyperästhesie, Schmerz, Spasmen, lassen auf Blntfülle der Rückenmarkshäute und der medulla schliessen, eine Suspension derRückenmarksfunctionen, als Lähmungen im Gebiete der motorischen und sensitiven Nerven, auf destructive Processe des Rückenmarks, vor Allem in seinem grauen Kerne. Je allgemeiner die Lähmung ist, je verbreiteter die Krämpfe auftreten, um so höher nach dem Gehirn zu muss der Sitz der anatomischen Störungen sein. Die von anatomischen Veränderungen des Rückenmarks ausgehenden Lähmungen und Krämpfe sind
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Vom Starrkrämpfe.
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vielleicht ausnahmslos unheilbare Uebel, ihre Dauer in der Regel eine sehr lange. Die Diagnose von Tuberkulose und Krebs des Rückenmarks und seiner Häute ist nur möglich, wenn neben den charaeteristischen Erscheinungen einer anatomischen Rückenmarksstörung Tuberkulose und Krebs in andern Organen nachgewiesen werden konnte. Die Existenz eines Cysticercus beim Menschen kann kaum vermuthet werden, etwas Anderes ist es bei drehkranken Schafen, die von der sogenannten Kreuz drehe heimgesucht werden. Hier liegt es nicht so fern, eine hin - und herschwankende Bewegung der hintern Extremitäten, die endlich in vollständige Lähmung übergeht, wobei die Hinterschenkel wie eine todte Masse nachgeschleppt werden, von der Anwesenheit eines Parasiten abzuleiten.
Gesellen siah zu Verletzungen des Rückgrats, als zu Erschütter, ungen, Wirbelbrüchen, Luxationen der Wirbel etc., Erscheinungen von Lähmung u. s. w., so ist die Diagnose einer anatomischen Rücken-marksstörung nicht schwierig. Dasselbe gilt von jenen Lähmungs-erscheinungen, die sich zu unzweifelhaften Erkrankungen des Wirbel-canals gesellen, z. B. zur Caries der Wirbelsäule, zu rhachitischen Verkrümmungen des Rückgrats.
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Von den functionellen Störungen des Rückenmarks.
Vom Starrkrämpfe.
Der Starrkrampf ist eine Motalitätsstörung. Er beruht auf einer krampfhaften Erregung der motorischen Nerven, an welcher die Empfindungsnerven in sehr beschränkter Weise theilnehmen. Beim Starrkrampf wissen wir mit ziemlicher Sicherheit, dass die krankhafte Erregung der motorischen Nerven vom Rückenmarke eingeleitet wird, obwohl der Sectionsbefund bei Starrkrampf meist nur negativ ist, und eigentliche tetanische Erscheinungen bei den anatomischen Erkrankungen des Rückenmarks fehlen. Schon, a priori hätte man aus dem Excess der Thätigkeit, in der sich fast alle motorischen Nerven beim Starrkrampf befinden, und aus dem Umstände, dass selbst sehr exquisite Tetanusformen heilten, schliessen können, dass man hier immer nach grobem anatomischen Störungen vergebens suchen wird. Zwar hat Dem me in der neuern Zeit den Starrkrampf als einen niedern Grad der Myelitis bezeichnet, der zu einer Wucherung der Nervenelemente und zu einer stärkern serösen Durchtränkung derselben führe. Jedoch habe ich mich ohnlängst
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Die Krankheiten des Rückenmarks und seiner Hüllen.
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bei einer Section eines Starrkrampfkranken weder von der Anwesenheit eines parenchymatosen Exsudats der medulla, noch von einer Vermehrung des liquor spinalis überzeugen können. Die isolirten Nervenfasern waren varikös, wie jede unter normalen Verhältnissen aus den Centraltheilen des Nervensystems herauspräparirte Nervenfaser, und das, was man vielleicht anderswo für Exsudatzellen gehalten hat, war in meinem Falle nichts Anderes, als ausgetretener Inhalt der Primitivnervenröhren.
Auf jeden Fall muss hier eine gesteigerte Erregbarkeit des Rückenmarkes angenommen werden, die im Beginn des Leidens sich nur als eine vermehrte Eeflexerregbarkeit äussert, ganz analog den niederen Graden der Strychninwirkung, welche aber später zu einem Dauerkrampf der willkürlichen Muskeln führt, die an einer beschränkten Stelle der Muskulatur beginnt, sich aber success! v über fast alle vom Rückenmark versorgten Muskelgruppen verbreitet, und nur hin und wieder macht sich jene oben erwähnte einleitende Reflexerregbarkeit unter der Einwirkung der alltäglichsten Einflüsse, bisweilen auch spontan, durch schmerzhafte Muskelcontractionen, die ebenso plötzlich beginnen als sie nachlassen, geltend.
Der Starrkrampf ist entweder ein traumatischer (conse-cutiver) oder ein i d i o p a t h i s c h e r. Bezüglich der erstercn Form beschuldigt man ganz besonders Hieb-, Stich-, Schusswunden, überhaupt solche Traumen, bei welchen fremde Körper in der Wunde zurückbleiben, sowie auch Zerreissungen. Solche Verletzungen an den Extremitäten sollen gefährlicher sein, als an anderen Körper* theilen, doch rufen alle diese Verhältnisse nur unter gewissen Bedingungen traumatischen Starrkrampf hervor, und diese scheinen sich auf bestimmte Witterungsverhältnisse zu beschränken, die theils unbekannt sind, theils wohl in hohen Temperaturgraden, ineinem jähen Wechsel von warm zu kalt zu bestehen scheinen. Die Veränderung, welche der verletzte Nerv erfahrt, und die sich von diesem centripetal dem Rückenmark überträgt, ist keineswegs bekannt, denn eine Injection seines Neurilemmas, welche man gefunden haben wollte , und die daran denken liess, dass ein entzündlicher Zustand des verletzten Nerven sich dem Rückenmark per contiguitatem mittheile, ist keineswegs ein constanter Befund.
Der idiopathische Starrkrampf — der ohne eine äussere Verletzung zu Stande kommt — scheint durch heftige Erkältungen hervorgerufen zu werden, z. B. nach Durchnässung des sehr erhitzten Körpers, nach dem Schlafen auf feuchter Erde; doch beobachten wir ihn auch ohne genügende äussere Veranlassung, wie in dem von mir beobachteten Falle, wo keine Erkältung, überhaupt keine ausreichende Ursache des Starrkrampfs nachgewiesen werden konnte.
Der tetanus neonatorum wird als dritte Form aufgeführt.
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Indessen scheint er dem traumatischen Starrkrampf untergeordnet werden zu können, da er nur bis zum fünften Tage nach der Geburt eintritt, und mag somit durch die Unterbindung der Nabelschnur ver-anlasst sein. Doch vergesse man hierbei auch nicht, wie sehr gerade die Haut innerhalb der ersten Lebenstage empfindlich ist, und wie leicht durch eine intensivere Erkältung bei der so zarten Organisation der Neugebornen jene ungewöhnlichen RückwJrkungen hervorgerufen werden können.
Der tetanus toxicus wird durch Brucin und Strychnin hervorgerufen. Die Intoxicationserscheinungen gleichen dem Wundstarrkrampf vollkommen.
Der traumatische wie rheumatische Starrkrampf ist viel häufiger bei Männern als bei Frauen. Die kräftigere Constitution scheint mehr ausgesetzt zu sein als die schwächliche. In den Tropen ist die Krankheit häufiger als bei uns. Die Neger sollen vorzüglich heimgesucht werden. Dass aber der Ra9enunterschied von grösse-rem Einfluss ist als das Klima, geht unzweifelhaft aus dem Umstände hervor, dass in der gemässigten Zone der Starrkrampf bei Thieron (Pferden) zu gewissen Zeiten eine sehr gewöhnliche Krankheit ist.
Die Erscheinungen des Starrkrampfs gestalteten sich in dem von mir beobachteten Falle folgendermaassen:
Ein ITjähriger Bauernknecht wurde von heftigen Schmerzen im Nacken, Steifheit des Halses und Kaubeschwerden befallen, die ihn veranlassten mich zu consultiren. Er trat jammernd bei mir ein und klagte ganz besonders über das Unvermögen essen zu können, woran ihn eine spastische Zusammenziehung der Masseteren hinderte, die eine Entfernung beider Zahnreihen nur bis zu einem drittel Zoll gestattete. Der Kopf war stark nach rückwärts gezogen. Kopf, Hals und Rumpf bewegten sich wie aus einem Stücke. Die Nacken- und Rückenmuskeln waren bretthart. Die Hauttemperatur war normal, Puls gross, voll, nicht beschleunigt. Harn- und Stuhlentleerung ungestört. Der Patient, dem ich phosphorsaures Ammonium mit Opiumtinctur in einer Mixtur verordnete, ging noch zu Fuss nach dem eine Viertelstunde von mir entfernten Landgute, wo er diente. Doch den anderen Tag vermochte er das Bett nicht mehr zu verlassen. Der Krampf hatte sämmtliche Stammmuskeln ergriffen. Mit äusser-sterMtihe konnte er sich nur aufrichten. Der Krampf steigerte sich zeitweilig, wobei der Kranke mit dem Hinterhaupte in die Betten bohrte, und Hals und Rücken sich stark nach oben krümmten. Dabei klagte er über die heftigsten Schmerzen in den Contrahirten Muskeln , die — seiner Versicherung nach — zeitweilig unerträglich würden. Die Muskeln der Extremitäten waren frei von Krampf
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und Algie. Jetzt zeigte der Puls eine Frequenz von 125 Schlägen, die Hauttemperatur war kaum erhöht.
Auf meinen Rath wurde der Kranke in die chirurgisch-medizinische Akademie transportirt, wo ich ihn täglich sah und untersuchte. — Die contrahirten Muskeln blieben während des ganzen Verlaufs der Krankheit, der sich auf 8 Tage belief, ges^Ännt, nur von Zeit zu Zeit traten Anfälle auf, in denen die Muskelcontractionen einen so hohen Grad erreichten, dass der Patient wie ein Schwibbogen gekrümmt wurde und momentan nur mit Hinterhaupt und Fersen das Bett berührte (opisthotonus). In diesen Anfällen, welche anfanglich nur vereinzelten Muskelzuckungen glichen, später aber secunden-, selbst minutenlang anhielten, wurde der mittlere Theil des Körpers plötzlich in die Höhe geschnellt; dabei jammerte der Kranke laut. — Die Stammmuskeln wurden dabei hart wie Stein. — Der Trismus nahm immer mehr überhand , gestattete nur in den ersten Tagen die Aufnahme flüssiger Nahrung, später konnte dem Kranken nur mit Mühe Wasser eingeflösst werden, da die Rückenlage und vielleicht auch zeitweilig auftretender Schlundkrampf das Schlingen sehr erschwerte. Meist folgte dem Schlingen und den Schlingversuchen heftiger Husten. Der Gesichtsausdruck war ein eigenthümlich entstellter, besonders durch das scharfe Hervorspringen der Temporalmuskeln und Masseteren. Ein Krampf der mimischen Gesichtsmuskeln wurde von mir hier nicht beobachtet. Die Augen sanken in Folge von Schwund des Augenhöhlenfettes tief in ihre Höhlen zurück, doch wurde ebensowenig ein eigentlicher Krampf der Augenmuskeln (Schielen , Starrheit des Blicks) bemerkt. Die Krampfparoxysmen traten in meinem Falle nie nachweislich nach einer äusseren Einwirkung ein, hatten demnach nicht den Character der Reflexkrämpfe, vielmehr war ihr Erscheinen gleich von Haus aus atypisch, spontan. Die Frequenz dieser Paroxysmen verminderte sich mit dem eintretenden Collaps, der als eine Folge des Nahrungsmangels schon am 5. Tag der Krankheit sich als ein Gefühl der höchsten Erschöpfung zu erkennen gab. Das Bewusstsein blieb bis zuletzt ungetrübt. Massige Fieberbewegungen waren bis zu den letzten Tagen vorhanden doch hier steigerte sich die Hauttemperatur bis auf 39.6- 40,2deg; C, der Puls wurde beschleunigter, 132—160 Schläge, die Haut war mit copiösem Schweisse bedeckt, das Athmen wurde mühsam und oberflächlich, indem es fast nur durch die Bauchpresse vermittelt wurde, und so erfolgte der Tod unter quälender Erstickungs-noth suffocativ den 9. Tag der Krankheit. Die Hauttemperatur steigerte sich während der Agonie auf 42,4deg; C, nach dem Tode wurde jedoch hier eine weitere Steigerung der Körperwärme nicht wahrgenommen.
Die Section ergab streng genommen, wenn man
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von einer beiderseitigen lobären Pneumonie der unteren Lungenlappen , die unzweifelhaft jüngsten Datunis war, absieht, und die man als consecutive Erscheinung, als Folge einer Hypostase auffassen mag, nur negative Resultate. Zwar wollte man eine vermehrte Blutfülle der Rüekenmarksvenen, eine Vermehrung der Spinalflüssigkeit, eine stärkere Injection der pia wahrnehmen, jedoch sieht man so wenig Rückenmarkssectionen, dass Resultate derartiger absoluter Messungen gewiss sehr vorsichtig hingenommen werden müssen. Allerdings gewann es den Anschein, als ob die graue Substanz der medulla lichter gefärbt und wie verwischt auf dem Durchschnitt sei, auch schien sich eine Consistenzverminderung der substuntia cinerea bemerklich zu machen, doch wurden diese Ergebnisse ganz vorzüglich an der Brustportion und dem Lumbal-theil des Rückenmarks wahrgenommen, obwohl bis zuletzt die unteren Extremitäten frei von tetanischen Krämpfen blieben. — Die mikroskopische Untersuchung wies, wie gewöhnlich, die Existenz variköser Primitivnervenfasern und ausgetretenen Nervenfaserinhalt neben der Anwesenheit von Ganglienzellen nach.
Ueberwiegen bei dem tetanus die Contractionen der Beuger der Wirbelsäule und des Halses, so ist der Körper nach vorwärts gekrümmt (emprothotonus), erlangen die Muskeln einer Seite das ücbergewicht über die der anderen, so wird der Körper seitwärts gezogen {pleurothotonus). Beide Formen scheinen seltener als der opisthotonus zu sein. — Die Dauer der Krankheit ist in allen Fällen kurz , meist einige Tage bis zu einer Woche. Die am Schnellsten verlaufenden Fälle sind diejenigen, wo sich ziemlich früh das Athmen durch die Krampfparoxysmen beengt zeigt. Bei den liinausgeschleppten Formen sind die Kranken dem Hungertode preisgegeben, und die höchsten Grade der Abmagerung und Entkräftung gehen dem Tode voraus. — Sehr selten ist der Ausgang in Genesung. Doch darf man sich nicht durch vorübergehende Remissionen täuschen lassen , in welchen die Kranken selbst eines kurzen erquickenden Schlafes gemessen. Meist bricht nach solchen Pausen der Krampf mit erneuter Heftigkeit aus. Nur wenn die Anfälle längere Zeit hindurch immer kürzer werden und immer seltener wiederkehren, wenn besonders während der Remission eine Relaxation der contrahirten Muskeln eintritt, welche die Aufnahme von Getränk und Nahrung gestattet, darf auf den Ausgang in Genesung gerechnet werden. Die Muskeln verlieren erst nach einem längeren Zeitraum ihre Spannung. Lange bleibt Entkräftung zurück.
Der tetanus neonatoj'um hat einen ungleich rascheren Decurs, denn meist schon nach 12 — 24 Stunden erliegen die Kinder den Suffocationsanfällen, welche die Krampfparoxysmen begleiten. Auch
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hier leitet der Trismus den Zustand ein. Die Kinder vermögen die Kiefer kaum ein paar Linien von einander zu entfernen. Dies macht das Saugen unmöglkh. Bald betheiligen sich nun auch die mimischen ,Gesichtsmuskeln am Krämpfe , das Aussehen des Kindes wird dadurch fratzenhaft entstellt, wobei namentlich ßun-zelung der Stirn, rüsselartig zugespitzter Mund und zwischen den Kiefern eingeklemmte Zunge eigenthümllch sind. Dann folgt opistho-tonus. Die gesteigerte Eeflexerregbarkeit tritt besonders hier hervor. — Genesung ist selten, der Ausgang in Tod die Regel.
Bei T hie ren ist er bei allen Haussäugethieren, ganz vorzüglich aber bei den Pferden und den Schafen (Lämmern) beobachtet. Er tritt bald als traumatischer, nach Verwundungen , Nagelstichen, Nageltritten, Sattel-und Geschirrdriicken, nach Operationen, wie ganz besonders nach der Castration , dem Englisiren etc., bald als idio pat hi seh e r Starrkrampf auf, denn wir beobachten ihn auch ohne jede Verletzung nach intensiveren Erkältungen. Doch scheinen Verwundungen wie Erkältungen nicht ausreichend zu sein, um die Entstehung des Starrkrampfs zu erklären, da oft eine längere Zeit verstreicht, ohne dass ein Starrkrampf zur Beobachtung gelangt, während wiederum Zeiten kommen, wo gleichzeitig in grösserer Verbreitung Starrkrampf bei den Thieren beobachtet wird. Zu jenen Zeiten geseilt sich zu den verschiedensten Verwundungen Starrkrampf, und deshalb ist die Verletzung nur eine veranlassende Ursache, die wie die Erkältung jene noch ungekannten Witterungsverhältnisse voraussetzt, um Starrkrampf bei den Thieren zu veranlassen. So vereinzelt wie beim Menschen wird der Starrkrampf nur sehr selten bei den Thieren beobachtet.
Die Krankheit beginnt hier nicht immer mit Trismus, sondern sehr oft geht der Krampf' von der Nachhand aus, wobei Verziehung des Schweifes nach einer Seite und ein gespreizter, unbehilflicher Gang der Hinterextremitäten sich zeigt, oder er beginnt mit einer Steifigkeit im Genicke. Bisweilen fängt jedoch die Krankheit gleich mit verbreiteten tonischen Krämpfen an. Beim traumatischen Starrkrampf ist mitunter die Stelle der Ausgangspunkt des Krampfes, wo die Verletzung stattfand.
Der telanus verbreitet sich hier innerhalb weniger Tage, wenn er partiell begann, über fast alle Muskeln des Stammes und Halses, so dass Stellung und Haltung des Thieres sägebockähnlich werden.
Pferde, die vom Starrkrampf befallen sind, stehen mit gehobenem Kopfe, gestrecktem, selbst übergebogenem, mitunter seidich verzogenem Halse, weit auseinander gestellten Vorder- und Hinterfüssen, gehobenem und seitlich verzogenem Schweife da. Sie bewegen sich entweder gar nicht vom Platze oder ihre Bewegung ist stelzen-
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artig, mit sehr wenig gebeugten und gehobenen Extremitäten, •wobei Wendungen mit dem ganzen Körper und sehr mühsam vollzogen werden. Das Zurücktreten ist meist ganz unmöglich. Die Kranken legen sich nicht, und wenn sie aus Mattigkeit zu Boden stürzen, sind sie unvermögend sich zu erheben. Die Maulspalte ist entweder vollständig , durch heftigen Krampf dlaquo;r Kaumuskeln (mm. massei. pterygoid.) geschlossen, so dass sie selbst durch grossen Kraftaufwand nicht eröffnet werden kann, oder die Kiefer können noch einige Zolle bis wenige Linien von einander entfernt werden. Alle Muskeln , welche vom Krämpfe befallen sind, erscheinen auch hier von brettähnlicher Härte, deutlich hervorspringend, das Auge ist in die Höhle zurückgezogen (durch Krampf des retractor oculi), bei dem Emporheben des Kopfes tritt die Nickhaut weiter über das Auge hervor. Aus dem Maule fliesst in der Regel zäher Schleim, mit dem auch die Maulhöhle erfüllt ist, in Strömen ab. Die Zunge ist sehr derb, im späteren Verlaufe der Krankheit geschwollen, selten zwischen die Zähne eingeklemmt. Die Nasenöffnungen stehen in den höheren Graden der Krankheit weit geöffnet und werden nur wenig bewegt, was der Dauerkrampf der Nasenmuskeln (nun. dila-tat. nasi, pyramidal.') bewirkt.
Im Beginn der Krankheit ist das Athtnen unverändert, jedoch tritt auch hier, wie bei dem teta7ius des Menschen, bei der Verbreitung des Starrkrampfs über die Thoraxmuskeln gehemmtes Athmen ein, woraus folgt, dass mit dem längeren Bestehen des tetanus der Athem auch immer kürzer und kürzer wird. Je stärker also die Contractionen der Athmungsmuskeln werden, um so kürzer und häufiger wird die Respiration, da auch hier, genau wie beim Starrkrampf des Menschen, die Verengerung und Erweiterung der Brust jetzt lediglich von den Bewegungen des Zwerchfells und der Bauchmuskeln abhängen. Werden später die Bauchmuskeln auch von einem höheren Grade des tonischen Krampfes befallen, so wird das Athmen immer mühsamer, und eine venöse Blutstase und deren weitere Folgen innerhalb des Lungenparenchyms sind unausbleiblich. Die Zahl der Athemzüge steigt bei höherer Entwicklung des Leidens nicht selten auf 50—60 in d. M. , in welchen Fällen die physikalische Exploration des Brustkastens bald die Existenz eines verbreiteten Catarrhs, eines Lungenödems oder selbst einer entzündlichen Infiltration der Lunge, — genau wie bei meinem Falle , bei welchem lobäre Pneumonie bestand — ergiebt. — Der Puls zeigt hier wie in dem von uns vorgeführten Falle keine vermehrte Frequenz, selbst bei der höchsten Entwickclung des tetanus ist er nur um wenige Schläge in der Minute vermehrt, doch besitzt er eine gewisse Härte (Theilnahme der glatten Muskelfasern der mittlerec Artorienhaut am Krampf).
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Die Fresslust ist vorhanden, und so lange nicht der Trismus dieFutteraufnahme unmöglich macht, wird auch Futter und Getränk aufgenommen. Aber schon niedere Grade des Kaumuskelkrampfes heben die Fähigkeit des Kauens auf und so können höchstens beim Beginn des Trismus Mehlgetränke genossen werden , später ist jede Nahrungsaufnahme durch concurrirende spastische Dysphagie (Krampf' der constrictores #9632;pharymjis) sistirt. Gern stecken diese Thiere ihr mit Speichel überfiilltes und später geschwollenes Maul in's Wasser. Der sich im Maule ansammelnde Geifer zersetzt sich, ruft einen höchst widrigen halüus oris hervor, führt zu Erweichung und Abstossung des Maulepithels, erzeugt so Maulgeschwüre und Entzündung der Schleimhaut.
Jene blitzähnlich auftretenden Krampfparoxysmen, die den Tetanus des Menschen zu einem so furchtbaren Uebel machen, kommen in so exquisiter Weise bei Thieren nicht vor, doch lässt der Grad der tetanischen Muskelstarrheit bei aufmerksamer Beobachtung Nachlässe und Verschlimmerungen erkennen, welche von dem Mangel oder der Anwesenheit stärkerer Sinnesreize abzuhängen scheinen. Wenigstens steht so viel fest, dassRnhe, Dunkelheit, sorgliches Fernhalten lauter Geräusche, der Menschen, quälender Kurversuche diese Verschlimmerungen der Muskelkrämpfe entschieden seltener machen, und somit vermissen wir auch hier nicht jene gesteigerte Kef lexe rr e gbark ei t des Rückenmarks, die den Starrkrampf des Menschen auszeichnete. Doch halten meistens die Krämpfe in gleicher Intensität durch längere Zeit an, und nur bei plötzlichem Herantreten an das Thier, bei lautem Zuruf, bei Einwirkung eines sehr grellen Lichtes verschlimmern sich opistho-tomts und trismus merklich.
Das Bewusstsein bleibt auch hier bis zuletzt frei, obwohl die tetanischen Thiere unverkennbar eine grosse innere Angst und Erregbarkeit an den Tag legen.
Der Ausgang ist in der Regel der Tod, besonders beim Wundstarrkrampf, der wie beim Menschen vielleicht niemals eine Wiedergenesung zulässt. Die Dauer beläuft sich gewöhnlich auf 6—8 Tage. Geht die Krankheit dem Tode zu, so wird dasAthmen im höchsten Grade mühsam , der Leib ist hoch aufgeschürzt, der Puls unfühlbar, die f'acialis gleicht jetzt einer gespannten Saite, die Extremitäten sind kalt, die Haut des Stammes ist sehr heiss (wie beim Menschen trifft man hier die höchsten Temperaturen), mit copiösem Schweisse bedeckt, welcher nicht selten in Tropfen zu Boden fällt und aufgelegte Decken vollkommen durchnässe, der Trismus duldet jetzt kaum noch die Entfernung der Schneidezähne in der Breite eines Messerrückens; die Thiere können sich der überhandnehmenden Erschöpfung halber, die Folge des tagelangen
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Fastens, nicht tnehi- auf den Füssen halten, sie brechen zusammen, und nun wird durch die nur mögliche Seitenlage das Athmen so erschwert , dass alsbald unter tiefen, mühsamen Athemzügen , die nur durch willkürlich e B ewegu n gen des Diaphragmas im Zuge erhalten werden, denn alle übrigen Ex- und Inspiratoren sind durch den Tetanus ausser Thätigkeit gesetzt, der Tod durch Suffocation erfolgt.
In den Fällen, in welchen Genesung eintritt, ist der Verlauf ein langsamerer, die tetanischen Erscheinungen erreichen nicht den hohen Grad, besonders fehlen die höheren Grade des Trismus, so dass die Thiere wenigstens Getränk und flüssige Nahrung aufzunehmen vermögen, das Athmen und der Puls zeigen nur geringe Veränderungen. Der Krampf lässt hier nur allmälig nach, daher behalten die Thiere durch längere Zeit einen steifen, unbehilflichen Gang, die Reconvalescenz erstreckt sich auf Wochen, selbst auf Monate. Jenseits des 18. Tages erfolgt beim Tetafius der Pferde wohl allemal Genesung.
Die Sectionsergebnisse sind bezüglich des Rückenmarkes meist negativer Natur. Zwar wird in sehr geschätzten Lehrbüchern angegeben , dass die Medulla hier erweicht angetroffen worden sei, aber derartige Versicherungen sind um so vorsichtiger aufzunehmen, da einerseits die Beschaffenheit des Rückenmarkes unter normalen Verhältnissen zu selten beobachtet wird, um nicht Gefahr zu laufen, Leichenphänomene an diesem so zarten Gebilde für während des Lebens bestandene pathologische Veränderungen hinzunehmen, und andererseits der Excess der Thätigkeit, in der das Rückenmark während der Dauer des Tetanus verharrt, nicht wohl an eine Auflösung dieses Organs in eineDetritusmasse denken lässt. Denn wäre in der That während des Lebens eine grösserc Strecke des Rückenmarks in einen rot hen Brei verwandelt, so müssten statt der Symptome des Dauerkrampfes die Zeichen der Lähmung zur Beobachtung gelangen, obwohl paralytische Erscheinungen gerade hier constant mangeln. Damit soll begreiflicherweise auf keinen Fall gesagt sein, dass der Functionsstörung des Rückenmarks im tetanus keine materielle Veränderung in den Ganglienzellen der substantia grisea entspräche, denn eine Functionsstörung an sich ist gerade ein solches Unding, als eine erkrankte psychische Kraft oder Lebenskraft, vielmehr muss logischerweise die Variante der Resultante auf eine Veränderung der Prämissen zurückgeführt werden, und diese können nur körperlicher Natur sein. Diese ist freilich vor der Hand noch ungekannt, denn wenn man hier eine molekulare Veränderung der Ganglienzellen als nächste Ursache dem te^fmw* zu Grunde legte, so hätte man für den Umstand, dass sich diese Veränderung vor der Hand der Beobachtung entzieht, nur einen etwas bestimmter formu-
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lirten Ausdruck gewonnen. Eine Vermehrung der Blutfülle in den Rückgratsvenen, selbst eine stärkere Injection der weichen Eücken-markshaut können als Folgen des anhaltenden Krampfes der Rüek-gratsmuskeln aufgefasst werden. Eine Vermehrung der Spinalflüssigkeit und eine seröse Durchtränkung des Rückenmarks — analog dem Hirnödem — sollen vielfach in den Leichen tetanischer Thiere zugegen gewesen sein. — Eine rosenrothe Färbung der von dem verwundeten Theile abgehenden Nerven beim Wundstarrkrampf scheint mehr aprioristisch gefolgert, als wirklich beobachtet worden zu sein.
Das Blut erscheint meist flüssig oder nur zu einem lockeren Kuchen geronnen , und veranlasst ausgedehnte Imbibitionen ; die Muskeln sind bald bräunlich, bald bläulich gefärbt und weich ; die Lungen sind hyperämisch, ödematös, bisweilen auch Sitz entzündlicher Infiltrationen, namentlich an ihren vorderen und unteren Partieen; die Harnblase ist stark von Harn ausgedehnt, ihre Schleimhaut ist hyperämisch mit Extravasaten durchsetzt.
Beim Rinde ist der Tetanus seltener. Nach Rychner's Versicherung soll er beim Rinde eine günstigere Vorhersage zulassen, als beim Pferde. Er tritt hier auch nach Castrationen männlicher Rinder auf, und wurde bisweilen auch als Complication des Kalbefiebers beobachtet.
Bei Schafen begegnen wir dem Tetanus am Häufigsten bei Lämmern nach der Castration , und es gehört gar nicht zu seltenen Vorkommnissen, dass, wenn während oder nach der Castration der Lämmer anhaltend regnerische Witterung sich einstellt, diese zarten Geschöpfe zu Dutzenden auf grossen Schäfereien am rheumatischen Starrkrämpfe zu Grunde gehen.
Dem tetanus necmatorum des Menschen entspricht der Tetanus saugender Lämmer, welcher besonders Sauglämmer veredelter Schafe, am Häufigsten während der ersten Wochen nach der Geburt, befällt. Auch bei diesem Vorkommen des Starrkrampfs, welches sich an bestimmte Zeiten knüpft, will man die Concurrenz einer feuchtkalten Witterung beobachtet haben. Doch bestehen hier dieselben Bedenken, wie bei dem tetanus neonaloruin. Es ist auch hier zweifelhaft, ob es nur die zarte Organisation der Lämmer, ihre grosse Empfänglichkeit nach der Geburt für äussere Schädlichkeiten sei, welche die grosse Frequenz des Starrkrampfs gerade an diese Lebensperiode des Schafes knüpft, oder ob die Entnabelung der Schafe, die durch das Abreissen der Nabelschnur gesetzte Verwundung in einer causalen Beziehung zum Starrkrampf stehe. Auftallig ist allerdings, dass besonders die im zeitigen Frühjalir geworfenen Lämmer an der Lämraer-liihme zu Grunde gehen, während diese Krankheit die Sommerlämmer gewöhnlich verschont. Jedoch ist die Lämmerlähme auch bei den
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Sommerlämmem hin und wieder beobachtet worden, deshalb ist in der Winterlammung nicht die ausreichende äussere Veranlassung, sondern nur ein prädispomrendes Moment zur Entstehung der Läm-merlähme zu suchen.
Die Krankheit beginnt mit Mattigkeit, träger Bewegung, Verminderung der Fresslust, Steifigkeit der Extremitäten, gespanntem Gang, Aufkrümmen des Rückens, krampfhafter Verdrehung des Halses. Auch wie beim Menschen werden hier die Muskeln des Antlitzes und der Lippen befallen, bisweilen stellt sich Trismus ein, doch auch ohne diesen ist das Lamm unvermögend zum Euter der Mutter zu gelangen und dort zu saugen. Diese Thierchon stehen wie aus Holz gefertigt, sägebockähnlich, am Boden festgewurzelt da, wobei Hals und Schwanz nach der einen oder andern Seite verzogen sind. Im Beginn mangelt das Fieber, Verstopfung ist zugegen, welche aber meist nach dem Ende der Krankheit in Durchfall umschlägt. Nach wenig Tagen gehen die Thiere an diesem Zustande 7A\ Grunde. Vor dem Tode werden nicht selten allgemeine Con-Tulsionen beobachtet. Der Uebergang in Genesung ist sehr selten.
Bei Hunden ist der Starrkrampf selten zur Beobachtung gelangt.
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Während beim Starrkrampf vorzugsweise die motorischen Fnnctionen sich alterirt zeigen, beobachten wir eine unzweifelhaft vom Rückenmark ausgehende Neurose der Schafe, die sich besonders als Hyperästhesie der H a u t n e r v e n äussert, was aus dem unausgesetzten Wetzen und Benagen der eigenen Haut dieser Thiere geschlossen werden muss. Die Hyperästhesie der Hautnerven complicirt sich jedoch bei längerem Bestehen mit paretischen und paralytischen Zuständen der Nachhand, dieallmälig auch auf dieVor-liand übergehen, und unter den Zeichen der grössten Abmagerung und Entkräftung zum Tode desThicres führen. Dieser Zustand, welchen man
Wetzkrankheit, Gnubber -, Traberkrankheit
genannt hat, kommt auch bei Ziegen vor. Seit der Veredelung der Schafzucht in Deutschland, die ja besonders in dieses Jahrhundert fällt, ist diese Krankheit bei uns bekannt geworden , und gewiss hängt sie mit der durch Kreuzung spanischer Schaffen mit unserm Landschaf anerzeugten schwachen Constitution zusammen, die besonders jene hybriden Formen auszeichnet, die man als veredelte Schafe bezeichnet, und die das Product jener Kreuzung sind. Die Krankheit befällt meist das 2. und 3. Jahr und überwiegend häufig die Widder. In manchen Gegenden tritt diese Krankheit als Ortsseuche auf, doch scheinen üppige Fütterung und der Aufenthalt
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;20
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306nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Die Krankheiten des Rückenmarks und seiner Hüllen.
in sehr heissen, dunstigen Ställen, sowie ein übermäasiges Bespringen bei den Widdern die Krankheit zu veranlassen.
Der pathologisch-anatomische Character der Krankheit ist der einer Anämie und weissen Erweichung des Rückenmarks, einer Hydrämie und Cachexie. Denn man findet das Blut wässrig, blass, seröse Ergüsse in den Körperhöhlen, hochgradigen Muskel- und Fettschwund und weisse Erweichung des Kückenmarks in seinem Lendentheil als ziemlich constante Zeichen in der Leiche vor. Minder constant sind Veränderungen in der Haut in Folge des Gnubberns und Wetzens. An jenen Stellen, wo sich die Thiere am stärksten und anhaltendsten gerieben haben, findet man nicht selten bohnen-r wallnuss-, selbst hühnereigrosse Geschwülste, die aus einem dichten Bindegewebe bestehen.
Der Zustand entwickelt sich allmälig, und besonders macht sich im Anfang eine auffällig gesteigerte Reflexerregbarkeit bemerklich. Die Thiere fahren bei dem leisesten Geräusche zusammen. Hierzu gesellt sich Zittern und Zusammenknicken der Beine. Innerhalb eines Zeitraumes von 1 — 2 Monaten entwickelt sich Paresis der hintern Extremitäten und Hyperästhesie der Hautnerven gleichzeitig stetig überhandnehmend. Das Gnubbern beginnt am Schweife, und schreitet mit der Lähmung über Kreuz-, Lenden- und Rücken-gegend nach der Vorhand zu. Die benagten Stellen verlieren die-Wolle, werden excoriirt, bluten, und entzünden sich. Muskel- und Fettschwund hält mit dem Grad der Lähmung gleichen Schritt. Der Tod erfolgt in allen Fällen, im Sommer jedoch schneller als im Winter, unter den Zeichen höchster Erschöpfung.
Eine ähnliehe Juck k rankheit hat Strauss bei Pferden beobachtet, doch nicht als selbstständiges, sondern als begleitendes Leiden bei der Lähmungskrankheit der Zuchtpferde. Diese wiederholt genau die
Tabes clorsualis des Menschen.
In den allerhäufigsten Fällen wird das männliche Geschlecht und das Lebensalter vom SO.—50. Jahre von ihr heimgesucht, denn kaum der 8. Theil der an tabes dorsualis Leidenden sind Frauenzimmer. Als einen der fruchtbarsten Anlässe hat man von alten Zeiten her Samenverluste betrachtet, doch scheint an ifndraquo;-für sich dieses Moment weniger einflussreich zu. sein, da Spermatorrhöen bei längerem Bestehen zwar Hypochondrie und Gehirnaffectionen nach sich ziehen, nicht aber die Rückendarre, obwohl in Verbindung mit geschlechtlicher Aufregung, welche eine übermässige Befriedigung der sinnlichen Lust nothwendig in ihrem Gefolge hat, gewiss nicht selten die Entstehung dieser Krankheit begünstigen,
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Tabes dorsualis des Menschen.
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jedenfalls aber, wenn die Rückendarre bereits ihren Anfang genommen hat, deren Decurs beschleunigen. Doch darf auch nicht geleugnet werden, dass übermässige Strapatzen, langes Stehen, Arbeiten in gebückter Stellung, forcirte Märsche bei gleichzeitiger Durchnässung und Erkältung sehr oft nicht ganz einflusslos auf die Entstehung der tabes dorsualis sind. „Keinem Kranken dieser Art leuchtet die Hoffnung der Genesung, über alle ist der Stab gebrochen. Der einzige Trost, wenigstens für die Lebenssüchtigen, ist die lange Dauer dieser Krankheit.quot; (ß o m b e r g.)
Die Ergebnisse der Leichenöffnung stimmen trotz ihrer Mannigfaltigkeit grösstentheils darin miteinander überein, dass man eine partielle Atrophie des Rückenmarks, häufiger in dessen unterm Theile und dann von der Lumbaranschwellung an, bis abwärts zum ßlum terminale, sowie in den abgehenden Nerven antrifft. Die Volumensabnahme zum Betrage der Hälfte oder zwei Drittheilen des gesunden Rückenmarks betrifft entweder die graue und weisse Substanz des Rückenmarks, oder nur eine von beiden. Die mikroskopische Untersuchung ergiebt in der geschwundenen Partie eine Anhäufung von Körnchenzellen und Körnchenconglomeraten zwischen den Nervenprimitivröhren, und so scheint auch hier ein fettiger Zerfall der Nervenfasern und Ganglienzellen den atro-phischen Vorgang einzuleiten, und zu vermitteln. Das dunkle Co-lorit, das Schmutzigweisse des Marks, scheint auf einer Pigmentanhäufung zu beruhen, die theils innerhalb der Ganglienzellen, theils frei vorkommt. Aber auch noch auf eine andere Weise dürfte hier die locale Atrophie vermittelt sein, nämlich durch eine Vermehrung des interstitiellen Bindegewebes, wodurch die Nervenröhren rarificirt werden. Die cauda equina schwindet hier mitunter so, dass nur die leeren Hülsen desNeurilemms zurückbleiben. Auch die Wurzeln höher inserirter Nerven nehmen an der Atrophie Theil, und was von besonderm Interesse ist, die hintern, sensibeln Wurzeln zuweilen ausschliesslich zugleich mit den hintern Strängen des Rückenmarks, während die vordem, motorischen dem Ansehen nach unverändert erhalten waren.
Das früheste Merkmal ist Verzögerung motorischer Kraft in den Muskeln, zuerst und vorzugsweise der untern Extremitäten, welche sich zuweilen Anfangs in einem Beine mehr ausspricht, als in dem andern, im weitern Verlaufe aber beide zum Sitze nimmt. Der Kranke klagt über Schwäche und Unfähigkeit der Ausdauer bei Bewegung und Stellung. Lässt man ihn irgend eine Action vornehmen, die einen grössern Aufwand motorischer Kraft fordert, z. B. gebückt oder auf einem Fusse stehen, so ermattet er schnell. Frühzeitig stellt sich unter Abstumpfung der Tastempfindung in der Haut eine Abnahme des Muskelgefühls heraus. Beim Stehen und
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Gehen, sowie auch im Liegen, sind die Füsse erstarrt, haben die Empfindung des Pelzigseins, der Widerstand des Fussbodens wird nicht mehr deutlich gefühlt, seine Cohäsion erscheint schwächer, es ist, als ob die Sohle auf AVolle, weichem Sande oder einer mit Wasser gefüllten Blase stehe. Der Reiter fühlt nicht mehr die Resistenz des Steigbügels, und lässt ihn kürzer schnallen, der Gang wird unsicher. Diese Unsicherheit steigert sich, wenn die Controle der eigenen Bewegung durch's Auge unmöglich wird. Sowie der Kranke das Auge schliesst, wird der Gang taumelnd. Will er sich im Finstern aufrichten, so stürzt er sehr oft hin. Nach längerer Ruhe ist Gehen und Stehen mühsamer und unsicherer, als nach einige Zeit fortgesetzter Bewegung. Die Sphincteren beginnen nacli einiger Zeit auch unzuverlässiger zu werden, in tiefem Schlafe stellt sich gewöhnlich Enuresis ein. Die Paresis des Detrusors gestattet keine Strahlbildung beim üriniren mehr. Die eintretende Verstopfung hängt wohl in den meisten Fällen mit der durch die Lähmung bedingten beschränkteren Ortsbewegung zusammen. Was aber jetzt in diesem Stadium den Zustand des Kranken unerträglich macht, und was nur insofern heilsam ist, als es dem Kranken eine unschuldigere Natur seines schweren, unheilbaren Leidens vorspiegelt, ist das Auftreten schmerzhafter Empfindungen nicht nur in den untern Extremitäten, sondern auch am Stamme, am Rücken, die von dem Kranken in der Regel für „rheumatischquot; gehalten werden. Die Schmerzen strahlen in der Regel centrifugal von den Dorsal- und Lumbarwirbeln aus, und theilen sich auf dem Wege der Irradiation der Blase, dem Mastdarm , dem Unterleibe mit. Später tritt ein lästiges Prickeln, Jucken und Ameisenkriechen der Haut ein, wovon nur das Gesicht verschont bleibt. Ueber diesen Zustand geht eine längere Zeit hin. Dann vermehrt sich die Motalitätsschwäche in den Beinen zusehends. Der Kranke ist genöthigt wegen drohenden Verlustes des Gleichgewichts die Füsse auswärts zu stellen, der Gang wird so breitbeinig, schwankend. Beim Gehen werden die Füsse fortgeschleudert, aber ohne bedeutende Projectionen des Körpers schnell wieder auf den Boden gesetzt, da der Kranke so kurze Zeit wie möglich das ganze Körpergewicht auf einem Beine zu balanciren vermag. Nimmt die Lähmung Überhand, so schwindet das Muskelgefühl oft in einem so hohen Grade, dass der Kranke bei verbundenen oder geschlossenen Augen nicht mehr die Stellung seiner eigenen Glieder zu erkennen, nicht zu unterscheiden vermag, ob der rechte Fuss über dem linken liegt oder iimgekehrt. Später schreitet auch die Lähmung auf die obern Extremitäten über, ohne dass hier dieselbe den Grad, als wie auf den untern erreichte. Die Lähmung des sphincter vestene wird jetzt vollständig. Die poteniia virilis erlischt, doch bleibt die Intelligenz ungetrübt. Die Ernährung geht
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Tabes Jorsualis des Menschen.
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zurück, doch können die Kranken trotz jahrelangen Bestehens der Lähmung ein leidliches, selbst gutes^Embonpoint zeigen. Die letzten Stadien der Krankheit sind stets durch bedeutende Muskelatrophie ausgezeichnet. Vorzüglich schwindet die Muskulatur der untern Extremitäten, der nates und des Rückens. In der letzten Zeit endlich ist es dem Kranken ganz unmöglich sich aufzurichten oder fortzubewegen. Gangraena esc decubitu, Fieberbewegungen, oft auch eine intercurrente Pneumonie, TuberkulBse enden die Qualen des hoffnungslos Dahinsiechenden, welche in einzelnen Fällen noch durch Arablyopie und Amaurose vermehrt wurden. Die Dauer der tabes dorsualis ist langwierig, auf mehrere, selbst 10—15 Jahre ausgedehnt. In einzelnen Fällen kürzt der Kranke durch Selbstmord seine Leiden ab. —
Die Lähmungskrankheit der Zuchtpferde besteht in einer allgemeinen oder theilweisen Lähmung der hintern Extremitäten, zu der sich häufig Geschwürsbildung an den männlichen und weiblichen Geschlechtstheilen gesellen. Eine vorwaltende Anlage sollen Ra^epferde haben. Ausserdem beschuldigt man noch Missverhältnisse der Fütterung und des Aufenthalts als prädisponirende Momente, während man als veranlassende Ursache besonders einen übermässigen Begattungsact anführt. Man will sogar die Lähmungskrankheit der Zuchtpferde seuchenartig beobachtet haben.
Bei Vaterpferden beginnt die Krankheit meist mit Nachlassen der Fresslust, auffallender Traurigkeit und Niedergeschlagenheit. Das Uriniren wird schmerzhaft, häufig, der entleerte Harn wird nur in kleinen Quantitäten abgesetzt. Die Thiere magern rasch ab, besonders an den nates, in der Lendengegend, der Geschlechtstrieb ist sehr gesteigert, Schmerzhaftigkeit der Lendengegend wird beobachtet. Der Tod erfolgt entweder unter den höchsten Graden der Entkräftung, oder es gesellen sich im weitern Verlaufe noch Lähmungen einzelner Körpertheile hinzu. Oder die Lähmung war das Einleitende, Kreuzschwäche ging in Lähmung der Nachhand über, worauf erst Abmagerung und gestörte Verdauung folgen. In andern Fällen sind die Erscheinungen der Juckkrankheit einleitend. Eigen-thümlich ist eine Hypertrophie des Unterhautzellgewebes und des Fettes als Vorläufer der Lähmungskrankheit. Auch der Hode entzündet sich zuweilen, und es bilden sich in ihm Abscesse. Die vorkommenden Ruthengeschwüre sind der Lähmungskrankheit nicht eigen, sondern sie stellen eine Complication der Lähmungskrankheit mit der Chankerseuche dar.
Bei Stuten leitet ein krankhaft gesteigerter Geschlechtstrieb die Lähnningskrankheit ein. Die Schleimabsonderung aus der Scheide ist hier sehr copiös, die Schamlippen schwellen an. Dazu gesellen sich nun Erscheinungen der Paresis und Paralyse der Nachhand.
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Dieselben steigern sich bis zu dem Grade, dass die Thiere sieh nicht mehr auf dem Hintertheil zu erhalten vermögen. Nun nimmt die Abmagerung rasch Überhand, der Bauch wird aufgeschürzt, die Rippen treten hervor, Schultern und Hinterbacken magern excessiv ab, die Thiere liegen sich auf. Es kommt zu Lähmungen am Kopfe, z. B. zu solchen der Ohren, der Lippen. An der Scham entwickeln sich Geschwüre, bald eatarrhalischer, bald diphtheritischer Natur, dann ist eine spontane Entwickelung von Wurm und Rotz wiederholt beobachtet worden. Aber auch hier handelt es sich nur um eine Complication der Chankerseuche mit der Lähmungskrankheit, gewiss fehlt jeder innere nothwendige Zusammenhang zwischen beiden Zuständen. Denn ebensowohl, als ein an tabes dorsualis leidender Mensch gleichzeitig syphilitische Geschwüre darbieten kann, ebensowohl kann ein von der Lähmungskrankheit befallenes Thier, welches sich durch eine ganz ausserge-wöhnliche Steigerung des Geschlechtstriebes auszeichnet, sich mit Producten der Chankerseuche inficiren.
Die Section ergiebt: Enormen Schwund des Fettes und der Muskeln, Blutmangel und Blutwässrigkeit, Zeichen einer chronischen meningilis spinalis; bei Hengsten Hypertrophieen des Unterhautbindegewebes am Schlauch und Hodensack, Abscessbildung im Hoden, im Samenstrang; bei Stuten catarrhalische und diphtheritische Verschwärungen auf der Scheidenschleimhaut, sehr oft die Zeichen des chronischen Rotzes.
Der Verlauf der Krankheit ist langsam, meist beträgt die Dauer mehr als ein Jahr. Der Ausgang in Genesung ist selten, und sowie wirklich paralytische Erscheinungen eingetreten sind, niemals zu erwarten.
Der Unterschied zwischen der Lähmungskrankheit und der tabes dorsualis des Menschen geht in nächstursächlicher Beziehung darin auf, dass dieser ein atrophischer Vorgang des Rückenmarks, jener ein irritativer, langwierig entzündlicher Zustand der Rüoken-markshäute zu Grunde liegt. Daher ist auch der Decurs bei der Lähmungskrankheit ein ungleich rascherer, als bei der tabes dorsualis des Menschen. Die Complication der Lähmungskrankheit mit der Chankerseuche ist als zufällig zu bezeichnen. Wir werden dieselbe überall da vermissen, wo die Chankerseuche nicht heimisch ist. Sowie dieselbe aber in einem Gestüt oder einer Gegend herrscht, so ist unter den oben geschilderten Verhältnissen auch die Möglichkeit von der Chankerseuche inficirt zu werden, und die der weiteren Uebertragung dieses Zustandesbei dem an Lähmungskrankheit leidenden Thiere gegeben.
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Die periphere Algie und Anodynie.
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Die Kreuzlahme
ist ein Lähmungszustand beider Hinterschenkel, der am häufigsten bei Pferden und Hunden, bei letzteren nicht selten als Nachkrankheit der Staupe, auch bei Schweinen und Rindern angetroffen wird. Geht die Kreuzlähme vom Rückenmarke aus, undlaquo; ist sie mehr oder weniger ein Analogen der iabes dorsualis, ist sie unheilbar.
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lieber centrale, Leitungs- und periphere Störungen einzelner Nervenstämme und deren Enden.
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Die jetzt geschilderten Functionsstörungen des Rückenmarks luitten sammt und sonders eine gemeinsame Quelle in diesem Organe, die bald durch mehr oder weniger sichtliche Veränderungen des Rückenmarks und seiner Hüllen, bald durch Vorgänge, die nur in ihren weitern Consequenzen als Ernährungsstörungen, atrophische Zustände, fettige Usur des Rückenmarks der Erkenntniss zugänglich sind, vermittelt waren. Ganz in ähnlicher Weise sehen wir einzelne Nerven in ihrer Verrichtung gestört, wie z. B. die des communicans faciei, des 2. Astes des 5. Nervenpaares, die der Nerven der Extremitäten, z. B. die Nerven der Arme, der Zwischenrippenräume, der untern Extremitäten. Derartige Functionsstörungen hat man peripherische Nervenleiden genannt, obwohl diese Bezeichnung nicht immer richtig ist. Denn in vielen Fällen leidet nicht der Nerv in seinem Lauf, sondern in seinem centralen Ende, und wir legen nur die Ursache des Schmerzes in den Nerv selbst, weil uns dies die excentrische Energie seines centralen Ursprungs so vorspiegelt, vielmehr ist in den meisten Fällen die Ursache eine centrale, doch nicht in allen. Denn ein Neurom, was sich im Verlaufe eines Nerven entwickelt, oder Geschwulst, welche den Nerven drückt, eine Knochenerkrankung am Schädel, am Rückenmark, kann durch Behelligung der austretenden Nerven Functionsstörungen jener erzeugen, als Hyperästhesieen, Anästhesieen und Paralysen, ohne dass die Ursprungsstelle desselben irgendwie sich alterirt zeigt. Aber periphere Nervenkrankheiten dürfen diese Zustände denn doch nicht genannt werden, sondern dieselben entspringen aus einer gehemmten Leitung.
Diese Central- und Leitungsneurosen, welche bald Sensibilitäts=, bald Motalitätsneurosen sind, und deren Aeusserungs-
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Die Krankheiten des Rückenmarks und seiner Hüllen.
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weise in einem Excess oder Defect der Empfindung und Bewegung der betreffenden Nerven aufgeht, verdienen in vergleichend-pathologischer Beziehung um deswillen keine eingehendere Betrachtungraquo; weil das wesentlichste Kriterium ihrer Existenz rein in das Bereich subjectiver Wahrnehmung fallt, was sich uns bei den Thieren aus begreiflichen und wiederholt erörterten Gründen zum grössten Theil entzieht. Es könnte deshalb hier nur eine Schilderung der menschlichen Motalitäts- und Sensibilitätsneurosen gegeben werden, diese Aufgabe ist aber den speciellen Pathologieen des Menschen zu überweisen. Es sei nur hier hervorgehoben, dass centrale Motalitäts-neurosen, als Lähmung der Ohrnerven, des communicans fadei, des Augenlids, mehrfach bei Thieren beobachtet wurden, dass als Leit-nngsnourosen Lähmung der Ohrnerven und des Angesichtsnerven nach Zerstörung gedachter Nervenstämrne durch Eiterung, z. B. in Folge von Wurmbeulen, nach Operationen wiederholt zur Beobachtung gelangte; ferner sei nicht minder hervorgehoben, dass der meist einseitige Hahnentritt bei Pferden eine centrale Neurose des. ischiadicus zu sein scheint, wie auch durch Neurome an diesen oder jenen Extremitätnerven bisweilen Hinken erzeugt wird. Doch, handelt es sieh auch im letzteren Falle nicht um periphere, sondern' um eine Leitungslähmung. Centrale Lähmungen einzelner Nerveu-stämme werden häufig bei Hunden als Nachkrankheiten der Staupe angetroffen.
Um die periphere Algie und Anodynie hat sich besonders Jaksch in Prag sehr verdient gemacht. Die Anodynie der Haut, welche ïakscli theils über den grössten Theil der Körperoberfläche verbreitet, theils partiell beobachtete, befallt bald grössere, bald kleinere Particen, theils wird sie auf einer Seite, theils auf beiden zugleich, theils gekreuzt wahrgenommen, so dass z. B. in einem Falle die rechte Gesichtshälfte und die linke des Halses anodyn war.
Diese Anodynie kommt bei vollkommener Integrität der Central-theile und der leitenden Fasern vor. Sie beruht vielmehr auf einer gestörten Ernährung der Nervenenden in ihrer Flächenausbreitung, hat den Sitz in den feinsten, oberflächlichen Netzen der Haut, und ganz besonders in den Nervenschlingen des Papillarkörpers und den NervenendigUögen in den M e i s s n e r' sehen Tastkörpenu Niemals entspricht sie den anatomischen Ausbreitungen sensitiver Nerven. Denn, es stellt sich heraus , dass z. B. die Zunge an der Spitze und am Körper anodyn ist, aber die Basis ist empfindlich, obwohl die ganze Schleimhaut der Zunge durch den nervus lingualis des quintus versorgt wird.
Die sensitiven Nervenfasern, z. B. die des ulnaris, medianus, cruralis etc. enden nicht blos in der Haut, sondern auch in den.
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Die peripbere Algie und Anodynie.
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Muskeln. Wäre die Anodynie der Haut in allen Fällen eine Leitnngs-oder centrale Lähmung, so müssten auch die entsprechenden Muskeln anodyn sein, wie wir das in so exquisiter Weise bei der tabes dor-sualis an den untern Extremitäten beobachteten, wo neben der Anodynie der Haut, der Fusssohle und Zehen die extremste Muskel-anodynie vorkam. Ein solches Verhältniss kommt nun bei der Jaksch'schen peripheren Anodynie nicht vor, im Gegentheilfindet trotz der anatomischen Verbreitung der sensitiven Nerven bald mus-culäre Anodynie, durch den galvanischen Strom sehr leicht nachweisbar, ohne cutane Anodynie, und bald diese ohne jene statt. Dabei ist die Irritabilität der Muskeln entweder ungestört, oder herabgesetzt, nur selten ganz aufgehoben.
Die Sensibilität der Haut ist bei der Anodynie bald vollkommen, bald nur theilweise aufgehoben. Mangelt sie complet, dann werden Nadelstiche, das Auftröpfeln von Siegellack ohne Schmerzklage geduldet. Am Häufigsten fand J a k s c h die Zunge anodyn, so dass die Zungenspitze heiss und kalt nicht zu unterscheiden vermochte. Aber auch die Geschmackswärzchen nehmen an der AnodjTiie mit Theil; dann wird süss, sauer, bitter und salzig nicht mehr unterschieden. Dass aber auch hier weder eine centrale, noch eine Leitungslähmung der Glossopharyngeusfasern der Anodynie der Geschmackswärzchen zu Grunde lag, ergaben mehrere Fälle in der Jaksch'schen Klinik, da die Geschmacksempfindung des weichen Gaumens und der Zungenbasis intact war. Solche extreme cutane Anodynieen kommen auch an der Haut der Finger und der Fnss-äohlen vor.
Ein weiterer Beweis, dass derartige Anästhesieen nicht centrale sind, geht daraus noch hervor, dass die Seele trotz jahrelangen Bestehens derselben in ihren intellectuellen Functionen nicht die geringste Abschwächung erfährt. Nur dasGemüth wird endlich irritirt, besonders wenn sich periphere Algieen hinzugesellen, und dies geschieht in den meisten Fällen bei längerem Bestehen dieser Uebel. Aber diese sind niemals anatomisch begrenzt, sondern meist diffus, oft in enormer Ausbreitung ander Körperoberfläche vorhanden. So findet man die Haut des Abdomens, der Brust, des Rückens, aber vorzüglich bald die eine, bald die andere Hälfte der Gesichtshaut oder der Kopfhaut (Migräne) schmerzhaft. Diese peripheren Algieen haben nach Jaksch eine grosse Neigung zu Reflexkrämpfen, bald zu allgemeinen Convulsionen, bald nur zu localen, Lach-, Wein-, Schluchzkrärapfen. War die Schleimhaut des Kehlkopfs und Schlundkopfs Sitz einer peripheren Algie, so kam es entweder zu keuchhustenähnlichen Anfällen, oder zu auf- und niedersteigenden krampfhaften Zusammenziehnngen des Schlundes. Diese Spasmen werden auf alle Fälle von den Central-
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tlieilen aus erregt auf dem Wege des Reflexes, indem durch die Leitfasern sich von den erkrankten peripherischen Nervenenden ein Eeiz den centralen mittheilt, welcher dort durch motorische Actionen ausgelöst wird.
Es ist nach der Natur der peripheren Algie und Anodynie sehr begreiflich, dass dieselben durch Monate, ja selbst durch Jahre bestehen können, ohne die Zeichen einer tieferen Alteration des Gehirns und Rückenmarks nach sich zu ziehen. Und so folgen ihnen fast niemals Seelenstörungen oder centrale Lähmungen einzelner Körpertheile. Nur, wie erwähnt, wird das Gemüth beim längern Bestände der peripheren Anodynie und Algie mächtig erregt. Die Gemüthsalteration äussert sich in beiden Geschlechtern verschieden. Das Weib, von jeher geneigt, das Mitleid der Welt zu beanspruchen, malt seine Schmerzen auf das Fürchterlichste aus, ergeht sich in den übertriebensten Schilderungen seiner Leiden, und sucht sich so dauernd zum Gegenstande des Interesses der Mitwelt zu machen, wozu ihm die bei demselben so wohlfeilen Thränen trefflich zu statten kommen. Der Mann, ungleich reflectirender, als das Weib, sucht die Ursache seiner lästigen Empfindungen zu ergründen. Während das Weib nicht nach, den Ursachen seiner Schmerzen fragte, so ist dies für den Mann die Hauptsache. Er glaubt an den verschiedensten, natürlich lebensgefährlichsten Zuständen zu leiden, die populäre medicinisehe Literatur wird zur Hand genommen, und alsbald spiegelt ihm der hyperästhetische Gaumen eine larvirte Syphilis, die Algie der Kehlkopfschleimhaut eine Schwindsucht, die der Brusthaut eine Tuberkulose, die des Magens einen Magenkrebs u. s. w. vor. In beständiger Sorge um sein körperliches Wohl sucht er bei Aerzten und Nichtärzten Hülfe, wird aber, wenn die ihn belästigenden Sensationen nicht alsbald nachlassen, misstrauisch, glaubt schlecht behandelt zu werden, und wechselt deshalb ebenso schnell mit den Aerzten, als mit den Curmethoden. Der Umstand, dass die peripheren Algieen sich nicht nur auf die Haut erstrecken, sondern auch im Magen, in den Eingeweiden, in den Nieren auftreten , verleiht seinen irrigen Vorstellungen über die Natur seiner Krankheit gleichsam einen factischen Boden. Dass er dadurch in tiefe Betrübniss geräth, ruht im Character des Geschlechts. Denn der Mann verzweifelt viel früher, als ein Weib. Dieses weiss Alles zum Besten zu kehren, findet eine neue Wollust in seinen Thränen, und scheint fast befriedigt, ein reales Object für seine angeborene Schwatzhaftigkeit gefunden zu haben. Anders der Mann. Derselbe wird bei längerem Bestehen peripherer Algieen missmuthig, mürrisch, finster, doch trotzdem kommt es hier höchst selten bei diesem peripheren Leiden zur Schwermuth und zum Selbstmord.
Was man früher Hysterie und Hypochondrie nannte.
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Die periphere Algie und Anodynie
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ist nichts als periphere Algie und Anodynie. Der Umstand, dass sieh sogenannt hysterische Frauen so geduldig den qualvollsten Curen unterwerfen, die ihnen von Afterärzten und in der Diagnostik nicht heimischen Medicineru in der Voraussetzung, dass diese Frauen an schweren centralen Nervenübeln laboriren, zugerauthet werden, kommt theils auf Rechnung der cutanen Anodynie, weshalb Pustelsalben , Moxen, viel geduldiger ertragen werden, als unter andern Verhältnissen, theils auf Rechnung der ab ovo grössern Duldsamkeit des weiblichen Geschlechts. Zwar hat man die Hysterie bis auf die jüngste Zeit mit krankhaften Zuständen der Gebärmutter in Zusammenhang gebracht, und vielleicht eingedenk der Göthe'schen Worte: „Es ist der Frauen Weh und Ach so tausendfach aus einem Puncte zu curirenquot; bald bei der Hysterie pathologische Veränderungen der Sexualapparate, besonders Lagenveränderungen des Uterus, oder wohl gar einen übermässigen und unbefriedigten Geschlechtstrieb angenommen. Das Erstere ist entschieden unrichtig, denn die bedeutendsten Uteruserkrankungen, mannskopfgrosse Entartungen der Eierstöcke, kommen vor, ohne periphere Nervenkrankheiten, und wiederum die exquisitesten Fälle von diesen ohne jene anatomischen Veränderungen des Sexualapparates. Aber ebensowohl ist das Letztere zur Ehre des weiblichen Geschlechtes zurückzuweisen. Im Gegentheil ist hervorzuheben, dass in vielen Fällen sogenannter Hysterie eine complete Anodynie der Scheidenschleimhaut, sowie der übrigen weiblichen Wollustorgane besteht, weshalb sehr oft peripherisch nervenkranke Ehefrauen ihren Ehemännern den geschlechtlichen Umgang hartnäckig versagen.
Die Hypochondrie ist gleichfalls nichts als eine periphere Nervenkrankheit, und gerade das Vorkommen beim Manne beweist am Besten, wie unabhängig diese Zustände von den Verrichtungen und anatomischen Verhalten der weiblichen Sexualorgane sind.
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Von den
Erkrankungen der Eespirationsorgane.
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Die Krankheiten der Nasenhöhlen.
Anatomische Störungen.
Blutungen aus der Nasenhöhle sind bei Menschen und Thieren keineswegs seltene Zustände ; theils bestehen sie für sich, theils sind sie Theilerscheinungen allgemeiner Krankheiten (Fieber, Cachexieen) oder ander weiter örtlicher Ernährungsstörungen derNasenschleimhaut. Am Häufigsten gesellen sie sich zu einer Hyperämie der Nasen-schleimhaut, welche zu zahlreichen Berstungen von Haargefässen in der Schneider'sehen Membran führte, wie nach anstrengenden und erhitzenden Bewegungen oder im Verlaufe von Blutüberfüllungen des Gehirns, oder es waren destructive Proeesse der Nasenschleimhaut und der Unterlagen , wie verjauchende Neubildungen , Krebs in der Nasenhöhle , Verschwärungsprocesse der Nasenschleimhaut, diphtheritische Vorgänge, und bei Pferden besonders die Rotzgeschwüre. Die Grade der Nasenblutungen sind sehr verschieden. Beim Menschen sind es die sogenannten Bluter, die oft immense Mengen Blut durch Epistaxis verlieren, und dadurch nicht nur in Lebensgefahr gerathen, sondern sogar wirklich an Verblutung zu Grunde gehen. Die Blutungen aus dem rechten Nasenloche stehen zwar in keinem Zusammenhange mit den Leber- und die aus dem linken in keinem mit den Milzerkrankungen, wie die altern Aerzte behaupteten, doch das ist richtig, dass reichliche Hämorrhagieen aus der Nase sehr oft einen entlastenden Einfluss auf bestehende Erscheinungen des Hirndrucks und der Hirnreizung ausüben.
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Der acute Catarrh dor Nasenschleimhaut.
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Der acute Catarrh der Nasenschleimhaut
ist beim Menschen eine ausserordentlich häufige Krankheit. Sein Auftreten ist mitunter sogar seuchenartig und kann wohl mit Ozonreichthum der atmosphärischen Luft in Zusammenhang gebracht werden. Scharfe Ostwinde, welche um die Zeit der Aequinoctien herrschen, erzeugen eine ausserordentliche Frequenz des acuten Nasencatarrhs unter den Menschen, der sich dann gern bei einiger Intensität ^er contiyuitatem durch den Thränencanal auf die Schleimhaut der Augenbindehaut und durch die Choanon auf Hintermund, Luftröhre und die Bronchien fortpflanzt. Dabei ist Fieber vorhanden, allgemeine Abgeschlagenheit, eine Unlust zur körperlichen und geistigen Arbeit. Anfanglieh ist die Nasenschleimhaut geschwollen, schmerzhaft, das Secret ist ein spärlich wässeriges, später wird der Ausfluss consistenter, ein farbloser Schleim, welcher in der copiösesten Weise ausgeschieden wird. In zwei, drei Tagen schliesst sich der Process selbst ab. Secundär beobachten wir acute Nasencatarrhe beim Menschen besonders bei den fieberhaften Exan-themen: Masern, Scharlach, Pocken.
Bei Pferden ist der acute Catarrh der Nasenschleimhaut der sogenannte Strengel. Die grössere Bedeutung des acuten Nasencatarrhs bei Pferden hängt mit der grossen Ausdehnung der Schnei-derschen Membran , die nicht nur die colossalen Nasen- und Stirnhöhlen mit ihrem Labyrinthe, sondern auch die geräumigen Nebenhöhlen auskleidet, zusammen. Denn im Verhältniss zum Körpergewicht besitzt ein Pferd eine ungleich grössere Nasen - und Nebenhöhlenschleimhaut, als ein Mensch.
Vorzüglich werden vom Nasencatarrh jüngere und verzärtelte Pferde befallen. Der Haarwechsel scheint eine vorherrschende Disposition zu Nervencatarrhen zu begründen. Ozonreichthum der Luft bedingt hier gleichfalls ein seuchenartiges Vorkommen des Nasencatarrhs. Consecutiv ist der acute Nasencatarrh ein fast constanter Begleiter aller fieberhaften Brusterkrankungen, nicht minder combinirt er Afterbiklungen und Ulcerationen der Nasenschleimhaut.
Fieberbewegungen werden bei einiger Intensität des Zustandes kaum vermisst. Anfanglich zeigt die Nasenschleimhaut eine intensive Röthung, sie ist geschwollen, und bei der Berührung schmerzhaft. Das gelieferte Secret ist im Beginne wasserklar, später wird es schleimig, zäh, zuletzt erscheint es puriform und fliesst in Strängen (daher wohl der Name) oft stromweise zur Nase heraus. Die Schnei d er'sche Membran ist dabei nicht selten ödematös.
Der Verlauf des Zustandes beträgt 8 —14 Tage. Einge-
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Von den Erkrankungen der Respirationsorgane.
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nommenheit des Kopfes, Appetitmangel, sind meist im Beginn vorhanden. Eine Verbreitung des aeuten Nasencatarrhs auf Luftsäcke und Augenbindehaut ist hier sehr gewöhnlich.
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Der chronische Catarrh der Nasenschleimhaut
ist beim Menschen so gewöhnlich, dass es geradezu eine Ausnahme ist, wenigstens in unserm nördlichen Deutschland, einen Menschen anzutreffen, der nicht an einem habituellen Nasencatarrh niederen Grades litte, daher der Culturmensch kaum ohne Schnupftuch existi-ren kann. Höhere Grade der chronischen Entzündung der Nasenschleimhaut sind durch schwammige, schwammig-drusige Wulstungen der Schleimhaut und reichliche Production eines übelriechenden Eiters, der zuweilen zur Ulceration und cariösen Zerstörung des Nasengerüstes führt, ausgezeichnet. In andern Fällen hinferlässt sie, gleich wiederholten aeuten Entzündungen, Hypertrophie der Schleimhaut mit Secretion eines kleistrigen, glasartigen Schleims, und neben dieser Blennorrhoe eine polypöse Gewebswucherung. Diese erscheint bald als eine sich über eine grössere Strecke fortsetzende, diffuse Verdickung der Schleimhaut, zumal an den Muscheln, mit unebener Oberfläche, Entwickelung warzenartiger Protuberanzen, faltenartiger Wülste, bald als eine mehr umschriebene Wulstung, welche , gleich jenen, zu einem rundlich gestielten, keulenförmigen Tumor heranwächst. Sie besteht aus einer gallertartigen Wucher-•ung der Bindegewebsgrundlage der Schleimhaut und aus deren Drüsen, welche nicht selten durch excentrische Hypertrophie zu Cysten heranwachsen. Allmälig geht die sie constituirende Masse in fasriges Bindegewebe über, sie beengen den Raum der Nasenhöhle, verstopfen dieselbe, und kommen endlich in den Nasenöffnungen, den Choanen, zum Vorschein.
Die cat ar rhalisch e Affection der Schleimhaut der Oberkieferhöhle führt bei behindertemAbfluss gallertähn-lichen Schleimsecrets nach der Nasenhöhle, durch dessen Anhäufung zu Erweiterung desAntrum nach vorne, nach der Mundhöhle und der Orbita hin mit Verdünnung seiner Wände (Hydrops). Von Caries des Zahnfächers her kommt es häufig zu Ansammlung von Eiter in demselben und zu Perforation. Aehnliche Anhäufungen kommen mit entsprechender Erweiterung in den Stirnhöhlen vor, sie führen zuweilen zu ulceröser Perforation nach aussen, nach der Schädelhöhle mit folgender Meningitis. (E o k i t a n s k y.)
Bei Thieren wird der chronische Catarrh besonders bei Pferden angetroffen. Derselbe erzeugt hier einen chronischen Nasenausfluss, der nicht nur aus der Nasenhöhle, sondern auch aus den Stirn- und High mor s höhlen stammt. Verdickung, Bleichheit, fleckige Röthung
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Der Croup und die Diphtheritis der Nasenschleimhaut.
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der Nasenschleimhaut,- Durchzogensein derselben mit stark erweiterten Venen, Absonderung eines glasigen, puriformen oder missfarbigen Schleims sind die Erscheinungen dieses Zustandes. Sind die Luftsäcke mit erfüllt, so vermehrt sich der Nasenausfluss beim Druck auf die Ohrspeicheldrüsengegend. Der Nasenausfluss sistirt oft auf einige Wochen, um dann im verstärkten Maasse wiederzukommen. Bei längerem Bestehen entwickeln sich gar nicht selten eatarrhalische Geschwüre auf der Nasenschleimhaut, welche zur Verwechselung mit Rotz Veranlassung geben. Die Geschwüre unterscheiden sich von den Rotzgeschwüren durch die nicht infiltrirten Ränder, durch ihre Kleinheit, da sie über Linsengrösse kaum hinausgehen, und durch die mangelnde Virulenz ihres Secrets, die sich durch Impfung feststellen lässt. Gern leiten solche chronische Nasenausflüsse den Rotz ein. Bei der Section der wegen Rotzverdachts getödteten Thiere begegnet man hier Osteophytbildungen auf der Innern Fläche der Knochen des Nasengerüstes, Verdickungen der Schleimhaut, quot;Wucherungen ihres Epithelialüberzugs oft in so exquisiter Weise, besonders in den Nebenhöhlen, dass man cancroide Bildungen vor sich zu haben glaubte. Zähe oder eiterähnliche Schleimmassen zu Klumpen vereinigt werden in den Luftsäcken,, Nebenhöhlen, Stirnhöhlen angetroffen.
Beim' Schafe beobachten wir einen chronischen Catarrh der Nase und Luftwege, der hier als Schafrotz bezeichnet wird. Veredelte, schwächliche Thiere werden vorzüglich heimgesucht. Eine anhaltende nasskalte Witterung begünstigt seine Entwickelung, besonders wenn feuchte Wiesen betrieben werden müssen. Bei längerem Bestehen dieses Zustandes tritt Abmagerung und Entkräftung ein, und die Thiere unterliegen unter den Zeichen eines-cachectischen Zustandes nach Wochen oder Monaten.
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Der Croup und die Diphtheritis der Nasenschleimhaut.
DerNasencroup war als selbstständige Krankheit noch bis vor wenig Jahren beim Menschen, wenigstens in Deutschland, kaum gekannt. Vergesellschaftet mit Diphtheritis des Hintermundes hat er in seuchenartiger Ausbreitung uns wiederholt heimgesucht. Da der Process hier in der Regel vom Hintermunde ausgeht, und durch die Choanen auf die Nasenschleimhaut vorschreitet, so wird der Nasencroup am Passendsten an jener Stelle abgehandelt.
Bei Pferden beobachten wir eine Follikularverschwär-u n g auf der Nasenschleimhaut bei der gutartigen Druse, bei sehr heftigem Strengel, wie bereits erwähnt. Hierbei sieht die Nasen-
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Schleimhaut aus, als wäre sie mit Wassergries besät. Diese Körner sind keinesfalls als Tuberkeln, als Neubildungen aufzufassen, sondern sie gehen aus einer Schwellung normaler Gewebstheile, durch eine vermehrte Aufnahme von Material derselben hervor. Später trüben sie sich, werden gelblich, zerfliessen an ihrer Spitze und stellen so verschieden grosse Geschwüre dar, die mit einer ihrem Grunde völlig adhärenten, gelben, festen Faserstofi'lage bedeckt sind. Die Umgebung ist stark hyperämiseh und geschwollen. In vielen Fällen bieten die Nasenräuder, die Oberfläche der Vorderlippe eine analoge Verschwärung dar. Die einzelnen Geschwüre stehen hier oft so dicht, dass dieselben ausgedehnten diphtheritischen Geschwüren gleichen. Lymphdrüsenentzündungen der Nachbarschaft fehlen fast nie. Die Heilung gesdfliieht in der Art, dass die Ränder der Faserstoffplatten puriform schmelzen, der biosgelegte Geschwürsgrund reinigt sich, bedeckt sich mit einer zarten Epithellage, und so erfolgt die Heilung von der Peripherie aus, die spätestens innerhalb vier Wochen bei allen Geschwüren vollendet ist.
Bisweilen entwickelt sich derNasencroup bei Pferden in andrer Weise. Die Nasenscheidewand, die Muscheln sind mit ausgedehnten graulichgelben Croupmembranen bedeckt, die sich nur schwer abtrennen lassen, und nach ihrer Entfernung eine ihres Epithels beraubte, hochgeröthete, leicht blutende Schleimhaut darbieten. Unter günstigen Verhältnissen erfolgt auch hier Heilung von der Peripherie aus, indem unter puriformer Schmelzung des aufsitzenden Theils der Exsudatplatten ein Lostrennen und Abstossen dieser geschieht. Der zurückbleibende Substanzverlust, vulgo Geschwür, heilt allmälig, indem die Hyperämie verschwindet, und eine reichliche eitrige Absonderung durch Bindegewebsbildung ausgelöst wird.
Die äussern Zeichen diesesZustandes sind: ein eitrigerNasen-ausfluss, der Croupfetzen enthält, Nasenblutungen, ein schnaufendes Athmen, Fieberbewegungen mit Depressionszuständen, Lymphgefäss-entzündungen der Vorderlippen, Backen und Ganaschen, und Vereiterungen der Kehlganwsdrüsen.
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Der acute Rotz
ist nur ein höherer Grad des Nasencroups nach Mo ritz Ro eil. Er befällt bald gesunde Thiere, bald solche , die an langeiternden Wunden, an Knochencaries leiden, oder er gesellt sich zum Knöt-chenrotz der Nase und der Haut. Ueberhaupt scheint der acute Rotz keine andre Bedeutung zu haben, als die vielfach bei pyämischen und ichorrhämischen Zuständen beobachteten diphtheritischen Vorgänge auf der äussern Haut und den Schleimhäuten, und so würde der acute Rotz in gleiche Reihe mit dem Puerperalgeschwür der
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Der acute Rotz.
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Scheide und des. Dammes , mit dem Rachen- und Nasencroup , mit der Diptheritis des Dünn- und Dickdarms, welche so vielfach bei Pyämie ausserhalb und innerhalb des Puerperiums beobachtet wurden, zu stellen sein. Daher ist es sehr naheliegend zu behaupten, dass zwar die Möglichkeit bestehe, dass sich der acute Rotz zum chronischen Knötchenrotz gesellt, nicht aber dieser zu jenem. Dass die Producte des acuten Rotzes ansteckend sind, ist schon a priori anzunehmen, da allen diphtheritischen Producten eine nicht zu leugnende Virulenz immanent ist. Zu erwähnen ist, dass zwischen Croup undDiphtheritis eigentlich nur ein Grad- und wenn man will ein Zeitunterschied besteht. So lange die Schleimhautentzündung ein Product liefert, welches nur auf der Oberfläche der Mucosa erscheint und zu einer Membran gerinnt, so nennt man den Zustand Croup; sowie aber die Croupmembran zerfliesst und zu einem partiellen oder totalen Untergange seiner Unterlage führt, so wird der Zustand im erstem Falle diphtheritisch, im zweiten Falle aphthös genannt. Die Arrosion der Matrix wird durch das Eindringen des Exsudats in deren Substanz vermittelt, welche beim Zerflieésen des Exsudats mit zerfallt. Von jeder weitläufigem Discussion muss ich hier absehen, da mir der Raum gebricht. Ich erwähne nur das Herkömmliche und Gebräuchliche, um nicht missverstanden zu werden. Denn jene Namen sind unschuldige Dinge, die, sie mögen noch so unglücklich gewählt sein, die Wissenschaft niemals in ihrer Ent-wickeliing aufhalten. Es handelt sich hier immer nur um das Feststellen der Begriffe, welche wir jenen Namen unterzulegen pflegen.
Der Verlauf des acuten Rotzes ist höchst acut. Nach einer kurzen Incubationszeit, wenn keine Selbstentwickelung vorlag, wird das Thier von heftigem Fieber befallen, die Nasenschleirnhaut schwillt entzündlich und bedeckt sich mit ausgedehnten, unregel-mässigen, dicken Faserstofflagen , unter welchen die Schleimhaut starr infiltrirt ist. Der Nasenausfluss ist eitrig blutig, discrete Faserstofflagen confluiren und stellen dann ausgedehnte Croup-membranen dar. Eine entzündliche Anschwollung der Kehlgangs-drüsen hält auf der entsprechenden Seife mit der Intensität des Processes gleichen Schritt. AVäre nur die Schleimhaut an ihrer Oberfläche, wie in den vorhin laquo;roschilderten Formen des Nasencroups, mit Fasersloff'membran bedeckt, und betheiligte sich die Schleimhaut nur wie dort in Form einer Hyperämie, so würde der Process hier gerade in den meisten Fällen so günstig verlaufen wie dort. Doch der Umstand, dass die Schleimhaut selbst starr infiltrirt ist, verleiht dem Process seine Bösartigkeit. Denn jene faserstoffige Infiltration des Schleimhautgewebes erzeugt eine anämische Nekroso, und deshalb stirbt es so rasch in seiner ganzen Dicke zu einer gelblichen.
Gleisberg, vergleicbeude Patholugie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 21
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blutig tingirten, grünlichen Masse ab. Der zurückbleibende Snb-stanzverlust ist die hyperamische , buchtige, wuchernde Submucosa. Aehnliche Vorgänge kommen hier auf der Kehlkopfschleimhaut vor, die dann meist secundär ein Glottisödem erzeugen. Entzündliche Oedeme des Unterhautzellgewebes des Gesichts vergesellschaften sich oft mit diesem Zustand. Das Fieber hält gleichen Schritt mit den geschilderten Vorgängen. Das Athmen ist schnaufend, ausser-ordentiich erschwert, bauchschlägig. Die physikalische Exploration der Brust ergiebt die Zeichen des Catarrhs, der Pleuritis, der Pneumonic. Es entwickeln sich entzündlich ödematöse Anschwellungen der Extremitäten, am Unterbauch und der Unterbrust, die sich sehr oft wie kleinere , eircumscriptere, entzündliche Hautknoten , welche sich bald da, bald dort entwickeln, öffnen und eine missfarbige, purulento Masse entleeren. Uebelriechende Durchfälle treten oft ein. Der Tod erfolgt innerhalb 8— 10 Tagen.
Die Sectionserscheinungen erweisen die ausgedehntosten Verschwärungen der Nascnschleimhaut bis zur Bloslegung der Knochen, Durchbohrung äeaseptwn narmm. Stirn- und Nebenhöhlen sind von einerzitternden Gallerte erfüllt, ihre Schleimhaut geschwollen und hyperämisch, auf der Kehlkopfschleimhaut diphtheritische Geschwüre , die Submukosa ödematös. Die Lungen enthalten bald ausgedehntere pneumonische Infiltrationen, besonders an ihren Spitzen, fast nie fehlen die lobulären keilförmigen Heerde in grosser Zahl, wrie sie bei der Pyämie angetroffen werden. Die Milz ist hyperämisch. Sie und die Leber bieten ebenfalls keilförmige Ent-zündungsheorde dar. Das Unterhautbindegewebe ist in grosser Ausdehnung mit einer zitternden Gallerte (ein viel Serum ein-schliessendes Faserstoff'coagulura, entzündliches Ocdem) infiltrirt. Die Kehlgangsdrüsen sind oft vereitert, die Dickdarmschloimhaut ist meist Sitz eines entzündlichen Catarrhs, oder, wenn fötide Durchfälle bestanden, der Follikularverschwärungen oder des dysenterischen Processes.
Trau tv etter hatte Gelegenheit, vor wonig Tagen ein Pferd zu untersuchen, was angeblich an Blatteldruse litt. Seine Untersuchung ergab aber, dass das Thier in exquisiter Weise an acutem Rotz litt, und deshalb wurde seine Tödtung veranlasse Die Section ergab: die Nasenseheidewand beider Seiten, die Nasenmuscheln, die Nebenhöhlen mit fingerdickhohen Faserstofflagen bedeckt. Nach Entfernung dieser Fibringerinnscl, die stellenweise die Nasenhöhlen ganz verstopften, und die ausserordenllich morsch waren, zeigte die Schleimhaut grosse, unregelmässig buchtige, blutende Substanzverluste , die stellenweise sogar den Knorpel der Nasenscheidewand blosgelegt hatten. Aliquote Theile des Nasenknorpels waren nekro-tiseh, und Hessen sich mit dem Skalpelstiel leicht herausstossen. Die
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Der Nasencroup der Rinder.
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Nasenmnscheln an verschiedenen Stellen cariös und nekrotisch. An der Basis der linken Lunge eine ausgedehnte Rotzinfiltration) die genau das Bild eines frischen, gallertartigen Tuberkelinflltrats der Lunge wiedergab. Sie bestand genau wie dieses aus einem massenhaften synoviaartigen Infiltrate der nicht blutreichen Lunge. — Der acute Rotz war im gegebenen Falle das Product einer Ansteckung durch ein an Lungenknötchenrotz leidendes Pferd.
Der Nasencroup der Rinder
wird unter dem Namen der sogenannten Kopfkrankheit aufgeführt. Das Rind hat in Folge seiner so geräumigen Nasen- und Stirnhöhlen gleichsam eine natürliche Prädisposition zu diesem Zustande. Er besteht nicht nur in einer croupösen und diphtheritisehen Entzündung der Nasen- und Stirnhöhlenschleimhaut und der Auskleidung des Hornzapfens (processus 'pro cornu), sondern der Vorgang pflanzt sich, wie ein von Baum gart beobachteter Fall lehrte, durch die Luftröhre bis in die Bronchien fort. Die Croupfefzen, welche ausgeworfen werden, sind meist von bedeutender Grosse, fest, von gelber Farbe. Baum gart beobachtete 4 — 6quot; lange, un-regclmässige und 2 — 3 quot; breite Faserstoffgerinnsel. Nach ihrem Abstossen bleiben grosse blutende Geschvviirsflächen auf der Schleimhaut zurück. Die Betheiligung der Auskleidung des Hornzapfens führt zu einem Lockerwerden der Hörner, selbst zum Verlust derselben. Der Verlauf der Krankheit ist wohl in allen Fällen ein sehr rascher. Unter den Erscheinungen eines adynamischen Fiebers erfolgt innerhalb weniger Tage der Tod. Nur in sehr seltenen Fällen tritt unter Nachlass der Fiebererscheinungen innerhalb 2—3 Wochen Wiedergenesung ein. Das Athmen zeigt sich hierbei sehr erschwert, ist schnaufend, rasselnd. Auf derMaulschleimhaut bilden sich mitunter gleichfalls diphtheritische und aphthöse Geschwüre. Die Fresslust liegt darnieder, gleichfalls das Wiederkauen. Bald ist Verstopfung, bald Durchlall vorhanden. Die Thiere fallen rasch vom Fleische. Der Tod erfolgt entweder durch Erstickung, oder unter den höchsten Graden der Erschöpfung im soporösen Zustande. Durch diphtheritische Entzündung auf der Fleischsohle der Klauen vermittelt hat man in einigen Fällen Ausschuhen beobachtet. Entzündungen der durchsichtigen Hornhaut, Trübung derselben und Bildung eines Hypopions ist ebenfalls hier angetroffen worden.
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Die Ozaena des Menschen.
Ulcerose Zerstörung der Schleimhaut der Nasenhöhle, der Knorpel, Caries und Nekrose der knöchernen Nase, liegen der Ozaena des Menschen zu Grunde, verlaufen mit eitrig-blutigen Nasenausflüssen , und kommen häufig bei jungen, scrophulösen Individuen, bei der syphilitischen Entzündung der Nasenschleim haut und beim lupus easedens vor. Ausgebreitete Verjauchungen führen wie beim Rotz unter reichlicher Ecchymosirung entstandenlaquo; pustelartige Eiterheerde herbei.
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Bei Schweinen beobachten wir eine Entzündung der Nasenschleimhaut und der Beinhaut der Nasenhöhlenknochen, mit einer entzündlichen Hyperostose und nachfolgender Knochenerweichung. Durch diese Zustände wird eine bedeutende Schwellung der Nasenwände fast bis zum Verschluss der Nasenhöhle gesetzt, wodurch ein schnüffelndes, schnarchendes Athmen der Thiere erzeugt wird, welchem Umstand diese Krankheit denNamen S chnuf f elkran k-heit der Schweine verdankt. Durch die Knochenauftreibung wird die Nase der Schweine unförmig, missgostaltet, schief, die Nahrungsaufnahme wird erschwert, und so gehen die Thiere, wenn sie nicht früher geschlachtet werden, an Abzehrung zu Grunde. Bisweilen Stollen sich Blutungen aus der Nase ein, denen man sogar eine kritische Bedeutung zugeschrieben hat.
Neubildungen in der Nasenhöhle
sind beim Menschen nicht selten. Wenn sie gutartig sind, unter der Schleimhaut sitzen, und dieselbe blasenartig hervortreiben, erhalten sie den Namen Polypen. Je nach dor Beschaffenheit der Neubildung, die rcgolmässig vom submukösen Zollstoff ausgeht. wird der Polyp bald als fibröser, bald als sarkomatöser, bald, wo eine Cystenbildung ihm zu Grunde liegt, als Blasenpolyp aufgeführt. Auf der Schleimhaut der Slirn- und High mors höhlen der Pferde beobachten wir, besonders wenn dieselben an chronischen Catarrhon litten, oft hanfkorn- bis erbsen-, selbst bis wallnv.ssgrosse Wucherungen, die bald weich sind, und dann aus einem zarton Bindegewebe gebildet werden, welches in seinen Hohlräumen eire gallertartige Flüssigkeit birgt, bald sind sie von festerer Consistenz und zeigen dann eine den festen Uterus- und Beinhautfibroidon analoge Textur. Grössore, gelappte Sarkome wurden von Reell zweimal auf der Nasenschlcimhaut der Pferde beobachtet.
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Neubildungen in der Nasenhöhle. Parasiten.
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Fettgesch wülste gehen entweder von der Schleimhaut der Scheidewand, oder von jenen der Stirn- undHighmorshöhlenaus.
Enostosen auf den Knochen des Nasengerüstes der Pferde sowie Osteophyten sind nicht selten.
Das Vorkommen des Rotzknötchens auf der Nasensehleim-haut ist bereits oben bei den Inféctionskrankheiten abgehandelt.
Der Krebs der Nase ist beim Menschen meist Cancroid und geht von der Gesichtshaut aus, erst späterNasengeriist und Schleimhaut befallend. In der Nasenhöhle des Pferdes habe ich mit Trautvetter einen Markschwamm beobachtet, der eine, eine Doppolmannslaust grosse Masse darstellte, von den Knochen der rechten Higlnnorshohle ausging, die rechte Nasenhöhle ganz verstopfte und das septum narium so nach links herüberdrängte, dass das Thier kaum durch die linke Nasenhöhle genügend Luft bekam. Deshalb wurde das Thier getödtet und die Section ergab ein ence-phaloides Carcinom von circa 2 Pfund Gewicht und obenerwähnter Grosse, das auf der Schnittfläche reichlich Krebsmilch auspressen liess. In den Lungen fanden sich secundäre Krebsknoten in grosser Zahl, doch nicht über Bohnengrösse vor.
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Von Parasiten
treffen wir in den Stirn- und High morshöhlen der Schafe die Schaf-bremse. In grosser Zahl werden von Schleim umhüllt in diesen Höhlen zahlreiche lebende Bremsenlarven angetroffen. Die Schleimhautist entzündet, von Blutextravasaten durchzogen. Mitunter findet man gleichzeitig Meningalhyperämie. Die Thiere bemühen sich durch Nicssen und Ausbrausen ihrer Schmarotzer sich zu entledigen. Sie schütteln mit dem Kopfe, schleudern ihn von einer Seite zur andern , reiben die Nase an festen Gegenständen , taumeln hin und her etc. Bisweilen gelingt es den Schafen, die Larven auszuwerfen, und dann ist das Wohlbefinden des Thieres völlig hergestellt. Gelingt es nicht, so lassen die Thiere vom Fressen nach, das Wiederkäuen unterbleibt, es treten Reflexkrämpfe ein, die Thiere magern rasch ab, und unter grossen Qualen erfolgt der Tod innerhalb einer Woche durch Erschöpfung.
Von Eingeweidewürmern kommt das bandwurmähnliche Fünfloch (pentastomum taeniotdes) in den Stirn- und Nebenhöhlen des Pferdes, Maulthieres, Hundes und Schafes vor.
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Functionelle Störungen.
Hierhin sind jene Veränderungen des Geruchssinns und dessen complete Aufhebung zu zählen, die bald mit intensiveren anatomischen Störungen der Nasenschleimhaut zusammenfallen, bald ohne diese bestehen. Hallucinationen im Geruchssinn treten oft bei Seelenstörungen auf, und erzeugen entsprechende Wahnvorstellungen.
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Die Krankheiten des Kehlkopfs und der Luftröhre.
Anatomische Störungen.
Blutungen
sind ohne gleichzeitige Hämorrhagieen aus den Bronchien und aus dem Lungenparenchym immerhin seltene Zustände, und werden, wenn sie vorkommen, meist durch ulcerative Processe, wie durch tuberkulöse, typhöse, diphthoritische und aphthöse Geschwüre veranlasse Die Blutung ist entweder eine freie, oder sie erfolgt in das Gewebe der Schleimhaut (Ecchymosenbildung). Im erstem Falle wird ein nicht schaumiges Blut durch Husten entweder für sich, oder mit Schleim und Eiter gemengt entleert.
Der Catarrh der Kehlkopf- und Luftröhren-schleimhaut
ist beim Menschen bald für sich, bald in Verbindung mit mider-weiten catarrhalischen Affectionen der Luftwege ein sehr häufiger Zustand. Er ist bald acut, bald chronisch.
Beim acuten Catarrh zeigt die Schleimhaut nicht immer jene Röthung, die wir sonst bei acuten Catarrhen antreffen. Es mag dies wohl mit dem Reichthum der Kehlkopfschleimhaut an elastischen Fasern zusammenhängen, welche während des Lebens durch den Seitendruck, den der Blutstrom erzeugt, auseinander gehalten werden, sich nach dem Tode aber cojitrahiren und so das Blut wieder ans den Capillaren heraustreiben. Oft begegnen wir liier einer durch Ecchymosen erzeugten fleckigen Röthe. Die Flimmer-zellen sind meist abgestossen, das Secret ist nur seh wacli getrübt und enthält einkörnige Zellen, sowie losgestossene junge Epithe-lialzellen. Die Schleimhaut ist geschwollen , feucht, aufgelockert.
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Der Catarrh der Kehlkopf- und Luftrührenschleimhaut.
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Die Submucosa ist nur La den seltensten Fällen Sitz einer serösen Exsudation. Zuweilen beobachtet man flache, unregelmässige Substanzverluste, sogenannte eatarrhalische Geschwüre.
Beim chronischen Catarrh ist die Schleimhaut dunkel gefärbt, schmutzig braunroth oder bräunlich, schwärzlich , durch Pigmenti-rung erzeugt. Die G-efässs sind erweitert, mit Blut überfüllt, die Schleimhaut hat ihre Elasticität eingebüsst, ist aufgelockert, verdickt, hypertrophisch. Die Oberfläche erscheint uneben und in Folge der Anschwellung der zahllosen kloinen Schleimfollikel gra-nulirt. Bald treffen wir sie mit einem glasigen Schleim, bald mit eitrigem Secrete bedeckt. Bei längerem Bestehen der Krankheit fimien wir: chronische, eatarrhalische Geschwüre, die theils nur seichte Substanzverluste der ihres Epithelialüberzugs entblössten Schleimhaut darstellen, welche bald rundlich, streifig, bald ausgedehnt, unregelmässig sind, theils sind es kraterformige Geschwüre von anregelmassiger, runder Gestalt, die durch Berstungen einzelner angeschwollener Schleimdrüsen entstanden sind. Die erstem sind die sogenannten catarrhalischen Errosionen, die letztern die folli-knlären Geschwüre. Diese dringen oft in die Tiefe und können sogar Erkrankungen der Kehlkopfsknorpel nach sich ziehen. Ferner treffen wir in einzelnen Fällen nach längerem Bestehen des chronischen Catarrhs polypöso Wucherungen, die entweder als Papillar-geschwülste auftreten und durch eine wuchernde Bildung der Flimmerepithelion zu Stande kommen, oder wahre Schleimpolypen, nämlich partielle Hypertrophieeu der Schleimhaut und Hervortreibung derselben durch eine seröse oder colloide Flüssigkeit darstellen. Sie sind bald gestielt, bald sitzen sie mit breiterer Basis auf. Ihre Grosse schwankt zwischen der eines Stecknadelkopfs und der einer Hasolnuss-. Endlich Verdickungen und Indurationen des submukö-sen Gewebes, Umwandlung desselben in eine speckig fibröse Masse, durch welche der Larynx oft beträchtlich verengt, die Stimmbänder starr und unbeweglich werden.
Die äusseren Zeichen des acuten Kehlkopfcatarrhs sind folgende : Meist mangelndos Fieber, Gefühl von Kitzeln, was sich bis zu dem des Brennens oder Wnndseins im Halse, das durch Sprechen und Huston vermehrt wird, steigern kann. Eine tiefere, unreine, heisere, endlich selbst klanglos werdende Stimme. Heftige Hustenanfällo, bei welchen zuweilen die Glottismuskeln in eine so bedeutende Spannung versetzt werden, dass die Luft bei der Inspiration nur langsam mit pfeifendem Geräusch durch die Glottis eindringt, während die Exspirationsstösse, welche auf die tönende Inspiration folgen , nur momentan die verengerte Glottis zu öffnen im Stande sind, so dass kurz abgesetzte, schallende Hustonstösse entstehen. Durch dieses mühsame Laryngalathmen wird der Blut-
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lauf in den Lungen gestört, namentlich gilt das für den Husten-paroxysmus selbst, wobei das Gesicht hochroth, cyanotisch wird. Durch die Verdickung der Stimmbänder wird auch der Ton des Hustens rauh und heiser, auf der Höhe des Paroxysmus wird derselbe bellend, hin und wieder quiekend, pfeifend. Der Auswurf ist sparsam, im Anfang fehlt er ganz, er ist rein glasig, sehleimig, später wird er, indem Eiterkörperchen in ihm auftreten, eiterähnlich. Ausserhalb der Hustenparoxysmen ist keine Dispnoü vorhanden, nicht einmal bei dem Laryngalcatarrh der Kinder, trotzdem, dass bei diesen die Glottis nur einen schmalen Spalt bildet. Bei Kindern, die den Tag über gehustet haben und heiser gewesen sind, treten oft in der Nacht heftige Stickanfälle ein. Dieselben können entweder als Reflexkrämpfe der Stimmritzmuskeln durch den acuten Catarrh erregt gedeutet werden, und würden demnach in einer Reihe mit dem laryngisrnns stridulus stehen, oder es handelt sich hier um eine Ansammlung des Secrets in der Glottis, vielleicht um ein Eintrocknen desselben und Verklebung der Stimmritze, die jene plötzliche Dispnoë veranlasst. Diese Zustände werden oft mit Croup verwechselt. Dieselben sind aber sehr unschuldiglaquo;-Natur; denn nachdem das Kind einigemal gehustet oder gebrochen hat, verlieren sich innerhalb 1 — 2 Stunden das pfeifende Athmen und die Dispnoë.
Meist nach wenig Tagen schwindet beim acuten Kehlkopf-catarrh die Empfindlichkeit des Kehlkopfs, die Heiserkeit und der Husten, und die Krankheit endet nach 6—8 Tagen mit vollständiger Genesung. Bisweilen zieht sich ^lie Krankheit mehrere Wochen lang hin, wobei während des Tages Heiserkeit, in den Morgen-und Abendstunden aber heftige Hustenanfälle bestehen. Auch hier verliert sich die Krankheit in der Regel plötzlich. Treten Recidive ein, so wird der Catarrh gern chronisch. Ein Ausgang in Tod ohne Complication mit tuberkulösen, diphtheritischen etc. Geschwüren ist nie beobachtet worden.
Beim chronischen Catarrh mangelt die krankhafte Empfindlichkeit des Kehlkopfs. Dagegen ruft die Hypertrophie der Schleimhaut und die anhaltende Verdickung der Stimmbänder eine dauernde Veränderung der Stimme, eine tiefe, rauhe, heisere Sprache hervor. Diese Veränderung der Stimme ist bei chronischem Kehlkopf catarrh in vielen Fällen das alleinige Zeichen seiner Anwesenheit. Inter-currirende Reizungen machen die Kranken oft auf einige Zeit stimmlos. Hin und wieder tritt Husten auf. Derselbe hat einen rauhen, bellenden Ton. Sind wuchernde Neubildungen zugegen, so ist namentlich die Inspiration und Exspiration pfeifend. Die Anwesenheit catarrhalischer Kehlkopfgeschwüre, papillärer und poly-pöser Wucherungen, wie Verdickungen und Verdichtungen des
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Der Catarrh der Kehlkopf- und Luftrührenschleimhant.
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submnkösen Gewebes , kann nur durch die laryngoscopischo Untersuchung bis zur Evidenz festgestellt werden. Vermuthet können diese Zustände werden bei einer langen Dauer dos üebels, bei analogen Processen auf der Eachenschleimhaut (Ulceration und Narben auf der Rachenschleimhaut, besonders nach constitutioneller Syphilis), bei Schlingbeschwerden, bei langgezogener, mühsamer, pfeifender Respiration, bei completer Aphonie.
Gesellen sich zu den Zeichen eines chronischen Kehlkopf-catarrhs Abmagerung, Blutarmuth und Nachtschweisse, so ist der begründetste Verdacht auf Kehlkopftuberkulose zu hegen , da eine catarrhalische Kehlkopfphthise zu den grössten Seltenheiten gehört.
Der Verlauf des chronischen Kehlkopfcatarrhs pflegt immer ein sehr langwieriger zu sein, und nur in den seltensten Fällen tritt vollkommene Wiedergenesung ein. Recidive sind häufig.
Der acute Kehlkopfcatarrh ist bei allen unsern Haussäuge-thieren vielfach beobachtet, bald als selbstständiges Leiden, bald auch hier in Verbindung mit Nasen- undHalscatarrhen, mit Lungenentzündungen, fieberhaften Ausschlägen. Am idiopathischen Kehlkopfcatarrh stirbt ebensowenig ein Thier, als ein Mensch, und man hat deshalb nur den anderweite Erkrankungen der Luftwege oder fieberhafte Infectionskrankheiton begleitenden consensuellen Kehlkopfcatarrh an der Leiche zu beobachten Gelegenheit. Die Sections-ergebnisse sind begreiflicherweise ganz dieselben, wie sie beim Menschen oben bezeichnet sind. Die äusseren Symptome sind: Selten Fieber, Schmerzhaftigkeit der Kehlkopfsgegend, rauher, abgebrochener Husten , Schlingbeschwerden und die Symptome des Nasen - Bronchialcatarrhs, starke Rasselgeräusche im Kehlkopf und Trachea, schleimiger, später eiterähnlicher Auswurf. Die nicht •omplicirtè Krankheit endet innerhalb kurzer Zeit mit Genesung.
Der chronische Catarrh entwickelt sich bei Thieren gleichfalls aus dem acuten, auch ist er der Begleiter des chronischen Bronchialcatarrhs sowie verschiedener Neubildungen auf der Schleimhaut des Kehlkopfs. Die anatomische Untersuchung ergiebt hier genau dasselbe Resultat wie beim Menschen: Verdickung der Schleimhaut, dunkle Pigmentirung derselben, follikularo Hypertrophie, follikulare Verschwärung, papillare und polypöse Wucherungen, Luftröhrendivertikel, die aus enorm hypertrophirten Schleimhaut-follikeln hervorgingen.
Die Symptome sind: Empfindlichkeit des Kehlkopfs, bellender, krächzender Husten und pfeifendes , keuchendes, ächzendes Athmen bei der Bewegung (Pfeiferdarnpf).
Der Verlauf ist sehr langwierig, Genesung ist sehr selten.
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Der Croup des Kehlkopfs.
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Der Croup des Menschen.
Wie schon oben erörtert, ist Croup jene irritative Ernährungsstörung, bei welcher ein faserstoffreiches, schnell gerinnendes Product auf der freien Fläche der Schleimhäute sich bildet, welches in seinen Maschenräumen Epithelialzellen einschliesst. Stösst sich die so gebildete Croupmembran ab, so regeneriren sich die Epithelien schnell, es bleibt kein Substanzverlust auf der Schleimhaut zurück, weshalb er auch keine Narbe hinterlässt, und dies unterscheidet den Croup genügend von den Diphthnriten. Denn diese, so ähnlich sie auch ursprünglich der croupösen Entzündung sein mögen, bestehen in einer Faserstoffbildung, welche nicht nur auf der freien Oberfläche der Schleimhaut auftritt, sondern auch die Substanz der Schleimhaut selbst infiltrirt, daher bei der grossen Neigung zum Zerfall des gesetzten Faserstoffproductes die bedeutendsten Substanzverluste nicht ausbleiben können.
Der Croup ist auf der Respirationsschleimhaut abwärts von der rima glottidis gewöhnlich, die Diphtheritis dagegen hier sehr selten und dann gewöhnlich als seeundäres Leiden im Verlaufe bösartiger In-fectionsfieber (Masern, Pocken, Typhus, Scharlach). Eigenthümlich ist das Verhalten, dass der Croup Kehlkopf und Trachea so häufig im Kindesalter befällt, während die croupöse Pneumonie, ein wahrer Croup der Alveolen, hier so selten ist, dagegen eine der häufigsten Erkrankungen bei Erwachsenen darstellt, welche dagegen eine fast complete Immunität für Laryngal - und Trachoalcroup besitzen. Die grösste Disposition für den Croup fällt zwischen das 2. und 7. Jahr. Knaben laquo;'kranken häufiger, als Mädchen. Gutgerährte Kinder zeigen keine vorherrschende Disposition, im Gegeatheil scheint es, als ob anämische, scrophulöse Kinder häufiger von Croup befallen würden, als jene. Kinder gewisser Familien, in denen Hy-drocephalus und Lungentuberkulose heimisch sind, sind besonders von Croup bedroht. Nach dem Verschwinden eines scrophulösen Ausschlags sieht man oft Croup auftreten. Im Norden und besonders in Flussthälern ist der Croup endemisch, im Süden ist er ungleich seltener. Die Gelegenheitsursachen des Croup sind nicht zu ermitteln.
Der anatomische Befund: Selten trifft man hier Röthung der Schleimhaut. Es scheint dies, wie oben bereits erörtert, mit der Anwesenheit elastischer Fasern auf der Kehlkopfsschleimhaut zusammenzuhängen. In der Regel ist die Schleimhaut ihres Epithels be-
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raubt, geschwollen und aufgelockert, selbst die Kehlkopfmuskeln sind bleich und serös durchfeuchtet. Sehr häufig, aber doch nicht iimner, findet man die Kehlkopfschleimhaut mit dem croupösen Exsudat bedeckt. Dasselbs zeigt bald die Consistenz eines klebrigen Kahms, bald bildet es compacte, zähe Häute, bald kleidet es den Kehlkopf als ein zusammenhängendes, hautartiges Gerinnsel aus, #9632;welches sich bis in die Trachea und Bronchien fortsetzt, röhrenförmig und verästelt ist, bald begegnen wir nur kleineren Exsudat-platten, die hier und da derSchleiinbaut aufsitzen. Diese Afterhäute haben oft einige Linien im Durchmesser und sind blutstreifig. Eine nachfolgende seröse Transsudation bewirkt das Abstossen des Exsudats in Form zusammenhängender Röhren und Häute, oder als Fetzen und Flocken. Bei dem so ausserordentlich seitonen günstigen Verlauf wird hier das Epithelium regenerirt, und so kehrt die Kohlkopfschleimhaut zur Norm zurück. In andern Fällen folgt auf die Genesung die Bildung einer neuen Exsudation, und so kann sich der Vorgang wiederholen, bis dass endlich Tod oder Gesundheit eintritt. Häufig ist eine Complication mit Rachencroup vorhanden. Treffen wir nach dem Tode kein Croupgerinnsel an, so bleibt uns nur die Annahme, dass das Gerinnsel entweder vor dem Tode ausgeworfen, oder nur ein flüssiges Exsudat gesetzt ward, was violleicht Bradyfibrin enthielt, dem der schnell eintretende Tod die Gelegenheit benahm, endlich zu gerinnen.
Unter den anderweiton Veränderungen, die sich nicht direct auf den Larynx bezichen, finden wir in der Croupleiche Blutüber-ruilung der Bronchialschleimhaut, Croupgerinnsel bis in die feinsten Verzweigungen der Bronchien, welche ausgeworfen einem Ausguss des Bronchialbaumos gleichen, pneumoiiische Heerde und bisweilen ein purifonnes Exsudat, das beide Bronchialbäume strotzend erfüllt, und eine Unsumme grösserer und kleinerer Croupfetzen sus-pendirt enthält.
Die Zeichen des Croups:
Obwohl ich eine grosse Anzahl von Kindern an Croup behandelt habe, so vermag ich doch nichts über seine Vorboten mit-zutheilen. In der Regel begann die Krankheit in der Nacht plötzlich und unerwartet, indem den Tag zuvor auch nicht eine Spur von Krankheit zugegen war. Die Kinder erwachten plötzlich aus dem Schlafe mit rauher, heiserer, klangloser Stimme, mit rauhem, bellendem Husten. Es währt nicht lange, so werden die Kinder vollkommen aphonisch. Mau sieht sie, aber hört sie nie sprechen. Dazu gesellt sich alsbald ein hohes, keuchendes Athmen, was bei der In- wie Exspiration tönend ist, und eine bedeutende Dispnoë, die periodisch sich bis zur quälenden Erstickungsnoth steigert. Die Respiration ist ausserordentlich mühsam. Sichtlich strengt sich das
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Kind bei der Inspiration an, denn alle Hülf'smiiskeln, welche den Thorax bekleiden, befinden sich in Action. Trotz des mühsamen Einathmens wird dennoch die Luft nur langsam durch die verengte Stimmritze hindurch geführt. Die Athemzüge sind gedehnt und langgezogen und verbinden sich mit jenem oben erwähnten äusserst characteristischen pfeifenden Geräusche. Das Exspirium ist gleichfalls pfeifend und geschieht unter starker Betheilignng der Bauchpresse. Die Angst des Kindes erreicht einen sehr hohen Grad, es wirft sich im Bett hin und her, das Gesicht drückt die höchsten Grade der Verzweiflung aus, die Stirne ist mit triefendem Schweisse bedeckt. Mitunter springen die armen, gequälten Kinderchen in einem Stickanfalle aus dem Bett, greifen nach dem Halse, zerren an der Zunge etc.
Diese jetzt geschilderten Zeichen werden zweifellos durch eine Laryngostenose vermittelt. Die Erklärung wäre nun einfach die, dass die Crouphäute die glottis rcspi'ratoria entweder theilweise, oder vorübergehend gänzlich verstopften, und so die quälende Dis-pnoë unterhielten. Doch wie schon oben erörtert, fehlen gar nicht so selten die Croupmembranen in der Croupleiche. Die Erklärung muss deshalb anders lauten. Wie z. B. die Entzündung der Magen-und Darmschleimhaut, die Entzündung des Peritonäums zu einer Lähmung des Mnskularis dos Darms und in Folge dessen zum Me-toorismus führt, so erzeugt auch die croupöse Entzündung der Kelil-kopfschleimhaut eine Lähmung der unter ihr gelegenen Kehlkopf-muskeln. Dass aber wirklich eine Lähmung der Stimmritzmuskeln die höchsten Grade einer Laryngostenose zu erzeugen vermag, davon überzeugte ich mich bei einem Pferde in der Prinz'sehen Klinik, dessen beide Carotiden experimenü catena unterbunden wurden. Sowie beide Ligaturen lagen, atlunete das Pferd genau mit jenem quiekenden, pfeifenden Inspirationsgeräusche, welches dem Krähen junger Hähne gleicht, und was dem Croup der Kinder so characte-ristisch ist. Zwar wurden die Ligaturfäden sofort durchschn-.tten, doch trotzdem starb das Thier wenige Minuten darauf unter quälender Erstickungsnoth. Die Section ergab eine Trennung beider rami y'eeurrentes nervi vagi, welche zweifellos durch die Ligaturfäden erzeugt worden war. —Sowie sich auch zum Exspirium jenes pfeifende Athmen gesellt, genügt die Erklärung durch Kohlkopfinuskel-lähmung nicht mehr, sondern es ist auf die Anwesenheit die Glottis verstopfender Aftermembranen zu schliossen. Die Muskellähmung ist durch Oedem vermittelt.
Der Verlauf des Croups ist nicht der Art, dass die Erstickungsnoth gradatim zunähme, bis sie den höchsten Grad erreichte, wo dann Tod durch SuU'ocation die Scene schlösse. Vielmehr bieten, nach der erlebten schrecklichen Nacht, auffallige Remissionen der
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Dispnoë und der Laryngalsteno.se den andern Morgen eine allerdings höchst trügerische Aussicht auf Wiedergenesung. Doch besteht dabei immer noch Fieber fort, das Athmen begleitet ein feines Pfeifen, der Husten ist seltener, die Stimme ist nicht mehr klanglos, aber heiser. Am Meisten Besorgniss erregend ist trotz des Nachlasses die Anwesenheit von Croupmembranen auf der Pharynxwand. Doch fehlen mitunter jene Remissionen, oder sie sind kaum bemerklich. Wendel sich die Krankheit zum Schlimmem, und dies ist leider die Regel, denn von 23 croupkranken Kindern, die ich behandelt habe, ist mir ein einziges genesen, so erbleicht das geröthete Gesicht, die Lippen werden blass, livid, die gereichten Brechmittel bleiben jetzt ohne Erfolg, das pfeifende Athmen besteht noch fort, doch sistiren die Erstickungsparoxysmen jetzt immer mehr und mehr, je oberflächlicher das Athmen wird, nur hin und wieder bei einer tiefern Inspiration fährt das Kind plötzlich im Schlafe empor, als ob ihm die Kehle zugeschnürt würde. Dann wieder Nachlass. Endlich wird das Kind schlummersüchtig, soporös, und unter den Erscheinungen der höchsten Entkräftung erfolgt der Tod.
Die nächste Ursache des Todes ist eine Kohlensäureintoxication der Nervencentren, durch das gehemmte Athmen bewirkt. Die Ursache, dass wir so selten Cyanose beim Croup antreffen — ich sah dieselbe nur in einem Falle in exquisiter Weise — hängt mit der Natur der Athemstörung zusammen. Denn Jedermann, der mit verengter Glottis anhaltend, angestrengt athmet und ganz besonders tief inspirirt, wird seine Lunge nur massig mit Luft, aber iiber-mässig mit Blut füllen. Die Lnngeqgefasse füllen sich auf Kosten der Gefässe der Oberfläche mit Blut, daher das bleiche Colorit der Croupkranken. Nur erst dann, wenn das Herz anfängt gelähmt zu werden, wobei die visu tergo schwindet, häuft sich das Blut in den Venen der Körperoberfläche an, daher bisweilen kurz vor dem Ende Cyanose. Wird die Laryngostenose vorzüglich durch Croupgerinnsel unterhallen, so ist namentlich die Exspiration, nicht die Inspiration erschwert. In diesen Fällen fehlt die Blutüberfüllung der Lungen, dagegen sind besonders die Halsgefässe stark mit Blut überfüllt, was bei der Laryngotomie höchst störend wirken kann. Mitunter erfolgt der Tod plötzlich durch Verlegung der Glottis durch ein Croupgerinnsel. Beim günstigen Ausgange werden viel geronnene Flocken mit zähem Schleim ausgehustet, die Stimme wird lauter, die Betäubung verschwindet, das Athmen wird frei. In sehr seltenen Fällen ereignet es sich, dass grössere Mengen von Pseudomembranen, selbst röhrenförmige Gebilde ausgeworfen werden, worauf plötzlich das Athmen freier wird, und die Kinder auch aus aller Gefahr sind, wenn nicht von Neuem der Vorgang sich wiederholt. Als Nachkrankheiten, welche nach Ablauf des Croups noch die meisten Kinder
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hin wegraffen, sind Lungenhyperämie, Lungenödem und intensiver Bronchialcatarrh zu nennen.
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Wenn wir von dem secundären Croup absehen, so müssen wir den Croup bei Thieren als eine höchst seltene Krankheit bezeichnen. In Form von Diphtheritis treten allerdings häufig im Verlaui'e von Anthrax, von der Rinderpest, von Lungenentzündung, von Pocken circumscripte fasorstoltige Exsudationen auf der Kohlkopfschleimhaut auf' und bedingen hier in den meisten Fällen das tödtliche Ende, doch ein analoger Zustand, wie bei den Kindern, ist kaum durch verlässliche Beobachter bei Thieren festgestellt. Beim Rinde gesellt sich allerdings der Laryngal- und Trachealcroup zur bereits beschriebenen Kopfkrankheit, aber der Vorgang auf'Larynx- und Luft-röhrenschleimhatit ist auch hier wiederkein reinerCroup, sondernDiph-theritis, indem hier wie dort auf der Nasen- und Stirnhöhlenschleim-haut zwar ein reichliches faserstoffiges Exsudat gesetzt wird, was sich auch hautartig abstösst, aber nie für sich, sondern allemal mit Schleimhautsubstanz, weshalb grosse Geschwüre auf Kehlkopf- und Luf'tröhrenschleimhaut zurückbleiben. Deshalb haben wir hier keinen reinen Croup, sondern eine Diphtheritis vor uns. Beim Pferde ist die acute Laryngalstenoso durch Carbunkelentwickelung auf' der Kehlkopfschleimhaut veranlasst. Beim Hunde soll Croup vorkommen. Die Erscheinungen ergeben sich aus dem Vorhergesagten von selbst. Auf jeden Fall ist der wahre Croup bei Thieren eine höchst seltene Krankheit.
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Das Oedem der Kehlkopfschleimhaut
besteht in einer serösen, selten eitrigen Infiltration des submukösen Bindegewebes der Kehlkopf'shöhle, die gewöhnlich zuerst die seitlichen Bänder des Kehldeckels befällt und von dort aus sich über die ganze Schleimhaut des Kehlkopfs und der angrenzenden Rachen-partieen ausbreitet. Hierdurch werden diese Theile zu einer gelblichen, grauen oder gallertartigen, mehrere Linien dicken Geschwulst verändert, welche die Kehlkopfshöhle so verengert, oder wohl gar völlig abschliesst, dass sofort Erstickung eintreten muss.
Als selbstständige Krankheit ist dieser Zustand wohl noch nicht beobachtet. Er gesellt sich aber bei Menschen und Thieren zu Entzündungen der Rachenschleimhaut, zu Diphtheritis des Hintermundes und des Kehlkopfes, zu der Kehlkopfstuberkulose, zum Typhus, zum Anthrax. Die Symptome sind die der Laryngostenose, wozu sich Fieber und Schmerzhaftigkeit der Kehlkopf'sgegend gesellten.
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Geschwürobildungenauf derKehlkopfschlcimhaut.
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Geschwürsbildungen auf der Kehlkopfschleimhaut
sind:
Das ty ph öseGeschwür, welchesganz dieselbe Erkrankung der an der hintern Wand des Kehlkopfs, zwischen den Stimmbändern reichlich vorhandenen Schleimdrüsen darstellt, welche im Darm die solitären und Pey er'sehen Drüsen befallt. Es entwickelt sich aas Verschorfung und Zerfall der markig infiltrirten Schleimdrüsen. Es greift nicht in die Tiefe, vergesellschaftet sich gern mit oedema glottidis und Entzündung der Haut der Kehlkopfknorpel.
Das variolöse Geschwür beginnt mit der Bildung flacher Pusteln, welche bald platzen und oberflächliche, runde, leicht heilende Geschwüre hinterlassen.
Das syphilitische Geschwür breitet sich fast immer von der Raelienschleimluuit auf den Larynx aus, beginnt constant an der Epiglottis, greift aber von hier aus auf die Giesskannenknorpel und Stimmbänder über. Es zeigt aufgeworfene Ränder, eine un-regelmässige, zackige Umgrenzung, einen speckigen Grund. Es kann grössere Partieen dor Epiglottis zerstören, und zu Caries und Xekrose der Kehlkopfsknorpel führen. Es heilt mit schwieligen Xarben.
Das tuberkulöse Geschwür kommt in der Hälfte der Fälle von Lungentuberkulose auf der Kehlkopfschleimhaut vor. Der Sitz des Geschwürs ist die Stelle der Schleimhaut, welche die mtisculi transversi und die Giesskannenknorpel bedeckt. Doch nicht ganz selten befinden sich die tuberkulösen Geschwüre au der untern Fläche des Kehldeckels sowie an andern Stellen. Hier beobachtet man in einzelnen Fällen hirsekorngrosse, rauhe; runde Knütchen, welche später gelb werden, erweichen, zerfallen und rundliche, hirse-korn- oder hanfkorngrosse Geschwüre hinterlassen. Durch neue Ablagerung von Knötchen in die Umgebung, durch das Zusammen-riiessen mehrerer Geschwüre, entsteht später ein unregelmässig gestalteter Snbstanzverlust mit buchtig zackigen Rändern.
Neben dieser knotigen Zerstörung der Schleimhaut findet eine Ulceration e?i masse durch den Zerfall einer nur aus einer Summe nougebildeter Zellen bestehenden Infiltration der Kohlkopfschleim-liaut statt, wodurch oft sehr ausgebreitete und in die Tiefe dringende Substanzverluste gesetzt werden, welche sich bis zur Zerstörung und Bloslegung der Kchlkopfsknorpcl fortsetzen können. Neben der Kehlkopfstuberkulose beobachten wir oft Verknöcherung der Kehlkopfsknorpel.
S c i r r h u s und Medullarkrebs kommen auf der Kehlkopfschleimhaut des Menschen sehr selten vor, häufiger tritt unter der Form
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weicher und weissrothlicher Excrescenzen, welche die Schleimhaut gleiclimässig überziehen, nicht selten die Knorpel zerstören, und zu Blutung Veranlassung geben, oder eine vereinzelte, das Lumen des Kehlkopfs verengernde Geschwulst darstellen, der Epithelial-krebs auf.
Bei Thieren beobachten wir auf dem Kehlkopf:
Das diphth Britische Geschwür beim acuten Kotz, bei der Kopfkrankheit der Rinder,
das variolöse Geschwür bei den Schafpocken,
das carbunkulöse Geschwür bei Anthrax.
Von Neubildungen begegnen wir auf der Kehlkopfschleimhaut:
Bindegewebswucherungen, Polypen, Balggeschwülsten, die bei ihrem Heranwachsen zum Verschluss der Glottis und zu Erstickung führen.
Rotzknötchen beim Rotz in allen Stadien ihrer Ent Wickelung und Verschwärung.
Der Schwund und fettige Entartung des hintern und seitlichen Ringgiesskannenknorpels und des queren Giesskannen-muskels der einen Seite bei unveränderter Beschaffenheit derer der andern Seite und der Verengerer der Stimmritzen sollen nach Gurlt den Pfeiferdampf veranlassen. Verengerungen einzelner Stellen des Kehlkopfs und der Luftröhre durch tumescirte Lymphdrüsen oder ncugobildete Geschwülste, oder durch Anschwellung der Luftröhrenschleimhaut, sowie Erweiterungen der hinteren Luftröhrenwand sind mehrfach bei Thieren beobachtet.
Von Schmarotzerthieren kommen bei Pferden Bremsenlarven in den Schleimhautfalten am Eingange zum Kehlkopf und im Innern desselben besonders um die Stimmritzbänder herum vor; beim Schafe der fadenförmige Pallisadenwurm {stronyylus filaria), bei Kälbern, Pferden und Eseln dor kleinschwänzige (st. mici'urus), bei Schweinen der seltsame Pallisadenwurm {st.paradoxus), und beim Hunde ein band-wnrmähnliches Fünfloch (pentastomum taemoides) im Kehlkopf vor.
Die functionellcn Störungen des Kehlkopfs. Eine krampfhafte Verengerung und selbst Verschliesäung der Stimmritze ist als nervöse Complication mehrern Krankheiton eigen, insbesondere dam Keuchhusten, aber nicht dem Croup, wie früher allgemein angenommen wurde, da es sich hier nicht um Stiramritz-krampf, sondern um Stimmrilzlähmung handelt. Der Stimmritzkrampf tritt zu allgemeineren Krämpfen, besonders hysterischen und hydrophobisciieii hinzu, begleitet auch oft den Brustkrampf der
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Die funetionellen Störungen des Kehlkopfs
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Erwachsenen, als Quelle des pfeifenden Athmungsgeräusches, bedingt zum Theil, wie Herrmann Eberhard Richter sagt, das Gebrechen des Stotterns und das Versagen der Stimme im Zorne, wird bei Gesunden durch Eindringen fremder Körper in den Larynx, sowie durch stinkende oder ätzend scharfe Einathmungen erregt. Er scheint bisweilen bei Ertrunknen die ausschliessliche Todesursache zu sein. Als eine besondere, characteristische Krankheitsform tritt jedoch der Glottiskrampf im Kindesalter auf, und zwar bald als leichterer und vorübergehender Krampf in dem sogenannten Stecken-Ueiben oder Ausbleiben der Kinder, bald als heftigere und plötzlich eintretende, in Anfallen wiederkehrende, starrkrampfahnliche Ver-schliessung der Stimmritze bei jener Form, die hauptsächlich seit Wiegmann von dem Croup unterschieden und unter sehr verschiedenen Namen {asthma spasmodicum infantum, asthma periodi-cum acutum infantile, asthma Millari, asthma thymicum Koppii, spasmus glottidis) aufgeführt wird. Manche unterscheiden die acute Form als Millar'sches, und die chronische Form als Kopp' sches Asthma.
Dieser Krampf stellt im letztern Falle eine selbstständige Krankheit des vagus oder recurrens dar, gleichgültig, ob diese Nerven in ihrem Verlaufe gedrückt, oder ob der centrale Ursprung des vagus gereizt wurde, oder ob auf dem Wege des Reflexes die Reizung auf einer andern Nervenbahn die Veranlassung zum Glottiskrampf gab.
Eine Vergrösserung der Thymusdrüse, welche Kopp als Ursache allen Fällen von spasmus glottidis unterschob, fehlt in den meisten Fällen. Ebensowenig sind der weiche Hinterkopf, Vergrösserung und Entartung der Hals- und Bronchialdrüsen, Hypertrophie, Hyperämie und Exsudation im Gehirn constante Befunde. Nur selten endet der Anfall mit Erstickung. Die Symptome sind die einer plötzlich auftretenden Laryngostenose und der quälendsten Erstickungsnoth, Erscheinungen , die ebenso plötzlich wieder nachlassen, wie sie kamen.—-
Bei Hunden wird ein Krampf hu sten beobachtet, wobei pfeifende Inspirationen einen, spasmus glottidis anzeigen.
Bei Pferden findet sich bisweilen, ohne dass irgend eine anatomische Veränderung der Athmungsorgane nachweisbar wäre , ein mit krampfhaftem, ächzendem Husten begleitetes krampfhaftes Ath-men, was sich bei der Bewegung bedeutend verschlimmert (nervöser Pfeiferdampf).
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Gleisberg, vergleichende Patliülogie.
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338nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Erkrankungen der Respirationsorgane.
Die Krankheiten der BronoMen. Anatomische Störungen.
Hyperämie und Catarrh der Bronchial- und Luft-röhrenschleimhaut
ist beim Menschen eine ausserordentlich häufige Erkrankung. Zunächst zeigt das Kindesalter, besonders zur Zeit der Dentition, eine grosse Neigung zu Catarrh der Bronchialschleimhaut. In diesem Alter ist der Bronchial catarrh eine der häufigsten Veranlassungen des tödt-lichen Endes der mannigfachsten Erkrankungen. Im mittlern Lebensalter ist die Disposition geringer, im Greisenalter häufiger. Schlechtgenährte Individuen haben eine grössere Disposition zu Catarrhen, als gutgenährte. Besonders disponiren Scrophulöse, Trinker, Individuen, welche mit chronischen Erkrankungen des Lungenparenchyms behaftet sind, und verzärtelte Personen, welche jeden scharfen Luftzug fliehen, sehr zu diesen Catarrhen.
Die erregenden Ursachen können sein :
GehemmteEntleerung der Broncliialvenen, daher besonders bei Herzkrankheiten, Stenosen des linken venösen Ostiums, Bronchialcatarrhe beobachtet werden.
Collateral e Fluxion; wenn die Entleerung der grossen arteriellen Gefässe, z. B, durch Bauchwassersucht, grosse Milz- und Lebertumoren, den schwangern Uterus, durch Anhäufung ^on Koth und Gas in den Gedärmen, gehemmt ist, geräth das in den Bronchialarterien strömende Blut unter einen stärkern Druck , wie alle Gefäss-provinzen, welche vor dem Stauungsheerde ihr Blut empfingen. Daher auch die heftigen Bronchialcatarrhe beim kalten Fieber.
Reize, welche die Schleimhaut direct treffen, Staub, Dämpfe, zu kalte, zu heisse Luft.
Erkältung der äussern Haut.
Endlich gesellen sich die Bronchialcatarrhe als Symptome zu andern Krankheiten, besonders zu den Masern, zu den Typhen, zu den Pocken. Hier sind sie ills Infectionswirkung aufzufassen.
Ein seuchenartiges Auftreten von Bronchialcatarrh ist wiederholt beobachtet worden. Solche Seuchen hat man Krippe und Influenza genannt, und es schien, als wären sie larvirte Exantheme, wo die Infectionswirkungen sich nicht auf der Haut und auf den Schleimhäuten, sondern nur auf diesen manif'estirten. Dabei waren namentlich die Fiebererscheinungen sehr intensiv, und die Krankheit selbst war sehr gefahrbringend, besonders für Kinder
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Hyperämie und Catarrh der Bronchial- und Lnftröhrenschlcimhaut. 339
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und Greise, theils durch den Uebergang in Pneumonie (bald lobu-läre, bald lobäre), theils durch gleichzeitigen Magen-und Darmeatarrh (ungewöhnliche Ausbreitung der anatomischen Störungen). Die Seuche zog von Osten nach Westen durch ganz Europa und befiel gewiss die Hälfte der Bevölkerung. Die erste derartige Seuche wurde 1732, später eine derartige im Jahre 1800 und 1835 beobachtet.
Die anatomischen Erscheinungen sind folgende: Bald eine diffuse, bald eine fleckige Rothe (Gefässinjection, Ecchymosen-bildungquot;); Trübungen, Lockerungen und leichtere Zerreisslichkeit der undurchsichtigen Schleimhaut, Oedera der Submucosa, wodurch eine Verengerung des Lumens der Bronchien gesetzt ist. Anfänglich ist die Schleimhaut mit einem zähen, durchsichtigen Secrete bedeckt, was theils Elimmerzellen, theils jüngere Epithelialzellen birgt. In dwi spätem Stadien findet gewöhnlich eine lebhaftere Zellenbildung an der Oberfläche der Schleimhaut statt, wodurch ein dem Eiter vollkommen gleiches Product geliefert wird. Die Lungen colla-biren in der Regel nicht nach Eröffnung des Thorax.
Beim chronischen Bronchialcatarrh spielt die Röthe in's Bräunliche über. Die Gefässe sind erweitert, varikös, das Gewebe ist gewulstet, uneben, gleichzeitig cohärenter und schwerer zerreisslich. Die Bronchien sind erweitert. Das Flirnmerepithel fehlt meist gänzlich, die Schleimhaut ist entweder mit einem eitrigen Secret oder mit einem glasigen Schleim bedeckt. Die kleinern Bronchien sind oft vollkommen mit Schleim verstopft.
Die Symptome des acuten Catarrhs dergrössern Bronchien vergesellschaften sich häufig mit denen eines Catarrhs der Schleimhaut der Nase, des Larynx und der Stirnhöhlen , seltener dehnt er sich auf die kleinern Bronchien aus. Bei grosser Ausbreitung des Catarrhs fehlen niemals Fiebererscheinungen , zu denen sich quälender Stirnkopfschmerz, Klopfen der Tcmporalarterien, Abgeschlagen!]eit der Glieder, Schmerzen in den Gelenken und Appetitmangel hinzu gesellen. Auffällig ist namentlich, class das Gefühl von Hinfälligkeit in keinem Verhältniss zum messbaren Steigern der Hauttemperatur und zur Zahl der Pulsschläge steht, indem jener Kraft e verfall diese Zeichen bedeutend überwiegt.
Mitunter ist Schmerz im'Verlauf der Trachea hinter dem Sternum vorhanden, und es wird über ein Gefühl von Wundsein und Kitzeln geklagt, der Husten ist quälend, die Spula sind anfänglich spärlich, später reichlicher, dieselben werden dann ohne grosse Be-
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schwerden ausgeworfen. Eine eigentliche Dispnoe mangelt. Die Percussion ergiebt keine Resultate. Die Auscultation weist entweder vesiculäres Athmen nach, wenn nur die grossen Bronchien ergriffen waren; bei stärkerer Schwellung ihrer Schleimhaut vernimmt man in grosser Ausbreitung, meist über den ganzen Thorax, brummende, summende Geräusche, welche das normale Zellenathmen übertönen. Ist später an die Stelle des spärlichen Secrets ein reichliches getreten, so werden grossblasige Rasselgeräusche wahrgenommen. Diese Krankheit nimmt meist einen günstigen und ziemlich schnellen Verlauf. Das Fieber verliert sich, und unter einer reichlichen Expectoration eines schleimig-eitrigen Products tritt innerhalb weniger Tage Genesung ein.
Befiel der acute Catarrh die feineren Bronchien, so fehlen ihrer Unempfindlichkeit halber alle perversen Empfindungen, die den Catarrh der grossen Bronchien begleiteten. Werden hier Schmerzen wahrgenommen, so ist mit Bestimmtheit auf eine Pleu-raaffection zu schliessen. Später treten lästige Muskelschmerzen auf, namentlich in der Ober- und Unterbauchgegend und in den Hypochondrien in Folge der heftigen Erschütterungen und Anstrengungen der Muskeln, durch die krampfhaften Hustenanfälle. Der Husten ist im Verlauf dieser Krankheit viel quälender, als beim Catarrh der grössern Bronchien, ganz besonders löst er sich schlechter, weil es viel mehr Schwierigkeiten macht, die catarrhalischen Secrete durch stossweise Verengerung des Thorax in die grosseren Bronchien zu treiben. Das Secret, welches hier ausgeworfen wird, ist nicht mit Luft gemischt, deshalb schwerer als Wasser, sinkt in demselben. Da es meist mit Secret aus den grosseren Bronchien gemischt ist, so sehen wir, wenn es in's Wasser gespuckt wurde, dass sich eine schaumige Schicht auf der Oberfläche bildet, von welcher feine Fädchen nach unten herabhängen. — Das Athmen ist mühsam und erschwert, ohne Erstickungsgefühl. Doch periodisch tritt mitunter heftige Athemnoth ein, durch eine Neurose des Vagus auf dem Wege des Reflexes vermittelt, wobei namentlich die feinern Bronchien sich sehr contrahiren. Die Percussion ergiebt keine Anomalie , die Auscultation pfeifende, singende Rasselgeräusche, die später sich bei einer reichlichem Secretion in ein feinblasiges (crepi-tirendes) Rasseln umsetzen.
Der Ausgang der Krankheit ist oft der in Genesung nach 8—14 Tagen. Nur selten bringt er Gefahr. Bisweilen wird der Bron-chialcatarrh habituell. Bei Greisen und sehr geschwächten jungem Personen, wenn das begleitende heftige P'ieber zu grossen Schwächezuständen führte, wird auch der Ausgang in Tod beobachtet. Benommenheit des Sensoriums, Irrereden, schlafsüchtige Zustände, Trockenheit der Zunge, kleiner, unregelmässiger, sehr beschleunigter
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Puls, erschöpfende Schweisse, ungleich blasige Rasselgeräusche, din kein Husten mehr beseitigt, endlich Todesröcheln, facies hippocra-tica, gehen hier dem Tode voran, der schon nach wenig Tagen einem relativen Wohlbefinden folgt.
Während bei den Erwachsenen nur unter den gedachten Ausnahmsfällen der fieberhafte Bronchialcatarrh zu einem lebensgefährlichen Uebel wurde, ist dieser Catarrh für Kinder schon aus rein physikalisehi'n Gründen eine der gefährlichsten Krankheiten. Einmal ist dieser Zustand bei Kindern immer mit heftigem Fieber begleitet, und das andere Mal gelingt es ihnen noch viel weniger, als den Erwachsenen, die zähen Secrete aus den feinern Bronchien abzuführen, daher die pfeifenden, summenden, kochenden Rasselgeräusche unausgesetzt und schon in einiger Entfernung vom kranken Kinde zu vernehmen sind. Der Husten ist hier ausser-ordentlich quälend, trotzdem ist er doch das einzige Mittel, die Secrete aus den capillaren Bronchien in die grössern Luftwege abzuführen. Je weniger daher ein Kind durch Brechmittel, Narcotica und Blutentziehung geschwächt wird, um so mehr ist Aussicht vorhanden, dass das ca-tarrhalische Product hinweg geführt werde. Wenn nur die einzelnen Inspirationen tief genug bleiben, um den Lun-gcnalveolen trotz des Bronchialcatarrhs die nöthige Quantität Luft zuzuführen. Bei den heftigen Hustenparoxysmen tritt sehr oft Cyanose des Gesichts und der Hände ein. Erschöpfen sich die Kräfte des Kindes, und dies geschieht oft sehr schnell und unerwartet , so wird die Haut kühl, bläulich, selbst aschfarben, die Kinder werden somnolent, der Puls wird klein und ausserordentlieh frequent, der Husten schwindet, das Athmen ist sehr beschleunigt, geschieht aber ganz oberflächlich, und so erfolgt der Tod bald vom Gehirn, bald von der Lunge aus.
Die Leichen der an diesem Zustande gestorbenen Kinder haben meist eine sehr hohe Brust, was durch ein stärkeres Hervorwölben der Ober- und Unterschlüsselbeingegend begründet ist. Der Grund liegt darin, dass die obern Partieen der Lungen durch die gewaltsamen Exspirationsthätigkeiten mehr weniger intact gelassen werden, und so gleichsam auf dem Culminationspunkt der grösstmöglichsten Inspiration verharren, da durch den Catarrh der Bronchialendigun-gen eine selbstständige Zusammenziehung der Lunge aufgehoben ist.
Bei neugebornen Kindern kommt gleichfalls ein Bronchialcatarrh vor, der meist ganz plötzlich zum Tode derselben führt.
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Die Zeichen des chronisohenBronchialcatarrhs; Derselbe zeigt meistentheils eine sehr grosse Ausdehnung. Meist entwickelt er sich aus recidivirten und protrahirten Catarrhen, die regelrnässig zur Zeit der Aequinoctien diese Individuen heimsuchten. Je zäher und spärlicher das Product und jemehr die Schleimhaut verdickt ist, um so grosser sind die Beschwerden. Die Hustenanfälle sind anhaltend und quälend. Dabei wird das Gesicht roth, blau, die Jugularvenen schwellen an. Es entwickeln sich Angiectasieen im Gesicht, sehr heftige Hustenanfälle sind meist mit Würgen und Erbrechen begleitet. Fast regelmassig gesellt sich zu diesen Erscheinungen eine dauernde Dispnoë, was mit der Verdickung der Bronchialschleimhaut und der so bedeutenden Herabsetzung der Bronchiallumina zusammenfällt. Die höhern Grade dieser Scliweratlimigkeit sind das asthma hnmiditm der Aelteren, welche durch eine Rocrudescenz des chronischen Catarrhs veranlasst werden. Hierbei müssen die Kranken die Nacht sitzend zubringen, um die Erweiterung des Thorax möglichst zu unterstützen. In Folge der so anhaltend beanspruchten Inspirationsmuskeln liypertrophiren dieselben bedeutend. Dies gilt besonders von den Kopfnickern und scalenis. In Folge dessen bleiben dieselben permanent in dem. Grade theilweiser Contraction, weshalb derartige Kranke anscheinend einen kürzeren Hals und eine gewölbtere Brust haben. Halten die Verschlimmerungen längere Zeit an , so bleiben die bedeutenderen Folgen einer venösen Stase: bleibende Erweiterungen der Halsgefässo, Cyanosen und selbst Wassersuchten nicht aus. Die Ursache der venösen Stase sind hier ein mangelhaftes Entweichen der Luft aus den Alveolen und die stürmische Contraction der Exspiratoren, wodurch das Zuströmen des Blutes zum Thorax gehemmt wird.
Wenn die Percussion überhaupt Resultate liefert, so gehören dieselben dem constanten Folgezustand des chronischen Catarrhs, nämlich dem Emphysem an. Die Auscultation ergiebt trockne und feuchte Rasselgeräusche aller Art in der verschiedensten Stärke, doch ohne Complication mit Lungeninfiltration und Induration, niemals consonirendes Rasseln. Das vesiculäreAthmen ist vermindert. Nur wenig Kranke genesen, aber ebensowenige erliegen diesem Zustande.
Bei der Blennorrhoe der Bronchialschleimhaut, Bronchorrhoe. werden ungeheure Massen schleimig-eitriger Natur, die sich im Wasser nicht zu Boden senken, ausgeworfen, die oft ein Pfund betragen, und wenn sie aus einem Hohlräume derLimge(Bonchiectasie) stammen, einen höchst fötiden Geruch besitzen. Im Sommer bessert sich, im Winter verschlimmert sich dieser Zustand. Der Husten ist
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Der acute Bronchialcatarrh der Thiere.
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nicht besonders quälend. Sie führt sehr gern zu diffusen Erweiterungen der Bronchien. Auch diese Krankheit wird gut ertragen, und nur in seltenen Fällen tödtet diese Krankheit im höhern Alter nach langem Bestehen in Form einer phthisis pituitosa.
Der acute Bronchialcatarrh der Thiere
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ist bei Pferden ausserordentlich häufig. Koin Alter und keine Kör-perconstitntion bleiben von ihm verschont. Er erlangt in kalten und feuchten Jahreszeiten beim Herrschon ozonreicher Winde, nicht selten aborauch, ohne dass solche Verhältnisse nachweisbar wären, eine seu-chenartige Verbreitung. Eine der gewöhnlichsten Ursachen ist dié Erkältung der Haut nach vorhergehender Erhitzung. Gern werden jüngere Pferde befallen, die in warmen, dunstigen Ställen gehalten, sofort einer scharfen (ozonreichen) Morgenluft ausgesetzt werden.
Bei Hunden stellt der Bronchialcatarrh eine Erscheinungsweise der sogenannten Staupe dar, ausserdem complicirt dieser Catarrh Lungenentzündungen, Brustfellentzündung, chronische Pneumonieen, Anthrax, Herzkrankheiten etc. aller Hausthiergattungen.
Der S e c t i o n s b e f u n d ist beim acuten Bronchialcatarrh genau derselbe, wie der oben beim Menschen verzeiclinote: Streifige, fleckige Rüthungen, leichtere Zerreisslichkeit, Auflockerungen und Verdickungen der Schleimhaut, Uoberzogensein ihrer Oberfläche mit einem zähen und später puriformen Schleim sind auch hier die gewöhnlichen Befunde. Doch als Eigenthümliclikeit ist zu bezeichnen, dass sich der acute Bronchialcatarrh der Pferde gern mit Croup vergesellschaftet , weshalb wir streckenweise die Bronchien mit Croup-membranen überzogen finden, oder die Lumina der Bronchien sind geradezu mit Croupröhren verstopft, die sich baumförmig bis in die kleinern Bronchialverzweigongen fortsetzen. Die Neigung des Pferdes zur Hämophilie bei allen acuten Erkrankungen spricht sich auch beim acuten Bronchialcatarrh durch oft sehr ausgebreitete diffuse Ecchymosirung der Bronchialschleimhaut und durch freie Blutung in die Bronchialhöhlen aus. Wurden die kleinsten Aestchon ergriffen, so pflanzt sich der Process gern auf die Alveolen fort, und wir bekommen lobuläre Pneumonieen mit der Neigung ihres Pro-duetes zum eitrigen Zerfall. Oder war das Befallonwerden der feinern Bronchien sehr extensiv, so wird vorzüglich ein seröses Product in's Lungenparenchym ausgeschieden (Lungenödem).
Die äussern Erscheinungen: Froquentes Atiimen mit Flankenschlagen, Anfangs trocknor, schmerzhafter Husten, derspater locker und rasselnd wird , und einen eiterähnlichen Nascnausfluss erzeugt. Gleichzeitig sind die Erscheinungen eines Nasen- und
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Luftröhrencatarrhs in den meisten Fällen vorhanden. Der Percus-sionsschall ist völlig unverändert. Die Auscultation ergiebt ein rauhes Vesiculärathmen, bisweilen, wenn der Sitz des Catarrhs die feinsten Bronchien ergriff, feinblasiges, an Crepitation grenzendes Rasseln, sonst aber in den meisten Fällen Brummen, Pfeifen, Zischen , Sehnurren, später feuchteres, grobblasiges, nicht conso-nirendes Rasseln. Diese Geräusche verdecken entweder das Zellen-athmen vollkommen, oder lassen es noch gleichzeitig vernehmen.
Diese Zeichen des örtlichen Leidens sind immer von allgemeinen Erscheinungen (Fieber) begleitet. In vierzehn Tagen bis drei Wochen kehrt meistentheils Alles zur Norm zurück, dochhinter-lässt der Zustand grosse Neigung zu Reeidiven.
Wie beim Menschen, so auch bei Thieren , besonders unter Pferden, herrschen, wie schon oben angedeutet, fieberhafte Br onchialcatarrh e souch e n art ig, und dies hat mit zur Aufstellung der Influenza als einer besondern Krankheit Veranlassung gegeben. Hätten die Thierärzte nun nur fieberhafte Bronchialcatarrhe, wenn dieselben zu gewissen Zeiten in grosser Zahl vorkommen, mit diesem Namen belegt, so wäre dagegen gewiss Nichts einzuwenden. Aber wie zur Zeit der Kindheit der Medicin, so sehen sich auch heute noch manche Thierärzte nach Krankheitsdämonen um, denen sie Alles in die Schuhe schieben, um sich der schwierigen Mühe zu entziehen, speeielle und anatomische Diagnosen zu stellen. Es ist eine bekannte Sache, dass auch beim Menschen zu gewissen Zeiten gleichzeitig fieberhafte Bronchialcatarrhe, Pneumonieen, Pleuriten , Rothlaufformen, acute Gelenkrheumatismen herrschen. Was würde man aber zu dem Menschenarzt sagen, welcher alle diese Krankheiten unter dem Collectivnamen „Influenzaquot; begriff, den acuten fieberhaften Bronchialcatarrh als Normalverlauf, die Entzündungen desLungenparenchyms, der Pleura, die diffuse Entzündung des Papillarkörpers aber als Krankheitsausartung hinstellte? Und doch verfahren manche Thierärzte genau so. Zeigen sich zu bestimmten Zeiten zahlreiche fieberhafte Erkrankungen der Pferde, so bekommt die Krankheit einen Namen, entweder Influenza oder Typhus. Während des Lebens lassen sich jene Ontologen nur in den seltensten Fällen herbei, ein örtliches Leiden festzustellen. Findet man bei der Section grobe anatomische Veränderungen, so glauben jene schon der Wissenschaft hinreichend zu genügen, wenn sie dieselben auf Localisation der „Krasequot; zurückführen. Ueber derartige Absurditäten noch ein Wort zu verlieren, scheint mir überflüssig. Ich hebe nur noch hervor, dass die acuten Bronchialcatarrhe dadurch oft einen sehr schleppenden Verlauf nehmen, dass sich zu ihnen ein acuter Magen- und Darracatarrh ge-
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seilt. Hierdurch wird die Verdauung behindert, die Futteraufnahme unterbleibt oft durch Tage, oder das spärlich aufgenommene Futter wird nur mangelhaft verdaut, wodurch Ernährung und Kräfte alsbald in Verfall gerathen; deshalb die bedeutende Schwäche und die Eingenommenheit des Kopfes neben den Zeichen eines Gastricismus. Diese letztern sind: Dicker Zungenbeleg, icterische Färbungen der Maul- und Nasenschleimhaut, Kolikzufälle, bald Verstopfung, bald Durchfall.
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Der acute Luftröhren-Bronchialcatarrh der Hunde,
der sich bis in die feinsten Bronchien erstreckt, und dann als catarrhalische Lungenentzündung verläuft, fast regelmässig mit Darmcatarrh einhergeht, und mit einem pockenähnlichen Ausschlag sich vergesellschaftet, ist die sogenannte
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Staupe, Seuche der Hunde.
Vorzüglich werden junge Hunde befallen, aber auch die Katze wird von ihr heimgesucht. Ob bestimmte Hunderacen eine vorwaltende Anlage zu dieser Krankheit haben, wage ich nicht zu behaupten, doch scheinen die Stubenhündchen: Wachtelhündchen, Bologneser, Pintscher, häufiger von ihr heimgesucht zu werden, als die grosseren Jagd- und Kettenhunde. Vorzugsweise entwickelt sie sich innerhalb des ersten Jahres, später ist sie ungleich seltener. Der Zustand scheint demnach mehr eine Entwickelungskrankheit als eine Zeitseuche zu sein, indem dieselbe zu allen Jahreszeiten und unter allen WitterungsVerhältnissen bei jungen Stubenhündchen angetroffen wird. Doch wenn man will, kann man eine feuchtkalte Witterung als eine Hülfsursache auffassen, obwohl gerade diejenigen Hunde, welche von Jugend auf allen Witterungsverhältnissen ex-ponirt sind, am Seltensten von ihr heimgesucht werden. Ein Ansteckungsstoff scheint der Hundesenche nicht zu Grunde zu liegen, wohl aber der Katzenseuche. Ich sah in Dresden zwölf Katzen, die von einer alten Jungfer gehalten und mit mütterlicher Sorgfalt gepflegt wurden, eine nach der andern dieser Krankheit erliegen.
Der anatomische Befund ist der eines sehr verbreiteten Catarrhs der Luftwege, des Magens undDarmcanals. Von der Nase bis zumLungenparenchym, von der Maulhöhle biszumMastdarm, trifftman die Schleimhaut massenhaft mit einem puriformen Schleim bedeckt, die Schleimhaut selbst bald hyperämisch, bald anämisch, verdickt, zerreisslicher und mit catarrhalischen Geschwüren besetzt. Die Peyer'schen Drüsenhaufen sind häufig areolirt, das Lungenparen-
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chym oft serös und eitrig infiltrirt, die Augenbindehaut stark entzündet, gewulstet, die Cornea getrübt imd Sitz eines ulcus absorberts. Meningalhyperämie und Hirnödem werden oft beobachtet. Die höchsten Grade der Abmagerung, blasse Muskulatur, anämische wie ausgetrocknete Gewebe werden angetroffen. Mitunter findet man auch die Zeichen der hämorrhagischen Diathese.
Die Symptome: Verlust der Munterkeit, Trägheit, Appetitmangel, Pulsbeschleunigung, heisse, trockne Nase, Verschmieren oder Verkleben ein oder des andern Auges leiten den Zustand ein. Die Absonderung auf den Schleimhäuten wird nun sehr profus. Puriformer Schleim quillt ans den stark verschwollenen Augenlidspalten, aus der Nase hervor, der früher bestehende Reizhusten wird jetzt matt, tonlos, locker, das Athmen wird kurz und beschleunigt. Bisweilen beobachten wir auch Eiterabsonderungen aus der männlichen Urethra und aus der Vagina. Auf der conjunctiva bttlbi entwickeln sich Geschwiirchen, die Cornea trübt sich. — Dieser Zustand währt im günstigen Fall zwei bis drei Wochen und kehrt dann unter heftigem Bassein, reichlichem Auswurf. Fieberabnahmo und allmäliger Beschränkung und Aufhebung der Eiterabsonderung auf den Schleimhäuten zur Norm zurück. Pflanzte sich der Ent-zündungsprocess jedoch bis in die feinsten Bronchialverzweigungen fort, so bleibt das Athmen kurz, stöhnend, der Husten wird sehr schmerzhaft, das Fieber wird hochgradig. Sehr gern kommt es zu ausgebreiteten Magen- und Darmcatarrhen, welche zu galligem Erbrechen und zu copiösen schleimigen Stühlen führen. Hierdurch sinken die Kräfte schnell, bedeutende Abmagerung, Zittern, Schwanken im Kreuze tritt ein. Oft sind die Stühle cruent.
Selten im Beginn , meist erst dann , wenn die catarrhalischen Erscheinungen einige Zeit bestanden haben, beobachten wir veitstanzähnliche, epileptiforme Zustände, Paresen und wirkliche Paralysen, besonders derNachhand. Diese Neurosen erhalten sich häufig noch lange, nachdem die Thiere bereits von der Staupe genesen sind.
Das bei der Hundeseuche beobachtete Bläschenexanthem tritt an der untern Seite der Brust und des Bauches und der Innern Seite der Schenkel auf. Es entwickelt sich aus einer flohstichähnlichen Stippe, steht den dritten Tag in voller Blüthe, das Bläschen platzt, und sein Inhalt vertrocknet zu einer Kruste. Der Inhalt des Bläschens besitzt einen widrigen Geruch und ist nicht contagiös.
Der Verlauf der Krankheit ist im günstigsten Falle vierzehn Tage. Der Tod erfolgt entweder durch Complicationen mit Pneumonie, oder durch colliquative Ausleerungen, namentlich Durchfälle, ferner durch öftere Wiederkehr der epileptiformen Krämpfe, bald unter den Zeichen der grössten Hinfälligkeit und Abmagerung, endlich
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durch die hämorrhagische Diathese, wobei namentlich die ƒ)laquo;/•*ƒlaquo;-ratio imensibilis, sowie dieKothausletrungen einen höchst widrigen Geruch annehmen.
Zuckungen, Muskelunruhe, Paresis und Paralysis der Nachhand sind ausserordentlich häufige Nachkrankheiten.
Die Krankheit ist am Allerbesten als ein nervöses Schleimfieber zu bezeichnen, was in dieser Weise mit einem derartigen extensiven Befallensein aller Schleimhäute wohl nur dem Hunde zukommt. Die Besonderheit der Affection ruht aber vorzüglich in der Betheiligung des Nervensystems, die nicht nur in Hinfälligkeit und Schwäche besteht, die nothwendig jeder derartigen profusen Schleimabsonderung folgen muss, sondern in dem Auftreten von Lähmungen, partiellen oderallgemeinen Mnskelkrätnpfen. Man kann getrost behaupten, dass mehr als die Hälfte aller bei dem Hunde beobachteten Nervenkrankheiten durch eine bestandene Staupe veranlasst sind.
Der chronische Bronchialcatarrh der Thiere
begleitet gern Bronchialerweiternngen, Lungentuberkulose, Lungen-emphysem, chronische Herzkrankheiten, Cachexieen und die Lungen-wurmkrankheit. Auch hier treffen wir, wie beim Menschen, eine dunklere Röthe variköser Gefässe der verdickten, derben Schleimhaut, die bald mit einem glasigen, gekochter Stärke gleichen, bald mit einem eitrigen, selbst übelriechenden Schleim bedeckt ist. Die Bronchien sind meist erweitert. Diese Erweiterung erstreckt sich auch hier über einen grössern Lungenabschnitt, und kann dasDrei-und Vierfache des normalen Lumens betragen. Das anstossende Lungenparenchym ist dann meist verdichtet, bisweilen bis zur Luftleere. Dagegen die mit den erweiterten Bronchien zusammenhängenden Lobuli sind emphysematös. Das Stagniren von Schleim in den dilatirten Bronchien führt nicht selten durch Fäulniss des stockenden Secrets zur Verjauchung des anstossenden Lungen-parenchyms.
Den Zeichen des chronischen Catarrhs gehen in der Regel die des acuten voran, aus denen sich die des chronischen entwickeln. Das vorzüglichste Symptom beiThieren ist ein langwieriger, lockerer Husten, der oft ganz copiöse Massen eitrigen, selbst übelriechenden Schleims durch die Nase zu Tage fördert, und der namentlich bei rauher, feuchter, kalter Witterung eine Verschlimmerung erfährt. Die Auscultation ergiebt trockne und feuchte Rasselgeräusche. Kurzathmigkcit besteht meist nur bei Bewegung. Die Ernährung leidet erst bei längerem Bestehen, jedoch tritt, namentlich wenn das Lungenemphysem sehr überhand nimmt, wodurch die Thiere exquisit dämpfig (feuchter Dampf) werden, alsbald ein malus habitus ein, und die Thiere gehen an Abzehrung und an Erstickung in Folge von
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Lungenödem oder Lungenentzündung zu Grunde. Leiden vorherrschend die feinern Bronchien, so ist der Auswurf spärlich, der Husten unbedeutend, dafüraberdieAthemnothgrosser. DerAusgang ist hier in den meisten Fällen ein diffuses Bläschenemphysem mit unheilbarer Kurzathmigkeit.
Der Croup der Bronchien
folgt beim Menschen oft der croupösen Laryngitis, doch kommt er auch mitunter primär in den Bronchien dritter und vierter Ordnung vor, besonders in den Jahren der Pubertät. Consecutiv beobachten wir bei Pneumomioen in der Regel Croup der feinsten Bronchial-endigungen.
Der Sectionsbefund. Durch Verbreitung des Laryngalcroups auf die Bronchien bilden sich die baumformigen Röhren, welche mitunter sogar ausgehustet werden. Die Croupgerinnsel der feineren Bronchien bei Pneumonie finden wir in den Sputis der Pneumoniker wieder. Bei dem idiopathischen Bronchialcroup finden wir die Schleimhaut der grosseren Bronchien mit röhrigen Gerinnungen überzogen, die der feineren sind dagegen mit cylindrischen Pfropfen vollkommen verstopft. In den meisten Fällen ist der Bronchialcroup partiell. Doch beobachteten wir auf der C h o u 1 a n t 'sehen Klinik, dass eine Kranke wiederholt einen Ausguss ihres rechten Bronchiaibaumes auswarf. Nie m ey e r sah ein tägliches Auswerfen eines vollständigen Ausgusses des linken Bronchus bei einem 15jährigen Mädchen.
Der Bronchialcroup ist ein chronisches Uebel, und kann sieh über mehrere Wochen, selbst Monate erstrecken. Die Kranken leiden nur an massiger Dispnoë, die Gesichtsfarbe ist blass, die Muskulatur ist schlaff, sie sind schläfrig. Unter Anfällen von Stickhusten werden zeitweilig geballte Massen expectorirt, die sich im Wasser entwirren, und regelmässige Abgüsse der Bronchial-verzweigungen, deshalb baumförmige, wiederholt dichotomisch ge-theilte Gerinnsel darstellen. Solange Bronchus und Bronchialverzweigungen verstopft sind, muss an bestimmten Stellen jedes Athmungsgeräusch fehlen. Nach dem Auswerfen der Crouptnassen wird meist exquisiter rhonchus sibilans auf der leidenden Seite vernommen. Zeitweilig exaeerbirt der Zustand mit Schüttelfrösten, heftiger Fieberzunahme und grosser Dispnoë, wobei das Athmen so insufficient werden kann, dass der Tod eintritt. Wenn auch dieser Ausgang selten ist, so muss doch hervorgehoben werden, dass der Bronchialcroup ein äusserst hartnäckiges Uebel ist, das gern reci-divirt, und meist Tuberkulose in seinem Gefolge hat.
Bei Thieren ist der Bronchialcroup seeundär sehr oft angetroffen worden. Er gesellt sich bei Pferden, wie schon oben bemerkt, sehr gern zum Catarrh der feineren Bronchien.
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Der Krampf der Bronchien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 349
Von Neubildungen kommen auf den Bronchien Bindegewebswucherungen, Polypen, Fibroide und Tuberkeln vor.
Von Gesch würen begegnet man vor allen Dingen dem ca-tarrhalischen und dem diphtheritischen.
Von Parasiten beobachten wir beim Menschen Echino-coccen, die von hier aus gar nicht selten ausgeworfen werden; bei Schafen den fadenförmigen {stronyylus filarla), bei Kälbern den kleinschwänzigen (strongi/lus micrurus), bei Schweinen den seltsamen Pallisadenwurm {strongylus paradoxus). Die Gegenwart dieser Parasiten veranlasst bei Thieren die sogenannte
Lungenwurmkrankheit,
die bei Wiederkäuern sogar seuchenartig vorkommt. Meistentheils wird Jungvieh befallen, was auf sumpfigen, feuchten Wiesen weidet, bei anhaltender nasser, regnerischer Witterung. Der Grund, dass bei nasser, regnerischer Witterung vorzüglich der Lungenwurm beobachtet wird, rührt daher, dass die genannten Pallisadenwürmer ihre bisherigen Wohnthiere, namentlich Käfer, gerade dann verlassen, und nun an den Gräsern haftend beim Kauen und Schlucken in die Rachenhöhle gelangen, und von hier aus gelegentlich in den Kehlkopf einwandern, oder sie unternahmen die Wanderung selbstständig durch die Nasenhöhle. In den Bronchien rufen sie einen chronischen Catarrh hervor. Man findet sie zusammengeballt in sackartigen Bronchialerweiterungen, in deren Umgebung das Lun-genparenehym comprimirt und verödet ist. In den Luftröhrenästen begegnet man ihnen zu Klumpen zusammengeballt, und in einem Schleim verhüllt. Gleichzeitig, besonders bei Schafen, wird das distoma hepaticum. in den Gallengängen und der Gallenblase angetroffen. — Die Gewebe lungenwunnkranker Thiere sind blutarm, oft ist allgemeiner Höhlenhydrops vorhanden.
Die äusseren Zeichen ergeben sich aus dem Gesagten von selbst. Häufig werden die Würmer in Schleimklumpen eingehüllt in grosser Zahl ausgeworfen.
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Punctionelle Störungen.
Neurosen der Bronchien.
Hierher gehört: der Krampfder Bronchien, das asthma bronchiale. Dieser Zustand besteht in einer krampfhaften Zusammon-ziehung der glatten Muskelfasern der Bronchien und den Folgen der dadurch gesetzten Verengerung der Bronchiallumina. Der Reiz
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zu diesem Spasmus kann von der Lunge oder vom Vagusursprung, oder refloctirt von einer andern Nervenbahn ausgehen. Doch kommen alle Fälle von asthma bronchiale darin überoin, dass die gegebene üispnoë durch einen Dauerkrampf der Bronchialmuskeln erzeugt ist. Die häufigste Veranlassung zum asthma bronchiale gicbt die Hyperämie und der Catarrh der Bronchialschleimhaut. Eine Herzkrankheit an sich vermag gewiss diesen Zustand nicht zu erzeugen, wohl aber dadurch, indem sie, wie namentlich bei Erkrankung des linken venösen Ostiums, eine Hyperämie und einen chronischen Catarrh der Bronchialschleimhaut unterhält. Dasselbe gilt vom Emphysem. Der Emphysematiker erfährt nicht um deswillen so oft und so plötzlich eine acute Verschlimmerung seiner chronischen Athmimgsbeschwerden, weil er an einer Erweiterung seiner Lungenbläschen leidet, sondern deshalb, weil dieser Zustand durch einen chronischen Catarrh der feineren Bronchien erzeugt wird, der durch das veranlasste Emphysem wieder unterhalten wird. Oft ist das asthma bronchiale die Theilerscheiming allgemeiner Nervenkrankheiten, wie sie von Jaksch als periphere Algie und Anodynie beschrieben werden, und die man gemeinhin als Hysterie und Hypochondrie bezeichnet. Oft sehen wir auch das asthma branch, durch eine Retention des Harnstoffs im Blute veranlasst, die einer suppressio urinae folgt. Nicht selten befällt dieses Asthma ganz ursprünglich Personen, die ganz gesund erscheinen, und bei welchen sich weder im Leben noch nach dem Tode gröbere anatomische Läsionen der Kreislaufs- und Respirationsorgane nachweisen lassen. Ueber die veranlassenden Ursachen lässt sich eben so wenig etwas Bestimmtes sagen. Denn während der Eine den Anfall bekommt, wenn er plötzlich eine kalte Luft einathmet, mildert und löst gar nicht selten das bestehende Asthma das Ein-athmen einer frischen und kalten Luft bei einem Andern. Höchst räthselhaft ist die Erscheinung, dass es gewisse Leute giebt, die nie in ihrem ständigen Wohnort von asthma bronchiale befallen werden, wohl aber alsbald einen asthmatischen Anfall erfahren, sobald sie an gewissen Plätzen eine Nacht zubringen.
Die Symptome: Die Paroxysmen alterniren mit freien Zwischenräumen atypisch. Bisweilen spiegeln längere Pausen das Bild vollkommener Wiedergenesung vor, bis von Neuem ein Paroxysmus auftritt, dem dann in der Regel in kürzeren Zwischenräumen mehrere folgen. Quälende Athemnoth , keuchende Ex- und Inspirationen, Erstickungsgefiihl, pfeifende, schnurrende, zischende Geräusche, die schon in einiger Entfernung vom Kranken und noch deutlicher bei der Auscultation hörbar sind, und die das Zellenathmen vollkommen verdecken, ein nnge-
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wohnliches Beanspruchen aller auxiliaren Athemmuskeln, wie des cucullaris, des sternocleido?nastoideus, der scaleni, der Bauchmuskeln; ferner ängstlicher Gesichtsausdruck, das Ausbrechen eines kalten Schweisses an der Stirn, unregelmiissige, heftige Herzschläge, schwacher, kleiner Radialpuls — das sind die Zeichen des Paroxysmus. Nicht das dargereichte Brechmittel oder das angewandte Opium löst den Krampf der Bronchien und hindert, dass ein Tod durch Erstickung ceterminire,sondern die eintretende Anhäufung von Kohlensäure im Blute, die nächste Folge der durch den Bronchialkrampf gehemmten Entkohlensäuerung der Lungenluft ruft eine Lähmung des vagus und mit ihr eine Erschlaffung der Bronchialmuskeln hervor, welche den Krampf löst. Und so bewährt sich hier wiederum der Satz: dass die Natur dem Körper eine grosse Anzahl glücklicher Umstände als Mitgift zuertheilte, durch welche sie die Aufgabe löste, dass die äusseren Störungen sich selbst an der Rückwirkung brechen müssen, welche sie mechanisch hervorrufen. ( L o t z e.)
Die Dauer dos Anfalls beträgt bald eine viertel Stunde, bald selbst mehrere Stunden. Der Anfall lässt entweder plötzlich oder allmälig nach; im letzteren Fall unter Gähnen, Aufstossen, Husten und Schleimauswurf. Selten stirbt ein Mensch in Folge dieser Athem-krämpfe. In der Regel erfolgt der Tod, wenn nicht nach jahrelanger Dauer die Krämpfe von selbst nachlassen, durch anderweit intereunirende Krankheiten, welche in keinem Zusammenhange zum Spasmus stehen.
Der Bronchialkrampf bid Thieren tritt nie als selbstständiges Leiden auf, sehr oft vergesellschaftet er sich aber mit dem Emphysem der Lungen bei Pferden. Er ist der Grund, dass dämpfige Pferde zuweilenplötzlich unter heftiger Athemnoth zusammenbrechen, niederstürzen, und nachdem dieser Paroxysmus eine halbe Stunde gewährt hat, unter Ausbruch eines reichlichen Schweisses und Nachlass der Dispnoë wieder aufspringen. Die periodische Verschlimmerung der Kurzathmigkeit dämpfiger Pferde hängt gewiss mit dem niedern Grade des Bronchialkrampt'es zusammen.
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Der Keuchhusten, Stickhusten (tussis convulsiva).
Derselbe kommt beim Menschen epidemisch vor, meist gleichzeitig mit Masern und Scharlach. Er scheint eine Neurose zu sein, doch nicht des vagus, sondern der peripheren Enden der Schleimhautnerven der Luftwege, von der Nase bis zu den Lungenalveolen.
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Denn die Reflexerregbarkeit derselben ist hier so gesteigert, dass die leiseste Berührung, die geringfügigsten Irritamente diesen convul-sivischen Husten erzeugen. Man kann deshalb sehr wohl die f.us.s/.s convuls'iva als eine periphere Nervenkrankheit der Luftwegsehleim-haut betrachten, die durch catarrhalische Erscheinungen vorbereitet und durch die wochenlang bestehenden Hustenanf'iille und deren oft SOmalige Wiederkehr innerhalb 24 Stunden vermehrt und unterhalten wurde.
Der sporadische Stickhusten ist ausserordentlich selten, und erreicht nie die Heftigkeit des epidemischen, welcher vorzüglich im Frühjahr und Herbst herrscht. Meist werden Kinder jenseits des ersten Lebensjahres von ihm befallen. Doch verschont er bisweilen selbst die Mütter und Pflegerinnen der kranken Kinder nicht, was für seine contagiöse Natur zu sprechen scheint. Die Disposition für denselben erlischt mit dem einmaligen Befallenwerden. Alles, was Luftvvegcatarrhe zu erzeugen und zu erhalten vermag, vermehrt dieselbe.
Sectionsergebnisse: Ich sehe ab von jenen Angaben, welche sich auf einen entzündlichen Zustand des Neurilemma's des vagus, der medulla oblongata und ihrer Häute stützen, da dieselben mehr aprioristisch gefolgert, als wirklich beobachtet zu sein scheinen. Dagegen hebe ich die constant in der Leiche beobachteten Zeichen eines acuten Catarrhes der Luftwegschleimhaut in grösster Ausdehnung hervor. Als Zeichen der determinirenden Complication sind die der catarrhalischen Pneumonie, der Ate-lectasie, des Lungenödems hervorzuheben.
Symptome: Der Anfang des Zustandes wird durch catarrhalische Erscheinungen, als Schnupfen, Augenröthung, Husten, die von einem gelinden Fieber begleitet sind , bezeichnet. Faroxysmen weise tritt jetzt ein trockner, hell-und hoch tönender Husten, besonders Abends auf. Dieses stadium calarvhale dauert 3—4 Tage, selbst eine Woche. Anstatt, dass wie beim gewöhnlichen Catarrhalfieber sich um diese Zeit kritische Sputa und copioser Nasenausfluss zeigt, tritt beim Stickhusten jetzt das stadium convulsivum ein, welches sich durch paroxysmenweise auftretenden Husten äussert. Die Anfälle kommen entweder spontan, oder sie wurden durch Gemüthsbewe-gung, durch Sehreck, Weinen, Schreien und Lachen, durch Körperbewegungen, Zugluft u.s. w. angeregt. Der Anfall beginnt mit einer keuchenden, langen Inspiration, worauf 5, 6 oder noch mehr kurze, gellende, abgestossene Exspirationen aufeinander folgen, ohne dass zwischen ihnen eingeathmet wird, bis ein weiteres Ausathmen unmöglich ist, dann folgt wieder ein langgezogenes, keuchend
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Der Iveuehhustcn , Stickhusten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 353
fchallendes Inspirium. Darauf folgen wieder mehrere stossweise Exspirationen, und so wiederholt sich das Spiel, bis nach 3 — 4 Minuten der Husten nachlässt. meist unter heftigem Erbrechen. Das Erstickungsgefühl, was den Anfall begleitet, ist mit Stimmritzkrampf verknüpft, das Kind richtet sich dabei auf und sucht durch Anklammern einen festen Stützpunkt für den Oberkörper zu lt;re. winnen, um die pfeifende, so mühsame Inspiration zu unterstützen. Bei dem krampfhaften Ausathmen wird das Einströmen von Venenblut in den Thorax gehemmt, daher röthet sich das Gesicht beim Anfalle, es wird selbst cyanotiseh. Die Gelasse der conjtinctiva bulbi et ocnli sind mit Blut überfüllt, und hierdurch kommt es nicht selten zu (lauernden Anginctasieen und zu Extravasationen in die Bindehaut. Dabei ist der Puls frequent und klein, die Extremitäten sind kühl. Bei sehr stürmischen Hustenanfällen kommt es zu freien Blutungen , durch die Venenstase erzeugt, auf Nasen- und Mundschleimhaut und durch die Einwirkung der Bauciipresse auf Blase und Mastdarm zu unwillkürlichem Harn- und Kothabgang. Dem Anfall folgt massige Erschöpfung. Doch hängt dieses Verhältniss sehr von der Individualität ab. Nur zu oft habe ich Kinder auf der Strasse. auf Spielplätzen beobachtet, welche, nachdem sie erbrochen hatten, der gewöhnliche Schlussact des Anfalls, sofort zu ihren Spielen zurückkehrten. Anfänglich kommen nur wonige Anfälle im Verlauf des Tages. Mit der Dauer der Krankheit nimmt die Zahl der Paroxysmen zu. Bei einer allzugrossen Frequenz der Anfälle werden die Intermissionen unrein, es erscheint Fieber von Neuem, was die Kranken erschöpft, bettlägerig macht, namentlich wenn entzündliche Brnstafiëctioneo jetzt sich biuzugcselleo.
Als stadium criticum hat man den üebergang des convulsiven Stadiums nach 3—4 Wochen in den Zustand allmäliger Wiederge-nesung bezeichnet, wobei der Husten nach und nach an Heftigkeit verliert, endlich ohne Glottiskrampf einhergeht, und feucht und lösend wird, wie zu Ende eines acuten Bronchialcatarrhs. Auswurf wird bei Kindern Jüngern Alters meist nicht beobachtet, da sie in der Regel Alles verschlucken, was durch das Husten in die Mundhöhle gelangt. Doch wird der massenhaft ausgehustete und verschluckte Schleim gewöhnlich beim nächsten Anfall weggebrochen.
Die Dauer der Krankheit ist in der Regel sechs Wochen. Der Stickhusten hört um diese Zeit von selbst auf, denn alle Arzneien iiaben sich gegen denselben als unwirksam bewiesen , doch kommt auch eine Dauer bis 20 Wochen vor. — In sehr seltenen Fällen er-i'dgt der Tod entweder durch LungenaffeCtion, z. B. catarrhalische Pneumonie, Bronchitis, Lungenödem, oder durch Gehirnkrankheiten, wobei allgemeine Cönvulsionén sieh zum Anfall gesellei;.
Gleisberg, vergleichemle P.uliulogie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;03
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Von den Erkrankungen der Respirationsorgane.
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In sehr seltenen Fällen wurde der Tod auf der Höhe des Anfalls durch Erstickung beobachtet. Bei einem langen Bestehen des Uebels, bei einer sichtlichen Röckwirkung auf Ernährung und Kräfte-maass ist auf die Anwesenheit lobulärer pneumonischer Heerde zu schliessen, die oft unter den Erscheinungen einer Lungenphthise (infiltrirte Tuberkulose) tödten. Kehren die Anfälle sehr oft wieder, so führt die gehemmte Inspiration , namentlich wenn ein diffuser Catarrh der feinern Bronchien vorbanden ist, zu einem in der Intermission sich nicht ausgleichenden Collaps der Lunge. Die Lungen bleiben atelectatiseh wie bei manchen scheintodtgebornen und später an diesem Zustand verstorbenen Neugebornen. Dadurch wird das Athmen insufficient, der Puls ist klein, die Haut ist kühl, die Kinder werden schlummersüchtig und gehen so zu Grunde. Am Meisten sind Kinder innerhalb der ersten Lebensmonate gefährdet, Opfer des epidemischen Stickhustens zu werden, da sie hier, gerade wie unter andern Verhältnissen, so leicht dem Bronchialcatarrh unterliegen.
Spinola entwirft a. a. O. ein Bild des Keuchhustens bei Thieren, welches der hier gegebenen Beschreibung des Stickhustens des Menschen, mit Ausschluss der Thatsachcn dor pathologischen Anatomie und Physiologie, so conform ist, dass ich keinen Anstand nehme zu behaupten, dass jene Schilderung eine unmittelbare Ueber-tragnng aus der Menschen- in die Thierheilkunde ist, und keineswegs sich auf eiinie oder fremde Beobachtuniren am kranken Thiere stützt.
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Die Krankheiten des Lungenparenchyms. Die anatomischen Störungen.
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Als Hypertrophie der Lunge
beschreibt Eokitansky eine Vergrösserung dieses Organs neben gleichzeitiger Zunahme des Gewebes als wahre Hypertrophie. Diese soll als stellvertretende Entwickelung der einen Lunge bei totaler Verödung der andern vorkommen. Die Wände der Alveolen sollen hier dicker, massenreicher, die Haargefässe derselben vermehrt und das Gewebe resistenter erscheinen, während gleichzeitig die Alveolen erweitert werden. Eine andere Form der Lungenhyperämie ist die sogenannte braune Pig mentindu ration, die ich vielfach bei Benno -Reinhardt bei den Sectionen im Charitékrankenhauso in Berlin beobachtete. Sie beruht auf einer Massenzunahme des
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Hypertrophie Jer Lunge.
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Gewebes auf Kosten der Lungenbläschen, welche ein Product chronischer Hyperäraieen ist, die besonders durch Mitralinsuff'icienzen und Stenosen des linken venösen Ostiuras gesetzt und unterhalten v/erden. Die Massenzunahme der Lunge beruht hier nicht sowohl auf einer Vermehrung des interstiticllen Bindegewebes, als vielmehr auf einer Verdickung der Alveolenwände, wodurch die Lungenbläschen enger, das G-ewebe gedrängter und resistentergeworden ist, die nothwendige Folge der Massenzunahme dieses Organs ohne begleitende Volumenszunahrae desselben. Ein Durchschnitt der Lunge zeigt eine gleichmässige dunkle, braune Färbung des Pären-chyrns und zahlreich eingestreute schwarze Flecke. Diese Färbung rührt von eingelagerten braunen und dunklen Pigmentkörnern her, welche die Residuen zahlloser, metamorphosirter, capillärer Apo-plexieen sind. Das Pigment wird vorzüglich im interstitiellen Gewebe, aber auch zwischen den Epithelien der Alveolen nachgewiesen.
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Atrophie der Lunge.
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Beim Schwunde der Lunge beobachten wir eine Verdünnung und allmäligen Schwund der Alveolarwände in Folge einer mangelhaften Ernährung, ein Zustand, der sich bald mit allgemeinem Marasmus , z.' B. im Greisenalter, einfindet, bald dem Marasmus der übrigen Organe vorangeht und dann auch frühere Lebensperioden befallen kann. Diese Altersentartung der Lunge giebt sich dadurch zu erkennen, dass die Lungen kleiner erscheinen , besonders sind die vordem Ränder geschwunden, Herz und Leber liegen in grösserra Umfang am Thorax an. Durch Atrophie der Zwischenwände sind viele Alveolen in grössere Räume zusammengeflossen , was jenen Grad erreichen kann , dass die Lunge ein weitmaschiges Netzwerk #9632;larstellt. Das Gewebe ist anämisch , schlaff, fühlt sich weich wie Daunen an, ist stark pigmentirt, zuweilen gloichmässig schwarz L'ofärbt. Das Pigment ist hier nicht aus Umbildungen extravasirten Blutes hervorgegangen, sondern der stagnirende Inhalt verödender Blutgefässe hat sich unter fettiger Entartung der Proteinstoffe in dieses Pigment verwandelt.
Aus diesem anatomischen Verhalten folgt, dass Greise in der Regel kurzathmig sein müssen. Diese Kurzathmigkeit geht aus einer Verringerung der respirirenden Lungenalveolen hervor. Deshalb wird auch das Blut reicher an Kohlensäure sein, als unter normalen Verhältnissen, um so mehr, als die atrophischen Inspirationsmuskeln kaum tiefere Inspirationen gestatten, und das schwindende Lungen-parenchyra, seiner Elasticität zum grossen Theil beraubt, kaum noch oine genügende Zusammenziehung bei der Exspiration gestattet. Die so beträchtliche Verödung eines grossen Theils der Lungen-
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Von den Erkrankungen der Resjurationsorgane.
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capillarou muss zu Stauungen im rechten Herzen und zu venöser Stase führen; daher die cyanotischen und hydropischen Erschei-mingen bei Greisen. Diese Zustände werden dadurch einigermassen erträglicher und vertragen sich mit einem längern Bestehen des Lebens um deswillen, weil im Greisenalter einerseits Anämie, andrerseits ein sehr verzögerter Stoffwechsel stattfindet.
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Das Emphysem der Lungen.
Unter Lungenemphysem verstehen wir theils eine Erweiterung der Lungenzellen, durch Ausdehnung derselben oder durch Verschmelzen dieser unter einander erzeugt (Vesicularemphysem). theils den Austritt von Luft in das interlobulare Bindegewebe.
Wenn ein aliquoter Theil des Lungenparonchyms impermeabel für die Luft wird, sei es durch Infiltration, Compression, oder durch Verödung, so geräth das Lungengewebe in seiner unmittelbaren Umgebung unter einen stärkeren Luftdruck bei der Inspiration, der nach kurzer Zeit eine Ausdehnung der genannten Lungenzellen , ein sogenanntes v i c a r i r e n d e s E m p h y s e m erzeugt. Die Ausbreitung desselben würde in den meisten Fällen noch viel bedeutender sein, als sie angetroffen wird, wenn nicht gleichzeitig die Thoraxwand über dem impermeablen Lungengewebe einsänke. Aussei' diesem chronischen, vicarirenden Emphysem, was wir beiLnngeninduration. Lungentuberkulose, bei Compression durch pleuritischo Ergüsse, die nicht die ganze Lunge comprimirton . antreffen , begegnen wir noch einem acuten vicarirenden Emphysem in der Leiche von an Pneumonie, namentlich aber an hypostatischem Oedem zu Grunde gegangenen Individuen. Hier sind die Alveolen namentlich au den vordem Eändern der Lunge ganz ungewöhnlich erweitert. — Die Entstehungsursache des vicarirenden Emphysems ruht nicht allein in einer Modification des Luftdrucks bei der Inspiration . sondern auch in der aufgehobenen Ausdehnung der infiltrirten o der verödeten Partie. Der permeabel gebliebene Lungenthcil erfährt deshalb eine Erweiterung ex vaeuo.
Das selbstständige, idiopathische Emphysem entsteht nach Roki tan sky dadurch, dass in den feinern Bronchien ein Hinderniss für den Durchtritt der Luft, meist eine catarrhalischo Schwellung der Schleimhaut vorhanden ist. Dieses Hinderniss wird nun zwar bei tiefen Inspirationen überwunden, und die Lungen erfahren eine genügende Füllung mit Luft, während die Esspiration jenes Hinderniss nicht zu überwinden vermag , da derselben nicht jene Mittel zu Gebote stellen, als wie dem Acte des Einathmens. indem das Ausathmon mit Ausnahme der Betheiligung der Bauch-presse ein rein passiver Act ist und fast nur auf der Elasticiiät der
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Das Emphysem tier Lungen.
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Lunge beruht. Auf diese Weise geschieht es, dass ein Theil der Luft in den Lungenzellen zurückgehalten wird, welche, da die nächste Inspiration zu der verhaltenen Luft immer neue hinzuführt, die gleichfalls wieder nicht gänzlich zu entweichen vermag, die Alveo-len immer mehr und mehr überfüllt und erweitert. Diese R o k i t a n s-ky'sche Erklärung deckt nicht alle Ursachen des Substantiven Emphysems, z. B. die des Emphysems bei Posaunisten, Trompetern ; hier scheint eine übermässige Ausdehnung der Lunge bei stundenlang fortgesetzten tiefen Inspirationen die Alveolen so beträchtlich auszudehnen, dass ihre Elastieität allmälig schwindet, und sie so dauernd erweitert bleiben. Gegen diese Erklärung lässt sich namentlich die weit über die Grenzen der tiefsten Inspiration hinaus-leicheudo Erweiterung der Lungenbläschen beim Lungenemphysem geltend machen. M o n d e 1 s s o h n giebt eine plausiblere Erklärung. Er hebt hervor, dass bei heftigem Husten, beim Stickhusten die Glottis verengt wird , während der Kranke den Thorax verkleinert. Diese Verkleinerung findet in den untern Partieen des Thorax statt. Da nun die Luft nicht oder nur unvollständig durch die Glottis entweichen kann, so wird sie mit aller Gewalt, was besonders auch für Bläser gilt, in jene Partieen der Lunge gcpresst, welche nicht durch Mus-kelaction bei tiefem Exspirium zu verengern sind, also namentlich in die obern Lappen, wo das substantive Emphysem erfahrungsgemäss vorkommt. Hier werden die Lungenbläschen bedeutend ausgedehnt, ihre Ernährung wird gestört, sie büssen ihre Elastieität ein, werden endlich annachgiebig und starr.
Das in te rs t i t i eile Emphysem beruht auf einer Zer-reissung von Lungenbläschen, welche bei heftigen Hustenanfällen bisweilen sieh ereignet. Hierbei tritt Luft in das intcrstitiolle Bindegewebe und bahnt sich einen Weg bis zum Pleuraüberzug.
Die Leichen er schei nungen des chronisch vicarirenden Emphysems stellen stecknadelkopf-bisbanfkorngrosse, durchsichtige Bläschen dar, und sind immer von beschränkter Ausbreitung. Das acute vicarirendo Emphysem, welches gern/?laquo; laquo;yo/je entsteht, bildet in den vordem Rändern der Lunge blassrüthliche oder weisse, zuweilen ziemlich ausgedehnte Stellen, welche meist scharf gegen die blutreiche, dunkle Lungensubstanz abstechen. Sie fühlen sich weich an, collabiron schnell, wenn man sie anschneidet, die Lungenbläschen sind vergrössert, ihre Wände verdünnt, die zuweilen gänzlich fehlen , wodurch mehrere Alveolen zu grosseren Blasen zusammengeflossen sind. Beim idiopathischen Emphysem zeigen sich besonders Spitze und oberer Lappen bedeutend ausgedehnt, wodurch es den Ansehein gewinnt, als habe die Lunge nicht Raum im Thorax, sie quillt hervor, wenn man das Sternum entfernt. Beim Einschneiden collabiren die emphysematösen Abschnitte nicht, und die Luft ent-
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weicht nur langsam ohne das eharacteristische Knistern, das man beim Einschneiden einer normalen Lunge vernimmt. Die ausgedehnten Lungen stossen bis weit abwärts zusammen , und mitunter bedeckt die linke den Herzbeutel ganz vollkommen, und die rechte reicht oft bis zum untern Rippenrande hinab. Die Lungenbläschen der erkrankten Partieen sind oft bis Erbsengrösse ausgedehnt. Sie haben ihre regelnlässige runde Form aufgegeben, sind buchtig, und sind die Zwischenzellen nur theilweise geschwunden, so bilden deren Eesi-duen loistenarti^o Kämme, unvollständige Scheidewände in den selbst bis zur Bohnengrösse erweiterten Lungenzellcn. Das Lungengewebc ist aullallend trocken und blutleer, meist dunkel pigmentirt, das Pigment steckt auch hier in den verödeten Gefässen. Das nicht emphysematöse Lungengewebe, die untere hintere Partie der Lungen ist blutreich, ödematös.
Das Z wi seh enläp p ch e n em ph y s em bildet stecknadel-kopfgrosse, hell durchscheinende Bläschen, die sich durch Druck verschieben lassen. Bisweilen findet sich die ausgetretene Luft zwischen den Lungenläppchen, dieselben inseliormig umschreibend. Auch kommen grössere Blasen vor. Ich habe sie bei Reinhardt wiederholt in der Grosso einer Kirsche gesehen. Die Blasen sind glashell, durchscheinend, und werden von Hqy pleura pubnoncilis gebildet.
Die Symptome: Das chronische und das acute vicarirendo Emphysem lassen sich häutiger vermuthen, als durch physikalische Exploration feststellen. Etwas Anderes ist es mit dem Substantiven Emphysem. Die Symptome dieses ZuStandes hängen theils von dem gehemmton Gaswechsel zwischen Lungenluft und Blutgasen, dieils von der gehemmten Circulation, theils von Reflexen beider Verhältnisse auf die Ernährung ab. Das Blut wird nicht genügend mit Sauerstoff versehen , nur mangelhaft wird die Kohlensäure entzogen: daher anhaltender Lufthunger und Athomnoth. Die Verödung der Haar-gefässe in den emphysematösen Partieen verengt das Strombett der Lungencapillaren, deshalb Rückstau zum rechten Herzen, Dilatation des rechten Ventrikels, nachfolgende excentrische Hypertrophie desselben, gehemmte Entleerung der Hohlvenen, deshalb Erweiterung der Halsvenen, Cyanose der Lippen, der Nase, gehemmter Eintritt des Chylus durch den duetus ihoraefeus in die linke Achselvene, deshalb Verarmung des Blutes an Eiweiss und Fett. Die gehemmte Entleerung der unteren Hohlvene führt zu BlntüberfQIlung der Leber, zu Stauung der Pfortader, chronischen Hyperämieen der Magenschleimhaut, Milztumor, weshalb auch Bock mit vollem Rechte singt:
Das Emphysem, des Asthma's Grund, Bringt Milz, Magen, Leber auf den Hund.
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Das Emphysem der Lungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 359
Die Sta.se in der Pfortader erzeugt später hydrops oscites, ater noch früher, ehe dieser eintritt, beobachten wir oedema pedum in Folge der Stauung in den iliacac commvnes. Die mangelhafte Füllung des linken Herzens erzeugt den kleinen Puls, die fahle Hautfarbe und die verminderte Urinsecretion. Die abgeänderte Blutbeschaffenheit, die hydrämische Krase, durch den gehemmton Eintritt des Chylus erzeugt, ruft Abmagerung und vorzeitigen Marasmus hervor, der Kohlensäurereichthum und der Sauerstoffmangel die grosse Muskelschwäche. Die nicht emphysematösen Lnngenpartieen leiden gleichfalls unter der gestörten Blutvertheilung. Ihre Haar-gefässo gerathen unter einen multiplen Blutdruck, der proportional der Menge der untergegangenen und verödeten Haargefässe ist. Deshalb sind diese Theile oft Sitz von Hyperämieen, Catarrhen und serösen Infiltrationen.
Alle diese Zustände, welche jetzt geschildert wurden, entwickeln sich stetig, gradatim, doch sind mit deren Aufzählung die Leiden des Emphysematikers noch nicht erschöpfend erwähnt. Vielmehr gesellen sich zu diesen allmälig sich entwickelnden Erscheinungen noch acute, exacorbirende, welche aus den Recrudescenzen iles Bronchialcatarrhs hervorgehen, wodurch die Athemnoth mitunter die höchsten Grade erreicht. Sie müssen die Nächte ausser Bett zubringen, die Haut wird erdfahl, kühl, das Sensorium benommen, Puls und Herzschlag nnregelmässig, schwach.
Hat das Emphysem einen gewissen Grad erreicht, so ergeben sich folgende physikalische Veränderungen :
Die Abmagerung der Thoraxmuskeln sticht ganz besonders gegen die starke Entwickelung des slernoclcldomast., der scaleni, des omohyoideus ab. Der Thorax ist auffällig gewölbt, namentlich bis zur sechsten Rippe. Der Durchmesser von vorn nach hinten hat beträchtlich zugenommen; das Brustbein ist gebogen, nicht selten auch die Wirbelsäule. Die Intercostalräume sind gefurcht; die fossa sitp?'a- ei infraclavicularis sind verstrichen; die untere Apertur des Brustkastens nimmt an der Erweiterung bei der Inspiration nichtTheil, daher die fassförmige Form des Brustkastens. Während des Einathmens heben sich die Rippen nur wenig, der Thorax wird vielmehr nach oben geschoben, und tritt während des Ausathmens nach unten. Die Percussion ergiebt eine Ausbreitung des vollen Percnssionsschallcs und eine Verkleinerung oder ein Verschwinden der Herz-und der Leberdämpfung. Der Percussionssehall selbst ist keineswegs abnorm voll, oder klingend, da die Regel-mässigkeit der Schwingungen durch die Compression der Luft in den emphysematösen Particen gehemmt wird. Bei der Auscultation vernimmt man nur schwaches , vesiculäros Athmcn , was gleichsam im Widerspruch steht mit dem vollen Percussionssehall und den
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Anstrengungen, die der Kranke beim Einathmen macht. Fast constant werden Rasselgeräusche, des begleitenden chronischen Catarrhs halber, vernommen ; wohl niemals fehlt feinblasiges Rasseln hinten neben der Wirbelsäule.
Bei hochgradigem Emphysem wird der Herzstoss an der normalen Stelle nicht gefühlt, weil Lungenparenchym zwischen der Herzspitze und der Thoraxwand eingeschoben ist. Dagegen fühlt man deutlich das Epigastrium bei jeder Systole erschüttert, eine Erscheinung, die weniger von einer Dislocation der Herzspitze in das Epigastrium abhängt, vielmehr ein durch den linken Leberlappen fortgepflanzter Choc des hypertrophischen und dilatirten recliten Ventrikels ist. Bei bedeutendem rechtseitigen Emphysem ist die Leber oft stark nach abwärts gedrückt, der rechte Lappen ragt dann handbreit unter den falschen Rippen hervor.
Der Verlauf und die Dauer der Krankheit kann durch das ganze Leben wahren. Emphysematiker erreichen sogar ein hohes Alter, obwohl die Beschwerden mit den Jahren zunehmen, die asthmatischen Anfalle häufiger und heftiger werden. Im Sommer befinden sich derartige Patienten meist wohl, im Winter dagegen um so schlechter, was mit dem verschlimmernden Einfluss des Catarrhs auf die durch Emphysem erzeugten Beschwerden zusammenfällt. Die Kranken gehen entweder an Lungenödem, oder an einer inter-currirendon Pneumonie, an Marasmus, Hydrops zu Grunde. Einen Ausgang in Wiedergenesung giebt es begreiflicherweise nicht.
Das Bläschenemphysem kommt namentlich bei Pferden vor, und verursacht dort eine chronische, die Dienstbrauchbarkeit beeinträchtigende Athmungsbeschwerde, die unter dem Namen Damplquot; aufgeführt wird, und ein Gewährsmangel ist.
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Verminderter Lnftgelialt der Lunge, Ateléctasie, Compression.
Dieser Zustand ist oft angeboren. Die Alveolenwände berühren sich, oder die Luft wird erst später resorbirt, und die Alveolenwände collabiren erst dann , oder die Lungenbläschen wurden von aussen zusammengedrückt (Compression der Lunge).
Die angeborne Atelectasie findet sich am Häufigsten bei Kindern, welche zu früh geboren wurden, oder die scheintodt zur Welt kamen. Das insufficiënte Athmen erschliesst hier dem eindringenden Luftstrom nicht jede Alveolenprovinz, eine grössere Zahl von Lungonliippchen wird nicht aufgeblasen, oder ein innerhalb der ersten Lebensstunden aequirirter Catarrh führt zur Verstopfung einzelner Bronchien , und dadurch zur Atelectasie. Der sogenannte Lungencollapsus kommt vorzüglich bei Kindern, aber auch bei Er-
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Verminderte! Lnftgehalt der Lance.
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wachsenen vor, stets veranlasst durch einen Catarrh der feinem Bronchien und Verstopfung der feinern Luftröhrchen durch diesen, ist auch mehrfach im Typhus beobachtet. Die stagmrende Luft wird später resorbirt, und die Lunge collabirt. Die Compression der Lunge wird theils durch die Anwesenheit von Gasen, Flüssigkeiten im Thorax, durch Verkrümmung des Brustkastens, durch An^urysmen, grossj pericardiale Exsudate und massenhafte Ergüsse in die Bauchhöhle, wodurch das Zwerchfell stark nach oben gedriingt wird, erzeugt.
Der Leichenbefund:
Die angeborne Atelectasie tritt meist ancircumscripten Stellen auf, selten ist sie über den halben oder ganzen Lungenlappen verbreitet. Das Parenehym ist etwas unter das Niveau der lulthal-tigen Gewebe herabgesunken. Diese Stellen sind dunkelblau gefärbt, derb, knistern nicht, wenn man in sie einschneidet, zeigen eine glatte, blutreiche Schnittfläche. Anfänglich gelingt es leicht, sie aufzublasen, später ist dies schwer, endlich nicht mehr möglich.
Die Veränderungen bei der erworbenen Atelectasie sind dieselben, sie wurden früher von Rok i tan sky als catar-r haiisch e Pneumonie beschrieben. Dieblauen, deprimirten, luftleeren Stellen stechen hier noch mehr gegen das umgebende emphy-sematöse Gewebe ab. Keim tieferen Einschneidon in die atelecta-sischen Stellen trifl't man meist auf einen dicken, eitrigen Schleimpfropf, welcher den zuführenden Bronchus verstopft. Bei längerem Bestehen zeigen sich in den verdichteten, atelectasischen Partieen circumscripte gelbe lieerde, welche anfänglich derb und fest sind, später erweichen. Diese Heerde sind lobuläre catarrhalische Pneu-monieen und beruhen auf reichlicher Bildung junger Zellen in den collabirten Alveolen.
Die comprimirte Lunge zeigt bei leichteren Graden eine Dichtigkeitszunahme und vermehrte Consistenz, ein Gedrängtsein der constituirenden Elemente der Lunge , ohne dass das Lungen-parenehym völlig luftleer geworden wäre. Bei einem höhern Grade der Compression ist die Luft aus den Bronchien und Alveolen entwichen, aber die Compression war nicht stark genug, auch die Ge-hisse zu comprimiren und blutleer zumachen; die verdichtete Lunge ist roth, blutreich, feucht, einem Stück Muskelfleisch ähnlich, deshalb nennt man sie camifielrt. Bei dem höchsten Grade sind auch die Gefässe comprimirt, die Lunge ist blutleer, trocken, graublau, bleifarbig, und in einem von mir beobachteten Falle, nach 5jäh-rigem Bestehen eines Pneumopyothorax, in einen handtcllergrossen zähen, lederartigen 4—5'quot; dicken Lappen verwandelt.
Die Erscheinungen der angeborenen Atelectasie sind die des insufficienten Athmens und einer mangelhaften Entkohlensäuerung des Blutes. Die Kinder athmon oberflächlich, schnell, schlafen un-
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gemein viel; die Stimme ist schwach piepend, wimmernd, sie können nicht kräftig saugen. Endlich werden die Kinder bleich, die Haut wird kühl, selbst kalt, die Nase wird spitz, livid, die Lippen bleifarbig und gehen meist in den ersten Tagen des Lebens, seltener nach 2—3 Wochen, unter den Erscheinungen der allgemeinen Lähmung zu Grunde. Selten gehen dem Tode Convulsionen voran. Die atelectasisehen Heerde sind in der Eegel zu klein, um durch die Percussion nachgewiesen werden zu können.
Gesellt sich zur sogenannten capillärcn Bronchitis Lungen-collapsns bei kleinen Kindern, so ist derselbe nur in den seltensten Fällen durch die physikalische Diagnostik nachzuweisen. Treten die Erscheinungen von insufficientem Athmen und Kohlensäurevergiftung zu einer capillärcn Bronchitis, so ist nur dann mit Bestimmtheit auf die Anwesenheit eines Lungencollapsus zu schliessen, wenn durch die Percussion eine ausgebreitete Dämpfung nachgewiesen wurde, indem der Verschluss vieler kleiner Bronchialäste auch ohne Lungoncollapsus von insufficientem Athmen und den Zeichen der Kohlensäurcintoxication begleitet ist.
Die Zeichen der Compression lassen sich schwer von denen der sie erzeugenden Processe trennen. Zu den Symptomen des in-sufficienton Athmens gesellen sich, wenn gleichzeitig dieGofässe der Lunge comprimirt sind, Störungen der Circulation, wie namentlich Dilatation und excentrische Hypertrophie des rechten Herzens, Ueberfüllung der Venen des grossen Kreislaufs, deshalb Cyanose, venöse Stauung im Gehirn, in der Leber, in den Nieren. Auch hier erhält das linke Herz zu wonig Blut: dasselbe ist im Ueber-schuss in den Venen und im rechten Herzen vorhanden und mangelt dafür in dem linken Herzen und in den Arterien : daher der kleine Puls, die bleiche Haut und die zögernde Urinsecretion. Dies gilt besonders für die complete Compression der einen oder dar andern Lunge bei sich rasch entwickelnden pleuritischen Ergüssen. Hier erwächst die grösstn Gefahr für das Leben aus dieser Störung der Blutvertheilung. Indem das rechte Herz mit seinem ganzen Blutgehalte nur auf eine Lunge angewiesen ist, so strömt das Blut in der gesunden Lunge unter einem enorm erhöhten Seitendruck. Die nächste Folge dieses Verhältnisses ist ein diffuser Catarrh und in vielen Fällen ein tödtliehes Lungenödem. Sind die untern Partieen in der Lunge comprimirt, so entsteht ganz aus demselben Grunde eine collaterale Fluxion nach den oberen. Etwas Aehnliches gilt von den Buckligen, die sehr häufig an Hyperämie, Catarrh und Oedem der nicht comprimirten Lungentheile laboriren.
Die congenitale Atelectasie ist bei Thiercn noch nicht beschrieben. Lungoncollapsus und Lungencompression bieten in der
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Die fttmonären Hyperämieen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3G3
Leiche wie am lebenden Thiere dieselben Verhaltnisse dar, wie sie jetzt beim Menschen geschildert wurden.
Die Hyperämie der Lunge
beruht entweder auf einer Fluxion, oder auf einer Blutstockung.
Die fluxionären Hyperämieen
beobachten wir zunächst bei gesteigerter Herzaction, z. B. bei jugendlichen Individuen in der Pubertätszeit nach einer übermässigcn Körperanstrengmig, nach dem Genuss erhitzender G-etränke. Aber auch ohne Hwzcrothismus rufen übertriebene Körporanstrengungen, Excesse in Baccho, ungewöhnliche psychische Emotionen, Wutli-ausbrüche u. s. w., gleichzeitig mit einer beschleunigten Herzthätig-keit gefahrdrohende Lungenhyperämieen hervor.
Dann beobachten wir Fluxionen zur Lunge, welche durch directe Reize, wie durch Einwirkung der Kälte auf die Lungeu-sehleimhaut, durch das Einathmon sehr heisser oder mit scharfen Substanzen vermischter Luft, liervorgerufen werden. Durch die Einwirkung dieser Reize scheint das Gewebe lockerer zu werden, und nun dem Blutstrom einen geringern Widerstand entgegen zu setzen.
Ferner begegnen wir der fluxionären Hyperämie in allen Fällen, in welchen eine Stase in den Haargefässen die Circulation hemmt, daher in allen jenen Fällen, in welchen Capillaren comprimirt oder verödet sind. In den Abschnitten der Lunge, in welchen die Circulation keine Hemmung erfuhr, muss sich nothwendig eine Hyperämie entwickeln. Diese collateralen Fluxionen beobachten wir bei Emphysem, beiLungencompression durch pleuritischeExsudate, Luftansammlung derPlenrahöhle, bei Thoraxverkrümmungen u. s. w. Dieses Verhältniss veranschaulicht uns auch am Besten die günstige Wirkung derVenaesection beiPneumonieen, Plenriten etc.
Endlich entsteht eine fluxionäre Hyperämie der Lunge bei einer Verminderung des Luftdrucks in den Lungenalveolen. Wir beobachten dieselbe namentlich dann, wenn Jemand bei einer verengten Glottis tief inspirirt, und können darin eine der vorzüglichsten Ursachen erblicken, warum die Tracheotomio in den meisten Fällen erfolglos bleibt. Denn indem durch die Tracheotomie auf einmal das Heramniss bei der Inspiration beseitigt wird, strömt bei den ersten freien Athcmzügen nicht nur Luft in die grossen Luftwege, sondern vor Allem auch Blut in das Lungenparenchym mit vermehrter Kraft ein, in Folge dessen das Kind rasch unter den Zeichen der Erstickunj; erliest.
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Blutstockungen,
sogenannte passive Hyporamieen, müssen in allen den Fällen in der Lu-ige angetroffen werden, wo die Pulmonalvencn abnorm gefüllt sind, und deren Wände übermässig gespannt erscheinen. Hierbei kann das Blut nur schwer aus den Haarge-fässon abliiessen , während die Arterien , selbst bei einer geringern Füllung, noch immer Blut zuführen, da unter solchen Verhältnissen ihre Wände eine weit grössero Spannung zeigen, als die Capillar-wände. Der Grund, dass bei Blutstockungen dieLungenhyperämie einen ungleich hohem Grad erreicht als bei der Fluxion, beruht darin, dass solange unausgesetzt das Blut im üebermassu in die Haargefasse einströmt, bis die Spannung der Haargefässwände denen der zuführenden Arterienwände gleich wird. In den meisten Fällen wird dieser Spannungsgrad jedoch von den Haargef'ässwan-dungen nicht erreicht, sie bersten früher, und so führen Stauungs-Hyperämieen zu Blutungen in das Lungenparenchym.
Diese Stauungen in den Lungenhaargefässen kommen begreiflicherweise in der exquisitesten Weise zu Staude bei Stenosen des linken venösen Ostiums und bei Insufficienzen der Mitralis. Dann durch jede herabgesetzte Herzaction, welche eine unvollständige Entleerung der Herzhöhlen und dadurch einen gehemmten Ab-fluss des Blutes aus den Venen zur Folge hat. Die geschwächte Herzaction hemmt weniger den Blutlauf' in den Arterien, besonders wenn die Frequenz der Herzzusammenziehungen in einer gegebenen Zeit eine gesteigerte ist, als in den Haargefässen und den Venen, da die iris u leryo, unter der das Blut in diesen strömt, bei der abgeschwächten Herzaction bedeutend vermindert ist. Daher die bedeutende Blutfülle der Parenehyme und die stärkere Fülle der Venen, des rechten Herzens, besonders bei allen acuten Infections-krankheiten, als dem Typhus, den Milzbrand fiebern, den Puerperal-tiebern, den pyämischen und ichorrhämischen Zuständen. Bei sehr abgeschwächten Herzcontractionen häuft sich das Blut in den Lunsren in der Hegel in den abhängigsten Partieen der Lunge an, indem das Blut jetzt dem Gesetze der Schwere folgt, die vordem bei einer ungeschwächten vis a teryo und bei normalen widerstandsfähigen Parenchymen so leicht überwunden wurde; daher die Lungenhypostase und der Decubifus der Haut beim Typhus, daher die bedeutenden Hyperämieen der untern Lungenabschnitte bei Milzbrandfiebern und Anthrax der Thiere und die bedeutende Hyperämie der einen oder der andern Lunge, wenn ein Thier in Folge einer acuten Infectionskrankheit tage- oder selbst nur stundenlang vor dem Tode in der Scitenlage zubringen musste.
Die Folge der Blutanhäufung in den Haargefässen der Lunse
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BlatstoekungeD,
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führt zu Schwellung der Alvcolen. das Paréncbym wird durch Anhäufung eines blutwässrigen Transsudats succulenter, und endlich kann ein so reichlicher seröser Erguss in die Alveolcn stattfinden, dass Lungenbläschen und Bronchialendigungen von einem mit Blut untermischten Serum strotzend erfüllt sind. Das Blut stammt aus den geborstenen Lungencapillaren.
Mitunter bei den höhern Graden der fluxionären Hyperämie und der Blutstauung ist dieConsistenz des Transsudats der einer con-centrirten Eiweisslösung ähnlich (entzündliches Lungenödem), oder es tritt selbst Fibrin in denAlveolen oder in dem interstitiellen Gewebe der hyperämischen Lungenpartieen auf, und dann unterscheidet sich dieser Zustand durch Nichts mehr von der Pneumonie. Begegnen wir diesem Verhältniss bei abgeschwächten Herzcontractionen , wie bei Typhen, Milzbrandfiebern etc., so bezeichnen wir den Zustand ais liypostatische Pneumonie.
Der Leich enb ef u n d: Bei geringerem Grade der Hyperämie ist die Lunge dunkelroth, gedunsen, die Gefässe sind strotzend gefüllt, das Gewebe ist saftiger, lockerer, knistert weniger beim Einschneiden , aus der Schnittfläche quillt viel Blut, aus den durchschnittenen Bronchien fliesst eine schaumig blutige Flüssigkeit ab. Bestand die Hyperämie länger, und erreichte sie einen höhern Grad, dann ist die Farbe der Lunge blau bis schwarzroth, das interstitielle Gi-webe und die Alveolenwände sind hier so beträchtlich auf Kosten der Alveolenräume und Bronchiallumina geschwollen, dass das Lungenparenchym unter completer Aufgabe seiner zelligen Textur makroskopisch dem Milzgewebe fast vollkommen gleicht, daher es auch als s pi enis ir t es Lungengewebe bezeichnet wird. — Entwickelte sich ein reichliches Transsudat in den Hohlräumen der Lunge, so ist die Lunge aufgedunsen, collabiit nicht beim Eröffnen des Thorax , fühlt sich strotzend an , und hat ihre Elasticität theil-weise eingebüsst, indem Fingereindrücke sicli nur allmälig wieder ausgleichen. Die rothe Farbe des Lungenparenchyms unterscheidet das Lungenödem aus Hyperämie vou dem in Folge hydränuscher Blutbeschaffenheit, bei welchem die Lunge ganz blass erscheint. Beim Einschneiden fliesst eine oft enorme Menge einer bald hellen, bald leichtgefarbten Flüssigkeit über die Schnittfläche ab, die bald schaumig, reichlich mit Luftblasen nnterraischt ist, wenn das Lungenparenchym noch theilweise lufthaltig war, bald dieser Luftblasen gänzlich entbehrt, wenn das Transsudat alle Luft aus den Alveolen verdrängte.
Bei der Hypostase finden wir eine hochgradige Blutüberfüllung bis zur Splenisation , oder ein mehr oder weniger luftleeres Oedcm. Beim Menschen findet man sehr oft die Hypostase nur auf der einen oder andern Seite, auf der der Kranke vorherrschend lag. Dies gilt ganz besonders auch von Pferden, welche tagelang auf einer Seite
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vor dem Tode liegend verbrachten, während in beiden Fällen die andere Lunge ganz gesund sein kann. Gelingt es nicht durch Druck den Inhalt der Lungenalveolen vollkommen zu entfernen, besitzt der Durchschnitt ein undeutlich körniges Gefüge, und lassen sich in der ausgepressten Flüssigkeit kleine Fibrincoagula nachweisen, so haben wir die hypostatische Pneumonie vor uns.
Die Symptome der Lungenhyperämie beim Menschen gestalten sich natürlich verschieden, je nachdem Fluxion oder Blutstockung die Ursache der Lungenhyperämie ist. Bei der Fluxion mindern Grades werden kaum Symptome wahrgenommen, sobald aber der Blutandrang bedeutender wird, die Capillarnetze dichter werden, die Lungenalveolen sogar anschwellen, so ist einHinderniss für den Gasaustausch zwischen Blut und Luft gesetzt; es tritt ein Gefühl von Vollsein und Beängstigung ein, selten gesellt sich hierzu ein trockner, kurzer Husten und ein schaumiger, blutstreifiger Auswurf. — Sind die Lungenhyperärnieen die Folge sehr stürmischer Herz-contractionen, und bedrohen dieselben unerwartet das Leben, so sprechen die Symptomatiker, wenn Tod eintrat, von einemLungen-schlagfluss. Hier wächst die Knrzathmigkeit rasch zu einer bedenklichen Höhe, die Atherazüge sind jagend, Lufthunger und Beängstigung steigern sich bis zur Todesangst. Bei jedem Hüsteln füllt sich der Mund mit schaumig blutigem Auswurf. Das Herz pnlsirt sichtbar, das Gesicht ist geröthet, bis endlich die Erscheinungen des Oedems sich zur Hyperämie gesellen. Jetzt werden die unruhigsten Kranken still, verfallen in Sopor, das Gesicht erbleicht, die Lähmung der Bronchialmuskeln führt zu einer Stagnation des Transsudats, was ursprünglich ein ganz leises Singen auf der Brust beim Athmen erregt, und schliesslich in das grossblasige Tracheairasseln, vulgo Sterberöcheln übergeht. — Folgte die Hyperämie der Einwirkung reizender Dämpfe auf Kehlkopf und Luftröhrenschleimhaut, so compliciren sich die Erscheinungen der Fiuxion mit denen des Stimmritzkrampfes. — Die collateralen Fluxionen nehmen grossen Antheil an der Entstehung des Symptomenbildes der Lungenentzündung, Luftröhrenentzündung, des Pneumothorax. Vonder Ueberfüllung der Haargefässe, von der Anschwellung der Lungenbläschen in den von dem eigentlichen Process verschonten Lungen-partieen hängt zum grössten Theil die Dispnoë ab. Sterben Kranke im ersten Stadium der Pneumonie, der Pleuritis, oder alsbald nachdem Luft in die Pleura eindrang, so ist der Tod die mittelbare Folge der co Hat er al en Flu xi on, welche zum entzündlichen, determinirenden Oedem führte.
Die Blutstauung erzeugt, auch wenn sich nicht Oedem hinzugesellt , Knrzathmigkeit im höhern Grade als die Fluxion zur Lunge. Leute, welche eine Insufficienz der Mitralis oder wohl gar eine Stenose
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Blutstockungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 367
des linken venösen Ostiums besitzen, leiden, selbst wenn sieh die Blutstauung von den Haargafassen derAlveolen nicht auf ihre Anastomo-sen verbreitete, die Schleimhaut der Bronchien nicht Sitz einer consecutiven Hyperämie und Schwellung war, an einer höchst lustigen Kurzathmigkeit, die bei jeder Körperbewegung sich verschlimmert. Während bei der Fluxion dor Blutlauf beschleunigt ist, ist er bei der Blutstauung verlangsamt, daher hier der höhere Grad von Dispnoë. Herzkranke erfahren oft plötzlich und unerwartet einen Anfall hochgradiger Athemnoth, liegend drohen sie zu ersticken , sie können deshalb nur sitzend athmcn, die Hände, die Gesichtshaut ist kühl, selbst kalt, die Lippen werden blau , die Gesichtshaut bleigrau , das Athmen ist enorm beschleunigt. Diese Anfälle können vorübergehen, aber auch mit dem Tode enden. In der Regel überstehen Herzkranke eine grosse Reihe derartiger Anfälle, ehe sie dem letzten erliegen. Bisweilen entwickelt sich aber allmälig unter dem Einfluss der langwierigen Blutstauung in den Lungen ein chronisches Oedem, an dem der Kranke allmälig zu Grunde geht. — Gesellt sich zu einem asthenischen Fieber oberflächliches Athmen, und weist die Percussion oder die Auscultation eine Verdichtung der Lunge neben der Wirbelsäule nach, so kann mit Bestimmtheit auf die Anwesenheit einer hypostatischen Pneumonie geschlossen werden.
Sowie die Hyperämie der Lunge einen gewissen Grad erreicht hat, tritt Lungenödem hinzu, welches auf einer serösen Transsudation in die Lungenalveolen beruht, was die Luft entweder theil weise oder vollkommen in denselben verdrängt. Wir erschliessen die Anwesenheit des Oedems zunächst aus dem Grade der Dispuoë und aus den characteristischen Sputis, welche dünnflüssig, durchsichtig, mit Blut vermischt und sehr copiös sind. Die Auscultation ergiebt feuchtes, feinblasiges Rasseln, und ist endlich alle Luft aus dem aus-cultirten Lungentheile durch das Transsudat verdrängt, so vernimmt man gar kein Athmungsgeräusch. Der Percussionsschall wird zuweilen tympanitisch.
Was jenes Oedem anbetrifft, welches sich zur allgemeinen Wassersucht gesellt, so geben die Erscheinungen von hydroys anu-sarca und Höhlenwassersuchten den besten diagnostischen Anhalt für die Deutung der Dispnoë, welche sich zu jenen Symptomen gesellt. Gesellen sich hierzu seröse Sputa und feuchte Rasselgeräusche, und wird der Percussionsschall in grösserer Ausdehnung leer tympanitisch , so kann mit Bestimmtheit auf Lungenödem geschlossen werden.
Die Lungenhyperämie bei unsern Haussäugethieren kommt ganz unter denselben Verhältnissen vor, als wie beim Menschen. Am Häufigsten werden Gebrauchsthiere, namentlich zum schnellen Zug
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und zum Reitpn verwandte Pferde, von der Lungenhyperämie heimgesucht, oder wir hatten auch hier collaterale Fluxion oder Stauungs-hyperämieen vor uns.
Die Erscheinungen sind entweder plötzlich oder allmälig eintretende Athmungshesch werden, die sieh auch hier bis zur drohenden Erstickung steigern können; gewöhnlich trockner, schmerzhafter Husten, Unruhe, Angst, und bei Verbreitung der collateralen Fluxion auf's Gehirn, z. B. bei grossen Pneumonieen, pleuritischon Exsudaten , Stumpfsinn , Betäubung und stärkere Röthung der sichtbaren .Schleimhäute. Der Percussionssehall bleibt unverändert, es wäre denn, dass die Lungenhyperämie in hochgradiges Oedem ausginge. Die Auscultation orgiobt Rasselgeräusche, unbestimmtes Athmen.
Verlauf und Daner dieser Krankheit sind verschieden. Oft verschwinden die Zeichen dieser Krankheit nach 24 Stunden vollkommen , oft gehen sie unmittelbar in die Zeichen der Lungenentzündung über. Bisweilen erfolgt aber der Tod ohne Concurrent einer Pneumonie durch unmittelbaren Uebergang der Hyperämie in Oedem, wobei Dispnoö, Angst, Unruhe desïhieres den höchsten Grad erreicht. Der Husten ist dabei quälend , der Auswurf schaumig, serös, reichlich. Der Percussionssehall ist nur zuweilen matt und tympanitiseh: die Auscultation ergiebt bei den in Tod ausgehenden Fällen in der Regel gar kein Athemgeräusch, sonst feuchtes Rasseln. Ohren, Maulhöhle, Endgliedmassen sind kalt, derSchweiss Hiesst in Strömen vom Thiere. Der Tod erfolgt in den meisten Fällen ; nur niedere Grade des Lungenödems, wo nur ein theil-weises Verdrängen der Luft aus den Alveolen stattfand , lassen in einigen wenigen Fällen Wicdergenesmig zu.
Blutstauungen werden besonders bei Herzkrankheiten der Thiers beobachtet, bei Klappenfehlern, bei Abschwächung der Herzcontraction im Verlaufe asthenisoher Fieber, — Senkungshyper-ämioon, wenn Thiere längere Zeit in der Seitenlage verharren muss-ten. Das chronische Oedem kommt hier wie beim Menschen im Verlaufe der liydrämischen Krase vor , gesellt sich zur aligemeinen Wassersucht und erzengt auch liier einen langsamen Erstickungstod.
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Die Blutungen aus den Bronchien und dem Lungenparenchyme.
Broncho- und Pneumohärnorrhagieen
kommen beim Menschen sehr häufig vor, theils als Zeichen der sogenannten Hämophilie, welche oft bei zarten Personen angetroffen wird und die durch eine grosse Zerreisslichkeit der Lungencapillaren begründet ist, theils als Zeichen der Tuberkulose. Denn es
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giebt in der That kein Stadium der Tuberkulose, was nicht hin und wieder von Bronchialblutungen begleitet würde. Vorzüglich werden sie erzeugt durch gewisse Grade der Blutstauungen in der Lunge; endlich durch destructive Processe aller Art, die zu Zerstörung von Lungengefässen führen. Aus diesem Grunde lässt sich nicht wohl ein Symptomen bild der Bronchohämorrhagie entwerfen, da die Symptome sehr durch die Ursachen modificirt werden, welche die Blutung hervorriefen.
Beim Menschen werden Bronchialblutungen selten tödtlich, in der Regel wiederholen sich dieselben in grössern Zeiträumen, nach halben, ganzen Jahren und in den meisten Fällen schliesst eine tuberkulöse Lungenphthise die Scene. Die Quantität des ausgeworfenen Blutes ist sehr verschieden. Oft ist nur ein sogenanntes kleines Acderchen im Bronchialschlcim, aber ebenso oft variirt die Menge des entleerten Blutes von einigen Unzen bis zu einem Pfunde, die dann unter Husten und grobem , feuchtem Rasseln ausgeworfen wird. In den seitenston Fällen bleibt es bei einem Anfall von Hä-moptoë; derselbe wiederholt sich den andern Tag, oder oft schon nach mehreren Stunden. Bisweilen kommen in den nächstfolgenden 3, 4 Tagen gleichfalls n^ue Attaquen, bis der Kranke auf das Extremste bleich und blutleer geworden ist. In den meisten Fällen gehören die nachfolgenden Zeichen der Erkrankung der Tuberkulose an.
Bei T h i e r e n sind die Bronchialblutungen seltener, als bei Menschen. Entweder vergesellschaften sie sich mit hochgradigen Lungen-hyperämieen, und dann sind sie massig und spärlich, oder sie gehen aus Zerstörungsprocessen, namentlich aus Lungenbrand, Lnngenver-janchung, tuberkulösen Zerstörungen des Lungenparenchyms, hervor und sind dann aussercrdentlich copiös und in der Regel tödtlich.
Vom Lungeninfarcte, Infarctus haemoploicm Laennecii.
Der hämorrhagische Infarct besteht in einem Bluterguss, welcher theils in die Lungenalveolen, theils in die Enden der Bronchien, theils zwischen die elastischen Fasern des Lungenparenchyms geschieht. Das ergossene Blut ist hier niemals flüssig, stets geronnen. Während das Blut, was in die Bronchien selbst ergossen wurde, durch Luftströme und Flimmerbewegungen mit Leichtigkeit durch Mund-uud Nasenhöhlen nach aussen geworfen wurde, so muss ein zwischen die elastischen Fasern und die Lungenalveolen ergossenes Blut stagniren, gerinnen , da die Lungenzellen der glatten Muskelfasern, welche den Inhalt der feinern Bronchien austreiben , und der Flim-merzellen entbehren. Jede Blutung, die den hämoptoischen Infarct
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 24
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hervorruft, ist in den meisten Fällen eine capillare und die Conse-quenz hochgradiger Blutstauungen, wie sie aus Stenosen des linken venösen Ostiums und aus Mitralinsufficienzen folgen ; daher hämo-ptische Infarcte in der Regel in der Leiche Herzkranker angetroffen werden. Mitunter findet man auch den Infarct bei Pyämie, bei Typhus, bei Krebskranken, bei welchen Zuständen er gewiss die Folge einer bedeutenden Capillarhyperämie war, welche durch eine Abschwächung der Herzcontractionen hervorgerufen und unterhalten ward.
Der Infarct bildet haselnuss- bis hühnereigrosse Heerde, von schwarzrother oder schwarzer, homogener Färbung, deren Durchschnitt ungleichförmig grob granulirt ist, und aus dem sich mit dem Scalpell eine grünlich schwarze Masse herausschaben lässt. Ihr Sitz ist meist im Centrum des untern Lappens oder doch in der Nähe der Lungenwurzel, nur selten sind sie peripherisch gelagert, und schimmern dann durch die Pleura hindurch. Das sie umgebende Lungengewebe, von dem sie sich scharf abgrenzen, ist ödomatös und blutreich. Die mikroskopische Untersuchung ergiebt die Haar-gefässe strotzend mit Blutkörperchen erfüllt, das Lungengewebe enthält ausgetretene Blutkörperchen in Masse. Jener Umstand , dass man in den zuführenden Pulmonalgefässen Blutgerinnsel vorfindet, führte zur Annahme einer Entzündung der Pulmonalarterien als Ursache dieses Zustandes (Bochdalek). Ist dem Infarct eine weitere Umwandlung gestattet, so entfärbt ersieh allmälig, wirdblass, das Fibrin wird hochgelb, verwandelt sich in Fett, dieBlutkügelchen zerfallen, und das Blutroth schiesst in Form der Hämatoidin-krystalle an. Auf diese Weise wird die Resorption des Heerdes ermöglicht, und so bleibt Nichts vom Infarct zurück, als eine stark pigmentirte Stelle des Lungenparenchyms. Bisweilen ereignet es sich, dass der Heerd puriform schmilzt und durch eine interstltielle Entzündung in der Umgebung abgekapselt wird. Dann findet man eine schwielige Narbe, die in ihrem Innern eine käsig bröckliche Masse enthält. Oder wenn jede Ernährung des infarcirten Lungenparenchyms durch Compression der Bronchialgefässe unmöglich wurde, stirbt der Heerd ab, und wir bekommen einen circumscripten Lungenbrand.
Die Anwesenheit des hämoptoischen Infarcts während des Lebens wird in den meisten Fällen nur vermuthet, sehr selten durch rationelle und physikalische Symptome mit Bestimmtheit nachgewiesen; hierzu fehlt in den meisten Fällen eine genügende Ausbreitung der anatomischen Störung.
Bei T h i e r e n ist der hämoptoische Infarct in all' den oben geschilderten Erscheinungsweisen, wenn auch ungleich seltener, als beim Menschen, bei heftigen Lungenhyperämieen, besonders bei
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Pyämie und Ichorräraie angetroffen worden. Beim Anthrax mangelt trotz der Häufigkeit der Lungenhyperämieen der hämoptoisehe Infarct der mangelhaften Gerinnungsfähigkeit des Blutes halber. Hier kommen ebenfalls Blutergüsse in das Lungenparenchym in grosser Ausdehnung vor. Die Luft ist hier vollkommen aus den Lungen-alveolen durch das ergossene Blut verdrängt, aber das Blut gerann nicht, deshalb kein Infarct.
Von der Entzündung der Lunge.
Jene irritativen Ernährungsstörungen des Lungenparenchyms, die man gemeinhin als Lungenentzündung auffasst, sind durchaus nicht einerlei Natur. Denn bald bietet der Process, welcher hier im Lungenparenchym einmal in grösserer, das andere Mal in geringerer Ausdehnung Platz greift, genau den Vorgang des Laryngal-croups, nur in verjüngtem Maassstabe auf der Alveolen-w a nd dar, oder er ist eine AH'ection , welche ihrer Natur nach den Bronchialcatarrh in den Lungenzellen wiederholt, wobei zwar eiterkörperähnliehe Zellen sich in grosser Masse bilden, ein eigentliches fibriuöses Product aber fehlt, oder das Entzündungsproduct häuft sich zwischen den Wänden der Lungenzellen und im interstitiellen Bindegewebe an, und führt alsdann, mit Ausschluss der Lungenseuche der Rinder, welche sich nur zum Theil so verhält, meist einen chronischen Verlauf innehaltend, zur bleibenden Degeneration des Lungengewebes.
Von der crouposen Lungenentzündung, croupöse Pneumonie.
Bei dieser Krankheit wird auf die freie Oberfläche derAlveolen ein fibrinreiches Exsudat gesetzt, welches genau, wie die Croupmem-bran auf der Larynxschleimhaut, eine Summe von Zellen in sich einschliesst, die von dem Epithelialüberzug der Alveolenwand stammen. Nach Entfernung des Exsudats bietet auch hier die Wand des Lungenbläschens keinen Substanzverlust dar, denn sobald das geschichtete Pflasterepithelium, welches die Lungenzellen auskleidet, regenerirt ist, ist die restitutio in integrum vollendet. Die Lungenbläschenwand ist bei der crouposen Pneumonie ebensowenig Sitz einer entzündlichen Infiltration, als die Kehlkopfschleimhaut beim Croup.
Die Ursache der crouposen Pneumonieen ist in vielen Fällen ein ander weiter Krankheitsprocess, bald örtlicher, bald allgemeiner Natur, als die Masern, der exanthematische Typhus, eine Herzkrankheit, ein Emphysem. Dies gab zur Eintheilung in secundäre und in primäre Pneumonieen Veranlassung. Jedoch ist mit Ausschluss der
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hypostatischen Form, wo ein croupöses Product in den Lungen-alveolen in vielen Fällen fehlt, der wesentliche Krankheitshergang bei der secundären Pneumonie derselbe, als bei der primären, die eine vollkommen selbstständige Krankheitsform mit typischem Verlauf darstellt, wie z. B. das Erysipel der Haut.
Die primäre, croupöse Pneumonie kommt in allen Lebensaltern vor, doch ist sie seltener im Säuglingsalter und befällt Männer häufiger, als Frauen. Dass kräftigere, robuste Individuen öfterer von ihr heimgesucht werden, als schwächliche, blutarme, muskelschwache, fällt damit zusammen, dass jene vorherrschend die arbeitende Männerclasse ausmachen, welche allerlei Insulten, besonders der Witterung, ausgesetzt sind; daher die grosse Häufigkeit der Pneumonie unter den männlichen Landbewohnern und unter dem dienst-thuenden Personale in grossen Städten. Auffällig ist freilich, dass sehr heruntergekommene Subjectc, die chronisch dahinsiechen, oft plötzlich einer intercurrirenden Pneumonie erliegen. Die Ursache des Siechthums scheint auf die Entstehung der Pneumonie gav keinen Einfluss zu haben, denn bei allen möglichen Leiden äusseror und innerer Natur , welche die Betreffenden Monate, selbst Jahre an die Krankenstube fesseln , wird dieses Ereigniss beobachtet. Entweder beruht das darauf, dass die Widerstandsfähigkeit der Gewebe. in specie der Lunge, gegen äussere Eeize, z.B. gegen die Einwirkung einer ozonreichen Luft, durch das lange Siechthum herabgesetzt wurde , oder die allgemeine Störung der Ernährung wird plötzlich particular, und äussert sich in gleicher Weise im örtlichen Vorgange der croupösen Entzündung im Lungenparenchym , wie es das Siechthum bei constitutioneller Syphilis zeitweilig durch die Attaquen der tertiären Symptome thut. Ich sehe natürlich hier ab von den hypostatischen Pneumonieen, die durch lange Rückenlage und gehemmtes Athmen erzeugt werden, bemerke aber, dass verschiedene Ursachen bei ein und demselben Effecte anzutreffen, in der Pathologie nicht Wunder nehmen darf. Jedermann kann sich durch consequenten Ge-nuss saurer Weine eine arae/'0*acea antrinken, und doch würde man irren, wenn man für diese Krankheit dies als einzige Ursache annehmen wollte; denn wir begegnen derselben bei den massigsten Frauen, die, schon aus Eitelkeit, ihren Schönheitsfehler zu vermehren, sich aufs Strengste aller Spirituosen enthalten. Recidive bei Pneumonieen sind ausserordentlich häufig. In einem Falle wurde ein Mann vom 32.—50. Jahre 14 Mal von der croupösen Pneumonie befallen, die constant ohne alle Nach wehen schwand. Der 14. Attaque, welche zu einem faustgrossen Abscess des rechten unteren Luugen-lappens führte, erlag er.
Die occasionellen Momente sind trotzdem, dass es den Anschein gewinnt, als ob das epidemische Vorkommen von Pneumonie sich
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vorzugsweise an strenge, langdauernde Winter, an das Wehen eines ozonreichen Nordostwindes knüpft, noch nicht genügend ccn-statirt, da Pneumonieen auch unter entgegengesetzten Verhältnissen, wenn auch seltner, beobachtet werden. Höchst selten beobachtet man eine Pneumonie allein, in der Regel mehrere gleichzeitig neben acuten Gelenkrheumatismus, Croup, Erysipelas, fieberhaften Bron-chialcatarrhen. Wenn auch nicht constant, so doch in den meisten Fällen der Art, gingen Ost- oder Nordost winde derartigem verbreiteten Vorkommen von Pneumonieen, Croup etc. voran. Seltener als die ielbstständige Form der croupösen Pneumonie sieht man dieselbe der Einwirkung directer Reize folgen, wie dem Einathmen einer sehr kalten oder heissen Luft, des chlor-, salpetrigsauren Gases, u. s. w. oder in der Umgebung einer Lungenwunde, eines Afterproductes im Lungenparenchym eintreten; im letzteren Falle wird meist nur Hyperämie angetroffen.
Bei Thieren walten ganz dieselben Verhältnisse ob. Die croupö.-e Pneumonie ist hier eine der allerhäufigsten Krankheiten, die wir bei den Hausthiergattungen beobachten, besonders beim Pferde und Hunde, während beim Rinde die interstitielle Form die häufigere ist. Sie kommt in allen Lebensaltern und allen Constitutionsverhältnissen bei Thieren vor, ohne dass sich in den meisten Fällen eine bestimmte äussere Ursache nachweisen Hesse, wie das Einathmen einer sehr kalten Luft, Erkältung nach vorhergehender Erhitzung. Gern werden junge Remonten von ihr befallen, die von ihren Weideplätzen sofort in angestrengten Cavallerie- oder Artilleriedienst kommen. Oft herrscht die Lungenentzündung seuchenartig unter den Pferden, und genau wie beim Menschen meist gleichzeitig mit acuten fieberhaften Bronchialcatarrhen, acuten Gelenkrheumatismen, Rothlauf-tormon, Pleuriten, meist bei herrschenden Ost- und Nordostwinden, seltner unter entgegengesetzten Verhältnissen, bei Windstille oder Westwinden. Die secundäre, croupöse Lungenentzündung beobachtet man neben Milzbrandfiebern, Anthrax, Pocken, neben den Zeichen der hämorrhagischen Diathese, im Verlaufe von Gehirn-und Rückenmarkskrankheiten.
Der S e ctionsb ef un d :
Die croupöse Pneumonie ist beim Menschen fast immer lobär, beginnt hier an der Lungenwurzel und schreitet erst nach abwärts auf den untern und später auf den obern Lappen fort. Der Process sistirt meist nicht eher, als bis eine ganze Lunge befallen ist. Bisweilen tritt der Process auch in der andern Lunge auf {pneumonia dupteaTj. Doch giebt es hiervon Ausnahmen, indem zuweilen erst der obere, dann der untere oder beide untere Lappen befallen werden.
Im ersten Stadium ist das Lungenparenchym dunkelroth.
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oft braiinroth, schwerer, derber und unelastisch. Beim Durchschneiden knistert die Lunge nur wenig, und man presst eine röthliche, einer concentrirten Eiweisslösung ähnliche, blutig tingirte, schaumige Flüssigkeit aus der Schnittfläche. Die Alveolen sind bei diesem Zustande kleiner, indem die Haargefässe mit Blut strotzend erfüllt sind.
Im zweiten Stadium ist die Luft gänzlich aus den Alveolen gewichen, welche jetzt durch kleine, feste Fibrinpfröpfchen verstopft sind, deren röthliche Farbe durch Blutbeimischung erzeugt wird. Das Blut rührt aus geborstenen Haargefässen her. Die Bronchialendigungen sind in den meisten Fällen auch durch Fibringerinnsel verstopft. Jetzt ist die Lunge schwerer, sie sinkt im Wasser, knistert beim Einschneiden nicht, fühlt sich derb an , ist aber auffällig brüchig, denn schon durch einen massigen Fingerdruck kann man Löcher auf der Durchschnittsfläche erzeugen. Auf der Schnittfläche erscheint das Lungengewebe besonders bei schräg auffallendem Lichte granulirt. Noch deutlicher wird das bei Anwendung der Loupe. Beim Druck mit dem Messer auf die Schnittfläche entleert man eine oft sehr geringe Menge einer grauröthlichen Flüssigkeit von zäher Consistenz. Wiederholt man diese Procedur oft, so gelingt es endlich, eine Summe von Fibrinpfröpfchen aus den durchschnittenen Alveolen herauszupressen, die bei der mikroskopischen Untersuchung aus vielen Kernen, homogenen und amorphen Faserstoff-gerinnungen, Blut-, Eiterkörporchen , epitheliumartigen Zellen und Kernchenzellen bestehen. Die Faserstoffgerinnung hält die geformten Elemente zusammen. Die Blutkörperchen stammen aus geborstenen Haargefässen , alle übrigen geformten Elemente von dem Nucleus bis zur Kernchenzelle sind Producte der Innenwand des Alveolus, und wurden bei der Bildung des croupösen Exsudats von der Oberfläche der Alveolen wand abgestossen. Diese Verleberung, He-patisation der Lunge, wird gemeinhin als rothe bezeichnet, doch zeigen sich bisweilen auch andere Farbentöne, zuweilen sogar ein marmorirtes Aussehen, indem auf dunkelrothem Grunde eine grosse Anzahl lichterer und schwarzer Stellen erscheinen. Die ersteren rühren von den durchschnittenen Bronchien undGefässen, die letzteren von der diesseits der Pubertät normalen Anhäufung des schwarzen Pigments im Lungenparenchym her.
Da die rothe Farbe der hepatisirten Stelle nicht nur von der fortbestehenden Hyperämie und Stase in den Haargefässen, sondern ganz vorzüglich von einer grossen Zahl in die Alveolen ausgetretener gefärbter Blutzellen abhängt, so muss bei längerem Bestehen derHe-patisation, wenn nicht, wie in den meisten Fällen, nach wenig Tagen eine Lösung des ausgetretenen Exsudats eintritt, eine Farbenveränderung sich herausstellen, welche von der Metamorphose des
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Hämatins und dem endlichen Zerfall der Blutkiigelchen abhängig ist. Die rothe Farbe tritt mehr und mehr zurück und macht einer grauröthlichen, grauen, selbst gelblichen Platz. Die mikroskopische Untersuchung weist einen regen Zellenbildungsprocess jetzt im Alveolus nach, welcher durch Wucherung der Epithelialzellen entsteht, und einen fettigen Zerfall der Fibrinpfröpfchen, der sich auch spater auf die eingeschlossenen epitheliumartigen Zellen erstreckt, nach sich zieht, wobei fort und fort in ihrem Zelleninhalte Fettmolekeln sich niederschlagen, welche allmälig die ganze Zelle erfüllen, und schliess-lich auch Zellenwand und Zellenkern mit in die Fettentartuug hineinziehen. Auf diese Weise wird die Mehrzahl der im Fibrinpfropf eingefilzten Zellen in Körnchenzellen und Körnchenconglomerate verwandelt. Dies war ja auch der Umstand, dass Gluge, überrascht durch die Constanz des Vorkommens jener bei auffallendem Lichte farblos und bei durchfallendem dunkelbraun erscheinenden granulir-ten Körperchen in der pneumonischen Lunge, diese geradezu als Entzündungskugeln hinstellte. Tritt später die Hyperämie der hepatisirten Lunge zurück, und ist endlich der grösste Theil der obdurirenden Pfröpfchen nebst eingeschlossenen Zellen die Fett-metamorphose eingegangen, so ist das Lungenparenchym in eine luftleere, hell- bis weissgelbe, brüchige Masse verwandelt, die hin und wieder als gelbe Hepatisation bezeichnet wird. Kommt es, wie in den allermeisten Fällen, zur Zertheilung der Hepatisation, so ist eine schnelle fettige Entartung der Pfröpfchen das Einleitende, ihr folgt alsbald eine seröse Transsudation aus den Capillaren der Alveolen, welche den Inhalt des Alveolus gleichsam emulgirt, und ihn so zu Resorption, resp. zum Auswerfen geschickt macht.
Secundäre Pneumonieen, wie wir sie als Folgezustände beim Typhus, bei den Masern etc. kennen lernten, bieten meist eine glatte Schnittfläche dar, auch ist die Consistenz des Parenchyms eine geringere, ein Verhalten, welches durch eine unvollkommene Gerinnung des Entzündungsproductes innerhalb der Alveolen erzeugt ist.
Als sogenanntes drittes Stadium der Pneumonie wird die eitrig e In filtration desLungenparenc h y m s beschrieben. Das Lungenparenchym ist hier gleichfalls complet luftleer, die Farbe ist grau,grauröthlich, die Schnittfläche ist glatt und nicht granu-lirt, aber die Consistenz eine so verminderte, dass bei dem leisesten Fingerdruck das Gewebe zerfällt. Trotzdem ist die feinere Structur der Lunge noch vorhanden, aus der Schnittfläche lässt sich Eiter auspressen. Der Vorgang beruht auf einer massenhaften Eiter-zellenbildung, welche von der innern Fläche der Alveolen ausgeht. Der vorhandene Faserstoffquot; zerfällt fettig. Als weitere Ausgänge der Pneumonie sind zu bezeichnen:
Der Abscess. Derselbe wird so selten, trotz der Häufigkeit
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der Pneumonieen, im Lungonparenchym angetroffen, da das Lungen-parenchym Raum genug bietet, wo das gesetzte Exsudat verweilen und seine weitern Metamorphosen durchwandern kann, ohne das Gewebe dadurch zu zerstören. Selbst die Umwandlung des Exsudats in Eiter verträgt sich, wie wir soeben gesehen haben, mit dem Fortbestehen der Lungentextur, so lange nur kein Exsudat in die Substanz der Alveolenwände selbst und in die interstitiellen Räume des Lungenparenchyms gesetzt wurde. Geschah dies, so legt das Exsudat seinen croupösen Character ab, und wird diphtheritisch. Durch den Druck des interstitiellen Exsudats auf die ernährenden (Bronchial-) Gefässe werden grössere Abschnitte des Lungenparenchyms ausser Verkehr mit dem circulirenden Blute gesetzt, dieselben nekrosiren, das Gewebe zerfallt gleichzeitig mit dem infiltrirenden Exsudat, und auf diese Weise entstehen kleine, mit Eiter und Ge-webstrümmern gefüllte Hohlräume in verschiedener Zahl, welche durch fortgesetzte Schmelzung der Hohlraum wände sich vergrössern, die endlich zu einer grossen Abscesshöhle zusammenfliessen können. Dieser grosse Lungenabscess kommtgrösstentheils in den untern Lungenlappen vor, zeigt oft eine Doppelfaustgrösse, durchbricht selten die Pleura, einen tödtlichen Pneumopyothorax erzeugend. In andern häufigeren Fällen bildet sich in seiner Umgebung eine inter-stitielle Pneumonie, welche zur Wucherung des interstitiellen Bindegewebes führt, so dass ein festes Narbengewebe die Abscesshöhle umgiebt, deren Innenwand sich später glättet. In einem von mir beobachteten Falle wurde der Inhalt des Abscesses, ungefähr eine halbe Kanne Eiter, täglich, meist in den Morgenstunden, unter Brechen, Würgen und qualvollem Husten ausgeworfen, und dies durch 8 Tage, bis der Tod durch Erschöpfung erfolgte. Mitunter entleert sich der Abscess nur einmal nach aussen und vernarbt dann. Oder die Bronchien waren verstopft, eine Entleerung war nach aussen nicht möglich, dann dickt der Inhalt ein und verwandelt sich schllesslich in einen Kalkbrei, während die einkapselnde Entzündung die Abscesshöhle endlich in eine schwielige Narbe verwandelt, die in ihrem Centrum schllesslich, nach completem fettigem Zerfall aller organischen Verbindungen und deren Resorption nur noch Kalkconcremente birgt.
Der Ausgang in Lungenbrand, gangraetiapulmonum, ist noch seltener. Auch dieser scheint darauf zu beruhen , dass durch ausgebreitete Gefässthrombose in Pulmonal- und Bronchialgefrissen der Stoffwechsel in dem entzündeten Lungenparenchym aufgehoben wurde. Hierbei zerfällt die Hepatisation in eine schwarze, aashaft riechende Masse.
Der Uebergang in die sogenannte tuberkulöse Infiltration ist häufiger. Die Bezeichnung ist unrichtig und verwirrend,
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da hier von Neubildungen, von Tuberkeln, nur dann etwas vorhanden ist, wenn die tuberkulis;rende Infiltration eine tuberkulöse Lunge befiel. Diese Infiltration beruht auf einer fettigen Entartung der Ent-zündungsproducte. Abgelagerter Faserstoff und Eiterkörperchen gehen in einem fettigen Detritus bei vollkommenem Rücktritt der Hyperämie unter. Dadurch wird das Lungenparenchym blutarm, brüchig, trocken, gelb und erhält eine käseartige Consistenz.
Die Induration, auch Lungencirrhose genannt, ist ein seltener Ausgang der Pneumonie, wobei das Lungengewebe hart, fest, dem Narbengewebe nicht unähnlich wird, und grosse Hohlräume birgt, die durch Bronchiectasieen gebildet werden.
Die pathologischeAnatomic der Lungenentzündung beiThieren bietet nur wenige und sich nur auf gi-öbcre Verhältnisse beziehende Abweichungen von der des Menschen dar. Zuerst wird beim Pferde fast constant der vordere untere Lungenabschnitt, sowie der sogenannte dritte Lungenlappen befallen, und von da aus schreitet der Process weiter nach auf- und rückwärts. Beim Pferde hat man sich zu hüten, eine Wucherung von Fett im interstitiellen Bindegewebe, welche oft grössere Lungenstrecken befällt, mit einer eitrigen Infiltration zu verwechseln. Nicht so selten, wie beim Menschen, ist beim Pferde der Ausgang der Lungenentzündung in Abscessbildung, oft führen grosse Lungenabscesse zum Pneumothorax. Dasselbe gilt vom Ausgang in Brand, indem entweder die Wandungen eines Lungenabscesses gangränescirten, oder die rothe Hepatisation nahm ihren Ausgang in Gangrän. Im letzteren Falle ist das infiltrirte Parenchym zu einem missfarbigen Breie zerfallen, in dem sequestrirte Lungenstücke vorkommen. Die discreten Brandheerde confluiren sehliesslich zu faustgrossen Cavemen, die oft bis zu dem Brustfellüberzug vordringen, denselben durchbrechen, einen Jaucheerguss in das cavum pleurae und einen Pneumothorax erzeugen. Bisweilen kommen bedeutende Pneumorrhagieen durch Zerstörung grösserer Pulmonaläste zu Stande.
Doch bei Weitem in den meisten Fällen, beiläufig bei 85 Procent der Erkrankten, tritt, wie beim Menschen, vollkommene Wiedor-genesung ein.
In manchen Fällen beobachten wir bei Pferden die tuberkulöse Infiltration. Man findet in den Cadavern pneumonisch gewesener Pferde haselnuss- bis hühnereigrosse bröcklige Heerde.
Bezüglich jener Veränderungen, die nicht mit zu dem pneu-monischen Process nothwendig gehören , aber dennoch nach Pneu-monieen mit tödtlichem Ausgang in den Cadavern von Menschen und Thieren angetroffen werden, sind hochgradige Hyperämieen und entzündliches Oedem in den von der entzündlichen Infiltration nicht befallenen Lungentheilen, Entzündungen der Pleura, Ueberfüllung
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des rechten Herzens mit Blut, Blutfülle der Leber, der Nieren, des Gehirns, Zustände, welche theils auf während des Lebens bestandener collateraler Fluxion , theils auf venöser Stase beruhen , anzuführen. Ausserdem findet man in allen arteriellen Gefässen, na-mentlich im linken Herzen, massenhafte, derbe, polypose, klumpige Faserstoffcoagula, deren Quantität auf eine enorme Vermehrung des Faserstofies im Blute der Pneumonischen hinweist. Diese Faserstoffvermehrung ist aber nicht die Ursache, sondern die Folge des pneumonischen Processes. Bei Thieren finden wir häufig auch ausgebreitete Brustfellentzündungen, ein Verhältniss, was beim Menschen entschieden seltener ist; wenigstens so weit meine Erfahrung reicht, geht die Betheiligung des Pleuraüberzugs der entzündeten Lunge nicht über einen faserstof'figen Beschlag und Trübung der Pleura hinaus, während es bei Pferden gar nicht so selten vorkommt, dass neben bedeutender Hepatisation der Lunge ein erheblicher pleuriti-scher Erguss in der entsprechenden Pleurahöhle angetroffen wird. Noch wären acute Magen- und Darmcatarrhe und unerhebliche entzündliche Exsudate auf den Hirnhäuten hier zu erwähnen.
Die Symptome: Beim Menschen leitet in den meisten Fällen ein Schüttelfrost die Pneumonie ein. Doch da das Kältegefühl rein subjectiv ist, so wolle man es nicht damit in Widerspruch stehend finden, dass schon im Froststadium die Hauttemperatur messbar erhitzt sich zeigt. Ein Frostanfall von dieser Heftigkeit wird fast nur beim Wechselfieber beobachtet, doch bleibt hier der Frostanfall der einzige im ganzen Krankheitsverlauf. Bei Kindern tritt an seine Stelle oft ein Ausbruch allgemeiner Convulsionen. Mit der Temperaturerhöhung, die 40 0C. nicht übersteigt, verbindet sich Pulsfrequenz, vermehrter Durst, Kopfschmerz, Muskelschmerz und im Bücken und Kreuz ein Gefühl von Abgeschlagenheit, Zungenbeleg und Appetitmangol. Mitunter fehlt das so prononcirte entzündliche Fieber, und an seine Stelle tritt nur Muskelschwüehe, pappiger Zungenbeleg und eine allmälig wachsende Kurzathmigkeit, die erst den zweiten, dritten Tag nach dem Auftreten der gastrischen Erscheinungen sich mit Pulsfrequenz, Durst, gesteigerter Hauttemperatur etc. verbinden.
Das wichtigste rationelle Symptom der Pneumonie ist neben dem characteristischen Auswurf die Kurzathmigkeit. Die Athem-züge beschleunigen sich in einer Minute bis auf 40 und 50 Eespi-rationen, eine Frequenz, die bei Pneumoiiieen der Kinder sehr oft angetroffen wird. Die Dauer jeder Inspiration ist kurz, dasAthmen überhaupt oberflächlich, das Sprechen ist gestört, coupirt. — Der Schmerz ist ein so constantes Symptom bei der Pneumonie, dass er vielleicht in keinem Falle fehlt. Meist wird als Sitz dasHypochon-drium der leidenden Seite angegeben, das sogenannte pneumonische
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Seitenstechen. Jede tiefe Inspiration, noch mehr Hustenstösse, vermehren den Schmerz, der von dem Kranken als stechend bezeichnet wird. Bei der Pneumonie sehr alter Leute ist die Intensität des Schmerzes eine ungleich geringere, als während derBlüthezeit. Bisweilen wird — in einem Falle auf der Op p olzer'schen Klinik, der eine alte Frau betraf — nur über ein Gefühl von Druck und Unbehagen in der Magengrube geklagt. Sehr bald tritt Husten auf. Er wird nur bei Pneumonieen im Greisenalter vermisst, ist kurz, schallend, schmerzhaft, und durch ihn werden fast in allen Fällen characteristische Sputa ausgeworfen. Im Beginne der Pneumonie entsprechen dieselben genau jener klebrigen , schäumenden , blutig tingirten Flüssigkeit, welche wir beim Engouement aus der Schnittfläche der entzündeten Lunge abfliessen sehen. Deshalb macht es dem Kranken Noth, die klebrigen Sputa aus dem Munde zu entfernen. Sie haften fest am Gefässe, in welches sie gespuckt wurden, so dass man dasselbe umdrehen kann, ohne dass das Sputum abfliesst. Die Farbe desselben ist gleichmässig hellroth, selten ziegel - oder braunroth. Die ehemische Untersuchung weist Eiweiss, Schleim-Ftoff, und die mikroskopische gefärbte Blutzellen, schwarzes Pigment aus den Lungenalveolen und zahlreiche Abgüsse der feinsten Bronchien nach.
Die Temperatur wächst den zweiten bis dritten Tag auf 40,5 0C. und darüber, ohne dass merkliche Morgenremissionen sich einstellton. Der Puls steigt auf 120 Schläge, wird den zweiten, dritten Tag meist klein und gespannt, was mit der Ueberfüllung des rechten Herzens und der ungenügenden Füllung des linken zusammenfällt. Als weitere Zeichen einer gestörten Blutvertheilung sind eine scharf umschriebene Röthung oft nur einer quot;Wange, sowie eine bläuliche Färbung der Lippen, Kopfschmerz, Gefühl von Schwere im Kopf, Schlaflosigkeit und blande Delirien anzugeben.
Die Zunge wird trocken, der Appetit fehlt gänzlich, der Stuhl-giing ist verstopft, auf den Lippen entwickeln sich Herpesbläschen, meist an jener Seite, wo die Pneumonie ist. Bisweilen ist die Leber geschwollen, sogar in der Weise, dass die Vergrösserung dieses Organs durch Plessimetrie und Palpation nachweislich ist, und durch Druck der mit Blut überfüllten Lebergefässe Gallenstauung und Icterus entsteht.
Im Beginne der Erkrankung ist trotz der heissen und trockener Haut die Urinsecretion vermindert, und der entleerte Urin in Folge seiner bedeutenden Concentration hochroth, flammend. Harnstoß' und Harnsäure sind relativ und absolut vermehrt, so dass es vorkommt , dass Pneumoniker innerhalb eines Tages 40 Gramm Harn Stoff entleeren. Beim Erkalten schlägt der Urin reichlich harnsauro Salze nieder. Die anorganischen Substanzen, namentlich Kochsalz.
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sind im Urin vermindert. Setzt man dem Urin eines Pneumonischen eine Silbersalpeterlosung zu, so entsteht nur eine ganz unbedeutende weissliche Trübung, die bei Gesunden sehr deutlich ist. — Ist die Blutstauung in den Nieren sehr gross, so begegnen wir mitunter Spuren von Eiweiss im Urin. — Die Hautabsonderung kehrt hier schon den zweiten oder dritten Tag wieder zurück, die Haut wird duftend, mit Schweiss bedeckt, und erleichtert die Beschwerden des Pneumonischen wesentlich.
Während die meisten fieberhaften Krankheiten allmälig wachsen, und sich dann einige Zeit auf ihrer Höhe erhalten, um später allmälig an Intensität abzunehmen, so bietet die Lungenentzündung insofern einen ganz eigenthümlichen Verlauf dar, als der Uebergang in's stadium decrementi ganz plötzlich geschieht, wie wohl kaum bei einer andern Krankheit. Nachdem Dispnöe, Pulsfrequenz und Hauttemperatur eine bedeutende Höhe erreicht haben, so lassen diese Erscheinungen auf einmal nach, so dass in einer Nacht die Hauttemperatur von 40deg; C. bis auf 37deg; herabsinken kann. Dieses Präeipitirte der Differenz, wie Wunderlich das ausdrückt, ist höchst characteristisch für den Verlauf der Pneumonic. Bisweilen sind die Erscheinungen so drohend, dass man einen Sterbenden vor sich zu haben glaubt, und doch tritt dieser Nachlass in derselben auffälligen Weise ein. Innerhalb 24 — 36 Stunden kann sich die Scene der Art ändern, dass während man den Tag zuvor einen schlummersüchtigen Kranken vor sich hatte, der jeden Augenblick zu ersticken drohte, und bei welchem die Haut-temperatur 40deg; bis 41deg; C, der Puls 130 Schläge und die Athem-frequenz 40 — 50 Respirationen in der Minute betrug, den andern Tag Puls und Hauttemperatur normal, das Wohlbefinden des Kranken vollständig ist. — Dieses natürliche Verhältniss hat eine Summe von Mitteln bei der Pneumonie in Ruf gebracht, den sie keinesfalls verdienen, denn der Puls sinkt hier gerade so beim spontanen Nachlasse um 40 bis 50 Schläge, die Hauttemperatur um 4, 5 0, wenn auch nicht ein Gran Digitalis oder tartarvs eme-ticus gereicht wurde. — Der Auswurf büsst bei dieser Remission seinen cruenten Character ein, wird eitrig, selten aber so copiös, dass man annehmen müsste, alles Eutzündungsproduct werde durch Expectoration entfernt. Die mikroskopische Untersuchung ergiebt im Auswurfe eine grosse Summe fettig degenerirterEiterkörperchen, Körnchenhaufen, Fettmolekeln und schwarz pigmentirte Zellen, die aus den Alveolenwänden stammen. Mitunter tritt den fünften und siebenten Tag eine Remission ein, aber die Fiebersymptome verschwinden nicht gänzlich, vielmehr erfolgt schon den nächsten Tag eine Exacerbation derselben. Während die Infiltration fortschreitet, einen andern Lappen ergreift, oder die Lunge der andern Seite be-
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fallt, erreicht die Hauttemperatur die Höhe von 40 — 42 0C: und der Puls eine Höhe von 120 Schlägen wieder. Bei dieser zweiten Attaque des pneumonischen Processes macht sich ein auffälligeres Ergriff'ensein des Nervensystems geltend. Die massenhafte Exsudation aus dem Blute, welche man approximativ auf 3 Pfund geschätzt hat, die Nervenerschöpfung, welche den Fieberbewegungen folgt, verleihen diesen den Character der Schwäche. Der Puls wird klein, weich, unregelraässig, die Augen matt und tiefliegend. Die Zunge wird trocken, borkig, der Kopf benommen. Die Patienten liegen bald apathisch dahin , oder befinden sich im wilden Delirium, sind kaum im Bett zu erhalten. Auch dieser Zustand kann ganz plötzlich, wie oben schon geschildert, in quot;VViedergenesung übergehen. Bisweilen ereignet es sich, dass nach dem zweiton Nachlass des Fiebers von Neuem eine Recrudescenz folgt, die ebenfalls nach ein- bis zweitägigem Bestehen in jener jähen Weise nach-lässt, so dass das Bild eines intermittirenden Fiebers gewonnen wird. Jeder Recrudescenz des Fiebers entspricht eine erneute Infiltration eines noch frei gebliebenen Lungentheils.
Die physikalischen Zeichen der Pneumonie sind so characteristisch, dass sie eine eingehende Besprechung verdienen. Bei der Besichtigung des Brustkastens werden keine Abänderungen wahrgenommen , es wäre denn, dass die Athembewegungen auf der leidenden Seite oberflächlicher geschehen. Waren beide untern Lungenlappen ergriffen, dann wird vorzüglich nur in der obern Partie des Thorax geathmet. — Wichtig ist der Umstand, dass schon im ersten Stadium, aber noch mehr in dem der Hepatisation, sich der Pecto-ralfremitus auffällig verstärkt zeigt, ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Pneumonie und Pleuritis, da bei dieser das entgegengesetzte Verhältniss obwaltet. Die Percussion ergiebt während der entzündlichen Anschoppung einen exquisit tympani-tischen Percussionsschall. Hepatisirt das Parenchym, und liegt es nicht allzu entfernt von der Thoraxwand, so wird der Ton gedämpft und leer. Befinden sich die hepatisirten Stellen in der Tiefe, namentlich in der Nähe der Lungenwurzel, und liegt der Thoraxwand lufthaltiges Lungenparenchym an. so wird der Percussionsschall begreiflicherweise nicht verändert. Aber noch characteristiseher, als alle die bis jetzt aufgezählten physikalischen Zeichen der Pneumonie, sind die der Auscultation. Beim Engouement fanden wir im Lungenparenchym eine mit Luft vermischte, viscide, blutige Flüssigkeit ergossen. Bei der Inspiration mischt sich die Luft mit dieser klebrigen Flüssigkeit, es entsteht ein feinblasiges Knistern, was jenem Geräusch vollkommen gleicht, das entsteht, wenn man Haare unmittelbar vor dem Ohre reibt. Sowie die Infiltration mit Faserstoff begonnen hat, schwindet allmälig die Crepitation bei
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der Inspiration und macht dem Bronchialathmen Platz. Doch kommt es nicht so selten vor, dass bei der Inspiration crepitirendes Rasseln und beim Exspirium bronchiales Athmen vernommen wird. Der Grund liegt darin , dass jenes Lungenparenchym , welches unmittelbar an dem Thorax anliegt, noch im Zustande desEngouement sich befindet, während die tieferen Schichten vollkommen hepatisirt sind. Das Timbre des Bronchialathmens ist ein anderes, als wie das in der Trachea und den Bronchien gebildete, es ist höher und heller, besonders am Schluss der Exspirationen am Intensivsten und von exquisit keuchendem Character. Die Stimmgeräusche werden bei der Hepatisation lauter und articulirt wahrgenommen, es entsteht Bronchophonie, Pectoriloquir. Der näselnde, meckernde Character, den manchmal die Stimmgeräusche hier zeigen, kommt nicht der Hepatisation allein zu, sondern wird noch häufiger bei pleuritischen Ergüssen, welche Lungencompression erzeugten, ange-trofl'en. Gröbere Rasselgeräusche sind im Stadium der Hepatisation sehr constant, sie sind consonirend und ausgezeichnet durch ihren hellen, klingenden Character. Tritt Lösung ein, so kehrt die Crepitation wieder. Erfolgt eine Abscedirung, wurde der Eiter entleert, so treten alle physikalischen Zeichen der Cavernen auf: olla rupta, cavernöses Athmen, cavernöses Rasseln.
Die Erscheinungen der Ausgänge der Pneumonie können nur theilweise durch die physikalische Exploration ermittelt werden. Der Uebergang der rothen Hepatisation in die eitrige Infiltration lässt sich vermuthen, wenn die Erscheinungen der Adynamie sehr hervorstechend sind, ohne dass sich die Pneumonie weiter ausbreitete, um den fünften bis siebenten Tag steigert sich das Fieber, der Puls wird klein , frequent, die Mundschleimhaut klebrig, trocken, das Gesicht collabirt, der Kranke delirirt und wird somnolent. Bisweilen treten Frostanfälle auf.
Die Pneumonie der Greise ist vorzüglich durca einen pro-trahirten Verlauf und durch sehr hervorstechende Erscheinungen der Adynamie ausgezeichnet, so dass die Symptome der Lungenentzündung gegen die des Schwächefiebers bedeutend in den Hintergrund treten. Hier fehlt meistentheils Schmerz und Auswurf. Coni-plicirt sich die Pneumonie mit acuten Magen, und Darmcatarrhen, so tritt Icterus bisweilen ein. Der Gastricismus und die gelbsüchtigen Erscheinungen trüben hier sehr das Bild der Pneumonie und vermehren die Hinfälligkeit des Kranken. Bei Säufern gesellt sieh zu Pneumonie oft ein Anfall von Säuferwahnsinn.
Der tödtliche Ausgang bei Pneumonie ist selten, in drei Viertheilen aller Fälle von Pneumonie tritt Genesung ein. Denn selbst die eitrige Infiltration der Lunge schliesst eine reslüutioin integrum nicht aus. Erfolgt der Tod auf der Höhe der Krankheit, so wird
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er entweder durch die Hyperämie und das collaterale Oedem der vorschonten Alveolen hervorgerufen, und die Kranken erliegen unter den Erscheinungen eines insufficienten Athmens und der Kohlen-silureintoxication, oder durch die gehemmte Entleerung der Gehirn-venen und durch nachfolgende seröse Exsudation als Consequenz der gehemmten Entleerung der obern Hohlvene. Oder der Tod erfolgt durch Erschöpfung bei marantischen Personen, bei Trinkern, bei Complicationen mit Magen- und Darmcatarrhen und Icterus, oder bei einer allzu massenhaften Exsudation.
Der Ausgang in Abscessbildung ist anzunehmen, wenn nach copiöser Entleerung eitriger Massen, in denen es gelingt, durch das Mikroskop Lungengewebe nachzuweisen, die physikalischen Zeichen einer Excavation, meist am untern Lungenlappen, ermittelt werden. In den zwei Fällen von Lungenabscessen, die ich beobachtete. sass der Abscess in dem einen Falle im linken untern, im andern im rechten untern Lappen. Im letzteren war unmittelbar vorn über der Leberdämpfung cavernöses Athmen und Rasseln und der Ton des gesprungenen Topfes wahrnehmbar. Wichtig war, dass sich diese Erscheinungen unmittelbar an den Verlauf einer acuten Pneumonie anschlössen.
Auf den Uebergang in Gangrän kann mit Bestimmtheit geschlossen werden, wenn im Verlauf der Pneumonie aashafter halitus oris eintritt, und schwarze, stinkende Massen ausgeworfen werden.
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Der Ueberganquot; in eine tuberkulisirende Pneumonie kann dann mit grosser Sicherheit angenommen werden , wenn nach dem Verschwinden der rationellen Symptome die physikalischen Zeichen der Pneumonie durch längere Zeit fortbestehen. Gewöhnlich tritt dieser Ausgang ein, wenn die Pneumonie eine tuberkulöse oder eine emphy-sematöse Lunge befiel. Die Reconvalescenz ist dann ausserordent-lich protrahirt. Schmelzen später die tuberkulisirten pneumonischen Infiltrate, und führen dieselben zur Zerstörung des Lungenparen-chyms, so kehren Fieber, Kurzathmigkeit und Dispnöe zurück.
DieErscheinungen bei T bieren bei der Pneumonie sind anfänglieh die eines entzündlichen Fiebers und einerLungencongestion. Der Puls ist hart und beschleunigt, der Herzschlag bald pochend, bald weniger, bald nicht fühlbar. Die Haut des Stammes ist heiss, die der Endgliedmassen kühl. Dazu gesellt sich Kurzathmigkeit, Husten. Der Durst ist vermehrt, alle Ab- und Aussonderung beschränkt. Die Kranken legen sich nicht, besonders Pferde und Kinder. Die Stellung mit den Vorderfüssen ist eine gespreizte, die Ellenbogen sind nach aussen gewandt. Der Kopf wird gesenkt gehalten, und die Nasenlöcher bedeutend dilatirt. Bei sehr hochgradiger Athemnoth gerathen die Thiere gar nicht selten in eine wogende Bewegung, indem der Körper bei dem mühsamen Einathmen sich nach rück-
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und bei dem Ausathmen sich nach vorwärts verschiebt. Die Percussion ergiebt auch hier eine der Lungeninfiltration entsprechende Leerheit des Percussionsschalles. Besonders ist bei Pferden auf die hinter der Schulter gelegene Stelle des Thorax zu verweisen, wo abwärts meist die pneumonische Infiltration beginnt. Auch bei den Thieren wird im ersten Stadium ein Knisterrasseln und später bronchiales Athmen vernommen, zu dem sich consonirende Eassel-geräusche gesellen. In der Umgebung des hepatisirten Stückes ist oft der Ton hell, tympanitisch, oder selbst normal. Die Deutlichkeit und Stärke des Bronchialathmens und bronchialen Easselns ist auch hier davon abhängig, dass das hepatisirte Lnngenparenchym unmittelbar der Brustwand anliege, oder doch nicht weit von derselben entfernt ist, dass es einen grössern Bronchus führe, der nicht mit Schleim, Eiter, Blut verstopft ist. In der gesunden Lunge wird raeistentheils ein verschärftes Vesiculärathmen, ein sogenanntes p ue ril es Athmen wahrgenommen. Geht die Lungenentzündung dem Tode zu, so steigert sich das Fieber und die Temperatur der Haut, der Puls wird klein, enorm beschleunigt, der Athem sehr bedeutend frequent. Es treten zuweilen Durchfälle ein, die Ermattung erreicht den höchsten Grad. Die Thiere vermögen sich nicht mehr auf den Füssen zu erhalten, sie schwanken hin und her, brechen endlich zusammen. Dann wird der Puls an der facialis unfühlbar, und unter Sterberüchuln und reichlichen Schweissen erfolgt der Tod.
Einen solchen präcipitirten Nachlass, wie die Pneumonie des Menschen, bietet die Pneumonie wenigstens der Pferde nicht dar. Tritt, wie so oft beim Menschen, in fünf bis sechs Tagen ein vollkommener Nachlass und ein unmittelbarer Ausgang in Wiedergenesung ein, so bestanden meist nicht jene physikalischen Symptome, die auf eine Hepatisation hinwiesen, im Gegentheil war nur Knisterrasseln und Dämpfung des Percussionsschalles da. Kommt es zur Hepatisation , und werden grössere Partieen der einen oder wohl beider Lungen ergriffen, so ist die Dauer der Krankheit vier bis sechs quot;Wochen. Auch bei den Thieren ist die Expectoration, welche der Heilung vorangeht und zu einem eitrigen Kasenausfluss führt, nicht so reichlich, dass angenommen werden könnte, alles in das Lungenparenchym Ausgeschiedene würde durch Expectoration entfernt, und auch liier liegt es nahe anzunehmen, dass der grösste Theil der Faserstoff'exsudate durch Resorption entfernt wird. Die Reeon-valescenz ist meistentheils durch einen vollen, grossen, aussetzenden Puls ausgezeichnet, meist setzt der vierte Schlag aus, auch wenn keine Digitalis gegeben wurde.
Beim Ausgange in Abscessbildung werden oft copiöse Massen von Eiter durch Husten ausgeworfen. Die Thiere gehen meist später unter cachectischen Erscheinungen zu Grunde. Verkleinern sich
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Die catarrhalische Pneumonie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 385
die Abscesshohlen, dann werden die Thiere mitunter gebrauchsfähig, doch bleihen sie gewöhnlich dämpfig. Liegen grosse Abscesshohlen der Thoraxwand unmittelbar an, so ist der Pcrcussionsschall hell, tympanitisch und bisweilen der des gesprungenen Topfes. In der Tiefe liegende Abscesshöhlen machen den Percussionsschall auch tympanitisch. Bricht der Abscess nach der Pleurahöhle durch, so erhalten wir hier die Zeichen des Pneumothorax, dem das lethale Ende rasch folgt.
Geht die Lungenentzündung in Brand über, so wird der Athem stinkend, die höchsten Grade der Erschöpfung treten ein, der Puls wird unfühlbar, die oborn und Endgliedmassen kalt. Oft kommt es zu bedeutenden Luugonblutungen. Der Tod erfolgt bald. In sehr seltenen Fällen will man hier Genesung beobachtet haben.
Tuberkulisirende Pneumonieen in grösserer Ausdehnung führen bei Thieren zu Abmagerung, Cachexie und hectischem Fieber.
Die catarrhalische Pneumonie
kann als eine Ausbreitung des Bronchialcatarrhs auf die Lungenzellen angesehen worden. Dies kommt nur an einzelnen Lungen-läppchen vor. Besonders ist es die broiickitis capülaris der Kinder, die diesen Ausgang nimmt, z. B. im ersten Stadium des Keuchhustens etc. Die catunhalisch - pneumonischon Lungenläppchen haben keine granulirte Schnittfläche, sie liegen nicht wie atelecta-tisobe Stellen unter dem Niveau der Lungenoberfläche, sind feucht und lassen sich nur unvollständig autblasen. Tritt Zellenbildung ein, so wird der Inhalt der Lungenzellen immer schleimiger, eiter-ähnlicher, die kranken Lungenläppchen entfärben sich, werden gelblich und gleichen dann hirsekorngrosson Granulationen, welche aber auf dem Durchschnitt nicht fest erscheinen, sondern eine puri-forme Flüssigkeit entleeren. Die Anwesenheit der catarrhalischen Pneumonie kann während des Lebens nur vermuthet, niemals aber durch die physikalische Exploration festgestellt werden. Auch die rationellen Symptome sind nichtleitend, da begreiflicherweise das Bild der capillären Bronchitis nicht verändert wird, wenn der Process auf einzelne Lungenlobuli fortschreitet.
Die interstitielle Pneumonie, die Cirrhose der Lunge.
Die gesunde Lunge enthält beim Menschen nur wenig inter-stitielles Bindegewebe. Trotzdem finden wir gar nicht selten grössore Lungenabschnittc nach dem Tode in eine schwielige Narbemnasse verwandelt, die aus Nichts als aus Bindegewebe besteht. Analog
Gleisberg, vergleichende PatliOlogie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;o 5
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wie bei der Granularentartung der Leber ist die Hypertrophie des Bindegewebes auf Kosten der übrigen normalen Gewebe geschehen, und die Lungenzellen und elastischen Fasern, sowie die Bronchial-ondiguugen sind fast gänzlich geschwunden, und die gefassarmo Schwiele führt nur grössere, meist sackartig dilatirte Bronchien. Die Zustände, welche die interstitielle Pneumonie nach sich ziehen, sind folgende:
Die croupöse Pneumonie mit protrahirtem Verlauf. Sobald bei der croupösen Pneumonie der gestörte Ernährungsvorgang sich nicht nur auf die Alveolenwände erstreckt, sondern auch das interstitielle Bindegewebe ergreift, und zu einer Wucherung desselben führt, so muss zunächst, wenn ein Druck vom hyperplastischen Bindegewebe auf die ernährenden Lungengefässe ausgeübt wird, eine Hemmung des Blutlaufs in den Capillaren erzeugt werden, welche ganz besonders die Resorptionsvorgänge hintanhält, und bei einem gewissen Grade die croupösen Exsudate in den Lungenalveolen und Bronchialendigungen mehr oder weniger ausser Zusammenhang mit dem circulirenden Blute setzt. Deshalb bleiben diese Exsudate liegen, und obwohl die rationellen Symptome der Pneumonie schwanden, bestehen die physikalischen Zeichen derselben fort. Die croupösen Exsudate, sowie dieProducte der Innenwand der Lungenalveolen verfetten. Contrahirt sich später das hyperplastische interstitielle Bindegewebe, so wird die Lungenpartie auffällig blutarm, trocken, und es entsteht auf der Durchschnittfläche der Lunge eine doppelte Zeichnung, nämlich eine gelbe und graue. Die graue entspricht der Bindegewebshypertrophie, die gelbe der fettigen Entartung der Exsudate und der Epithelien.
Ferner führt zur Lungcninduration der Absatz von Tuberkeln, deren Erweichung, der Lungenkrebs, der hämorrhagische Infarct und der Lungenabscoss. Durch sie entstehen Bindegewebskapseln, die Products interstitieller Pneumonieen mit nutritivem Exsudate, welche die Products jener oder deren Residuen vom normalen Gewebe isoliren.
Endlich sehen wir die interstitielle Pneumonie das Lungenge-webe in der Umgebung grösserer und chronisch entzündeter Bronchien befallen. Dadurch entstehen nicht blosLungenindurationen, sondern auch bronchieetatische Cavernen. Derletztere Vorgang folgt aus der Natur des neugebildeten Bindegewebes. Dasselbe schrumpft, zieht sich zusammen, und. zerrt, da die Möglichkeit des Einsinken? des Brustkastens durch dessen Bau beschränkt ist, die Wände der ihn begrenzenden Bronchien auseinander, und so entstehsn Bronchiec-tasieen. Induriren grosse Lungenabschnitte, die unmittelbar unter dem Thorax liegen, so sinkt allerdings die Thoraxwand ein, ein sehr constantes Vorkommniss bei der chronischen Lungentuberkulose
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Die interstitielle Pneumome, die Cirrhose der Lunge.
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an der fossa supra- et i?itraclavicularis, deren Einsinken hier nur zum Theil durch schrumpfende oder vereiternde Tuberkeln, zum grossen Theil durch eine ausgedehnte Lungeninduration ver-anlasst ist.
Selten, aber doch, hat man Gelegenheit, die interstitielle Pneumonie in ihren Anfängen in der Leiche zu sehen. In einem bei Reinhardt beobachteten Falle war das Lungengewebe hierfloisch-roth, von der Consistenz des Muskelfleisches, granitfarben, noch nicht Contrahirt, aus der Schnittfläche Hess sich spärliches Secret auspressen. Die mikroskopische Untersuchung erwies aussei- enormer Bindege-webshypertrophie theils die Lnngenalveolen comprimirt, theils ihren Inhalt im Zustand fettiger Entartung. Bei längerem Bestehen sehwindet die Röthe und Wulstung, das extravasirte Blut metamor-phosirt sieh zu dunklem Pigment, und nun begegnen wir weissliehen, grauen, schwarz pigmentirten Streifen im Lungengewebe, die in grijsserer oder geringerer Dicke gelbgewordene Tuberkeln , tuberkulöse Cavemen, Abscesse, Kalkconcremente umgeben. Mitunter finden wir auch ganze Lungenlappen in jene schwärzliche, schwielige, unter dem Messer knirschende Masse verwandelt.
Die durch Lungeninduration erzeugten Bronchiectasieen sind bald spindelförmige, bald rundliche Säcke. Am Gewöhnlichsten sind seitliche Ausbuchtungen, ähnlich den Divertikelbildungen an andern Canälen. Die Grosse derselben variirt von der einer Bohne bis zu der eines Hühnereies. Bronchiectasieen treten entweder isolirt auf, nur an einer bestimmten Stelle irgend eines Bronchus, oder, wie ich dies bei Paul Merbach beobachtete, es leidengrössere Abschnitte ilor Bronchialverästolungen , dort die beider unterer Lungenlappen, in ihrer ganzen Ausdehnung an dieser Erweiterung. Beide unteren Lungenlappen waren in ein grosses, sinuöses Cavum verwandelt, dessen einzelne Ausbuchtungen durch leisten- und klappenähnlich hereinragende Duplicaturen begrenzt und von einander gesondert waren. — Die Innenhaut der Bronchiectasieen ist meist glatt, ohne Schleimdrüsen, einer verdickten serösen Haut nicht unähnlich. Stagnirt der Inhalt in einem erweiterten Bronchus längere Zeit, so nimmt er oft eine fötide Beschaffenheit an, und die Rückwirkungen auf Wand des Bronchialsacks und begrenzendes Lungenparenchym können nicht ausbleiben. Dieselben sind Arrosionen und Perforation der bronchiectatischen Wand, Lungenblutung und Lungengangrän. Bisweilen geht der stagnirende Inhalt einer sackartigen Bronchieetagie die käsige Metamorphose ein.
Die interstitielle Pneumonie ist wiederholt beim Pferdo beobachtet. Bei diesem befällt der Process vorzüglich die zungenförmi-gonSpitzen und den vordem untern Theil der Lungen. Auf dem Durchschnitt sieht man das interstitielle Bindegewebe auf 2—3/quot; verdickt,
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von graulich grünlicher Farbe, durchfeuchtet, die Lungenbläschen comprimirt. Auch hier entsteht in Folge von Schrumpfung des Bindegewebes eine complete Verödung des Lungenparenchyms und sackartige Dilatation der Bronchien. Dieser Process tritt entweder selbstständig, oder als Begleiter des Knötchenrotzes, oder auch als Folgezustand der croupösen Pneumonie, ferner in Umgebung von Ab.^cessen , secundären Lungenkrebsen, hämorrhagischen Infarcten auf. Der Verlauf ist hier stets chronisch.
Beim Rind ist die acute int ersti tiellePneumoniegeradezu die Regel, während die croupöse Pneumonie als Ausnahme zu bezeichnen ist. Sporadisch kommt jene selten, gewöhnlich seuchenartig als Lungenseuche vor, und ist bereits als solche oben besprochen. Als chronisch e inte rstitielle Pneumonie stellt sie beim Rinde das dar, was man hier in der Kegel als Lungentuberkulose aiiffasst. Wir haben bei diesen Thieren eine chronische Hyper-plasie des interstitiellen Bindegewebes, eine fettige Entartung der comprimirten und verödeten Lungenläppchen, welche sich später in käsige, gelbe Heerde verwandeln, die als gelbe Tuberkeln genommen werden, eine chronische Bronchitis mit einem puriformen Product, sackartige Erweiterungen der Bronchien, die mit Eiter gefüllt als tuberkulöse Cavernen aufgeführt werden , in diesen Fällen vor uns. Die Bindegewebshypertrophic des interstitiellen Gewebes führt sehr oft auch hier zu einer käsigen Metamorphose, und verwandelt grössore Abschnitte der Lunge in eine gelbe, brüchige Masse, welche für Tuberkelinfiltration genommen wurde. Aber was diesen Zustand von der Tuberkulose genügend unterscheidet, ist der Mangel einer miliaren Neubildung, als Ausgangspunct der langwierigen Lungen-entartung. Die Infiltrate zerfallen , und erzeugen buchtige Cavernen von verschiedener Grosse, deren Umsichgreifen durch Binde-gewebsschwielen aufgehalten wird.
Die Lungeninduration ist auch bei anderen Thiergattungen vielfach beobachtet worden. —
Die Symptome des Zustandes sind beim Menschen sehr abhängig von der Dauer und von der Ausdehnung der Induration, sowie von den Complicationen.
Wie schon wiederholt erwähnt, wenn eine croupöse Pneumonie in folgender Art verläuft, dass nach 8 — 9 Tagen die rationellen Symptome schwanden , aber die physikalischen Erscheinungen , wie ausgedehnter, leertympanitischerPercussionsschall, Bronchialathmen, durch Wochen persistiren, so kann mit Bestimmtheit angenommen werden, dass die croupöse Pneumonie tuberkulisirto. Sinkt später die Thoraxwand ein, und führen anwesende bronchieetatische Höhlen zum cavernösen Athmen, so kann mit Sicherheit auf die Existenz einer interstitiellen Pneumonie geschlossen werden. Bei der gleich-
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Die metastatiBchen Heerde in der Lunge.
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zeitigen Anwesenheit von Tuberkulose oder Lungenabscess nimmt eine complicirencle Pneumonie in der Regel den Verlauf der inter-stitiellen. Denn die Verödung des Lungengewebes, die bei der Tuberkulose die Ober- und Unterschlüsselboingegend einsinkend macht, wird durch eine schrumpfende Bindegewebswucherung des intorstitiellen Bindegewebes der Lunge erzeugt. Nimmt die interstitielle Pneumonie grössere Lungenabschnitte ein, z. B. beide untern Lungenlappen , so folgt ihr gern bedeutende venöse Stase, deshalb Dilatation und Hypertrophie des rechten Herzens1, oyano-tische Färbung der Lippen, Gedunsenheit des Gesichts, Schwellung der Leber, endlich auch Hydrops. Complicirt eine ausgedehnte Lmigeninduration eine Tuberkulose, so mangeln in der Regel die eyanotischen Erscheinungen, da die Blutmenge eine dem Untergang der Capillaren entsprechende Verringerung erfuhr. Die bronchiecta-tischen Cavernen führen zu heftigen Hu sten anfallen, die eine schmutzig gelbe Flüssigkeit von widrigem Gestank zu Tage fördern. Dieser Auswurf wiederholt sich von Zeit zu Zeit. Bei dem Auscultiren dieser Cavernen nimmt man Höhlenathmen wahr, wenn sie leer sind, eine gewisse Grosse besitzen, und der Thorax-wand nicht zu fern liegen.
Bei Thieron werden interstitiellePneumonieen während des Lebens seiton erkannt, vielmehr die obenerwähnten anatomischen Veränderungen der Lunge meist zufällig in den Cadavern jener Tiüere angetroffen, welche entweder wegen Dämpfigkeit oder, waren es Rinder, der schlechten Ernährung und der Abnahme der Milchabsonderung halber getödtet wurden. Die interstitielle Pneumonie der Pferde entzieht sich, da dieselbe vorzüglich die zungen-förmigen Spitzen der Lungen befällt, in der Regel der physikalischen Exploration aus anatomischen und als bekannt vorausgesetzten Gründen.
Die metastatischen Heercle in der Lunge
entwickeln sich aus einer Verstopfung kleiner Arterien durch Fibrin-pfröpfe aus Venongerinnsel, durchPartikelchen aus dem nekrotisirten Gewebe. Hinter der Verstopfung entsteht der metastatische Heerd. Diese Heerdo werden beim Menschen und beiden Thieren besonders häufig bei grossen Verjauchungen an den Extremitäten, überhaupt unter allen den Umständen angetroffen, unter den wir bereits oben Pyämie entstehen sahen. Es ist sehr leicht begreiflich, class eine Aufnahme eines Fibrinpfröpfchens, was von einem Venenthrombus stammt, und in den grossen Kreislauf gelangte, vor Allem Embolieen der kleinern L u n g e narterien hervorbringt. Denn es gelangt durch die Venen in das rechte Herz, und aus diesem durch die Lungen-solilagador iu kleine und kleinere Zweige derselben, bis es endlich
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stecken bleibt. Auf diese Weise entstehen kleine Läppchenlungenent-Zündungen, nämlich Austritt von Fibrin in die Lungenalveolen, hämor-rhagische Infarcte und partielle Nekrose, sogenannte metastatische Abscesse.
Durch Verstopfung kleinerer Arterien bilden sich hier Kreisraquo; laufshemmungen in den Haargefässen der entsprechenden Provinz; das Blut fliesst in denselben langsamer, oder stockt wohl gar; so kommt es zur Anhäufung der Blutkörperchen und zur Gerinnung in den Gefässen. Hierbei kann es entweder zu Gefässrupturen und zum Blutaustritt in toto oder zur Plasniaausscheidung und Fibrin-bildnng in den Alveolen kommen. Der Umstand, dass diese keilförmigen Heerde mit der Basis nach aussen und mit der Spitze nach innen liegen, ruht in der Art und Weise der Verbreitung der Pul-monalarterie, nämlich von der Lungenwurzel nach der Lungenperipherie. Die Umwandlung in einen metastatischen Abscess ist als eine partielle Nekrose zu deuten. Hierbei zerfallen nicht nur die die Alveolen verstopfenden Blut- und Fibrinpfröpfchen zu einer puriformen Masse, sondern auch das infiltrirte Lungengewebe nekro-sirt mit. Die Grosse dieser Heerde variirt von der eines Hirsekorns bis zur Nussgrösse. Sie haben eine keilförmige Gestalt, sind nach aussen dick, verdünnen sich nach der Tiefe. Ihre Farbe ist entweder dunkel und schwarz, wenn es sich um Blutaustretung handelt, oder rothgelb, wenn metastatische Pneumonieon vorhanden sind. Die Heerde sind luftleer, derb, brüchig; anfänglich feucht, später trockner, dann erscheint ihre Schnittfläche ungleich granulirt. Im weitern Verlauf des Processes tritt in der Mitte jener Heerde Entfärbung und Zerfall ein. Es entstehen Lücken mit einer gelben Masse gefüllt , welche aus Trümmern der Lungensubstanz und Detritusmasslaquo; des ergossenen Bluts oder Fibrins besteht. Dies ist der metastatische Process, der ursprünglich keinen Eiter enthält. Giesst man Wasser über die Schnittfläche, so sieht man die Lungenreste in den Lücken flottiren. Sitzen die Abscesse unter der Pleura, so bilden sich auf derselben croupöse Niederschläge.
Diese Heerde werden mit ziemlicher Sicherheit bei den Zeichen der Pyämie vermuthet, wenn sich zu derselben Dispnoë und ein schmutzig braunrother Auswurf gesellt.
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Der Lungenbrand. Wir haben den Ausgang der Lungenentzündung in Brand bereits berührt. Der Umstand, dass der Lungenbrand häufiger ist, als der aller übrigen Innern Organe, beruht darauf, dass die Lunge dem Zutritt der Luft ausgesetzt ist. Sowie ein grösserer oder kleinerer Abschnitt der Lunge wegen Blutgerinnungen in seinen ernährenden Gefässen den Stoffwechsel einstellt, so tritt auch alsbald
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Die Tuberkulose der Lunge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;391
Fäulniss des Theiles, also Brand ein. Deshalb führen auch hämor-rhagische Infarcte so leicht zur circurascripten Lungengangrän. Der diffuse Brand entsteht in seltenen Fällen auf der Höhe der Entzündung; zuweilen folgt er der Fäulniss des Inhalts bronchiectatischer Höhlen, wenn es zur Versehwärung oder Ruptur des Sackes kam, oder gleichsam spontan tritt er bei Zerrüttung der Constitution, bei Säufern, bei Irren, bei einer an Hungertod grenzenden Nahrungs-losigkeit, oder auch im Verlauf von asthenischen Fiebern, nach Typhus, Masern, Pocken auf'.
Bei Thieren ist der Lungenbrand, besonders bei Pferden, ein iiäufigerer Ausgang der Lungenentzündung, als beim Menschen, doch ist er auch hier immerhin selten. Der Lungenbrand wird hier vielfach bei Milzbrandfiebern und Anthrax beobachtet.
Der umschriebene Lungenbrand bildet kleinere, der diffuse grossere, ganze Lappen umfassende Heerde. Der erstere ist scharf umgrenzt, der letztere geht allmälig in das ödematöse oder hepa-tisirte Parenchym über. Aber beide haben das miteinander gemein, ilass sie das Lungenparenchym in eine aashaftriechende, morsche, bald zunderartige Masse, bald schwarzgraue Jauche verwandeln. Durch Eröffnung der Pleurahöhle kann es zu Pleuritis, selbst zum Pyopneumothorax kommen. In vielen Fällen erfolgt eine bedeutende Hämorrhagie durch Anätzung von Gefässen. Nur dercircum-scripte Lungenbrand vermag zu heilen, indem die brandigen Massen ausgeworfen wurden, und Vernarbung eintritt. Der diffuse Brand führt wohl in allen Fällen bald durch Pneumorrhagieen, bald durch Jauchcnvergiftung zum Tode.
DieZeichen des Lungenbrandes sind: der schwärzliche, übelriechende Auswurf, derNachweis von Gewebstrümmern der Lunge in Jen Sputis, die Lungenblutungen, der aashafte hulitus oris und die Erscheinungen eines adynamischen Fiebers. Bisweilen gelingt es der physikalischen Exploration, eine gangränöse Caverne oder einen Pneumothorax nachzuweisen.
Die Tuberkulose der Lunge.
Dieselbe beruht auf einer Neubildung m i 1 i a r e r Knötchen in den Lungen, die in grosser Zahl hier vorkommen, und ursprünglich eine Kernwucherung derBindegewebskörperchen desinterstitiellen Lungengewebes und der Alveolenwände darstellen, denen nur spärlich grossere Zellen beigemischt sind. Selten wird die Lunge allein befallen, sondern analoge Neubildungen trifft man in andern Organen. Doch ging meist die Tuberkulose der Lungen der anderer Organe voraus.
Die Entwickelung der Lungentuberkulose geschieht entweder absatzweise im Verlauf von Jahren, daher der Ausspruch M ü 11 e r' s: laquo;wenn der Tuberkulöse einen Catarrk bekommt, so macht er gleich-
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zeitig von Neuem eine Aussaat von Tuberkeln, also: soviel Catarrhe, soviel Tuberkelaussaatcn.quot; Dies ist die chronische m i 1 i a r e Form. Oder dieTuberkolfintvvickelung geschah in sehr rapider ^Yoisc innerhalb weniger Tage, dies ist die acute mi liar e Form der Tuberkulose. Die sogenannte inf'iltrirte Tuberkulose, welche constant die chronische! Miliartuberkulose begleitet, ist Nichts als eine käsige Umwandlung eines synoviaartigen pneumonischen Infiltrats und hat streng genommen mit der Tuberkulose der Lungen Nichts gemein, als die gleiche käsige Umwandlung und den gleichen Fundort.
Die Ursachen der Tuberkulose sind beim Menschen noch sehr dunkel. Denn was hin und wieder als Ursache dieser dis-seminirten Neubildung aufgeführt wird, kann ebensowohl erst Folge derselben sein. In erster lieihe steht hier die schlechte Ernährung, die Schwäche der Constitution. Doch ist nicht abzuleugnen, dass schwächliche, gracilo, blutarme Kinder, wenn sie nicht das Opfer des Croups und des Hydrooephalus werden , in den Blüthejahren mitunter der Tuberkulose verfallen. Auffällig ist das Verhältniss der Hämophilie zu einer später eintretenden Tuberkulose. Junge Leute, die oft an erschöpfendem Nasenbluten leiden , werden gern später ein Opfer der Tuberkulose. Jenes Bild des tuberkulösen Habitus kann aber ebensowohl sich gleichzeitig mit der Lungentuberkulose entwickeln , als es andrerseits Individuen giebt, die diesen Habitus in extremster AVeiso besitzen , und dennoch nie tuberkulös werden. Nur so viel möge aus alle dem Gesagten hervorgehen, dass den unverkennbaren und untrüglichen Zeichen der Tuberkulose, wenn aucli nicht in allen , so doch in vielen Fällen, unverkennbare Ernährungsfehler und die Zeichen der Anämie vorangehen.
Erblichkeit der Anlage ist unzweifelhaft, hier sehr oft mit im Spiele. In vielen Gliedern kann natürlich diese Erblichkeit nicht beobachtet worden , da tuberkulöse Familien meist in den nächstfolgenden Generationen aussterben. Doch soviel scheint sicher. dass sich mit wenig Ausnahmen die Lungentuberkulose von der Mutter auf die Kinder vererbt, während die Tuberkulose des Vater; sich mit einer geringern Constanz auf die Descendenten überträgt. Selbstverständlich werden die Kinder nicht mit Lungentuberkulose geboren , sondern die Wirkung der mitgetheilten Krankheit ist vor der Hand noch latent, wird aberin derBlüthezeit, kurz vor, während oder nach der Pubertät wachgerufen, und führt dann erst zur Lungentuberkulose.
Von den entfernten Ursachen der Lungrentuber-kulose ist besonders der Mangel an Nahrung zu nennen; daher die Häufigkeit der Tuberkulose in grossen Städten, Fabrikorten. Aber nicht der Erwerbs- und Nahrungsmangel allein, der im geraden Verhältniss zum wachsenden Proletariat steht, er-
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Die Tuberkulose der Lunge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 393
zeugt in jenen Orten diese grosse Frequenz der Lungentuberkulose, sondern ganz besonders muss auch hier der Mangel an Lieht, ozor.-reicher Luft und genügender Bewegung, welcher die Bevölkerung jener Orte trifft, in die Wagschale gelegt werden. Denn dass es nicht der Mangel einer ausreichenden Nahrung allein ist, geht schon daraus hervor, dass auch unter den wohlhabenden Ständen die Lungentuberkulose sehr heimisch ist, und andrerseits in Käfigen gehaltene Baubthiere, Affen trotz der ausreichendsten und natur-gemässesten Nahrung dennoch in kurzer Zeit bei uns Opfer der Lungentuberkulose werden. Ei sen mann nennt mit vollem Recht die Lungentuberkeln die Thronen der Armuth nach innen geweint. Denn auch zugegeben, dass niederdrückende Gemüthsaffecte, welche anhaltend die Seele beherrschen, nicht ohne Rückwirkung auf'die £r-nährungsvorgängo bleiben können, und so vielleicht in einzelnen Fällen ausschliesslich eine Lungentuberkulose vorzubereiten und zu erzeugen vermochten, eine pathogenetisehe Auffassung der Lungentuberkulose, die durch die grosse Frequenz dieser Krankheit bei Irren nur gestützt wird, so. wolle man aber dabei nicht vergessen, dass, obwohl kein Kummer nachhaltiger und intensiver die Seele bewegt, als der aus Nahrungssorgen, dennoch seine Ursache, der Nahrungsmangel, vor Allem in die Wagschalefällt, und dass endlich das stille, insichgekehrte Wesen des Betrübten ihn bestimmt, Licht, frische Luft und Bewegung nachhaltig zu meiden. Es ist möglich, selbst wahrscheinlich, dassdasge-hommte Athmen bei anhaltender Betrübniss nicht ganz ohne Ein-fluss auf die Entwickelung der Tuberkeln in den Lungen ist. Daher mag es auch kommen, dass ein längerer Aufenthalt in Gefängnissen, Armenhäusern, Spitälern, Correctionsanstalten, Zuchthäusern etc. in der Regel Lungentuberkulose zur Folge hat, und im Gegentheil die Landbevölkerung, welche nicht industrietreibeud ist, sondern ausschliesslich von Ackerbau lebt, mit einer fast verschwindenden Zahl von Ausnahmsfällen, von der Tuberkulose veischont bleibt.
Auffällig ist die Complication des runden Magengeschwürs mit Tuberkulose. Aussordem complicirt die Lungentuberkulose gern Chlorose und tertiäre Syphilis. Bei der Zuckerruhr lernten wir die Lungentuberkulose als constante Termination kennen. Alle Zustände, welche die Kräfte und die Ernährung des Körpers sehr erschöpfen, können in Lungentuberkulose ausgehen. So beobachten wir diese Krankheit nach Typhus, fieberhaften Exanthemen, nach sich oft wiederholenden Wochenbetten, nach übermässig fortgesetztem Stillen, bei Onanisfen etc. Unter den Gewerben disponiren namentlich Steinmetzen, Feilenhauer, Hutraacher, Cigarrenmacher, kurz — Individuen, die genöthigt sind, eine mit feinen Staubtheilchen geschwängerte Atmosphäre einzuathmen.
Die Frequenz der Tuberkulose an sich ist so bedeutend, dass
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ohngefähr der 5. Mensch dieser Krankheit zum Opfer fällt. In der frühesten Jugend ist die Lungentuberkulose äusserst selten. Die Frequenz erreicht zur Zeit der Pubertät eine bedeutende Höhe, die bedeutendste aber zwischen dem 20. und 30. Lebensjahre. Von da an fällt dieselbe allmälig, doch sei bemerkt, dass selbst das höchste Greisenalter nicht ganz von der Lungentuberkulose verschont bleibt. Südländer, die sich bei uns acdiinatisiren, werden oft lungentuberkulös. Alle diejenigen Zustände, welche chronische Lungenstauung veranlassen, wie namentlich Herzfehler mit Klappen- und Ostien-mängeln, hochgradige Lungonemphyseme, scheinen eine gewisse Immunität für die Lungentuberkulose zu begründen, doch keine absolute. So beobachtete ich noch vor Kurzem eine bedeutende Hypertrophie mit extremer Insufficienz der Mitralis neben einer sehr vorgeschrittenen Lungentuberkulose.
Die Lungen tu berk u lose der Thiere soll angeblich bei allen Hausthieren vorkommen. Beim Pferd handelt es sich jedoch in den allermeisten Fällen von disseminirten, milia-ren Neubildungen der Lungen nicht um Lungentuberkulose, sondern um Lungenknötchenrotz, und ich lasse es zweifelhaft, ob vielleicht je ohne Eotz Lungen-knötchen beim Pferde vorkommen. Ganz etwas Aehnliches muss von dem Vorkommen der Tuberkeln beim Rind behauptet werden. Die erbseu-, hasel- bis wallnussgrossen, brüchigen, gelben Knoten, welche ich selbst vielfach in den Lungen sogenannter tuberkulöser Rinder antraf, können nicht so ohne quot;Weiteres als aus Lungeiituberkeln hervorgegangen aufgefasst werden. Sie aber selbst als solche zu bezeichnen, ist ganz irrig. Denn das Kriterium bei der Lungentuberkulose bleibt der Ausgangspunct, und dieser ist die miliare Granulation. Jene in der Rinderlunge im verdichteten Lungengewebe angetrofi'enen gelben Knoten sind lo-buläre, entzündliche Heerde, die in einer fettigen Entartung begriff en sind (sogenannte iufilfrirte Tuberkulose). — Am Häufigsten und ganz analog der Lungentuberkulose des Menschen beobachten wir das Vorkommen der Tuberkeln in den Lungen der Affen, Bären, Löwen, Tiger etc. Ganz exquisit sah ich eine Tuberkulose bei einem Löwen, welche die miliare Form genau so wie beim Menschen darbot. Die Tuberkulose der Affen und die des Menschen sind ganz identisch.
Der Sectiousbefund: Ursprünglich begegnen wir bier gries-bis hirsekorngrossen, matt durchscheinenden, graulichen, festeren gra-nula, welche man gewöhnlich als crude Miliartuberkeln bezeichnet, bald vereinzelt, bald zu Gruppen zusammengehäuft. Die mikroskopische Untersuchung zeigt zahlreiche Kerne und junge Zellen. Ueber die Natur des Tuberkels hat man sich erst in neuer Zeit geeinigt. Die Alton haben den Namen Tuberkel eingeführt, einfach nach der äussern
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Form des Gebildes, und so hat man jedes Ding Tuberkel genannt, welches in Form von Knötchen hervortrat, und so von syphilitischen, scrophulösen, krebsigen, scirrhösen Tuberkeln gesprochen. Ja die Thierärzte haben bis auf die neueste Zeit die auf der Brust und Bauchhaut der Rinder zahlreich auftretenden Fibroide unbedenklich als Pleura- und Peritonealtuberkulose bezeichnet. Doch damit ist keineswegs die Summe der hier gehegten Irrthümer bezeichnet, vielmehr ist noch zu erwähnen, dass man unter dem Namen infil-trirte Tuberkulose Zustände mit dem Tuberkel confündirte, die nicht einmal die Knötchenform, das wesentlichste Kriterium des Tuberkels bei den Aelteren, innehielten. Denn hier war gar nicht mehr die Rede von Knötchen, sondern es handelte sich um eine gleich-massige Durchdringung des Parenehyms mit der krankhaften Masse. Dadurch entfernte man sich immer weiter von dem alten Begriff' des Tuberkels. Nachdom einmal durch Laennee die Tuberkeliufiltration als zweite Form der Lungentuberkulose aufgeführt war, so suchte man nach Aehnlichkeiten zwischen discreten Tuberkeln und Tuberkelinfiltrat , und so konnte es nicht ausbleiben, dass man nach und nach ganz allgemein die käsige Beschaffenheit des Tuberkels als den gemeinschaftlichen Character aller Tuberkelproducte auf-btellte. Und so lag es nahe, class man den Tuberkel aus jedem beliebigen Exsudate entstehen liess, indem dieses wässrigeBestandtheile verliere, sich eindicke, trübe, undurchsichtig und käsig -werde, und in diesem Zustand liegen bleibe. Dass der Leberl'scheTiiberkelkörpei-eine Bildung sei, welcher keine der bekannten organischen Zellen-ibrmen entspräche, ist eine Versicherung, die nur in einem gewissen Alter desselben als richtig zu bezeichnen ist, denn ursprünglich ist der Tuberkelkorper eine ganz wohlgebildete Zelle, die aber, wie Vi r ch o w sagt, durch ein unglückliches Geschick frühzeitig in ihrem weiteren Fortkommen gehindert wird, und einer vorzeitigen Verschrumpfung unterlag. In dieser Verschrumpfung entspricht sie allerdings keiner Lebensform der Zelle im Organismus mehr. Sie ist eine solide, resistente, platte Scholle geworden, die mit Fettmolekülen, Kalk-kernchen etc. durchsetzt ist.
Benno Reinhardt war der Ansicht, dass der Tuberkel Nichts sei, als eine Form derUmbildung von Entzündungsproducten, und dass eigentlich alle gelbe Tuberkelmasse ein gedickter Eiter sei. Und wirklich ist das, was man Tuberkelinfiltration genannt hat, mit wenig Ausnahmen auf eine ursprünglich entzündliche, eitrige oder catarrhalische Masse zu beziehen, welche nach und nach durch eine unvollständige Resorption in den Verschrumpfüngszustand gerathen ist, in welchem sie nachher liegen bleibt. Allein Reinhardt täuschte sich darin, dass er glaubte Tuberkeln zu untersuchen, während er nur schrumpfende faserstoffige, eitrige und catarrhalische Producte
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vor sich hatte. Auch er war befangen von der Ontologie der Vorgänge in der Lunge bei der Miliartuberkulose, die durch die Wiener Schule so sehr ausgebildet wurde. Hätte er sich daran gehalten, den alten Begriff des Knötchens als wesentlich für die Tuberkulose zu betrachten, und hätte er das tubarciilum in seinen verschiedensten Stadien untersucht, so würde er sicher nicht in diesen Irrthum verfallen sein. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, dass nicht der grösste Theil desjenigen, was im Verlaufe der Tuberkulose nicht in Knotenform erscheint, eingedicktes Entzündungsproduct sei. Vielmehr muss dies für Alles das zugegeben werden, was in keiner nächsten Beziehung zum Tuberkel steht. So finden wir sehr oft neben dem Miliartuberkel eine gallertartige Substanz, welche die be-nachbarten Theile (Alvoolen) erfüllt, oder selbst als Bindemasse die Kerne und Zellen, welche aus einer Wucherung der Alveolenwand hervorgingen , zusammenhält, und unter fortschreitender Wucherung jener Elemente aufgezehrt wird. (Eo ki tansky.) Aber neben diesen Entzünduiigsproduetenund ganz unabhängig von ihnen erscheint bei der Tuberkulose ein Gebilde, welches durchaus nicht den Werth eines Ent-zfindungsproduets hat, sondern eine Neubildung ist, nämlich das mi-liare Körnchen. Dieser Tuberkel ist unzweifelhaft zolliger Natur. Seine Entwickelung geht in der Regel gerade so wie die anderer Neubildungen aus Bindegewebe hervor, und stellt, wenn sie einen gewissen Grad erreicht hat, innerhalb dieses Gewebes einen kleinen Knoten an, der an der Oberfläche der Organe eiu Höckerchon bildet, das in seiner ganzen Masse aus kleinen ein- oder mehrkörnigen Zollen besteht. Das, was diese Bildung besonders eharacterisirt, ist der Umstand, dass sie überaus kernreich ist, so dass, wenn man sie innerhalb der Fläche des Gewebes betrachtet, auf den ersten Blick fast Nichts, als Kerne vorhanden zu sein scheinen. Isolirt man die constituirenden Theile, so bekommt man entweder ganz kleine, mit einem Kern versehene Elemente, oft so klein, dass die Membran sich dicht um den Korn herumlogt, oder grössere Zellen mit vielfacher Theilung der Kerne, so dass 12—24 und 30 Kerne in einer Zelle enthalten sind, wo aber immer die Kerne klein, gleichmässig und etwas glänzend aussehen. Virchow sagt: „Der Tuberkel steht demnach in seiner Entwickelung dem Eiter verhältnissmässig am nächsten, insofern er die kleinsten Kerne und die verhältnissmässig kleinsten Zellen hat, und er unterscheidet sich dadurch von allen höher organisirten Formen (Krebs, Cancroid, Sarkom), dass diese letzteren grosse, mächtige, colossale Bildungen mit starkentwickelten Kernen und Kernkörperchen darstellen. Er ist immer nur eine ärmliche Production, eine von vornherein kümmerliche Neubildung. Von Anfang ist er wie andere Neubildung nicht selten von Gefässen durchzogen, allein, wenn er sich vergrössert, so drängen sich seine
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vielen kleinen Zellen — diese, wie eine Kinderscliaar, immer dichter aneinander gehende Masse — so eng zusammen, dass nach und nach die Gefässe vollständig unzugänglich werden, und sich nur die grosseren, durch den Tuberkel hindurchgehenden noch erhalten. Gewöhnlich sehr bald tritt im Centrum des Knotens, wo die alten Elemente liegen, eine fettige Metamorphose ein, welche aber in dor Kegel nicht vollständig wird. Dann verschwindet jede Spur von Flüssigkeit, die Elemente fangen an zu verschrumpfen, das Centrum wird gelb und undurchsichtig, man sieht einen gelblichen Fleck inmitten des grau durchscheinenden Kerns. Damit ist die käsige Metamorphose angelegt, welche später den Tuberkel characterisirt. Die Veränderung schreitet nach aussen immer weiter vorwärts von Zolle zu Zelle, und nicht selten geschieht es, dass nach und nach der ganze Knoten diese Veränderung eingeht.quot;
Vom Tuberkel kann man wirklich sagen, dass Form und Wesen bei ihm innig zusammenhängen. Seine Form ist bedingt dadurch. dass er von einzelnen Elementen des Bindegewebes aus durch die degenerative Entwickelung einzelner Gruppen von Bindegewcbs-körperchen wächst. Auf die Weise kommt er ohne alles Weitere als Korn zum Vorschein. Hat er einmal eine gewisse Grosse erreicht, wenn die Generationen von neuen Elementen, die sich durch immer-fortgohende Thoiluug aus den alten Gewebselemonten entwickeln, endlich so dicht liegen, dass sie sich gegenseitig hemmen, die Gefässe des Tuberkels allmälig zum Schwinden bringen, und sich dadurch selbst die Zufuhr abschneiden, so zerfallen sie eben, die Zellen sterben ab, und es bleibt Nichts weiter zurück, als Detritus, ver-schrumpftes, käsiges, zerfallenes Material.
Die käsige Metamorphose ist der regelrechte Ausgang der Tuberkeln. Aber sie ist einerseits nicht der nothwendige Ä-usgang, denn es giebt seltene Fälle, wo die Tuberkeln durch vollständige fettige Metamorphose resorptionsfähig werden ; andererseits kommt diese fettige Metamorphose, wie wir bereits wiederholt gesehen haben, andern zelligen Neubildungen zu, als z. B. dem Eiter, dem Krebs, dem Sarkom, den gummatibussyphiliticii! und der sogenannten typhösen Infiltration. Ueberall handelte es sich hierum den Aus-gangspunet und um die primären Bildungen. Sowie einmal jener fettige Zerfall, dieses Product der anämischen Nekrose, eingeleitet ist, so muss ein Zeitpunct für alle die aufgeführten so verschiedenen Zellenbildungen kommen, wo man nicht mehr zu unterscheiden vermag, was Typhusmasse, was Krebs, was Eiter ist, so lange man nur die käsige Masse vor Augen hat, und nicht auf jene Zellenbildungen achtot, die jene käsige Umwandlung noch nicht erfahren haben. Auf unsern Fall angewandt, so ist hervorzuheben, dass es Zeiten in der Entwickelung der Krankheitsproducte bei der Tuber-
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kulose giebt, wo man mit Bestimmtheit das Entzündliche und das Tuberkulöse von einander zu trennen vermag. Endlich kommt aber eine Zeit, #9632;#9632;.vo sich beide Producte miteinander vermischen, und wo, wenn man nicht die Entwickelung des Ganzen kennt, man kein Ur-theil mehr besitzt über das, was es bedeutet.
Was das Makroskopische der Lungentuberkulose betrifft, so sei erwähnt, dass sich die Tuberkelgranulation bei der chronischen Tuberkulose fast niemals durch die ganze Lunge vertheilt, sondern vorzugsweise den obern Lungenlappen und namentlich die Spitzen der Lunge einnimmt. Die Tuberkelconglomerate werden hier umfangreicher, später stossen mehrere zusammen, ausgedehnte Stellen des Lungenparenchyms werden luftleer und erscheinen in eine derbe, resistente Masse verwandelt. Für das Alter des ..Nach schubs quot;spricht die Beschaffenheit des Tuberkels; je jünger der Tuberkel, um so durchscheinender, je älter, um so trüber ist er. Denn das Schicksal eines jeden Miliartuberkels ist das der allmäligen Nekrose, und nur diejenigen, welche sich kurz vor dem Tode des Individuums entwickelten, sind hiervon ausgenommen. Jene Nekrose wird, wie bereits erwähnt, durch die fettige Entartung eingeleitet, die den pel-luciden, grauen Tuberkel in den gelben, käsigen verwandelt. Die Verwandlung geht von der Mitte aus, dieselbe wird opak, milchweiss, endlich mehr und mehr gelb, und sobald das ganze Granulum diese Farbe zeigt, nimmt auch die Consistonz des Knötehens ab, und wird brüchig, wie Käse. Doch damit ist der Process der regressiven Metamorphose noch nicht abgeschlossen, vielmehr geht die Verwandlung in der Weise fort, dass die organischen Substanzen immer mehr und mehr schwinden, und an ihre Stelle Kalksalze treten ; und so kommt es endlich zur Verkreidung des Tuberkels. — DieEr-w e i chnng desTuberkels besteht in einer Verflüssigung des fettig entarteten Gewebes. Aeusserlich gleicht diese Masse wohl dem Eiter, aber unter dem Mikroskop erweist sie sich nur aus Detritus bestehend, dem nur hin und wieder unregelmässige, schrumpfende Zellen beigemischt sind, während die regelmässigen Eiterkörperchen ganz mangeln. Durch Zerfall einer grossen Summe von Tuberkeln bilden sich anfänglich kleinere Höhlen, welche Tnberkeleiter und Lungentrümmer enthalten, und deren Inhalt sich entweder durch einen Bronchus nach aussen entleeren kann, oder derselbe dickt ein, verkreidet, und so kann im günstigen Falle eine Verheilung der tuberkulösen Caverne eintreten. Jedoch ist dieser Ausgang entschieden seltener. In der Regel setzt sich der Zerfall in den Wänden des Hohlraums fort, indem sich Eiterkörperchen in der Umgebung der Tuberkel von dem interstitiellen Bindegewebe und von den Epithe-lien derLungenalveolen ausbilden, theils die in der Wand gelegenen Tuberkel unter dem Einfluss der Luft und des Eiters rasch erweichen
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und zerfallen. Eine solche sich vergrössernde Höhle ist bald mit einem schleimigen Menstruum, bald mit einer purulenten Flüssiir-keit erfüllt, denen Tuberkel und Lungentrümmer in wechselndem Verhältniss beigemischt sind. Constant betheiligen sich die Bronchien in Form einer eitrigen Bronchitis bei dem Process der chronischen Miliartuberkulose. Es bilden sich theils cylindrische, theils einseitige Bronchiectasieon, die in der Regel mit einer gelben, consistenteren Flüssigkeit erfüllt sind, welche unter dem Mikroskop dem guten und lobenswerthen Eiter allerdings vollkommen gleicht. Gerade dieses Verhältniss hat Benno Reinhardt irre geführt. Niemand dürfte jetzt bezweifeln, dass diese regelmiissig bei der chronischen Miliartuberkulose vorkommenden Bronchiectasieen wesentlich zur Caver-uenbildung mit beitragen, aber ausschliesslich veranlassen sie sie gewiss nicht, wie Reinhardt behauptete. Nur zu oft habeich mich überzeugt, dass grosse Bronchiectasieen mit unverkennbar häutiger Wand an ihrem zerstörten Ende offen mit einer tuberkulösen Caverno eommunicirten, aber zwischen den einzelnen Bronchiectasieen befand sieh zerfallendes Lungengewebe, dessen Untergang durch Erweichung von Tuberkelconglomeraten vorbereitet war. Gebietet der Tod dem Processe nicht Halt, so geht eine Summe von lironchiectatischen Räumen und primären vomicue in jenen grossen, wenn man will s e c u n d ä r e n V07nicis unter, welche nnregelmässige, zerklüftete Hohlräume bis zur Grosse einer Faust und darüber, oder ein Convolut von Cavornen darstellen. Weit schneller würde der Process vor sich gehen, wenn nicht in der Umgebung dieser Vorgänge eine interstitielle Pneumonie Platz griffe, und, ziemlich gleichen Schritt haltend mit der Zerstörung, die Wandungen des Hohlraums in eine schwarze, schwielige, dem Narbengewebe gleichende Masse verwandelte, die gleich einemKrankheitsisolat or dem weitein Vordringen der Zerstörung Grenzen setzt. Die Blutge-fisse obliteriren wie die Bronchien. Man findet sie entweder als bandförmige Leisten in den Wandungen der Caverne, oder sie bilden Balken und Stricke, welche brückenartig von einer Wand der Höhle zur andern gehen. Nicht immer sind diese Gefasse obliterirt, bisweilen sogar anen-rjsmatisch ausgedehnt. Ich entsinne mich eines Falls bei Z enker, wo die Berstnng eines aneurysmatischen Sackes, zu dem sich ein von einer Wand der Caverne zur andern gehendes Pulmonalgefäss ausgedehnt hatte, den Tod durch Pneumorrhagie veranlasste.
Die Verringerung des Flnssbettes, welche das Stromgebiet der Lungencapillaren durch Zerstörung und Verödung in so vielen Heerden bei der Lungentuberkulose erfährt, wird dadurch theilweise ausgeglichen, dass sich die Zweige der Bronchiaiarterien erweitem, quot;ud der Lunge, in welcher sich neue Capillaren bilden, arterielles Blut zuführen. Ja selbst Zweige aus den Intercostalarterien ver-
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längeru sich, und begleiten die a u s w a c h s e n d e n Bindegewebssub-stanzen, welche bei der chronischen Miliartuberkulose stets auf das Innigste pleura costalis und pulmonulis miteinander vereinigen, und gelangen so in das Lungunparenchym selbst. Das arterielle Blut gelangt durch Haargofässe theils in die Bronchial-, theils in die Pulmonal-, theils in die Intercostalvenen.
Constant begleitet die chronische Miliartuberkulose eine chronische Pleuritis. Acute plouritische Ergüsse sind seltener, kommen aber gleichfalls vor, und namentlich dann in der copiösesten Weise, wenn ein Pneumothorax entstand, der die Lunge auf das Extremste zusammendrückte, die Thoraxwand ausdehnte, das Mediastinum nach der entgegengesetzten Seite und das Zwerchfell tief nach abwärts drängte. Dieser Kaum wird endlich ganz, wenn der Tod nicht früher durch die Conscquenzen dor collateralen Fluxion in der andern Lunge erfolgte, mit puriformom Serum erfüllt, indem die Luft allmälig durch das Exsudat verdrängt wird. Viel häufiger als derartige colossale Ergüsse treffen wir Verdickungen der Pleura, so dass es den Anschein gewinnt, als ob die Lungenspitze mit einer dicken, compaeten, fibrösen Schwarte überzogen sei. Zuweilen sind beide Plourablätter so verwachsen, dass gar kein cavum pleurae mehr existirt. Derartige Veränderungen hindern namentlich die Entstehung des Pneumothorax.
Heilung der Tuberkulose soll in allen Stadien vorkommen, selbst wenn bereits Lungenschwindsucht begonnen hat. Es ist richtig, dass man sehr oft in den Leichen von Personen, die an anderweiten Zuständen zu Grunde gingen, namentlich in den obern Lungonlappen ausgedehnte Bindegewebsindnrationen findet, in denen Bronchien blind endigen, und auf deren Durchschnitt man kalkige Concrcmente wahrnimmt. Wenn man alle derartige Zustände für geheilte Tuberkulosen nehmen will, so ist die Zahl derselben allerdings so gross, dass man behaupten könnte, die kleine Hälfte von Tuberkulosen gehe in Heilung, die etwas grössere in Tod über. Dem widerspricht aber entschieden die klinische Erfahrung, und wenn auch sich in einigen Ausnahmsfällen die Lungentuberkulose bis in das hohe Alter hinauszieht, so tödtet sie doch endlich, und in der Lunge findet man dann in der Leiche so ganz colossale Verwüstungen vor, die Alles, nur nicht ein Beispiel geheilter Tuberkulose abgeben. Das, was man in vielen Fällen für geheilte Tuberkulose hält, ist nichts als eine chronisch interstiticlle Pneumonie beider obern Lappen mit Ausgang in Bindcgewebsinduration und Concrementbildung (kalkige Incrustation der Bindegewebstheile). Das benachbarte Lungengewebe ist meist emphysema;ö3, derPleura-überzug narbig eingezogen, verdickt und getrübt. Diese Veränderung ohne Weiteres als geheilte Tuberkulose zu bezeichnen, ist grade so
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irrthümlich, als wenn man jeden käsigen Heerd der Lunge für einen metamorphosirten Tuberkel halten wollte.
Die Bronchialdrüsen werden oft geschwollen und käsig meta-morphosirt angetrofifen. lieber die Tuberkulose des Larynx ist bereits berichtet. In einer grossen Zahl von Fällen gesellt sich Darmtuberkulose zur Miliartuberkulose. Sie findet sieh besonders im Ileum und im Dickdarm. Die primären Darmgeschwüre entstehen durch Schmelzung und nachfolgenden Substanzverlust der discreten Tuberkeln der Mucosa und Submucosa; durch weitere Zerstörung der Schleimhaut entwickeln sich die secundären Geschwüre. Hierbei entstehen wuchernde Bildungen in den Geschwürsrändern , welche allmälig zerfallen, und eine Verschwärung der Darmschleimhaut in der Richtung der Querachse des Darms veranlassen (die sogenannten Gürtelgeschwüre). Auf der Serosa entstehen secundäre Tuberkeln. Auch die Mesenterialdrüsen schwellen, und gehen die käsige Umwandlung ein.
Meist ist Fettleber vorhanden, seltener coloide Leber. Das rechte Herz ist sehr oft excentrisch hypertrophirt, nur bei den höchsten Graden des Marasmus findet man auch den Herzmuskel atrophisch, äclilaflT.
Die Nieren bieten häufig eine fettige Entartung ihrer Epi-thelien dar.
Gaumen und Zunge sind oft durch Soor belegt.
Die Leiche des Lungentuberkulösen bietet die höchsten Grade der Abmagerung dar. Die Haut ist bleich, dünn, oft Sitz von Pityriasis, die Füsse sind ödematös geschwollen, die Cruralvene ist oft thrombotisch, und dann ist das rechte Bein enorm hydropisch angeschwollen. Die ganze Leiche ist blutleer. Itn rechten Herzen findet man bisweilen eine ziemliche Menge Bluteoagula.
Als Vorboten der Tuberkulose bezeichnet man scrophulöse Leiden in der Jugend. Doch bei Weitem nur die geringste Zahl der früher scrophulösen Kinder wird später tuberkulös. Der lange Hals und der paralytische Thorax sind ebenfalls nicht als sichere Vorboten zu bezeichnen. Von grösserer Bedeutung ist die Hämoptoe. Je unbedeutender die Veranlassung war, welche die Blutung hervorrief, und je mehr dieselbe anscheinend den spontanen Character zeigt, um so mehr erregt sie Verdacht, dass Lungentuberkulose ihr folgen werde. Der Beginn des Leidens ist oft ein unbedeutender Catarrh des Kehlkopfs, der erst allmälig auf die feinern Bronehier. übergeht, zu dem sich später Fieberbewegungen, Abmagerung. Blässe der Haut und physikalische Erscheinungen der Brust gesellen. Oder in andern Fällen war ein diffuser Bronchialcatarrh das Einleitende, dessen Hartnäckigkeit, so wie die ihn begleitenden Nacht-schweisse, Abmagerung und Dispnoë keine Zweifel aufkommer;
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; •nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 26
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Hessen, dass eine Lungentuberkulose ihm zu Grunde liegt. Noch häutiger ereignet es sich, dass Schwindsuchtscandidaten oft einen leichten Bronchialcatarrh überstehen. Kaum ist ein Anfall verschwunden, so tritt ein neuer wieder auf; dabei kann scheinbar das Wohlbefinden ungetrübt, namentlich die Respiration frei bleiben. Später aber recidivirt der Bronchialcatarrh von Neuem, er ist heftiger, dauert länger als die frühern Anfälle, und nun sinken Kräfte und Ernährung mehr und mehr unter anhaltenden Nuchtschweissen. Die Intermissionen des Catarrhs hören auf, endlich treten alle Erscheinungen der Lungenpthisis ein. In andern Fällen beobachten wir auch im Beginn der Tuberkulose öfters sich wiederholende Bronchialcatarrhe, aber das Hervorstechende ist von Haus ans eine Störung des Allgemeinbefindens. Die Patienten sind bei der geringsten Kraftanstrengung erschöpft, gerathen ausser Athem, frühzeitig stellt sich bei diesen Kranken Abmagerung ein, doch trotzdem hält sich der Stand der Krankheit oft viele Jahre auf einer Höhe, bis auch endlich hier die schlimmem Symptome der Lungentuberkulose hervortreten. Diese schwereren Zeichen sind: Hartnäckige Hustenanfälle, exquisite Anämie, Atrophie des panniculus adiposus und der Muskeln. Athem- und Pulsfrequenz.
Bisweilen gesellt sich aber das Fieber nicht erst nach jahrelangem Bestehen catarrhalischer Leiden des Ernährungs- und Blut-i'ehlers zur Lungentuberkulose, sondern gleich von Haus aus ist Fieber vorhanden. Hierbei haben namentlich die catarrhalischen Erscheinungen eine grosse Ausbreitung, denn nicht nur die Schleimhaut der Respirationswege, sondern auch die des Verdauungscanais sind ergriffen. In nicht seltenen Fällen leitet der Blutsturz die Lungentuberkulose ein, zu ihm gesellt sich Fieber, Dispnoë, Abmagerung, quälender Husten etc.
Im Aligemeinen kann behauptet werden, dass sich die Tuberkulose bei älteren Individuen langsamer, bei jugendlichen schneller entwickele, doch ist das keineswegs Gesetz, sondern nur Eegel, und duldet, wie die Erfahrung lehrt, mannigfache Ausnahmen. Ganz dasselbe gilt bezüglich des weitern Verlaufs, der sich ausserordent-lich verschieden gestaltet. Das, was das Volk galoppirende Schwindsucht nennt, stellt den schleunigsten Ablauf der Miliartuberkulose dar, in wenig Wochen ist hier die blühendste Gesundheit vernichtet. Mädchen während der Pubertätszeit werden oft von diesem Zustande befallen. Auffällig ist hier für den Arzt, dass sich ausserordentlieh rasch zu den rationellen Symptomen der Tuberkulose die Zeichen der Lungeninfiltration gesellen. Gleichfalls einen sehr schnellen Verlauf nimmt die Tuberkulose im Wochenbett, sowie die, die sich zu Masern, Pleuriten, chronischen Pneumonieen gesellt. Aber in den meisten Fällen handelt es sich hier um eine Complication der
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Miliartuberkulose mit der sogenannten infiltrlrten Tuberkulose. Im mittlern und höhern Lebensalter begegnen wir dem entgegengesetzten Extrem, wo die Tuberkulose sieh auf viele Jahre, selbst wie behauptet wird, bis auf zwanzig Jahre hinauszieht.
Bei dem chronischen Verlauf tritt neben den Zeichen des wiederholt erwähnten Blut- und Ernährungsfehlers der Husten als quälendes und hervorstechendes Symptom hervor. Es währt hier sehr lange, ehe die Tuberkulose durch die physikalische Exploration nachweisbare Erscheinungen macht, da die in beiden obern Lungenlappen sich entwickelnden Granulationen den Percussionsschall, selbst wenn sie noch so zahlreich dort auftreten, nicht ändern. Nur wenn durch interstitielle Pneumonie Lungeninduration in der einen oder der andern Spitze auftritt, ergiebt die physikalische Exploration bestimmte Resultate. Im Sommer befinden sich die Patienten besser, im Winter schlechter. Doch trotz der zeitweiligen Verminderung des Auswurfs bessert sich der Ernährungsfehler nicht. Im Herbst kommen aber immer Verschlimmerungen, weshalb der Laubfall von Laien bei Lungenkrankheiten so sehr gefürchtet ist. Fieber und Nachtsehweisse begleiten den quälenden Husten, der oft ganz co-piöse Massen zu Tage fördert. Die Exploration weist jetzt Caver-nenbildungen in den Lungen nach {phthisis pulmonmn). Die Kranken magern skeletartig ab, aber obwohl grosse Athenmoth vorhanden ist, entsteht dennoch keine Cyanose, da die enormen .Stoff'verluste durch Sehweisse und Sputa die Blutmasse in der Art vermindern, dass eine TJeberfülluhg der Venen des grossen Kreislaufs trotz des gehemmten Blutlaufs durch die Lungen unmöglich wird. Die Kräfte sinken, die Stimme wird tonlos, heiser. Eintretende Durchfälle zeigen einen höhern Grad der Darmtuberkulose au, andbeschliessen in den allermeisten Fällen den Verlauf der clironischen Miliartuberkulose.
Die Fieberbewegungen sind in der Regel die besten Gradmesser für die Hergänge in den Lungen bei der Tuberkulose. Ist dasselbe '#9632;#9632;on Haus aus heftig, so kann auf einen schnellen Verlauf der Krankheit geschlossen werden. Die Fieberbewegungen wiederholen hier oft genau das Bild einer intermittens quotidiana: Frost in den Morgenstunden, brennende Handteller und Fusssohlen, Trockenheit der Haut, circumscripte Röthe der Wangen, glänzendes Auge, Vermehrung der Athenmoth in den Mittags- und Nachmittagsstunden, reichliche Sehweisse Abends und in der Nacht, und in diesem Schweiss-stadium wieder Nachlass der Pulsbeschleunigung und der subjeetiven Beschwerden. Aber je atypischer der Verlauf, je weniger von den einzelnen Stadien des Fieberumlaufs bestimmte Stunden eingehalten werden, je unreiner die Remissionen sind, je bestimmter Kurz-athmigkeit und Husten für ein tiefes Ergriffensein der Longen sprechen, um so begründeter ist der Verdacht auf Lungentuberkulose,
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und um so sicherer lässt sich ein quotidianes Malariafieber aus-schliessen. Beim chronischen Verlauf treten die höhern Grade der febris hectica spät, auch erst nach Jahren zu den anderweiten Zeichen der Miliartuberkulose; bei den acut verlaufenden Formen und ganz besonders bei der galoppirenden Sehwindsucht {phthisis florida) folgen sie dicht hinter dem ersten Anfall von Hämoptoe.
Während bei der chronischen Form oft eine geraume Zeit verstrich , ehe die physikalische Diagnostik verdichtete Lunge oder Höhlenbildung in dieser nachweisen konnte, so gelingt das bei der acut verlaufenden oft sehr frühe. Auch in den Sputis treten ziemlich rasch Lungentrümmer auf, als das sicherste Zeichen der begonnenen Lungenphthise. Auch kommt es vor, dass eine jahrelang bestehende Lungentuberkulose plötzlich galoppirend wird.
Der gewöhnliche Ausgang der Tuberkulose ist der Tod. Am Häufigsten gehen ihm die höchsten Grade der Abmagerung voraus. Es besteht vor seinem Eintreten gleichsam nur eine vita minima. Die anhaltenden Stoffausgaben haben einen Grad von Anämie erzeugt, wodurch alle subjectiven Beschwerden vor dem Tode eine bedeutende Verminderung erfuhren. Daher der Kranke gerade jetzt die grösste Hoffnung hegt, die im schroffsten Widerspruche mit seinem Aussehen steht, was das Bild des höchsten leiblichen Elends darbietet. Die bleiche Haut ist trocken, atrophisch, schuppt sich ab (jrityriasis), alles Fett ist aus dem panniculus geschwunden, dk! Jochbeine ragen stark über die eingefallenen Wangen hervor, die Nase ist lang und spitz, die Augen sind tief in die orhilac zurückgesunken. Die Muskulatur ist ganz extrem geschwunden, die Haut ist gleichsam zu weit für den ganzen Körper geworden, ist deshalb namentlich an den Extremitäten stark faltig. Die Knochen treten überall sehr stark hervor, oft ist Fussgeschwulst zugegen. Der Toil ist meist leicht, der Todeskampf der Entkräftung halber nur kurz.
Doch auch in vielen Fällen, ehe dieser Grad der Consumption erreicht ist, tritt der Tod ein, und dann ist er bisweilen sehr qualvoll, oft steckflüssig durch Lungenödem oder durch Gangränescenz einer Caverne, oder durch eine tödtende Pneumorrhagie erzeugt. Iigt; andern Fällen ruft ein Fneumotho.rax die quälendste Athemnoth hervor, oder dem Tode ging eine exquisite Entwicklung von Soor auf der Mundschleimhaut voran. Nicht selten quälte ein ausgedehnter De-cubitus den Kranken in den letzten Tagen, oder eine Thrombose der Cruralvene führte zu einem bedeutenden entzündlichen Oedem des Schenkels. Bisweilen ist allgemeiner Hydrops in Folge von morhus Briyhtii vorhanden. Als complicirende tödtende Krank-heitsprocesse bei der Lungentuberkulose sind grosse pleuritisclic Exsudate, chronische Pneumonieen undDarmtuherkulose zu nennen Der Ausgang in Genesung ist viel seltener, als er hin und wieder
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angenommen wird. Zwar täuschen oft Nachlässe hier sehr, und mau glaubt einen Kranken gerettet, der in kürzerer oder längerer Zeit doch einem erneuten Anfall von Tuberkelentwickelung oder coraplicirenden Zuständen erliegt. Nur wenn die Ernährung wägbar zunimmt, kann die Lungentuberkulose als geheilt betrachtet werden.
Bezüglich dor Sputa sei für die Tuberkulose hervorgehoben, 'lass im Anfange meist rein schleimige Sputa ausgeworfen werden, niimlich eine glasig-fadenziehende Masse, die bei Znsatz von Essigsäure gerinnt, sich aber im Ucberschuss der Essigsäure nicht vrieder auflöst. Formbestandtheile (Epithelialzellen, Schleimkör-perchen) mangeln, oder sind nur spärlich vorhanden. Später vermehren sich die Formbestandtheile, und so entstehen die eitrig-scfaleimigen Sputa der Phthisiker. Aber die vorfindlichen festen Bostandtheile bieten keine frischen Lebensformen der Zelle dar, sondern sind geschrumpfte Körper neben feinkörnigem Detritus. Sobald aber elastische Fasern (das sind doppelt contourirte, bogenförmig verlaufende, sich dichotomisch theilende Fibrillen) im Sputum durch das Mikroskop nachgewiesen wurden, dann kann mit Bestimmtheit auf Lungenphthise geschlossen werden.
Wie das Fieber ein Gradmesser für die Acuität der Vorgänge in der Lunge des Tuberkulösen war, so ist die Quantität des Auswurfs ein solcher für die Grosse der vorhandenen Cavernen. Es ereignet sich bei faustgrossen Höhlen in den Lungenspitzen gar nicht selten, dass der Lungensüchtige in den Morgenstunden eine viertel, selbst eine halbe Kanne Sputum unter quälendem Husten und Würgen zu Tage fördert. In der Eegcl sind dieselben grün-grau, enthalten granulirte Zellen, Fettkörnchenzellen, Defritusmasse, aber besonders eine untrewöhnliche Menge unrequot;elmässi2;er, eckiger Körperchen und elastischer Fasern. Sind die Cavernen noch nicht so gross, so findet man gewöhnlich münzenförmige, graue Sputa, die auf dem Speibecken haften, zwischen denen sich hellerer Bron-ehialschleim befindet. In ein Glas aufgefangen, senken sich diese Sputa als unregelmässig geballte Klumpen zu Boden und scheiden sich so von dem speeifisch leichteren Bronchialschleim, mit dem sie untermischt ausgeworfen waren.
Bezüglich der physikalischen Diagnose der Tuberkulose ergiebt zunächst die Adspection characteristische Veränderungen, die auf Schwund der Hals-undThoraxmuskelnberuhen. Bisweilen geht die paralytische Thoraxform der Tuberkulose voran, doch oft folgt sie ihr erst. Endlich entsteht auch dadurch noch eine Veränderung, dass durch Lungenschwund die Thoraxwand in den Supra-und Infraclaviculargegenden einsinkt, wodurch die Clavikeln stärker hervortreten. Der Tiefendurchmesser wird dadurch in der obern Brust-
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gegonj verkleinert, das manubi'ium sterni wirklicli nach innen gezogen. Mitunter ist dieses geradezu geknickt (L o uis'seher Winkel), besonders bei starker seitlicher Abfiachung des Thorax.
Die Palpation ergiebt in den Schlüsselbeingrub an verstärkte Stirmnvibration und ganz besonders eine bedeutende diffuse Erschütterung des Thorax am linken Sternal rand, a 1 .-Zeichen einer vorhandenen excenirischen Hypertrophie des rechten Ventrikels, zur Zeit, woAuscultatioi; und Percussion noch nicht viel Anhalt geben. Dieses Zeichen ist im Beginn der Tuberkulose um deswillen so wichtig, weil ander-weite durch Hörrohr und Plessimeter nachweisbare Erscheinungen meist fehlen. Anfänger in der Diagnostik werden durch das Hervorstechende dieses Symptoms oft so getäuscht, dass sie ein idiopathi-sches Herzübel vor sich zu haben meinen, einlrrthum, der oft durch a n ä m i s c h es B1 a s e n an allen vier Herzostien an Stärke gewinnt.
Isolirte Tuberkeln begründen an und für sich keine Abänderung des Percussionsschalls, selbst wenn sie in der grössten Menge im Lungengewebe eingetragen sind. Die Boschafl'onheit des noch lufthaltigen Theiles influirt sehr wesentlich auf den Percussionsschali. So werden wir einen tympanitischen Ton bekommen, wenn das Lungenparenchym seine Contractilität verloren hat; wir werden einen dumpfen, selbst leeren Ton haben, wenn die gedachten freien Zwischenräume später mit Blut und Serum erfüllt sind. Ist da.-Parenclmn zwischen den Granulationen normal, dann ist auch der Ton normal. Die Annahme Stoke's, dass bei grösserer Zahl der Granulationen der Percussionston gedämpft sei. verwirft Sk o da. und mit vollem Rechte.
Bei der Auscultation findet man gewöhnlich im Beginne der Krankheit eine ungewöhnliche Schwäche der Respiration; ja oft ist dieselbe gänzlich unhörbar, und nur bei sehr tiefen Inspirationen ist etwas von Geräusch wahrzunehmen. Andrerseits finden wir es wieder deutlich und stark, selbst stärker als im Normalzustande, mitunter kann auch unbestimmtes Athmen vorhanden sein. Das Leiden der Bronchi alschleimhant, was immer schon den f'rühesten Stadien der Tuberkulose angehört, muss nothwendig, wenn es vorhanden ist, Schnurren, Pfeifen, Zischen bei der Auscultation hervortreten lassen, jedoch fohlen bei den solitären Tuberkeln stets die consonirenden Rasselgeräusche. Diese obgedachten Geräusche können nun das fehlende Zellenathmen ersetzen, oder das Vesicularathmen wird nur durch diesv Geräusche übertönt, später können auch feuchte Rasselgeräusche wahrgenommen werden. Diese Zeichen fallen natürlich mil einem Catarrh der Luftwegschleimhaut zusammen, und gerade dieser permanente Catarrh verdächtigt am Meisten ein Individuum der beginnenden Tuberkulose. Conglomerirte Tuberkeln und die soge-
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nannte infiltrirteTuberkivlose verändevn dagegen den Percussionsschall gerade so, wie die Hepatisation, d. h. wir werden bald ausgesprochene Dämpfung, bald leer tympanitischen, bald leeren Ton haben. Am Hiiufigsten wird dem einen oder dem andern obern Lungenlappen oder beiden entsprechend eine exquisite Dämpfung durch Lungen-induration vermittelt.
Solange die tuberkulösen Infiltrate oder Conglomerate noch nicht die Ausdehnung haben, dass in ihnen wenigstens ein grösserer Bronchialast verläuft, bringen sie kein Bronchialathmen hervor. Fehlt diese Bedingung zur Consonanz, so werden wir nicht nur ausnahmsweise ein vesiculäres Athmen hören, sondern meist ein unbestimmtes Inspirationsgeräusch von verschiedener Stärke von Rasseln, Pfeifen, Schnurren begleitet. Sind aber die conglomerirten Massen wie die Inliltrate so bedeutend, class sie einen grössern Bronchialast führen, der nicht durch Flüssigkeit oder Exsudate obliterirt ist, so werden wir ein bronchiales Athmen hören. Waren durch gleichzeitig bestehende Affectionen der grössern Bronchien die Bedingungen zur Entstehung der Rasselgeräusche gegeben, so werden wir auch diese als c o n s o n i r e n d e vernehmen. Sind aber die Bronchien nicht frei, sondern durch Exsudat, Schleim, Eiter etc. obliterirt, so werden wir bei der Auscultation entweder unbestimmtes Athmen, oder gar kein Respirationsgeräusch vernehmen. Tritt Husten ein, werden die Bronchien dadurch entleert und wieder wegsam, so können die erwähnten Geräusche alle wieder zum Vorschein kommen. Die jresnndgebliebene, oder blos von isolirten Granulationen durchzogene Stelle giebt entweder schwaches Vesiculärathmen, oder unbestimmtes Athmen, oder auch die verschiedensten Arten von Schnurren und Pfeifen.
Die Excavationen der Lunge Miliartuberkulöser werden selbst bei ziemlicher Grosse keine Abweichung vom normalen Percussions-schall begründen, wenn sie rings von lufthaltigem Gewebe umgeben sind. Sind sie jedoch beträchtlich gross und nicht zu weit von der Brustwand entfernt, so geben sie hin und wieder den Ton des gesprungenen Topfes, jenen Ton, den man am Besten nachahmen kann, wenn man einen Darm mit Luft füllt, durch Andrücken des Plessi-meters die obere Wand der untern nähert, und dann percutirt. Damit dieser Ton am Thorax zu Stande komme, ist die Communication der Excavation mit einem grössern Bronchialast und das Leersein der Excavation nothwendig. Bei grössern, der Lungenoberfläche nahe gelegenen Excavationen ist der Ton immer tympanitisch. Je mehr die Umgebung durch Induration oder Infiltration für die Luft imper-ineabol geworden ist, um so mehr tritt das tympanitische Timbre hervor, selbst wenn die Excavation tief liegt. Damit eine Aushöh-
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lung metallischen Klang gäbe, muss sie wenigstens Faust-grösse haben.
Wenn die Wandungen einer bedeutenden Excavation sehr nachgiebig und dieselben mit der Costalpleura verwachsen sind, so wird die Höhle natürlich bei der Inspiration ausgedehnt, und bei der Ex-spiration zusammengedrückt, und dadurch entsteht das grossblasige, trockne Knisterrasseln. Sind nur einzelne Ex-cavationen vorhanden, die in einem gesunden Lungcntheil liegen, so kann man vesikuläres Athmen hören, das nur hin und wieder durch dumpfe Rasselgeräusche unterbrochen wird. Häufig ist jedoch in diesem Falle das Athmen unbestimmt. Die Excavationen mit häutigen Wandungen geben, wenn sie im lufthaltigen Gewebe liegen, niemals ein consonirendes Geräusch. Um consonirende Geräusche zu erzeugen, müssen ihre Wandungen wenigstens einige Linien dick sein. Da die von starren Wandungen umgebenen Excavationen einen Luftwechsel nicht zulassen, da sie sich weder zu verengern, noch zu erweitern im Stande sind, so können auch sie nie selbst ein Geräusch produciren, sondern nur die anderswo gebildeten eonsoniren in diesen Höhlen. Sind diese Höhlen gross, so eonsoniren die in den grossen Luftwegen gebildeten Geräusche mit amphorischem Wiederhall und metallischem Klange. Dies gilt besonders für Bronchial-athmen, Bronehophonie, bronchiales Rasseln und für trockene Rasselgeräusche, welche letztere mit den feinsten Flageolettönen in der Caverne eonsoniren. Unter amphorischem Wie der hall verstehen wir ein Geräusch, eine hohle Resonanz, ähnlich dem Klange, der sich bildet, wenn man mit geöffnetem Munde in einen Krug spricht; zur Bronehophonie gesellt sich der metallische Nachhall, und so entsteht die cavernöse Stimme; zum grossblasigon Ras-;elu eine Summe einzelner metallischer Nachhalle, die der Zahl der springenden Blasen entspricht, und so entsteht das cavernöse Rasseln, was Aehnlichkeit mit Münzenklirren und Porzellanseher-benklirren hat. Einzelne Blasen erzeugen oft die oben beschriebenen Flageolettöne.
Da bei der chronischen Miliartuberkulose chronische wie acute Pleuritides oft vorkommen, so kann es nicht fehlen, dass durch dieselben mannigfache Abänderungen der geschildertenZeichen der chronischen Miliartuberkulose hervorgerufen werden, deren Besprechung im Abschnitt über die Pleuritis erledigt werden wird.
Die Spirometrie, durch welche man die Capacität der Lunge, d. h. die Menge der Luft, welche nach einer möglichst tiefen Ex-spiration inspirirt wird, abraisst, hat nur in wenigen Fällen Werth für die Diagnose , da die Schwankungen nach Alter, Geschlecht, Nationalität und Constitution zu gross sind, und auch die Geschick-
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liclikeit des Patienten, den Apparat zu handhaben, hier sehr in Fragt kommt, und so wesentlich auf die Resultate inflnirt.
Die Vorhersage ist bei der Miliartuberkulose des Menschen absolut schlecht. Soweit meine Erfahrungen reichen, ist noch keine, wenigstens physikalisch constatirte Tuberkulose geheilt. Keine Ritsch e r'sche Mixtur, kein Opiat, kein thierisches oder pflanzliches Fett, selbst in den grössten Quantitäten, kein Klimawechsel, keine Kräuter-, keine Molkenkur haben jemals eine Lungentuberkulose geheilt, wenn auch zugegeben werden kann, dass derartige Kuren wesentlich zur Linderung der langjährigen Leiden jener Unglücklichen beitragen. Die practische Medicin, der es von jeher mehr um den Inhalt der Börsen ihrer Nebenmenschen, als um Förderung und Erreichung der Wahrheit zu thun gewesen ist, hat natürlich jeden Fall chronischer Bronchitis mit gestörter Ernährung, der nach längerem Bestehen in Genesung überging, als geheilte Tuberkulose aufgefasst. Zwar suchte man derartige Behauptungen durch anatomische Befunde geheilter Tuberkulosen zu stützen, doch sei hier nochmals erwähnt, dass mit den Leuten wissenschaftlich nicht zu rechten ist, welche die Präexistenz von miliaren Granulationen in allen alten, kalkigen, verödeten Lungenindurationen behaupten, obwohl längst nachgewiesen ist, dass die Lungeninduration nicht ein wesentlicher Befund der Lungenmiliartuberkulose ist, sondern nur ein accessorischer, wenn auch noch so häufiger Begleiter der miliaren Neubildung in den Lungen.
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Die Symptome einer chronischen Tuberkulose bei T liieren sind langwieriger Husten, Abmagerung, cachectisch;; Erscheinungen, später allgemeiner Hydrops etc. Häufiger wird dieser Zustand vermuthet, d. h. aus den rationellen Symptomen erschlossen, als physikalisch festgestellt. Denn so schätzenswerthe Resultate die physikalische Exploration der Hausthiere bei den bisher geschilderten Krankheiten der Luftwege und des Lungengewebes auch ergeben mag, so schwierig, ja unmöglich wird es sein , eine Lungentuberkulose durch Percussion und Auseultation hier festzustellen , wenn nicht eine Lungeninfiltration, grössere Excavationen zugegen sind. Leichter lassen sich befriedigende Resultate beim Hunde gewinnen, der auch zuweilen der chronischen Miliartuberkulose erliegt.
Beim Pferde kann die rotzige Miliartuberkulose mit grösster Bestimmtheit erschlossen werden, sobald Rotzgeschwüre auf der Nasenschleimhaut oder Hautrotz constatirt ist. Bei Rindern handelt es sich vielleicht immer um eine infiltrirte Tuberkulose. Beiden Affen und allen grossen Fleischfressern, die bei uns in Gefangenschaft leben, kann sie bei jedem chronischen Lungenhusten, bei eintretender Abmagerung und Entkräftung mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden.
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Die infiltrirte Tuberkulose
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entwickelt sich unabhängig von dei' miliaren Neubildung und stellt einen entzündlichen Vorgang dar, bei welchem Eutziindungsproduct und Matrix saftann werden, und allnuilig in einen feinen Körnchen-detritus zerfallen.
quot;Wir lernten diese Metamorphose schon bei der croupösen Pneumonie kennen. Aber obwohl diese infiltrirte Tuberkulose Nichts mit dem miliaren Korn zu tlum hat, so begegnen wir ihr doch am Häufigsten bei der chronischen Miliartuberkulose, deren anatomischen Character, Verlauf und Symptome sie so wesentlich modificirte. Aber auch bei der Eotzneubildung, beim Knötchenrotz begegneten wir Infiltraten, die genau die infiltrirte Tuberkulose des Menschen wiederholten. An beiden Orten wird diffus ein Exsudat gesetzt, was nicht selten einen ganzen Lungenlappen einnimmt, aber wobei das gesetzte Exsudat arm an Fibrin ist, während eine rege Zellenpro-duetion nicht nur an der Innenwand der Alveolen, sondern auch am interstitiellen Lungengewebe Platz greift. Man hat solche Infiltrate gelati n öse, f rosch laich ähnlich e genannt. Endlich begegnen wir der infiltrirten Tuberkulose beschränkt im Lungenparen-chym in der nächsten Umgebung der Bronchien bei chronischen Bron-chiten mit puriformem Product und Versehwärung der Bronchial-sehleimhaut.
Diese Krankheit ist eine der häufigsten Formen chronischer Lungenleiden bei Rindern. Aber auch beim Menschen ist sie nicht so selten, sie kommt auch hier rein für sich, ohne Concurrenz einer Miliartuberkulose vor, und ich habe sie in sehr ausgesprochener Weise einst bei einem Knaben im M au th n e r'schen Kinderspital zu Wien gesehen. Die ganze Lunge war mit käsigen Heerden durchsetzt, viele derselben waren im Zerfall begriffen, und enthielten stark dilatirte Bronchien mit eitrigem Secret. Es war keine Miliargranulation vorhanden. Solche Fälle hat auohVirchow vielfach beobachtet, und als scrop hu löse Pneumonie beschrieben. Derartige Fälle kommen auch bei Erwachsenen vor, und es ist gewiss ganz in der Ordnung, wenn Niemeyer in dieser Bezieiiung eine Reform in der Anschauung der Aerzte anzubahnen sich bestrebt, denn gewiss viele Fälle von Lungenschwindsucht gehören nicht der miliaren, sondern der infiltrirten Form an.
Rokitansky sagt: „Entwickelt sich aus einer croupösen Pneumonie die Tuberkelinfiltration, so geht die granulirte Textur derSchnitt-fläche allmälig verloren, das pneumonische Exsudat wird nach und nach blässer, grauröthlich mit einem merklichen Stich in's Gelte, trockner und brüchig, endlich gelb, feuchter, fettig, käsig und mürbe, und sofort zerfliesst es früher oder später zu Tuberkeleiter.quot; (?) Die mikroskopi-
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Die infiltrine Tuberkulose.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 411
schon Vorgänge sind liier namentlich von B e nn o Rein ha rdt genau verfolgt, der eigentlich diese Lungünkrankheit, wenn auch unter falschen Voraussetzungen,wissenscliaftlich hegründete, und in dieMedicin einführte. Die nächste Frucht seiner Untersuchung üher die Körnchenzelle und die fettige Umwandlung der G-ewebe war die Kenntniss dieses Zustandes, nur verleitet durch die Einfachheit des Vorganges und durch die Klarheit seiner eigenen Darstellung, glaubte er nun blos an eine Entstehung der gelben, käsigen Masse in der Lunge, und wollte Nichts von der käsigen Umwandlung der railiarenGranu-hitlon wissen, an deren Existenz doch heutzutage Niemand mehr zweifelt. Auch täuschte er sich, als er die lobnläre gelatinöse Infiltration als Ausgangspunct des dlscreten Tuberkels bezeichnete, für ihn iiatte die ml 11 are Form der Neubildung noch nicht die Bedeutung gewonnen, die sie jetzt für uns hat. Allerdings kommt die gelatinöse Litiltration sehr oft neben millaren Granulationen vor, und dies verleitete Ihn, dieselbe als eine frühere Entwickelungsstufe jener aufzufassen. Dieses froschlaichartige Infiltrat umglebt die dlscreten millaren Tuberkeln, und verwandelt sie In eine grauröthllche, graue, mattglänzende, homogene Masse. Allmällg treten in jenen grauen Partieen welssllche, gelbliche kStellcn auf, die sich vergrössern, bis schliessllcli das ganze Infiltrat gleichinässlg gelb, glatt und trocken ist. Wird das Gewebe feucht, und zerfällt es, so bilden sich ungleichförmige Hohlräume, die allerdings sehr oft mit bronchlectatischen, mit Elter erfüllten Eäumen communlclren, indem sie zum Zerfall der Wandung dieser führten. Reinhardt drehte hier wieder die Sache um, und wollte nur von der Bronchiectasle aus die Höhlenbildung bei der Lungentuberkulose entstanden aufgefasst wissen. Liegen solche käsige Heerde unmittelbar unter der Pleura, so erzeugen sie sehr leicht Pneumothorax, da sie in derselben Weise die Pleura wie die Bronchiahvand zerstören. Complielrt die infiltrirte Tuberkulose ausgedehnte Lungenlndurationen, so ist es oft sehr schwer zu sagen, ob miliare Neubildung (Tuberkeln) dabei coneurrirten, oder nicht. Die Symptome dieses Zustandes vermischen sich auf das Innigste mit den Zeichen der chronischen Miliartuberkulose, sowie mit denen einer chronischen Pneumonie. Bel der Miliartuberkulose wird die Anwesenheit dieses Zustandes dann zu erschllessen sein, wenn durch Plesslmetrie und Auscultation grössere Lungenpartien als luftleer erfunden werden. Dann wird der Decurs der Miliartuberkulose sehr beschleunigt, der Auswurf wird sehr copiös. Zur Tuberkulose gesellt sich die infiltrirte Lungenphthlsc. Ohne Concurrenz von Miliartuberkulose, wie In dem von mirlm Kinderspitale bei Mauthnerzu Wien beobachteten Fall, giebt die infiltrirte Tuberkulose das Bild einer mitHämoptoö und heftigem Fieber Innerhalb wenig Wochen tödten-den Lungenphthise ohne Kehlkopf- und Darmerscheinungen.
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Die infiltrirte Tuberkulose der Rinder.
Bei Rindern gesellen sich zur infiltrirten Tuberkulose enorme Bronchiectasieen und eine bedeutende Wucherung des iuterlobulären Bindegewebes. Diese letztere hindert auch das schnelle Umsichgreifen derLungenphthiso. Deshalb ist auch ge-wöhnlich der Deeurs hier ein sehr langsamer, über Monate ausgedehnt. Die Thiere magern ab, aber die Milchabsonderung beschränkt sich Anfangs nicht nur nicht, sondern ist oft sehr reichlich. Erst wenn Anämie eintritt, wird die Milchabsonderung beschränkt, und dann werden die Thiere in den meisten Fällen getödtet. Jedoch tritt diese Krankheit nicht nur in chronischer, sondern auch in acuter Form auf'.
Bei der acuten Form findet man in dem Cadaver die Lungen mehr oder woniger hyperämisch, die Tubcrkelinfiltration befällt die Lungenläppchen, dieselben sieht man in eine käsige, brockliche oder schmierig zerfiiessende Masse verwandelt, oder der Process war noch in seinem Anfange, und dann findet man in ihnen jene frosclilaich-artigen Infiltrationen, wie sie oben bei der Millar- und infiltrirten Tuberkulose des Menschen beschrieben wurden. Hüten muss man sich, den käsig eingedickten Inhalt der durchschnittenen Bronchien für Tuberkeln zu nehmen. Derselbe gleicht zwar makroskopisch dem verkästen Tuberkel vollkommen, und ist auch vielfach für einen solchen gehalten worden, doch darf'man nur mit der Messerklinge einen gelinden Druck auf eine derartig zweideutige Stelle ausüben, so wird man sofort den Eiter entleeren, und nun das leere Bronchial-lumen zu Gesieht bekommen. Die feineren Bronchien betheiligen sich constant in Form eines purulenten Catarrhs am Processe. Auf der Schnittfläche der Lunge sind einzelne mehr oder weniger grosse Lungenläppchen noch gesund, und nur in ihrer Mitte erblickt mau linsen- bis erbsengrosse, gelbe Pnncte, die einen käsig eingedickten Eiter enthalten, der aus einer Wucherung der Lungenepithelien und deren theilweiser Fettmetamorphose hervorging. Sind die Infiltrationen schon eitrig zerflossen, dann trifft man die mannigfachsten Hohlräume mit buchtigen Wandungen an.
Bei der chronischen Form trifft man ausser jenen käsigen Tuberkelinfiltrationen, die bereits im Zerfliessen begriffen sind, Hohlräume mit buchtigen Wandungen, die ebenfalls discrete käsige Infiltrate in den Wandungen besitzen, und bald mehr einen dünnen Eiter, bald mehr eine eingedickte Masse bergen, ferner einzelne discrete feste Knoten vonErbscn- bisHaselnuss-, selbst Wallnussgrösse, die bald käsig brüchig, bald hart (verknöchert) sind, oft auch ein System unter sich communicirender leerer Höhlen, was Nichts weiter ist, als das zurückgebliebene hypertrophirteinterstitielleBindegewebe der eitrig zerflossenen und entleerten infiltrirten lobuli; endlich sack-
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Die acute Miliartuberkulose.
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artig dilatirte Broncbieotasieen mit Eiter gefüllt und ausgedehnte Bindegewebsindurationen, die hin und wieder auch discrete, kalkige, käsige Heerde bergen. Gerlaeh beobachtete noch in einigen Fällen eine graue Bindegewebsinduration des Lungengewebes, in welcher die gröbere Textur der Einderlunge noch erkennbar war.
Bei der acu ten Form sind Fiebererscheinungen vorhanden, die in wenig Tagen eine gewisse Höhe erreichen; dazu gesellt sich angestrengtes Athmen mit vorgestreckter Nase und starker Bewegung der Nasenflügel, Stöhnen, schmerzhafter, matter Husten. Unter Abzehr ung und colliquativen Ausscheidungen erfolgt der Tod in 2—3 Wochen.
Beider langwierigen Form geht die Abzehrung ohni' nachweisbare diätetische Ursachen dem Fieber voran, das Thier hustet, und magert trotz des besten Futters ab. Dieser Zustand kann sich nach Gerlach ein Vierteljahr erhalten. Allmälig treten nach ihm deutlich pneumonische (!) Erscheinungen in den Vordergrund, der Husten wird häufiger und rauh, die Milchsecretion nimmt bedeutend ab , das Athmen erfolgt mit einer gewissen Anstrengung, namentlich sieht man die Nasenflügel in grösserer Thätigkeit. Aussei1 trocknen Easselgeräuschen werden keine Erscheinungen bei dei Auscultation und Percussion wahrgenommen, die auf die Verdichtung grösserer Lungenabschnitte hinwiesen. Erst nach einem nahezu halbjährigen Bestehen der Krankheit treten hier deutlich febrile Erscheinungen hervor. Der Appetit nimmt ab, damit steigert sich die Abmagerung und Entkräftung. Die physikalische Exploration er-giebt jetzt oft das Unwegsamsein grösserer Lungenabschnitte. Unter den höchsten Graden der Abzehrung und hydropischen Erscheinungen, colliquativen Ausleerungen, Durchfällen, erfolgt der Tod, der aber in den meisten Fällen nicht abgewartet wird, sondern in der Kegel werden die Thiere schon früher aus ökonomischen Riicksich-ten getödtet.
Die infiltrirte Tuberkulose des Rindes ist gerade so wie die ohne Miliartuberkulose beim Menschen auftretende durch den Ma ngel der tuberkulösen Kehlkopf- und Darmaffection characterisirt.
Die acute Miliartuberkulose
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ist vor der Hand nur beim Menschen beobachtet. Die Aetiologie dieser Krankheit ist ganz dunkel. Die hirsekorngrossen Granula finden wir hier gleichmässig nicht nur in der Lunge, den Pleurablättern, sondern auch in der Leber, Milz, den Nieren ausgestreut, sondern auch ganz besonders in der pia 7nater vor. Aber was die Besonderheit der At-fection anatomisch anzeigt, ist, dass nur crude Tuberkeln, d.h. halbdurchscheinende Knötchen angetroffen werden, aber keine meta-morphosirten. keine verkästen und verkalkten. Ebenso fehlt stets die
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infiltrirte Tuberkulose und die interstitielle Pneumonie. In den von mirbeobachteten Fällen waren es bis dahin ganz gesunde Individuen, denn keine Spur eines früheren Krankheitsprocesses wurde nachgewiesen. Die pia betheiligt sich am Process in Form einer eitrig-fibrinösen Meningitis, das Exsudat wird namentlich in derUmgebunn-des Chiasma's und in der Sylv'sehen Grube angetroffen. In den Ventrikeln ist in der Regel ein seröser Erguss zugegen, der durch Beimengung fester Stoffe getrübt ist. Das Aussehen der Leiche ist blühend und frisch, gleich einem Typhösen, der in der zweiten Woche verschied. Bedeutende Leichenhypostase ist vorhanden.
Ich sehe natürlich ab von jener Form der aenten Miliartuberkulose, die sich zu einer chronischen gesellt, wo bereits hectisches Fieber und Nachtschweisse vorhanden waren , denn dann lässt sich nicht entscheiden, was der Grundkrankheit und v/as der Complication zugehört. Etwas Anderes ist es, wenn sie bis dahin ganz gesunde Personen befiel. Dann entwickelt sie sich unter allen Erscheinungen eines Typhus. Von Haus aus ist hohe Pulsbeschleunigung vorhanden , das Sensorium ist benommen, die Hauttemperaturen sind hoch, die Brustaffection ist hervorstechend, namentlich ist Dispnoë vorhanden. Dagegen fehlen die Darmerscheinungen des Typhus fast constant. Sowie Meningitis eintritt, ändert sich das Bild. Strabismus, Nackencontractur, Erbrechen und oft eine ausserge-wöhnlichePulsverlangsamung verrathen die Anwesenheit einer Basilarmeningitis. Profuse Sehweisse, ein Miliariaausbruch, der tiefste Sopor und die höchsten Grade der Erschöpfung gehen dem Tode voran, der in der Regel vor oder kurz nach Ablauf der zweiten Woche erfolgt.
Vom Lungenrotz.
Das Auftreten von Knötchen in der Lunge beim chronischen Rotze der Einhufer ist so constant, dass man das Vorkommen derselben als Kriterium des Rotzes in zweifelhaften Fällen aufgestellt hat. Die Beschaffenheit dieser Bildungen ist in vielen Fällen derartig, dass auf eine frühere Existenz derselben, als auf die des Knöt-chenrotzes der Nasen- und Nebenhöhlenschleimhaut, geschlossen werden kann. Ja. es ereignet sich bisweilen, class bei der Section rotzverdächtiger Pferde Nichts angetroffen wird, als die Rotzknoten der Lunge. Und so hat sich neuerdings die Ansicht mehr und mehr verbreitet, dass es ausser dem Knötchen-rotze keine Lungentuberkulose der Pferde gäbe.
Es ist bereits oben erörtert, dass Dupuy dieLungenknötchenbei Rotz mit den Lungentuberkeln des Mensehen für identisch hielt. Zu dieser Ansicht verleitete ihn der so oft angetroffene verkalkte Zustand derLungenknötchen bei Rotz, dem man gleichfalls bei denLungentu-
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Vom Lungenrotz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 415
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berkoln Jes Menschen begegnet, und der auch dort bis in die jüngst verflossene Zeit als Kritenum der Tuberkulose galt. Ist man doch soweit gegangen, den Rotz sogar für ein „kalkartiges4quot; Leiden aufzufassen, indem behauptet wurde, dass die Ablagerung von Kalk-jalzen das Primäre sei, welche die Gewebe reize, und so auf reacti-vem Wege dasLungenrotzknötchen erzeuge. Später — vom Standpunkt der Humoralpathologie aus — liess man die circuli-renden Flüssigkeiten erkranken, und behauptete, dass deren Ablagerung in der Unterhaut, Submucosa , Subserosa den Knotchenrotz erzeuge. Mit dieser rein doetrinären Auffassung schienen jene Thatsachen übereinzustimmen , denen zu Folge mau bei der chronischen Rotzkrankheit an den verschiedensten Orten obdurirende Gerinnsel in den Lymphgefässen, Venen und Arterien wahrnahm. Insbesondere in der Lunge begegnete man an den Bi-i'urcationsstellen derPulmonaläste derartigem obdurirenden Gerinnsel. Von diesen Arter ienthrom bösen aus liess man, durch ein entzündliches Oedera in der Umgebung des Gelasses und in der Gefässwandung selbst vermittelt, dieL un gen knoten entstehen. Ra vit seh und Er dt haben nachzuweisen versucht, dass die Rot;;-knoten in der Lunge von den Gefässen ausgehen. Er dt lässt die Rotzknoten durch eine locale St o ckun g der dyscr at i sehen Lymphe entstehen, R a v i t s c h fuhrt sie auf £ m b o 1 i e e n zurück (s. Rol o ff: die Rotzknoten in der Lunge, Magazin von Gurlt und H e r t w i g).
Sehen wir von jenen angedeuteten Hypothesen der Aelteren über die Entstehung der Lungenknoten im liotz ab, da ihre Erwähnung nur geschah, um der Geschichte ihr Recht zu vindiciren, und wenden uns zur Hypothese des Ravitsch, da die Er dt'sehe Auffassung bei dem dermaligen Stande unsers Wissens kaum eine Entgegnung verdient, so ist hervorzuheben, dass die Annahme, dass in der Lunge rotzkranker Pferde embolische Heerde vorkommen, keinem Zweifel unterliegen kann, und auch vielfach festgestellt ist. Vor Allem werden die embolischen Heerde in den Lungen jener Thiere nicht mangeln, bei welchen unzweifelhaft pyämische Zustände dem Tode oder der Todtimg der Thiere vorausgingen. Die grössern , weissgelblichen , brüchigen Knoten , die iiberKirschkerngrösse sind, entwickeln sich vielleicht in denmeisten Fällen aus Embolieen , die sich beim Knötchenrotz der Luftwegschleimhaut um so leichter bilden können, da bei der Verschwärung der Rotzknoten auf jenen Membranen seeundär Venenthromben entstehen müssen, deren Theile leicht in das circulirende Blut gelangen können, und dann von dem rechten Herzen aus in die Pulmonal-arterie getrieben werden. Aber alle Knotenbildungen in der Lunge rotziger Pferde auf diese emboliscben Heerde zurückführen zu wollen.
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ist irrig, und theils durch die gelungenen Injectionen der Gei'ässe der Rotzknötchen durch Leisering widerlegt, theils durch den mikroskopischen Befund, dem zu Folge die Rotzknötchen in der That denWerth organischer Neubildungen besitzen, indem sie vorherrschend aus Zellen- und Kernanhäufung bestehen, zurückgewiesen worden.
Die Bildungen, welche mau in der Lunge eines rolzkranken Pferdes antrifft, sind demnach verschiedener Natur. In den aller-häufigsten Fällen sind es die miliaren Granulationen, weichein ungeheurer Zahl beide Lungen gleichmässig durchsetzen, oder es sind die Rotzinfiltrate, die meist in den vordem Abschnitten der Lunge vorkommen, und bei vorherrschend einseitiger Ent-wickelung des Rotzes auf der Nasen- und Nebenhöhlenschleimhaut in der Regel in der Lunge dieser Seite angetroffen werden. Ferner begegnet man hier Bin deg e we bsi n durat i onen der Lunge, die entweder grössere Abschnitte des Lungengewebes in eine resistente schwielige Narbenmasse verwandeln, in Strangf'orm die Lunge in verschiedenen Strecken durchziehen, oder in Form einkapselnder Cysten verödende Rotzknoten umgeben, oder nur in der Vermehrung des interstitiellen Lungengewebes bestehen, wobei durch Blutfülle der Alveolenwände und entzündliches Oedem der Alveolen selbst, makroskopisch der betreffende Theil Aehnlichkeit mit der Lunge lungenseuchekranker Rinder gewinnt. Endlich trifft man hier metastatische Heer de.
Die Entwickelang der miliaren Knoten, die aber auch bis zu Erbsengrösse angetroffen werden , ist vorzüglich dem langsamen Verlaufe der Rotzkrankheit eigenthümlieh. Auf ihre Anwesenheit kann stets mit Bestimmtheit bei langwierisrem Knötchenrotz auf Nasen- und Nebenhöhlenschleimhaut geschlossen werden , doch besitzen sie in einzelnen Fällen unzweifelhaft eine gewisse Selbstständigkeit, d. h. sie kommen auch ohne Knötchenrotz der Schleimhaut der obern Luftwege vor. So bei einem Pferde (Fuchs), das an Husten, einseitiger Anschwellung der Klaquo;hlgangsdrüsen und ganz massigem Nasenatisfluss litt. Es wurde wegen Rotzverdächtigkeit getödtet, da das neben ihm stehende, heftig erkrankte Pferd am acuten Rotz leidend gefunden wurde. Die Section des Fuchses ergab auf der Nasenschleimhaut nur an einzelnen Stellen oberflächliche Arrosionen, aber kein Rotzgeschwür, ebensowenig ein Rotzknötchen. Die innere Fläche des Kehldeckels und die Bekleidung der oberen Stimmbänder boten eine enorm verdickte Schleimhaut dar, welche mit unzähligen Miliargranulationen, die ganz dicht standen, durchsetzt war. Beide Lungen waren mit einer Summe von Rotzknötchen gleichmässig erfüllt, was sich schon beim Befühlen der Lunge deutlich zu erkennen gab. Die Pleura beider Lungen erschien besonders nach den Rändern zu stark getrübt, aber doch
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glänzend. Beim Einschneiden zeigte sich das Gewebe lufthaltig, nur massig blutreich. Die Knötchen waren meist von gleicher Grosse, ohngefähr wie SohrotNo. 3; erbsengrosse Hessen sieh, wenn auch in geringerer Zahl, gleichfalls nachweisen. Die Mehrzahl der Knötchen war mattweiss, von massiger Consistenz, ihre Umgebung blauroth, blutreich, luftarm (splenisirt.) Aeltere Knoten wurden nicht angetroffen, wohl aber eine ziemliche Zahl von Knötchen von grosser Weichheit und gallertartiger Durchscheinbarkeit.—In einem andern Falle, der ein ungarisches Pferd betraf, sahen wir (Trautvetter und ich) eine mcässigeZahl von Rotzknötchen in der Lungenspitze neben nachher zu beschreibenden Rotzinfiltraten. Die Knötchen hatten die Grosse junger Schotenkörner, waren intensiv gelb, kiisig und brüchig, ihre Umgebung erschien nicht blutreich. Ausser den Rotzinfiltraten der Lunge wurden bei diesem Thiere einige ver-schwärende Rotzknötchen auf der Pharynxschleimhaut und auf der iiussern Wand der linken Nasenhöhle eine circa 3/4quot; h o h e, 5quot; lange Rotz #9632;Wucherung angetroffen, die im eitrigen Zerfall begriffen war. Die Nasenmuscheln waren cariös, auf der Nasenscheidewand zwei und im falschen Nasenloche ein verschwärendes Rotzknötchen vorhanden.
Nach den jetzt vorliegenden Beobachtungen scheint der Anfang dor Lungenknoten beim Rotz ein circumscriptes, hirsekorn- bis erb-sengrosses Infiltrat zu sein, was ursprünglich glashell, durchscheinend ist, und dessen Entwickelung schon um deswillen als Reizungsvor-gang aufgefasst werden mnss, weil man so constant, wie auch in unserm Falle die jungen Knötchen von splenisirtem Lungengewebe umgeben findet. Bei längerem Bestehen scheint das Knötchen, welches nicht immer eine exact runde Form zeigt, saftärmer zu worden , vielleicht, dass hier das überflüssige Material, welches die nrsprünglicheBildnng so durchscheinend und weich machte, von dem fortschreitenden Zellenwuchorungsprocess, um mit Vater Roki-tansky zu reden, aufgezehrt wird. Die iKnötchen worden später trübe, bläulich, milchweiss, ihre Consistenz nimmt zu, und die einleitende sowie reactive Hyperämie nimmt ab. Sehr oft trifft man aber auch in spätem Zeiten Veränderungen an den Lungenknoten der rotzkranken Pferde, die auf einen erneuten irritativen Vorgang schliessen lassen. Unter erneuter Aufnahme von Material und recrudescirender Hyperämie in der Umgebung tritt eine Vereiterung des Rotzknötchens auf, genau in derselben Weise, wie wir dus an don Rotzknötchen der Luftwegschleimhaut bereits kennen gelernt haben. Der Umstand , dass das vereiternde Lungenknötchen so selten verjaucht (ulcerirt), hängt damit zusammen, dass nur in den seltensten Fällen der Process unter demEinfluss dor atmosphärischen Luft vor sich geht, was bei demselben Process auf der Luftweg-
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2 7
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Schleimhaut ja allemal der Fall ist. Tritt eine Vereiterung der Lungenknötchen nicht ein, so beginnen sie opak und trübe zu werden ; im Centrum zeigt sich ein gelber Punkt, endlich wird das ganze Knötchen gelb, brüchig, käsig. Aber auch hier trotz des passiven Vorgangs scheint doch in der Umgebung ein activer Hergang statt zu finden, dessen äusserer Ausdruck die einkapselnde Bindegewebshypertrophie ist. Unter fortschreitender fettiger Usur schwinden endlich alle histologischen Elemente der Rotzneubildung und ihrer Matrix, es bleibt zum Schluss des Herganges ein geschichtetes Kalkconcrement zurück , welches eine Bindegewebskapsel um-giebt. R o 1 o f f bemerkt, dass bisweilen die verkästen Knoten weniger trocken, wenig granulirt, speckartig glänzend erschienen. Es scheint hier unzweifelhaft die käsige Metamorphose des Knotens mit einer reactiven Eiterung sich zu verbinden. Die weitere Metamorphose, sagt Roloff, träte dann öfters so auf, dass sich ein Theil des Knotens ringsherum loslöse, und, wie ein Eiterstock aus einem Geschwüre, leicht hervorgezogen werden könne, oder der centrale Theil werde in eine eiterähnliche Flüssigkeit verwandelt, während die umgebenden Massen eine ähnliche speckige Beschaffenheit zeigten, wie der Geschwürsgrund der vereiternden ßotzknötchen auf der Luftwegschleimhaut. Mitunter fand Roloff eitrige Umwandlung gleichzeitig an mehreren Punkten des Knotens. In der festen aber etwas glänzenden Substanz bemerke man keine Löcher in verschiedener Zahl, welche mit eitriger Flüssigkeit erfüllt wären. In Betreff der Entwickeln ng der Botz-knötchen lehrt die Untersuchung der winzigen, weichen, gallertartigen Granula, dass dieselben in einer wuchernden Production von Kernen der Al-veolen b es te h en , und dass di e se, indem sie sich mit Aufzehrung einer gallertartigen Bindemasse vermehren, endlich das di e Ro tzt übe rkel dars te llen de starre Conglomerat constituiren.
Die Rotz infiltrate treten in ziemlicher Ausdehnung auf. Bei dem am acuten Rotz leidenden Pferde fanden wir an der Basis der linken Lunge ein solches Rotzinfiltrat in der Ausdehnungeines Handtellers, welches auf das Treueste das Bild der iw^//raftow ^e/ató-neuse des Laennec wiedergab. Das Lungengewebe war complet luftleer, blutarm, hochgelb von Farbe, und auf der Schnittfläche, welche ein exquisit glänzendes, gallertartiges Aussehen hatte, liess sich eine Flüssigkeit auspressen, die der Synovia glich. Mi-liare Granulationen wurden in der Lunge nicht angetroffen. Bei dem ungarischen Pferde, das sich durch die exquisite Rotzwucherung in der linken Nasenhöhle auszeichnete, begegneten wir neben einzelnen verkästen miliaren Knötchen zwei borsdorferapfelgrossen Rotz-
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inliltrationen der leidenden Seite. Beide hatten die Lunge in ein luft- und blutleeres, brüchiges Gewebe von Consistenz des limburger Käses verwandelt. Der vordere Heerd war etwas weisslicher und bestand aus einem Continuum. Seine Schnitt- und Bruchfläche waren deutlich granulirt. Dessen Umgebung sehr blutreich und von dichtstehenden Miliargranulationen , die von hell durchseheinender Beschaffenheit waren , durchsetzt. Und so scheint es, als ob auch hier durch unausgesetzte Apposition kleiner Heerde, von welchen jeder käsig wird, der grosse conglomerirte Kno-len wachse. Der hintere Heerd, welcher mehr von ungleicher Form war, erschien hochgelb, und enthielt ungleich grosse, durch Zerfallen des Infiltrats entstandene Cavitäten, die mit einer honiggelben, dicken, puriformen Flüssigkeit erfüllt waren.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass das Rotzinflltrat den Vorgang bei der Bildung des Rotzknötchens im letzteren Falle (bei dein ungarischen Pferde) im Grossen wiederholt. Denn entweder raquo;jrkranken bei der Bildung der Rotzinfiltrate grosse Abschnitte auf einmal in gleicher Weise, wie dies bei der Rotzgranulation an einem sehr beschränkten Räume stattfand, oder durch fortgesetztes Wiederholen discreter Bildungen an einem räumlich bestimmten Orte wird nach und nach ein grösseres Lungenstück complet infiltrirt. Nach vollendeter käsiger Metamorphose lässt sieh jedoch die Geschichte der Bildung nicht mehr studiren. In beiden Fällen haben wir sogenannte conglomerirte Kn Stehen, zwischen welchen das Lungengewebe sich comprimirt oder infiltrirt zeigt. Oder wir haben eine gleichmässige Infiltration mit einem synoviaähnlichen massenhaften Exsudate des Lungengewebes vor uns, ohne Concurrenz von Granulationen. Ein Paradigma der infiltrirten Tuberkulose. Nach vollendeter käsiger Metamorphose lässt sich auch dieses Infiltrat nicht von dem eben erwähnten trennen. — Bei näherer Untersuchung einer in grosseren Strecken in-fiitrirten Lungenportion erscheint dieselbe in ihrem Gewebe von einer Menge heller und granulirter Kerne durchsetzt, und die Alveo-len von demselben ausgefüllt. Die Epithelien sind unter Fettmeta-morphose untergegangen. Von dem Alter des Infiltrats hängt es ab, ob wir in der Leiche eine gallertartige Infiltration oder die trockne, sogenannte tuberkulisirende Pneumonie, oder die käsigen, puriform schmelzenden Heerde antreffen.
Die Bindegewebsindu ration der Lunge ist entweder eine seeundäre, wie wir sie in der Umgebung der Rotzknötchen kennen lernten, und kann so als ein Product einer collateralen Hyperämie betrachtet werden , oder wir beobachten eine massenhafte, die Lungentextur zu einer Schwiele verödende Bindegewebswucher-
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geht, und durch ein in das interstitielle Lungengewebe gesetztes (parenchymatoses) Exsudat entstand. Hierbei wird kein Exsudat in die Alveolen gesetzt.
Die metastatischen Heerde sind von den Rotzneubildungen wohl zu trennen. Bei denselben wird gleichsam nur ein Rohmaterial an Blut und Blutbestandtheilen in die Alveolen und in das interstitielle Gewebe abgesetzt. Sie sind auffallig grosser als selbst die grössten Rotzknötchen, ihnen liegt überhaupt keine Neubildung zu Grunde. Ihre Ausgänge sind: Verkäsung, Vereiterung, Verjauchung, Induration.
Obwohl ich bereits oben darauf wiederholt hingewiesen habe, dass vom morphologischen Standpunkte aus keine scharfe Grenze zwischen Rotzknötchen und den Tuberkeln des Menschen zu ziehen ist, so sehe ich mich doch veranlasst, an dieser Stelle nochmals auf jene mehrfach in der neuern Zeit ventilirte Streitfrage zu recurriren. Roloff sagt am angegebenen Orte: „Die makroskopischen Veränderungen in den Lungen und noch entschiedener die mikroskopische Untersuchung derselben stellen jedoch unzweifelhaft fest, dass auch die kleineren Knoten mit Tuberkeln nichts gemein haben, als schliesslich die regressive Metamorphose ;quot; und weiter fährt er fort: „mit Recht kann bei der Rotzneubildung in den Lungen von einem Exsudat die Rede sein. Die Exsudation ist sogar constant und vorzugsweise betheiligt bei der Knotenbildung. Die Untersuchung der kleinsten und ganz frischen Knoten ergiebt nämlich, das? dieselben aus einer Gruppe von Alveolen bestehen, welche mit zelligen Elementen gefüllt sind. Die Elemente bestehen aus freien Kernen, runden Zellen von verschiedener Grosse und Trübung und einzelnen Kernchenkugeln. Das Lungengewebe selbst, welches das Gerüst bildet erscheint etwas getrübt, aber auch in ungestörtem Zusammenhange. Die Füllungsmasse ist ziemlich flüssig und nickt im besondern Maasse adhärent; dieselbe ist ohne grosse Schwierigkeit unter Wasser aus dem Parenchym zu entfernen. Nach der Peripherie hin erscheint die Füllungsmasse weniger reich an zelligen Elementen und das Gewebe selbst weniger trübe. Die krankhafte Veränderung hebt zwar schnell aber nicht scharf an der Grenze ab. Die Umgebung der Knoten ist atelectatisch. Die Alveolen erscheinen comprimirt und gestreckt.quot; Und weiter unten a. a. O. sagt Roloff: „Die Rotzknoten gehen demnach aus einer entzündlichen Reizung des Lungenparenchyms hervor, welche zu Schwellung und Wucherung desselben, zur Bildung zahlreicher zelliger Elemente, namentlich an der Oberfläche der Alveolen und Füllung derselben führt. Der Process gleicht einer circumscriptên Pneumonie.quot; — Gerade das Letztere kann ich Roloff nur beschränkt zugeben. Man könnte ihm nur unter der Bedingung unbedingt beipflichten, wenn
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man den Begrifiquot; der Entzündung so ausdehnte, dass man unter diesem Colleetivnamen Alles inbegrifi', was zwischen der Bildung eines freien croupösen Exsudats und der Entartung des Mutterge-webes in Form einer infiltrirenden Neubildung mitten inne liegt und einen Reizungsvorgang darstellt. Der ganze Schwerpunkt der Rol o ff'so hen Hypothese ruht ab er darin, dass er den Rotzknötchen ein Exsudat zuerkennt, den Tuberkeln ein solches abspricht. Aber den Tuberkeln des Menschen kommt ebensowohl ein Exsudat zu, als den Rotzknötchen. Frühere Forscher, unter ihnen namentlich Reinhardt, Hessen den „crudenquot; Tuberkel aus glashellen, gelatinösen, scharfumschriebenen, die Grosse des miliaren Korns nur um ein Weniges übertreffenden Infiltraten hervorgehen. Die neuere Auffassungsweise weicht von der früheren nur insofern ab, als Vir ch o w ganz vorzüglich eine heerdweise Kernwucherung des interstitiellen Lungengewebes als nächste Ursache der Lungentuberkulose auflasst. Allerdings hat es einige Schwierigkeit, die Entwickelungsstadien irgend einer pathologischen Bildung in der Leiche festzustellen, denn allen jenen pathologischen Reihenentwickelungen klebt der Character der Willkür noch ungleich mehr an, als den physiologischen. Stets ist es als eine hypothetische Deutung, die erst anderweit zu erweisen ist, aufzufassen, wenn die Versicherung gegeben wird, dies habe sich aus jenem entwickelt, oder jenes sei eine frühere Entwickelungsstufe dieser oder einer andern Bildung. Zunächst genügt es ja auch für unsern Zweck, festzustellen, dass in den frühesten Stadien der Lungentuberkulose eine grosse Zahl kleinster Exsudatinflltrate in der Lunge vorkommt, die genau so wie die von Rol off beschriebenen circum-scripten Exsudate in der Lunge beim Rotz aus einem leicht aus den Alveoleu herauszupressenden Exsudate bestehen,, dem mannigfache Bildungen der Innenwand des Alveolus, wenn auch ursprünglich nur in spärlichem Maasse beigemischt sind (die flüssige, nicht besonders adhärente Füllungsmasse des Rol o ff). Dies findet in jenen Fällen statt, bei welchen bis dahin ganz gesunde Personen vonder a einen Miliartuberkulose befallen werden. Hier gelingt es sehr oft, in der Leiche in den obersten Lungenabschnitten gleichförmig disseminirte nadelstich-, raohnkorn - bis hirsekorngrosse gallertähnlichc Heerde wahrzunehmen, welche bisweilen bläschen-nrtig durchscheinend sind. Diese kleinen Heerde stellen ein hy-perämisches, .von einem eiweissreichen Serum durchfeuchtetes, gewulstetes Parenchym dar, was eine deutliche gefassreiche Areola hat. Die Alveolen enthalten in jenem eiweissreichen Serum pro-lifirende Epithelialzellen, welche theilweise fettig entartet sind. Grosse Mutterzellen mit Brutkernen kommen hier vor, doch sind diese Bruterzeugnisse nicht als Tuberkelelemente anzusehen, indem
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die ursprüngliche Erzeugnissstätte dieser letzteren gewiss ausserhalb des Epitheliums liegt, nämlich in der Wand des Alveolus und in dem Interstitialgewebe; denn die wuchernden und fettig metamor-phosirten Epithelialzellen treten wohl nie zu einer bleibenderen Neubildung zusammen. Es fehlt also auf keinen Fall beim Tuberkel die flüssige, nicht besonders adhärente Füllungsraasse der Alveolen. Es mangelt also bei der Tuberkulose ebensowenig ein eigentliches Exsudat als beim Eotz, doch neben dem exsudativen Vorgange beobachten wir in beiden Fällen eine Neubildung, welche von der Alveolenwand und vom Interstitium ausgeht. Ob hierbei ein pa-renchymatöses Exsudat mit im Spiele ist, lässt sich nicht entscheiden. Reizungsvorgänge sind unzweifelhaft im Beginn bei der Rotz- wie bei der Tuberkelneubildung zugegen. — Rokitansky ist nun der Ansicht, dass die Tuberkelgranulation, welche genau wie der Rotz-knoten kein exacti-undesKnötchen darstellt, sondern vielfach an der Peripherie verästelt ist, und gleichsam eine umschriebene Wulstung des Gewebes mit Ausfüllung der Alveolen darstelle, aus jenen weichen gallertartigen Exsudaten hervorgehe, und Nichts sei, als eine wuchernde Production von Kernen in der Wand der Alveolen, die sich durch Aufzehrung einer gallertähnlichen Bindemasse vermehren.
Die Tuberkelinfiltration und die Rotzinfiltration sind m orp h o 1 ogis ch ganz id en tis ch , entweder sind beide Kn ö tchen congl o m e ra te mit Veränderung des Zwischengewebes bis zur Luftleere — oder die gallertartige Infiltration war der Ausgangs-punet der Rotz- wieTuberkelinfiltrato. — Und somit gelingt es nicht, morphologisch einen Unterschied zwischen Lungentuberkulose und Lungenrotz zu begründen. Derselbe besteht nur in physiologischer Beziehung und ruht in der Virulenz der Rotzbildung.
Die äussern Zeichen des Lungenrotzes sind selten hervorstechend. Mit Ausnahme des dumpfen Hustens ist keine für eine tiefere Lungenaffection sprechende Erscheinung hier constant, und dieser mangelt zuweilen, wenn auch in seltenen Fällen, trotz reichlicher Anwesenheit von Rotzknötchen in der Lunge.
Der Lungenkrebs
ist primär eine der seltensten Krankheiten, und vielleicht entwickelt ersieh niemals primär in denLungen, sondern setzt vielmehr immer eine frühere Entwickclung der Krebsneubildung in andern Organen voraus. Er tritt bald als Krebsknoten, bald als Infiltrat auf. In der Regel ist der Lungenkrebs ein Markschwarnm, der selten zur Verjauchung führt, wohl aber nach der Pleura zu wuchert, dieselbe vor sich her treibt, bisweilen beide Pleurablätter durchbricht und sogar die Brustwand perforirt.
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Fremde Körper in der Lunge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 423
Die Symptome, welche der Lungenkrebs erzeugt, sind nur dann hervorstechend, wenn grössere Infiltrate vorhanden sind. Dann mag es wohl vorkommen, dass Dispnoë, Kurzathmigkeit etc. vorhanden sind. Aber in den meisten Fällen verläuft der Lungenkrebs symptomlos, und die Krebsknoten werden nur zufällig bei der Ob-duction in den Lungen angetroffen.
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Fremde Körper in der Lunge
sind besonders bei Rindern angetroffen worden, namentlich Nadeln, Drathstücke, Messer, welche durch die Bewegung der Haube durch das Zwerchfell in die Lainge eingetrieben wurden. Von
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Parasiten
findet man beim Menschen: Pilzbildungen, namentlich mycosis aspergillina (Yivoh o w) in Jaucheheerden in den Lungen.
Die Sarcina, von Virchow zu wiederholten Malen in einem Brandheerdo in einem alkalischen Medium vorgefunden. Diese Fälle sind wesentlich verschieden von solchen, wo die Sarcine als vom Magen her in die Bronchialwege und in die Lungen gelangt angesehen, werden muss, z. B. im Bronchialsecret, in der Flüssigkeit des Lungenödems.
Von Entozoen wurden in den Lungen angetroffen : Der stron-gylus longevaginaius, der Cysticercus ausserordentlich selten; der Echinococcus kommt in den Lungen überhaupt und im Vergleich mit der Leber selten, zuweilen neben Echinococcus der Leber vor, wie allenthalben, so auch hier von einer adventitiellen Bindegewebs-kapsel und verödetem Parenchyme eingefasst. Die Säcke werden zuweilen sehr gross, so dass sie einen ganzen Lappen einnehmen. Manchmal kommt es zu einer durch Usur oder ulceröse Destruction vermittelten Eröffnung des Sackes in die Bronchien und zu Entleerung von Echinococcen auf Bronchialwegen. Auch eine Eröffnung und Extravasation der Blasen in den Pleurasack ist beobachtet worden. Uebrigens gelangen auch Echinococci der Leber auf ulcerösem Wege in die Substanz der Lungen und sofort in die Bronchien. Andral sah neben einem Echinococcussack in der Leber in den erweiterten Enden der Lungenvenen beiderseits zahlreiche Echinococcen.
Bei den Rindern findet man den vielgestaltigen Hülsenwurm oft in grosser Zahl. Bei den Ziegen begegnet man einem P e n -tastomum.
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Punctionelle Störungen der Lunge,
Unter
Dampf,
Asthma der Aelteren, beim Menschen nicht mehr laquo;als selbststan-dige Krankheitsform beschrieben, versteht man eine fieberlose Ath-mungsbeschwerde, vorzüglich der Pferde, die die Dienstbranch-barkeit des Thieres sehr beeinträchtigt. Der Darnpf hat keinen bestimmten anatomischen Character. Denn da die Thierärzte jede fieberlose Athembesclnverde bei den Pferden mit diesem Namen belegen, so werden wir bei derselben bald anatomische Veränderungen der Nasen- und Rachcnhöhle, wie namentlich Polypen, Sarkome und Krebse, chronische Catarrhe, Verdiekungen und Wulstungen dcrKehlkopfschleimhaut, polypöse Wucherungen daselbst und auf der Luftröhre, Bronchicctasieen, namentlich iuterstitielle Pneumonieon mit ihrem Ausgang in Lungeninduration, Lungenabscess, Lungenemphysem, tuberkulisirende Infiltrate, Cavernen, Residuen pleuritischor Ergüsse, excentrische Hypertrophie des Heizens und endlieh jene colossalen Erweiterungen dos Magens und Darmcanals begegnen, wie sie bei manchen Pferden angetroffen werden, so dass in einem Falle, den ich mit Trautvet ter beobachtete, der Magen des Thieres circa einen halben Dresdner Scheffel fasste.
Demnach kann man die dämpfigen Pferde eintheilen in Nasen-dämpfige, sogenannte Har tsch n aufer, wenn Hindernisse in der Nase und in den Nebenhöhlen vorhanden sind, in
Kehlkopfdämpfigc, sogenannte Keh Ik op f pfeifer oder Rohrer, wenn das Athemhemmniss durch Erkranken des Kehlkopfs und der Luftröhre begründet ist; in
Lu ngen däm p f i ge oder sogenannte Lungenpf ei f er, wenn anatomische Störungen des Lungenparenchyms und besonders das Bläsehenemphysem die Kurzathmigkeit unterhält. Das pfeifende Geräusch beim Athmen, was auch bei diesen Thieren bei angestrengterer Bewegung auf der Brust hörbar wird, scheint durch Krampf der feineren Bronchien vermittelt zu sein. In
He rzdämpfige^ sogenannte H erzs chle ch t ige , wo die Athemnoth durch Herzhypertrophie, Klappenfehler unterhalten wird, indem jene zu Blutstauungen in den Lungencapillaren führen. Und
endlich in Hinterleibs dämpfige, wo bedeutende Ver-grösserungen des Darmcanals das Zwerchfell stark nach vorn drücken, und auf diese Art eine genügende Ausdehnung der Lungen bei der Inspiration hindern, oder wenn gar, wie bei Zwerchfellbrüchen die Hintevleibseingeweide theilweise in der Brusthöhle gelagert sind.
Squot;quot;' verschieden demnach die Ursachen des Dampfes auch sein mögen, so haben sie doch das alle miteinander gemein, dass eine
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Von der Eentzündung der Pleura.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;425
genügende Erneuerung der Lungenluft durch Athembowogungon gehemmt ist. Das Thier ist beslündig luf'thungrig. Es beansprucht deshalb alle aeeessorischen Respiratoren, reisst die Nasenflügel weit auf, lässt die Rippenheber so stark wie thunlich wirken, und beansprucht beim Ausathmen vorzüglich die Bauchpresso, meist in doppeltem Tempo, wobei sich die für characteristisch gehaltene Dampfrinne (eine Furche langs der falschen Rippen) bildet, welche aber bei allen bedeutenderen Grauen der Dispnoë angetrofl'en wird. Die Schwerathmigkeit kann alle Grade zeigen. Bald fehlt sie im Stande der Ruhe und tritt nur deutlicher bei anhaltender Bewegung auf, bald ist sie im Stande der Ruhe schon so bedeutend, class das kranke Thier beim Athmen hin und her wogt, und sogar der After den Athembewegungen folgt, indem er bei der Inspiration eingezogen und bei der Exspiration herausgepresst wird. Die specielleren Symptome richten sich nach der Ursache der Dämpfigkeit, sie ergeben sich thoils aus dem früher Vorgetragenen von selbst, thoils werden sie später bei den Herzkrankheiten ihre Erledigung finden. Dämpfige Pferde legen sich in der Regel nicht; wenn sie es thun, so geschieht es mit untergeschlagenen Füssen. Der, wenigstens bei den Lungenpfeifern constante Catarrh der Luftwege veranlasst in der Regel Husten, dessen mangelnde Resonanz besonders den Dampf kennzeichnet. Ursprünglich ist die Ernährung gut, später wird sie schlecht und das Haar glanzlos, struppig. Beider Bewegung nimmt in der Regel die Athomnothzu, und zu ihr gesellt sich, besonders bei den Kehlkopfpfoifern, ein eigcnthümliches, pfeifendes Geräusch, was schon in grosser Entfernung hörbar ist, und sich mit den höchsten Graden der Athemnoth vergesellschaftet, aber meist wieder verschwindet, sobald das Thier in eine langsamere Gangart oder in den Stand der Ruhe gebracht wird. — In den alier-seltensten Fällen wird beim Dampf das natürliche Lebensende abgewartet, sondern wegen Unbrauchbarkeit werden die Thiere früher getödtet. Bisweilen stellen sich wassersüchtige Anschwellungen der Extremitäten und bei den an chronischer Lungen Vereiterung leidenden Thieren, Wurm und Rotz ein.
Die Erkrankungen der Pleura.
Von der Entzündung der Pleura.
Sie ist die häufigste Krankheit der Pleura und eine der häufigsten seröser Säcke. Bald beobachten wir sie primär als sogenannte rheumatische, oder in Folge directer Einwirkung auf die Pleura, wie bei mechanischen Insulten des Thorax, beim Eintritt von Eiter, Brandjauche, Blut etc. in den Pleurasack, bei derEntwickelung eines Pneumothorax, bald begegnen wir ihr seeundär, und dann gesellt
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Von den Erkninkungen der Kespirationsorgauo.
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sie sich hier in den meisten Fällen zur Erkrankung des Lungen-parenchyms selbst. Bezüglich ihrer Ausdehnung kann man eine partielle und allgemeine, rüeksichtlich ihres Verlaufs eine acute und chronische unterscheiden.
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Die primäre, sogenannte rheumatische Entzündung der Pleura
setzt in ihrem acuten Verlauf ein faserstoffiges Exsudat, welches in Form membranartiger Ausbreitung auf der Innenfläche des Pleura-sackes coagulirte, oder sicli in einem reichlicher exsudirten Serum in Form von Flocken ausschied. Oder ihr Product war eitriger Natur, dessen Elemente zum Theil in gelben, gelbgrünlichen, sogenannten croupösen Faserstoff'gerinnungen aufgenommen sind. Die Menge des Ergusses ist verschieden, manchmal ganz gering, bisweilen sehr beträchtlich. Die Gewebswucherung tritt in der Pleura selbst in Form eines zartfilzigen Anflugs papillenartiger Granulationen , leistenartiger, verzweigter, anastomosirender Fältchen auf, welche sieh zu einer einfachen oder areolirteo Lamelle, zu einem Maschenwerk constituiren, und sofort weiter auswachsen. Wird dieselbe nach Zerfall der sie constituirenden Elemente nicht gleich dem Ergüsse resorbirt, so bleiben pseudomembranöse Neubildungen in Form von zarten, verschiebbaren oder dickeren, festsitzenden, bald gestreckten, bald gefensterten Ueberzügen der Costal- und Lungenpleu-ra zurück, welche von flockigen, zottigen Bindegewebsstratis verschiedener Dicke gebildet sind, und zwischen Costal- nndLungenpleurawie zwischen den einzelnen Lungenlappen Adhäsionen herstellen. Führte sie nicht zum Tode, so geht sie in die chronische Form über. Hier mehrt sich der Erguss allmälig bis zu den Mengen von 8, 10, selbst 20 Pfund, und die Gewebsvegotation wuchert dann häufig, zumal an der Costalwand so massenhaft, dass dort die Pleura 4 Linien bi.5 zu einem Zoll dick wird. Der Erguss erscheint als eine klare, dünne oder eine klebrige, matt-grünliche Flüssigkeit, aus welcher sich sulzartige Fibringerinnungen in verschiedenem Quantum ausscheiden. Die Flüssigkeit erstarrt nach ihrer Entleerung gallertartig, enthält sonach Bradyfibrin nach Virchow. Oder die Flüssigkeit ist flockig, trübe, blassgelblich und stellt dann einen gelben, gelblich grünen Eiter dar. Bisweilen erscheint die pseudomembranöse Gewebs-vegetation, zumal an der Rippenpleura von Extravasaten durchsetzt, und der Erguss ist selbst mit Blut in verschiedenen Quantitäten vermischt. Doch hüte man sich, nicht jede unbedeutende Beimengung von Blut als hämorrhagisches Exsudat zu bezeichnen, denn unbedeutende Beimischungen von Blut sind sehr oft Kunsterzeugnisse der
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Die primäre, sogenannte rheumatische Entzündung der Pleura. 427
Obduction. Das sogenannte genuine hä m o rrhagische Exsudat der Wiener ist in Folge massenhafter Beimengung von Blut intensiv schwarzroth gefärbt. Manchmal fällt die Pseudomembran, besonders in ihren innern Jüngern Schichten durch eine mattweisse Farben-opacität auf, was von einem überhandgenommenen Zerfall ihrer Elemente, einer Menge von molekularem Detritus in ihr herrührt.
Unter den angegebenen Umständen wird der Thorax namhaft erweitert. Die Intercostalräume werden grosser, bauchen sich aus, das Zwerchfell wird herabgedrängt, das Mediastinum und das Herz nach der andern Seite verschoben oder, bei einer symmetrischen Pleuritis, in die Mitte gerückt. Die Lunge selbst wird comprimirt, der Grad der Compression steht in geradem Verhältniss zur Menge des Exsudats. Bei sehr grossen Exsudaten finden wir sie auf ein Minimum reducirt, an Wirbelsäule und Mediastinum angepresst. Bei den höchsten Graden der Lungencorapression stellt sie einen flachen abgeplatteten Kuchen dar. Das Parenchym ist dabei lederartig zähe, blut- und luftleer, blassröthlich, bloigrau oder bräunlich, das Lungengewebe an der Peripherie, besonders an den Lungenrändern, in Verödung begriffen. Hin und wieder ist sie von einer Pseudomembran bekleidet. Bei partieller Pleuritis ist die Compression der Lunge in einer der Ausdehnung der Entzündung entsprechenden Weise beschränkt. Tritt Resorption ein, so kann sich die Lunge wieder ausdehnen, woran sie jedoch in vielen Fällen und in verschiedenen Graden durch die sie bekleidende, unterdess zu einer dichten Schwiele gewordene, widerstandsfähige, viscerale Lamelle des afterhäutigen Sackes und überdies durch eine eingeleitete Verödung ihrer Textur sich behindert sieht. Unter solchen Umständen sinkt die Thoraxwand in Folge des atmosphärischen Druckes und der Zusammenziehung der dicken ßippenlamelle der Pseudomembran ein. Dies kann bis zu dem Grade geschehen, dass sich nach völliger Resorption des Ergusses beide Lamellen einander berühren und miteinander verschmelzen. Hierdurch ist der Thorax bleibend abgeplattet, was bis zu dem Grad vorkommt, dass in der Gegend der 6., 7. und 8. Rippe sich eine grubige Vertiefung vorfindet, in welcher die Rippen, die sich bisweilen mit ihren Rändern sogar berühren, gesenkt sind. Hierbei ist meistentheils die Wirbelsäule nach der gesunden Seite ausgewichen , und die Lendenwirbel machen eine complementäre Krümmung nach der kranken Seite. Die Muskeln schwinden im Umfange der Einscnkungen bis zur Bindegewebs-schwiele. — Oft bleibt ein Theil des Ergusses, durch Verwachsung begrenzt, abgesackt zurück. Der Exsudatrest ist bald serös, bald eingedickt, käsig, fettig, kreidig. Bestehen die Ergüsse lange, so rufen sie oft Erweiterungen des rechten Herzens hervor. Die hä-morrhagischen Ergüsse tödten unter den höchsten Graden der Er-
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428nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Erkrankungen der Respirationsorgane.
Schöpfung und des Marasmus, die eitrigen unter pyänrischen und hydrämischen Zuständen.
Der eitrige Erguss, dasEmpyem, degenerirt bisweilen bis zur Jauche, wobei sich consecutiv ein Pneumothorax entwickelt, oder er führt zur Perforation der Brustwand und Entleerung des Eiters nach aussen; oder der Eiter durchbricht die Lunge, eröffnet die Bronchien, wodurch einerseits ein Luftauslritt in die Pleurahöhle und die Entstehung eines Pneumothorax gegeben sein kann, oder der Eiter entleert sich durch die Bronchialwege.
Bei den Thieren ist die Pleuritis eine häufig beobachtete, bei Pferden sogar eine der häufigsten fieberhaften Krankheiten. Sie tritt hier bald nach mechanischen Verletzungen, bald nach Erkältungen , bald aber auch unter Umständen auf, die eine bestimmte Veranlassung nicht nachweisen lassen, mitunter auch in seuchenartiger Verbreitung, namentlich gleichzeitig neben epizootisehen Pneumonieen, Bronchiten, Erysipelen. Wie beim Menschen erleidet auch hier das viscerale und parietale Blatt der Pleura, jene oben geschilderten geweblichen Veränderungen, und das ergossene Exsudat ist bald vorherrschend ein faserst o ffigo s, wobei es bei Pferden zuweilen drei bis vier fingerbreite, sulzige Lagen auf beiden Pleurablättorn bildet, bald ein vorherrschend seröses, in dem nur Faserstofflocken schwimmen, welches bald nach der Entleerung , nach dem Tode oder nach der Paraeenthese, gallertartig gerinnt; bald endlich ein eitriges und häm o rrhagisch es, doch in den seltneren Fällen. — Das Empyem der Pferde ist eine seltene Krankheit, häufiger ist es beim Hunde. Bei primärer (idiopathischor) Pleuritis wurde es nach der Versicherung Roell's bei Pferden noch nicht beobachtet, wohl aber bei Pleuriten nach Brustverletzungen, nach dem künstlich durch Paraeenthese erzeugten Pneumothorax. Der Umstand, dass man in der Leiche häufiger doppelseitige Ergüsse bei Pferden antrifft, als einseitige, erklärt sich genügend aus der grössern Gefahr, welche beiderseitige Ergüsse für das Fortbestehen des Lebens in sich schliessen. Denn einseitige pleuritische Exsudate gehen auch hier nach vollständiger oder unvollständiger Resorption in vollständige oder unvollständige Wiedergenesung über. Die unvollständige Resorption ist beim Pferde nicht selten, hierbei bleibt die Lunge dauernd theilweise comprimirt; die Lunge ist von einer Bindegewebsschwiele eingekapselt, die verschieden dick mit Faserstofflagen bedeckt ist. Die Seltenheit dcsEmpyems bei Pferden scheint in vielen Fällen mit der massenhaften Faserstoff'production auf beiden Pleurablättern bei der Pleuritis im Zusammenhange zu stehen.
Die Ausgänge der Pleuritis bei Thieren überhaupt sind bei grossen Exsudaten, welche bisweilen einen Stalleimer zu füllen vermögen, häufig der Tod, besonders bei beiderseitigen Ergüssen oder
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Die primäre, sogenannte rheumatische Entzündung der Pleura. 429
bei Complication mit lobarer Pneumonie, oder Genesung bei vollkommener Resorption des Exsudats, oder der in unvollkommene Wiederherstellung bei completer Abkapselung der Lunge, Absackung des Exsudats, Verwachsungen beider Pleurablatter etc.
Die Zeichen der Pleuritis beim Menschen hängen sehr von der Quantität des Exsudats ab. Bei der sogenannten jjleurïtis sicca, wo nur ein nutritives Exsudat gesetzt wurde, fehlen alle physikalischen Zeichen, gleichfalls das Fieber, und es ist nur an einer bestimmten Stelle des Thorax Schmerz vorhanden, der sich besonders bei tiefen Inspirationen und bei heftigen Exspirationen: Niesen, Husten, vermehrt. In der Regel führt dieselbe zu Verwachsungen beider Pleurablatter. Bei completen Verwachsungen in der Nähe der Leber und der Milz kommt bei sehr tiefen Inspirationen keine Dislocation der Herz-, Leber- und Milzdämpfung mehr vor, wie unter normalen Verhältnissen.
Die Pleuritis mit massigem Exsudat complicirt häufig die Tuberkulose, selten begleiten dieselbe heftige Fieberbewegungen, es wäre denn, dass dieselbe eine lobäre Pneumonie complicirt, und dann wird durch diese, nicht durch jene das Fieber unterhalten. Aber was diese Pleuritis mit spärlich serösem und reichlich faserstoffigem Exsudat characterisirt, ist ein heftiger Schmerz an dereinen oder der andern Seite, der nicht nur durch tiefere Inspirationen, sondern namentlich durch Druck sehr vermehrt wird. Steigert sich der Schmerz, so fürchten sich die Individuen förmlich , Athem zu holen, und dadurch wird das Athmen sehr oberflächlich und beschleunigt. Die physikalische Exploration ergiebt hier wenig Anhaltendes. Reibungsgeräusch ist im Anfange nicht vorhanden; tritt es auf, so bemerken wir es am Schlüsse der Pleuritis, wo sich die rauh und fibrös gewordenen Pleurablatter einander berühren. Was aber bei der Besichtigung des Thorax auffällt, ist eine Unthätigkeit der erkrankten Seite. Die Rippen der kranken Seite sind einander genähert, und die Hebung derselben beim Einathmen geschieht unvollkommener, als auf der gesunden Seite.
Pleuriten mit grossem, sogenanntem haushohen (Jaksch)Exsudat e, treten beim Menschen wie eine Pneumonie mit heftigen Fieberbewegungen auf, die nicht selten durch einen Schüttelfrost prononcirt sind. Hier tritt zunächst der heftige Schmerz der einen oder der andern Seite des Thorax in den Vordergrund. Frühzeitig gesellt sich zu diesem Schmerz Kurzathmigkeit. Die Kurzathmig-keit steht in geradem Verhältniss zur Compression der Lunge und der Höhe der collateralen Fluxion, die wieder von der Acuität des Processes abhängig ist. Husten fehlt fast immer bei der reinen acuten Pleuritis. Tritt er hier in den ersten Tagen oder in der zweiten Woche auf, so ist er hochgradig, quälend. Zäher, gelber
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430nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Erkrankungen der Resjjirationsorgane.
Schleim wird ausgeworfen, der nicht selten hlutstreifig ist, und dies ist ein übles prognostisches Zeichen, das in der Regel ein drohendes oder bereits vorhandenes Lungenödem der nicht com-primirten Lungenpartie anzeigt.
Entweder die Krankheit halt sich bis zum achten Tage auf' einer Höhe und geht dann ziemlich rasch, aber nie so plötzlich wie die Pneumonie , in Wiedergenesung über , oder die Fiebererscheinungen und subjectiven Beschwerden lassen nach, und nur die Erscheinungen dos zurückbleibenden Exsudats persistiren durch längere, selbst durch sehr lange Zeit. Oder nach einem Nachlasse tritt plötzlich wieder eine Verschlimmerung ein, die mit einer nachweisbaren Zunahme des Exsudats verknüpft ist. Oder endlich die Pleuritis entwickelt sich ganz allmälig. Die Individuen klagen über Gliederschwäche ; der Kranke ist fieberlos, nur wenig kurzathmig, aber sein Antlitz ist bleich, er magert ab. Unter diesen Erscheinungen sammelt sich oft eine colossale Wassermasse nach und nach in der einen Pleurahöhle an, und die hier so überraschende Toleranz seitens des Organismus, in specie der Athmungs- und Kroislaufsfunctionen, erklärt sich zur Genüge aus dem Allmäligen der Entwickelung. Hier bleibt dem Gefässsystem und den Geweben Zeit, sich der col-lateralen Fluxion zu accommodiren. Daher ereignet es sich auch, dass derartige Patienten zum Arzt kommen, ohne zu wissen, an welchem schweren Brustübel sie leiden. Ja es kann sich sogar ereignen, dass die nach abwärts gedrängte Leber den Magen behelligt, Verdauungsstörungen setzt, oder die gehemmte Entleerung des rechten Ventrikels führte zu einer Leberhyperämie und zur Blutüberlüllung der Magendarmschleimhaut, weshalb solche Leute sich oft für unterleibskrank halten. Hier findet man oft gegen 15 Pfund Exsudat in der einen Pleurahöhle angehäuft.
Diese grossen Exsudate werden nur selten ganz resorbirt; geschieht es dennoch , so wird eine lange Zeit dafür beanspruch!,; meist bessern und verschlimmern sie sieh abwechselnd, um endlich in die Lungentuberkulose überzugehen, —
Beider Besichtigung an grossem pleuritischen Exsudat Labc-rirender fällt zunächst an der leidenden Seite eine auffällige Zunahme des Tiefen - und Querdurchmessers auf. Die Zwischenrippenräume sind verstrichen, und bei tiefern Inspirationen bleibt die leidende Seite unbeweglich. Bei linkseitigem Exsudate sieht man oft den Herzpuls in der Mittellinie oder auf der rechten Seite, selbst in der rechten Achselhöhle.
Die Palpation ergiebt bei grossen Exsudaten stets eine Aufhebung des Pectoralfremitus. Verstärkt finden wir ihn nur auf der leidenden Seite, wenn nicht dicke Faserstofflagen es auch dort unmöglich machten, zwiaQihen Basis des Schulterblatts und Wirbel-
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säule, jener Stelle entsprechend, wo die comprimirte Lunge an die Thoraxwand angepresst ist. Die Palpation erweist nun noch unzweideutiger als die Besichtigung eine Dislocation der Herzspitze, die an jedem Puncte eines Kreissegments angetroffen worden ist, dessen Abscissenlinie in der rechten Achselhöhle beginnt, und an der Stelle endet, wo unter normalen Verhältnissen der Herzschlag fühlbar ist. Von hoher Bedeutung ist das Hervortreten des rechten Leberlappens unter dem rechten Hypochondrium, was bis auf Handbreite geschehen kf.nn.
Die Percussion ergiebt bei massigem Exsudat einen leertympa-nitischen, bei grossen Exsudaten einen absolut leeren Ton. Zwischen den Schulterblättern und vorn unter den Claviceln ist bei grossen Exsudaten der Ton meist tympanitifch, da an diesen Stellen die zusammengedrückte Lunge liegt. Wichtig ist für die Diagnose der Pleuritis die Begrenzung des tympanitisch leeren oder leeren Per-eussionsschalls durch eine die ideale Körperaxe ziemlich rechtwinkelig schneidende Ebene. Diese Ebene wird nicht verändert, wenn das Individuum liegt, sich vor- oder rückwärts beugt. Bei sehr grossen Exsudaten ist bisweilen an allen Stellen der erkrankten Thoraxhälf'te ein complot leerer Percussionsschall vorhanden.
Bezüglich der Auscultation ist hervorzuheben, dass bei grossen Ergüssen an der Stelle, wo das Exsudat sich befindet, meist jedes Ath e m gerä us ch fehlt, oder es ist ein schwaches, unbestimmtes Athmen vorhanden. Nicht selten vernimmt man aber bei massenhaften Exsudationen ein hohes und helles Bron chialat hm en an allen Punkten der erkrankten Thoraxhälfte. Wichtig ist hier der absolute Mangel von Rasselgeräuschen. Natürlich gilt das nur von der reinen primären Pleuritis.
Verwandeln sich grosse pleuritische Exsudate in ein Empyem, d. h. zerfliessen dieFasorstoff'membranen eitrig, und werden von den wuchernden Bindegewebsschichten beider Pleurablätter Eiterzellen gebildet, welche sich 1'ort und fort in der Exsudatflüssigkeit anhäufen, und diese in eine hochgelbe, rahmähnliche Flüssigkeit verwandeln, so bekundet sich das nach aussen kaum durch charactcristische Erscheinungen. Erschlossen kann ein Empyem werden bei häufiger Wiederkehr der Schüttelfröste, und dann, wenn das pleuritische Exsudat ichorrhäraische und pyämische Zustände complicirt.
Tritt Genesung ein, wird das Exsudat vollständig resorbirt, so ereignet es sich oft, dass die Wiederausdohnung der Lunge nicht gleichen Schritt mit der Resorption hält. Die nothwendige Folge ist, dass der auf der Körperoberfläche lastende Atmosphärendruck einen sehr hohen Stand des Zwerchfells erzeugt, indem die Unterleibseingeweide : Magen , Leber, Milz nach oben gepresst werden.
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Erst nach und nach dehnt sich die Lunge vollkommen wieder aus, und so können alle Folgen der Pleuritis spurlos verschwinden , obwohl dies der seltenere Fall ist. Meist bleibt eine Abflachung der leidenden Seite, in höheren Graden sogar mit skoliotischer Verkrümmung der Wirbelsäule zurück. Einer der häufigsten Ausgänge ist die Einkap-seiung der Lunge und die Verwachsung derselben mit dem Rippenfell. Kommt das Empyem zum Durchbruch, was meist zwischen der vierten und fünften Rippe geschieht, so bildet sich eine ödematöse Schwellung der Haut. Doch unter dieser entwickelt sieh eine zwischen den Rippen hervortretende Geschwulst, die bald fluetuirend wird, und endlich eine grosseMenge von Eiter entleert. Vollständige quot;Wiedergenesung ist beim Empyem selten, Einziehung des Thorax und skoliotische Verkrümmung bleiben auch hier zurück. Oft per-sistirt eine Thoraxfistel, mit der die Kranken viele Jahre herumlaufen. Bricht der Eiter durch die Lungenpleura hindurch, so entstehen oft pneumonische Erscheinungen, doch auch ohne diese werden grosse Quantitäten Eiter plötzlich unter erstickenden Hustenanfällen entleert. Selten tritt hier Genesung ein, meist erfolgt der Tod durch Pneumothorax. Bricht das Empyem nach der Bauchhöhle durch, so tödtet eine Peritonitis.
Bei frischen und grossen pleuritischen Ergüssen tödtet, wenn ein lethaler Ausgang innerhalb der ersten acht oder vierzehn Tage eintritt, eine collaterals Hyperämie der gesunden Lunge. So bei M. K., 38 Jahr alt, verehelicht, multipara, die nach einer heftigen Gcmüthsalteration. bis dahin wohl und gesund, ein grosses, linkseiliges pleuritisches Exsudat acquirirte. Das Herz war bedeutend dislocirt, die linke Brusthälfte enorm ausgedehnt und von Brctthärtc bei der Percussion; hohpsBronohialathmen an allen Stellen der leidenden Brusthälfte deutlich vernehmbar ohne jedes Rasselgeräusch; Puls 140,klein, zögernde ürinsecretion, quälende Dispnoë. Erst den dreizehnten Tag Husten, Rasseigerausche der bis dahin gesunden Lunge, Auswurf eines dünnen, schaumigen, mit Blutstreifen untermischten, zähen Schleimes, fadenförmige Beschaffenheit des Pulses, der bis auf 150 stieg, Eiskälte der Extremitäten und des Gesichts, keine Cyanose, complete Sistirungder Urinabsondernng innerhalb vierzehn Stunden, Tod durch Suffbeation am vierzehnten Tage der Krankheil. Häufig ist der tötltliche Ausgang bei grossen, lauge bestehenden Ergüssen durch ein Consumptionsfieber veranlasst.
Bei Thie ren ist die acute, reine Pleuritis am Besten beim Pferde studirt. Unbedeutende pleuritische Exsudate entziehen sich hier sehr oft der Beobachtung, da für diese Zustände das wichtigste Symptom, der Schmerz, vom Thiere nicht direkt geklagt werden kann. Grosse pleuritische Ergüsse beginnen mit heftigen Fieberhewog-ungen, A.bgeschlagenheit, Abstumpfung und Athembcschleunigung.
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Das Athraen ist auch hier kurz, oberflächlich und auffallend beschleunigt. Eine geringere Bewegung der Rippen lässt sich bei Thieren meist nicht wahrnehmen, da pa7iniculus adiposusuudïlaat-mnskel die Rippen verdecken. Steigert sich die Athemnoth sehr, so stehen die Thiere mit auseinandergespreizten Vorderschenkeln, mit nach vorwärts gestrecktem Halse und Kopfe und stark erweiterten Nasenöffnungen da, und wogen bei den stossweisen In- und Ex-spirationen sichtlich hin ur.d her. Die Bauchpresse wird bei den Exspirationen sehr beansprucht, das Athmen wird deshalb flankenschlagend , im letzten Exspirationsmomente bildet sich längs der falschen Rippen eine Rinne. Den sichersten Anhalt bieten die Resultate der Percussion. Der Percussionsschall wird auf der leidenden Seite gedämpft und später leer, steigt weiter nach aufwärts. Der leere Percussionsschall ist durch eine Linie begrenzt, die hier mit der idealen Körperaxe parallel läuft; oberhalb dieser Linie ist der Ton tympanitisch oder nur quot;wenig verändert. Die Resistenz der Brustwand ist bis zum Niveau des gesetzten Exsudates auf der leidenden Seite wesentlich vermehrt. Das Athemgeräusch fehlt entweder bei grossen Exsudaten gänzlich, oder auch hier wird bronchiales Athmen wahrgenommen. Bei grossen, linksseitigen Exsudaten wird auch bei Pferden das Herz vollkommen nach rechts verdrängt, so dass der Herzschlag linkerseits ganz unfühlbar wird, dagegen rechts deutlich zu fühlen ist. Bei kleinern Hausthieren sind Dislocationen der Eingeweide gewöhnlicher, häufiger und leichter nachweisbar, als bei den grossen Haussäugethieren. Die Befestigung der Leber, vor Allem ihre sehr schiefe Lage bei grossen Haussäugethieren, namentlich beim Pferde, und dann der Umstand, dass die Percussion der Bauchhöhle bei grossen Haussäugethieren minder stichhaltige Ergebnisse liefert, sind die Umstände, dass man bei grossen recht-seitigen pleuritischen Ergüssen der Pferde und Rinder schwer eine Verdrängung der Baucheingeweide durch die Percussion auszu-mitteln vermag. Compliciren sich, wie in vielen Fällen bei den grössern Haussäugethieren, grosse pleuritische Exsudate mit lobärer oder interstitieller Pneumonie, so gesellen sich zu den Erscheinungen des pleuritischen Exsudats noch Husten, blutiger, eitriger, schleim-igr'r Nasenausfluss und consonirendes Rasseln bei der Auscultation zum bronchialen Athmen.
Leichtere Fälle verlaufen auch hier rasch und günstig. Bei grössern Exsudaten ist der Verlauf ein schleppender, aber selbst nach mehrwöchentlichem Bestehen sieht man, besonders bei Pferden, nach completer Resorption vollkommene Wiedergenesung eintreten. L'nter Wiederkehr der Fresslust, Sinken des Pulses und reichlicher Entleerung eines trüben Harnes erfolgt hier die Wiederherstellung. Ist die Lunge eingekapselt, entstanden Verwachsungen , so zögert
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;28
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die Resorption, und die Thiere bleiben kurzathmig, dämpfig. Dertödt-liche Ausgang tritt hier oft auf der Höhe der Krankheit ein, besonders bei Complication mitLungenentzündung, oder bei beiderseitigen pleuritischen Ergüssen, die bei Pferden ungleich häufiger zu sein scheinen, als bei Menschen, in Folge collateraler Fluxion in den für Luft permeabel gebliebenen Lungenpartieen durch Lungenödem. Oder in Folge der mangelhaften Ausdehnung der Lunge und des Fortbestandes einer chronischen Pleuritis entwickeln sich allgemeine Ernährungsstörungen, und der Tod erfolgt unter hydropischen Erscheinungen durch Marasmus.
Die secundäre Pleuritis
ist am Häufigsten bei Tuberkulose der Lungen, bei der Rotzneubildung (Lungenknötchenrotz), beim Lungenkrebs, bei pyämischen, ichorrhämischcn Zuständen, bei Infectionskrankheiten (Typhus, Pocken, Exanthema) beobachtet worden. Dieselbe bietet bei Menschen und Thieren nichts Eigenthümliches dar, was nicht schon in dem Vorhergehenden vorgetragen worden wäre. Nur sei hervorgehoben , dass metastatische Pleuriten in der Regel ein reichlich eitriges Product liefern, dass die Pleuriten bei Tuberkulose sich theils durch einen reichlichen serösen Erguss, theils durch eine wuchernde Pseudomembranbildung auszeichnen, die sehneil vascula-risirt, und bisweilen zu copiösen diffusen Blutungen in die Pleura-höhle führt (hämorrhagisches Exsudat). Bei der Tuberkulose ist mitunter die Lungenspitze von einer festen sehnigen Haube im Um-fano-e des verödeten, von Cavernen und verkreideten Tuberkeln durchsetzten Lungengewebes überzogen, welche auf das Innigste mit der Costalwand adhärent ist. Die secundäre Pleuritis bei Pneumonie ist beim Menschen meist sehr unbedeutend; man findet bald zartere , bald dickere, filzige Gewebsvegetationen auf der Lungen-pleura, während die Pleuritis bei Thieren, namentlich bei Pferden, sowie auch bei Rindern in der Lungenseuche ein viel bedeutenderes Exsudat setzt. Endlich sehen wir noch beim Menschen grosse pleu-ritische Exsudate durch verjauchende periphere Infarcte, durch peri-phere Brandschorfe, endlich durch Eiterheerde in der Brustwand ver-anlasst. Diese letzteren sind meist secundär, und verdanken ihr Dasein einer Knochennekrose des Brustbeins, der Rippen, der quot;Wirbelkörper (malum Pottü), oder sind Abscesse, die im Mediastinum vordringen, und zur Entzündung der Pleura führen. Oder ein vereiternder Echinococcussack bricht durch das Zwerchfell hindurch, und erzeugt eine Pleuritis.
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Destructive Veränderungen der Pleura.
Vereiterung und Brand
unterliegen die beiden Pleurablätter sehr oft in Folge eines Empyems, einer Knochencaries des Brustkastens, einer Lungenvereiterung, Lungenverjauchnng, des Lungenbrandes. Oefterer wird die Costal-, als die Lungenpleura zerstört. Nicht selten sind es Jauche- und Eiterheerde des Abdomens, die nach der Brusthöhle durchbrechen, und hier zur Verjauchung des Pleurablattes führen, als verjauchende, peritonäale Exsudate, Eiterheerde der Leber, der Milz, der Nieren. Beim Brande wird die Lungenpleura in eine dunkel missfarbige, zottig zerfallende Masse verwandelt. Beim Empyem, über peripheren tuberkulösen Cavernen, über zerfallenden tuberkulösen Infiltrationen, geht die Pleura in einem weissen, weissgelblichen Schorf unter.
Die Neubildungen der Pleura.
Bindegewebsneubildungen kommen beim Menschen besonders auf der Costalpleura und zwar besonders in den Inter-costalräumen und auf der pleura diaphragmatica, nicht selten in Form bedeutender Verdickungen vor, als umschriebene, schwielige, glatte oder höckrige Platten, oder als runde, knorrige Massen, von denen sich letztere zuweilen ablösen, und als freie Körper in den Pleurasack fallen. Ausserdem beobachtet man an der Lungenpleura, und zwar vom Rande der Lungenbasis ausgehend, dentritisch in den Pleurasack hineingehende Bindegewebsneubildungen, welche gemeinhin in verschiedenen Mengen Fett einschliessen. In seltenen Fällen trifft man Sarkome auf der Pleura, die von den Pseudo-membranen ausgehen.
Am Häufigsten beobachten wir Bin deg e web sneubild-ungen bei Rindern auf der Pleura in grosser Zahl, gleichzeitig auch auf dem Peritonäum, auf dem Herzbeutel, Netz und Gekröse. Diesen Zustand beschreiben die Thierärzte unter dem Namen
Perlsucht oder Franzosenkrankheit der Rinder.
Diese Neubildungen auf Pleura und Peritonäum bestehen entweder für sich und werden dann zufällig beim Schlachten der Rinder, sogar bei neugeborenen Kälbern gefunden, oder sie vergesellschaften sich mit einer ungewöhnlichen Aufregung des Geschlechtstriebes,
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der sogenannten Monatreiterei (Stiersucht), wobei eine Unfruchtbarkeit der Kühe gewöhnlich vorhanden ist. Die Ursachen des Zu-standes sind dunkel; bei beiden Geschlechtern, sowie bei entmannten Rindern, wird der Zustand gleich häufig angetroffen.
Die Bindegewebsneubildungen sitzen hier meist auf einem trüben und verdickten Brustfelle sowie auf Peritonäum, Omentum und Mesenterium. Bald sind sie von dentritischer Form, bald sind es erbsen- bis wallnussgrosse Geschwülste von grauweisser oder grau-röthlicher Farbe, die auf ihrem Durchschnitt entweder weich und schwammig sind, aus ihrem Stroma eine grauweisse Flüssigkeit herauspressen lassen, die unter dem Mikroskope eine grössere Summe von Bindegewebskörperchen erkennen lässt (Sarkome nach Roell), oder sie bestehen aus einem derben, schwieligen, schwer spaltbaren Bindegewebe, ohngefähr wie Baudmasse,und gleichen dann in ihrer Textur den festern Uterusfibroiden, weshalb sie von Jo han n e s Müller und Gurlt als Desmoide aufgeführt wurden. Bei längerem Bestehen gehen diese Bildungen eine fettige Entartung ein, die härteren ebensowohl, als wie die weicheren Formen. Sie metamor-phosiren käsig, und zeigen makroskopisch dann genau dasselbe Verhalten, wie die sogenannte infiltrirte Tuberkulose, was auch Boch-dalek verleitet haben mag, die Franzosenkrankheit der Rinder als eine Pleura- und Peritonäaltuberkulose aufzufassen. Aber die fettige Entartung ist hier nicht das Endglied der Geschwulstmetamorphose, sondern unter steter Resorption des Fettes kommt es zur Verkalkung des Bindegewebsstromas der Neubildung, wodurch dieselben knochenhart werden. Bisweilen ereignet es sich aber auch hier, wie bei manchen Krebsformen , dass das Bindegewebe des Stromas geradezu verknöchert. Mitunter geht die Entwickelung der Neubildung vom interstitiellen Bindegewebe aus, wodurch das Lungengewebe theilweise comprimirt wird. Bei längerem Bestehen des Uebels leidet die Ernährung Noth, und dann findet man Abmagerung des Fett- und Muskelgewebes, die Zeichen der Anämie und Blut-wässrigkeit, Infiltrationen der Bronchialdriisen und nach Gurlt häufig gleichzeitig die arteriitis deformans der Aorta und ihrer Zweige in grosser Ausdehnung.
Die von Bochdalek ausgesprochene Ansicht, dass die Perlsucht der Rinder eine Pleuratuberkulose sei, welche von den verschiedensten thierärztlichen und ärztlichen Autoritäten bereits verlassen war, wird neuerdings von Gerlach wiederaufgenommen. Er sucht diese Behauptung durch beweisende klinische (?) Thatsaehen zustutzen; dieselben sind folgende :
„1. Einzelne oder mehrere Lymphdrüsen sind immer gleichzeitig degenerirt, und zwar bei Knoten auf der Pleura die Drüsen zvdschen
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den Luftröhrenästen , bei Erkrankung des Bauchfells dagegen die Gekrösdrüsen.
2.nbsp; nbsp;Sehr oft finden sich bei der Perlsucht Tuberkeln in den Lungen, zuweilen auch in der Leber und andern Organen gleichzeitig vor.
3.nbsp; nbsp;Bei einer Lungentuberkulose ohne Erkrankung der serösen Häute findet man an den Stellen, wo derTuberkelprocess bis an die Lungenpleura gedrungen ist, auf dieser immer eine kleinere oder grössere Gruppe von Knoten — Trauben — ganz gleich denen bei der Perlsucht. Dasselbe habe ich auch schon bei Pferden, Hunden und kürzlich bei einem Lama gefunden.
4.nbsp; nbsp;Die Perlsucht vererbt sich wie die Tuberkulose, und was das Wichtigste ist, bei den Nachkommen von perlsüchtigen Kühen zeigt sich in einzelnen Fällen blos Tuberkulose ohne Knoten auf den serösen Häuten und in recht vielen Fällen ausgebildete Lungentuberkulose neben Perlsucht zugleich.quot;
Dies die beweisenden G er 1 ac h'sehen klinischen Thatsachen, gegen die ich zunächst einzuwenden habe, dass 1—3 nicht klinische, sondern pathologisch-anatomischeThatsachensind, nur Punkt 4 bezüglich der Erblichkeit der Perlsucht dürfte als klinische Thatsache gelten.
quot;Wenn man in diesem Falle Klarheit haben will, so hat man sich zunächst zu vergegenwärtigen, was die Autoren bis jetzt unter dem Namen Perlsucht der Rinder zusamraengefasst haben, und so ergiebt sich, dass man bei der speciellen Untersuchung bald harte Fibroide — dendritisch verzweigte Bindegewebsneophyten —Sarkome— Cysten — selbst Bälge mit colloïden Anhäufungen — und circumscripte Entzündungsheerde der Pleura, die in BindegewebsWucherung ausgingen , vor sich hatte. Hierbei kann natürlich Alles in Frage kommen, nur nicht die Tnberkelneubildung. — Den Tuberkel hat man zu allen Zeiten zu den organisirten Neubildungen gezählt, nur seine Genesis war bis auf V i r c h o w dunkel. Dieselbe lässt sieh jetzt nach den Vircho w'schen Untersuchungen mit zwei Worten decken : Makroskopisch ist der Tuberkel ein miliares Korn in tausendfältiger Wiederholung, mikroskopisch ist er eine excessive Kern-wueherung an einer bestimmten Stelle eines Gewebes, welche die Gefdsse dieses aliquoten Gewebstheiles durch Druck verödet, und so sich selbst dem fettigen Detritus, der Verkäsung, der Erweichung anheim giebt.
Der anatomische Befund bei der Perlsucht liefert dagegen den Beweis, dass wir es bald mit dichteren, bald mit lockeren Binde-gewebsneubildungen zu thun hatten, deren Gefüge mitunter drüsig areolirt, auf dem Durchschnitt eine milchige Flüssigkeit auspressen Hess, welche unter dem Mikroskope eine Summe von doppelt oder einfach geschwänzten Zellen, Körnchenzellen, Körnchenconglomerate
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wahrnehmen liess. Aber neben diesen gewöhnlichen Befunden eines Zellgewebsneophyts traten, wie die Virc h o w'sche Untersuchung ergab, längere und breitere Bindegewebskörperchen mit starkauswachsenden Fortsätzen auf. Zellen mit vielen Kernen wurden angetroffen, so dass man 4—5 grosse, mächtige Kerne in einer Reihe hinter einander zählte. Dann schwellen die Zellen auf, durch fortgesetzte T h eil ung ver mehren sich die Zellenkerue so, dass grosse Gebilde entstehen, welche mit grossen Kernkörpe ruhen versehene Kerne, deren Zahl sogar 50 — 60 erreichen kann, enthalten. — Dieser Befund entspricht allen schnell wachsenden weichen Aftergebilden, besonders den Markschwämmen, und vom anatomischen Standpunkt wäre Nichts dagegen einzuwenden, wenn Jemand behaupten sollte, dass einige der Peilsuchtsubsumirten Neubildungen Krebsbildungen sind. Doch auf keinen Fall alle. Entschieden ausgeschlossen sind die dem Uterusflbroiden analogen Bildungen, welche ohne Rückwirkung auf die Ernährung verlaufen, und sich nicht in der Richtung der Lymphgefasse ausbreiten. Üeber die bald fibroide, bald sarkomatöse Natur der Pleurageschwülste bei der Perlsucht kann somit kein Zweifel sein, und Rudolf Virehow würde selbst mit sich in Widerspruch treten, wenn er heute noch behaupten wollte, dass die Entwickelung jener Pleura-und Peritonäalneophyten nur im Entferntesten an die Entwickelung der Tuberkulose erinnere. Wenn ferner (Würzburger Jaln-esbericht 1856) von Virehow versichert wurde, dass in dem Gange der lokalen, constitutionellen Erkrankung eine grosse Aehn-lichkeit zwischen Perlsucht und der Tuberkulose des Menschen bestehe, so kann sich das doch wohl nur auf die käsige Metamorphose der Geschwülste, auf deren Verkalkung und Verknöchcrung beziehen. Aber daraus eine Analogie beider Neubildungen herleiten zu wollen, dürfte heute wrohl Rudolf Virehow, nachdem er in so gediegener Weise in seiner Cellularpathologie die käsige Metamorphose ais Kriterium der Tuberkulose zurückgewiesen hat, kaum mehr in den Sinn kommen. Die von Gerlach vorgebrachten anatomischen Gründe können die Tuberkulose nicht im Mindesten stützen. Denn dass zerfallende Knoten auf der Pleura zuTumescenz der Bronchialdrüsen und ähnliche Knoten auf dem Bauchfell zu Schwellung der Gekrösdrüsen führen, kann doch wahrlich für die Tuberkulose nicht characteristisch sein. Im Gegentheil haben die Tuberkeln des Menschen — und diese musste ich hier als Musterbilder aufrecht erhalten, da die meisten Thierärzte heutzutage noch nicht zu wissen scheinen, was Tuberkeln sind, —eine sehr untergeordnete Neigung, sich auf den Lymphbahnen fortzupflanzen, und werden in dieser Beziehung meist von den scrophulösen Vorgängen, aber ganzbeson-
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ders vom Krebs und von den Rotzneubildungen überflügelt. Zwar versichert Gerlach, dass man bei reiner Lungentuberkulose der Rinder an den serösen Häuten truubenförmige Neubildungen fände. Aber was soll dies beweisen? Einmal ist die gewöhnliche Tuberkulose der Lungen beim Rind keine miliare, sondern eineinfiltrirte, und dann beobachten wir derartige traubenförmige Neophyten sehr oft ohne Lungentuberkulose, bisweilen mit massiger Anhäufung von Fett als lipoina arboj'escens. Auch die Erblichkeit kann kein Kriterium abgeben, da diese nicht nur den Tuberkeln, sondern besonders allen generalisirten Afterbildungen, die eine excessive Ent-wiekelung von Zellen und Intercellularflüssigkeit innerhalb ihres Keimlagers besitzen, zukommt.
Dittrich legt der Afterbildung einen Entziindungsprocess zu Grunde. Sobald man alles Ontologisclie beim Begriff'der Entzündung fallen lässt, und darin nur einen Reizungsvorgang der Gewebe erblickt, wobei dieselben unter einer grössern Aufnahma von Material eine wuchernde Vermehrung ihrer histiologischen Elemente darbieten, so mag Dittrich Recht haben, wenn er behauptet, dass der Anfangspunkt der Neubildung eine Entzündung sei, aber gewiss wird dabei nur ein nutritives Exsudat gesetzt. Ist es einmal zum Auswachsen der Bindegewebssubstanzen der Pleura und des subpleuralen Gewebes gekommen, haben dieselben eine gewisse nutritive Selbstständigkeit erlangt, so schwindet jede Spur von Reizung, und wir haben ein wucherndes Gewebe an der serösen Haut vor uns, das sich gleich jeder andern Neubildunggenau so regenerirt und vermehrt, wie die intacten Theile der Matrix.
Die äussern Erscheinungen sind oft bei massenhafter Anwesenheit dieser Neubildungen auf den serösen Häuten der Rinder gleichNull. Dies gilt besonders für diefesterenFormen der Neubildung, für die Desmoide. Haben die Neoplasmen mehr den Charakter der Sarkome, so leidet die Ernährung Noth, es tritt Abmagerung, Entkräftimg und Zehrfieber ein. Husten, Athemnoth und frequentes Athmen deuten auf die Anwesenheit solcher Bildungen als Ursache der Cachexie hin.
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Ansammlung von Fettgewebe kommt beim Menschen oft in prolabirenden Massen von der Costalpleura ausgehend vor. Die Lungenpleura wächst bisweilen am Rande der Lungenbasis zu einem netzartigen, kerbigen Saume, oder zu einer dendritischen, fettartigen Vegetation aus (Upoma arbo?'escem). Solche Fettgeschwülste sind bei Pferden und Rindern selten an der Pleura, wohl aber kommt bei Pferden subpleural, besonders am zungenförmigen Ende der Lunge, eine Fettwucherung vor, die im interstitiellen Bindegewebe in das Lungenparenchym eindringt, und zur Compression der
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Lungenalveolen führt. Ich habe dies bei Pferden dreimal angetroffen. Auf dem Durchschnitt sieht das luftleere Lungenparenchym genau so aus, als wäre es Sitz einer eitrigen Infiltration. Doch hebt diesen Irrthum schnell das Mikroskop, welches eine massenhafte Anhäufung von Fettzellen in dem interstitiellen Lungengewebe und in den Lungenalveolen selbst nachweist.
Knochenneubildungen beobachten wir beim Menschen besonders in der dicken, schwieligen Neubildung der Costaiwand. Das Vorkommen verknöchernder Bindegewebsneubildungen der Pleura beim Rinde wurde bei der Franzosenkrankheit hervorge-hoben, auch bei Pferden und Hunden trifft man solche an.
Der Tuberkel kommt beim Menschen namentlich auf den Pseudomembranen der Pleura bei der Lungentuberkulose vor. Wir finden hier die oberflächlichste Lamelle einer dickeren Pseudomem-bran von kleinen, graulichen Knötchen durchsetzt, die immer dichter zusammenrücken, bis jene in den Zustand versetzt erscheint, wo sie gleich den tiefern Schichten der letztgedachten Pseudomenibran sich dem freien Auge als ein Stratum confluirender Tuberkeln darstellt. Die Metamorphosen des Pleuratuberkels sind Zerfall, Vereiterung, Verjauchung, oder käsige Metamorphose und Verkreidung. Bisweilen ruft eine solche Pleuratuberkulose, indem sie theils nach der Lunge, theils nach aussen durchbricht, eine Lungenfistel hervor. DiePleu-ratuborkeln der Thiere treten ganz in gleicher Weise auf.
Der Krebs der Pleura wird beim Menschen nur selten primär als Faser- undMedullarkrebs in Form eines diffusen Infiltrats der Costalpleura beobachtet, und als Gallertkrebs in Form von gestieltaufsitzenden , zu einem namhaften Volumen heranwachsenden Geschwülsten auf der Lungenpleura beobachtet. Secundär kommt der Krebs in der Lungenpleura zunächst neben Lungenkrebs, ausserdem in ihr und in der Costalpleura neben Carcinom in andern Organen in wuchernder Menge, zumal im Gefolge der Ausrottung umfänglicher Carcinome in Form kleiner Wülste, oder flach, oder mit einem halsaufsitzenden Knoten als Medullarkrebs vor. Bei Thieren ist er als secundärer Pleurakrebs bei Hunden beobachtet.
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Ansammlung von Luft im Pleurasacke, Pneumothorax.
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Ansammlung von Luft im Pleurasacke, Pneumothorax.
Gewöhnlich ist es atmosphärische Luft, -welche von ausson durch eine Oeffhung in der Thoraxwand, oder von den Bronchialwegen und der Lunge her in den Pleurasack gelangt. Wenn wir absehen von dem durch penetrirende Brustwunden gesetzten Pneumothorax, da dessen Besprechung zum Ressort der Chirurgie gehört, so tritt der Pneumothorax unter nachstehenden Bedingungen auf:
Am Allerhäufigsten in Folge der Eröffnung peripherer tuberkulöser, aus dem Zerfalle tuberkulöser Infiltrationen der Lunge hervorgegangener Jaucheheerde. Gewöhnlich findet sich die kleine Perforation als ein spaltähnlicher Einriss eines gelben, weisslichen, die Pleura sammt einer Pseudomembran betreffenden Schorfes im obern Lungenlappen. Die Luft nimmt allein oder neben einem jauchigen Exsudate den ganzen Raum des Pleurasackes, oder einen durch vorläufig hergestellte innige Adhäsion umschriebenen Theil desselben ein. Im ersteren Falle ist die Erweiterung des Brustkastens sehr beträchtlich, die Intercostalräume sind dann vergrössert, hervorgedrängt, das Mediastinum mit dem Herzen nach der andern Seite hin verrückt, das Zwerchfell nach abwärts gedrängt, sodassdie Leber bis zum Kamm des Darmbeins herabgeschoben ist, die Lunge in ihrem permeablen, von tuberkulöser Infiltration freien Antheil comprimirt, so dass sie bei längerem Bestände des Pneumothorax einen flachen, handgrossen Kuchen darstellt, der in der Gegend der Lungen-vvurzel an Wirbelsäule und Hinterrippenwand angedrängt ist. Seltener beim Menschen, dafür um so häufiger bei Thieren, namentlich bei Pferden wird der Pneumothorax noch erzeugt:
Durch einen in die Lungenpleura greifenden, peripherischen Brandschorf;
durch oberflächlich gelegene, verjauchende Entzündungsheerde oder Infarcte;
durch Eröffnung eines Lungenabscesses nach der Pleurahöhle, und endlich, wiederum nur beim Menschen beobachtet:
beim Durchbruch eines Empyems nach der Lunge, bei Zer-reissung peripherer Lungenbläschen beim vesiculären Emphysem und in Folge von Zerreissen der Lungenpleura bei interlobulärem und subpleuralem Emphysem.
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442nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; V011 ^en Erkrankungen der Eespirationsorgane.
Die aussei-n Erscheinungen des Pneumothorax beim Menschen hangen sehr vonder Art und Weise der Entwickelung desselben ab. Entsteht er sehr rapid, so entwickelt sich unter stechenden Schmerzen in der betreffenden Thoraxhälfte der höchste Grad der Athemnoth. Der Kranke vermag nicht mehr zu liegen, von Todesangst gequält springt er aus dem Bett, und unmittelbar an diese Erscheinungen schliessen sich die des Oedems der andern Lunge an, denen der Kranke innerhalb 12—24 Stunden erliegt. So in einem Falle auf der medicinisehen Abtheilung des Professor Dr. Helm zu Wien (1853). Der Pneumothorax gesellte sich dort, zu einer sehr vorgeschrittenen Lungentuberkulose und tödtete , wenn ich nicht irre, den anderen Tag. Die Fälle von Pneumothorax, die ich solbstständig zu beobachten Gelegenheit fand, entwickelten sich nicht so rapid, sondern ganz allmälig. Zwar wurde über Schmerz in der leidenden Seite und Athemnoth geklagt, aber in zwei Fällen erreichten diese Beschwerden beiWeitem nicht die, welcliebeiaeutenPneumoniepnundPleuriten vorkommen. Den einen mit Pneumothorax Behafteten fand ich massig fiebernd im Bette liegend, und bei der Untersuchung fiel mir zunächst nur eine quot;anz enorme Dislocation des Herzens auf, welches mit seiner Spitze in der rechten Axillarlinie fühlbar pulsirte. Den andern an Pneumothorax Leidenden traf ich ambulant, derselbe klagte nur über Stechen beim Athemholen und Verdauungsbeschwerden. Hier führte mich ein enormer Tiefstand der Leber zur Entdeckung des Pneumothorax. Denn als ich die Leberdämpfung nach oben begrenzen wollte, bekam ich unmittelbar über dem Rande der rechten falschen Rippen einen metallischen Percussionsschall. Aus diesen beiden Fällen geht hervor, dass in manchen Fällen von Pneumothorax die physikalischen Zeichen geradezu die einzigen werthvollen für die Diagnose sind.
Hat sich der Pleurasack der entsprechenden Seite vollkommen mitLuft gefüllt, so tritt bei der Adspection eine ungewöhnliche, fassartige Erweiterung der kranken Thoraxhälfte hervor. Die Stellung der Rippen und des Brustbeines verhält sich so, wie im Momente der tiefsten Inspiration. Die Bewegung der Rippen ist vollkommen aufgehoben, die Zwischenrippenräume sind verstrichen, doch selten in dem Grade, wie bei grossen Exsudaten, was mit physikalischer Nothwendigkeit aus der gleichen atmosphärischen Druck-grösse folgt, unter der die äussere und innere Fläche der Thoraxwand steht. Schon bei der Besichtigung nimmt man die Dislocation des Herzens wahr, denn auch bei rechtseitigem Pneumothorax ist das Herz verschoben , und die Erschütterung der Brustwand durch den Herzstoss wird jenseits der Parasternallinje wahrgenommen. Die Dislocation der Leber und des Herzens wird nun durch die Palpation noch sicherer festgestellt. Die Percussion ergiebt nun
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Ansammlung von Luft im Pleurasacke, Pneumothorax.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 443
nicht in allen Fällen einen metallischen Klang. Bisweilen ist er ganz exquisit, und gleicht vollkommen dem Tone, welcher entsteht , wenn man eine dünne Metallplatte percutirt. In dem Helm 'sehen Falle war er ganz exquisit zugegen. In dem einen meiner beiden Fälle trat er erst den 3. Tag deutlich hervor, was darauf hinzuweisen scheint, dass eine gewisse Spannung der Luft in dem Pleuraraum zu seiner Entstehung nothwendig ist. Die Auscultation ergiebt ein Consoniren aller im Kehlkopf und der Trachea gebildeten Töne und Geräusche im pneumothoracischen Raum mit metallischem Nachhall. Stimmgeräusche, Trachealathmcn, Tracheal-und Bronehialrasseln werden bei der Auscultation des Pneumothorax im ganzen Umfange der Brusthälfte mit metallischem Nachhalle wahrgenommen. Eine Veränderung der physikalischen Resultate tritt dadurch ein, dass sich der Pneumothorax in einen Pneumopyo-thorax und endlich in einen Pyothorax verwandelt, indem die ausgetretene Luft als Irritament auf die Pleura einwirkt, und einen Erguss in dem Lufträume veranlasst, der allmälig wachsend endlich alle Luft verdrängt. In dem einen Falle von Pneumothorax währte es sieben Monate, ehe dies erreicht war. Auffällig war auch hier das Plätschern bei der Bewegung des Kranken und die Lagenveränderung der Flüssigkeit beim Liegen , Stehen , Vor- und Rückwärtsbeugen des Kranken. Wie in einem verschlossenen Gefäss, welches nicht vollständig mit quot;Wasser gefüllt ist, die Wasseroberfläche trotz aller Bewegungen des Gefässes stets eine horizontale bleibt, so ist es auch mit der Oberfläche des Exsudats beim Pneumopyo-thorax.
Entwickelt sich ein Pneumothorax in Folge eines vereiternden peripheren Entzündungsheerdes ohne Concurrenz von Tuberkulose, so kann durch die Umwandlung des Pneumothorax in einen Pyothorax eine spontane Heilung eingeleitet werden. Ist alle Luft durch das allmälig wachsende Empyem verdrängt, und öffnet sich der Pyothorax nach aussen, so vermag, wenn noch keine atrophischen Vorgänge in der Lunge eingeleitet sind, die Lunge sich wieder auszudehnen, und so kann unter Verwachsung beider Pleurablätter allmälig eine, wenn auch nicht vollkommene Wiodergenesung eintreten. In keinem der von mir beobachteten vier Fälle von Pneumothorax war dies der Fall. Im ersten Falle, wo sich innerhalb sieben Monate ein sehr bedeutender Pyothorax entwickelt hatte, wurde die Paracenthese gemacht, 10 Kannen eines dünnen Eiters entleert, die Operation nach 8 Wochen wiederholt, und von da an befand sich der Patient 5 Jahre complet wohl, so dass derselbe sogar unbehindert ein bergiges Jagdterrain begehen konnte. Sechs Jahre später recrudes-cirte aber der Pyothorax, er wurde in Abständen von 10—12 Wochen noch dreimal von mir abgezapft, aber unter Abnahme der
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444nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Erkrankungen der Respirationsorgane.
Kräfte und den Erscheinungen eines hektischen Fiebers entwickelte sich eine infiltrirte Tuberkulose der rechten Lunge, die zu einer copiosen Pneumorrhagie führte, welche den Kranken in wenig Minuten tödtete. Der zweite Fall von (rechtseitigem) Pneumothorax erlag der fortschreitenden Tuberkulose in der linken Lunge nach 3/j Jahren. Der dritte Fall betraf einen seit Jahren schwindsüchtigen, 70jährigen Nachtwächter. DerPneumothorax tödtete nach 12tägigera Bestehen unter grossem Collaps im Gefässsystem, Eiskälte der Extremitäten , fadenförmigem Puls, Cyanose des Gesichts, ohne Con-currenz eines Pyothorax. Der vierte Fall war ein durch Lungenrupturen erzeugter, sich allmälig entwickelnder, beiderseitiger Pneumothorax eines kräftigen, 40jährigen Mannes, welcher in das Getriebe einer Dampfmaschine gekommen war, und ausser jenen Lungenrupturen sich noch Rippenbrüche und ein Abreissen des linken Oberarmes zuzog. Der Tod erfolgte hier nach 12 Stunden. Sehr ausgedehntes Hautemphysem war gleichzeitig vorhanden.
Die Erscheinungen des Pneumothorax bei Thieren sind denen des Menschen ganz conform. Der Umstand aber, class sich vorzüglich zu Lungenbrand und Lungenverjauchung der Pneumothorax gesellt, ist bei Thieren die Ursache, dass sie diesem Zustande rasch unter bedeutender Athemnoth erliegen.
Ansammlung von Wasser im Pleurasacke, Hydrothorax.
Der Hydrothorax stellt eine Wassersucht der Pleurahöhle dar, und entsteht unter denselben Bedingungen, unter welchen auch anderwärts hydropische Ergüsse zu Stande kommen, nämlich in Folge einer übermässigen Füllung der Venen oder bei einer hydrämisohen Blutbeschaff'enheit, wo in Folge einer allzugrossen Verdünnung des Blutes eine Transsudation zu Stande kommt. Daraus folgt, dass wir den Hydrothorax als begleitende Erscheinung einer Summe von Veränderungen der Lunge und des Herzens antreffen müssen , welche eine mangelhafte Entleerung des rechten Herzens und in Folge dessen eine Ueberfüllung der Körpervenen, in specie der Bronchial- und Intercostalvenen nach sich ziehen. Ausserdem werden alle langwierigen Krankheiten, sowie jedes chronische Siechthum, die in letzter Instanz zu Blutwässrigkeiton führen, die Anwartschaft in sich ein-schliessen, von Hydrothorax complicirt zu werden; und es hiesse in der That die Nomenclatur chronischer Krankheiten unnöthig vorführen, wollte man alle die Zustände nennen, bei denen man Hydrothorax antraf. Zu erwähnen ist, dass ein-massiger Hydrothorax oft das tödtende Lungenödem unter Umständen begleitet, welche es sehr wahrscheinlich machen, dass derselbe sich erst in agone bildete.
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Vom Hydrothorax.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 445
Es muss hier angenommen werden, dass die erlahmende Herzthätig-koit im Sterbeact eine unvollständige Entleerung der Herzräume bedingt, woraus die den Hydrothorax hervorrufende Venenstase hervorgeht.
Insbesondere ist hier der Hydrothorax als Theilerseheinung einer allgemeinen Hohlen- und Unterhautwassersucht hervorzuheben, die namentlich durch Bright'sche Nierenerkrankung und durch chronische Milzleiden erzeugt werden.
Der Sectionsbefund crgiebt die Anhäufung einer grössern oder geringern Menge Serums in denPleurasäcken. Faserstoffanhäufungen fehlen in der Regel, und nur in den Fällen, wo der Hydrothorax das Product einer hochgradigen Venenstase ist, tritt Faserstoff in dem ergossenen Transsudatè in geringen Quantitäten auf. Immer aber ist der Erguss reich an Eiweiss, was sich durch Zusatz von Salpetersäure und durch Kochen leicht nachweisen lässt. Niemals tritt das Transsudat in solchen Massen auf, dass bedeutendere Dislocation der Eingeweide, wie des Herzens und der Leber vorkämen. Doch sind die unteren Lappen und die hinteren Partieen der Lunge meist comprimirt.
DieErscheinungen des Zustandes bestehen in Dispnoë, welche sich zu jenen Symptomen gesellt, die der Grundkrankheit angehören. Diese Schwcrathmigkeit hat die Eigenthümlichkeit, dass sie sich im Sitzen vermindert, im Liegen vermehrt, was damit zusammenhängt, dass das Transsudat beim Hydrothorax ein freies ist, und sich mit der Lage des Körpers verändert. Beim Liegen werden noch lufthaltige Partieen der Lunge vom Transsudat behelligt und com primirt, während beim Sitzen das Transsudat nur die abhängigste Partie der Lunge comprimirt enthält, und so die oberen Lungentheile ungehindert zu athmen vermögen. Erschwert wird die Erkenntniss des Hydrothorax, wenn er sich zu Krankheiten gesellte, diean undfür sich Kurzathmig-keit nach sich ziehen. Erleichtert ist seine Erkenntniss, wenn er zum allgemeinen Hydrops tritt, der sich ohne Concurrenz von Lungen-und Herzkrankheiten entwickelte. Der Erguss ist meist beiderseitig. Die Zeichen der physikalischen Exploration sind dieselben, wie sie bei der Pleuritis angegeben wurden, nur dass das Exsudat hier seine Lage verändert.
Bei T hie ren wird der Hydrothorax ganz unter denselben Verhältnissen angetroffen, wie beim Menschen, bald in Folge von Lungen-und Herzkrankheiten bald in Folge allgemeiner Wassersucht, bei Schafen namentlich bei der sogenannten Fäule. Das ergossene Serum ist ebenfalls klar, wasserhell oder gelblich grün gefärbt, frei von Faserstoff. Die Athmungsbeschwerden sind bedeutend massiger, als wie bei Brustfellentzündung.
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Ansammlung von Blut im Pleurasacke, Hämothorax,
tritt entweder in Folge von eindringenden Brustwunden auf, oder er wurde durch Gefässrupturen erzeugt, welche jene Gefasschen erfuhren, welche von der Pleura aus in die Afterhäute hineinwuchsen. Dann wird er hervorgerufen durch ulceröse Zerstörungen der Ge-fdsse der Brustwand, aber am Allerhäufigsten durch Berstung eines Aortenaneurysma's. Liegt keine penetrirende Brustwunde vor, so ist der Hämothorax begreiflicherweise während des Lebens nicht zu diagnosticiren, und der Bluterguss in der Pleurahöhle wird zufallig in der Leiche angetroffen. In der Regel ist der Bluterguss nicht rein, sondern mit Exsudaten vermischt. Wurde er durch Berstung eines Aortenaneurysma's erzeugt, so können die äussern Erscheinungen einer Innern Verblutung, wenn das Aortenaneurysma diagnosticirt war, namentlich wenn es die aufsteigende Aorta betraf, und zum Schwund der Rippen führte, die Diagnose eines Hämothorax während des Lebens ermöglichen.
Von Parasiten
werden bei Thieren in der Pleurahöhle der warzige Fadenwurm (filaria papillosa) beim Pferde und der vielgestaltige Hülsenwurm (echinococcus polymoj'phus) beim Rinde angetroffen. Der letztere hat seinen Sitz im subpleuralen Bindegewebe und stellt häufig eine hühnerei- bis faustgrosse Geschwulst dar, welche die Lungenoberfläche überragt.
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Von den Erkrankungen des Herzens und der Gefässe.
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Erkrankungen des Herzens. Anatomische Störungen.
Hypertrophie und Atrophie des Herzens.
Da alles absolute Messen Schwierigkeiten hat, so sind die Resultate jener Messungen , welche Bizot, Vernois, Ranking, Peacock angestellt haben, von hoher Wichtigkeit zur Feststellung der Grössenabweichungen am Herzen, doch genügt zum Behufe einer ohngefähren Abschätzung jenes Maass, dem zu Folge das normale Herz des Menschen ein Volumen haben soll, welches der Faust des Individuums ohngefähr gleich komme.
Das Herz nimmt an Volumen beim Menschen von der Geburt an bis zum höchsten Alter fortwährend (am Stärksten bis zum 29. Jahre) zu, was besonders in der fortwährenden Erweiterung der Ostien und in der Dickenzunahme der Wandungen der Ventrikel begründet ist. Die Verdiokung der Wände der linken Kammer ist am Deutlichsten, jene der rechten weniger deutlich, ja kaum merklich. Die Erweiterung der venösen Ostien ist ziemlich gleichförmig, die der arteriellen ebenso, bis ins mittlere Alter, im höhern Alter erweitert sich die Mündung der Aorta schneller , als jene der Lungenarterie , so dass diese sogar enger ist, als die der Aorta. Die Dickenmaasse der Vorhofswände betragen links ll/2 Par. Linien, rechts I P. L. Die Dicke des linken Ventrikels beträgt 4,/2 Lin. an der Basis, in der Mitte 5 Lin., in der Nähe der Spitze S1^'quot;; die Wände des rechten Ventrikels an der Basis 2'quot;, in der Mitte V/3quot;', in der Nähe der Spitze 1'quot;. Das Gewicht des normalen Herzens dürfte bei Männern auf 10 Unzen, bei Weibern auf 8 Unzen anzuschlagen sein.
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Von diesen Volumens- und Gewichtsverhältnissen kommen nun die mannigfachsten Abweichungen vor. Jedoch nicht jede regelwidrige Grosse lässt nothwendig auf eine Massenzunahme der Herzsubstanz schliessen, da eine Vergrösserung der Herzräume auch ohne jene Vermehrung der Muskelsubstanz angetroffen wurde. Doch in den meisten Fällen ist eine
Hypertrophie des Herzens
bei der Grössenzunahme desselben zugegen.
Diese Hypertrophie ist bald total, bald partial, und zeigt die verschiedensten Grade. Die totale Hypertrophie ist in den meisten Füllen in der Art ungleichförmig, dass sie in einem Herzabschnitte, meist dem linken, augenscheinlich überwiegt. Die partielle Hypertrophie ist zunächst auf einen bestimmten Abschnitt des Herzens, die Wände einer Herzhöhle beschränkt. Hierselbst beschränkt sie sich sehr gewöhnlich auf die eigentliche Fleischwand eines Ventrikels, indem diese in verschiedenen Graden verdickt ist, während die Pa-pillarmnskeln und die Fleisohbalken normal geblieben, ja bei gleichzeitiger Erweiterung der betroffenen Herzhöhle sogar augenfällig schlanker und zarter geworden sind. Oder sie betriff't vorzugsweise die Papillarmuskeln und die Fleischbalken, während die eigentliche Fleischwand nur massig an Dicke zugenommen hat. Ersteres findet gewöhnlich am linken, Letzteres, nämlich überwiegende Massenzunahme der Trabekeln am rechten Herzventrikel statt.
Die Hypertrophie der Fleischwand eines Ventrikels ist entweder allenthalben gleichförmig, oder sie ist an dessen Basis, am mittleren Theilo oder am Septum vorwiegend. Die Hypertrophie der Vorkammern ist besonders an den Herzohren auffällig. Das Gewicht eines hypertrophischen Herzens kann beim Mensehen bis zu 1 — 2 Pfund und darüber heransteigen. Nicht unwichtig ist die Eintheilnng der Herzhypertrophieen in
einfache Hypertrophie, wobei die Capacität des hypertrophirten
Herzabschnitts normal bleibt, aber der Umfang des Herzens
sich vermehrt; excentrische Hypertrophie, bei welcher nicht nur der Umfang des
Herzens, sondern auch die Herzhöhlen erweitert sind, und
in eine concentrische Hypertrophie, wobei der Umfang des Herzens
normal, selbst vermindert ist, aber die Herzhöhlen in Folge
der Zunahme der Herzmuskulatur eine bedeutende Verengerung erfuhren.
Die Erweiterung der Höhlen trägt mehr als die Massenzunahme des Herzmuskels zu seiner Vergrösserung bei. Sie betrifft, wie die
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Hypertrophie des Herzens.
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Hypertrophie entweder sämmtlicheHerzhöhlen als totale, odernur die eine oder die andere als partielle Dilatation des Herzens. Sie besteht bald mit Hypertrophie der Herzwandungen als sogenannte active Erweiterung, bald ohne eine sichtliche Massenzunahme des Herzmuskels bei normaler Dicke der Herzwandungen als einfache Erweiterung, ein Zustand, der, insofern die normale Beschaffenheit der Herzwandungen bei Erweiterung der Herzhöhlen nothwendig eine Hypertrophie voraussetzt, streng genommen nur ein niederer Grad der activen Erweiterung ist, denn findet in der That nur eine Erweiterung der Herzhöhlen ohne Massenzunahme ihrer Wandungen statt, so mnss eine Verdünnung der Wände eintreten, welche sich mit Schlaffheit der Herzwandungen paart, die eig entli eh eEr wei t e ru ng, Dilatation, passive Erweiterung.
Die einfache Hypertrophie ist im Allgemeinen beim Menschen selten. Sie betrifft die Ventrikel, den linken öfterer, als den rechten. Auf jeden Fall besteht sie nur für eine gewisse Zeit von unbestimmter Dauer, indem sie allmäligin die excentrische Hypertrophie übergeht.
Die concentrische Hypertrophie kommt als Massenzunahme der Fleischwand sowohl, als auch der Papillfirmuskeln und Trabekeln, in Folge deren die Herzhöhle enger wird, an beiden Ventrikeln, besonders am linken, vor. Man hüte sich jedoch, ein in äusserster Contraction verharrendes Herz, bei dem die äusserste Systole der Kammerwandungen das Leben überdauerte, für concentrisch hypertrophisch zu halten.
Die excentrische Hypertrophie ist die häufigste Form. Sie betrifft die Ventrikel sowohl, als auch die Atrien, und zwar vorzüglich das linke Herz. Die activen Erweiterungen sind es, die ursprünglich im linken Herzen entstanden, und zwar namentlich vom Aortenventrikel ausgehend, sich über das ganze Herz ausbreiten. Unter solchen Umständen erreicht die Vergrösserung des Herzens die höchsten Grade, welche man als cot- bovi7Uim aufführte. Am rechten Ventrikel ist die Erweiterung in der Weise vorzugsweise am conus arteriosm auffallig, während der Raum des eigentlichen Ventrikels gewöhnlich durch das vom Aortenventrikel eingeengte Septum beengt ist. An den Vorhöfen sind es bisweilen vorzugsweise die Aurikeln, welche hier neben Verdickungen und Rigescenz ihrer Wandungen eine Verdickung erleiden.
Die passive Erweiterung kommt in geringern Graden nicht selten, namentlich an den Atrien, zumal dem Hohlvenensacke vor. Am Aortenventrikel ist die Verdünnung der Herzwand zunächst an dessen Spitze ersichtlich. Höhere Grade entwickeln sich gewöhnlich zur activen Dilatation, namentlich bei längerem Bestände, deshalb ist bei der Seltenheit der concentrischen Hypertrophie und bei dem kurzen Be-
Glcisbcrg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 29
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Stande und der schwierigen Constatirung der einfachen Hypertrophie die excentrische Hypertrophie des Herzens, die sogenannte active Erweiterung der Herzhohlen, diejenige , welche fast ausschliesslich in klinischer Beziehung unser Interesse beansprucht, von der hier nun absonderlich gehandelt werden soll.
Bei der excentrischen Hypertrophie findet gewöhnlich auch eine entsprechende Erweiterung der Ostien des Herzens statt. Merkwürdigerweise bleiben die Klappen hierbei zu Folge einer meist mit augenscheinlicher Verdünnung einhergehenden Vergrösserung derselben und einer Verlängerung der Papillarsehnen sehr gewöhnlich sufficient. Bei diesem Zustande ist Gestalt und Lage des Herzens, Farbe, Consistenz und Textur des Herzfleisches bald mehr, bald weniger auffällig normal. Die Abweichungen der Gestalt beziehen sich sowohl auf die äussere Form, als auch auf die innere. Bei der excentrischen Hypertrophie des linken Ventrikels bekommt das Herz eine rundliche, kcilfürrnigo, bauchige, bei gleichförmiger Ausbreitung über den ganzen Ventrikel eine walzenförmige Gestalt. Die Miss-staltung der Höhle des Aortenventrikels besteht bei dessen Erweiterung besonders darin, dass das Septum nach dem rechten Ventrikel hin gedrängt wird. Dadurch wird der Raum des letzteren so verengt, dass er einem blossen Anhange gleicht, der nach unten vom linken Ventrikel überragt wird, während sich dafür sein conus arteriosus erweitert. Die Erweiterungen des rechten Herzens bedingen ein Breiterwerden des Herzens zunächst in seiner Basis, und von hier nach abwärts der Spitze zu. Bei gleichzeitiger Erweiterung des linken Ventrikels erlangt das Herz die Form eines Dreiecks mit abgerundeten Winkeln, oder eines scheibenförmigen Kuchens. Die Lage des Herzens ist um so mehr eine normwidrige, je voluminöser und schwerer dasselbe geworden ist. Bei massiger Vergrösserung neigt sich das Herz mehr oder weniger nach dem linken Thorax hin. Sehr vergrösserte Herzen lagern dagegen beinahe quer mit ihrer Basis nach rechts, mit ihrer Spitze nach links hin, indem sie sich mit der rechten Hälfte an die vordere Brnstwand anlehnen, und beide Thoraxräume, zumal im Bereich der untern Lungenlappen, beengen. Auf dem Zwerchfell liegen sie mit einer grossen, platten Fläche auf, und drängen dasselbe in das Epigastrium hinab.
Die Farbe des Fleisches hypertrophirter Herzen ist dunkel, braunroth, ja bei den entwickeitern Hypertrophieen des rechten Ventrikels in ausgezeichnetem Grade vermehrt. Seine Wände collabiren nicht nach dem Aufschneiden, bieten vielmehr eine brettähnliche Resistenz und Härte dar. Der Durchschnitt hat ein speckiges Ansehen. Ein ähnliches Verhalten zeigen die im hohem Grade hyper-trophirten Vorhöfe bei activen Erweiterungen. In andern, nicht
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Hyjjertrojjhio des Herzens.
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seltenen Fällen ist das Herzfleisch schmutzig braun, durch Ablagerung von Pigment in die Muskelfasern. Sehr oft finden sich fahle, schmutzig gelbe, bräunliche Heerde von verschiedener Ausbreitung, zumal in der Wand des linken Ventrikels vor, wodurch das Herzfleisch morsch, leicht zerreiblich und die Muskelfaser in Fettmetamorphose begriffen angetroffen wird. Ausserdem findet man in der Herzmuskulatur hypertrophischer Herzen Entzündnngsheerde und deren Residuen. Bisweilen auch weisse, in die Fleisehsubstanz ein-gesehaltene Schwielen in verschiedener Menge, dabei auch Reste von pericarditischen Exsudaten und einer Encarditis. Die mikroskopische Untersuchung erweist namentlich eine Vergrösserung der Muskelfasern im hypertrophischen Herz.
Die Ursachen der excentrischen Hypertrophie sindin überwiegenden Fällen mechanische Hemmnisse des Blutstromes, und diese ruhen wieder in der grössten Zahl der Fälle in den Ostien des Herzens. Hier werden sie durch Erkrankung der arteriellen und venösen Klappen vermittelt, welche dieselben durch die encarditis deformans erleiden. Durch Verbildüngen der Klappen werden dieselben entweder nur insufficient, indem durch Retraction der entarteten Klappe dieselbe in ihren Thoilen zu kurz wird und nun das Ostium nicht mehr vollkommen zu schliessen vermag, oder die Verbildung der Klappe erreichte jenen Grad, dass sie in Form eines wulstigen Ringes das Ostium verengerte (Stenose). Diese Klappenerkrankungen sind in der linken Hälfte des Herzens ungleich häufiger als in der rechten, daher auch das linke Herz häufiger als das rechte hyper-trophirt. Je nach dem Sitze der Klappenkrankheit erkrankt zunächst der Ventrikel oder der Vorhof, bei erkrankter arteriöser und venöser Klappe beide zugleich. Vom Ventrikel aus breitet sich die Erkrankung auf den Vorhof und vom Vorhofe, in Folge der behinderten Entleerung der linkseitigen Herzhöhlen und der dadurch gesetzten Hemmung des capillaren Kreislaufs, durch die Lungen auf den rechten Ventrikel und dann auf den Hohlvenensack aus.
Mitunter liegen die mechanischen Hindernisse des Blutstromes in den Arterienstämmen. Je näher sie den Herzen liegen, um so mehr sind sie im Stande, Herzhypertrophieen hervorzubringen. Dies kann auf einer angebornen Insufficienz des Calibers aller Arterienstämme beruhen, oder eine Verengerung der Arterienstämme und ihrer Hauptäste geschah durch Compression und Zerrung. Oder endlich eine Erweiterung der Arterienstämme setzte ein Kreislaufshemmniss, dies gilt besonders von den sackartigen Aneurysmen der Aorta. Hierher muss man auch die Persistenz des duetus arteriosus Botalli vmü das aneurysma varicosum zählen, wobei die directen Strömungen der Aorta nach der Lungenarterie und dem Hohlvenensack eine active Erweiterung des rechten Herzens veranlassen.
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Am Allerhäufigsten sehen wir durch Kreislaufshemmungen in den Lungencapillaren excentrische Hypertrophieen des rechten Ventrikels und des Hohlvenensacks vermittelt, welche ursprünglich zwar nur einfache Erweiterungen darstellen, aber alsbald in excentrische Hypertrophieen übergehen, die in einem von mir beobachteten Falle so bedeutend war, dass man den rechten Ventrikel für den linken hielt, der kaum halb so starke Wandungen hatte ; die Controle durch die Herzspitze löste den Irrthum alsbald. Bei bedeutenden Stauungen im rechten Herzen, besonders bei tuberkulösen Lungen wird das septum atriosum innerhalb der fossa ovalis sackartig nach dem Lungenvenensack hin ausgebuchtet. — Die Ursachen dieser Kreislaufsstörung lassen sich im Allgemeinen auf Dichtigkeitszunahme der Lungen , auf Verödung der Lungentextur und ihrer Haargefässe, sowie auf behinderte Entleerung der Lungen venen nach dem linken Herzventrikel zurückführen. Die Dichtigkeitszunahme wird gesetzt durch Rückgratsverkrümmungen und Thoraxmiss-staltungen , durch pleuritische Exsudate, Pseudomembranen, durch Verödung der Lungentextur in Folge von Lungeninduration, Ob-duration der Bronchialerweiterungen.
Die Entwickelung des Herzens wird um so beträchtlicher sein, je grosser der verödete Abschnitt derLunge ist, je mehr an Capillarität verloren ging, und um dessvvillen ist der Grad der excentrischen Hypertrophie der beste Maassstab für die Ausdehnung jener anatomischen Störungen der Lungen, deren Ausdehnung sich im Beginn ihrer Entwickelung nicht durch Plessimetrie und Auscultation nachweisen lässt. Darum ist auch bei Mangel von Klappenkranklieiten die excentrische Hypertrophie des rechten Herzens eines der frühe-sten und sichersten Zeichen der Lungentuberkulose.
Aber auch die Rarefaction des Lungengewebes muss zur excentrischen Hypertrophie des rechten Herzens führen, da hierbei eine Summe von Capillaren zu Grunde geht, wodurch das Stromgebiet der pulmonalis wesentlich beengt wird.
Texturerkrankungen des Herzens erzeugen gleichfalls Hypertrophieen des Organs. Ganz vorzüglich verschulden dies Entzündungen des Herzbeutels, des Herzfleisches und ihre Folgezustände. Die Entzündungen veranlassen an und für sich durch Lähmung des Herzfleisches Erweiterungen, ihre Folgezustände erhalten diese, bedingen deren weitere Zunahme auf mechanische Weise und veranlassen, dass sich denselben oft Hypertrophie beigesellt. In dieser Beziehung ausgezeichnet sind die Erweiterungen in Folge von intensiver Pericarditis und lange bestehenden massenhaften, eitrigen oder hämorrhagischen Ergüssen im Herzbeutel. Sie bedingen Paralyse des Herzfleisches und passive Erweiterung des Herzens mit Entfärbung und Zerfall der Muskelfaser, welche durch die folgende
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Hypertrophie des Herzens.
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Einkapselung des Herzens in eine dicke und dichte, widerstandsfähige Pseudomembran (das ist Verwachsung mit dem Herzbeutel) unterhalten wird. Sie betrifft gewöhnlieh das gesammte Herz.
Wucherung des Fettgewebes mit Substitution (das ist Verdrängung der Muskelfaser) und die Fettmetamorphose des Herzfleisches bedingen passive Erweiterungen.
Endlich kommen Fülle vor, wo sich für die Herzkrankheit keines der aufgeführten ursächlichen Momente anführen lässt, man pflegt sie von übermässiger Innervation des Herzens und von plethorischen Zuständen abzuleiten. In ersterer Beziehung sind jene Herzhyper-trophieen zu erwähnen, die sich zu anhaltenden Gemüthsalteralionen gesellen. Aber auch auf dem Wege der Irradiation ist es möglich, dass der Herzmuskel übermässig innervirt werde, z. B. bei Schmieden, Handarbeitern, bei Tragen schwerer Lasten, besonders wenn dieselben Berge hinauf geschafft werden müssen ; daher mag es kommen, dass Herzhypertrophieen in allen Gegenden heimisch sind, die gebirgige Weinculturen besitzen. Doch darf auch hierbei nicht vergessen werden, dass in diesen Gegenden die meisten Bewohner habituelle AVeintrinker sind. Denn die alkoholischen Getränke erzeugen bei übermässigem Genuss sehr häufig Herzhypertrophieen auf dem Wege übermässiger Innervation. Ganz dasselbe gilt von dem übermässigen Genuss von Kaffee, Thee, doch nicht in demselben Maasse als von dem abusus spirituosorum.
Die Symptome der Herzhypertrophieen beziehen sich theils auf das vergrösserte Organ selbst, theils auf die durch dieses gesetzten Kreislaufsstörungen und deren weitere Consequenzen. Begreiflicherweise worden die Symptome verschieden sein, je nachdem wir eine excentrische Hypertrophie des linken oder des rechten Ventrikels vor uns haben.
Bei der excentrischen Hypertrophie des linken Ventrikels wird bisweilen über Gefühl von Druck, Schmerz und Schwere in der Herzgegend geklagt. Bei der Adspection bemerkt man eine ausgedehnte Erschütterung der linken Brustwand, welche bei Hypertrophieen höheren Grades sich sogar über den rechten Sternalrand hinaus auf die rechte Brustwand erstrecken kann. Auffällig ist hierbei eine wogende Bewegung der Herzwand. Die Palpation erweist eine bedeutende Verbreiterung des fühlbaren Herzchocs und die Percussion eine Vergrösserung der Herzdämpfung, namentlich in derLängs-axe, oft von der dritten bis zur siebenten Rippe, aber constant eine Ausdehnung der Herzdämpfung über die Parasternallinie hinaus. Sind keine Klappenerkrankungen zugegen, sind diese vielmehr schlussfähig, die Ostien nicht verengert, so hört man dieArterien- wie linken Herzkammertöne zwar sehr laut, aber dennoch rein. Diesist jedoch in den seltneren Fällen der Fall, meist vernimmt man Aftergeräusche am Thorax,
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welche durch Insufficienzen und Stenosen erzeugt werden. Ist eine Insufficienz derMitralis vorhanden, so ist ein Aftergeräusch statt des ersten linken Kammertones wahrnehmbar, während derzweite Kammerton, der ein fortgepflanzter zweiter Arterienton ist, ganz rein sein kann. Bei längerem Bestände der Insufficienz entwickelt sich consecutiv excentrische Hypertrophie des rechten Ventrikels. Häufiger alsMitral-insufficienzen erzeugen Insufficienzen und Stenosen der valvulae semilunares linkseitige Hypertrophieen. Dann begegnen wir bei der Insufficienz einem Aftergeräusche statt des zweiten Arterientones. Ist gleichzeitig Stenose vorhanden, so sind beide Arterientöne durch Aftergeräusche substituirt. Bei höherem Grade der Stenose entwickeln sich die bedeutendsten Hypertrophieen des linken Ventrikels, und die obere Partie der Brustwand ist unausgesetzt in kleineren Schwingungsexcursionen begriffen, welche bei der Palpation das frémissement cataire erkennen lassen.
Die durch die Hypertrophie des linken Ventrikels erzeugten con-secutiven Affectionen beziehen sich zunächst auf die Füllung der Arterien. So lange die Hypertrophie der Ventrikelwand nur so massig ist, dass deren verstärkte Contractionen gerade ausreichen, das durch den Klappenfehler gesetzte Kreislaufhemmniss zu c o m p e n-siren, müssen begreiflicherweise alle Kreislaufsstörungen mangeln. Bis dahin ist sogar die Hypertrophie heilsam. Doch sind einmal die hypertrophischen Vorgänge in dem Herzmuskel eingeleitet, so überschreiten sie alsbald jene heilsame Grenze und führen dann je nach dem Grade der Hypertrophie zur arteriellen Blutfülle. Bei bedeutenden Hypertrophieen wird der Puls immer voll, gespannt und gross sein, nur machen hiervon die von Stenosen begleiteten Hypertrophieen eine Ausnahme. Hierbei können extreme Anä-mieen der Peripherie zugegen sein. Mangelt die Stenose, so klopfen alle Arterien des Körpers stärker, selbst subjectiv fühlbar, und der erste Aortenton pflanzt sieh bis zur yediaea und radialis fort. Das Gesicht ist turgirt, und die Erscheinungen einer Congestion zum Kopfe treten sehr in den Vordergrund, als Flimmern vor den Augen, Ohrensausen, Kopfsehmerz , Schwindel, Nasenbluten. Tod durch Apoplexie ist hier nicht selten, besonders wenn die durch die Hypertrophie unterhaltenen gewaltigen Herzcontractionen plötzlich eine Steigerung erfuhren. Gehirnblutung fällt ungemein häufig mit ex-centrischer Hypertrophie des Aortenventrikels zusammen, gleichgültig, ob dieselbe mit Klappenfehlern complicirt war oder nicht. Erleichtert wird das Entstehen der Gehirnblutung durch eine Erkrankung der kleinern Gehirnarterien, die bei linksseitigen Hypertrophieen so oft atheromatös entartet angetroffen werden. Hypertrophieen des linken Herzens mit Insufficienzen der Tricuspidalis ziehen nach einigem Bestehen und schon bei massigem Grade Atiiem-
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Hypertrophie des Herzens.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 455
beschwerden, die sich ganz besonders bei der Bewegung des Individuums verschlimmern, chronische Catarrhe, Bluthusten, Bronchialblutungen, die Zeichen hämoptoischer Infarcte und endlich nachfolgende excentrische Hypertrophie des rechten Ventrikels nach sich. Alle diese Erscheinungen werden hier durch Stauung des Blutes in dem linken Atrium, den Lungenvenen und Lungencapil-lareu erzeugt, da bei jeder Herzcontraction ein theilweises Regnrgi-tiren des Blutes aus dem linken Ventrikel nach dem linken Atrium stattfindet. Diese chronische Blutstase der Lunge führt zu jener Hypertrophie des Lungenparenchyms, die wir als sogenannte braune. Induration bezeichnen. Diese Erscheinungen einer chronischen Blutstase des Lungenparenchyms erzeugen sich noch viel schneller, wenn eine Stenose des linken venösen Ostiums vorhanden ist. Dabei fehlt der erste Kammerton entweder gänzlich, oder er ist durch ein hauchendes Geräusch ersetzt. Statt des zweiten linken Kammertones wird ein schabendes Geräusch wahrgenommen. Es fehlen hierbei constant die physikalischen wie rationellen Symptome einer Hypertrophie des linken Herzens, dafür treten die Zeichen einer rechtseitigen excentrischen Herzhypertrophie um so bestimmter und deutlicher hervor.
Die Hypertrophie des rechten Herzens ruft gleichfalls eine bedeutende Erschütterung der Brustwand hervor. Die Herzdämpfung ist wesentlich verbreitert, und erstreckt sich selbst über den rechten Sternalrand hinaus. Die Herztöne der pulmonalis, welche am linken Sternalrand auscultirt werden , sind fast immer rein, dagegen sind die rechten Kammertöne sehr oft durch Aftergeräusche ersetzt. Bei Insufficienz der Trieuspidalis treffen wir ein Geräusch im ersten, bei der Stenose ein solches im zweiten Moment.
Die Kreislaufsatörungen , welche aus einer excentrischen Hypertrophie des rechten Herzens hervorgehen, beziehen sieh constant auf die Lungen, wenn die excentrische Hypertrophie des rechten Ventrikels wie in den meisten Fällen eine seeundäre ist, indem trotz des Kreislaufshindernisses das Herz sogar in verstärktem Maasse fortfährt zu agiren, wodurch eine stärkere Fluxion zur Lunge hervorgerufen wird. Riefen Verödungen des Lungenparenchyms eine Hypertrophie des rechten Herzens hervor, so müssen die permeabel gebliebenen Lungencapillaren unter den Einfluss einer collate r alen Fluxion gerathen. So lange bei einer solchen consecutiven Herzhypertrophie die dreizipflige Klappe schlussfähig ist, ist die Rück-Wirkung der Kreislaufsstörung von untergeordneter Bedeutung; sobald aber dieselbe unzulänglich wird, kann der Hohlvenensack sich nur mangelhaft entleeren, und nun entsteht ziemlich schnell eine Ueberfüllung der Venen und der Haargefässe des grossen Kreislaufs. Die Ueberfüllung und Erweiterung ist am Auffälligsten in den venösen
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Gpf'ässstänniien, den Hohladern und dem Pfortaderstamme. Von da an verbreitet sie sich auf deren Aeste und Zweige und so fort auf das Capillargefässsystem aus, in welchem sie der Cyanose, einer bei Herzkrankheiten so gewöhnlichen Erscheinung, zu Grunde liegt. Die weitern Consequenzen dieser allgemeinen Venenstase sind die Entwickelung chronischer Leber- und Milztumoren , Eiweissharnen, fettige üsur der Epithelien der B ellin'sehen Röhren, granuläre Entartung der Nierensubstanz und allgemeiner Höhlenhydrops. Auch in der Leber beschränkt sich der Process nicht blos auf eine Mus-katnussleber, sondern es kommt auch hier zu einer Bindegewebs-wucherung, zur Lebercirrhose , Gallenstauung und übermässigem Gallenpigmentgehalt der Leberzellen. Auch in der Milz ruft die chronische Stase eineUeberernährung des Gerüstes und Dichtigkeitszunahme desParenchyms hervor. Eigenthümlich ist es, dass bei chronischen Herzleiden oft amyloide Entartung der Leber, Milz, Nieren, überhaupt der Innern Eingeweide angetroffen werden. DerHydrops geht besonders bei Erkrankungen des rechten Herzens von einer von den untern Extremitäten sich entwickelnden Hautwassersucht aus, zu welcher sich allinälig seröse Ergüsse in den grössern Höhlen beigesellen. Von grossem Belange ist das Lungenödem , welches sich bald allmälig andern Hydropsieen beigesellt, bald dagegen als die erste hydropische Erscheinung rasch auftritt, und in dieser aeuten Form nicht selten schnell tödtet.
Diese hydropischen Erscheinungen sind bald Producte der venösen Stase , bald solche der Hydrämie, die bei chronischen Herzkrankheiten nie ausbleibt, und besonders durch chronische Catarrhe der Magen- und Darmschleimhaut, ebenfalls Producte der venösen Stagnation, erzeugt und unterhalten werden.
Eine seltene Form chronischer Herzkrankheiten ist eine Stenose des rechten venösen Ostiums, wobei nur der Hohlvenensack eine excentrische Hypertrophie erfährt, alle übrigen Herzräume normale Ausdehnung darbieten, selbst atrophisch und contrahirt angetroffen werden. In einem von mir beobachteten Falle entwickelte sich in der kürzesten Zeit ein so bedeutender hydrops ascites, welcher wiederholt die Paracenthese erforderte. Ansser Venenpuls waren nur schwache Aftergeräusche am rechten Ventrikel wahrnehmbar, sonst keine Spur der Herzhypertrophie. Der Tod erfolgte durch Erschöpfung in Folge der sich immer häufiger nöthig machenden paracenthesis abdominis.
Die Herzhypertrophieen bei Thieren
sind ungleich seltener als beim Menschen. Am Häufigsten wird noch die excentrische Hypertrophie des rechten Ventrikels angetroffenraquo; besonders bei Hunden, wo eine Behinderung des Blutlaufs in den
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Die Herzhypertrophieen bei Thieren.
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Lungen durch Emphysem, Infiltration, Compression, Bronchialerweiterung gesetzt war. Aber sie werden auch nicht minder durch Klappenfehler hervorgerufen. So beobachtete Haubner bei einem altern Jagdhund, welcher längere Zeit an Athmungsbeschwerden litt, welche sich allemal nach schnellerer Bewegung einstellten, aber endlich so heftig wurden, dass schon nach der geringsten Bewegung Erstickung einzutreten drohte, bei der Untersuchung: cyanotische Färbung der Schleimhäute, einen prellenden, beiderseits fühlbaren Herzschlag und ein langgezogenes systolisches Geräusch. Die Athembeschwerden schwanden nach ein Paar Minuten wieder. Bei der Section fand sich das oslium veiiosum dewtrum um das Doppelte erweitert und die tricuspidaUs zusammengeschrumpft, gewulstet, verdickt, von mattgelber Farbe und insufficient. Bedeutende Hypertrophie des rechten Ventrikels und der Vorkammer in Folge einer Insufficienz der dreizipfligen Klappe, wobei dieselbe so insufficient und durch Faserstoff'auflagerung derartig verändert war, dass man an der Stelle der Klappe nur drei Knoten von der Grosse einer Hasel-nuss wahrnahm, wurde von Leis e ring an dem Herzen eines Schweines wahrgenommen, welches l/i Jahr alt war.
Im linken Herzen eines Schweines, das während des Lebens an Athembeschwerden und cyanotischen Erscheinungen gelitten hatte, fand L e i s e r i n g eine derartige Veränderung der mützenförmigen Klappe, dass das ostiumvenoswnsinistrum fastganz verschlossen gewesen sein musste. Die verschliessende Masse hatte links die Grosse einer kloinen Wallnuss, die rechts sitzende war bedeutend grosser, und zerfiel in zwei gesonderte Abtheilungen. Jede Gruppe war warzenähnlich und von höckriger, unebener Beschaffenheit. Die Masse selbst war derb und fest und von weisslich röthlicher Farbe. Die linke Vorkammer war bedeutend erweitert. Aber bei Thieren kommen auch reine Hypertrophieen vor, ohne vorhergehende Klappen Veränderungen. Dies bewies ein Fall von Th Um ml er, welcher ein Pferd betraf, das wegen Erscheinungen des Schwindels getödtet wurde. Der Herzmuskel zeigte in diesem Falle eine solche Massenzunahme, dass dasselbe 24 Pfund wog. Die Kammern waren gleichmässig erweitert und verdickt. Das Encardium und seine Duplicaturen waren glänzend, abergrau, getrübt und letztere sufficient. Die Erscheinungen des Schwindels wurden hier durch fluxionäre Hyperämie zum Gehirn, die ein Product der Hypertrophie des linken Ventrikels war, erzeugt.
Die Atrophie des Herzens
ist bald eine angeborne, ursprüngliche, bald besteht sie als erworbene Atrophie. Sie ist in der einen, wie in der andern Form ungleich
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seltner, als die regelwidrige Grosse. Die angeborene Atrophie' soll besonders beim weiblichen Geschlecht mit gehemmter Entwickelung der Sexualorgane vorkommen. Als Folgezustand, also aequirirt, beobachten wir sie bei allgemeiner Abzehrung, z. B. bei der Tuberkelschwindsucht , nach Krebs, Typhus etc. Ausserdem wird ein atrophischer Zustand des Herzens durch Druck- und Raumbeengung, z. B. von grossen Aftermassen in dem Mittelfellsraum durch peri-carditische Ergüsse, selbst durch massenhafte Fettanhäufung hervorgerufen. Das Herzfleisch ist bald derb und dabei gewöhnlich braun-rotli, bald erschlaft't, zerreisslich , dabei rostfarbig, fahl. Bezüglich des Zustandes der Herzhöhlen lässt sich wie bei der Hypertrophie eine einfache , eine excentrische und eine concentrische Atrophie aufstellen, die letztere ist die gewöhnliche. Eine partielle Atrophie in concentrischer Form kommt häufig am Aortenventrikel, bedingt durch namhafte Stenose des ostium venosum dieser Seite, vor. Eine bedeutende atrophische Erweiterung der rechten Herzvorkammer (atrophia excentrica cordis partialis) bis zur Durchsichtigkeit der Wände wurde bei einem Pfau beobachtet.
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Von der Entzündung des Herzens und seiner Häute.
Die Entzündung der Innern Herzauskleidung.
Die Entzündung der innern Herzhaut kommt vor Allem in den Höhlen des linken Herzens an jeder Stelle der Herzwand, an den Trabekeln, den Papillarmuskeln, vorzüglich aber als Entzündung der Klappen vor, und als solche ist sie eine der häufigsten Ursachen der Herzvergrösserung.
Die Ursachen der Entzündung der innern Herzhaut sind sehr dunkel. Wir wissen nur so viel, dass von der acuten Form meist jugendliche, blühende Personen befallen werden , dass die chronische Form mehr dem mittleren und höhern Lebensalter eigen ist. Im Kindesalter ist diese Krankheit höchst selten. Auffällig ist der Umstand, dass sich beide Erscheinungsweisen der En-carditis mit den entsprechenden Formen der rheumatischen Erkrankung vergesellschaften. Die acute Encarditis verläuft gern neben acutem Rheumatismus , und der chronische Rheumatismus erzeugt sehr oft eine schleichende Klappenentzündung des Herzens, diemeist erst dann bemerkt wird , wenn die consecutive excentrische Hypertrophie des Herzens, meist die des linken Ventrikels, beginnt, subjective Beschwerden zu erzeugen.
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Die Entzündung der innern Herzauskleidung.
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Der anatomische Befund. VonEntziindungsröthe scheint bei Entzündung der innern Herzhaut sowie der innern Gefässhaut niemals die Rede zu sein. Ueberhaupt läuft man an keinem Orte des Organismus mehr Gefahr, eine Imbibitionsröthe von verschie-dener Nuance für Entziindungsröthe zu halten, als hier. Constant ist Trübung und Verdickung des Encardiums. Es wird undurchsichtig, weisslich, trübe und zugleich gewulstet. Dies rührt von der Infiltration des Gewebes her. Am Auffalligsten ist diese Schwellung an den entzündeten Klappen. Das Klappengewebe ist hier durch eine vermehrte Materialaninahme bedeutend massenreicher geworden. Dabei verliert das Encardium seinen Glanz und seine Glätte, es wird matt, und seine Oberfläche wird filzig. — Ob ein Exsudat hier auf die freie Fläche gesetzt werde, ist sehr zweifelhaft. Roki-t an sky stützt sich auf die Natur analoger Vorgänge auf den serösen Häuten und auf die Symptome am lebenden Encarditischen , welche wie jene darauf hinwiesen, dass ein solcher Erguss hier stattfinde, der jedoch von dem Blute weggeschwemmt werde, und sich mit diesem vermische. Rudolf Virc how weist diese Auffassung zurück. Er behauptet, dass nie auf der innern Gefasshaut ein freies Exsudat auftrete, und betrachtet die intima vasomm und das Encardium als Isolatoren der Krankheitshergänge. Kommt hier ein Exsudat vor, so kann es nur ein parenchymatöses sein, was zur Wulstung des Gewebes und zur Bildung gallertartiger und halb knorpliger Infiltrate führt. Neben dieser Infiltratbildung geht eine Bindegewebs-wucherung einher, und aus dieser gehen auch die Klappenvegetationen hervor. Jene Excrescenzen bestehen in röthlichen, grau-röihlichen Wucherungen, welche Rokitansky durch ein Auswachsen des Bindegewebsantheils des Encardiums entstehen lässt. Sie „stellen bald einen aus zarten w7/isbestehenden oder einen fein granulirten Anflug, bald eine ansehnlich dicke, grobkörnige, in Zotten, in drusige, breit oder gestielt aufsitzende Knollen, ja zuweilen zu grossen, von umfänglichen Strecken aus die Herzhöhlen beengenden Massen auswachsende pseudomembranöse Neubildung dar. Sie kommen an jeder beliebigen Stelle, besonders aber massenhaft an den ein reichliches Substrat bietenden Klappen vor, von denen aus sie sich aber zuweilen über ansehnliche Strecken der Herz wand, über die Papillarsehnen hin ausbreiten. Sofern sie aus der Tiefe kommen, indem zumal das Gewebe der Klappen und jenes der Papillarsehnen von derselben Bindegewebswucherung durchsetzt ist, lassen sie abgehoben eine wunde Stelle zurück.quot; Rokitansky. Das auswachsende Bindegewebe ist nun nicht einfaches Bindegewebe, sondern ist unzweifelhaft im Zustande der Reizung. Denn Rokitansky versichert selbst, dass es aus einer aus verschmelzenden Zellen hervorgehenden gallertartigen Bindegewebssubstanz
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hervorgehe. Indem diese zottigen Wucherungen in den continuir-lieh kreisenden Blutstrom hineinragen, muss sich fort und fort Faserstoffquot; an ihnen niederschlagen, gleichwie an das Stäbchen, womit man frisch gelassenes Blut schlägt. Der niedergeschlagene Faserstoff ist meist hellgelb, derb und fest, und haftet so innig an den Vegetationen, dass es bei der makroskopischen Betrachtung oft Schwierigkeiten hat, darüber zu entscheiden, was der Auflagerung und was der wuchernden Matrix zugehört. Unter dem Vorgange der Bindegewebswucherung muss die Festigkeit des Gewebes leiden , daher die bedeutende Lockerung und Zerreisslichkeit derPapillarsehnen. Würde ein dichtes, sogenanntes fasriges Bindegewebe auswachsen , so könnte diese Consistenzverminderung nicht eintreten. Aber die Umwandlung desselben bei der Encarditis in jene gallertartigen luxnrirenden Massen muss jene Cohärenzver-minderung der constituirenden Theile des Encardiums nothwendig nach sich ziehen. Deshalb kommt es hier sehr leicht zur Zerreissung des Encardiums auf der Herzwand, besonders aber der Klappen und der Papillarsehnen. Die Eänder des Risses werden dicht und weit hinaus mit Vegetation überwuchert. Innerhalb des Risses kommt es zurAuf'wühlung des Herzfleisches, an den Klappen unter gewissen Umständen zur Entstehung eines Klappenaneurysma's, bei welchem das eine Encardiumblatt blasig von dem darunter liegenden abgehoben ist.
Eine weitere , sehr üble Consequenz der Unebenheiten, die dieser encarditische Process auf der Innern Oberfläche der Herzhaut setzt, ist die Bildung wandständiger Throinben und deren weiteres Schicksal. Findet hier ein massenhafter Absatz von gelbem , gelbgrünlichem, zerfallendem Fibrin auf den pseudomembranösen Gewebs-wucherungen statt, so ist es unvermeidlich, dass Fibringerinnsel abgelöst und vom Blutstrom fortgetragen werden , welche sich , je nach ihrer Grosse, in grössere oder kleinere Aeste der Milz-, Nieren- und Leberarterie einkeilen, und in den entsprechenden Organen die Bildung metastatischer Heerde veranlassen.
Die aussei-n Erscheinungen der Encarditis sind bei der acuten Form bisweilen die eines heftigen Fiebers mit exquisit ausgesprochenen gastrischen Erscheinungen. Aber was die Besonderheit der Affectionen characterisirt, sind stürmische Herz-palpationen, welche von einem lästigen, quälenden Angstgefühl begleitet sind. Diese Herzpalpitationen sind so stark, dass die ganze vordere Brustwand durch sie erschüttert wird. Bei der geringsten Körperbewegung erfahren sie eine bis zum Unerträglichen sich steigernde Vermehrung. Die Herzaction ist sehr beschleunigt und unregelmässig. Alles dies weist darauf hin , dass der Herzmuskel und in specie die Herznerven mit betheiligt sind. Nach einigem
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Bestehen der Affectionen tritt ziemlich rasch die excentrische Hypertrophie des linken Ventrikels auf, die sich durch Plessimetrie nachweisen lässt. Die Auseultation ergiebt systolisehe Geräusche am arteriellen und venösen Ostium , seltener diastolische. Die Athem-noth, die sich bei jeder Bewegung heftig steigert, die verbreiteten Catarrhe, das entzündliche Oedem hängen weniger vom Fieber, als von einer Blutstase im Bereich der Lungenvenen ab, die der gehemmten Kammerentleerung alsbald folgen musste. Der plötzliche, unerwartete Tod bei acuten Encarditen wird oft durch Embolie der linken oder rechten ca?'otis interna erzeugt, wobei die eine oder andere Hemisphäre auf einmal kein arterielles Blut mehr empfängt. Oder der Tod erfolgt durch Herzlähmung ebenso plötzlich, als durch Carotisembolie. Bisweilen tödtet ein Lungenödem als Product der verbreiteten Blutstase in den Lungen. Gingen Schüttelfröste dem Tode voran, denen eine bedeutende Steigerung der Hauttemperatur und der Pulsfrequenz, sowie rascher Verfall der Kräfte folgte, so ist auf Pyämie zu schliessen , die durch zerfallende, eitrig zerfliessende, wand- und klappenständige Thromben erzeugt wurde. Das Bild der Pyämie kann auch manuichfach abgeändert werden durch verjauchende, embolische Heerde der Leber, Milz und Nieren. Doch häufiger a.ls der Ausgang in Tod ist der in unvollständige Genesung, besonders, wenn die excentrische Hypertrophie nur in massigem Grade sich entwickelte, und die Ablagerung jener ominösen zerfallenden Fa-serstoff'gerinnsel nur in beschränktem Maasse stattfand. Die gallertartigen Wucherungen scheinen sich zu contrahiren, und so bleibt, zumal an den Klappen, ein fasriges Bindegewebe in Form einer Verdickung des Encardiums zurück, die häufig als eine monströse Massenzunahme des fasriger. Klappengewebes und der Sehnen beobachtet wird. Das Encardium der Ventrikel ist so bisweilen mit sehnenartigen Hauben der Papillarmuskeln , der Fleischbalken mit tendinösen Scheiden besetzt. Oft erstrecken sich diese Bindege-websschwielen bis in das Innere des Herzmuskels hinein. Verwachsungen und Verschmelzungen der Klappenzipfel mit der Herzwand, der Klappenzipfel untereinander, sind hier vielfach beobachtet, und führen bald zu Insufficienzen, bald zu Stenosen. Die Erweiterung des Herzens, welche anfänglich eine mehr passive war, wird später zu einer activen, indem Hypertrophie der Wand eintritt. Der Ausgang in vollkommene Wiedergenesung kommt selten vor, ist aber doch auch mehrfach beobachtet worden , aber gewiss nicht in der Weise, dass jede Spur des früher dagewesenen Processes schwände. Aber selbst bedeutende passive Erweiterungen des linken Herzventrikels scheinen sich rückbilden zu können. Hier verschwinden allmälig die Vegetationen, wie die Neubildungen im Gewebe selbst. Oder es bleiben unschädliche Reste als partiale
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Wulstungen, namentlich an den Klappen zurück, deren Zusammen-ziehung durch Verdünnung der Klappe an andern Stellen , durch Verlängerung der bezüglichen Sehnen ausgeglichen wird.
Die Entzündung der innern Herzhaut ist bei Thieren genau so wie beim Menschen angetroffen worden, besonders bei Pferden und Hunden. Bei Pferden vergesellschaftet sich dieEncarditis gern mit Lungen-, Brustfell- und Bauchfellentzündung. Bei Hunden werden vorzüglich die Klappen befallen. Der Verlauf der Encarditis ist hier gleichfalls entweder acut, oder chronisch. Die acute Form führt häufig zu Embolieen der Eingeweide und zu pyämischen Zuständen. Dann mangeln die metastatischen Abscesse in der Milz, Leber, Niere nicht. Bleiben Insuffioienzen der Klappen und Stenosen der Ostien (des linken Herzens) zurück, so entwickelt sich nach und nach eine excentrische Hypertrophie des Ventrikels. Die Thiere bleiben kurz-athmig und dämpfig. Die chronische Blutstauung der Lunge führt zur braunen Induration der Lunge, zum chronischen Catarrh, zum Lungenödem , später gesellen sich excentrische H3'pertrophie des rechten Ventrikels und Ernährungsstörungen im Bereich des grossen Kreislaufs hinzu. Es entwickeln sich Leber-, Milztumoren, Nieren-entartungen und allgemeine Wassersucht. Bei Hunden ist die allgemeine Wassersucht gewöhnlich durch ein Herzübel veranlasse
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Die Entzündung des Herzmuskels, Myocarditis.
Die Myocarditis vergesellschaftet sich fast immer mit Pericarditis und Encarditis und erscheint häufig mit beiden combinirt in den verschiedensten Lagen des Herzfleisches, in den Trabekeln und Papillarmuskeln. Diese Heerde sind bald klein, bald grosser. Minder häufig ist die Myocarditis über einen grössern Theil des Herzmuskels ausgebreitet, in welchem Falle sie den Herzmuskel in verschiedener, nicht selten in seiner ganzen Dicke bctriflCt. Auch diese Krankheit betrifft vorzüglich den linken Ventrikel, in grösserer Ausdehnung befällt sie besonders dessen Spitze. Ungleich seltener betrifft sie den rechten Ventrikel und die Atrien, von letzteren höchst selten den Hohlvenensack. Sie veranlasst, je ausgebreiteter sie ist, je zahlreicher ihre Heerde sind, desto mehr Erweiterung des betroffenen Horzabschnittes. Hat sie ihren Sitz in den innern Schichten, so veranlasst sie bisweilen Zerreissung des Encardiums, Aufwühlen des Herzmuskels durch den Blutstrom und Bildung eines partiellen Herzaneurysma's, ja bisweilen ruft sie auch eine spontane Zerreissung des Herzens hervor. Am Gewöhnlichsten zerreisst der linke Ventrikel , selten der rechte, doch nie wurde die Zerreissung an den Vorhöfen beobachtet. Am linken Ventrikel betrifft die Zerreissung
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Die Entzündung des Herzmuskels, Myocarditis.
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gewöhnlich die convexe Wand, beiläufig in der Mitte gegen das Septum hin. Gewöhnlieh ist nur ein Riss vorhanden.
Die gewöhnlichsten Ausgänge der Myocarditis sind die in Herstellung einer das Herzfleisch substituirenden Schwiele und in Vereiterung. Von beiden Ausgängen ist der crstere ungleich häufiger. Bei diesem findet man je nach Umständen an der Stelle des Herzfleisches eine röthlich - weisse oder rein weisse Schwiele in Form von Streifen und Schichten, oder von grosseren verästelten Knoteïi durchsetzt, welche je nach ihrem Sitz nach aussen oder nach innen protuberiren. Die Schwielen sind oft so massenhaft, z. B. am Zugang der Aorta, dass sie den Raum des Herzens beengen, und die wahre Herzstenosenach Dittrich darstellen. Dieses Aftergewebe ist nicht selten Sitz von Verknöcherung. Mitunter schliessen die Schwielen eine tuberkelartige, gelbe, morsche, verkreidete Masse, das Residuum eines zerfallenen Exsudats, ein. Bei dem Ausgange in Vereiterung bildet sich der Herzabscess und das Herzgeschwür. Vorzüglich befällt jener die Wand des Aortenventrikels. Die Heerde sind klein , etwa erbsen- , bohnengross, jedoch kommen zuweilen weitläufige , nach allen Richtungen , selbst in die venösen Klappen herein sich verzweigende Heerde vor. In der nächsten Umgebung ist das Herzfleisch eitrig infiltrirt, in ulceröser Schmelzung begriffen, missfarbig, über diese hinaus erbleicht, feuchter, lockerer, zerreisslich. Oder die Herzwand ist von einer graulichen, gallertartigen, zur Schwiele sich heranbildenden Bindegewebswucherung durchsetzt. Unter der letzteren Bedingung kann der Abscess eingebalgt und als solcher längere Zeit getragen werden. Sein Inhalt kann theils durch Resorption verschwinden, theils verkreiden und sein Cavum obliteriren. Oft bricht der Abscess nach aussen oder nach innen durch, im letzteren Falle erzeugt er pyämische Zustände und embolische Heerde. Durch einen Herzabscess, der nach innen perforirte „ kann die Insertion der Aortenklappen abgerissen , es können Communicationen beider Herzhälften veranlasst werden, öderes kommt zur Ruptur der Herzwand. Ein partiales Herzaneurysma wird bei dem nach innen durchbrechenden Herzabscess noch leichter erzeugt, als durch blosse entzündliche Veränderung des Herzmuskels. Entleert sich der Herzabscess in's Pericardium, so entsteht Pericarditis. Die Myocarditis ist keineswegs so selten, doch begegnen wir ihr selten allein. Veranlasst kann sie werden durch den acuten Gelenkrheumatismus, durch chronische Erkrankungen des Herzens, namentlich der Klappen , durch Emboli, welche aus der brandigen Lunge stammen, und durch die Kranzarterie des Herzens in den Herzmuskel gelangten, ferner durch Jauchevergiftung dés Blutes, tertiäre Syphilis und rheumatische Myocarditis.
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Die Symptome der Myocarditis lassen sich viel leichter rückwärts aus dem anatomischen Befund folgern , als im Leben wirklich nachweisen. Muthraaassen mag man am Krankenbette eine Myocarditis., die Wahrscheinlichkeit ihrer Existenz mag auch im geraden Verhaltniss zur sich steigernden Debilität und Vermehrung der Pulsbeschleunigung, sowie zur bestimmter hervortretenden Steigerung der Herzaction wachsen, ja, die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins jenes Zustandes mag auch dadurch noch vermehrt werden, dass neben jenen Zeichen die Symptome einer En- oder Pericarditis festgestellt wurden, trotzdem wird sich aber eine sofun-dirte Diagnose niemals über das Niveau eines höchst trügerischen Wahrscheinlichkeitsschlusses erheben. Etwas Anderes ist es mit den Ausgängen und besonders mit der diffusen schwieligen Entartung der Herzwand. Hierbei ist der Herzchoc kaum zu fühlen, der Puls ist klein, weich und unregelmässig, Cyanose und allgemeiner Hy-drops sind vorhanden. Die Zeichen einer Herzberstung sind die einer innern Verblutung.
Die spontane Entzündung des Herzfleisches ist bei Thieren nur zufällig im Cadaver und ganz unter gleichen Verhältnissen wie beim Menschen angetroffen worden. Derbe, weisse Schwielen wurden im Herzmuskel in den Cadavern von Pferden beobachtet. Aeusserst selten finden sich kleine Abscesse in einem Abschnitte des übrigens feuchten, mürben Herzfleisches. Eingrosser Abscess wurde von Roe 11 in der Herzwand eines Hundes angetroffen. Wichtiger und viel häufiger ist dagegen hier die
Traumatische Herzentzündung der Wiederkäuer.
Dieselbe kommt bei Wiederkäuern dadurch zu Stande, dass spitze Körper, Holzstückchen, Messerspitzen, Scheeren von diesen Thieren verschlungen werden, aus dem Wanst in die Haube gelangen, und durch jene Muskelzusammenziehungen der Haube, die beim Wiederkäuen den Haubeninhalt in den Schlund eintreiben, durch Haubenwand, Zwerchfell, Herzbeutel in den Herzmuskel selbst eingetrieben werden. Wir treffen diese fremden Körper besonders in einer Seitenwand, am Häufigsten in einer des linken Ventrikels. Bisweilen dringen sie bis zur Scheidewand der Kammern vor, und erzeugen dann nicht selten En-, Peri- und Myocarditis. Der fremde Körper ist in der Regel von einer derben , schwieligen Kapsel eingeschlossen. Die Spitze des Körpers ragt meist in die Herzhöhle hinein, und ist mit Faserstoffquot; beschlagen. Stösst sie an die gegenüberstehende Scheidewand, so ruft sie, durch die Herzbewegung vermittelt, Continuitäts-trennung hervor. Der Zustand wird nur selten während des Lebens erkannt.
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Von der Pericarditis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4(55
Metastatische Heerde
kommen oft im Herzfleische vor.
Von der Pericarditis.
Die entzündliche Affection des Pericardiums wiederholt genau die entzündlichen Vorgänge auf der Pleura. Wie dort bestehen dieselben entweder nur in einer Gewebswucherung, die zu Trübungen und Verdickungen der Membran führt, oder es kommt zur Bildung eines faserstoffigen Exsudats an einer beschränkten Stelle mit pathologisch vermehrter Transsudation in dem Herzbeutel, oder es entwickelt sich ein massiges, fibroseröses Exsudat.
Selten bildet sich eine Pericarditis in Folge traumatischer Veranlassungen , häufiger beobachten wir das bei Thieren, namentlich beim Kinde (traumatische Herzentzündung). Am Häufigsten pflanzt sich die Entzündung von benachbartenOrga-nen(vonder Lunge, von der Pleura) auf's Pericardium fort. Höchst selten ist beim Menschen, aber öfterer beim Thier die Pericarditis eine selbstständige und isolirte Krankheit, die sich in einem ganz gesunden Organismus etablirt. Oft dagegen vergesellschaftet die Pericarditis den acuten Gelenkrheumatismus,den morbus Briyhiii, die Tuberkulose, chronische Herzleiden und Aneurysmen der Aorta. Ausserdem sind pericarditische Exsudate nicht so seltene Begleiter ichorrhämischer Zustände. Daher treffen wir sie beim Puerperalfieber, bei dem bösartigen Scharlach, bei den Poeken, bei Thieren besonders im Verlaufe der Milzbrand-iieber, des Anthrax.
Die diffuse Entzündung des Herzbeutels hat das parietale und viscerale Blatt desselben, wenn auch nicht überall mit gleicher Intensität inne. Dabei ist eine partiale Entzündung mit scharfer Begrenzung selten, wie nebst anderen die genaue Untersuchung der sogenannten Sehnenflecke lehrt, indem sich die meisten als die massenhafteren Portionen einer ausgebreiteten Pseudomem-bran erweisen. Die Ergüsse sind ihrer Menge nach sehr verschieden. Bei seeundärer Pericarditis stellt sich oft nur ein schleimig trüber Beschlag der serösen Oberfläche, eine leichte, fleckige Trübung des liquor pericardii heraus; bei der primären Entzündung ist das Exsudat oft ausserordentlich gross. Das Exsudat nimmt dann vorzüglich den Raum im vordem obern Umfange des Herzens ein, und bewirkt eine namhafte Ausdehnung des Herzbeutels. Die bedeutendsten Ergüsse stellen die eitrigen und hämor-rhagischen Exsudate dar. Interessant sind die Bildungen auf der freien Fläche beider Pericardialblätter. Die ruhelose Bewesunsr des Herzens begründet eine eigenthümliehe Form der GewTebsvege-tation. Die freie Oberfläche der Pseudomembran zeijrt zarte Villo-
Gleisberg, vergleicheude PatLulugie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;30
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4(5(5nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Von den Erkrankungen des Herzens und der Gefiisse.
sitiiten oder lauge und dünne, kürzere und dickere Zotten, und auf diese Weise entsteht das cor viltosum, tomentosum, hirsutum, hispidum. Bisweilen treten auch leistenartige, lamellöse, selbst papilläre Ex-cresceuzen am Herzbeutel auf. Gewöhnlich sitzen diese Gewebs-vegetationen an der convexen Fläche des Herzens, und stehen hier namentlich gegen den sulcm transversus zu am Dichtesten. Mitunter hat die Aftermembran eine ausgezeichnete areolare Oberfläche, die an die Textur der Schleimhaut der Gallenblase erinnert. Das fibröse Blatt des Herzbeutels ist hier gewulstet und mitunter von eitrigen Depots durchsetzt. Bestehen derartige Ergüsse lange, so wirken sie auf die Ernährung des Herzens zurück. Die Herzmuskulatur wird schmutzig braun , fahl, theilweise entfärbt, metamor-phosirt fettig, und in Folge dieser schlaffen, matschen Beschaffenheit tritt passive Dilatation ein. Das gesetzte Exsudat kann vollständig verschwinden; oder die Resorption erfolgt unvollständig, dann bleiben Reste des Exsudats zurück. Die Gewebsveränderung porsistirt bei unvollständiger Resorption entweder als eine sehr zarte, seröse Bekleidung des Herzens, welche hie und da dickere, weiss-liche, opake Plaques zeigt, oder als Sehnenfleck, wie er ganz vorzüglich auf dem visceralen Blatte allenthalben, besonders aber auf dem rechten Ventrikel von ansehnlicher Grosse angetroffen wird, seltener aber das Parietalblatt befällt, oder als dicke, dichte, widerstandsfähige Schwarte, oder endlich theils als lockere Adhäsion, theils als ntraffo Verwachsung mittelst jenerdicken , schwieligen Schwarten,welche zwischen sich sehr häufig die Reste des Faserstofl'exsiulatsim Zustande käsiger Schrumpfung zeigen. Selten führt die Pericarditis zur ulcerösen Zerstörung.
Die Erkenntniss des Bestehens eines pericarditisohan Exsudats hat oft Schwierigkeiten, und dieselben werden dadurch noch wesentlich vermehrt, dass eine Pericarditis so selten ein ganz gesundes Individuum befällt. Gesellt sich die Pericarditis zu Pneumonie und Pleuritis, so kann nur die physikalische Exploration entscheiden, und auch diese lässt hier öfters im Stiche. Tritt die Pericarditis zu einem acuten Gelenkrheumatismus, so kann hin und wieder das Fieber sich steigern, ein Frostanfall eintreten und eine hohe Pulsfrequenz oder ein abnorm verlangsamter Puls, ein lebhafter oder dumpfer Schmerz in der Herzgegend, Herzklopfen, Angst, Dispnoë auf eine entstandene Pericarditis hinweisen. Schmerz in der linken Seite des Epigastriums und Herzklopfen sind noch die constante sten Symptome. Wird der Schmerz sehr lebhaft, so ist auf eine begleitende Pleuritis zu schliessen. In einzelnen Fällen wird der Puls sehr frequent, nachdem er in seltenen Fällen vorübergehend verlangsamt gewesen ist. Aber auf alle Fälle werden cie Herzcon-tractionen erschwert, und in Folge dessen entsteht Angstgefühl,
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mangelhafte Entleerung der Herzräume, Blutfiberfüllung der Lunge, Dispnoë. Meistentheils können die Kranken nur auf der linken Seite liegen. Complicirt die Pericarditis eine Tuberkulose, einen #9632;morbimBrightii oder einen chronischen Herzfehler, so tritt sie gleichfalls rsehr verborgen auf, und lässt sich oline physikalische Exploration während des Lebens kaum feststellen. Tritt sie zu schweren Blut-erkrankungcn, so werden ihre Zeichen vollends durch die der allge-meinen Krankheit verdeckt. Das benommene Sensorium gestattet hier keine Perception des irritativen Vorganges im Herzbeutel in Form des Schmerzes. Zwar beeinträchtigen gerade die purufcnten Exsudate am Meisten die Herzaction , aber da grosse Debilität und Beschleunigung des Pulses , wie proslratio virium ganz besonders Symptome pyämischer Zustände sind , so wird sich auch hier nicht bestimmen lassen, inwieweit diese Zeichen von Pericarditis abhängen.
Die physikalische Exploration erweist bei nicht verknöcherten Rippenknorpeln und grossein pericarditischen Exsudate eine Erweiterung der Herzgegend. Im Beginn ist der Herzstoss stärker wahrzunehmen, bei wachsendem Exsudate wird er schwächer, als im Normalzustande, und bei nicht hypertrophischem Herzen kann er endlich ganz verschwinden. Beim Aufrichten des Kranken tritt der Herzstoss deutlicher hervor, und seh windet beim Niederlegen desselben. Wird der Herzschlug fühlbar, so tritt er in der Regel an einer tiefern Stolle hervor. Endlich empfindet die Hand zuweilen ein deutliches lleiben , welches durch Berührung der rauhen Blätter des Herzbeutels unter sieh erzeugt wird. Grössere Exsudate ergeben eine Vergrössenmg der Herzdämpfimg. Die Dämpfung bildet hier ein Dreieck, mit der Basis nach unten und mit der ubge-Htumpften Spitze nach oben gewandt. Die Auscultation ergiebt meist sehwache Herztöne, die anscheinend im Widerspruch zu der verbreiterten Herzdämpfung stehen. Das durch die Auscultation wahrnehmbare Reibungsgeräusch ist schabender, anstreichender, kratzender Natur. Das Reibungsgeräusch ist rhythmisch, da aber die Bewegungen des Herzens weit länger dauern , als die Herztöne , so fällt niemals das Reibnngsgeräuseh genau mit den Herztönen zusammen , es schleppt nach. Im Umfang des linken untern Lungenlappens wird durch die Compression von Seiten des Herzbeutels desselben der Ton oft deutlich leerer.
Die Ausgänge der Pericarditis sind sehr oft in vollständige Genesung. Waren keine subjectiven Beschwerden vorhanden, so lässt sich dieser Ausgang auch nur durch das Stethoskop nachweisen. Waren Herzklopfen, Schmerzen und Dispnoë vorhanden, so verschwinden diese meist nach kurzem Bestehen. Dieser Ausgang muss natürlich bei jener Pericarditis häufig fehlen, die sieh zur Tuberkulose, zu inorhus BHyhtii und zu chronischen Herzübeln gesellt. Dieser
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Ausgang wird geradezu fehlen bei der eitrigen Pericarditis, welche sich zu Pyämie und Septichämie gesellt. Erfolgt der Tod durch Pericarditis, was gerade nicht sehr häufig geschieht, so gesellt sich zu den Zeichen gestörter Herzthätigkeit, zuweilen plötzlich, aber auch allmälig, ein kleiner, unregelmässiger Puls, das Bewusstsein schwindet, die Blutstauung der Lunge erzeugt Lungenödem, und so tritt Suffocation ein. Vergesellschaftet Pneumonie und Pleuritis die Pericarditis, so wird der Tod nur beschleunigt. Von der die Tuberkulose und den worÄMS-ß/vV/Ä/ü complicirenden Pericarditis muss bemerkt werden, dass sie meist chronisch verlauft, und die ursprüngliche Gefahr beider Zustände nur noch vermehrt, und deren tödtliches Ende beschleunigt.
Die chronische Pericarditis ist oft ein Ausgang der acuten, kommt aber doch vorzugsweise bei den Formen vor, welche die oft erwähnten chronischen Cachexieen und Herzkrankheiten begleiten. Der Anfang war hier acut, aber die Resorption erfolgte unvollkommen, und nach längerer oder kürzerer Zeit reerudeseirt die Entzündung, das Exsudat wird ausserordentlich massenhaft, die Dispnoë sehr gross. Nach einiger Zeit können diese Erscheinungen wieder nachlassen. Aber nicht selten folgen neue Verschlimmerungen, und die Krankheit zieht sich Monate hin. Es ist selbstverständlich, dass, je längere Zeit das Herzfleisch unter dem Einfluss eines derartigen massenhaften Exsudates steht, um so bestimmter müssen die Rückwirkungen auf die Ernährung des Herzmuskels hervortreten. Daher wird gerade hier das Herzfleiseh im hohen Grade erweicht, missfarbig und erschlafft, und dem entsprechend finden wir bei der chronischen Pericarditis fast immer den Puls auffallend klein , sehr oft unregelmässig, die Venen überfüllt, den Kranken cyanotisch und wassersüchtig. Dispnoë, Cyanose und Hydrops stehen im geraden Verhältniss zur Massenhaftigkeit des Exsudates. Das Blut, was in den Arterien mangelt, füllt hier die Venen vorzüglich, da es nicht im rechten Herzen Platz hat, indem dieses durch das Exsudat compri-mirt ist und sieh nicht, wie sonst, zu dilatiren vermag. Nur selten eht die chronische Pericarditis in Genesung aus. Am Häufigsten erfolgt der Tod unter den Erscheinungen eines insufficienten Athmens und des Lungenödems.
Als Nachkrankheiten der Pericarditis sind zu nennen: Verwachsungen des Herzbeutels mit dem Herzen, Erweiterung des Herzens, Herzhypertrophie, fettige Entartung und Atrophie des Herzfleisches.
Die Entzündung des Herzbeutels ist bei Pf e r d en , Rindern und Hunden bald selbstständig, bald Lungen- und Brustfellentzündung begleitend angetroffen worden. Fasorstcffige Exsudate sind bei Pferden und Rindern sehr gewöhnlich, bei Hunden
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Die Neubildungen am Herzen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;469
#9632;wurden oft purulente Exsudate angetroffen. Die Einwirkungen grosser Exsudate sind auch hier bald die der Atrophie , bald der Hypertrophie des Herzmuskels selbst. War die Ursache der Herzbeutelentzündung das Eindringen eines spitzen Körpers von der Haube aus, so ist gewöhnlich Verwachsung des Herzbeutels mit dem Zwerchfell und eitriges Exsudat in dem ersteren zugegen.
Mit der Diagnostik der Pericarditis ist es bei Thieren noch schlechter bestellt, als beim Menschen. Heftiges Fieber, Pulsbeschleunigung bis auf 100 Schläge, Reibegeräusch, welclies selbst der aufgelegten Hand fühlbar sein soll, Zunahme der Herzdämpfting, allmäliges Vorschwinden des früher pochenden Herzschlages, Schwächerwerden der Herztöne werden bei Abwesenheit aller Zeichen, die auf die Anwesenheit einer Erkrankung der Athmungs-organo schliessen lassen, als leitend für die Diagnose hingestellt. Brustfellentzündungen der linken Seite machen die Diagnose fast zur Unmöglichkeit. Die Ausgänge sind : Vollkommene Wiedergenesung, bleibende Verwachsung beider Herzbeutolblättor mit nachfolgender Atrophie des Herzmuskels , Uebergang in die chronische Form, wobei auch hier durch Vascularisation der Gewebsvogetation die Veranlassung zur Vermehrung pericarditischer Ergüsse gegeben wird, die gleichfalls eine ungewöhnliche Massen haf tigkeit erreichen können, und dann unter kachectischen, hydropischen Erscheinungen nach längerem Bestehen tödten. Ueberhaupt sind wassersüchtige Erscheinungen gar nicht so seltene Zeichen bei Herzbeutelentzündung der Thiere, ihr Auftreten am Kehlgang, Triel, wird als ein sicheres Zeichen der traumatischen Herzentzündung aufgeführt.
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Die Neubildungen am Herzen.
Bindego websneubildun gen kommen vielfach vor, besonders am Encardium, an den Klappen, am Herzfleische.
Knochenneubildungon , als Resultate der Verknöcherung der vorgedachten Bindegewebsgrundlagen in und auf dem Encardium, in den Sehnen, auf der Herzwand zu ostoiden Gebilden in Form höekrig unebener Platten, rundlicher oder ästiger, knorriger, strang-und ringförmiger Massen, welche nicht selten nackt in der Herzhöhle daliegen. Beim Pferde beobachtete Gurlt in einigen Fällen die Kamnierwandungen von erdigen Concrementen durchsetzt, eins derselben litt an sehr entwickeltem Dampfe.
Ferner Fett Wucherungen, besondersan den Stellen, wo sicii unter normalen Verhältnissen immer Fett vorfindet, nämlich am sulcus t?'a?isversus, am Ursprung der Arterienstämme , im Verlauf der Kranzgefässe. Bisweilen gedeiht die Fettwucherung in der
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470nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^Ton den Erkrankungen des Herzens und der Gefasse.
Weise, ilass das ganze Herz in Fett eingehüllt erscheint. In andern Fällen ist die. Fettwucherung eben nicht ausserordentUch, aber sie findet auf Kosten des Herzfleisclios statt. Das ist aussei- bei Menschen auch bei Hunden beobaciitet worden, die an grosser Fettleibigkeit litten. Von dieser Fettwucherung des subpericardialen Fettes ist die fettige Entartung des Herzmuskels zu unterscheiden , wobei unter Fibrillenscliwund das Sarkolemma sich mit molekularem Fette füllt. Hierdurch wird die betreffende Partie gelb, brüchig, selbst schmierig. Diese fettige Entartung ist namentlich am linken Ventrikel beobachtet, Sie beginnt in disereten Heerden , breitet sich aber auch über grosse Strecken der Ventrikelwand aus , und kann so zur Bildung von lokalem Herzaneurysma, sogar zu Herzruptur Veranlassung geben. Dieser Zustand ist bei Menschen undThieren, hier besonders bei Pferden, beobachtet worden.
Cysten sind selten.
Sark o m b i 1 d u n g kommt am Herzen bei der sogenannten Franzoseukrankheit vor.
Der Tuberkel kommt als sogenannte pericardialo Tuberkelmasse nicht so selten vor, dagegen im Herzfleisch sehr selten. Er findet sich als pericardialer Tuberkel in pericarditischer Pseudomem-bran gewöhnlich in wuchernder Menge eingetragen, so dass nach Verwachsung der beiden Lamellen der Psendomembran das Herz in eine dicke, drusige Schicht eingehüllt erscheint. Es wiederholt sich hier ein ähnliches Verhältniss als bei derPleuratuberkulose, bei welcher die miliaren Granulationen auch in den Afterhäuten auftraten. Oofters ist die Tuberkelmasse im Pericardium stellenweise zu grössern Massen zusammengehäuft, welche sich zuweilen so in das Herz hineindrängen, dass sie als in diesem entwickelte angesehen worden könnten. Die Tuberkulose des Herzbeutels ist in den seltensten Fällen eine primitive, gewöhnlich eine secundäre, indem schon früher Tuberkeln der Lunge, der Pleura, des Bauchfells da waren ( 11 o k i t a n s k y ).
Bei T h i e r e n ist die Tuberkelablagerung im Herzen von Leisering bei einer Kalbe beobachtet worden. Das Herz wog 121/2 Pfund. Die Tuberkelablagerung hatte am Herzbeutel sowohl, als am Herzen selbst stattgefunden. Der erstere war mit letzterem überall innig verklebt, und zeigte stellenweise thaler- bis handteller-grossc, iiiquot; bis 1quot; dicke Tuberkolmassen , während er an andern Stellen, jedoch nur zum Verschwinden klein im Umfange, frei davon war. Die Anssenwände des Herzens waren überall tuberkulös entartet, so dass nur die innersten Schichten, etwa l/iquot; bis ll^quot; stark, ihre muskulöse Structur bewahrt hatten. Die Scheidewand, das Encardium, die Herzklappen waren gesund, die rechte Kammer aber sehr dilatirt. Auf dein Zwerchfell nahm Leisering dieselben tu-
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Neurosen des Herzens.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 471
berkulüsen Auflagerungen wie am Herzen wahr. Die Lungen waren jedoch frei davon und ganz normal.
Der Krebs kommt beim Menschen seeundär auf dem Herzbeutel und im Herzen vor, doch wohl nie primär. Der primäre Krebs kann im Sternum, im Mediastinum seinen Sitz haben. Oder die Herzcarcinome treten nach Exstirpationen von Krebsgeschwülsten auf, und dann gleichzeitig mit Krebsbildungen der Pleura, des Peritonäums. Auf dein Herzbeutel treffen wir diese Aftermasse entweder in grösserer Ausdehnung oder an mehr umschriebenen Stellen an. Sie durchbohrt das Pericardium und wuchert dann in's cflüM7laquo;/;e?7ca?'rf/7, meist in Form zitzenartiger Protuberanzen, hinein. Der Herzkrebs bildet bisweilen protuberirende Knoten, die in die Herzhöhlen hineinragen.
Krebsbildungon in und am Herzen sind bei Thieren noch nicht beobachtet.
Von Parasiten
kommen im Herzfleische des Menschen vor: der C y s t i e e r c c u s meist vereinzelt neben Cysticercus in andern Muskeln ; der Echinococus in sehr bedeutender Grosse. In den Herzhöhlen hat man Echinococcus-blasen angetroffen, welche aus der Leber stammten, durch den venösen Blutstrom in das rechte Herz gelangten, von hier aus durch die Lungenarterie in die Lunge eingetrieben wurden, und in einem Falle plötzlichen Tod durch Asphyxie erzeugten (Oppolzer).
Beim Schweine kommt im Herzen die Firme (cysticercus celltl-/o.s'ne) im d der vielgestaltige Hülsen wurm (ec/(/wocfl('cw.y/;o/y w.o/Ygt;Ä!/.y) beim Rinde vor. Im Herzen des Hundes hat man einen Pallisaden-wurm angetroffen.
Functionelle Störungen. Als Neurosen des Herzens
sind das Herzklopfen und die angina pectoris zu bezeichnen.
Das Herzklopfen ist keine reine Motalitätsneurose, sondern zeigt sich beim Menschen mit einem lästigen, beängstigenden Gefühle in der Herzgegend vergesellschaftet. Bald hat das Herzklopfen nur den quot;VVerth eines Symptomes, indem es im Verlaufe der Encar-ditis, Myo- und Pericarditis auftritt, oder insofern es eines der constantesten Zeichen bei Herzhypertrophieen abgiebt, — oder es hat eine gewisse Selbstständigkeit, d. h. es besteht ohne materielle Veränderung des Herzmuskels und seiner Häute und wird hier bald durch Blutfehler (Anämie, Chlorose), bald durch Nervenkrankheiten (Hypochondrie, Hysterie, Spinalirritation) erhalten.
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472nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Erkrankungen des Herzens tmd der Gefasse.
Bei Thieren ist das Herzklopfen wiederholt, besonders bei Pferden, in ganz colossaler Weise beobachtet worden. In drei Fällen nahm ich dasselbe bei Pferden in einer solchen Stärke wahr, dass die Herztöne deutlich vor der verschlossenen Stallthüre gehört #9632;wurden. In zwei Fällen war unverkennbar Herzhypertrophie zugegen.
Die angina pectoris ist eine sehr quälende Neuralgie derHerz-nerven, welche bis jetzt nur beim Menschen festgestellt ist, periodisch wiederkehrt und Nichts mit der Ossification der Kranzarterien zu thun hat, obwohl sie oft neben derselben angetroffen wird.
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Die Krankheiten der Blutgefässe.
Phlogosis und Thrombosis im Gefasssystem.
Ist die Entzündung der intima vasorum ein Analogon entzündlicher Zustände seröser Häute? Dies war bis auf die jüngste Zeit zweifelhaft. Virchow hat ein freies Exsudat auf der Innern (iefässhaut zurückgewiesen , und dies mit so schlagenden Gründon, dass ich in dieser Beziehung ihm unbedingt beitrete. —
Dass es entzündliche Affectionen der G-efäss-scheiden, Periphlebitis, Periarteniiis, giebt, ist niemals bezweifelt worden. Eiti'ige und jauchige Anhäufungen sowohl, als schwielige Verdichtungen finden sich in Arterien so gut, wie in Venen, am Häufigsten wohl da, wo Arterien und Venen in gemeinschaftlicher Scheide eingeschlossen sind, allein auch dort, wo die Gefasse, namentlich die venösen, isolirt verlaufen. So sieht man insbesondere; periphle-bitische Schwielen als Folge einer sogenannten adhäsiven Ent-zündung an der Saphena und ihren Aesten. Auch lässt sich gerade hier leicht feststellen, dass der Process mit starker, sogar ecehymo-tischer Hyperämie der Wandgefässe , mit Schwellung und seröser Durchtränkung, Verdichtung des Bindegewebes beginnt, und sich genau so darstellt, wie es von Entzündungen des Bindegewebes bekannt ist. Gerade diese Form ist es, die man äusserst häufig bei Thrombosis im Innern der Gefasse antrifft, die sich sofort im Umfange von ünterbindungs- und Verwundungsstellen ausbildet. Das Gefäss lässt sich sehr schwierig von dem Gewebe der Scheide lösen. Man bedarf dazu einer sorgfältigen Präparation oder eines sehr gewaltsamen Zuges, und wenn man die Trennung bewirkt hat, so bleibt in dem verdichteten Gewebe oft eine starre Rinne zurück, die früher von dem verdichteten Gewebe eingenommen wurde. Die Periphlebitis und Periarteriifds sind Analoga der Pericarditis. Auch bei der gewöhnlichen Pericarc'itis greift der entzündliche Process sehr oft auf
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Phlogosis und Thrombosis im Gefasssy stem.
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die anssern Bindegewebslagen der grossen Gefässstämme über; vorzüglich gilt dies für die partielle Pericarditis, welche sich oft am Ursprünge der Lungenarterie und der Aorta findet, die nicht selten bis zur mittleren Arterienhaut durchgreift.
Die Entzündung der mittleren G-efässlager, Mesophlebitis, Mesarteriitis, ist mit Unrecht von Vielen geleugnet. Mag sie immerhin oft vor der Entzündung der Gcfäss-scheiden und vor der Thrombose in den Hintergrund treten, so zeigt sie doch dieselben Formen, welche man auch sonst an der Entzündung unterscheidet. Insbesondere sind die eitrigen Formen vielfach bezweifelt worden, doch Virehow, dem eigentlichen Schöpfer der Lehre thrombotischer und phlogistischer Vorgänge in den Go-fässen, gelang es, an grossen Arterienstümrnen, namentlich an den Lungenarterien Abscesse nachzuweisen, die bald von Thromben bedeckt, bald ohne dieselben vorkamen. An kleinern Gelassen ist es häufiger eine diffuse, leicht jauchig werdende Eiterung, die sicli unterhalb der Innern Haut ausbreitet, und sehliesslich diese ablösen kann. Allein zwischen beiden Formen giebt es mannigfache Ueber-gänge , und es ist besonders hier die pseudopustulöse Form zu nennen, welche theilweise die Intima abhebt, und so derselben das Ansehen verleiht, als ob sie mit Pusteln besetzt sei.
Wichtiger für Kliniker und Anatomen ist die Entzündung der Innern Gefässhaut, Enphlebitis, Enarterülis. Bei acuteu Entzündungen der Arterien und Venen betheiligt sich die Gefässhaut nur in Form einer innern Trübung und Runzolunu', und die innere Haut scheint hier eher eine Barrière für die Entzündung der mittleren Haut zu bilden. Bei den suppurativen und jauchigen Formen ist der gewöhnliche Ausgang der in Nekrose. Jedoch verhält sich die innere Gefässhaut hierbei nicht immer ganz passiv, sondern man findet in ihr auch Einsprengungen, nur in ungleich beschränkterem Maasse, als in den andern Gefässhäutcn. Anders verhält es sieh mit der chronischen Entzündung, welche ganz vorzüglich in den Arterien ihren Sitz hat.
Die Idee, dass jene bekannten Veränderungen der Arterienhäute, wie sie besonders an der Aorta so oft vorkommen, jene kalkigen, fettigen Heerde, jene Ulcerationen der innorn Oberfläche Producte chronischer Entzündungen seien, scheint sich schon den ältesten Beobachtern aufgedrängt zu haben. Unter den neuern Beobachtern sind besonders Bizot, Rayer, Tie d am an n, Engel und Dittrich zu nennen, welche diese Auffassungtheilen. Virehow sagt — nach dorn diese Abhandlung über Phlogose und Thrombose des Gefässsystems bearbeitet ist—; „Mit Recht pole-misirt der letztgenannte Schriftsteller gegen den Namen des athero-raatösen Processes, unter dem man jene Veränderungen in den letzten
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474nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Erkrankungen des Herzens und der Gefassc.
Jahren häufig zusammengefasst hat, da doch der Ausgang in Athe-rombildung nur eine der mögliehen Formen ist. Der Process ist meines Krachtens ebenso entzündlicher Natur, wie die Endocarditis, mit der er sehr häufig direct zusammenhängt, und wie das sogenannte inalvm senile articulornm, die arthritis sicca seit villosa mancher Neueren, oder wie Braus vorgesehlagen hat, die arthritis ilefor-mans. Man kann ihn recht wohl mit dem Namen der arlei'iitis defoimiuns scu nodosa belegen.quot;
Ilokitansky hat diesen chronischen Vorgang als Auf-lagerungsprocess aus dem Blute vorgeführt. Risse hat ihn darin vollkommen widerlegt.
Es scheint, als ob eine fettige Entartung der innern Arterienhaut den Process hier einleite. Die fettige Entartung der kleinern Hirngefässe fällt dagegen sehr häufig mit der allgemeinen Fettent-artung des Herzfleisches zusammen. Die entzündlichen Veränderungen, welche den wesentlichen Theil der Enarteriitis darstellen, kommen vorzüglich an der Intima vor. Sie betreffen namentlich das Epithel, werden aber auch in den tiefern Schichten beobachtet. Von einem eigentlichen Exsudat ist hier nie die Rede. Im ersten Anfang der Veränderung sieht man gewöhnlich leichte Anschwellung der Arterienliaut, wie dies namentlich an den grossen Gefässen, besonders der Aorta und Lungenarterie, sowie an den Herzklappen schon mit blossem Auge zu constatiren ist. Diese Anschwellungen treten entweder fleekweise oder wohl auch mehr in diffuser Form auf. Im Anfang sind die geschwollenen Theile wohl immer saftreicher, und sie erreichen nicht selten einen so grossen Gehalt an wässrigen Theilen , dass sie vollständig gallertartig aussehen, und ziemlich leicht zerdrückt werden können. Dies sind die sogenannten gallertartigen, albuminösen Exsudatio-
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nen, welche man so oft boschrieben hat, und die man bald auf die innere Oberfläche, bald in das Innere der Intima hat gelangen lassen. Dass sie nicht auf der Oberfläche liegen, sondern mit der innern Haut continuirlich zusammenhängen, davon kann man sich schon makroskopisch, noch deutlicher mikroskopisch überzeugen, denn auf senkrechten Durchschnitten sieht man die Faserzüge der Intima mitten in sie hineingehen. Man könnte sie also höchstens für infiltrirte Exsudate halten, doch steht einer derartigen Annahme der Umstand entgegen, dass sie meist an Stellen angetroffen werden, wo Exsudate fohlen. Sie wären demnach auf Imbibitionen zurückzuführen, die vom Blute aus stattfänden. Doch entstehen sie ebensowenig allein durch Imbibitionen , da sie ausser Wasser, albuminösen Bestand-theilen ziemlich beträchtliche Massenquot; einer Substanz enthalten, die durch Essigsäure fadenförmig gerinnt, und sich im Ueberschuss des Reagens nicht auflöst, die demnach dem flüssigen Schleim-
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stoff an die Seite zu stellen ist. Auch morphologisch verhalt sich die Substanz wie Schleiragewebe, denn Virchow sah iiusser elastischen Fasern eine sehr reichliche, structurlose, glashelle Zwischensubstanz, in welcher bald kleine rundliche Zellen, nicht selten lieerd-weise, bald grössere, isolirbare Spindelzellen vorkomraen. Sie bestehen demnach aus einem ganz neuen Gewebe, das von dem frühern Gewebe der Innern Haut verschieden , wenn gleich mit ihm nahe verwandt ist. Virchow sagt, es handelt sich um eine wirkliche Degeneration mit Waehsthum , nnd wenn man den Uobergang zu der benachbarten normalen Substanz studirt, so erkennt man deutlich , dass die Bindegewebskörper der letztern zuerst getheilte, oft vielfache Kerne bekommen, dann sich ihrerseits theilen, oder sich vergrössern und wachsen.
Neben diesen gallertartigen, flach angeschwollenen Stellen, finden wir derbere, festere, die man als hal bkn o rp li c h bezeichnet. Es ist zweifelhaft, ob die gallertartigen Bildungen allemal in die halbknorplichen übergehen. Nach Virchow sind es Anfangs farblose, leicht prominente, oft linsenförmige Stellen, die gewöhnlich schnell dichter werden, und zuweilen eine so grosse Mächtigkeit erlangen, dass sie wie kleine , der Innern Haut eingesetzte Knorpel erscheinen. Dies ist die sogenannte Arte rienscle rose nach L ob st ein. Denn es finden sich nicht blos einzelne Platten dieser Art, sondern ganze Arterien können sich nach innen nach nnd nach so verdicken , dass sie einen fast continuirlichen sclerotischen Ueberzng bekommen. Man erkennt solcheVeränderungen leicht an dem durchscheinenden, leicht bläulichen Aussehen der erkrankten Stellen, gegenüber dem normalen gelblichen Colorit der normalen Arterie. Dass diese innere sclerotische Verdickung der Arterie kein Product der Auflagerung aus dem Blute ist, welches Rokitansky bis auf die neueste Zeit behauptet hat, sondern dass in der That hier eine degenerative Veränderung der Intima selbst jenen Bildungen zu Grunde liegt, ist durch Risse erwiesen. Einmal zeigte ernämlich die Persistenz des Epithels über den sogenannten Auflagerungen, ja sogar über sehr weit vorgeschrittenen Veränderungen der tiefen Schichten, sodann hob er hervor, dass die verdickten Stellen eine wahre Hypertrophie der Innern Haut darstellen, indem sie in einer homogenen Zwischensubstanz regelmässig geordnete Spindel- und Netzzollen enthalten. Er zeigte ferner, dass die atheromatöse Umwandlung der Flecke mit einer fettigen Metamorphose dieser Zellen beginne, und dass bei der Verkalkung die Zellen als wirkliche Analoga der Knochen zurückbleiben, eine Analogie, die noch von Donders und Jansen ausdrücklich geleugnet wurde. „Unterallen Verhältnissenquot;, sagt Virch o w weiter, „beginnt der Process wahrscheinlich mit einer gewissen Lockerung der binde-
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gewebigen Grundsubstanz , aus welcher die innere Arterienhaut zum grössten Theil besteht. Diese Lockerung schreitet nicht jedesmal bis zu einem vollkommenen gallertartigen Stadium fort, sondern in den Fällen, wo die mehr dichten, knorpelartigcn Flecke gebildet werden, sieht man häufig nur ein mehr helles, durchscheinendes, aber doch noch immer derbes Gewebe, das sich durch eine etwas succulentere Beschafienbeit von der übrigen Masse unterscheidet. Das Aufquellen der Grundsubstanz , welches vielleicht zum grossen Theile durch cine Imbibition flüssiger Stoffe aus dem vorbeiströmenden Blute entsteht, erkennt man nicht nur makroskopisch, sondern auch mikroskopisch durch die grössere Breite und Homogenität der Bindegewebsbalken. Bei recht ausgesprochener gallertartiger Metamorphose nehmen die flüssigen Bestandtheile noch stärker zu, und die Grundsubstanz wird mehr und mehr dem Glaskörper und dem Sulzgewebe analog, während bei der festern Form mehr das undeutlich fibrilläro Ansehen der Hornhaut hervortritt. Zu keiner Zeit verliert sich aber der continuirliche Zusammenhang der so veränderten Grundsubstanz mit den Balken und Lamellenzügcn der Innern Haut vollständig, im Gegenlheil kann man auf Verticalschnitten, welche durch die benachbarten Lagen der innern Haut gehen, sich auf das Bestimmteste überzeugen , dass die Züge der letztem continuirlk-h in die Grundsubstanz der verdickten Stelle übergehen, nur dass sich ihre Richtung ändert, indem sie namentlich zunächst der innern Oberfläche nicht mehr parallel und horizontal fortgehen , sondern sich in einem bald kleinern, bald grosseren spitzen Winkel erheben, um eine flache Curve zu bilden , oder in dem homogenen Grundgewebe ganz zu verstreichen. Mit dieser Verdickung und Umwandlung der Grundsubstanz gehen gleichzeitig auch die Zellen der innern Haut Veränderungen ein. Sie vergrössern sich nach allen Durchmessern, und stellen in den festern Flecken gewöhnlich zunüchst linsenförmige Höhlen dar, von denen aus man faden- und netzförmige Ausläufer verfolgen kann. Diese scheinbaren Höhlen oder Lücken sind blosse Querschnitte von Bindegewebsbalken, oder sie sind von zelligen Elementen eingenommen, an denen man gewöhnlich sehr frühzeitig eine Vergrösserung und Theilung der Kerne , später eine wirkliche Theilung der Zellen und demnach eine ähnliche heerdweise Wucherung erkennen kann, wie sie Virchow für eine ganze Reihe der verschiedensten Neubildungen kennen gelernt hat. Kein Gebilde bietet eine so grosse Uebereinstimmung der Verhältnisse dar, wie die gereizte Hornhaut. In den gallertartigen Bildungen ist von solchen Höhlen und Lücken Nichts zu sehen, da die weiche Grundsubstanz ganz homogen zu sein scheint. Dagegen sieht man zuweilen die Zellen sehr deutlich hervortreten , und wenn auch diese selbst wegen ihrer Zartheit und Blässe schwer zu erkennen sind.
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so bemerkt man doch deutlich die Kerne. Diese vergrössern sich, werden granulirt, theilen sich endlich, und so bilden sich hier gleichsam kleine Heerde, indem die sich vermehrenden Kerne dicht bei-sainmcn liegen. Manchmal kommt es zur Theiluug der Zellen, so dass kleinere, jüngere, rundliche Formen auftreten, welche einen ganz purii'ormen Bau darbieten können.
„Aufdiese Weise gewinnt daher der Process einen eigentlich activen Character, wie wir ihn für entzündliche Processe im Allgemeinen in Anspruch nehmen. Es handelt sich nicht um eine Rückbildung, wie wir sie bei der einfachen Fettmetamorphose kennen gelernt haben, sondern um eine Entwickelung neuer Gewebsbestan dt heile, um eine eigentliche Neoplasie neben der Hypertrophie der Grundsubstanz.quot; Rudolf Virchow.
Diese Grundsubstanz sowohl, als ihre Zellen nehmen mehr Material auf, und verbreiten dasselbe in einen ihrer Mischung analogen Stoffquot;, so jedoch, dass der Process nicht immer den Character einer blossen Hypcrplasie bewahrt, sondern eine, wenn gleich nicht sehr ausgesprochene Neigung zur Heteroplasie erkennen lässt, indem die Grundsubstanz bald mehr dem Schleime, bald mehr den chon-drinhaltigen Geweben sich annähert, und die Zellen bis zu puri-fonnen Bildungen fortschreiten können. Fügt man hinzu, dass sich in die verdickten Stellen selbst Gefässe hineinbilden, dass gleichzeitig mit dor Verdickung auch die unterliegenden Häute hyperä-misch sein und sich verdichten können, so liegt es auf der Hand, dass man die irr it at iv e Natur des Vorgangs n e b e n der nutritive n Natur nicht übersehen darf.
Durch diesen Vorgang wird nun nicht allemal eine Erweiterung des Arterienrohrs gesetzt, im Gegentheil hat man oft genug das entgegengesetzte Verhältniss beobachtet, nämlich die Verengerung und Lichtung des Gefässes. Oft beobachtet man, dass, während sich die Klappensegel durch die enarteriitis deformans verdicken und verkürzen, so dass hochgradige Incontinenz des Ostiums entsteht, sich der aufsteigende Theil und der Bogen der Aorta mit dicken, wulstigen und faltigen Höckern bedeckt. Die ganze Wand wird schwielig und gleichsam narbig. Das Lumen der Aorta verengert sich.
Sehritten die Verdickungen der Innern Wand bis zu einem gewissen Maasse vor, so geschehen gewöhnlich fettige Metamorphosen. Allein auch diese führen nicht nothwendig und immer zu Atherom-bildung, und selbst die fet'ige Umwandlung kann nicht ein für allemal als atheromatös bezeichnet werden. Das wahre Arterienatherom besteht nur aus der zweiten Art der Flecke, den halbknorplichen, und
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zwar nicht an der Oberfläche, sondern unter der Oberfläche, so dass sich ein Anfangs geschlossener, mit dem fettigen Erwoichungsbrei gefüllter Heerd bildet. Bei den gallertartigen Flocken ist es weit gewöhnlicher, dass an der Oberfläche selbst eine fettige Erweichung erfolgt, die zu oberflächlichen Zerstörungen und Usuren führt. Das Atherom beginnt wie die fettige Usur mit einer fettigen Metamorphose der Bindegewebskörperclien in den verdickton Stellen der innern Haut. Der Vorgang ist hierbei sehr einfach. Im Innern des Zellenkörpers schlagen sich eine Summe von Fettkügelchon nieder, die allnüuig den ganzen Zellenkörper erfüllen, und unter Volumenszunahme des Zellenkörpers das Bindegewebskörperclien in eine Körnchenzello verwandeln. Die Körnchenzellen werden beim Atherom immer grosser und zahlreicher, und endlich coufluiren sie, während die Grundsubstanz zwischen ihnen erweicht, zu einem gemeinschaftlichen Hoerde, indem sie sich schnell zu Körnchcnkugoln umbilden und in einen Körnerbrei zerfallen, aus dem sich grössere Fetttropfen und Cholestoarinkrystalle ausscheiden.
Die Umwandlung der gallertartigen Flecke geschieht in der Weise, dass sich in ihnen nur sehr spärlich Körnchenzellen entwickeln. Die Zellen entwickeln nur wenig Fett in sich. Zerfallen die Zellen, so hält auch die Grundsubstanz nicht mehr zusammen, und so kommt es unter allmäliger Abstossung der erweichten Pro-duete, die in den Blutstrom gerathen, zu jener oberflächlichen Usur, wodurch die Stellen schon für das blosse Auge rauh, matt und trübe erscheinen. Die Atherombildung, welche sich von der fettigen Usur unterscheidet, wie die Abscessbildung von der oberflächlichen Verschwärung, erreicht in der Aorta die grösste Mächtigkeit.
Der andere mögliche Ausgang der sclerotischen Flocke ist nach Virchow die Verkalkung. Virchow behauptet, dass es sich in der That dabei um eine Ossification handele, indem die Kalkplatten verästelte, zackige Körper enthielten, meist etwas kleiner und weniger stark ramiticirt, auch weniger dicht gelegen, als die corpora radiula. Auch die Ossification geschähe, wie die Atherombildung gewöhnlich in der Basis der Verdickungsschichten, so dass ;.uch bei ziemlich grossen Knochenplättchen sich gewöhnlich noch von der Oberfläche ein freies Häutchen, manchmal auch noch einzelne derbe Lagen von innerer Haut abziehen lassen. Doch ist nicht jede Ge-fässverkalkung eine Ossification. Ausserdem gehört auch nicht jede Gefässverkalkung hierher, da sowohl an kleinen, als auch an grosseren Gefässen ganz einfache, nicht ossificirende Gefässvorkalkungon vorkommen, welche der enurleriilis def'ormans ebensowenig zugeschrieben werden können, wie die einfache Verfettung.
Der Vorgang bei Aev enarteriitis defonnans \\\\A bei der Encar-ditis ist ganz identisch. Die höhere Bedeutung der Encarditis für
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Jen Kliniker wird durch die Wichtigkeit des Organs bedingt, das sie befallt, und durch die Oertlichkeit des Vorganges. Das Befallenwerden der Klappen von der Encarditis vermehrt ihre Gefährlichkeit in ungewöhnlicher Weise. Denn die geringste Zahl der bei acuten wie chronischen Encarditen beobachteten Krankheitszeichen ist von der Encarditis selbst herzuleiten, vielmehr weiden last alle gefahrbringenden Erscheinungen durch die gestörte Circulation erzeugt und unterhalten, welche durch die au den Ostien erzeugten Kreislaufshemmnisse hervorgerufen werden, welche wiederum die weiteren Folgen der deforrairenden Entzündung sind.
Die Gefahren, die die enarteriitis de/brmans für das befallene Individuum in sich schliesst, hängen theils von der Oertlichkeit des Vorganges, von dessen Grad und von der Rückwirkung auf das in dem erkrankten Gefässe strömende Blut ab. Am Gofürchtetston ist die enarteriitis deformans der kleinern Gehirnarterien, welche eine der häufigsten und gewöhnlichsten Ursachen der Hirnapoplexie ist. Bezüglich des Grades ist zu erwähnen, dass die Mächtigkeit derEnt-wickoluug an den grossen Arterien, an der Aorta, seltner an der Pulmonalis zur A n e u r y s m a b i 1 d u n g führt, wodurch die grosse Körperschlagader bis faustgrosse und noch darüber hinausgehende Ausbuchtungen erfährt, die als Aneurysmabildungen längst bekannt sind, welche zu Verschiebungen der Eingeweide, durch Druck zu Schwund der benachbarten Theile, selbst der Wirbelkörper bis zum Eröffnen des Wirbelkanals führen, bedeutende Kreislaufsstörungen und durch diese excentrische Hypertrophieen des Herzens veranlassen und in manchen Fällen durch Berstung der atheromatös entarteten Wand zur inneren Verblutung führen. Am Bekanntesten 1 sind die Aneurysmen der aufsteigenden, des Bogens und der absteigenden Aorta. Die Aneurysmen sind aber auch in andern Arterien, wenn auch ungleich seltner, beobachtet worden; bei Thioren besonders das Aneurysma der Gekrösarterie, des t/'imcus vurolid., der Bauchaorta.
Die Verkalkung der Gefäss w an de , als Folge der e7i-arterütis deformans, ist wiederholt bei Rindern in grosser Ausdehnung angetroffen worden, so dass unter andern alle grössern Arterien gleichmässig verkalkt waren, und durch diese Incrustation das System der grössern Arterien in starre, rigide Röhren umgewandelt schien. Dies ist früher schon wiederholt von Gurlt und Roell beobachtet worden. Lei sering traf eine ausgedehnte Verkalkung der Gefässe bei einer an Tuberkulose unigestandenen Kuh. Besonders waren es die hintere Aorta und die von ihr abgehenden Gefässe, welche in grösserer oder geringerer Ausdehnung eine Kalk-infiltration darboten ; weniger war dies bei der vordem Aorta der Fall. Auch an der hintern Hohlvene wurde bereits eine beginnende
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Verkalkung wahrgenommen. In der ganzen hintern Aorta, vom Herzen an bis zum Becken, fand sich in der Innenhaut in dem Gewebe unter der mittleren Haut die Kalkmasse, zum grössten Theile aus kohlensaurem Kalk bestehend, eine halbe Linie stark so gleich-massig abgelagert, dass nicht eine Stelle aufgefunden werden konnte, wo diese Ablagerung nicht stattgefunden hätte. Durch die mit den Gefässen vorgenommenen Manipulationen hatten sich in der Art Spränge erzeugt, so dass die ganze Innenfläche dadurch ein getäfeltes, mosaikartiges Ansehen erhielt. Die Innenhaut war unverändert, und Hess sieh mit Leichtigkeit von den Kalkplatten ablösen, während die mittlere Haut bedeutend atrophirt war. In der Hohlvene begann die Ablagerung erst; sie zeigte an vielen Stellen nur Trübung von Kalkmolekülen und einzelne wenige Inselchen, in denen sich bereits Kalkplättchen gebildet hatten. Ein ähnliches Verhalten zeigten auch die Arterien .geringeren Calibers mit Ausnahme der Arterienhaut des Fruchthälters, deren mittlere Haut ganz von den Kalksalzen itn-prägnirt war, und sie daher harten Schnüren glichen.
Dieser Leisering 'sehe Fall ist der enai'lei'iitis def'ormans gewiss nicht unterzuordnen. Denn die Innenhaut war unverändert, und liess sich mit Leichtigkeit ablösen, während die mittlere sich nur atrophisch zeigte. Wir haben demnach in diesem Falle eine nicht ossificirende diffuse Kalkinfiltration fast aller grössern arteriellen Gefässe des Rindes vor uns, wie sie bereits beim Menschen von Andral, Lobstein, Bizot beobachtet wurde, welche der Eiiarteriitis ebensowenig zuzuschreiben ist, wie die einfache Verfettung. Ueberall dürfen wir der Enarteriitis nur jene Formen der Erkrankung zumessen, bei denen die Erkrankung nachweislich mit einer activen Vermehrung der Elemente, mit Wucherung und Proliferation beginnt. Aber von alledem findet sich in der Leisering-schen Mittheilung nicht einmal eine Andeutung.
Die Rückwirkung der enarteriitis def'ormans auf das in dem erkrankten Gefässe circulirende Blut besteht in Faserstoßhieder-schlägen auf die rauhe, unebene und verdickte Wand. Es handelt sich hierbei meist um einen reinen, unvermischten, festen Faserstoff, der in geschichteten Lagen die verdickte und deformirte Innenhaut bedeckt. Am Häufigsten begegnet man demselben am Anfangstheil der Aorta, wo ja der Process am Gewöhnlichsten und am Intensivsten angetroffen wird. Die grösste Mächtigkeit erreicht aber dieser Auflagerungsvorgang innerhalb eines aneurysmatischen Sackes, in dem oft zollhoch, zwiebelschalenförmig übereinander gelagerte Fibrinhäute angetroffen werden. Hier, wie dort hat der Process etwas Heilsames, und besonders im aneurysmatischen Sacke treten diese sogenannten excedirenden Auflagerungen am Erfolgreichsten
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t-'inor spontanen Ruptur des aneurysmatisclien Sackes entgegen. Etwas Anderes ist es an den Herzklappen. Dort lernten wir wiederholt diese Faserstoffniederschläge aus dem vorbeiströmenden Blute als höchst gefahrbringende Cornplicationen der encardüis de-formans kennen; denn in vielen Fällen wurde eine beträchtliche Stenose nur durch sie bedingt. In kleineren Gefässen, welche Sitz der enarterütü defoniuins sind, z. B. in der Cruralis, in der Ca-rotis kann die Auflagerung aus dem Blute zu einem vollständigen Verschluss des Gefässes führen. Auf diese Weise führt die defor-mirende Arterienentzündung zu Arterienthrombose, als deren ge-fürchtetste Consequenzen Mortificationsvorgäuge in den ausser Circulation gesetzten Theilen zu nennen sind, die sieh unfehlbar dann einstellen müssen, wenn kein Collateralkreislauf eingeleitet wurde. Und so sehen wir unter diesen Umständen bei einer Thrombose der Cruralis Gangränder untern Extremitäten eintreten, wie nach Thrombose der Carotis ausgedehnte Erweichung des Gehirns folgt. Es geht also daraus hervor, dass die Phlogose im Gefässsystem häufig Thrombose bedingt, und wir sehen die auf Entzündung der Gefäss-wand folgende Thrombose unter zweierlei Verhältnissen eintreten: einmal bei den deformirenden Formen der Encarditis und Enar-teriitis, wo sich auf die rauhen und theilweise zerstörten Oberflächen wandstäudige Thromben auflagern, das andere Mal bei den suppu-rirenden und abscedirenden Entzündungen und den Nekrosen der Wand.
Dadurch sind jedoch die Ursachen der Gefässthrombose nicht gedeckt. Vielmehr sehen wir die Thrombose der Ge-fasse im ausgedehntes! en Maasse ohne Concurrenz der Phlogose in dem Gefässsystem, z. B. folgt sie einer Continuitätstrennung der Gefässwände regelmässig, wodurch der Luft der Zutritt zu dem Gefässlumen gestattet wird; so nach Aderlass, nach Trepanation, Exstirpation, Amputation etc.; ferner nach Ligaturen, Compressionen, directer Verstopfung der Gefässe, nach aufgehobenem oder abgeschwächtem Blutdruck, und endlich in der Nähe exponirter Flächen, z. B. Wund- und Geschwürsflächen. Sie ist viel häufiger in den Venen, als den Arterien, obwohl die innere Yenenhaut nur ausnahmsweise Sitz der Entzündung ist. Man kann demnach verschiedene Arten von Thrombosen unterscheiden :
Die m ara n tische Thrombose, welche früher gewöhnlich als spontane, auch wohl als rheumatische, metastatische Phlebitis bezeichnet wurde, und welche nicht blos wegen ihrer Häufigkeit, sondern auch wegen ihrer Folgezustände, namentlich der partiellen schmerzhaften Oedeme (pklegmasta alba dolens) und derhämorrha-gischen Ergüsse (Apoplexie) halber von grosser practischer Wichtigkeit ist. Diese Form findet sich im Gefolge der mannigfachsten
Gleiabergr. vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;31
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Krankheiten, welche mit Siechthum verbunden sind. Sie ist in's-Besondere sehr gewöhnlich im Verlaufe der chronischen Cachexieen, der Phthisen, der Krebse, bei Leuten mit langem Krankenlager, daher namentlich bei chirurgischen Fällen (Brüchen, Nekrosen, Eiterungen), aber ebenso in der Reconvalescenz der schweren fieberhaften Krankheiten, namentlich der Typhen, der protrahirten Puerperal-erkrankungen. Entweder sind dies Krankheiten, welche mit allgemeiner Abmagerung einhergehen, oder es kann sein, dass überwiegend die Muskeln, namentlich das Herz, oder überwiegend die motorischen Muskeln leiden. Am Meisten kommt jedoch auf den Zustand der Herzbewegung an, indem jedesmal, wo die Herzkraft geschwächt ist, eine Neigung zu partiellen Stockungen, namentlich im Venenblute gegeben ist. Sehr oft besteht auch eine organische Veränderung des Herzens, besonders aber niedere Grade der fettigen Metamorphose des Herzfleisches, neben welcher eine starke Fettbil-dung, allgemeine Fettleibigkeit vorhanden sein kann, Indess kommt es auch oft genug vor, dass daneben allgemeine Abmagerung besteht, z. B. bei Typhen, bei Atrophieen der Kinder.
Indem die Herzkraft vermindert wird, verlangsamt sich der Blutstrom, und die Thrombose geschieht dann am Häufigsten in den entferntesten Abschnitten der Blutbahn. Besonders an 3 Orten findet unter solchen Verhältnissen ziemlich rasch eine Thrombenbildung statt, nämlich in den Venen der untern Extremitäten, in den Venenstämmen des Beckens und in den Venensinus des Gehirns. Die örtlich anatomische Anordnung, der Klappenreichthum einerseits, anhaltende Lage auf der einen wie auf der andern Seite, grosse Muskelruhe, örtliche Hindernisse der Blutströmung, präexistirende Dilatationen der Gefässe, Verdickungen und Starrheit ihrer Wandungen andrerseits begünstigen natürlich die Stagnation des Blutes.
Die Compressions thr o mbose. Hierher gehören natürlich auch die Formen der Venenverschliessung durch Ligatur, durch Druck von Geschwülsten, durch Dislocation von Knochen. Eben dahin muss man auch jene Form rechnen, wo der Druck zunächst mehr auf die Capillaren wirkt, und je nach der Grosse des Drucks der Blutstrom entweder ganz gehemmt und Arterienthrombose herbeigeführt wurde, oder der Blutstrom wenigstens sehr abgeschwächt und Ven enthrombose eingeleitet wird. In die erstere Categorie fällt die Verstopfung der Arterien bei Tuberkulose, in die letztere rechnet V i r c h o w eine Reihe von Venenverstopfungen bei entzündlichen Zuständen, z. B. die der Lungenvenen bei Pneumonie, die der Nierenvenen bei parenchymatöser Nephritis. In allen solchen Fällen findet sich grosse Anämie des Parenchyms, was man gerade bei den Hepatisationen der Lunge und heim morbus Brightii sehen kann. Hier muss in einzelnen Venen eine ähnliche
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Abschwächung des Stromes entstehen, wie bei dem Marasmus allgemein, da nur eine sehr kleine Menge von Blut durch die engen Capillaren passiren kann, aus denen dasselbe in den Venen mit sehr vermindertem Druck anlangt.
Die Dilatationsthrombose ist an sich sehr einfach. Es gehören dahin die vielbesprochenen wandständigen Thromben der Aneurysmen, und zwar sowohl die der Arterien, als die des Herzens, sodann die obstruirenden Thromben der Varicen, endlich die Pfropfe der Telangiectasieen.
Die trau matis ehe Thrombose ist jene Form der throm-botischen GefHsserkrankung, welche zuerst die Veranlassung zur Aufstellung der Phlebitis gegeben hat, und welche als die reinste Form der suppurativen Art erscheint. Hier hat man sich stets gedacht, dass die Wand sich zunächst entzünde, und die eitrigen Massen absondere, die dann weiterhin die Veranlassung der seeun-dären, namentlich der allgemeinen Erscheinungen werden könnten. Aber es ist ganz irrig, die Frage von der Eiterbildung mit der Untersuchung der Entstehung der Thrombose zu confundiren. Es mag einzelne Fälle geben, wo die Entzündung der Wand die wesentlichste Ursache der Thrombose und ihrer Folgen ist. Indess kommen gerade diese Fälle beider traumatischen Thrombose nicht in Betracht, sind überaus selten, niemals sondert die innere Wand Eiter ab. Zur traumatischen Thrombose gehören die Aderlassthrombose und die Amputationsthrombose. Während bei der ersteren nur eine partielle Verwundung der Wand vorliegt, haben wir bei der letzteren eine complete Continuitätstrennung des Gefasses. Die Aderlassthrombose ist nicht die Folge von Operiren mit, stumpfen, besudelten Instrumenten, wie früher allgemein angenommen wurde, sondern hängt mit Vorgängen in dem Wundcanal zusammen. Bei jeder Venäsec-tion ergiesst sich zum Theil während des Offenseius der Wunde, zum Theil nach dem Verschlüsse derselben etwas Blut in das ünterhaut-gewebe, und es bildet sich in dem Wundcanale ein Blutgerinnsel. Bei fetten Personen, bei kleiner Oefihung der Vene oder bei Verschiebung der Haut entsteht dies Gerinnsel oft schon während der Zeit, wo das Blut fliessen sollte, und nicht selten setzt es dem Weitergange dieses Ausfliessens bedeutende Hindernisse in den Weg. Dieses Gerinnsel des Wundcanals zusammen mit dem in das Unterhautgewebe infiltrirten Blute bezeichnen die Thierärzte seit langer Zeit als Thrombus, und Vidal gebraucht denselben Ausdruck auch für denselben Gegenstand beim Menschen. Dieser Thrombus, welcher von grösster Bedeutung für die Heilung der Venenwunde ist, erfüllt nämlich nicht blos den Wundcanal im Unterhautgewebe, sondern er reicht auch in die Venenwnnde, deren Ränder gewohnlich klaffen, und er bildet hier einen gegen die Lichtung des Gelasses etwas vor-
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springenden rundlichen, platten Zapfen. Nach und nach entfärbt, verdichtet und verkleinert sich dieser Zapfen, seine Oberfläche wird platter und glatter, seine peripherischen Theile verschmelzen mit den Venenhäuten, und es entsteht so dauernder Verschluss der Venen-öffhung. Der äussere Thrombus darf eben nur durch neuen Fibrinansatz, was so leicht geschehen kann, wachsen, um dem innern Thrombus das wandständige und später das verstopfende Gerinnsel zu liefern. Denn „in der That ist die Aderlassthrombose zunächst bedingt durch die Vergrösserung des äussern Thrombus, und der innere Thrombus ist fern davon, etwas mit der Entzündung zu thun zu haben, da es eben nur eine Art von fortgesetztem Pfropfe ist, ganz analog jenen, welche sich von kleinen Aesten über deren Mündungen hinaus in die Lichtung grösserer Stämme hinein erstrecken.quot; Eu d olf Virch o w. Das Wesentlichste ist, dass hier der äussere Thrombus klein bleibe, was durch ein ruhiges Verhalten, durch einen guten Verband erzielt wird. Auch dürfte zuweilen eine directe Verklebung der Wundränder stattfinden.
Auch die Thrombennach Amputationen, Exarti-culationen, Exstirpationen, Resectionen sind gewöhnlich nicht wesentlich an Phlebitis gebunden. Ihre Bedingungen sind mannigfaltig, und es wäre irrig, sie auf eine einzige Ursache zurückführen zu wollen. Denn wir beobachten nach derartigen Operationen Thromben, die entfernt von der Operationsstelle auftreten, z. B. auf der nicht operirten Seite oder weit oberhalb der Operationsstelle, die sich entweder auf locale Verlangsamung des Blutstromes oder auf allgemeine Abschwächung desselben beziehen lassen. Die Amputationsthrombose entsteht in der Nachbarschaft der Operationsstelle auf folgende Weise : Wenn das freie Ende einer Vene sich auf einer Wundfläche öffnet, so fliesst gewöhnlich das zunächst dieser Stelle befindliche Blut aus, und die Vene fällt zusammen. Ist die Vene mit starken Muskellagen versehen, wie es an den Hantvenen, besonders der untern Extremitäten der Fall ist, so erfolgt eine langandauernde Contraction, und mar. findet dann das Lumen aufs Aeusserste verkleinert, ja nmnehma! ganz verschwunden. Die innere Haut ist in längliche Falten gelegt. Ist die Venen wand durch schwielige Adhärenzen fixirt, oder ist sie durch natürliche Verbindung an feste Nachbartheile angeheftet, wie es bei den Knochenvenen der Fall ist, so wird die Venenwand zwar klaffen, aber das Blut fliesst ab. Unter normalen Verhältnissen tritt Entzündung in der Umgebung der durchschnittenen Vene ein, es kommt zur Narbenbildung, und unter Contraction derselben entartet die Vene zu einem bindegewebigen Strang. Dieser einfache Vorgang ist jedoch nicht sehr häufig. Von grosser Bedeutung sind hier die Klappen. Der Bau der Venenklappe ist
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Fhlogosis und Thrombosis im Gefässsjstem.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 485
derartig, class er zwar das Strömen des Blutes nach dem Herzen zu gestattet, aber keinen Rückstau nach der Peripherie erlaubt. Ist eine grössere Vene durchschnitten, so kann begreiflicherweise nur das Blut abfliessen, was unterhalb der nächsten Klappe sich befand. Daher kommt es auch. dass bei Durchschneidung grosser Venen, z. B. der v. ci'uralis bei Oberschenkelamputationen nur wenig Blut ausfliesst. Es muss sich deshalb bei durchschnittenen grosseren Venenconstant eine Thrombusbildung bis zur Einmündung eines Seiten-venenastes einleiten. Ungünstiger, als unter normalen Verhältnissen gestaltet sich die Sache bei Anlegen einer Ligatur, wo allemal eine Thrombusbildung eintreten muss. Sehr verwandt der Amputationsthrombose ist die Nabelvenenthrombose der Neugeborenen, die aber keinesfalls stets vorhanden sein muss, denn oft heilen die fötalen Blutwege ohne Thrombenbildung.
Von hoher Wichtigkeit sind die puerperalen Thrombosen. Sehr richtig hat Cruveilhier hervorgehoben, dass der Uterus unmittelbar nach der Geburt eine grosse AVundfläche darstelle, und der Zustand der Wöchnerin dem einer Operirten gleiche. Gewöhnlich löst sich mit denEihäuten auch der grössteTheil der hinfälligen Haut, die eine umgewandelte oberflächliche Lage der Uterinschleimhaut ist, und so kann es nicl^ fehlen, dass hier sehr oft die tiefen Lagen der Schleimhaut losgenssen und die Muskelschichten biosgelegt werden. An allen diesen Stellen werden Gefässe mit zerrissen, die freilich für gewöhnlich nichtsehr umfangreich sind, indess zuweilen doch ein beträchtliches Caliber besitzen. Ungleich bedeutungsvoller ist die Ablösung der Placenta, welche bei der innigen Verbindung der Chorionzotten mit den Gelassen der Mutter nie ohne bedeutende Verletzung der letzteren vor sich geht, so dass auf der Placentarstelle stets eine grosse Menge klaftender, insbesondere venöser Gefässe zurückbleiben. Ausserdem geschehen hier sehr oft grössere Einrisse, wie sie am Damme und dem Muttermunde sehr bekannt sind, wie sie jedoch auch innerhalb des Mutterhalses und besonders in der Scheide während des Durchganges der Frucht sich weiter mit fortbilden. Diese unzweifelhaft bedeutenden Gefässverletz-ungen heilen in der grösstenZahl der Fälle, wobei begreiflicherweise die Contraction des Uterus von der grössten Bedeutung ist, Je mehr sich der Uterus vermöge seiner contractilen Elemente zusammenzieht , um so mehr werden auch die in ihm enthaltenen sehr weiten Gefässe ganz passiv comprimirt. Das Blut wird aus ihnen ausgetrieben , und die an sich sehr muskulöse Gefässwand kann sich bei dem geringen Gegendrücke, den sie durch das restirende Blut erleidet , ebenfalls leicht contrahiren. Bei den normalen Heilungsvorgängen ist nun nicht jede Thrombose in den Uterinvenen ausgeschlossen , sondern es findet normal eine beschränkte Thrombose
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statt. Die Venen verhalten sich hier wie an einer Amputationswunde. Der Druck a tergo hört auf, weil die Continuität der Venen unterbrochen ist, doch ist ein vollständiger Abfluss des Blutes wie an einer Operationswunde hier nicht möglich, da bei der Klappen-losigkeit der sinuösen Venen des Uterus das abfliessende Blut immer wieder ersetzt wird. Neben Contractionen des Uterus selbst sind aber auch die Contractionen der Gefasse von der grössten Bedeutung. Virchow meint nicht sowohl die intrauterinen, als die im Umfange des Uterus befindlichen Gefasse, namentlich die plexus uterini, vaginales, yampiniformes, und die damit zusammenhängenden Stämme, namentlich die venae hypogastricae und spermaticae intei'-nae. Der Uterus kann sich ganz vollständig zusammenziehen, derHei-lungsprocess kann in ihm ganz regelmässig verlaufen, und doch können diese Gefasse in ihrem abnormen Dilatationszustande verharren, wodurch Venenthrombose entstehen muss. Zur Vermeidung derselben, für eine regelmässige Kückbildung des gesammten Generationsapparats ist durchaus eine active Contraction dieser Gefasse nothvvendig. Hierzu gehört aller Wahrscheinlichkeit nach ein besonderer Nerveneinfluss, und es dürfte insbesondere das Eintreten einer rechtzeitigen Lactation, zumal das Milchfieber in dieser Beziehung einen grossen Einfluss haben, während alle para^sirenden und schwächenden Einflüsse, wie sie schon für die Contraction des Uterus selbst sehr nachtheilig wirken, auch die Gefässverengung beeinträchtigen. Die pathologische Thrombose geschieht daher hier zunächst an zwei verscliiedenen Punkten und aus zwei verschiedenen Ursachen. Die placentare Form stellt nur eine ungewöhnliche Ausdehnung und Fortsetzung der physiologischen Thromboso dar, indem sich an die endständigen obstruirenden Pfropfe nach und nach neueMassen von Blutgerinnsel ansetzen, und ihre Richtung gewöhnlich zu den Seitentheilen des Uterus hin verfolgen. Diese Form hat daher in der Entwickelung grosse Aehnlichkeit mit der Aderlassthrombose. Die übrigen, sowohl die intra- als extrauterinen Formen, wie sie an den Seitentheilen des Uterus innerhalb der breiten Ligamente, an der Scheide, an dem Umfange der Tuben und Eierstöcke sich finden, gehören der Dilatationsthrombose an, obwohl begreiflicherweise marantische und local-entzündliche Vorgänge ihre Entstehung sehr begünstigen, und hier so sehr in den Vordergrund treten können , dass sie als die eigentliche Veranlassung erseheinen. Vor allen Dingen sind hier die crysipelatösen und diphtheritischen Entzündungen des Puerperalfiebers zu nennen, deren lähmender Einfluss auf die Gefässmuskulatur sehr leicht zu erkennen ist. Damit ist jedoch das Gebiet der puerperalen Thrombose noch nicht erschöpft. Diese findet sich bekanntlich am Gewöhnlichsten noch in Gesellschaft der p/ilegmasia alba dolens an einer oder der andern
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Phlogosis und Thrombosis im Gefässsystem.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;487
untern Extremität, indess kann sie auch in derselben Weise an dei. äussem Geschlechtstheilen und an noch entfei-nteren Stellen, z. B. an der obern Extremität und am Auge auftreten. In den Fällen, namentlich wo ganz entfernte Venen verstopft werden, liegt gewöhnlich marantische Thrombose vor, wie sie auch bei der phlegmasiu alba dolens non puerperalis gewöhnlich das einseitige und schmerzhafte Oedem des Schenkels erklärt. Bei der eigentlichen puerperalen Form ist auch an die Bildung eines fortgepflanzten Thrombus zu denken, wobei sich die Erkrankung vonden Uterinzweigen der t)e?ioÄy^O(/alaquo;-(rica auf die vena iliaca und femoralis der afficirten Seite fortpflanzt. Der Druck des Kindskopfes auf die vena iliaca der einen oder andern Seite beim Durchtritt durch das kleine Becken scheint zuweilen auch die Entstehung einer Femoraithrombose zu begünstigen.
Aus dem bis jetzt Angeführten wird hervorgehen, dass jeder Fall von thrombotischer Gefässerkrankung eine sehr mannigfache Deutung zulassen kann. Das beste Beispiel dafür ist die Puerpc-ralthrombose, die wir soeben bald als placentare, bald als marantische, als Dilatations- und als Compressionsthrombose scheiden mussten.
Die Schicksale der Thrombosen hängen ganz vorzüglich von der Beschaffenheit des Thrombus und von den Vorgängen in der Umgebung ab, wie wir das bereits in dem Capitel über eitrige und jauchige Infection des Blutes kennen gelernt haben. Lösen sich grössere Thrombenstücke ab, und gelangen dieselben in das circulirendeBlut, so werden sie bei Venenthrombose in das rechte Herz gelangen, und keilen sich entweder dort ein als wandständige, eingewanderte Thromben, oder die Thromben gelangen durch den Blutstrom in die Pulmonalarterie, sich dort früher oder später einkeilend. Wir treffen dann die eingewanderten Thromben auf den Bifurcati onsstellen der Aeste oder Zweige der Pulmonalis reitend an. Vor dem eingewanderten Pfropfe geräth das Blut in Gerinnung, und so können hier die bedeutendsten mechanischen Stasen erzeugt werden , die sofort durch Suffbeation tödten. Kleinere wandernde Thromben erzeugen die bekannten metastatischen keilförmigen Heerde. Zerfällt der Gefässthrombus zu einer puriformon Masse, so ist die grösste Gefahr vorhanden, dass das Individuum der Pyämie erliege. Ist die puriforme Masse se-questrirt, so kann dieselbe die Intima angreifen, Nekrose derselben und Meso- und Periphlebitis erzeugen, die ebenfalls puriforme Productc liefern und zu ausgedehnten Zellgewebsvereiterungen, besonders der Extremitäten führen. Dies gilt namentlich für die phlegmasia alba dolens. Kommt es nicht zum Durchbruch des Eiters, so dickt derselbe, namentlich in den Venensinus oberhalb der Klappe, zu einer mörtelartigen Masse ein, von der schliesslich Nichts zurückbleibt, als ein erdiges Concremcnt, das sogenannte Venen-
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Von ilen Erkrankungen des Herzens und der Gefasse.
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Steinehen, die wir besonders in den enorm erweiterten und sackartig ausgebuchteten Venen der untern Extremitäten, der Schamlippen antreffen. Verjauchen die Thromben, so setzt das immer die Imbibition des Thrombus durch diffusible, in Zersetzung begriffene Fluida voraus. Dies findet namentlich in jenen thrombotischen Gefässen statt, deren Nachbartheile diphtheritisch entzündet oder verjaucht und gangränescirt waren. Die Verjauchung grösserer Thromben führt gleichzeitig zur Verjauchung der innern Gefässhaut, zur Meso- und Periphlebitis und zur diffusen Zellgewebsentziindung mit verjauchenden Producten. War der Thrombus von mehr fester Beschaffenheit, verstopfte er dauernd ein grosses Gefäss, so müssen nothwendig die bedeutendsten entzündlichen Oedeme des Theils sich herausstellen, von dem die Vene das Blnt ableitet. Doch folgt der Venenthrombose viel seltener Gangrän der Theilo, als wie der Arterienthrombose. Erysipelasformen der äassern Haut sind besonders als Consequenzen von Venenthrombose zu nennen. Sie sind durch grosse Hartnäckigkeit ausgezeichnet. Das Unterhautgewebe ist hierbei Sitz entzündlicher Infiltrate, welche die grösste Neigung zum eitrigen Zerfall haben. Der günstigste Ausgang ist der in Verwachsung der Vene (sogenannte adhäsive Phlebitis). Bei der Amputations- und Placentarthrombose verschwindet durch Contraction oder durch Collapsus das Lumen der Vene fast ganz, es bildet an der quot;Wundfläche sich eine Entzündung, die sich auch auf die Venenhäute erstreckt. Diese Entzündungsgeschwulst befördert die Verengerung der Lichtung noch mehr, endlich bilden sich Granulationen , es entsteht Narbengewebe, dieses zieht sich zusammen, überwächst die Venenwunde, und schliesst dieselbe. Bei mangelnder Continuitätstrennung der Vene ist es auch die Wandentzündung, welche das Lumen der Vene verringert, und unter fettigem Zerfall und Resorption der Thrombusreste endlich zum Verschluss des Gelasses führt. Befallen derartige adhäsive Entzündungen srrössero Venenstämme, wie z.B. dieJugularis, so können dadurch bleibende Kreislaufsstörungen und deren Folgen in jenen Gefässprovinzen erzeugt werden, von denen die Vene das Blut ableitet.
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Von den Erkrankungen des Lymphgefässsystems.
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Die Entzündung der Lymphgefässe und Lymphdrüsen, Entartung der Lymphdrüsen.
Die Entzündung der Lymphgefässe tritt bald acut, bald chronisch auf, Sie entsteht theils durch örtliche Ursachen: Quetschung,
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Die Entzündung der Lymphgefiisse.
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Druck, durch öfteres Reiben und andere meclianische Momente, theils und ganz vorzüglich durch Mittheilung benachbarter Krankheitsprocesse, besonders durch Aufnahme von Krank-heitsprodueten aller Art in die Saugadern, sowohl von einfacheren, wie vonVesicatoren und dem Rothlauf, Zellgewebsvereiter-nng, als auch durch Aufnahme inficirender Stoffe, wie besonders des Leichengiftes, des virus sypkiliticum,'Pockeneiters, derLochien. des Rotz- und Wurmgiftes und der Krebsjauche. Beim Menschen disponirt zu Entzündungen der Lymphgefassc besonders das jugendliehe, noch mehr das Säuglingsalter. Bei Thioren ist vorzüglich das Pferd zu Lymphgefassentzündungen geneigt, und hier tritt das den Einhufern geradezu eigenthümliche Verhältniss ein, dass einfache acute Nasencatarrhe sich mit Entzündungen der Lymphgefässe und Lymphdrüsen vergesellschaften. Es weist dies daraufhin, dass entweder bei den Einhufern die Luftwegschleimhaut reicher an Lymphge-fiissen ist, als die anderer Geschöpfe, oder die Lymphgefässe der Luftwegschleimhaut sind so an ihren Anfangstheilen mit den Ausläufern der Bindegewebskörperchen der Schleimhaut verbunden, dass eine Fortleitung pathologischer Säfte hier leichter statt-iindet. Werden speeifische Säfte an einer Wunde oder in einem abgeschlossenen Räume oder parench3Tmatös producirt, so wird die Entstehung der Lymphgefässentzündung noch viel begreiflicher. Doch unter solchen Verhältnissen begegnen wir ihr mit gleicher Frequenz bei den Thieren, wie beim Menschen. Aber die Disposition der Einhufer zu Lymphgefassentzündungen macht sich auch unter diesen Umständen in auffälligerer Weise bemerklich, indem beim Rotz, besonders beim Hautrorz die ausgedehntesten Lymphgefassentzündungen vorkommen, so gewöhnlich und in einer Weise, wie wir dies bei Rotzinfection des Menschen nicht wahrnehmen. Bisweilen scheint die Fortleitung von Infectionsstoffen durch die Lymphgefässe stattzufinden , ohne dass sich die Lymphgefässe selbst entzünden. Dies gilt weniger von jenen Thiergiften, deren Wirkung mehr oder weniger der putriden Infection gleichkommt, besonders aber den von Krebsneubildungen stammenden speeifischen Säften, sowie den scro-phulösen Säften. Hier ist es nur Ausnahme, wenn es gelingt, entzündete Lymphgefässe von der entzündeten, nässenden oder eiternden Stelle bis zur entzündlich geschwollenen Lymphdrüse zu verfolgen. Das entzündete Lymphgefass nimmt bedeutend an Dicke zu, wird knotig, der Inhalt gerinnt oder ist eitrig, blutig. Doch von ungleich grösserem Interesse sind die Vorgänge in der Umgebung des entzündeten Lymphgefässes. Diese werden besonders beim Menschen sichtbar, wenn oberflächlich gelegene Lymphgefässe der Extremitäten sich entzünden. Es entsteht hier ein röthlicher, rosarother Streif, der meist in ziemlich gerader Richtung mehr oder weniger parallel
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mit der Längsaxe der Extremität verläuft. In der Tiefe fühlt man den härtlichen, knotigen Strang, dessen centrales Ende in der Regel eine entzündliche Lymphdrüse ist. Bei Thieren treffen wir ganz dasselbe Verhältniss, nur mangelt die Rosenröthe der Haut.
Die Entzündung der Drüse kommt bei Thieren und Menschen unter gleichen Verhältnissen wie die Lymphgeiassent-zündung vor. Sie bildet schmerzhafte entzündliche Anschwellungen, die bei einer rapiden Entwickelung regelmässig von Fieber, selbst von typhösen Erscheinungen bogleitet sind. Der Ausgang der Lymphgefass- und Lymphdrüsenentzündung ist bald der der Zer-theilung, bald der der Verhärtung, der Eiterung der Lymphgefässe und Lymphdrüsen und des umliegenden Zellgewebes. Eiter- und Jaucheinfection treten nur in seltenen Fällen auf. Die Entzündung der Lymphdrüsen scheint gleichsam einen Damm dem Vordringen specifischer Säfte ins Blut entgegenzusetzen.
Die degenerativen Lymphdrüsenanschwellungen zeigen mannigfache Unterschiede, je nach derNaturihrerUrsachen. Dersyphi-litische Bubo befällt meist nur eine Drüse. Die durch Rotzinfection bei Thieren hervorgerufenen Anschwellungen der Kehlgangsdrüsen sind meistentheils einseitig, hühnerei- bis gänseeigross und bestehen aus einer Summe erbsengrosser, rothweisslicher Knoten, die durch ein verdichtetes Bindegewebe zusammengehalten werden, und sehr oft im Zustande beginnender oder vollendeter käsiger Metamorphose angetroffen werden. Die grosse Härte der einseitigen Drüsenanschwellungen beruht auf' der Bindegewebsinduration. Beim Menschen sind die Drüsenanschwellungen am Bekanntesten bei der Scrophulose und bereits abgehandelt. Die tuberkulöse Affection ist namentlich von den Bronchialdrüsen bekannt. Die carcinomatösen Anschwellungen der Lymphdrüsen sind selten primär, häufiger seeundär. Als primärer Krebs ist besonders der sogenannte retro-peritoneale bei Menschen und Thieren bekannt. Er geht von jenen Lymphdrüsenpacketen aus, die hinter dem Bauchfell gelagert Aorta und vena cava umgeben. Allmälig wachsen diese Drisen unter Entartung zu einer hirnmarkähnlichen Masse, deren Elemente gern fettig entarten, wodurch das carcinoma reticula?-e entsteht, zufaust-, kindskopf-, selbst mannskopfgrossen Massen heran, die durch Hineinziehen der Nervengeflechte in diesen riesigen Entartungsheerd Ursache der fürchterlichsten Neuralgieën werden. Beim Rind wurde dieser Krebs über 100 Pfund schwer angetroffen.
Die seeundären Drüsenkrebse erreichen niemals eine so colossale Ausdehnung, als wie der primäre Drüsenkrebs.
quot;Wichtig sind die Bubonen bei der Fest des Menschen. Hier treten da und dort in der Leisten-, Achsel- und Ohrengegend schnell
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Kropf.
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schwellende Drüsenpackete auf, die das umgebende Zellgewebe sowie die Haut in Entzündung versetzen.
Beim Menschen tritt noch ein nicht durch chronische oder acute Infectionskrankheiten veranlasster Bubo auf, das ist der buho nascentium. Er bildet sine Mehrzahl als Packet nebeneinander oder in Reihen liegender, ungefähr haselnussgrosser Knoten, z. B. in den Weichen, am Hinterkopf, in der Tiefe des Halses. Doch sind hier nicht immer locale Uebel auszuschliessen, welche den Drüsentumor veranlassen. Die massenhafteste Schwellung erfahren die Lymphdrüsen bei der lymphatischen Form der Leuchämie.
Krankheiten der Schilddrüse.
Blutübcrfüllungen der Schilddrüse werden zuweilen bei hochgradiger venöser Stase oder bedeutender arterieller Fluxion im Verlaufe von Herzkrankheiten wahrgenommen.
Häraorrhagieen in das normale Parenchyra sind selten, dagegen werden häufig Blutergüsse in dem entarteten Schilddrüsenparenchym und namentlich in den grössern Schilddrüsencysten beobachtet. Dasselbe gilt von der Entzündung der Schilddrüse.
Die Hypertrophie der Schilddrüse ist der sogenannte
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Kropf.
Die Kropfbildung beruht entweder auf einer Vermehrung der normalen Schilddrüsenbläschen, oder auf einem übermässigen Wachsthum der originären Drüsenblasen über das normale Grössen-maass von 1/2S — illl(i Millim. Durchmesser hinaus. Sehr oft findet Beides nebeneinander statt. Die Hypertrophie befällt gewöhnlich die Schilddrüse gleichmässig, selten ist das übermässige Wachsthum hier ein einseitiges. Statt der röthlichen oder röthlich braunen Körnung sind die Läppchen zu Aggregaten von nadelspitzen- bis mohnkorngrossen, hellen, durchscheinenden Bläschen geworden, welche in einem weissen Bindegewebe eingelagert sind. Häufig springt in einem Läppchen ein Bläschen oder eine Gruppe solcher durch ihre überwiegende Grosse hervor, welche in einem verstärkten Bindegewebsgerüste lagern. Hie und da finden sich wohl Bläschen vor, welche die Hanfkorngrösse erreichen. Die Drüse hat dabei gewöhnlich eine eigenthümliche , talgähnliche Consistenz, ist blassgelb, blutleer, und ergiesst beim Drucke auf dem Durchschnitte eine klebende, farblose oder blassgelbliche, honigartige Flüssigkeit, die man ihrer Farbe, zähen Consistenz wegen mit dem flüssigen Leim verglichen und deshalb als colloide Substanz aufgeführt hat. Dies 'st nach Rokitansky der einfache Kropf. Zuweilen tritt jedoch
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eine Neubildung von Drüsenelementen auf, die bald neben der einfachen Hypertrophie, bald ohne diese angetroffen wird. DasErgeb-niss ist das Vorhandensein von rundlichen Knollen von Erbsen- bis Wallnuss- und Hühnereigrösse, welche von einer stärkeren, fascia-artigen Bindogewebshülle umgeben, gleichsam neue, der originären Drüsenmasse eingeschaltete Lappen darstellen. Zuweilen enthalten diese selbst wieder seenndäre derlei Knollen. Sie bestehen aus Schilddrüsenparenchym neuer Bildung, welches je nach der Ent-wickelungsstufe und nach verschiedenen consecutiven Veränderungen ein sehr variables Aussehen darbietet. Die Drüse ist bis zu ganz enormen Graden vergrössert, dabei missgestaltet, indem sie durcli knollige Protuberanzen in verschiedener Anzahl eine gelappte Oberfläche erworben hat. Ja es gelangen diese Knollen wohl aus der Drüse hinaus und erscheinen als gestielte Anhänge derselben. Ein Durchschnitt erweist die Drüse zu einem Aggregate von Knollen der verschiedensten Grosse umgestaltet, die bald dünn-, bald diekhülsiger sind , zwischen welchen sich kaum erweisliche Reste des ursprünglichen Drüsenparenchyms erhalten haben. Der Inhalt der Knollen ist ein neugebildetes Driisonparenchym. Neben jenen Bildungen kommen Cysten vor, welche aus einer structurlosen Blase und dem sie umfassenden Bindegewebslager hervorgehen. Ihr Inhalt ist ein albuminös seröser, farbloser, blassgelblicher, oder auch ein dicklicher, klebender, einer Gummilösung ähnlicher. Das die Knollen ausfüllende Drüsenparcnchym erfährt gleichfalls eine Erweiterung der ursprünglichen Drüsenbläschen. Es hat eine Neigung zum fettigen Zerfall, zur Verödung und Incrustation, zur Hä-morrhagie und Entzündung. DieGefässo erweitern sich gern aneu-rysmatisch mit Neigung zur spontanen Berstung.
Die Kropfbildung ist bei Menschen und Thieren sehr häufig. Beim Menschen kommt der Kropf sogar endemisch , namentlich in gebirgigen Thälern, in Steiermark, Schweiz, Tyrol, vor. Der sporadische Kropf befällt das weibliche Geschlecht häufiger, als das männliche. Das Geburtsgeschäft scheint nicht ohne Einfluss auf die Entwickelung und weitere Ausbildung des Kropfes zu sein. Dasselbe gilt von der Pubertät. Bei Thieren ist der Kropf selten bei Pferden , dagegen häufig bei Hunden beobachtet worden. Ausser der Missstaltung, die der Kropf erzeugt, rufen nur seine höhern Grade Kurzathmigkeit, keuchendes Athmen, schmerzhaftes Schlingen, Husten, selbst Erstickungsgefahr hervor. Durch Druck auf die Halsvenen kann der Rückfluss des Blutes vom Gehirn in der quot;Weise gehemmt werden , dass Schwindel,. selbst Schlaganfälle entstehen. Mittlere und geringere Grade der Kropfbildung sind, wie schon erwähnt, symptomenlos.
Als Neubildungen der Schilddrüse sind zu nennen: Bindegc-
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Kropf.
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websneubildungen, die Kropfbildung coinplicirend : Knochenneu-bilduugen, nämlich eine csteoide Umwandlung des hypertrophischen Bindegewebs im Kropf: Neubildung von Driisengewebe mit den oben geschilderten Knollen; Cystenneubildungen und Krebs. Der letztere ist meist ein Markschwamm, kommt beim Menschen zuweilen auch primitiv vor, entweder in disseminirten kleinen Knoten, oder als substituirende Aftermasse. Als solche wuchert er mit Degeneration der Fascien, des Bindegewebes, der Muskeln weit über die Drüse hinaus, perforirt und wächst zuweilen in die innere Jugiüar-vene, nach einer andern Richtung in die Trachea, in den Larynx hinein. Beim Hunde ist der Kropf'krebs als Markschwamm mehrfach beobachtet, doch nicht primitiv, sondern neben Krebsablagerung in andern Organen. Er stellt nach Roell höckrige, mit der Haut verschmolzene, schmerzhafte, rasch heranwachsende Geschwülste dar, die bisweilen die Haut durchbrechen und dann verjauchen.
Die amyloide Entartung der Schilddrüse ist selten beim Menschen, aber doch hin und wieder angetroffen worden. Hierbei erschien das Parenchym des vergrösserten Organs wachsartig, starr, trocken, brüchig, gewöhnlich fahl, ohne Cystenbildung.
Von Parasiten ist der Echinococcus in der Schilddrüse höchst selten beim Menschen angetroffen worden.
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Krankheiten der Digestionsorgane.
Von den Krankheiten der Mundhöhle.
Anatomische Störungen.
Der Catarrh der Mundschleimhaut
entsteht theils durch direct auf die Mundschleimhaut einwirkende Reize, wie durch kalte oder chemisch differente Ingesta, durch Tabakrauchen , Einwirken des Quecksilbers, oder er pflanzt sich von benachbarten Organen auf die Mundschleimhaut fort, oder der Mund-catarrh ist das Symptom eines allgemeinen, constitutionellen Leidens, wie des Typhus, Scharlachs etc.
Die Zeichen des Zustandes sind: Anfangs dunkle Röthung und Trockenheit der Schleimhaut, bis endlich im stadium decre-menti reichliche Absonderung eines durch Beimischung getrübten Secrets eintritt. Frühzeitig kommt es zur Schwellung der Schleimhaut und des submukösen Gewebes, zu vermehrter Secretion und massenhafter Bildung von Zellen. Die Zungenränder und die Wangenschleimhaut sind am Stärksten geschwollen. Ein trüber Schleim bedeckt Wangen, Zahnfleisch und Zunge, und erzeugt so die sogenannte belegte Zunge. Beim chronischen Mundcatarrh ist die Schwellung der Schleimhaut noch beträchtlicher. Die Schleimhaut ist mit geschwellten Follikeln besetzt, ein dicker, gelber Schleim bedeckt in starken Lagen das Zahnfleisch, zumal in der Nähe der Zähne, die verlängerten Fortsätze der fadenförmigen Papillen erscheinen wie weisseFädchen, und geben der Zunge ein pelziges oder haariges Ansehen.
Die Symptome desMundcatarrhscoincidirenbegreiflicherweise mit dem anatomischen Befunde, da jene Vorgänge frei zu Tage liegen. Bei nervösen Kindern sollen sieh mitunter Reflexkrämpfe hinzuge-
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Die croupüse und diphtheritische Stomatitis.
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seilen, besonders in der Periode der Dentition, jedoch ist das causale Verhältniss zwischen Mundcatarrhen, Zahnen der Kinder und allgemeiner Convulsion keineswegs festgestellt. Die Geschmacksempfindungen sind bei Mundcatarrhen wohl allemal pervers, besonders gilt dies vom chronischen Catarrh. In schwereren Fällen ist der chronische Mundcatarrh für die Kranken ein überaus lästiges Uebel.
Bei Thieren sind dieCatarrhe der Maulhöhle ganz gewöhnliche Erscheinungen und werden unter den nämlichen Verhältnissen angetroffen, wie beim Menschen der Mundcatarrh. Besonders constant sind jene Catarrhe, die durch allgemeine Uebel hervorgerufen werden, und namentlich vergesellschaftet sich der aus allgemeinen Ursachen (Fieber) hervorgehende Magencatarrh der Thiere, vorzüglich der Einhuferund Hunde, so constant mitCatarrhen der Maulschleimhaut, dass aus diesem für den Thierarzt wichtige semiotische Zeichen hervorgehen, eine Thatsache, die besonders durch die Beobachtungen Beaumont's gestützt wird, denen zufolge Veränderungen auf der Magenschleimhaut alsbald analoge Veränderungen auf der Mundschleimhaut hervorriefen.
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Die croupöse und diphtheritische Stomatitis.
Beim Croup der Mundhöhle wird ein Exsudat auf die freie Fläche der Schleimhaut gesetzt, was sich ohne Substanzverlust loslöst. Bei der Diphtheritis, wobei sich ganz analoge, weisse, gelbliche Exsudatplatten wie beim Croup bilden, findet dieses spurlose Ablösen nicht statt, sondern die Schleimhaut erfährt hierbei allemal einen Substanzverlust, der als sogenanntes diphtheritisches Geschwür auf der Mundschleimhaut zurückbleibt. Die Diphtheritis des Mundes stellt beim Menschen eine der intensiveren Formen der merkuriellen Stomatitis dar, oder sie vergesellschaftet die epidemische Diphtheritis des Schlundes, und dann ist sie eine von dort aus fortgepflanzte. Beim Croup der Mundschleimhaut sieht man weisse Plaques, welche die geröthete und geschwellte Schleimhaut bedecken, namentlich den Tonsillen aufliegen. Sie lassen sich unschwer mit dem Mundspatel entfernen. Bei der diphtheritischen Stomatitis treten anfänglich schmutzigweisse, später reinweisse Flecke an der Schleimhaut auf, die sich nicht abwischen lassen. Dagegen stossen sich diese weissen, nicht entfernbaren Plaques schon nach einigen Tagen selbst ab, und hinterlassen einen Substanzverlnst, das sogenannte diphtheritische Geschwür. Der Grund dieses Verhaltens lässt sich leicht aus dem morphologischen Verhalten dieser diphtheritischen Platten erklären. Während die Croupmembranen vorherrschend aus Epithelialzellen bestehen, die durch ein fibrinreiches Bindemittel zusammengehalten
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werden, ist der Vorgang bei der Dipbtheritis keineswegs so oberflächlicher Natur. Wir haben hier eine Affection der Schleimhaut, welche in einer Infiltration der Mukosa mit Exsudat und Versohorf-ung derselben besteht. Häufig nekrosirt vor Allem das Epithelium zu einem mattweisslichen, gelblichen, schmutzig graulichen, häutigen, adhärenten Schorfe, welcher sich anatomisch besonders dadurch von der Croupmembran unterscheidet, dass der Schorf hier nicht blos eine Oberfiächenbildung ist, sondern die Substanz der Schleimhaut selbst mit ergriff, und dieselbe gleichzeitig mehr oder woniger in dem Schorf mit unterging. Denn auch sie ist hier zu einem weisslichen, gelblichen, braunen, oft blutig suffundirten Schorfe abgestorben. Jedoch ist eine oberflächliche Diphtheritis der Schleimhaut bei der diphtheritischen Stomatitis die gewöhnliche Form, seltener wird die Schleimhaut in ihrer ganzen Dicke durch ein Exsudat infiltrirt und zerstört. In der Regel trifft man die innere Fläche des Mundes in einen weichen, missfarbigen Schorf verwandelt. Doch beobachtete ich auch eine plattenartige, dissem inirteDiphtheritenbildungaufder Mundschleimhaut. Jene Geschwüre heilen mit gefilzten Narben. Nach Abstossung der diphtheritischen Platten und Schorfe entsteht ein unerträglicher Schmerz, der sich besonders beim Sprechen vermehrt. Die in Fäulniss begriffenen Schorfe erzeugen einen widrigen halitus oris. Die Genesung geht sehr langsam vor sich. In 8—-14 Tagen ist sie bei den oberfläclilichen, in 4—6 Wochen erst bei den eingreifenden Diphtheriten vollendet.
Bei den Thieren ist die Diphtheritis der Maulhöhle, besonders bei der Rinderpest beobachtet. Auf der Maulschleimhaut der an der Rinderpest leidenden Thiere treten bekanntlich auf der Zunge, am Flotzmaul, auf' der innern Fläche der Wangen, am harten und weichen Gaumen grosse, weisse Platten auf, die von den frühern ITorschern, namentlich von M oritzRoell alsExsudationenaufgefasst wurden. Dieser Auflassung ist namentlich in der neuern Zeit durch Brau eil widersprochen worden, welcher eineEpithelialwucherung hier beansprucht, während Ra wit seh die Versicherung giebt, dass er in diesen Platten oder Knötchen auf der Maulschleimhaut rinderpestkranker Thiere jene active, passiveErnährungsstörung vor sichhabe, die in einer Wucherung lebensunfähiger Zellen bestehe. Diese Elemente wären bald diffus im Gewebe infiltrirt, bald aber und meistens nur auf mehr oder weniger begränzten Stellen und zwar mehr in den obern Schichten der Schleimhaut angehäuft, wodurch bald knoten-, bald plattenartige Erhöhungen entstünden, die mit dem schnell eintretenden Zerfalle sowohl der neugebildeten Zellen, alä auch des sie bedeckenden Epithels in jene weiche, fettige Masse verwandelt würden, die man als Exsudat angegeben habe. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, dass Brau e 11 und Ra witsch
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Soor.
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die Exsudattheorie in der Lehre der Rinderpest ganz beseitigt wissen wollen. Diese reine Principfrage hier zu discutiren, würde entschieden zu weit fuhren, nur erlaube ich mir hervorzuheben, dass die bindende Zwischensubstanz, welche die Epithelien untereinander zu einer Platte vereinigt, doch nur aus den Blutgefassen stammen kann, und auf jeden Fall ursprünglich flüssig war. Die Infiltration der Schleimhaut besteht in einer vermehrten Aufnahme von Material in ihre Parenchymzellen, wodurch die Schwellung des Gewebes bedingt wird, und in einer fortgesetzten Kern- und Zellenwucherang, die durch Apposition von unten aus den oberflächlichen Schorf vermehren. Das interstitielle Gewebe scheint hier einer fettigen Usur zu unterliegen, schliesslich gebt Alles im diphtheritischen Schorfe unter.
Mit Croup und Diphtheritis der Mundschleimhaut verwandt ist der
Soor.
Er wurde bis zu der Zeit, in welcher man entdeckte, dass ein pflanzlicher Parasit, der auf der Schleimhaut des Mundes wuchert, der Krankheit zu Grunde liege, oder doch bei derselben die wesentliche Rolle spiele, für eine eigenthtimliche Form von exsudativer Stomatitis gehalten. Den Soorpilz, aidium albicans, kennt man ausser-halb des Organismus nicht, und weiss daher auch nicht, auf welche Weise die Keime desselben in den Mund gelangen. Unverkennbar sind dabei gewisse Bedingungen nöthig, damit die Keime im Munde haften und der Pilz in demselben gedeihen könne. Und so scheint besonders das Belegtsein der Schleimhaut mit einer Schleimlage dem Haften der Pilzsporen hinderlich zu sein, während eine trockene Schleimhaut das Haften begünstigt. Am Besten gedeiht der Pilz dort, wo das Kauen und Schlingen mit wenig Energie geschieht, daher bei Neugebornen, bei Moribunden. Unreinlichkeit begünstigt seine Entwiekelung.
Auf der Innern Fläche der Lippen, der Zunge und dem Gaumen erkennt man zarte Pünktchen oder einen zarten, 'reifähnlichen Beschlag, bei hohem Grade käsige und schmierige Massen, deren Aussehen mit geronnener Milch Aehnlichkeit hat. Anfänglich lassen sie sich leicht wegwischen, später sind sie adhärent. Sie pflanzen sich auf der Larynxschleimhaut häufig bis auf den Oesophagus fort, und man hat letzteren sogar mit Soormasse ganz verstopft gefunden. Die mikroskopische Untersuchung ergiebt, dass jene Platten und Pünktchen auf der Mundschleimhaut bei Soor aus einem Aggregat trüber, granulirter Epithelialzellen bestehen, aus welchen zierliche Fäden hervortreten, und zwar aus einer Anhäufung von runden Sporen, aus denen sie gleichsam hervorwachsen. Hie und da sieht
G1 e i s b e r g, rergleichende Patbologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;32
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498nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Digestionsorgane.
man die Fäden durch Scheidewände getheilt, und diese Gliederung characterisirt sie genügend als pflanzliche Bildungen. Jene Fäden bilden oft sehr dichte, filzartige G-eflechte, die Epithelien sind in deren Umgebung granulirt, trübe, von Fettkörnchen durchsetzt.
In den aphthösen und diphtheritisehen Schorfen der Mundhöhle kommen, besonders in grosser Menge auf den Exsudaten des Oesophagus, im Gefolge von Typhus, im Choleratyphoid, Pilze vor, die Robin unter das Genus Leptomitus gestellt hat. Die von Pilzen bewohnten Exsudate sind schon bei der Besichtigung mit freiem Auge durch einen eigenthümlichen Habitus kenntlich, welcher in einer Entfärbung zum Schmutziggelben, Fahlen, in Lockerung, in einem Ansehen von Zernagt- oder Zerwühltsein besteht. Häufig begleiten die Erscheinungen eines Gastrointestinalcatarrhs die des Soors der Kinder.
Parenchymatose Entzündung der Zunge.
Bei der parenchymatösen Entzündung der Zunge wird ein Exsudat zwischen die Muskelfibrillen gesetzt, wodurch die Fibrillen zerfallen. Die Ursachen der Glossitis sind bald mechanischer Natur, bald sind es Verbrennungen, bald sind sie chemischer Natur: In-sectenstiche, Quecksilbereinwirkungj ätzende Substanzen. Bei der acuten Glossitis wird die Zunge in toto ergriffen. Die Zunge ist oft um das Doppelte vergrössert, dunkel geröthet, mit zähem, blutigem Schleim bedeckt. Die Substanz der Zunge ist durchfeuchtet, weich und blass. Bei dem Ausgange in Zertheilung kehrt die Zunge schnell zu ihrem normalen Umfange zurück, mitunter bleibt sie für längere Zeit hart und vergrössert. Bei den intensiveren Formen tritt Eiterung in der Zunge ein, wodurch sich kleine Abscesse bilden, die bersten, und mit strahliger Narbe heilen. Bei der chronischen Entzündung der Zunge findet man namentlich am Rande derselben umschriebene harte Stellen, welche wenig oder gar nicht promi-niren. Das Zungenfleisch ist an jenen Stellen strahlig, zusammengezogen, die Muskelsubstanz partiell geschwunden und durch Bindegewebe substitnirt. Wunderlich beschreibt eine glossitis dissecans, durch welche die Zunge durch tiefe Einschnitte auf ihrer Oberfläche in mehr oder weniger zahlreiche Läppchen zerfalle. Sie ist in vielen Fällen syphilitischen Ursprungs.
Die Zungenentzündung der Thiere bietet nichts Besonderes dar.
Der Wasserkrebs, Noma,
ist bis jetzt nur beim Menschen beobachtet, und zwar bei Kindern, welche unter schädlichen Einflüssen, bei unzureichender und ver-
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Neubildungen der Mundhöhle.
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dorbener Kost, in schlechter Wohnung elend und kachectisch geworden sind, oder bei solchen, welche vorher schwere Krankheitei; überstanden haben, und in Folge dessen ausserordentlich geschwächt sind, wie nach Typhen, Masern, Pneumonieen. In Holland scheint der Wasserkrebs epidemisch zu herrschen. Die Behauptung, dass demselben eine Entzündung zu Grunde liege, scheint mir doch noch auf etwas schwankenden Füssen zu stehen. Denn wenn eine Krankheit des Menschen das Bild eines spontanen Brandes täuschend liefert, so ist es der Wasserkrebs. Wenigstens in den beiden Fällen, die ich zu beobachten Gelegenheit fand, hat der Zustand ganz und gar den Eindruck eines passiven Vorganges auf mich gemacht. Der Process begann in einem der Fälle (der andere Fall war ein Noma der weibliehen Geschlechtstheile eines Kindes) auf der linken Wange eines 5jährigen, heruntergekommenen Knaben mit der Bildung eines harten, lividen Knötchens, von welchem aus rasch der Livor sich über die Wange bis zum Mundwinkel fortsetzte und herab bis zur Mandibula stieg. Schon den andern Tag löste sich die Epidermis stellenweise ab, sie wurde runzlich, und das darunter gelegene Gewebe ersclyen matsch, aashaft riechend; eine schwarze Jauche floss nach aussen und nach der Mundhöhle ab, und unter Ablösen schwarzer Fetzen waren den 5. Tag beide Kiefer der leidenden Seite complet biosgelegt. Das Kind ging unter den höchsten Graden der Erschöpfung zu Grunde.
Pie scorbutische Affection der Mundschleimhaut
ist bei Menschen und Thieren, besonders bei Hunden und Schweinen vielfach beobachtet. Es kommt hier zu einer parenchymatösen Blutung in die Substanz der Schleimhaut, zur Schwellung dieser, zu Mundblutungen und zur Bildung scorbutischer Geschwüre.
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Neubildungen der Mundhöhle.
Ansser den Sarcomen und Carcinomen des Oberkiefergerüstes und des Unterkieferknochens werden in der Mundhöhle des Mensches und der Maulhöhle derThier efolgende Neubildungen beobachtet:
Bindegewebsneubildungen: DieEpnlis, bei Menschen und Thieren, ein vom Zahnfächer ausgehendes Sarcom ; Condylome als eine Papillarwucherung der Schleimhaut der Lippen, der Wangen und der Zunge bei constitutioneller Syphilis; fibröse Kachen-polypen (fibröse Sarcome), oft sehr monströs, entwickeln sich gemeinhin von dem harten Gaumen, von dem Keilbeine aus, und ragen als runde Geschwülste von unversehrter Schleimhaut bekleidet in die Mundhöhle herein;
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500nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Digestionsorgane.
Teleengiectasieen (cavernose Geschwülste) an den Lippen,
an der Zunge, bis jetzt nur beim Menschen;
Neubildung von Zahngewebe, das Odontom (Virchow und Leisering);
Cysten, entweder von den Lippendrüsen ausgehend, und dann kaum von Erbsengrösse, oder sich aus einer Erweiterung des dttclus Whartonianus hervorbildend, dann bis zur Hühnerei-grösse unter der Zunge neben den mm. yeniohyoidei angetroffen, und als Froschgeschwulst, rafluld, bei Menschen und Thieren wohlbekannt; sie enthält Speichel, Speichelconcremente, Schleim und unter Umständen, wenn sie den Werth eines Neugebildes hat, oder aus der Hypertrophie jenes Schleimbeutels hervorging , der neben dem dnctus ff^kartonianus gelagert ist, eine syno-viaähnliche Flüssigkeit; endlich
Das Carcinom.
Der Faser- und Me d ullarkre bs ist nur beim Menschen und auch bei diesem nur sehr selten angetroffen worden, natürlich unter Ausschluss jener vom Periost der Kiefer ausgehenden Krebswucherungen, welche bei Menschen und Thieren vielfach beobachtet sind, und constant secundär Krebs Wucherung der Mundschleimhaut nach sich ziehen. Primär ist dagegen der Epithelial-krebs hier um so häufiger. Er tritt beim Menschen in der Wangen-schleimhaut, dem Zahnfleische, der Unterlippe, an und in der Zunge auf. Denn der Epithelialkrebs der Zunge ist entweder eine oberflächliche Wucherung epidermoidaler Gebilde mit nachfolgender Ent-wickolung cancroiderHeerde in der Schleimhautsubstanz, die durch nachträglichen Zerfall zu sehr bedeutenden Verwüstungen derMund-und Rachenschleimhaut führt und zuweilen mit weitläufiger, gestrickter , constringirender Narbe heilt, oder er ist ein substantiver Krebs, der die Zunge in ganzer Dicke heerdweise oder in grosseren Strecken gleichinässig (diffus) befällt, und deren Gewebe vollkommen substitnirt.
Bei Thieren sind sarcomatöse Wucherungen der Zungen Schleimhaut mehrfach, besonders bei Rindern angetroffen worden.
Als
Functionelle Störungen der Mundhöhle können Zungenlähmungen, Geschmacksalienationen gelten.
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Die Entzündung der Farotis.
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Erkrankungen der Speicheldrüsen. Anatomische Störungen.
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Die Entzündung der Parotis
ist bald idiopathisch, als sogenannter Ziegenpeter und Bauerwätzel beim Menschen wohl bekannt, bald sympathisch oder metastatisch. Die idiopathische Parotitis, welche auch seuchenartig auftritt, besteht in einer Schwellung der Ohrspeicheldrüse, die durch ein fibrinarmes, flüssiges Exsudat gebildet wird, weshalb auch in den meisten Fällen nach wenig Tagen die Anschwellung spurlos verschwindet. Weit seltener gesellt sich zu dieser Exsudation eine massenhafte Bildung von Eiter in dem entzündeten Gewebe, wobei es zur Schmelzung des Gewebes und zur Abscessbildung kommt. Es bilden sich hier grössere oder kleinere mit Eiter gefüllte Heerde, die sich innerhalb eines hyperämischen oder mit Eiter gefüllten Bindegewebes befinden. Durch Druck auf die Gewebe kann es zur Nekrose und dadurch zur Verjauchung der vereiternden Drüse kommen. Die symptomatische Parotitis kommt im Gefolge schwerer Krankheiten, namentlich des Typhus vor, seltener begegnen wir ihr beim Choleratyphoid, bei den Masern, den Pocken. Sie bildet bei diesen Zuständen unter allen Umständen eine unangenehme und unerwünschte Complication. Sehr oft begleitet sie die unheilbaren, tödtliehen Fälle.
Die Erscheinungen ergeben sich aus der Lage und dem anatomischen Character von selbst. Oft geht Fieber voran, oft nicht. Die Geschwulst entstellt das Gesicht, und hindert das Kauen und Schlingen; sie verschwindet meist den 5., 6. Tag. Bei Männern schwillt häufig im Verlauf der Krankheit ein Hode. Die vereiternde Parotitis führt leicht zur Eitervergiftung und dadurch zum Tode. Die symptomatische Parotitis geht nur selten in Heilung über. Sie entwickelt sich oft mit rapider Schnelligkeit, und verschwindet eben so schnell wieder unter vehementer Zunahme des Fiebers und jähem Verfall der Kräfte, oder sie führt zur Eiterung und Verjauchung, worauf ein rascher Collaps und Lungenödem determinirt.
Bei den Thieren ist die Entzündung der Ohrspeicheldrüse selten. Entweder begleitet sie eine Entzündung des Schlundkopfs oder einen Catarrh der Luftwege, oder sie ist das Product mechanischer Einwirkung. Oft werden Entzündungen der unter ihr liegenden Lymphdrüsen und des Luftsackes, wodurch sie nach aussen
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502nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Digestionsorgane.
gedrängt und die ganze Gegend schmerzhaft wird, mit Parotitis verwechselt. Die Ausgänge sind dieselben, wie beim Menschen.
Neubildungen in der Speicheldrüse sind: Krebs, besonders beim Manschen, aber auch bei Thieren, Melanosen bei Pferden. In den Ausführungsgängen bilden sich zuweilen Speichelsteine, nämlich erdige Niederschläge von phosphorsauren und kohlensauren Salzen, die zur Retention des Speichels und zur Entzündung und Vereiterung der Drüse und des sie umhüllenden Bindegewebes Veranlassung geben.
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Functionelle Störungen der Speicheldrüsen.
Der Speichelfluss besteht in einer gesteigerten Function der sämmtlichen Speicheldrüsen. Er wird bald durch Reize, welche die Schleimhaut der Mund- und Rachenhöhle treffen, bald durch chemisch wirkende Substanzen, als Mercurial- und Jodpräparate, ferner durch Irritation der Magen- und Darmschleimhaut, bald durch gewisse psychische Einflüsse und endlich durch manche Krankheiten, z. B. den Typhus, die Intermittens, ohne dass andere wahrnehmbare Ursachen nachgewiesen werden können, hervorgerufen.
Bei Thieren kommt der Speichelfluss genau unter denselben Verhältnissen vor, nur sind bei diesen als besondere Ursachen auch die Hundswuth und der Starrkrampf zu nennen.
Verletzungen des ductus Stenonianus erzeugen sogenannte Speichelfisteln. Dieselben sind ausser beim Menschen vielfach beim Pferde beobachtet. Der ductus Stenonianus des Pferdes ist auch ausserordentlieh exponirt, indem er sich um den hintern Rand des Unterkieferastes herumschlägt, und dort leicht durch mechanische Insulte getroffen werden kann.
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Von den Krankheiten der Rachenhöhle.
Anatomische Störungen.
Der Catarrh der Rachenhöhle
ist beim Menschen eine sehr häufige Krankheit. Dieselbe ist häufiger bei Kindern und jugendlichen Individuen als bei altern Leuten. Ein einmaliges Ueberstehen steigert die Anlage für ein
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Der Catarrh der Kachenhöhle.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 503
erneutes Befallenwerden. Merkurialismus und allgemeine Syphilis scheinen den günstigsten Boden für die hartnäckigsten Rachen-catarrhe zu liefern. Die erregenden Ursachen sind entweder direct einwirkende Reize, und hierhin ist auch die Einwirkung des über-mässigen Trinkens auf die Rachenschleimbaut zu rechnen, daher ganz besonders habituelle Biertrinker unausgesetzt an Rachencatarrhen laboriren. Bei starkem Bauchen wird etwas Aehnliches beobachtet. Mitunter ging eine Erkaltung dem Rachencatarrh voran, jedoch ist dieses Verhältniss gewiss von älteren Aerzten übertrieben worden, oder der Catarrh pflanzt sich von benachbarten Organen auf die Rachenschleimhaut fort, z. B. geht zuweilen ein Laryngal-, ein Magencatarrh auf den Rachen über. Häufig gesellt sich der Rachencatarrh zu allgemeinen fieberhaften Krankheiten, die er in einigen Fällen mit einer unveräusserlichen Constanz begleitet. Hierher gehören besonders die Scarlatina und die constitutionelle Syphilis.
Beim acuten Catarrh ist die Schleimhaut geschwollen, ge-röthet, am Deutlichsten ist dies an der Uvula der Fall. DieTonsillen sind bald mehr, bald weniger geschwollen. Im weitern Verlaufe erscheinen sie oft siebartig durchlöchert. Ans den Oefthungen quillt ein rahmähnlicher Eiter.
Beim chronischen Catarrh ist dieSchleimhautmehrfleckig geröthet, von varikösen Venen durchzogen, dunkel pigmentirt. Die Schwellung der Schleimhaut ist bedeutender, der Schleim liegt in dicken Lagen auf. Die Gaumenbögen zeigen follikuläre Geschwüre. Die erweiterten Oeffnungen der Tonaillen enthalten käsige, übelriechende Pfropfe oder steinige Concremente. Bei hartnäckigen Fällen ist die Pharynxschleimhaut Sitz von Follikularhypertrophieen.
Die äussern Zeichen sind beim acuten Catarrh oft Fieber, aber ganz besonders höchst lästige Schlingbeschwerden. Zu diesen Schlingbeschwerden gesellt sich nicht selten eine quälende Erstick-ungsnoth bei dem geringsten Versuche etwas zu schlucken, weil der geschwollene Pharynx und vielleicht ein lähmungsartiger Zustand der Pharynxrauskeln einen vorübergehenden Verschluss der Speiseröhre bedingt, weshalb Speisen und Getränke auf die rima glottidis gelangen. Dabei haben die Patienten eine dickbelegte Zunge, der Geschmack ist aufgehoben, fötider halitus oris ist vorhanden, der Mund ist voll Speichel. Pflanzt sich die Entzündung durch die E u s t a c h i sehe Trompete auf die Paukenhöhle fort, so werden die Kranken schwerhörig. Bisweilen kommt es hier zur Eiterbildung und zur Perforation des Trommelfells. Der gewöhnliche Ausgang ist nach einigen Tagen in Genesung, wobei unter Nachlass der Schlingbeschwerden colossale Mengen Schleim und Speichel ausgeworfen werden. Beim chronischen Catarrh treten die Schlingbeschwerden und die Schmerzen sehr in den Hintergrund. Der
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504nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Digestionsorgane.
chronische Rachencatarrh der Potatoren zeichnet sich besonders durch eine massenhafte Schleimproduction aus, was das morgendliche Würgen und Erbrechen der Trinker veranlasst. Die käsigen Pfropfe, welche sieh in den Balgdriisen derTonsillen bilden, werden oft ausgeworfen. Bei den sehr hartnäckigen Formen, die Chomel als phlegmasie granuleuse bezeichnet, wobei die hintere Pharynx-wand das oben geschilderte drüsige Ansehen gewinnt, klagen die Kranken über ein unbestimmtes Hinderniss und über ein Gefühl von Prickeln und Trockenheit im Halse. Zeitweilig wird ein zäher Schleim ausgeworfen. Die Krankheit besteht meist viele Jahre und ist in der Regel unheilbar.
Bei Thieren ist die Entzündung des Rachens eine sehr häufige Krankheit. Sie complicirt oft die Entzündung des Kehlkopfs und der Luftröhre, und namentlich bei Pferden pflanzt sie sich gern auf die Eustachische Ohrtrompete fort, und erzeugt hier in deren häutigein Anhange (Luftsack) eine profuse Absonderung. Constant sind die Mandeln dabei mit entzündet. Bei Pferden und Schweinen ist diese sogenannte Bräune am Häufigsten, selbst in seuchenartiger Verbreitung angetroffen worden.
Die Ursachen der Krankheit lassen sich in den allerseltensten Fällen auf mechanische Einwirkungen zurückführen. In der Regel gingen Erkältungen dem Zustande voran, oder bei dem seuchenartigen Herrschen der Bräune scheint Ozonreichthum der Luft das verbreitete Auftreten dieser Krankheit zu veranlassen. Krankheiten, welche die catarrhalische Entzündung der Rachenhöhle nachsich-ziehen, sind bei Thieren ganz besonders die Lyssa, die epizootischc Brustentzündung und die Milzbrandfieber. Bei der catarrhalischen Form der Bräune, und von dieser ist nur hier zu handeln, ist Fieber zugegen, die Thiere lassen vom Fressen ab, halten den Kopf gestreckt, und zeigen besonders eine grosse Empfindlichkeit beim Druck auf die regio parotidea. Aus der Maulspalte fliessen grosse Quantitäten zähen Schleimes. Treibt das Hunger- und Durstgefühl das Thier zu Futter- und Getränkaufnahme, so fliessen gewöhnlieh die aufgenommenen Stoffe durch die Nasenhöhle wieder ab, da das lange velum palatüium beim Pferde den Rücktritt dieser Stoffe in die Maulhöhle hindert. Bei einem niedorn Grade der Affection tritt auch bei den Thieren innerhalb acht bis vierzehn Tagen Heilung ein. Häufiger als beim Menschen betheiligt sich bei der catarrhalischen Bräune das den Pharynx umgebende Bindegewebe, das gar nicht selten vereitert, und durch Druck auf Kehlkopf zu Erstickungs-noth führt, die auch eintritt, wenn keine spontane oder künstliche Eröffnung stattfand. — Bei Schweinen bilden sich nach R o e 11' s Angabe kleine umschriebene, von infiltrirtem Bindegewebe umgebene, nicht zusammenfliessende Abscesse, nach jleren Entleerung häufig eine
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Diphtheritische Entzündung der Rachens cbleimhaut.
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harte, unschmerzhafte Geschwulst nach aussen zurückbleibt, die in vielen Fällen den Eintritt der Luft in den Kehlkopf erschwert, und ein andauernd keuchendes Athmen veranlasst. Beim Pferde ruft die Ansammlung von Eiter oder Schleim in den Luftsäcken sehr oft bedeutende Atheranoth , selbst Tod durch Suffocation hervor. Mitunter dickt der Eiter hier ein, und eine Anfüllung des Liiftsacks bleibt zurück. Durch Verbreitung der Entzündung auf die ligämenta aryoepiglotlica werden diese serös infiltrit, und so kann dieses Glottisödem schnell durch Erstickung tödten. Oft com-plicirt eine Lungenentzündung die Bräune, die eine grosse Neigung zu Gangränescenz besitzt. Nicht so selten ist der Ausgang in Brand der Rachenschleimhaut.
Die Sectionsergebnisse sind den geschilderten Symptomen entsprechend.
Die croupöse Entzündung der Eachenschleimhaut
begleitet beim Menschen am Häufigsten den Laryngalcroup, wobei die Cronpmerabranen einen Beleg auf den Tonsillen und Ganmenbögen bilden, oder sie vergesellächaftet sieh mitTyphen und ichorrhämischen Zuständen, seltener ist sie ein selbstständiges Leiden. Bei Thieren ist cIlt Rachencroup selten.
Von grösserer Wichtigkeit ist die
diphtheritische Entzündung der Eachenschleimhaut.
Hierbei wird die Schleimhaut des Rachens und der angrenzenden Theile durch den diphtheritischen Process in faulige Zersetzung übergeführt, doch ist eine scharfe Scheidung des Croups und der Diphtheritis auch hier nicht möglich, beide Zustände gehen ineinander über. Die Diphtheritis des Rachens tritt epidemisch auf und sucht dann besonders die Kinderwelt heim. Derartige Epidemieën waren uns früher unbekannt, erst seit kaum einem Decennium sind sie in Deutschland beobachtet und beschrieben worden. Viel früher bekannt ist die sccundäre, sich zum Scharlach gesellende Diphtheritis des Rachens, der zum grossen Theil jene Verheerungen zuzuschreiben sind, welche manche Scharlachepidemieen anrichten. Bisweilen cora-plicirt die Diphtheritis Typhen, Ichorrhämie.
Die Schleimhaut bedeckt sich bei diesem Zustand mit gelb-Iliehen, grauen, consistenten Plaques, die ihren eigentlichen ISitz in dem Gewebe der Schleimhaut haben, zu einem zottigen IZerfall desselben führen, und bedeutende Substanzverluste zu-jrücklassen. Doch besitzt nicht immer der Process diesen destruc-
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506nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Digestionsorgane.
tiven Character, vielmehr werden oft die diphtheritischen Infiltrate in Form von Pseudomembranen wiederholt abgestossen. Die vor zwei Jahren in und um Dresden herrschende Diphtheritisepidemie war besonders dadurch ausgezeichnet. Der Process pflanzt sich hier sehr oft durch die Choanen in die Nasenhöhle fort, und aus dieser wurden dann massenhafte Afterhäute ausgeschieden, die einem con-sistenten Faserstoff' vollkommen glichen. Oft pflanzte sich der Process auf den Kehlkopf fort. Die secundäre Diphtheritis liefert nicht solche derbe Afterhäute. Hier zerfliessen entweder die Infiltrate der Schleimhaut schnell zu einer schmierigen, missfarbigen Masse (ein Analogen des feuchten Brandes), oder die infiltrirte Schleimhaut verwandelt sich in eine trockene, schwarze, russähnliche Masse. Dies letztere habe ich besonders bei Scharlach beobachtet (ein Analogon des trockenen Brandes). Tritt Heilung ein, was nur nach completer Elimination aller abgestorbenen Schleimhauttheile möglich ist. so heilt der Substanzverlust mit einer strahligen, bindegewebigen Narbe.
Die äussern Zeichen des Zustandes ergeben sieh von selbst. Das Krankheitsbild wird insofern ein eigenthümliches, als ein Schwächefieber, die Entzündung benachbarter Lymphdrüsen und Verbreitung des Processes auf die Sehn eider'sehe Haut fast constant angetroffen werden. Von dieser stossen sich oft wiederholt fingerlange Afterhäute ab, oder bei der seeundären Diphtheritis, zumal beim Scharlach, treffen wir sie mit russähnlichen, der Papierasche gleichenden Massen verstopft. Der Vorgang auf der Rachenschleimhaut erzeugt begreiflicherweise die höchsten Grade der Schlingbeschwerden , zu denen sich krampfhafte Hustenanfälle gesellen. Verbreitet sich der Process auf die Kehlkopfschleimhaut, so tritt Erstickung ein. Heilung wird bei der epidemischen Diphtheritis ungefähr bei 40 Procent der Befallenen beobachtet. Bei der seeundären Diphtheritis ist der Tod die Regel.
Bei Thieren ist die Diphtheritis der Rachenhöhle seeundär vielfach beobachtet, primär dagegen wohl ein seltenes Leiden. Trautvetter beobachtete eine Diphtheritis der Rachenhöhle bei einem Pferde, wobei eine massenhafte Ausscheidung von diphtheritischen Membranen durch die Nasenhöhle vorkam. Es waren die Erscheinungen einer heftigen fieberhaften Halsentzündung zugegen. Das Thier genas nach mehrwöchentlichen Leiden, was am Schlüsse der Erkrankung durch Lymphgefässentzündung am Halse und den Ganaschen und durch Drüsenvereiterung am Halse und Kehlgang ausgezeichnet war.
Die secundäre Diphtheritis entwickelt sich aus hochgradigen Entzündungen der Rachenschleimhaut und fuhrt zu brandigem
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Functionelle Störungen.
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Absterben der Schleimhaut und zu verwüstenden Eiterungen in der Umgebung des Schlund- und Kehlkopfs.
Die angina tonsülaris
ist als selbstständige Krankheit beim Menschen sehr gewöhnlich im Mannesalter. Sie führt fast ausnahmslos zur Abscessbildung und zur Entleerung des Eiters, meist in die Mund- oder Rachenhöhle. Nur selten bilden sich Eitersenkungen in der Umgebung des Kehlkopfes und Schlundes, die sich am Halse eröffnen. G-ewöhnlich wird nur eine Mandel befallen. Die chronische Mandelentzündung führt zur Hypertrophie dieses Organs. Schmerzen und Schlingbeschwerden sind hierbei sehr gering. Sind beide Mandeln stark geschwollen, so erzeugen sie eine näselnde Sprache.
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Die syphilitische Affection der Rachenschleimhaut beim Menschen ist entweder der syphilitische Rachencatarrh, oder das syphilitische Raehengeschwür, das zu bedeutenden Zerstörungen der Weichtheile und endlich zu Caries des harten Gaumens und des vomer führen kann. Ausserdem werden hier noch bei der eonsti-futionellen Syphilis feigwarzenähnliche Excrescenzen beobachtet.
Neubildungen in der Rachenhöhle sind selten. Angetroffen wurde der Krebs, nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Thieren. Im Schlundkopfe des Pferdes sind kleine Fibroide gefunden worden.
Von Schmarotzern kommen bei Pferden zuweilen zahlreiche Bremsenlarven an dem Gaumensegel vor.
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Functionelle Störungen.
Hyperästhesieen und Lähmungen der Gaumenbögen haben meist nur eine sj'mptomatologische Bedeutung. So kommt die Lähmung des weichen Gaumens bei Hirnapoplexieen vor und erzeugt das schnarchende Athmen Apoplectischer.
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508nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Digestionsorgane.
Von den Krankheiten der Speiseröhre. Anatomische Störungen.
Die Entzündung der Speiseröhre
kann sich nur auf die Schleimhaut beziehen, oder auch die Muskelhaut des Oesophagus befallen. Die Entzündung der Schleimhaut ist entweder eine catarrhalische, oder eine croupöse, oder eine pustu-löse. Die Mucosa kann ferner hier Sitz von Geschwüren sein, das submuköse Gewebe kann vereitern.
Die Ursachen sind entweder directe Reize, oder wir haben nur fortgesetzte Processe vom Schlundkopf vor uns. Sie rufen eine sogenannte dysphagia inflammatoria hervor, können sich mit Fieber vergesellschaften. Bei günstigem Verlaufe der Krankheit verlieren sieh die Erscheinungen oft allmlilig, oder auch nach Durchbruch eines submukösen Abscesses in den Oesophagus ganz plötzlich. In andern Fällen bleiben Stricturen zurück. Zuweilen erfolgt sogar der Tod durch Perforation oder Ruptur des Oesophagus.
Bei T hi e ren werden niedere Grade der Oesophagusentzündung oft durch Steckenbleiben fremder Körper erzeugt. Bei Pflanzenfressern sind es meist Kartoffeln oder zu wenig zerkleinerte Rüben, bei Hunden Knochen, in einem Falle eine Aeihvevonhordeummurinum.
Die Verengerung des Oesophagus wird bald durch Compression desselben, durch Hineinwachsen von Neubildungen in das Lumen des Canals, bald durch Texturerkrankungen der Wand hervorgerufen. Beim Menschen ist die krebsige Infiltration eine der gewöhnlichsten Ursachen der letzteren Kategorie der Oesophagusstenose. Ausserdem kommen noch Hypertrophieen der Muscularis und schwielige Bindegewebsbildungen in Betracht.
Bei Thieron wird eine Verengerung des Oesophagus, durch Hypertrophie der Muskelhaut, durch melanotische Neubildungen, besonders an der Eintrittsstelle des Schlundes in die Brusthöhle, durch hypertrophische Lymphdrüsen und durch Knochen Wucherungen der Halswirbel hervorgerufen, beobachtet.
Die Erweiterung des Oesophagus ist bald eine totale, bald eine partielle. An der partiellen Erweiterung des Oesophagus betheiligtsichzuweilennur die eineWand desselben,und dann entstehen Ausbuchtungen, die sich häufig zu grossen Säcken entwickeln, welche mit dem Oesophagus communiciren , die sogenannten D i -vertikel des Oesophagus. Die Wände derDiverakcl werden in manchen Fällen nur von der Schleimhaut, welche sich durch die
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Die Entzündung der Speiseröhre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 509
Muskelbündel hervorstülpte, und von dem äussern Bindegewebsstra-tum gebildet.
Die Erweiterungen des Oesophagus kommen bald oberhalb einer verengten Stelle vor, bald gesellt sich die Erweiterung zu einem chronischen Catarrh, welcher zu einer Lähmung der Muscularis führte. In vielen Fällen sind jedoch die Ursachen der Erweiterung unbekannt. Die Divertikel bilden sich durch fremde Körper, die in einer Falte der Schleimhaut stecken bleiben, durch Schrumpfung früher geschwollener Bronchialdrüsen, die mit der Schleimhaut des Oesophagus verwuchsen , und bei ihrer Verkleinerung die Schleimhaut nachsichziehen. In andern Fällen sind auch hier die Ursachen nicht zu ermitteln. Erweiterungen und Divertikelbildung des Schlundes sind mehrfach beim Pferde beobachtet worden.
Von Neubildungen im Schlünde sind beim Menschen Fibroide, gestielte fibröse Polypen und der Krebs des Oesophagus beobachtet worden. Die krebsige Strictur ist die häufigste Ursache der Oesophagusverengerung des Menschen, alle übrigen Ursachen der Oesophagusstenosen sind ungleich seltener. Bei Thieren ist das Vorkommen des Oesophaguskrebs noch zweifelhaft.
Perforation und Ruptur des Oesophagus geschieht entweder von innen nach aussen, oder von aussen nach innen. Das erstere Verhältniss findet bei zerfallenden Carcinomen, seltener im Gefolge von Geschwüren und durch Eindringen spitzer fremder Körper statt. Häufiger geschieht Letzteres bei Thieren durch spitze, mit den Futterstoffen in den Schlund gedrungene Körper, die sich in die Muskelwand einbohrten, einen Eiterungsprocess einleiteten, und oft nach aussen in die Brusthöhle gelangen, wo sie eine tödtlichc Brustfellentzündung erzeugen. #9632;— Von aussen nach innen kann der Oesophagus durchbohrt werden durch Aneurysmen der Aorta, durch den Zerfall tuberkulöser Bronchialdrüsen , durch Abscesse, durch tuberkulöse Lungencavernen. Eine spontane Ruptur des Oesophagus ohne vorhergegangene Texturerkrankung ist nur in wenig Fällen beobachtet worden.
Von Schmarotzern wurde bei Hunden der blutige Rollschwanz (spinoptera sanguinolentä) im Schlünde angetroffen.
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Functionelle Störungen.
Die Neurosen des Oesophagus sind: Die Hyperästhesie, die Hyperkinesis und die Paralyse.
Bei der Hyperästhesie treten perverse Empfindungen im Schlünde auf, z. B. das Gefühl als ob im Schlünde eine Kugel auf-
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stiege. Die Hyperkinese ist meist reflectorischen Ursprungs, besteht in einer schmerzhaften Zusammenziehung des Schlundes, und wird meistentheils bei den sogenannt hysterischen Frauen beobachtet. Oder sie ist centraler Natur, durch Erkrankung des Gehirns veranlasst. Sie kann das Bild einer anatomisch bedingten Oeso-phagusstenose vorspiegeln. Die Lähmung des Schlundes geht oft dem Tode unmittelbar voran. Es ist hier ein Unvermögen zu schlingen vorhanden, die Wände des Oesophagus liegen dicht beieinander, und sowie ein Schlingversuch gemacht wird, tritt Stickhusten ein. Ich habe eine Lähmung des Oesophagus als ausschliess-liche Krankheitserscheinung bei einem kräftigen, dreissigjährigen Mann auftreten sehen, die sich später mit Doppeltsehen verband. Die Schlundsonde wies eine ungestörte Canalisation nach. Feste Bissen wurden gar nicht heruntergebracht, flüssige Nahrung erzeugte einen so quälenden Husten , dass der Patient vorgab, lieber verhungern und verdürsten zu wollen, als sich diesen Qualen weiter auszusetzen. Der Kranke konnte nur durch die Schlundsonde genährt werden. Die mangelhafte Ernährung begründete eine hochgradige Entkräftung. Ein lähmungsartiger Zustand des Darmcanals erheischt wiederholt die Anwendung des Crotonöls. Den 16. Tag trat heftiges Fieber und eine beiderseitige croupöse Pneumonie der unteren Lappen ein. Der Patient erlag den höchsten Graden der Erschöpfung ohne jeden Todeskampf.
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Magenkrankheiten. Anatomische Störungen.
Acuter Magen- und Magendarmcatarrh.
Durch directe Beobachtungen, wie sie besonders durch Beau-mont an seinem Canadier gemacht wurden, wissen wir, dass bei der Magenverdauung Veränderungen in der Schleimhaut auftreten, welche sich nur gradweise von den beim Magencatarrh beobachteten unterscheiden. Wir haben hier Hyperämie der Schleimhaut, reichliche Schleimabsondernng mit massenhafter Abstossung des Epithels, die die Secretion des eigentlichen Magensaftes begleiten. Dieser physiologische Vorgang ist sogar mit einer Störung des Allgemeinbefindens (Verdauungsfieber) verbunden. Der Magencatarrh ist deshalb nur eine Steigerung dieses physiologischen Vorgangs über
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die normale Grenze. Bei der täglichen mehrmaligen Wiederkehr des Verdaunngsprocesses, bei der je nach den äussern Umständen so wandelbaren Beschaffenheit der Nahrungsmittel ergiebt es sich, dass diese Grenze des Normalen leicht und oft überschritten werden kann, weshalb Magencatarrhe zu den Alltagsobjecten der ärztlichen Praxis gehören. Andererseits ist aber auch hervorzuheben , dass, da der Magencatarrh nur als eine krankhafte Steigerung normaler Vorgänge aufgefasst werden darf, er auch leichter und schneller sich ausgleichen muss, als die meisten wesentlichen Abweichungen vom normalen Zustande.
Die Disposition zu Magencatarrhen ist ausserordentlich verschieden nach Gattung , Alter, Geschlecht, Abstammung. Der Cultur-mensch wird natürlich häufiger über Magencatarrh zu klagen haben, als der Neger, Indianer, Caraibe , das sorglich gepflegte Ra^epferd wird öfterer von ihm heimgesucht werden, als der Wildfang. Magencatarrhe sind bei Fleisch- und Allesfressern trotz der gröbsten Diätfehler ungleich seltenere Vorkommnisse als bei Pflanzenfressern. Auch das Alter ist hier von Einfluss, und so bieten Anfang und Ende des Lebens vorzüglich beim Menschen eine ungewöhnliche Frequenz dieses Zustandes dar. Ausserdem kommen auf jeden Fall hier individuelle Verhältnisse sehr ins Spiel, auch dies gilt besonders für den Menschen. Denn es giebt Individuen, die sich ungestraft den gröbsten Diätfehlern aussetzen, während andere Menschen nur ein wenig von ihrer gewohnten Lebensweise abweichen dürfen, um sofort einen „kranken Magenquot; zu haben.
Eine erhöhte Disposition zu Magencatarrhen scheint von einer zu sparsamenAbsonderung des M age nsaftes herzurühren, und es liegt sehr nahe, die regelmässig die Fieber begleitende Appetitlosigkeit auf die beschränkte Absonderung von Magensaft zurückzuführen. Denn da bei jedem Fieber durch die gesteigerte Hauttemperatur eine bedeutende Verdunstung des Wassers gesetzt ist, so ist a priori auf eine Beschränkung der Schleimhautabsonderung zu schliessen. — Schlecht genährte und heruntergekommene Subjecte haben unverkennbar grosse Neigung zu Magencatarrhen, was gewiss mit einer verminderten Secretion des Magensaftes zusammenfallt. Daraus erklärt sich ferner, warum Reconvalescenten bei den unbedeutendsten Diätfehlern so leicht einen Magencatarrh acquiriren. Minder erklärlich ist das häufige Vorkommen von Magencatarrhen bei Leuten, die dieses Organ übertrieben schonen, sowie die bei Luxuspferden hervorstechende Disposition, durch jede erhebliche Schädlichkeit, sie mag den Magen direct alteriren oder nicht, von dem in Rede stehenden Zustand befallen zu werden. Also nicht nur nach Ueberfiitterungen, sondern auch nach Erkältungen, Ueberanstrengungen.
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Veranlassende Ursachen sind: Die Zufuhrabnorm grosser Mengen an sich leicht verdaulicher Nahrungsmittel. Hier wird der Magencatarrh vielleicht weniger durch die allzugrosse Menge der aufgenommenen Nährstoffe, als vielmehr durch die Producte der Zersetzung der Ingesta hervorgerufen. Die nächste Folge des quantitativen Missverhältnisses zwischen Magensaft und aufgenommener Nahrung ist die mangelhafte Auflösung dieser durch jenen. Was ungelöst bleibt, fällt der Zersetzung anheim. Die Zersetzungsproducte sind nach der Natur der genossenen Speisen sehr verschieden. Beigemischter Nahrung, beim Menschen, bilden sich neben Fettsäuren, Milchsäure, Oxal- und etwas Essigsäure aus den genossenen Amylaceen. Dabei kommt aber auch eine Gasentwickelung zu Stande, die den Magen oft luftkissenartig auftreibt, und zum Ructus führt. — Beim aus-schliesslichen Milchgenusse, wie bei Säuglingen, die sich sehr leicht im Trinken übernehmen, da ihnen jedes Sättignngsgefühl zu fehlen scheint, tritt nach iibermässigem Trinken Erbrechen ein. Die Milch wird nicht so wiederausgebrochen, wie sie aufgenommen wurde, sondern der Käsestofi'ist bereits geronnen, aber das Serum der Milch ist süss (süsse Molken), da der Milchzucker bei diesem Process unverändert geblieben ist, denn nur dann kommt es hier zur so gefürchteten Milch-säuregährung, wenn Säurebildung im Magen bereits vorhanden ist, oder bei grober Unreinlichkeit der Trinkgeschirre , bei Anwendung unsauberer Nutschbeutel. — Daher rührt es, dass diese Unmässig-keit so selten für die Säuglinge nachtheilige Folgen hat, im Gegen-theil finden wir, dass Speikinder meist Gedeihkinder sind. Anders gestalten sich die Verhältnisse bei den Pflanzenfressern. Bei dem Pferd scheint in der Gefangenschaft das Sättijnmgss'efühl ganz ver-loren gegangen zu sein, und mancher Besitzer hat schon den Verlust eines werthvollen Thieres zu beklagen gehabt, dessen Kutscher über Nacht aus Unvorsichtigkeit den Futterkasten offen liess. Für die übermässig aufgenommenen Futtermengen reicht auch hier der abgesonderte Magensaft nicht zu, es kommt deshalb zur theilweisen Zersetzung, zur Gährung der Futterstoffe, und da die Schlundklappe kein Erbrechen gestattet, in den meisten Fällen durch Magenberstung zum Tode. Bei den Wiederkäuern führt ein Ueberfressen sehr leicht zur Blähsucht. Die im Uebermaass eingeführten Futterstoffe (junger rother Klee, saftreiche, üppige Gräser, Raps, Futterwicke) lähmen hier die Thätigkeit des Pansens und der Haube. Dadurch ist das Wiederkauen unterdrückt, das allein die im Pansen sich entwickelnden Gase schadlos abzuführen vermag. Diese sind Gährungsproducte CO2. Hunde und Schweine befreien sich leicht von den naclitheiligen Folgen der im Uebermaass genossenen Nahrung durch Erbrechen.
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Aber auch ein massiger Genuss schwerverdaulicher Speisen kann zu Magencatarrhen führen, wenn dieZerkleinerung mangelhaft war, z.B. bei Zahnkrankheiten, defecten Zähnen (Schieferzähnen bei Pferden), vorzüglich aber auch bei einer zu gierigen Aufnahme der Nährstoffe. Das Letztere gilt besonders vom Menschen. Hunde und Schweine ac-quiriren durch gierige Aufnahme der Futterstoffe und mangelhaftes Kauen höchst selten einen Magencatarrh. Denn was bei diesen nicht verdaut wurde, wird einfach ausgebrochen. Der Mensch bricht aber ungleich schwerer als diese Thiere. Das Vermögen sich zu erbrechen, steht im umgekehrten Verhältniss zur Grosse der Blindsackent-wickelung des Magens, daher das Kind so leicht, Erwachsene so schwer erbrechen.
Eine f ehlerh af t e B esch a f f e nhei t deraufgenom-menen Nahrung wird sehr oft Ursache des Magen-catarrhs, durch Zufuhr von Substanzen, welche schon in Zersetzung begriffen sind, bevor sie in den Magen gelangen, wie verdorbenes Fleisch, nichtausgegohrenes Bier, Milch, in der bereits die Milchsäuregährung begonnen hat. Namentlich kommt in dieser Beziehung bei Kindern viel auf Reinlichkeit an ; so ist u. A. der Zulp eine der häufigsten Ursachen, dass alles in den Magen Gelangende die saure Gährung eingeht. Dieser Gährnngsprocess giebt Veranlassung, dass nach dem Tode, also nach aufgehobenem Stoffwechsel in der Magenwand der übermässig saure Magensaft diese selbst verdaut, wodurch die Magen wand in eine gallertartige Masse (gallertartige Erweichung) verwandelt wird. War die Schleimhaut des Magens stark liyperämisch, so findet man dann die erweichte Magenwand braun (braune Erweichung) gefärbt.
Bei T hi e ren sind al s Urs ac h e nzu erwähnen : Dumpfes, schimmliges, mit thierischen Excrementen verunreinigtes, pilzreiches Heu, faulende Kartoffeln, Kohl-, Runkelrüben etc., brandiger Weizen, Beimengung von Staub, von ätzenden Substanzen; die Aufnahme von Futterstoffen, die in der Nähe chemischer Fabriken und Hüttenwerke wachsen, und die sehr oft mit Mineralsäuren, giftigen Metallverbindungen imprägnirt sind ; ferner der Genuss scharfstofflger Pflanzen (Ranunkeln, Euphorbiaceen).
Häufig entsteht der acute Magencatarrh durch Genuss sehr h eisse roder kalter In gesta, sehr starker Arzneien, Weingeist, Gewürze. Bei Thieren durch übertriebenes Füttern mit Branntweinschlempe, zu heisse Siede, durch unzweckmässige Anwendung von Kauknebeln, Fresspulvern , die Mästung befördernder Mittel (Arsenik, roher Spiessglanz), miss-bräuchliche Anwendung von Purgirpillen bei Rennpferden.
Mitunter wird der Magencatarrh durch Einfuhr von Substanzen
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;33
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hervorgerufen, welche die verdauende Kraft des Magensaftes schwächen , oder die Bewegung des Magens verlangsamen. Hierher ist der Missbrauch der Spirituosen, der Narkotika, des Opiums zu zählen. Ausserdem sind noch Erkältungen und der Umstand zu erwähnen , dass zu gewissen Zeiten ohne bekannte Veranlassung Magencatarrhe in überraschender Häufigkeit vorkommen, oder dass die zu diesen Zeiten herrschenden Krankheiten sich gern mitMagen-catarrh compliciren, wiePneumonieen, Pleuriten, Bronchialcatarrhe, die dann, wenn sie bei Pferden vorkommen, als eine besondere (gastrische) Form der sogenannten Influenza aufgeführt werden. — Secundär beobachten wir den acuten Magencatarrh bei einer grossen Anzahl von Krankheiten, wie besonders bei Infeetionsfiebern (Typhen, Anthrax, Rinderpest, Hundeseuche).
Der Magendarmcatarrh stellt nur eine Ausbreitung desselben Processes , wie beim Magencatarrh, auf die Darmschleimhaut dar. Begreiflicherweise hat er dieselben Ursachen, wie jener.
Anatomischer Bef un d. Nur selten hat man Gelegenheit, die Residuen dieses Processes beim Menschen in der Leiche zu beobachten. Wo sich eine solche darbietet, findet man die Magenschleimhaut durch eine feine Injection fleckig geröthet, das Gewebe aufgelockert, mit zähem Schleim bedeckt. Bei Kindern dagegen, die unter den Erscheinungen eines Brechdurchfalls zu Grunde gingen, begegnet man neben bedeutender Anämie der Membran entweder nur negativen Symptomen, oder der Magenerweichung (ein Leichenphänomen). — Diese erstgenannten geringen anatomischen Veränderungen erklären sich leicht, wenn man bedenkt, dass auch andere Hyperämieen nach dem Tode rasch verschwinden, wie z. B. solche der Nasenschleimhaut, der Haut, die, so intensiv auch ihre Röthung war, doch nach dem Tode rasch erbleichen. — Dass die Gastroma-lacie wirklich eine Leichenerscheinung ist, und sie demnach während des Lebens nicht besteht, ist gegenwärtig eine ausgemachte Sache. Stirbt nämlich ein Kind, das in Folge abnormer Gährung im Magen an Brechdurchfall gelitten hat, und sind noch gährende Substanzen im Magen vorhanden, so wird die Gährung bei der langsamen Abkühlung der Leiche nicht unterbrochen. Da der Magen in Folge der aufgehobenen Circulation keinen Widerstand mehr leistet, so wird er in die Zersetzung mit hineingezogen , und erweicht ebenso, wie ein ausgeschnittener Thiermagen erweicht, wenn er mit Milch gefüllt, nur kurze Zeit an einem warmen Orte aufbewahrt wird. Der Magensaft wird im Verlauf des Magencatarrhs alkalisch, wie die Beobachtungen an Beaumonts Jäger lehrten. — DerEpithelial-überzug ist meist bei dem acuten Magencatarrh defect, stellenweise sind Arrosionen vorhanden, die sogenannten catarrhalischen Geschwüre.
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Die Sectionsergebnisse bei Thieren weichen nicht wesentlich von denen beim Menschen ab. BeiEindern istausschliess-lich der Labmagen Sitz des Catarrhs, die drei vor ihm gelegenen Magenportionen bieten eine gewisse Immunität für Krankheiten dar. Die so stark entwickelten Epithelialschichten scheinen hier unverkennbar einen Schutz gegen krankmachende Ursachen zu gewähren. Die Schleimhaut ist beim Catarrh der Thiero oft von einem zähen, glasigen Schleim bedeckt, dabei intensiv roth, von stärker gefüllten Gefässen durchzogen, mitunter ist sie mit Ecchymosen übersäet. Der Epithelialüberzng hat auch hier bedeutende Defecte erfahren, der vorhandene Schleim ist mit Blut untermischt. Nicht selten trifft man bei Pferden, Rindern die Oberfläche der Magenschleimhaut mit stecknadelkopfgrossen Bläschen (geschwellte Follikel) übersäet, die von einem Gefässkranz umgeben sind. Bei den niedern Graden des Magencatarrhs ist das submukose Gewebe meist unverändert, in den höhern Graden dagegen von einer trüben, serösen Flüssigkeit durchtränkt.
In vielen Fällen von Magencatarrh finden wir denselben Pro cess, wie er jetzt geschildert wurde, in grössorer oder geringerer Ausdehnung auf der Dünn-, selbst Dickdarmschleimhaut. Bei massiger Intensität ist die Schleimhaut hier blassroth und serös infiltrirt, die solitären Follikel, die Pe yo r'schen und Brunner-schen Drüsen sind geschwollen, das erkrankte Darmrohr ist massig collabirt, und enthält dicke, lockere, wässrige Fäces. Beiden höhern Graden ist die Schleimhaut dunkelroth; die Röthe erscheint punetartig (auf den Zotten), ringartig (um die Follikel), streifig (auf den Falten), mit kleinen Ecchymosen — beim Menschen — besetzt. — Bei Thieren finden wir dagegen oft die erheblichsten Blutungen in der Substanz der Schleimhaut; auch hier diese geschwollen, aufgelockert, leichter zerreisslich und ablösbar; an manchen Stellen roth erweicht, leicht blutend, Zotten und Follikel mitunter stark turgescirt, die P eye r'schen Plaques erhaben, geschwellt und nicht selten areolirt.
Die Symptome des Magencatarrhs sind nach In-und Extensität des Processes sehr verschieden. Mitunter ist diese Krankheit, obwohl von Fieber begleitet, höchst ephemerer Natur. Tritt der Magencatarrh in Folge von Diäffehlern auf, so bezeichnen wir ihn als gastrischen Zustand (status yastricus); Abgeschlagenheit, Trägheit, Unlust zu körperlicher und geistiger Beschäftigung, Frösteln, fliegende Hitze, drückender Schmerz in der Stirn, Flimmern vor den Augen , Gefühl von Vollsein und Druck im Epigastrium , Empfindlichkeit der epigastrischen Gegend, Mangel des Appetits bei Vermehrung des Durstes — sind die gewöhnlichsten Erscheinungen beim Magencatarrh des Menschen. Die alkalische Beschaffenheit des Magensaftes raubt
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diesem seine lösende Kraft, die aufgenonimenen Nahrungsstoffe verfallen einer spontanen Zersetzung {sordes, saburrae), wodurch fauliger Geruch entsteht. — Die Umwandlung der Stärke in Zucker durch den mit verschluckten Mundspeichel findet zwar auch hier statt, aber der reichlich abgesonderte Schleim der erkrankten Mucosa wirkt als Fermentkörper auf den gebildeten Traubenzucker ein, und dieser wird, je nach der Natur der eingeleiteten Gährung, entweder in Milch-, oder in Essigsäure übergeführt. Auf genossenes Fett in-fluirt der Schleim in ähnlicher Weise, er führt dieses in Buttersäure über. Ausser bei der Milchsäuregährung werden bei diesem Pro-cesse stets Gase frei. Bei der Zersetzung-ei weissartiger Substanzen entwickelt sich Schwefelwasserstoff, bei der Buttersäuregährung Wasserstoff und Kohlensäure, bei Essiggährung Kohlensäure. Daraus erklärt sich, dass bald geruchlose, bald übelriechende Gase durch Aufstossen entleert werden, und dass die epigastrische Gegend beim Menschen in der Regel hier etwas hervorgewölbt ist. Die Zunge ist anfänglich trocken, hochgeröthet, oder wenn der Magen-catarrh mit Mundcatarrh complicirt ist, wie in den meisten Fällen, schleimig, blass und der Geschmack pappig, fad. Die abnorm zersetzten Contenta des Magens gelangen in den Darm, und hier scheint die Galle der weiteren Zersetzung vorzubeugen. Dauert hier die Zersetzung fort, so entsteht Kollern, Flatulenz, Poltern im Leibe und Abgang breiiger, dünnflüssiger Stühle, aashaft riechende Blähungen, womit die Scene ihr Ende erreicht haben kann.
Während des Verlaufs des Magencatarrhs bei dem Menschen ist der Urin meist reich an Pigment und harnsauren Salzen und bildet beim Stehenlassen reichliche sedimenla latericia. Bei Kindern ist das hervorstechende Symptom des acuten Magencatarrhs der Brechdurchfall, daher cholera infantum. Wenn nicht innerhalb weniger Tage der Brechdurchfall steht, so collabiren die Säuglinge rasch, die Fontanelle sinken ein, das Gesicht wird greisenartig, die Endgliedmaassen werden kalt, der Puls erscheint fadenförmig, das Athmen wird mühsam, das Bewusstsein getrübt, und unter Zuckungen und Krämpfen, oder ohne diese, erfolgt der Tod.
Bei T h i e r e n beobachten wir oft, dass eines derselben fiebert, von der Krippe zurücktritt, ein heisses, schmieriges Maul zeigt, Anfangs verstopft ist, einen saturirten Harn absetzt — und nach 2 —3 Tagen bei demselben die Gesundheit unter Abgang sauer riechender , mit Schleim überzogener Excremente und Wiederkehr des Appetits eintritt. Dies sind zweifellos höchst acute, fieberhafte Magencatarrhe. Jenach Verbreitung des Krankheitszustandes erreichen die Symptome eine verschiedene Höhe, sowie auch die specielle Organisation derThier-art von Einfluss auf die Art der Erscheinungsweise ist. Bei Wie-
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Acuter Magen- und Darmcatarrh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;517
derkauern ist das Erste, dass das Wiederkauen unterbleibt, und die Hungergrube sich mehr oder weniger hervorwölbt. Schwein und Hund erbrechen sich sehr leicht, wodurch dann ein glasiger, reichlicher Schleim entleert wird. Schmerzhaftigkeit des Hinterleibes mangelt wohl nie, da die gährenden , selbst faulenden Futtermassen eine nur mangelhaft durch Epithel geschützte, hyper-ämische Schleimhaut fort und fort irritiren. Diese Schmerzhaftigkeit kann bei Hunden und Pferden einen sehr hohen Grad erreichen. Erstere liegen dann auf dem Bauche, heulend und winselnd, Letztere werden von kolikähnlichen Zuständen befallen. Sie schlagen mit den Hinterfiissen nach dem Leibe, stellen die Füsse dicht unter dem Bauch zusammen, stöhnend, ächzend und werfen sich wohl gar, wie bei der Kolik, gewaltsam nieder (M a g e n k o 1 i k). Dieser Zustand unterscheidet sich von der Kolik nur durch seine geringere Intensität. Dabei sind die Thiere traurig und stehen mit gesenktem Kopfe da. Die Mistentleerung ist anfänglich meist unterdrückt, deshalb wird zuerst ein trockner, mit dünnem Schleim überzogener Mist entleert, später wird er weich, locker, mitunter ist er — bei reichlicher seröser Transsudation in die Magen- und Darmhöhle — gleich von Haus aus durchfällig. Der weitere Verlauf gleicht auch hier vollkommen dem beim Menschen , denn entweder tritt sehr bald, innerhalb weniger Tage, Genesung ein, oder die Fiebererscheinungen steigern sich, die Hinfälligkeit nimmt überhand, es stellen sich Durchfälle ein, die Kranken magern rasch ab. Bei Pferden beobachten wir eine Wiederholung der Kolikerscheinungen.
Diese Thiere bedürfen dann einer langen Zeit, um sich vollständig zu erholen, wenn nichtderTodauf derHöhedieses Zustandes eintritt. Dies Letztere ereignet sich namentlich bei Ausbreitung der anatomischen Störung auf Dünn-, selbst Dickdarm, und bei der lui-tnorrhagischen Form des Catarrhs. Die Neigung zu dieser Form ist bei Pferden ungleich grosser, als bei Rindern , viel grosser als beim Menschen. Beim Rinde tritt entweder nach 8—10 Tagen Genesung ein, oder der Catarrh schleppt sich hin und geht in die chronische Form (chronische Blähsucht) über.
Parallel dem acnten Magen- und Darmcatarrh der Kinder innerhalb der ersten Lebensmonate kommt bei Säuglingen unter den Thieren, bei Kälbern , Lämmern , Ferkeln , bald seuchenartig , bald sporadisch die sogenannte Darmseuche (Lämmerruhr) vor. Es ist dies ein acuter Magen- und Darmcatarrh, der diese Säuglinge nacli schädlichen Witterangseinflüssen , nach Verkühlungen , nach Einwirkung nasser Kälte heimsucht, vielleicht auch durch eine unpassende Fütterung der Mutterthiere veranlasst wird. Die Erscheinungen sind: Reichliche, sehr frequente Durchfälle bei grosser
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Empfindlichkeit des Hinterleibes , klägliches Blöken , Aufkrümmen des Rückens etc. Diese reichlichen Darmdejectionen absorbiren die Kräfte dieser zarten Geschöpfe sehr schnell; am Schnellsten tritt Collaps ein, wenn die Stühle blutig werden. In Folge der Verarmung des Blutes an Eiweisskörpern und Wasser werden die Ner-vencentren mangelhaft ernährt, und es tritt meist unter Convulsionen der Tod durch Erschöpfung ein. Heilung erfolgt selten, und nur dann, wenn der Durchfall nach einigen Tagen steht.
Wenn die Erscheinungen , die den acuten Magen catarrh begleiten, eine gewisse Höhe erreichen, so spricht man von einer
Fehris gastrica.
Derartige Fälle werden sehr oft mit Typhus verwechselt. Von diesem unterscheiden sie sich durch niedere Temperaturen der Haut und durch Mangel der Milzgeschwulst, vor Allem aber durch einen kürzeren Verlauf. Die meisten — vielleicht alle — Fälle von abortivem Typhus dürften gastrischen Fiebern zugehören. Denn die An- oder Abwesenheit des Milztumors ist schon deshalb kein untrügliches Kriterium, da stärkere Gasentwickclung im Magen und Gedärm, welche bei diesen Zuständen fast nie fehlt, der Feststellung, ob Tumor der Milz vorhanden ist oder nicht, grosse Schwierigkeiten bereitet. Die rationellen Symptome können hier vollkommen einen Typhus simuliren, wie der heftige Kopfschmerz, die grosse Mattigkeit, der Gliederschmerz (die Patienten sind wie zerschlagen) , die Schlaflosigkeit, die unruhigen Träume , die wäss-rigcn Stühle, Anftreibung und Schmerzhaftigkeit des Abdomens. Zwar erreichen die Hauttemperaturen hier wohl nie den höhen Grad, wie im Typhus, aber diese Differenzen sind doch zu unbedeutend, um nur ihretwillen Typhus ausschliossen zu können. Es bleibt deshalb nur der Vorlauf als Unterscheidungsmerkmal übrig. Das Fieber lässt hier schon zu Ende der ersten, oder zu Anfang der zweiten Woche nach, während es beim Typhus sich bis zur dritten, selbst bis zur vierten auf einer Höhe erhält. Die
Fehris mucosa,
Schleimfieber des Menschen, (Schleimfieber des Rindviehs und der Hunde, Magenseuche der Schweine) ist jener fieberhafte Magen-catarrh, der sich bei massiger Intensität der Fieberbewegungen von den andern Formen des fieberhaften Masencatarrhs durch Hart-näckigkeit, langwierigen Verlauf und durch massenhafte Production eines zähen, gummiartigen Schleimes, welcher nicht nur im Magen,
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Cholera nostras.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;519
sondern auch im Darm, Pharynx und Munde, zuweilen sogar in den Bronchien gebildet wird, auszeichnet. Diese Form wurde vonden alten Aorzten nicht selten als schleichendes Nervenfieber bezeichnet. Diese Krankheit wendet sich erst in der dritten bis vierten Woche zum Besseren. Die
Febris biliosa
stellt d i e Modification der febris gastricu dar , bei welcher eine massenhafte Ausscheidung von Galle (Polycholie) den fieberhaften Magencatarrh complieirt. Obwohl vorzüglich in den Tropenländern heimisch und vielleicht in den meisten Fällen in Folge einer Infection des Blutes durch Malaria oder andere Miasmen entstanden, geht man doch zu weit, wenn man alle derartigen Galleiifieber den Sumpffiebern oder Typhen zuzählt. — Mitunter ist hier kein p o ly cholischer, sondern ein acholischer Zustand vorhanden, wenn die catarrhalische Schwellung der Dünndarmschleimhaut zum Ver-schluss des Vater 'sehen Divertikels führt.
Bei den polycholischen Zuständen wird das Bild des aeuten Magencatarrhs wesentlich durch den reichlichen Erguss von Galle in den Darmcanal verändert. Es kommt hierbei zu galligem Erbrechen, galligen Stühlen, zu Schmerzhaffigkcit und zu Schwellung des rechten Hypochondriums und zu massigen Graden von Gelbsucht.
Bei den acholischen Zuständen fehlt das gallige Erbrechen, sowie auch später die galligen Stühle. Diese sind vielmehr t h o n f a r b e n. Dafür finden wir die höchsten Grade der Gelbsucht, durch Gallenretention und Eücktritt des Gallenfarbstoffs in's Blut erzeugt. Das letztere Verhältniss kommt sehr häufig bei Pferden vor, und hat zur Aufstellung des galligen Characters der Influenza Gelegenheit gegeben.
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Cholera nostras.
Kommt es bei Magen- und Darmcatarrh zu bedeutenden serösen Transsudationen in die Magen- und Darmhöhle, in Folge dessen zu öfterem Erbrechen und zu häufigen, wässrigen, eiweiss-armen Darmdejectionen, und durch diese in Folge der bedeutenden Wasserverluste, die das Blut erfährt, zu raschem Sinken der Kräfte, Verminderung des Turgors, Kälte der Extremitäten, Pulsverlangsamung, Abschwächung der Herzcontractionen, venöser Stase (Cyanose des Gesichts, der Hände), spasmodischen Zuständen in den quot;Wadenmuskeln , — so haben wir das Bild der cholera nostras vor uns. Dieses unterscheidet sich von dem der asiatischen Cholera durch geringere Grade der Cyanose, sowie
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durch Mangel der Reptilienkälte der Haut, wie nicht minder durch das Fehlen des vollständigen Verschwindens des Pulses und des Herzschlages, welche die asiatische Form im asphyctischen^Sta-dium auszeichnen. Ausserdem stirbt wohl niemals ein bis dahin gesunder Mensch an der cholera nosti'as, während der asiatischen Cholera mehr als die Hälfte der Erkrankten zum Opfer fällt.
Bei Pflanzenfressern kommen Brechdurchfälle schon aus anatomischen Gründen nicht vor. Findet bei diesen eine bedeutende seröse Transsudation in die Magenhöhle statt, so kommt es nur zu reichlichen diarrhöischen Entleerungen. Bei Hunden und Schweinen begegnen wir sporadischen und seuchenartigen Brechdurchfällen, die in so acuter Weise verlaufen, wie beim Menschen, und anscheinend spontan, also ohne Aufnahme scharfer, giftiger Substanzen entstanden, selbst bei den mörderischsten Choléraepidemieen unter den Menschen, nicht. Die cholera europaea wie asiatica scheinen demnach dem Menschen eigenthümlich zu sein.
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Die croupöse und diphtheritische Entzündung der Magenschleimhaut
werden, wenn nicht giftige Substanzen auf die Schleimhaut einwirkten, selten auf der Magenschleimhaut beobachtet. Zuweilen steigert sich der acute Catarrh bis zur croupösen Entzündung. Häufiger ist die seeundäre croupöse und diphtheritische Entzündung der Magenschleimhaut, z. B. im Typhus, bei den Pocken, bei der Rinderpest. ' Die Afterhäute überziehen nur selten grössere Strecken, meist kommen sie ganz local beschränkt vor. Diediphtheritischen Affectionen führen zur Geschwürsbildung, indem durch Zerfall und Abstossen der diphtheritischen Heerde Substanzverluste in der Magenschleimhaut entstehen, welche eine missfarbige, zottige Basis haben.
Bei einem Schweine, welches an Durchfall und Abgang sehr fötider Excremente, kurzem Athem und Steifigkeit des Hiutertheils gelitten hatte, stellte sich eine beträchtliche diphtheritische Entzündung des Magens heraus. lieber die ganze Schleimhaut verbreitet, an einzelnen Stellen sparsamer, an andern reichlicher, fanden sich eine grosse Menge kleinerer oder grösserer diphtheritischer Schorfe, die durch Abstossen schon Gelegenheit zur Bildung von Geschwüren gegeben hatten (Leis e ring).
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Vom chronischen, perforirenden, runden Magengeschwür.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;521
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Die Entzündung des submukösen Bindegewebes des Magens
vergleicht Rokitansky mit der Afterrose, dem PseudoerysipeL Entweder ist dieser Zustand selbstständig, wie in den seltensten Fällen , oder er ist secundär , wie in der Regel. Beim Mensehen kommt er als metastatische Äff ection nach Typhen vor, bei T hi e ren treffen wir ihn im Verlaufe der Anthraxkrankheiten an, auch dort mehr eine secundäre Bedeutungbesitzend. DassubmuköseGewebe des Magens ist mit Eiter diffus infiltrirt, seltener kommen circum-scripte Abscesse vor. Die unterminirte Schleimhaut zeigt später zahlreiche kleine Oeffnungen , durch die der Eiter wie durch ein Sieb hervorquillt. Muskularis und Serosa sind gewöhnlich mit entzündet. Tritt Heilung ein , so bleibt eine Narbe zurück, die bisweilen eine Strictur des Magens veranlasst. Bei Pferden treffen wir bisweilen zollhohe Faserstoff'infiltrationen des submukösen Gewebes des Magens an, durch deren eitrigen Zerfall buchtige Geschwüre entstehen, die mit gefilzter, schwieliger Narbe heilen.
Die Krankheitserkenntniss dieses Zustandes ist bei Thieren während des Lebens geradezu unmöglich. Beim Menschen weisen heftiger Schmerz im scrobiculus cordis, Erbrechen, grosse Angst, heftiges Fieber, sowie sich später hinzugesellende peritonitische Erscheinungen auf die Anwesenheit des Zustandes hin.
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Vom chronischen, perforirenden, runden Magengeschwür.
Die Pathogenese dieses Zustandes ist immer noch dunkel. Aber die scharfen Grenzen des Geschwürs , welches einen kreisrunden Substanzverlust darstellt, der wie durch ein Locheisen erzeugt ist, das symmetrische Verhalten der nachfolgenden Substanzverluste der Muscularis und Serosa, die genau die Form des Schleimhautgeschwüres wiedergeben, nur in einem wenig verjüngten Maassstabe, — Alles dies weist auf eine eigenthümliche Entstehung des runden Magengeschwürs hin, die sehr abweichend von der Entstehung anderer Geschwüre sein muss. Vircho w ist der Ansicht, dass das Magengeschwür durch eine Verstopfung kleines arterieller Gefässe erzeugt werde, indem in Folge dessen die Magenwand im capillären Stromgebiet der verstopften Arterie nekrotisire, und von dem Magensaft gleichwie der Mageninhalt verdaut werde, da mit dem aufge-
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hobeuen Stoffwechsel in jenem aliquoten Theil der Magenwand auch jede Widerstandsfähigkeit für die Einwirkungen des Magensaftes schwand.
Das Magengeschwür ist beim Menschen ausserordentlich häufig. Nach einer Statistik Jaks ch's findet man in der 20. Leiche ein Magengeschwür oder die Narbe eines solchen. Das Magengeschwür kommt in jedem Alter vor, ist aber im reiferen Alter öfter, als im Kindesalter. Frauen, schwächliche Subjecte werden häufiger befallen , als kräftigere und männliche. Häufig complicirt das Magengeschwür die Lungentuberkulose.
Die entfernten Ursachen des chronischen Magengeschwüres sind sehr dunkel. Der Sitz des Geschwürs ist in der Pylorushälfte des Magens, häufiger an der hintern, als an der vordem Magenwand, und fast constant an der kleinen Curvatur. Nur selten wird es im fundus beobachtet. In der Regel ist nur ein Geschwür vorhanden, zuweilen zwei oder mehrere und gar nicht selten ein frisches Geschwür neben Narben von geheilten. Die Grosse variirt zwischen der eines Viertelzolls und jener eines Doppelthalers, mitunter selbst der eines Handtellers. Anfänglich ist die Gestalt rund, bei längerem Bestellen wird es elliptisch oder bekommt Ausbuchtungen und wird dadurch unregelmässig. Die Ausbreitung geschieht in den meisten Fällen in der Querrichtung, so dass zuweilen der ganze Magen gürtelförmig umzogen ist. In den meisten Fällen heilt das Geschwür, ehe es alle Magenhäute durchbohrt hat. Erstreckte sich der Process nur auf Mucosa und Submucosa, so gleicht sich der Substanzverlust durch Granulation aus. Diese verwandelt sich schliesslich in ein schrumpfendes Narbengewebe, ziehet die Ränder des Geschwürs aneinander, und so entsteht auf der Innern Fläche des Magens eine strahlige, sternförmige Narbe von verschiedener Grosse. War das Geschwür tiefer gedrungen, und hat es auch die Muscularis erreicht, so wird beider Heilung durch narbige Sclirumpf-ung des neugebildeten Bindegewebes auch das Feritonäum strahlig zusammengezogen, so dass es in Form einer Falte mit hineingezogen wird. Heilende, grössere Geschwüre können durch narbige Zusam-menziehungen bedeutende Magenstricturen erzeugen. Der Austritt von Mageninhalt in die Bauchhöhle wird in den meisten Fällen durch eine circumscripte Peritonitis verhindert, die die Bänder des durchbohrenden Geschwüres an die Nachbartheile anlöthet, und zu bleibenden Verwachsungen mit den benachbarten Organen führt. Jene Organe sind : am Häufigsten das Pankreas, ausserdem der linke Leberlappen, das Netz, welche an den Rändern des Geschwüres fest angeheftet sind, und welche die in der Magenwand entstandene Lücke schliessen. Selten greift derZerstörungsprocess auf das „verlegende Organquot; über, meist bedeckt sich dasselbe mit einer massenhaften
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Vom chroischen, perphorirendea, runden Magengeschwür.
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Schicht von Bindegewebe, welche nun den Grund des Geschwürs darstellt. Durch Contraction dieserBindegewebsschicht können die Ränder des Geschwürs näher aneinanderrücken, sich contrahireu und eine feste schwielige Narbe bilden. Häufig werden während des Umsichgreifens des Geschwürs in dem Magen Gefässe zerstört, wodurch es zu bedeutenden Blutungen kommen kann.
Die Symptome des runden Magengeschwürs sind bald die einer massigen Cardialgie, welche sieh durch Druck und nach Genuss von Speisen verschlimmert, bald jene des vomitus cruentus, bald die Zeichen, wenn auch in seltenen Fällen, einer heftigen Peritonitis mit oder ohne Hämatemesis begleitet, die innerhalb eines halben Tages zum Tode führen kann. Warum dieser letztere Ausgang verhältnissmässig selten erfolgt, geht aus der Schilderung der pathologischen Anatomie des Magengeschwürs hervor. Die tödtliche Peritonitis wird dort durch den Erguss des Magencon-tentums in die Bauchhöhle voranlasst. Noch seltener, als der Ausgang in Perforation mit Erguss in die Bauchhöhle, ist der in Verblutung. Am Häufigsten (in 93 Proc. der Fälle) wird Heilung beobachtet, doch meist erst nach langen Leiden, die in heftigen und hartnäckigen Cardialgieen, Erbrechen (zeitweilig Bluterbrechen), den Zeichen des chronischen Magencatarrhs bestehen. In vielen Fällen leidet die Ernährung bei längerem Bestehen des Geschwürs nicht, bisweilen aber sehr auffällig, so dass die Kranken in hohem Grade abmagern.
Das Vorkommen des runden Magengeschwürs ist von Ro eil beim Hunde beobachtet. Es kam bei diesem in den verschiedensten Graden seiner Entwiekelung, jedoch selten über die Muskelhaut hinübergreifend, vor, und soll aus hämorrhagischen Erosionen hervorgehen , neben welchen es auch angetroffen wurde. Gewiss ist die Pathogenese hier dieselbe wie beim runden Geschwür des Menschen. Es stellte beim Hunde ein rundes, scharfrandiges, bis auf die Mus-cularis übergreifendes und die Gefässe dort zerstörendos Geschwür dar, welches Magenblutungen erzeugte. Die Magenschleimhaut war intensiv catarrbalisch. Leisering beobachtete das runde Magengeschwür im Pansen einer Kuh, der an seiner Schleimhautfläche meist zirkelrunde Löcher von der Grosse eines halben Groschens mit ziemlich glatten Rändern besass. Die Schleimhaut verhielt sich so, als wenn diese Löcher scharf herausgeschnitten wären. Durch Confluenz der ursprünglich runden Substanzverluste waren grössere u nregelm ässige Löcher entstanden. Die darunterliegende Muskelhaut und die begrenzende Schleimhautpartie waren normal.
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524nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Digestionsorgane.
Neubildungen am Magen.
Vom Carcinom des Magens.
Der Magen wird beim Menschen unter den innern Organen am Häufigsten vom Krebse befallen, der öfterer ein primärer, als secundärer ist. Die Ursachen dieses Krebses sind gerade so dunkel, wie die aller übrigen, doch lässt sich in vielen Füllen Erblichkeit nicht ausschliessen. Er ist häufiger bei Männern, als bei Frauen; seine grösste Frequenz fällt in das 40.— 60. Lebensjahr. Vor dem 40. Lebensjahre ist er sehr selten, vor dem 30. geradezu eine Ausnahme.
Am Häufigsten ist der Faserkrebs; durch diesen wird das sub-muköse Bindegewebe zu einer schwieligen, dichten, starren, weissen, gleichförmig dicken oder knotigen Masse, welche einerseits in die Muscularis und das Peritonäum des Magens, andererseits in die Schleimhaut greift, und dieselbe endlich völlig substituirt. In ausgezeichneten Fällen erscheint die Magenwand etwa mit Ausschluss des Blindsackes zu einer, einen Zoll und darüber dicken, starren, häufig, besonders nach innen herein protuberirenden Masse verwandelt, in welcher die Magenhäute untergegangen sind, die somit auch innen, indem sie die Schleimhaut substituirt, biosliegt, und wobei die Magenhöhle verkleinert ist. Nächst dem Faserkrebs treffen wir hier den Mcdullarkrebs, welcher als Degeneration des submukösen Bindegewebes vorkommt, welche auf Muscularis und Schleimhaut übergreift, und häufig sich mit einem nach innen hervorspringenden, einen seichten Nabel umfassenden Wulst begrenzt, oder als medullar-krebsige Degeneration der Schleimhaut auftritt, die in grossen Strecken oder in Form discreter Knoten, ferner als Zottenkrebs in Form lockerer odercompacter, strotzender, schwammiger Geschwülste, endlich als carcinoma meianodes angetroffen wird. Zuweilen erscheint der Krebs in Form unzähliger kleiner Knötchen in der Schleimhaut. Der alveolare Gallertkrebs ist die seltenste Form des Magenkrebses. Sie erscheint als Degeneration des submukösen Bindegewebes, welche sowohl nach aussen in die Muskularis und das Peritonäum greift, als auch besonders nach innen herein mit Substitution der Schleimhaut als ein von gallertartigem Inhalte strotzendes, grossmaschiges Gerüste wuchert. Er erreicht nicht selten einen enormen Umfang (R o k i t a n s k y).
Die wichtigsten Magencarcinome sind die vom submukösen Bindegewebe ausgehenden Degenerationen der Magenwand. Der vorzüglichste Sitz derselben ist der Pylorus, und zwar gleichförmig in seinem ganzen Umfange. Jedoch kommen immerhin zuweilen
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Vom Carcinom des Magens.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;525
Degenerationen vor, welche in einem Antheile des Kreisumfanges überwiegen, oder wohl auch einen gewissen Antheil derselben völlig freilassen. Von hier aus breitet sich die Entartung überwiegend längs des kleinen Bogens hin aus, bis dahin, dass in einzelnen Fällen die ganze Magenwand, etwa mit Ausschluss eines kleinen Antheils des Blindsacks, degenerirt erscheint. Der Magen ist dann in seinen Wänden bis auf einen Zoll und darüber verdickt, starr, innen meist knollig, uneben, seine Höhle verengt. — Ungleich seltener ist die Car dia Sitz des Carcinom s. Merkwürdig ist, dass der Pylorus-krebsfast nie auf das Duodenum greift, wogegen sich der Cardiakrebs immer über ein namhaftes Stück des Oesophagus ausbreitet. In der Regel ist der Pyloruskrebs mit seiner Nachbarschaft verwachsen und dadurch fixirt, als mit dem Pankreas , mit den benachbarten Lymphdrüsen, den Nervenplexus , mit dem fibrösen Ueberzug der Wirbelkörper. Jedoch kommen hiervon wichtige, wenn auch seltene Ausnahmen vor, wobei der Pyloruskrebs sich bedeutend nach abwärts senkt, und sogar in der Gegend der symphysis oasiumpubis angetroffen wurde.
„Je nach der Massenzunahme der Wände und dem Grade der Retraction ergeben sich mehr oder weniger beträchtliche Verengerungen (Stenosen) des Pyloruscanals, wobei er überdies nicht selten durch protuberirende Knollen, stellenweise überwiegende Retraction mancherlei flache oder winkliche Biegungen erleidet. Die Stenose hat, je beträchtlicher sie ist und je mehr sich die krebsige Entartung auf den Pylorus beschränkt, eine desto beträchtlichere, bisweilen ganz enorme Erweiterung des Magens mit mehr oder weniger auffallender Hypertrophie der Fleischhaut zur Folge.quot; (Rokitansk y.)
Zuweilen greift das Carcinom auch auf die Leber, das Quer-colon, die Milz über. Häufig trifft man das Carcinom im Zustande der Verjauchung, die nicht selten bedeutende Hämorrhagieen ver-anlasst. Ansehnliche Zottenkrebse sind bis auf {rerincre Reste mit Zurüeklassung einer geschwürigen Stelle ausgestossen worden. Die Verjauchung des Krebses greift mitunter auf die Nachbartheile über, was bis zum Eröffnen der Bauchhöhle geschehen kann. In der Magenhöhle findet sich neben verwesenden Ingestis und nekro-sirenden Krebsportionen jene bekannte choeoladenbraune, kaifee-satzähnliehe Masse, welche so oft von Krebskranken ausgebrochen wird, und die Nichts als umgewandeltes Blut ist.
Der Magenkrebs ist eine Krankheit, die unmerklich heranschleicht , und gewiss in vielen Fällen lange besteht, ehe sie Erscheinungen macht. Viel kommt hier auf den Sitz des Krebses an, ob er überhaupt früh Erscheinungen mache, und welcher Natur dieselben sind. Beim Cardiakrebs werden unbestimmte neuralgische
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Schmerzen in der epigastrischen Gegend geklagt. Der Kranke verliert den Appetit, die Ernährung sinkt, das Fettpolster schwindet, das Colorit des Kranken bekommt, wenn er brünett ist, ein erdfahles, dagegen wenn er blond ist, ein strohgelbes Ansehen. Die Haut ist trocken, mit feinen Sehüppchen (Pityriasis) besetzt, und in Folge des raschen Schwundes des pannicubis adiposus, namentlich in der Nähe der Augenhöhlen, der Nasenflügel und der Mundwinkel feinfaltig. Was aber den Habitus der an Magenkrebs Leidenden wie der Krebskranken überhaupt kennzeichnet, ist das Reinweisse der Scle-rotica trotz der gelblichen Färbung der Haut. Dieses Verhältniss beweist eben, dass kein Rücktritt des Gallenfarbstofis ins Blut die gelbe Tingirung des Hautkörpers bedingt. Ausserdem findet man trotz der zurückgelegten 50 Lebensjahre in beiden Geschlechtern meist kein graues Haar hier.
Wenn die cardialgischen Beschwerden unter diesen jetzt geschilderten äussern Erscheinungen lancinirend werden, und es der Untersuchung gelingt, im Epigastrium eine harte, unebene Stelle nachzuweisen, so kann kaum an der Existenz eines Cardiakrebses gezweifelt werden, aber jeder Zweifel schwindet, wenn Magen- und Darmblutungen jetzt eintreten. Das in den Magen ergossene Blut wird in die oben beim Sectionsbefund geschilderte chocoladenartige Masse verwandelt und als solche ausgebrochen. Das in den Darm entleerte Blut wird in Form pechschwarzer Massen mit dem Stuhle entleert. Dieser Zustand war schon dem Hip.p ocrates bekannt, der ihn als moi'busnige?' amp;nSvihrte. Sind diese Blutungen schrcopiös, und wiederholen sie sich oft, so führen sie zu exquisiter Anämie, Wenn auch der Patient versichert, nie Blut gebrochen oder mit dem Stuhle entleert zu haben, so verdächtigt ein hoher Grad von Anämie den an Magenkrebs Leidenden, dass bei demselben von ihm unbemerkt copiöse Darmblutungen bestanden. Im weitern Verlaufe des Cardiakrebses nimmt Abmagerung und Kräfteverfall mehr und mehr überhand. Die heftigen, oft unerträglichen Schmerzen im Epigastric rühren theils von der umsich-greifendon, ohne alle Rücksicht gegen die anatomische Dignität benachbarter Theile Alles in die Entartung hineinziehenden Krebswucherung her, theils sind sie durch die secundärePeritonitis begründet, die in allen Graden hier angetroffen wird, ja bisweilen ein reichliches eitriges Exsudat in die Bauchhöhle setzt, und durch dieses tödtet. Die hochgradige Abmagerung wird theils durch die beschränkte Stoffzufuhr bedingt, da in der Regel der hartnäckigste Widerwille gegen jede Speiseanfnahme besteht, theils durch die Rückwirkungen der Afterbildungen auf die Ernährungsvorgänge im Allgemeinen. Der Tod erfolgt unter hochgradiger Kräfteerschöpfung.
Hat der Krebs am Pylorus seinen Sitz, so treten früh die Zeichen einer gestörten Canalisation, nämlich einer Pförtnerstenose
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in den Vordergrund. Der Kranke klagt über beständige Uebelkeiten, Aufsteigen von Wasser, Erbrechen. Dabei ist er verstopft. Zu diesem habituellen Erbrechen, was meist eine, selbst zwei Stunden nach der Mahlzeit auftritt, gesellen sich die Zeichen von Fett-und Muskelschwund, und allmälig bildet sich hier auch ein exquisiter Krebshabitus aus, wie er oben bereits beim Cardiakrebs geschildert wurde. Nach einigem Bestehen gelingt es der physikalischen Diagnostik oft enorme Dilatationen des Magens nachzuweisen. Die krebsige Pylorusstelle ist, wenn nicht Fixationen an die Umgebung stattfanden, oft bedeutend rechts nach abwärts getreten. Da die Gedärme leer und zusammengezogen sind, so springen die Rippenbögen stark hervor, während der Bauch tief eingesunken ist, so dass man deutlich die Wirbelsäule und die pnlsirende aorta abdominalis ï\\h\t. Bei atrophischen Bauchdecken und bei massiger Entwickelung des Pyloruskrebses gelingt es denselben leicht bei der Palpation zu fühlen, der dann als eine hühnerei- bis mannsfaustgrosse Geschwulst durch die dünnen Bauchdecken fühlbar, ja sogar bei derAdspection sichtbar ist. Diese Geschwulst erscheint meistentheils rechts neben der Mittellinie in der t^egio mesogastrica, doch sinkt sie bisweilen bis zur Symphyse herab. Man hüte sich bei der hier constanten Verstopfung verhärtete Kothmassen in dem colon iramp;nsversum oder asceTidem mit demPyloruskrebs zu verwechseln, wie dies einst einer bedeutenden medicinischen Autorität erging. Darmblutungen fehlen meist beim Pyloruskrebs, dafür ist das Erbrechen kaff'eesatzähnlicher Massen um so gewöhnlicher. Der anfänglich nur angehaltene Stuhl ist im weitern Verlaufe des Pyloruskrebses kaum zu erzwingen.
Der einzige Ausgang des Magenkrebses ist der Tod, Bei dem Markschwamm erfolgt derselbe nach mehreren Monaten, beim Scirr-hus erst nach ein oder mehreren Jahren. Er erfolgt in den meisten Fällen unter den Erscheinungen allmäliger Erschöpfung. Der Todeskampf ist hier meist sehr lang, über Tage ausgedehnt. Dabei bedeckt sich die Zunge mit Soormassen. Zuweilen vermehrt die Qualen des Magonkrebskranken eine phlegmasia alha dolens des einen oder anderen Schenkels, welche auf einer marantischen Thrombose der linken oder rechten Cruralvene beruht. Selten bedrohen Magenblutungen das Leben. Secundäre Krebsbildungen modificiren das Bild des Magenkrebses mannigfach.
Der Magenkrebs bei Thieren ist keine häufige Krankheit. Roell versichert, dass trotz der bedeutenden Anzahl alljährlich secirter Thiere ihm bisher blos ein Fall von derbem Faserkrebs im Dünndarm eines Pferdes, wodurch das Lumen des Darmrohrs bedeutend verengert wurde, vorgekommen sei. Auch beim Hunde habe er ihn gleichfalls noch nie in diesen Theilen vorgefunden. Wiederholt ist er dagegen beim Rind anderweit im Labmagen als Pförtnerkrebsange-
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troffen worden. Die Zeichen während des Lebens waren: Schnelles Abmagern, Aufhören des Appetits und des Wiederkauens oder Fallenlassen des Bissens, der wiedergekaut werden sollte, widernatürlicher Appetit, starkbelegte, gelbe Zunge, schaumiges Maul, Verstopfung und Auftreibung des Bauches, harter Puls etc. Die Section ergab: sehr ver-grösserte, speckartig degenerirte Gekrösdrüsen, die zum Theil eiterähnliche Flüssigkeiten enthielten ; die Häute des Labmagens waren, besonders die Muskelhaut, etliche Zoll dick, speckig, enthielten ebenfalls Abscesse mit gelblich dickem Eiter. Auf der Schleimhaut des Labmagens waren den Rotzgeschwüren ähnliche Geschwüre.
Eine ähnliche, den zweiten Magen betreffende Beobachtung liefert Buhl. Die Häute der Haube waren zolldick, die innere Haut entartet, statt der Zellen eine fleischige, höckrige, übelriechende Oberfläche bildend.
Einen Zottenkrebs des Magens beobachtete ich bei einem abgemagerten Thiere, bei dem gleichfalls ein Gallertkrebs des einen und Markschwamm des andern Eierstocks vorgefunden wurden.
Der Tuberkel und das tuberkulöse Geschwür des Magens ist eine seltene Erscheinung, zumal ist die primitive Tuberkulose des Magens überaus selten. Gewöhnlich ist sie eine Theilerschein-nng einer ausgebreiteten tuberkulösen Darmphthise, indem sich die Tuberkelgeschwüre dos Ileum über das Jejunum und Duodenum in den Magen fortsetzen. Bei Thieren ist die Tuberkulose des Magens noch nicht beobachtet.
Bindegewebsneubil düngen treten in Form kleiner linsen- bis bohnengrosser fibröser Geschwülste in der Submucosa auf, oder diffus als eine bedeutende Massenzunahme des submukösen Bindegewebes. Diese Hypertrophie der Submucosa kommt auch bei Thieren nach chronischen Magencatarrhen vor.
Fett neubildun gen als Lipom zwischen den Magenhäuten im submukösen Bindegewebe beim Menschen. Grossera Liporae protuberiren und prolabiren wie fibröse Geschwülste nach innen, zuweilen auch gleichzeitig durch die Fleischhaut hindurch nach aussen. „Fettgeschwülstchen kleinern Umfanges entwickeln sich bisweilen bei Thieren aus dem submukösen und subserösen Bindegewebe des Darms, und hängen dann im erstem Falle als schlaffe Geschwülstchen in die Höhle dos Darms , in dem letztem als kurz- oder langgestielte Anhängsel in die Bauchhöhle hinein.quot; Roell.
Pigmentbildangen als braune , schiefergraue, schwarz-blauoFärbung der blennorrhöischen Magenschleimhaut, besonders im Pylorusmagen, auch bei Thieren als diffuse Melanose der Magenschleimhaut bekannt.
D r ü s e n n e u b i 1 d u n g e n finden sich in seltenen Fällen beim Menschen im submukösen Bindegewebe in Form rundlicher, ge-
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Die Gastromalacie.
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lappter Gebilde, welche ihrer Textur nach mit dem Pankreas übereinkommen.
Papillarge seh wülste kleinem Umfangs hat Roell wiederholt im Pförtnertheile bei Pferden und Hunden angetroffen.
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Die Gastromalacie.
Dieselbe besteht in einer Lösung der Schleimhaut und des subiTiukösen Gewebes, ja auch austossender Gebilde, z. B. des Zwerchfells, im Magensafte zu einer gallertähnlichen Masse. Diese Gallerte sieht entweder licht, oder braun aus, was von dem der Lösung vorangehenden Zustande, ob hyper- oder anämisch abhängt. War die Schleimhaut hyperämisch, so wird sie in eine schwarzbraune breiige Masse verwandelt, wobei dem Mageninhalt eine ähnliche, kaffeesatzartige Menge beigemischt ist; war sie anämisch, so wird ilcr Magen in eine farblose Gallerte umgewandelt. Man findet die Schleimhaut zu einem schmuzig braunen oder abstreif'baren Brei verwandelt, und grösstentheils als solchen verlorengegangen und dem Mageninhalte beigemischt. Das Bindegewebe liegt frei, oft ist der Magen im Blindsacke durchlöchert und der Mageninhalt in das linke Hypoehondrium ergossen, ja bisweilen durch das erweichte Zwerchfell in den linken Thorax extravasirt. Hier hat dieser Erguss meist auf die Lungen eingewirkt, die Pleura erweicht, wobei sie durch das aus den peripheren Lungenzellen austretende Gas zu zarten, höchst zerreisslichen Blasen erhoben wird. Das Lungenge webe ist durch die Einwirkung des Ergusses schwarzbraun entfärbt und hypostatisch hyperämisch.
V i r c h o w und Elsässer und viele Neuere halten die gallertige Magenerweichung nur für ein Leichenphänomen. Eokitansky giebt das nur theilweise zu. Obwohl er der Ansicht ist, dass in den meisten Fällen die Magenerweichung sich erst nach dem Tlaquo;de bilde, so hält er doch auch heute noch an der Meinung fest, dass sie unter Umständen schon während des Lebens bestehe , und findet in dem Erbrechen kaffeesatzähnlicher Massen kurz vor dem Tode jener Personen , die nach demselben jene Erscheinungen darbieten, einen factischen Beleg für seine Annahme. Dann hält er diese Erweichung für die Wirkung eines in Innervationsstöruug regelwidrig scharf und namentlich übersauer gewordenen Magensaftes und somit für eine von den Drüsen- und ihrem Gefässapparate ausgehende Lösung der Schleimhaut in ihrem eigenen Secrete. Sie betrifft gemeinhin eine dunkel geröthete, injicirte, mit Stase behaftete Magenschleimhaut, und ist somit mit namhafter Blutung verbunden, welche das Material zu reichlichem, kaffeesatzähnlichem, chocoladen-braunem Contentum abgiebt.
Gleisberg, vergleichende Patholüifio.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;34
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Die gallertartige Magenerweichung findet man vorzüglich inden Leichen tabescirter, anämischer Säuglinge, die braune Erweichung dagegen bei Kindern und Erwachsenen, die an acuten Krankheiten zu Grunde gingen. Die Erweichung bei Säuglingen mit einem sauern, aus Käse bestehenden Inhalt und die Erweichung der Erwachsenen nach plötzlichem, während der Verdauung erfolgtem natürlichen oder gewaltsamen Tode sind um so bestimmter als Leichenphänomene zu deuten, je mehr sich die Erweichung dem Niveau des Magencontentums entsprechend begrenzt zeigt.
Erweiterung des Magens
bis zum Doppelten seines Volumens kommt beim Menschen, besonders beiPylorustricturen vor. Beim Pferde, Hunde und Schweine werden ebenfalls oft bedeutende Erweiterungen dieses Organs beobachtet, aber was eigenthümlichist, ohne krebsige Strictur. Aber auch beim Menschen kommt ohne Pförtnerstenose eine gleichförmige Erweiterung des gleichmässig, besonders in der Fleischhaut merklich verdickten Magens mit verstärkter Magenwand vor. Sie erreicht bisweilen einen monströsen Grad, so dass der Magen einen den ganzen Bauchraum ausfüllenden Sack darstellt. Sie entwickelt sich in Folge habitueller Ueberfüllung, mitunter in Folge von Erschütterung des Magens bei Contusionen, von Zerrungen und Dislocationen, namentlich durch grosse Scrotalhernien, und wird unter Erbrechen durch Paralyse tödtlich. (R o k i t a n s k y.) Trautvetter beobachtete eine derartige gleicliförmige Erweiterung des Magens ohne Pylorusstenose bei einem Pferde, was an Kolik zu Grunde ging. Die Magenhöhle dieses Thieres hatte die Capaeität eines halben Dresdner Scheflels. Die Magen wände waren stark verdickt.
Eine bedeutende Kleinheit d e s M a g e n s wird bei habitueller Abstinenz beobachtet. Sie zeichnet namentlich die Leiche des Greises ans, da der Tod im hohen Alter in vielen Fällen durch eisen hartnäckigen Appetitmangel eingeleitet, selbst geradezu veranlasst wird.
Bei einem alten Pferde fanden wir (T. und ich) den Magen auf das Volumen einer doppelten Mannsfaust zusammengeschrumpft, die seröse Haut desselben glatt, die muscularis renir. bleich, geschwunden, das submuköse Bindegewebe lax, aber die Schleimhaut bis zur Daumenstärke hypertrophirt und in unförmlichen, zollhohen Wülsten nach der Magenhöhle hervorspringend, so dass diese letztere fast ganz aufgehoben wurde. Jene zollhohen Wülste waren Faltenbildungen der enorm verdickten Schleimhaut und stellten nach der Submucosa zu Hohlräume dar, die nur unvollkommen durch Fäden lockeren Bindegewebes ausgefüllt waren. Die Ober-
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Die Magenraptur.
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fläche der Schleimhaut erschien mit sehr dicht stehenden, warzigen, linienhohen und linienbreiten Epithelialbildungen besetzt. Das Gefüge der Schleimhaut war so derb, dass es unter dem Messer knirschte. Der Dünndarm zeigte sich bis auf Daumenstärke in seinem Lumen verjüngt, dessen Schleimhaut war gleichfalls stark hypertroph , faltig und von jenen Epithelialbildungen, die wir auf der Magenschleimhaut vorfanden, besetzt.
Eine Hypertrophie der Magen w an de begleitet Krebs der Magen wand und die soeben erwähnten Erweiterungen. Sie ist gleichfalls die Consequenz chronischer Catarrhe, wobei namentlich die Drüsen und die Muscularis hypertrophiren.
Es kommt eine Massenzunahme der Magenwände beim Menschen vor, wobei dieselben gleiehmässig zolldick verdickt sind, der Magen nicht vergrössert, sondern verkleinert erscheint, die Magen wände überhaupt eine solche Starrheit besitzen, dass sie sich wie die Wände einer dickern Gummiflasche verhalten, und beim Einschneiden nicht collabiren. Mehrere derartige Exemplare enthält die Berliner Sammlung des Charitékrankenhaiises, die ich bei Reinhardt gesehen habe. Die Schleimhaut ist bei dem retrahirten Zustand der Magenwände in dichte Falten ge\egt{état7!iammelo7iné). Diese diffuse Ply p ertrophie befällt vorzüglich die Muscularis und das submuköse Bindegewebe, was in weissen Strängen die Muskularis durchzieht. Die ausgelösten Elemente sind meist vergrössert, besitzen grosse Kerne und deutliche Kernkörperchen, und dies hat wohl Veranlassung gegeben, diese Hypertrophieen der Magenwände dem Scirrhus unterzuordnen.
Magenhernien kommen besonders bei Rindern vor. Hier lazert sich die Haube bisweilen in die Brusthöhle, wohin sie durch Risse im Zwerchfell gelangt. Zuweilen verwächst die Haube mit Brustfell, Herzbeutel und der Lunge. Mitunter trifft man einen Theil des Pansens unmittelbar unter der Haut gelagert. Die Bruchpforte befindet sith in den Bauchmuskeln, durch Muskelzerreissung bedingt, die wiederum meist durch Stossen (mit den Hörnern) erzeugt wird. Ist der vorgefallene Theil gross, so kann er die Be-weininff des Thieres sehr hindern.
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Die Magenraptur.
Beim Menschen kann eine Magenruptur nur durch änssere Ge-waltthätigkeiten zu Stande kommen. Niemals vermögen hier die gäbren-den Ingesta diesen Effect zu erzeugen. Auch bei den Fleisch- und Allesfresscrn kommt eine spontane Magcnrnptnr nicht vor, wohl aber bei den Wiederkäuern und Einhufern. Bei den Wiederkäuern tritt die Magenraptur als Ausgang der Trommelsucht auf. Dort
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entstehen Risse, besonders in dem Pansen kurz vor dem Tode, dies veranlasst Futteraustritt in die Bauchhöhle. Bei den Einhufern begegnen wir der spontanen Magenruptur ungleich häufiger. Sie ist vielleicht in allen Fällen durch eine übermässige Futteraufnahme veranlasst. Da die Schlundklappe des Pferdes nun eine Entleerung des in Uebermaass genossenen Futters nur in wenig Ausnahmsfällen gestattet, so entsteht in der Regel nach Ueberfressen der Pferde eine Gasentwickelung im Magen, die denselben bis zur Berstnng seiner Wandungen auftreibt. Bei der Section des unter den Erscheinungen einer sehr heftigen Kolik zu Grunde gegangenen Thieres findet man, meist an der grossen Curvatur, einen, oft einen Fuss langen Riss, welcher parallel mit den Längsfasern der Muscularis verläuft, den Magen zusammengefallen und den Mageninhalt in die Hinterleibshöhle ausgetreten. Oft sind Futterreste bis in das Becken getrieben. Auffallig ist, dass der Magen keine Spuren von Entzündung darbietet, im Gegentheil zeigen sich die Schleimhaut und die andern Häute sehr anämisch. Bisweilen ist bei der Zerreissung aller Magenhäute Tod durch Blutung eingetreten. Mitunter betrifft der Einriss nur die Schleimhaut oder nur die seröse Haut. Die voll-igt;.ummenon Zerreissungen des Magens beginnen entweder von der Ösen Haut aus, und dann ist der Biss in der serösen Haut länger, als der in der Muskel- und Schleimhaut, die einander ziemlich quot;#9632;leichkommen. Eine früher bestandene Bauchfellentzündung, wodurch die Serosa verdickt und ihrer Elasticität verlustig wurde, begünstigt das Zustandekommen dieser Rupturen.
Der Tod erfolgt bei diesen Zustünden nicht etwa in Folge der Bauchfellentzündung, sondern die Ruptur des Organs ist ein so gewaltiger Eingriff' in die Organisation , dass in Folge dessen schon Tod unter den bedeutendsten Erscheinungen des Collapses im Ge-fäss- und Nervensystem erfolgen muss. Unvollständige Zerreissungen vertragen sich mit dem Fortbestand des Lebens.
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Abnormitäten des Mageninhalts.
Anhäufung von Luft.
Habituelle Luftentwiokelnng in der Magenhöhle beim Menschen ist theils bei chronischen Verdauungsfehlern sehr gewöhnlieh, theils sehen wir diesen Zustand bestimmte Mischungsverhältnisse des Blutes bequot;-leiten, wie bei der Pubertätschlorose und bei jener Anämie, die die klimacterischen Jahre und peripheren Nervenkrankheiten der Frauen so gewöhnlich bogleitet. Niemals erlangen jedoch hierbei die Gasansarnmlungen einen bedrohlichen Grad für das leidende
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Trommelsucht.
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Individuum, sondern unter Ructus entweichen sie nach oben. Bei Thieren, namentlich bei Pferden und Rindern ist der anatomische Bau des Magens die Veranlassung, dass eine bedeutende Luftentwickelung im Magen mit hoher Gefahr für das betreffende Individuum verknüpft ist. Bei Pferden führt eine Gasentwickelung nach Ueburfütterung sehr oft zur Magenruptur, da die Schlundklappe ein Entweichen der aus den giihrenden Futterstoffen sich erzeugenden Gasarten hindert. Bei Rindern ruft nach Ueberfütterung der gährende Inhalt des Pansens die
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Trommelsucht
hervor. Diese Krankheit kommt nicht nur den Rindern, sondern auch den Schafen, Ziegen, also den Wiederkäuern überhaupt zu, und zerfällt in eine acute und chronisehei Die acute Trommelsucht befällt bei heerdeweisem Betriebe von mit jungem üppigen Klee und saftreichen Gräsern bewachsenen Weiden oft eine grosse Anzahl Thiere zu gleicher Zeit. Aber auch das Beweiden von Stoppelfeldern mit jungem Nachwuchs von Klee und das der Kraut-, Kohl-, Rüben-, Rapsfelder kann Trommelsucht erzeugen.
Die Erscheinungen des Zustandos folgen aus dem Vorhergesagten von selbst. Die Luftentwickelung in dem Pansen bedingt zunächst ein Verstreichen der linken Hungergrube und eine trommelartige Auftreibung des Hinterleibes. Das Zwerchfell wird stark nach vorwärts geschoben, dadurch die Lungen beengt, durch Druck auf die grossen Blutgefässe des Hinterleibes entstehen Kreislaufsstörungen , Blutüberfüllungen an der Körperoberfläche. Die Thiere werden jetzt ängstlich, unruhig, ihre Augen sind nach vorwärts getrieben , die Bindehaut ist stark injicirt, der Blick ist stier, glotzend, der Puls beschleunigt und klein, das Athmen wird immer mühsamer, das Maul wird aufgerissen, der Hals gestreckt, der Schweif gehoben, die Extremitäten werden kalt, es tritt Zittern ein, und so verenden die Thiere entweder in Folge von Gehirnschlagfluss, oder durch Erstickung, oder durch Berstung des Pansens. Die Section ergiebt eine enorme Ausdehnung des Pansens mit Verschiebung und Verdrängung der Bauch- und Brusteingeweide, oder Berstung jenes Organs und dann Futteraustritt in die Bauchhöhle. Entweder findet dabei Hyperämie des Gehirns, oder Blutüberfüllung der Lunge, selbst Extravasation im Gehirn und in der Lunge statt.
Niedere Grade des Aufblähens verschwinden unter Rülpsen. Wurde die Luft in dem Pansen durch einen operativen Eingriff entfernt, so ereignet es sieh bisweilen, dass sich fortwährend von Neuem Luft entbindet.
Die chronische Blähsucht bei Rindern begleitet den
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chronischen Magencatarrh dieser Thiere. Hierbei stellt sich zeitweise massiges Aufblähen unter Verminderung der Fresslust und des Wiederkauens ein. Die Mistentleerung ist dabei unregelmässig und sparsam. Magenblutungen sind bei Menschen viel häufiger, wie bei Thieren. Bei jenen treffen wir sie vorzüglich bei Texturerkrankungen der Magenwände, z. B. beim Carcinom des Magens, beim Magengeschwür; ferner als Product venöser Stase bei Herzkrankheiten , die eine Ueberfüllung des rechten Ventrikels und der Venen setzten; bei Leberkrankheiten, welche eine Verödung von Haargefassen des Bezirks der arteria hepatica bedingen, wodurch das Gebiet der arteria gastro duo de nalls und gastroepiploica unter einen stärkern Blutdruck geräth; ferner bei der Melanämie und bei Gefässerkrankungen selbst (Anourysmen, Varices und Ernährungsstörungen der Haargefässwandungeu bei den Hämophilen).
Concremente des Magens
kommen besonders bei Wiederkäuern (Ziegen), beim Pferde nur vereinzelt und ziemlich selten vor. Sie sind grau, mit einem Stich in's Röthliche und Bläuliche, an der Oberfläche glatt, fein porös und von seichten Vertiefungen durchzogen, von einem Durchmesser von wenig Linien bis zu jenem eines halben Schuhes und darüber, sehr dicht und fest. Auf dem Durchschnitt zeigt sich ein, durch ein Stückchen Metall, ein Sandkorn etc. gebildeter Kern , um den die schichten weise Ablagerung Anfangs krystallinischer, dann amorpher Lagen stattgefunden hat, die jemehr nach aussen gelagert, desto dünner werden. Der vorwiegende Bestandtheil ist phosphorsaure Ammoniacmagne^ia. Bei Hunden begegnen wir gleichfalls , wenn auch sehr selten, Magensteinen von weissgelblicher Farbe, die an der Oberfläche glatt und glänzend sind. Da sich meist mehrere gleichzeitig vorfinden, so entstehen an den Berührungsstellen Abreibungs-flächen , die glatt, wie polirt sind. Der Kern des Concrements ist meist ein Quarz- oder Kalkkernchen, um welches sich concentrische Schichten angelagert haben, die vorzüglich in der Nähe des Kerns ein deutlich krystallinisches Gefüge zeigen. Phosphorsaure Ammo-niaemagnesia ist auch hier der Hauptbestandtheil.
Parasiten
werden im Magen des Menschen angetroffen: Spulwürmer, Echinococcusblasen, ausserdem die S a r c i n a und S o o r p i 1 z e.
Bei Pferden treffen wir besonders Bremsenlarven, die oft in einer Unzahl an der Magenschleimhaut haftend angetroffen werden, doch ohne dass dieselben bedeutendere Erscheinungen machten, im
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Die Dispepsie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 535
Gegentheil ist dieser Befund in der Regel zufälliger Natur bei dsn Sectionen der Thiere. Würmer im Magen derThiere sind seltener, als im Darm, doch kommt bei Lämmern der langhälsige Palli-s adenwurm {strongylus filicollis) im Labmagen der Lämmer vor.
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Punctionelle Störungen des Magens.
Der Magenkrampf
lässt sich nur beim Menschen feststellen. Er peinigt vorzüglich die Frauen, beruht auf einer Neuralgie der Magennerven, und hängt bald mit einer chlorotisehen Blutmischung, einer suppressio ?ne?istum, bald mit Krankheiten der Sexualapparate zusammen. In letzterer Beziehung sind namentlich Dislocationen des Uterus zu nennen. Aber er begleitet auch Hirn- und Rückenmarkskrankheiten und materielle Veränderungen des nervus vayus und des sympathicus. Bisweilen scheint er durch Blutfehler (Infection mit Malaria) vermittelt. Sehr oft ruft ihn excessive Säurenentwickelung des Magens hervor, mitunter auch die Anwesenheit von Spulwürmen, die Einführung mancher Medicamente etc.
Die Dyspepsie
kann sehr oft auch eine rein functionelle Störung sein, indem durch eine abnorme Beschaß'enheit des secernirten Magensaftes, oder dadurch, dass die Bewegungen des Magens vermindert sind, und in Folge dessen die Ingesta nicht hinlänglich mit dem Magensafte gemischt werden, eine Unverdaulichkeit bedingt wird. Denn so haben die Versuche mit Durchschneidungen der nervt vagi gelehrt, dass die Ingesta entweder gänzlich unverändert, oder nur zum Theil chymificiit im Magen zurückbleiben. Doch betrifft diese Unterbrechung der Verdauung nicht alle Ingesta in gleicher Weise. Nur die eiweissartigen Körper bleiben gänzlich unversehrt. Sie erleiden keine andern Veränderungen, als diejenigen, welche durch das Kauen und das Einspeicheln veranlasst wurden. Die Kohlenhydrate gehen dagegen alle Metamorphosen ein, die bei unverletztem Vagus vorkommen. Stärkemehl geht in Dextrin und Zucker und theilweise auch in Michsäure über.
Ausserdem lässt sich das auch noch weiter physiologisch und pathologisch begründen. Heftige Gemüthsaft'ecte ziehen oftUnver-daulichkeit und Gastricismus nach sich. Manche Narcotica setzen die Verdauungskraft des Magens bedeutend herab (Tabak, Digi-
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talis). Die Gefrässigkeit, das gierige Verschlingen der unverdaulichsten Dinge Geisteskranker sprechen ebenso, wie die chronische Dyspepsie der an Hirnerweichung und Hirnatrophie Leidenden für die Existenz einer nervösen Dyspepsie. Hierher gehört auch die
Lecksucht der Kühe.
Man versteht hierunter eine Krankheit des Hornviehs , die sich durch die Begierde, die verschiedenartigsten und besonders salzige Gegenstände zu lecken, äussert. Diese Gierde, alkalisch reagirende Dinge aufzunehmen, nämlich das Mauerwerk zu belecken, mit faulendem Harn verunreinigtes Stroh zu fressen, scheint daraufhinzuweisen, dass eine übermässige Säurebildung im Magen stattfindet, welche die lecksüchtigen Kühe unbewusst zwingt, säureabstumpfende Dinge zu verschlingen. Doch ist hierbei nicht zu vergessen, dass die Thiere auch Kleidungsstücke, Leder verschlucken. DerZustand vergesellschaftet sich häufig mitKnochenbriichigkeit, besteht aber auch oft ohne dieselbe. Im weitern Verlaufe werden die Thiere anämisch, magern ab. Es steigert sich später der Trieb, kalk- und thonhaltige Substanzen aufzunehmen', die Thiere verzehren Mauerschutt, Ziegelstücke , Scherben irdener Geschirre, zuletzt werden sogar vermoderte Holzstüeke, Stricke, Lumpen und thierische Excremente verschlungen. Am Schlüsse der Erkrankung nagen die Thiere unausgesetzt, verschmähen sogar reines Brunnenwasser als Getränk, und ziehen demselben Mistjauche vor. Unter den Erscheinungen eines allgemeinen Siechthums und der höchsten Abmagerung erfolgt der Tod, nachdem häufig, ohne alle äussern Veranlassungen, also nur durch die Schwere der einzelnen Körpertheile und durch Muskelzug vermittelt, Knochenbrüche eingetreten sind. Es werden nur Kühe befallen, besonders sehr milchergiebige.
Die äusseren Veranlassungen sind ziemlich unbekannt, doch scheinen Calamitäten der Fütterung und des Weideganges, schlechte Pflege, Futtermangel nicht ohne Einfluss auf die Entstehung des Zustandes zu sein. Die Dauer des Zustandes erstreckt sich meist auf ein Jahr. Die Section ergiebt ausser den Zeichen der Anämie, des Muskel- und Fettschwundes und zuweilen denen der Knochen-brüchigkeit nichts Nennenswerthes.
Das Erbrechen
kommt als habituelles Leiden, ohne eine anderweite Ursache innerhalb des Magens, bei chlorotischen, peripherisch nervenkranken Frauen vor. Dieses Leiden dauert oft Jahre, ohne dass das Allgemeinbefinden dabei wegentlich gestört würde.
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Die catarrhalische Entzündung des Darmcanals.
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Bei Pferden ist das Erbrechen in einzelnen Fällen als selbstständiges Leiden beobachtet worden, ohne dass das Befinden der Thiere dabei irgendwie wesentlich gelitten hätte. Es ist dies nur durch eine Insufficienz der Schlundklappe zulässig, die eine angeborene oder erworbene sein kann. Sonst tritt das Erbrechen bei Pferden als höchst ominöses Zeichen kurz vor dem Eintritt des Todes bei Ueberfütterungskoliken auf. Hierbei ist auf jeden Fall der Druck der gespannten Gase im Magen ein so grosser, dass er das an sich durch die Schlundklappe gesetzte anatomische Hinderniss eines Re-gurgitirens des Mageninhaltes in den Oesophagus überwindet. Wahrscheinlich gleichzeitig beginnt das Einreissen der Magen wand, daher die Fabel von dem Erbrechen der Einhufer bei bereits geborstenem Magen.
Bei Rindern wurde das Erbrechen gleichfalls mehrfach beobachtet.
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Von den Krankheiten des Darmcanals.
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Anatomische Störungen.
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Die catarrhalische Entzündung des Darmcanals, catarrhus intestinalis.
Der Darmcatarrh ist eine der häufigsten Krankheiten des Menschen. Er gesellt sich zu Circulationshindernissen in der Leber, indem der gehemmte Abfiuss des Blutes in der Pfortader nothwendig zu Ueberfüllung und Ausdehnung der Darm venen und damit zu Darmcatarrh führen muss. Ferner begleitet er alle jene Erkrankungen der Respirations- und Circulationsorgane, welche eine gehemmte Entleerung der Hohlvenen zur Folge haben (Herzkrankheiten, Emphysem, Tuberkulose). Seltener vergesellschaftet er sich mit einer Circulationsstörung an der Peripherie, z.B. bei ausgebreiteten Verbrennungen und bei intensiveren Erkältungen der Haut. Als das Product einer fluxionären Hyperämie muss der die Peritonitis begleitende Darmcatarrh aufgefasst werden, der fast in geradem Verhältniss zur Intensität der Peritonitis steht. Bisweilen ist er die unmittelbare Folge eines G-emüthsaffects, noch häufiger wird er durch direct auf die Darmschleimhaut einwirkende Reize veranlasst: Purgantien, Parasiten , Genuss jungen Obstes, Retention von Fäcalmassen etc. Zu gewissen Zeiten kommt Darmcatarrh häufig, sogar seuchenartig vor. In vielen Fällen ist der Darmcatarrh eine blosse Theilerscheinung
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anderer Erkrankungen, z. B. des Abdominaltyphus, der Cholera. Sitz des Catarrhes sind vorzüglich die dicken Gedärme, seltener das lleum und am Seltensten das Duodenum.
Die anatomischen Kennzeichen des acuten Catarrhs bestehen in einer blassen, bald dunkleren, gleichförmigen , aber besonders an den Zotten der Darmschleimhaut im Umfange der Drüsen überwiegenden Röthung und Injection, Schwellung und Succulenz der Schleimhaut, Lockerung und Trübung des Epithels, Excoriationen und in dem Vorhandensein eines trüben, rahmähnlichen , eitrigen Secrets , welches die Schleimhaut bedeckt. Die solitären und P eye r'sehen Drüsen sind geschwellt. Oefters kommt es zu Oedem der Schleimhaut und des submukösen Bindegewebes.
Der acute Darmcatarrh wird in den allerseltensten Fällen tödtlich. Seinen anatomischen Charakter lernten wir auch nur dadurch kennen, dass er sehr oft die mannigfachsten lethal ausgehenden Krankheiten als Theilerscheinung begleitet. Gewöhnlich nimmt er seinen Ausgang in den chronischen Catarrh, der sich besonders durch dunkle Eöthung mit Varioosität der Gefässe, namhafte Wulstung der Schleimhaut, braune, schiefergraue, schwarzblaue Pigmentirung und durch reichliches eitriges Exsudat characterisirt.
Der chronische Catarrh hintürlässtHyportrophio der Schleimhaut, zuweilen in Form polypöser und papillärer Wucherungen und Blennorrhoe. Ausserdem nimmt er den Ausgang in eallöse Degeneration der Schleimhaut und der submukösen Gewebe und in Ver-schwärung. Bei der Letzteren erscheint die Schleimhaut in einer ansehnlichen Strecke gleichförmig oder gewöhnlicher an einzelnen kleinen Stellen gesättigt roth, gewulstet, von der Oberfläche her benagt, oder auch in ihrem Gewebe von kleinen Eiterheerden durchsetzt, die nach innen hin durchbrechen und um sich, sowie auch in die Tiefe greifen. Hieraus gehen Geschwüre mit buchtigem, häufig unter-minirtem Schleimhautrande und einer granulirten Basis hervor, die sofort in und über das submuköse Bindegewebe hinaus in die Schleimhaut vordringen und perforiren.
Beim Zusammenfliessen mehrerer Geschwüre bleiben nicht selten inselförmige Reste auf der gemeinschaftlichen Geschwürsbasis zurück. Ausserdem ragen vom Rande her häufig lange, schmale Schleimhautbuchten herein. Oft hängen diese in Folge submuköser Vereiterung als lose Streifen über die Geschwürsbasis hin, oder es sind derlei lose Schleimhautbrücken zugegen. Der Destruction geht immer Wucherung des submukösen Bindegewebes zur Seite, in welcher endlich die Fleischhaut untergeht. Am Ende sind die Darmhäute durch ein dichtes, häufig pigmentirtes, schrumpfendes Bindegewebe substituirt, auf welchem die obenbemerkten Schleim-
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Die catarrhalische Entzündung des Darmcanals.
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hautiuseln sieh in vorspringenden polypenartigen Wülsten erheben, von dessen Schleimhautrande umher die vernarbten, losen Schleimhautbuchten in Form langer, meist pigraentirter, polypenartiger Fran-zen hineinhängen. Bei beträchtlicher Retraction der Geschwürsbasis sind die Schleimhautränder und ihre Buchten und die Schleirahaut-iuseln so aneinander gerückt, dass sie gleichsam eine dichte Gruppe von Excrescenzen darstellen, zwischen denen man auf die Schwiele hereinsieht. (Roki tan sky.)
Diec atarrhalischeVerschwärun g kommt auf der Dünndarmschleimhaut ausserordentlich selten vor. Wir beobachten sie namentlich auf der Schleimhaut des Blinddarms und des Mastdarms.
Die catarrhalische Entzündung der Dünndarmschleimhaut ruft gern gelbsüchtige Erscheinungen hervor.
Die catarrhalische Entzündung der Blinddarmschleimhaut wird namentlich durch habituelle Anhäufung von Kothmassen bedingt, zu welcher sitzende Lebensweise, der Genuss unverdaulicher Dinge, rheumatische Affection der Muskulatur Veranlassung geben. Sie tritt ursprünglich acut auf, recidivirt gewöhnlich, artet zu chronischer Entzündung und ulceröser Destruction aus. Diese selbst führt mehr oder weniger rasch zu ein- oder mehrfacher Perforation, besonders im hintern Umfange des Coecum, mit Herstellung umfänglicher tympanitischer Jaucheheerde in der Darmbein- und Lendengegend, die Darminhalt aufnehmen, und welche vor oder nach einem Durchbruche nach aussen tödtlich werden. Bisweilen entsteht bei vorwiegendem Destruetionsprocesse nach einer andern Richtung eine von der regio üiaca ausgehende Peritonitis. In andern nicht seltenen Fällen verödet das Coecum zu einer schwieligen Bindegewebskapsel von Taubenei- und Wallnussgrösse.
Die catarrhalische Entzündung des Wurmfortsatzes wird durch hereingerathene und darin eingedickte Fäcal-massen und fremde Körper, besonders Obstkerne bedingt. Sie führt meist zu Verschwärung, welche sich je nach Umständen über den ganzen Fortsatz erstreckt, oder, wenn der fremde Körper festsitzt, an dieser Stelle oder jenseits derselben unter Ausdehnung des Endstücks auftritt. Unter günstigen Umständen, wohin vor Allem die Entfernung des fremden Körpers gehört, versiecht die Ulceration, und der Wurmfortsatz verschrumpft theilweise oder ganz mit Verödung seines Canals zu einem schiofer-grauen bandförmigen Anhange.
Die catarrhalische Entzündung des Mastdarms kommt besonders oft neben Varicositäten der Mastdarmvenen vor, und betrifft eine in Folge dessen blennorrhoische Mastdarmsehleimhaut. Sie führt gern zu polypöser Hypertrophie,
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oder nimmt auch den Ausgang in Vereiterung, bald in Form eines umschriebenen, gürtelartigen Geschwürs, bald in Form einer weitläufigen Bloslegurg eines hypertrophirton, schwielig dichten, submukösen Bindegewebes, welches in die Muscularis hineinwuchert, und die Degeneration des Mastdarms zu einem schwielig starren Kohre bedingt. Die Wände des entarteten Rectums sind häufig von Fistelgängen durchsetzt, welche in die das entartete Rectum umgebende Schwiele reichen, und daselbst in umfängliche Jaucheheerde einmünden. (Rokitansky,)
Bei Thieren wird die acute wie chronische catarrhalische Entzündung dos Darmcanals oft angetroffen. Der acute Catarrh begleitet bald denMagencatarrh, bald besteht er für sich. Auch er besteht in einer Schwellung und Erweichung der Schleimhaut, die mit einer bald dicken Schicht eines zähen, glasigen Schleims, bald einer dünnschleimigen, zähen, eiterähnlichen Flüssigkeit überzogen ist. Die Röthung ist meist gleichmässig über grössere Darmabschnitte verbreitet, bald mehr auf die Umgebung der Darmfollikel beschränkt, welche gewöhnlich als stecknadelkopfgrosse, weisse, von einem rothen Gefässkranz umgebene Knötchen über die Oberfläche der Schleimhaut hervorragen. In dem geringern Grade ist das submuköse Bindegewebe unverändert, in den höhern Graden von einer serösen Flüssigkeit durchtränkt. Follikularverschwärung ist nicht selten, besonders auf der Dickdarmschleimhaut. Bei Rindern treffen wir sehr oft die F e y e r 'sehen Drüsen geschwollen und areolirt. Dasselbe gilt vom Hunde. Bei diesem treten namentlich beim nervösen Catarrhal-fieber (Staupe) die consecutiven Drüsenaffectionen der Dünndarmschleimhaut so in den Vordergrund, dass dies wohl zur Verwechselung mit Typhus Veranlassung geben konnte. Die Reizungsvorgänge in denFollikeln steigern sich bei dem acutenDarmcatarrh der Hunde oft so, dass die gehäuften wie solitäreu Drüsen sich in gleicher Weise markig infiltrirt zeigen, wie die des Menschen im Abd'ominal-typhus. Der die Milzbrand- und Anthraxfieber begleitende acute Darmcatarrh characterisirt sich vorzüglich durch eine faserstoffige Infiltration des submukösen Bindegewebes oder der Schleimhaut selbst, mit der allen Anthraxbildungen immanenten Neigung zum spontanen Zerfall. Dieser Vorgang ist den Afterrosen auf der Haut vergleichbar, wird namentlich im Dünndarm, vorzüglich im Zwölffingerdarm angetroffen. Dass bei diesem Process in gleicherweise, wie bei dem acuten Dünndarmcatarrh der Hunde Gekrösdrüsen-• Schwellungen angetroffen werden, welche gleichen Schritt mit den Vorgängen im Darmcanal halten, ist aus dem anatomischen und physiologischen Verhalten der Mesenterialdrtisen leicht begreiflich. Intensivere Entzündung der Mastdarmschleimhaut, gewöhnlich durch don Reiz fester Fäcalmassen oder Darmeoneremente veranlasst.
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triffit mHn oft bei Pferden und Hunden an. Boi den letzteren sind gleichzeitig die Mastdarmdrüsen entzündet, die beim Druck eine oiterahnliehe, mit Blut getränkte, Flüssigkeit entleeren. Bei Pferden ist namentlich das submuköse Zellgewebe betheiligt, seröse Ergüsse in dasselbe treiben oft die Schleimhaut wulstavtig hervor. Die Schleimhaut berstet zuweilen, und durch Eintritt von Koth kommt es zu bedeutender Entzündung in der Umgebung des Mastdarms, in Folge der Kothinfiltration zu brandigem Absterben der Schleimhaut, zum Durchbrueh nach der Bauchhöhle und zur tödtlichen Peritonitis. Oder der Vorgang bewahrt mehr den reactiven Character, und dann kommt es zu Eiterung und Fistelbildung. Eine der gewöhnlichsten Nachkrankheiten nach Heilung der Mastdarmentzündung ist die chronische Blennorrhöe des Mastdarms.
Der chronische Darmcatarrh ist bei Thieren, ver-vir-sacht durch Missverhältnisse der Pflege und Fütterung oder als Con-sequenz mannigfacher chronischer Leiden anderer Organe, kein seltenes Vorkommniss. Die Schleimhaut des Dünndarms erscheint in plumpe, quere, dicke Falten gelegt, stellenweise grau pigmentirt, auf einem Durchschnitt um das Drei- und Mehrfache verdickt, derb, an der Oberfläche mit einer dicken Schicht rahmähelichen, graugefärbten und zu Klumpen zusammengedickten Schleimes überzogen, bisweilen mit polypösen und papillaren Wucherungen besetzt, die Muskelhaut gewöhnlich verdickt, und die Darmhöhle hierdurch verengert. R o e 11 traf die Darmschleimhaut der Rinder am Intensivsten grau pigmentirt, besonders im Zwölffingerdarm. Die Peyer'schen Drüsen traf er dabei areolirt an. „Unter den Dickdärmenquot;, sagt Roell, „ist es bei Pferden insbesondere der Blind- und Grimmdarm, bei Hunden der Grimmdarm, nur selten der Mastdarm, der vom chronischen Catarrh befallen wird. Die Schleimhaut dieser Theile ist düster, braunroth, von erweiterten geschlängelten Gefässen durchzogen, stellenweise intensiv grau pigmentirt, entweder verdickt und zähe, oder, und zwar gewöhnlicher, morsch und zerreisslich, mit einer meist nicht beträchtlichen Schicht zähen Schleimes begleitet, die Darmhöhle erweitert und meist von breiigen und flüssigen, gewöhnlich höchst übelriechenden Kothraassen angefüllt. Sehr häufig sind Entzündungen der Follikel zugegen, die als hirsekorn- bis erb-songrosse, eine schleimige oder eiterähnliche Flüssigkeit, oder eine kiükbreiähnliche Masse enthaltende, von einem braunen oder schie-fergrauen Hofe umgebene Knötchen über das Niveau der Schleimhaut hervorragen. Werden die Follikel durch den Eiterungsprocess zerstört, so bilden sich kleine hanfkorn- bis linsengrosse, bis auf das submuköse Bindegewebe reichende Substanzverluste der Schleimhaut, Follikulargeschwüre, welche scharfe, nicht infiltrirte, unter-minirte Ränder und nicht selten einen mit Eiter belegten, durch das
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submukose Bindegewebe gebildeten Grund besitzen. Häufig ist ein bedeutender Abschnitt des Dickdarms mit unzähligen Geschwüren besäet, die bei ihrer Vergrösserung hie und da zusammenfliessen, wodurch sich grössero buchtige, durch Schleimbrücken von einander getrennte, mit Eiter und Fäcalmassen bedeckte Geschwüre bilden. Die umgebende Schleimhaut ist gewöhnlich grau pigmentirt, erweicht und abstreifbar, nur selten verdickt und derb. Solche Folli-kulargeschwüro heilen entweder mit einer leichten deprimirten Narbe (wie man sie bei Pferden öfter im Grimmdarm antrifft), oder sie bleiben als solche zurück, und veranlassen andauernde oder öfter wiederkehrende Darmcatarrhe und Koliken.quot; Soweit Roell.
Das, was man bei Thieren enzootische Darmentzündung, Holz- oder Waldkrankheit genannt hat, wird durch Waldhutungen veranlasst, bei welchen die Thiere harzige und herbe Baumsprossen geniessen. Hierbei trifft man nicht nur die Darm-, sondern auch die Magenschleimhaut, bei Rindern besonders die beiden ersten Magen, im Zustande der Hyperämie, Blutung und Entzündung. Der Umstand, dass die resinösen Stoff; ganz vorzüglich Irritamentn für die Nierenrinde sind, ist die Veranlassung, dass neben der Darmentzündung Entzündung der Nieren angetroffen wird. Sie ist von Chabert unter dem Namen Wald- oder Holzkrankheit (jnaladie de bois) zuerst beschrieben und in Frankreich bei allen Pflanzenfressern beobachtet.
Die Zeichen des Darmcatarrhs bestehen beim Menschen oft nur in Durchfällen, denen laute, polternde Geräusche im Darme vorangehen, und die, wenn sie nicht zu copiös sind, kaum das Allgemninbe-finden des Kranken trüben. Die ersten Ausleerungen sind in der Regel noch kothig, die spätem sind sehleimig, und zuletzt wird nur Wasser entleert. Die Farbe der Entleerung ist meist grünlieh, was darauf hinweist, dass die Galle genau so mit den Darmdejectionen abgeht, wie sie im Dünndarm ergossen wurde, ohne also ihre Metamorphosen, deren Endproduete Dyslysin und Choloidinsänre sind, durchzumachen. In günstigen Fällen besteht der Durchfall nur wenige Tage, die Ausleerungen werden seltener, consistenter, bräunlich gefärbt, und so tritt vollkommene Wiedergenesung ein, die namentlich in den ersten Tagen durch einen verzögerten Stuhl ausgezeichnet ist. Mitunter sind Kolikschmerzen vorhanden, welche besonders vor den Entleerungen am Heftigsten sind, und durch diese gleichsam gelöst werden. Die Gasauftreibung der dicken Gedärme beim Darmcatarrh hängt von der Fäulniss unverdauter Ingcsta ab. Nicht selten begleiten Fiebererscheinungen den Darmcatarrh , der am Gewöhnlichsten seinen Sitz im untern Theile des Ilcums und Colons hat. Die seltneren Catarrh e des Dünndarms,
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die meist mit Magencatarrhen verlaufen, rufen Icterus hervor. Catarrhe des untern Theils des Dickdarms und des Mastdarms bestehen häufig ohne gleichzeitige Erkrankung der übrigen Abschnitte des Darmcanals. Hierbei giebt jedoch der Process seinen super-ficiellen Charakter auf, ergreift mehr die Schleimhaut in toto, und nähert sich so entschieden den diphtheritischen Entzündungen. Die Localität des Vorgangs bedingt auch eine Eigenthümlichkeit der Symptome, besonders tritt hier der Afterzwang in den Vordergrund, der ausserordentlich quälend ist (cat arrhalisc h e Ruhr). Bei ausschliesslicher Beschränkung des Catarrhes auf den Mastdarm fliessen oft grosse Mengen von Schleim ohne Beimischung von Koth ab.
Der chronische Darmcatarrh des Menschen weicht insofern von dem acuten ab, als nur in den seltensten Fällen reichliche wäss-vigeDejectionen bestehen, im Gegen theil scheint nur eine massige Träns-sudation in die Darmhöhle stattzufinden, massiger als unter normalen Verhältnissen, wesshalb die Kothentleerung verzögert ist, und dieFäces härter, als in gesunden Tagen sind. Während der acute Catarrh ohne Rückwirkung auf die Ernährung desLeidenden vorüberging, so erzeugt der chronische ein blutarmes, cachectisches Hautcolorit und ein Sinken der Ernährung, ein Verhältniss, das nur mit einer mangelhaften Resorption der gelösten Ingesta, da eine dicke Schleimlage die Mucosa dauernd überzieht, und dem Eindringen von Nährstoffen hinderlich ist, zusammenfallen kann. Die nicht aufgenommenen Ingesta verfallen alsbald der Zersetzung und Gährung, wodurch eine fortgesetzt wirkende Quelle von Gasentwickelung gegeben ist, die die langwierige Tympanitis der an chronischem Darmcatarrh Leidenden erzeugt. Dadurch wird der Leib aufgetrieben, das Zwerchfell gehoben, und so entstehen fluxionäre Hyperämieen zu andern Organen, die nach Abgang von Blähungen eine bedeutende Verminderung erfahren. Auffällig ist die Rückwirkung auf die Seele. An chronischem Darmcatarrh Leidende haben eine auffällige Neigung zu Missmuth, Schwermuth, sogar zum Selbstmord, und es ist eine bereits oben bei Besprechung des sympathischen Irreseins hervorgehobene Thatsache, dass man bei irrsinnigen Selbstmördern oder bei Melancholikern, welche einer inter-currirenden Krankheit erlagen, nicht sowohl Veränderungen der Hirnrinde und ihrer Hüllen, sondern vielmehr ganz vorzüglich Knickungen, Stricturen des Dickdarms, Follikularverschwiirungen der Darmschleimhaut, kurz — die Zeichen eines chronischen Darmcatarrhs und dessen Consoquenzen antrifft. Dass ein chronischer Darmcatarrh mit anhaltenden Durchfällen verbunden ist, die sich über Wochen, ja Monde erstrecken, und die man früher als Lienterie aufgeführt hat, ist bei Erwachsenen selten. Dabei werden grosse Massen glasigen Schleims entleert, denen unverdaute Speisereste beigemischt sind. Beim Abgang puriformer Massen liegt die Annahme des Vorhandenseins einer
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follikularen Verschwärung nahe. Dagegen ist bei Kindern ein chronischer, sich über Wochen hinausziehender Durchfall eine der allerhäu-figsten Todesursachen, wenigstens 60 p.C. jener Kinder, die imKinder-spitale zu Wien zur Section gelangten, waren diesem Zustand erlegen. Die altern Aorzte waren der Meinung, dass solche Kinder an Bauchdrüsen zu Grunde gingen, und supponirten für diese hartnäckigen, keinem Heilverfahren weichenden Durchfälle der Kinder im ersten Lebensjahre Darm- und Gekrösdrüsentuberkulose. Doch wird man vergebens dort in der Leiche nach solchen Dingen suchen. Die Section ergiebt regelmässig hier mit einer verschwindenden Zahl von Ausnahmsfällen ausser den höchsten Graden der Abmagerung exquisit blutarme Gewebe und Gasauftreibung der Därme, wovon der trommelartig aufgetriebene Leib herrührte, einen höchst ausgedehnten Dünn- und Dickdarm-catarrh. Die Schleimhäute sind hier mit massenhaftem Schleim überzogen. Nach Entfernung dieser Schleimmassen ist die Mucosa selten hyperämiseh, meist anämisch, wie ausgelaugt, oft arrodirt. Bisweilen ist Follikularverschwärung zugegen. Das constanteste Symptom während des Lebens ist der Abgang grün, oft grasgrün gefärbten Schleimes. Die dottergelben Stühle kleiner Kinder sind durch diese grasgrünen Abgänge substituirt. Die grasgrüne Farbe rührt von unverändertem Gallenfarbstoff' her. Der Krankheitsverlauf ist der, dass unter den Zeichen einer chronischen Diarrhöe nach und nach die vordem blühendsten Kinder abmagern, entkräften , wobei namentlich das Gesieht ein greisenartiges Ansehen erhält. Der Tod erfolgt in der Regel unter allgemeinen Con-vulsionen.
Die intensivste catarrhalische Entzündung der Darmschleimhaut beobachten wir auf der Blinddarmmucosa. Hierbei ist oft heftiges entzündliches Fieber vorhanden, grosse Schmerzhaftigkeit in der regio ileocoecalis. Zuweilen treten peritonitische Erscheinungen in den Vordergrund. In andern Fällen verursacht die Korhanhäufung in dem Cöcum eine Retention des Stuhles mit Würgen, Erbrechen, selbst mit Miserere. Im günstigen Falle treten unter reissenden Schmerzen im Bauche mehrere Stuhlgänge auf, durch welche grosse Massen sehr übelriechender Faces entleert werden. Das Erbrechen verliert sich, und die Geschwulst in der 7'egio üeocoeca-Us nimmt ab. Doch oft verbreitet sich die Entzündung auf das Peritonäum und auf jenes Zellgewebe, was das colon ascendens an die fascia iliaca heftet. Dadurch wird die Geschwulst breiter. Auch hier ist noch Heilung möglich. Bleiben Schwielen zurück, so bleibt die Copropoësie dauernd gestört. Gewann die Peritonitis eine grosse Ausdehnung, so kann sie an sich tödten. War der Verlauf der Entzündung ein schleppender und ihre Ausbreitung eine
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locale, so vermag ein Zehrfieber die Kräfte des Kranken zu erschöpfen. Verschwärungen des Cocums führen oft zu Perforationen und zu tödtlichem Kothaustritt in die Bauchhöhle. Die Perityphlitis kann zu Eitersenkung führen.
Entzündung des processus vetmiformis führt in den meisten Fällen zur Perforation , zum Kothaustritt, zur Bildung von Koth-fisteln, die sich an sehr verschiedenen Stellen der Haut öffnen können, zuweilen auch zu Peritoniten und dadurch zum Tode. Selten hindern Verwachsungen mit den Nachbartheilen den Austritt von Kothmassen in diese. — Intensive Entzündung und Ver-schwärung kommen namentlich im colon transversum und in der fleamra sigmoidea vor. —Die follikulare Darmverschwärung gelangt namentlich bei heruntergekommenen Subjecten zur Beobachtung , wobei besonders eigenthümliche, dem gequollnen Sago ähnliche , durchscheinende Klümpchen , die in den Darmentleerungen auftreten, das Uebergreifen des Processes auf die Darmfollikel anzeigen.
Die Erscheinungen des acuten Darm catarrhs bei Thieren sind die einer rasch verlaufenden Diarrhöe, wozu sich bisweilen Fieber gesellt. Beim chronischen Darm-catarrh ist Zungenbeleg zugegen, die Maulschleimhaut ist schmierig, der Hinterleib ist aufgetrieben, die Thiere haben keine Fresslust, Verstopfung wechselt mit Diarrhöe ab, öftere quot;Wiederkehr von Kolikschmerzen, Traurigkeit und Mattigkeit, bei längerer Dauer zunehmende Abmagerung sind vorhanden. Ist Follikularverschwärung zugegen, so werden die Durchfälle sehr hartnäckig, die Auftreibung des Hintbrieibes ist stärker, Koliken treten auf. Zuweilen gesellen sich die Erscheinungen einer Darmentzündung und die von entzündlichem Fieber hinzu. Bei Entzündung des Mastdarms der Thiere hängen die Erscheinungen sehr von dem Grade des Vorganges ab, und ergeben sich aus dem pathologisch-anatomischen Character des Zustandes von selbst. Oft wird Genesung beobachtet, selten erfolgt der Tod durch Zellgewebs-vereiterung im Becken, Peritonitis, Gangrän der Schleimhaut.
Die Lämmer rühr ist ein Magendarmcatarrh und fand bereits oben eine Erwähnung. Sie kann nicht wohl als ein Analogen des chronischen Durchfalls der Kinder aufgeführt werden, da ihr Process neben der Ausbreitung auf dem Labmagen ein höchst acuter ist, in wenig Tagen tödtet, und durch Erkältung veranlasst wird.
Croup und Diphtheritis der Darmschleimhaut.
Der Croup der Darmschleimhaut ist beim Menschen ein sehr seltener Zustand. Dagegen kommt er sehr häufig bei Rindern vor. Es ist kein so seltenes Ereigniss, dass fiebernde Kinder, welche an
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 35
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Verstopfung und anderweiten Störungen der Hinterleibsorgane labo-rirten, röhrenfórmige Croupgerinnsel von mehreren Ellen Länge entleerten. Der Process beruht hier auf der Bildung eines freien Fa-serstofiexsudats, was eine Unsumme Epithelialzellen in sich ein-schliesst, die es beim Hervortreten aus der Schleimhaut mit sich fortriss. Nach Abstossung dieser röhrenförmigen Exsudate, die meist im Dünndarm ihren Sitz haben, bleibt eine ziemlich intacte Schleimhaut zurück, denn sowie der Process die Schleimhaut selbst mitergriff, und zu deren theilweiser oder gänzlicher Abstossung Veranlassung gab, ist der Process nicht mehr als croupös, sondern als diphtheritisch zu bezeichnen. „Wir finden bei unsern Haussäugethieren,quot; sagt Leisering, „in der Menge der Croup-ausscheidungen schon grosse Differenzen. Bei Pferden sind es meist dünne, oft nur wie hingehauchte Beschläge, die die croupösen Pro-cesse andeuten; beim Binde dagegen sind es liniendicke, zusammenhängende Membranen, die viele fusslange Bohren bilden, welche in Folge ganz desselben Processes entstehen.quot; Bei Vögeln, die sehr zu croupösen Entzündungen disponiren, wie besonders die Untersuchungen L e i s e r i n g's ergeben haben, indem derselbe massenhafte Faserstoffausscheidungen bis zur förmlichen Verstopfung der Eachenhöhle und ähnliche Fibrinproductionen auf den Eileitern der ,Vögel nachwies, kommen gleichfalls massige Fibrinklumpen im Darmcanale vor. So fand jener Beobachter bei einer sehr abgemagerten Henne neben einer grossen Zahl gelblicher , verkalkter Knötchen der Leber und zahlreicher miliarer, weissgelblicher Neubildungen am Darmgekröse im Darmcanale, dessen Schlingen durch eine adhäsive Peritonitis zu einem unentwirrbaren Packet verklebt waren, drei grosse, feste Faserstoff knoten. Zwei derselben waren wallnussgross und lagen in divertikelartigen Ausbuchtungen des Dünndarms, der dritte wurde im Blinddarm vorgefunden, den er vollständig verschloss. Die Knoten bestanden aus jenen bei Vögeln so oft zur Beobachtung kommenden festen Faserstoffmassen, die eine geschichtete Schnittfläche darbieten, leicht auseinander bröckeln, und bei der mikroscopischen Untersuchung keine bestimmten Formenelemente, sondern meistens nur schollige und amorphe Massen mit Fettpünktchen zeigen. Von der im Ganzen unversehrten Schleimhaut liess sich die Masse leicht abheben. — In der Darmwand fand Leisering analoge Knötchen, wie in der Leber und im Gekröse.
Die Diphtheritis der D arm sohl ei mh au t kommt bald primär, bald secnndär vor. Im letzteren Falle begleitet sie besonders adynamische Fieber in ihren letzten Stadien (Typhea, Pyämie, Ichnorhämie, Milzbrandfieber etc.) Sie befallt bald kleinere, bald grössere umschriebene Stellen, bald ausgebreitete Strecken der Schleim-
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haut. Es wird hierbei ein Exsudat gesetzt, was die Sehleimhaut infil-trirt, und nach dessen Zerfall die Schleimhaut in einen grünlich braunen Schorf verwandelt wird, unter welchem das submuköse Gewebe in-iiltrirt und ecchymosirt erscheint. Wir haben diese Proeesse bereits oben als Ruhr, Rinderpest näher kennen gelernt, und ich verweise hiermit auf das in jenen frühem Capiteln Gesagte. Nur in Betreff der Rinderpest ist Ergänzendes hier einzufügen.
In dem oben angeführten Abschnitt habe ich mich dahin ausgesprochen , dass der örtliche Vorgang auf der Darmschleimhaut bei der Rinderpest exquisit exsudativer Natur sei, deshalb Nichts mit dem Typhus gemein habe, und um deswillen den Diphtheriten unterzuordnen wäre, weil die Geschwüre, nämlich die Substanzverluste der Schleimhaut, bei der Rinderpest nicht gemeinhin durch das Drüsenleiden des Darmes hervorgerufen würden, sondern diphtheritisch wären, d. h. durch Eindringen des Exsudats in die Substanz der Schleimhaut selbst, und durch eine eben dadurch erzeugte Schleim-hautnekrose hervorgerufen würden. Rawitsch: Neue Untersuchungen über die Pathologie derRinderpest, Magazin von G. und H. 30. Jahrg., III. Heft, sagt dagegen : „Dass er unmöglich nach den Resultaten seiner makro- und mikroskopischen Untersuchungen in der Rinderpest nur eine desquamative Entzündung oder blos eine abnorme Zellen Wucherung in den Schleimdrüsen mit nachfolgendem Zerfall der zelligen Elemente sehen konn?. Seine Untersuchungen hätten im Gegentheil dargethan, dass wir in dieser Krankheit hauptsächlich eine Ernährungsstörung des follikularen und des adenoi-den Gewebes der Schleimhaut der Verdauungsorgane vor uns hätten, 'und dass diese Ernährungsstörung sich, ausser der starken Prolifi-cation der Bindegewebskörperchen, wesentlich durch eine excessive Wucherung solcher zelligen Elemente, welche völlig den Lymph-körperchen glichen, und durch deren raschen Molecularzerfall kundgebe. Es handele sich also hier nicht um eine Ernährungsstörung der Epithelformationen, sondern um eine solche der Bindegewebs-elemente und deren Abkömmlinge, und zwar gehöre diese Ernährungsstörung zu jenen Processen, welche Virc h o w als activ-passiv bezeichnet habe, in welchen also die durch einen gewissen speci-fischen Reiz hervorgerufene active Zellenwucherung eine lebensunfähige Brut hervorbringe, die durch ihr schnelles Ableben zur Destruction der Gewebe führe , in welchen diese Zellenbildung stattfändequot;. Er fährt fort: „Beachten wir nun die Theile der Schleimhaut des Darmcanals, welche constant bei der Rinderpest, und zwar schon im Beginn der Krankheit afficirt werden, so werden wir finden, dass diese Theile immer solche sind, in welchen lymphdrüsenartige Gebilde oder adenoide Gewebe zugegen sind. Und berücksichtigt man nun den morphologischen Character der Neubildung,
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so wird man mit vollem Rechte das Wesen dieses Krankheitspro-cesses in einer excessiven Bildung lymplioidev Elemente, weklie bald dem molekularen Detritus anheimfallen, suchen müssen.quot;
Allein jeder Process, welcher sich auf der Dünndarmschleimhaut und besonders an ihrem untern Ende in diffuser Weise habilitirt, wird mit Drüsenreizung verlaufen, d. h. er wird zur Schwellung jeuer, bezüglich ihrer Function noch so dunklen Gebilde, welche die solitären und gehäuften Kapseln derDarmschleimhaut darstellen, und zu den weiteren Consequenzen jener Schwellung führen. Diese der Schwellung der Kapseln folgenden Vorgänge sind Berstung und Entleerung des Inhaltes, wodurch die Areolirung der Plaques zu Stande kommt. Bei sehr intensiven Vorgängen , wo der Blutreich-thiini dieser Gebilde sehr Überhand nimmt, die Aufnahme von Material aus dem Blute zu einer sehr bedeutenden Schwellung der Kapsel wand und der benachbarten Schleimhaut führt, und die Zollen- und Kernwueherung dos Kapselinhaltes gleichsam gewisse Grenzen überschreitet, kann es zum Absterben eines ganzen Plaques, zum Auslösen desselben und zur Geschwürsbildung kommen. Der Vorgang in den Drüsen der Darmschleimhaut wird deshalb niemals die Besonderheit einer Affection characterisiren, sondern er kann nur beweisen, dass eine Reizung derDarmschleimhaut bestand, und wie hochgradig dieselbe war. Genau so, wie auf Reizung bestimmter Gehirnpartieen bestimmte Bewegungsbilder in die Erscheinung treten, so wird die Leistung des untern (Mntern) Endes der Dünndarmschleimhaut in der Beziehung immer dieselbe bleiben, dass massige Reize Schwellung derDarmfollikel, intensivere Berstung der solitären Drüsen und Areolirung der Plaques, und die intensivsten Ini-tamente Follikular- und Plaquesverschwärung zur Folge haben werden ; daher kommt es auch, dass wir diese Drüsenaffection bei den verschiedenäten Krankheitsprocessen wahrnehmen. Sie begleitet den einfachen Dünndarmcatarrh sowohl, als die cholera 7lt;ostras und asiatica, wie nicht minder die croupösen, diphtheritisehen Vorgänge auf der Darmschleimhaut, wie endlich, und dies ganz vorzüglich, den typhus abdominaUs. Characteristisch für diesen letzten Vorgang wird dieser Process nur dadurch , dass er hier mit einer solchen Constanz auftritt.
Aus diesen Gründen ist der Follicular- und Plaquesverschwärung in der Rinderpest jede characterisiren de Bedeutung abzusprechen.
Neben der Drüsenaffection im Darmkanal bei der Rinderpest geht die Bildung diphtheritischerMembranen einher, die bald knötchen- bald plattenartig der Darmschlelmhaut ohne besondere Wahl der Oertlichkeit aufsitzen, denn wir treffen sie bald an Stellen, die keine Plaques enthalten, bald sitzen sie denselben unmittelbar
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auf. Roell hat diese Knötchen und Platten für entschieden exsu-dati ver Natur gehalten. Raw itsch dagegen will Nichts vonder exsudativen Natur dieser Bildungen wissen, führt sie auf eine Zellenwucherung der Schleimhaut zurück , muss aber doch eingestehen, dass eine Intercellularmasse bestehe, die die Zellen zn Platten vereinige. Um aber dieses Zugeständniss im Sinne der Exsudattheorie möglichst abzuschwächen, behauptet er, dass jene feste Masse ein späteres Product der Ernährungsstörung der leidenden Schleimhaut sei. Auch hiergegen ist nicht viel einzuwenden, denn findet eine massige Reizung einer Schleimhaut statt, so wird ein reichlicheres Secret geliefert, und die Abstossung der Epithelialzellen geht jetzt so schnell vor sich, dass denselben gar keine Zeit bleibt, sich in persistentere Bildungen umzuwandeln, sondern sie treten sofort in das Transsudat als eiterkörperähnliche Schleimkörperchen über. Die Hyperämie des gereizten Gewebes deckt den geforderten übermässi-gen StoflTverbrauch genügend. Sobald aber die Reizung intensiver wird, beschränkt sie sich nicht mehr auf die Oberfläche der Membran, sondern greift dieselbe selbst in ihren tieferen Schichten an. Es wird jetzt kein seröses Product mehr geliefert, sondern an der Oberfläche der Schleimhaut treten Croupmembranen auf, die, wenn man will, gleichsam aus der Schleimhaut herauswachsen. Aber immer noch gelingt es bei der anatomischen Untersuchung — suum cuique — jedem das Seine zu geben, nämlich was der pathologischen Bildung und was der Membran zugehört. Obwohl die Schleimhaut geschwollen ist, so bleibt dieselbe trotz der Croup-bildung in ihrem Zusammenhange intact, an ihrer Oberfläche wächst nur eine Membran heraus, die aus Zellen und einer Intercellularsub-stanz besteht, welche die ersteren zu einer Membran vereinigt; die Intercellularsubstanz ist ein gerinnendes Product, welches entweder ein unmittelbares Transsudat aus den Haargefässen, oder ein Er-zeugniss des Gewebes selbst ist. Doch dasselbe als Faserstoff zu betrachten, wird solange statthaft sein, als es noch nicht gelang, ein anderes Kriterium für die Existenz des Fibrins im Thierkörper festzustellen , als dessen spontane Gerinnung. Man kann nun recht wohl mit Raw itsch annehmen, dass bei einem niedern Grade der Reizung ursprünglich nur Zellenwuciierung an der Oberfläche der Schleimhaut bestand, und erst bei Steigerung der Reizung im weitern Fortgang des Processes die Ernährungsstörung ein Product liefert, welches spontan gerinnt, und zur Bildung massiger Afterhäute Veranlassung giebt. Solange der Process superficiell bleibt, befördern die fibrinösen Ausschpidungen dasAbstossen der wuchern--den Epithelien, und so kann sich der Process mehrere Male wiederholen, wie wir dies wenigstens von der Luftvvegschleimhaut kennen. Greift der Process tiefer ein, d. h. hört die Ernährungsstörung auf,
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eine superficielle zu sein, so treten gleichfalls wuchernde Bildungen an der Oberfläche der Schleimhaut hervor, doch sind dieselben nicht mehr superficiell, sondern sie wachsen gleichsam aus der Tiefe der Schle im haut s u bstanz selbst hervor. Man vermag nun nicht mehr anatomisch zu bestimmen, wo die Grenze des Exsudats und wo die des Gewebes ist. Es ist sehr lehrreich, durch die Ra wit seh'schenüntersuchungen es hierfestgestellt zu sehen, dass im Anfange der Krankheit, wo noch keine Platten zu sehen sind, die Zellenwucherung schon eine bedeutende In-und Extensität in der Schleimhaut selbst erreicht hat. Es handelt sich also hier um ein sogenanntes parenehymatöses Exsudat, nämlich um eine vermehrte Aufnahme von Material und um eine bedeutende Vermehrung und Vergrösserung der eingelagerten Zellen in der erkrankten Schleimhaut. Die Schleimhaut wächst hier geradezu zu jenen Platten aus, die an der Oberfläche frei hervortreten. Die Intercellularmasse in jenen Bildungen erfährt rasch einen Molecu-larzerfall, wodurch die Platten breiig, eitrig zerfliessen. Dasselbe gilt auch vom sogenannten Infiltrat der Schleimhaut, wodurch das Absterben derselben erzeugt wird. DieDiphtheritis der Darmschleimhaut ist nur die Folge des höchsten Grades ihrer Reizung.
Lässt sich nun gegen das Thatsächliche der Rawitsch' sehen Untersuchungen kaum etwas einwenden, so kann ich mich doch, wie aus dem soeben Gesagten hervorgehen mag, mit seinen.Folgerungen nicht unbedingt einverstanden erklären. Das Recht, die Rinderpest ein Typhoyd zu nennen, mag ihm schon eingeräumt werden, nicht aber die Behauptung, dass, wie beim Typhus des Menschen, so auch beim „Typhus des Rindviehsquot; das Hauptleiden von desquamativen und parenehymatösen destruetiven Entzündungen der Schleimhaut verschiedener Organe und von Wassererguss in die Hirnhöhlen begleitet sei. Denn croupöse und diphtheritische Vorgänge in der Ausdehnung und in der Weise, wie wir sie beim Rindvieh in der Rinderpest so constant antreffen, kommen beim Menschen im Typhus vielleicht niemals vor, und das Drüsenleiden in der Rinderpest ist demnach nur einZeichen derintensivenSchleim-hautreizung. Mag Rawitsch immerhin den Vorgängen auf den Schleimhäuten in der Rinderpest den exsudativen Character absprechen, so ist damit keineswegs etwas Besonderes für die Lehre der Rinderpest gewonnen, da man dann dies für alle croupösen und diphtheritischen Producte thun muss. Br au ell und Rawitsch haben durchaus nichts Neues entdeckt, indem sie darauf hinwiesen, dass die Platten in der Rinderpest vorherrschend aus Zellen bestünden, die durch eine verkittende Substanz zusammengehalten würden. Dies ist von den Croupmembranen der Larynx-
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und Bronchialschleimhaut längst bekannt, und schon 1850 lehrte uns Johannes Müller in seinen Vorträgen über pathologische Anatomie : ,,Eine Croupmembran besteht aus Epithelialzellen , die durch eine spärliche homogene Masse zusammengehalten werden.quot; Auch die Untersuchungen über Diphtheritis des Hintermundes und der Mundschleimhaut, wozu uns die Epidemieën in den letzten Jahren soviel Veranlassung gaben, haben complet identische Vorgänge auf der Rachen-, Mund- und Nasenschleimhaut nachgewiesen, wie sie durch die B rau e 11'sehen undRa wits ch'schen Untersuchungen gewonnen sind. Wollte man femer die Anschauung Rawitsch's vollkommen adoptiren, dass bei der Rinderpest eine active Ernährungsstörung des lymphoiden Gewebes vorliege, welche schnell einen de-struetiven Character annehme, und wollte man es für alle croupösen und diphtheritischen Vorgänge auf den Schleimhäuten aufrecht erhalten, dass die ihnen zu Grunde liegende Ernährungsstörung eine Wucherung der den Lymphkörperchen völlig identischen Zellen, die schnell ganz oder zum Theil dem molekularen Detritus anheim fielen, sei, so würde man sich eines unnöthigen Spieles mit Formeln schuldig machen, das trotz seines phrasenhaften Gewandes kein genügendes Verständniss bietet. Wie so gewöhnlich Halbwahres und Unerwiesenes sich dort einschmuggelt, wo eine nüchterne Beurtheil-ung des vorliegenden Beobachtungsmaterials recht Noth thut, so sehen wir auch hier wieder unsere Unwissenheit mit hohlen Muth-massungen und hypothetischen Analogieën verdeckt. Halten wir vor der Hand nur fest, dass es sich auch beim Croup und der Diphtheritis derDarmschleimhaut um ein (im ersteren Falle) superficielles, im andern um ein infiltrirendes Product handelt, in welches die con-stituirenden Gewebselemente massenhaft eingehen, und überlassen wir es weiteren Forschungen, fest zu stellen, in wieweit sich hierbei ein eigentliches Exsudat betheiligt.
Die croupös - diphtheritische Affection der Schleimhäute ist bei der Einderpest die Regel, beim Typhus die Ausnahme. Hier geht der Process auch bei den pernieiösesten Formen höchst selten über Catarrh und Drüsenreizung hinaus. Die destruetiven Vorgänge auf der Schleimhaut sind ausserdem im typhus abdominalis ungleich local begränzter, als in der Rinderpest, nur in Ausnahmsfällen sind sie diphtheritischer Natur, in der Regel gehen sie nur aus Drüsenreizung hervor. Der Wasser-erguss in den Hirnhöhlen kommt beim Typhus des Menschen so gut wie nicht vor, im Gegentheil entspricht keine anatomische Veränderung des Gehirns und seiner Hüllen den schweren Nervensymptomen im Verlauf typhöser Fieber des Menschen.
Ich halte es also heute auch noch aufrecht, dass der Typhus
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des Menschen und die Kinderpest wesentlich verschiedene Vorgänge sind.
Der typhöse Process auf der Darmschleimhaut ist bereits oben besprochen.
Darmgeschwüre.
Das catarrhalische, typhöse, dysenterische, diphtheritischeFollikulargeschwür des Dickdarms haben wir bereits kennen gelernt. Es ist hier noch das Tuberkel- und das Krebsgeschwür des Menschen zu erwähnen, sowie jener ulcerösen Zerstörung des Darms Erwähnung zu thun, welche von aussen herstammt, und welche durch ulceröse Perforation des Darms von Seiten verjauchender und abgesackter Peritonäalexsudate, durch Jaucheheerde im Gekröse, durch verjauchende und vereiternde Pro-duete der Perityphlitis und von solchen der Leber, der Milz, der Nieren, der Gallenblase, Harnblase, des Uterus und von verjauchenden Ovariencysten u. s. w. stammen.
Alle diese Geschwüre führen unter Umständen zur Perforation des Darmes. Tritt beim Menschen Darminhalt in die Bauchhöhle aus, so entsteht ein wüthender Schmerz im Unterleibe. Das Abdomen treibt sich trommelartig auf, das Gesicht verfällt, die Extremitäten werden kalt, der Puls wird klein, fadenförmig, sehr beschleunigt, der Tod erfolgt meist innerhalb 12—24 Stunden.
Perforationen des Darms durch Geschwüre kommen bei den Hausthieren sehr selten vor. Als Ursache derselben wurden bis jetzt nur Gekrösdrüsenabscesse, die den Darm durchbohrten, und bei Brand eingeklemmter Darmstücke beobachtet. Koell sah in einem Falle beim Pferde' eine Perforation — (ob des Magens oder Darms ist aus dem Texte nicht ersichtlich) — durch ein chronisches ulcus perforans entstehen.
Von den Neubildungen im Darmcanale.
Der Darmcanal ist sehr häufig Sitz von Afterbildungon, die bestimmte Stellen des Darmcanals als Lieblingssitz wählen :
Als Bin degewebsn eubildungen treffen wir fibröse Geschwülste im submukösen Bindegewebe. Selten erreichen diese beim Menschen eine namhafte Grosse, so dass sie in die Darmhöhle als Polypen hineinragen. Sie kommen vorzüglich am Dünndarm vor, und können zu Invaginationen und durch Verlegung des Vater'-schen Divertikels zur Retention der Galle und deren Folgen Veranlassung geben. Bindegewebsneubildungen als Hypertrophiedes submukösen Zellsto f f s und Verdickung der Schleimhaut finden sich bei Menschen uudThieren häufig als Polgen chronischer Catarrh e.
Polypen linden sich bei Pferden und Hunden in den dünnen Gedärmen vor. Sie stellen hier kleinere Geschwülstchen dar.
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GrössereFibroide entwickeln sich, doch selten, indem submukösen Bindegewebe, und zwar im Dickdarm des Pferdes.
Im Mastdarm kommen beim Menschen öfterer und meist in grösserer Anzahl kleinere und grössere theils gallertartige, theils faserige, breit oder mit einem Halse aufsitzende Sarkome vor.
Bei Thieren erscheinen am Mastdarm, besonders der Hunde Sarkome, wo sie den Absatz des Mistes erschweren, und bisweilen zur ümstülpung des Rectums Veranlassung geben.
Ferner beobachtet man noch beim Menschen am Darmkanal Bindegewebsneophyten, welche der Muscularis und dem Peritonäum angehören, und deshalb auch in den Peritonäalsack hineinhängen.
Fettgeschwülste kommen beim Menschen als rundliche, gelappte, in die Darmhöhle verfallende submuköse L i p o m e vor, die von Bohnen, bis Hühnereigrösse und auch darüber angetroffen wurden. Auch bei Thieren entwickeln sich zuweilen Lipome kleinem Umfanges aus dem submukösen und subserösen Bindegewebe des Darmes, und hängen in dem ersteren Falle in die Darmhöhle, in dem letzteren als bald lang, bald kurz gestielte Geschwülstchen in den Peritonäalsack hinein.
Teleangeectasieen in flächenartiger Ausbreitung sind ein seltenes Vorkommniss in der Darmschleimhaut des Menschen.
Dagegen ist Pigraentanhäufung in der Darmschleimhaut, besonders als schwarzes, eine sehr häufige Erscheinung. Bisweilen ist es das Residuum früher bestandener Hyperämieen und Entzündungen , oft dagegen hat diese Pigmentanhäufung den Werth einer Neubildung, und dies gilt besonders für die Thiere, namentlich für die Pferde, wo die Pigmentanhäufung die Darmschleimhaut streckenweise intensiv schwarz färbt, die denThierärzten längst als diffuse Melanose bekannt ist.
Bei Pferden, die früher an Darmanthrax litten (Pferdetyphus nach Roell), finden sich zuweilen thalergrossePigmentanhäufungen in dem subserösen Bindegewebe, jenen Stellen entsprechend, wo der früher inflltrirte P e y e r' sehe Plaques sass.
Melanotische Geschwülste kommen am Darmcanal der Pferde bisweilen in jenem Bindegewebe vor, was den Mastdarm umgiebt.
Cysten in der Darmschleimhaut gehören zu den grössten Seltenheiten beim Menschen ; bei den Thieren traf man sie dort noch nicht an.
Carcinom des Darms ist beim Menschen nicht so selten. Die gewöhnlichste Form des Darmkrebses ist die ringförmign Erkrankung an Faser- und Medullarkrebs, seltener an Alveolar- und Gallertkrebs. Ihr Sitz ist beinahe ausschliesslich der Dickdarm, und zwar vorzugsweise der. Mastdarm, besonders an jener Stelle, wo das
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Rectum in die flexura sigmoidea übergeht. Manchmal erkrankt der Darm auch secundär, und zwar vom Gekröse, vom Lendengeflecht her. Höchst selten ist die primitive ringförmige Erkrankung des Dünndarms. Secundär kommt zuweilen am Zwölffingerdarm eine krebsige Entartung der hintern Wand, vom krebsigen Pankreas ausgehend, vor.
Die primitive ringförmige Degeneration geht vom submukösen Bindegewebe aus, und bietet im Allgemeinen ein den zusammenschnürenden Pyloruskrebsen ähnliches Verhalten dar, indem auch sie die einzelnen Gewebsschichten der Darmwand mehr oder weniger vollständig substituirt, und eine scharf begrenzte, meist faserkrebsige , zusammenschnürende Ringwulst von 15—18,quot;Breite darstellt. Bisweilen ist die Wulst medullarkrebsig und entwickelt dann nach der Peritonäalfläche zu kleine medullare Tnberositäten. Oder es war ein alveolarer Gallertkrebs, der in dieser Form auftrat, oder endlich der Krebs zeigte eine ungewöhnliche Längsverbreitung, und dann stellt er eine nach der Darmhöhle zu verjauchende, von der Serosa aus auf andere Organe übergreifende bald gallertkrebsige, bald medullare, aber immer die Darmhäute substituirende Masse dar. In der Umgebung finden wir Krebsknoten im submukösen Bindegewebe und der Schleimhaut. Die Letztere ist in der Regel Sitz des Catarrhs und der Blenorrhoe. Die solitären Follikel treten als pilzartige Gebilde, welche Markschwämmen ähneln, über der Oberfläche der Schleimhaut hervor, indem sie Sitz einer wuchernden Epithelialproduction wurden.
Durch Wucherung des Darmkrebses und Uebergreifen auf die Nachbartheile, z. B. vom Rectum auf die Blase, die Scheide, vom Quergrimmdarm nach dem Magen, oder in Folge einer Wucherung nach der hintern Bauchwand oder Uebergreifen auf die Bauchwirbel, auf das Kreuzbein, das Promontorium wird der Krebs fixirt. Durch Wucherung nach innen entsteht die krebsige Darmstenose, wodurch das Lumen des Darmcanals oft bis zum Durchmesser einer Raben-federspule verringert wird. Die Stenose wird früher oder später unter Hinzutritt von Peritonitis oder Erbrechen der bis in den Magen hinaufsteigenden Darmcoutenta, durch Paralyse des Darms oberhalb der Verengerung tödtlich.
Die äussern Erscheinungen sind bei der primitiven ringförmigen Degeneration, wenn die Entartung auf die Nachbartheile noch nicht oder nur wenig übergriffquot;, die Canalisation des befallenen Darmstücks kaum störte, sehr oft so wenig characteristisch, dass der krebsige Befund zufällig in der Leiche angetroffen wird. Eine der ersten Sectionen, die ich bei Reinhardt sah, bezog sich auf einen in's Charitékrankenhaus gebrachten Peritonitischen, welcher nach mehrtägiger Behandlung der Peritonitis erlag. Bei der Section fanden
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wir als Ursache der ein reichliches eitriges Exsudat gelieferten Peritonitis eine kaum zollbreite, ringförmige krebsige Degeneration der Darmwandung der flexura sigmoidea, welche die Serosa durchbrochen und auf diese Weise Peritonitis erzeugt hatte. Zuweilen sind solche krebsige Entartungen Ursache von erschöpfenden Darmblutungen, aber prononcirt tritt der Darmkrebs nur dann in die Erscheinung, wenn die Störungen der Canalisation in den Vordergrund treten, oder es gelingt, durch die Bauchdecken die krebsige Entartung zu fühlen, oder durch die Untersuchung per nnum mittelst Mastdarmspiegels oder Fingers deren Existenz festzustellen. Die Erscheinungen der Krebscachexie, wie sie bereits oben aufgeführt wurden , und heftige Neuralgieën im Unterleib vollenden das Bild des Darmkrebses.
Bei Thieren ist der Darmkrebs selten. Ro e 11 beobachtete eine faserkrebsige Strictur des Dünndarms bei einem Pferde. Ich entsinne mich, bei Prinz eine krebsige Entartung der untern Lage desQuercolons gesehen zu haben, wodurch diese mit der obern Lage und dem Netze in eine unförmliche, gallertartige Masse verschmolzen war. Den Befund wusste damals Niemand genau zu deuten.
Die Tuberkulose des Darms kommt beim Menschen auf der Darmschleimhaut ungemein häufig vor, und führt zur tuberkulösen Darmphthise. Der Sitz der Tuberkeln ist ursprünglich in den soli-tären und zusammengehäuften Drüsen und namentlich am Endtheile des Ileums. Oft breiten sie sich jedoch von hier auf den Dickdarm bis in das Rectum aus, und greifen andrerseits auf Dünndarm, Jejunum und Magen über. Zuweilen ist der Wurmfortsatz Sitz einer ausgebreiteten Tuberkelbildung und Verschwärung. Der Tuberkel erscheint auch hier in miliarer Form, als resistentes, grauliches, nach der Darmhöhle zu protuberirendes Knötchen, oder als eine Gruppe solcher, die einen Peyer'schen Drüsenplexus theilweise oder ganz einnimmt. Die Schleimhaut ist dabei blass oder in der Umgebung geröthet, injicirt, bei reichlicher und rascher Tuberkelbildung, überhaupt in einem Zustand von acutem Catarrh. Der Tuberkel geht hier früher oder später, oft ziemlich rasch, in Erweichung über. An die Stelle des grau durchscheinenden Knötchens ist ein die Drüse substituirender, eine käsige Tuberkelmasse (Tuberkeleiter) enthaltender Heerd getreten, welcher die Schleimhaut auf seiner Höhe durchbricht, und seinen Inhalt unter Erweiterung dieser Mündung nach der Darmhöhle entleert. Hieraus ergiebt sich ein krater-fürmiges Gesehwürchen von Hirsekorn-, Hanfkomgrösse, umgeben von einem härtlichen, rundlichen Walle. Dies ist das primitive Tuberkelgeschwür. In seltenen Fällen destruirt der erweichte Tuberkel das Gewebe in seiner Umgebung, bevor er die Schleimhaut durchbricht, woraus zuweilen erbsengrosse, fluetuirende, submuköse
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Heerde hervorgehen. Diese Geschwürchen stehen vereinzelt oder in kleineren oder grosseren Gruppen beisammen. Der P e y e r'sche Plaques erscheint vielfach wabenartig ausgenagt (Rokitansky).
Das primäre Tuberkelgeschwür vergrössert sich durch fortgesetzte Verjauchung der Scheimhaut in der Umgebung, wobei benachbarte Geschwürchen untereinander zu einem grosseren secundä-ren Tuberkelgesehwür zusammonfliessen. Hierzu trägt vor Allem eine secundäre Bildung von Tuberkeln in der Umgebung des primären Geschwürs und deren Schmelzung bei. Die Geschwüre vergrössern sich überwiegend in der Querachse des Darms, so dass, nachdem die Geschwürsenden in sich zurückgelaufen sind, ein Gürtel von verschiedener Breite entsteht. Der Geschwürsrand ist immer infiltrirt, buchtig, gewulstet, meist hellröthlich, gallertartig, durchscheinend. Die Basis wird meist durch die Submucosa gebildet, die anfänglich gallertartig ist, später schwielig wird. Hin und wieder findet man am Rande und auf der Basis crude oder käsig metamorpliosirte Tuberkeln eingelagert. Auf der Basis grösserer Geschwüre findet man zuweilen inselförmige Schleimhautreste zurückgeblieben, die ebenfalls von gallertartiger Beschaffenheit sind. In seltenen Fallen greift der Process in die Tiefe und führt zum perforirenden Tuberkelgeschwür. Die Verjauchung der Schleimhauttuberkeln erzeugt eine „Aufzehrungquot; derMuscularis, worauf das entblösste Peritonäum nekrosirend einreisst. Zuweilen entsteht Perforation in der Art, dass eine bis zum Peritonäum vorgeschrittene Schwiele einen Spalt bekommt und auseinander weicht.
Bevor das Peritonäum noch durchbrochen ist, betheiligt sich dasselbe schon in Form von Injection und Exsudation. Es kommt zur Peritonitis, wodurch sehr oft heilsame Verwachsungen des Dünndarms mit den Nachbartheilen, z. B. des Netzes, der Harnblase, des Uterus , der Tuben entstehen. Die durch diese Entzündung gebildeten Afterhäute werden oft Sitz späterer Tuberkelbildungen. Zuweilen geht von diesen Stellen eine diffuse Peritonitis aus, die, wenn sie nicht tödtet, den Ausgang in sehr verbreitete Verwachsung der Därme unter sich und mit den Nachbartheilen nimmt. Der Erguss ist zuweilen ein hämorrhagischer. Das Blut stammt dann aus den vascularisirten Pseudomembranen des Peritonäums. Mangelten die schützenden Adhäsionen, so tritt ein freier Erguss in die Bauchhöhle ein, und der Tod erfolgt in wenig Stunden unter furchtbaren Qualen. In höchst seltenen Fällen sah man durch Verwachsung des perforirten Darmstücks mit der Bauchwand und Vereiterung dieser einen künstlichen After entstehen. Nicht selten veranlassen tuberkulöse Darmgeschwüre erschöpfende Blutungen. In höchst seltenen Fällen tritt eine Heilung des Darmgeschwürs ein. Sie er-
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Von den Neubildungen im Oarmcanale.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 557
folgt nach completer Elimination aller Geschwulstelemente von der schwieligen Basis des Geschwürs aus, unter Bildung einer narbigen Einziehung der Darmwand, die beim heilenden Gürtelgeschwür eine beträchtliche Darmstenose setzte, welche durch einen leistenähnlich hervorspringenden Wulst hervorgerufen ward.
Der gewöhnliche Ausgang ist der durch Darmphthise, durch Erschöpfung, Blutung und Darmperforation in Tod, oft gesellt sich zum Schlüsse der Erkrankung noch Dysenterie hinzu.
Die äussern Zeichen der Darmtuberkulose werden zu Anfang von der gleichzeitig bestehenden tuberkulösen Lungenphthiso so verdeckt, dass sie meist übersehen werden. Nur, wenn die pe-ritonitischen Erscheinungen frühzeitig in den Vordergrund treten, macht sieh die Darmtuberkulose oft zu einer Zeit schon bemorklich, wo die Tuberkulose der Lungen nur massige Fortschritte gemacht hat. Ich sah einen derartigen Fall bei Oppolzer in Wien, welcher einen jungen Menschen van 15 Jahren betraf, der als ambulatorischer Kranker in die Klinik kam. In der Regel ist das Verhältniss ein anderes. Die Lungenphthise hat schon grosse Fortschritte gemacht, der Kranke ist bereits bettlägerig, da treten auf einmal die ominösen Durchfälle auf, die meist nach vierzehntägigem bis dreiwöchentlichem Bestehen die Kräfte des tubescirenden Kranken vollends aufreiben. Fast niemals wurde die Frage Reinhardt's von den Abtheilungsvorständen des Charitékrankenhauses bei der Section Tuberkulöser : Sind Durchfälle dagewesen? verneint. Diese Diarrhoeen sind nun keineswegs die unmittelbaren Folgen der tuberkulösen Darmver-schwärung, vielmehr werden sie durch den begleitenden acuten Darra-catarrh in der Umgebung der Geschwüre hervorgerufen. Auffällig ist, dass die Darratuberkulose, so lange das Peritonäum intact gelassen wurde, nie von lebhaften Schmerzen begleitet ist. Es scheint dies mit der Natur der tuberkulösen Neubildung zusammenfallen. Tritt Perforation ein, so beobachten wir genau dieselben Erscheinungen , wie sie oben bei der Magenperforation geschildert wurden, und bei welchen der Tod rasch erfolgt.
Eine Tuberkulose des Darms beiThieren ist bei unsem Haussäugethiergattungen noch nicht beobachtet worden, wohl aber bei den Affen, wo die Darmtuberkulose genau unter denselben Verhältnissen beobachtet worden ist, wie beim Menschen. Ausserdem traf L eis e ri ng bei einem Goldfasan eine Darmtuberkulose an. Die Blinddärme zeigten sich in ihren Häuten hier dicker und uneben, und an vielen Stellen schienen gelbliche Knötchen hindurch. Die Schleimhaut war uneben, höckrig und stark pigmentirt. Die drei Linien starke Durchschnittfläche Hess als Ursache dieser Verdickung Tuberkelbildung erkennen. Die Tuberkeln lagen dicht nebeneinander gedrängt und waren von der Grosse eines Mohn-
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korns bis zu der einer Erbse, die kleinem hatten eine weisse Farbe und waren durchscheinend. Sie liessen sich leicht zerquetschen und zeigten vorwaltend Kerne, aber auch spindelförmige Zellen. Bei den grössern Knötchen ging die Farbe von einem lichten Gelb in ein dunkleres über. Bei diesen fanden sich molekularer Detritus, rothes Fett und Kalksalze.
Die Tuberkulose der Mesenterialdrüsen.
Hierbei findet man die Gekrösdrüsen oft bis zur Taubenei- oder Hühnereigrösse, oft noch mehr angeschwollen, entweder erzeugt durch eine einfache Hypertrophie, wobei nur an discreten Stellen graue oder käsige Tuberkeln in das hypertrophische Organ eingestreut sind, oder die vergrösserte Drüse ist durchweg in eine gelbe, käsige Masse umgewandelt, die selten vereitert und nach Peritoäum und Darmhöhle hin durchbricht, häufiger verkreidet, und dann als ästige kalkige Concretion das geschwundene Drüsengewebe in der Leiche substituirt. Die Drüsentuberkulose wurde früher allgemein als die Ursache der tabes infantum hingestellt, doch ist diese Supposition irrig, indem bei sogenannten tabes meseraica der Kinder es in der Regel gelingt, nach dem Tode die Chylusdrüsen zu injiciren, und andrerseits man oft bei blühenden Personen, die durch zufällige Umstände den Tod fanden, die Mesenterialdrüsen geschwunden angetroffen hat. Hypertrophie der Mesenterialdrüsen und käsige Vereiterung derselben ist vielfach bei Fohlen gesehen worden.
Der Abscess derMesenterialdrüsenist beim Menschen nicht so selten. Meist bildet er sich schleichend heran, unter massigen Fieberbewegungen und Abmagerung, wobei die Eiteransammlung zwischen den Blättern des Mesenteriums sogar mehrere Pfunde betragen kann. Heilung ist mehrfach beim Menschen durch Perforation in die Darmhöhle, aber auch in mehreren Fällen Durchbruch des Abscesses in die Bauchhöhle mit tödtlichem Erguss in dieselbe beobachtet worden. Bei einem Pferde fand Prietsch, was drei Monate nach dem Abfüllen gekränkelt hatte, öfter von Kolik heimgesucht wurde, und ausserdem die Erscheinungen eines Gastricismus darbot, eine Geschwulst, die einen halben Stalleimer Eiter enthielt.
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Verengerung und Verschliessung des Darmcanals.
Die Verengerung und Verschliessung des Darms ist bei Thieren und Menschen häufig beobachtet. Sie tritt in Folge einer Compression ein. So wird z. B. der Mastdarm durch Fibroide der Gebärmutter, durch Ovariencysten, durch Geschwülste und Abscesse bis zur Verschliessung seines Lumens coraprimirt. Oder ein krebsig
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Verengerung und VerSchliessung des Darmcanals.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 559
gewordenes Darmstück comprimirt ein unter ihm gelegenes, oder ein Stück Mesenterium, welches durch seine in einem grossen Bruchsack gelegene Schlinge nach unten gezerrt wird, comprimirt Darmtheile, welche zwischen ihm und der Wirbelsäule liegen.
In andern Fällen ist die Verengerung des Darms durch eine Texturveränderung der Darmwand bedingt. Hierhin gehören jene Darmverengerungen, die durch Vernarbung von catarrhalischen, follikulären und Ruhrgeschwüren entstehen, sowie die krebsige Strictur. Diese letztgenannten Ursachen der Darmverengerung sind bis jetzt fast nur beim Menschen, höchst selten bei Thieren beobachtet worden.
Dagegen kommt eine Axendrehung des Darms und eine dadurch bedingte Verengerung und Verschliessung der Darmhöhle ungleich häufiger bei Thieren und besonders bei Pferden, des langen Dünndarmgekröses halber, vor, als beim Menschen. Jedoch ist auch bei diesen die durch Axendrehung des Darms erzeugte Darmverengerung kein etwa seltenes Vorkommniss. Schon eine halbe Drehung des Darms um seine Axe kann sein Lumen vollkommen auf heben. Der Verschluss kann dabei entweder dadurch erfolgen, dass ein Darmstück sich um seine eigne Axe dreht, oder dadurch, dass das ganze Gekröse oder ein Stück desselben mit dem Darm, welcher ihm anhängt, sich um sich selbst herumwirft, oder endlich dadurch, dass eine Darmportion mit ihrem Gekröse um eine andere Darmschlinge sich herumschlägt. Je längerund schlaffer das Gekröse, desto leichter ist eine derartige Axendrehung. Die Drehung eines Darmstücks um seine horizontale Axe wird am Häufigsten beim Pferd in seinen linken Grimmdarmlagen beobachtet, wobei sogar ein durch mehr als zweimaliges Umdrehen bewirktes strangförmiges Zusammendrehen angetroffen wird ; seltener sieht man derartige Axendrehungen an den rechten Lagen dieses Darmes. Das lange Dünndarmgekröse des Pferdes macht es möglich, dass ein Theil des Ileums und das ihm zunächst liegende Leer-darmstttck, oder auch der grösste Theil dieses letzteren, in mehr oder weniger zahlreichen , spiralig an dem Gekröse hinauflaufenden Ringen zusammengedreht angetroffen wird.
Oder die Verschliessung des Darras ist die Folge einer Innern Einschnürung. Dieselbe ist entweder vorbereitet durch den natürlichen Bau, und so sehen wir Dünndarmpartieen in das W i n s 1 o v'sche Loch schlüpfen. Oder in Folge einer Hemmungsbildung blieben die verödeten oasa omphalo-meseraica in Form eines bindegewebigen Stranges zurück, der das eine Ende am Umbilicus, das andere am congenitalen Divertikel des Ileums hat, durch welchen Einschnürungen von Dünn- und Dickdarmpartieen stattfanden, oder es entstanden Spalten, durch die Därme hindurchschlüpften, z. B. im Gekröse, im Netze, im Zwerchfell. Auf diese
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Weise kommt z. B. beim Ochsen eine innere Einklemmung zu Stande, indem die Bauehfellfalte, welche den Samenstrang, besonders den Samenleiter, umgiebt, einreisst, und durch die so entstandene Spalte dünnes Gedärm schlüpft. Zuweilen ereignet es sich, dass um das strickförmig zusammengedrehte Netz, um langgestielte Fettgeschwülste und Fibroide, welche am Gekröse sitzen oder an irgend einer Stelle in die Bauchhöhle hineinragen, sich Darmtheile herumwinden, und indem sie jene Theile einschnüren , ihr eigenes Lumen aufheben.
Ferner kann die Höhlung des Darms dadurch aufgehoben werden, dass ein Theil desselben sich in das nächstfolgende Stück hineinstülpt. Hierbei berührt die Schleimhaut des eingestülpten Theils (Intussusceptum) die jenes Theils, in welchen sie hineingestülpt wurde (Intnssuscipiens). Der eingestülpte Theil bildet eine doppelte Lage, in welcher sich die Serosa wie die Schleimhaut beider Lagen berühren. Diese Intussusceptionen werden sowohl am Dünndarm, als auch am Dickdarm des Menschen beobachtet. Dieln-vagination kann hier einen so hohen Grad erreichen, dass die va/vu/a Bauh'ni dicht über der Afteröffnung zu liegen kommt. Dielnvagina-tion habe ich bei Hunden wiederholt in exquisiter Weise angetroffen, doch kommt sie bei allen Hausthiergattungen vor. Kurz vor dem Tode bilden sich zuweilen bei Menschen wie bei Thieren unbedeutende Darmeinschiebungen.
Endlich sehen wir das Darmlumen durch massenhaft aufgehäufte trockne Faeces und durch steinigte Con-cremente aufgehoben. Die Anwesenheit von Knickungen und Darm-stricturen bedingt beim Menschen die Bildung von Kothsteinen. Bei Thieren, namentlich bei Pferden, ist diese Art der Darmverschliessung, nämlich durch Anwesenheit von Darrasteinen, eine der gewöhnlichsten. Oberhalb der eingeschnürten oder verengerten Darmpartie ist der Darmcanal gewöhnlich erweitert und abnorm gewrunden, mit Darminhalt und Gas überfüllt. Jenseits dieser Stelle ist das Darmstück leer und zusammengefallen. Die Schleimhaut wird durch sta-gnirenden Koth und Gas in den Zustand von Catarrh versetzt. Bei Verchliessung des Darms werden die Gefässe desselben und bei gleichzeitiger Axendrehung des Gekröses auch dessen Gefässe comprimirt und gezerrt. In Folge dessen entsteht hochgradige Stauung in dem verengten und eingeschnürten Darmstück, beträchtliche Schwellung der Darm wand, intensiver Catarrh der Mucosa und Transsudationen und Hämorrhagieen in der serösen Haut, die bald in wirkliche Peritonitis übergehen. Heben sich, wie in den meisten Fällen hier, Druck und Zerrung der Gefässe nicht, so kommt es zum brandigen Absterben, selbst zur Abschnürung des Darmtheils, und entweder zum tödtlichen Erguss in die Bauchhöhle, oder bei vorhergegangener
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Erweiterung und Verengerung des Darmcanuls.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5ßl
Verwachsung des eingeschnürten Darmtheils mit der Bauch wand zur Bildung einer Kothfistel. Schnürte sich ein invaginirter Darmthpil ab, so kann dessen Entleerung durch den After stattfinden , ja ps kann hier selbst Heilung eintreten, wenn eine vorhergegangene Verwachsung zwischen Scheide und Intussusceptum einen freien Erguss des Darminhalts in die Bauchhöhle unmöglich machte. Dies kann noch am Ehesten geschehen, wenn sieh der untere Theil des Intussusceptum brandig abstiess, währendderobereTheilfestmit der Scheide verwuchs.
Alle diese seltenen Ausnahmsfälle von Heilung sind nur beim Menschen beobachtet, und kommen bei Thieren, besonders beim Pferde, der grossen Empfindlichkeit seines Bauchfells halber nicht vor. Selbst der Ausgang in Gangrän wird hier sehr selten beobachtet, da, ehe diese sich erzeugen konnte, eine wüthende Kolik das Thier tödtete. Hierbei scheint der anatomische Bau des Pferdemagens wiederum ganz gewaltig in den Gang der Erscheinungen einzugreifen. Beim Menschen sehen wir schon bei der durch An-
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häufung erhärteter Kothmassen erzeugten Aufhebung des Darmlumens Erbrechen des Magen- und Dünndarminhalts, später auch Kotherbrechen eintreten. Dasselbe tritt begreiflicherweise hier noch früher und intensiver bei Axendrehung und innerer Einschnürung des Darmcanals ein. So fürchterlich nun auch die Qualen sind, die das Kotherbrechen mit sich führt, so schliesst es doch die einzige Möglichkeit in sich ein , dass derartige Aufhebungen des Darmlumens durch 9, 10 Tage ertragen werden. Denn der gährende Darminhalt, der über der eingeschnürten Stelle sich befindet, wird durchs Erbrechen fort und fort abgeführt, und so erfolgt hier nur der Tod, wenn ihn die örtlichen Vorgänge nicht veranlassen, ea; inanitioiie. Beim Pferde ist ein Abführen der vor der eingeklemmten Stelle befindlichen Stoffe durch die vorhandene Schlundklappo unmöglich gemacht, und deshalb erfolgt bei denselben der Tod schon innerhalb 12—18 Stunden nach aufgehobener Canalisation des Darmcanals.
Beim Ochsen ist eine ungleich grössere Toleranz für diese Zustände vorhanden, und obwohl diese'Thiere auch schliesslich, wenn nicht durch operative Hülfe die Aufhebung der Innern Einschnürung ermöglicht wurde, an Darm- und Bauchfellentzündung zu Grunde gehen, so kann sich doch das Leben trotz der Innern Einklemmung mehrere Tage noch erhalten.
Erweiterung und Verengerung des Darmcanals.
Beide Zustände kommen wohl nicht als selbstständige Erkrankungen des Darmcanals vor, sondern begleiten besonders Stricturen des Darmcanals mit der aus physiologischen Gründen leicht herzu-
Gleiaberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3g
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562nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Digestionsorgane.
leitenden Eigenthümlichkeit, dass oberhalb der stricturirten Stelle Erweiterung und unterhalb derselben Verengerung des Darmcanals besteht. Die bedeutendsten Verengerungen des Dünndarms sind bei Pylorusstricturen angetroffen worden, die colossalsten Erweiterungen, namentlich des Dickdarms, bei krebsigen Stricturen des Mastdarms, an Anrßeamrasigmoidea. Beim Pferde sah Leisering eine dreimalige Vergrösserung des Magens in Folge einer Dünndarmstrictur, die S^/j Elle vom Magen entfernt durch eine Verwachsung des Magens mit der Darmwand erzeugt worden war. Das Netz bildete einen fingerdicken , glatten Strang, der mit dem Darm eine halbe Drehung machte. Von hier trat der Strang durch das Gekröse, und bildete eine rollige Schlinge. Da, wo der Darm mit dem strang-förmig zusammengedrehten Netze die halbe Drehung machte, fand sich im Darm eine Strictur.
Eine Erweiterung des Darmcanals als Symptom der Peritonitis ist von hohem klinischen Belange. quot;Wir sehen hier ein ähnliches Ver-hältniss eintreten, wie wir es am Larynx beobachteten, wo die croupöse Affection der Larynxschleimhaut eine Lähmung der Kehlkopfsmuskeln nach sieh zog, welche die Glottisstenose und den temporären Verschluss der Stimmritze vermittelte. Bei der Peritonitis äussert sich die Lähmung der Muscularis des Darmcanals ganz vorzüglich in einer Abschwächung, selbst Aufhebung des motus peristalticus. Der gährende Inhalt der dicken wie dünnen Gedärme stagnirt nun und ruft die höchsten Grade der Tympanitis hervor, welche nicht nur die Qualen der Peritonitis bedeutend steigern, sondern auch die Gefahr für den Fortbestand des Lebens durch Hemmung des Athmens und Kreislaufsstörungen wesentlich vermehren.
Die Erweiterung einer Darmwand erzeugt sackförmige Anhänge , die vielfach bei Menschen und Thieren am dicken Gedärme angetroffen wurden. Man hat sie als falsche Divertikel bezeichnet, da sie nicht aus allen 3 Darmhäuten bestehen, sondern eine Ruptur der Muscularis darstellen, durch welche hindurch sich die Mucosa, die Serosa vor sich herdrängend, hindurchstülpte. Die Grosse variirt beim Pferde von Wallnuss- bis Mannskopfgrösse, beim Menschen sind sie über Apfelgrösse noch nicht angetroffen worden. In ihnen verhält sich Koth. Zuweilen bilden sich in diesen sackartigen Anhängen Darmstoine aus. Die Rückwirkung der Divertikelwand auf den Druck jenes Inhaltes äussert sich als Hypertrophie, Entzündung oder Gangrän der Wand. Die Perforation des Divertikels führt zu einem tödtlichen Erguss in die Bauchhöhle.
Das wahre Darradivertikel befindet sieh am Ileum, ist aus allen 3 Häuten gebildet, stellt eine sackige Erweiterung dar, von
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Rupturen des Darms.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;563
der zuweilen ein bindegewebiger Strang ausgeht, der nach dem Nabel verläuft. Dieser bindegewebige Strang ist ein Residuum des ductus vitello-intestinalis und der xmsa omphalo-meseraiea; das Divertikel selbst ist die Einmündungsstelle des ductus, die anstatt sich auszugleichen, als blinder Trichter dem Krummdarm für Lebensdauer anhing. Fehlt der bindegewebige Strang, der das Divertikel mit dem Nabel verbindet, so erwachsen für das betreffende Individuum dieselben Gefahren, als durch ein falsches Divertikel. Besteht jener Strang, so kann er Veranlassung zu einer innern Darmein-klemmung werden
Rupturen des Darmes
(vollständige wie unvollständige) sind vielfach bei Pferden in Folge von Niederwerfen bei heftigen Koliken angetroffen worden. Diese violenten Rupturen sind beim Menschen dagegen viel seltener , häufiger dagegen die spontanePerforation des Darms, wie sie durch catarrhalische, follikulare, diphtheritische, dysenterische , tuberkulöse und typhöse Geschwüre, indem diese zur Ne-krose der Muscularis und des serösen Blattes führten, angetroffen worden.
Die spontane Darmperforation ist dagegen bei Thieren wieder ungleich seltener, als beim Menschen, was mit der geringern Frequenz jener perforirenden Prozesse und der theilweisen Immunität, die die Thiere für diese Vorgänge besitzen , zusammenhängt. Zwar greifen mitunter follikulare Geschwüre auf Muscularis und Serosa über, und erzeugen Perforation, oder disponiren die Darmwand im hohen Grad, Sitz violenter Rupturen zu werden. Dagegen sind alle andern beim Menschen beobachteten perforirenden Darmgeschwüre von verlässlichen Beobachtern bei Thieren noch nicht gesehen worden, wohl aber erzeugen Darmdivertikel durch Stagnation des Darminhalts und dessen Rückwirkung auf die Divertikelwand Darmperforation. In einem Falle beobachtete Roell im Krummdarm ein rundes perforirendes Geschwür, welches einen kreisrunden Substanzverlust der Schleimhaut von 2—3quot; Durchmesser darstellte, dessen scharfe, glatte Ränder auf der in einem kleinen Umfange zerstörten Muskelhaut auflagen, während der gleichfalls scharfrandige Substanzverlust des Bauchfellüberzugs eine noch kleinere Oeffnung darbot. Der Darminhalt war in die Bauchhöhle ergossen, und hatte zu einer Bauchfellentzündung Veranlassung gegeben. Die Zeichen der Darmperforation sind die einer rasch tödtenden Peritonitis.
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Krankheiten der Digestionsorgane.
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Die Abnormitäten des Inhalts.
Gasanhäufung im Darmcanal
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ist beim Menschen nur als ein Symptom anderer Krankheiten aufzufassen , und verdient wohl keine speciellere Besprechung. Beim Pferd dagegen ist wieder der anatomische Bau, nämlich die Anwesenheit der Schlundklappe, die Ursache, dass bei Verstopfung durch Futterpf'röpfe, Kothanhäufung, bei Anwesenheit von Dannsteinen die Gasentwickelung aus dem gährenden Futterbrei als das hervorstechendste und gefahrdrohendste Symptom sich zeigt, ein Verhältniss, was den genialen Geist des verstorbenen A n ton Hayne auf die Idee brachte, durch eine Art verlängerton Explorativtroikart die Luft direct aus den dicken Ge-darmen der Pferde auszuführen , doch erwies sich das Verfahren, da der Troikart sich sofort durch Darminhalt verstopfte, als ganz erfolglos.
Blut im Darmcanale
stammt entweder aus zerstörten Blutgefässen der Darmwand selbst, oder wurde aus benachbarten Organen dorthin geleitet, wie z. B. durch die Galtengange ans der Leber, aus dem Magen. Diegrössere Häufigkeit der Darmulceration beim Menschen ist auch der Grund, dass wir Darmblutungen bei ihm öfterer antreffen , als beim Thiere. Sosehen wir beim Mensehen beim Typhus, bei der Dysenterie, beider Darmtuberkulose Blutungen auftreten, aber nicht minder beobachten wir Blutabgang mit den Faces bei Magenulceration, beim Leberkrebs. Jehöher oben die Blutung stattfand, um so veränderter geht das Blutroth ab. Das Blut erscheint in Form pechschwarzer Massen, in deren Abgang die ältere (symptomatologische) Schule einen 'unwi-derleglichen Beleg dafür fand, dass in der That eine Kohlen-s t o f f a n h ä u f u n g im Pfortaderblute stattfände, die, bis zu einem gewissen Grade gediehen , die Ausscheidung jener pechschwarzen Masse aus der Darmschleimhaut zur Folge habe. Jene Schule fasste alle Fälle, bei welchen so verändertes Blut durch den After und durch Erbrechen abging, unter den Namen morbus nigej- Hippo-cratis zusammen , obwohl, wie aus dem Mitgetheilten von selbst erhellt, die verschiedensten anatomischen Störungen jenen Magen-und Darmblutungen zu Grunde liegen können. Eine der Häufigsten Ursachen der Darniblutungen, bei welchen unverändertes Blut ausgeschieden wird, ist beim Menschen die Erweiterung der Mastdarinvenen und deren Berstune. Die grosse Seltenheit dieser Mastdarm-
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Darm- und Kothsteine.
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blutungen bei Thieren hängt mit deren Stellung der Körperaxe zusamnaen. Denn, was sich auch im Hinterleibe eines Thieres ereignen mag, höchst selten wird sich bei ihnen eine venöse Stase im Mastdarme in der Weise bilden, dass es dort zur Varicenbildung und zur freien Blutung käme. Dagegen ruht in der aufrechten Haltung des Mensehen die vorherrschende Disposition zu Mastdarmblutungen in der Art, dass schon eine habituelle Verstopfung ausreicht, jene sackartige Erweiterung der Mastdarmvenen und deren zeitweilige Berstung nach sich zuziehen. Alles, was beim Menschen hochgradige Venenstase erzeugt, kann anch die Quelle von Mastdarmblutungen werden , und so beobachten wir dieselben bei Tuberkulosen, Herzkranken ebensowohl, als bei Emphysematikern mit der fast mit jedem gegebenen Falle wiederkehrenden Eigenthümliehkeit, dass der Patient in dem Mastdarmleiden nicht ein Symptom, sondern die Quelle seiner schweren Leiden sieht. Er wird dadurch in seinem Irrthum unterstützt, dass, so lange dieHämorrhoiden fliessend sind, er sich ungleich wohler fühlt, und ganz vorzüglich die Athembe-schwerden nachlassen, die sich aber alsbald wieder verschlimmern, nachdem dieMastdarmblutnng sistirte. Noch constanter, alsLungen-und Herzkrankheiten, führen Leberleiden zu Hämorrhoidalknoton, unter diesen namentlich die Lebercirrhose , welche eine derartige Ueberfüllung der Pfortader setzt, dass jener Affect nicht ausbleiben kann. Die Mastdarmknoten bestehen nun nicht blos aus varikösen Gefassen, sondern neben diesen aus verdichtetem Bindegewebe, das der Venenscheide innig adhärent ist, und aus einem sackartig hervorgetriebenen aliquoten Theil derMastdarmschleimhaut. Zuweilen entzünden sich die Mastdarmknoten und vereitern.
Bei Thieren hat man die Hämorrhoiden bei Hunden und Schweinen angetroffen. Mastdarmblutungen kommen ausser-dem bei Milzbrandfiebern der Thiere vor. Das was man beim Rindvieh Rückenblut nennt, äussert sich durch Bildung von hyperämischen Schleimhautwülsten im Mastdarm, die zum Mastdarmdrängen Veranlassung geben. Die abgehenden Excremente sind mit dunklem Blute eingehüllt.
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Darm- und Kothsteine.
Einen Kothstein habe ich in einem Falle bei einem 8jährigen Kinde beobachtet. Dieser Stein fand sich in einer enormen Erweiterung dpr ßexura sigmoidea vor, und hatte zu Lähmung des Darmcanals und unter Erscheinungen des Kotherbrechens zum Tode geführt. Er bestand aus concentrischen Lagen krystallinischer phosphorsaurer Ammoniakmagnesia und war nach aussen von erhärtetem Kothe umgeben.
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jjggnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Digestionsorgane.
Darmsteine bei Pferden sind nicht so seltene Vorkommnisse. Man trifft sie bald von brauner, grauer, bald von bläulicher Farbe. Sie bestehen auch aus phosphorsaurer Ammoniakmagnesia , zu welcher sich geringe Quantitäten phosphorsaurer und kohlensaurer Kalkerde, Kieselsäure, Chloralkalien, Reste organischer Substanzen und Spuren von Eisen hinzngesellen. Kleienfütterung soll zu ihrer Entstehung disponiren. Ihre Grosse überschreitet oft die einer doppelten Mannsfaust. Am Häufigsten treffen wir sie im Blinddarm der Einhufer.
Die Darmconcremente bestehen aus Haaren und Pflanzenfasern , die durch vertrockneten Schleim und krystallinisohe phosphorsaure Ammoniakmagnesia zusammengehalten werden, die wir beim Pferde und Schweine im Dickdarme, bei den Hunden und Wiederkäuern im Dickdarme und Magen antreffen. An letzterem Orte bei Wiederkäuern angetroffen, sind sie alsBezoare bekannt und schon längst im Orient als heilkräftig geschätzt. Bei Pferden rufen Darmsteine und Darmconcremente in der Regel tödtliche Koliken hervor. Haarb all e finden sich bei Wiederkäuern im Pansen und der Haube, selten im Dickdarm, beim Schweine und Hunde häufiger im Dickdarm und im Magen. Federbälle treffen wir in den Magen der Raubvögel, welche dieselben zeitweilig ausbrechen.
Parasiten.
Beim Menschen: der Soorpilz und die zuweilen auf typhösen und andern Schorfen vegetirenden Pilze. Entozooen : ascaris lum-brieoides, oxyuris vermicularis, trichocephalus dispar, anehy-lostoma duodenale, distoma hetet*ophyses, tavnia solium, t. medioca?iellata und botryoeephalus latus {dist. haematobium in dysenterischen Schorfen). Infusorien und zwar: „paramoectufn coli,quot; nach Nalmsten im Colonschleirne bei Diarrhöen.
Bei Thieren: trichocephalus affinis im dicken Gedärme des Schafes und der Ziege; tr. depressiusculus im Blinddarm des Hundes ; tr. crenatus im Dickdarme des Schweines; strong'ffllts oder dochmius tubaeformis im Zwölffingerdarm der Katze ; d. trigono-cephalus im Dünndarm der Hunde; d. hypostomus im Dünn- und Dickdarm der Ziege und des Schafes; strongylus armatus in dem Blind- uud Grimmdarm des Pferdes, Esels und Maulthieres, nach Gnurlt auch im Zwölffingerdarm ; sclerostomum tetracanthumim Blind- und Grimmdarm des Pferdes und Esels; sei. dentatum im Dick - und Dünndarm des Schweines; strongylus radiatus im Dünndarm des Rindes; str. venulosus im Dünndarm der Ziege; str. ßlicollis im Dünndarm der Schafe; oxyurus curvula im Blinddarm des Pferdes; ascaris lumbrieoides im Dünndarm des Rindes und Schweines; asc. megaloeephala im Dünndarm des
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Von Parasiten.
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Pferdes und Esels, bisweilen in so enormer Menge, dass dadurch Verstopfung des Dünndarms und selbst tödtliche Koliken veranlasst werden; ascaris mystax im Dünndarm der Katze; asc. margi-itata im Dünndarm des Hundes; hemistomum ulaluiii im Dünndarm des Hundes; taenia ewpansa im Dünndarm des Schafes, besonders des Lammes, und des Kindes; taenia denticulata im Darm des Rindes; t. mamillana im hintern Theil des Dünndarms des Pferdes; t. perjollata im Dünndarm des Pferdes ; t, serrala im Dünndarm des Hundes ; t. crassicollis im Dünndarm der Katze ; t. cucumerina im Dünndarm des Hundes; t. ellipiica im Dünndarm der Katze; dibothrlum decipiens im Dünndarm der Katze; bothryo-cephalus /elis ebendaselbst.
Die Erscheinungen, welche durch Eingeweidewürmer hervorgerufen werden, sind sehr von der Individualität desWohnthieres abhängig. So besitzen viele Menschen Eingeweidewürmer, ohne es zu wissen. Nie klagten sie über Leibschmerzen, noch haben sie Reflexerrgt;cheinungen, und nur das zeitweise Abgehen von Parasiten, z. B. von Bandwurmgliedern, macht sie auf ihr Uebel aufmerksam. Jedoch ist das Verhältniss nicht immer dieses, im Gegentheil beobachten wir bei der Anwesenheit von taenia so Hum, mediocanellata oder bothryocephalus beim Menschen sehr häufig, besonders bei schwächlichen Personen, bei Mädchen, Frauen, Kopfschmerz, Schwindel, Speichelfluss und zuweilen auch Wassererbrechen, seltener Leibschmerzen, Symptome, die besonders nach dem Genuss von Erdbeeren, Kirschen, Zwiebeln, Meerrettig und Hering beobachtet werden. Nur höchst selten erzeugt die Anwesenheit von Parasiten im Darmcanal auf dem Wege des Reflexes epileptiforme Krämpfe. — Die Spulwürmer rufen beim Mensehen in der Regel keine Er-. scheinungen hervor. Allerdings sieht man in anatomischen Museen vielfach Convolute von Spulwürmern, die in den Leichen der Kinder vorgefunden wurden. Ich habe ein solches Convolut bei M a u t h -ner in Wien gesehen. Die Grosse desselben liess kaum in Zweifel ziehen, dass seine Anwesenheit im Darmcanal eines Kindes unheilbare Verstopfung und Tod unter den Erscheinungen des Heus nach sich ziehen musste. Doch die Zahl derartiger Fälle ist so verschwindend klein gegenüber der jener Fälle, wo die Spulwürmer ohne die geringsten Beschwerden von den Kindern getragen werden, oder von so unbedeutenden Krankheitszeichen begleitet sind, dass sie kaum nennenswerth ist. Leibschmerzen jener Kinder, die mit Spulwürmern behaftet sind, werden gewiss ungleich häufiger durch Diätfehler, Erkältungen erzeugt, als dass sie durch lebhaftere Bewegung der Spulwürmer bei dem Begattungsacte, wie Küchenmeister glaubt, hervorgerufen werden. Gelangen die Spulwürmer in den Magen, so werden sie zuweilen ausgebrochen. Die Oxyuren sind höchst
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lästige Gäste im After der Kinder und in der Mutterscheide kleiner Mädchen. Sie rufen ein unerträgliches Jucken hervor, und erzengen nicht selten hartnäckige Schleimflüsse aus Vagina und dem After.
Die Anwesenheit der Würmer im Darmcanale der Thiere ruft noch viel seltener, als beim Menschen, auffällige Erscheinungen hervor. Nur bei colossaler Vermehrung der Spulwürmer und Verwickelung derselben zu grossen unentwirrbaren Massen, welche die Höhle des Dünndarms vollkommen verstopfen, rufen sie Koliken mit tödtlichem Ausgang hervor. Also nicht die Anwesenheit der Würmer an sich, sondern nur die durch dieselbebedingte Vers t opfung des Darmcanals wird dem Wohnthiere gefährlich. Bei Hunden soll eine massenhafte Anhäufung von Bandwürmern im Darmcanal Zuckungen, Convulsionen und epileptiforme Krämpfe nach sich ziehen. Aber wenn man bedenkt, wie häufig Bandwürmer im Darmcanal des Hundes ohne Fallsucht und wie oft Fallsucht ohne diese Parasiten im Darmcanal bei dem fraglichen Thiere angetroffen wird, so drängt sich Einem sicher die Ueberzeugnng auf, dass der Parasitismus des Darmcanals und die Convulsionen in den meisten Fällen zufallig nebeneinander bestehen. Die meisten obenverzeichneten Parasiten des Darmcanals existiren während des Lebens des Wohn-thiers ohne äussere Merkmale und werden nur zufallig bei den Sectionen oder in den Entleerungen der Thiere angetroffen.
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Die functionellen Störungen des Darmcanals.
Kolik, Enteralgie.
Unter Koliken verstehen wir Sensibilitätsneurosen im Bereiche des plextis mesentericus. Ungleich häufiger tritt die Kolik beim Menschen als Symptom der verschiedenen anatomischen Störungen im Darmcanal, die wir jetzt kennen lernten, auf, und in ungleich selteneren Fällen erscheint sie als selbstständiges Uebel, indem dieselbe einer Erkältung, einer Indigestion unmittelbar folgt. Sie ist als selbstständiges Leiden in der Jugend häufiger, als im Alter, und vergesellschaftet sich sehr gern mit anämischen chlorotischen Zuständen, besonders werden anämische Knaben vor dem vierzehnten Jahr ansserordentlich häufig von heftigen Koliken befallen, die, wie jede ächte Neuralgie, nur in wüthenden Schmerzen besteht, welche auf die geringsten Anlässe, häufig auch, ohne dass solche nachweislich waren, plötzlich ohne alle Vorboten beginnen , und nach mehrstündigem Bestehen ohne alle Nachwehen verschwinden. Treten bei Erwachsenen Koliken auf, wiederholen sich dieselben oft, so ist entweder auf eine anatomische Störung des Darmcanals zu schliessen, z. B. auf einen chronischen Catarrh, oder auf einelntoxi-
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Kolik, Enteralgie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 569
cation mit Blei. Die wüthendsten Neuralgieën im Bereiche des pleamp;m mesentericus werden aber durch krebsige Entartung der Retroperitonäaldrüseu hervorgerufen. Jene heftige Neuralgie im Bereiche jenes Nervengefiechtes, die keinem Curverfahren weicht, durch Wochen besteht, ist bei fehlenden anderweiten Ursachen einer derartigen Neurose das sicherste Zeichen der krebsigen Entartung jener die aorta abdominalis umlagernden Drüsenpackete. Aber eine viel häufigere Ursache wüthender Neuralgieën in jenem Nervengeflecht ist die Bleiintoxieation, die wir bei Arbeitern in Bleiweiss-fabriken oder in Blei- und Silberhütten, bei Anstreichern, Farben-reibern , Töpfern, Schriftgiessern, Buchdruckern antreffen. Die epidemischen Koliken zu Devonshire und Poitou scheinen ilurch bleihaltiges Getränk veranlasst.
Da man unter Kolik jeden Schmerz in den Gedärmen versteht, der nicht durch Entzündung und Entartung der Darmwand bedingt ist, so bezeichnet man auch jene Schmerzen im Unterleibe mit dem Namen Kolik, die durch Anhäufung von Koth, Würmern, Wind im Darmcanal erzengt werden. Man unterscheidet so eine co/ica ster-coralis, verminom und ßatulenta.
Bei Thieren kommt die Kolik besonders bei Pferden vor. Bei Wiederkäuern ist sie seltener und weniger gefahrlich als beim Pferde, bei den Schweinen wird sie oft durch Erkältungen hervorgernfon, bei Hunden entsteht sie häufig durch Anhäufung von Knochen in den Gedärmen, welche diese mechanisch reizen. Die Häufigkeit der Kolik bei Pferden hat man unter Anderm dadurch anatomisch begründet geglaubt, dass das grosse Netz hier so klein ist, nicht wie beim Menschen bis zum Becken reicht, und wie eine Schürze das Convolut der Dickdärme bedeckt. Ich bin dir Meinung, dass der Hautmuskel des Pferdes ein genügendes Aequivalent für das zu kurze Netz der Einhufer ist. Gewiss ist aber die Sehlund-klappe, die keine Correctionen — mit einer verschwindenden Zahl von Ausnahmsfällen — bei einer Ueberladung des Magens und arms mit Futterstoffen gestattet, eine ungleich wichtigere Ursache der grosseren Häufigkeit der Kolik bei Pferden, als deren Netzdefect, obwohl ich gern zugeben mag, dass ein fettreiches grosses Netz einen nicht zu unterschätzenden Schutz vor directen Erkältungen der dünnen Gedärme beim Menschen darbietet. Aber auf einem so directen Wege kommen die Sachen hier ja gar nicht zu Stande. Rufen Erkältungen Koliken hervor, so pflanzt sich der kranke Reiz von der Haut nicht direct auf die Gedärme, sondern auf dem Wege des sensitiven Reflexes von Rückenmark und Ganglien aus auf die Nerven des plexus mesentericus fort. Die Kolik tritt bei dem Pferde entweder ohne materielle Ursachen auf, und wird dann, da sie meist durch Einwirkuns; von Kälte und Nässe auf die Haut
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fies Thieres hervorgerufen wurde, oder nach dem Saufen kaltenWassers eintrat, als rheumatische Kolik bezeichnet, oder sie ward durch Anomalieën des Darminhaltes hervorgerufen.
Diese Anomalieën beziehen sich auf Darreichung eines schwer verdaulichen Futters oder auf eine übermässige Aufnahme desselben, besonders, wenn die Thiere vorher gehungert haben, angestrengt und rasch bewegt wurden (Ueberfütter-ungskolik); oder auf An h auf ung von Gasen, welche aus einer Gährung des Darminhalts, dem Genüsse jungen Klee's oder üppigen Grases folgte (W i n d k o 1 i k) ; ferner auf eine Ansammlung von Koth in den Dickdärmen (Anhäufungskolik); oder auf eine Anwesenheit vonConcrementen, Darmsteinen, Wurmknäulen , welche das Lumen des Darmcanals verschliessen (Verst o pfu ngskolik).
Hiermit wäre im Sinne des Menschenarztes die Aetiologie der Kolik des Pferdes erschöpft, höchstens hätte miin noch hinzuzufügen , dass der Genuss mancher Arzneien, besonders der Aloe tödtliche Koliken hervorrufe. So sah ich im Wiener Thierspitale ein Pferd an l*/j Unzen Aloe unter den Erscheinungen einer Kolik zu Grunde gehen, dem jenes Mittel wegen einer bestehenden periodischen Augenentzündung gereicht wurde. Denn die Vergiftungskoliken sind doch wohl der Toxikologie zu überweisen. Aber die grosse Schwierigkeit, während des Lebens jene Texturver-ändtrungen nachzuweisen, welche gleichfalls zu heftigen Koliken führen, hat die thierärztlichen Systematiker veranlasst, auch die Kolik, welche durch intensive acu te Catarr he und Crou p der Darmschleimhaut, durch Follikularentzündung und Verschwärung der Dickdarmschleimhaut, durch die phlegmonöse und in Verschwärung übergehende Entzündung der Darmschleimhaut im Anthrax, ferner die durch Darm verengerung und innere Einklemmung, durch eingeklemmte Hernien, In tu ss u s e ep ti o nen, Magen-und Darmrisse, Perforation der Magen-oder Darm wand, ja selbst die durch Bauchfellentzündung erzeugt wurde, an dieser Stelle zu besprechen, obwohl in allen diesen letzteren Fällen es sich um Alles, nur nicht um eine selbstständige Neuralgie handelt.
Auffällig ist freilich, dass trotz der grossen Verschiedenheit der cavsae remotae intemae das sich nach aussen hin kundgebende Symptomenbild während des Lebens eine wunderbare Gleichmässig-keit darbietet. Sehen wir ab von jenen sich zu acuten fieberhaften Catnrrhen und Verschwärungsprocessen der Magen- und Darmschleimhaut gesellenden Koliken, so finden wir, dass die bis dahin ganz munteren Thiere plötzlich anfangen, unruhig zu werden, sich
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Kolik; Enteialgie.
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nach dem Hinterleib umzusehen, abwechselnd mit dem einen oder andern Vorderbein zu scharren, die Beine unter dem Hinterleibe zusammenzustellen, den Rücken zu krümmen (ein Analogon desKrüm-mens bei der Kolik des Menschen), und sich ächzend und stöhnend niederzuwerfen. Hier bleiben die Thiere nun nicht auf dem Rücken liegen, sondern wälzen sich hin und her, ziehen die Extremitäten an den Leib, bis sie plötzlich wieder aufspringen. Diese Scene wiederholt sich in immer kürzer werdenden Intervallen, welche anfänglich, wenigstens spricht die zurückkehrende Munterkeit des Thieres dafür, ganz frei von Schmerzen zu sein scheinen. Dauer und Heftigkeit der Anfälle wachsen mit der Dauer des Zustandes. Das Niederwerfen, Wälzen, Wiederaufspringen geschieht später so ungestüm und heftig, dass bei der gleichzeitig bestehenden Verstopfung und Gasauftreibung des Leibes (Nichts rührt sich im Hiuterleibe jetzt, kein Darmgetön ist vorhanden) hohe Gefahr für das Thier eintritt, eine Magen- und Darmberstung zu acquiriren, oder eine bestehende Darmverwickelung, Verschlingung etc. zu verschlimmern. Daher lassen die meisten Thierärzte mit wenig Ausnahmen die Patienten jetzt bewegen, um dem Niederwerfen vorzubeugen. Nur bei Anton Hay n e war das nicht so. Dieser liess die Kolikpatienten sich wälzen und niederwerfen nach Gefallen, da er der Meinung war, dass dieses Wälzen und Niederwerfen das einzige natürliche Mittel sei, bestehende Darmverschlingungen zu entwirren oder vorhandene innere Einklemmungen aufzuheben etc., eine Möglichkeit, die von jener gewiss hundertfach überwogen wird, dass gedachte Zustände sich verschlimmern oder Magen- oderDarrn-risse bei diesem jähen Niederwerfen sich bilden. Die Ursache der bestehenden Verstopfung fällt entweder mit der Natur der Krankheitsursache zusammen, oder ist die Folge der wüthenden Neuralgie, die auf dem Wege des Reflexes zu einer spastischen Contraction der Darmmuscularis führt, welche den motus peristalticus aufhebt. Höchst selten begleitet die Kolik der Einhufer ein Durchfall. /Dies gilt für manche Formen der rheumatischen, der dysenterischen, ca-tarrhalischen Kolik. Doch sind diese Koliken niemals so heftig. Geht trotzdem das Thier zu Grunde, so erlag es nicht dor Kolik, sondern entweder dem zu Grunde liegenden Processe, oder anderweiten seeundären Zuständen.
Nachdem die oben geschilderten Zeichen eine oder mehrere Stunden bestanden haben, ereignet es sich in vielen Fällen, dass unter Abgang von Mist und reichlichem Gasausströmen die tympa-nitische Auftreibung des Hinterleibes schwindet, die Unruhe naeh-lässt, und unter reichlichem Schwitzen Rückkehr der Munterkeit des Thieres, das Bild vollkommener Wiedergenesung eintritt. Ist dem nicht so, so besteht die Unruhe des Thieres fort und erreicht nun immer
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höhere Grade, wobei der Puls beschleunigt und namentlich sehr klein wird; triefende Schweisse stellen sich ein, die Schleimhaut, welche anfänglich hoch geröthet war, nimmt jetzt eine bleigraue Farbe an, einen gleichen Livor zeigt die Augenbindehaut, Ohren und Endgliedmasssn werden kalt, das Athmen wird kurz und beschleunigt, und unter diesen Erscheinungen erfolgt der Tod, nachdem kurz vorher die Thiere in der Regel ruhiger geworden sind. Zuweilen tritt vor dem Tode Erbrechen ein, was auf die höchsten Grade der Gasspannung im Magen hinweist, und dem fast constant Magen-berstung folgt. Vor dem Tode sitzen die Thiere hier oft wie ein Hund auf dem Hintertheil.
Der Leichenbefund ist bereits bei den Innern Ursachen der Kolik angegeben.
Die heftigsten Koliken begleiten die Texturveränderungen des Darmes, die minderheftigen und weniger gefahrlichen sind die rheumatischen Koliken. Bauchfellentzündungen scheinen von weniger heftigen Koliken begleitet zu sein, obwohl auch die Deutung nahe liegt, dass die bestehende Bauchfellentzündung die Unruhe der Thiere um deswillen beschränkt, da jede Bewegung den Schmerz im Hinterleibe vermehren muss. Verstopfungskoliken lassen oft, wenn sie nicht durch Darmsteine veranlasst sind, Heilung zu. Die grosse Gefahr aller Koliken für das Leben der Pferde ist in dem anatomischen Bau des Magens begründet, der ein Erbrechen, ein Entleeren von Gas hier durch Ructus selten, und dann fast nur unter den lebensgefährlichsten Bedingungen zulässt.
Ein Entweichen von Luft aus dem Pferdemagen scheint jedoch bei einer massigen Füllung dieses Organs möglich zu sein, wie die K o e k e r unter den Pferden beweisen , die sich damit im Stalle die Zeit vertreiben, dass sie durch Luftverschlueken den Magen massig aufblähen, und dann unter Zuhilfenahme der Bauchpresse die Luft unter einem koekenden Geräusche aus dem Magen wieder herauspressen. Die Herrschaft über die Schlundklappe, die sie sich erwarben, verlieren sie jedoch bisweilen plötzlich, sie haben den Magen zwar mit Luft voll gepumpt, vermögen ihn aber nun nicht durch Pressen zu entleeren. Sie werden dann gar nicht selten von einer heftigen Kolik befallen, der sie nach öfterer Wiederkehr derselben in nicht so seltenen Fällen erliegen. Mit vollem Recht sagt daher der verstorbene Oberrossarzt J. S.Trautvetter in seinem Lehrgedicht „Das Pferd, Erfahrungen ans meinem Leben etc.quot;: Das Küken, das Rülpsen, ich muss es dir sagen, Ist manchmal noch schlimmer wie Baissen und Schlagen, Weil viele der Köker nur selten sich legen, Sich öfters nicht füttern, nicht ruhen, nicht pflegen, Die Ruhe im Stalle, die Freuden verderben, Das Futter verschmeissen, an Kolik oft sterben.
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Pie Entzündung des Bauchfells.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;573
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Krankheiten des Bauchfells.
Die Entzündung des Bauchfells.
Bei der Peritonitis haben wir ganz denselben Vorgang, als bei der Pleuritis und Pericarditis. Unter Wucherung der Bindegewebs-elemente der Membran wird bald ein fibre-seröses, bald nur ein fibröses Exsudat in wechselnder Menge auf die Oberfläche der Membran ausgeschieden. Faserstoffquot; fehlt wohl nie bei der aouten wie chronischen Peritonitis im Exsudat, wenn auch unter Umständen ein vorherrschend seröses Product gesetzt wird. Die Peritonitis kommt bei Menschen und Thieren unter fast gleichen Verhältnissen vor. Bei Beiden ist sie selten ein primäres Leiden, z. B. nach heftigen Erkältungen, als sogenannte rheumatische Peritonitis auftretend, dagegen ungleich häufiger die Erkrankungen benachbarter Organe begleitend. In dieser Beziehung bietet die fruchtbarste Quelle die Texturerkrankung des Darmcanals dar. Und so lernten wir die Peritonitis bereits ais Folgezustand bei Dysenterie, Follikularverschwärung des Darms, Darmtuberkulose, Darmkrebs, bei den Perforationen der Eingeweide, bei Entzündungen des Bindegewebes in der Umgebung des Mastdarms, des Blinddarms kennen. Aber sie begleitet nicht minder Carcinome der Leber, der Nieren, bedeutendere Milz- und Lebertumoren, Perforationen der Gallen- und Harnblase, Durchbruch von Leber- oderMilzabscessen, kurz — jede erheblichere Texturerkrankung der von dem Bauchfell überzogenen Organe vermag unter Umständen zu Peritonitis zu führen. In dieser Beziehung ist nun namentlich noch der weibliche Geschleehtsapparat hervorzuheben , dessen gehemmte und gestörte Rückbildung im Puerperium, dessen häufige Erkrankung im Verlaufe der ersten Wochen nach der Geburt der Frucht eine der ergiebigsten Quellen der Peritoniten beim Menschen ist. Dieses Verhältniss tritt in der Thierpathologie sehr zurück. Puerperale Erkrankungen sind bei den Thieren ungleich seltener, als beim Menschen, daraus folgt ganz besonders die geringere Frequenz der Peritonitis bei ihnen, sowie nicht minder aus dem Umstände, dass Peritoniten in Folge von Darmtuberkulose, von Darm- und Magenkrebs, vom wahren typhösen Process, die so oft beim Menschen angetroffen werden, bei Thieren entweder ganz mangeln, oder bis jetzt nur in wenig Beispielen angetroffen wurden. Dafür sind jene Peritoniten häufiger bei Thieren, die sich zur Entzündung der Brusteingeweide, des Herzbeutels gesellen. Denn eine massige Peritonitis in den Cadavern pneumo-
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nisch, pleiiritisch oder pericarditisch gewesener Pferde ist kein seltener Befund. Noch leichter pflanzen sich aber Entzündungen des Darm-canals , der Leber, der Blase auf das Peritonäum fort. So erzeugt z. B. die Entzündung des Blinddarms constant eine mehr oder weniger ausgebreitete Peritonitis. Vereiternde und perforirendeMesenterial-drüsenabscesse rufen zuweilen Peritonitis bei Pferden hervor.
Sectionsergebnisse: Unter den acuten diffusen Entzündungen des Bauchfells ist besonders die von Durchbohrung des Magens und Darracanals herrührende, ferner die durch Incarceration erzeugte und namentlich auch die puerperale durch ein massenhaftes Exsudat ausgezeichnet. Es kommt gar nicht selten vor, dass man beim Weibe mehr als 20 Pfund eines eitrig fibrinösen Exsudats in der Bauchhöhle vorfindet. Der seröse Ueberzug ist mit einer membranartigen Gerinnung bedeckt, die von gelber oder gelbgrünlicher Farbe ist, und welche die Baucheingeweide untereinander und mit der Bauch wand verklebt. Der Darmcanal ist ganz gewaltig durch eine dünne, föculente, nach dem Duodenum und dem Magen herauf (während des Lebens) turgescirende Flüssigkeit und viele Gase aufgetrieben. Dieser Meteorismus, welcher aus einer Lähmung der Darmmuscularis und einer Stagnation des Darminhalts folgt, gehört zu den bedrohlichsten peritonitischen Erscheinungen, indem er durch gehemmtes Athmen und Störung der Blutvertheilung das Fortbestehen des Lebens arg bedroht. Entfernt man das Exsudat durch Wasser oder Scalpellstiel, so erscheint das matte, filzige Peritonäum, dessen viseerales Blatt besonders am Darmcanale und dessen perietales zuweilen an der Bauchwand deutlich geröthet und injicirt ist.
Die partielle Peritonitis trifft man vorzüglich an jenen Stellen des visceralen Blatts dos Bauchfells, unter denen sich ulceröse Vorgänge des Darmcanals etablirten, so über Magengeschwüren, Ruhr-, diphtheritischen, tuberkulösen, typhösen Geschwüren, ferner in der Umgebung des nekrosirendon Wurmfortsatzes, auf und neben der krebsig degenerirten Leber, dem Milzkrebs, neben Hypertrophieen der Unter(Hinter-)leibsorgane etc.
Die chronische Entzündung characterisirt sich in der Leiche durch grosse namhafte Quantitäten von gallertartigen Fibringerinnungen des früher flüssigen Exsudats, eine Erfahrung, die durch entsprechende Beobachtungen der durch Paracenthcse des Abdomens bei chronischer Peritonitis erhaltenen Flüssigkeit gewonnen wurde. Daneben findet man vielfach abgesackte bald eitrige, bald hämorrhagische Ergüsse. Zuweilen sind dieselben sehr massenhaft. Sie befinden sich meist im vordem Bauchranme, indem durch Verwachsung desDüundarmconvoluts zu einem auf der Bauchwirbelsäule sitzenden Ballen und durch Verwachsung des Omenturas mit der vordem Bauchwand ein abgeschlossener Raum
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Die Entzündung des Bauchfells.
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erzeugt wurde. Die verlöthenden Pseudomembranen sowie die Darmwindungen sind meist stark pigmentirt. In dem Cavum trifft man Blutgerinnsel.
Die eitrigen Ergüsse sind häufig zwischen Darmwindungen und Gekröse abgesackt, und entweder im Zustand käsiger Metamorphose, oder in dem der Verjauchung.
Die Wucherungen des Peritonänms, das Auswachsen derselben in Form von Afterhäuten und die dadurch erzeugten Adhäsionen der Darmschlingen unter sich oder mit benachbarten Eingeweiden sind sehr mannigfach, stören die Functionen der Unterleibseingeweide vielfältig und können selbst lebensgefahrliche Zustände nach sich ziehen. Zuweilen erzeugen diese Verwachsungen ringsum auf der Leber, auf der Milz abgesackte Ergüsse. Einen solchen auf der Leber beobachtete ich auf der O p p o 1 z e r'schen Klinik. Der Heerd hatte die Grosse einer massigen Frauenfaust, sass auf der Convexität des rechten Lappens und ragte unter dem rechten Hypochondrium hühner-eigross als fluctuirende Geschwulst hervor, die während des Lebens für ein aus der Substanz der Leber hervorwachsendes Neoplasma gehalten wurde, eine Annahme, die durch einen intensiven Icterus, der aber durch Gallensteine erzeugt war, sehr gestützt wurde. Eine sich hinzugesellende diffuse Bauchfellentzündung und rechtseitige Pleuritis tödteten das alte Mütterchen, welches der Zustand betraf, innerhalb zwei Tagen.
Als vorzügliche Verwachsungen der Eingeweide unter sich, welche besonders von hoher klinischer Bedeutung sind, nonne ich : Verwachsungen der Dünndarm Windungen und ihrer Gekrösantheile untereinander mit vielfacher scharfwinkliger Knickung des Darmrohrs ; Verwachsung vorliegender Darmschlingen mit ihrem Bruchsack ; Verwachsung des Dünndarms mit der Harnblase, mit dem weiblichen Sexualapparat. Mitunter verwächst das omentum majus in der Weise mit der vordem Bauchwand, dass ein Diaphragma entsteht, welches die epigastrischen Eingeweide streng von den meso- und hypogastrischen scheidet.
Die Sectionsergebnisse bei Tliieren sind bei der Bauchfellentzündung durchaus nicht wesentlich von dem Befunde beim Menschen unterschieden. Die copiösesten Bauchfellergüsse kommen auch hier bei Perforationen des Magensund Darm-canals vor. Auch hier wird eine acute Bauchfellentzündung gern chronisch, indem an dem an der Oberfläche des Bauchfells während des acuten Entzündungsprocesses neuentstandenen Bindegewebe die Entzündung sich wiederholt, wodurch es zur Bildung höckriger Massen, welche Darmwindungen untereinnnder oder mit benachbarten Organen innig verkleben, kommt. Die theilweise Compression des Darm-canals stört in der Weise die Verdauung und Chylifieation , dass
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Abmagerung, Zehrfieber und Tod eintritt. Umschriebene Bauch-entzündungen kommen beiThieren genauso, wie beim Menschen vor. Die äussern Zeichen der Bauchfellentzündung ergeben sich aus dem Gesagten wohl von selbst. Niemals mangelt bei den acuten Formen ein heftiger Schmerz und ein entzündliches Fieber. Die Heftigkeit des Schmerzes ist beim Menschen oft eine so unerträgliche, dass nicht einmal der Druck des Deckbettes vertragen wird. Rasch tritt Auftreibung des Leibes ein, die nur zumTheilvom gesetzten Exsudate, grossentheils von der Gasentwickelung im Magen und Darmcanal abhängig ist. Dadurch entstehen Ortsveränderungen der Eingeweide, das Diaphragma wird mit Leber, Magen und Milz nach oben gedrängt, daher heftiges Erbrechen, anfänglich werden grasgrüne (unveränderte Galle), später fäculente Massen dadurch entleert. Der Druck nach unten erzeugt in den meisten Fällen hartnäckige Stuhlverstopfung, incontinentia urinae, oder beim Ergriffensein der ewcavalio recto-vesicalis beim Manne oder der utei'o-vesicalis beim Weibe ischuria inßammatoria. Es währt nicht lange, so gelingt es bei der acuten Peritonitis, namentlich im Puerperio, grosse peritonitische Exsudate durch die physikalische Expioration nachzuweisen. In Folge collateraler Fluxion zu den Lungen, die besonders durch die Tympanitis sehr vermehrt wird, entwickelt sich oft nach kurzer Frist ein determinirendes Lungenödem. Beim Nachlass der acuten Bauchfellergüsse mindert sich das Fieber und die Tympanitis, das Exsudat persistirt, und es währt hier oft lange, ehe die höchsten Grade der Abmagerung und Anämie, sowie alle Reste desselben schwinden, und die Functionen der Verdauung, Harn - und Stuhlausleerung zur Norm zurückkehren. Chronisch entzündliche Ergüsse entwickeln sich häufig ohne Fieber, und hierbei treten der langsamen Eutwickelung halber auch die secun-dären Erscheinungen, welche aus Lagenveränderung und Compression der Eingeweide hervorgehen, mehr in den Hintergrund , ein Ver-hältniss, welches wir bereits bei den langsam sich entwickelnden pleuritischen Ergüssen kennen lernten. Der Schmerz ist hierbei oft ganz unmerklich, und es scheint überhaupt, als ob die Heftigkeit des Schmerzes nicht im geraden Verhältniss zur Massenhaftigkeit der Production, sondern zur Schnelligkeit des Vorgangs stünde. Aber trotz der langsamen Eutwickelung trägt ein copiöser Erguss in die Bauchhöhle alle Charactere des entzündlichen, wie des acut sich entwickelnden an sich, denn er kann eben so reich an festen Substanzen (Fibrin, Eiterkörperchen), als dieses sein. Allmälig bilden sich hier Blut-und Ernährungsfehler aus, Leichenblässe der Haut und Muskelschwund treten ein. Chronische Entzündungen, deren wesentlicher Vorgang besonders in einer Bindegewebswucherung und nachfolgender Verwachsung neben spärlichen fibrinösen Pro-
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Neubilduugen am Bauchfell.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;577
ducten besteht, begleitet eine über Wochen sich hinausdehnende, nie ganz weichende Schmerzhaftigkeit des Abdomens, welche mit Störungen der Verdauung und des Stuhls, allmäliger Entwiekelung von Anämie und Abmagerung einhergeht. Erst nach längerem Bestehen dieses Zustandes bei hervorstechenden Zeichen gestörter Canalisation kann der Process plötzlich unter den Symptomen einer acuten fieberhaften Peritonitis recrudesciren.
Die Erscheinungen der Peritonitis bei T h i e r e n ent-sprechen ganz denen des Menschen. Abgesackte Exsudate mit eitriger Schmelzung und Zerstörung ihrer Unterlagen sind selten, aber doch hin und wieder bei Hunden, Schafen und Schweinen beobachtet worden. Die Erscheinungen der Bauchfellentzündung bei Pferden werden dadurch modificirt, dass ein Erbrechen nicht möglich ist, wodurch die Gefährlichkeit der Tympanitis und der Turgescenz nach vorn, welche bei Hunden und Schweinen das heftigste, selbst blutiges Erbrechen nach sich zieht, auf das Bedenklichste gesteigert werden muss.
Die chronische Bauchfellentzündung der Thiere führt in der Regel zu Zehrfieber, Cachexie und Tod. Die chronische Bauchfell-ontzündung der Schafe ist häufig. Rinder vertragen die colossal-sten Bauchfellergüsse ungleich besser, als alle übrigen Thiere.
Der Brand des Bauchfells
begleitet ulceröse Processe des Darmcanals, die zu Perforation führten, und das Uebergreifen von Jaueheheerden in die Bauchwand. Endlich tritt er in Folge von incareerirten Hernien ein. Die Bauchhaut wird an einer beschränkten Stelle hier in einen missfarbigen oder auch weissen , weissgelblichen Brandschorf verwandelt.
Neubildungen am Bauchfell.
Bindegewebsneubildungen kommen häufig als afterhäutige Gewebsvegetationen bei Menschen und Thieren, alsFib roide und Sarkome selten beim Menschen, häufig dagegen bei Thieren vor. Fibroide begegnen wir beim Pferde als selbstständige Geschwülste zwischen den Platten des Gekröses von der Grosse einer Wallnuss bis zu der eines Hühnereies. Sie sind als Gekrösanhänge längst bekannt und meist lang gestielt. Nimmt ihr Gewicht in Folge fortgesetzten Wachsthums sehr zu, so lösen sie sich vom Gekröse ab, und liegen dann als freie Körper in der Bauchhöhle, der Verfettung und Verkreidung anheimfallend. In ungewöhnlicher Zahl treffen wir Fibroide von fester oder weicher Form und dann meist als Sarkome aufgeführt auf der Bauchhaut der Rind er beider
G1 e i s b e r g , vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 37
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578nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Digestionsorgane.
sogenannten Franzosenkrank heit, die sich auch zuweilen abschnüren, und frei in der Bauchhöhle angetroffen werden.
Lipome kommen als umschriebene Fettmassen im Gekröse und im Netze beim Menschen zuweilen vor. Bei Rindern und Hunden erreichen die Fettgeschwülste des Netzes oft eine ungewöhnliche Grosse und wuchern oft in den Leistencanal als sogenannte F e 11 -brüche hinein. Bei Pferden kommen dieselben gleichfalls vor,und geben zuweilen Veranlassung, besonders wenn sie gestielt sind, zu Darmeinschnürung. Abgeschnürte Lipome treten gleichfalls als freie Körper in der Bauchhöhle der Hausthiergattungen auf.
Pigmentneubildungen lernten wir bereits bei den schwarz-pigmentirten Pseudomembranen kennen. Bei Melanämie nach Inter-mittenten ist zuweilen das ganze Bauchfell intensiv schwarz gefärbt. Nach chronischen Catarrhen ist die Serosa des Darmes hcäufig grau pigmentirt, sowie der Ueberzug der Milz nach längerem Bestehen von Milztumoren.
Kleine Cysten mit serösem colloïden Inhalt kommen häufig auf dem Bauchfell beim Menschen vor, seltner sind sie bei Thieren, am häufigsten doch noch in den Bauchfellfalten zwischen Ovarien und Tuben.
Das Car ein o m des Bauchfells kommt beim Menschen öfterer seeundär, als primär vor. Der seenndäre Krebs tritt zu Magen-und Darmkrebs, zu wuchernden Leberkrebsen, zum Uterus - und Ova-rienkrebs hinzu. Häufig degenerirt das Bauchfell in continuo krebsig. Die Natur des Krebses wird meistentheils durch den primären Krebs bestimmt. So beobachten wir bald den Faser-, bald den Medullar-, bald den melanotischen Krebs hier. Vom Gallertkrebs versichert Rokitansky, dass er vorzüglich unter den serösen Häuten dem Bauchfell angehöre. Er komme zuweilen in Form grosser, mit einem sehr zarten Gerüst versehener gallertähnlicher Massen, gemeinhin aber als alveolarer Gallertkrebs des Netzes bis zu einem monströsen Volumen primitiv vor. Bei Hunden, welche an einer krebsigen Degeneration anderweiter Eingeweide litten, finden wir das Bauchfell zuweilen mit zahlreichen, verschieden grossen, weichen, eneephaloiden Knoten durchsetzt. Leisering beobachtete einen primären Bauchfellkrebs im grossen Netze eines Pferdes, das in Folge einer innem Verblutung plötzlich umgestanden war. Die Geschwulst wog nicht weniger als wie 36 Pfund und stellte sich, wie Leisering versichert, als ein zelliges Sarkom dar. Im Innern der Geschwulst fand man gleichfalls ein grosses Blutextra-vasat, das sich an einer Stelle einen Ausweg gebahnt und so die Verblutung veranlasst hatte. Sarkome treten aber nie in dieser Massen. liaftigkeit auf, auch zeigen ihre histologischen Elemente eine viel zu grosse Persistenz und sind viel zu gefässarm , um durch eine spon-
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Die Ansammlung von Serum in der Bauchhöhle.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;579
tane Involution innere Verblutung zu veranlassen. Deshalb trage ich kein Bedenken, die von Leisering beobachtete Geschwulst als Krebs hier aufzuführen. Dieser Krebs wiederholt genau den primären Bauehfellkrebs der Menschen und bethätigt auch bei den Thieren die Rokitansky'sehen Worte, „dass der Bauchfell-krebs gemeinhin als Krebs des Netzes bis zu einem monströsen Volumen primitiv vorkomme.quot;
Der Tuberkel des Bauchfells kommt beim Menschen in verschiedener Menge bald allmälig bei der chronischen, bald rasch bei der acuten Tuberkulose zu Stande. Die Tuberkelentwicklung auf dem Bauchfell ist wohl nur immer eine seeundäre, sich zur Tuberkulose anderer seröser Säcke, zur Lungentuberkulose, zur Tuberkulose der Lymphdrüsen und der weiblichen Sexualorgane gesellend.
Die Pseudomembranen des Bauchfells sind oft Sitz seeundärer Tuberkelbildungen. Eoell fand die entzündete Bauchhaut des Hundes, Schafes und Schweines von zahlreichen, mohnsamengrossen, weichen, grauen oder härteren gelben Knötchen durchsetzt und dabei Verlöthung der Darmschlingen unter sich.
Anomalieën des Bauchhohleninhalts.
Eine Gasansammlnng in der Bauchhöhle setzt wohl immer eine Continuitätstrennung des Magen- und Darmcanals voraus. Sie begleitet constant die lethalen Ergüsse des Magen - und Darminhalts in die Bauchhöhle nach violenten und spontanen Rupturen der Magen- und Darmwand. Beim Menschen wird hierdurch eine kuppelartige Auftreibung des Unterleibes erzeugt, die bei der Percussion einen hohen tympanitischen Schall giebt, der die Dämpfung der Leber und Milz complet zum Schwinden bringt. Bei Thieren werden gleichfalls hierdurch die höchsten Grade von Tympanitis erzeugt. Der Tod folgt bei Beiden diesem Ereigniss auf dem Fusse.
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Die Ansammlung von Serum in der Bauchhöhle
ist das, wasman gemeinhin Bauch Wassersucht nennt. Begreiflicherweise ist es nur ein Symptom einer andern Erkrankung und nie ein für sich bestehendes Leiden. Wir begegnen ihr vor Allem bei allen ernsteren Structurveränderungen der Leber, der Milz, bei Herzkrankheiten, besonders bei Insufficienzen und Stenosen des rechten venösen Ostiums, bei Nierenkrankheiten, bei Lungentuberkulose, bei Säftefehlern, namentlich bei Anämie und Hydrämie etc. Wie aus diesen mitgetheilten Ursachen hervorgeht, hat die Bauchwassersucht
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580nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Digestionsorgane.
eine doppelte Ursache, entweder ist dieselbe das Product einer hochgradigen Venenstase, indem in Folge des gehemmten Abflusses des Venenblutes das Blut unter einem enorm vermehrten Seitendrucke in die Venen und Haargefasse der Bauchhaut strömt, wodurch das exosmotisehe Aequivalent der Blutbestandtheile auf mechanischem quot;Wege enorm erhöht wird, oder in Folge bedeutender Verminderung der festen Substanzen des Blutes bei anämischen und hydrä-mischen Zuständen vermag dasselbe, indem es durch die Haargefasse des Bauchfells und die aller übrigen serösen Häute kreist, das überschüssige Wasser nicht mehr zu fixiren, und so entsteht auf chemischem Wege eine enorme Vermehrung des exosmotischen Aequivalents. Die Menge der in die Bauchhöhle ergossenen Flüssigkeit wird deshalb stets im geraden Verhältnislaquo; zur Höhe des vermehrten Seitendrucks und zum Grade der Blutwässrig-keit stehen. Die höchsten Grade des Seitendrucks werden hier erzielt, wenn die Pfortader selbst comprimirt wird, wie beim Seir-rhas des caput pancreatis, wenn dieser die Pfortader comprimirt, ferner bei einer derartigen Verödung der Pfortadereapillaren, wie sie die höhern Grade der Lebercirrhose setzt, wodurch eine per-petuirliche Stauung des Blutes in der Pfortader hervorgerufen wird, daher die keinem Heilverfahren und keinem Hydragogum weichende Bauchwassersucht bei Lebercirrhose. Endlich werden alle grosseren Geschwülste, die in das Abdomen hineinragen, häufig Ursache einer allgemeinen Bauchwassersucht, sie mögen von der Leber, der Milz, den Unterleibslymphdrüsen, dem Uterus oder von den Eierstöcken ausgehen.
Das in der Bauchhöhle sich beim hydrops ascites ansammelnde Wasser ist meist gelblich, aber fast ausnahmslos durchscheinend und frei von Flocken. Die Menge des ausgeschiedenen Wassers beträgt zuweilen beim Menschen 20—30 Kannen. Bei grosseren Thie-ren ist das Transsudat oft so copiös, dass sein Quantum nur mit Stalleimern gemessen wird. Die Folgen des Transsudats sind Disloca-tionen der Eingeweide, Verschiebung des Zwerchfelles, in Folge dessen gehemmtes Athmen, Druck auf den Magen, Erbrechen. Die Spannung des Abdomens erreicht zuweilen die höchsten Grade und erzeugt einen Durchbruch des Wassers am fingerhutförmig hervorgetriebenen Nabel. In der Regel tritt jedoch der Tod früher durch Erschöpfung in Folge der zu Grunde liegenden Uebel ein.
Blutergüsse in den Bauchfellsack entweder in Folge von Traumen beobachtet, oder stammen aus geborstenen Aneurysmen, aus Krebsen des Peri-tonäums, aus geborstenen Graaf'sehen Follikeln, aus geborstenen Tuben, aus geborstenen varikösen subperltonäalen Gefässen.
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Parasiten,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;581
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Freie fremde Körper
finden sich in dem cavum peritonaei. Abgeschnürte, verkreidete, verkalkte Netzanhänge, abgeschnürte Uterusfibroide beiThieren, abgeschnürte, gestielte Fibroids des Gekröses, des Netzes, des Darms, abgeschnürte Liporae etc.
Parasiten
nicht in der Bauchhöhle selbst, wohl aber unter dem Bauchfell, gern auf dem linken Leberlappen sitzend, pentastomum deniiculatum und echinococctis in den Duplicaturen des Bauchfelles nistend, gewöhnlich neben echinococctis der Leber beim Menschen.
Bei T h i e r e n tritt in der Bauchhöhle die filaria papülosa im subserösen Bindegewebe des Bauchfells bei Schafen ; bei Rindern, Ziegen, Schweinen der cysticercus tenuicollis; bei Pferden der eystieercus tuhiformis und bei Sehweinen der cysticercus cellu-losae auf. Im freien Eaume der Bauchhöhle eines Huhnes fand V o i gtl ander eine Menge gelblicher kleiner Puncte , die auf der serösen Haut an den verschiedensten Stellen aufsassen, und besonders auch den Eierstock bedeckten. Die nähere Untersuchung ergab, dass diese Pünctchen Milben waren {dermanyssus aviurri).
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Als Abnormität des Inhalts der Bauchhöhle ist auch noch die Bauchschwangerschaft zu bezeichnen. Jede Stelle der Bauchhaut kann Gelegenheit zur Fixation des Eies bieten. Trocknet die Frucht ein nach Ablauf der Schwangerschaft, so entsteht das sogenannte Lithopädion.
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Von den Krankheiten der Leber nnd der Gallemvege.
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Leberkrankheiten.
Anatomische Störungen.
Die Hyperämie der Leber.
Die Blutübeifüllung der Leber ist durchaus keine häufige Krankheit, wie dies von altern Aerzten ziemlich allgemein angenommen wurde, im Gegentheil sehen wir eine selbstständige Hyperämie der Leber höchst selten in der Leiche, vielmehr gelingt es fast ausnahmslos, die Bedingungen einer Blutstase nachzuweisen, die nur eine mangelhafte Entleerung der Lebervenen zuliess. Diese sind: Kreislaufshindernisse im Herzen und in den Lungen. Aber nicht nur bei den chronischen, sondern auch bei den acuten Lungenerkrankungen, z. B. bei Pneumonieen, Pleuriten, treffen wir Leber-hyperämieen an.
Das Organ ist in diesem Zustande geschwollen, besonders hat der Dickendurchmesser zugenommen. Die Leber ist auffällig schwerer, auf dem Durchschnitt erscheint sie gleichmässig dunkel-roth, gelockert und sehr blutreich.
Die Hyperämie der Leber steht und fällt mit ihrer Ursache. Begleitet sie eine Pneumonie, eine Pleuritis, so schwindet mit dem Exsudat auch die Blutstase in den Lebervenen, das Organ schwillt wieder ab, und alle Zeichen einer bestandenen Leberhyperämie verschwinden spurlos. Anders ist das Verhältniss bei aus unheilbaren Herz- und Lungenkrankheiten hervorgehenden Leberhyperamieen. Es entwickelt sich dann die sogenannte ÜVIuskatnussleber, bei welcher das Leberparenchym auf dem Durchschnitte zwei durch gesät-
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Hamorrhagieen in der Lebersubstanz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 5S3
tigte Färbungen scharf gesonderte Gewebsantheile zeigt, nämlich einen dunkelrothen und einen mehr oder weniger intensiv gelbgefärbten. Gewöhnlich sieht man rothe Puncte auf orangegelbem Grunde. Die rothen Puncte entsprechen den mit Blut überfüllten intralobularen Gefässen (Lebervenen wurzeln), der orangegelbe Grund den mit Gallenpigment und Fett erfüllten Leberzellen. Oft trifft man auch ein freies Pigment zwischen den Leberzellen und zuweilen daneben Hämatoidinkrystalle, was für eine geschehene Extravasation des Blutes spricht. Die Blutfülle bezieht sich jedoch bei längerem Bestehen nicht allein auf das i n t r a lobulare Gefässnetz, sondern ergreift später auch das inter lobulare, nämlich die Endzweige der Pfortader, wodurch auf dem Leberdurchschnitt die grobkörnigeren Acini doppelte Ringe zeigen, nämlich einen gelben und rothen, die die mit Blut überfüllten Lebervenenwurzeln concentrisch umgeben. Bei längerem Bestehen kommt es zu einer Bindegewebs-wucherung und dadurch, wie durch den Druck der mit Blut überfüllten Gefässe zu einer Usur der Leberzellen, zunächst in dem Centrum der Acini. Es wird später ein vascularisirtes blutreiches Bindegewebe immer mehr und mehr überwiegend in der Lebersubstanz, welches später sich contrahirt, das Blut austreibt, und zu einer Granulation der Leber führt. Diese Form der Lebercirrhose beobachtete ich bei einer 29jährigen Frau, die an einer Stenose der A.orta litt. Die Lebercirrhose erzeugte Bauchwassersucht und Blutbrechen. Der Tod erfolgte durch Suffocation.
Die granulirte Leber ist in solchen Fällen die Folge einer durch die Hyperämie angeregten Wucherung des Bindegewebs-gerüstes.
Bei Thieren werden Leberhyperämieen ausser bei chronischen Herz- und Lungenleiden häufig bei acuten fieberhaften Brustleiden, feiner bei Milzbrandfiebern, beim Anthrax, bei den Pocken, bei Vergiftungen durch narkotische Substanzen angetroffen.
Die Anämie der Leber
ist eine Theilerscheinung des allgemeinen Blutmangels. Ausserdem begleitet hochgradige Leberanämie die fettige und colloide Entartung des Organs.
Hamorrhagieen in der Lebersubstanz
haben nur ein anatomisches Interesse , wenn man jene Leberblutungen abrechnet, die in Folge von violenten Rupturen sich ereignen. Die Blutung setzt entweder ein aufgewühltes, zertrümmertes Lebergewebe voraus, nämlich zerfallende Entzündungsheerde, Leberabscesse, verjauchende Neubildungen, und dann ist ein apoplectischer
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584nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten der Leber und der Gallenwege.
Heerd der Leber vorhanden, oder das Blut ergosa sich unter das Peritonäum, dasselbe in grosseren Strecken vom Organ ablösend und blasig auftreibend. Zerriss das zarte Peritonäum, was leicht geschieht, wenn keine chronische Entzündung dasselbe verdickte, so findet ein freier Erguss von Blut in die Bauchhöhle statt. — Bei Pferden trifft man zuweilen unter dem serösen Ueberzug des rechten Lappens ergossenes Blut, meist neben bedeutenden apoplectischen Heerden in der Leber selbst. Die grosse Neigung des Pferdes zur Hämophilie macht sich auch hier geltend, und besonders wieder, da keine Thier-erkrankung mit einer grössern Neigung zur Hämophilie ausgerüstet ist, als der Milzbrand, bei den Milzbrand- und Anthraxfiebern der Pferde, aber auch unter denselben Verhältnissen bei Rindern und Schafen. L ei s er ing fand bei einem Pferde ein 5 Pfund schweres Blutcoagulum unter der Leberhülse. Die Leber war exquisit fettig, wog 45 Pfund und enthielt 30 Proc. Fett.
Von der Leberentzündung.
Die Leberhülse wird oft entzündet angetroffen, die sogen, hepatitis velamentosa der Systematiker, als Theilerscheinung einer allgemeinen Peritonitis, oder als selbstständige Form mit mehr chronischem Verlaufe, wobei grosse Neigung zu Verbildnng, Verdickung des Peritonäalüberzugs und des subserösen Zellstoffs (Pétrequin-sche Capsel) besteht. Hierdurch entwickelt sich partieller Schwund der Unterlage (granuläre Entartung der Leberoberfläche).
Die Entzündung der Lebersubstanz ist als idiopathische, acute, in Vereiterung übergehende Form bei Menschen gewiss, wenigstens in unsern gemässigtenKlimaten, eine höchst seltene Krankheit. So habe ich bei Reinhardt unter 5—600 Sectionen den Leberabscess nur einmal beobachtet, in Wien dagegen unter einer ziemli3h gleich-grossen Zahl von Obductionen bei H e s e h 1 und Rokitansky ihn zweimal gesehen, während der Abscess als secundäre Affection nicht so selten in der Leiche angetroffen wird. Daherkommt es, dass die pathologische Anatomie der Leberentzündung auch noch nicht so genau stu-dirtist. Denn man ist hier lediglich auf die nächste Umgebung des so selten vorkommenden recentenLeberabscesses angewiesen, und nur in sehr seltenen Fällen gelang es, neben dem Abscesse frische Ent-zündungsheerde zu beobachten, welche noch zu keiner Destruction des Parenchyms geführt hatten. Nach Zurücktreten der einleitenden Hyperämie fand man das Lebergewebe entfärbt, bleich, trocken, feuchter, sein körniges Gefüge mehr oder weniger verwischt. Von einem freien Exsudate ist hier niemals die Rede, ebensowenig von fibrinösen Producten. Die idiopathische Leberentzündung kann als das Urbild einer parenchymatösen' Entzündung gelten. Denn wir haben beim Anfang des Processes Blutfülle, die zu einer ver-
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Von der Leberentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 585
mehrten Ausscheidung von Material führte. Diese erzeugte eine Schwellung der Leberzellen unter Abnahme der Hyperämie. Doch alsbald treten hier unier massigem Untergang der Leberzellen in.' Entzündungsheerde Eiterkörperchen auf, die gewiss von dem inter-stitiellen Bindegewebe ausgehen, und gelbliche, gelblich grünliche, rundliche oder auch streifenförmige Massen im Heerde darstellen. Das anatomische Bild wird noch durch Blutungen in das Gewebe, durch Arrosion von Blutgefassen erzeugt, mannigfach abgeändert. Nach kurzem Bestände dieses Zustandes zerfliesst der Heerd unter Zerfall des Gewebes inden Leberabscess. DerLeberabscesshat ursprünglich den Umfang des Entzündungsheerdes, doch vergrössert er sich später theils durch Zusammenfliessen mit benachbarten Eiter-heerden, theils selbstständig. Bald begegnen wir einem, bald mehreren Eiterheerden, besonders im rechten Leber lappen. In den drei Fällen, die ich zu beobachten Gelegenheit fand, nahm er in zwei derselben den ganzen rechten Leberlappen ein, den er in einem der Fälle in einen umfänglichen fluctuirenden Sack verwandelt hatte. Die Wände des Abscesses stellte ein eitrig infiltrirtes, in Schmelzung begriffenes, zottenförmig in die Abscesshöhle hereinragendes Leberparen-chym dar.
Der Leberabscess enthält ursprünglich reinen Eiter, später eine stechend riechende, grünliche, mit Galle vermischte Jauche, zuweilen auch abgelöste Leberstücke, an seinen Wandungen haftet eine zu schwarzbraunen, grünen Massen eingedickte Galle. Gallengänge ragen mit gefranzten Mündungen in das Abscesscavum hinein. Durch Wucherung des Bindegewebes in der Abscesswandung kann die Wand narbig, schwielig werden, doch ist dies der seltnere Fall. Meistens schreitet die Eiterung weiter fort, und bedingt die Entleerung des Abscessinhaltes in die Bauchhöhle mit tödtlicher Peritonitis , oder nach aussen nach vorhergehender Verwachsung der Bauchwand mit der Leber, oder in die rechte Pleurahöhle mit ulce-röser Zerstörung des Zwerchfells, oder in den rechten Bronchialbaum mit Entleerung nach aussen, wenn rfach der Zerstörung des Zwerchfells nicht nur eine Pleuritis, sondern auch eine in Abscess-bildung übergehende Entzündung des rechten untern Lungenlappens hervorgerufen wurde. Ferner durch Perforation des sehnigen Theils des Zwerchfells in den Herzbeutel mit nachfolgender Pericarditis, dann nach dem Duodenum, dem Colon, nach dem Magen, nicht minder nach der Gallenblase, aber öfterer noch in einen der grosseren Gallengänge und dann so fort nach dem Darmcanale, endlich nach einem grössern Blutgefässe: nach der Hohlvene, der Pfortader.
Fand die Entleerung nach einer dem Individuum günstigen Richtung statt, z. B. in einen grössern Gallengang, nach dem Colon, dem Duodenum nach vorhergehenden innigen Adhäsionen, die
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586nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^Ton ^en Krankheiten der Leber und der Gallenwege.
jeden freien Erguss in die Bauchhöhle hinderten, so ist die Möglichkeit einer Heilung des Leberabscesses gegeben, wobei eine Verkleinerung und Schliessung des Eiterungsheerdes dadurch zu Stande kommt, dass unter fortgesetzter BindegewebsWucherung der schwieligen Wände der Abscesshöhle fliese endlich ganz verschwindet. Die Wände verwachsen, wobei gewöhnlich ein eingedickter, fettig kreidiger Rest des Eiters, eine sogenannte mörtel artige Concretion im Centrum der Lebernarbe zurückbleibt. Reichte die Abscesshöhle bis zur Peripherie, so sinkt die Leberoberfläche grubig ein. Die Grube ist mit einem trüben, verdickten Peritonäum ausgekleidet.
Die Symptome des Leberabscesses beim Menschen sind nicht gerade sehr charakteristisch. Meist wird der idiopathische Leberabscess erst an der Leiche diagnosticirt. In keinem der von mir beobachteten dreiLeberabscesse war die Diagnose während des Lebens gestellt worden. Etwas Anderes ist es mit dem secundären Leberabscess, der so gern Schädelverletzungen mit puriformen Producten auf den Meningen begleitet. Gesellt sich zu einer eiternden Schädelverletzung oder zu einer Schädelverletzung, welche von den Zeichen einer acuten Meningitis begleitet ist, Icterus, Schmerzhaflig-keit im rechten Hypochondrium und Lebertumor, so wird man selten nach eingetretenem Tode einen Leberabscess vermissen.
Bei T hi e ren ist die idiopathische Leberentzündnng eine noch nicht genügend constatirte Krankheit. Was Haubner's Lebertyphus ist, lässt sich aus dessen Beschreibung kaum ersehen. Das, was früher die Thierärzte ganz allgemein für Leberentzündung hielten, ist Fettleber. R o e 11 will einige Male beim Pferde in discreten Heerden Entfärbung der Lebersubstanz, Verlust ihres körnigen Gefüges und Durchsetztsein des Parenchyms von Eiterpuncten beobachtet haben. Die secundäro Leberentzündung in der Umgebung von Afterproducten, von Echinococcus, besonders die multiplen keilförmigen Heerde bei Embolie und Pyämie sind bei Thieren genau so wie beim Menschen gesehen. Ge rlach beobachtete bei einer Kuh, die i/a Jahr gekränkelt hatte und deshalb geschlachtet wurde, einen Leterabscess, in dem sich 61 Pfund Eiter befanden. Nach Spinola ist die idiopathische parenchymatöse Leberentzündung keine seltene Krankheit. Er behauptet, „die Leberentzündung neige mehr zum schleichenden Verlaufe, doch entscheide sie sich als acute in der Regel innerhalb neun Tagen, wenn nicht, so nehme sie den Verlauf der chronischen Leberentzündung an. Der häufigere Ausgang sei der in Eiterung.quot; Er sagt ferner: „Bei häufig wiederkehrendem Frösteln ist allerdings auf Eiterung zu schliessen, und entwickeln sich dann im fernem Verlaufe die Erscheinungen der Leberschwindsucht, beim Pferde auch wohl Wurm und Rotz. Es gehört indessen nicht zu den
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Von der Lebereutzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;587
Seltenheiten, dass Thiere mit bedeutenden Abscessen fortleben, namentlich Rinder.quot; Hier, wie überall, ist es so schwer, bei Spinola wirklich Erlebtes und künstlich Erschlossenes von einander zu trennen. Vorzüglich bei der Durchlesung dieses Capitels bleibt man darüber in Zweifel, ob seiner Schilderung der Leberentzündung entsprechende Beobachtungen zu Grunde liegen, oder nicht. Als chronische Entzündung der Leber beim Mensehen hat D i 11 r i c h neben den Zeichen constitutioneller Syphilis heerdweise Bindegewebswucherungen der Leber, welche grössere Strecken desLe-berparenehyms veröden, vielfach beobachtet, und als syphilitische Leberaffection in die Reihe jener Gewebsstörungen aufzunehmen vorgeschlagen, die wir gemeinhin als tertiäre Syphilis bezeichnen. Sind auch diese Xarben, wie Bochdalek vordem glaubte, keineswegs auf geheilte Leberkrebse zurückzuführen, ein Irrthum, der durch Dittrich mit den schlagendsten Gründen aufgedeckt wurde, so erheben sich auch manche Bedenken gegen die ausschliessliche syphilitische Natur jener Bindegewebsschwielen der Leber, da dieselben auch häufig genug ohne die Zeichen bestandener allgemeiner Syphilis in der Leiche angetroffen wurden.
Eine andere in Bindegewebswucherung ausgehende Form der Lebereutzündung ist zunächst die sogenannte gelappte Leber. Hierbei wird das Leberparenchym von Bindegewebssträngen in verschiedenen Richtungen durchzogen, wodurch die Leber in verschieden grosse Abschnitte zerfällt. Je mehr Lebertextur durch diese Bindegewebsmasse untergeht, je beträchtlicher ihre Zusammenziehung ist, je peripherer dieselben lagern, desto beträchtlicher ist die Einsenkung, die Einziehung von der Oberfläche her und damit auch die Lappung der Leber. Die Anzahl der dadurch gebildeten Lappen ist bisweilen sehr bedeutend, ihr Sitz ist vorzüglich der rechte Lappen, doch sind die Fälle eben nicht so selten, wo der linke Lappen in einer tuberösen Schwiele völlig untergegangen ist. Die Bindegewebswucherungen dringen bis zu den grössern Aesten der Pfortader und Venen vor, umlagern dieselben oft vollkommen, und durch Zusammenziehung heben sie das Lumen der Venen auf, und erzeugen so Venen- und Pfortaderthrombose. Man hat dieselben früher als die Producte einer adhä-siven Entzündung der Pfortaderäste aufgefasst. Eine genauere Untersuchung hat jedoch ergeben, dass jenes Narbengewebe ausser aller wesentlichen Beziehung zur Pfortaderverästelung steht, obwohl hin und wieder Schwielen angetroffen werden, deren Entstehung auf Obliteration thrombotischer Pfortaderverzweigungen zurückgeführt werden muss. In manchen Fällen gelappter Leber, sagt Rokitansky, sind die narbigen Einziehungen durch schwielige Stränge bedingt, welche von der Oberfläche in die Tiefe ziehen, und hier auf einen
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588nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten der Leber und der Gallemvege.
Pfortaderast treffen; sie schliessen zuweilen ganz augenscheinlich ein obliterirtes Pfortadergefjiss ein , über welchem das Parenchym atrophirte.
Die Consequenzen der Anwesenheit jener sich bildenden Leberschwielen müssen bei der Neigung des neugebildeten Bindegewebes .zur Retraction in partieller Atrophie des Parenchyms und ausser-dem in localer Blut- und Gallenstauung bestehen. Wir finden deshalb das Leberparenchym neben jenen Schwielen im Zustande der Blutstauung, des Icterus und galliger Schmelzung. Bisweilen ging eine grosse Anzahl von Pfortadergefässen zu Grunde, und so entsteht Stauung in der Pfortader, Milztumor und später hydrops ascites.
Ausser jener localen Bindegewebswucherung der Leber beobachten wir in diesem Organ noch eine diffuse, die beim Menschen als
Lebercirrhose, granulirte Leber
genügend bekannt ist. Wir beobachten sie vorzüglich bei Schnapstrinkern, seltener, vielleicht gar nicht, bei habituellen Wein- und Biertrinkern. Doch erscheint, wie bereits oben erwähnt, eine diffuse Entzündung des Bindegewebes als Product chronischer Blutstauung in diesem Organe, besonders bei Stenosen der Herzostien, doch immerhin selten genug. Niemals wird aber dort die diffuse Bindegewebsneubildung in jener Massenhaftigkeit angetroffen, als bei den habituellen Schnapstrinkern , die an hydrops ascites zu Grunde gingen. Bei diesem Vorgange findet eine Wucherung in dem Bindegewebe der Gliss on'schen sowie in dem derPétre-quinquot; sehen Kapsel statt. Zu keiner Zeit der Erkrankung werden hier freie Exsudate oder Eiterzellen angetroffen, sondern der Reizungsvorgang in dem interstitiellen Gewebe der Leber hat keinen andern äussern Ausdruck, als die Vermehrung seiner eonstituirendon Elemente. Aber die Massenzunahme des Bindegewebes ist mit einer Verödung der Lebergefässe und Schmelzung der Parenchymzcllen verknüpft, woraus alle weitem Consequenzen dieser Leberdegeneration hergeleitet werden können. Das Irritament zu diesem Reizungsvorgang ist eben der Alkohol, und die englischen Aerzte nennen die in Rede stehende Lebererkrankung geradezu „Säuferleberquot;. Doch ist bereits oben angedeutet, dass auch Stauungshyperämieen, quot;wenn dieselben anhaltend wirken, Lebercirrhose nach sich ziehen können.
Sectionsbefund: Bei der granulirten Leber ist das Parenchym in kleine, mohnkorn-, hirsekorn-, hanfkorngrosse Antheile (Granulationen) oder in grössere — erbsen-, bohnen-, haselnuss-grosse Antheile (Lappen , Läppchen) auseinandergetreten , welche
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in einem weichen, sehr dichten Bindegewebe eingelagert sind. Diese Antheile sind zuweilen von ziemlich gleichförmiger, bestimmter Grosse, häufig von verschiedenem Umfange. Sie protuberiren an der Peripherie und begründen eine granulirte, warzige Oberfläche des Organs, wobei das Peritonäum, besonders zwischen den Höckern, verdickt und von Pseudomembranen, welche Adhäsionen an die Nachbartheile bewirken, bekleidet erscheint. Gewöhnlich ist die Leber augenfällig, nicht selten auf die Hälfte, ja zuweilen auf den vierten Theil ihres normalen Volumens verkleinert, lagert dabei tief, verborgen in der Aushöhlung des Zwerchfells, ist sehr hart, lederartig zähe, und lässt beim Durchschneiden ein kreischendes Geräusch vernehmen. Augenscheinlich sind dabei entsprechende bedeutende Antheile von Leberparenehym untergegangen. Die Ab-sumption des Leberparenchyms findet vorzüglich in den Rändern statt. Dadurch wird der Dickendurchmesser des Organs überwiegend, die Form des rechten Leberlappens wird oft kuglig, und der scharfe Rand der Leber hängt als ein leerer häutiger Saum an der kugligen, narbigen Leber. Oft findet man, dass der ganze linke Leberlappen zu einem kleinen, fast substanzleeren, nur eine Schwiele darstellenden Anhange umgestaltet ist.
Im Beginne bemerkt man, wie der die interlobularen Blutgefäss-und Leberzellennetze begreifende Antheil des Parenchyms in einer grauröthlichen, grauen Bindegewebsmasse erbleicht und untergeht. •Je nach dem Grade und der Gleichmässigkeit der Bindegewebs-wucherung bleiben Antheile verschiedener Grosse des Leberparenchyms in dem gedachten Bindegewebslager zurück. Erhalten sich die meisten Acini innerhalb dieses wuchernden Bindegewebes, so entsteht ein gleichmässiges, fein granulirtes Ansehen der Leber, etwa ähnlich dem , welches wir unter normalen Verhältnissen beim Schwein antreffen. Die nähere Untersuchung zeigt eine von erweiternden, am Uebergange in die Capillaren kolbig, blind endigenden Pfortadergefässen durchsetzte, hyalinisch streifige, kernreiche Bindegewebsmasse, in welcher die Leberzellen all in iiii g untergehen. Diese erscheinen zunächst von einem rnolecularen Inhalte trübe, schrumpfen raitEinrunzelung und zerfallen, so dass ein feinkörniger, mit Gallenpigment untermischter, icterischer Detritus von der Anordnung der Zellenmasse zurückbleibt, der endlich auch verschwindet. Das die Granulation und Läppchen constituirende Leberparenehym ist selten normal, gewöhnlich ist es erkrankt. Die Granulationen sind fahl, ioterisch gelb, rostfarben, dabei matsch, zerreisslich, die Leberzellen sind mit Fett und mit Gallenfarbstoff erfüllt, daher die gelbe Farbe der granulirten Leber. Das Grüne und Bräunliche wird durch das weisse Bindegewebe abgeschwächt, daher ist auch der vorherrschende
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Farbeneindruck ein gelber. Dies gab auch zu dem Namen Cirrhosis (xtQftog, gelb) Veranlassung.
Die granulirte Leber, welche sich, wie schon erwähnt, vorherrschend im mittlern Lebensalter und bei Trinkern entwickelt, und nur höchst selten ohne Complication der Säufer-krase angetroffen wird, hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Ausscheidung der Galle, und nur, wenn die Bindegewebs-wucherung eine sehr massenhafte wird, finden wir statt der Galle eine schleimige Masse in den grössern Gallenwegen. Höchst selten erscheint Icterus. Dagegen vermissen wir niemals bei einem höhern Grade der Lebercirrhose, bei Verödung einer namhaften Partie von Pfortadercapillaren eine Stauung im Pfortadersysteme, mit ihr Erweiterung und Thrombose der Pfortader, besonders derMesenterial-venen {venae jejunales), Zustände, die zu bedeutenden Hyperämieen des Magens und Darmcanals, zu Hämorrhagieen und Blennorrhoeen derselben Organe, sowie zu serösen Ergüssen in den Peritonäalsaek Veranlassung geben. Milztumor ist oft, doch bei Weitem nicht immer zugegen. Zuweilen entwickelt sich neben der Lebercirrhose und ihren Folgen Lungentuberkulose, Entzündung der Pleura und des Peritonäums.
Die äussern Zeichen werden sich nach dieser Schilderung des anatomischen und physiologischen Charakters der granulirten Leber wohl von selbst ergeben. Die ersten Zeichen dieser Krankheit verlieren sich meist in der Breite jenes gestörten Allgemeinbefindens, welches bei länger fortgesetztem abusus spirituosorum kein Individuum verschont. Das Aussehen wird schlecht, cachectisch, Gefühl von Druck und Schwere in den Hypochondrien , die Erscheinungen eines intensiven Schmerzes in der epigastrischen Gegend mit Würgen, Erbrechen, selbstBluterbrechen stellen sich ein und gehen denErschein-ungen eines allmälig wachsenden, jedem Heilverfahren trotzenden, serösen Ergusses in die Bauchhöhle voran, neben welchem eine sehr beschränkte Urinausscheidung besteht. Der gelassene Urin ist ausserordentlich reich an Uraten und Salzen, deshalb sehr concen-trirt. Je mehr die Bindegewebswucherung in der Leber überhand nimmt, je mehr Blut- und Gallengefässe in der Leber veröden, um so bestimmter müssen die Erscheinungen des Icterus und die der Blutstauung der Pfortader in den Vordergrund treten. Trotzdem ist der Icterus meist massig und fehlt sogar in vielen Fällen gänzlich, was darin seinen Grund hat, dass nicht nur das Gallengefässsys-tem, sondern auch das gallenbereitende Drüsenparenchymunterder vorschreitenden Bindegewebswucherung der Leber verödet. Dagegen treten die Erscheinungen einer Blutstauung fast constant in gleichem Maasso auf, als Blutgefässe in der Leber zu Grunde gehen. Der Natur bleibt hier nur ein regulatorischer Weg, wodurch sie die
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Lebercirrhose, granulirte Leber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;591
Wirkung der Blutstauung in der Pfortader und deren Zweigen abzuschwächen vermag, nämlich der durch Herstellungeines Collateral-kreislaufs durch die sich erweiternden Anastomosen zwischen don Endeästen der Pfortader und denen der venae haemorrhoidales in-ternae, wobei dann durch die venae epigasti'icae das Blut des Unterleibes der venae mammariae mtemae und durch diese der vena cava superior zugeführt wird. Hierbei entwickeln sich variköse Gefässe in der Umgebung des Nabels (caput viedusae). Bedeutendere Stauungen in den Hämorrhoidalgefässen führen zu Hä-morrhoidalknoten, zu Blut- und Schloimflüssen aus dem Mastdarme. Der Appetit ist immer gestört, meist Säurebildung vorhanden, bald Durchfall, bald Verstopfung zugegen, Ernährung und Kräfte sinken. Die physikalische Exploration ergiebt meistens Schwund des linken Leberlappens, häufig Verbreiterung der Milzdämpfung. Zuweilen gelingt es, durch die Palpation die Unebenheiten der Leberoberfläche nachzuweisen. Die den Schluss der Erkrankung, welche immer nach jahrelangen Leiden zum Tode führt, begleitenden Zeichen sind von der Natur der eintretenden Complicationen abhängig.
Wenn es richtig ist, dass jene diffuse Bindegewebsneubildung der Leber des Menschen in den allermeisten Fällen durch einen Missbrauch spirituöser Getränke hervorgerufen wird, so muss dieser Zustand bei Thieren höchst selten sein. Und so ist es auch , denn bei Pflanzenfressern liegen nur zwei Beobachtungen von Granu-larentartung der Leber vor. Leisering fand beim Pferde, welches seit 7 Wochen an Unverdaulichkeit gelitten hatte, und in der Dresdner Thierarzneischule unter Gehirnerscheinungen umstand, welchen im Cadaver eine sehr dichte Injection der Pia entsprach, eine Vergrösserung der Leber um das Doppelte ihres normalen Volumens. Die Vergrösserung hatte gleichmässig alle Theile der Leber betroffen, doch waren die Ränder scharf, der linke Lappen hatte in seinem grössten Dickendurchmesser 5 Zoll. Das Gewicht der Leber betrug 26 Zollpfund. Sie fühlte sich in allen ihren Theilen hart, fast knorpelhart an, und Hess sich selbst bei der Anwendung scharfer Instrumente nur durch starken Druck schneiden. Die Farbe des Organs war vorwaltend hellgelb. An einzelnen Stellen traten rothe und dunkelgelbe Puncte auf. Die Oberfläche bot ein grossmaschiges, weisses, mehr oder weniger breitstreifiges Netz dar, das grössere und kleinere unregelmässigere Felder bildete. Diese Streifen waren linienbreit, glichen dem Narbengewebe und lagen tiefer als ihre Umgebung, wodurch die Leberoberfläche ein unebenes, höckriges, stellenweise fast knotiges Aussehen erhielt. Die Leber-aeini waren auch hier in Abständen von i/4, 1/2 — 1'quot; auseinander getreten (Rokitansky), und die so entstandenen Interstitien waren, wie bei der Lebercirrhose des Menschen, durch weissliche oder grau-
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röthliche Balken erfüllt. Genau wie bei der Lebercirrhose des Menschen vermisste L e i s e r i n g auch hier jede Gleichmässigkeit der Anordnung, denn es zeigte sich auch im Le is er i n g'sehen Falle, Jass bald jeder Leberacinus von dem andern durch einen jener Streifen isolirt war, während an andern Stellen Gruppen vonLeber-acini in runden Flecken in normaler Weise dicht aneinander lagen, während es wieder andere Stellen gab, wo die einzelnen Leberläppchen in streifigen, schlangenförmigen oder unregelmässig ästigen Figuren von neugebildetem Narbengewebe umgrenzt nebeneinander lagen. Es liess sich als Regel aufstellen , dass die den Oberflächen näher liegenden Leberfläehen weiter auseinander getreten waren, als die in der Mitte liegenden, die stellenweise nicht weiter von einander entfernt lagen, als dies die Läppchen der Schweineleber normaler Weise thun. Die isolirten Leberläppchen, welche der Oberfläche zugelagert waren, waren meist atrophisch, bis zur Hälfte, selbst bis zum Viertheil geschwunden. Manche erschienen sogar in Form linionformiger Körper. Die Mitte der auseinander getretenen Leber-iicini war braun, die peripheren Theile lichtgelb gefärbt. Die braune Tingiruug der centralgelagerten Leberzellen rührte von Gallenpigment her. Die peripher gelagerten Leberzellen fand Leisering nicht fetthaltig, im Gegentheil zeigten sie weniger Fett als im Normalzustande. Ihre lichtere Farbe wurde durch das mangelnde Gallenpigment bedingt. Das wuchernde Bindegewebe folgte den Pfortaderverzweigungen, war demnach eine Wucherung der Elemente der G 1 i s s o n' sehen Kapsel, während das die einzelnen Leber-aoini auseinander drängende Bindegewebe auf eine Hypertrophie der P é t r e q u i n' sehen Kapsel zurückzuführen ist. In Letzterer Hessen sich hier vielfach langgestreckte spindelförmige Zellen nachweisen. Aus den Gallengängen entleerte man eine mit Schleim untermischte Galle. Roell hat die Lebercirrhose einige Male bei Fleischfressern gesehen.
Bei einem Pferde, was unter hydropischen Erscheinungen und Harnbeschwerden umgestanden war, fanden wir (Tratitvetter und ich) die Leber um's Doppelte vergrössert, besonders hatte der Dickenduruhmesser merklich zugenommen, ausserdem auftallig schwerer, als im Normalzustande. Die Oberfläche war glatt, deutlich granulirt, ungefähr wie die Schweineleber unter normalen Verhältnissen. Auf Durchschnitten ergab sich , durch alle Theile gleich-massig verbreitet, eine, durch eine sichtliche Vermehrung des interlo-bularen Bindegewebes erzeugte Lappung. Die Schnitt-und Bruchfläche war daher keineswegs glatt, sondern bot, jenen Bindegewebeziigen entsprechend, Einziehungen dar. Die von dem Bindegewebe umsponnenen Leberinselchen betrugen im grössten Durchmesser nicht über 2 Linien, waren in der Mitte des Organs intensiv hochroth.
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Feltleber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 593
hyperamisch, von körnigem Gefüge, an der Peripherie dagegen exquisit fettig entartet. Diagnose: Le b er cirr h ose und Fettleber, Leberhyperämie.
Verschwärung und Brand der Leber.
Die Erstere beobachten wir in der Umgebung vereiternder Echinococeussäcke, von peritonäalem Exsudate, was zur Schmelzung der Lebersubstanz führte, in der Umgebung von Leberkrebsen etc. Den Brand treffen wir höchst selten neben Leberabscessen oder als brandig zerfallenden Infarct.
Metastatische Jauchheerde in der Leber werden oft angetroffen, besonders in Folge eitrig schmelzender Thromben in den Pfortaderverzweigungen, deshalb bei Ruhr, bei Verschwärung und Nekrose der Pfortader selbst.
Neubildungen.
Das Bindegewebe als Neubildung lernten wir bereits in der Leber bei Gelegenheit der gelappten und der granulirten kennen. Ausserdem begegnen wir demselben in der Hülse ringsum parasitischer Thiere, in der Wand erweiterter Gallenwege etc.
Knochenneubildungen sind selten, doch kommenosteo-ide Umwandlungen von Bindegewebssträngen der Leber vor.
Fettnoubildungen in den Leberzellen sehr häufig als
Fettleber.
Fett kommt unter normalen Verhältnissen in den Leberzellen vor. Es scheint, als ob das Pfortaderblut sein überschüssiges Fett beim Durchgange durch das Leberparenchym in die Leberzelle de-ponire, und so kann strenggenommen von einer Neubildung des Fettes in der Leber kaum die Rede sein, sondern es handelt sich bei der Fettleber nur um eine pathologische Vermehrung eines normalen Bestandtheils der Leber. Jede übermässige Zufuhr von Nahrungsstoffen, besonders vonFett und Fettbildnern bei einem beschränkten Stoffverbrauch muss nothwendig eine Fettleber erzeugen. Auf diese Weise erzeugen wir sie künstlich durch die Mästung der Thiere, indem wir deren Krafteffecte fast auf Null reduciren und deren Stoff-effecte soviel als nur möglich vermehren. Aber wunderbarer Weise treffen wir auch Fettleber bei dem höchsten Grade der Stoffcon-sumption in Folge abzehrender Fieber. Hierbei scheint aus den schwindenden Geweben viel Fett in das Blut überzugehen, aus welchem es in das Leberparenchym abgegeben wird. Jedoch ist zu
Gleisberg, vergleichende Patliologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;38
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berücksichtigen, dass schwindsüchtige Menschen und tabescirende Thiere meist einen ungewöhnlichen Appetit besitzen, der dem Blute weit über die Grenzen seines Stoffverbrauchs innerhalb der Gewebe Fett und Fettbildner zuführte.
Bei T hi eren treffen wir ziemlich häufig die Fettleber neben den Zeichen der Lungen-, Brustfell- und Herzbeutelentzündung an. Dieses Vorkommniss steht in keiner Beziehung zu den erwähnten Leiden, sondern da fette Thiere häufiger erkranken als magere, und jene in der Regel eine Fettleber besitzen, so braucht das häufige Vorkommen von Fettleber neben anderweiten pathologischen Veränderungen im Thierkörper nicht Wunder zu nehmen.
Die Fettleber ist vergrössert, gewöhnlich abgeplattet, dieKänder sind verdickt und abgerundet. Der Peritonäalüberzug ist glänzend, durchscheinend, die Farbe der Oberfläche meist lehmfarben, gelb-röthlich oder exquisit gelb. Bei den höchsten Graden der Fettinfiltration wird das Gewebe blutarm und erscheint dann weissgelblich, selbst weisslich (z. B. bei den Gänselebern). Die Consistenz des Organs ist vermindert, die erwärmte Messerklinge beschlägt sich mit Fetttropfen. Schon massige Grade der Fettleber ziehen Blut-armuth der Leber nach sich. Die auf dem gelben Leberdurchschnitt wahrnehmbaren rothen Punkte entsprechen den Centralvenen der Acini. Der Fettgehalt der Leber betrug in einigen Fällen 45 Procent, das Fett war Olein, Margarin und Spuren von Cholestearin.
Höchst wichtig war die mikroscopische Untersuchung für die Entdeckung dieses Leberleidens. Erst durch dieses Instrument wurde Gurlt in die Lage versetzt, seinen Irrthum zu berichtigen, dass die in der Leiche „influenzakrankerquot; Pferde angetroffene Leberanomalie kein Entzündungsproduct, sondern eine Fettinfilfration sei. Während man unter normalen Verhältnissen in den polyedrischen Leberzellen hin und wieder ein oder mehrere kleine Fetttropien antrifft, neben welchen der normale Leberzelleninhalt sowie Zellenkern sehr wohl sichtbar ist, finden wir bei der Fettleber die Leberzellen von einem grossen Fetttropfen erfüllt, der alles Andere verdeckt. Dass dieses Fett in der That eine Ausscheidung aus der Pfortader ist, dürfte daraus hervorgehen, dass die Fettinfiltration constant an der Peripherie der Leberacini beginnt, die bekanntlich von den veiiae interlobulares umgeben ist.
Die äussern Erscheinungen der Fettleber beziehen sich beim Menschen auf die Zeichen der Schlemmer-und Völlerei, und sind dann die einer mehr oder weniger ausgesprochenen Obesitas, oder dieselben sind die Symptome hectischer Fieber und deren Ursachen (Lungentuberkulose , Knochencaries, krebsiglaquo; Degeneration etc.), oder sie beziehen sich auf die Vergrösserung des Organs, die sich meist in der Querachse des Körpers bemerklich macht. Gefühl von Vollsein
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Speckleber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 595
im rechten Hypochondrium soll zugegen sein , doch bestehen die meisten Fettlebern ohne Functior;sstörung. Doch gilt das nicht von den höhern Graden der Fettleber. Die von denselben behafteten Individuen sollen eine grosse Intoleranz gegen Blutentziehungen besitzen, was wiederum ein wichtiger Fingerzeig für den Thierarzt ist, möglichst sparsam mit dem Blute seiner Pflegebefohlenen bei den Zuständen derselben , Avelche gewöhnlich durch Fettleber com-pli cirt sind, umzugehen. Ob die heftigen Durchfalle bei Tuberkulosen mit der Fettleber derselben in Zusammenhang zu bringen sind, lässt sich noch nicht bestimmt nachweisen. Man hat diese durch eine Stauung in den Darmvenen erklärt, welche die fettige Infiltration der Leber setze. Bei Thieren lässt sich die Fettleber während des Lebens bei Anwesenheit der oben geschilderten Verhältnisse nur vermuthen. Sie besteht hier fast immer ohne Functionsstörung des Organs, doch scheint der unbedeutende Icterus, welcher gewöhnlich die fieberhaften Brustkrankheiten derPferde begleitet, zumTheil durchGallen-stauung in de in hochgradig fettig infiltrirten Leberpare nchym begründet zu sein.
Neubildungen colloider Massen, der sogenannten cor/gt;M.laquo;-cula amylacea, die nicht nur ihrer concentrischen Schichten halber mit den Amylumkörperchen verglichen wurden, sondern auch deshalb, weil sie genau wie diese durch Jod gebläut werden, jedoch erst nach Anwendung einer verdünnten Schwefelsäure, kommen in der sogenannten
Speckleber, amyloid degenerirten Leber
vor. Derselben begegnen wir beim Menschen niemals bei ganz gesunden Individuen, dagegen bei scrophulösen, rhachitischen und syphilitischen Aff'ectionen, bei vorgeschrittener Knochencaries, beim Merkurialismus, beim chronischen Wechselfiebersiechthum, selten bei Tuberkulose.
Die Leber erfährt hierbei oft eine sehr bedeutende Vergrösse-rnng, so dass sie nicht nur bis in das linke Hypochondrium, sondern weit abwärts bis zu dem Kamm des Darmbeins reicht. Besonders sind die Breitendurchmesser der Leber entwickelt, wodurch das Organ eine mehr platte Form erhält. Die Consistenz ist bis zur Bretthärte vermehrt, doch entspricht keine Gewichtsvermehrung der Consistenzzunahme, woraus, wie besonders auch aus der speckig glänzenden Schnittfläche, die wächserne Beschaffenheit der Leber hervorgeht. Dabei ist die Schnittfläche blutarm, auffallend trocken, glatt und fast ganz homogen, indem der acinöse Bau der Leber fast ganz verwischt ist. Die Farbe ist grau, graugelblich, graubräunlich,
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graugrünlich. Dabei zeigen nahezu in allen Fällen von Speckleber die Milz und die Nieren eine gleiche Entartung. 'Bei der mikrosco-pischen Untersuchung entdeckt man nun, dass es sich hier eigentlich nicht um eine Umgestaltung eines normalen Gebildes handele, sondern um eine Art von Ausscheidung, Sedimentbildung, wie wir sie bei andern Concretionen aus Flüssigkeiten erfolgen sehen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass Virchow Recht hat, wenn er die geschichteten Colloidkörper, um die es sich hier handelt, aus aufgelösten Geweben hervorgehen lässt, die dadurch, dass deren Elemente sich auflösen, eine Flüssigkeit liefern, welche, indem sie nach und nach Niederschläge bildet, diese besondern Formen hervorbringt. Es handelt sich demnach hier nicht um eine pathologische Neubildung von Zellen und deren Derivaten, sondern es krystallisiren gleichsam aus dem aufgelösten Gewebe jene unförmigen Massen heraus, die neben sich Alles veröden, und denen keine Lebensform der Zelle entspricht. Jede Distinction von Membran, Inhalt und Kern ist aufgegeben, an ihre Stelle ist eine geschichtete homogene Masse getreten. Der geschichtete Bau characterisirt sie so recht als Concretion und erinnert an analoge Bildungen in den Körperhöhleu. Diese Körper haben das Eigenthümliche, dass sie schon unter der einfachen Einwirkung von Jod, also ohne Zusatz von Schwefelsäure, eine ebensolche blaue Farbe annehmen, wie die Pflanzenstärke unter gleichem Einfluss. Je mehr eiweissartige Körper neben den geschichteten Colloidkörpern auftreten , um so weniger rein ist die blaue Reaction, an ihre Stelle tritt dann eine grüne, da die Proteine durch Jod gelb gefärbt werden. Lässt man Jodtinctur auf das entartete Gewebe direct einwirken, so nimmt die Leber eine gelbrothe Farbe an, die einen leichten Stich in's Rothviolette hat. Dagegen bekommt die Substanz häufig eine wirkliche, bald vollkommen blaue, bald violette Farbe, wenn man nachträglich vorsichtig verdünnte Schwefelsäure zusetzt.
Die Symptome der Speckleber sind die eines bedeutenden Lebertumors mit Ascites, zu dem sich nur selten Icterus gesellt. Der Ascites ist meist massig, und scheint viel richtiger aus der allgemeinen Cachexie, welche die amyloide Entartung der Leber bedingte, hergeleitet werden zu können , als dass man ihn , wie es besonders von B u d (1 geschehen ist, von der Compression der Pi'ortaderäste durch die colloiden Massen herleitet. Der in der Regel mangelnde Icterus spricht gogen die Compressionstheorie. Entarten die Lymphdrüsen in der Lcberpf'oite amyloid, und erreichen sie eine bedeutendere Grosse, so kann allerdings durch Compression des duetus he-paticus eine .ganz intensive Gelbsucht hier zu Stande kommen. Sonst treffen wir nur das Colorit der Haut cachectisch, blass. Der allgemeine Hydrops, der in der Regel vorhanden ist, hängt nur zum
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KrebsbilQiingen in der Leber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 597
geringen Theil von der bestehenden Leberentartung, zum grossen Theil von der Complication rait Speckmilz, Specknieren und der zu Grunde liegenden Cachexie (Quecksilber-, Syphilis-, Malariasiech-thum) ab.
Bei Thleren ist die Speckleber selten, aber doch von ganz gleicher Beschaffenheit, wie beim Menschen, beobachtet worden.
Die Pigrn entleber beruht auf einer Anhäufung von Pigment theilsin den Haargefässen der Leber, theils in den Leberzellen. Diese Pigmentanhäufung mit einer massigen Vergrösserung des Organs beobachten wir bei chronischem Wechselfiebersiechthutn, bei der Melanämie.
Krebsbildungen in der Leber
sind sehr häufig beim Menschen.
Der Faserkrebs ist in der Leber des Menschen selten idiopa-thisch, häufiger combinirt mit Pylorus-und Pancreaskrebs. Wuchern diese Krebse nach der porta hepatis und ziehen die Pfortader, die Gallengänge mit in die Entartung hinein, so entstehen die bedeutendsten Grade von hydrops aó'CïVe*, bedeutende Dilatationen der Gallenwege in der Leber und serpentinartiger Icterus des Leberparenchyms. Zuweilen trifft man beim Menschen hier einen alveolaren Gallertkrebs. Aber die gewöhnlichste Krebsform ist und bleibt doch der Markschwamm der Leber, der bald ursprünglich, bald consecutiv die Leber befällt. Er tritt in Knotenform, selten als Infiltrat auf. Die Knoten variiren von der Grosse eines Stecknadelkopfs bis zu der einer Faust und sind meist in der Mehrzahl vorhanden. Eine Massenzunahme des Organs entspricht ihrer Zahl und ihrer Grosse. Die Consistenz der Markschwämme ist bald dichter , bald hirnmarkähn-lich. Die weicheren Markschwämme sind meist vaseularisirt und dann roth gefärbt und Sitz punctförmiger, striemenförmiger Extra-vasationen. Zuweilen werden solche vascularisirte Markschwämme die Ursache innerer Verblutungen, wie ich dies in einem Falle bei Reinhardt sah, wo der Bluterguss durch die Gallengänge in den Darmcanal erfolgt war. Häufig trifft man die Leberkrebse von einer fahlen Sprenkelung, von einem Netzchen durchsetzt, dabei fettig schmierig. Die mikroscopische Untersuchung erweist dann die Krebselemente im Zustande fettiger Entartung. Oft bergen die Krebsknoten der Leber Holilräume, welche eine leimartige Masse enthalten. Zuweilen ist der Krebsknoten die käsige Metamorphose eingegangen. Das Wuchern der Krebse nach der Bauchhöhle erzeugt meist tödt-liche Blutergüsse in das cavum abdominis. Wuchert der Krebs in grössere Venen, so kann es sich ereignen, dass ein Stück Krebs abgelöst, mit fortgeschwemmt wird, und in das rechte Herz geräth.
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Dort hat man diese von Faserstofflagen umhüllten Krebsstücke angetroffen und diesen Befund als unwiderleglichen Beleg der Organisationsfähigkeit des Faserstoffes hingenommen. Zuweilen wuchert der Krebs in die Pfortader oder wohl gar in die vena cava hinein, bis zum complete.i Verschluss beider Gefasse. Neben diesen Bildungen verhält sich nun das Leberparenchym bald ganz passiv, bald treffen wir es atrophisch und im Zustand der Fettinfiltration. Beim Druck auf grössere Venenäste tritt local das Bild der Leberhyperämie, der Muskatnussleber hervor. Wird das Lumen grösserer Gallengefässe durch den Krebs aufgehoben, so entsteht Icterus der Leber bis zur Schmelzung des Leberparenchyms, wobei dasselbe sich in eine dunkelgrüne, matsche Masse auflöst. Innerhalb der Krebsinfiltration begegnet man in grössern Strecken icterischem Lebergewebe. #9632;— Der Zotten krebs ist in der Leber selten, häufiger der melano-tische Krebs. Noch seltener ist der Gallertkrebs und der Epidermoi-dalkrebs. Neben den Leberkrebsen treffen wir Carcinome des Pan-kreas, der Gallenwege, der Lymphdrüsen, des Lendengeflechts , des Magens, Darms, des Uterus und der Knochen.
Die Symptome des Leberkrebses werden beim Menschen sehr von Sitz, Beschaffenheit, Zahl, Massenhaftigkeit der Krebsbildung in der Leber bestimmt, und davon wird es abhängen, wie hochgradig die Krebscachexie, ob hydrops ascites, ob Icterus, ob neuralgische Beschwerden im rechten Hypochondrium, ob Peritonitis , ob Fieber zugegen ist, oder nicht. quot;Wichtig ist immer die physikalisch nachweisliche Vergrösserung des Organs. Ragt die Leber handbreit, wie sehr oft, unter dem rechten Rippenbogen hervor, so hat es bei den atrophischen Bauchdecken des Krebskranken keine Schwierigkeiten, die protuberirenden Krebsknoten an der Oberfläche der Leber zu fühlen. Ist Icterus vorhanden, so darf nun nicht allemal auf Compression und Verschluss eines grosseren Gallen weges geschlossen werden, sondern, da bei Leberkrebskranken sehr oft Gallensteine vorkommen, so kann der Icterus auch durch diese erzeugt sein. Neben der Vergrösserung des Organs und seiner unebenen Oberfläche sind die Erscheinungen der Krebscachexie für die Diagnose von höchstem Belange. Die Kranken magern ohne anderweite Ursache hier skeletartig ab, die Hautfarbe wird cachectisch, erdfahl, strohgelb , und die Kräfte sehwinden, hochgradiger Muskelschwund, Oedem der Fussknöchel treten ein. Bedeutender Hydrops des Unterleibs und der Haut der untern Extremitäten lässt auf eine Blutstase, im erstem Falle in der Pfortader, im letztern in der vena cava inferior schliessen. Die qualvollen Schmerzen in der obern Bauchgegend sind bald durch die Krebsknoten selbst veranlasst, bald durch eine Entzündung der Leberhülse und des übrigen Peri-tonäums. Die Kranken gehen entweder marastisch zu Grunde oder
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Krebsbildungen in der Leber.
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erliegen einer intercurrenten hypostatischen Pneumonie, einer Blutung in die Bauchhöhle, in den Magen und Darm. Eine Heilung des Leberkrebses, wie früher vermuthet wurde, giebt es nicht.
Bei T hieran hat man besonders bei Pferden und Hunden den. Leberkrebs als Markschwamra angetroffen. Bei Hunden tritt er secundär zu Brust- und Lymphdrüsenkrebs. Bei Pferden wurde er als idiopathischer Leberkrebs beobachtet. Die Leber hatte in einem Falle durch die Krebswucherung ein Gewicht von einem halben Centner bekommen. Der Tod des Thieres erfolgte unter den Erscheinungen einer heftigen Kolik, welche durch eine diifuse Bauchfellentzündung veranlasst war (Roell).
Bei einem alten Bär beobachtete Franz Müller in Wien einen Cystenkrebs von medullarer Form. Eine der grosseren Cysten, welche über die Leberoberfläche zum Theil aus der Krebsmasse hervorragte, hatte einen ungefähren Durchmesser von 2 Centim. Der Inhalt war dünnflüssig und wenig getrübt durch Fettkörnchenhaufen und suspendirte Fettkügelchen; ihre innere Oberfläche war mit platten, verschieden grossen, einen wandständigen, oblongen Kern enthaltenden Zellen ausgekleidet. Ihre äussere Bekleidung bildeten Bindegewebsfaserzüge mit eingelagerten, orangefarbigen Pigmentkörnern. Die Krebsmasse war ziemlich consistent, sehr blut- und fettreich und enthielt nur Zellen kleineren Kalibers in hochgradiger, fettiger Degeneration. Das dichte Balkengewebe zeigte mit Behandlung von kohlensauren Alkalien zahlreiche elastische Fasernetze. Das Leberparenchym war sehr fettreich. In dem Blute der Pfortader fanden sich bis in ihre feinern Verzweigungen capillärer Strnctur isolirte, feinkörnige und ganz dunkle Körner vor, welche zum Theil unter Einwirkung von kohlensauren Alkalien verschwanden. Sie hatten sich offenbar aus den nekro-sirenden Blutkügelchen des Pfortaderblutes gebildet.
Leisering beobachtete bei einem stark abgemagerten Hunde eine bedeutende Markschwarambildung der Leber. An der hintern Fläche dieses Organs ragte eine, eine halbe Faust grosse, durch den Leberkrebs gebildete Geschwulst hervor, neben welcher verschiedene kleinere Krebsknoten in der Leber angetroffen wurden.
Bei einer Kuh, die w egen Ab m agerung und hohen Alters getödtet wurde, und die neben Resten alter pleuritischer Exsudate Lungenknoten zeigte, fand Leisering die Leber in ihrem rechten obern Theile bedeutend verdickt. Die Verdickung war durch eine Neubildung, die die Grosse eines mittelgrossen Menschenkopfs hatte, hervorgebracht. Dieselbe reichte bis an den obern Leberrand, wo die Hohlvene bis an die Leber herantritt, und hatte überall das Parenchym theils zurückgedrängt, theils so zum Schwinden gebracht, dass sie an einzelnen Stellen lediglich von dem serösen Leberüberzug
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600nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten der Leber und der Gallemvege.
begleitet war. Die Geschwulst hatte die Wände derPfortader durchbrochen , war in das Lumen der Pfortader selbst hineingewuchert, und zwar in der Art, dass sie an der Stelle, wo sie in das Lumen des Gefässes eintrat, sogleich Gänseeigrösse erreichte. Von dort ans ragte sie nun nach allen Richtungen in die grosseren Aeste der Pfortader fingerartig hinein. Durch Druck der Geschwulst hatte sich Thrombusbildung in den benachbarten Gefössen eingeleitet, besonders fand Leisering die hintere Hohlvene und die grosseren Lebergefässe mit Faserstoffmassen mehr oder weniger angefüllt. Der Bau der Neubildung war ein gelappter, drüsiger. Sie war von gelbröthlicher Farbe, bestand aus Bindegewebsfasern, Zellen, Kernen. Der in die Pfortader hineingewucherte Theil war der jüngere, denn er erschien leichter zerdrückbar, weicher und hatte ein röthlicheres Aussehen. Leiseri ng sagt ferner: „Da sich die Geschwulst als eine zusammenhängende Masse darstellte und sich auf ihren Schnittflächen nicht mit einem viel Kerne und Zellen enthaltenden Safte (wie die Krebse) bedeckte, so halte ich dieselbe für ein fasrig-zelliges Sarkom.quot; —
Geschwülste, die innerhalb eines bindegewebigen Stromas Zellen und Kerne enthalten, welche die Gewebe der befallenen Organe in der quot;Weise verdrängen, dass sie geradezu an deren Stelle treten, dieselben also substituiren, welche ferner sich nicht anatomisch begrenzen, sondern unbekümmert um die physiologische Bedeutung des Nachbartheils denselben mit in die Entartung hineinziehen , sich besonders durch eine grosse Massenhaftigkeit der Production auszeichnen, und deren Existenz sich in den allgemeinen Ernährungsvorgängen des befallenen Organismus durch Abmagerung und Entkräftung, überhaupt durch cachectische und marantische Erscheinungen ausspricht, — solche Geschwülste verdienen wohl vor allen übrigen den Namen Krebse, Parasitgeschwülste, denn ihnen gebricht nicht ein Attribut, wasjenePseudoplasmenkennzeichnet. Ich bin fest überzeugt, dass Leisering heuie seinen Befund sicher nicht als Sarkom, sondern als Krebs deuten würde. Der Mangel des Krebssaftes kann nicht entscheiden, fehlt dieser doch den exquisitesten Krebsen, z. B. den Gallertkrebsen.
Leisering traf ferner in der Leber eines Hasen, welche im Zustande der Muskatnussleber war, eine grosse Zahl von Neubildungen an. Die Neubildungen variirten von der Grosse eines Hanfkorns bis zu der einer Erbse, selbst Wallnuss, waren von speckiger Consistenz und von Speckglanz, weich, leicht zerdrückbar und von einem fettig entarteten Leberparenchym umgeben. Die mikroscopische Untersuchung ergab, dass dieselben aus deutlichen und schön ausgeprägten, meist rundlichen, aber auch geschwänzten Zellen von verschiedener Form und Grosse bestanden. Ein eigentliches Stroma
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Acute Schmelzung der Leber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 601
konnte Leisering nicht nachweisen. Krebsmilch wurde auch nicht auf Durchschnitten gewonnen. Leisering spricht sich für die Aehnlichkeit mit dem Gallertkrebs aus. Obwohl die Lungen knotig entartet angetroffen wurden, so sprechen vor Allem die schön ausgeprägten Zellenformen gegen eine Lebertuberkulose. Zwar traf man die Neubildungen in Kapseln, doch wurden dieselben nicht, wie bei der Lebertuberkulose, durch Wucherung des interstitiellen Bindegewebes, sondern durch fettig entartetes Leberparenchym gebildet. Ich muss desshalb nur Leisering beipflichten, wenn er die von ihm gefundenen Neubildungen den Gallertkrebsen am Verwandtesten hält.
Der Tuberkel ist beim Menschen in der Leber höchst selten. Doch trifft man ihn auch hin und wieder bei allgemeiner Tuberkulose als Tuberkelwucherung im interlobulären Gewebe oder als winziges Korn in der Masse des Acinus, wobei die nebenanliegenden Leberzellen fett- und pigmenthaltig angetroffen werden. Er besteht auch hier aus einer ausserordentlich dichten Kernanhäufung, die im Centrum am Dichtesten ist. Oft trifft man in der Leber neben Tuberkeln mohnkorn- bis hanfkorn- oder erbsengrosse Kapseln, die von einer weichhäutigen Membran gebildet sind, und einen grüngallig pigmentirt e n Brei enthalten. Man hielt sie anfanglich für blasenförmig erweiterte Gallenwege. Doch ist diese Deutung mit vollem Recht zurückgewiesen, vielmehr gehen sie aus einer Schmelzung des „Leberzellen in sich aufnehmenden Tuberkels mitBindegewebswucherung in dessen Umgebungquot; (Rokitansky) hervor. Der gallige Inhalt stammt aus den Abschnitten der Gallenwege, die in den Destructionsprocess mit hineingeriethen.
Bei Th iere n sind noch keineTuberkeln in der Leber angetroffen worden.
Als Concrementbildung in der Leber ist die Ausscheidung von Leucin und Tyrosin aufzufassen, ein Process, der wahrscheinlich erst in der Leiche vor sich geht.
Ein bald den trophischen Veränderungen, bald den Destruc-tionsprocessen zugezählter Vorgang ist die
acute Schmelzung der Leber.
Hier unterliegt die Leber im Verlaufe eines bösartigen Gelbfiebers , das mit heftigen typhösen Erscheinungen einhergeht, durch eine aussergewöhnliche Hämophilie ausgezeichnet ist, so dass bisweilen spontane Blutungen aus allen Körperhöhlen eintreten (in einem von mir beobachteten und weiter unten beschriebenen Falle war hiervon nur der äussere Gehörgang ausgeschlossen), einem
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(302nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankheiten der Leber und der Gallenwege.
Zerfalle ihrer Elemente unter localem Schmerz im rechten Hypo-chondrium. Die Krankheit hat nur einen Ausgang, nämlich in den Tod.
Bei der Section findet man die Leber collabirt, auf ^j'g, selbst ^ ihres normalen Volumens und gewöhnlich auffallend in ihrem Dickendurchmesser reducirt, dabei ausscrordentlich matsch, schlaff, sogar zerfliessend, intensiv gelb gefärbt, der acinöse Bau nicht mehr erkennbar. Die Leberhülse folgt diesem Schwunde nicht, wird deshalb zu weit für das umhüllte Organ und erscheint aus diesem Grunde feinfaltig. Die Gallengefässe enthalten nur spärliche, dünnflüssige Galle, meist sind sie mit Schleim gefüllt. Das Blut der Leberge-fässe istbraunroth, dünnflüssig. Auf der Innenwand der Lebervenen findet man hin und wieder Leucin und Tyrosin ausgeschieden.
Bringt man etwas von der zerfliessenden orangegelben Substanz der Leber auf den Objectträger des Mikroscops, so hat man vorzüglich feinkörnige Detritusmasse im Sehfeld und daneben in verschiedenen wechselnden Mengen Fetttröpfchen, Gallenpigment und Leucin und Tyrosinkrystalle. Die Fettkugeln prävaliren in der Regel im Sehfelde. Hin und wieder findet man bei hochgradigem Zerfall das Leberparenchym frei von der ieterischen Färbung, dafür aber intensiv rothgefärbt. Diese rothen Streifen wechseln oft mit intensiv icteriseh gefärbten ab. „In jenen rothen Streifen ist das Paren-chym überwiegend collabirt, einsinkend, ecchymosirt. Die Lebertextur scheint völlig untergegangen, die Leberzellen sind spurlos verschwunden quot; (Rokitansky). Neben diesem Befunde begegnet man Ecchymosen und Suffusionen aller serösen Häute, des Herzfleisches, Nierenbeckens, der Darmsehleimhaut, freie Blutungen in der Magen-und Darmhöhle, Hirnödem, Lungenhyperämieen, aber vor Allem einen intensiven Icterus aller Gewebe.
Der auffällige Fettgehalt der zerfliessenden Leberheerde lässt auf die Präexistenz einer Fettleber schliessen. Bei diffuser Binde-gewebsanhäufung in der Leber werden dem Umsichgreifen des Schmelzungsprocesses in gleicher Weise dadurch Grenzen gesetzt, wie wir das bei der inflltrirten Tuberkulose der Rinder bereits kennen lernten. Sind grössere Strecken bei protrahirtem Verlauf aller Leberzellen und alles Detritus verlustig geworden, so erscheinen dieselben resistenter und fester, als die matschen gelben Heerde. Das Auftreten von Tyrosin und Leucin im geschwundenen Leberparenchym und innerhalb der Lebergefässe ist nur ein Zeichen der Zersetzung.
Ueber die Entstehung des Leberschwundes bei dieser Krankheit ist man bis heutzutage noch nicht ganz einig. Der Umstand, dass sich in vielen Fällen acuter Leberatrophie zu einem wochenlang bestehenden, ansch ein en d ganz unschuldigen
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Acute Schmelzung der Leber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;603
Icterus schwere Nervensymptome gesellen, denen der Kranke rasch erliegt, als deren Ursache man in der Leiche die geschwundene Lebersubstanz nachzuweisen vermag, -vyelche auf keinen Fall vor dem Eintritt der schweren Nervenerscheinungen bestand, da während des harmlosen Icterus oft sogar eine Vergrösserung der Leberdämpfung nachzuweisen war, hat die Anschauung vorbereitet und begründet, dass ein Stauungsicterus in Folge einer übermässigen Gallenausscheidung wochenlang ohne erhebliche Beschwerden bestehe, bis auf einmal Le-berzellensehwund durch den Druck der stauenden Galle veranlagst wurde, dem alsbald die Erscheinungen eines schweren Lebertyphoids folgten. Dagegen ist einzuhalten, dass polycholische Zustände in den meisten Fällen im Beginn der Krankheit nicht nachweisbar sind, und andrerseits es nicht an Beobachtungen mangelt, wo der einleitende unschuldige Icterus fehlt, und die schwere Lebererkrankung sofort mit den Zeichen eines hochgradigen Lebertyphoids beginnt. In dieser Beziehung bleibt mir derFall von Leberatrophie erinnerlich, den ich bei Reinhardt sah. Er hetra,{ einepuella publica, die auf der syphilitischen Abtheilung des Charitékrankenhauses mit breiten Condylomen auf den Schamlippen und am After zugewachsen war. Sie wurde nach einem heftigen Streit, den sie mit einer Concurrentin auf der Abtheilung hatte, vom intensivsten Icterus, Irrereden und Coma befallen, in dem sie schon nach zwei Mal 24 Stunden verschied. Reinhardt hatte vordem noch keine acute Leberatrophie gesehen. Bei der Section fiel namentlich eine auffällige Kleinheit des Organs auf, besonders zeigte sich der rechte Leberlappen bis auf 2/3 seines normalen Volumens reducirt. Seine Hülle war in dichte feine Falten gelegt. Als Reinhardt einschnitt, hatte er einen grossen, fast den ganzen rechten Lappen einnehmenden, orangefarbenen, zerfliessenden Heerd vor sich. Hasse, der zu Besuch in Berlin war, war zufällig gegenwärtig, und bestätigte Reinhardt's Ansicht, dass dies eine acute gelbe Leberatrophie sei.
Diese schnell auftretenden, sich jäh entwickelnden Fälle von Lebertyphoid entwerthen vollkommen die Gallenstauungshypothese. Dagegen hat das Auffinden eines grauen Infiltrats von Frerichs in den Theilen der Leber, in welchen die Zerstörung wenig vorgeschritten war, welches die Leberinseln umgiebt, eine ungleich grössere pathogenetischeBedeutung. Demnach wäre die nächsteürsache der Leberatrophie eine eigenthümliche Form der Hepatitis.
EinSymptomenbild der Leberatrophie zu entwerfen, hat grosse Schwierigkeiten. Immer ist es zusammengesetzt ans den Zeichen eines acuten Magen- undDarmcatarrhs, aus den intensivsten Graden des Icterus und aus einem schweren nervösen Fieber, zu dem
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604nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^on ^en Krankheiten der Leber und der Gallenwege.
sich gern noch die Zeichen der Häniophilie gesellen. Die Symptome des Lebertyphoids treten entweder sofort ein, oder sie wurden durch längere Zeit vorherbestehende Zeichen eines acuten Magen- und Darracatarrhs eingeleitet. So bei einem Arzt, 29 Jahr alt, fettleibig, Potator, litt schon seit einem Vierteljahre an Appetitmangel, dabei bald Durchfall, bald Verstopfung, Anämie und Schlaflosigkeit. Darauf traten Icterus, Fieberbewegungen, Blutharnen ein. Meine Untersuchung ergab bedeutende Schwellung der Leber und der Milz, ödematöse Fussgeschwulst, Melanieterus, Xanthopsie, Abends heftige Fieberbewegungen mit deutlichen Morgenremissionen, der Stuhl fest angehalten. Noch war der Kranke ambulant und konnte eine zweistündige Dampfschifffahrtsreise unternehmen, wobei er auf dem Verdeck auf und ab spazirte. Im Aelternhause angelangt, war sein Kräftezustand noch derartig, dass er während der Tageszeit ausser Bett sein konnte. Doch das Fieber nahm alsbald rasch Überhand, es traten unter Fortbestand des Blutharnens Blutungen aus Magen und Darmcanal, aus der Nase, aus dem Munde ein, hierzu gesellten sich blutiger Auswurf aus den Bronchien und Petechien auf der Haut, wobei die typhoiden Erscheinungen stetig wuchsen, die Leberdämpfung hatte sich bedeutend reducirt. Der Tod erfolgte unter den höchsten Graden der Erschöpfung den 12. Tag, nachdem der Kranke das älterliehe Haus betreten hatte.
Der hochgradige Icterus bei der acuten gelben Atrophie wird durch Compression der Gallengänge durch das Exsudat und durch Gallenresorption hervorgerufen. — Der Druck des Exsudats auf die Haargefässe hebt den Stoffwechsel in den Leberacinis auf, dadurch entsteht der Detritus der Leberzellen, der durch die gleichzeitig bestehende Gallenstauung noch gefordert wird. Die schweren Nervenerscheinungen beruhen weniger auf der Gallenresorption, denn diese verträgt sich trotz monatelangen Bestehens mit dem ungestörtesten geistigen Wohlbefinden, vielmehr auf dem Uebertritt in Zersetzung begriffener Substanzen in das Blut. Dass solche in Zersetzung begriffene Substanzen wirklich in acut geschwundenen Lebern bestehen, ist durch den Nachweis massenhaften Tyrosins und Leucins in der Leber beim acuten Schwunde durch Frerichs genügend erörtert. Deshalb stehen die schweren Nervensymptome bei der acuten Atrophie in gleicher Reihe mit denen bei der Ichorrhämie und Pyämie.
Roell sah die acute Leberatrophie beim Pferde, welches unter den Erscheinungen eines typhösen Fiebers mit ausgesprochener Gelbsucht zu Grunde gegangen war.. Die Leber wurde auch hier verkleinert, mit gerunzeltem üeberzug, schlaff, icterisch, matsch, zerfliessend angetroffen. Das Blut war dünnflüssig, die Milz hy-
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Der Catarrh der Gallenwege.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 605
perämisch geschwollen. Ob die Fälle von Lebertyphus Haubnèr's bei Schafen hierher gehören, lässt sich bei dem mangelhaften Ob-ductionsbericht nicht mit Bestimmtheit sagen.
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Von den Krankheiten der Gallenwege.
Anatomische Störungen.
Der Catarrh der Gallenwege.
In den meisten Fällen von Icterus liegt ein Catarrh der Gallenwege der Gallenresorption und Retention zu Grunde. Seltener ist dieser Catarrh ein idiopathischer, veranlasst durch eine hochgradige Hyperämie der Leber, durch den Reiz eines Gallensteines oder durch eine Mischungsveränderung der Galle selbst, weit häufiger pflanzt sich der Process von der Magendarmschleimhaut auf die Gallenwege fort. Diese Verhältnisse gelten in gleichem Masse für Menschen und Thiere. Denn der so oft bei fieberhaften Erkrankungen der Pferde beobachtete Icterus, der so häufig gelungene Nachweis von Gallenfarbstoff im Blutserum der an fieberhaften Brustkrankheiten zu Grunde gegangenen Pferde, ist gewiss in den allermeisten Fällen durch einen fortgepflanzten Magendarmcatarrh auf die Gallenwege erzeugt. Diesem Catarrhe gelingt es ausserordent-lich leicht, die enge Einmündungssteile des gemeinschaftlichen Gallenganges beim Menschen, beim Pferde des Gallenganges (dem Pferde mangelt der duclus cysticus wie die vesica felled) völlig unwegsam zu machen. Hierdurch entsteht Gallenstauung, Lebericte-rus. Der Mangel der Gallenblase bei den Einhufern scheint die Entstehung des Icterus insofern zu erleichtern, als bei diesen jeder temporäre oder dauernde Verschluss nicht erst zu einer Ueber-füllung der Blase mit Galle, sondern sofort zur Gallenstauung im Leberparenchym führt.
Die Zeichen des Zustandes gehen über eine intensiv gelbe Farbe der Haut (bei nicht pigmentirten Rete), der Sclerotica, der sichtbaren Schleimhäute, des Schweisses, Speichels, Urins, der oft ganz kaffeebraun gefärbt ist, und welcher bei Behandlung mit Salpetersäure in exquisitester Weise die characteristische Gallenreaction giebt (roth, violett, blau, grüngelb), Ihonfarbene Fäces selten hinaus. Besteht nebenbei belegte Zunge, Aufstossen, Kollern im Leibe, so beziehen sich diese Erscheinungen nicht auf den Icterus, sondern auf den veranlassenden Magen- und Darmcatarrh. Der Decurs ist deshalb ganz von dem des Magen- und Darmcalarrhs abhängig. In 8—H Tagen
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606nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^ron ^en Krankheiten der Leber und der Gallenwege.
tritt allmälig die icterische Färbung zurück, die Stühle werden allmälig gallig gefärbt in demselben Maasse, als der Urin an Pigment abnimmt. Das Embonpoint der Kranken hat hierbei in der Regel nicht gelitten. Magern die Kranken ab , so hängt es wieder von dem Magen- und Darmeatarrh ab, was besonders bei chronischem Verlauf desselben beobachtet wird.
Zuweilen fand man auf der Gallenwegschleimhaut croupöse und diphtheritisehe Exsudate, nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Thieren (in der Einderpest). Durch Verstopfung des Cysticus mit croupösen oder diphtheritischen Producten wird eine über-mässige Füllung der vesica fellea mit einer dünnflüssigen Galle erzeugt. Eine
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Verengerung und Verschliessung der Gallenaus-führungsgänge
mit nachfolgender Erweiterung der Gallenwege sahen wir theils durch Catarrh der Gallenwege, durch Geschwülste, welche auf die Galleuausführungsgänge drücken, oder in das Lumen derselben hineinragen, wie durch Krebse der Leber, des Pancreas, des Magens , durch Abscesse , Echinococcussäcke, durch constringi-rende Narben der Lebersubstanz und durch fremde Körper, namentlich durch Gallensteine veranlasse Ein Verschluss des duetus cysticus erzeugt den ki/drops vesicae f'elleae, indem nach Verschluss des Gallenganges die Blasenschleimhaut fort und fort Schleim secernirt, der sich in der Blase anhäuft und dieselbe gewaltig ausdehnt. Beim Menschen erreicht die Blase die Grosse einer Faust, selbst eines Kindskopfs.
Bei completer Stauung der Galle schmilzt das Leberparen-chym zu einem serpentinartig gefärbten Brei zusammen.
Concremente in den Gallenwegen.
Gallensteine enthalten als Kern entweder ein Schleimpartikelchen, oder, aber viel seltener, einen fremden Körper. Der Reichthum der Gallensteine an Kalk hat die Ansicht verbreitet, dass der Genuss eines kalkigen Trinkwassers ihre Entstehung begünstige, während Andere wieder eine Armuth der Galle an Taurocholsäure, welche den Pigmentkalk gelöst enthalte, als Entstehungsursache der Gallensteine auffassen. Im Uebrigen bestehen die Gallensteine ausser dem Pigmentkalk vorzüglich aus Cholestearin, was in con-centrischon, krystallinisch glänzenden Lagen den Kern umgiebt. Am Seltensten sind die Steine, die nur aus Pigmentkalk oder aus
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Concremente in den Gallenwegen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 607
kohlen- und phosphorsaurem Kalk bestehen. Ihre Zahl beläuft sioh beim Menschen von 1—200, ihre Grosse variirt sehr. Durch gegenseitiges Abreiben bekommen die meist eirunden Steine glatte Flächen. Sie kommen vorzüglich in der Gallenblase vor, aber auch im ductus cysticus und choledochus. Bleiben sie auf ihrem Wege stecken , so erzeugen sie im cysticus den hydrops vesicae felteae, im choledochus Icterus und heftige Koliken, selbst Bauchfellentzündung, Entzündung und Versch wärung der Gallenblase. Bei vorherigem Verwachsen der Gallenblase mit der Bauchwand kann es zur Zerstörung der Bauchwand und zur Entleerung der Gallensteine nach aussen kommen. Als characteristisch für die Gallen-steinaff'ection kann ein von der Gegend des Zwölffingerdarms aus ausstrahlender Schmerz gelten, zu dem sich Icterus gesellt, und der nach einigen Tagen unter plötzlichem Nachlass der Schmerzen verschwindet, nach einer bestimmten Zeit wiederkehrt, wieder verschwindet, wiederkehrt u. s. f.
Die Gallensteine des Pferdes kommen, was der Mangel der Gallenblase bei diesen Thieren genügend erklärt, als eigentliche freie Concremente sehr selten vor. Häufiger traf Roell Concretionen in den Gallengängen der Leber als flache, der Wand derselben aufsitzende, gelblich braun gefärbte, an der Oberfläche drüsig unebene Ablagerungen. Fürstenberg unterscheidet jedoch kleine, runde und grosse Gallensteine des Pferdes. DieErsteren sollen die Grosse einer Erbse bis zu jener einer kleinen Wallnuss haben und gewöhnlich in der Mehrzahl in der Leber vorkommen, dunkelgrün, von unebener Oberfläche, in der Mitte hohl und wenig fest. Die Letzteren sind wallnuss- bis apfelgross, unregelmässig gestaltet, in der Oberfläche rissig, im Innern von Höhlen durchzogen, in welchen man Fett und seifenartige Verbindungen vorfindet. Sie bestehen aus concentrischen, verschieden dicken, bald hellgrün, bald weisslich gefärbten Schichten. Sie bestehen aus Gallenfarbstoff, aus Natronverbindung gepaarte Gallensäuren, aus den Umsetzungsproducten dieser, aus Schleim und Gallenfett.
Die Gallensteine desRindes zeichnen sich durch einen moschusähnlichen Geruch aus, welcher durch Behandlung mit Aetz-kali unter Ammoniakent Wickelung stärker hervortritt. Die dunkelgrünen Gallensteine sind diegrösstenundkommeninder Gallenblase vor, die Gestalt dieses Sackes zeigend, bisweilen auch in dem Leber- und ig dem gemeinschaftlichen Gallengange. Die gelblich grünen Gallensteine sind rund, meist facettenartig abgeschliffen, glatt. Dieselben sind reicher an Gallenschleim und ärmer an Gallenbestandtheilen. Die weissen Gallensteine bestehen vorzüglich aus kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Magnesia.
Die Gallensteine des Schweines sind klein, facettirt
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an der einen Seite, an der andern abgerundet. Ihnen mangelt der geschichtete Bau, gerieben stellen sie ein gelbes Pulver dar.
Die Gallensteine des Hundes und der Katze sind klein, dunkelgrünlich, braune, zuckererbsen- bis bohnengrosse kleine Steinchen, die in den Lebergallengängen und in der Gallenblase sich vorfinden.
Die Folgen der Gallensteine sind bei Thieren genau dieselben, wie beim Menschen. Bei Thieren ist es begreiflicherweise unmöglich, dieselben während des Lebens zu diagnosticiren.
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Die Parasiten der Leber und der Gallenwege.
Der Echinococcus kommt in der Leber des Menschen vor. Er verhält sich zur taenia echinococcus wie der cysticercus cellu-losae zur taenia solium. Durch Einführung befruchteter Eier oder Embryonen durch das Trinkwasser in den Magen und Darmcanal des Menschen geschieht die Einwanderung der Tänienbrut in den menschlichen Organismus. Im Darmcanal bohren sich die kleinen Embryonen mit ihren sechs Häkchen in die Darmwand ein, bis sie allmälig weiter in die Leber gelangen. Dort schwillt der mikro-scopisch kleine Embryo zu einer grossen Blase auf, deren Innenwand eine Colonie junger, unreifer Tänien (Scolices) emporsprossen lässt. Gewöhnlich findet man noch eine Summe von Tochterblasen in der Mutterblase, die ebenfalls auf ihrer Innenwand Tänien treiben. Die Rückwirkung des Parasiten auf das Organ ist die Entwickelung einer bindegewebigen Kapsel. Jene bindegewebige Kapsel muss von der Membran der Mutterblase wohl gesondert werden. Anfänglich ist die Cyste klein, wächst aber allmälig mehr und mehr und erreicht so die Grosse einer Faust, eines Kinderkopfs. Sie treibt den Peri-tonäaliiberzug vor sieh her, und führt schliesslich zur Berstung, Erguss ihres Inhalts in die Bauchhöhle, oder nach vorhergegangener Verwachsung mit dem Zwerchfell in die Brusthöhle, oder mit dem Magen in die Magendarmhöhle. Häufig sistirt dadurch die Entwickelung der Echinococcusblase, dass die Colonie abstirbt, die Mutter- und Tochterblasen zerfallen , Alles löst sich dann in ein trübes Liquidum auf, welches die sogenannten Aeephalooysten-säcke erfüllt, in welchem das Mikroscop die Häkchen der Hakenkränze der Bandwurmköpfe nachweist.
In der neuern Zeit hat man in der Leber des Mensehen in für Alveolarcarcinome gehaltenen und genau den areolaren Typus jener Bildungen einhaltenden Geschwülsten JEchinococcnsblasen in grösse-rer Zahl wahrgenommen , theils noch wohl erhalten , theils in eine gallertige Masse aufgelöst, in der man Haken aus den Hakenkränzen
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Egelkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;g09
der Bandwurmembryonen nachzuweisen vermochte. Diesen Parasitismus hat man unter dem Namen multiloeulare Echino-coccusgeschwulst aufgeführt.
Der echinococcus veteri7iorum Rudolphi kommt in der Leber des Rindes, Schafes, Schweines, der Ziege u. a. Thiere vor. Auch hier ist er von einer schwieligen Kapsel umschlossen und erreicht oft eine colossale Grosse. Die Blase ist mit einer klaren Flüssigkeit erfüllt, welche auch hier eine Unsumme von Tochterblasen enthält. Die rnohnsamengrossen Bandwurraköpfe stehen an der Innenfläche der Mutterblase und Tochterblase ganz dicht gedrängt. Ein Untergang der Bandwurmköpfe erzeugt auch hier Acephalocystenbälge.
In den Gallengängen des Menschen, der Schweine, der Pferde, des Rindes, der Ziege kommt das distoma hepaticum und lanceola-tum vor, jedoch niemals in jener Zahl, wie in den Gallengängen der Schafe, wo sie die sogenannte
Egelkrankheit
erzeugen , welche seltner sporadisch, meist seuchenartig als Heerde-krankheit in sumpfigen Gegenden in feuchten, nasskalten Jahren herrscht und auf einer massenhaften Einwanderung von Cercarienschläuchen in das Wohnthier (Schaf) beruht. Die eingekapselten Cercarien gelangen mit den interimistisch bewohnten Thieren oder Pflanzen in das eigentliche Wohnthier und bilden sich hier zu geschlechtsreifen Egeln aus. Obwohl man von den Distomenembryonen zur Zeit schon ein Dutzend kennt, so ist die Cercarie von distoma hepaticum allerdings noch nicht aufgefunden. Aber so viel steht fest, dass die Leberegelbrut von den Schafen mit dem Grünfutter und ganz besonders bei dem Weidegange aufgenommen wird, dass diese Brutaufnahme nur bei einem gewissen Grade von Feuchtigkeit erfolgt, dass es nur einer kurzen Zeit bedarf, um bei der Hutung soviel Brut aufzunehmen, damit die Leberegelkrankheit entstehe, und dass es zweifelhaft erscheint, die Brut gelange nur von dem Zwölffingerdarm aus in die Lebergallengänge, In den Gallengängen gelangt die Egelbrut zur Geschlechtsreife, die schon nach kurzer Zeit erreicht wird, wie Gerlach's Untersuchungen lehrten. Ein Heranbilden der Embryonen zu ausgebildeten Leberegeln und damit eine Vermehrung der eingewanderten Egel an ihrem Aufenthaltsorte findet nicht statt. Die Egel in der Leber nehmen in der Zeit vom Mai bis Juli allmälig ab, und verschwinden endlich gänzlich, so dass sie etwa 8/j Jahre, vielleicht wenig länger, die Leber bewohnen. Die Eier gehen schon früher theilweise mit der Galle und weiter mit den Excrementen ab (Gerlaeh).
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;39
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610nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^on den Krankheiten der Leber und der Gallenwege.
Ascariden verirren sich zuweilen in die Gallengänge bei Menschen und Thieren. In der Gallenblase der Katze wurde das abgestutzte Endloch, amphislomum truncatum angetroffen.
Leisering fand in der Leber eines Kaninchens eine grosse Zahl gelblicher, knotiger Massen. Die erbsen- bis bohnengrossen, vielfach in Verbindung stehenden Knoten verhielten sich wie kleine Abscesse, und Hessen beim Einstich einen dicklichen, eiterähnlichen, weisslich gelblichen Inhalt ausfliossen, die Gallengänge waren erweitert und ebenfalls von dieser eiterähnlichen Masse vollständig erfüllt. Bei der mikroscopischen Untersuchung ergab sich, dass dieselbe Tausende von Eiern enthielt, die anderwärts als Nematoden-eier erkannt wurden. „ Die Fälle,quot; sagt Leisering, „in denen zahllose Mengen von Eiern in den erweiterten Gallengängen und in tuberkelähnlichen Knoten der Leber des Hauskaninchens gefunden worden sind, scheinen nicht so selten zu sein, doch stimmt man über die Species der Würmer, von denen diese Eier stammen, nicht überein.quot;
R a y e r hält sie für die Eier eines Leberegels, distoma lanceo-latum, doch fand er lebende Distomen ebensowenig in den Leberwegen, als im Darmcanal. Nach Vogel sind es Cestodeneier.
Functionelle Störungen der Leber und der Gallenwege.
Hierhin könnte man eine übermässige Bildung von Galle und Gallenausscheidung (Polycholie) rechnen, die zuweilen wirklich zu bestehen scheint, so dass in grosser Masse Galle ausgeschieden wird, welche gallige Stühle und galliges Erbrechen neben Fiebererscheinungen und icterischer Färbung der Haut (febris biliosa, Gallenfieber der Aeltern) erzeugt. Als acholische Zustände müssteman dann die bezeichnen , wo eine Beschränkung , selbst Aufhebung der Gallenausscheidung in den Dünndarm stattfindet. Sie sind, wie aus dem Vorhergehenden erhellen dürfte, wohl niemals selbstständiger Natur, sondern ziemlich häufige Symptome der mannigfachsten anatomischen Störungen der Leber und der Gallenwege, wobei die Gallenbildung und Gallenausscheidung aufgehoben oder wenigstens beschränkt sich zeigen.
Von den Krankheiten der Milz.
Anatomische Störungen.
Kein Organ des thierischen Organismus scheint eine geringere Anwartschaft zu haben, selbstständig zu erkranken, und häufiger durch anderweite Vorgänge dm Organismus in Mitleidenheit gezogen
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Von den Kränkelten der Milz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;611
zu werden, als die Milz. So sehen wir dieses Organ constant Sitz einer bedeutenden Hyperämie mit Extravasationen in's Gewebe im Verlaufe der Typhen und Milzbrandfieber, bei der Pyämie, Ichorrhämie, den fieberhaften Exanthemen, der Cholera, beim Anthrax, bei der Infection mit Malaria werden. Wir treffen in ihr die keilförmigen, embolischenHeerde bei der Pyämie, Ichorrhämie, bei Herzkrankheiten, wir sahen sie theil-nehmen an bestimmten Gewebsalterationen in Folge allgemeiner Siechkrankheiten und besonders an der arayloiden Entartung der Leber, wobei auch sie ziemlich constant eine Unsumme jener geschichteten Körper in ihr Parenchym aufnahm und sich dadurch in ein starres, blutarmes, brüchiges Gebilde von wächserner Con-sistenz verwandelte (W a c h s m i 1 z). Bei generalisirten Neubildungen, bei der Tuberkulose, besonders bei der acuten miliaren Form trafen wir Tuberkelbildungen in ihr an, auch von secundären Markschwämmen treffen wir sie oft befallen. Die Milzkapsel und ihr seröser TJeberzug betheiligt sich oft bei Entzündung des Bauchfells, verdickt und entartet zu einer derben runzlichen Schwiele, unter der das Parenchym atrophirt. Bei allen diesen Zuständen sehen wir die Milz s e -cu n dar leidend.
Primär erkrankt die Milz vielleicht nur in zwei Fällen, nämlich bei der lienalen Form der Leuchämie und bei der Me lau ämie. Der Ausgangspunct bei der lienalen Leuchämie scheinen die Malpigh'sehen Körperchen zu sein, deren Zusammenhang mit den Lymphgefässen freilich noch nicht genügend nachgewiesen ist. Einen niedern Grad der Schwellung dieser Kapsel nehmen wir oft bei blutreicher Milz wahr. Dann erscheinen auf einem Durchschnitt des Organs froschlaichähnliche, g rauröthliche, durchscheinende Körper, die vergrösserten Kapseln, die in ihrem Aeussern den aufgequollenen Sagokörnern gleichen, daher „Sagomilzquot;. Hierbei ist das Organ oft bedeutend vergrössert, bisweilen ohne Veränderung der normalen Textur. Bei der leuchämischen Milz des Menschen erreicht der Milztumor oft das Gewicht von 9 Pfund, beim Pferde sahen wir ihn bis zu 57 Pfund Gewicht heranwachsen, wobei alle Hohlräume des Milz-parenehyms, Venonsinus, Lymphgefässe und Kapseln strotzend mit lymphoiden Elementen überfüllt sind. Bei derMelanämie finden wir in den Hohlräumen und Canälen des Milzparenchyms e i n schwarzes, körniges Pigment, das in gleicher Weise, wie die farblosen Zellen der Milz bei der Leuchämie, fort und fort durch die Milzvene der Leber und durch die Lebervenen der allgemeinen Säftemasse zugeführt wird, und auf diese Weise inficirt die Milz in beiden Fällen das Blut, hier mit schwarzem Pigment, dort mit weissen
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Zellen, und erzeugt soMelanämie undLeuchämie. Atrophische Zustände der Milz kommen besonders im vorgeschrittenen Lebensalter vor. Die Milz ist hier auf den 6. Theil ihres Volumens reducirt, blass und blutleer, bisweilen rothbraun, roth. Zuweilen sehen wir sie auch verkleinert in Folge von Verödung vielfach ausgebreiteter Entzündungsheerde (Infarcte). Mortifi-cationsprocesse, wie Brand, sind höchst selten. Was man Erweichung der Milz gewöhnlich nennt, ist nur eine hämor-rhagische Lockerung, die eigentliche Erweichung kommt bei vorschreitender Magenerweichung vor, wobei die Milz in einen schwarzen , theerartigen Brei verwandelt wird.
Als selbstständige Neubildungen der Milz sind zu nennen: Die BindegewebsWucherung an der con-vexen Milzfläche, das Narbengewebe im Innern, osteoide Bildungen in Folge von Verknöcherung des Narbengewebes beim Menschen, Melanosenbildung beim Pferd. — Bei einer Schimmelstute beobachtete Trautvetter eine 40 Pfund schwere Milz, die in Folge von Pigmenteinlagerung eine gewaltige Ausdehnung und jene Gewichtszunahme erfahren hatte. Das Milzparen-chym war ganz in Melanosenmasse untergegangen. Die genauere Untersuchung, welche von Leise ring vorgenommen wurde, ergab, dass die Melanosenbildung ursprünglich in Knotenform erfolgt war. Es zeigten sich an den freien Rändern, die noch am quot;Wenigsten verändert waren, kaum mit blossem Auge erkennbare Knötchen, daneben grössere , selbst bis zur Mannsfaustgrösse. Das zwischengelagerte, nicht pigmentirte Gewebe hatte seine Milzstructur aufgegeben , und bestand aus einem resistenten Bindegewebe, in dem auch hin und wieder schon Pigment auftrat. In der Leber, im Zwerchfell, in den Lungen wurden gleichfalls melanotische Knoten wahrgenommen. Das Blut war auffällig blass.
Von Parasiten trifft man beim Menschen und beim Rinde den Echinococcus und beim Schweine die Finn e.
Als functionelle Störung der Milz kannte füglich die lienale Form der Leuchämie genannt werden.
Krankheiten der Bauchspeicheldrüse.
Beim Menschen: Atrophie des Pankreas beim diabetes mellitus zu einem zähen dichten Strang. Eiterheer de in der Drüse, wie auch in dem dieselbe umhüllenden Bindegewebe, wobei die Drüse selbst nekrosirt. Die sy phili ti s ehe Seh w i el e als bindegewebige Induration des Pankreas. Neub ildu n gen von : Bindegewebe, Fettgewebe, Milzgewebe (Nebenmilzen im Pankreas-kopf), Cysten, Krebs (Markschwamm und Faserkrebs). Als faser-
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Krankheiten der Bauchspeicheldrüse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;613
krebsige Entartung des Pankreaskopfes mit secundären Bauchlell-(Netz-) Krebsgeschwülsten beobachtete ich den Pankreaskrebs bei einem 60 Jahr alten, schlechtgenährten Schlosser. Während des Lebens bestanden die wüthendsten Schmerzen im Unterleibe, welche in den letzten Lebenstagen nur die Knieellenbogenlage gestatteten, und eine sich jäh entwickelnde Bauchwassersucht, die wiederholt die Paracenthese noth wendig machte, als deren Ursache die Obduc-tion eine durch den Bauchspeicheldrüsenkrebs gesetzte Compression des Pfortaderstammes erwies.
Bei Thieren wurde der Pankreaskrebs mehrfach seoundär bei Hunden beobachtet. Speichelsteine traf man im erweiterten ductus Wirsungianus bei Menschen und Thieren an.
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Yon den Krankheiten der Harnwerkzeuge.
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Von den Krankheiten der Nieren.
Anatomische Störungen.
Von der Hyperämie der Nieren.
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Die Hyperämie der Nieren kommt bei Herzkrankheiten , bei Querlähmungen, bei acuten Krankheiten, wie beim Typhus, Exanthe-men, Choleratyphus, Pyämie, ferner bei Diabetes, im Beginne von Nephritis und Bright'scher Krankheit vor. Im frischen Zustande bedingt sie nebst Schwellung und dunklerer Färbung eine Lockerung und grössere Succulenz der Textur, leichtere Ablosbar-keit der Albuginea. Zuweilen trifft man die M a 1 p i g h 'sehen Körperchen hervorstechend mit Blut überfüllt, sie treten dann auf dem Durchschnitt als dunkelrothe Pünctchen auf. In andern Fällen, und zwar besonders bei infarcirter und nicht injicirter Corticalsub-stanz sind die Nierenkegel der Sitz einer vorwaltenden Blutüberfüllung mit dunkelrother Färbung. Die erstere Hyperämie, welchenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;* sich vorzüglich auf die mittlere und äussere Rindenschicht erstreckt, ist fluxionärer Natur und entwickelt sich bei plethorischen Zuständen, bei Hyperthrophie des linken Ventrikels, bei Compression der Bauchaorta, in der Umgebung von Entzündungsheerden und Afterproduc-ten, nach Gebrauch von Canthariden, Copaivbalsam und ähnlichen Substanzen. Die andere Hyperämie, welche sich auf die Pyramiden bezieht, ist ein Product der Stauung und wird bei Klappenfehlern und Texturerkrankungen des Herzens, bei unkräftiger Herzaction, bei Compression und Verödung der Lungencapillaren etc. beobachtet.
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Nierenblutungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;615
Die Zeichen der Nierenhyperämie sind verschieden nach der Natur der Ursache. Bei fluxionärer Hyperämie wird reichlich wäss-riger Urin gelassen. Sein specifisches Gewicht ist vermindert, seine Färbung ist eine lichtere. Bei der Stauungshyperämie dagegen ist der Urin sparsam und saturirt, seine Farbe ist eine dunklere, er enthält Eiweiss und Fibrincylinder. Bei einem etwas gesteigerten Druck kommt es zur Berstung und zum Austritt von Blut in den Urin.
Die Anämie der Nieren
kommt bei allgemeinem Blutmangel und in der Cortialsubstanz besonders bei Bright'scher Krankheit und deren Folgezuständen, bei Fettmetamorphose und amyloider Degeneration der Niere vor.
Nierenblutungen
werden hervorgerufen durch quot;Wunden, Quetschungen, durch Ruptur der überfüllten Nierencapillaren bei hochgradiger Hyperämie, demnach im ersten Stadium der Nierenentzündung, beim Typhus, bei Malaria, Milzbrandaffectionen, bei den Pocken, durch die hämorrhagische Diathese, daher beim Scharbock, beim Fleckfieber, beim icterus typhoides, bei destructiven Processen in der Niere, beim Nierenkrebs, bei Vereiterungen in der Umgebung von Nierensteinen und endlich, durch endemische Einflüsse. Beim Menschen steht in dieser Beziehung der Aufenthalt in den Tropen, in Brasilien, Isle de France, und bei Thieren besonders das Malariaterrain in üblem Rufe. Beim Menschen wird vom endemischen Blutharnen vorzüglich das weibliche Geschlecht befallen, bei Thieren die Schafe (Blutseuche der Schafe). Bei Haus-thieren wird auch noch Blutharnen beobachtet nach Genuss harziger sprossender Nadelhölzer, der herben Knospen der Eichen, Buchen, scharfer Pflanzen, besonders des Hahnenfuss, der quot;Wolfsmilcharten und der Anemonen, des Wasserpfeffers, des Bingelkrauts, des Erd- und Heidelbeerkrauts, der Waldrebe unddgl., der von Insecten (besonders der Processionsraupe) und ihren Excrementen überzogenen Pflanzen, der auf sumpfigem und moorigem Boden wachsenden Gräser, des aus ihnen gewonnenen Heues, des stehenden und moorigen Wassers.
Bei der Obduction findet manEcchymosen undBlutgerinnungen in den Harncanälchen, besonders nach putridem Typhus, der Purpura, dem Scorbut, in denen der Corticale sowohl, als in der Marksubstanz vor, die Pigmentanhäufung zurücklassen. In seltenen Fällen kommt es zur Bildung eines hämorrhagischen Heerdes mit Durchbruch nach aussen unter die Albuginea, oder nach innen in die Kelche,
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Von Jen Krankheiten der Harmverkzeuge.
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oder zu selbstständigen Blutungen in der Peripherie durch weitläufige Abwühlnng der Albuginea,
Symptome: Die Mengen des beigemischten Blutes sind sehr verschieden. Oft wird reines Blut durch die Harnröhre entleert, oft ist die Beimengung des Blutes so gering, dass es der Zuhülfenahme des Mikroscopes bedarf, um eine Nierenblutung zu constatiren. Gerann das Blut theilweise in den tubuti 7'eeti, so treten cylinder-fórmige Gerinnsel im Urin auf. Die durch Steine in den Nieren hervorgerufenen Blutungen treten nach Körperbewegungen ein. Die das Nierencarcinom vergesellschaftenden Blutungen sind sehr abundant, während die die Infectionskrankheiten und die hämorrhagische Diathese begleitenden Blutungen selten copiös werden. Bei dem endemischen Blutharnen werden periodisch grosse Quantitäten Blut ausgeschieden. Bei dem Blutharnen der Schafe gesellen sich zu einem copiösen Blutharnen Fieberbewegungen und Erschöpfung, der die Thiere innerhalb Tagen erliegen. Die Erscheinungen bei dem Blutharnen der Thiere bieten insofern etwas Eigenthümliches dar, als sich bei ihnen, besonders nach Genuss jener oben aufgezeichneten scharfen Substanzen, Fieber, Empfindlichkeit der Nierengegend, steife Haltung der Lende, Schmerzäusserungen und Aufkrümmung des Rückens beim Harnlassen hinzugesellen.
Die schwarze Harnwinde oder schwarze Krankheit der Pferde ist ein enzootisch vorkommendes Blutharnen mit Fieberbewegungen und Erscheinungen von Nierenentzündung mit häufigem Ausgang in Tod unter tetanischen Erscheinungen.
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Acute Nephritis, acute Bright'sche Krankheit.
Diese ist in den meisten Fällen beim Menschen ein Croup der Harncanälchen. Wie bei der croupösen Pneumonie und dem Laryngaleroup, so entwickeln sich auch hier Faser-stoffproducte auf der Innenfläche der Bellin'sehen Röhren, die diese complet verstopfen. Nur selten geht sie in die parenehy-matöse Nephritis, nämlich in morbus Brigktn über. Sie ist eine häufige Complication des Scharlachfiebers und kennzeichnet namentlich bösartige Epidemieën, und kommt im Verlauf des Choleratyphoidraquo; vor. Höchst selten begleitet sie den Typhus, häufiger genuine Pneu-monieen und Pleuriten. Am Seltensten beobachtet man sie bei bis dahin gesunden Personen nach Contusionen, nach dem Gebrauche scharfer Drastica, Erkältungen.
Die Nieren nehmen hier um das Doppelte an Gewicht zu. Man findet sie dabei um das 2-, selbst Sfache vergrössert, schmutzig braunroth gefärbt, strotzend mit einer-trüben Flüssigkeit erfüllt. In einem spätem Stadium sind sie grauröthlicb, erbleicht, dabei collabirt.
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Acute Nephritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;617
schlaffquot;, matsch, öfterer von kleinen, punctfórmigen Blutaustritten durchsetzt und fast zerfliessend mit einer graulich weissen , trüben Flüssigkeit erfüllt. Auf der Oberfläche der Nieren erscheinen sternförmige , mit Blut überfüllte Gefasse, die Nierenkelche und das Nierenbecken enthalten meist eine schleimige Flüssigkeit. Die mikroscopische Untersuchung erweist nun, dass die Niere ihre Structur im Wesentlichen nicht aufgegeben hat. Die Gelasse der Glomeruli sind meist strotzend mit Blut gefüllt, häufig sind diese Sitz von Extravasaton. Die B e 11 i n 'sehen Röhren sind mit Faserstoffgerinnseln erfüllt; die Faserstoffpfröpfchen lassen sich auf einer Schnittfläche leicht herauspressen und erweisen sich unter dem Mikroscop als homogene Cylinder, die vielfach mit Blutkügelchen und Epithelien bedeckt sind, und durch concentrirte Essigsäure vollkommen gelöst werden. DieEpithelien sind (und das ist wesentlich für die Unterscheidung von der chronischen Form) nicht besonders verändert.
Bei keiner Krankheit hat man mehr Gelegenheit, die Symptome der acuten Nephritis zu beobachten, als bei den Scharlachepidemieen, Meist in der Periode der Desquamation fangen die Kinder plötzlich an über und über zu schwellen (hydrops ana^arca), dabei recrudes-cirt oft das Fieber, jedoch eben so häufig nicht. Die Urinausscheidung wird dabei gleichzeitig enorm vermindert, in den lethal ausgehenden Fällen oft so bedeutend, dass in einem Tage nur wenige Kaffeelöffel Urin entleert werden. Der Urin enthält dabei enorme Quantitäten Eiweiss, die sich leicht durch Kochen und Salpetersäure nachweisen lassen, und eine grosse Zahl fortgespülter Faserstoff-cylinder. Diese Erscheinungen bestehen einige Tage und führen entweder unter Somnolenz, oder unter dem Ausbruche allgemeiner Krämpfe, oder unter den Erscheinungen eines Lungenödems zum Tode, oder es tritt, und dies in den häufigeren Fällen, eine reichliche Diurese ein, Eiweissgehalt und Faserstoffgerinnsel vermindern sich im Urin unter steter Abnahme der Haut Wassersucht, und so ist nach 8—14 Tagen der Scharlachkranke vollkommen abgeschwollen, auch vermag die physikalische Exploration kein Wasser mehr in den Körperhöhlen nachzuweisen.
In den ungünstig verlaufenden Fällen, wo schon nach wenig Tagen seit dem Auftreten der hydropischen Erscheinungen der Tod eintrat, wird dieser in vielen Fällen durch eine urämische Intoxication veranlasst. So bei K. in L., 22 Jahr alt, der schon seit 8 Tagen nach soweit günstig verlaufenen Scharlach an allgemeinem Hy drops litt. Die Urinsecretion, welche bis daher sehr spärlich gewesen war und massenhaft Eiweiss abführte, sistirte in den letzten 24 Stunden seines Lebens complet. Die Blase war und blieb leer. Er erwacht früh mit einer wüthenden Cephalalgie und heftigem Erbrechen und ist
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lt;ßX8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Von den Krankheiten der Harnwerkzeuge.
darüber trostlos, dass er die Uhr an der Wand nicht mehr erkennt (Amblyopie). In den Nachmittagstunden Tobsucht mit thierischem Brüllen und grosser Unbändigkeit, 10 Minuten darauf die intensivsten epileptiformen Krämpfe mit krachenden Contractionen der Muskeln, die ohngefahr 5 Minuten anhielten, dann tiefer Sopor mit ster-torösem Athmen. Aus diesem Sopor erwacht er nach wenig Minuten unbesinnlich , laut brüllend, darauf ein erneuter epileptischer Anfall mit Sopor, an den sich wiederum der tobsüchtige Anfall anschloss u. s. f. Nachdem einige zwanzig Anfälle der Art erfolgt waren, verschied der Kranke apoplectisch im letzten soporösen Stadium. - Die Section ergab: hydrops anasarca, Höhlenhydrops, nur war das Kammerwasser im Gehirn nicht vermehrt, die Hirnconsistenz normal, Lungenödem, beiderseitige Nephritis der Rinde, die Blase war collabirt und enthielt nur wenigen blutigen Schleim.
Was die urämische Intoxication bei der Nephritis veranlasst, ist bis heute noch dunkel. So viel steht fest, dass sie durch Retention der im Blute bereits fertigen Harnbestandtheile, namentlich der Urate, erzeugt wird, obwohl es noch nicht als ausgemacht zu betrachten ist, ob die Anhäufung der Harnbestandtheile an sich, oder ihrer gekannten (kohlensaures Ammoniak) oder ungekannten Umsetzungs-producte Tobsucht, Convulsionen und Sopor nach sich zu ziehen vermag. Die Ursache der Retention der Harnbestandtheile im Blute ist das massenhafte Verstopftsein B e 11 i n'scher Röhren durch Faser-stoffpfröpfchen. In seltenen Fällen geht die acute Nephritis in die chronische Form über.
BeiThieren wird die croupöse Nephritis um deswillen so selten beobachtet, weil jene Krankheiten, in deren Folge die acute Nephritis beim Menschen auftritt (Scharlach, Cholera, Typhus), bei Thieren nicht angetroffen werden. Daher ist die acute Nierenentzündung der Thiere auch meist einseitig und in der Regel die Folge mechanisch oder chemisch wirkender Schädlichkeiten, daher dieselbe dortin Folge von Schlägen, Stössen, Erschütterungen oder missbräuch-licher Anwendung der Canthariden, des Terpentins, des Fingerhutkrauts, oder des Genusses harziger Stoffe auftritt.
Der pathologisch anatomische Character weicht auch insofern von der acuten Nephritis des Menschen ab, als bei den Thieren grosse Neigung zur Eiterung besteht, deshalb umfängliche Abscesse in den Nieren angetroffen werden. Demnach kann hier nicht von einer croupösen Nephritis die Rede sein, sondern nur von einer sogenannten nephritis vera, die vorzüglich im interstitiellen Gewebe ihren Sitz hat, nur secundär die Bellin'schen Röhren betrifft, daher nur ausnahmsweise mit gehemmter Urinentleerung und allgemeinem Hydrops verläuft.
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Parenchyraatose Nephritis, chronische Bright'sche Krankheit. 619
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Parenchymatöse Nephritis, chronische Bright'sche Krankheit.
Dass die Epithelien der Harncanalchen das wesentlich Leidende beim chronischen morbus Brightii sind , sah schon J o n s t o n ein, der die fettige Entartung der Epithelien der Harncanalchen als die Ursache aller im jbo/*äm* JBri^A tó'angetrofifenen Nierenveränderungen hinstellte, doch war das gewiss zu weit gegangen, denn, wenn auch die Epithelialerkrankung der Nieren beim Bright den wesentlichen Krankheitshergang darstellt, so ist die Umwandlung der Epithelial-zelle in eine Fettkörnchenzelle dennoch nur ein Glied aus der Kette der Vorgänge , die die Epithelialzelle hier durchwandert. Ausser-dem kommen nebenbei faserstoffige Exsudationen in den 6 e 11 i n-schen Röhren und quot;Wucherungen des interstitiellen Bindegewebes vor, die sich nicht unbedingt abhängig von der Epithelialerkrankung im morbus Brightii hinstellen lassen.
Die Krankheit ist beim Menschen im Kindesalter höchst selten, im späteren Lebensalter dagegen um so häufiger. Es werden mehr Männer, als Frauen von dieser Krankheit befallen. Die ärmere Bevölkerung laborirt wohl um deswillen häufiger am Bright, weil sie einmal am Meisten jenen Schädlichkeiten unterworfen ist, die den Bright erzeugen, das andere Mal kommen hier ganz besonders heruntergekommene und geschwächte Individuen vor, die unverkennbar eine Prädisposition für den Bright besitzen.
Die veranlassenden Ursachen sind: Vorübergehende und noch mehr dauernde Einwirkungen der Kälte und Nässe auf die Haut, daher die grosse Häufigkeit der Krankheit an den Küsten der Ost-und Nordsee: die missbräuchliche Anwendung scharfer Diuretika, der Cu-beben, des Copaivs; der Missbrauch des Alkohols, langwierige Eiterungen , zumal Caries und Nekrose der Knochen und die allgemeinen Ernährungsstörungen bei der Gicht, Rhachitis, allgemeiner Syphilis, Scrophulosis.
Der anatomische Befund beim Bright ergiebt inden meisten Fällen, dass die Nieren geradezu symmetrisch erkrankt sind, jedoch kommen eben nicht seltene Fälle von sehr auffällig auf einer Seite überwiegender, ja selbst ausschliesslich einseitiger, partialer Erkrankung vor. Bei einem raschen Decurs der Krankheit gelingt es zuweilen, das Stadium der Hyperämie noch in der Leiche zu beobachten. Hierbei ist die Niere angeschwollen bis zum Doppelten ihres normalen Volumens, ihre Textur ist gelockert, ist succulent. Die Veränderung bezieht sich vorzüglich auf die Gorticalsubstanz, diese ist hie und da von umschriebenen rothen Functen (Blutaus-tretungen) durchsetzt und ergiesst auf dem Durchschnitt eine blutige.
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trübe, zartflockige Flüssigkeit, and auf ihrer Oberfläche zeigen sich netz- und sternförmige Injectionen. Die Adhäsion der Albuginea ist gelockert, die Pyramiden erscheinen dunkel braunroth, streifig, injicirt, gelockert, ihre Basalbegrenzung ist verwischt. Die Schleimhaut der Kelche und des Beckens ist geröthet, injicirt, mit blutigem Schleim erfüllt.
Weicht nun die Hyperämie allmälig zurück, so besteht trotzdem Schwellung, Succulenz und Lockerung der Corticalsubstanz fort, die letztere vermehrt sich sogar merklich. Die Rinde erscheint blass, braunröthlich, blassröthlieh, röthlichweiss, weiss, anämisch, wobei sich nebst spärlichen, stellenweisen Injectionsröthen, punet-und strichförmige Extravasationen erhalten haben. Die Dicke der Einde beträgt 5, 6, 10 Linien und ist verhältnissmässig ebenso zwischen den Kegeln massenhafter geworden. Sie ist gelockert, ausser-ordentlich weich, zerreisslich, beinahe zerfliessend, fluetuirend und ergiesst eine röthlichweissliche, eine weisse, milchige, opake Flüssigkeit. In einzelnen ausgezeichneten Fällen zeigt sie sich besonders in der Peripherie in kleineren und grosseren Nestern gekörnt, das ist aus weisslichen, fahlen, lockeren, strotzenden Kömern von etwa Mohnsamengrösse (Granulationen) bestehend, während gegen die Pyramiden hin sich derlei lineare Stränge bemerkbar machen. Zuweilen treten jene gekörnten Antheile in der Peripherie über die Oberfläche in Form äusserst lockerer, zerfliessender Wucherungen blumenkohlartig hervor. Die Adhäsion der Albuginea ist ausscr-ordentlich gelockert, jedoch fügt es sich, dass hie und da beim Ablösen derselben eine Schicht Corticalsubstanz an ihr haften bleibt. In allerdings sehr seltenen Fällen beobachtet man einen freien Blut-erguss zwischen Albuginea und Rindensubstanz. Die intensiv blaue Färbung der Pyramiden, welche zuweilen beobachtet wird, und die auf einem halbirenden Durchschnitt der Niere bei der Blässe der Corticalsubstanz dem Ganzen ein eigenthümliches Aussehen verleiht, ist ein Product collateraler Fluxion. Die Nierenbeckenschleimhaut ist rosig geröthet. Die Nierenvenen enthalten meist thrombotische Gerinnsel. In der Harnblase findet man einen molkigen Urin, zuweilen mit Blut untermischt, der reich an Eiweiss-und Fibringerinnseln ist.
Die mikroscopische Untersuchung erweist Blutergüsse in den Malpigh'sehen Kapseln und in den Harncanälchen. Das Epithel der letzteren ist gelockert, theilweise in collabirenden Röhren abgelöst, welche die Harncanälchen verstopfen. Im spätem Verlauf nimmt die Ablösung des Epithels Überhand, die Zellen blähen sich auf, und in ihnen beginnt bereits die Fettmetamorphose ihres Inhalts. Wir finden sie in reichlicher Masse zusammengeschwemmt, die Harncanälchen dadurch oft in ansehnlichen Slrecken gleichförmig oder
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knotig erweitert. In diesem Zustande stellen sie an der Oberfläche die bereits erwähnten Granulationen dar, nämlich Canäle erweiterter, von zusammengeschobenen Epithelien strotzender Harncanälchen. Die Umwandlung der Epithelien in Körnchenzellen hat bereits an verschiedenen Stellen begonnen, die Mal pigh'sehen Glomeruli sind durch die trüben Epithelien bedeckt, collabirt, anämisch. Die Harnröhrehen der Pyramiden sind zum Theil gleichfalls mit trüben Epithelien, theils von sogenannten Hen 1 e'sehen Fibrincylin-d e rn ausgefüllt. Diese letzteren sind mattglasige Röhren, die zuweilen mit Epithelien bekleidet sind. Mitunter sind sie von einer molecularen Masse durchsetzt, nicht selten enthalten sie rothe Pigmentkörner.
Diese Form des Bright reiht sich an die vorherbesprochene croupöse Nephritis an. In Anbetracht der Abstossung und Erkrank-ungderEpithelienhatmansiedes quamativeNephriti s genannt. In weniger intensiven, die bisher gedachten Stadien langsamer, chronischer durchlaufenden Fällen folgt ein weiteres Stadium, ein solches der Degeneration, welches bereits in den acuter verlaufenden Fällen sich in dem fettigen Zerfall der Epithelien ankündigte. Sie bereitet Resorption, Collapsus und Zerfall der Harncanälchen vor, und erzeugt so Schwund und Verödung der Nierentextur. In der Rindensubstanz der Nieren treten dann hier und da vereinzelte oder in Gruppen zusammenstehende, besonders auf einem braunröthlichen, röthlichen Farbengrunde bemerkbare fahle Puncte, derartige gerade oder gewundene zarte Streifen und reticulirte Zeichnungen auf. Ja es ist die ganze Niere gelblichweiss, fahl geworden, die Mal pigh'-sehen Kapseln sind darin theils als helle, theils als opake, anämische Körnchen wahrnehmbar. In den Pyramiden zeigen sich opake, weissliche, fahle Streifen. Die Epithelialzellen beider Substanzen der Niere, besonders aber der corticalen, sind unter bedeutender Vergrösserung zu Fettkörnchenzellen geworden. Daher kommt es, dass man die Harncanälchen bei der mikroscopischen Untersuchung zum Theil mit Fettkörnchenzellen, Fettkörnchenhaufen vollgepfropft und unwegsam findet. Die Harncanälchen sind ihres Epithels verlustig geworden, erweitert oder collabirt. Wurde, wie in vielen Fällen, in diesem Stadium die Bright'sche Krankheit nicht tödt-lich, so leitet sich jetzt Atrophie und Verödung der Niere ein, und so sehen wir auch hier, wie in einer Summe anderer Fälle, den Sehwund pathologischer wie physiologischer Gebilde durch eine fettige Entartung eingeleitet. Die Niere nimmt unter beständiger Rücknahme des Fetts an Umfang ab, wobni sie zunächst anCortical-substanz verarmt. Je nachdem die Aufzehrung der Substanz an der Oberfläche mehr gleichförmig oder vorwiegend an einzelnen Stellen stattfindet, erwirbt die Niere eine gleichmässig körnige.
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höckrige Oberfläche, oder es treten grössere grubige, ausgenagte Substanzverluste hervor. Aber mit der Rücknahme der fettig entarteten Gewebstheile (Epithelien, Harncanälchen) geht eine Wucherung des interstitiellen Bindegewebes parallel, was in den Inter-stitien derTnberositäten als ein grauröthliches Bindegewebe auftritt. Die ansehnlicheren Substanzverluste sind von einer grosseren Masse eines anfänglich blauröthlichen, später röthlichen, weissen, dichten Bindegewebes ausgekleidet. Im weitern Verlaufe wird die Cortieal-substanz immer dünner, ihre Gefässe veröden, das graulichweisse Bindegewebe nimmt zu, die Pyramiden, vorzüglich die correspon-direnden, werden kleiner, bleicher und dichter, und sind von einer dünnen Schicht Corticalsubstanz bedeckt, an welcher die Albuginea gewöhnlich inniger haftet. Die Niere ist sehliesslich auf die Hälfte, selbst auf den 3. Theil ihres Normalvolumens reducirt. •
Der Nierenbefund bei der Bright'sehen Krankheit ist häufig mit verschiedenen Erkrankungen anderer Organe combinirt. Oft findet man die Zeichen acuter oder protrahirter Catarrhe, zumal Bronchitis, croupöse Exsudationen auf den serösen Häuten, auf der Dickdarmschleirahaut, Pneumonie, Encarditis und Klappenentzündung, Gehirnapoplexieen in Form sehr zahlreicher, kleiner Blutaustritte.
Der häufige Befund von bedeutenden Hypertrophieen des linken Herzventrikels beim morbus Brightii hat zu der Auffassung geführt, die Herzhypertrophie als einen Folgezustand der Nierenentartung aufzufassen, veranlasst durch Stauung in den Nierenarterien und dadurch gesetzte gehemmte Kammerentleerung. Aber gewiss ist die Stauung hier viel zu gering, um jenen Effect zu erzielen. Zwar muss zugegeben werden, dass die Zeichen einer Bright'-schen Nierenentartung in manchen Fällen lange denen einer Herzhypertrophie vorangehen, aber gewiss lassen diese seeundären Herz-hypertrophieen beim Bright noch manche andere Deutung zu.
- Die Symptome des chronischen Bright sind die einer sich allmälig entwickelnden Haut- und Körperhöhlenwassersucht bei massenhafter Ausscheidung von Eiweiss durch den Urin. Dabei wird das Aussehen des Kranken exquisit anämisch. Der gelassene Urin ist selten quantitativ vermindert, seine Menge in der Regel normal, zuweilenquot; sogar vermehrt. Seine Farbe ist mattgelb, zuweilen mit schillerndem Glänze, sein speeifisches Gewicht sinkt auf 1,005, ein Verhältniss, das durch den Mangel an Kochsalz und Harnstoff im Urin genügend erklärt wird. Der Gehalt an Kochsalz steht im umgekehrten Verhältniss zur Entwicklung der Wassersucht. Das ausgeschiedene Eiweiss schwankt von 2,5 bis 15,0 p. m. Täglich werden ungefähr auf der Höhe der Krankheit 10 Gramm Eiweiss ausgeschieden. Der Hydrops beginnt gewöhnlich als Oedem
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Parenchymatose Nephritis, chronische Bright'sche Krankheit. 623
der Unterbaut. Zuerst schwellen Gesicht und Füsse, später die oberen Extremitäten und der Stamm. Erst nach längerem Bestehen der Hautwassersucht gelingt es, Transsudate in den Korperbohlen nachzuweisen. Die Schwellung der Haut erreicht mitunter einen solchen Grad, dass der Kranke bis zur Unkenntlichkeit entstellt wird, und der Hautkörper an verschiedenen Stellen platzt, wodurch sich, besonders am Scrotum und an den labiis majoribus, Risse bilden, durch die das Wasser absickert. Die Ursache des Hydrops ist hier noch dunkel, da in so vielen Fällen neben dem bedeutendsten Hydrops normale Mengen Urin ausgeschieden werden, obwohl nicht zu leugnen ist, wie die zahlreichsten Fälle auch mir gelehrt haben, dass bei einer suppressio urinae und auch schon bei einer sichtlichen Verminderung der Harnausscheidung die hydropischen Erscheinungen beim Bright rasch wachsen. Aber auf keinen Fall kann dieses Verhältniss jene Fälle erklären, bei welchen hochgradiger Hydrops neben reichlicher Harnentleerung besteht. Für diese Fälle bleibt Nichts übrig, als die durch die massenhafte Ausscheidung von Eiweiss erzeugte hydrämische Krase als Ursache der enormenVermehrung des exosmotischen Aequivalerits des Blutes innerhalb der Gewebe, in specie des Unterhautbindegewebes und der serösen Säcke, hinzustellen. Trotzdem ist durch diese Auffassung noch nicht jeder Zweifel gelöst, um so weniger, als wir im Verlauf der Bright' sehen Krankheit Verschlimmerungen und Verbesserungen des Hydrops eintreten sehen, die in gar keinen Einklang mit den täglichen Eiweissverlusten zu bringen sind.
Das Symptomenbild der Bright'sehen Krankheit wird vielfach durch die complicirenden Zustände abgeändert. Als die gewöhnlichsten Complicationen sind hier nochmals chronische Magen-und Darmcatarrhe, Hypertrophie des linken Herzventrikels hervorzuheben. Die Zeichen der urämischen Intoxication werden hier gleichfalls beobachtet, doch fehlen sie in vielen Fällen trotz jahrelangen Verlaufs gänzlich, und nicht immer geht eine Verminderung der Urinabsonderung dem Ausbruch der urämischen Erscheinungen voran. Ueberhaupt gewinnt es nach den neueren Untersuchungen den Anschein, als ob der Harnstoff nicht um deswillen im Urin des an Bright Leidenden mangele, weil die parenchymatose Entzündung beider Nieren quot;seine Ausscheidung aus dem Blute in den Nieren hemme, sondern es scheint überhaupt die Production des Harnstoffes vermindert zu sein, und demnach wäre das Eiweiss im Urin ein pathologisches Aequivalent für den mangelnden oder fehlenden Harnstoff.
Die Zeichen der Urämie sind entweder, wie bereits im vorigen Capitel geschildert, die einer acuten Epilepsie mit einleitenden tob-
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süchtigen Erscheinungen und nachfolgendem Sopor, oder die eines sich allmälig entwickelnden Stumpfsinnes mit nach und nach eintretender allgemeiner Paralyse. Diagnostisch wichtig ist auch hier die Amblyopie und Amaurose bei der ürämie.
Die Dauer des chronischen Bright ist sehr verschieden. Dieselbe beträgt sechs Wochen, drei Monate , ein Jahr, selbst mehrere Jahre. Der gewöhnlichste Ausgang ist der Tod, der besonders durch die complicirenden Zustände: Herzleiden, Erkrankung der Respirationsorgane oder durch die veranlassenden Umstände: Caries und Nekrose der Knochen , Lungentuberkulose, seltener durch die vorschreitende Entartung beider Nieren allein, unter den höchsten Graden der Erschöpfung erfolgt. Doch wird auch vielfach bei den nicht complicirten Formen Heilung beobachtet.
Bei T h i e r e n ist der chronische Bright mehrfach angetroffen, namentlich einige Mal bei Rindern und Hunden. Bei Pferden ist er gleichfalls, besonders in seinen ersten Stadien, häufig in den Nieren gesehen worden. Man fand die Nieren dabei hyperämisch, dunkel gefärbt, mit zahlreichen Puncten und Streifen versehen, die Consi-stenz der Nieren etwas vermindert, aus dem Durchschnitte entleerte man eine trübe, blutige Flüssigkeit; die Nierenkapsel liess sich leicht abziehen. Im Nierenbecken fand man blutigen Schleim, in der Harnblase einen eiweissreichen Urin. In späteren Stadien der Bright'schen Entartung ist die fettige Entartung der Nierenepithelien mit nachfolgendem Nierenschwund, Bindegewebswucherung und granuläre Entartung der Rinden genau in derselben Weise, wie beim Menschen bereits geschildert, angetroffen worden. Doch konnte die weitere Entwickelung der Nierenentartung nur bei Rindern und Hunden beobachtet werden, da der Bright bei Pferden eine sehr rasch verlaufende Krankheit zu sein scheint. Bei Ersteren fand man denn auch die Nieren bedeutend kleiner, als im normalen Zustande, blassroth, bisweilen von weissen , bindegewebigen Strängen durchzogen, sehr derb und fest, auf dem Durchschnitte, an dem gewöhnlich die Rindensubstanz sehr verkleinert und gelblich erschien, liess sich nur wenig graue, trübe Flüssigkeit ausdrücken. Die Kapsel hing mit der Nierenoberfläche, die grobkörnig uneben war, innig zusammen. Diese höckrigen Knötchen entsprachen jedoch nicht mehr den mit Fibrinpfröpfchen und Körnchenconglomeraten angefüllten Harn-canälchen , sondern dem normal gebliebenen Drüsenparenchym , da die ersteren, nachdem sie selbst in der fettigen Entartung zu Grunde gingen, durch Resorption entfernt wurden und an ihre Stelle con-stringirendes Narbengewebe trat. Mitunter scheint auch eine Neubildung von Bindegewebe hier stattzufinden, durch dessen Schrumpfung ein Schwund der Nierensubstanz veranlasst wird (Ro e 11).
Eine Beobachtung Leisering's spricht dafür, dass auch Urämie
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Nephritis vera.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 625
bei Bright 'scher Nierenentartung bei Thieren vorkommt. Bei einem Pferde, das unter den Erscheinungen einer subacuten Gehirnentzündung zu Grunde gegangen war, und bei dem man in der Leiche nur Hyperämie der Meningen undOedem der Arachnoidea neben Wasseransammlung in den Seiten Ventrikeln vorfand, traf L eisering die Nieren sowohl, als auch die Nebennieren vergrössert und schlaff. Während die Nebennieren ganz fettig entartet waren, so dass deren Marksubstanz als ein vollständig weissgelblicher, schmieriger, fettiger Brei erschien, fand Leisering die Rindensubstanz beider Nieren gelbgrau und schmierig, erzeugt durch einen massigen Grad fettiger Entartung der Nierenepithelien. Die Marksubstanz war dagegen stark hvperä-misch. Die Harnblase wurde zusammengezogen, dickwandig ange-trofien. Die Schleimbaut war ecchymotisch. In dem aus dem Nierenbecken genommenen Urin wies man Eiweiss nach. Wunderbarer Weise erwähnt auch Leisering ebensowenig als B o e 11 etwas von Hautoder Höhlen Wassersucht. Die Vermehrung des Kammerwassers und dasArachnoideaiödem im Leisering'schen Falle spricht allerdings gegen die Annahme einer nrämischen Intoxication als Ursache der Gehirnerscheinungen, obwohl sich dieselben auch erst in agone gebildet haben können.
Während des Lebens wurde diese Nierenentartung bei Thieren noch nicht diagnosticirt, sondern nur dieselbe zufällig in den Cadavern jener Thiere gesehen, die an Entzündung der Bespi-rationsorgane, der Innern Herzausklei dung, des Bauchfells zu Grunde gegangen waren, oder die wegen unheilbarer chirurgischer Uebel vertilgt wurden.
In jenem bei Gelegenheit der Lebercirrhose von mir beschriebenen Falle, der ein altes, unter hydropischeu Erscheinungen umgestandenes Pferd betraf, fand ich die linke Niere wenig, die rechte im hohen Grade fettig entartet. Das Organ hatte massig an Volumen zugenommen, dieAlbuginea liess sich nur mit Substanzverlust von der Rinde abziehen. Die Consistenz der Rinde erschien bedeutend vermindert, dieselbe war von exgursirt lichtgelber Farbe, die in radiären Streifen nach den Malpighi'sehen Pyramiden zu verlief. Da, wo diese Streifen am Dichtesten standen, war die Rinde gradezu brüchig und auffällig blutarm. Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass die brüchigen B ellini'schen Röhren ihres Epithels vollständig beraubt, strotzend mit Körnchenzellen und Körnchenconglomeraten erfüllt waren. Das Nierenbecken fand sich mit einem gallertartigen Schleim erfüllt.
Die Nephritis vera
hat ihren Sitz in dem sparsamen interstitiellen Bindegewebe der Niere. Sie folgt beim Menschen Wunden und Contusionen der Niere, be-
Glcisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;40
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sonders aber ist sie die Consequenz jenes mechanischen Insults, der durch Anhäufung von Harnconcrementen (Nierensteine) veranlasst wurde, oder jener chronischen Einwirkung durch Anhäufung eines in alkalischer Zersetzung begrifienen Urins im Nierenbecken und in den Hamcanälchen, z. B. Verschlnss der Harnwege durch Steine, veranlasst wird. Zuweilen pflanzt sich die Entzündung vom Nierenbecken oder von dem umgebenden Bindegewebe auf die Niere fort. Endlich bei Jauchevergiftung des Blutes ohne Concurrenz embolischer Heerde.
Bei T h i e r e n entsteht diese Entzündung unter ganz gleichen Verhältnissen, doch gesellen sich bei diesen noch die missbräuch-liche Anwendung von scharfen Diureticis und der Genuss scharf-stoffiger Pflanzen beim Weidegange, wie bereits oben erörtert, als Ursachen hinzu. Beim Menschen soll die erstere Ursache gleichfalls vorkommen, doch dürfte nur in seltenen Fällen, z. B. bei innerer Anwendung der Canthariden, oder des Cantharidins dies vorkommen.
Die Entzündung befällt meist nur eine Niere, auch beschränkt sich die Entzündung meist auf einen Heerd, der anfänglich hyperä-miseh ecehymotisch, später in Folge des gesetzten Exsudats schmutzig bräunlich oder grau wird. Die Verfärbung beginnt gewöhnlich an einzelnen kleineren Stellen. Je mehr dieselbe überhand nimmt, um so matscher wird das Organ, bis endlich unter reichlicher Bildung von Eiterzellen sich der Heerd in einen oder mehrere kleine Abscesse auflöst. Die kleinern fliessen später in einen grössern zusammen, und so entsteht schliesslich ein grosser, umfänglicher Eitersack, der die Hälfte, selbst 2/3 der Niere einnimmt. Der Eiter kann sich nun durch den Ureter und die Harnblase entleeren , oder sieh nach der Bauchhöhle oder nach aussen öffnen, selbst ein Durchbruch nach der Darmhöhle und der Lunge ist nach vorhergehenden einleitenden Verwachsungen des betreffenden Darmstückes mit der Niere oder des Zwerchfells mit der Niere und der Lunge beobachtet worden.
Zuweilen trifft man ohne Concurrenz von Bright'scher Entartung einen durch diffuse Bindegewebswucherung des interstitiellen Bindegewebes (chronische interstitielle Nephritis) erzeugten completen Schwund der Binde. Die Höcker sind grosser, als im dritten Stadium der Bright' sehen Krankheit.
Die wahre Nierenentzündung hat meist einen acuten Verlauf, und beginnt deshalb mit einem Schüttelfrost, mit Fieber und mit heftigen Schmerzen in der Nierengegend. Die Urinabsonderung ist meist unterdrückt, der gelassene Urin enthält Blut und ist sehr concentrirt. Beim raschen Verlauf treten typhöse Erscheinungen ein, unter denen der Kranke in wenig Tagen unter den Erscheinungen allgemeiner Paralyse stirbt. Tritt Niereneiterung ein, so
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Speckige Entartung der Niere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 627
vermehren sich die Frostanfälle. Wichtig für die Diagnose ist der Abgang von Eiter durch den Urin.
Die chronische interstitielle Nephritis, welche die Binde in eine Narbenschwiele umwandelt, wird meist erst dann erkannt werden, wenn sich hydropische und urämische Erscheinungen einstellen.
Bei Thieren ist die nephritis vera eine häufige Krankheit, viel häufiger, als der acute und chronische Bright. Sie tritt auch mit heftigem Fieber und Entzündungserscheinungen auf'. Die Thiere stehen mit gespreizten Fassen da, die Bewegung im Hintertheil ist steif, schwankend, beschwerlich. Sie legen sich in der Regel nicht oder nur sehr vorsichtig nieder. Das Aufstehen ist sehr beschwerlich. Bei männlichen Thieren ist zuweilen der Hode angezogen, sogar schmerzhaft entzündet. Oder es sind gar die Zeichen einer heftigen Kolik zugegen. Häufig folgt unter heftiger Fieberzunahme und Betäubung der Tod. Oder die Zeichen eines acuten fieberhaften Leidens treten zurück, das Aussehen des Thieres wird cachectisch, und unter Entleerung von Eiter durch den Harn, oder mit dem Miste durch den Darm, oder nach vorhergehender Bildung von Fistelgängen durch die Haut erfolgt unter grosser Abmagerung und Zehrfieber der Tod. Mitunter erfolgt Heilung, indem der Abscess vernarbt.
Die speckige Entartung, amyloide Degeneration der Niere
beruht auf einer gleichen Einlagerung geschichteter, sieh gegen Jod und Schwefelsäure der Pflanzencellulose ähnlich verhaltender Körper , wie die Speckmilz und Speckleber, mit der sie häufig gleichzeitig angetroffen wird. Wie diese, entwickelt auch sie sich aus jener Alteration der Ernährungsvorgänge, welche langes Siechthum in Folge von allgemeiner Syphilis, Rhachitis, Caries und Nekrose der Knochen, Mercurialismus nach sich ziehen.
Durch die Einlagerung jener amorphen, geschichteten Körper gewinnt die Nierensubstanz unter Zunahme der Consistenz, eine beträchtliche Grosse und wird exquisit blutarm , auf der Schnittfläche speckig glänzend, tunica propria und Gefässwände zeigen eine homogene Verdichtung. Die Anhäufung der Colloidschollen findet namentlich in den Bellin'schen Bohren und in den Malpigh-schen Körpern statt. Doch nehmen die Wände der Bellin'schen Röhren und der Gefässe unzweifelhaft Antheil an der Degeneration, wie die Jodschwefelsäurereaction erweist. Daher hat Virchow gewiss nicht ganz mit Unrecht diese Gewebsdegeneration mit einer allmäligen Verholzung thierischer Gewebe verglichen, obwohl die chemische Constitution der Colloidschollen mehr an die Pro-teïnverbindungen erinnert und entschieden stickstoffhaltig ist. Im Ver-
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lauf der Speckniere beobachten wir den Abgang massiger Mengen Eiweiss, aber auf die Anwesenheit der Störung kann nur die gleiche Degeneration in der Leber und der Milz aufmerksam machen. Findet man also bei den oben erwähnten Siechkrankheiten grosse Leberund Milztumoren, die sich durch eine glatte Oberfläche characteri-siren, tritt Eiweiss im Urin und Hydrops auf, so wird man selten einen Fehlschuss thun, wenn man speckig entartete Nieren diagno-sticirt. Sowie Leber- und Milzturaoren fehlen, so lässt sich die speckige Entartung der Niere schon um deswillen nicht vom chroni-schfin Bright, trennen, weil auch bei ihr neben Eiweiss FaserstofiF-cylinder im Urin angetrofien werden.
Die Speckniere ist bei T h i e r e n als selbstständiges Uebel noch nicht beobachtet worden.
Neubildungen der Niere.
Carcinom der Niere tritt seeundär, aber auch primär beim Menschen auf, und sonderbarer Weise waren es jugendliche Sub-jeete, welche von Nierenkrebs befallen wurden. Die gewöhnlichste Form des Nierenkrebses ist der Markschwamm, weit seltener ist der Sc ir rh us und der Alveolarkrebs. Ersterer bietet bald umschriebene Knoten von verschiedener Grosse, welche das Nierenparen-chym allmälig verdrängen, oder die krebsige Degeneration greift von der Stelle ihrer ersten Entwickelung immer weiter auf das umgebende Gewebe über, verdrängt dasselbe immer weiter, seine Stelle einnehmend. Unter steter Wucherung der präexistirenden Gewebs-elemente erreicht die Massenhaftigkeit der Production hierbei zuweilen einen solchen Grad, dass die Niere zu einem kindskopfgrossen Markschwamm umgestaltet wurde, der auf seinem Durchschnitt nur hin und wieder Reste des befallenen Organs mit mehr oder weniger in-tacter Textur birgt. Bei dieser immensen Wucherung werden dasPe-ritonäum, die benachbarten Venen, die retroperitonäal gelagerten Lymphdrüsen, die Beinhaut der Wirbelsäule und diese selbst, die Harnwege mit in die Entartung hineingezogen. Häufig ändet man neben Markschwamm der Niere Hodenkrebs. Das jähe Wachsthum der Geschwulst geht mit einer auffälligen Vergänglichkeit seiner histiologischen Elemente einher; deshalb Neigung zu heerdweisen Zerfall, Blutungen in die Substanz der Afterbildung und bei dem in die Harnwege auswachsenden Krebs Hämaturie oder Blutergüsse in die Umgebung der Nieren, in das dort gelagerte Zellgewebe, in den Bauchfellsack u. s. w. Bisweilen ist die Hämaturie das hervorstechendste äussere Symptom der Krankheit. Rascher Verfall der Kräfte wird nie ausbleiben. Wichtig für die Diagnose ist neben heftigen Neuralgieën in der Lendengegend der Nachweis einer sich
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Neubildungen der Niere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 329
jäh vergrossernden Geschwulst durch die Palpation in der Tiefe des Abdomens.
Bei Thieren wurde der Nierenkrebs einige Male und zwar in der Form eines sehr gefassreichen Markschwamms und des Cystenkrebses, bei Pferden angetroffen, unter welchen das eine während des Lebens an Bluthamen gelitten hatte. Bei dem letztern Fall erlangte die Niere einen enormen Umfang und zeigte, eingebettet in eine hirnmarkähnliche, meist sehr gefässreiche und von Blntextra-vasaten durchzogene Masse, zahlreiche erbsen- bis haselnussgrosse, theils mit dünnem, gelben Serum, theils mit einer gallertartigen, röthlich grauen Masse erfüllte Cysten. Bei Hunden kommt der Markschwamm der Niere nicht selten neben Leberkrebs vor (Koell).
Die Tuberkulose der Niere wird beim Menschen entweder bei der acuten Miliartuberkulose angetroffen, dabei findet man inohn-samengrosse, durchscheinende Knötchen, besonders durch die Binde zerstreut, oder neben einer chronischen Miliartuberkulose trifft man zuweilen grössere, gelbe, käsige Tuberkelablagerungen der Niere, nämlich metamorphosirte Tuberkelconglomerate. Eine eigenthüm-liche, dem Menschen zukommende Form der Nierentuberkulose ist noch die zu Hodentuberkulose sich gesellende, der nicht allemal nothwendig Lungentuberkulose vorauszugehen braucht. Bei dieser letzteren Form findet eine massenhafte Bildung von Tuberkeln statt. Die einzelnen Knötchen conglomeriren sich, und fliessen zu grosseren Massen zusammen. Dadurch vermehrt sich Volumen und Gewicht des Organs. Die Oberfläche wird uneben, höckrig. Die Niere ist von käsigen Heerden und Cavemen durchsetzt. Eine annähernd sichere Diagnose dieses Zustandes ist während des Lebens nur bei vorhandener Complication mit Hodentuberkulose möglich. Ich habe nur einen derartigen Fall bei Sigmund in Wien gesehen, wo die Nierentuberkulose sich zur Hodentuberkulose gesellte. Der Tod erfolgte durch tuberkulöse Peritonitis. In der Lunge mangelten alte Tuberkelheerde.
Nierentuberkulose der Thiere ist selten und nur neben allgemeiner Tuberkulose beobachtet worden.
Cysten in der Niere werden bei Menschen und Thieren oft beobachtet. Man sieht sie von der Grosse eines Hanfkorns bis zu der einer Wallnuss. Sie enthalten gewöhnlich eine klare, wässrige Flüssigkeit, seltener eine gallertartige Masse. Ihre Entstehung ist verschieden. Entweder sie entwickelten sich durch Abschnürung partiell verödeter Harncanälchen und kommen dann gewöhnlich in theilweise atrophirenden Nieren zu Stande ; sie bleiben dann stets von grosser Kleinheit und sind gerade mit unbewaffnetem Auge sichtbar. Oder sie haben wirklich den Werth eines Neugebildes, und dann erreichen sie oft eine bedeutende Grosse. Sie kommen
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dann entweder vereinzelt in der Rindensubstanz zerstreut vor, oder sie erreichen in ausgezeichneten Fällen eine solche Zahl, dass gewöhnlich beide Nieren ziemlich symmetrisch zu einem Aggregat kleinerer oder grösserer Cysten umgewandelt sind.
Dieser Zustand ist, ausser beim Menschen, namentlich bei Rindern vielfach beobachtet und als Blasenniere aufgeführt. Hierbei kommen Cysten von eben wahrnehmbarer Grosse bis zu der einer Wallnuss, eines Hühnereies und darüber vor. Dabei ist das Organ auf das Doppelte, selbst Dreifache vergrössert und hat eine gelappte, tuberose Oberfläche erhalten. Der Inhalt dieser Blasen ist bald serös, fadenziehend, colloid oder bluthaltig, bräunlich, schwärzlich.
Fibroide Bildungen kommen zuweilen im Nierenbecken der Pferde vor.
Eine eigentliche
Hypertrophie der Niere,
wobei eine Massenzunahme des Organs stattfand ohne Veränderung der normalen Structur, giebt es wohl nicht. Jede Massenzunahme des Organs ist hier mit bestimmten degenerativen Vorgängen gepaart, die bereits im Vorhergehenden ihre Erledigung fanden. Dasselbe gilt von der
Atrophie der Niere,
die wir in den meisten Fällen durch die Ausgänge der parenchyma-tösen Nephritis (fettige üsur, Bindegewebshypertrophie) oder durch Neubildungen, Krebs, Cystenbildungen, veranlasst sahen.
Ohne klinische Bedeutung und deshalb hier nur Erwähnung findend, sind jene
Abnormitäten der Gestalt und Lage der Niere,
diewirals Hufeisenniere kennen. Die mit einander verwachsenen Nieren liegen hier gewöhnlich weit tiefer, ja sitzen selbst dem untersten Lendenwirbel auf. Durch eine schmale Brücke finden wir hier beide Nieren miteinander vereinigt. Die Hufeisenniere ist beim Menschen vielfach, bei Thieren nur einmal beim Pferde beobachtet. Zuweilen besteht:
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Der Mangel einer Niere.
Die Gefahr, welche aus diesem Zustande erwächst, ruht darin, dass jede zufällige Verstopfung des Ureters ohne Weiteres Anurie,
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Parasiten der Niere.
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absolute Hamretention und Tod unter urämischen Erscheinungen uach sich ziehen muss, wie in einem Falle von Rokitansky (1853).
Es kommt vor, dass die Niere d.M. eine ungewöhnliche Beweglichkeit erreicht. Die Niere, vorzüglich die rechte, ist dann in ein laxes Bindegewebe eingehüllt, und sie ist dann durch das vorgestülpte Bauchfell in eine Art Gekröse eingehüllt.
Concrementbildungen in der Niere, Nierensteine,
welche bald aus harnsauren, Oxalsäuren Salzen, oder bei den Pflanzenfressern besonders aus Carbonaten der Alkalien und alkalischen Erden bestehen, kommen bei Menschen und Thieren vor, rufen wüthende Schmerzen in der Nierengegend, Nierenkoliken, Entzündung und Vereiterung der Nierensubstanz, Berstung des Nierenbeckens, secundäre Bauchfellentzündung hervor. Kleinere Nierensteine gelangen in das Nierenbecken und durch die Ureteren in die Blase und von dort aus nach aussen.
Der Harnsäureinfarct besteht in körnigen Niederschlägen harnsaurer Salze, der Kalkinfarct der Niere dagegen aus Präcipitaten kohlensaurer und phosphorsaurer Ealkerde. In beiden Fällen wird eine mehr diffuse Infiltration des Nierenparenchyms durch sich ausscheidende krystallinische Substanzen gebildet. Diese Infarcte finden sich nicht blos bei Individuen, die bereits geathmet haben, sondern auch im Fötus. Beim Harnsäureinfarct findet man auf der Schnittfläche der Pyramiden feine, gelbrothe Streifen, welche in der Richtung der Harncanälchen liegen, und die sich bei der mikroscopischen Untersuchung durch eine Anfüllung der Harncanälchen mit einer schwärzlichen, grobkörnigen Masse erzeugt ausweisen. Beim Kalkinfarcte findet man weissgelb-liche Streifen in den Pyramiden, die aus schwarzen, körnigen Massen bestehen, welche beim Zusatz von Salzsäure unter Gasentwickelung sich auflösen. Die Präcipitate von Trippelphosphat bilden zuweilen hirsekorngrosse Steine, welche in den lubuli recti der Pyramiden stecken, oder weissgelbliche, streifige Infiltrate. Die Letzteren führen gern zu Entzündung und Vereiterung der Nieren.
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Parasiten der Niere.
Beim Menschen kommt in der Niere der Echinococcus vor, doch viel seltener, als in der Leber. Wir finden ihn dort von einer fibrösen Kapsel eingeschlossen, die das Product einer chronischen interstitiellen Nephritis ist. Eine Diagnose während des Lebens ist
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nur dann mit Sicherheit möglich, wenn durch den Urin Echinococ-cusblasen oder Rudimente derselben abgehen.
Der strongylus gigas und cystieereus cellulosae kommen gleichfalls in der Niere des Menschen vor.
Bei Bindern troffen wir den Echinococcus in der Niere, den strongylus gigas im Nierenbecken des Pferdes, Rindes und Hundes, zuweilen in mehreren Exemplaren, und dann vermag eraquo; Verhinderung des Harnabgangs, Nierenschwund, Nierenblutung zu erzeugen.
Functionelle Störungen der Niere.
Als eine solche ist der
Diabetes insipidus
zu bezeichnen, der sich durch einen vermehrten Abgang eines spe-ciflsch schwereren Urins charakterisirt, und sich durch den Mangel der Harnzuckerausscheidung von dem diabetes mellitus unterscheidet. Von der Hydrurie, welche einer Unterdrückung der Hautabsonderung, dem reichlichen Genüsse wässrigen Getränks, der Darreichung von Diureticis folgt, unterscheidet sich der diabetes msipidvs durch das vermehrte oder wenigstens unveränderte specifische Gewicht, während das specifische Gewicht bei der Hydrurie stets wesentlich vermindert angetroffen wurde.
Unter diabetes insipidus sind beim Menschen mehrere Se-cretionsanomalien beschrieben worden , welche zwar in Bezug auf quot;Vermehrung der Harnabsonderung dem diabetes mell. ähnlich sind, sich aber alle durch Mangel von Zucker im Harn von ihm unterscheiden.
Englische Aerzte (Prout) rechnen hierher die sogenannte Azoturie und Hydrurie, das wesentliche Merkmal der erstem soll ein Ueberschuss von Harnstoff im Harne sein, den aber Lehmann und Becquerel nicht mit Sicherheit constatiren konnten. Lehmann erklärt sich daher gegen jede Annahme einer eigentlichen Azoturie.
Nach Prout ist der Harn bald schwach gefärbt, bald dunkel, wie Braunbier, hat einen schwachen, natürlichen Harngeruch, zersetzt sich sehr leicht und wird bald alkalisch, hat ein hohes spec. Gewicht, meist über 1,025 bis zu 1,035, zuweilen aber auch unter 1,020. Die tägliche Harnmenge kann bis zu 6 — 20 Pfund steigen. Der Harnstoffgehalt ist oft so beträchtlich, dass nach Zusatz von Salpetersäure ohne weiterequot; Concentration des Harns der salpetersaure Harnstoff nach einigen Stunden herauskrysiallisirt.
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Zucker im Harn der Menschen und Thiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;633
Begleitende Symptome: Drang zum Harnlassen, Gefühl von Ziehen , Schwere, Empfindlichkeit in der Lendengegend, Abneigung gegen körperliche Bewegung, erhöhte Reizbarkeit, vermehrter Durst, nagendes Gefühl in der Herzgrube. —
Zucker im Harn der Menschen und Thiere.
Unter physiologischen Verhältnissen geht, wie bekannt, sehr selten Zucker in den Harn so über, dass er nachweissbar ist. Man hat ihn dann nur nach Aufnahme viel zuckerreicher Nahrung gefunden. Es ist aber nur hierbei daran zu erinnern, dass Zucker sich im Harn ausserordentlich leicht zersetzt, und dass er daher wahrscheinlich oft schon in der Harnblase zersetzt ist, oder während der chemischen Behandlung bereits Umwandlungen erleidet. Es mag also wohl weit öfter Zucker in den Harn übergehen, ohne dass derselbe chemisch nachweisbar wird. Versuchen an Thieren zu Folge seheint unter normalen Verhältnissen Zucker nur dann in den Harn überzugehen,wenn derselbe sich im Blute bis zu 0,4 und 0,5 Proc. angehäuft hat. Im diabetes mellilus des Menschen geht Zucker in den Harn über, während das Blut viel ärmer an Zuckerist, als in den eben angeführten physiologischen Versuchen. Ausser im Diabetes findet man zuweilen Zucker im Harn bei gestörter oder schnell gehemmter Milchabsonderung, bei B r i g h t'scher Nierenentartung, bei verlangsamtem Blutlauf in den Haargefässen der Nieren.
Ich habe mich schon oben beim diabetes /rae//jlt;ZM darüber ausgesprochen , dass diese Krankheit nur dem Menschen eigenthümlich sei, wenn ich auch gern zugeben will, dass hin und wieder Zuckermengen in den Urin der Thiere übergehen, aber gewiss in so kleinen Quantitäten, dass sie sich gewöhnlich der Beobachtung entziehen. Sussdorf glaubt, dass das so seltne Vorkommen des Harnzuckers bei den Herbivoren darin begründet sei, dass sie in ihrer Nahrung weit reichere Mengen von pflanzensauren Alkalien ununterbrochen aufnehmen, welche bei ihrem Uebergange im Blute in kohlensaure Alkalien eine grössereAlkalicität desselben bedingen, deshalb ununterbrochen im Harne auftreten und die Oxydationscapacität des Blutes vergrössem, so dass nicht gut der Zucker sich unoxydirt im Blute verhalten kann.
Dagegen spricht das therapeutische Experiment, indem die grössten Quantitäten pflanzensaurer Alkalien, im diabetes mellitus d. M. dargereicht, ohne allen Einfluss auf den Zuckergehalt des Urins sich erwiesen. Andrerseits darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass im sauren Harne der Fleischfresser der Harnzucker ein gleich seltener Gast ist, als im alkalischen der Pflanzenfresser. Deshalb ist die Hypothese, welche einen Alkalimangel im Blute beim
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Diabetes supponirt, mit vollem Rechte längst verlassen. Üeberhaupt darf man sich die Sache nicht so einfach denken, dass im diabetes mellitus des Menschen der übermässige Zuckergehalt des Blutes auf rein exosmotischem Wege das massenhafte Auftreten des Harnzuckers im Urin bedinge, vielmehr hat die Untersuchung gelehrt, dass der Harnzucker aus dem Blute in den Nieren beim diabetes mellitus schon in den Harn überging, obwohl das Blut viel ärmer an Zucker war, als in jenen physiologischen Versuchen, die da ergaben, dass lji Proc. Zuckergehalt des Blutes nothwendig sei, damit Hamzucker aus dem Blute in den Urin ausgeschieden werde. Demnach scheinen im Diabetes , durch Ernährungsverhältnisse ungekannter Art vermittelt, die thierischen Membranen, in specie die der Harncanälchen, für Harnzuckerlösungen durchlässiger geworden zu sein, als unter normalen Verhältnissen.
Sussdorf wies in einem Falle Harnzucker theils durch das Tr om m er'sche, theils durch das Bo ettger'sche, theils durch das M a u m e n é 'sehe Verfahren und endlich durch die Gährungsf ähig-keit des Urins bei Zusatz von Hefe im Harn eines Pferdes nach. Das Thier war unter den Erscheinungen eines fieberhaften Rothlaufs und den Zeichen der Blutzersetzung zu Grunde gegangen. Der Gehalt an Harnstoff und Hippursäure war im Urin sehr vermindert, während die Phosphate der Erden und Alkalien mangelten und durch milchsaure Salze vertreten waren, die eine saure Reaction des Urins bedingten. Er enthielt Spuren von Eiweiss. Eine quantitative Bestimmung der in den Harn übergehenden Zuckermengen wurde nicht vorgenommen.
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Krankheiten der Nebennieren.
Die Erkrankungen der Nebennieren haben insofern ein klinisches Interesse erregt, als es einem englischen Arzt, Namens A d d i s o n , gelang, neben Abscessen, Krebsneubildungen, Tuberkulose der Nebennieren des Menschen eine eigenthümliche Pigmentirung der Haut nachzuweisen. Die Haut bekommt hierbei ein broncefarbenes Colorit, zuweilen ist das Gesicht aschfarben gefärbt. Der Zusammenhang zwischen Degeneration der Nebennieren und jener Pigmentanhäufung in der Cutis ist durch die Wissenschaft nicht im Entferntesten nachgewiesen. Die Schwierigkeit der Deutung konnte nur durch jene Beobachtungen wachsen, die intensive Pigmentirung der Haut beim Menschen ohne Nebennierendegeneration ergaben. Gleichfalls weist die vergleichende Pathologie zum Ueberfluss auch Entartungen der Nebennieren bei Thieren nach, ohne pathologische Pigmentan-
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Krankheiten der Nebennieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 635
häufung, die zwar dort in der Haut unerweislich ist, da die Beobachtungen von Nebennierendegeneration an Thieren gemacht wurden, welche ein pigmentirtes Rete haben; aber man hätte dafür doch als Aequivalent Pigmentanhäufung in den Schleimhäuten und serösen Häuten erwarten können. Doch erwähnen die Autoren Nichts davon.
Leisering fand neben Bright 'scher Nierendegeneration bei einem Pferde die Nebennieren in einen schmierigen Fettbrei verwandelt. In einem andern Falle fand Leisering nach Herausnahme der Baucheingeweide die Nieren bei einem Pferde in ein grosses Blut-coagulum eingebettet, besonders war dies linkerseits der Fall. Hier erreichte das Coagulum fast die Grosse eines Menschenkopfes. Bei näherer Untersuchung ergab sich, dass die Nebennieren der Ausgangspunct der Blutung waren. Die rechte Nebenniere fand sich sehr welk und weich, in fettiger Degeneration begriffen und mit vielen kleinern und grössern Extravasaten durchsetzt. Die linke Nebenniere war sechs Zoll lang und entsprechend dick. Ihr Parenchym war in Extravasaten ganz untergegangen und unkenntlich geworden. An einer Stelle fand sich in dieser Nebenniere ein zwei Zoll langer Riss, durch welchen das Blut, das die Nieren als Coagulum umgab, herausgetreten war. Die Nieren zeigten keine abnormen Erscheinungen. Das betreffende Thier war plötzlich unter heftigem Fieber erkrankt und bald darauf umgestanden.
In einem andern Falle fand Leisering mit der linken Nebenniere einer Kuh eine doppelmannsfaustgrosse Geschwulst in Zusammenhang stehend, die sich als reines cpagulirtes Blut erwies, welches blasenartig von der tunica pröpria der Nebenniere umgeben war. Aus dem geronnenen Blute hatten sich Faser-stoffmassen in Streifen ausgeschieden, die der Innenfläche der blasig abgehobenen Haut adhärirten. Leisering sagt: „es stellte sich heraus, dass durch irgend einen Zufall oder Erkrankung eine Blutung in dem Organ entstanden war, die nach und nach die ümhüllungs-haut der Nebenniere bis zu der erwähnten Grosse ausgedehnt und dieselbe in eine Blutcyste verwandelt hatte.quot;
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Krankheiten der ïïamwege.
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Von den Krankheiten des Nierenbeckens.
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Anatomische Störungen.
Hydronephrose.
Dieser Zustand ist bei Menschen, Pferden, Bindern, Schweinen angetroffen worden. Er entwickelt sich aus einer dauernd aufgehobenen Urinentleerung aus dem Nierenbecken, welche durch Steine, die die Ureteren verstopften, durch Compression, welche dieselben von benachbarten Geschwülsten erfuhren, durch Schwellung der Schleimhaut der Harnleiter oder durch Verwachsung ihrer Wandungen gesetzt ist. Durch allmälige Vermehrung des Urins dehnen sich Nierenbecken und Nierenkelche aus. Erreicht die Spannung im Nierenbecken einen gewissen Grad, so werden die Oeffnungen der tubuli recti in den Nierenpapillen durch Druck verschlossen. Dadurch wird zwar ein weiterer Austritt von Urin in das Nierenbecken gehindert, aber der stagnirende Urin und dessen Umsetzungs-producte reizen die Schleimhaut des Nierenbeckens fort und fort. Das Product dieser Beizung ist die Ausscheidung einer serösen Flüssigkeit, die das Nierenbecken nach und nach zu einer gewaltigen, unvollständige Fächer zeigenden Blase ausdehnt, die durch Druck Mark- und Bindensubstanz der Niere allmälig atrophirt. Diese Atrophie beginnt mit einer Abflachung der Nierenwärzchen und endet mit einem allmäligen vollständigen Verschwinden der Nierensubstanz. Bei den niedem Graden trifft man die abgeplattete Nierensubstanz oberhalb der erweiterten Kelche verdichtet, lederartig
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Die Entzündung des Nierenbeckens, Pyelitis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 637
zähe. Bei höherem Grade beträgt die Nierensubstanz einige oder nur eine Linie im Durchmesser, bei dem höchsten Grade ist sie völlig geschwunden und statt derselben ein häutiger, aussen gelappter, innen gefächerter, mit einem urinösen Fluidum oder einer klaren Serosität gefällter Sack vorhanden. Die Grosse der Blase kann der eines Kindskopfs, ja sogar der eines Mannskopfs gleich kommen, die Erweiterung des Ureters vermag den Durchmesser eines Dünndarms zu erreichen, wobei dessen Wände verdickt sind. Zuweilen erstreckt sich die Erweiterung vorzüglich auf die Harnleiter. In einem derartigen Falle waren die einem Dünndarm gleichenden Harnleiter eines Pferdes an ihrer Eintrittsstelle in die Blase mit Con-cretionen verstopft. Die Nierenbecken waren erweitert, beide Nieren boten Kalkinfarcte ihrer Medullarsubstanz dar. Durch Harnstagnation war in beiden Fällen die Rindensubstanz geschwellt. (L e i s e r i n g.)
Die Entzündung des Nierenbeckens, Pyelitis,
ist in seltenen Fällen eine croupöse oder diphtheritische, am Häufigsten eine catarrhalische. Veranlasst kann der Catarrh des Nierenbeckens werden durch Steine, durch stagnirenden, in Zersetzung begriffenen Harn, durch Fortpflanzung entzündlich catarrhalischer Processe von der Blase durch die üreteren auf die Schleimhaut des Nierenbeckens. Im frischen Zustand findet man die Nierenbeckenschleimhaut durch Injection und Ecchymosirunggeröthet, aufgelockert, mit einem puriformen Schleim bedeckt, die Oberfläche der Schleimhaut oft mit harnsauren Salzen incrustirt. Das Nierenbecken ist gewöhnlich dabei erweitert und seine Wandungen sind verdickt. Trat eine Verschwärung der Schleimhaut ein, so kann es zum Durchbruch des Nierenbeckeninhalts und zur Harninfiltration des umgebenden Bindegewebes kommen , wodurch verjauchende Eiterungen, secundäre Peritoniten entstehen.
Während des Lebens lassen sich diese Zustände kaum mit Bestimmtheit erkennen. Bei der acuten Form der Pyelitis tritt beim Menschen Fieber mit prononcirtera Frostanfall, sympathisches Erbrechen , Hämaturie, Pyurie ein. Beim chronischen Verlauf kann die Eiterabsonderung der Nierenbeckenschleimhaut so abundant werden, dass unter reichlicher Ausscheidung von Eiter durch den Urin der Tod unter marantischen und hydropischen Erscheinungen erfolgt.
BeiPferden ist diePyelitis kein so seltener Befund im Cadaver. In der Mehrzahl der Fälle tritt sie ohne nachweisbare Ursachen auf, wird jedoch oft durch Anwesenheit von Harnsteinen und Schmarotzern in dem Nierenbecken veranlasst. Der gelassene Harn ist
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Krankheiten der Harnwege.
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sehr zähe, und scheidet beim Stehen reichliche Sedimente von Schleim und Eiter aus. Der catarrhalische Zustand pflanzt sich bisweilen auch über die Harnleiter bis zur Blase fort. — Das Nierenbecken trifft man im Cadaver mit reichlichem Schleim erfüllt, die Schleimhaut ist schmutzig bräunlich, bisweilen pigmentirt.
Neubildungen
trifft man im Nierenbecken und in den Harnleitern :
Carcinome, die vom Nierenbecken und den Harnleitern ausgehen, sehr selten.
Tuberkulose des Nierenbeckens und der Harnleiter kommt mit Tuberkulose der Niere und des Hodens gepaart vor.
Steinige Concremente werden häufig im Nierenbecken angetroffen. Schon in den Papillen der Nierenkelche kommen steinige Concremente vor. Die meisten Blasensteine entstehen ursprünglich in dem Nierenbecken, gelangen durch die üreteren in die Blase und werden dort durch Niederschläge aus dem Urin vergrössert, und erzeugen so die Blasensteine, von denen später absonderlieh noch gehandelt wird. In vielen Fällen machen die steinigen Concremente in dem Nierenbecken keine Erscheinungen, doch nicht so selten rufen sie Nierenblutungen, Pyelitis, Nierenkoliken, wüthende Schmerzen bei Körpererschütterungen: beim Reiten, Fahren, Schnelllaufen etc. hervor.
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Parasiten des Nierenbeckens: strongylus gigas bei Menschen, Pferden, Rindern, Hunden etc.
Functionelle Störungen
des Nierenbeckens und der Üreteren.
Als solche kann die Nierenkolik aufgeführt werden, die jedoch niemals als selbstständiges Leiden auftritt, sondern entweder durch steinige Concretionen, oder durch Blutcoagula und Parasiten, welche Nierenbecken und üreteren passiren, hervorgerufen wird. Bei der Nierenkolik treten entweder ohne bekannte Veranlassungen, oder nach Erschütterung des Körpers plötzlich die wüthendsten Schmerzen auf, welche sich von der Niere gegen die Blase erstrecken und nach den Schenkeln und den Hoden ausstrahlen. Dabei ist grosses Angstgefühl vorhanden , die Urinsecretion ist trotz unaufhörlichen Dranges zum Urinlassen verzögert. Es treten cephalische
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Catarrh der Blase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 639
Erscheinungen, Schwindel, Besinnungslosigkeit, selbst allgemeine Convulsionen, Würgen, Erbrechen ein. Ein solcher Anfall dauert selten über 24 Stunden. Das Leben des Kranken wird durch die Nierenkolik so gut wie nie gefährdet.
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Erkrankungen der Harnblase. Anatomische Störungen. Catarrh der Blase, cystitis catarr/iah's.
Catarrh der Blase sehen wir durch directe Reize, welche rohe chirurgische Hilfeleistungen, die Anwesenheit von Harnsteinen und die Beimischung von scharfen Substanzen zum Urin, als resinöse Stoffe, Canthariden, Terpentinöl erregen, ferner durch Fortpflanzung krankhafterVorgänge von benachbarten Organen auf die Blasenschleimhaut , wie besonders der catarrhalischen Entzündung der Harnleiter und der Harnröhre, endlich durch indirecte Reize, z. B. Hauterkältung veranlasst.
Die Schleimhaut der Blase trifft man bei diesem Zustande ge-röthet, stellenweise aufgelockert, ihres Epithels beraubt. Beim chronischen Catarrh ist die Schleimhaut schiefergrau, verdickt, das submuköse Bindegewebe und die Muscularis ist hypertrophisch, der in der Blase enthaltene Urin ist meist im Zustande ammoniakalischer Zersetzung. Bei längerem Bestand der Cystitis trifft man catarrha-lische Geschwüre und submuköse Abscesse an. In seltenen Fällen kommt es zur diffusen Verjauchung der Blasenschleimhaut, wobei besonders der faulende Harn ein wichtiges Glied in der Reihe der Ursachen abgiebt. Zuweilen kommt es zu einer enormen Verdick-nng der Blasenwand. Hierbei ist die Muscularis bis auf einen halben Zoll verdickt und bildet auf ihrer Oberfläche leisten- und balkenförmige Horvorragungen. Gewöhnlicher, als nach chronischen Catarrhen, beobachten wir diese Hyp er tr o phi e der Blase n-wand, die man auch in eine excentrische und concentrische einge-theilt hat, je nachdem die Capacität der Harnblase sich dabei vermehrt oder vermindert zeigt, nach langwierigen Harnstauungen in der Blase, gleichgültig, ob dieselben paralytischer oder mechanischer Natur waren. Der häufig gleichzeitig vorhandene Blasencatarrh ist dann in den meisten Fällen als ein Coëffect der Harnstauung aufzufassen. Erfolgte der Tod durch catarrhalische Entzündung der Blase allein, so trifft man meist Perforation der Blase, Harn-
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640nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Hamwege.
infiltration des die Blase umgebenden Zellgewebes, bald acute bald chronische Peritonitis, mitunter auch Durchbruch desPeritonä-ums, Harn- und Jaucheerguss in's cavum abdominis an.
Die Symptome der catarrhalischen Blasenentzündung beziehen sich meist auf Störungen der ürinentleerung. Bald begegnen wir der incontinentia urinae, bald der Ischurie. Die gesteigerte Keflexerregbarkeit der Blasenmuskulatur bewirkt, dass die Vesica gar keine Harnansammlung duldet. Sowie nur wenige Tropfen innerhalb der Blase sich ansammeln, so werden sie durch die Harnröhre unter drängenden Schmerzen entleert. Dem Urin ist nur wenig Schleim beigemengt. Später wird er reichlicher gelassen und enthält copiöse Schleimmengen. Die Ischurie scheint durch Blasenkrampf vermittelt zu sein. Der Ausgang ist oft der in Genesung.
Beim chronischen Catarrh treten die Reizungsphänomene in den Hintergrund. Die Menge des entleerten Schleims ist beträchtlich. Der in der Blase enthaltene Urin wird durch den Blasenschleim zersetzt, und statt des Harnstoffs treten in ihm Ammoniakverbindungen auf. Dadurch erhält der schleimige, fadenziehende Urin einen scharfen, stechenden Geruch. Der saure Harn der Alles - und Fleischfresser, nicht minder der alkalische Urin der Herbivoren vermögen ihren Gehalt an phosphorsauren und kohlensauren Erden nicht mehr gelöst zu erhalten, und so entstehen jetzt jene unlöslichen , phosphorsauren, doppelbasigen Salze, welche wir Trippelphosphate nennen, die theils als Harnsand und Harngries mit dem Urin abgehen, theils in der Blase zurückbleiben, und zur Bildung von Blasen steinen Veranlassung geben. — Bei Blaseneiterung tritt Zehrfieber hinzu. Die diffuse Verjauchung der Blasenschleimhaut, ihre Perforation ruft einen raschen Collaps hervor, kühle Haut, kleinen Puls, kalte Schweisse und der Kranke unterliegt rasch diesen Erscheinungen, oder eine Peritonitis tödtet in wenig Tagen. Bei dem Ausgange in Hypertrophie der Blasen-#9632;wand fühlt man beim Menschen oft eine harte, resistente, kuglige Geschwulst über der Symphise und findet dabei die Zeichen der Ischurie.
Die croupöse und diphtheritische Cystitis ist meist consecutiv und wird bei Typhus, den Pocken, Scharlach, der Rinderpest beobachtet. Selten ist die ganze Blase ergriffen, nur an einer beschränkten Stelle lagern hier Croupfetzen der Schleimhaut auf, oder sie zeigt sich an derselben mit dem diphtheritischen Schorf, der nach seinem Abstossen das diphtheritische Geschwür hinterliess. Die Umgebung ist meist Sitz eines intensiven Catarrhs.
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Neubildungen in der Blase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;641
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Die Pericystitis
ist eine Entzündung des die Blase umgebenden Bindegewebes. Selten ist sie selbstständig, meist folgt sie den Durchbohrungen der Blase, die durch Abscesse der Blasenschleimhaut, durch catarrhalische und diphtheritische Geschwüre veranlasst wurden. Nicht die Perforation allein , sondern die Harninflltration des die Blase umgebenden Bindegewebes machen diese secundäre Pericystitis so gefährlich. Auch die ohne Perforation auftretenden Pericystiten sind nicht selbstständig, sondern erscheinen im Verlaufe des Typhus, des Anthrax, der fieberhaften Exantheme, und diesem Umstände ist es zuzuschreiben , dass auch die ohne Harninfiltration auftretenden Peri-cystides eine grosse Neigung, wie alle secundären Gewebsalterationen im Verlaufe jener acuten Infectionsfieber, zum Zerfall, zur Eiterung und zur Nekrose besitzen, was begreiflicherweise ihre Gefährlichkeit nur steigern kann. Die Eiter- und nekrotischen Heerde können secundär Durchbohrungen benachbarter Organe nach sich ziehen, so der Bauchhöhle, der Blase, der Vagina, des Mastdarms u. s. w.
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Neubildungen der Blase.
Tuberkulose der Blase wurde beim Menschen neben Tuberkulose der Harnleiter und des Nierenbeckens bei Hodentuberkulose beobachtet; beiThieren ist sie noch nicht wahrgenommen.
Carcinome der Blase sind beim Menschen nicht häufig. Der Scirrhus ist selten, häufiger der Markschwamm in Form des Zottenkrebses. Der Letztere ruft hier sehr oft abundante Blutungen hervor. Durch Zerfall und Verjauchung können Perforationen und Communicationen mit den benachbarten Höhlen entstehen.
Krebs der Harnblase bei Thieren scheint selten zu sein. Gur 11 beschreibt einige derartige Fälle. Leisering fand im Grunde der Blase eines Ochsen eine graugelbe, weiche, sich schleimig anfühlende Masse, welche in ihrem Gewebe eine nicht unbeträchtliche Menge von mit Blut gefüllten, feinen Gefässen wahrnehmen liess. Die Consistenz der zwei Mannsfauste grossen Masse war die eines zähen Schleimes. Sie füllte den grössten Theil der Blase aus. Die Schleimhaut, welche sie vor sich hergetrieben hatte, war noch nicht durchbrochen. Aber die Muskelhaut war bereits an dieser Stelle so geschwunden, dass die Neubildung unmittelbar an die seröse Haut grenzte. Der Theil der Blasenwand jedoch, welcher
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 41
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642nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Harnwege.
die in die Blase hineingedrängte Neubildung ringförmig umgab, war zolldick, hart und von festem, bindegewebigem Geftige. Die Schleimhaut dieses quot;Walles war mit zottenartigen Auswüchsen besetzt. Die Geschwulst bestand fast nur aus den den Eiterkörperchen ähnlichen Zellen, die 1— 6 Kerne enthielten. Ausserdem fanden sich spindelförmige und geschwänzte Zellen darin. Ein Stroma liess sich nicht nachweisen.
Diese Geschwulst giebt jene Form der Markschwämme wieder, die fast von fluctuirender Beschaffenheit sind. Denn Sarkom kann man doch wohl nur das nennen, was, wenn auch nicht die Structur der Muskelfasern, so doch eine röthliche Farbe und die Consis-tenz des Muskelfleisches hat.
Ein Lipom wurde von Gurlt in der Harnblase eines Thieres angetroffen, was sich an seiner Basis abgetrennt hatte, in der Blasenhöhle lag und eine Ischurie bedingte.
Zottige, polypöse Wucherungen der Blasenschleimhaut sind besonders bei chronischen Hyperämieen und Catarrhen vielfach bei Thieren gesehen worden.
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Brüche der Harnblase hat man durchs Mittelfleisch und im Leistencanal angetroffen.
Vorfall der Harnblas e in den Mastdarm durch Risse desselben.
Umstülpung der Blase durch die Harnröhre nach aussen nur bei weiblichen Thieren beobachtet, wobei die Harnblase zur Schamspalte in Form einer rothen, weichen, schmerzhaften Geschwulst hervortritt, an welcher man die Einmündung der Harnleiter nachweisen kann.
Der prolapsus vesicae urinai'iae des Menschen stellt eine Hemmungsbildung dar, die sich in wiederholt beobachteten Fällen mit dem Fortbestand des Lebens verträgt. Den untern Theil der Bruchwand mit Inbegriff des Nabels nimmt in diesen Fällen eine ziemlich kreisförmige, rothe, entzündete, schleimhautähnliche Protuberanz ein, welche die hintere Wand der Harnblase ist. Auf ihr öffnen sich unten zu beiden Seiten die Ureteren, ringsum stösst sie an die Bauchwand, unten aber setzt sie sich in eine schleimhäutige Rinne fort, welche, beiderseits von den corpo-ribus cavernosis penis begrenzt, die auf dem Rücken des verkümmerten Penis gespaltene kleine Harnröhre ist (JEpispa-diasis). Am oberen Umfange der Protuberanz treten vereinzelt die Nabelgefässe ein und aus. Die Symphise der Schambeine fehlt, und die Stümpfe dieser bilden zu beiden Seiten der Protuberanz einen vorspringenden Wulst. Das Scrotum ist breit und enthält sehr gewöhnlich beiderseits Hernien. In die Concavität der Protuberanz drängen sich Darmschlingen herein. Manchmal hat sie auch einen Theil der Leber eingenommen (Rokitan sky).
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Steinige Concremente in der Blase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 643
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Blasenbiutungen
werden bald durch Neubildungen, durch chirurgische Operationen, durch fremde Körper, Blasensteine, medicamentöse Stoffe, durch Entzündung, Vereiterung und Verjauchung der normalen oder degene-rirten Blasenwand erzeugt. Blasenhämorrhoidenbeim Menschen sind selten. Bei Blasenblutungen kommen meist umfängliche Gerinnungen im Harne vor.
Blasenberstung
in Folge übermässiger Füllung und Ausdehnung ist eine ausser-ordentlich seltene Erscheinung beim Menschen. Penetrirende Verletzungen führen in der Regel zu Extravasationen und Harninfiltrationen in die Umgebung der Blase und durch Verjauchung und Nekrose zum Tode, oder sie hinterlassen widernatürliche Ausmündungen der Blase (Fisteln). Beim Weibe entsteht oft nach schweren Entbindungen, weniger durch rohe Kunsthülfe, als durch Eingekeiltsein des Kopfes im Eingang des kleinen Beckens in Folge einer verjüngten Conjugata, oder bei bedeutenden Ausdehnungen des Kindskopfs (ungewöhnliche Grosse, hydi'ocephalus congenitus) eine Durchbohrung der Scheidenblasenwand mit nachbleibender Scheidenblasenfistul' Zuweilen erzeugen Verschwärungsprocesse auf der Blasenschleira-haut des Menschen und der Thiere Perforation der Blase und Communication derselben mit benachbarten Höhlen und Canälen.
Steinige Concremente in der Blase.
Trotz der Fortschritte in der organischen Chemie ist die Patho-genese der Harnsteine beim Menschen und bei den Thieren keineswegs ganz aufgehellt. Mit vollem Recht ist es zurückgewiesen, dass eine vorherrschende Neigung des Körpers zur Bildung von Harnsäure und Oxalsäure die Ursache wäre, dass diese Stoffe im Ueberschuss im Harn aufträten, in welchem das Harn wasser diese Säuren und deren Verbindungen nicht mehr gelöst zu erhalten vermöchte, obwohl nicht in Abrede zu stellen ist, dass bei Einführen reichlicher Mengen von Vegetabiliën, selbst wenn diese keine erweislichen Mengen von Oxalsäure enthalten, dennoch der Harn diese Säuren besitzt, und dass bei reichlicher Fleischnahrung und beschränkter Körperbewegung der Harnsäuregehalt im Urin sich zu vermehren scheint. Daher treffen wir die Concremente von oxalsaurem Kalk vorzüglich bei Rindern, Schafen , Ziegen und Kaninchen , während die Harnsäure-concremente besonders bei Fleischfressern angetroffen werden. Doch
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644nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Harnwege.
sehen wir auch eine Vermehrung der Oxalsäure im Harn nach reichlichem Fleisehgenusse, sowie nach dem G-enusse von Spirituosen, kohlensäureluftbildender Getränke und Substanzen, als von Kohlensäurewässern, Champagner, doppeltkohlensauren Alkalien und pflanzensauren Alkalien eintreten. Aber alle diese Umstände wirken selten in dem Maasse ein, dass sie allein die Concrementbild-ung in der Blase hervorzurufen im Stande wären. Vielmehr spielt hierbei die Zersetzung des Harns in den Harnwegen eine der wichtigsten Rollen. Diese Zersetzung ist entweder ein saurer, oder alkalischer Gährungsprocess. Der erstere scheint als Gährungs-material den HarnfarbstofF und einige noch nicht näher gekannte Extractivstoffe zu haben; sein Product ist die Bildung von Milchsäure. Dieselbe zerlegt die Verbindungen der Harnsäure, indem sie an deren Stelle tritt, und so die Ausscheidung krystallinischer Harnsäure bewirkt. Bei der alkalischen Gährung zersetzt sich der Harnstoff in kohlensaures Ammoniak, und sofort fallen alle phosphorsauren und kohlensauren Erden nieder und bilden die kalkigen Harnconcremente. In beiden Fällen bildet der Blasenschleim den Fermentkörper. Die Pathogenese der Oxalsäuren Concremente ist dagegen noch dunkel. An und für sich ist die Löslichkeit des Oxalsäuren Kalkes, um den es sich ausschliesslich handelt, da bei der steten Anwesenheit von Kalk in dem Urin aller Thiere der Uebergangvon Oxalsäure in den Urin sofort die Bildung des kleesauren Kalkes zur Folge hat, im Harne des Menschen und der Thiere eine sehr geringe. Deshalb wird schon eine massige Vermehrung der Oxalsäure in dem Harne über jene Grenze der Löslichkeit des Urins für Oxalsäuren Kalk hinaus das Auftreten von krystallinisch oxalsaurem Kalk im Urin zur Folge haben, welcher in Form mikroscopisch erkennbarer Krystalle mit dem Urin abgeführt wird. Ist ein Krystallisations-punct gegeben, so schiessen die Krystalle in concentrischen Lagen um denselben an. In vielen Fällen giebt einen solchen Krystalli-sationspunct ein Schleim-, ein Blutklümpchen ab. Oder der Kry-stallisationspunct für die Oxalsäuren Niederschläge war ein Harn-säureconcrement. Deshalb kommen gemischte, aus harnsaurem und oxalsaurem Kalke bestehende Harnsteine nicht selten bei Menschen und Thieren vor. Trotz alledem ist unser Wissen über die Entstehung der Harnconcremente immer noch sehr lückenhaft. Vorzüglich ist das endemische Vorkommen der Harnsteine noch gar nicht erklärt. Denn kalkhaltiges Trinkwasser scheint einflusslos auf die Bildung von Harnconcrementen zu sein. Das männliche Geschlecht bietet eine grössere Frequenz der Harnconcremente, als das weibliche dar. Die Oxalsäuren Concremente, die sich besonders durch grosse Härte und exquisit makro - wie mikroscopisch erkennbares krystallinisches Gefüge (Octaëder und maulbeerförmige
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Steinige Concremente in der Blase,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 645
Krystalldmse) auszeichnen, sind vorzüglich den Pflanzenfressern eigen, und werden deshalb besonders bei Pferden, Bindern, Ziegen, Schafen angetroffen. Beim Menschen findet man sie vorzüglich bei Kindern. Die Harnsäureconcremente müssen begreiflicherweise den Pflanzenfressern mangeln, da bei diesen die Harnsäure durch Harn-benzoesäure , vulgo Hippursäure (Pferdeharnsäure) , substituirt ist. Diese Säure mangelt im Harne der Kälber und ist dort durch Allan-toin vertreten. Die Menge der Hippursäure ist sehr schwankend im Harne der Pferde. Bemerkenswerth aber ist, dass gerade wohlgenährte Luxuspferde nur wenig, oft nur spurenweise, Hippursäure secerniren, während der Harn der Arbeitspferde gewöhnlich sehr reich daran ist. Die Zunahme der Hippursäure scheint im umgekehrten Verhältniss zum Harnstoffgehalt des Pferdeharns zu stehen. Ausserdem findet man Hippursäure noch im Harne des Schweines, der Schildkröte und im Harne des Menschen, bei welchem er nach dem Genüsse vegetabilischer Nahrungsstoffe, selbst bei überwiegend animalischer Nahrung auch im Harne Diabetischer angetroffen wurde. Hippursäureconcremente werden der grossen Löslichkeit dieser Säure halber im Harne nicht beobachtet. Den Harnsäureconcrementen begegnen wir bei den Fleisch- und Allesfressern. Die aus Trippelphosphaten und kohlensaurem Kalk bestehenden Harnsteine sind beim Menschen, bei Pflanzen-, Fleisch- und Allesfressern angetroffen worden, ein Verhältniss, was um so weniger Wunder nehmen kann, als die Anwesenheit von Harnstoff und von phosphorsauren und kohlensauren Erden im Harn materiell die ausreichenden Bedingungen in sich schliesst, damit jene Concremente sich bilden. Es bedarf da nur eines längern Verweilens des Urins in der Blase und der Existenz einer in Umsetzung begriffenen thierischen Substanz (Schleim, Eiter, Croup-, diphtheritische Fetzen, Blut) , damit der Harnstoff sich in kohlensaures Ammoniak umsetze, das alsbald eine massenhafte Ausscheidung jener Erdsalze aus dem Urin in der Harnblase bewirkt. Aus Cystin und Xanthin bestehende Steine kommen beim Menschen sehr selten vor.
Die Folgen, welche die Anwesenheit von Harnconcrementen in der Blase des Menschen und der Thiere nach sich zieht, sind: Chronische Blasencatarrhe, Cystites mit mannigfachen Störungen der Urinausscheidung, intercurrirende Neuralgieën des Blasengeflechts, Hämaturie, partielle , selbst allgemeine Peritonitis, sogar Gangrän der Blase, Harninfiltration in der Umgebung, bisweilen auch enorme Hypertrophieen der Blasenwand. Gewissheit über die Existenz eines Blasenconcrements giebt nur die Steinsonde oder der Kathe-terismns.
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Krankheiten der Harnwege.
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Parasiten.
In der Harnblase des Menschen und der Thiere kommt zuweilen der strongylus gigas vor.
Functionelle Störungen der Blase.
Als B e w e g u n g s n e u r o s e ist die ischuriaparalytica zu nennen, die bald für sich besteht, bald, und dies in den meisten Fällen, Lähm-ungskrankheiten, namentlich die tabes dorsualis, die Querlähm-ung der hintern Extremitäten der Thiere begleitet. Sie vergesellschaftet aber nicht selten acuteKrankheiteij, z.B. Gehirnapoplexieen und Betäubungsfieber. Die chronische Lähmung der Blase begünstigt die Entwickelung von Harnconcrementen, die acute schliesst die Gefahr in sich, durch Retention der Harnelemente im Blute Tod durch Urämie nach sich zu ziehen. Ein niederer Grad der Lähmung des Blasenschliessmuskels ist das Bettpissen, der höchste Grad jener Lähmung die incontinentia urinae.
Die Hyperästhesie der Blase äussert sich in der Intoleranz gegen die Füllung der Blase mit Urin, und vergesellschaftet sich namentlich mit entzündlichen Zuständen der Harnwege, häufig nach der Anwendung von Canthariden, bei Menschen und Thieren beobachtet. Bei der Anästhesie verträgt die Blase eine gewaltige Ansammlung von Harn, ohne sich zu contrahiren, besonders bei alten Leuten, im Verlauf schwerer Betäubungsfieber. Es scheint hier in der That kein paretischer Zustand des detrusor vesicae uri-na/7laquo;e vorzuliegen, vielmehr dürften die ausbleibenden Contractionen der Blase auf einer Unempfindlichkeit der Blasenschleimhaut beruhen , die trotz ihrer gewaltigen Ausdehnung keine Reflexactionen wachruft.
Was man als Blase nkramp f bezeichnet, ist ein Gemisch von Hyperästhesie und Spasmus, nämlich von Neuralgie und Krampf. Gewöhnlich begleitet er die Texturerkrankungen der Blase, die Anwesenheit von steinigen Concrementen, die Entzündung der Blasenschleimhaut u. s. w. Doch zeigt er zuweilen eine unverkennbare Unabhängigkeit von den Texturerkrankungen der Blasenwand und tritt so nach heftigen Gemüthsaffecten, bei Krankheiten des Gehirns und Rückenmarks, bei peripheren Nervenkranken auf.
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Neubildungen auf der HarnrührenschleimLaut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 647
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Krankheiten der Harnröhre.
Anatomische Störungen.
Catarrh der Harnröhre.
Die catarrhalische Affection der Harnröhre ist entweder eine nicht virulente, und dann decken sich der Catarrh der Harnröhre beim Menschen und der bei den Thieren vollkommen, oder er ist ein virulenter und in dieser Form nur dem Menschen eigen.
Der nicht virulente Harnröhrencatarrh ist bei Menschen und Thieren eine sehr seltene Krankheit. Meist folgt er der Anwendung chirurgischer Manipulationen und Einspritzungen. Beim Menschen sehen wir ihn nach geschlechtlichen Excessen, besonders dem während der Menstruation ausgeübten Coitus auftreten, oder er gesellt sich zu Entzündung der Blase, zu Geschwürsbildung der Harnröhre. Bei Thieren wurde er noch am Häufigsten bei Hunden bald mit bald ohne Blasencatarrh , zuweilen im Verlauf der Hundeseuche beobachtet.
Die Symptome des nicht virulenten Harnröhrencatarrhs sind Schwellung und Röthung der Harnröhrenmündung, Brennen im Verlaufe der Harnröhre, besonders während des Urinirens, und der Abfluss eines spärlichen, schleimigen Secrets. Nach wenig Tagen pflegen sich ohne ärztliches Zuthun diese Beschwerden zu verlieren.
Bei Thieren beobachtet man oft eine copiöse Eiterabsonderung, ehe der Process sich abschliesst.
Da der virulente Tripper nur dem Menschen zukommt, so verdient er in vergleichend pathologischer Beziehung keine eingehendere Behandlung. Seine Stellung zur Syphilis des Menschen ist bereits oben erwähnt.
Ulcerationen der Harnröhrenschleimhaut
sind bald syphilitischer Natur, bald werden sie durch Steckenbleiben der Harnconcremente veranlasst. Beim Menschen ist die kahnför-mige Grube hinter dem orificium urethrae mit ein Lieblingssitz des weichen und harten Chankergeschwürs.
Neubildungen
von Bindegewebe sind auf der Harnröhrenschleimhaut des Menschen wiederholt beobachtet worden, als Folgezustände langwieriger Tripper. Die Wucherungen der Bindegewebselemente der Harn-
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Krankheiten der Harnwege
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röhrenschleimhaut setzt, gewöhnlich in der pars caveimosae urethrae, eine Verengerung der Harnröhre (Harnröhrenstenose), eine der lästigsten und gefährlichsten Nachkrankheiten des virulenten Trippers.
KrebsigeNeuhildungenderHarnröhresind secundär beim Manne in Folge von Peniskrebs, beim Weibe in Folge von Uteruskrebs mehrfach angetroffen worden. Parasiten: strongylus gigas.
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Functionelle Störungen der Harnröhre.
Beim Menschen beobachten wir als Nachkrankheit des Trippers eine heftige Neuralgie im Verlaufe der Harnröhre, die allen Seda-tivis spottet, und nur der energischen Anwendung caustischer Mittel weicht.
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
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Krankheiten der männlichen Geschlechtsorgane. Anatomische Störungen.
Entzündung des Hodens.
Die Entzündung des Hodens ist beim Menschen ein häufiger Folgezustand des virulenten Trippers, oft auch nach mechanischen Verletzungen , Stössen, Quetschungen , oder als sogenannte Metastase bei Entzündung der Ohrspeicheldrüse. Bei männlichen Thie-ren wurde die Orchitis vorzüglich nach mechanischen Verletzungen beobachtet, ausserdem bei der Lähmungskrankheit und bei Nierenreizung. Hierbei ist der Hode geschwollen, und erreicht oft das 10, 12fache seiner ursprünglichen Grosse. Das Gewebe des Hodens ist dabei infiltrirt, geröthet, succulent und in intensiven Fällen von einem homogenen, fleischartigen Ansehen, von Eiter in punct-oder striemenformigen Heerden durchsetzt. Auf der Scheidenhaut exsudirt ein eitriger Erguss. Die Ausgänge der Entzündung sind: vollkommne Resolution (sehr häufig), Vereiterung oder Induration. Im letzteren Falle kommt es zu einer bleibenden Massenzunahme und Verhärtung des Hodens, im zweiten oft zur ausgedehnten Vereiterung und Verjauchung des Organs.
Die chronische Entzündung des Hodens wird namentlich im Verlaufe der secundären Syphilis beobachtet. In Folge einer massigen Wucherung der Albuginea und der Septa des Hodens wird derselbe in einen umfangreichen, höckrigen, harten, schwieligen Körper verwandelt. Das Hodengewebe fällt dem fettigen Detritus anheim, das vas deferens verödet.
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
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Die Entzündung der Scheidenhaut des Hodens
ist ein Analogen der Entzündung seröser Säcke. Bei einer mehr oder weniger hervortretenden Betheiligung der Scheidenhaut selbst ist dieselbe Sitz eines wässrigen (Hydrocele) oder eines faserstoffl-gen, eitrigen, selbst hämorrhagischen Ergusses (Hämatocele). Der eitrige Erguss führt in seltenen Fällen zur Perforation des Hodensackes.
Der persistirende, also nicht verödende processus vaginalis ist zuweilen oberhalb der abgeschnürten Scheidenhaut Sitz einer serösen Exsudation, die sogenannte hydrocele funiculi spermatid.
Neubildungen.
Bindegewebsneubildungen, besonders als Ausgang der Hodenentzündung und im Cystosarkom des Hodens als massenhafte Bindegewebsneubildung.
Enchondrome für sich oder innerhalb des Cystosarkoms und Krebses des Hodens.
Knochenneubildungen als osteoide Umwandlungen der Bindegewebsneubildungen.
Myom mit medullarkrebsigemHabitus, eine Neubildung quergestreifter Muskelfasern im Hoden.
Cysten, welche entweder aus Degeneration der sogenannten Appendiculargebilde (gestielte und ungestielte Morgagn i'sche Hydatide und vasa aberrantia (Halleri) hervorgehen, oder den Werth einer Neubildung haben.
Das Cystosarkom des Hodens ist ein weicher, röth-licher Zellgewebsneophyt, in welchem Cysten und daneben drüsenartige Massen eingebettet sind. Die grosseren, erbsen-, bohnen-grossen Cysten scheinen aus den mikroscopischen Blasen, durch allraäliges Wachsthum hervorzugehen. Durch ihr Wachsthum stossen sie aneinander, platten sich ab, eine protuberirt in den Raum der andern. Die Innenwand der Cysten ist oft Sitz papillarer Ex-crescenzen.
Der Hodenkrebs ist beim Menschen nicht selten. Meist befällt er nur einen Hoden, ist fast ausnahmslos medullarèr Natur und wächst sehr oft zu einem sehr beträchtlichen Umfange heran. Während das Cystosarkom von dem wohlerhaltenen Parenchym des Hodens umfasst wurde, und nur durch fortgesetztes Wachsthum durch Druck die äussere Partie des Hodens zum Schwinden brachte, so geht gewöhnlich das Hodenparenchym beim Hodenkrebs in der Afterraasse völlig unter. Die Albuginea trotzt lange der bevorstehenden Entartung, aber schliesslich wird auch sie, wie die verwachsene tunica vaginalis und selbst das Scrotum, von der Krebs-
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Krankheiten der Samenbläschen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 651
Wucherung durchbrochen. Mitunter hat der Krebs einen fächerigen Bau, und die loculi sind mit einer leimähnlichen Flüssigkeit erfüllt. Interessant ist die Complication des Hodenkrebses mit Enchondrom.
Der Tuberkel des Hodens erwählt den Nebenhoden zum Sitz, von wo er sich aufsteigend auf Samenbläschen und Prostata, Lymphdrüsen der Geschlechtstheile , des Bauches, der Brusthöhle, des Halses ausbreitet, das andre Mal geht er auf die Harnorgane über. Die Hodentuberkulose ist oft eine primäre, zuweilen kommt sie auch secundär bei Lungentuberkulose vor.
Mit Ausschluss des Myoms und der Tuberkulose sind alle diese Neubildungen auch in den Hoden der Thiere angetroffen wrorden. Leise r i n g beschreibt eine Neubildung im Hoden eines zweijährigen Ebers, die dessen Gewicht bis auf 10 Pfd. 9 Lth. gebracht hatte, und die Grosse eines kleinen Pferdemagens im aufgeblasenen Zustand darbot. Auf dem Durchschnitt grenzte sich in der Mitte der ganzen Masse nahe dem untern Rande ein länglich ovaler Körper ab, der 6 Zoll lang und S'/a Zoll breit war, und in der Masse gleichsam eingelagert erschien. Diesen Körper hielt Leisering für den eigentlichen Hoden, während dessen Umgebung, die den grössten Theil der Geschwulst ausmachte, von der entarteten Scheidenhaut und der Neubildung gebildet worden sei. Die Neubildung selbst beschreibt Leisering als sarkomatöse Knötchen, zwischen welchen sich vielfach Höhlen mit eiterähnlichem Detritus, Zellen und schwarzen Pünctchen vorfanden. „Der Hode und seine Häute sind in dieser Neubildung (gänzlich?) untergegangen. In ersterem fanden sich besonders zahlreiche, kleine, in Verkalkung übergegangene Stellen.quot; Aehnliche sarkomatöse Bildungen wurden auf dem Brustfell und der Lungenpleura angetroffen.
Der Samenstrang wird bei castrirten Thieren oft Sitz colos-saler Bindegewebswucherungen , welche theilweise Verjauchen und superstitielle Geschwüre mit luxurirendem Fundus darbieten. Die Thierärzte führen diese Zustände unter dem Namen Samen-strangfistel auf.
Von Parasiten kommt der Echinococcus im Hoden vor.
Krankheiten der Samenbläschen.
Die Samenbläschen hat man zuweilen im Zustande des Catarrhes angetroffen. Ulceröse Processe der Nachbartheile greifen auf sie über. In ihren schwieligen Wänden finden sich mitunter kleine Knochenbildungen. Krebse des Mastdarms greifen auf sie über, nicht minder die aufsteigende Tuberkulose des Nebenhodens. In einigen Fällen traf man ein hämorrhagisches Contentum und kalkartige Con-cretionen in ihnen an.
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652nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Geschlechtsorgane.
Als Erweiterung der Samenbläschen beschreibt Leisering eine bedeutende Ausdehnung der Samenblasen bei einem Wallach. Die Samenblasen waren von der bekannten klebrigen, braunen, sich fast wie Tischlerleim verhaltenden Masse angefüllt, mit stark urinö-sem Geruch. Die chemische Untersuchung ergab ausser Spuren von Eiweiss und einer chondrinähnlichen Substanz, die sich durch Bleizucker uud Gerbsäure fällen liess, noch einen Gehalt von Hip-pursäure, Harnstoff und Kreatinin, und bestätigte so die Vermuthung Leisering's, dass ein Eintritt von Harn in die Samenblasen stattgefunden habe. Als
Erkrankung der Prostata.
ist besonders beim Menschen die Hypertrophie dieser Drüse zu nennen, die ihrer Beengung der Harnröhre und des Blasenhalses halber eine hohe klinische Bedeutung hat. Sie bezieht sich meist auf den unbedeutenden mittlern Lappen, der bis zu Bohnen-, Hasel-nuss-, Wallnuss-, Hühnerei-, selbst Enteneigrösse heranwachsen kann. Er ragt dann als ein walzenförmiger Körper in die Blase hinein, der eine glatte, ebene Oberfläche besitzt, doch zuweilen auch tuberös und seicht gelappt ist. Die Structur der Drüse ist dabei gleichartig, oder sie enthält in ihrem Innern rundliche, knollige Massen in verschiedener Anzahl, welche das knotige Ansehen der vergrösserten Drüse vermittelten. Diese Knollen bestehen mit der Hypertrophie selbst aus der musculösen und bindegewebigen Masse des Organs, doch scheint auch eine Neubildung von Drnsengewebe zugegen zu sein.
Atrophische Zustände der Prostata begleiten die Hodenatrophie und Castration. Abscessbildung der Prostata ist selten. Krebs und Tuberkulose dieser Drüse begleiten die krebsige und tuberkulöse Entartung des Geschlechtsapparats, des ßectums, der Blase. Prostatasteine sind Concretionen, welche in den Drüsengängen der Prostata auftreten. Sie enthalten neben geschichteten Colloidkörpern phosphorsauren Kalk.
Krankheiten des männlichen Gliedes.
Die Entzündung der cavernösenKörper des Penis ist die Folge von Quetschungen, von Entzündung der Harnröhre, beim Menschen nach Tripper, deren Ausgänge Obliteration der Zellenräume, Verödung des fächerigen Körpers zur Schwiele, Verschrumpf-ung des Penis und in höchst seltenen acuten Fällen strotzendes Erfülltsein der corpora cavernosa mit Eiter und partieller Nekrose des fächerigen Körpers sein kann.
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Neubildungen am Penis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 653
Entzündung der Haut der Eichel mit Entzündung des innern Blattes der Vorhaut, bald hervorgerufen durch sich zersetzendes Segina oder, und dies nur beim Menschen, durch Infection mit Trippereiter, erzeugt eine eczematöse Röthung und Schwellung der Eichel und Vorhaut mit Bildung einer Phi-mosis und Faraphimosis.
Die gewöhnlichsten ulcerösen Vom;änge sind am Penis die Verschwärung in Folge von Chanker und Syphilis beim Menschen. Bei Thieren trifft man dafür Geschwüre bei der Chanker-seuche.
Neubildungen am Penis.
Bindegewebsneubildungen: spitze Condylome.
Carcinome; selten ist der Medullarkrebs des Penis beim Menschen. Er tritt ursprünglich in der Eichel, auch wohl in der Vorhaut oder in den cavernösen Körpern in Form von Knoten und Infiltrationen auf, und in Folge nachträglicher Verjauchung kann eine Consumption des Penis bis zur Symphise eintreten. Um so häufiger ist dafür beim Menschen der Epithelialkrebs des Penis und zwar als Epitheliom der Glans und des Scrotums. In der Eichel tritt derselbe in Form peripherer, kleiner, flacher Knoten auf, welche sich vergrössern, in die Tiefe greifen, zusammen-fliessen, und endlich zu einem blumenkohlähnlichen, warzigen, gelappten. unförmlich grossen Gebilde untergehen, welches an seiner Oberfläche verjaucht, und schliesslich zum Untergang der Glans führt. Von hier aus greift der Process auf die schwammigen Körper und auf die Haut des Penis über, doch haben, ehe dies geschieht, heerdweise Zellenwucherungen epidermoidaler Natur die krebsige Entartung jener Theile vorbereitet. Was man als Schornsteinfegerkrebs bezeichnet, ist ein Cancroid des Scrotums, das aufsteigend zu bedeutender Entartung des Penis, der Lymphdrüsen ober - und unterhalb des P o u p a r t' sehen Bandes Veranlassung giebt. Der Epithelialkrebs der Eichel und des Penis ist bei Thieren vielfach beobachtet worden.
Die Untersuchung eines an der Eichel befindlichen stark ulce-rirenden Gewächses, welches die Amputation des vordem Theiles des Penis eines Wallachen nothwendig machte , welche von L e i -sering sofort nach der Operation vorgenommen wurde, erwies die vorliegende Neubildung als Epithelialkrebs (Cancroid), und lieferte folgende specielle Resultate: Es ergab sich, dass die ganze Eichel in eine breit auseinandergehende, lappige, aus vielen einzelnen Knoten bestehende, oberflächlich ulcerirende Masse untergegangen war. Die Masse erschien mit Crusten von ausgetrock-
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
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neten Ulcerationsproducten bedeckt, die nur von schwach fötidem Geruch waren. Unter den Grasten erschien eine granulirte Oberfläche, welche aus zahlreichen, weisslichen, hirsekorngrossen Höckerchen bestanden, die an einzelnen Stellen so dicht standen, dass die betreifende Partie ein weissliches Ansehen erhielt. Durchschnitt Leisering den einen oder den andern Knoten, so ergaben sich auf der Schnittfläche weissliche Streifen, die sich zur Oberfläche verlaufend in jene Höckerchen verloren und aus einzelnen fadenartigen Körperchen von der Dicke eines Pferdehaares bis zu der eines dünnen Strohhalmes bestanden. Sie lagen radienartig zum Centrum der kugligen Knoten und hatten eine Länge von ^ bis Vaquot;-An einzelnen Stellen war der Zusammenhang dieser Streifen unterbrochen, und dann stellten sie sich als weissliche Puncte dar. Zwischen diesen Streifen und Puncten befand sich als Zwischengewebe ein mehr oder weniger durchscheinendes, dem Messer einigen Widerstand leistendes Gewebe, das sich als Bindegewebsneubildung erwies. Auf die hier beschriebene Weise verhielten sich im Allgemeinen die Jüngern kleinern Knoten. Die altern gänseeigrossen und noch grössern Knoten zeigten auf ihren Schnittflächen neben den erwähnten Streifen und Puncten noch Cavernen mit zerfallener eiterähnlicher Masse, die an einzelnen Stellen auch reichliche Blutbeimischung enthielt. Die mikroscopische Untersuchung der weissen Striche und fadenförmigen Körperchen erwies, dass deren Masse last ganz aus Zellen bestand, die den Epidertniszellen auf das Vollständigste glichen. Die grössern von ihnen waren flach, mehr oder weniger breit, länglich, und falteten sich häufig. Unter Einwirkung von Natron traten sie deutlicher hervor, isolirten sich mehr von einander und Hessen Kerne sichtbar werden. Neben diesen Zellen wurden schlauchartige Körper wahrgenommen, die sich verschiedenartig theilteu, und die mit mehr rundlichen Zellen erfüllt waren. An der Grenze des krankhaft entarteten Theils fanden sich auf noch gesunder Haut eine Menge einzelner , rundlicher Stellen von Erbsen - bis Silbergroschengrösse. Je näher sich diese Stellen der Entartung vorfanden, um so dichter standen sie, bis sie endlich confluirten, und in den entarteten Theil übergingen. In diesen discreten Heerden fand Leisering pigmentlose Stellen vor, die erbsengross, glatt, weisslich, prominirend waren, welche ausser dem Pigmentmangel nichts Abnormes darboten. Andere der Degeneration näher stehende weissliche, ebenfalls erbsengrosse Stellen, deren Oberfläche glatt war, ergaben sich dagegen als aus dicht, senkrecht, pallisadenartig nebeneinanderstehenden Säulchen gebildet, welche bei einer Lupenvergrösserung eine Höhe von Vs ^13 1iiquot; ergaben. Die Säulchen der Entartung noch näher gelegener Flecke waren linienhoch und zeigten eine
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Functionelle Störungen der männlichen Geschlechtsorgane.
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zerklüftete Oberfläche. Sie bestanden aus schlauchartigen Gebilden, die mit Zellen und Kernen erfüllt waren.
Das Syphilom beim Manne an der Haut der Eichel, am Präputium, seltener an der Haut des Ruthenkörpers und am orificium urethrae.
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Functionelle Störungen
der männlichen Geschlechtsorgane.
Diese functionellen Störungen sind viel häufiger Begleiter der Hirn- und Rtickenmarkskrankheiten, als selbstständige Uebel. Doch kommen dieselben, wenn auch in seltenen Fällen, besonders die Impotenz, bei ganz gesunden und blühenden Männern vor. So consultirte mich vor kurzer Zeit ein kräftiger Mann, Bahnarbeiter, 32 Jahr alt, Vater 5 gesunder Kinder, der nach einer G-onorrhoe, welche er vor einem halben Jahr überstanden hatte, allmälig eine Abnahme seines Geschlechtsvermögens wahrnahm. Er versicherte mir, dass bei ihm die intimste Berührung seines Weibes eine kaum merkliche Anschwellung seines Gliedes zur Folge habe. Häufiger sind jene Fälle von Impotenz beim Manne, die anämische, heruntergekommene Onauisten befallen. Bei diesen scheint, nachdem das Laster der Onanie jahrelang von ihnen getrieben wurde, die Impotenz auch psychisch begründet zu sein, indem das fortgesetzte Laster der Selbstbefleckung, genau wie die Päderastie, einen Abscheu vor dem geschlechtlichen Umgang erzeugt.
Zu erwähnen ist auch hier die reizbare Schwäche,
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dieser organe, glühend
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Erethismus der männlichen Geschlechts-der sich oft temporär bei Sanguinikern, wenn sie das ersehnte Ziel ihrer sinnlichen Begierde endlich erreicht
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haben, auf eine sehr unangenehme Weise für den Liebhaber bemerklich macht, welcher sich in einer unvollständigen Erection des Gliedes und einem sofortigen Abgang des Samens äussert, nachdem die Eichel nur die tHma pudendi berührte. Zuweilen persistirt auch dieser Erethismus und geht in complete Kaulo-plegie über. Der andauernde Erethismus der männlichen Geschlechtswerkzeuge ist durch die pollutiones nocturnae et diumae ausgezeichnet.
Bei Thieren ist die Impotenz der Vaterpferde kein so selten beobachtetes Phänomen, und folgt der missbräuchlichen Verwendung der Hengste im Deckgeschäft. Die Impotenz ist aber auch bei Pferden ein Symptom der Lähmungskrankheit, der Quer-lähmung der Hunde, Rinder. Onanie derThiere, welche besonders bei Hunden und vielfach bei in Käfigen gehaltenen wilden Fleisch-
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fressern beobachtet wurde, erzeugt häufig Impotenz mit Querlähmung.
Unter Spermatorrhoe verstehen wir im engern Sinne Zustände, in welchen der Samen nicht mehr in einer vollständigen oder unvollständigen Erection stossweise ausgespritzt, sondern allmälig in die Harnröhre ergossen und durch den Harn fortgespült wird, oder auch während einer Stuhlentleerung langsam fortfliesst. Die Häufigkeit dieses Zustandes, welche namentlich von Lal Iemand behauptet wurde, ist im hohen Grade übertrieben. Ich habe in einer lOjäh-rigen, selbstständigen ärztlichen Praxis noch nicht ein mal Gelegenheit gehabt, die Spermatorrhoe zn beobachten. Ueberhaupt muss man mit einer Diagnose der Spermatorrhoe sehr vorsichtig sein, und nichtjeden Fall als Spermatorrhoe verzeichnen, bei welchem man eine Flüssigkeit aus der Harnröhre presste, die unter dem Mikroscop Samenfäden zeigte. Bei langwierigen Trippern, beim sogenannten Naehtripper, ist es etwas ganz Gewöhnliches, dass die über Tag und noch mehr die über Nacht ausgeschiedenen spärlichen Mengen glasigen Schleims Samenfäden enthalten. Entdeckte doch auch Harn, der Schüler des berühmten Leuwenhoek, zufällig im Trippereiter die Samenfäden. Dieses Verhältniss scheint auf einer Insufficienz der Ausführungsgänge im caput gallinaginis zu beruhen. Als Spermatorrhoe sind nur jene Fälle zu bezeichnen, wo der tägliche Abgang grösserer Mengen Sperma's zur allmäligen Erschöpfung physischer, psychischer und sittlicher Kräfte führt. — Bei Thieren wurde die Spermatorrhoe als selbstständige Krankheit noch nicht beobachtet.
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Von den Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane.
Anatomische Störungen.
Die Entzündung des Eierstocks, Oophoritis.
Die Entzündung des Eierstocks bezieht sich auf den serösen Ueberzug, auf's Parenchym und die Graaf'schen Follikel, und ist besonders durch grosse Neigung zur Eiterung ausgezeichnet. Meist tritt die Oophoritis beim Weibe im Verlauf des Wochenbetts auf, doch wird das Ovarium auch während der Periode des Reifens des Eichens innerhalb des Graaf'schen Follikels, wobei das Bindegewebe den Graaf'schen Follikel erfüllt, welches an irgend einer Stelle seiner Oberfläche das Ovulum birgt, und bereits Sitz von
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Neubildungen am Eierstocke.
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Hyperämie, Schwellung, Gefassrupturen und Extravasationen ist, also zur Zeit der Menstruation, nach Erkältung, Durchnässung, Excessen in venere, leicht Sitz der Entzündung. Bei Thieren ist die Eierstocksentzündung noch nicht beobachtet.
Gewöhnlich wird beim Menschen nur ein Ovariurn befallen. Beschränkt sie sich nur auf die Follikel, so sind einige derselben bis zur Grosse einer Kirsche ausgedehnt, mit einem blutigen Exsudat erfüllt, die Umgebung hyperämisch, ödematös, die Follikelhaut getrübt und verdickt. Geht die Entzündung quot;von dem Parenchym aus, dann wuchert das Bindegewebe und ist dabei bedeutend hyperämisch, succulent. Der Ausgang ist entweder hier auch eine vollkommene 7'estitutio in inleyrum, oder unter Dichtigkeitszunahme des sich zusammenziehenden Bindegewebes kommt es zur Verhärtung und Verödung des Eierstocks, oder es tritt Vereiterung, selbst diffuse Verjauchung ein. Die Entzündung des peritonäalen Ueberzugs des Eierstocks führt zu mannigfachen Verklebungen und Verwachsungen des Ovariums mit den Mutterbändern, zu Bindegewebswucherung und Umstrickung des Eierstocks, der Tubenöffnung. Zuweilen bilden sich auch neben Oophoritis massenhafte puriforme Exsudate auf den Blättern der excavalio utero-vesicalis und recio-uterina, die in einem, von mir beobachteten Falle zum Durchbruch nach dem Mastdarm und nach ziemlich copiösem Eiterabgange zur Heilung führten.
Die äusseren Erscheinungen der Oophoinüs bieten wenig Characteristisches dar. Die im Verlauf der quot;Wochenbetten auftretenden Oophoriten werden gewöhnlich nur in der Leiche erkannt.
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Neubildungen am Eierstocke.
Unter ihnen nehmen die Gysten des Eierstocks bei Menschen und Thieren gewiss die erste Stelle ein. Das Folgende gilt von Beiden.
Die einfache, einkammerige Cyste geht, wie der Bau der Wände und die Anwesenheit des Ovulums, welches sogar bei nussgrossen Cysten noch angetroffen wurde, oft aus dem Graaf-schen Follikel hervor. Dieselbe würde sonach das Beispiel einer Heterometrie sein. Diese Cysten können Hühnerei-, Faust-, ja in seltenen Fällen Mannskopfgrösse erreichen. Es ereignet sich bisweilen, dass sämmtliche Graaf'sehe Follikel b e i d e r Eierstöcke zu Cysten degeneriren, wodurch die Ovarien zu Aggregaten zahlreicher höhnen-, kirschen-, bis nussgrosser Blasen umgewandelt werden. Der Schwund des Stroma's verleiht dem Aggregate ein traubenförmiges Ansehen.
Häufiger als die einfache Cyste ist das zusammengesetzte
Gleisberg, vergleichende ïatliologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;42
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658nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Geschlechtsorgane.
Eierstockcystoid. Dasselbe erreicht im Verlauf sein er all-mäligen Entwickelung einen colossalen Umfang. Doppelte Manns-kopfgrösse und weit darüber hinaus sind gewöhnliche Volumenverhältnisse. In der Regel entwickeln sich einzelne Cysten auf Kosten der übrigen. Ihre Wandungen erlangen eine ungewöhnliche Stärke, sind von dichter, fasriger Structur, zuweilen incrustirt, selbst ossifi-cirt. Der Inhalt ist bald flüssig, bald mehr gallertartig, meist cholestearinhaltig und durch Blutergüsse von der Wand aus verschieden gefärbt (schwarz , braun , rothbraun, chocoladenfarbig). Diese grossen, multilocularen Geschwülste erfüllen beim Weibe allmälig den ganzen Bauchraum , verdrängen Uterus , Mastdarm , Blase, Darmcanal aus ihrer Lage, und rufen so die mannigfachsten Beschwerden und Functionsstörungen jener Theile hervor. Bei Thieren hat man das Eierstockcystoid zwar absolut, doch nicht relativ in der Grosse wie beim Weibe angetroffen, was wohl damit zusammenhängen mag, dass man die höchsten Grade des Wachs-thums hier nicht abwartete, sondern die Thiere wegen überkommener Unbrauchbarkeit, Abmagerung oder intercurrirender Bauchfellentzündung und Bauchwassersucht tödtete; oder der Tod trat vordem bei den Thieren spontan in Folge einer Berstung der Cyste, die einen lethalen Erguss in den freien Bauchraum veranlasste, ein. Wiederholt wurde bei Thieren beobachtet, dass die grossen Eier-stockcystoide zu Darmeinschnürungen Veranlassung gaben, und dadurch tödteten.
Das Weib trägt grosse Eierstockcystoide , die fast den ganzen Bauchraum erfüllen, und zu monströsen Ausdehnungen der Bauchdecken Veranlassung geben, oft jahrelang ohne wesentliche Beschwerden , bis endlich durch Verdrängung der Organe Beschränkung der Urinabsonderung, allgemeiner Hydrops, Marasmus und der Tod erfolgt.
Die Fettcyste des Ovariums ist meist soiitär. Sie ist dickwandig , von einer weissen, gelblichen, mit Haaren durchfllzten Talgmasse angefüllt. Die Cystenhaut bietet an einzelnen Stellen eine dicke Epidermisbekleidung dar, und birgt in derselben colossale Talg- und Schweissdrüsen, unter der oft ein massig entwickelter panniculus adiposus lagert. Deshalb hat man diese Cysten D e r -moidoysten genannt. Sie bieten, da sie Alles enthalten, was anderswo der Lederhaut zukommt, das schönste Beispiel einer Heterotopie dar. Denn auf ihr wachsen auch Haare von verschiedener Farbe und mannigfacher Grosse, bald mehr dem Haupthaar, bald mehr dem Schamhaar ähnelnd. In den Lederhautwülsten der Cysten wand stecken Zähne und Knochen, die erstem oft in ungeheurer Zahl alle Zahnformen wiederholend. Die Knochen sind meist von abenteuerlicher Form, einige erinnern an das Keilbein.
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Catarrh des uterus.
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Fett- und Haarcysten sind selten bei Hauss äugethieren angetroffen worden.
Im Eierstock des Weibes findet man noch :
Enchondrombildungen (Kiwisch). Das Myom innerhalb einer Cystengeschwulst (Virch o w). Das Sarkom als Cystesarkom, was entweder genau das Cystesark cm des Hodens wiederholt, indem in eine sarkomatöse Masse, die mehr oder weniger das Ovarium substituirte, Cysten in verschiedener Grosse und Zahl eingetragen sind, oder wir haben ein zartes Bindegewebsgerüste vor uns, das eine Summe von Hohlräumen umsehliesst, von denen die kleinsten nur mikroscopisch erkennbar sind, die grössten das Volumen einer Faust erreichen oder übertreffen können , und die von einem zähen, gelblichen , honigartigen Liquidum erfüllt sind, und endlich
den Krebs des Eierstocks. Beim Weibe ist dieser bald ein Medullarcarcinom von massiger Grosse, zuweilen primitiv, meist neben Carcinom ces Bauchfells, der Leber, des Darms etc. Häufiger sehen wir das Eierstockcystoid, wie es soeben als dem Cystesarkom am Verwandtesten beschrieben wurde, mit Gallertkrebs complicirt. Dann ist jenes oben beschriebene zarte Bindegewebe durch die krebsige Gallertmasse ersetzt, die Innenwände des Fachwerks sind mit Markschwammmasse belegt oder ausgefüllt, oder sie treiben blumenkohlartige Excrescenzen.
Boell versichert, den Krebs in dem Eierstock der Thiere noch nicht gesehen zu haben. Ich beobachtete ihn neben Magenkrebs beim Pferde. Der rechte Eierstock war hier in einen discreten, das Ovarium völlig ersetzenden Knoten untergegangen, welcher die Grosse einer Reinette hatte. Der Durchschnitt war hirn markähnlich, weiss, hin und wieder schwarz gesprenkelt, von massiger Consistenz, Hess reichlich Krebsmilch auf der Schnittfläche auspressen. Der linke Eierstock war in eine hühnereigrosse Cyste umgewandelt, die von einer dem Gallertkrebs makroscopisch und mikroscopisch gleichen Masse erfüllt war.
Der Tuberkel ist bei Thieren im Eierstock noch nicht gesehen, beim Weibe gehört er zu den grössten Seltenheiten.
Krankheiten der Gebärmutter.
Catarrh des Uterus.
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Schleimflosse aus der Gebärmutter sind beim Weibe häufig, und nicht minder selten sind sie bei der Jungfrau. Im Kindesalter mangeln sie gänzlich. Da ein niederer Grad von Blutfülle in der
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
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Gebarmutterschleimhaut zur Zeit der Menstruation geradezu physiologisch ist, so giebt es eine grosse Zahl von Frauen und Mädchen, welche vor, während und nach der Menstruation an jenen Schleim-ausscheidungen aus dem Uterus leiden. Die Häufigkeit der Gebär-mutterschleimflüsse wird durch Stauung in den Gefassen des Uterus im Verlaufe von Herz- und Lungenkrankheiten, durch Compression der ve?ia hypogastrica in Folge von Geschwülsten an und im Becken, durch missbräuchliche Anwendung der Drastica vermehrt. Zuweilen liegen directe Reize vor (Manustupration, Pessarien, Excesse in veneré). Ausserdem erzeugen Texturerkrankungen des Uterus selbst, Lageveränderungen und Knickungen constant chronische Gebärmutterflüsse. Chlorose und Scrophulose sind häufig von Ge-bärmuttercatarrhen begleitet, so dass es sehr nahe liegt, in diesen allgemeinen Säfte- und Ernährungsfehlern eine Prädisposition zu Gebärmuttereatarrhen zu sehen.
Der anatomische Befund ergiebt beim acuten Gebärmutter-catarrh : Auflockerungen, Hyperämie, Hämorrhagieen in die Substanz der Schleimhaut und in die Höhle des Uterus, anfänglich spärliche, später reichliche Absonderung eines puriformen Schleims.
Beim chronischen Catarrh tritt namentlich die Verdickung der Schleimhaut, das Hervortreten leistenartiger Falten und polipöser quot;Wucherungen an der Schleimhautoberfläche hervor. Dabei ist die Schleimhaut dichter, derber, ihre Färbung ist bräunlich, aschgrau, das Secret ist vorherrschend eitrig und oft mit Blutstreifen untermischt. Das Secret des Cervicalcanals ist ein glasiger Schleim, der die ovulu Nabothü enthält. Oft ist die Schleimhaut Sitz catarrhalischer Erosionen , folliculärer und granulirender Geschwüre. Die ersten sind oberflächliche Substanzverluste, welche besonders an der hintern Muttermundslippe sitzen. Die folliculären Geschwüre sind rundliche Substanzverluste, die granulirten Geschwüre zeichnen sich dagegen durch eine unregelmässige, warzige Oberfläche aus, die leicht blutet.
Die Symptome des Zustandes ergeben sich aus dem anatomischen Character für unsern Zweck zur Genüge von selbst.
Der acute Catarrh der Gebärmutter wird bei Thieren nur nach der Geburt beobachtet. Der chronische Catarrh ist dagegen bei allen Hausthiergattungen häufig angetroffen worden. Der letztere zuweilen in solchen Graden, dass er Abmagerung und Cachexie nach sich zog. Der anatomische Befund entspricht in beiden Fällen bei Thieren dem Befunde beim Menschen.
Die parenchymatöse Entzündung der Gebärmutter.
Dieselbe wird selten für sich beobachtet, meistentheils in Verbindung mit puerperaler Venenthrombose und Entzündung des Pe-
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Die parenchyraatüse Entzündung der Gebärmutter.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;661
ritonäalüberzugs des Uterus, gewöhnlich in den ersten Tagen nach der Geburt.
Bei jeder etwas intensiveren Entzündung des Gebärorgans erleidet die puerperale Involution desselben eine mehr oder weniger auffallige Verzögerung. Das Volumen ercheint in Folge dessen beträchtlich grosser, die Wände sind schlaffer und merklich weicher, als unter normalen Verhältnissen. Die Schleimhaut ist an einzelnen Stellen aufgelockert, weicher, blutreicher, mit einem flüssigen, eitrigen Exsudat bedeckt, während an andern Stellen, besonders im Umfange der Placentarstelle und in der Gegend der am untern Uterinsegmente vorfindlichen Verletzung die Schleimhaut von einem consistenteren, häutigen, gelben oder blutig gefärbten Faserstoffexsudat bedeckt ist. Nach Entfernung dieses Exsudats kommt man auf die ihrer Schleimhaut beraubte Muskelschicht, welche dann infiltrirt und von speckigem Glänze ist(DiphtheritisderGebärmutter-Schleimhaut). Die Muskelsubstanz bietet zuweilen ein derberes Gefüge, grössere Brüchigkeit der entzündeten Partie und stärkeren Blutreichthum dar. Zuweilen ist die mächtige Muscularis von erbsen- bis wallnussgrossen Eiter- und Jaucheheerden durchsetzt. Doch hüte man sich hier vor Verwechselung mit Phlebitis. Die erbsengrossen Eiterpuncte, welche auf der durchschnittenen Uteruswand der an Puerperalfieber zu Grunde gegangenen Frauen gewöhnlich und besonders an der Placentarstelle und deren nächsten Umgebung auftreten, sind keine Muskelabscesse, sondern der puri-forrn geschmolzene thrombotische Inhalt der durchschnittenen Uterinvenen.
Alle auf die Innenfläche der Gebärmutter gesetzten Exsudate zeigen im Puerperium beim Weibe eine grosse Tendenz zur sphace-lösen Schmelzung der eignen Theile und ihrer Unterlage (Mucosa). Deshalb sieht man häufig Stellen auf der Innern Fläche der Ge-bärmutterschleimhaut, welche mit einer grau oder braunschwarzen, stinkenden, sich in Fetzen loslösenden Pulpa bedeckt sind, unter welcher auch das Muskelgewebe meist einige Linien tief erweicht und mit einer schwärzlichen Jauche durchdrungen ist. Dieser mit dem Namen der putrescentia uteri belegte Zerstörungsprocess der Uterinschleimhaut ist, wie aus dem Vorhergesagten genügend von selbst erhellt, eine ulceröse Diphtheritis. Wir treffen sie am Ausgeprägtesten an der Insertionsstelle der Placenta.
Wie schon oben bemerkt, trafen wir die Gebärmutter des Weibes bei der parenchymatösen Entzündung der Uteruswandungen auflallig dilatirt. Daraus folgt, dass exquisite Puerperalthrombose constant die parenchymatöse Entzündung der Gebärmutter begleiten muss, indem jene dauernden Contractionen der Uterusmuscularis, welche das Blut aus den Venen der Placentarstelle unter normalen
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Verhältnissen bis auf minimale Mengen austreiben, mangeln. Wir finden deshalb auch die Oeffnungen der colossalen Venen innerhalb der Placentarstelle bei der Metritis mit über die Oberfläche hervorragenden Pfropfen erfüllt. Diese sind es nun, welche bei der Putres-cenz des Uterus jauchig imbibirt werden, und so in ulcerösen Zerfall gerathen. Daraus geht hervor, dass hier alle Bedingungen zum jähen Tod des Weibes durch Jaucheinfeetion des Blutes erfüllt sind.
Der Process greift, wenn er bis zur Putrescenz der üterus-schleimhaut gediehen ist, wenn kein plötzlicher Tod der Wöchnerin den Vorgängen Halt gebietet, auf Lymphgefässe, Intra- und Extra-uterinvenen des Beckens, besonders aber auf das Peritonäum, auf den Mastdarm, die Scheide über. Das Ergriffenwerden des Bauchfells ist von höchster klinischer Bedeutung, da in den meisten Fällen die hervorstechendsten, subjectiven Beschwerden durch eine secun-däre Bauchfellentzündung erzeugt werden. Denn für die Vorgänge in der Gebärmutterwand, mit Ausschluss des serösen Ueberzugs, besitzen die Puerpern oft eine aussergewöhnliche Toleranz. Trotz des gefahrdrohenden Zustandes sind die Beschwerdon, wenn die Peritonitis mangelt, selbst bei ziemlich vorgeschrittener Putrescenz der Gebärmutterwand oft ganz unerhebliche, bis der so ominöse erste Schüttelfrost eintritt, an den sich sofort die bedeutendsten Krank-heitserscheinungen reihen, denen das Weib weitaus in den meisten Fällen in wenig Tagen erliegt.
Die Aetiologie der parenchymatösen Metritis des Weibes ist trotz ihrer grossen Häufigkeit noch nicht zur Genüge aufgehellt. Doch soviel scheint festzustehen, dass Alles, was die Involution des Uterus zu hemmen im Stande ist, und was andererseits den Uterus während und kurz nach der Ausschliessung der Frucht direct oder indirect zu reizen vermag, Metritis erzeugen kann. Es werden deshalb hier ganz besonders Gemüthsaffecte, namentlich die, welche innerhalb der ersten Tage nach der Geburt des Kindes einwirkten, Diätfehler, Erkältung der allgemeinen Decke, rohe Kunsthülfen und Verletzungen, die die Geburtswege auch ohne jene Eingriffe der Kunst trafen, als Ursachen der puerperalen Metritis beschuldigt. Aber oft genug tritt die puerperale Metritis bei ganz gesunden kräftigen Frauen nach vollkommen normalen Entbindungen bei dem zweckmässigsten diätetischen Verhalten auf, und andrerseits vermissen wir sie gerade da, wo das ausserehelich geschwängerte Weib unter dem Drucke höchster sittlicher Schmach, unter Entbehrungen des Nothdürftigsten heimlich gebiert. Will man daher nicht zu nichtssagenden Hypothesen seine Zuflucht nehmen, so muss man wenigstens eingestehen, dass die oben erwähnten Schädlichkeiten nicht die ausreichenden Ursachen der Metritis sind, und oft genug auf das eben entbundene Weib einwirkten, ohne Metritis zu erzeu-
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Kalbefieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 663
gen. Endemische und epidemische Ursachen können bei der Metri-tis nicht ganz ausgeschlossen werden. In überfüllten Gebärhäusern herrschen die durch Metritis und Metrophlebitis bedingten Puerpe-ralfieber zu gewissen Zeiten seuehenartig.
Die Symptome, unter denen sich die Metritis beim Weibe äussert, sind : Fieberbewegungen ; heftige, aussergewöhnliche Empfindlichkeit des meist bedeutend über die Symphise hervortretenden, ausgedehnten Uterus; spärlicher oder unterdrückter Lochien-fluss; später ein jauchiger, übelriechender Ausfluss aus den Genitalien ; Diphtheritis der Scheide, des introïtus vaginae und der grossen Schamlippen. Tritt Jauche- oder eitrige Infection des Blutes ein, so wird es durch die so gefürchteten Schüttelfröste markirt, die bald nur einmal eintreten, bald sich in atypischer Weise wiederholen. Erfolgt der Tod hier nicht jäh , so rekrutirt, wie V i r c h o w sagt, die Krankheit aus allen Gebieten der Pathologie, um den Tod furchtbar zu machen. Das Fieber erreicht die höchsten Grade, das Sen-sorium wird benommen, Irrereden tritt ein ; peritonitische, dysenterische, pleuritische Symptome, Sphacelus der äussern Geschlechts-theile, ausgedehnte Zellgewebsentzündung und Vereiterung der Unterhaut können in mehr oder minder ausgedehntem Grade das Ende des unter dem höchsten Grade der Kräfteerschöpfung und Be-wusstlosigkeit verscheidenden Weibes compliciren.
Nicht immer erfolgt der Tod, häufig wird Genesung nach 6—8 Tagen bei den leichteren, blo? mit einer catarrhalischen Affection der Schleimhaut oder mit einer einfachen croupösen Exsudafion einhergehenden Fällen beobachtet, sobald bei einer bis dahin gesunden und kräftigen Frau die Fieberbewegungen massige Grade nicht überschritten, und das Sensorium sich frei oder nur wenig benommen zeigte.
Die parenehymatöse Gebärmutterentzündung bei Thieren ist als entzündliches
Kalbefieber
bekannt. Dasselbe wiederholt genau die Metritis des Weibes. Es ist am Häufigsten bei Kühen, aber sonst bei allen Hausthiergattun-gen beobachtet. Mit Ausschluss der Gemüthsaffecte werden dieselben Ursachen hier aufgeführt, wie beim Weibe. Zuweilen tritt hier das Kalbefieber in epizootischer Verbreitung auf. Auch hier begegnet man den croupösen und diphtheritischen Exsudaten an den der Placentarstelle entsprechenden Cotyledonen. Die Cotyledonen sind faserstoffig infiltrirt. In leichteren Fällen kommt es zum Ab-stossen dieser Massen , worauf Heilung eintreten kann , in schwereren zerfallen die infiltrirten Stellen jauchig oder brandig, und die
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Höhle des Tragsacks ist dann mit einem brandigen, höchst übelriechenden Brei angefüllt. Gurlt fand in einem Falle in der Gebär-mutterhöhle einer Kuh 100 Kannen einer eitrigen Flüssigkeit. Die Wandungen des Tragsacks sind jauchig imbibirt und in Folge des-sen hochgradig erweicht. Nicht selten sind die von den Cotyledo-nen abgehenden Gebärmuttervenen von festeren oder puriform geschmolzenen Thromben erfüllt. Auf dem getrübten Peritonäum lagern gewöhnlich grössere Mengen fibrinöser Exsudate. Ausser-dera trifft man metastatische Eiterheerdö in den verschiedensten Parenchymen. Auch kommen Dysenterie und Darmcatarrh vor. So hat Leisering bei einer am Kalbefieber umgestandenen Knh acuten Darmcatarrh mid Spuren einer Encarditis neben den Zeichen parenchymatöser Metritis beobachtet.
Die Symptome sind: Kurze Zeit nach dem Abkalben oder Abfohlen Fieber, Unruhe derThiere, Kolikbeschwerden, grosse Aufregung, Stossen, Schlagen, Zähneknirschen, Harnbeschwerden, Entzündung der äussern Geschlechtstheile, der Scheide, stinkender Ausfluss aus der Scheide, dem nekrosirende Croup - und Schleim-hautfetzen beigemischt sind, Beschränkung der Milchabsonderung, grosse Muskelschwäche. In einem von mir beobachteten Falle knickte das Thier ohnmächtig zusammen. In diesen Fällen erfolgt innerhalb 1—2 Tagen unter Ueberhandnahme lähmungsartiger Schwäche, peritonitischer Auftreibung des Leibes und enormer Steigerung des Fiebers der Tod, der bei den Kühen in der Eegel nicht abgewartet wird. Bei Hunden, die aus irgend einem Geburtshindernisse nicht gebären konnten , tritt zuweilen brandige Euptur des Uterus und tödtlicher Jaucheerguss in die Bauchhöhle ein. In leichteren Fällen erfolgt auch hier innerhalb 2— 3 Wochen Genesung unter Abnahme des Fiebers und Persistenz eines schleimig eitrigen Gebärmutterausflusses. Bei 2 Hündinnen sah Leisering in Folge schwerer Geburten Gebärrautterentzündung eintreten. Boi der einen war der Uterus stellenweise, namentlich die Muttermundspartie in Brand übergegangen. Bei einer Henne beobachtete Leise-ring eine Entzündung des Legedarms.
Die Metrophlebitis
ist bezüglich ihres pathologisch anatomischen Characters bereits oben im Capitel: Phlogosis und Thrombosis imGefässsystera unter der Rubrik: puerperale Thrombosen abgehandelt. Nur in seltenen Fällen tritt sie nach der Geburt beim Weibe und bei Mutter-thieren selbstständig auf, fast constant ist sie gepaart mit Entzündungen der Schleimhaut und Serosa des Uterus. - Das ursächliche Verhältniss dieser zur Entstehung der puerperalen Thrombose, sowie deren
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Destructive Vorgänge im Uterusnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 665
Rückwirkung auf die Thromben der Plaeentar- und Uterinvenen ist bereits geschildert, sowie nicht minder im vorhergehenden Ca-pitel hervorgehoben wurde, dass die bösartigen typhoiden Wochen-und Geburtsfieber, die sogenannten metastatischen Hergänge, in den parenchymatöseu Organen der Körperhöhlen, in den serösen Häuten, in der Unterhaut, sowie die diphtheritischen Processe auf' den Schleimhäuten, Effecte der Embolie und der eitrigen Infection des Blutes in Folge der puerperalen Thrombose sind. Doch zieht nicht jede puerperale Thrombose diese Zustände nach sich ; denn so lange dieselbe ihren örtlichen Character beibehält, ist sie symptoralos. Hierbei veröden die Gefässe und verfallen, wie alle übrigen Theile des puerperalen Uterus, einer allmäligen Elimination. Ausserdem ist hervorzuheben, dass nicht jede zu allgemeinen Erscheinungen führende eitrige Metrophlebitis tödtlich wird. Unter günstigen äusseren Verhältnissen, natürlich nicht in überfüllten Kranken - und Gebärhäusern, kann trotzdem, dass sich nach den Erscheinungen eines pyämischen Fiebers ausgedehnte metastatische Hoerde bildeten, Heilung eintreten. Doch dürfen diese metastatischen Vorgänge sich nicht auf innere, sondern auf äussere Organe erstrecken. So beobachtete ich bei einer Mehrgebärenden ein mit den Erscheinungen der Enmetritis gepaartes heftiges Kindbetttieber, das zu den bedeutendsten Zellgewebsvereiterungen beider untern Extremitäten, des Stammes und des rechten Oberarms führte. Trotz der extensiven Unterminirung der Haut, die diese so ausgebreitete Vereiterung des Unterhautgewebes setzte, trotz des massenhaften Eiterverlustes durch die zahlreichen Oeffnungen des Hautkörpers innerhalb zweier Monate trat doch endlich, obwohl die Frau unter diesen Stoffverlusten skeletartig abgemagert und sehr entkräftet war, Heilung und Wie-dergenesung ein.
Die chronische Metritis führt zu einer Hypertrophie des Uterus mit Ueberwiegen des Bindegewebes. Dadurch wird der ganze Uterus gleichförmig oder vorwaltend der Uteruskörper oder der Uterushals mit der Vaginalportion verdichtet, verdickt bis um das Mehrfache ihres normalen Durchmessers. Dieser Zustand , welcher das Product langwieriger Hyperämieen ist, ist als chronischer Infarct des Uterus beschrieben , und hat beim Weibe mehrfach Veranlassung zu Verwechselung mit Uterinkrebs gegeben.
Destructive Vorgänge im Uterus.
Die ulcerösen Vorgänge im Verlauf des Catarrhs der Uterinschleimhaut , der Diphtheritis und bei der Putrescenz der Uterin-
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Schleimhaut als Ausgang der parenchymatosen Metritis sind bereits geschildert,
Gangrän der Gebärmutter ist bei Thieren, besonders bei kleineren , in Folge roher Geburtshülfen oder zu grosser Früchte, die den Beckencaual ihrer Grosse halber nicht passiren konnten, mehrfach beobachtet worden. Beim Menschen kommt es in Folge der so mächtig entwickelten Muscularis des Uterus, die sich nur secundär bei dem puerperalen Process betheiligt, viel seltener zui totalen brandigen Zerstörung der Üteruswand. Die gangränöse Zerstörung beschränkt sich meist nur auf die Uterinschleimhaut und die oberflächlichen Schichten der Muscularis des Uterus.
Neubildungen des Uterus.
Bindegew ebsneubil du ngen. Unter diesen istdasUte-rusfibroid die gewöhnlichste am Uterus angetroffene Neubildung. Beim Menschen kommt sie nächst dem Uteruscarcinom unter Neubildungen an der Gebärmutter am Häufigsten vor. Auch bei Haus-thieren ist das Uterusfibroid keineswegs selten. Seine Grosse va-riirt von der eines eben wahrnehmbaren Knötchens bis zu der eines Mannskopfs und darüber. Sie sind von dichtem, sehnenartigem Gefüge, rundlich und von tendinösen Strängen in den verschiedensten Richtungen durchkreuzt. So lange sie noch klein sind, sind sie vollkommen in die Uterussubstanz eingebettet. Je mehr sie her-an-wachsen, um so selbstständiger werden sie. Sie sitzen dann der üterusschleimhaut oder dem serösen Ueberzug des Uterus als verschieden grosse Geschwülste mit schmälerer, selbst gestielter Basis auf. Die intrauterin sich entwickelnden Tumoren dehnen Gebärmutter oder Tragsack bedeutend aus, und führen zu den mannigfachsten Irrita-tionszuständen auf der Schleimhaut, so zu Catarrhen, Blutungen, Ulceration, erzeugen Abortus etc. Die sich nach der Bauchhöhle zu entwickelnden Uterusfibroide erreichen zuweilen eine solche Grosse, dass sie beim Weibe zur irrthümlichen Diagnose einer Bauchschwangerschaft Veranlassung gegeben haben. Die Zahl der Uterusfibroide variirt von 2—10, der Sitz derselben ist vorzüglich der fundus Uteri. Das intrauterin sich entwickelnde Fibroid ist von der Schleimhaut überzogen, das extrauterin sich entwickelnde von der Serosa. Langgestielte Fibroide schnüren sich zuweilen ab, und treten dann als freie Körper der Bauch -, Becken - und Uterushöhle auf.
Ausser der fibrösen Geschwulst wurde beim Menschen noch das Sarkom und die P a p i 11 a r g e s c h w u 1 s t beobachtet. Das Sarkom ist auch hier Nichts als ein weicheres Fibroid, reich an Zellen, ärmer an Bindegewebe, sonst mit allen Charr.cteren einer
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gutartigen Neubildung versehen. Das Papillom erscheint beim quot;Weibe als condylomatose, blumenkohlartige Exerescenz, oder als warzig höckerige, feinkörnige Wucherung an einer Muttermundslippe oder an beiden Labien.
Fettbildung tritt im fettig metamorphosirten Uterusfibroid und im fettig entarteten Uterus (im Wochenbett) auf.
Knochenbildung wird gleichfalls dort beobachtet.
Pigment tritt häufig als Residuum entzündlicher und hyper-ämischer Processe, als diffuse oder circumscripte Pigmentirung der Uteruswand auf.
Drüsenneubildungen im Sarkom des Menschen in Form schlauchartiger, die Utriculardrüsen der Uterusschleimhaut wiederholender Gebilde.
Cysten, durch Verstopfung der Ausführungsgänge der Utri-culargebilde erzeugt, erscheinen gern auf der Schleimhaut des Üte-ruskörpers, des Halses und der Vaginalportion. Den Werth eines Neugebildes haben sie als Naboth'sches Bläschen und im Sarkom (Cystosarkom).
Ueber die Existenz des Krebses bei Thieren liegen keine verlässlichen Beobachtungen vor, beim Menschen ist der Krebs des Uterus dagegen um so häufiger. Am Gewöhnlichsten ist das primitive Medullarcarcinom der Vaginalportion beim Weibe. Hier findet man die Vaginalportion meist vorwiegend in ihrem vordem Umfange in der Tiefe von einer weissröthlichen , weisslichen, dicht fasrigen Aftermasse, die keine bestimmte Begrenzung zeigt, und die eine gßringe Menge eines molkigen, milchigen Saftes enthält, durchsetzt. Selten tritt der Markschwamm an dieser Stelle in Form eines oder mehrerer discreter Knoten auf. Beim weiteren Fortschreiten der krebsigen Degeneration geht die Schleimhaut unter, die Knoten durchbrechen gleichsam dieselbe, der Krebs liegt bloss und wächst mit tuberöser, zottiger Oberfläche zu einer bedeutenden Masse heran, welche das Scheidengewölbe ausfüllt und erweitert, dann allmälig an ihrer Oberfläche zu verjauchen beginnt. Während dessen schreitet die Degeneration nach unten und oben fort, Scheidengewölbe und Scheide, Uterushals und Fundus allmälig mit in die Entartung hineinziehend. Bei niederen Graden erscheint die Uteruswand des Fundns auf den ersten Blick kaum verändert, jedoch erweist sie sich bei näherer Betrachtung von Krebsmilch infiltrirt. Bei den höchsten Graden dieser fortschreitenden Entartung sind Fundus, Hals und Tuben sowie Uterushöhle und Canal complet verschwunden, und an deren Stelle ist ein faustgrcsser Markschwamm getreten, wie ich dies in einem Falle beobachtete. Doch zeigen sich in vielen Fällen Fundus und Tuben noch erhalten, selbst bei untergegangenem Fundus hängen die Tuben der Aftermasse wie Appendiculargebilde an. In
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seltenen Fällen setzt sich die Entartung nicht nur auf die Tuben, sondern auch auf das subperitonäale Bindegewebe, Harnblase, Mastdarm und Beckenwände fort. Das Peritonäura der excavatio rec-touteri7ia und uterovesicalis ist hier complet untergegangen. An diese Aftermasse, die dann noch zuweilen den Uterusfundus erkennen lässt, der die Krebsmasse überragt, findet man Diinndarmwind-ungen, den Wurmfortsatz, den Blinddarm angelöthet.
Ging der Uterus, wie in vielen Fällen, nicht ganz in der Neubildung unter, so ist er oberhalb derselben stark hypertrophisch. Zuweilen entwickelte sich in Folge der durch die Krebswucherung gesetzten Unwegsamkeit des canalis cervicis eine Hydrometra. In seltenen Fällen entsteht in Folge von secundärer Entartung des Iri-(jonum vesicae nrinariae Harnstauung, Erweiterung der Ureteren, der Nierenbecken und Kelche, Bright'sche Krankheit, Fettmetamorphose der Einde, catarrhalische Entzündung der Schleimhaut der Harnwege, Nephritis. Der Ausgang des Uterinkrebses ist regel-mässig eine Verjauchung des Aftergebildes, der ein Zerfall und einer Erweichung seiner constimirenden Elemente vorangeht. In seltenen Fällen erfolgte der Tod in einem früheren Stadium durch Metrorrhagie, Peritonitis, überhandnehmenden Marasmus oder durch irgend eine intercnrrirende Krankheit. Neben hochgradiger Verjauchung des Uteruskrebses begegnet man häufig ulcerösen Perforationen der befallenen Theile, diphtheritischen Brandschorfen auf der Schleimhaut der Blase, des Rectums und Dysenterie. Neben dem üteruskrebs kommt Lymphdrüsen-, Leber-, Darm-, Brustdrüsen-, Eierstock - und Knochenkrebs vor. Secundär entwickeln sich bei allgemeiner Krebsproduction nur einzelne Knoten im Uterus.
Ausser dem Markschwamm hat man beim Weibe noch den Zotten krebs, dencance/'melanocleSjden alveolarenG-allert-krebs und den Epithelialkrebs im Uterus angetrofien.
Der Uteruskrebs kommt am Häufigsten zwischen dem 40. bis 50. Lebensjahre des Weibes vor, doch behauptet Rokitansky, dass er oft genug früher, zuweilen schon das 20. Jahr befiele. Er hindert im Beginn die Conception nicht, auch nicht die Geburt, doch erfolgen beim Durchtritt des Kindskopfs gewöhnlich solche bedeutende und zahlreiche Einrisse in der entarteten Vaginalportion, dass der Tod entweder in Folge von Metrorrhagieen oder jauchiger Metritis eintritt.
Die Qualen, die das Uteruscarcinom in fast allen Fällen dem Weibe bereitet, sind geradezu fürchterlich. Die wüthendsten Neuralgieën im Beckengeflecht, eine Summe peritonitischer Attaquen, die im Verlaufe der über Jahre sich erstreckenden Entwickelung des Uteruscarcinoms auftreten, liegen vor Allem jenen unerträglichen Schmerzen zu Grunde. Wiederholte Blutungen, abundante jauchige
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Metroirhagie, Anhäufung von Blut in der Gebärmutterhühlo.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; C69
Gebärmutterflüsse erschöpfen Ernährung und Kräfte der Kranken derartig, dass dieselben skeletartig abmagern, alle Zeichen einer vorgeschrittenen Krebscachexie darbieten, und so endlich, wenn nicht vordem dem Leben durch rapidere Vorgänge: acute Peritonitis, Metrorrhagie, Urämie, ein Ziel gesetzt wurde, unter hochgradigem Marasmus dem Zustande erliegen.
Der Tuberkel des Uterus wurde beim quot;Weibe an dessen hinterer Wand in Form graner Granulationen beobachtet, zuweilen in der Weise, dass sie dicht in der Wandung des Fundus zusammenstanden und sich über die Schleimhaut des Uteruskörpers bis an das Collum hin ausbreiteten, neben Tuberkulose der Tubarschleimhaut. Häufig ist die Gebärmuttertnberkulose eine primitive, ausserdem auch eine secundäre. Die von Tuberkeln dicht durchsetzte Schleimhaut erscheint zu einer käsigen, morschen Schicht verwandelt, unter der die Tuberkulisation in das Uterusparenchym greift, so dass endlich die Uteruswand auf beträchtliche Tiefe die vorgedachte Umwandlung zeigt. Diese käsige Masse verjaucht sofort unter Zerklüftung und Ablösung kleinerer und grösserer Partikel zu Tuberkeleiter, dessen Abfluss zuweilen durch Obturation des orifidum mternum behindert wird, so dass er sich anhäuft und eine kugelige Ausdehnung des Uterinkörpers (Hydrometra) herbeiführt. Tuberkeln in der Gebärmutter wurden bei Thieren noch nicht angetroffen.
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Abnormitäten des Inhalts des Uterus.
Metrorrhagie, Anhäufung von Blut in der Gebärmutterhöhle.
Blutergüsse in die Gebärmutterhöhle, physiologisch beim Weibe als Katamenialfluss, seltener bei Thieren bei der Brunst, erfahren besonders beim Weibe eine pathologische Vermehrung, und sind oft genug während und kurz nach der Geburt so abundant, dass sie tödtlich werden, ßegelmässig begleiten den Abortus beim Weibe, besonders in den ersten Monaten der Schwangerschaft, copiöse Me-trorrhagieen, die jedoch höchst selten tödtlich werden. Minder copiös und häufig sind die Blutungen in Folge von Degeneration (Krebs, Tuberkulose, sarkomatöse und fibröse Polypen) der Gebärmutterwand.
Eine Hämatometra beim Weibe erzeugt sich durch angeborene oder erzeugte Atresie der Vagina oder des orißcium Uteri cxternum. Das zurückgehaltene Blut häuft sich in Scheide und Uterus oder nur in diesem an, und erreicht eine aussersewöhnliche
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Menge im Verlauf der Jahre, die den Uterus ganz gewaltig erweitert, so dass derselbe eine Ausdehnung gewinnt, die der in den letzten Monaten der Schwangerschaft gleichkommt.
Bei Thi eren sind Gebärmutterblutungen höchst selten. Noch am Häufigsten wurden sie bei Putrescens der Gebärmutterschleimhaut und bei der Anwesenheit von Fibroiden an der inneren Wand des Uterus beobachtet.
Eine Anhäufung von Gas in der Gebärmutterhöhle wurde bei faulenden Eiresten, zurückgebliebenen Nachgeburten , bei sich zersetzenden Exsudaten und Blutmassen beobachtet.
Anhäufung von wässerigen Producten in der Gebärmutterhöhle.
Die Hydrometra setzt die Verstopfung des Muttermundes voraus , und die Existenz eines Processes, welcher Schleim, Eiter, Jauche oder ein seröses Transsudat in die Gebärmutterhöhle setzt. Sie ist mehrfach bei Menschen und Thieren gesehen, und kann die mannigfachsten Processe begleiten. Uterus und Tragsack erfahren hierbei mitunter eine ganz gewaltige Ausdehnung, so dass Verwechselungen mit Schwangerschaft und Trächtigkeit hier mehrfach vorgekommen sind.
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In den Fruchthältern der Thiere bleiben bisweilen Früchte oder völlig ausgetragene Junge in Folge von Geburtshindernissen zurück, und vertrocknen dann entweder mumienartig, oder werden durch Fäulniss zerstört, in welchem Falle dann Haare und Knochen dieser Früchte in jauchigen Flüssigkeiten angetroffen werden. Solche Fälle kommen am Häufigsten bei Schafen, welche selbst mit diesen Körpern im Tragsack wiederholt trächtig werden, aber gewöhnlich nicht gebären können, am Seltensten bei Pferden vor.
Lage- und Formveränderungen der Gebärmutter.
Hierhin gehören: Der Vorfall der Gebärmutter und die inversio uteri, welche nach dem Geburtsact vielfach bei Menschen und Thieren, und unter diesen namentlich bei Kühen angetrofien wurde.
Höchst wichtig ist die Drehung desFrnchthälters bei den Kühen der Gebirgsländer um seine Längsaxe, so dass seine untere Fläche nach rechts oder links oder sogar nach oben gewendet erschien, wodurch der Vorgang der Geburt ganz unmöglich gemacht wird.
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Krankheiten der Mutterscheide.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;671
DerGebärm utterbruch ist mehrfach, ausserbeim Weibe, bei Hündinnen gesehen, bei welchen grössere oder kleinere Abschnitte des Tragsacks durch den Baiichring hervortraten.
Als Theriomorphieen des Weibes sind der ute?,us bi/ocu-laris, bicomis, bilateralisnnddupleafznhezeichnen. Diese Formen wiederholen Uterusbildungen aus der Säugethierreihe. Der utervs duplex erinnert zuweilen an die Legedärme der Vögel.
Verschluss und Verwachsung des Gebärmuttermundes (atresia orißcii uteri) erzeugt beim Weibe die Hämometra, bei Thieren soll sie der Unfruchtbarkeit in vielen Fällen zu Grunde liegen. Einschlagende genauere Untersuchungen haben ergeben, dass nur in sehr seltenen Fällen die Unfruchtbarkeit der Mutter-thiere durch derartige bald angeborene, bald erworbene (durch Ca-tarrhe, croupöse Metrites etc.) Verschliessungen des Muttermundes bedingt ist, wohl aber veranlassen diese Atresieen constant die Hydrometra.
Trennung des Zusammenhanges
im Uterus des Weibes, im Tragsack derThiere sind nicht so seltene, aber höchst gefährliche, meist sofort tödtliche Ereignisse. Beim Weibe fallen sie , wie bei Thieren , fast ausnahmslos in die Zeit der Geburtsthätigkeiten , werden häufiger durch rohe Kunsthülfen, als durch Textnrerkrankungen der Gebärmutter und des Tragsacks, durch Rigidität des Muttermundes bei übermässiger Wehenthätigkeit hervorgerufen, und ziehen, wie die Ruptur jedes Innern gefäss- und nervenreichen Eingeweides, sofort Collaps im Gefäss- und Nervensystem und nach kurzer Zeit den Tod nach sich. Nicht durchdringende Einschnitte der Uterus- und Tragsackwand heilen dagegen bei normaler Zusammenziehung des Organs nach Ausschliessung der Frucht, resp. Früchte, schnell und gefahrlos.
Krankheiten der Mutterscheide (Vagina).
Der Schei den catarrh. Die acute Form ist im Verlauf des Wochenbettes beim Weibe eine gewöhnliche Erkrankung, gleichfalls nicht selten bei Mutterthieren nach der Geburt. Ausser den Erscheinungen des Catarrhs, Röthung und Schwellung der Scheidenschleimhaut , Absonderung eines anfänglich spärlichen, blutstreifigen, später reichlichen, copiösen Schleims, werden Harnbeschwerden und massiges Reizfieber beobachtet. Der Process schliesst sich meist nach 12—14 Tagen selbst ab, oder geht in die chronische Form über.
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Der chronische Catarrh der Scheide ist beim Weibe als weisser FIuss (fluo?' alhis) sehr gewöhnlich, bei manchen Frauen und Mädchen kurz vor und nach dem Monatsfluss geradezu physiologisch. Er fehlt bei der Amenorrhoe der Frauen fast nie, und vergesellschaftet sich gern mit dem chronischenUterin-catarrh. Bei Thieren entwickelt er sich häufig aus dem aeuten Catarrh der Scheide. Er besteht in einer bald spärlichen, bald höchst copiösen Ausscheidung einer bald rein schleimigen, bald eitrigen, bald übelriechenden zähen Flüssigkeit, wobei die Scheidenschleimhaut anämisch und unbedeutend serös infiltrirt sich zeigt.
Die croupöse und diphtheritische Entzündimg der Scheidenschleimhaut begleitet beim Weibe die bösartigen Wochenfieber. Bei Thieren traf man sie in der Einderpest, beim entzündlichen Kalbefieber, beim Anthrax an.
Die Scheide ist beim Weibe Sitz des virulenten Trippers, der sich gewöhnlich auch auf die Harnröhre fortsetzt, was der unschuldige weisse Fluss nicht thut, der Chankergeschwüre und des verschwärenden Syphiloms. Mit diesem Namen belegt man gegenwärtig jene an der Haftungsstelle des syphilitischen Virus an den äusseren Genitalien zur Entwickelung kommende und später verschwärende Neubildung, die an allen Stellen der Mutterscheide, aber häufiger an den grossen und kleinen Schamlippen angetrofTen wird, wie sie sich auch beim Manne häufiger an der Haut der Eichel und am Präputium als auf der Harnröhrenschleimhaut entwickelt. Bei Thieren ist die Scheide Sitz catarrhalischer, croupöser und diphthe-ritischer Geschwüre bei der Chankerseuche.
Als Neubildungen in der Mutterscheide fand man beim Weibe f i b rose und sarkomatöse Polypen , den Epithelial-krebs in Form des Papilloms, Cysten höchst selten, dann als hervorspringende Cysten, aus Degeneration B a r t h o 1 i n'scher Drüsen hervorgegangen, und den Markschwaram neben Uterus und Mastdarmkrebs. Der Tuberkel wurde dort noch nicht gesehen.
Bei Mutterthieren scheinen dagegen Neubildungen der Scheide höchst selten vorzukommen. Haubner traf bei einer Stute dort den Epithelialkrebs an.
Von Parasiten begegnet man beim Weibe: der trichomonas vagi-nalis {Donnê) in catarrhalischem Vaginalsecrete — neben Vibrionen und einer Leptothrix ähnlichen pflanzlichen Vegetation, ausserdem dem So o r pil z.
Blutungen der Scheide entstehen meist durch geborstene Varicen beim Weibe.
Incrustationen der Scheidenschleimhaut mit Harnsalzen werden bei Blasenscheidenfisteln beobachtet.
Verengerung und Verwachsung der Scheide sind meist
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Erkrankungen der Brustdrüse und des Euters.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 673
congenital, doch zuweilen auch erworben. Bei Thieren ist die Atresie der Vagina ausserordentlich selten.
Der Scheiden Vorfall repräsentirt die Lageveränderung der Vagina. Er ist beim mehrgebärenden Weibe sehr häufig, bei Mutterthieren nicht selten. Er besteht in einer theil weisen oder gänzlichen Umstülpung der Scheide, wobei in dem ersteren Falle blos eine Wand derselben in Gestalt einer weichen, runden, elastischen Blase zwischen der Schamspalte hervorragt, während in dem letztern die ganze Scheide umgestülpt ist, wobei auch die Gebärmutter, deren Mund sichtbar wird, herabsinkt. Dass diese Lageveränderung der Scheide beim Weibe eine ungleich grössere Frequenz darbietet, als bei Mutterthieren, hängt mit der aufrechten Stellung des Menschen zusammen.
Als Erkrankungen der äussern Scham sind beim Weibe besonders die condylomatösen Excrescenzen, das Chankerge-schwür, das verschwärende Syphilom, Fettgeschwülste, Gefäss-wucherungen (Teleangiectasieen), die. elephantiasis vulvae, Cysten, Markschwamm und der Epithelialkrebs zu nennen.
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Erkrankungen der Brustdrüse und des Euters.
Am Gewöhnlichsten ist beim Weibe und bei Mutterthieren, die soeben gebaren, viel seltener vor der Geburt, bei Jungfrauen und jungfräulichen Mutterthieren , aber doch auch hier schon beobachtet die Entzündung der Brustdrüse und des Euters mit grosser Neigung zur Abscessbildung. Doch wird auch in vielen Fällen Zertheilung der Entzündung der Brustdrüse und des Euters beobachtet. Häufig bleiben Verhärtungen in der Brustdrüse und ira Euter zurück, die durch eine Wucherung des interstitieilen Bindegewebes der Drüse erzeugt werden, welche nicht mit den sogenannten Milchknoten zu verwechseln sind, die aus geronnenem und zurückgebliebenem Käsestoff, der sich in dem ductus lactif'eri anhäufte, bestehen. Eine senchenartig auftretende Euterentzündung mit dem Ausgang in Brand ist bei Schafen beobachtet.
Von Neubildungen kommen in der Brustdrüse und im Euter Bindegewebsneubildungen: Fibroide, Sarkome, sarkoma adenoides mammarum, cystosarkoma mammae phyllodes, Enchondrombild-ungen, das Lipom in Form einer Hypertrophie des Fettgewebes der Drüse, Drüsenneubildungen in wuchernden Mengen, so dass der Tumor überwiegend aus Brustdrüsenelementen besteht, undCarcinome
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 43
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074nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Geschlechtsorgane.
(sehr häufig beim Weibe) vor. Das Letztere ist die häufigste Krebsbildung beim Hunde. Wir treffen im Euter dieser Thiere sowohl den Faser-, als auch den Medullarkrebs, der gewöhnlich dieses Organ primitiv befällt, und dann den Ausgangspunet für krebsige Entartung der Lymphdrüsen und innerer Eingeweide abgiebt.
In Folge von Verletzungen kommt es bisweilen zur Verwachsung der äussern Milchgänge, wobei sich eystenartige Erweiterungen der ductus lacliferi herausstellen.
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Functionelle Störungen
der weiblichen Geschlechtsorgane.
Eine krankhafte Steigerung des Geschlechtstriebes, die jenseits der Grenze der noch in die Breite normaler Vorgänge fallenden Geilheit des Weibes liegt, ist gewiss beim Weibe ausserordentlich selten, viel seltener, als von einer grossen Zahl von Aerzten angenommen wird. Auffällig ist, dass Frauen, die ungewöhnlich in der physischen Liebe excedirten, meist später dem Gebärmutterkrebs erliegen , gewiss ein Beweis, wie tief das Seelenleben des Weibes im Somatischen wurzelt, und wie ganz besonders beim Weibe die Qualität seiner Seele, auf die es sich angewiesen sieht, durch körperliche Dispositionen bestimmt und mannigfach modificirt wird. Fand doch Hufeland bei einer Nymphomaniaca einen Eierstockskrebs. Bei Thieren ist eine ungewöhnliche Aufregung des Geschlechtstriebes alsMonatsreiterei bekannt und bereits wiederholt erwähnt. Sie wird häufig neben Perlsucht der Kühe beobachtet. Die Entwickelung der Fibroide und Sarkome scheint allerdings auf eine noch unerklärliche Weise den Geschlechtstrieb zu vermehren, und es kann als kein Gegenbeweis betrachtet werden, dass wir sehr oft die Stiersucht ohne Perlsucht und sehr häufig diese ohne jene antreffen. Denn in der Pathologie deckt, mit Ausschluss der mechanisch wirkenden Noxen, keine Ursache ihren Effect in der Weise, dass dieser nicht ohne jene und jener nicht ohne diese angetroffen worden wäre.
Die Fehlgeburt, abortus, ist eine beim Weibe und bei Thieren häufig vorkommende functionelle Störung der weiblichen Sexualorgane. Die Ursachen sind bald mechanischer Natur: Stusse, Schläge, Erschütterungen, bald chemischer, wie die Einwirkung des Mutterkorns, der Sabina, derDrastica, bald dynamische, Schreck. Zuweilen lassen sich keine genügenden äussern Veranlassungen nachweisen , und so hat man sich beim Weibe gemüssigt gesehen, eine dispositio abortiva aufzustellen. Jedoch ist zu bemerken,
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Functionelle Störungen der weiblichen Geschlechtsorgane.
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dass Dysmenorrhoeen vor der Schwangerschaft, chronische üterin-catarrhe und die allgemeine Syphilis der Mutter den Abortus unzweifelhaft begünstigen. Daher die Sterilität der meisten Lustdirnen. — Sehrräthselhaft ist das endemische Vorkommen der Fehlgeburten beiKühen, das in der Umgebung von Wilsdruff und Meissen seit mehreren Jahren immer mehr und mehr überhaml nimmt. Es scheint in der fortgesetzten Kreuzung inländischer Kühe mit ausländischen Racen theilweise bedingt zu sein.
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Krankheiten der Bewegungswerkzeuge.
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Vom Rheumatismus.
Es ist schwierig, eine stricte Definition von dem zu geben, was man unter Rheumatismus versteht. Denn man hat auch hier ziemlich Verschiedenes unter einem Namen zusammengefasst, und so z. B. von rheumatischen Pericarditen, Pleuriten, Peritoniten gesprochen, sobald dieselben nach Erkältungen auftraten. Doch ist man gegenwärtig allgemein davon zurückgekommen, und versteht unter Rheumatismen Krankheitsvorgänge, deren Sitz in den fibrösen Gebilden, den Gelenkapparaten, den Aponeurosen, den Sehnenscheiden, dem Neurilem, dem Periost oder in den Muskeln und Sehnen ist, welche durch eine heftige Schmerzhaftigkeit, die durch entzündliche Ernährungsvorgänge in jenen Gebilden bedingt ist, sich auszeichnen, und welche ohne traumatische Ursachen entstehen und von anderweiten chronischen und acuten Krankheiten unabhängig sind.
Der acute Gelenkrheumatismus.
Derselbe ist eine fieberhafte Krankheit, die beim Menschen beide Geschlechtermit gleicher Frequenz befällt, in entzündlicher Schwellung eines oder mehrerer grösserer Gelenke besteht und in vielen Fällen durch ein Missverhältniss ausgezeichnet ist, in welchem subjective Beschwerden zu den objectiven Erscheinungen stehen. Höchst merkwürdig ist hierbei die Betheiligung der Innern oder äussern Herzhaut, die gleichfalls von entzündlichen Ernährungsstörungen befallen werden, aber mit der Eigenthümlichkeit, dass je intensiver die entzündliche Ernährungsstörung in den Gelenken ist, um so mehr die Herzaffection zurücktritt, oder wohl ganz fehlt, während jene For-
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Der acute Gelen krheuraatismus.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;677
men am Auffälligsten und Constantesten en- oder pericarditische Symptome darbieten, bei welchen nur niedere Grade der Entzündung in den afflcirten Gelenken bestehen. B o u i 11 a u d hat zu seiner Zeit die Häufigkeit der Herzentzündungen bei acuten Gelenkrheumatismen sehr übertrieben, was wohl darin begründet sein mag, dasser die fast nie bei acuten Gelenkrheumatismen fehlenden zufälligen Geräusche an den Herzostien für wesentlich , nämlich durch Veränderungen der Klappen der Ostien bedingte hinnahm.
Bamberger's Berechnungen ergaben, dass in 20 Proc. der Fälle von acutem Gelenkrheumatismus Encarditis und in 14 Proc. dieser Pericarditis vorhanden ist.
Es hiesse die En- und Pericarditis nochmals beschreiben, wollten wir die durch En- und Pericarditis gesetzten Erscheinungen und Gefahren für Gesundheit und Leben hier alle aufführen. Nur soviel sei erwähnt, dass acute Gelenkrheumatismen ohne Complication mit En- und Pericarditis fast niemals tödten, während die mit Encarditis complicirten Fälle oft tödtlich werden. Der Tod ist hierbei entweder ein plötzlicher, durch pyämische oder embolische Zustände bewirkter, oder ein allmälig eintretender, indem eine Encarditis Herzhypertrophieen mit Klappenfehlern zurückliess , denen das Individuum meist erst nach jahrelangem Siechthum erliegt. In seltenen Fällen deterrainirt eine Pleuritis, Pneumonie, noch seltener eine Meningitis.
Die Dauer des Zustandes beläuft sich immer auf mehrere quot;Wochen, selbst auf ein Vierteljahr und darüber. Der Ausgang in Gelenkvereiterung ist höchst selten, häufiger der in bleibende Verdickung der Gelenke, sehr häufig erfolgt vollkommene Wiedergenes-nng, doch mit Neigung zu Recidiven. Das begleitende Fieber geht entweder dem Zustande voran, oder tritt mit der entzündlichen Affection der Gelenke ein, oder gesellt sich wohl erst dann zur örtlichen Affection, wenn dieselbe einen gewissen Grad erreichte. Die Körperwärme erlangt dabei nie einen so hohen Grad, als wie bei den Infectionsfiebern. Sie steigt 1 — 2deg; über die Norm. Die Pulsfrequenz geht über 140 Schläge in der Minute selten hinaus. Die Urinsecretion ist meistentheils spärlich, die Harnstoffausscheidung -pro die aber bedeutend vermehrt. Daraus folgt sein hohes speci-fisches Gewicht in dieser Krankheit. Die Schweisse sind reichlich, veranlassen oft auf der Haut die Entwickelung von Sudamina, und sind reich an Milchsäure.
Bei T hie ren ist der acute Gelenkrheumatismus vorzüglich hei Pferden beobachtet. Er wird hier unter dem Namen
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aufgeführt. Von diesem acuten Gelenkrheumatismus weicht die Hufrehe insofern ab, als neben allgemeinem Muskelrheumatismus beider vordem Extremitäten Fleisehwand und Fleischsohle der entsprechenden Hiife von jener entzündlichen Ernährungsstörung, die dem acuten Rheumatismus überhaupt zu Grunde liegt, mit befallen werden. Dabei ist Fieber, Athemnoth zugegen, und während beim acuten Gelenkrheumatismus des Menschen die Complication mit Pneumonie und Pleuritis ganz in den Hintergrund trat, tritt sie liier, gerade wie die Herzentzündung dort, in den Vordergrund. Doch sind Complicationen mit Peri- und Encarditen bei jenem acuten Gelenkrheumatismus der Pferde, der die Hufe frei Hess, keineswegs ganz ausgeschlossen. Vielmehr sind dieselben hier mehrfach beobachtet. Gern gesellt sich ein entzündliches Oedem der Unterhaut beider vordem Extremitäten zum Gelenkrheumatismus.
Die grösste Gefahr für Leben, Gesundheit und Gebrauchsfähigkeit des Thieres bei der rheumatischen Hufentzündung, vulgo Hufrehe, erwächst vor Allem aus den Consequenzen der Fleischwand - und Fleischsohlenentzündung. Am Gefürchtetsten sind hier die Ausgänge in Eiterung, Verjauchung und Brand, welche zuweilen ein Aussehuhen (Abstossen des Hornschuhes) undBlossleg-nng der verjauchenden und nekrosirenden Fleischwand und Fleischsohle zur Folge haben. Diesem Zustande erliegen die Thiere bald. Eiter- und Jaucheinfection determiniren gar nicht selten, besonders wenn Caries des Hufbeins eintrat. Minder für das Leben gefährlich, aber die Diensttauglichkeit beschränkend, selbst aufhebend, ist der Ausgang in diffuse Bindegewebswucherung in Fleischwand und Fleischsohle, wodurch die Stellung des Hufbeins verändert, ein Flachwerden der Hufsohle bei niederen, und eine knollige Verbild-ung des ganzen Hufs bei höheren Graden des Uebels, wobei die Last der Vorhand nicht mehr auf den Tragrand, sondern auf die pro-tuberirende Hornsohle fällt, erzeugt wird.
Die rheumatische Hufentzündung würde nicht in der Regel so schlimme Ausgänge nehmen, wenn das Thier nicht gezwungen wäre, sich durch Tage, selbst Wochen auf den entzündeten Theil zu stützen. Das Thier sucht soviel wie möglich den Tragrand beider vorderen Extremitäten zu entlasten, und schiebt deshalb die Vorhand nach rückwärts, so dass das Thier in einer nahezu kauernden Stellung verharrt. Trotz dieser erschwerenden Umstände tritt doch vielfach Heilung ein, aber wohl nie ohne eine massige Verbildung des Hufes (Flach-, Ring-, Rehhuf).
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Die Gelenkkrankheit der Säuglinge der Thiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 679
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Die Gelenkkrankheit der Säuglinge der Thiere
#9632;(Gelenkseuche , Füllen-, Kälber- , Lämmerlähme) ist unverkennbar jenen selbstständig sich entwickelnden entzündlichen Ernährungsstörungen unterzuordnen, die mit Fieber verbunden sind, und gemeinhin als acuter Gelenkrheumatismus bezeichnet werden, obwohl nicht zu leugnen ist, dass die hierher ressortirenden entzündlichen Gelenkleiden neugeborener Thiere sich nicht ganz unabhängig von einer Kränklichkeit der Mutterthiere und einer angeborenen Schwächlichkeit und dürftigen Ernährung der Säuglinge auffassen lassen. Dafür sprechen auch die enzootischen Einwirkungen, unter deren Einfluss diese Gelenkseuche gewöhnlich beobachtet wird.
Als veranlassende Ursachen beschuldigt man vorzüglich Kränklichkeit der Mutterthiere, unpassende Fütterung derselben, besonders während der letzten Hälfte der Trächtigkeit, den Betrieb mooriger, sumpfiger Weiden, den Genuss verdorbenen Trinkwassers, sowie — und dies scheint mir von höchstem Belange zu sein— Erkältungen, welche die Säuglinge treffen. Doch ereignet es sich nicht so selten, dass die Jungen gleich krank auf die Welt kommen, was die in Rede .stehonde Krankheit als eine congenitale kennzeichnet.
Der pathologisch-anatomise heBefund ergiebt: Verdickung der Gelenke, seröse Infiltration der Umgebung dieser, Eiteransammlung in den Gelenkhöhlen, Zerstörung der Gelenkkapsel, eitrige Infiltration der begrenzenden Gewebe, Eitersenkung, Nekrose der Gelenkknorpel, Caries der Knochen. Neben diesen, sich nur auf die Gelenkerkrankung beziehenden Ergebnissen, findet man die Zeichen der Pyämie: Lobuläre embolische Heerde und deren Consequenzen in verschiedener Zahl in den Lungen, der Leber, Milz, den Nieren, diffuse Pleuritis und Peritonitis mit purulenten Exsudaten, zuweilen lobuläre Pneumonie, Hyperplasie und Vereiterung der Gekrös-, sowie einzelner Lymphdrüsen an verschiedenen Körperstellen.
Symptome: Die Krankheit beginnt gewöhnlich schon in den ersten Lebenstagen oder Wochen. Nur in Ausnahmsfällen stellt sie sich nach dem zweiten Monate nach der Geburt ein. Entweder tritt sie plötzlich auf, das bis dahin ungetrübte Wohlbefinden unterbrechend, oder nachdem durch einige Tage ein unlustiges, trauriges Benehmen, Abgeschlagenheit und Hinfälligkeit, oder selbst ein heftiges Fieber zugegen gewesen ist. Den Eintritt der Gelenkaffection zeigt ein auffälliges Hinken an einem oder mehreren Füssen an. Bald darauf stellt sich an einem oder mehreren Gelenken eine schmerzhafte , heisse, gespannte Geschwulst ein, die entweder nur das Ge-
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680nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Bewegnngswerkzeuge.
lenk und dessen nächste Umgebung befällt, oder den ganzen Schenkel einnimmt, und in diesem Falle durch ein entzündliches Oedem der Unterhaut bedingt ist. Die grösste Frequenz des Befallenwerdens bieten Vorderknie und Sprunggelenk dar. Nicht so häufig wird das Bug- und Oberschenkelgelenk, am Seltensten die Fessel-, Krön- und Hufgelenke befallen. Das Fieber nimmt nach Auftreten jener Geschwülste nicht ab, sondern vermehrt sogar zuweilen seine Intensität, namentlich dann, wenn Catarrhe der Magen- und Darmschleimhaut, der Luftwege das Gelenkleiden compliciren. Der zarte Organismus der Lämmer lässt hier Reflexerscheinungen hervortreten. Deshalb sehen wir die Lämmerlähme oft mit Zuckungen, Krämpfen, sogar mit partiellen Paralysen gepaart.
Erreichten die Erscheinungen nur einen massigen Grad, wurde nur eins oder nur wenige Gelenke befallen, und erhielten sich die Fiebererscheinungen auf einer gewissen Höhe, so erfolgt in 4 bis 6 Wochen Genesung, d. h. das Allgemeinbefinden der Thiere kehrt wieder zur Norm zurück, und es bleibt als Residuum der örtlichen Hergänge eine Anschwellung der früher entzündeten Gelenke zurück, die häufig nach längerem Bestehen complet schwindet. Genau wie der Gelenkrheumatismus des Menschen, ist auch die Gelenkseuche säugender Thiere durch eine grosse Recidivfähigkeit ausgezeichnet. Rückfälle sind demnach auch hieraussergewöhnlieh häufige indem nach scheinbarer Besserung bald wieder neue Geschwülste an einem oder mehreren Gelenken auftreten, wobei die Thiere alsbald bedeutend abmagern, in einen cachectischen Zustand verfallen, dem sie meist rasch erliegen. Bildet sich Vereiterung der Gelenke, so tritt Tod durch Pyämie ein, doch mitunter beobachtet man schon 1—2 Tage nach dem Auftreten der Gelenkentzündung unter sehr heftigen Fiebererscheiuungen einen tödtlichen Ausgang. Dieser kann hier nur durch ein acutes Gehirnödem veranlasst werden , da demselben gewöhnlich nervöse Erscheinungen vorausgehen.
Der chronische Gelenkrheumatismus
ist bei Menschen und Thieren in den häufigsten Fällen entweder ein Residuum des aeuten Gelenkrheumatismus, oder die Folge fortgesetzter Recidive der aeuten Gelenkleiden.
Der Muskelrheumatismus
ist bald acut, bald chronisch, wird in den meisten Fällen durch Erkältung hervorgerufen , ist deshalb auch am Gewöhnlichsten bei der arbeitenden Volksclasse, die namentlich-den Unbilden der Witterung ausgesetzt ist (Landwirthen , Schiffern , Wäscherinnen) , und
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Der Muskelrheumatismus.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 681
beim Zugvieh: Pferden, Mauleseln, Ochsen mit einer hervorstechenden Frequenz beobachtet. Je entwickelter das Muskelsystem, um so grosser ist die Disposition, vom acuten Rheumatismus befallen zu werden. Daher die kräftigere Constitution, das jugendliche und mittlere Lebensalter vorzüglich vom Muskelrheumatismus gequält wird, was aber wohl wieder damit zusammenfallen mag, dass gerade diese Altersclassen und jene Körperconstitution vor Allem in der arbeitenden Classe vertreten sind, und andrerseits vorzüglich junges Vieh von gut entwickeltem Muskelbaue zum Zuge und zum Reiten verwandt wird. Zwar werden häufigreissende Gliederschmerzen bei höchst heruntergekommenen, abgemagerten, anämischen Individuen beobachtet; so besonders bei Tuberkulose, Krebs , allgemeiner Syphilis , Mercurialismus, Bleiintoxication. Diese Gliederschmerzen wurden zwar früher allgemein als rheumatische bezeichnet, aber gegenwärtig wissen wir, dass sie neuralgischer Natur sind, und ihnen keineswegs ein entzündlicher Zustand des Muskelgewebes und dessen Hüllen (Perimysium, Fascien, Aponeurosen), wie dies bei dem Muskelrheumatismus der Fall ist, zu Grunde liegt.
Beim Menschen ist das hervorstechendste Zeichen des Muskelrheumatismus ein ziehender, reissender, durch Kälte und Bewegung sich steigernder Schmerz in irgend einer Partie des Muskelsystems, der eine grosse Neigung zum Herum wandern und Ueberspringen besitzt. Dabei ist meistentheils Schwerbeweglichkeit der betrefienden Muskelpartie vorhanden, zuweilen ist sogar die Bewegung aufgehoben (rheumatische Lähmung). Ist die Bewegung möglich, wie in den meisten Fällen, so erscheint sie durch den krankhaften Zustand nur erschwert. Der rheumatische Schmerz wird durch sie nicht vermehrt. Der Ausgang des Zustandes beim Menschen ist am Häufigsten der in Zertheilung, selten kommt es zu Verbildungen der Fascien, des Perimysiums, und unter Verdickungen dieser bindegewebigen Organe (rheumatische Schwiele) zum seeundären Muskelschwund. Diese letztere gröbere anatomische Veränderung ist das Product des chronischen Rheumatismus, der sich über viele Jahre ausdehnen kann, und dessen hervorstechendste Erscheinungen jener obengeschilderte, zeitweilig bedeutende Verschlimmerungen erfahrende, intermittirende Muskelschmerz und die Zeichen der rheumatischen Paralyse und Contractur sind.
Bei Thieren begründet der acute und chronische Muskelrheumatismus die unter den Namen Lahmheiten, Hinken , Lähmen bekannten Störungen der Ortsbewegung, mit der Eigenthümlichkeit, dass die Appendieulargebilde der Muskeln, besonders die Sehnen, Unterstützungsbänder, Gelenkbänder gern theilnehmen an dem entzündlichen Zustande der Muskeln, und in diesem verharren, nachdem der Muskelrheumatismus längst verschwunden war. Doch dürften
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{582nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Benegungsworkzeuge
hiorbei mannigfache mechanische Verhältnisse mit ins Spiel kommen, die theils aus der Arehitectur des Thierkörpers, theils aus dessen Verwendung folgen. Ein Digiügrad wird leichter eine Sehnenentzündung acquiriren, als ein Plantigrad, ein Zugthier häufiger an Hinken laboriren , als ein Zuchtthier. Werden grössere Muskel-partieen gleichzeitig befallen , so entstehen auch bei Thieren rheumatische Paralysen. Am Bekanntesten sind in dieser Beziehung das Lendenweh der Kühe, die rheumatische K r e u z 1 ä h m e der Pferde. Bei Hunden sind rheumatische Lähmungen, wahrscheinlich ihrer beschränkteren Hautthätigkeit halber, selten. Nicht oft gesellt sich bei Thieren Fieber zum acuten Muskel-rheumatismus, häufiger complicirt der Muskelrheumatismus durch anderweite locale Erkrankungen erzeugte Fieber als Nachkrank-heit. Ausgezeichnet in dieser Beziehung ist die epizootische Brustentzündung der Pferde (Influenza). Diese secundären Muskelrheumatismen führen häufig, was die primären fast nie thun, zur Muskeleiterung, Verjauchung und Brand, und nähern sich in dieser Beziehung schon mehr den metastatischen Heerden.
Die Gicht, Arthritis.
Von dieser Krankheit versichert H e n 1 e , dass sie als ein con-stitutionelles Uebel aufzufassen sei, da sie sich durch den mächtigen Einfluss der Erblichkeit auf ihre Entstehung, durch ihr Auftreten in einem bestimmten Lebensalter, durch ihre Neigung, periodisch wiederzukehren und durch eigenthümlichen Habitus des befallenen Individuums characterisire. Demnach geben äussere SchädlichkBiten, Diätfehler, Erkältungen und dergl. , wenn sie den Gichtanfall hervorrufen, nur den letzten Ausschlag, doch ist denselben ein wesentlicher Antheil an der Entstehung der Gicht kaum abzusprechen, da, wie mar. diese Krankheit kennt, dieselbe stets als ein Eigenthum der Völler und Trinker bezeichnet worden ist.
Der Umstand, dass die Gicht fast ausschliesslich habituelle Weintrinker in einem höheren Alter heimsucht, was besonders durch glücklichere Lebensverhältnisse und das Streben, das mühsam in der Jugend Erworbene jetzt in Ruhe und in vollem Bewusstsein des Genusses behäbig zu verzehren, ausgezeichnet ist, der Umstand ferner, dass seit dem überhandnehmenden Biergenusse die Gicht bedeutend an Häufigkeit abgenommen hat, dieselbe bei Frauen sehr selten ist, und beiThie-ren geradezu mangelt, haben die Annahme ganz vorzüglich gestützt, in einem übermässigen Weingenusse bei mangelnder Bewegung und reichlicher Fleischdiät die ausreichenden äussern Ursachen der Gicht zu erblicken. Aber gewiss wares zu weit gegangen, auf diese Umstände fussend eine Harnsäurediathese des Blutes als nächste
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Die Gicht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 683
Ursache der Arthritis aufzufassen, obwohl es festzustehen scheint, laquo;lass bei reichlicher Fleischkost und mangelhafter Bewegung sich die Harnsäure im Blute und im Harne vermehre, und obgleich die in den Gichtknoten auftretenden Concremente vorzüglich aus harnsauren Salzen bestehen. Denn wir wissen immer noch nicht, ob die Vermehrung der Harnsäure des Blutes die primäre und wesentliche Anomalie in der Gicht ist, und ob nicht mit derselben andere und wichtige Abweichungen der Blutmischung verbunden sind, als deren äusserer Ausdruck die Anhäufung von Harnsäure im Blute und in den Geweben besteht. Denn es ist doch nicht zu leugnen, dass die Gicht auch bei den massigsten Frauen beobachtet wurdo, und andrerseits recht wohl eine Anhäufung der Harnsäure im Blute auf einer Retention dieser Säure zu beruhen vermag, um so mehr, als kurz vor dem Gichtanfalle die Harn Säureausscheidung im Urin sich vermindert, selbst ganz aufgehoben zeigt.
Die regel massige acuteGichtzeigt sieh bisweilen nach vorausgegangener Verdauungsstörung und herumziehenden Schmerzen meist im Frühjahr in Gestalt eines plötzlich, in der Regel bald nach Mitternacht eintretenden , sehr heftigen, absatzweise sich verstärkenden Schmerzes in einem oder mehreren Gelenken, gewöhnlich der grossen Zehe, wobei das Gelenk anschwillt und die überliegende Haut heiss, roth , glänzend , etwas ödematös und von varikösen Venenästchen #9632;umgeben wird. Hierbei ist Fieber vorhanden, welches sammt dem Schmerze nach mehreren Anfällen innerhalb 7—14 Tagen allmälig verschwindet, und scheinbare Gesundheit nach sich zieht. Die verminderte Harnsäureausscheidung erscheint nach dem Anfalle sehr reichlich imUrinundim Schweisse. Bei der regulären chronischen Gicht, in welcher Lehmann die Harnsäureausscheidung im Urin stets erheblich vermindert fand, wiederholen sich die Anfälle öfter, nicht selten zu bestimmten Zeiten mit schwächerem und unregel-mässigem Fieber, halten länger an, dehnen sich über mehrere Gelenke aus, und rufen durch die gichtischen Ablagerungen die bekannten bleibenden örtlichen Veränderungen an den kleineren Gelenken hervor. Das gichtische Exsudat, was gewöhnlich in der Umgebung der kleinen Finger- und Zehengelenke abgelagert wird, besteht neben Fibrin und Eiweiss hauptsächlich aus harnsaurem Natron und Kalk, Harnsäure , kohlensaurem Ammoniak, Chlornatrium und spärlichen phosphorsauren Salzen. Die Form des Gichtexsudats ist entweder die von Knoten, Gichtknoten (Gichtconcremente, arthritische Tuffsteine, tophi arthinlici), oder die eines kreideartigen Niederschlags. Als anomale Gicht hat man das Zurücktreten der örtlichen Affection und das Auftreten mannigfacher anderer Beschwerden neben herumziehenden Gliederschmerzen verstanden. Zuweilen
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684nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Bewegiingswerkzeuge.
kommen bei der Gicht mit bedeutender Hyperämie verbundene, aber gleichfalls schnell vorübergehende Affectionen innerer Organe vor. Die meisten derartigen Zufalle scheinen auf der arterntis de/ormans der Herz-, Leber-, Gehirnarterien zu beruhen, die häufig gleichzeitig neben Arthritis angetroffen wird. Trotzdem kommen, wenn auch in kleiner Zahl, Fälle vor, die sich nicht in dieser Weise deuten lassen , so hartnäckige Cardialgieen , apoplectiforme , soporöse Zustände , Ohnmächten, Querlähmungen, asthmatische Beschwerden. Alle diese Formen der anomalen Innern Gicht sollen sich durch das plötzliche Auftreten, durch den stürmischen Verlauf, und in den Fällen, welche eine günstige Wendung nehmen, durch das schnelle und spurlose Verschwinden der Krankheitssymptome auszeichnen.
Die meisten Fälle der Gicht beim Menschen heilen mit dem höhern Alter. Eine geringere Zahl führt zu Cachexie und allgemeiner Hydropsie und dadurch zum Tode, die geringste Zahl der Fälle tödtet plötzlich unter den Zeichen des eben geschilderten anomalen Gichtverlaufs.
Bei Thieren kommt die Gicht, wie bereits erwähnt, nicht vor. Die Auftreibung der Gelenke bei Hühnern, Canarienvögeln, welche mehrfach beobachtet und als gichtische Ablagerung gedeutet wurde, sind Bindegewebswucherungen, die von den Gelenkbändern und dem Periost ausgehen und zuweilen kalkig incrustiren.
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Von den Krankheiten der Muskeln und deren Anhänge insbesondere.
Die Hypertrophie der willkürlich bewegten Muskeln, in einer Weise, dass sie die Verrichtungen hemmte, kommt höchst selten vor, während die Hypertrophie des Herzmuskels, der ganz die gleiche Structur, als die willkürlich bewegten, zeigt, sehr häufig bei Menschen und Thieren angetroffen wird.
Die Hypertrophie des rothen Muskelfleisches ist entweder eine numerische, indem eine Vermehrung der Muskelfasern eintrat, oder eine heterometrische, wobei die vorhandenen Muskelfasern an Volumen zunahmen. Doch beruht in vielen Fällen die Massenzunahme eines Muskels grösstentheils auf einer Vermehrung seines Bindegewebes. Häufiger als das rothe Muskelfleisch hyper-trophirt das blasse, die glatte Muskelfaser enthaltende Muskelgewebe. Gewöhnlich tritt hier eine Massenzunahme bei gestörter Canalisation jener Hohlräume und Canäle ein, deren mittlere Haut eine Fleisch-haut ist. Am Bekanntesten ist dies bei der Harnblase, die durch
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Krankheiten der Muskeln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 685
Muskularhypertrophie zuweilen Aehnlichkeit mit der rechten Herzkammer gewinnt.
Der Schwund der willkürlichen Muskeln ist ein allgemeiner im hohen Alter und im Verlaufe verschiedener Krankheiten , besonders bei Tuberkulose, Krebs, oder ein örtlicher in Folge von Druck, Zerrung, von Unthätigkeit, bei Gelenkkrankheiten, Lähmungen. Die Atrophie geschieht häufig so, dass an die Stelle der schwindenden Muskelsubstanz ein straffes Bindegewebe tritt, so dass am Schlüsse des Vorgangs die Muskelfaser ganz verschwunden ist. Es scheint bei dem Verschwinden der Muskelfasern eine einleitende Fettmetamorphose der Muskelfasern mit im Spiele zu sein.
Die Anämie der Muskelsubstanz ist namentlich in der asiatischen Cholera beobachtet.
Blutungen in die Muskelsubstanz werden vorzüglich beim Scorbut und beim Milzbrand angetroffen.
Die Muskelenr,ziindung ist am Häufigsten die Folge mechanischer Ursachen. Ausserdem entsteht sie durch Fortpflanzung des Entzündungsvorganges von benachbarten Theilen auf den 'Muskel , z. B. bei Afterrosen mit und ohne Erkrankung der Knochen, beim Carbunkel etc., oder in Folge innerer, allgemeinwirkender Ursachen , wie bei der Pyämie, beim Rotz, bei allgemeiner Syphilis. Die Röthung ist dabei von der verschiedensten Nuance, aber sobald ein Exsudat auftritt, entfärbt sich der Muskel, er wird blassröthlich, fahl, und die genauere Untersuchung erweist die Muskelfibrillen im molekularen Zerfall, an deren Stelle gleichsam das Exsudat tritt, welches bald ein erstarrend faserstoffiges, bald ein zerfliessendes, eitriges ist. Häufig ist dem Exsudate Blut beigemischt. Geht die Entzündung mehr vom Bindegewebe aus, so erscheint eine gallertartige Bindegewebswucherung, die vom Perimysium her die Muskelfibrillen verdrängt. Hierbei ist die Consistenz des Muskels vermindert , er ist weich, leicht zerreisslich, morsch, selbst breiig zerfallen.
Die Ausgänge der Muskelentzündung sind: Eesolution mit partieller oder allgemeiner Muskelatrophie der ganzen Extremität, Induration durch stattgehabte Neubildung von Bindegewebe, Ab-scessbildung, indem der interstitielle Eiter unter Schmelzung der Muskelfasern in einen Heerd zusammenfliesst, dessen Wände aus einem zerfallenden Muskelgewebe bestehen, ein Vorgang, der beim Menschen als Psoasabscess am Bekanntesten ist, und der Brand. Der Letztere wird oft beiEntblössung der Muskeln, wobei dieselben ihre gefässznführenden schützenden Umhüllungen einbüssten, beobachtet. Der Muskelbrand bildet entweder umfängliche Jaucheheerde, in welchen die Muskelsubstanz zu einer missfarbigen zerfallenden Masse unterging, oder der Muskel wurde in einen trocknen, zunder-ahnlichen Schorf verwandelt.
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636nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Bewegungswerkzeuge.
Neubildungen kommen im Muskel vor.
Das Bindegewebe als substituirende Schwiele, als Sarkom ;
Knochengewebe beim Menschen im tnusc. deltoideus als sogenannte Exercirknochen.
Osteoide Bildungen durch Verknöcherung der Bindege-webssch wielen.
Teleangiectasieen beim Menschen.
Fettgewebe zwischen die Muskelfibrillen vom Perimysium aus hineinwuchernd, deren Stelle allmälig einnehmend, so dass am Schlüsse statt des Muskels nur Fettgewebe vorhanden ist. Bei niederen Graden ist dabei der Muskel entfärbt und seine Consistenz vermindert, bei den höchsten Graden begegnen wir einer unförmigen Fettanhäufung, vom Muskel blieb nur Sehne und Fascie zurück. Der Vorgang beruht nach Virchow in einer endogenen Ent Wickelung von Fettzellen in den Bindegewebskörperchen. Bei der Mästung der Thiere wird dieser Zustand künstlich erzeugt, und der Muskelschwund , der die Fettwucherung begünstigt, durch aufgehobene willkürliche Bewegung, durch Entziehung des Lichtes und einer reinen, ozonhaltigen Luft erzeugt.
Pigment in den Sarkolemmaschläuchen.
Cysten, entweder Parasiten einkapselnd, als den Echino-coccus, cyslicerciis cellulosae, die trichina spiralis, oder die Reste von Muskelapoplexieen und Muskelabscessen umhüllend.
Das Car ein o m. Dasselbe kommt im rothen Muskelfleisch höchst selten vor, dagegen um so häufiger im blassen Muskelfleisch (in der Muscularis des Oesophagus , Magens, Uterus). Beim Menschen tritt in den rothen Muskeln gewöhnlich der medullare Krebs auf, selten der Gallertkrebs, zuweilender melanotische Krebs. BeiThieren, namentlich bei Pferden (Schimmeln), kommt die Mela-nosenbildung in den Muskeln nicht so selten vor, führt a;uch zuweilen zum Zerfall, zur Verjauchung. Doch hat gemeinhin auch die vom Perimysium ausgehende Melanose der Pferde den Character einer gutartigen Neubildung.
Der Tuberkel ist höchst selten in den rothen Muskeln der Menschen, und dann nur seeundär, angetroffen worden. Früher hielt man die eingekapselten verkalkten Trichinencysten in dem Muskelfleisch des Menschen für Tuberkeln. Sehr häufig ist der Tuberkel seeundär im blassen Muskel des Darmes des Menschen, und, wie die Untersuchungen Leisering's lehrten, auch in der Muskelhaut des Hühnerdarms angetroffen worden.
Der Rotztuberkel und das R o tzi nfil t rat primär bei den Einhufern, seeundär beim Menschen.
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Degeneration der quergestreiften Muskeïfabern.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ßy7
Die Untersuchungen Z enk er's haben ergeben, dass im typhus abdominalis eine in den verschiedensten Muskelgruppen nachweisbare
Degeneration der quergestreiften Muskelfasern
sich findet, welche in Betreff der Constanz ihres Vorkommens, wenn auch in sehr verschiedenem Grade der Intensität und Extensität, nur wenig hinter den characteristischem Veränderungen der Darmschleirn-haut zurückblieb. Diese Degeneration ist entweder eine körnige, oder wachsartige.
Die körnige Degeneration besteht nach Z e n k e r in der Einlagerung feinster Moleküle in die contractile Substanz der Mus-kelbttndel. Diese Einlagerung kam in den verschiedensten Graden vor. Im geringsten Grade zeigten sich nur wenige und dann ganz unregelmässig gelagerte, feinste, meist das Licht stark brechende Körnchen in einer normalen Muskelfaser, Die Körnchen waren nicht fettiger Natur, sondern gehörten wohl den Prote'inverbindungen an, da sie in Essigsäure erblassten, oder wohl ganz schwanden. Bei höheren Graden waren die zahlreichen Kerne deutlich , reihenweise in der Richtung der Fibrillen angeordnet. Weiterhin wurden die Moleküle so zahlreich, dass das ganze Muskelbündel wie bestaubt erschien. In den höchsten Graden endlich war die Körncheninfiltration so dicht und gleichmässig, dass das ganze Muskolbiindel völlig opak, bei auffallendem Lichte weisslich, bei durchfallendem Lichte ganz dunkel sich zeigte. Das Mikroscop erwies, dass die Trübung aus feinsten Molekülen zusammengesetzt war. Jede Spur einer Querstreifung war geschwunden.
Die wächserne Degeneration erwies sich nach Z e n k e r als eine Umwandlung der contractilen Substanz der Primitivbündel zu einer durchaus homogenen, wachsartigen, stark glänzenden Masse mit völligem Verschwinden der Querstreifung und Untergang der Muskelkerne, während das Sarkolemma auch hier, wie bei der kömigen Degeneration, sich erhalten zeigte. Aber auch in diesem Falle handelte es sich nicht um eine fettige Entartung des Muskelgewebes, vielmehr erwies das Behandeln der wachsartigen Substanz mit concentrirter Essig- und Salpetersäure, wobei die Masse sofort stark aufquoll und den wachsartigen Glanz ganz verlor, sowie nicht minder, dass sie mit Aetznatron behandelt sofort ganz einschmolz, und durch sehr verdünnte Essigsäure und Alkohol picht verändert wurde, dass die wachsartige Masse eine Proteïnsubstanz sei, die ein directes oder indirectesUmwandlungsproduct des Syntonins darstellt. Das Weitere s. b. P. A. Zenker: Ueber die Veränderungen der willkürlichen Muskeln im typhus abdominalis etc. Leipzig 1864.
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Parasiten in den Muskeln.
Der Echinoeoccus kommt beim Menschen und bei Thieren (Kindern) vor,
der Cysticercus besonders beim Schweine in den Muskeln und in dem interstitiellen Muskelgewebe vielfach vor. Er bildet hier eine 3—6'quot; lange, 1—3'quot; breite, gewöhnlich eingekapselte, mit klarer Flüssigkeit erfüllte Blase, aus welcher sich durch Druck der Kopf und Hals herauspressen lässt. Der Kopf ist viereckig, mit doppeltem Hakenkranz bewehrt, besitzt vier Saugnäpfe und einen Rüssel, und entspricht so vollkommen dem Kopfe der taenia solium. Die Finne entwickelt sich aus dem Genüsse der Bandwurmembryonen des Menschen , die, in den Proglottiden enthalten, mit diesen zu gewissen Zeiten theils für sich, theils mit dem Kothe vom ihm entleert werden. Die Lust des Schweines am Genüsse ekelhafter Dinge begründet, dass es unter allen Thieren am Häufigsten finnig angetroffen wird. Aber auch der Hund besitzt häufig Finnen in seinen Muskeln. Beim reinlichen Menschen ist es nicht wohl möglich, dass in seine Muskeln Finnen einwandern, wohl aber bei grosser Unreinlichkeit und bei dichtem Zusammenleben geschieht es bisweilen, dass Bandwurmembryonen in den Magen des Menschen gelangen, die hier durch den Verdauungsprocess ihrer harten Schale beraubt werden, und dann so befreit ihre weitere Wanderung antreten. Die Seltenheit der Muskelfinne des Menschen trotz der häufigen Anwesenheit einer laenia solium in dessen Darmcanal hängt damit zusammen , dass zwar der Magensaft, aber nicht der Darmsaft die Bandwurmembryonen von ihrer festen, resistenten Eihülle zu befreien vermag. Beim Menschen werden neben der Muskelfinne zugleich auch Finnen im Herzen und im Gehirn angetroffen.
Aus der Finne des Schweines lässt sich eben nur die taenia solium erziehen, wie vielfache Experimente an verurtheilten Verbrechern gelehrt haben. Trotzdem kennt man schon längst einen unbewaffneten Bandwurm, und vorzüglich im Süden Deutschlands ist dieser die Regel, so dass Helminthologen, wie Bremser, vorgaben, niemals einen Hakenkranz beim Bandwurm gesehen zu haben. Wie Bremser, so sah auch Wawruch in Wien unter den sehr zahlreich von ihm abgetriebenen Tänien nie ein bewaffnetes Individuum. Gleiche Beobachtungen sind von W e i s s h a a r in dem südöstlichen Würtemberg und den angrenzenden Theilen Baierns gemacht, während in den nördlichen Gegenden Würtembergs fast ausschliesslich, wie im nördlichen Deutschland überhaupt, der bewaffnete Bandwurm vorzukommen scheint. Obwohl man anfanglich den unbewehrten Bandwurm nur als eine Spielart des bewehrten
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auffasste, so nöthigte doch die Constanz der Merkmale der unbewaffneten Bandwürmer, wie besonders der Mangel des Rostellun:, eine feistere Beschaffenheit der Proglottiden, die beträchtlichere Grosse der Sangnäpfe, aber vor Allem eine eigenthümliche Verzweigung des Uterus, den unbewehrten Bandwurm nicht als Spielart der taenia solimn, sondern als selbstständige Bandwurmspecies aufzufassen. Dies that Kü ch en m ei s t e r , welcher den unbewehrten Bandwurm als selbstständige, wohlcharacterisirte Art unter dem Namen laenia mediocanellata in's System einführte. Später versicherte Küchenmeister, dass er die Finne der taenia mediocanellata mitten zwischen dem Cysticercus des Schweines au f gefu n d en habe. Doch hat sich diese Angabe nicht bestätigt. Im Gegentheil stammt die Finne der taenia medioca-nellatamcht vom Schweine, sondern vom Rind. Schon der Umstand liéss dies vermuthen, dass der Süden Deutschlands, wo vorherrschend der Rindfleischgenuss zu Hause ist, das Vaterland der taeniamedio-canellata ist, während im Norden, wo vorzüglich Schweinefleisch verzehrt wird, die taenia solium vorkommt. Die Abyssinier, die besonders rohes Bindfleisch geniessen, sind fast regelmässig von Bandwürmern geplagt. Nicht minder kommen bei Juden häufig Bandwürmer vor, auch bei Kindern, die ans diätetischen Gründen mit rohem Rindfleisch genährt wurden, stellte sich der gemeine Bandwurm ein. Dies waren die Umstände, welche die Vermuthung bestärkten, dass es das Rind und nicht das Schwein sei, welches die Finne der taenia mediocanellata beherberge.
Am 13. November 1861 verfütterte, durch diese Umstände bestimmt, RudolfLeuckart eine etwa 4quot; lange Gliederkette der taenia medioca7i. an ein vierwöchentliches Kälbchen, und acht Tage später wiederholte er die Fütterung mit einem kleinern Stücke desselben Bandwurms. Das Kälbchen stand in der Nacht vom 8.—9. December um, demnach den 25. Tag nach der ersten und den 17. Tag nach der zweiten Fütterung. Die Section ergab, dass sämmtliche Muskeln, namentlich die Brust- und Halsmuskeln, sowie der Psoas, von Cysten durchsetzt waren, die bei einer Breite von l'/a — 3 Mm. eine Länge von ungefähr 2—4 Mm. besassen. Sie enthielten in der von einer festen Bindegewebshülle umschlossenen dicken Exsudatlage je ein helles Bläschen, welches sich bei näherer Untersuchung als einen Cysticercus zu erkennen gab. Ein neuer Versuch glückteL e u ckart ebenfalls. Das Kälbchen, welches in der dritten Woche nach der Fütterung beträchtlich erkrankte, sich aber allmälig vollkommen erholt hatte, zeigte nach 48 Tagen in dem ausgeschnittenen musc. sternomastoideus etwa ein Dutzend Finnenbälge von Form und Aussehen der gemeinen -Schweinefinne. Wie bei der Letztern hing der Kopfzapfen auch
Gleisberg, vergleieheude Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;44
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hier der Aequatorialzone des Blasenkörpers an. Aber dieser Kopfzapfen war ohne Knickung, und trotz seiner Kürze (kaum ein Mm.), auch trotz der geringen Grosse der Blase (3—4 Mm.), bereits mit völlig entwickelten ansehnlichen Saugnäpfen versehen. Statt der Hakenbewaffnung fand sich am Boden der Zapfenhöhle zwischen den Saugnäpfen ein dichter Kranz von kleinen hinfälligen Spitzen.
Die Trichinen sind erst seit 30 Jahren gekannt, ihr Entdecker ist Hilton, der sie im Muskelfleisch einer menschlichen Leiche auffand, Owen beschrieb sie später näher, und reihte sie den Nematoden ein. Sie kommen im Muskelfleisch des Menschen, des Schweines, der Mäuse, Ratten, Maulwürfe, selbst, wie versichert wird, bei Fröschen und Regenwürmern vor. Durch Fütterung trichinenhaltigen Fleisches sind sie innerhalb der Muskeln der Kaninchen und Katzen zur vollständigen Entwickelung zu bringen. Bei Wiederkäuern kommen sie dagegen spontan nie vor, auch blieben bis jetzt alle absichtlichen Uebertragungen fruchtlos , indem sich hierbei nur Trichinen imDarmcanal, aber keine in den Muskeln entwickelten. Im Darmcanal jener Wohnthiere findet man die Trichinen vollkommen ausgebildet als kleine, eine Linie grosse, dünne, fadenförmige Würmer, welche ihrer Kleinheit und Durchsichtigkeit halber nicht mit unbewaffnetem Auge sichtbar sind, wohl aber bei einer massigen Lupenvergrösserung unschwer erkennbar werden. Die Trichinen sind getrennten Geschlechts, die lebendig gebärenden Weibchen etwas grosser als die Männchen. Die in den Muskeln vorfindlichen Trichinen sind zarter als die Darmtrichinen, finden sich in den Muskelfibrillen selbst spiralig aufgewickelt vor, und sind von einer Kapsel umgeben, welche ein Erzeugniss des Wohnthieres ist. Dieselbe ist anfänglich durchsichtig, später wird sie trübe, milchweiss, gelblich, indem sich Kalksalze in ihren Wandungen niederschlagen. Erst dann ist sie mit blossem Auge erkennbar.
Wo immer die Trichinen auch vorkommen, überall sind sie als eingewanderte, oder aus einer geschlechtliehen Vermehrung jener eingewanderten hervorgegangene aufzufassen. Die Fleischfresser nehmen sie in dem Fleische trichinöser Thiere auf. Wie sie aber ursprünglich in die Wohnthiere gelangen, ist immer noch keinesfalls aufgehellt. Es ist möglich, dass sie zuerst in Regenwürmer, Maulwürfe, Ratten einwandern, und die trichinösen Maulwürfe und Regenwürmer von den Schweinen verzehrt werden. Natürlich ist dies so lange nur als Hypothese hinzunehmen, als diese Einwanderung im Acte des Geschehens noch unbeobachtet blieb, obwohl das Auffinden der Trichinen besonders bei Triebschweinen, und bei jenen, welche auf Weiden genährt werden, wiamp;nicht minder der fast constante Man gel der Trichinen bei sorglich und reinlich im Stall gefütter-
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ten Seh weinen diese Auffassung wesentlich stützt. Die Wanderung vom Darm aus geschieht wohl nicht allein durch Einbohren in die Blut-gefässe und Fortführen mit dem Blutstrom, sondern zum Theil wohl auch durch directe Wanderung. Die wandernden Trichinen sind die erst wenig Tage ausgeschlüpften lebendig geborenen Jungen. In die Muskeln gelangt, wachsen die Trichinen weiter fort, bohren sich in die Muskelfibrillen ein , und schlängeln sich spiralförmig bei fortgesetztem Wachsthum, auf reactivem Wege, die Entwickelung einer einhüllenden Kapsel veranlassend. Die Erkenntniss der Trichinen im lebenden Individuum hat grosse Schwierigkeiten. Ein Schwein kann äusserlich vollkommen gesund erscheinen, und trotzdem grosse Massen von Trichinen in seinen Muskeln bergen. Ausserdem haben die durch die Anwesenheit der Trichinen erzeugten Krankheitserscheinungen eine zu grosse Uebereinstimmung mit anderen Krankheiten, dass nur im geschlachteten oder umgestandenen Thiere die Trichinen sich mit Bestimmtheit nachweisen lassen, obwohl die Trichinen bei Absatzferkeln die Erscheinungen eines Magendarmcatarrhs und eines heftigen Muskelrheumatismus mit Schwerbeweglichkeit, Steifheit der Glieder und Hinfälligkeit erzeugten. Beim Menschen gilt fast dasselbe.
Es unterliegt keinem Zweifel mehr, dass Menschen der Einwanderung der Trichinen erlegen sind, und dass dies zu gewissen Zeiten und an bestimmten Orten sogar seuchenartig geschah. Es kann ferner nicht mehr angezweifelt werden, dass manche der mehr hinausgeschleppteren Fälle von Vergiftung mit Wurstgift, die sich durch Nervenerscheinungen, heftige Neuralgieën, Lähmungen characterisirten, zum grossen Theil der Trichinenkrankheit angehören dürften. Aber eine während des Lebens auf Trichiniasis gestellte Diagnose wird, wenn kein tödtlicher Ausgang erfolgte, der eine Controle durch die Autopsie zuliess, immer auf sehr schwankenden Füssen stehen, und selbst, wenn es durch die Harpunagegelang, Trichinen aus den Muskeln des Lebenden hervorzuziehen, so ist damit keineswegs der endgültige Beweis geführt, dass die vorhandenen Krankheitserscheinungen durch die Trichinen erzeugt sind. Deshalb mag man sich hier immer am Krankenbett auf arge Täuschung ge-fasst machen. Nur erst dann, wenn man in der Leiche eine grosse Menge Trichinen in den Muskeln nachwies, und alle weiteren pathologischen Veränderungen der Innern Organe mangelten, welche die während des Lebens hervorgetretenen Krankheitszeichen eines typhösen, gastrischen oder rheumatischen Fiebers zu vermitteln vermochten , ist man vollkommen zu der Behauptung berechtigt, ein Beispiel der Trichiniasis aufgefunden zu haben. Durchaus nicht jedes Beispiel der Trichinenkrankheit endet mit dem Tode, vielmehr hängt die Gefährlichkeit der Folgen der Trichinenein-
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Wanderung von der Menge der eingewanderten Trichinen und von der Ertragsfähigkeit des befallenen Individuums ab. In der Mehrzahl der Fälle erfolgt Wiedergenesung, und zwar nachdem die Patienten einige Wochen bettlägerig gewesen sind. In anderen Fällen bedurfte es langer Zeit, ehe sich die Kranken von den Folgen der Trichinenkrankheit, besonders von einer lähmungsartigen Schwäche, Abmagerung und cachectischen Erscheinungen zu erholen vermochten. In anderen Fällen erfolgt der Tod und zwar meist nach Ablauf der dritten Woche. Spätere Todesfälle sind selten, kommen jedoch noch in der 6.—8. Woche vor. Die Mortalität schwankte zwischen 3—15 Procent der Erkrankten.
Mein Lehrer Zen k er, der die neuere Literatur über Trichinen hervorrief, beschrieb die ersten Todesfälle durch Trichiniasis. Nächst seinen Arbeiten und Untersuchungen haben die Vir chow's und Leuckart's das Meiste zur Aufhellung und Erkenutniss dieses Gegenstandes beigetragen.
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Wenn wir absehen von jenen Gewebsveränderungen, die die Knochen durch Einwirkungen äusserer Gewalten erfahren, da dieselben ganz vorzüglich zum Ressort der Chirurgie gehören, so lässt sich nicht in Abrede stellen, dass Knochenerkrankungen bei Menschen und Thieren in Folge allgemeiner Ursachen durchaus nicht zu den Seltenheiten gehören. Ganz besonders ist es die Entzündung des P e r i o s t 's, welche in vergleichend pathologischer Beziehung insofern kein geringes Interesse darbietet, als durch sie und ihre weiteren Folgen meist unheilbare Lahmheiten der Einhufer bedingt werden ; z. B. die sogenannte Schale, der Spat, die chronische Hufgelenklähme. Im ersteren Falle findet die Bildung von Osteophyten am Kronengelenk, beim Spat eine ähnliche Bildung an der innern Fläche des Sprunggelenks, bei der chronischen Hufgelenklähme eine Osteophyt-bildung auf und an den Gelenkflächen des Strahl-, Krön- und Huf-beins statt. In allen drei Fällen treten Defecte der gelenkbildenden Theile, Verbildungen benachbarter Gewebe auf. Bei längerem Bestände wird meist Muskelschwund der leidenden Extremität beobachtet. Obwohl äussere mechanische Einwirkungen bei diesen Beinhautentzündungen der Einhufer, besonders Erschütterungen, Verstauchungen, Verdrehungen der Extremitäten nicht wohl als Ursachen ausgeschlossen werden können, so spricht die Häufigkeit dieser Zustände bei Pferden und die unverkennbare Erblichkeit, sowie das häufigere Vorkommen dieser Zustände in bestimmten Altern.
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bei bestimmten Racen und Schlägen, gewiss für innere constitutionelle Ursachen jener Periostiten. Auch beim Menschen ist die primäre Periostitis keineswegs selten, am Häufigsten sehen wir dieselbe im Verlaufe der Syphilis, der Arthritis auftreten. Häufig wird die Periostitis beim Menschen und Thier durch eine Entzündung des Knochens oder der umgebenden Weichtheile veranlasst. Bei Beiden geht sie mit lebhaften Schmerzen einher. Ihre Ausgänge sind Eiterung mit Bloslegnng, Anätzung des Knochens und secundärer Caries und Nekrose, oder Bildung eines fibrinösen, bindegewebigen, später verkreidenden oderossificirenden Callus unddieEntwickelung von Osteophyten mit oder ohne corticaler Hyperostose. Dauer und Ausgang der Periostitis hängen sehr von der Natur ihrer Ursachen ab.
Die Ost.itis begleitet entweder die Periostitis, oder besteht für sich. Meist ist sie der Vorläufer der soeben zu schildernden Destructionsprocesse der Knochen, besonders der Knocheneiterung, der Caries, oder sie tritt in der Umgebung von Aftergebilden auf, odor sie wurde durch Syphilis, Mercurialismus, Scropheln, Gicht, Typhus und fieberhafte Exantheme hervorgerufen. Ihr liegt eine Wucherung des in den Markräumen enthaltenen Bindegewebes zu Grunde, wodurch unter Vermehrung des Blutgehalts der Knochen die sogenannte entzündlic he Osteoporose eintritt. Jenes Verhältniss wird namentlich an den schwammigen Knochen beobachtet. Das Exsudat durchdringt das Canalsystem des Knochens und führt zur Usur desselben , wobei die vorhandenen Knochenräume bedeutend an Capa-cität zunehmen. Kommt es zur Eiterbildung, so wird namentlich die Beinhaut in grossen Strecken von den entzündeten Knochen abgelöst. Früher oder später tritt eine secundäre Neubildung eines gallertartigen, sich vascularisirenden Bindegewebes, was die erweiterten Markräume erfüllt, später erbleicht und sclerosirt, auf. In Folge dessen ist eine Massenzunahme des Knochens und Verdichtung desselben ein gewöhnlicher Ausgang der Knochentzündung.
Die Vereiterung und Caries der Knochen, welche stets eine Ostitis voraussetzt, ist viel häufiger in Folge allgemeiner Ursachen, als dass sie äusseren mechanischen Verletzungen oder der Fortpflanzung eines destructiven Processes von den Nachbargeweben auf die Knochen folgte. Daher ist sie auch beim Menschen viel häufiger als bei Thieren, indem derartige constitutionelle Uebel, die das Eigenthum gewisser Familien sind, und sich in der einen Generation als Tuberkulose, in der nächsten als Knochencaries zeigen, nie in der Weise bei Thieren aufkommen können, da kränkliche Vater- und Mutterthiere von der Zucht ausgeschlossen werden, und die Früchte jener, selbst wenn sie äusserlich wohl und munter erscheinen , meist nicht zur Zucht verwandt werden. Andrerseits ist
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auch nicht zu vergessen, dass gerade diejenigen Krankheiten, welche beim Menschen die fruchtbarsten Quellen der Knochencaries abgeben, entweder gar nicht bei Thieren vorkommen, wie die acquirirte congenitale und hereditäre Syphilis, oder doch nicht in der Weise die Knochen mit in den Kreis des Erkrankens hineinziehen , als beim Menschen, z. B. die Scrophulose. Die Scropheln der Thiere verlaufen viel seltener am Knochen. Werden trotzdem die Knochen befallen, so mangelt der destructive Character, und an die Stelle der bösartigen Knochenvereiterung tritt eine harmlose Ostitis mit dem Ausgange in Sclerose, Knochenauftreibung und Osteophytbildung. Doch möchte ich hier bemerken, dass viele Fälle von Caries bei Kindern für vererbte oder angeborene Scropheln gelten, die es keineswegs sind. Vielmehr lässt in vielen derartigen Fällen der frühere Lebenswandel des Vaters auf vererbte Syphilis schliessen. Ausser-dem ist noch hervorzuheben, dass selten ein derartiger Mangel aller Bedingungen eines physischen Wohlergehens, unter dessen Einfluss wir die Jugend der armen Bevölkerung grosser Städte der Knochencaries erliegen sehen, in dieser Weise auf die landwirthschaftlichen Haussäugethiere einwirkt. — Die Caries istnun entweder eine super-f i c i e 11 e, und dann folgt sie meistDestructionsprocessen angrenzender Weichtheile, z. B. den ausgedehnten Zellgewebsvereiterungen an den Extremitäten, den Eotzverschwärungen auf der Nasenschleimhaut, welche letzteren eine Caries der Düten-, Nasenbeine hervorrufen, oder sie ist eine tiefe, die sogenannte caries prof'unda, und dann in den meisten Fällen eine spontane, sich in Folge allgemeiner innerer Ursachen entwickelnde. Der Verlauf ist wohl immer langwierig, höchst selten acut. Das Knochengewebe löst sich hierbei in eine dünne, missfarbige Jauche auf, unter vorschreitender Vergrösserung der Zellenräume, Matschwerden des Knochengewebes, so dass dasselbe schon dem leisesten Fingerdruck nachgiebt. Oder es tritt eine wuchernde Granulation in jenen Räumen ein, wodurch diese livid, roth erscheinen, einem Stück Muskelfleisch nicht unähnlich sind, welche Masse von einem dünnen, morschen Knochengitterwerk durchzogen ist. Diese Vorgänge, welche namentlich die schwammigen Partieen des Knochens befallen, führen zu Schwund undüsur der compacten Knochenlamellen, zur Abstossung des Knorpelüberzugs etc. In andern Fällen findet von der Rinde aus eine Knochenneubildung statt, welche stetig vorschreitet, und im Innern wieder verjaucht. Zuweilen kommt es hierzu einer Art Abscessbildung im Innern eines Knochens, der von einer verdichteten Knochensubstanz umgeben ist. Von hoher Bedeutung sind die Vorgänge in der Umgebung hier. Hartnäckige Afterrosen an den Gelenken erregen, wenn anderweite äussere und innere Verhältnisse der Existenz einer caries prof'unda nicht widersprechen, immerhin den Verdacht,
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dass eine solche vorliege. Es sind dies die maliciösestenHeilobjecte für den Arzt. Der spätere traurige Ausgang der Sache desavouirt in den meisten Fällen nicht nur seine frühere Diagnose und Prognose, sondern verdächtigt auch seine angewandten Heilmittel, jenem Übeln Ausgang Vorschub geleistet, oder ihn wohl gar veranlasst zu haben.
Der Knochenbrand, die Nekrose, entsteht entweder primär in Folge äusserer Veranlassungen, oder sie folgt einer intensiven Ostitis, deren Exsudate durch Druck auf die vasa nutritia das Absterben des Knochens veranlassten , oder eine Periostitis führte zur Ablösung, Zerstörung oder Obliteration der ernährenden Gefässe, und veranlasste auf diese Weise Nekrose der Knochen. In den meisten Fällen stand jene veranlassende Ostitis unter dem Einfluss einer allgemeinen Syphilis, einer Scrophulose, oder sie folgt einem Typhus, einem acuten Exanthem. Bei Thieren ist die Knochen-nekrose überhaupt selten, tritt sie auf, so ist sie in den meisten Fällen durch äussere Einwirkungen hervorgerufen. Beim Menschen ist sie am Gewöhnlichsten an den grossen Röhrenknochen beobachtet worden. Sie begrenzt sich hier gewöhnlich an den schwammigen Theilen der Apo- und Epiphysen. Es bildet sich an der Grenze des abgestorbenen Knochenstückes, das meist von bedeutender Grosse ist, eine demarkirende Eiterung, die schliesslich das abgestorbene Knochenstück vollkommen loslöst (Sequesterbildung), während jenseits der Eiterung eine Neubildung von Knochensubstanz stattfindet. Das sequestrirteKnochenstiick steckt dann in der sogenannten Sequestralkapsel. Diese ist durch die Wandungen der Knochenlücke, in welcher der Sequester sich befindet, gebildet. Jene Wandungen erfuhren eine Verstärkung durch Knochenneubildung. Zwischen Sequester und Sequestralkapsel findet sich Eiter vor, der zur theilweisen Auflösung des sequestrirtenKnochenstncks an seiner Oberfläche führt. Die Sequestralkapsel ist innen mit Granulationen besetzt, die später ossificiren. Auch hier finden in den umgebenden Weichtheilen Entzündungsvorgänge statt, deren Ausgänge mannigfach auf den Process innerhalb des Knochens influiren.
Die trophischen Veränderungen des Knochens sind bereits oben besprochen (siehe Osteomalacie, Knochenbrüchigkeit, Rhachitis). Die Atrophie des Knochens wird durch die Knochen-brüchigkeit , Osteoporose, die Hypertrophie des Knochens durch die Hyperostose, Osteophytbildung, Osteosclerose etc. repräsentirt.
Neubildungen am Knochen:
Bindegewebsneophyten mit nachfolgender Ossification kommen vielfach bei Menschen und Thieren am Knochen vor, besonders Fi broid e , die von der Beinhaut ausgehen, sarkomatöse Bildungen, welche in das Knochengewebe eindringen, die Mark-
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räume erfüllen, zu bedeutenden Geschwülsten, narnentlich an den Gesichtsknochen führen.
Enchondrome, bald von der peripheren Schicht der Knochen ausgehend, bald in der Markhöhle des Röhrenknochens sich entwickelnd, denselben blasig auftreibend, beim Menschen, beim Rind, beim Schweine vielfach gesehen.
Knochenneubildungen als Ex- und Enostosen, oft nur als ein reifähnlicher Anflug bis zu tuffsteinähnlichen Massen, als sogenannte Osteophytbildung, oder als umgrenzte Geschwülste von Erbsengrösse bis zurEntwickelung mehrere Pfund wiegender Tumoren mit unzweifelhafter Knochenstructur, bisweilen als Krebsgerüste des Knochenkrebses von ausserordentlich zartem, lamellösem Baue.
Knochenconcretionen als verkreidete Reste zerfallener Knochentuberkeln.
Fett, besonders als Fettwucherung in den erweiterten Markhöhlen.
Gefässneubildungen, cavernöse Geschwulst beim Menschen.
E p i d e r m i s b i 1 d u n g e n im Epidermoidalkrebs des Knochens.
Cysten nur im Gallertkrebs des Knochens.
Carcinom. Dieses ist besonders als Faser- und Medul-larkrebs beim Menschen beobachtet. Der Knochenkrebs ist selten primär, meist gepaart mit Krebsneubildungen innerer Eingeweide. Der Knochen geht in dem Carcinom in Form von Osteoporosis unter, bis dahin, dass er durch dasselbe völlig substituirt wird, wobei die Gestalt des Knochens beibehalten wurde, oder der Krebs wuchert über die ursprünglichen Grenzen seines Muttergewebes hinaus. Hierbei finden sich hie und da Knochenportionen im Krebse vor, welche auseinandergeworfene Residuen des erkrankten Knochens sind, und von jenen Knochenneubildungen unterschieden werden müssen, die im Krebse ursprünglich auftreten. Zuweilen ist der erkrankte Knochen dem Anscheine nach aufgebläht, und das Carcinom so in einer theilweise knöchernen Blase enthalten. In der Nachbarschaft des Carcinoms zeigt der Knochen zuweilen Osteophyt-bildungen, Sclerose, und im Verlaufe des sich entwickelnden Marasmus werden sämmtliche Knochen mehr oder weniger atrophisch, knochenbrüchig, osteomalacisch.
Der Tuberkel befallt besonders die Wirbelkörper, die schwammigen Gelenkenden der Röhrenknochen, die Hand- und Fusswurzelknochen, die Beckenknochen, das Brustbein, seltener die Rippen, die Schädelknochen, neben Tuberkulose der Lungen und der Lymphdrüsen beim Menschen. Die Tuberkulose der Wirbcl-körper mit nachfolgender tuberkulöser Caries, Congestionsabscessen, seeundärer Pleuritis, Pericarditis, ist beim Menschen als malum
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Zahnkiankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 697
Pottii bekannt. In einem Falle beobachtete ich die Tuberkulose der Wirbelkörper bei einem Affen, die eine Querlähmung der unteren Extremitäten erzeugte. Die Section ergab ansserdem sehr vorgeschrittene Lungentuberkulose.
Als Functionsstörung der Knochen sind die tlolores osteocopi zu nennen, die beim Menschen im Verlauf allgemeiner Syphilis oft angetroffen werden, und nicht immer durch syphilitische Periostitis und Ostitis vermittelt sind. Als
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Functionelle Störungen der Bewegungswerkzeuge
sind Krämpfe und Lähmungen aufzuführen, die entweder durch centrale Nerveuleiden, oder durch aufgehobene Leitung eines oder mehrerer Nervenstämme, oder endlich durch periphere Nervenerkrankungen vermittelt sind (s. oben Gehirn-, Rückenmarks- und periphere Nervenkrankheiten).
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Zahnkraukheiten,
unter ihnen besonders die Zahnfäule und der Zahubrand, Analoga der Caries und Nekrose der Knochen, kommen nicht nur beim Culturmenschen in überraschender Häufigkeit vor, sondern werden auch bei Pferden und Hunden vielfach beobachtet. Beim Menschen wird namentlich das weibliche Geschlecht nach häufigen Wochenbetten und langem Stillen von der Zahnfäule und dem Zahnbrand der Schneidezähne heimgesucht. Mercurialcuren rufen in beiden Geschlechtern gleiehhäufig ein vorzeitiges Ausfallen der Zähne hervor. Die Ursachen der Zahncaries scheinen bei Pferden in der Fäulniss zwischen den Zähnen steckengebliebener Futterreste, in Erkrankungen der Kieferhöhlen und in mechanischen Einwirkungen , die die Zähne direct treffen, in den meisten Fällen zu beruhen. Bei Hunden ist die Zahncaries oft durch miss-bräuchliches Verfüttern von Zucker erzeugt, häufiger ist sie hier eine Theilerscheinung des marasmus senil/s. Der Zahnstein ist eine erdige Concretion, welche innig an der Innern Fläche der Zähne, besonders beim Menschen und bei Hunden , seltener bei den grossen Pflanzenfressern haftet, und einen Niederschlag der erdigen Bestandtheile aus dem Mund- oder Maulhöhlenspeichel darstellt.
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Yon den Krankheiten der Haut.
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Anatomische Störungen. Störungen der Epidermisbildung.
Eine vermehrte Abschuppung der Epidermis beraubt die Haut ihres glatten Ansehens, sie ist rauh und wie mit feinem Mehlstaub bedeckt. Beim Menschen ist dieser Zustand als Pityriasis bekannt, wobei Blutfiille regelmässig fehlt. Der Zustand ist in der Regel chronisch, und kommt meistentheils bei cachectischeu Individuen,.bei Krebs und Tuberkulose vor.
Bei Thieren ist dieses Hautleiden besonders bei Pferden am Kopfe, an den Seitentheilen des Halses, unter dem Schweife, bei Rindern am Triel, im Nacken als Kleienflechte, Mehlflechte beobachtet.
Die Hungerräude ist gleichfalls einepityriasis der Thiere, namentlich der Rinder und Schafe, und kommt, gleich wie die pitwriasis des Menschen, bei abgemagerten, mit den mannigfachsten chronischen Leiden behafteten Thieren vor, wobei sich auf trockner, atrophischer Haut unausgesetzt sich abstossende kleienartige Schiipp-chen bilden.
Erlangen die in üebermass gebildeten Epidermiszellen eine grössere Dichtigkeit, und haften sie trotz ihrer übermässigen Bildung dem Papillarkörper innig an, so erhält die Haut, besonders wenn der Hauttalg gleichfalls zu festen Hornmassen miterstarrt, ein chagrinartiges Ansehen, indem dieselbe mit hornartigen Fiatschen, die panzerartig aneinander gereiht sind, bedeckt erscheint. Diesen Zustand nennen wir Ichthyosis.- Dieselbe ist beim Menschen an der Haut des Gesichts, der Handteller, Fusssohlen, Kniekehlen
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Psoriasis.
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und Ellenbogen beobachtet. Am Häufigsten sind die Fischschuppen-aasschläge an der Haut des Ellenbogens und des Kniegelenks. Die Ichthyosis ist meist angeboren. Bei der congenitalen Form kommen die Kinder todt zur Welt, oder sterben bald nach der Geburt. Die nicht angeborene Ichthyosis entwickelt sich innerhalb des ersten Lebensjahres oft ziemlieh rasch nach der Geburt.
Haften die im Uebermaass gebildeten Oberhautschuppen innig an einem massig hyperämischen Papillarkörper in Form circumscripter, weisser, selbst atlasglänzender Plaques an, so nennt man diesen Zustand
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Psoriasis
Schuppenflechte, auch lepra vulgaris. Er kommt beim Menschen sehr häufig an den Streckseiten der Extremitäten, bald in Form sehr kleiner Heerde {psoriasis guttata), bald in Münzenfonn (psoriasisnummularis), bald in Form grössererFlatschen, namentlich an der Haut des Ellenbogens und des Kniegelenks (psoriasis scv-tellata), bald in unregelmässigeren Figuren {psoriasis ftguraia), bei blühenden, daher immer nur bei gesunden, kräftigen Individuen vor. Er zeigt eine ausserordentliche Hartnäckigkeit gegen äussere und innere Mittel, und so brachten in einem Falle von Psoriasis bei He bra grosse Quantitäten arseniger Säure, allmälig in Form der pilulae asiaticae durch mehrere Monate hindurch dargereicht, nicht den geringsten Einfluss auf eine derartige Psoriasis hervor.
Die im Verlauf allgemeinerSyphilis auftretende Psoriasis bildet feinere, hinfälligere, dem Papillarkörper nicht so innig adhärente Schüppchen auf blaurother, schinkenfarbener, hyperämischer Grundfläche mit grosser Neigung im Centrum zu heilen, und an der Peripherie in serpiginöser Weise sichre/quot; cowtó/M/VatoM auszubreiten, wodurch die psoriasis orbicularis entsteht, die in der Eegel mit weisser, anämischer Narbe unter einer allgemeinen mercuriellen Behandlung, oder nach dem Genuss des Zittmann etc. heilt, und gewöhnlich an den Beugeseiten der Extremitäten und Innern Flächen der Schenkel, an der Stirn, aber ganz besonders als psoriasis palmaris und plantaris angetroffen wird.
Bei T h i e r e n kommt die Psoriasis am Häufigsten an den Hinterbacken, an den Augenbogen, an den Schultern, den Lenden, an der hintern Fläche der Fessel, in der Beuge des Sprunggelenks vor. Sie entspricht ganz und gar der psoriasis non syphilitica des Menschen.
Als excessive Epidermisbildung ist das Vorkommen von Hautschwielen und Hauthörnern bei Menschen und Thieren und
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Von den Krankheiten der Haut.
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das Auftreten der ichthyosis hystrix beim Menschen (Stachel-schweinraenschen) zu nennen.
Die Hypertrophie der Haut ist in den seltensten Fällen eine wahre , d. i. eine bei Beibehaltung der normalen Textur stattfindende Vermehrung der constituireuden Elemente der Haut. Denn
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die Elephantiasis
beruht meist auf einer enormen Wucherung des Unterhautbindegewebes in Folge von Venen- und Lymphgefässthrombose in den entsprechenden Gefässen der befallenen Hautpartie, und nur zuweilen in einer massigen Vermehrung der Bindegewebselemente der Cutis selbst. Hierbei schwillt beim Menschen die entsprechende Extre-mität, meist eine untere, um das Drei- und Vierfache ihres normalen Volumens an, wird ganz unförmig. Die Schamlippen, die zuweilen auch Sitz der Elephantiasis sind, werden in doppelmannsfaustgrosse, harte, knollige Geschwülste verwandelt. In beiden Fällen ist die Haut unverschiebbar. Die Hypertrophie der Haut stellt eine resistente, oft speckige Masse dar, und besteht aus Nichts, als aus altem und jungem Bindegewebe. Die Drüsenelemente sind ganz zu Grunde gegangen, die unterliegenden Gelasse sind verstopft, die von der Haut bedeckten Muskeln sind hochgradig geschwunden. Die Ent-wickelung der Elephantiasis geschieht stossweise, meist unter Fieber und Entzündungserscheinungen in der Haut. Es giebt keine Heilung.
Bei T h i e r e n habe ich die Elephantiasis nach chronischer Mauke bei Pferden und beim Hunde beobachtet. Die betreffende Extre-mität wird hierbei beim Pferde von der Krone bis zum Keulengelenk unförmig dick, excoriirt, rissig und mit schmieriger Flüssigkeit bedeckt. Die Haare fallen aus, und es bilden sich dicke Wülste. Die Geschwulst ist derb und fest. Die genauere Untersuchung ergiebt nach dem Tode, der fast nie hier abgewartet wird, gleichfalls eine enorme Vermehrung des Bindegewebes in der Haut und Unterhaut, Venen-und Lymphgefässthrombose.
Die Atrophie der Haut kommt in Folge allgemeiner Ursachen , besonders bei allgemeinem Marasmus, physiologisch bei marasmus senilis, pathologisch bei tabescirenden Zuständen, Krebs, Tuberkulose, Lähmungen etc. vor. Die Haut ist dabei wirklich dünner, meist Sitz einer kleienartigen Abschilferung der Oberhaut, indem der Schwund des Hautkörpers auch einen Schwund der glan-dulae sehaceae nach sich zieht, und in Folge dessen nur eine mangelhafte Einölung der Epidermis stattfindet. Ausserdem führen zu örtlichem Schwund der Haut mannigfache schorfende Exantheme. Bisweilen erzeugt die wuchernde^ Unterlage eine örtliche Atrophie
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Die Hyperämie und Emzümlung der Haut.
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des Hautkörpers bis zum Einreissen desselben, z. B. bei Afterbild-ungen der Unterhaut etc.
Mangel des Pigments im rete Malpighii und in der Iris erzeugt Albinos- undKakerlakeubildu ng bei Menschen undThieren. Die häufigsten Beispiele werden unter den Thieren bei den Nagern (Kaninchen, Mäusen) und nicht so selten auch bei Pferden beobachtet (weissgeborene Schimmel). Ein Pigmentmangel an circumscripten Stellen der Oberhaut ist beim Menschen als A c h r o m a, bei Thieren als S c h e c k e n b i 1 d u n g bekannt.
Eine Atrophie der Haar bälge erzeugt die Al op e cie. Dieselbe ist unheilbar, obwohl hin und wieder flaumähnliche Härchen auf den kahlen Stellen hervorsprossen. Der Verlust der Haare nach Typhus, überhaupt nach einer acuten Erkrankung, beruht nicht auf einer solchen Atrophie, daher die nach diesen Leiden eintretende Kahlköpfigkeit, nachdem die Haut nach wie vor ernährt wurde, von selbst heilt, ein Umstand, der den unsinnigsten Mitteln und der gröbsten Charlatanerie den auffälligsten Vorschub geleistet hat. Bei Pferden und Hunden sind beide Formen der Alopecie, die heilbare wie die nicht heilbare, vielfach beobachtet.
Bei Thieren ist der Haarwechsel im Herbst und im Frühjahr ein physiologischer Vorgang. Chronisches Siechthum stört denselben, dadurch verliert die Haut hier unter normalen Verhältnissen ihr eigenes glattes Ansehen, sie wird glanzlos und struppig.
Anämische Zustände der Haut, vorübergehend beim Fieberfrost oder unter Einwirkung der Kälte, dauernd bei Anämie, Chlorose, Tuberkulose, Krebs, langer Abstinenz.
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Die Hyperämie und Entzündung der Haut.
Hyperämieen, selbst massigen Grades, können nicht lange in der Haut für sich bestehen, ohne ein Exsudat zu setzen, daher lassen sich beide Formen (Hyperämie und Entzündung) hier kaum sachgemäss getrennt besprechen. Infiltrirt ein Exsudat an einer mehr oder weniger umfangreichen Stelle das Gewebe der Haut, so entstehen die ery t h em at ösen und ery sip ela t ös en Hautentzündungen. Ist die Infiltration auf eine kleine umschriebene Stelle des Papillar-körpers beschränkt, so bildet sich ein papulöses Exanthem. In beiden Fällen findet eine Ausscheidung von Exsudat in das Cutis-gewebe selbst statt. Ist die Exsudation aber oberflächlich und etwas ausgebreitet, so entsteht Quaddel bildung, die sogenannte Urticaria. Doch wird nicht selten auch bei den erythematösen und erysipelatösen Hautentzündungen Blasenbildung beobachtet.
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702nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Von den Krankhei:en ikr Haut.
Das Erythem
ist eine in Folge äusserer Veranlassungen entstandene leichtere acute Hautentzündung, wobei der Papillarkörper und in den meisten Fällen auch das unter demselben befindliche maschige Bindegewebe der Sitz einer Hyperämie und Transsudation ist. Am Schlüsse des Vorgangs findet eine Abstossung der Epidermis statt. Die Haut ist hierbei beim Menschen rosenroth gefärbt, selten so intensiv wie beim Rothlauf. Bei Thieren, welche eine pigmentirte Haut besitzen, ist nur eine massige Schwellung und Schmerzhaftigkeit wahrnehmbar. Werden die Reize, welche das Erythem hervorriefen. Staub, scharfe Stoffe, stagnirender Schweiss, Sonnenstrahlen, entfernt, so schliesst sich der Process in wenig Tagen selbst ab. Lassen sich die Ursachen jedoch nicht entfernen , wie besonders das Erythem am Kreuzbein, bei langwierigen Krankheiten, die den Leidenden (Menschen) monatelang an's Bett fesseln, so tritt gern Gangrän ein (gangraena ex decuhiiu). Ein spontanes Erythem mit cyklischem Verlauf wird beim Menschen im Orient beobachtet. Von ungleich höherem Interesse in pathologischer Beziehung ist
der Rothlauf, das Erysipelas.
Hier liegt eine hochgradige Hyperämie des Cutisgewebes zu Grunde, welche nicht auf äussere Veranlassungen, sondere in Folge innerer, allgemeiner Ursachen sich entwickelt, constant mit Fieber verläuft, von gastrischen Erscheinungen begleitet oder eingeleitet wurde und einen cyklischen Verlauf darbietet, d.h. ein deutlich prononcirtes Stadium der Entwickelung, der Höhe und des Rückgangs erkennen lässt, mit denen gemeinhin die subjeetiven Beschwerden und das Fieber sich entwickeln, stehen und fallen. Das Erysipelas tritt beim Menschen als eine primäre und idiopatische Erkrankung bei bis dahin ganz gesunden Individuen auf, mit der Eigenthümlichkeit, dass das einmalige Befallenwerden vom erysipelas verum eine gesteigerte Disposition für ein erneutes Erkranken an der Rose hinterlässt, daher die Rose Individuen wieder und wieder befällt.
Die äusseren Veranlassungen sind beim Menschen ziemlich dunkel. Gemüthsaffecte scheinen nicht ohne Einfluss auf die Entstehung des Erysipelas zu sein. Im Sommer sind Erysipelasfälle häufiger als im Winter, zu gewissen Zeiten herrschen neben Pneu-monieen , Pleuriten , Bronchiten und-acuten Gelenkrheumatismen die Rosen epidemisch. Als seeundäres Erysipelas sind jene rosen-
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Der Bothlauf.
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artigen Entzündungen der Haut aufzufassen, welche von einer entzündeten Lymphgefasswand ausgehen. Die Lymphgefässentzündung ist hier wohl constant durch die Aufnahme und Fortleituiïg virulenter Stoffe (Rotz-, Syphilis-, Seropheleiter etc.) erzeugt.
Die Symptome des ßothlaufs bestehen beim Mensehen iu der allmäligen Entwickelung einer spiegelnden Röthung der Haut, welche unter dem Fingevdrnck weicht, aber nach Aufhebung desselben sich sofort von der Peripherie aus regenerirt und dem Gefühl von Druck, Schmerz, Spannung in der entzündeten Hautpartie. Dabei finden sich die Symptome eines entzündlichen Reizfiebers, mit Kopfschmerz, Schwindel gepaart, die Zeichen eines Gastricismus, welche zuweilen dem Ausbruche des Exanfhems vorangehen, mitunter gleichzeitig mit dem Exanthem auftreten. Eine eigentliche Geschwulst des Hautkörpers ist kaum vorhanden , wohl entwickelt sich aber am Schlüsse der Krankheit, namentlich bei beginnender Abnahme der entzündlichen Schwellung der Haut, Oedem der Unterhaut (besonders an den Augenlidern). Mitunter bilden sich Blasen auf der entzündeten Haut, erysipelas bullosum. Den 3., 4. Tag nach Ausbruch des Exanthems wird die Röthe desselben blässer, die Geschwulst der Unterbaut sinkt, die Spannung der etwa vorhandenen Blasen lässt nach, ihr Inhalt vertrocknet zu Crusten, die Schmerzen und die Spannung vermindern sich , die Haut schuppt sich ab. Ausgang in Eiterung ist selten, der in Brand bei dem wahren Erysipelas nur ausnahmsweise vorhanden, wobei die Haut in einen missfarbigen Schorf verwandelt und in grosser Ausdehnung abgestossen wird. Der Tod kann hier unter den Zeichen eines asthenischen Fiebers erfolgen. Oder es begrenzte sich der Brand, so tritt zwar Heilung ein, aber es bedarf einer langen Zeit, ehe der Substanzverlust heilt. Als bedenkliche Complicationen des Rothlaufs beim Menschen sind ein Bronchial- und Darmeatarrh, eine hochgradige Nierenhyperämie, die acute B r igt h'sehe Krankheit, und bei der Kopfrose die Meningitis zu bezeichnen. Der gewöhnliche Ausgang der Krankheit ist Wiedergenesung. Ich habe gegenwärtig beim Menschen nur zwei Fälle von Rothlauf mit tödf liebem Ausgang beobachtet. Beide betrafen Männer der arbeitenden Classe, in beiden war die Gesichtshaut Sitz der Rose. In einem Falle erfolgte der Tod durch Vereiterung der Gesichtshaut mit nachfolgender Pyämie, im andern Falle tödtete eine intercurrirende Pneumonie.
Bei Thieren ist der Rothlauf nicht so selten, besonders bei Pferden und Rindern. Er entwickelt sich unter Fiebererscheinungen vorzugsweise an der ünterbrust, an dem Unterbauch, dann an den hintern Extremitäten, woselbst sich entweder in der Umgegend ver-fliessende , oder scharf begrenzte, schmerzhafte , derbe Geschwülste bilden, die sich nach kürzerem Bestehen entweder verkleinern, oder
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II
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704nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vo'1 den Krankheiten der Haut.
verschwinden, und zuweilen zu Gangrän der Haut und zu Verjauchung des Unterzellgewebes führen. Oft vergesellschaftet die Rose innere Erkrankungen, besonders Pneuraonieen und Pleuriten, Bronchialcatarrhe, oder die Rose tritt zu schweren Infectionskrank-heiten , besonders zum Anthrax , vorzüglich in der Umgebung der Carbunkelbildungen, und dann mit dem constanten Ausgang in Gangrän. Es bedarf wohF keiner Erwähnung, dass eine Röthe bei den Thieren des pigmentirten Hautkörpers halber in den meisten Fällen nicht sichtbar ist. Schafe und Schweine werden höchst selten vom Rothlauf befallen. Das, was man bei den Schweinen für Rothlauf genommen hat, beruht keineswegs auf einer superficiellen Entzündung des Hautkörpers, sondern auf einer Extravasation von Blut in denselben.
Blutungen in die Haut.
Häufig finden Blutungen in den Hautkörper statt, wodurch beim Menschen und bei Thieren mit nicht pigmentirter Haut Petechien-undEchymosenbildungen zu Stande kommen, namentlich beim Pete-chialtyphus des Menschen, bei dem Fleckfieber der Schweine, beim Scorbut der Mensehen und Thiere, beim Anthrax. Bei letzterem erfolgt die Blutung nicht nur in den Papillarkörper, sondern auch in das Unterhautgewebe, meist neben faserstoffiger Exsudation.
Die Ursachen der Blutung sind in allen diesen Fällen nicht genügend bekannt, denn sie lassen sich nur in den seltensten Fällen durch eine Vermehrung der Druckgrösse, unter der das Blut in den Haargefässen strömt, erklären, wie dies besonders die Petechien-bildungen beim fieberlosen Scorbut erweisen. Es bleibt hier Nichts übrig, als eine grössere Zerreisslichkeit derHaargefässe in der Haut anzunehmen, die durch Ernährungsstörungen in deren Wandungen begründet ist. Die Störung der Blutvertheilung in der Haut beim Petechialtyphus, bei den Milzbrandfiebern sind hier als veranlassende innere Momente aufzufassen. Bei den Milzbrandfiebern, beim Anthrax treffen wir bei unsern Haussäugethieren oft umfänglichere Blutlachen im Unterhautgewebe mit streckenweiser Loslösung der Cutis vom Hautmuskel und Erfüllung des so gebildeten Hohlraumes durch ein Blutcoagulum.
Der Erguss des Blutes unter die Oberhaut und Bildung kleiner, dicht nebeneinander stehender, blauschwarzer Bläschen ist der liehen Iwidus. Er erscheint beim Scorbut des Menschen, bei dem Fleckfleber der Schweine.
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Die phlegmonöse Entzündung der Haut und Unterbaut.
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Die Entzündung der Haut.
Die phlegmonöse Entzündung der Haut und Unterhaut
(Afterrose)
ist bald das Product äusserer mechanischer und chemischer Einwirkungen , bald erscheint sie in Folge fieberhafter Allgemeinkrankheiten, der typhösen Fieber des Menschen, der Milzbrandfieber der Thiere , oder nach Pyämie, bei schweren Geburtsfiebern, oder auch neben entzündlichen Affectionen der Lungen, der Pleura, des Herzens etc. bei Menschen und Thieren, oder sie ist bei Beiden die Conse-quenz thrombotischer Arterien- und Venenerkrankung, bei Pferden am Häufigsten in Folge der Lymphangiditis beim Hautwurm, oder Caries und Nekrose der Knochen rufen sie secundär hervor. Beim Menschen erzeugt häufig eine cariöse Zahnwurzel Periostitis der Kiefer, und secundär eine phlegmonöse Entzündung der Gesichtshaut. Bei diesen Afterrosen findet unter beträchtlicher Schwellung der Unterhaut die Bildung eines faserstoffigen, diffusen oder mehr umschriebenen Exsudates statt, wodurch bedeutende Schwellungen der Extremitäten, des Antlitzes etc. gesetzt werden. Die Haut ist hierbei geröthet, aber keineswegs so intensiv, wie beim Erysipelas. Rust hat diesen Zustandais Pse u d oerysi p elas beschrieben. Der Ausgang des Zustandesist sehrverschieden jenach der Natur der Ursachen desselben. Bei den in Folge von Infeclionskrankheiten (Typhus, Milzbrand, Hautrotz) entstandenen Afterrosen ist eine grosse Neigung zu Eiterung und Gangrän vorhanden. Dasselbe gilt von jenen Pseudoerysipelen, die durch Caries und Nekrose-der Knochen bedingt sind. Die sich zu Pneumonieen , Pleuriten , Bronchialcatarrhen unserer Haussäuge-thiere gesellenden Afterrosen liefern ein mehr seröses Product und sind ungleich unschuldiger. Durch Neigung zu Gangrän sind die unter Einfluss einer Arterienthrombose stehenden Afterrosen characteri-sirt. Die durch Venenthrombose vermittelten Afterrosen gehen meist in Eiterung über.
Die circumscripte Phlegmone des Hautkörpers ist der Furunkel und Carb unkel. Beim Carbunkel findet vorherrschend eine Infiltration der Lederhaut statt mit hervorstechender Neigung zu Gangrän, die noch dadurch vermehrt wird, wenn der Carbunkel durch Infection mit einem thierischen Gift, Leichen-, Milzbrand-, Viperngift veranlasst wurde. Der Furunkel ist dagegen eine unschuldige Vereiterung einer Schmeerdrüse der Haut und deren Umgebung.
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G1 e i s b e r g, vergleichende Pathologie.
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Von den Krankheiten der Haut.
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Die superficielle Entzündung der Haut
erzeugt eine Infilration in den oberflächlichen Hautschichten des Papillarkörpers und Exsudation unter die Epidermis, wodurch bald Knötch.en bald Quaddeln, bald Bläschen gebildet werden.
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Knotchenausschläge.
Liehen, Schwind flechte, ein gruppenweises Zusammenstehen konischer, zugespitzter oder rundlicher Knötchen auf einer mehr oder weniger hyperämischen Haut, häufig beim Menschen im Gesicht, bei Thieren, besonders bei Pferden als Früh jahrsausschlag zur Zeit des Haarwechsels wohl bekannt.
Prurigo, Juckknötehenausschlag, beim Menschen häufig an der Haut der untern Extremitäten, der Streckseite der Arme, des Rückens. Knötchen von der Farbe der Haut mit lebhaftem Juckgeffihl verbunden, die ein Kratzexanthem veranlassen. Es bilden sich punetförmige Extravasate an der Spitze der Knötchen, nach längerem Bestellen entsteht Hypertrophie der Haut, welche durch eine Ueberernährung des Unterhautzellgewebes ausser-ordentlich innig und straff' an ihrer Unterlage angeheftet erscheint.
Bei Thieren erscheint der Prurigo besonders bei Pferden und Rindern. Dessen Entwickelung scheint nicht ganz unabhängig von dem Genüsse erhitzenden Futters und einer übermässigen Fütterung zu sein. Es bilden sich auf der Körperoberfläche bald grössere Knoten, bald konische Knötchen, die zu dem heftigsten Scharren Veranlassung geben, welches zur Bildung von Blutkrusten an der Spitze der Knötchen und zu haarlosen, nässenden , abgeschilferten Hautstellen führt. Beim Hunde ist der Juckknötehenausschlag sehr häufig , besonders bei reichlicher Fleischnahrung und wenig Bewegung, deshalb bei alten fetten Hunden.
Die Quaddelaasschläge sind durch umfangreiche, umschriebene, flache Erhöhungen von verschiedener Form ausgezeichnet, die durch eine seröse Infiltration des Papillarkörpers begründet sind. Beim Menschen erscheint diese Form als sogenannte Urti caria, als ein chronisches, schwer heilbares, von unerträglichem Jucken begleitetes Hautleiden. Die Quaddeln sind hier weiss, halbdurchscheinend und von einer massig hyperämischen Haut umgrenzt. Das Exanthem ist sehr flüchtig, kommt und verschwindet, und hat grosse Aehnlichkeit mit dem durch urtica urens und dioica erzexigten Ausschlag, daher der Name Nesseln. Zuweilen hat man die Urticaria beim Menschen auch mit acutem Verlauf, von Fieber begleitet, beobachtet (Porzellanfieber).
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Das Eczem.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;707
Von sehr vorübergehender Bedeutung, nach heftigen Erhitzungen ist der Nesselaussc hlag bei Pf er d en un d Rindern beobachtet. Bei Schweinen tritt der Nesselausschlag mit Fieber und seuchenartig auf. Die Quaddeln bilden flache Erhöhungen von Erbsen-, Haselnussgrösse und darüber. Bisweilen confluiren diese circumscripten Infiltrationen der Lederhaut zu handteller-, selbst handgrossen Flatschen, welche zuweilen weisslich, zuweilen auch wohl röthlich und bläulich aussehen , ein Verhältniss, das zur Verwechselung mit dem Fetechialfieber der Schweine Veranlassung gegeben hat. Doch scheint es nach den Berichten meines Freundes Claus, als ob zuweilen bei dem Fetechialfieber der Schweine Blutaustretungen unter die Epidermis vorkommen, die die Oberhaut quaddelartig emporheben. Die Thiere sterben dann in wenig Stunden, während dagegen das Nesselfieber, selbst in seiner seuchenartigen Verbreitung, eine ganz harmlose Krankheit ist, indem nach 1—2 Tagen Fieber und Quaddeln spurlos verschwunden sind. Nur hin und wieder kommt es vor, dass tiefere Infiltrationen bei diesem Exanthem längere Zeit persistiren.
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Die Bläschenexantheme. Bei denselben findet ein seröser Erguss unter die Epidermis statt, welcher von der Oberfläche des Papillarkörpers ausgehend die Oberhaut an discreten Stellen lostrennt, und so in Form grösserer oder kleinerer Blasen in die Höhe hebt. Dabei ist der Papillarkörper in verschiedenem Grade hyperämisch und entzündlich infiltrirt. Der Inhalt des Bläschens oder der Blase ist je nach der Natur des Exanthems, je nach der Dauer desselben entweder serös, oder klebrig, eiweissreich, eitrig, hä-morrhagisch, jauchig. Bersten die Blasen, so wird das Entzündungs-product frei an die Oberfläche ergossen, oder das Product vertrocknet in der Blase mit dieser zur Cruste.
Das Eczem.
wird durch die Bildung zahlreicher oder sparsamer Bläschen, die sich auf einer diffus hyperämischen Haut entwickeln, und welche bald platzen und ihren Inhalt auf die Oberfläche der Haut ergiessen, erzeugt. Die Grosse der Bläschen ist beim Menschen nur die eines Stecknadelkopfs, und durch fortgesetzte Eruption und nachfolgende Berstung derartiger Vesikeln wird die Haut in grosseren oder kleineren Strecken ihrer Oberhaut beraubt, wodurch der hyperämisch, massig geschwellte und fortgesetzt nässende Papillarkörper frei zu Tage liegt.
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Von den Krankheiten der Haut.
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Die Ursachen des Eczems beim Menschen scheinen in vielen Fällen constitutioneller Natur zu sein, in einer geringern Zahl der Fälle gelingt es, directe: mechanische, chemische Reize oder indirecte, wie den missbräuchlichen Genuss der Spirituosen, reichliche Fleischkost bei wenig Bewegung nachzuweisen. Chronische venöse Stase in der Haut bei varikösen Venen erzeugen die Salzflüsse der Schmiede, Schlosser, quot;Wäscherinnen und der Multipara.
Es giebt keine Stelle der Haut des menschlichen Körpers, die nicht von Eczem befallen angetroffen worden wäre. Sehr häufig ist das Eczem beim Menschen auf der behaarten Kopfhaut. Hiernässtquot; es meist stark, verklebt die Haare untereinander und erzeugt Borken und Grinde, unter welchen die Läuse sehr gedeihen und sich vermehren. Ferner im Gesifht, an den Ohren, Augenbrauen und Augenlidern, in der Umgebung der Brustwarze, des Nabels, am Hodensack , an den grossen Schamlippen, als eczema marginatum bei Schustern und Cavalleristen am Hodensack und an der Innern Fläche der Schenkel, am Allerhäufigsten am Unterschenkel bei Sehmieden, Schlossern , Mehrgebärenden , überhaupt bei gehemmtem Rückfluss des Blutes; ferner an den Volarflächen der Gelenke und an Händen und Füssen. Am Häufigsten ist es an den Extremitäten. Nächst dem Menschen wird der Hund am Oeftersten von Eczem gequält, besonders bei Fettleibigkeit und vorgeschrittenem Alter. Die Haut wird dabei haarlos, hochgeröthet, excoriirt und stark nässend. Das heftige Jucken und Scharren der Thiere verschlimmert den Zustand wesentlich, und führt secundär zu einer phlegmonösen Entzündung des Hautkörpers, zu Blutungen aus der Haut, zu Verdickungen der Haut und des Unterhautzellgewebes. Das Eczem der Hunde ist sehr hartnäckig. Bei Schafen wird ein Eczem der Haut nach Einwirkung von kalter Nässe beobachtet. Dasselbe hat vorzüglich an der obern Körperfläche, am Hals, Rücken, Steiss seinen Sitz, und legt den Papillarkörper in grosser Ausdehnung frei. Die excoriirte Haut nässt stark (Regenfäule der Schafe). Der Träberausschlag des Rindviehs ist gleichfalls ein Eczem, welches mit einer rothlaufar-tigen, schmerzhaften Anschwellung der Haut des Fessel- und Schienbeins beginnt, welche dem Thiere grosse Unruhe verursacht. Auf der entzündeten Hautpartie entwickeln sich kleine, nach einigen Tagen platzende, und dann eine klare, gelbliche, die Haare mit einander verklebende, eigenthümlich riechende Flüssigkeit ergiessende Bläschen. In der Mehrzahl der Fälle tritt unter Verschorfung der Bläsehen und Regeneration der Epidermis in wenig Tagen vollkommene Heilung ein, und nur in seltenen Fällen erfolgt Geschwürsbildung, der zu Folge sich der Krankheitsverlauf über Monate hinausschleppt, wobei die Ernährung der Thiere Noth leidet. Ob die Traber- und Branntweinspülichtfütterung in einer ursächlichen Bezieh-
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Pustulöse Ausschläge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 709
ung zu diesem Eczem der Rinder steht, ist wenigstens noch nicht ausgemacht.
Bei Pferden beobachten wir alsFe ttf Ie c h t e ein Eczem, das sich nach und nach über den ganzen Körper ausbreitet. Man findet die Haut an verschiedenen Stellen mit festen, gewöhnlich geschichteten Crusten von verschiedener Dicke, welche die Haare untereinander verkleben , bedeckt, der Hautkörper ist infiltrirt. Dieses Exanthem ist sehr hartnäckig, führt zu Abmagerung und wird oft von chronischen Catarrhen der Athmungs- und Verdaaungswerkzeuge begleitet. Bei längerem Bestehen soll sich sogar Hautrotz hier spontan entwickeln. Tritt Heilung ein, so tritt unter Regeneration der Epidermis und des Pigments, was im Verlaufe chronischer Hautkrankheiten in der Regel bei Thieren schwindet, allmälig frischer Haarwuchs ein. In vielen Fällen von Fettflechte der Pferde dürfte es sich jedoch nicht um ein selb st ständiges Eczem, sondern um ein secundäres, durch Anwesenheit von sarcoftes und dermatodectes equi in und auf der Haut erzeugtes, handeln. Jede spontane, oder nur durch innere Mittel bewirkte Heilung schliesst jedoch absolut die_ Räude aus.
Schon aus der Natur der Ursachen des Eczems geht hervor, dass dasselbe keinen typischen, cyklischen Verlauf haben kann. Dagegen ist der Herpes, der sonst ganz und gar dem Eczem gleicht, und wie dieses eine oberflächliche Entzündung des Hautkörpers darstellt, welche jedoch nicht diffus ist, sondern auf einzelne Heerde beschränkt sich zeigt, durch einen typischen Verlauf ausgezeichnet. Auf der gerötheten, entzündeten Hautpartie schiessen in Gestalt von Tröpfchen gruppenweis nebeneinanderstehende Bläschen auf. Nach Form und Sitz unterscheiden wir einen herpes labialis, häufig bei Pneumonieen auf der Höhe der Krankheit oder nach eingetretener Defervenz, meist von günstiger Vorbedeutung; den herpes soster, gewöhnlich mit Intercostalneuralgie, die eine oder die andere Körperhälfte gürtelartig umziehend, die Mittellinie nicht überschreitend ; ferner als herpes facia/is und praepulialis. Diese Herpesarten kommen nur dem Menschen zu, wenigstens sind sie bei Thieren noch nicht beobachtet.
Pustulöse Ausschläge.
Liefert die superficielle Hautentzündung ein zellenreiches, nämlich ein eitriges Product, welches theils zur Bildung von Pusteln auf der entzündeten Hautpartie, theils zur Bildung von Borken Veranlassung giebt, welche den eiternden Papillarkörper bedecken, so entsteht die
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Impetigo,
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bei Kindern im Gesicht oder auf der behaarten Kopfhaut, meist im Verlaufe der Scrophulose, zuweilen mit Fieber und gestörtem Allgemeinbefinden, als Maul-, Lämmer-, Kälbergrind, Teigmaul bei saugenden Kälbern, Lämmern, Ziegen und Ferkeln um das Maul herum und am Kopfe, seltener an andern Stellen. Auch beim Menschen erscheinen die Impeti-gines, welche nicht specifischen Ursprungs sind, seltener an anderen Stellen, als im Gesicht und der behaarten Kopfhaut. Doch zuweilen tritt dieses Exanthem als impetigo sparsa vorzugsweise an den Extremitäten des Menschen auf, und ist oft über ganze Glieder, zuweilen selbst über die ganze Körperoberfläche verbreitet. Der Lippengrind und Mähne n grin d der Pferde beruhen beide auf einem impetiginösen Ausschlag, im erstem Falle der Haut der Lip-pengegentl, im letztern Falle der Haut der Seitenflächen des Halses. Die Impetigo der Schweifrübe erzeugen bei Pferden einen heftigen Juckreiz, der die Pferde oft veranlasst, den Schweif völlig kahl zu reiben. In den meisten Fällen sind diese Impetigines durch Eäude-milben veranlasst.
Der Russ der Ferkel ist gleichfalls ein pustulöses Exanthem, welches schwarze Borken bildet.
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Die Mauke der Pferde
ist entweder fieberhaft, oder fieberlos. Die fieberhafte Form ist streng genommen den pustulösen Exanthemen nicht unterzuordnen, da bei ihr unter rothlaufartiger Entzündung der Fesselhautsich Blasen mit nur serösem Inhalt bilden, der nach Berstung der Vesikeln ausfliesst, die Haare verklebt, als Equine bezeichnet wird, und auf den Menschen erfolgreich übertragen eine gleiche Schutzkraft wie die Vacciola vor den wahren Pocken besitzen soll, daher S c h u t z m a u k e. Jedoch haben die meisten Impfungen nur negative Resultate geliefert. Die Absonderung aus den geborstenen Vesikeln lässt allmälig nach, die Haut wird wieder trocken , die Epidermis schilfert sich wiederholt ab, die erysipelatöse Entzündung der Haut lässt nach, und so kann innerhalb 2 — 3 Wochen vollkommene Wiedergenesung eintreten. Unter ungünstigen Verhältnissen zieht sich der Process jedoch in die Länge, es entwickeln sich Geschwüre aus den geborstenen Vesikeln, die Lederhaut erscheint infiltrirt, verdickt, ihre excoriirte Oberfläche ist hochgeröthet, leicht blutend, und liefert ein eitriges, zu Schorfen vertrocknendes Product. Bei längerem Bestehen tritt eine Hypertrophie der. Haut und Unterhaut nicht nur des Fesselgelenks, sondern auch des Schienbeines ein. Die Haare
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Die Mauke der Pferde.
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stehen dann gesträubt auf der wulstig verdickten Haut, daher Straub fuss, Igelfuss der Pferde.
Nicht immer i.st die sogenannte Schutzmauke das Einleitende bei der chronischen Mauke der Pferde. Oft genug entwickelt sich diese als eine selbstständige chronische Impetigo der Fesselhaut, meist nur an einer hinteren Extremität. Während die fieberhafte Mauke in Folge allgemeiner Ursachen entsteht, sind bei der chronischen , fieberlosen Mauke unzweifelhaft örtliche Ursachen mit im Spiele. Von grosser Bedeutung ist hier Unreinlichkeit, daher auch Pferde gemeinen Schlages, mit langen, dichten Köthenhaaren am Gewöhnlichsten von der chronischen Mauke befallen werden.
Mitunter führt die oberflächliche Dermatitis zur Bildung grosser, isolirt stehender Pusteln. Hierhergehören die Ecthymapu stein des Menschen, wobei sich auf einer lebhaft gerötheten und durch Infiltration geschwollenen Basis Eiterzellen en masse, bilden, welche die Epidermis blasenartig emporheben. Die Blase ist meist nicht nur mit Eiter, sondern auch mit Blut gefüllt. Es kommt zu einem oberflächlichen Substanzverlust des Coriums, weshalb Ecthyma-pusteln mit Hinterlassung deutlicher Narben heilen. Sie entstehen beim Menschen entweder in Folge äusserer Einwirkungen, bei Verbrennung, nach heftigem Jucken, und werden unter diesen Verhältnissen selten, aber doch auch bei Thieren beobachtet. Oder wir begegnen den Ecthymapusteln bei jenen Menschen, welche in dürftigen Verhältnissen leben, oder durch andere Verhältnisse herunter gekommen sind, daher bei Trinkern , bei den Bewohnern der Gefängnisse, Armenhäuser (ecthyma cachecticum).
Beim Pemphigus, Pompholyx entwickeln sich iso-lirte grosse Blasen auf entzündetem Grunde. Die zwischen den wallnussgrossen Blasen gelegene Haut ist nicht entzündet. Das Exanthem gleicht den durch Verbrennung zweiten Grades und Vesicatoren erzeugten Blasen vollkommen. Der Pemphigus ist eine den Menschen höchst selten heimsuchende Hautkrankheit. Bei Neugeborenen ist sie syphilitischen Ursprungs. Beim Erwachsenen liegt eine unbekannte Cachexie dem Leiden zu Grunde. Die Blasen bersten, und hinterlassen grosse excoriirte Stellen. Aber immer brechen neue Blasen wieder hervor, doch kann nach 14 Tagen der ganze Process beendet sein, der häufig von Fieber begleitet ist. Beim chronischen Pemphigus soll sich die Bildung neuer Blasen über Monate, selbst über Jahre erstrecken, und so unter Erschöpfung der Tod erfolgen. Beim pemphigus foliacius der Erwachsenen schiebt sich die Flüssigkeit unter der Epidermis immer weiter fort, bis endlich die ganze Haut wie geschunden erscheint, welche nur hin und wieder von bräunlichen Schorfen bedeckt ist. Bei der
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Rupia, Schmutzflechte des Menschen,
entwickeln sich auch nur isolirte, flache Blasen, doch bersten dieselben nicht, sondern verdichten sich zu festen Borken, die durch unausgesetzte Apposition vom Papillarkörper her sich immer mehr und mehr verdicken. Denn die entzündete Haut liefert fort und fort eitrige verschorfende Producte, deren Blutgehalt ihre dunkle, schwarze Farbe begründet. Da der Process an der Peripherie vorrückt, so entstehen bei dem schleichenden Vorgang conische, geschichtete Borken von dunkler, schmutziger Farbe, die aus terrassenförmig übereinander gelagerten Borkenlagen, welche in toto der Austernschaale nicht unähnlich sind, bestehen.
Die Rupia scheint, wie der Pemphigus, nur dem Menschen eigenthümlich zu sein, und kommt bei diesem als Symptom der con-stitutionellen Syphilis oder bei anderweit heruntergekommenen, cachectischen Individuen vor.
Erstreckt sich die Entzündung und Vereiterung der Haut nur auf verstopfte Talgdrüsen, so entsteht die
^é c n e.
Sie kommt bei Menschen und Thieren vor. Unter Schwellung und Röthung (beim Menschen) einer circumscripten Hautpartie bilden sich Knoten an den verschiedensten Stellen der Haut, beim Menschen gewöhnlich im Gesicht, aber auch häufig auf dem Rücken, der Brust, am Oberarm. Die Anschwellung erreicht zuweilen einen bedeutenden Grad. Entweder tritt Zertheilung, oder Eiterung ein (Acnepusteln). Auf der Höhe des Knötchens entsteht hierbei eine kleine Eiterblase , die nach einiger Zeit platzt und einen gelben Schorf hinterlässt. Es ereignet sich zuweilen, dass die Haut in der Umgebung der Acnepustel in grosser Ausdehnung entzündet ist. Geht der Acneknoten weder in Eiterung, noch in Zertheilung über, so wird er zwar unschmerzhaft, bleibt aber als harter Knoten zurück {acne induratä).
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Das Mentagra, die Sykosis des Menschen
ist eine Entzündung und Vereiterung der Talgdrüsen und Haarbälge der Barthaare, wobei die Umgebung der Drüse in Form einer hochgradigen Hyperämie , Infiltration und Anschwellung der Lederhaut Theil nimmt.
Als acne rosacea bezeichnen -wir beim Menschen jene Entzündung der Talgdrüsen im Gesicht, die sich mit Gefässerweiterungen
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Hautodem.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;713
und Bindegewebswucherungen in deren Umgebung paart, welche gewöhnlich dem anhaltenden Missbrauche spirituöser Getränke folgt, nichtsdestoweniger auch bei den massigsten Frauen angetroffen wird. Auf intensiv hochrothem Grunde , der in Fledermausform Nase und Wange einnimmt, schiessen Acnepusteln auf, die zwar spontan heilen, aber constant einen Höcker zurücklassen, wodurch allmälig die befallene Gesichtshaut, namentlich die Nase, ganz warzig wird, Burgundernase, schwedische Nase. (Schweden führt Branntwein ein und Kupfer aus).
Infiltrationen der Unterhaut,
wobei sich linsen- bis wallnussgrosse derbe Knoten an verschiedenen Stellen bilden, kommen beim Menschen häufig, bei Thieren besonders im Verlaufe des Anthrax vor. Beim Menschen ist hierher die Furunkularentzündung der Haut zu rechnen. Hierbei wird ein erstarrendes Exsudat in eine Masche des tiefern Leder-hautstratums gesetzt, welcher das in dieser enthaltene Bindegewebe aufnimmt, anfänglich ringsum anhängt, später aber in Folge einernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^
secundären Eiterbildung lose und sofort als eine nekrotische Masse ausgestossen wird. Im Furunkel bildet sich dieses Gebilde einzeln, im Carbunkel dagegen bilden sich mehrere Pfropfe nebeneinander. Beim Einschneiden in eine Anthraxbeule, die sich nur virtuell nicht vom Carbunkel unterscheidet, findet man ein grossmaschiges Gewebe, dessen Hohlräume mit Fibrinpfröpfen erfüllt sind. Tritt keine Eiterung ein, so unterliegt die ganze befallene Hautpartie einer umfänglichen und durchgreifenden Nekrose (Hautbrand). Seröse Infiltration der Unterhaut bezeichnen wir als
Hautödem,
bei Menschen und Thieren ausserordentlich häufig. Als entzündliche quot;Wassersuchten der Haut sind jene f aser s t o f f ige nlnfiltra-tionendes Unterhautgewebes zu bezeichnen, die besonders häufig bei pyämischen,ichorrhämischen Zuständen, bei Venenthrombose,Lymph-gefässentzündung bei Menschen und Thieren angetroffen werden. Sehr oft finden wir beim Hautrotz eine umfängliche und ausgedehnte Infiltration der Unterhaut der hintern und vordem Extremitäten. Doch begegnen wir auch einer derartigen Infiltration bei heruntergekommenen Pferden oft ohne Concurrenz von Hautrotz und Lymphgefass-entzündung.
Fettanhäufung in der Unterhaut bei der Fettleibigkeit des Menschen ; bei der Mästung der Thiere.
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Die Harthäutigkeit der Einder
äussert sich in einer trocknen, straffen, harten, steifen Beschaffenheit der Haut, welche ihrer Unterlage innig adhärent ist. Nur mit Mühe unter einem knarrenden Geräusche gelingt es eine Falte zu bilden , welche lange stehen bleibt. Die Haut ist mit vielen Epi-derraisschuppen bedeckt, die Deckhaare sind rauh und glanzlos. Dieser Zustand wird besonders bei lecksüchtigeu , knochenbrüchigen oder an Krebs verschiedener innerer Eingeweide leidenden, zuweilen auch tuberkulösen und perlsüchtigen Rindern angetroffen, und paart sich gewöhnlich mit hochgradiger Abmagerung und Entkräftung.
Brand der Haut
erscheint bald in Form des feuchten , bald in jener des sogenannten trocknen Brandes. Bei jenem zerfällt das Gewebe der Haut, nachdem sich die Oberhaut zu kleinen oder grosseren, mit einer dunkeln, missfarbigen Flüssigkeit erfüllten Blasen erhoben hat, zu einer dunkeln, missfarbigen, zottig fleischigen, stinkenden Masse. Beim Letzteren verwandelt sich die Haut zu einem schwarzen, zähen, häufig durch das in den vom feuchten Brande befallenen subcutanen Gebilden entwickelte Gas hervorgeblähten trockenen Schorfe.
Der spontane Brand der Haut beim Menschen als Noma, A11 er sbran d, a\sganyraena ew decubitv, in Geschwüren sehr gewöhnlich. Bei Thieren am Gewöhnlichsten beim Milzbrand, bei der Brandmauke der Pferde und in Folge von Rothlauf.
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Geschwürsbildung der Haut
beim Menschen am Häufigsten in Folge von Scrophulose, Syphilis und jener venösen Hyperämie des Hautkörpers, welche variköse Venenstämrae unterhalten ; ausserdem noch unter den mannigfachsten Verhältnissen. Bei Thieren verschwärt die Haut am Häufigsten in Folge anhaltend einwirkender äusserer mechanischer Einflüsse (Wideristschäden, Sattoldrücke), in Folge chronischer Hautausschläge und bei Pferden besonders in Folge von Hautrotz.
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Neubildungen der Haut.
Bindegewebsneubidungen: Weiche Warzen bei Menschen und Thieren. Naeviis muüuscif'ormis und lipomatodes und molluscum simplex beim Menschen.
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Neubildungen der Haut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;715
Lupus beim Menschen in der Regel auf vererbt syphilitischem Boden. Unter den Erscheinungen von Blutüberfüllung und Entzündung der Haut entwickeln sich grauröthliche, rothe, vascularisirte, knotige Wucherungen. Die prominirenden Knoten wachsen bis zur Erbsengrösse und darüber, und bestehen aus einer Anhäufung von Bindegewebselementen. Auf den Knötchen geht eine andauernde Abschilferung der Epidermis vor sich. Während die Anschwellung des Hautkörpers schwindet, ja die erkrankte Stelle unter das Niveau der Umgebung einsinkt, später erbleicht, und so zu einer festsitzenden, glänzenden Narbe wird {lupus ewfoliativus). Oder es tritt auf den Knötchen Eiterbildung und unter den Borken ein Zerfall des Eiters und der Masse des Knötchens und sofortige Destruction der Haut und der subcutanen Textur ein, worauf im Falle der Heilung dickere, resistentere Narben zurückbleiben. Oder es erscheint eine Wucherung des subcutanen Bindegewebes, wobei die Knoten untereinander verschmelzen (lupus hypertrophicus'), und zuweilen stellenweise schwammige Excrescenzen, der coro/MAWiaw* ähnelnd, vorkommen (lupus ewuberans).
Der Lupus scheint nur dem Menschen eigenthüralich zu sein, kommt vorzüglich im Gesicht vor, recidivirt häufig, und führt zu höchst entstellenden, Mund- und Nasenöffnung verengenden, die Augenlider umstülpenden Narben. Er beginnt nicht selten auf der Schleimhaut der Nase und des Rachens. Zuweilen kommt er auch an der Haut der Extremitäten, des Stammes vor.
Verwandt mit dem Lupus sind die bei der elephantiasis grae-corum und beim orientalischen, westindischen und europäischen Aussatz vorkommenden Knoten, welche gleich dem /?//gt;M*'ea?M/ce^aK* geschwürig zerfallen. Nur verbreiten sie sich nach und nach über die ganze Körperoberfläche, und bestehen nicht aus Knötchen (tubercula), sondern aus Knoten (tuberd), aber beruhen gleichfalls auf einer Anhäufung von Bindegewebselementen, wobei die Haut ihre normale Structur fast ganz aufgiebt, indem die Schweiss- und Talgdrüsen, die Haarbälge untergehen, die nervenhaltigen Papillen gleichfalls schwinden, deshalb die Anästhesie Lepröser.
Breite Condylome bei der constitutionellen Syphilis.
Das Keloid oder die spontaneNarbe beim Menschen.
Papillargesch wülste: die gewöhnliche Warze, das spitze Condylom.
Fibröse Geschwülste.
Knochenneubildungen, höchst selten in der Haut des Menschen.
Gefässneubil düngen :
Teleangiectasieen, diffus in der Gesichtshaut als Feuermaal
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oder als Gefasstumor von gelapptem Baue (Himbeergeseh wulst) und als cavernoser Bluttumor beim Menschen.
Pigment in der Lederhaut, normal im rete Malpighn bei den gefärbten Menschenracen und in den braungefärbten Hautpartieen der weissen Race, der Pferde, Rinder, Hunde, wilden Schweine etc., mit Ausschluss der Kakerlaken unter ihnen, abnorm in der Gesichtshaut, namentlich bei Frauen während der Schwangerschaft als Leberfleck, Melasma, bei Thieren besonders bei Schimmeln in Geschwulstform als M e 1 a n o s e n sehr gewöhnlich. Der Pigmenttumor sitzt hier meist in der Unterhaut.
Cysten: Tumores cystici wohl meist aus den Talgdrüsen der Haut hervorgegangen. Hierhin gehören die Atherome, Me-licerides und die Dermoidcysten, weicheneben Haaren, Smegma und einer grossen Anzahl Epidermoidalzellen zuweilen Zähne und Knochen enthalten. In einzelnen Fällen verkitten sich die von der Innenfläche der Hautcyste auswachsenden Haare zu einem cornu cutaneum, was bei fortschreitendem Wachsthum die Cyste durchbohrt, und in einem Falle beim Menschen eine Länge von 11 Zoll erreichte.
Carcinom : Krebs der Haut über krebsig entarteten Brustdrüsen, Lymphdrüsen, Knochen nicht selten. Selten dagegen ist er als selbstständiger Krebs. Beim Menschen ist er entweder Markschwamm, oder Epidermiskrebs. Der Letztere ist der gewönlich primitive Hautkrebs, und ist auch als solcher bei Thieren angetroffen worden, von R o e 11 in der Gesichtshaut des Rindes. Der Strahlkrebs ist ein Epithelialkrebs des Fleischstrahls und der Fleischsohle.
Tuberkeln in der Haut kommen beim Menschen in der allgemeinen Decke nicht selten als eine ulceröse Destruction der Haut vor, die durch Schmelzung subcutangelagerter Tuberkelmasscn über tuberkulösen Lymphdrüsen und tuberkulösen Knochen entstanden. Bei Thieren treffen wir den Rotztuberkel in der Haut als Hautwurm ursprünglich oder abgeleitet an.
Rupturen des Hautkörpers
entstehen nicht nur durch äussere Gewalten, sondern auch in Folge von zu starker Ausdehnung des Hautkörpers bei der Schwangerschaft, Trächtigkeit, bei hochgradiger Hautwassersucht.
Ansammlung von Luft unter der Haut,
das Hautemphysem begleitet entweder penetrirendeBrustwunden, oder entwickelt sich als sogenannter rauschender Brand in der Umgebung gangränescirender Hautpartieen beim Anthrax, aber auch bei der Rinderpest in dem letzten Stadium.
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Krätze.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 717
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Parasiten der Haut.
Pilze: Beim Menschen : Der Favuspilz, die tinea favosa erzeugend. Die behaarte Kopfhaut ist hierbei Sitz schwefelgelber, brüchiger, backschüsselförmiger Plaques, welche vorherrschend aus Favuspilzen bestehen, welche in die Haarsäcke und Schweissdrüsen hinein wuchern. Insecten: Beim Menschen: pediculus capitis, pubis, vestimentorum und tabescentium. Sie erzeugen hier die intensivsten Kratzexantheme (eczemata, impetigines, tinea granulata).
Bei Thieren kommen gleichfalls Läuse vor. Jede Thierspecies hat ihre besondere Laus. Sie treten bei allen Hausthieren, insbesondere bei kümmerlich genährten und schlecht gepflegten, zuweilen in grosser Menge auf, und halten sich vorzüglich auf der Haut des Rückens, des Halses und der Schwanzwurzel auf. Bei Pferden finden wir die Läuse zwischen den Mähnenhaaren, bei Rindern gewöhnlich auch in der Umgebung der Hörner. Sie erzeugen auch hier Scheuer- und Beissexantheme.
Gastrus und oestrus equl legen ihre Eier in den Hautkörper der Rinder und Pferde. Die heranwachsende Larve ruft dann die sogenannten Dasselbeulen hervor. Da diesen Thieren der Legestachel mangelt, so ist anzunehmen, dass die Eier auf der Haut des Thieres ausgebrütet werden und dass erst die Larve sich in die Haut des Thieres einbohrt.
Arachniden: lamp;odes ricinus beim Hunde oft in grosser Zahl. u4carus foüiculorum bei Menschen und Thieren ruft einen pustulösen Hautausschlag bei Beiden hervor, beim Menschen meist in der Gesichtshaut, bei Hunden über die ganze Körperoberfläche verbreitet.
Sarcoptes kominis, die K r ä t z m i 1 b e, erzeugt durch Bekriechen, sich Einbohren und geschlechtliche Vermehrung beim Menschen die sogenannte
Krätze,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^
ein Exanthera , das besonders auf der Haut zwischen Brustwarzen und Knieën (das sog. Krätzlager nach H e b r a) angetroffen wird.
Die Krätzmilbe lebt von den Säften unter der Oberhaut. Die Männchen, die Larven und die unbefruchteten Weibchen der Krätzmilbe bohren kurze, mit blossem Auge kaum erkennbare Gänge, die befruchteten Weibchen dagegen längere Gänge, die sehr wohl sichtbar sind. Die Letzteren sind linien- bis zolllang und bestehen aus rosenkranzartig aneinandergereihten kleinen Knötchen. Der Ver-
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lauf des Ganges ist meist nicht gerad, sondern schwach gebogen, im blinden Ende steckt die Krätzmilbe.
Das Exan them, was sie auf der Haut hervorrufen, ausser jenen Gängen, ist theils ein Kratzexan th am , (Eczem,- Liehen, selbst Ectymapusteln und Furunkel), theils eine mehr unmittelbare Folge der Milbeneinwanderung. In Folge dieser erscheinen Bläschen, die mit einer gelblich serösen Flüssigkeit erfüllt sind, oder welche selbst Eiter enthalten (die sogenannte Fettkrätze). Oder es kommen nur rothe Stippchen oder Papeln zur Entwickelung. Die Anwesenheit der Krätzmilbe in der Haut ruft ausser jenem jetztgenannten Exan-them ein unerträgliches Jucken hervor, besonders in der Bettwärme, bei Erhitzung des Körpers.
Der Lebenslauf der Krätzmilbe, deren schon Ebn Zohr 1197 gedenkt, ist folgender: Das trächtige Weibchen legt innerhalb des Milbenganges seine Eier, aus welchen sich binnen 8 —10 Tagen die Milbenlarve entwickelt, die dann binnen acht Tagen zum vollkommenen Insect wird. Die Milbe bohrt sich gern in weiche Haut-steilen ein, besonders in die Haut der Brust, des Bauches, derVolar-flächen der Vorarme, in die Interstitialfiächen der Finger. Der Uebergang von Individuum zu Individuum erfolgt besonders beim gemeinsamen Benützen von Handtüchern, beimTheilen eines Bettes und bei der Beschäftigung mit Stoffen, an denen Krätzmilben haften blieben, daher bei Flickschneidern, Schuhmachern, Wollarbeitern. Nach Bourgignon vergehen 10 — 20 Tage nach Einbohren der Milbe, ehe ein Exanthem sich zeigt. Bei der allgemeinen Bekanntschaft mit der Ursache der Krätze und einem darauf gegründeten, sehr allgemein von den Aerzten eingehaltenen rationellen Heilverfahren, gelingt deren Beseitigung der Kunst, selbst nach einem längeren Bestehen der Krätze , meist so schnell, dass eine sogenannte Krätzcachexie, die nach jahrelangem Bestehen der Krätze sich entwickeln soll, eine der grössten pathologischen Raritäten sein dürfte. Denn sind die Hautparasiten durch die Anwendung der verschiedensten Salben getödtet und deren Brut vernichtet, so erfolgt das Abheilen der direct oder indirect durch die Anwesenheit der Milbe erzeugten Efflorescenzen der Haut ausserordentlich rasch und ohne weiteres Hinzuthun der Kunst.
Nach Fürstenberg kommen unseren nutzbaren Haussäuge-thieren drei Gattungen Räudemilben, nämlich sarcoptes, dermatophagus (symbiotes nach G e r 1 a c h), dermatocoptes (dermatodecles nach Gerlach) zu. Beim Pferde kommen alle drei Gattungen vor, deren Einbohren in die Haut der Pferde einen der Krätze des Menschen ganz analogen Ausschlag: die Räude erzeugt. Sarcoptes equi ist im Wesentlichen auch der Krätzmilbe des Menschen ganz gleich, lebt, wie diese, isolirt in Gängen
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Krätze.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;719
unter der Oberhaut, so lange es eben nicht zur Borkenbildung gekommen ist, zerstreut sich bei der Vermehrung über grössere Flächen, und bedingt so eine schnelle Verbreitung des Ausschlags. Mit der Bildung kleiner Knötchen beginnt der Ausschlag. Die Haare werden sehr bald locker, fallen aus; die so entstandenen dünnbehaarten, wohl auch ganz kahlen Stellen bedecken sich zunächst mit einer dünnen und lockeren Schuppenschicht, die nach und nach bis zu einer dicken Borke heranwächst. Die Haut verdickt sich unter der Schuppenschicht immer mehr, lind schiebt sich in Falten, besonders am Halse, über den sie quer verlaufen und dicht neben einander liegen. Hierbei ist vom Anfang an ein lästiges Jucken vorhanden, welches durch Reiben immer stärker wird und die Thiere sehr beunruhigt. In Folge des Reibens entstehen nicht selten oberflächliche Verletzungen und Quetschungen, welche zur Vereiterung, Geschwürsund Schorfbildung der Haut Veranlassung geben.
Der Ausschlag beginnt an irgend einer Körperstelle, gewöhnlich am Kopfe, am Halse oder an den Schultern. Jucken und theil-weises Ausfallen der Haare sind die ersten auffälligen Erscheinungen. Die erkrankten Stellen vergrössern sich immer mehr, aber auch entfernt von ihnen treten neue Heerde auf, die sich gleichfalls vergrössern, und so geschieht es, dass die Räude sich ziemlich schnell über grosse Körperflächen verbreitet, indem die ursprünglich getrennten Heerde endlich miteinander zusammenfliessen, wobei jedoch der Entwickelungssrad des Exanthems ein sehr verschiedener ist. Spontane Abheilung zeigt sich weder an einzelnen Stellen, noch bei der ganzen Krankheit. Dieselbe schreitet immer fort, und führt schliesslich durch eine allgemeine Hautentartung und unaufhörliche Beunruhigung der Thiere einen cachectischen Zustand herbei, an welchem die Thiere endlich zu Grunde gehen, wenn nicht früher schon durch Entwickelung von Wurm und Rotz sich die Vertilgung derThiere nothwendig machte. Diese Übeln Ausgänge werden auch um deswillen hier so selten beobachtet, weil das Interesse und das Mitleid Besitzer und Wärter des Thieres veranlassen, die verschiedensten Salben und Brühen auf die erkrankte Haut zu appliciren, welche sämmtlich mehr oder weniger dem Leben und der Entwickelung der Milben feindlich sind, und so, wenn auch keine gänzliche Vertilgung der Parasiten, so doch eine derartige Verminderung bedingen, dass die Pferde jahrelang sich mit der Räude hinschleppen können, ehe sie zu Grunde gehen.
Während sarcoptesequi, wie sarcoptes hominis, in Gängen unter der Oberhaut lebt, kommt defmatodectesequi, welche viel grosser als die erstere Milbenspecies und schon mit blossem Auge zu erkennen ist, nicht in selbstgegrabenen Gängen unter der Oberhaut, sondern frei auf der Haut der Pferde zwischen Schuppen und Crusten,
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Von den Krankheiten der Haut.
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und zwar mehr gesellschaftlich beisammen , vor. Sie verstreut sieh nicht freiwillig über grössere Flächen, und übersiedelt sich nach bisherigen Beobachtungen nur auf Individuen des eigenen Geschlechts, nicht aber, wie sarcopten equt, die ebenfalls mittelbar und unmittelbar von Pferd zu Pferd übergeht, auch auf Menschen und Rinder, dort ein höchst ephemeres Leben führend, deshalb nur ein kurzdauerndes Jucken und ein schnell wieder verschwindendes Exanthem veranlassend. Nur bezüglich des Rindes ist es zweifelhaft, ob der-matodectes equi nicht auch auf dieses erfolgreich sich verpflanzen lasse, oder selbst überwandere.
Die Eigenthümlichkeit des Exanthems, vramp;s dermatodectes equi erzeugt, ruht nicht in der Natur des Ausschlags , sondern in der Oertlichkeit desselben. Diese Milbenspecies wählt mit Vorliebe bestimmte Localitäten der Haut, an denen sie ganz besonders haftet und sich vermehrt, und die, wenn es einmal gestattet ist, teleologi-schen Anschauungen Raum zu geben, um deswillen gewählt wurden, weil sie der Milbe hinsichtlich ihrer Behaarung, Lage und Archi-tectur einen Schutz vor äusseren Angriffen verleihen. Diese Stellen sind die Schwanzwurzel, die Mähne, der Haarschopf, der Kehlgang, die Brustbeingegend, die innere Schenkelfläche und die Umgegend des Schlauches. An einer oder einigen dieser Stellen beginnt der Räudeprocess, welchen Gerlach, nach dem diese Schilderung der Räude der Pferde bearbeitet ist, in drei Stadien eintheilt:
In dem ersten Stadium zeigen sich Knötchen, die jedoch in der Mähne nicht deutlich zu erkennen sind, und leichte Abschilferung in grossen Schuppenplättchen. An Hautstellen, wo die Milben wenig Schutz haben, durch Hautpflege beunruhigt und die Schuppen abgeputzt werden, dort wandern die Milben aus, soweit sienichtschon mechanisch entfernt sind, und so entstehen an verschiedenen Körper-theilen kleine, mehr runde kahle Stellen, in denen die weitere Abschuppung sistirt, und die Haare bald wieder hervorsprossen. Bleibt die Milbencolonie ungestört, so tritt nach einiger Zeit das zweite Stadium ein, in welchem die Hautschuppen untereinander verkleben und eine kleine , lockere Decke bilden, die Deckhaare sehr gelockert sind, so daFS man sie büschelweise mit einer zusammenhängenden Schuppensehicht abnehmen kann, und die Haut sich zu verdicken beginnt. Hieran schliesst sich nun das dritte Stadium, welches sich durch Verdickung, Schrumpfung und Runzelung der Haut, durch Bildung von Borken, Schorfen und Schrunden, selbst Geschwüren und Infiltrationen ins Unterhautzellgewebe characteri-sirt. Die einzelnen Räudestellen zeigen gewöhnlich ganz verschiedene Stadien, in allen aber macht sich eine bestimmte Abgrenzung bemerkbar, so dass die Haut in der Nähe ganz gesund ist. (6 e r 1 a c h.J
Die dritte Räudeform der Pferde ist die Fussräude, erzeugt
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Räude.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 721
durch symbiotes equi. Sie beschränkt sich mehr auf die Beine, speciell auf die Köthe. Sie ist unter allen Umständen leicht zu beseitigen, so dass sie vielleicht niemals intensivere Hautausschläge an der Haut der Fessel der Pferde veranlasst.
Beim Schaf kommt gleichfalls eine Räudemilbe vor. Sie ist fast von derselben Grosse, wie sarcopies equi, jedoch mehr weiss. -Sie pflanzt sieh wegen des dichten Beisammengehens r.nd Beisam-menliegens dieser Thiere constant über alle Stücke der Heerde fort, erzeugt gleichfalls ein Knötchen-, Bläschen- und Pustelexanthem der bewollten Haut, veranlasst dadurch ein beständiges Reiben, Wetzen und Gmibbern dieser Thiere, wodurch bedeutende Verluste an Wolle veranlasst werden. Die zartere Organisation des Schafes begründet ein schnelleres Eintreten cachectischer Erscheinungen, wenn nicht bald die passende Hülfe geschafft wurde.
Sarcoptes equi geht auf das Rind über, und erzeugt dort, wie bereits bemerkt, ebenfalls einen Räudeausschlag. Doch sterben die Milbencolonieen hier von selbst ab.
Der Hund und die Katze beherbergen gleichfalls in ihrer Haut zeitweilig eine Eäudemilbe. Die Räude der Hunde und Katzen soll auf Pferd und Rind übergehen, die der ersteren auf Kaninchen, jedoch sind die erfolgrei chen Wanderungen der Räudemilben von dem Individuum einer Species zu dem einer anderen noch nicht genügend festgestellt.
Viele für selbständig gehaltene Exantheme der Thiere dürften nicht originär, sondern durch Milben veranlasst sein. Gewiss gilt das in den meisten, wenn auch nicht in allen Fällen von der unter dem Namen Fetträude oben als Bläscheneczem aufgeführten Hautkrankheit, nicht minder vom Mähnen- und Schweifgrind der Pferde.
„Ohne Milbe keine Räude, und da eine generalio aequivoca nicht existirt, so giebt es auch keine Räude ohne Ansteckung, welche einfach durch Uebersiedelung der Milben bedingt wird.quot;(Gerlach.)
Diese Deutung vieler früher als selbstständige Exantheme angesehenen Hautkrankheiten der Menschen und Thiere gehört erst der neueren Zeit an, obwohl die ihnen zu Grunde liegenden Parasiten schon längst gekannt sind; denn immer mischte sich in die Auffassung der pathologischen Bedeutung jener Milben die Lehre der lt;/ewe-ratio aequivoca ein. Ansser Ebn Zohr erwähnt die Krätzmilbe Moufetl634, Li nn é 1757, Wichmann 1786. AberFürsten-berg weist nach, dass schon vordem, im 12. Jahrhundert in der Physica St. Hildegardis, deren Verfasserin die Aebtissin des Klosters auf dem Ruppertsberge bei Bingen war, der Krätzmilben unter dem Namen „Surenquot;, der noch im vorigen Jahrhundert vorkommt, gedacht wird. Bei Füchsen, Schafen wurden die Milben 1809 von
Gleisberg, vergleichende Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;46
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722nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Von den Krankheiten der Haut.
Walz, bei Pferden, Rindern, Hunden, Katzen und Kaninchen von Gohier 1812 und 14 aufgefunden. Ha vemann kanntedieMilben der Pferdekrätze bereits zu Anfang dieses Jahrhunderts. Beim Schweine fand Spinola eine Milbe 1846, nämlich beim quot;Wildschwein , die sich auf das zahme Schwein mit Leichtigkeit fortpflanzt. —
Milben bei Baubthieren (Löwen, Tiger), beim Rennthier, Elephant, beim Rothwild (Hirsch, Beb), beim Hasen, Kaninchen,bei Hühnern, Tauben sind beobachtet. Bei allen diesen Thieren erzeugen die Milben die Baude, und es erscheint somit nichtzuviel behauptet, wenn wir demnach annehmen, dass die Bände bei allen Warmblütern vorkommt.
Eingeweidewürmer.
Der cyslicercus cellulosae kommt im Unterhautzellgewebe der Menschen und des zahmen Schweines, erzeugt durch Einwanderung der Brut von taenia solium, vor. Bei wilden Schweinen, die vorzüglich von Eicheln, Bucheckern leben, sind dagegen die Cysticerken äusserst selten. — Bei einer grossen Anzahl von Cysticerken im Unterhautbindegewebe tritt bisweilen Blässe der Maulschleimhaut, Anschwellung des Halses, erschwertes Athmen, Hinfälligkeit der Thiere ein. Jedoch kann begreiflicherweise nur das Schlachten ihre Existenz sicher nachweisen.
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Functionelle Störungen
der Absonderung der Haut.
Uebermässige Schweisse (hyperhydrosis), selten als selbständiger, habitueller Zustand, meist in Folge des kritischeu Stadiums fieberhafter Krankheiten (beim Menschen der Malariafieber), dann zu Folge consumptiver Störungen, besonders der Tuberkulose, oder als ein Zeichen des herannahenden Todes bei Mensch und Thier. Der räthselhafte sudor anglicus des Mittelalters lässt sich kaum anders, als durch die Annahme nicht erkannter Localstörungen, deren begleitendes Fieber durch ein sehr prononcirtes und langdauerndes Schweissstadium ausgezeichnet war, deuten. — Bei Pferden ist besonders das letzte Stadium des Starrkrampfes durch die copiösesten Schweisse characterisirt.
Bei übermässigem Schwitzen, wobei die Ausführungsgänge der Schweissdrüsen entweder verstopft sind, oder nicht ausreichen, um die copiösen Schweissmengen abzuführen, tritt der Sohweiss in der Umgebung jener Abführungsgänge unter die Oberhaut, dieselbe
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JTunctionelle Störungen der Haut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 723
in Form glashell durchscheinender, stecknadelkopfgrosser Bläschen erhebend. Diese Bläschen erscheinen in grosser Zahl an der Körperoberfläche. Diese sog. sudamina, Miliariabläschen,Frie-selblä sehen, werden besonders beim Menschen im Verlauf des Typhus, schwerer Wochenfieber, des acuten Gelenkrheumatismus beobachtet. Eine heisse, trockne Haut, welche hier constant vor dem Eintritte des Schwei.ssstadiums besteht, erzeugt die Verstopfung der Schweissdrüsen. Der Frieselausschlag ist ohne allen Einfluss auf den Verlauf der zu Grunde liegenden Krankheit. O ertlich gesteigerte Schweissabsonderung: schweissige Füsse, Achselhöhlen, Hände beim Menschen.
Mangel anSchweiss (anidrosis) im stadium algidum der pernieiösen Malariafieber, der Cholera, in niedrem Grade bei nervösen Frauen , als Begleiter mancher cachectischen Zustände, besonders in Folge von krebsigen Degenerationen innererEingeweide. Bei Thieren bei der sogenannten Harthäutigkeit.
Uebennässige Ausscheidung von sebum cutaneum, Talgfluss (seborrkoea) bei Kin4ern auf dem Haupte, dem Asbest ähnliche Borken bildend oder durch Staub braungefärbte Schilder erzeugend {ichthyosis sebaceä). Auch bei Erwachsenen, bei Frauen, die mit Menstruationsanomalieen behaftet sind. Bei Verstopfung der Ausführungsgänge der Talgdrüsen Bildung von Mitessern. — Bei Pferden kommt im Schlauche derWallachen und Hengste eine so massenhafte Se-bumausscheidnng zuweilen vor, dass der Schlauch ganz und gar mit talgartigen, schmierigen Massen verstopft ist. Beim Hund ist die Bildung vonMitessern(verstopfte,mit Talg überfüllte Schmeerdrüsen,deren Inhalt sich durch Druck leicht entleert) an der Körperoberfläche häufig. Bei Schafen tritt eine Seborrhoe mit Bildung von Talgschuppen und Talg auf. Die letzteren sitzen an verschiedenen Stellen der Haut unmittelbar auf. — Der Weichselzopf (piicä polom'cä) beruht bei Menschen und Thieren auf einem Verkleben und Verfilzen langer Haare (der Kopfhaare beim Menschen, der Mähnenhaare beim Pferde) in Folge einer reichlichen Absonderung eines übelriechenden, zu Schorfen vertrocknenden Smegmas. Ob endemische Verhältnisse hierbei zu Grunde liegen, ist zweifelhaft, auf jeden Fall spielen aber die grösste Unreinlichkeit und der Mangel jeder Haarcultur eine wichtige Rolle in der Reihe veranlassender Ursachen. Zuweilen ist (b. M.) constitutionelle oder vererbte Syphilis mit im Spiele.
Functionelle Störungen der Empfindung und des Tastgefuhls.
Anästhesieen, Hyperästhesieen der Haut häufig in Folge von Erkrankungen der centralen Nervengebilde (Gehirn-und Rückenmark),
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724nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Von den Krankheiten der Haut.
deshalb bei Apoplexieen, Rückendarre, Beschälseuche der Pferde und Wetzkrankheit der Schafe. Als periphere Anoi^ynie der Haut, besonders bei der sogenannten Hypochondrie und Hysterie.
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Die Erkrankungen der Nägel, Hufe, Klauen,
Homer
gehören entschieden dem Eessort der Chirurgie zu, und werden um deswillen hier keine besondere Besprechung erfahren, nur sei
des bösartigen Klauenwehs der Schafe,
der sogenannten spanischen Hinke gedacht, welche unzweifelhaft ansteckender Natur ist, und besonders die veredelten Schafracen heimsucht, überhaupt erst seit Einführung spanischer Schafe in Deutschland heimisch wurde, Sie besteht in einer Verschwärung der Weichtheile der Klauen und führt zu einer theilweisen oder gänzlichen Trennung der Klauen von der Klauen-Fleisch wand und Fleisch-sohle. Die früheste Trennung erfolgt am Saum nach der Tracht zu. Zuweilen kommt es zum totalen Ausschuhen der Klauen und zu nachfolgender Caries der Klauenbeine. Der Tod ist hier unausbleiblich. Sistirt der Process vor dem gänzlichen Ausschuhen, so tritt zwar Verheilung der blossgelegten Wand und Bewachsen derselben mit jungem Horn ein, aber gewöhnlich bleiben Diflformitäten der Klaue und Lahmgehen zurück. Der quot;Verlauf der Krankheit ist langwierig. Die Hinke befällt gewöhnlich zunächst nur eineEstre-mität, später eine andere, selten alle vier zu gleicher Zeit. Die Krone betheiligt sich in Form von entzündlicher Schwellung am Process. Die Verbreitung geschieht durch ein Contagiurn, was an der geschwürigen Absonderung der Weichtheile der Klaue haftet. Ein Verpflanzen der Hinke vom Schafe auf andere Thierspecies ist nicht bekannt worden.
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Ergänzende Schlussbemerkungen.
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Es wäre hier noch, um wenigstens in formeller Beziehung den gebotenen Gegenstand zu erschöpfen, eine Bemerkung über die vergleichende Pathologie der Sinnesorgane zu machen. Hinsichtlich des Sehorgans ist hervorzuheben , dass die Augenentzündung der Neugebornen, die ägyptische Augenentzünd-ung *} (eine höchst aristeckende Diphtheritis der Conjunctiva, welche zu manchen Zeiten endemisch die dichte Bevölkerung von Laza-rethen, Casernen, Feldlagern heimsucht) und die Iritis im Verlaufe der tertiären Syphilis nur dem Menschen eigen sind, während
die periodische Augenentzündung
dem Pferde als eigenthiimliches Augenleiden zukommen soll. Diese Augenentzündung besteht in einer Affection der Iris und Chorioi-dea, welche nahezu einen intermittirenden Verlauf einhält, der durch eine bestimmte Anzahl von entzündlichen Attaquen ausgezeichnet ist, welche durch Schmerzhaftigkeit des Auges, Lichtscheu und Verengerung der Pupille sich kundgeben, anfänglich durch ganz reine Intermissionen von einander getrennt sind, in dem späteren Verlauf aber nur durch merkliche Nachlässe der Entzündungserscheinungen im Auge von einander abgesetzt erscheinen. Bei diesen Anfällen verliert die wässrige Feuchtigkeit ihre Durch-
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*) Rust will die ägyptische Augentzündung unter den Soldaten und Pferden im Feldzuge 1813 in der preussischen Armee beobachtet haben, doch widerspricht, bezüglich der Pferde, dem Heusinger, welcher im 3. Corps der preussischen Armee, dessen Mannschaften vorzüglich unter dieser ansteckenden Augenkrankheit zu leiden hatten, an jenem Feldzuge theilnahm. Das, was man für die ägyptische Augenentzündung bei Pferden gehalten hat, ist eine zuweilen seuchenartig herrschende Ophthalmoblennorrhöa, die mitunter neben der epizootischen Brustentzündung der Pferde oder mit dieser au einem Indivuum auftritt. Bei den Hunden begleitet die sogen. Hundeseuche fast regelmässig eine derartige Ophthalmoblennorrhöa. Aber bei Beiden bleibt der Process auf der Conjunctiva superficiell, wird niemals diphtheritisch. Ausserdem mangelt jeder Nachweis einer Uebertragbarkeit vom Menschen aufs Thier und umgekehrt.
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726nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ergänzende Schlussbemerkungeu.
sichtigkeit, es treten in ihr Entziindungsproducte auf, die meist fibrinöser Natur sind, den humor aqueus trüben, und sieh zuweilen in Form von Flocken niederschlagen. Sie stammen unzweifelhaft von der Iris und sind Producte ihrer Entzündung. Die Farbe der Regenbogenhaut nimmt hierbei mannigfache abnorme Farbennuancen an. Die Pupille ist dabei verzerrt, verengt, und es geschieht nicht so selten, dass der enge Spalt, den hier die Pupille darstellt, durch eine Faserstoffflocke verlegt ist. Ursprünglich ist der Glanz der Cornea ungetrübt, ein Verhalten, was die Wahrnehmung der durch die Iritis gesetzten Veränderungen in der vorderen Augenkammer gestattet. Erst später, wenn sich die atrophischen Vorgänge im Auge einleiten , wird auch sie matt, glanzlos und undurchsichtiger. Meist wird nur ein Auge von dieser Entzündung befallen. Wurden beide Augen ergriffen, so tritt bisweilen ein Alterniren der Vorgänge in beiden Augen ein, so dass, während sich das eine im Zustande der Entzündung befindet, das andere während dieses Vorganges im Zustande des Intermission oder des Nachlasses verharrt. Aber das kommt fast jedem Beispiele der periodischen Augenentzündung beim Pferde zu , dass das wechselnde Spiel von Entzündung und Nach-lass nicht eher sistirt, als bis Linsentrübung und durch diese vollkommene Erblindung des betreffenden Auges und Atrophie des Bulbus sich eingeleitet haben. Man hat sich dieses Verhältniss hier so erklärt, indem man annahm, dass die getrübte Linse und Hornhaut am Schlüsse des Krankheitsherganges die fernere Einwirkung des Lichtes auf Nerven und Gefässhaut aufhebe, und so das Zustandekommen eines weiteren Entzündungsvorganges unmöglich mache. Jedoch liegen die Sachen hier gewiss anders. Grelles Licht erregt wohl im entzündeten Auge vielfache Beschwerden , aber eine ausschliessliche Ursache der periodischen Augenentzündung ist es auf keinen Fall, denn die Einwirkung eines grellen Lichtes auf das Auge vermag wohl vorübergehende oder dauernde Lähmung der Nervenhaut nach sich zu ziehen, nicht aber s.llein eine Entzündung sämmtlicher Gefässhäute des Auges zu veranlassen, am Allerwenigsten eine solche mit typischem Verlaufe, vielmehr sind die Ursachen der periodischen Augenentzündung immer noch ziemlich dunkel. Das Malariaterrain muss von diesen ganz bestimmt ausgeschlossen werden, denn dieses Augenübel der Pferde kommt auf trocknerHochebene ebensowohl vor, als in sumpfigen Niederungen, auch hat sich das Chinin, selbst in den grössten Gaben, ganz nutzlos bei der Behandlung der periodischen Augenentzündung der Pferde erwiesen. Aber das scheint festzustehen, dass gewisse Schläge häufiger von ihr heimgesucht werden, als reine Racen, denn die hybriden Formen stehen auch hier bezüglich der Häufigkeit dieses Augenleidens in dem übelsten Rufe. Ferner ist zu bemerken, dass sich eine gewisse
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Ergänzende Schlussbemerkungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 727
Erblichkeit hier kaum ganz ansschliessen lässt, wenigstena ist diese Augenkrankheit in Böhmen eine ganz gemeine, in Sachsen dagegen eine ziemlich seltene. Ist einmal die Krankheit erregt, so tritt eine Wiederholung der einzelnen Anfälle ein, wovon jeder einzelne acht Tage bis drei quot;Wochen anhält, aber nach freien Zwischenräumen von drei bis acht Wochen, in selteneren Fällen von drei bis neun Monaten, innerhalb welcher oft jede Spur der öberstan-denen Iritis und Chorioideitis verschwand, wiederkehrt, bis endlich nach Ueberstehen einer bestimmten Anzahl entzündlicher Paroxys-men eine theilweise Verödung der Ciliargefässe und deren Ausbreitung, eine Atrophie sämmtlicher Augenhäute und eine Trübung der dioptrischen Medien , besonders der Linse im Auge sich entwickelten. Zuweilen fehlt die Linsentrübung am Schlüsse dieser Augenkrankheit und dann ist entweder grüner oder schwarzer Staar vorhanden. Gewöhnlich ist nach Ablauf des Vorganges Linsentrübung und Lähmung der Ciliarnerven und der Retina zugegen, wofür besonders die Unbeweglichkeit der Pupille bei massiger oder unvollkommener Trübung der Linse spricht. Ausserdem zieht jeder länger bestehende graue Staar auch bei Thieren Schwund der Retina und des nervus optictis nach sich. —
Beim Menschen ist das Auftreten eines Fadenwnrms unter der Conjunctiva seltener in Europa als in der heissen Zone. Dort wird jener Eingeweidewurm auch bei den Haussäugethieren im Auge gefunden. Heu singer fand beim Raben unter der Bindehaut gleichfalls eine Filaria. Die filaria lacrymalis ist unter der Bindehaut des Pferdes angetroffen worden. (S. d. W. b, Prinz Skizze einer vergleichenden Ophthalmologie. Dresden 1832.)
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Erkrankungen der Gehör Werkzeuge,
vorzüglich der äusseren, sind namentlich beim Hunde vielfach beobachtet. Entzündung der Ohrmuschel mit Ausgang in Eiterung, eitrige Ohrflüsse mit nachfolgender Durchbohrung des Trommelfells sind bei Hunden gleichfalls vielfach angetroffen worden. Taubheit bei Hunden und Pferden ist zwar selten, jedoch mehrfach bei Beiden während des Lebens festgestellt.
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Zur Pagina 469.
Unter Hydropericardium verstehen wir eine pathologische Vermehrung der unter normalen Verhältnissen im Pericardialraume vorkommenden spärlichen wasserklaren Flüssigkeit, ohne entzünd-
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728nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ergänzende Schlussbemerkungen.
liehe Ernährungsstörung in den Pericardialblättern selbst. Diese Vermehrung des Perieardialwassers ist entweder die Folge von Atrophie des Herzens und hat' dann den Werth eines hydrops ex vacuo, oder sie ist die Folge einer allgemeinen Venenstase im Verlaufe destruirender Lungenerkrankungen, bei Mängeln des rechten venösen Ostiums, oder eine Theilerscheinung des allgemeinen Hydrops bei viorbus Brigthn, bei hochgradiger Blutwässrigkeit überhaupt, so z. B. auch bei der Fäule der Schafe. Als Kriterium des Hydropericardiums ist der Fibrinmangel hinzustellen, Ist die Pericardialflüssigkeit fibrinhaltig, so liegt kein Hydropericardium, sondern ein pericarditisches Exsudat vor. Die Grade der Serum-vermehrung sind hier in den einzelnen Fällen ausserordentlich verschieden. Der Erguss kann nur wenige Lothe betragen, zuweilen aber auch ein Pfund, bei den grosseren Thitren sogar viele Pfunde. Die Erscheinungen des Hydropericardiums sind, wenn dasselbe erheblich ist, mit Ausschluss der von Fieber abhängigen Erscheinungen , die eines pericardialen Exsudats, und das Specielle über diese bei der Pericarditis einzusehen. Massige und niedere Grade des Hydropericardiums werden gewöhnlich in der Menschen-nnd Thierleiche zufällig angetroffen.
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Zur Pag i n a 520
füge ich hinzu, dass der chro.nische Magen catarrh in den meisten Fällen ein Ausgang des acuten ist, und durch alle die bei diesem erwähnten Ursachen hervorgerufen werden kann. Beim Menschen ist der chronische Magencatarrh jedoch häufiger ein seeundäres als ein primäres Leiden , indem er bald durch Textur-erkrankung der Magenwandung selbst, wie besonders durch deren krebsige Degeneration , durch das perforirende Magengeschwür ver-anlasst und unterhalten wird, bald die Folge von langwieriger Venenstase im Unterloibe ist, welche Lebercirrhose, Lungenemphysem, Lungentuberkulose, Herzkrankheiten, besonders Stenosen und In-sufficienzen am rechten venösen Ostium unterhalten. Der selbständige chronische Magencatarrh ist beim Menschen in den allermeisten Fällen durch einen abn.sus spirituosormn vermittelt.
Seltener ist der chronische Magencatarrh bei Thieren. Denn jene Fälle sind bei diesen nicht als chronischer Magencatarrh zu bezeichnen, wo die mangelndeFresslust nur durch einige Wochen besteht. Solche werden noch dem acuten Magencatarrh zugezählt. Selbst die chronische Blähsucht der Wiederkäuer gehört strenggenommen nicht dem chronischen Magencatarrh an, da ihre Dauer sich kaum über vier Wochen erstrecken dürfte. Auch die Magenseuche der Schweine ist nicht hier zu rubriciren, denn auch ihrDecu-s schliesst
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Ergänzende Schlussbemerkungen.
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sich innerhalb sechs Wochen ab. Ein langwieriger Magencatanh kommt noch am Häufigsten bei Rindern vor, bei welchen er hartnäckige Löserverstopfung erzeugt.
Der anat omisohe Charact er des chronischen Magencatarrhes besteht inVerdickung der Schleimhaut und des submucösenBindogewo-bes, in einergrauen, selbst schwärzlichen Tingirung der Mucosa, in der Persistenz und Vergrösserung von Substanzverlusten der Schleimhaut (catarrhalische Verschwärung) und in der Entwickelung papillarcr Excrescenzen auf ihr. Die äusseren Zeichen des chronischen Magencatarrhes sind hartnäckiger Appetitmangel, und beim Menschen Schleim- und Wasserbrechen , welch' letzteres auch bei chronischen Magenübeln bei Schweinen und Hunden beobachtet wird. Die Verdauung aufgenommener Ingesta ist gehemmt oder ganz aufgehoben, deshalb bilden sich auch sorties und saburrae, halitus oris, Luftentwickelung im Magen mit häufigem ructus. Die Gefahr, welche der anhaltende Missbrauch von Spirituosen beim Menschen in sich schliesst, ruht nicht allein in der habituellen Perturbation der seelischen Functionen und Nerventhätigkeiten, sondern ganz besonders in der Entwicklung dieses chronischen Magencatarrhes, der im späteren Verlauf der Säuferkrase jede ausgleichende Stoffznfuhr zur Unmöglichkeit macht, in Folge dessen marasmvs fraecox und hy-drops die constanten Terminationen des chronischen Alkoholismus beim Menschen sind. —
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Zur Pagina 563.
ünterleibshernien, die beim Menschen in Folge einer mangelhaften Fötalentwickelung als Nabel-, Leisten-, Hodensackbrüche sehr gewöhnlich sind, kommen auch bei den landwirthschaf'tlichen Haussäugethieren und beim Hunde fast mit gleicher Frequenz wie beim Menschen vor.
Bei Hengsten ist nicht so selten eine tödtliche Kolik durch eine eingeklemmte Scrotal- oder Inguinalhernie erzeugt.
Bei heerdeweisem Betriebe der Weiden werden durch Schlagen und Stossen der Thiere unter sich nicht so selten Flanken- und Bauchbrüche, die als Inhalt bald grössere Dünndarmpartieen, bald Theile des Wanstes (bei Rindern , Ziegen und Schafen) haben, erzeugt. Die Bruchpforte ist in diesen Fällen durch eine partielle Zerreissung des Haut-, des äusseren , inneren und queren Bauchmuskels bedingt.
Die speciellen Verhältnisse sind in den betreffenden Abschnitten der Lehrbücher über Chirurgie des Menschen und der Veterinär-Chirurgie einzusehen.
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Index.
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A.
Aaspocken pag. 86. Abdominaltyphus 3, 4, 5, 7.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; pathol. Anat. 8 ff.
Abortus 674.
Abortive Form des Typhus 518. Abscesse des Gehirns 200.
„ des Herzens beim Menschen 463.
„ des Herzens bei den Thieren 464.
,, der Leber 585, 586.
,, der Lungen beim Menschen 375.
,, der Lungen bei den Thieren 377. Acarus follieulorum 717.
,, scabiei, s. Sarcoptes hominis. Acholie 610. Aohroma 701.
Acephalocystensäcke d. Leber 608. Acne 712.
,, indurata 712. Aeneknoten 712. Acnepusteln 712. Acne rosacea 712. Addisson'sche Krankheit 634. Ader, goldne s. Hämorrhoiden 565. Albinismus der Menschen und der
Thiere 701. Albuminerie 622, 623. Algie, periphere 312. Alopecia 701.
Amygdalitis, s. angina tonsillaris. Anämie beim Menschen 127, 128.
,, bei Thieren 131.
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Anästhesie, s. Anodynie, periphere. Anasarka 617, 623. Aneurysma beim Menschen 479. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bei Thieren 479.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;varicosum451.
Anfall, laquo;poplectischer b. M. 183. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; b. Th. 185.
Angina pectoris 471.
,, (tonsillaris) 507. Anidrosis 722. Anodynie, periphere 312. Anostosis (excentrica)104. Anthrax 17, 23.
,, haemorrhoidalis 23. Aorta, Aneurysma derselben 479. Aortenklappe, Insufficienzen und
Stenosen d. 454. Aphthen, s. diphtheritische Entzündung der Rachen-schleirahaut. Apoplectische Cyste 182. Apoplectischer Heerd 181. Apoplexie 179.
Arachnoidea, Oedem ders. 204. Arterienentzündung 474 ff. Arterienhäute, Verkalkung ders. 478.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bei Thieren 479.
Arteriensclerose 475. Arteriitis deformans, seunodosa474. Arthritis 682. Arthrophlogose, s. Rheumatismus
articulorum. Ascaris 566. Ascites 579. Asthma 424.
,, bronchiale 350. ,, Koppii 337. Millari 337.
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Index.
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731
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Atelectaae 360.
Atherom der Artcrienhäute 475. Atherome der Haut 715. Atrophia ossium senilis 166. Atrophie, s. d. einzelnen Organe.
,, der Muskeln, progressive
172. ,, musculaire graisseuse, progressive 172. Aufblähen, s. Trommelsucht der
Rinder. Aufiagerungsprocess der Arterienhäute 474. Auflauf, s. Trommelsucht der
Rinder. Augenentzündung, periodische d. Pf.
725. Aussatz, orientalischer, westindischer,
europäischer 715. Aura 275.
Axendrehung des Darmes 559. Azoturie 632.
B.
Balggeschwülste, s. tumores cystici
der Haut. Bandwürmer d. Menschen 566 .
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; d. Thiere 567.
Basilarmeningitis, tuberkulöse 197. Bauchfeil, Brand desselb. 577.
,, Entzündung desselb. 573. ,, chron. Entzündg.dess.574. ,, Krankheiten desselb. 573. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen dess. 577.
,, Tuberkulose dess. 579. ,, Krebs dess. 578. ,, Wassersucht dess. 579. Banchhöhleninhalt, Anomalieën
desselben 579. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gasansammlung
im 579. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wasseransammlung
im 579. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;BIutergüsseim580.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;fremde Körper im
581. Bauchhöhle, Parasiten ders. 581. Bauchschwangerschaft 581. Bauchspeicheldrüsenkrankh. 612. Bauchwassersucht 579. Banemwezel 501. Becken, rhachitisches 170.
,, osteomalacisches 169. Bettpissen, nächtliches 646.
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Beschälkrankheit, s. Chankerseuche
d. Th. (Pferde, Schafe.) Bewegungsorgane, Krankheiten ders.
676. Biegsamkeit, wächserne 286. Bindegewebsneubildung, s. die einz.
Organe. Bindegewebe, submukösesd. Magens,
Endzündung dess. 521. Blähsucht, chronische 533. Blase, s. Harnblase. Blasenblutung 643. Blasencatarrh 639.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; chronischer 640.
Blasenkrampf 646. Blasenlähmung 646. Blasenniere 630. Blasenpolypen des uterus, s. Cysten
des Uterus. Blasenschleimhaut, Hypertrph. 639. Blasenschwanz, s. Cysticercus
der einzelnen Organe. Blasensteine 643. Blasenwürmer, s. die Cystici d. einz.
Organe. Blatter, schwarze oder blaue d.
Menschen 28. Blattern, s. Pocken. Bleichsucht beim Menschen 127.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Thieren 131.
Bleikolik 569. Blennorrhoe, s. die Catarrhe d.
einzelnen Organe. Blinddarmschleimhaut, cath.
Entzündung ders. 539, 544. Blödsinn, paralytischer, 193,208,222. Blutarmuth 126.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Säuglingen und kl.
Kindern 129.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Knabenalter 129.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Erwachsenen 130.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Greisenalter 130.
Blutbrechen 534. Blutkrankheit, hämophiler Zustand
144. Blutfleckenkrankheit, s. Scorbut. Blutfluss, s. Metrorrhagie. Blutfülle, s. Hyperämie der einzelnen Organe. Blutgefasse, Krankheiten ders. 472. Blutgerinnungen auf den Herzklappen
460. Blutharnen 615. Bluthusten bei Menschen 368. bei Thieren 369.
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' :
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732
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Index.
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Blutmangel, s. Anämie. Blurschwamm der harten Hirnhaut
212. Blutseuche der Schafe 25, 615. Blutsturz 369.
Blutungen, s. die einz. Organe, Blutzersetzung 19. Borste, weisse 23. Borstenbälle, s. Haarbälle. Borstcnfäule45, 145. Bothrioceijhalus 566. Bradyfibrin 426. Brand, s. die einzelnen Organe. ,, der Lungen 390. ,, rauschender 716. Brandgcschwüre a. d. Schleimhäuten
der Thiere 24. Bräune d. Menschen, s. Croup. „ der Thiere 504. ,, der Schweine 147. Brechdurchfälle 516, 519, 520. Bremsenlarven im Magen der Pferde 534. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;in den Stirn- und
Hyghmorshühlen d. Schafes 325. Bright'sche Krankheit b.M. 616,619.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; b. Th. 624.
Bronchialblutungen b. M. 368. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; b. Th,369.
Bronchialcatarrh d. Menschen 338. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; actiter d. Th. 343.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; chronischer d. Th.
347. Bronchialcronp d. Menschen 348.
d. Pferde 348. Bronchialgeschwiirc o49. ßronchialkrampf 350.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bei Thieren 351.
Bronchial- n. Lnftrührencatarrh der Hnnde 345. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen u. Polypen
349. Bronchiectasie bei Menschen 339, 386, 387, 399. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Thieren 347.
Bronchitis, s. acuten Bronchialcatarrh. Bronchophonie 382, 408. Bronchoneurosen 349. Brustdrüse, Erkrankungen ders. 673. Brustfellentzündung 425. Bubo, syphilitischer 102.
,, crescentium 491. Bnrgundernase 713.
|
c.
Cachexia syphilitica 108. Caput Medusae 591. Carbunkelu 21, 705, 713. Carbunkelfieber 21. Carbunkeikrankheit der Thiere 23.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Menschen 26.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; weisse, derSchw.
24. Carcinoma, s. d. einz. Organe. Cardia, krebsige Entartung ders. 525,
526. Cardialgie, s. Magenkrampf. Caries 693. Caries, syphilitische 706.
,, profnnda 694. Carnification d. Lunge, s. Hepatisation
der Lunge. Catarrh, s. die einz. Organe. Catarrhalfieber der Hunde 345. Catarrhus chronicus potatornm 503, 728, 729. ,, intcstinalis 537. Cavernen, bronchicctatische 386.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;tuberkulöse 399,
Chanker, Hunter'sclier 100.
., gangränöser 102.
,, indurirter 101.
,, phagedänischer 102.
,, weicher 101. Chankerseuche der Thiere 111. Chlorose 127 ff. Cholelithiasis, s. Gallensteine. Cholera asiatica 59.
,, asphyktische 66.
,, Geschichte ders. 59, 60.
,, infantum 516.
,, nostras 519. Choleradejectionen 63, 65. Choleradiarrhoe 65. Choleraexanthem 68. Cholera der Thiere 68. Choleratyphoid 64, 67. Choleraverschleppung 65. Cholesteatomd. harten Hirnhaut 212. Chorea St. Viti 284.
,, electrica 284.
,, tetanica 284. Circnlationsorgane, Krankheiten ders.
447. Cirrhose, der Leber 588. - ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Lungen 335.
Coenurus 215.
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Index.
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733
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Darmcanal, Blutungen und Gefasserweiterungen 564,565. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Carcinom b. M. 533.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;b. Thieren 555.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Concremente, steinige b.
Pferden im 566. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Cysten desselben 553.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Divertikel dess., falsches
562. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;wahres 562, 563.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einklemmung, innere
559. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Erweiterung u. Verenger-
ung desselben 561. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Fibroide desselben 553.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Geschwüre, catarrhal. d.
538, 539, 552. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; diphtheritische (less.
547, 552. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; dysenterische 51, 552.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; folliculäre b. Th. 541.
'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; krebsige 552.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; tuberculose d. M.
552, 555, 556. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; typhose d. M. 9, 552.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Inhalt, Abnormitäten des.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gasanhäufung im 564.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Blutanhäufung im 364.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Invagination dess. 560.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;catarrhal.Entzündungd.
537. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Catarrh, acuter b. M.
538, 542. b. Th. 540, 545. chronischerb. M. 538, 543. b. T. 541, 545. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des 337.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krebs, s. Carcinom
des Darmcanals. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lipome d. 553. '
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildungen dess. 552.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neurosen, s. Kolik.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Parasiten, im 566.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Pigmentauhäufuagen am
333. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Polypen 552.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ruptur dess. 563.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Sarkome dess. 553.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Teleangiectasieen 353.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Tuberkulose der Men-
schen 555. der Thiere 557. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verengerung und Ver-
schliessung d. 559. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Würmer in dems. 566.
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Colloiddegeneiation, s. Entartung bei den
|
amyloids einzelnen
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Organe. Colica, s. Kolik. Compression der Lunge 361. Concremente, steinigei. d. Blase 643. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; in der Niere 631.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;in den Nierenbecken
638. Condylomata 103, 715. Contagien, venerische 99. Contractilität, electrische der Muskeln bei Lähmungen 313. Convulsiouen, epileptische 275. Cor hirsutum, hispidura, villosum,
tomentosura 466. Cornu cutaneum 716. Corpora cavernosa, Infiltration ders.
652. Craniostenose 207. Craniotabes 171. Cretinismus 206. Croup der Bronchien d. M. 348. d. Pf. 348. ,, der Harncanälchen 616. „ des Kehlkopfs 330. ,, des Mundes 495. ,, des Rachens 505. ,, der Thiere 334. Cyanose 358, 456.
|
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Cysten, apoplectische,
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s. apoplect.
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Cyste. „ der Nieren 629. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Ovariums 657.
Cystitis eatarrhalis 639. „ crouposa 640. ,,,, diphtheritica 640. Cysticerken im Gehirn der Menschen ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 214.
„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;im Geh. der Schweine 214.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;in der Unterhaut 722.
Cystosarkom des Ovariums 658. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Uterus 667.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Hodens 650.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Brustdrüse 673.
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D.
Dampf der Thiere 424. Dämonomania 244. Darmblutungen 564. Darmcanal, Axendrehung dess. s. Axendrehung d, Darm-canals.
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734
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Index.
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Darmcatarrh, s. Catarrh des Darm-
canals. Darmconcremente 566. Darmentzündung, s. catarrhal. Entzündung des Darmuan. Darmperforation 563. Darmschleimhaut, cat. Entzündung ders., s. catarrh. Entzündung des Darmcan. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Croup ders. 545.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Diphtheritis ders.
545, 546. Darmseuche der Thiere 517. Darmsteine 565.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Pferden 566.
Darmstrictur, krebsige d. M. 554. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Pferden 555.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; tuberkul. b. Menschen
557. Darmversohwärung, follikuläre 545, Darrsucht der Thiere 164. Dasselbeulen 717. Decubitus 702.
Degeneration , amyloide b. Wechselfieber 42. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;amyl, d. Leber 595.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;amyl. d.Milz u. Nieren
bei Syphilis 108. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;fettige des Herzfleisches
470. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;fettige der Leber s.
Fettleber. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;d. quergestreiften Mus-
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;kelfasern 687.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;körnige 687.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;wächserne 687.
Delirium tremons 189. Dermatitis erysipelatosa 702.
erythematosa 703, 704, 713. Dermoidcysten der Ovarien 658. Descensus uteri, s. Vorfall d. Uterus. Detrusorvesicae, Lahmung dess. 646. Diabetes mellitus 148.
,, bei Thieren 153. Diabetes insipidus b. Mensehen 632.
,, bei Thieren 154. Diathese, hämorrhagische, s. hämo-
phile Zustände. Diathese, harnsaure 682. Dickdarm, Catarrh dess. 543,544,545. Dickdarmmelancholie 239.
Follikulargeschwür. Digostionsorgane, Krankheiten derselben 494.
|
Diphtheritis, s. dieeinz. Organe. Dispositio abortiva 674. Dissolutio sanguinis 19. Divertikel des Oesophagus 508. Dolores osteocopi 106. Drehkrankheit der Schafe 215. Drüse, auch Druse der Thiere ,, gutartige 163. ,, verdächtige 121. ,, der Pferde 163. ,, verschlagene 164. Dummkoller der Thiere 226. Dünndarm, Catarrh dess., s.
Catarrh des Darmcanals. Dura mater, Entzündung ders. 190. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,, Hämatomd. 185.
,, ,, Lipome d. 213. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,, Pacchionische Granula-
tionen d. 212. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,, Perlgeschwulst drs. 212.
Durchfälle, chron. der Kinder 544. Dysenterie, s. Ruhr.
alba, rubra, s. weisse und rothe Ruhr. Dysmenorrhoe 674. Dyspepsie, nervöse 535. Dysphagia inflammatoria 508. Dyspnoe bei Croup 332.
E.
Ecchymosen, s. Scorbutd. M. u. d. Th. Echinococcen im Gehirn 214. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Hoden 651.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; in der Leber 608, 609.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;in den Nieren 631,.
Ecthyma711.
,, cachecticum 711. ,, Pusteln 711. Eczema marginatum 708. Eczem 707.
,, der Thiere 708. Egelkrankheit der Thiere, bes. der
Schafe 609. Eierstock, s. Ovarium. Einklemmung, innere d. Darms 559. Einschnürung, innere d. Darmcanals
559. Eklampsia 280.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; infantum 280
,, gravidarum, parturientinm et puerperarum 280. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Thiere 282.
Ektopie des Herzens 430, 441, 442.
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Index.
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735
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Elephantiasis arabum 700, 715. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Thiere 700.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; vulvae 673.
Embolie 140, 141, 460. Empflndungslähmungen, partielle
312, 313. Emphysem 356. Emprosthotonus 299. Empyema 428.
Enchondrom des Ovariums 658. Encephalitis , s. Entzündung des Gehirns. Enaiteriitis 475.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; deformans 436, 478, 479,
480, 481. Encarditis 458.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;deformans 451, 481.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bei Thieren 462.
Enormitas cordis, s. Hypertrophie
des Herzens. Enphlebitis473. Enteralgie 568. Enteritis catarrhalis 537 ft'. Enuresis nocturna, s. Bettpissen. ,, spastica, s. Hyperästhesie der Blase. Epidermisbildung, Störungen drs.698. Epidermis, diffuse Hypertrophie ders.,
s. Ichthyosis. Epilepsia 271.
,, des Menschen 273. ,, der Thiere 278. Kpispadiasis 642.
Epistaxis, s. Blutungen aus der Nase. Epithelialkrebs d. milnnl. Ruthe 653. Epitheliom der Glans 653. Erbrechen, habituelles, b. Frauen 536. Erbrechen bei Pferden u. Rindern 537. Erethismus der Herznerven , s. Herzklopfen. Erosionen , hamorrhagische der Magenschleimhaut 514. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; catarrhalische der Kehl-
kopfschleimhaut 327. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;d. Mundschleimhaut 104.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Muttermundes 660.
Erweichung des Magens 514, 529. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;von Tuberkeln, s. Tuber-
kulose d. einz. Organe, bes. d. Lungen. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nekrot. d Gehirns 202.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; rothe des Gehirns 199.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; hydroeephalische 204.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Rückenmarks, s. Mye-
litis.
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Erysipelas bullosum 703.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; gangraenosum 704.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; oedematosum 713.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; verum 702.
Erythema 702.
Etat mammelonné des Magens 531. Euterentzündung der Kühe 673. exanthema papulosum, pustulosum, s. Knötchen- undpustulüse Ausschläge.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;scrophulosum 160.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; syphiliticutn 104.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;variolosnm, s. Bocken.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;vesiculosum, s. Biäschen-
exantheme der Haut. Exantheme, coutagiöse, fieberhafte 75. Exulceratiouen, oberflächliche des
Mundes 104.
F.
Fallsucht des Menschen 271.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Thiere 278.
Fasern, elastische im Auswurf 405. 'Faserstoffgerinnungen im Herzen 460. Faulfieber der Thiere 13. Fäule der Schafe 131. Febris algida 44.
,, biliosa 519.
,, comatosa 42, 43.
,, continna 3.
,, gastrica 518.
,, intermittens 35.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;larvata 44.
., mueosa 518.
,, nervosa 5.
,, pituitosa nervosa der Hunde 16. Federbälle 566. Fehlgeburt 674.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Kühen 675.
Feigwarzen, s. Condylome. Fettflechte der Thiere 708. Fettherz 409. Fettleber des Menschen 593.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Thiere. 594.
Fettleibigkeit 713. Fibrincylinder, Henle'sche 621. Fibrinniederschliige im Herzen 460. Fibroide des Oesophagus 509.
,, des Uterus 666. Fibroplastische Geschwülste des Gehirns , s. Granulationen, Pac-chionisehe. Finnen des Meuschen 688.
,, der Schweine 687, 688. Flechte, fressende, s. Lupus.
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736
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Index.
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Fleckfieber der Schweine 25. Flexibilitas cerea, s. Biegsamkeit,
wächserne. Fluor albus uterinus 659, 660.
,, ,, vaginalis 671. Folliculaigeschwüre der Nase bei
Pferden 319. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Dickdarms b.
Pferden 541. Franzosenkrankheit d. R. 43raquo;, 578. Freie Körper in der Bauchhöhle 581. Frieselbläschen 722. Froschgeschwulst 500. Froststadium bei Wechselfieber 38. Frühjahrsausschlag bei Pferden 706. Fiillenlähme 164, 679. F'urunkel 705, 713. Fussschweisse 722. Fussriiude 720.
G.
Galle, Stauung drs. in der Leber 606. Gallenabsonderung, vermehrte 610.
',,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; vorminderte 610.
Gallenausführungsgänge, Entzündung u. Verschwärungders. 606,607. Verengerung und Verschlicssung 606. Gallenblase, Wassersucht 606, 607. Gallenfarbstoff in des Haut 605. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Schweiss 605.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; in Transsudaten 605.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Urin 605.
Gallenfieber 519. Gallenresorption 603, 605. Gallensteine beim Menschen 606.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Tbieren 607.
Gallensteinkolik 607. Gallenwege, croupöse und diphtherit. Entzündung drs. 606. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Catarrh 605.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten 605.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verengerung und Ver-
Schliessung der Aus-führungsgänge der 606. Gährung, alkal., saure des Harns 644. ,, abnorme im Magen 513 516. Gasansammlung in der Brust, s.
Pneumothorax. Gangraena ex deeubitu 702, 714. Gastrisches Fieber 518. Gastritis 520, 521.
Gastroduodenalcatarrh, s. Magen-darmeatarrh.
|
Gastrodynia, s. Magenkrampf.
Gastromalacia 529.
Gastrotyphus , sog. d.Pferdel2) 521.
Gastrus equi 717.
Gaumen, weicher, s. Rachen.
Gaumenanthrax, s. Stomanthrax.
Gaumenentzündung, s. Augina ton-
sillaris. Gebärmutter, s. Uterus. Gedärmseuche der Thiere 517. Gefasse, Krankheiten ders. 472. Gehirn, Afterbildungen des 211. ,, Anämie dess. 173. ,, Atrophie 210. ,, Blutung 179. ,, Carcinom 212. ,, Cholesteatom 212. ,, Cysten 213. ,, cystoide Neubild. dess. 213. ,, Cysticerken 214. ,, Depressionserscheinungen am
176. ,, Echinococcen 214. ,, Entzündung 186. ,, fibroplast. Geschwülsted. 212. ,, Hyperämie 174. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,, bei Kindern 178.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Thiere 178.
,, Hypertrophie 210. ,, Krankheiten 173. ,, Lipome 213. ,, melanot. Geschwülste 213. ,, Nekrose. anämische 202. ,, Oedem 203. ,, Perlgeschwülste 212. ,, Reizung 175. ,, Tuberkel 211. ,, Tumoren, s. Afterbildungen des Gehirns. Gehirnabscess 200. Gehirnapoplexie des Menschen 179.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Thieren 180.
Gehirnarterien, Verschlessung 203. Gehirndruck, s. Depressionserscheinungen am Gehirn. Gehirnentzündung b. Menschen 198.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Thieren 200.
Gehirnerweichung, einfache, s. hydro-cephalische. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;hydrocephal. 204.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nekrotische 202.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;rothe 199.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gelbe 202.
Gehirngefässe, Verstopfung derselben durch Pigment 33.
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Index.
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737
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Gehirnhäute, Anämie ders., s. Anämie des Gehirns. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Blutungen In die 174.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung d. , 3. Me-
ningitis. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hyperämie 174.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Tumoren 212, 213.
Gekrösdrüsenhypertrophie 558. Gelbsucht, s. Icterus. Gelenkentzündung, scrophulüse 160,
161. Gelenkkrankheit der Säuglinge bei
Thieren 679. Gelenkrheumatismus, acuter 676. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; chron. 680.
Gelenkseuche bei Thieren 679. Geräusche, cavernöse 408. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;endocardiale 461.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des zersprungenen Topfes
407. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;pericardiale 467.
Geschlechtsorgane, männliche, Krankheiten ders. 649. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Schwäche (funct.)
655. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; reizbare Schwäche
655. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;weibliche, Krank-
heiten ders. 656. Geschwülste, carbunkelartige auf den
Schleimhäuten der Thiere 24. Geschwüre des Darms 552.
des Kehlkopts 335.
des Magens 521.
der Mundschleimhaut 104,
496, 499. des Muttermundes 660. der Nasenschleimhaut
318, 319. des Rachens 505, 506. aphtöse 497. primär syphilitische 111. tuberkulöse 552, 555, 556. Gicht 682. ,, acute 683. ,, anomale 683. ,, chronische 684. Gichtanfall 683. Gichtknoten 683.
Glied, männl., Krankheiten dess. 652. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,, Bindegewebsneubild-
ungen dess. 653. ,.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,, Carcinom dess. 653.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,, Entzündung der caver-
61eiaberg, vergluicbendo Pathologie.
|
nösen Körper dess. 652. Glied, männl., Entzündung der Vorhaut 652. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,, Verschwärung, syphil.
b. M. 653. ,, ,, Verschwär. b. Th. bei der Chankerseuche 653. Glieder, doppelte, s. Rhachitis. Gliederweh, hitziges, s. acuten Gelenkrheumatismus . Globus hystericus 509. Glossanthrax 23. Glossitis 498.
,, dissecans 498. ,, parenchyraatosa 498. Glottiskrampf 337. Glottisödem 334. Gnubberkrankheit 305. Granulationen, Pacchionische 212. Grippe 338.
Grützbeutei, s. Atherome. Gummata 104. Gummigeschwulst 104. Gürtelrose 709. Gutta rosacea, s. Acne rosacea.
H.
Haarbälle 566.
Haarbälge, Atrophie ders. 701. Haarwechsel 701. Habitus, scrophulöser 159. Hämatemesis, s. Bluterbrechen, Hämatocele 650. Hämatom der Jura mater 185. Hamatometra 669. Hämaturie, s. Blutharnen. Häraophilie 144. Hämoptoe 368,369. Hämoirhagie, capilläre im Gehirn 33, 43.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; s. d. einz. Organe.
Hämorrhoidalblutungen 565. Hämorrhoidalkrankheit 565. Hämorrhoidalknoten 565. Hämorrhoiden bei Menschen 565.
„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bei Hunden u. Schwei-
nen 565. Hämothorax 446. Hallucinationen 224. Halsanthrax 23.
Harn, Gährung dess. (alkalische, saure) 644.
47
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738
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Index.
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Harnblase, Anaesthesied. 646.
Berstungen d. 643.
Blutungen d. 641, 643.
Brüche der 642.
Carcinom d. 641.
Catarrh d. 639.
,, chronischer 640.
Concremente, steinige in ders. 643.
Entzündung d. (croupöse und diphtherit.) 640.
Hyperästhesie d. 646.
Hypertrophie d. 639.
Krampf ders. 646.
Krankheiten d. 639.
Krebs d. 641. ,, bei Thieren 641.
Lipome ders. 642.
Neubildungen ders. 641.
Neurosen d. 646.
Parasiten d. 646.
Perforation ders. 639.
Tuberkulose d. 641.
Umstülpung ders. 642.
Vereiterung d.640.
Verjauchung d. 640.
Vorfall d. 642. Harnblasenphthisis, s. Harnblasenvereiterung. Harnfluss der Thiere 153. Harngries, -sand 640. Harnleiter, s. Ureteren. Harnwege, Krankheiten ders. 646. Harnröhre 646.
Catarrh d. (virulenter)647. ,, nicht virul. 647.
Krankheiten ders. 647.
Neubildungen ders. 647.
Neuralgie ders. 648.
Parasiten ders. 648.
Stenose d. 647. Ulceration ders. Harnröhrenchanker 647. Harnruhr des Menschen, s. Zncker-
harnruhr u. diabetes insipidus. Harnruhr der Thiere 153. Harnsäureinfarct 631. Harnsteine 643. Harnverhaltung 646. Harnwinde, schwarze d. Pferde 616. Harthäntigkeit der Rinder 713. Haut, Anämie ders. 701. ,, Ansammlung von Luft in derlaquo;.
716. ,, Atrophie 700.
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Haut, Bläschenexantheme d. 707.
Blutungen in dies. 704.
Carcinorae 716.
Dermoidcysten in der 716.
Ecchymosenbildungen in ders. 704.
Eingeweidewürmer d. 722.
Entzündungen 701, 705.
Entzündung, phlegmonöse ders. u. der Unterhaut 705.
Entzündung, superficielle 706.
fibröse Geschwülste d. 716.
Gefässneubildungen d. 715.
Hämorrhagie in die 704.
Hyperämie 701.
Hypertrophie 700.
Knochenneubildungen d. 715.
Knötchenausschläge der 706.
Krankheiten ders. 698.
Melanosen der 715.
Neubildungen der 714.
Parasiten 716.
pustulöseExantheme ders. 709.-
Schwindflechte d. 706.
Secretionsanomalieen d. 722.
Störungen d. Blutvertheilungin der 702.
tumores cystici ders. 715.
Tuberkel 715.
Ulceration ders. 714.
Wassersuchten, entzndl. d. 713. Hautbrand 713, 714. Hautcysten 715. Hautdrüsen, hypertrophische Ent-
wickelung ders. Hautemphysem 716. Hauthorn 716. Hautkrankheiten 698. Haut-mal, s. Epilepsie. Hautödem 713.
Hautnerven, Anästhesie crs. 312,313. Hautpigmentmangel 701. Hautpilze 716.
Hautpolypen, s. Neubildungen d. Haut. Hautrotz 113, 118, 716. Hantrupturen 716. Hautwarzen 715. Hautwurm 112, 122, 716. Helminthiasis, s. d. Helminthen der
einz. Organe. Hemikranie 313. Hemiplegie 183. Hepar adiposum, s. Fettleber. Hepatisation 374.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; gelbe 375.
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Index.
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739
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Hepatisation, rothe 374. Hepatitis, interstitialis 587, 588. ,, parenchymatosa 584. ,, syphilitica 587. Herpes 709.
,, facialis 709. ,, labialis 709. ,, praeputialis 709. ,, zoster 709. Herz, Aneurysma dess. 463, 470. ,, Anomalieën dess., s.Herzkrankheiten. Atrophie 447, 458. Dilatation 449.
,, partielle, passive, totale, active 449. passive 466. Ektopie 360, 430, 441, 442. Entzündung 458.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; traumatische der
Wiederkäuer 464. Fibrinniederschläge in dems.
460. Hypertrophie 447, 448.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;excentr. dess. 450.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;b. Tb. 456, 472.
Kleinheit, s. Atrophie d. H. Krankheiten dess. 447. Lageanomalieen, s. Ektopie d.
Herzens. Neubildungen am 469. Neurosen 471. Ruptur 463, 470. Herzabscess beim Menschen 463.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; beim Hunde 464.
Herzbeutel, Entzündung dess. 465. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krebs 47 1.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Tuberkulose 470.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verwachsung mit dem
Herzen 466. Herzbeutelwassersncht, s. chronische
Pericarditis u. Nachtrag. Herzfehler, angeborene 451. Herzfleiscb, Abscess dss. b. Menschen 463. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,, beim Hunde 464.
,, Cysticerken, Eochincoc-
cen in dems. 471. ,, Degeneration, fett. 470. ,, Entzündung 462. ,, Krebs 471. ,, metastat. Heerdeim 465. ,, Mürbigkeit, abnorme 470. ,, Parasiten, 471. ., Tuberkulose 470.
|
Herzklappen , Aneurysmen ders. 460. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Insufficienz 451.
,, Stenose 451. ,, Vegetationen an dens. b. Menschen 460, 461. b. Thieren 457. Herzklopfen bei Thieren 472. Herzsehwiele 464. Herzstenose 451. Hinterbrand der Schweine 147. Hinterkopf, weicher d. Säuglings 171. Hirnanämie 131.
Hitzestadium bei Wechselneber 38. Hoden, Cysten des 650. ,, Cystosarkom des 650. ,, Enchondrome 650. ,, Entzündung d., gonorrhoische
648. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Scheidenhaut
des 650. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;syphilitische 648
,, Induration 649. ,, Knochenneubildnng d. 650. ,, Krebs 650. ,, Neubildungen des 650. ,, Myom des 650. ,, Tuberkulose des 651. Honigbalggeschwulst, s. Melicerides
der Haut. Holzkrankheit 542. Hornwurmkrankheit, s. Schafbremse
in der Nasenhöhle. Hornviehseuche, s. Rinderpest. Hufeisenniere 630. Hufgelenklähme 692. Hufnagelleber, s. Lebercirrhose. Hundekrankheit, s. Hundeseuche. Hundepocken 92. Hundeseuche 345. Hundswuth, s. Wuthkrankheit der
Thiere. Hungerräude 698. Hydatiden, s. Acephalocystensäcke. Hydrämie 131, 623. Hydrocele 650.
,, funiculi spermatic! 650. Hydrocephaloid 129. Hydrocephalus 204.
acutus d. M. 161,207. acutas d. Pf. 208. chronicus d. M. 207. chronicus d. Pf. 209. congenitns 204. Hydrometra 669, 670. Hydronepbrosis 635.
47*
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740
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Index.
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Hydropericardium 727.
Hydrophobie 249.
Hjdrops bei Emphysem 359.
,, bei Herzkrankheiten 456. ,, beim Malariafieber 40, 41. ,, b. Morbus Brigthii 617, 622. ,, Ovarii 658. ,, scarlatinosus 617. ,, vesicae felleae 606, 607. Hydrorrhachis 392. Hydrothorax 444.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bei Thieren 445.
Hydrurie 154, 632. Hyperämie, s. die einz. Organe. Hyperästhesie, allgem. b. Schafen 305. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Blase 646.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Oesophagus 509.
Hyperidrosis 722.
Hyperkinese der Blase, s. Blasenkrampf. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Kehlkopfs 313, 336.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Oesophagus 510.
Hypertrophie, s. die einz. Organe. Hypochondrie 314. Hypostase 16, 364, 365. Hysterie 314.
I.
Ichthyosis 698.
,, hystrix 700. Idiotismus, s. Cretinismus. Igelfuss 711. Ikterus 605. Ileotyphus 8. Illusionen 176. Impetigo 709.
,, sparsa 710. Impfung der Hundswuth 249, 265.
,, der Kuhpocken 88, 89.
,, der Lungenseuche 72.
,, der Rinderpest 45.
,, des Rotzes 121.
,, der Schafpocken 83, 86.
,, der Syphilis 99. Impotenz beim Manne 655.
,, bei Thieren 655. Incontinentia urinae 646. Induration d. Lunge 386. Infarct, hämorrhagischer der Lungen 369.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;d. Milz 611.
gt;#9632;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Uterus
665.
,, hämoptoischer 369.
|
Infection, septische 142.
,, syphilitische 109. Infectionskrankheiten, acute 1.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;chronische 93.
Infiltration, cellulose des Gehirns 200, 203, 232. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; eitrige der Lunge 375.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; fettige der Leber, s.
Fettleber. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; froschlaichähnliche der
Lungen 410. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; gelatinöse der Lungen
410. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; markige, s. Lungenkrebs.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; synoviaartige d. Lunge
b. Pf. 323. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;tuberkulöse der Lunge
410. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;d. Bronchialdrüsen 490.
Influenza d. M. 338.
,, d. Th. 344, 519. Inspirationsmuskeln, Hypertrophie
ders. 359. Insufficienz der Aortenklappen 454. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Mitralis 454.
bei Hunden 457. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Tricuspidalis 455.
Insult, apoplectischer, s. Gehirnapoplexie. Intercostalneuralgie 709. Intermittens 35.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; algida 44.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; anteponens 39.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; apoplectica 43.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; comatosa 42.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; comitata 42.
.,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; duplicata 39, 40.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; maniacalis 44.
„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; perniciosa 42.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; postponens 39.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; quartana 39.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; qnotidiane 39.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; subintrans 39.
Intoxication, urämische 617, 618. 623.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; cholämische 604.
Intussusceptio 560. Invaginatio 560.
Irresein, acutes d. Menschen 622. ,, chron. d. Menschen 224. ,, idiopathisches d. M. 219.
d. Pf. ,, chronisches 226. ,, acutes 233. -,, sympathisches d. M. 233. d. Th, 246.
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Index.
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741
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Ischuria paralytica 646. quot;#9632; Jnckkrankheit der Pferde 306. Juckknötchenausschlag 706.
K.
Kahlköpfigkeit 701. Kakerlaken b. M. u. Th. 701. Kalbefieber 663. Kälbergrind 709. Kälberlähme 679. Kalkinfarct der Niere 631. Katalepsia 285. Kehlkopf, Blutungen 326.
,, Catarrh dess. 326.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ b. Th. 329.
,, Croup dess. b. M. 330.
„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ b. Thieren 334.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Geschwüre beim Menschen :
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; syphilit. 335.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,, tuberkulöse 335.
„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; typhöse 335.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,, variolöse 335.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Thieren:
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; diphtherit. 336.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; carbunkul. 336.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; variolöse 336.
,, Krankheiten dess. 326.
,, Krebs dess. 335.
,, Neurosen 336.
,, Oedem 334.
,, Polypen 336.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Schmarotzer im 336.
,, Schwindsucht, tuberkulöse 335.
,, Schwund und fettige Entartung dess. b. Th. 336. Kehlkopfschwindsucht, s. Kehlkopftuberkulose. Keloid d. Haut 715. Keuchhusten 351. Klappenaneurysmen 460. Klappenfehler des Herzens 451. Klappenvegetationen 460. Klauenseuche 92.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bösart. d. Schafe 724.
Kleienflechte 698. Knickungen des Darmes 575. Knisterrasseln 381. Knochen, Bindegewebsneophiten ders. 695.
,, Brand 695.
,, Brüchigkeit 166.
,, Carcinom 696.
,, Concretionen 696.
|
Knochen Cysten 696.
,, Erkrankung, typhil. drs. 104. ,, Erweichung ders. 168. ,, Fibroide d. 695. ,, Geschwülste, carvern.d.696. ,, Hautentzündung 692. ,, Krankheiten ders. 692. ,, Neubildungen 695. ,, Tuberkel 696. „ Vereiterung 693. Knotenausschläge, e. Lupus. Knötchenausschlag 706. Köker unter den Pferden 572. Kolik 568.
Anhäufungskolik 570. Ueberfütterungskolik 570. Verstopfungskolik 570. Windkolik 570. Wurmkolik 570. Koller, s. Dummkoller.
,, rasender 178, 195, 261. Kondylome, s. Condylome. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; breite 103.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; spitze 103.
Kopfkrankheit der Rinder 323. Kothbrechen 561. Kothfistel 545, 561. Kotlisteine 565. Kratzexanthem 716, 717. Krätzcachexie 718. Krätze 717. Krätzeexanthem 717. Krätzmilbe 717.
Krankheit, englische, s. Rhachitis. Krankheiten, allgemeine, s. Infections-krankheiten und allgemeine Er-nährungsstörnngen. Krase, bydrämische, s. Hydrops. ,, hydropische, s. Hydrops. Krebs des Bauchfelles 578. ,, des Darmcanals b, M. 553. „ ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; b. Th. 555.
,, des Gehirns 212. ,, der Harnblase 641. ,, des Herzens 471. ,, des Herzbeutels 471. ,, des Kehlkopfes 335. ,, des Larynx 335. ,, der Leber b. Menschen 597. ,, ,, ,, b. Thieren 599. ,, der Lunge 422. ,, des Magens b. Menschen 524. ,, ,, ,, b. Thieren 527. ',, der Nieren beimMenschen 628. ,, „ ,, bei Thieren 629.
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743
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Index.
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Krebs des Nierenbeckens 638.
,, des Oesophagus 509.
„ der Ovarien 659.
,, der Pleura 440.
,, des Rückenmarks und seiner Häute 293.
,, des Uterus 667. Krebsmarasmus 526, 668, 669. Kreuzdrehe 295. Kreuzlähmung 311. Kriegstyphus 4. Kropf 491. Kuhpocken 87. Kuhpockenimpfung, Geschichte ders.
87, 88. Kuhpockengift 89. Kupferrose, s. Acne rosacea.
Ii.
Lahmheiten d. Th. 681. Lähmung der Blase 646. ,, halbseitige 183. ,, hysterische 313. ,, peripherische 313. ,, rheumatische 681. ,, spinale 294. Lähmungskrankheit der Zugpferde
309. Lageanomalieen des Herzens, s.
Ektopie des Herzens. Lageanomalieen des Uterus 670. Lämmergrind 709. Lämmerlähme 679.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;krampfhafte, s. Starr-
krampf der Lämmer. Lämmerruhr 57, 517, 545. Landscorbut 145. Laryngismus stridnlus, s. Spasmus
glottidis. Laryngitis, s. acuten Kehlkopfcatarrh. Laryngophthisis 335. Laryngostenose 334, 335, 336. Laryngotyphus 33fi. Laune, s. Staupe d. Hunde. Lauterstall 153.
Leber, Abscesse ders. 585, 586. ,, Anämie 583.
,. apoplectische Heerde ders .584. ,, Atrophie (acute, gelbe) 601. ,, Brand 593.
„ Degeneration (amyloide) 595. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(fettige) 593.
„ Echinococcen 608, 609.
|
Leber, Echinococcengeschwulst, mul-tilocnlare ders. 609. Entzündung (interstitielle) 587, 589. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(metastatische)
584, 593. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (parenchymatöse)
584. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (syphilitische)
106, 587. Formanomalieen d. gelappte 587. granulirte 588. Hämorrhagieen in die Substanz
ders. 583. Hyperämie 582. Jaucheheerde metastatische d.
593. Krankheiten 582. Krebs b. Menschen 597.
„ b. Thieren 599. Muskatnuss- 582. Neubildungen ders. 593. Parasiten ders. 608. Schmelzung, acute der 601. Tuberkulose 601. Lebercirrhose 588. Leberegel 132, 609. Leberhülse, Entzündung ders. 584. Lebernarbe 586. Leberverschwärung 593 Lecksucht der Kühe 536. Lepra, s. Aussatz. Leuchämie 132.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;lienale Form ders. 132.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;lymphatische Form dera.
133. ,, beim Pferde 136. Leucocythämie, s. Polylencocytosis. Leucorrhoe, s. Fluor aäbus. Liehen 706.
,, lividus 704. Lienterie 543. Lipoma des Gehirns 213. Lippengrind d. Pf. 710. Löserdürre, s. Rinderpest. Löserverstopfung 728. Luftgehalt, verminderter der Lungen-
alveoleu 360. Luftröhre, Catarrh ders. 338.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Group der 330.
Lumbago 682. Lungen, Abscess ders. 375. ,, Apoplexie 369, 370. ,, Atelectasie 360.
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Index.
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749
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Lungen, Atrophie ders.
Blutstockungen 364. Blutungen 368. Brand 376, 390.
,, bei Thieren 371. Cirrhose 377, 385. Callapsns, Compression 360. Emphysem ders. 356. Entzündung 371.
„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Thieren 377,
383. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (chron.) 386.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (croupöse) 371.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (hUerstit.) 385.
Padenwurm 132. fremde Körper in dens. 423. Hyperämie b. Menschen 363.
,, b. Thieren 367. Hypertrophie 354. Hypostase 16, £64, 365. Infarct 369. Krebs 422. Metastasen 389. Miliartuberkulose (acute) 413. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (chron.)
391. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;d. Thiere
394. ,, Oedem, entzündliches 365,
367. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nicht entzündliches
367. ,, Parasiten ders. 423. ,, Tuberkelinfiltration 410. Lungenbrand 376, 390. Lungencatarrh 385. Lungencollapsus 362. Lungenparenchym, Krankheiten dess. 354. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Pigmentinduration
dess. 354. Lungenrotz 414. Lungenseuche des Rindviehs 68.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Geschichte ders. 71.
Lungenwurmkrankheit 349. Lupus 158, 714.
,, exfoliativus 714. ,, exnberans 715. ,, exulcerans 715. ,, hypertrophicus 715. Lymphdrüsenentartung 490. Lymphdrüsenentzündung 112, 488,
489. Lymphdrüsenkrebs 490.
|
Lymphdrüsentuberkulose 490. Lymphgefässentzündung 112, 488. Lyssa 249.
in.
Maculae syphiliticae 103. Mähnengrind d. Pf. 710. Magen, Blutungen ds. 523, 526, 534. Carcinom 524. Catarrh (acuter) 510.
,, (acuter der Einder)
516. „ (chron.) 728. Concremente 534. Drüsenneubildungen des 528. Entzündung (croupöse und
diphtheritische) 520. Entzündung des submukösen
Gewebes 521. Erosionen, hämorrhagische
13, 514. Erweiterung 530. Fettneubildungen am 528. Geschwür, rundes, perforiren-des 521. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bei Thieren 523.
Inhalt, Abnormität.dess. 532. ,, AnhäufungT.Luft532. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;v.Blut534.
Kolik 517. Krampf 535. kranker 511. Krankheiten 510. Neubildungen am 524. Papillargeschwülste 529. Parasiten dess. 534. Perforation 523. Pigmentbildungen des 528. Verengerung (Kleinheit) 530. Magenerweichnng 514. 529.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gallertart. 513, 529.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;schwarze 513, 529.
Magenerweiterung 530. Magengeschwür 521. Magenhernien 531. Magenkoller 274. Magenkrebs bei Menschen 524.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Thieren 527.
Magenpolypen, s. Neubildungen des
Magens. Magenruptur 531.
Magenschleimhaut, croupöse u. dyph-tberitische Entzündung drs. 520.
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744
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Index.
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Magenschleimhaut, Hätnorrh. d. 534. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hyperämie, s.
acuten Mageneet. Magenseuche der Schweine 518. Magenstrictur 522.
„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; krebsige 526.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; narbige 522.
Magentuberfcel 528. Magenwände, Hypertrophie ders. 531. Makrocephalie 207. Maladie de bois 542. Malariafieber d. Menschen 35.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;d. Thiere, s. intermit-
tirendes Fieber d. Th. Malariagift 36, 40. Malariasiechthum, chronisches 40. Malum Pottii 291, 696. Mandelbräune, s. Amygdalitis. Mania erethica sensilis 245. ,, religiosa 244, 245. ,, intermittens 246. ,, puerperalis 222, 245. Manie, idiopatische d. Menschen 219. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; d.Pf.,chron.226.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;acute 233.
,, die vom Colonausg. d.M. 239. ,, die vom Genitalapparat ausgehende d. M. 241. ,, sympathische d. Menschen 233. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Thiere 246.
Markflüssigkeit 166. Masern der Thiere 75.
,, der Schweine 147. Mastdarm, Blutungen dess. 565. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Catarrh 539.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; catarrhalische Entzünd-
ung dess. 539. Mastdarmcarbunkel, s. Anthrax hä-
morrhoidalis. Mastdarmkrebs 553. Mastdarmvenen, Vericositäteu ders.
565. Mauke der Pferde 710. Maulanthrax, s. Stomanthrax. Maulgrind 709. Maulhöhle, Catarrh ders. 495.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Diphtheritis ders. 496.
Maulgrind 709. Maul- und Klauenseuche 92. Mehlflechte 698. Melanämie 33. Melancholie 233 ff.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;religiöse 242, 244.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;aus Onanie 242. 243.
|
Melancholie in Folge der menstruatio suppressa oder irre-gnlaris 243. Melanicterus 604.
Melanose, diffuse d. Darmcan. 553. Melanotische Geschwülste am Darm-
canal der Pferde 553. Meliturie 148. Meningitis bei Thieren 194. acute b. M. 192.
,, b. Th. 195. cerebrospinalis 191. chronische b. M. 192.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;b. Th. 195.
epidemische 191. spinalis 291. syphilitica 191. tuberculosa 197. Menschenpocken 76. Mentagra 712. Mesarteriitis 473. Mesenterialdrüsen, Abscess d. 558.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Infiltration, typh..
ders. 9. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Tuberkulose 558.
Mesophlebitis 473. Meteorismus, s. Gasanhäufung im
Darmcanal. Metritis chronica 665.
,, parenchymatosa 660. Metrophlebitis 665. Metrorrhagie 699. Mikrocephalie, partielle 207. Milchknoten 673. Miliaria 722. Miliariabläschen 722, Milz, amyloide Entartung ders. 61K ,, Atrophie ders. 612. ,, embolische Heerde ders. 611. ,, Erweichung ders. 612. ,, Krebs ders. 611. ,, Neubildungen selbständige d.
612. ,, Parasiten ders. 612. ,, Sago- 611. Milzbrand 17. Milzbrandblut 18. Milzbrandblutschlag 22. Milzbrandcarbnnkel 21. Milzbrandfieber 17. Milzbraudformen, apoplectische 22. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;spinale 22.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;furibunde 23.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;intermittirende 23.
Milzkrankheiten 610.
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Index.
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745
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Milz tumor b. Infectionskrankh. 611. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;b. Leuchämie 134, 611.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;b. Melanamie 34, 611.
Miserere, s. Kotherbrechen. Mitralklappe, Insufficienz d. 454. Monatsreiterei 248. Morbilli, s. Masern, Morbus Brightii (acutus) b. M. 616, ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,, (chron.) b.M. 619.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,, b. Th. 624.
,, maculosus d. Schweine 23. ,, niger Hippocratis 564. ,, sacer, s. Epilepsie. Mundaffectionen, scorbutische 499. Mundcatarrh 494. Mundfäule, s. scorbutische Affection
der Mundschleimhaut. Mundhöhle , Krankheiten ders. 494.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen ders. 499.
Mundschleimhaut, Affectionen ders. (scorbut.) 499. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(syphiiit.) 104.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Catarrh ders. 494.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Cronp 495.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kntzündg, (diph-
theri tische) 495. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Geschwüre 104,
496, 499. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten 104,
Mundsperre, s. Trismus. Muscardine 9. Muskatnussleber 582, Muskelanämie 685. Muskelatrophie 685.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; progressive 172.
Muskeln, Blutungen in den 685. ,, Entzündung d. 685. ,, Hypertrophie 684, ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Parasiten 687, 688.
Muskelerkrankung, syphiiit. 106. Muskelrheumatismus 680. Muskel, Carcinom des 686. ,, Cysten im 686. ,, Fettgewebe im 686. ,, Knochengewebe im 686. ,, Nenbildnngenim686. ,, Pigment im 686, ,, Eotzneubildung des 686. ,, Rotzinfiltration des 686, ,, Teleangiectasieen im 686. ,, Tuberkel des 686, Muttermäler 714.
Muttermund, Geschwüre dess. 660. Mutterscheide, Krankh, ders, 670, ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Catarrh, acuter, 671.
|
Mutterscheide, Catarrh chron. 671, ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen ders.,
croup.u. diphther.671. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lageveränderung der
673. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen der 672.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Parasiten der 672.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Tripper, virul. 672.
Myelitis 292. Myelomalacie, s. Erweichung des
Rückenmarks. Myocarditis 462.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bei Thieren 464.
m.
Nachtripper 656. Naevus lipomatodes 714.
,, mollusciformis 714. Nagen der Kühe, s. Lecksucht, Nasenbluten 316. Nasencroup der Rinder 323, Nasenhöhle, Krankheiten ders. 316. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildungen ders, 324.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Parasiten ders. 325.
Nasenpolypen 324. Nasenschleimhaut, Blutungen ders. '316. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Catarrh 317.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,, acuter
317. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,, chron.
317. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Croup ders. 319,
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Diphthcritis ders.
319. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fettgeschwülste
ders. 325. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Folliknlarver-
schwärung d. b. Pf. 319. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krebs ders. 325.
Nase, schwedische 713. Nebennieren, Krankh. ders, 634. Nekrosis der Knochen 695. ,, syphilitische 106. ,, partielle des Gehirns 202. Nephritis acuta 616. ,, crouposa 616, ,, desquamativa 621. ., interstitialis 625, 626. ,, parenchymatosa 619. ,, vera 625. Nervenerscheinungen, schwere bei Pneumonieen 14, 15.
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#9632;
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746
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Index.
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Nervenfieber b.M. 5, b. Th. 14. Nervensystem, Erkrankungen des 173. Nesseln 706.
Nesselaussehläge bei Tb. 707. Netzkrebs b. Menschen 579.
,, b. Thieren 579. Neubildungen, s. die einz. Organe. Neurosen der Blase 646.
,, des Herzens 471. Nieren, Abscesse ders. 626, 627. Anämie 615. Apoplexie 615. Atrophie 630. Blutungen 615. Carcinom 628.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bei Thieren 629.
Cysten 629.
Degeneration (speckige) 627. Difformitaten4630. Echinococcen 632. Entzündung (croupöse) 616. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(interstitielle)
625, 626. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(parenehymat.)
619. Harnsäureinfarct ders. 631. Hyperämie 614. Hypertrophie 630. Infarcte 631. Kalkinfaret 631. Krankheiten 614. Lageanomalieen 630. Mangel einer 630. Neubildungen der 628. Parasiten 631. Steine 631. Tuberculose 629. Vereiterung 626, 627. Nierenbecken, Concremcnte(steinige) 638. Entzündung dess. 637. Erweiterung 636, 637. Krankheiten 636. Krebs 638.
Neubildungen des 638. Parasiten des 638. Tuberkulose 638. Nierenkolik 638.
Nierenphthise, s. Nierenvereiterung. Noma 498, 499, 714.
o.
Oberkieferhöhle , catarrhalische Affection der Schleimhaut ders. 318.
|
Oedem der Stimmritze 334. Oestrus equi 717. Oesophagus, Carcinom dess. 509. ,.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Divertikel 508.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündung (croupöse)
508. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (catarrh.)
508. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(pustulöse)
508. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Erweiterung (partielle,
totale) 508. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fibroide 509.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lähmung dess. 510.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen 509.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neurosen 509.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Perforation 509.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Polypen 509.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rupturen 509.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Stricturen (krebsige)
509. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (spastische)
510. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verengerung 508.
Ohrspeicheldrüse, s. Parotis. Oidium albicans 497. Oligocythämie, s. Chlorose. Onania 243. Oophoritis 656.
,, peritonaealis 657. ,, puerperalis 657. Opisthotonus 298. Orchitis metastatica 649. ,, syphilitica 649. Ossification, mangelhafte(b.Rhachitis)
169, 170. Osteomalacia 168. Osteophiten 693. Ostitis 693.
Ovarium, Abscesse dess. 657. ,, Alveolarentartung 657. ,, Carcinom 659. ,, Cysten 657. ,, Cystosarkom des 658. ,, Dermoidcystcn 638. ,. Enchondrom 658. ,, Entzündung 656. ,, Fettcyste 658. ., Geschwülste, s. Neubildgn. d. Eierstocks. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;multiloculäre
des 658. ,, Hydrops 658. ,, Krebs 659. ,, Myom des 658.
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Index.
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747
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Ovarium, Neubildungen (complicirte) 657. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(cystoide)
657. ,, Sarkom des 658, Ovula Nabothii 667. Ozaena d. M. 324. ,, syphilitica324.
|
Pfropfbildung in den Arterien, g. Thrombose im Ge-fässsystem. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; in d. Venen, s. Throm-
bose im Gefasssyst. Pharyngitis, s. Rachenentzündung. Phimosis 101, 653. Phlebitis adhaesiva 140.
,, suppurativa 139. Phlegmasia albadolens481, 486, 487. Phlegmasie granuleuse 504. Phlogose im Gefasssystem 472. Phthisis, s. Vereiterung der einzelnen Organe. ,, pituitosa 343. Pia mater, Entzündung ders. 191. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;acute 192.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;chronische 192.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;eitrige d. M. 191.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;tuberkulöse 197.
Pigmentbildung im rete Malpighii
715. Pigmentinduration , braune d. Lunge
354. Pigmentleber 597. Pigmentmangel im rete Malpighii
701. Pilzbildung in d. Haut 716. Piquüre 149 Pityriasis 698.
quot;,, d. Thiere 698 Pleura, Blutaustritt aus d. 427, 434. 446. ,, Brand ders. 435. ,, Entzündung ders. 425. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(lentescirende,
s. chronische). ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (paTenchymat.)
429. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (primäre) 426.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (secund.) 433.
,, Fettgewebe unter der 439. ,, Krankheiten ders. 425. ,, Knochenneubildungen auf
ders. 440. ,, Krebs 440. ,, Luftaustritt aus ders. 441. ,, Neubildungen 435. ,, Parasiten ders. 446. ,, Tuberkulose 440. ,, Vereiterung 435. ,, Wassersucht 444. Pleuritis acuta 426. ,, chronica 430. ,, fibrinosa 428.
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V,
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Pachydermie 190. Pachymeningitis 190. Paedarthrocacen 164, 165. Paedatrophle 544. Paraphimosis 101, 653. Paraplegic 294. Parasiten der Haut 716. Parotis, Entzündung ders. 501. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (idiopathisehe)
501. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (metastatische)
501. ,, Neubildungen ders. 502. Pemphigus 711.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; chronicus 711.
„ foliacius 711. Periarteriitis 472. Pericarditis 465.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;b. Thieren 468.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; chronica 468.
Pericystitis 641. Perihepatitis syphilitica, s. Hepatitis
syphilitica. Periost, syphilitische Erkrankung
dess. 104. Periostitis 692. Periphlebitis 472. Peritonäum, s. Bauchfell. Perityphlitis 545. Perlsucht der Rinder 435. Petechialfieber der Thiere 13.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Schweine 145.
Petechialtyphus d. Menschen 13.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;d. Pferde 12.
Petit mal, s. Epilepsie. Pfeiferdampf 329, 336. Pfortader, Entzündung ders. adhäsive
587.
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suppura-tive 52.
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Thrombose 52.
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748
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Index.
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rieuritis haemorrhagica 427, 426. ,, secundäre 434. ,, seroso-fibrinosa 428. ,, sicca 429. ,, der Thiere 428, 432. Pleurothotonus 299. Plica polon;ca 723. Pneumohamorrhagie 368. Pneumonia catarrhalis 385. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; chronica 386.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; crouposa 371.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;hypostatica 365.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;infantum 385.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; interstitialis der Rinder
69, 388. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; d. M. 385.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; d. Pf. 387.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; lobularis 385.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; raetastatica 389.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nervosa 14, 15.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; notha, s. Hvpostase.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;scrophulosa 410.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bei Typhus 16.
Pneumopyothorax 376, 443. Pneumorrhagie 368, 391. Pneumothorax 391, 441. Pneumotyphus 7. 16. Pocken 76.
Pockendelle, s. Pockennabel. Pockenepidemieen 77, 83, 88. Pockenexanthem 7 7, 78. Pockennabel 78. Pockennarben 7 8. Pockenpapeln 77. Pockenpusteln 78. Pocken der Schleimhäute 78. Pollutiones diurnae, nocturnae 655. Polycholie 610. Polyleueocytosis 128. Polypen, s. die einz. Organe.
,, fibrinöse des linken Herzens und der arteriellen Ge-fasse bei Pneumonie 378. ,, des Uterus, s. Neubildungen des Uterus. Pompholyx 711. Porzellanfieber 706. Processus vermiformis, Entzündung
u. Perforation d. 545. Prolapsus uteri 670. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; vaginae 673.
,, vesicae urinariae d. M. 642. Prostata, Atrophie 652.
,, Erkrankung d. 652.
|
Prostata, Hypertrophie 652.
,, Krebs 652.
,, Steine 652.
,, Tuberkulose 652.
,, Vereiterung 652. Prurigo 706. Psoasabscess 685. Psoriasis figurata 699.
,, guttata 699.
,, nummularis 699.
,, orbicularis 699.
,, palmaris 699.
,, plantaris 699.
,, scutellata 699.
,, syphilitica 103, 104, 699.
,, bei Thieren 699. Ptyalismus, s. Speichelfluss. Pubertätschlorose 129, 130. Pulmonalarterie, Aneurysmen ders.
399. Purpura 14 7.
,, papulosa, s. Liehen lividus. Pustel, atheromatöse 473. Pustelausschläge 709. Pyämiel39. Pyelitis 637. Pylorus, Stenose dess. 526.
,, Strictur 527. Pyopneumothorax, s. Pneumopyothorax. Pyothorax, s. Empyem.
Q'
Quaddeln 705. Quaddelaiisschläge 706.
R.
Rachen, Croup dess. 505.
,, Entzündung (croupöse) 505.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(di3hther.)505.
'b. Th. 506.
„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(catarrhalische)
502. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(scarlatinöse)
505. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(syphilitische)
507. ,, Geschwüre (follieuläre) 503. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (syphilit.) 507.
,, Krankheiten 5C2. ,, Neubildungen im 507. ,, Polypen 499. ,, Schmarotzer im 507.
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Index.
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749
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Earefaction d. Knochens, s. Knochen-
briichigkeit. Räude 718, 719. Räudemilben 718, 719. Reactionsphänomeneb.Apoplexiel80. Regenfäule 708. Rehe 678.
Reiswasserstiihle 63. Respirationsorgane, Blutungen ders. 368. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Erkrankungen
der 316. Retroperitonaealdrüsenkrebs b. M. u.
b. Th. 490. Eetropharyngealabsccsse 507. Revaccination 90. Ehachitis 169.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;b. Thieren 171.
Rhagaden 109. Rheumarthritis 676. Rheumatismus 676.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; articulorum (acutus)
676. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (chron.)
680. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; muscularis 680.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; musculorum lumba-
lium, s. Lendenweh. Rinderpest 45.
,, Darmaffection in d. 547. Rotz 112. ,, acuter 320. ,, epizootischer 112. ,, Geschwür 116. ,, Impfung 121. ,, infiltrirter 116, 117, 120. ,, Infiltration der Lunge 118. ,, Krankheit des Menschen 123. ,, Neubildung 113. ,, Narben 117. ,, Schwielen 117. ,, spontanerdes Menschen 124. ,, Tuberkeln 115. Rotzwucherung 116. Roseola syphilitica 105. Rothlauf 702. Ruhr 45. ,, catarrhalische 543. ,, weiss u. rothe 58. ,, putride u. septische Form ders.
58. ,, der Thiere 57. Rupia 711. Russ der Ferkel 710. Rückenblut 565.
|
Rückenmark, Atrophie dess. 292.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Blutaustretungeu in d.
292. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Consistenzverminder-
ung dess. 292. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Erweichung dess. 292.
i,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hypertrophie dess. 292
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krebs 293.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Parasiten 293.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Tuberkulose 293.
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sect;.
Sarcocelc 104.
Sarcoptes hom. u. equi 717.
Säuferleber 588.
Schafpocken 83.
Schafrotz 319.
Schale der Pferde 692.
Scham, äussere, Erkrankungen ders.
673. Scharbock 144. Scharlach d. Th. 76. Schilddrüse, Krankh. ders. 491. Schmutzflechte 711. Schornsteinfegerkrebs 653. Schutzblattern 89. Schutzmauke 710. Schwindel 286.
,, bei Thieren 287. Scorbut 144.
,, bei Thieren 145. Scrophula adultorum 160, 162. Scrophulosis 156.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Thieren 163.
Sebonhoea 723. Seelenstiirungen 218 ftquot;. Seescorbut 145. Seuche des Hundes 345.
,, der Katze 345. Soor 497.
Soorpilze im Magen 534. Spasmus glottitis 337. Spat der Pferde 692. Speckleber 595. Speicheldrüsen, Erkrankungen ders.
501. Speichelfistel 502. Speichelfluss 502. Speichelsteine 502. Speiserühre, Erkrankungen ders. 508.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Divertikel d. 508.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Durchbohrung d. 509.
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750
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Index.
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Speiserühre, Entzündung d. 508. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Erweiterung d. 508.
„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hyperkinese d. 510.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lähmung d. 510.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildungen d. 509.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neurosen d. 509.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ruptur d. 509.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Schmarotzer d. 509.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verengerung 508.
Spermatorrhoea 655, 656. Spina bifida 291. Spitzpocken 92. Starrkrampf d. M. 295.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; idiopathiseher d.M. 296.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; d. Th.300.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Neugebomen 296.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; traumatischer 296.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Hunden 305.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Rindern 304.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Schafen 304.
Starrsucht 285. Staupe der Hunde 345. Stenose derHerzostien 451, 454,455. 456. „ des linken venösen Ostiums b. Schweinen 457. Stetigkeit der Pferde 287. Strahlkrebs 716. Strengel d. Pf. 317. Stomanthrax 23. Sudamina 722. Sykosis d. M. 712. Syphiliden 103. Syphiloiden 110. Syphilisation 99. Syphilis 93.
,, Geschichte ders. 93—98.
,, primäre 100, 115.
,, secundäre 105.
,, tertiäre 106.
,, der Thiere 110.
,, vererbte 110.
|
Tetanus neonatorum der Thiere, bes. der Lämmer 304. ,' toxicus 297. Traberkrankheit d. Schafe 305. Traberausschlag des Rindes 708. Trichina spiralis 690. Trichiniasis 691. Trismus 301.
Thrombose im Gefässsystem 472. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Amputations- 484.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Compressions- der Arte-
rien u. Venen 482. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Dilatations- 483.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;marantische 481.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;puerperale 485.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;traumatische 483.
Trommelsucht d. Wiederkäuer 533. Tuberkulose, acute d. Menschen 413. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;chronische der Lungen
d. M. 391. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;infiltrirte der Lungen
d. M. 410. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;infiltrirte der Lungen
des Rindes 412. Typhlitis, s. catarrhal. Entzündung
der Blinddarmschleimhaut. Typhus 1.
,, abdominalis 5.
,, der nutzbaren Haussäuge-
thiere 1. ,, exanthematicus S, 4. ,, Geschichte des 4. „ pathol. Anatomie 6. 8. Typhusgift 2, 3.
u.
ülcus syphilit. prim. 104.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,, cutaneum 106.
Unterhaut, Infiltration ders. 413. Uterus, Catarrh d. 659.
,, ehren. 660. Cysten u. Cystosarkom des
667. destruet. Vorgänge im 665. Diphtheritis 661. Entzündung, parencbym. des
660. Fettbildnng im 667. Fibroide des 666. Gasansammlung im 670. Geschwür des, catarrh. 660. „ folliculares 660. ,, granulirtes 660.
|
||
T.
Tabes dorsnalis d. M. 306.
,, infantum 558.
,, meseraica 6, 558. Talgfiuss 723. Taenia mediocanellata 689.
,, solium 688. Teigmaul 709. Tetanus 295. Tetanus neonatorum 296, 299
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Index.
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751
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Uterus, Inhalts-Abnormitatond. 669.
„ inversio des
,, Knochenneubildgn. des 667.
,, Krankheiten des 659.
„ Krebs d. 667.
,, Lage-u. Formveränderung d. 670.
,, Neubildungen des 666.
,, Pigmentirung ces 667.
,, Putrescenz des 661.
,, Trennung des Zusammenhanges des 671.
,, Tuberkel des 669.
,, Verschluss und Verwachsung des Orificium des 671.
,, Vorfall 670.
,, wässrige Producte im 670.
|
w.
Wahnsinn, religiöser 225. Waldkrankheit 542. Wasserkopf, hitziger der Kinder 198. Wasserkrebs 498. Wechselfieber, s. Malariafieber. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; comitirtes 42.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; einfaches 38.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; epidem. Auftreten d.
36. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; perniciöses 42.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; sporadisches 37.
Weichselzopf 723. Wetzkrankheit 305. Wurm (d. Haut) 112, 122, 123. Wurmfortsatz, catarrh. Entzündung
dess. 539, 545. Wnth d. Th. 249.
,, acute 249. ,, miasmatische 256. ,, paralytische 249. ,, rasende 249. ,, spontane 256. ,, stille 249. ,, tolle 249. ,, traumatische 249. ,, ursprüngliche 256. des Menschen 264.
|
||||
V.
Vaccina 89. Vacciola 88. Varicellen 92.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;d. Th. 92.
Variolae confluentes 78.
,, cruentae 78.
,, discretae 78.
,, emphysematicae 78.
,, gangraenosae 78, 81.
,, lymphaticae 78.
,, serosae 78.
,, verae, s. Menschenpocken.
,, verucosae 78. Varioloides 82. Variolois 76, 77. Veitstanz grosser 283.
,, kleiner 283.
,, Sydenham'scher 283,
,, d. Thiere 285. Venensteinchen 488. Virus syphiliticum 99—101. Vorderbrand 147. Vox cholerica 66. Vögel, Krankheiten der 17, 19.
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X.
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Xanthopsie 604.
z.
Zahnkrankheiten 697. Zelleninfiltration, Durand-Fardel'sche
des Gehirns 200, 203, 233. Zuckerharnruhr 148. Zucker im Harn der Menschen und
Thiere 633. Zunge, Epithelialkrebs der 500.
,, Faserkrebs der 500.
,, Mednllarkrebs der 500.
,, Sarkom der, b. Th. 500. Zungenentzündnng 498.
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Namenregister.
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Addison 634.
Alemenar 97.
Andral 423, 480.
Aristoteles 258, 264.
Arnald von Villanova 95.
Asclepiades von Bithynien 264.
Astruc 94.
Avicenna 269.
Bamberger 677.
Bärensprung 78.
Baumgart 323.
Beaumont 510.
Becqnerel 632.
Bernard, Claude 26, 149.
Bizot 447, 473, 480.
Bland 282.
Bochdalek 46, 106, 370, 436, 587.
Bock 358.
Bosquillon 94.
Böttcher 134.
Boulliaud 677.
Bourgignon 718
Brauell 2, 18, 19, 34, 496,550, 551.
Bremser 688.
Breschet 265.
Brown-Séquard 272.
Bruckmüller 261, 263.
Brunner 257.
Bruns 104, 474.
Buchmüller 261.
Buhl 528.
Caelius Aurelianus 257, 264.
Carl, Erzherzog 278.
Catanius de Vigo 95.
Celsus 261.
Chabert 542
Choliac, Guido de 95.
Chomel 504.
|
Choulaut 94.
Claus 145, 146, 147, 707.
Cruveilhier 485.
Demme 295.
Demokrit 264.
Dioscorides 258.
Dittrich 3, 94, 439, 463, 473, 587.
Donders 475.
Dressler 18.
Dupuy 45, 113.
Earle 265.
Ebn Zohr 717, 721.
Eisenmann 393.
Elsässer 171, 529.
Engel, Josef 473.
Erdt 415.
Esquirol 244.
Faber 255, 265.
Fischer 95.
Freind 94.
Frerichs 34, 280, 603, 604.
Friedreich 134.
Froriep 259.
Funke, Otto 34.
Funke 161.
Fürstenberg 18, 607, 718, 721.
Ciauthier 94.
Gerlach 18, 215, 230,287,413,436.
437, 438, 439, 586, 609, 718.
720, 721. Gibert 94. Gibson 206. Girtanner 94. Ginge 375.
Göthe, Wolfgang 315. Gohier 721. Griesinger 4, 153, 191. Grüner 94.
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Namenref'ister.
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753
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Gurlt, 336, 43G, 469, 479 642.
Guyon 25 7.
Ham 656.
Hamilton 282.
Hasse 276, 603.
Haubner 2, 169, 457, 605, 672.
Havemann 721.
Hayne, Anton 261, 564, 571.
Hebra 699, 717.
Heim 88.
Helmont, van 94.
Hensler 94
Hering 154. •
Hartwig 249, 252, 286.
Hescbl 133, 134, 584.
Heusinger XUI—XX, 17,3.1,258,725.
Hilton 690.
Hippocrates 264. 526,
Hirsch 4.
Hunter 109, 258, 265.
Jaksch 3, 212, 213, 331, 429, 522.
Jansen 475.
Jenner 88, 89.
Johnson 257.
Jonston 619.
Julius Caesar 278.
Itersting 4.
Kiwisch v. Hotterau 658.
Kniphof 95.
Külliker 34.
Krause, Otto 3.
Kussmaul 176, 271.
Küchenmeister 688.
liachapelle 282.
Laennec 395, 418.
Lallemand 656.
Larrey 257.
Lebert 359.
Legni 83.
Lehmann 632.
Leisering 2, 113, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 136, 139, 416, 457, 470, 479, 480, 500, 520, 523, 546, 557, 562, 578, 579, 591, 592, 599, 600, 601, 610, 612, 625, 634, 637, 641, 651, 653, 654, 664, 686.
Leubuscher 190. Leuckart, Rudolf 689, 692. Leuwenhoek 656. Leviet 282. Liebermeister 151. Linné 721. Litzmann 280. Lobstein 475, 480.
Gleisberg, vergleichende Fatbolugie.
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Lotze, Heinrich 350.
Iflagendie 255, 265.
Maroc.hetti 266.
Marshai Hall 129.
Manthner v. Mauthstein 410, 411.
Mendelssohn 357.
Merbach, Paul 387.
Meckel, Heinrich 33.
Moses 243.
Moufet 721.
Müller, Franz 599.
Müller, Johannes 391, 436, 551.
Müller in Stolp 289.
Kapoleon 278.
Nasse 188, 245.
Niemeyer 4, 191, 410.
Oppolzer 3, 67, 379. 471. 557, 575.
Owen 690.
Paracelsus, Theophrastus 93, 96.
Peacock 747.
Pieschel, August 169.
Plett 88.
Plutarch 264.
Pollender 2, 18, 19, 34.
Priotsch 558.
Prinz, Carl Gottl. 216,260,515,727.
Prosper Alpinus 257.
Prout 632.
Pury, de 134.
Hanking 447.
Kawitsch 415, 496, 547, 550, 551.
Rayer IX, XII, XIII, XXI, XXIV, 473, 610.
Reich 151.
Reinhardt, Benno 133, 141, 232, 254, 387, 395, 399, 411, 531, 554, 584, 597, 603.
Ribbe 257.
Richter, Herrmann Eberhard 89, 337.
Ricord 94.
Risse 474, 475.
Robin 498.
Roell 1, 2, 11, 12, 46, 49, 50, 58, 172, 287, 288, 320, 428, 436, 479, 496, 523, 527, 528, 529, 541, 542, 549, 552, 555, 563, 579, 586, 592, 599, 604, 625, 629, 659, 716.
Rokitansky 8, 9, 318, 354, 357,396, 410, 417, 422, 459, 470, 474, 475, 521, 524, 525, 529, 530, 539, 540, 556, 578, 584, D87, 601, 602, 631, 642, 668.
Rolotf 415, 418, 420, 421.
Romberg 307.
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Namenregister.
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Rosenkranz 136, 137.
Royston 4 4.
Rnsch 257.
Rust 269, 725.
Rechner 260, 304.
Sanchez 94.
Schaufuss 94.
Schrader 25S.
Schrüiler 33.
Schröder van der Kolk 188, 190, 236,
245, 272. Sommering 206. Shakespeare 278. Sigmund 99, 107, 108, 629. Simon 93, 98. Skoda 406. Spinola 2, 18, 50, 57, 70, 71, 75,
76, 83, 154, 155,162,246,247,
288, 354, 587, 721. Sprengel, Kurt 94. Stokes 406. Strauss 306. Struve 94. Sussdorf 633, 634. Swieten, van 94, 269. Sydenham 94. Tenner 176, 271,272. Theodorich 95. Tessier 124. Thiene 94. Thümmler 457. Tiedemann 473.
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Trautvetter, Eduard 52, 322, 325, 417, 424, 506, 530, 592, C12.
Trautvetter, J. S. 572.
Trolliet 258.
Trousseau 124.
Vella 95, 96.
Velpeau 282
Vernois 447.
Vidal 483.
Virchow, Rudolf, XXI, XXIII, XXV, 18, 113, 125, 132, 133, 134, 141, 169,170, 185, 216, 263, 396,410, 423, 426, 437, 438, 459, 472, 473, 475, 476, 477, 478, 482, 484, 500, 529, 567, 596, 627, 658, 663, 692.
Vogel, Julius 610.
Wagenfeld 230.
Walz, 721.
Wawruch 688.
Weber 46, 69.
Weisshaar 688.
Wichmann 371, 721.
Wirth 71.
Wright 261, 262.
Wunderlich 4, 19, 498.
Xanthos 266.
Ifouatt 257.
Kenker 668, 687, 692.
Ziemsen 191.
Zwinger 265.
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Berichtigungen.
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Paf
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Nameiuegister.
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Rosenkranz 136, 137.
Royston 4 4.
Rusch 257.
Rnst 269, 725.
Rychner 260, 304.
Sanchez 94.
Schaufuss 94.
Schrader 25S.
Schröiler 33.
Sehrödervan der Kolk 188, 190, 236,
245, 272. Sommering 206. Shakespeare 278. Sigmund 99, 107, 108, 629. Simon 93, 98. Skoda 406. Spinola 2, 18, 50, 57, 70, 71, 75,
76, 83, 154, 155,162,246,247,
288, 354, 587, 721. Sprengel, Kurt 94. Stokes 406. Strauss 306. Struve 94. Sussdorf 633, 634. Swieten, van 94, 269. Sydenham 94. Tenner 176, 271,272. Theodorich 95. Tessier 124. Thiene 94. Thümmler 457. Tiedemann 473.
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Trautvetter, Eduard 52, 322, 325, 417, 424, 506, 530, 592, 612.
Trautvetter, J. S. 572.
Trolliet 258.
Trousseau 124.
fella 95, 96.
Velpeau 282
Vernois 447.
Vidal 483.
Virchow, Rudolf, XXI, XXIII, XXV, 18, 113, 125, 132, 133, 134, 141, 169,170, 185, 216, 263, 396,410, 423, 426, 437, 438, 459, 472, 473, 475, 476, 477, 478, 482, 484, 500, 529, 567, 596, 627, 658, 663, 692.
Vogel, Julius 610.
Wagenteid 230:
Walz, 721.
Wawruch 688.
Weber 46, 69.
Weisshaar 688.
Wichmann 371, 721.
Wirth 71.
Wright 261, 262.
Wunderlich 4, 19, 498.
Xanthos 266.
Ifouatt 257.
Kenker 668, 687, 692.
Ziemsen 191.
Zwinger 265.
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-#9632;
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Berichtigungen.
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Druck vou Otlü Wigond in Leipzig.
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