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PATHOLOGIE und THERAPIE
#9632;
FÜR
THIERlRZTE.
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RIJKSUNIVERSITEIT TE UTRECHT
2671 488 5
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i
PATHOLOGIE ünd THERAPIE
PUR
THIERlRZÏE.
Zum Gebrauche bei Vorlesungen und zu eigener Belehrung.
DR. EDUARD HEEING,
Medicinalrath, Professor an der königl. württemb. Thierarzneischule, Mitglied der k. Land­gestüts-Commission ; der kaiserl. Leopold-Carol. Academie der Naturforscher zu llreslau, der Académie impériale de Médecine und der Soc. centrale et impér. de Médecine vétéri­naire, der Société de Biologie zu Paris, der k. Academie der Landwirthschaft zu Turin, der Société vétérinaire de ßelgique,laquo; der physical-medicin. Gesellschaft zu Erlangen, des landwirthschaftlichen Vereins in Württemberg, in Baden, Kurhessen, Hessendarmstadt, Hohenzollern-Sigmaringen Mitglied, der Gesellschaft schweizerischer Thierarzte und des Vereins practischer Thierarzte zu St. Petersburg Ehrenmitglied etc.
Dritte vermehrte Auflage.
; #9632;: : #9632;
STUTTGART.
VERLAG VON EBNER amp; SEÜBERT. 1858.
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-raquo;#9632; raquo;#9632;
Drock der J. B. MotiUr'schon Buchdrnckcrei in Stuttgart.
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Vorrede zur ersten Auflage.
Bei der Herausgabe des vorliegenden Werks hatte ich zunächst das Bedürfniss derjenigen im Auge, welche sich dem Fache der Thierheilkunde widmen wollen. Meine seit 10 Jahren über specielle Pathologie und Therapie gehaltenen Vorträge liegen dieser Ar­beit zu Grunde, die in einem gedrängten Räume das enthalten soll, was die thierärztliche Nosologie mir bekannt Gewordenes darbietet, und die sich von mehreren ähnlichen Werken dadurch unterscheidet, dass sie sich nicht auf eine einzelne Thierart, oder nur die bedeu­tendsten Krankheiten verschiedener Species beschränkt, sondern sämmtliche Hausthiere berücksichtigt und ihre Krankheitsformen (ab­gesehen von den sog. chirurgischen) möglichst vollständig anfuhrt.
Bei der beschränkten Zeit, welche an den meisten Thierarznei-schulen diesem — wichtigsten — Fache gewidmet, und hei der Eile, mit welcher die Bildung practischer Thierärzte meist bestrieben wird, lag es nicht in meiner Absicht, bei der Beschreibung der Symptome und des Verlaufs der Krankheiten so ins Specielle zu gehen, wie dies etwa in einem clinischen Tagebuche am Platze ist; nur bei einigen seltener vorkommenden Krankheitsformen habe ich bestimmte Fälle kurz angeführt. Noch weniger mochte ich in der Therapie die Mittel nach Dosis, Verbindung u. s. w. ganz speciell angeben — oder mit andern Worten R e c e p t e beifügen, sondern Uberliess dies und noch Manches, was weiterer Auseinandersetzung bedürfen könnte, dem mündlichen Vortrag.
Wollen bereits geübtere Practiker sich in diesem Werke hie und
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VInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Vorrede zur ersten Auflage.
da Raths erholen, so setze ich voraus, dass sie aus den aufgeführten Mitteln Recepte erforderlichen Falls zu combiniren und die indivi­duellen Rücksichten zu nehmen wissen. Bei stark wirkenden, oder seltener gebrauchten Arzneien, oder in Fällen,' wo die Dosis oder Verbindung gewisser Mittel von besonderem Interesse ist, habe ich sie angegeben.
Ueber die Eintheilung habe ich wenig zu sagen; sie ist der in meiner Physiologie für Thierärzte (Stuttgart 1832) angenomme­nen Eintheilung analog; beide Vorträge schienen mir auch in der Anordnung des Materials sich aufeinander beziehen zu sollen. Dass dieses System Lücken und Mängel hat, gebe ich gerne zu, allein ich kenne keines, das davon frei wäre.
Meine nahezu 20jährige Wirksamkeit bei der hiesigen Thier-arzneischule, meine Verbindung mit dem landwirthschaftlichen Insti­tute in Hohenheim (von 1824 —1831) und mit dem k. Landgestüte (seit 1834) , so wie das Zutrauen mehrerer grosser Güterbesitzer und einzelner Thiereigenthümer in und ausser Württemberg haben mir hinreichende Gelegenheit verschafft, mit den Krankheiten unserer Hausthiere nicht blos theoretisch bekannt, sondern practisch vertraut zu werden; allein das Feld der Thierheilkunde ist so ausgedehnt und die Krankheitsformen variren nach Klima, Lage, landwirthschaftlichem Betrieb u. s. w. so sehr, dass ich öfters und gerne zu den Erfah­rungen Anderer meine Zuflucht nahm, deren Name in solchen Fällen genannt ist.
Competente Richter sind mit den Schwierigkeiten meines Unter­nehmens bekannt; ihrem Urtheil kann ich daher getrost entgegensehen.
Stuttgart, im Februar 1842.
Hering.
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Vorrede zur zweiten Auflage.
Die günstige Aufnahme, welche dem Torliegenden Werke, insbe­sondere von den Lehrern der speciellen Pathologie an den deutschen und sprachverwandten Thierarzneischulen zu Theil geworden ist, ver­pflichtet mich bei der Bearbeitung dieser zweiten Auflage Allem auf­zubieten , um derselben den bisherigen Beifall zu sichern. In der da­zwischen liegenden Zeit von 7 Jahren hat die Thierheilkunde zwar nur wenige umfassende Werke, welche auf den hier abgehandelten Zweig Einfluss haben, zu Tage gefördert, dagegen hat die bedeutend vermehrte periodische Literatur eine grosse Zahl theils einzelner, theils monogra­phisch zusammen gestellter interessanter Fälle zur Kenntniss gebracht, welche als Bausteine zu einer umfassenden Thier-Pathologie dienen kön­nen. Ich habe sie in der Art benützt, dass ich — wie auch einige Be-urtheiler dieses Werks gewünscht haitten — die Literatur bei den ein­zelnen Krankheitsformen hinzugefügt habe; es wäre jedoch einseitig gewesen, bios die neuere Journalliteratur zu berücksichtigen, desshalb habe ich auch ältere brauchbare oder historisch interessante Arbeiten erwähnen zu sollen geglaubt. Eine vollständige Literatur zu geben, lag um so weniger in meiner Absicht, als ich den Umfang dieses Werkes ohne Noth nicht vergrössern wollte, desshalb sind auch die Citate aus den allgemeinen Lehr- und Handbüchern (deren Titel beinahe bei jeder Krankheitsform hätten wiederholt werden müssen) ganz weggeblieben, und die übrigen Nachweisungen in abgekürzter Weise gegeben worden. (Vergl. das Verzeichniss der Abbreviaturen). Einen grossen Theil der aus ausländischen Zeitschriften entnommenen Citate finden diejenigen, denen diese Journale nicht zu Gebote stehen, im Auszuge im Reperto­rium für Thierheilkunde, dessen zehnter Jahrgang begonnen hat.
Die frühere Eintheilung der Krankheiten ist im Wesentlichen bei-
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Vinnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorrede zur dritten Auflage.
behalten worden; ich kenne die Ausstellungen, welche ihr gemacht wurden, allein da jene nicht das Ergebniss übernächtiger Entschliessung, sondern vieljähriger Ueberlegung war, fand ich keinen Grund, sie dieser oder jener neu auftauchenden Ansicht zu lieb, abzuändern; , dagegen habe ich der genauen Beschreibung der einzelnen Krankheiten und dem speciell therapeutischen Theil alle Sorgfalt gewidmet, und die neuesten Mittel nicht blos an ihrem Orte beigefugt, sondern auch viele derselben selbst versucht, um ihren Werth kennen zu lernen.
Stuttgart, im März 1849.
Vorrede zur dritten Auflage.
Dieselben Grundsätze, welche ich bei der Bearbeitung der zweiten Auflage befolgt habe, sind auch bei dieser dritten Auflage stets im Auge behalten worden; wer die Mühe einer Vergleichung beider nicht scheut, wird sich überzeugen, dass die Fortschritte sowohl der Diagnostik als der Therapie, und besonders der pathologischen Anatomie benützt wor­den sind, um das Werk auf dem Standpunkte zu erhalten, den es seit 16 Jahren in der thierärztlichen Literatur behauptet hat. Durch Einschie-bung kleinern Drucks suchte ich die frühere Bogenzahl einzuhalten, allein bei der grossen Menge von Zusätzen, welche nöthig geworden, und bei der Ausdehnung der Literatur war jene Absicht nicht zu errei­chen; obgleich aber die Bogenzahl sich um 5 erhöht hat, wird doch der Preis des Werks der frühere bleiben.
Möge dieser neuen Auflage der Beifall im gleichen Maase wie ihren beiden Vorgängern zu Theil werden.
Stuttgart, Anfangs Mai 1858.
Hering.
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Inhalts-Verzeichniss.
Einleitung S. 1—7.
Specielle Pathologie und Therapie S. 8—11. Literatur S. 12—14.
ERSTE CLASSE.
Krankheiten des Bildungslebeus S. 15—254.
I.nbsp; nbsp;Ordnung-. Krankheiten der Verdauung S. 15—77.
A. Fehler des Appetits S. 17. a) Mangel an Appetit, b) übermässiger, c) Alienation des Appetits. B. Krankhaft gestörte Aufnahme der Nahrungsmittel S. 19. C. Krankhaft gestörtes Kauen S. 19. D. Krankhaft gestörte Speichelabsonderung S. 20, vermehrte (Speichelfluss), qualitativ abgeänderte. E. Krankhaft gestörtes Schlin­gen S. 22. F. Erbrechen S. 23. 1) bei Schweinen, Hunden u; s.w.; 2) beim Pferde; 3) bei Wiederkauern; 4) Aufhören des Wiederkauens. G. Indi­gestion S. 28. — raquo;Verstopfung des Lösers S. 30. H. Verstopfung S. 31. I. Kolik S. 34, a) wahre Koliken; b) falsche Koliken. .K. Trommelsucht S. 49, a) von grünem, b) von dürrem Futter, c) symptomatische, d) der Käl­ber. L. Durchfall S. 54—raquo;symptomatischer. M. Wurmleiden S. 59. #9830;Würmer im Darmcanal. N. Krankhaft gestörte Gallenabsonde-derung S. 61, a) verminderte, *Gelbsucht; b) vermehrte; c) veränderte, 'Gallensteine, **Egelkrankheit. O. Krankhaft gestörte Verrich­tung der Bauchspeicheldrüse S. 68. P. Vergiftung S. 69, mine­ralische, Pflanzengifte. raquo;Bleivergiftung, enzootische; raquo;raquo;langsame Vergiftung durch Kupfer- (Arsenik) dampf; raquo;raquo;raquo;durch Pöckelbrühe.
II.nbsp; Ordnung-. Krankheiten des Lyraphdrüsensystems S. 78—112. A. Darrsucht der Füllen S. 79. B. Druse S. 83, a) gutartige, b) ver­schlagene, c) bedenkliche, d) Complicationen. C. Eotzkrankheit S. 90, a) chronischer Rotz, b) acuter. D. Hautwurm S. 106. raquo;des Rinds.
III.nbsp; nbsp;Ordnung-. Krankheiten des Bluts und der Blutbereitung S. 112—121.
A. Vollblütigkeit S. 113. B. Blutmangel S. 115. C. Qualitative Veränderungen des Bluts S. 116, a) Uebermaas an Faserstoff, b) wäs­serige Beschaffenheit, c) üebermass In Farbestoff, d) Auflösung, e) Schärfen und zurückgehaltene Auswurfsstoffe.
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Xnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Inhalts-Verzeichniss.
IV. Oriluungr. Krankheiten der Ernährung S. 121—166.
Ä. Uebermässige Ernährung S. 121, a) Fettsucht, b) Hypertrophie. B. Verminderte Ernährung S. 123, a) Abzehrung, b) Schwinden. C. Krankhaft veränderte Ernährung S. 126, a) Bildung von Warzen, Scirrhus u. s. w. *Scirrhus des Laabmagens. **Drüsenkrebs. D. Cache-xien im Allgemeinen, a) Wassersucht S. 129, b) Fäule S. 132, c) Hart-häutigkeit S. 136, d) Markflüssigkeit S. 138, e) Lecksucht S. 139, f) Knc-chenbrüchigkeit S. 142, g) Knochenweiche S. 145, h) Drehkrankheit S. 147, #9830;Bremsenschwindel, i) Finnen S. 155, k) Stiersucht S. 157, 1) Scorbut S. 162, m) Borstenfäule S. 164, n) Schnuffelkrankheit S. 165.
\, Ordnung-. Krankheiten (ehren.) des Athmens nnd der Stimme S. 166-185.
A. Lungensucht S. 167. B. Husten, chronischer S. 172; a) sym­ptomatischer , b) idiopathischer, c) consensueller. C. Lungenwurmhu-sten S. 174. D. Dämpfigkeit S. 177. 'E. Hartschnauf en S. 183. F. Krankheiten der Stimme S. 185.
VI. Ordnung-. Krankheiten der Haut- und Nieren function S. 186—254.
A. vermehrte , B. verminderte oder ganz unterdrückte Absonderungen über­haupt. A. Krankhafte Störung der Haut f unction S. 188—246; a) der Haut aus dünstung, b) der Absonderung des Hauttalgs, #9830;Verstopfung der Talgdrüsen, c) der Epidermis und ihrer Anhänge. #9830;Krankheiten der Haare (Weichselzopf, Ausfallen, Pilzentwicklung u. s. w.) S. 191. #9830;#9830;Schmarotzer auf der Haut (Läuse, Zecken, Milben, Bremsen­larven u. s.-w.) S. 193; d) Chronische H autausschläge S. 198— 246; 1) Knötchenausschläge S. 199 (Hautjucken, Frühlingsausschlag); 2) Tuberkelausschläge S. 200 (des Gesichts, Sclrwielentuberkel, anstecken­der Tuberkel); 3) Nesselausschlag S. 201 (Nesselfieber, Nesselsucht, Buch­weizenausschlag), 4) trockener Hautbrand S. 205; 5) Flechten S. 207 (nasse, trockene Flechten); 6) Schuppenausschlage S. 212 (Kleienausschlag, Schup­penflechten , trockener Sti aubfuss); 7) Borkenausschläge S. 213 (Kleien­grind, Räude der verschiedenen Hausthiere); 7) Schorfausschläge S. 235 (Krustengrind, Pockengrind, Maulgrind); 8) Nässende Ausschläge S. 238 (Raspe, Mauke, ausfallende Mauke, Träberausschlag, Aussatz). B. Krank­hafte Störung der Harnabsonderung S. 246—254; a) Harnruhr; b) Harnverhaltung, c) Unvermögen.^den Harn zu halten; d) Älbuminurie.
ZWEITE CLASSE. . Krankheiten des Bewegungslebens S. 255—569.
A. Vermehrte Blutbe-wegung (Fieber) S. 256; B. verminderte S. 257; C. un-regelmässige Blutbewegung; a) Congestion S. 258, b) Entzündung S. 259, c) Blutung (im Allgemeinen) S. 264.
I. Ordnung. Fleher_S.[266—428.
A.nbsp; Reine Fieber S. 269—278, 1) Entzündliches Fieber S. 270, 2) Schwächefieber S. 273, 3) Aussetzendes Fieber S. 276r
B.nbsp; nbsp;Complicirte Fieber S. 278—428 ; 4) Cat arrhalische Fieber S. 278: a) einfacher, b) chronischer Catarrh; c) Augenseuche, d) bösartiges Catarrh-fieber der Wiederkäuer, e) brandiger Strengel, f) Influenza der Pferde; o) catarrh.-rheumat. Form, jj) gastrisch-ïheum. Form, y) gastrisch-rothlaufartige Form; g) Staupe; 5) Rheumatisches Fieber S. 306; a) acuter.
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Inhalts-Verzeichniss.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;XI
b) chronischer Rheumatismus ; 6) Gastrisches Fieber S. 312; a) Schleim­fieber des Rinds, b) Magenseuche der Schweine, c) Schleimfieber der Hunde ; 7) Gallenfieber S 318. 'Lebertyphus der Schafe. 8) Rothlauffie­ber S. 321; a) einfaches, b) tiefes, c) teigiges Rothlauf, d) bösartiges Rothlauffieber der Schweine und Schafe; 9) Anthraxfieber S. 328. *Milzbrändfieber: a) Milzbrandfieber, b) Milzbrandapoplexie. **Rothlauf-artige Formen: c) brandiges Rothlauf der Schafe und Schweine (Maus, Brennseuche), d) Bräune der Schweine, e) Mastdarmbrand, f) Milzbrand­emphysem, g) Sterzwurm, h) ödematöse Form des Milzbrands. ***Tuber-kulöse und pustnlöse Formen: i) Karbunkel, k) Zungenkrebs, 1) Rankkorn, m) Kropfhrandbeule. ****Miuder bekannte Formen: n) sibirische Beulen­seuche, o) Hühnerpest, p) Milzfäule; 10) Exanthematische Fieber S. 359; a) Maul- und Klauenseuche, Schwämmchen, b) Masern der Schafe und Schweine, c) Scharlachfieber, d) Petechialfieber, e) Pocken: et) der Kühe, ff) der Schafe, y) der Ziegen, é) der Schweine, e) der Hunde, f) der Yögel, r;) Traubenkammkrankheit des Rindviehs. 11) Nervenfieber S. 395; a) Nervenfieber des Pferds von 1804/or,. b) dessgl. von 1813/,,, c) dessgl. von IS24^- d) Lebertyphus der Pferde,'e) Abdominaltyphus, f) Rin­derpest, g) Typhus bei Schweinen, h) bei Hunden, i) bei Katzen, k) bei Kaninchen, 1) Cholera. 12) Eiterungs- oder Zehrfieber S. 423; a) idiopathisches, b) symptomatisches, c) Eiterinfection.
Hraquo; Ordnung-. Entzündungen S. 428—554.
A. Hirnentzündung S. 431, a) peracute, b) acute und halbacute, c) schleichende, d) consensuelle, e) symptomatische. B. Rückenmarksent-zündung S. 444. C. Nervenentzündung S. 445. D. Augen­entzündung S. 445; a) äussere, b) innere, c) symptomatische, d) Augen­entzündung der Stubenvögel. E. Entzündung der Nase S. 455. F.Ent­zündung der Ohren S. 455. G. Entzündung der Zunge S. 455. H. Entzündung der Speicheldrüsen S. 457. I. Entzündung der SchlingwerkzeugeS. 458; a) Bräune, b) Entzündung des Schlun­des. K. Entzündung der Athmungsorgane S. 461; a) des Kehl­kopfs , b) Luftröhrenentzündung (Croup), c) Lungenentzündung; laquo;) reine, (9) catarrh., y) rhenm., S) faulige, a) symptomatische; d) Lungenseuche des Rindviehs, e) Brustfellentzündung. L. Entzündung der Kreislaufs­organe S. 490; a) des Herzens und Herzbeutels; a) bei Pferden, /?) bei Rindvieh; b) Arterienentzündung, c) Venenentzündung, d) Entzündung der Lymphgefässe und Drüsen. M. Entzündung der Verdauungsor­gane S. 497; a) des Magens einmagiger Hausthiere, b) der Mägen und des Darmcanals der Wiederkäuer, croupartige Darmentzündung, c) Lämmer­ruhr, d) Ruhr, e) enzootische Darmentzündung, f) Bauchfellentzündung, a) acute, (9) chronische. N. Entzündung der Leber S. 512, acute, chro­nische. 0. Entzündung der Milz (und Bauchspeicheldrüse) S. 514. P. Entzündung der Harnorgane S. 515;^) Nierenentzündung, b) Blasenentzündung. Q. Entzündung der Geschlechtsorgane S. 520; a) des Schlauclis und Hodensacks, b) der Ruthe, c) der Hoden und Samenstränge, d) des Wurfs und der Scheide, e) des Fruchthälters, et) acute, (i) chronische, f) der Eierstöcke, g) des Euters. R. Entzündung des Hufs S. 533; a) acute, b) chronische des Pferds, c) des Rinds, Schafs, d) Hufseuche des Pferds, e) bösartige Klauenseuche des Schafs. S. Entzündung der Muskeln S. 542; a) allgemeine Muskelentzün­dung, b) einzelner Muskeln (Zwerchfellentzündung). T. Entzündung der Knochen, Gelenke u. s. w. S. 545; a) der Knochen, b) der Bän­der und Gelenke: a) ihcumat., (3) traumat., y) metastatische; c) der Seh­nen und Sehnenscheiden, ü. Entzündung des Zellgewebes S. 551.
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XIInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Inhalts-Verzeichniss.
a) phlegmonöse, b) chronische, c) Metaphlogose, d) .Entzündung der Schleimbeutel.
III. Ordnung:. Blutungen S. 555—570.
A. Blutungenaus denLuftwegenS. 556; a) Nasenbluten, b) Blut­husten. B. Blutungen aus den Verda uungs wegen S. 558; a) aus dem Maule, b) Blutbrechen, c) Mastdarmblntung, C. Blutungen aus den Harn- und Geschlechtsorganen S. 560; a) Blutharnen,
a)nbsp; entzündliches, /?) asthenisches; b) Blutung aus den mannlichen Genita­lien, c) aus dem Fruchthälter, d) Blutmelken. D. Blutung aus der Haut S. 568; a) Blutschwitzen.
DRITTE GLASSE.
Krankheiten des Empfindungslebens S. 570—668.
I. Abth. Krankhafte Störungen des Bewusstseins und der Empfindlichkeit S. 576—638.
I.nbsp; nbsp;Ordnung-. Störungen des Bewusstseins S. 576—618.
A. Schlagfluss S. 572; a) Blutschlag, b) Nervenschlag. B. Schein­tod S. 582. C. Ohnmacht S. 583. D. Koller S. 584; a) torpider,
b)nbsp; erethischer, c) consensueller. E. T ollheit S. 594; a) Stättigkeit, b) Mania puerperalis. F. Catalepsie S. 596. G. Wuth S. 597, *seuchen-hafte. H. Störungen des Gemeingefühls S. 617; raquo;Heimweh, Sehnsucht u. s. w.
II.nbsp; Ordnungr. Störungen der Empfindlichkeit (im engern Sinne) S. 618—630.
A.nbsp; Erhöhte Empfindlichkeit S. 620, Schmerz, a) Lendenweh S. 622.
B.nbsp; Verminderte undalienirte Empfindlichkeit; b) Traberkrankheit S. 623. C. Verminderte oder ganz aufgehobene. Empfindlich­keit, Taubheit; c) schwarzer Staar S. 627.
H. Abth. Krankhafte Störungen der Bewegung von Seiten des Nerven­systems S. 630—668.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . .
III.nbsp; Ordnung-. Krämpfe S. 631—661.
A. Krampf einzelner Glieder S. 633; a) der Augenmuskel, b) der Füsse, c) Convulsionen, d) Zittern, e) Herzklopfen, f) Schluchzen, g) Brust­krampf, h) Krampfhusten, i) Blasenkrampf. B. Lähme S. 639; a) der Lämmer, b) der Füllen, c) der Kälber. C. Starrkrampf S. 645. D. Fallsucht S. 652. E. Schwindel S. 658. raquo;Seekrankheit. F. Veits­tanz S. 660.
IV.nbsp; nbsp;Ordnung-. Lähmung S. 661—668.
A. Lähmung einzelner Theile S. 664. B. Halblähmung S. 665. C. Kreuzlähmung S. 666. D. Rheumatische Lähmung S. 668.
VIERTE CLASSE.
Krankheiten der Portpflanzung, der Entwicklung und Zu-rückbildung S. 669—714.
I. Ordnung-. Krankheiten der G e s c Ii 1 e c ht s Verrichtungen m, S. 670—708.
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Erklärung der Abkürzungen.
YTTT
A. üebermässiger S. 670, B. mangelnder Geschlechtstrieb S. 673, C. Unfruchtbarkeit S. 674, raquo;zu grosse Fruchtbarkeit. D. Oert-'HcheKrankheitenderGenitalienS. 675.; a) Tripper, b) Scheiden-catarrh, c) weisser Fluss, d) Beschälkrankheit des Pferds, raquo;Syphilis, e) Samenfluss, f) Fruchthälterwassersucht, g) Luftans ammlung im Fruchthälter, h) Fehlgeburt, i) Zurückbleiben der Nachgeburt, k) Kalbefieber: a) ent­zündliche; ß) paralytische Form. E. Milchfehler S. 700; a) zu starke, b) verminderte Milchabsonderung, c) wässerige, d) zu gehaltreiche Milch, e) Uebermass von Kalksalzen, f) Neigung zum Gerinnen, g) zähe Milch, h) bittere, i) sonst auffallender Geschmack oder Geruch, k) gelbe, 1) blaue, m) rothe Milch, n) sonstige Veränderungen.
II. Ordniuig'. Krankheiten der Entwicklung und Zurückbil-dung des Körpers S. 708—714.
A. Krankheiten des Foetus S. 709. B. Krankheiten der er­sten Lebensperiode S.709. raquo;Nabelentzündung. raquo;raquo;Zahnen. C.Krank­heiten der zweiten (mittlern) Lebensperiode S. 712. D.Krank-heiten der dritten (letzten) Lebensperiode S. 713. * Maras­mus
Erklärung der Abkürzungen,
Buschnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;= Busch, deutsche Zeitschrift u. s. w. I—III. 1830—32.
N. amp; V.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; = Nebel und Vix, Zeitschrift für Tbierheilkunde. I—XVII.
1834—1851.
Schw.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;= Archiv schweizerischer Thierärzte. I—VII und I—XIV.
1816—1857.
G. amp; H.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; = Gurlt und Hertwig, Magazin für Tbierheilkunde. I—XXIII.
1835—1857.
Rep.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;= Repertor. für Thierheilk. von Hering. I—XVin. 1840—1857.
Kr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;= Central-Archiv u. s. w. von Kreuzer. I—V. 1845—49. und
dessen Central-Zeitung Bd. I—V. Erlangen 1851—55.
Carlsr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;= Thierärztl. Zeitung von Fuchs. I—VII. Carlsruhe 1844—50.
Wiennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; = Vierteljahrsscbrift für wissenschaftliche Veterinärkunde, von
den Mitgliedern des k. k. Thierarznei-Instituts. Jährlich 2 Bände. I—IX. Bd. Wien 1851—57.
Woch.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; = Thierärztliches Wochenblatt von Niklas, jetzt von Adam
redigirt. Neu-Ulm. 1—8 Jahrgang. 1849^—56. jetzt Augs­burg. 1. Jahrgang 1857.
J.Ber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;= Jahresbericht über die Leistungen in der Tbierheilkunde
(als Theil von Canstatt und Eisemnann's Jahresber.) 1841 von Hertwig, 1842—43 von Kuers, 1844 u. 45 von Fuchs, 1846—56 von Hering. Erlangen, jetzt Würzburg.
B. Zfeitschr. = Rychner's Zeitschrift für Bindviehkunde. I. u. H. Jahrgang. 1844—1845. Ausserdem E k e 1' s Mittheilungen österreichischer Veterinäre, Bartel's Organ, Kuers Magazin, rhein. Vet.-Berichte, Meklenb. Jahresberichte.
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XIVnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Erklärung der Äbkürznngen.
Instr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; = Instructions et observations par Chabert etc. Tome I—VI.
Paris 1790—1795.
Rec.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;= Récueil de Médecine vétérinaire (Alfort). Tome I—XXXIV.
Paris 1824—1857.
J. prat.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;== Journ. pratique de Méd. vétér. par Dupuy etc. Paris 1828
—1831.
Lyon.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;= Journal de Méd. vétér. publié A Lyon. Tome I—XHI. 1845
—1857.
Toul.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; = Journ. des Vétérinaires du Midi. Toulouse Tome I—XX.
1838—1857.
Clin.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;= La clinique vétérinaire par Leblanc. Paris 1847.
Belg.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; = Journal vétérinaire et agricole par Brogniez, Delwart etc.
Tome I—VII. Bruxelles. 1842—1848, später als Réper­toire von 1849—51, und jetzt als Annales de M. V. von 1852—57. I—VI. Band.
Vet.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; = The Veterinarian by Youatt, Dick, Percivall. (jetzt an Si-
monds und Morton). Tome XI—XXX. London. 1838—57.
Vet. Reeds. = Veterinary Records by Spooner, Simonds and Morton, Tome I—VI. London. 1845-1850.
Vet. Skr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; = Veterinair-Selskabets-Skrifter. (Von E. Viborg.) 3 Bde. Kio-
benhavn, 1808-1818.
Daen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;= Tidsskrift for Veterinairer of Bendz og Bagge. Kiobenhavn.
I—VBd. 1853—57.
Turinnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; = Giomale di Medicina veterinaria. Red. Lessona, Ercolani,
Pcrosino. Torino. I—VI. 1852—57.
Mail.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; = II Veterinario. Red. Corvini. Milano I—IV. 1854—57. quot;*
Holl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;= Het Repertorium door Gobée en Hekmeijer. I—VII. 1848
—1854. Auch Numan's Magazin I—V. Bd.
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EINLEITUNG.
Leben äussert sich durch Selbstthätigkeit, diese — im Thierreiche — durch Bildung organischen Stoffs, Bewegung, Empfindung und Fortpflanzung.
Der letzte Grund des Lebens ist unbekannt; seine Aeiisse-rungen folgen gewissen Gesetzen und werden durch äussere Einflüsse theils hervorgerufen und unterhalten, theils unterdrückt und gestört, je nach dem Maase der letzteren und ihrem Ver-hältniss zu der Receptivität des lebenden Körpers.
Das einzelne Thier lebt sein eigenthümliches Leben und zugleich das seiner Gattung, wie jedes Organ ein eigenthüm­liches Leben führt und an dem Leben des ganzen Organismus Theil nimmt; das individuelle Leben ist durch die Zeit be­schränkt (Lebensdauer) und endet vermöge dieser Beschränkung durch den sogenannten natürlichen Tod, häufiger aber durch gewaltsame Störung der zum Leben nothwendigen Functionen, nämlich durch Krankheit.
Durch den Tod hört das- Leben unter seiner bisherigen individuellen Form auf; es erhält sich aber innerhalb der Gränzen des Gattungslebens, durch die von ihm ausgegangenen belebten Keime (Nachkommen, Eier, z. B. der lusecten), wäh­rend sein materielles Substrat (Leichnam) der chemischen Zer­setzung verfällt und in die Reihe der ausseien Lebensbedingun­gen für andere Organismen (Pflanzen oder Thiere) zurück tritt.
So lange die dem Individuum nach Gattung, Geschlecht, Alter u. s. w. zukommenden Verrichtungen übereinstimmend, in gehöriger Zeit, Ausdehnung und Aufeinanderfolge vor sich gehen, besteht der gesunde Zustand. Die Fortdauer dieses Zustandes hängt theils von der normalen Beschafifenheit der organischen Kräfte und Materien, theils von der Qualität der äusseren Lebensbedingungen (z. B. Wärme, Luft, Nahrung) ab.
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
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2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einleitung.
Das Gegentheil des gesunden Zustandes ist der kranke, nämlich ein solcher Zustand, in welchem die Harmonie derauf die Erhaltung des Individuums und der Gattung hinarbeitenden Verrichtungen gestört ist. Krankheit ist somit derjenige Zu­stand, in welchem die Form, Lage, Grosse, Structur oder che­mische Mischung, und die Verrichtuug eines oder mehrerer Theile des Organismus (Organe, Gewebe, Flüssigkeiten) von dem Nor­malen abweichen.
Gesunder und kranker Zustand sind zwei, von einander abweichende Richtungen des Lebens überhaupt; auch die Krankheiten folgen gewissen Gesetzen (nach Entwicklung, Ver­lauf, Ausgängen), welche jedoch nur zum Theil bekannt sind. Das eigentliche Wesen der Krankheiten ist aber so wenig genau gekannt, als die Grundursache des Lebens selbst.
(Wenn man daher sagt: das Wesen dieser oder jener Krank­heit bestehe in einer Entzündung, Reizung, Lähmung u. s. w., so hat man blos einer oder einigen der Krankheits-Erscheinungen den Vorzug vor den Uebrigen eingeräumt, ist aber der Sache selbst nicht näher gerückt.)
Krankheits-Ursache. Die Möglichkeit, zu erkranken, liegt schon in der fortwährenden Veränderung des thierischen Körpers selbst, sowie in den Abweichungen, denen die auf ihn einwirkenden äusseren Einflüsse unterworfen sind. Die Krank­heits-Anlage ist somit theils gradweise verschieden (allgemeine, besondere und vorherrschende), theils eine individuelle oder endlich eine generische. Aus letzterer gehen die einer Thier-species eigenthümlichen (zugleich meist epizootischen oder con-tagiösen) Krankheiten (Rinderpest beim Rinde, Rotz beim Pferde u.s. w.) hervor, aus der individuellen dagegen die gewöhn­lichen sporadischen Krankheitsformen. Wie die Krankheits­ursachen öfter in einem beschränkten Räume sich vorfinden (geo­graphische Verbreitung der Krankheiten, Enzootien), so ist die Anlage zu manchen Krankheiten in gewissen Thierfamilien oder Racen vorherrschend (hereditäre oder erbliche Krankheiten).
Der Anlage oder Neigung zum Erkranken stehen die äusse­ren erregenden oder Gelegenheits-Ursachen gegenüber, welche im Conflict mit jener die Krankheit hervorbringen.
Nie oder selten sind alle Theile des Organismus erkrankt, sondern nur einzelne Organe oder Systeme, während die übrigen gesund blieben; es ist daher in dem erkrankten Individuum die
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Einleitung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3
Krankheit und ihr Substrat (das von ihr befallene Organ, Ge­webe u. s. w.) zu unterscheiden.
Wie der Organismus und jeder seiner Theile von Krankheit ergriffen werden kann, so ist er auch im Stande, sie zu besei­tigen (Heilkraft der Natur). Je bedeutendere und je mehrere Functionen in dem erkrankten Körper gesund geblieben sind, um so eher wird es diesem gelingen (theils aus sich selbst, theils unter instinctgemässer Mitwirkung äusserer Einflüsse), die erkrankten Theile oder die gestörten Functionen wieder zum normalen Zustand zurückzuführen. Auf der anderen Seite hat die Krankheit die Tendenz sich auszubreiten und den Anstren­gungen der Heilkraft entgegen zu wirken. Letztere zu unter­stützen, ist das Geschäft des -Heilkünstlers, und um so nöthi-ger, als die gezähmten Thiere sich in einem, von dem ursprüng­lichen, natürlichen, mehr oder weniger abweichenden Zustande befinden.
Die Krankheiten -werden nur durch in die Sinne fallende Erscheinungen (Symptome, Zufälle) erkannt, während der Sitz der Krankheit öfter nicht, und das Wesen derselben nie sinnlich wahrnehmbar sind. Es ist daher zur Erkenntniss einer Krankheit nöthig, die Symptome so genau als möglich zu be­obachten, sie zu einem Ganzen oder Bild der Krankheit zu ver­einigen und aus ihnen, unter Berücksichtigung der Krankheits­ursachen, einen Schluss auf den Sitz und das Wesen der Krankheit zu machen.
Aus der eigenen Empfindung geht das Benehmen des kranken Thiers hervor, welches uns den Mangel der Sprache ersetzen muss (Aussehen, Lage, Stellung, Bewegung, Athmen, Ausflüsse, eigenthümlicher Geruch u. s. w.); diese Beobachtung muss aber vervollständigt werden durch die Untersuchung des Zustands des Kreislaufs (Pulz, Herzschlag), der thierischen Wärme und ihrer Verbreitung, der zugänglichen Höhlen und Canäle (z. B. Maul-, Nasenhöhle u. s. w.), öfters durch absicht­lich erregte Verstärkung der Symptome, z. B. schnelle Bewegung (bei Hinken oder Respirationsfehlern), Husten, Druck an em­pfindliche Stellen u. s. w. Da ferner über das Vorausgegangene die Thiere keinen Aufschiuss geben können, so sind die Per­sonen, welche dies zu thun im Stande sind, darüber zu befra­gen, ihren Aussagen aber, besonders über die nächste Ursache des Erkrankens ist nicht unbedingt Glauben beizumessen. Die
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Anbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einleitung.
genaue Untersuchung der erregenden Ursachen, wo sie entweder noch fortbestehen und in die Sinne fallen, oder sonst zu er­heben sind, ist ein nicht genug zu beachtendes Mittel zur Sicher­stellung der Diagnose, da aus den Ursachen auf die Folgen geschlossen werden kann, auch die Entfernung der Ursachen oft eine wesentliche Bedingung der Heilung ist.
Die eine Krankheit begleitenden Symptome haben nicht alle gleichen Werth und gleiche Dauer; einige derselben sind wesentlich, sie fehlen nie und begleiten die Krankheit meist durch ihren ganzen Verlauf, andere sind zufällig, hängen von individuellen Verhältnissen u. s. w. ab; einige gehen von dem Sitze der Krankheit aus (idiopathische S.) andere von in Mit­leidenschaft gezogenen Organen (sympathische S.); noch an­dere sind blos die Folgen eines Symptomes (z. B. das Ausgehen der Haare an den Backen bei Thränenfluss u. dergl.)
Bei dem Kranken-Examen soll man, um Nichts von einiger Wichtigkeit zu übergehen, eine gewisse Ordnung befol­gen; für dieselbe lässt sich aber kein allgemein gültiges Schema geben, sondern sie muss sich nach den Umständen, der Be-schaflenheit des kranken Organs u. s. w. richten. Indessen kann man immerhin mit der Untersuchung des gegenwärtig vorlie­genden Krankenzustands beginnen, sodann die nicht mehr vor­handenen, vorübergegangenen Symptome, die Dauer der Krank­heit, die früher überstandenen Krankheiten, ihre bisherige Be­handlung und endlich die veranlassenden Ursachen zu erfahren suchen.
Man vei gleicht das hieraus entnommene Krankheitsbild mit ähnlichen aus eigener oder Anderer Erfahrung und stellt zuerst die Diagnose, (Bezeichnung der Art und Weise, in welcher der Lebensprocess krankhaft abweicht), sofort die Prognose oder Vorhersagung, bei welcher besonders zu berücksichtigen ist, wie viel etwa von der eigenen Thätigkeit des Körpers (Heil­kraft der Natur) zu erwarten ist, und in wie weit die äusseren Verhältnisse des Patienten (Stall, Nahrung, Pflege) dieselbe un­terstützen oder hindern können.
Die Prognose ist bei den Thieren um so sorgfältiger ab­zuwägen, als es sich bei ihnen mehr um Wiederherstellung ihrer Brauchbarkeit als um blosse Erhaltung ihres Lebens handelt, und die Wahrscheinlichkeit und Kosten der Heilung mit dem spätem Werth des Thiers verglichen werden müssen.
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Einleitung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5
Heilung ist der Uebergang vom kranken in den gesunden Zustand; da ersterer in einer Beschränkung (Unterdrückung) oder in einer Steigerung der normalen Lebensthätigkeit besteht, so wird die Heilung bald durch Entfernung der beschränkenden Umstände, bald durch Steigerung, Verminderuflg oder endlich durch Abänderung der Thätigkeit des Organismus herbeigeführt.
Die Heilung geht entweder schnell oder langsam vor sich; in dem ersten Falle ist sie oft mit in die Augen fallenden Er­scheinungen (Symptomen der Heilung, Ausleerungen, Crisen) ver­bunden, im andern Falle dagegen, nur durch ein allmähliges Nach­lassen und Verschwinden der Krankheits-Symptome bezeichnet.
Die eigene Thätigkeit des Organismus beseitigt Krankheiten durch Entfernung ihrer Ursachen oder Angewöhnung an diesel­ben; durch Ausgleichung ihrer Folgen mittelst des vom Instinkt geleiteten zweckmässigen Verhaltens (Auswahl des Futters, Ruhe u. s. w.); durch Steigerung oder Mässigung der Thätigkeit, bald in dem erkrankten Theile selbst, bald in solchen die mit ihm nach den Gesetzen der Sympathie oder des Gegensatzes verbunden sind u. s. w. (Naturheilung). Die Heilung kann auch durch die Kunst herbeigeführt werden (Kunstheilung), am ehesten aber, wenn beide, Natur und Kunst, sich gegenseitig unterstützen. Es sind daher bei dem Heilverfahren die Heil­bestrebungen der Natur aufmerksam zu beobachten, dieselben, wo sie zu heftig sind, zu massigen, wo sie unzureichend sind, zu verstärken, ferner zu leiten, wenn sie auf Abwege führen; die Heilung ist zu beschleunigen, wenn sie, der Natur überlassen, zu langsam vor sich ginge u. s. w. Insbesondere ist es der Kunst öfters weit leichter als der Natur, die noch fortwirkenden Krank­heits-Ursachen zu entfernen (Kälte, Hitze, mechanische Reize, fehlerhafte Nahrung), neue abzuhalten, und die äusseren Ver­hältnisse so einzurichten, dass sie die Natur in ihrem Heilbestre­ben unterstützen, die Heilung erleichtern und beschleunigen.
Wo die Thätigkeit des kranken Organismus zur raschen und völligen Beseitigung der Krankheit ausreicht, ist das ärztliche Eingreifen überflüssig; wo von der Mithülfe des Organismus nichts zu erwarten ist, wird dasselbe umsonst sein. Wenn die Symp­tome sich widersprechen und die richtige Erkenntniss der Krank­heit hindern, bleibt dem Arzt dasquot; symptomatische und palliative oder endlich das expectative Verfahren übrig.
Nicht alle Krankheiten sind heilbar, allein die unheilbaren
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gnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Einleitung.
sind nicht immer tödtlich, sondern lassen oft noch einen beschränk­ten Gebrauch des Thiers zu (Dämpfigkeit, Rotz, Stiersucht).
Wenn die — Krankheiten veranlassende — äusseren Ein­flüsse (tellurische, atmosphärische, chemische u. s. w.) weit ver­breitet sind, so bringen sie theils bestimmte Krankheitsformen (Seuchen, Epizootien) hervor, theils drücken sie den sporadi­schen Krankheiten einen besondern Character auf (Genius epi-demicus.) So ist bald längere, bald kürzere Zeit der rein ent­zündliche, der rothlaul'artig entzündliche, der nervöse u. s. w. Character vorherrschend, so dass die während dieser Herrschaft auftretenden verschiedenen Krankheits-Formen mehr oder weniger eine demselben entsprechende Färbung zeigen. Der herrschende Krankheits-Genius erfordert bei der Wahl und Anwendung der Heilmethode besondere Berücksichtigung.
Jn engeren Verhältnissen wiederholt sich derselbe Vorgang nach den Jahreszeiten; so ist der rheumatische und catarrhalische Character im Frühling und Herbst vorherrschend, der biliöse im Sommer, der rein entzündliche im Winter. Die stehenden Einflüsse der Localitäten bringen Seuchen im Kleinen (Enzoo-tien, z. B. Knochenbrüchigkeit) hervor.
Unter den verschiedenen Krankheits-Characteren un­serer Hausthiere ist der entzündliche (sthenische, phlogistische) der allgemeinste und häufigste; ihm gegenüber steht der der Schwäche (asthenischer, fauliger Zustand), welcher meist eine Folge des ersteren ist. Der eine oder der andere dieser beiden allgemeinen Krankheits-Charactere begleitet in der Regel den lymphatischen, gastrischen und den nervösen Zustand, ferner den catarrhalischen, erysipelatösen, biliösen oder den rheumatischen, arthritischen, scorbutischen u. s. w. Diesen Krankheitszuständen werden allgemeine Heil- oder Curmethoden entgegengesetzt, so z. B. dem entzündlichen Zustande,die antiphlogistische, mit welcher sich auch die ableitende Methode (revulsorische, derivirende, antagonistische) und die ausleerende verbinden lässt, dem Schwächezustand entspricht die stärkende Methode (roborirende, restaurerende), auch die reizende (excitirende, irritirende). Der nervöse Krankheitszustand erfordert, je nachdem Steigerung oder Ver­minderung der Thätigkeit des' Nervensystems nöthig ist, bald besänftigende (sedativa sc. medicamina, soporifera) und kramp f stillende (antispasmodica), bald Reiz- und endlich
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Einleitung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7
ableitende Mittel. Die ausleerende Methode begreift in sich: die brechenerregenden, abführenden, Harn- und Schweiss-treibenden, die Lymphe- und Eiter-entzieheuden Mittel u. A. m. Der lymphatische Zustand bedarf der umstimmenden (alterantia), so wie der ableitenden und ausleerenden Mittel.
Ausser den allgemeinen Curmethoden hat man durch Er­fahrung noch die specifischen kennen gelernt. Es gibt spe-cifische Mittel gegen gewisse Krankheitsformen und specifische Mittel für gewisse Organe (z. B. Wurmmittel, Jod auf die Drü­sen , Belladonna auf die Kreisfasern, Nnx vomica auf das Rü­ckenmark u. s. w.).
Nach dem aus den Symptomen der Krankheit, den Ur­sachen u. s. w. erkannten Character, Sitze und Wesen derselben, entwirft man den Curplan, d. h. man wählt die zur Beseiti-guug der Krankheit erforderliche Methode, so wie die dem Grade, dem Stadium, den allenfalsigen Complicationen u. s. w. entsprechenden Heilmittel (Hauptmittel, Nebenmittel, adjuvantia,. corrigentia) nach Verbindung, Dosis, Form, Ort der Anwen­dung u. s. w. Da die Krankheit und ihr Boden, der kranke Körper, fortwährenden Veränderungen unterworfen sind, und die äusseren Einflüsse und ihre Wirkungen ebenso wenig zum Vor­aus bestimmt werden können, so lässt sich der Curplan nicht jedesmal mit strenger Consequenz durchführen, sondern muss im Laufe der Krankheit manchmal theils modificirt, theils selbst ganz abgeändert werden.
Wichtiger noch als die Heilung entstandener Krankheiten ist die Verhinderung ihrer Entwicklung oder Ausbreitung (durch Beseitigung ihrer Ursachen, Veränderung der Anlage oder Nei­gung zu gewissen Krankheiten, endlich durch Sperrmaasregeln, Desinfection u. s. w.).
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SPECIELLE PATHOLOGIE UND THEKAPIE.
Die specielle Pathologie und Therapie hat die einzelnen Krankheitsformen* nach Ursache, Symptomen, Verlauf, Aus­gang und Folgen zu beschreiben, daraus die Diagnose und Pro­gnose abzuleiten und die Mittel anzugeben, durch welche die Krankheit zu heilen ist. Diejenigen Krankheitsformen, welche einzig oder hauptsächlich manuelle, mechanische oder äusserliche Hülfe erfordern, gehören in das Gebiet der Chirurgie.
Die einzelnen Krankheiten können zwar als etwas für sich Bestehendes betrachtet werden, in der That aber sind sie we­sentlich an ein organisches Substrat gebunden, dessen abnorme Lebensthätigkeit ihre Entstehung bedingt und in welchem sie verlaufen. Wenn daher die theoretische Seite der Pathologie die Krankheiten generalisirt, d. h. sie unter höhere Gesichts­punkte zusammenfasst, und von den Modificationen, welche der einzelne Krankheitsfall darbietet, quot;absieht, so muss dagegen die praktische Seite oder das eigentliche Curverfahren individuali-siren, d. h. neben der Krankheitsform auch den körperlichen Zu­stand und die Verhältnisse des erkrankten Individuums würdigen.
Obwohl die Zahl der einzelnen bekannten Krankheitsfonnen in der Thierheilkunde nicht so gross ist, als in der Menschen­heilkunde, so erfordert sie doch eine Eintheilung, welche die Uebersicht möglich macht und erleichtert. Als Princip der Eintheilung ist bald das Wesen, bald der Sitz, die Ursache, Dauer u. s. w. versucht worden. Indessen ist das Wesen der
* Die Namen der einzelnen Krankheitsfonnen sind meist nach hervor­stehenden, aber nicht immer wesentlichen Symptomen gebildet; ein grosser Theil derselben ist wahrhaft absurd (z. B. Dampf, Hautwurm). Die aus dem Lateinischen und Griechischen gebildete Nomenclatur der Menschen-Ärzneikunde lässt sich zwar in vielen Fällen auch auf die Krankheiten der Thiere an­wenden, macht aber darum die trivialen deutschen Namen ihrer allgemeinen Verständlichkeit wegen, nicht entbehrlich.
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Eintheilung der Krankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9
Krankheiten nicht gehörig erkannt, der Sitz öfters ungewiss, -selbst wechselnd, Ursachen und Dauer sind äusserst veränder­lich; hiedurch entstehen mehr oder weniger bedeutende Schwie­rigkeiten und Mängel der nach einem oder dem andern dieser Principien durchgeführten Classification.
Da nun die Krankheiten nur durch ihre Symptome oder Aeusserungen erkennbau sind, diese aber theils aus der verän­derten Structur, Lage u. s. w., theils aus der gestörten Mischung und Verrichtung hervorgehen, jene die Anatomie, diese die Physiologie betreffen, so erscheint eine Verbindung des anato­mischen und physiologischen Eintheilungs-Princips die zweck-mässigste, obgleich auch diese Classification, weil sie ebenfalls zum Theile auf Voraussetzungen und Hypothesen beruht, ein künstliches System genannt werden kann und mancherlei An­fechtungen ausgesetzt ist. Dies ist indessen bei allen künst­lichen Systemen der Fall und die sogenannten natürlichen sind keineswegs frei davon; überall muss daher, um das Verwandte und Aehnliche zusammenzubringen und das Verschiedene oder Entgegengesetzte zu trennen, in der speciellen Ausführung einer jeden Classification der Willkühr mehr oder weniger Spielraum eingeräumt werden. Die Eintheilung der einzelnen Krankheits­formen ist der Classification der Naturreiche nachgebildet; es sind somit Classen, Ordnungen, Gattungen und Arten aufgestellt worden. Zu den Characteren der Classen sollen nur wenige, aber die wichtigsten und wesentlichsten Unterschiede bestimmt werden, die Ordnungen müssen in einem oder mehreren wesent­lichen Punkten (z. B. Sitz) übereinstimmen. Die Krankheits-Gattung (ffenus) muss (nach aufwärts) die Charactere der Classe und Ordnung enthalten, und (nach abwärts) aus der Zusammen­stellung des Wesentlichen der dazu gehörigen Arten gebildet werden. Zu einer Art (species) endlich gehören alle einzelnen Krankheitsfälle, die nach Ursache, Symptomen, Dauer, Folgen u. s. w. mehr oder minder übereinstimmen. * In der Wirklichkeit kommen nur einzelne Krankheitsfälle vor, sie entsprechen den Individuen der organischen Reiche; wie nun die Individuen selbst ausser dem ihnen Gemeinschaftlichen noch manches, je­dem Einzelnen Eigenthümliche und Unterscheidende an sich
#9830; Nach einem ähnlichen, aber weniger festen Princip lassen sich ein­zelne Krankhei tsfamili e n bilden, z.B. Hautkrankheiten, Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane, Entwiklungskrankheiten u. s. w.
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fquot;
IOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Eintheilung der Krankheiten.
haben, so ist auch kein Krankheitsfall dem andern völlig gleich. Aussei- dieser individuellen Verschiedenheit werden die Krank­heitsfälle überdies durch den herrschenden allgemeinen Krank-heits-Character moditicirt (wie etwa die Individuen einer Thier-species durch das Clima); sie gehen ferner mehr oder weniger innige Verbindungen unter sich ein (complicirte Krankheiten), und bilden selbst (den Bastarden vergleichbare) neue Arten oder Unterarten {subspecies); anderntheils gibt es einander aus-schliesseude Krankheitsforraen.
Dem angenommenen anatomisch-physiologischen Einthei-lungs-Grundsatz gemäss, müssen sich die Krankheiten in vier Classen, nach den Hauptrichtungen des gesunden Lebens, thei-len, nämlich in:
1.nbsp; nbsp;Classe: Krankheiten des Bildungs-Lebens.
2.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Bewegungs-Lebens.
3.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Empfindungs-Lebens.
4.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Fortpflanzung.
Jede dieser Classen wird mehrere Ordnungen enthalten, welche theils nach den übereinstimmenden wesentlichen Symp­tomen , theils aber nach den befallenen Apparaten und Ge­weben gebildet werden. Dasselbe wiederholt sich in engeren Grenzen bei der Bildung der Gattungen und endlich der Arten.
Ueber die richtige Stellung der Arten, Gattungen u. s. w. in dem Systeme wird allerdings die Ansicht fast eines jeden Pathologen abweichen, was sich nicht allein daraus erklärt, dass der eine das aufgestellte System buchstäblich und strenge durchführen, der andere aber sich einen gewissen Spielraum dabei gestatten will; sondern auch aus der noch mangelhaften Erkenntniss des Wesens, Sitzes u. s. w. mancher Krankheiten und der mitunter willkührlichen Auslegung der sie begleitenden Symptome. *
* Es ist hier am Platze, da die Arzneimittel die Waffen des Arztes sind, über ihre Beschaffenheit und die Form ihrer Anwendung Einiges anzuführen.
Die Meinung, es seien für kranke Thiere Arzneimittel noch brauchbar, die für die Menschen verworfen worden, ist falsch. Der Thierarzt bedarf zwar von mehreren, besonders theuern, Arzneimitteln nicht die beste Sorte (z. B. moscowitische Rhabarber), sondern ihm wird eine mittlere Sorte (z. B. chinesische Rhabarber oder inländische Rhabarber) bei ungleich grös-serer Wohlfeilheit genügen, allein jedenfalls darf das Mittel nicht verdor­ben (schimmlich, zersetzt, geruchlos u. s. w.), sondern es muss frisch und ge­sund sein. Ebenso macht die — dem Thierarzt entbehrliche -—- chemisch-reine Darstellung manche Präparate unverhältnissmässig tbeuer, da doch sehr ge-
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EintheiluDg der Krankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;11
ringe Beimischungen anderer Stoffe der thierärztlichen Anwendung keinen Ein­trag thun (z. B. chemisch-reine Schwefel- oder Salzsäure n. dgl. gegenüber der käuflichen, d. h. in Fabriken bereiteten), dagegen sollen diese Präparate nicht auffallend verunreinigt oder gar absichtlich verfälscht (z. B. verdünnt) sein. Der Thierarzt. oder vielmehr Thierbesitzer kann und muss daher dar­auf bestehen, Arzneimittel In guter Qualität (namentlich bei Vegetabiliën nicht veraltete, sondern frische Waare) zu erhalten, wenn er die erwartete Wirkung davon haben will.
Auch die Form, in welcher die Arzneimittel gegeben werden, ist nicht gleichgültig. Dass Einschütte, die den Pferden meist nur unter grossem Wi­derstreben beigebracht werden können, gefährlich sind, ist anerkannt; sie sind somit — dringende Fälle ausgenommen — möglichst zu vermeiden, dagegen ist die Arznei in Latwergen- oder besser noch in Pillenform zu geben. Letz­tere lässt eine genauere Bestimmung der jedesmaligen Dosis u. s. w. zu; die Pillen sollen mit der Hand, nicht aber mit einem Stocke u. dgl. beigebracht werden. Das zweckmässigste Bindungsmittel für weiche Arzneiformen ist Farin. sem. Uni. (Leinkuchenmehl). Bei Rindvieh und den kleinern Haus-thieren ist das Einschütten flüssiger Arzneien weniger (obwohl nicht ganz un-) gefährlich, und muss bei den Wiederkäuern bei gerade gestrecktem Halse und in geringen Quantitäten auf einmal geschehen, wenn das Mittel in den vier­ten Magen kommen, und sich nicht in der Futtermasse des Pansen verlieren soll. Hunden lässt sich die Arznei in Pillenform, oder mit etwas Fett ange­macht, leicht beibringen; bösartigen Individuen kann man diese Mischung an die Füsse streichen, um sie von ihnen selbst ablecken zu lassen. Den Schwei­nen schleift man einen Strick um den Oberkiefer, hinter dea Hauzähnen, und zieht ihnen den Kopf an einen in der Wand befestigten King, etwas in die Höhe; die (weiche) Arznei wird mit einem Spatel in das Maul gestrichen. Andere wollen durch fortgesetztes Kratzen das Schwein beruhigen und ihm hiebei die Arznei als Flüssigkeit oder Latwerge beibringen.
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LITERATUR.
Die, alle Theile der Thier-Heilknnde umfassenden Handbücher wid­men meist einen nicht unbedeutenden Theil ihres Raumes der speciellen Pa­thologie der Hausthiere, beschränken sich aber dabei gewöhnlich auf die wich­tigeren Krankheiten derselben.
Oben an steht bis jetzt Veith, Handbuch der Veterinärkunde. Vierte Aufl. Wien 1840. (fl. 9).
Ferner gehören hieher: Blalne, Handbuch der Thierarzneikunde. üebersetzt von Cerutti. 2 Bände.
Leipzig 1820—21. 5 Thlr. 8 gr. Busch, System der theor. und pract. Thier-Heilkunde, 2te Aufl. Marburg
1816—22. 4 Bde. 8 Thlr. Pilger, systemat. Handbuch der Veterinär-Wissenschaft. Giessen 1801—4.
2 Bde. 8 Thlr. 10 gr. Laubender, St., theoret. prakt. Handbuch der Thierheilkunde oder Beschrei­bung aller Krankheiten und Heilmethoden der sämmtlichen Hausthiere.
4 Bde. Erfurt 1803-7. 5 Thlr. 10 gr. Rohlwes, das Ganze der Thier-Heilkunde. Ister und 2ter Theil. (Pferde
betreffend.) Leipzig 1822. 3 Thlr. (Fortees, von Tenneker. Leipzig
1825). Niemann, Taschenb. der Veterinär-Wissenschaft. Leipzig 1830. fl. 4. Hanbner, Handbuch der populären Thierheilkunde. 4Thle. Auclam 1837—42.
6 Thlr. 7'/, gr. Kreutzer, Lehrbuch der populären Thierheilkunde. Augsburg 1836. 2 Bde.
fl. 7. 36 kr. Kreutzer, Grundriss der gesammten Veterinär-Medicin. Erlangen 1853. fl. 8.
(Die specielle Pathologie ist auf 402 S. abgehandelt, das ganze Werk hat
über 1000 S.)
sowie die encyclopädischen Werke von:
Spohr, Veterinär-Handbuch für Thierärzte und Landwirthe in alphabetischer Ordnung. Nürnberg 1834. fl. 4. 48 kr.
Rychner und Imthnrn, Encyclopädie der gesammten theor. und pract. Pferde- und Rindvieh-Heilkunde. 2te Aufl. 4 Bde. Bern 1840. fl. 12.
Braun, Encyclopädie der gesammten Thier-Heilkunde, oder vollständiges Realwörterbuch u. s. w. Leipzig 1839. 2% Thlr.
H. d'Arboval, Wörterbuch der Thier-Heilkunde, aus dem Fränzös. v. Renner. 4 Bde. Weimar 1838—39. fl. 10. 48 kr.
Cerutti, Taschenwörterbuch der gesammten Thier-Heilkunde, nach dem Eng­lischen des J. White. Leipzig 1821. 1 Thlr. 8 gr.
Frenze!, practisches Handbuch für Thierärzte und Oeconomen, nach alpha­betischer Ordnung. 3 Bde. Leipzig 1794—95. 6'/., Thlr.
Falke, J. E., Universal-Lexicon der Thierheilkunde. 2 Bde. Weimar. 1842 —43. fl. 7. 15 kr.
Falke, Lehrbuch der gesammten Thierarznei-Wissenschaft. Leipzig 1848—54.
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Literatur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;13
(in 11 besondern Schriften erschienen, von denen die specielle Nosologie - und die Arzneimittellehre den Schluss machten). Baumeister und Duttenhofer, Handbuch der Thierheilkunde in aiphabet.
Ordnung. Stuttgart 1844. Bouley cj- Reynal, nouveau Dictionaire pratique de Médecine, Chirurgie
et d Hygiene vétérinaire. Paris 1856 (soll 8 Bände stark werden).
Mit der speciellen Pathologie einzelner oder mehrerer Hausthier-Arten befassen sich (ausser einer grossen Zahl sogenannter Vieharznei­bücher) folgende Werke:
Zipf, Lehrbuch der Krankheiten der Thiere, besonders der Pferde. 2 Thle.
Mannheim 1807—8 (nach dem damals herrschenden Brown'schen System).
2 Thlr. 8 gr. Dieterich, Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie. Berlin 3te Aufl.
1851. fl. 5,20 kr. Hofacker, Lehrbuch über die gewöhnlichen allgemeinen Krankheiten des
Pferds, Rindviehs u. s. w. Tübingen 1823. 1 Thlr. 4 gr. Wagenfeld, Grundriss einer speciellen Pathologie und Therapie des Pferds.
2 Bde. Dresden 1837—39. 3 Thlr. 6 gr. Wagenfeld, über die Erkenntniss und Kur der Krankheiten des Rindviehs.
Königsberg 1835. fl. 11. 18 kr. Wagenfeld desgl. der Schafe. Danzig 1830. fl. 1 20 kr. W a 1 d i n g e r, Therapie oder practisches Heilverfahren bei den Krankheiten
der grosseren nutzbaren Säugethiere. 2 Bde. Wien 1822. 2 Thlr. 6 gr. Wal ding er, (dasselbeWSte Aufl. mit Zusätzen von Erdelyi. 1 Bd. Wien
1832—33. fl. 2.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; #9632;
Waldinger, Tenneker's Bemerkungen und Zusätze zu Waldinger's Therapie.
Marburg und Cassel. 1826. 1 Thlr. Va tel, Siemens de pathologie vétérinaire etc. 4 Bde. Paris 1828. deutsch
von Pestel. 2 Bde. fl. 10. 30 kr. Gelle, Pathologie bovine, tome IIV. Paris 1839. hafore, traite des maladies particulières aux grcmds Ruminants. Paris
1843. Delwart, Pathologie speciale ou descriptive des principaux animaux domes-
tiques. Bruxelles 1837. Ribbe, Unterricht über die Erkenntniss und Heilung der Krankheiten des
Rindviehs. Leipzig 1822. 1 Thlr. 12 gr. Ribbe, die Krankheiten des Schafviehes und deren Heilung. Leipzig 1821.
1 Thlr. 8 gr, Ryebner, Hippiatrik oder systematisches Handbuch der äusserlichen und
innerlichen Krankheiten des Pferdes und ihrer Heilung. 2 Bde. Bern 1842
—1843. fl. 9. 24 kr. Ry ebner, Bujatrik oder systemat. Handbuch der äusserlichen und innerlichen
Krankheiten des Rindviehs. 3te Aufl. (nach Schönlein's Methode). Bern
1851. fl. 4. 12 kr. Ry ebner, specielle Pathologie und Therapie der nutzbarsten Hausthiére.
Bern 1854. Funke, Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie der grössem nutz­baren Haussäugethiere (unter Mitwirkung von Prinz in Dresden vollendet).
2te Aufl. 1845—1850. Körb er, specielle Pathologie und Therapie der Hausthiere. Ister Bd. Die
Krankheiten des Pferdes. Quedlinburg, 1839. fl. 3. 30 kr. 2ter Bd. Krankhei­ten des Rindviehs. Berlin 1843. Bleyweiss, practisches Heilverfahren bei den gewöhnlichsten innerlichen
Krankheiten des Pferdes. 5te Aufl. Wien. 1854. fl. 2. 40 kr.
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Literatur.
Hayne, A., Handbuch über die-besondere Krankheits-Erkenntniss-und Hei-Inngslehre der sporadischen und seuchenhaften Krankheiten der nutzbaren Hausthiere. Wien. 2te Aufl. 1848. fl. 5. 24 kr.
Dnttenhofer, Anleitung zur Kenntniss und Heilung der Krankheiten un­serer Hausthiere. Stuttgart 1847. fl. 4. 48 kr.
Practisches Handbuch der gesammten Thierheilkunde, von einer Gesellschaft pract. Thierärzte, 2 Bde. Bernburg 1845—48. (Scheint vor längerer Zeit geschrieben aber erst später gedruckt zu sein und enthält zugleich die ho­möopathische Therapie.)
Roll, specielle Pathologie und Therapie. Wien 1856.
S e e r, Handbuch der Thierheilkunde oder Anleitung u. s. w. Glogau 1855— 1856. 3'/, Thlr.
Spinola, Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie. Berlin Iste und 2te Abtheilung 1855 und 1856 (enthält die Fieber und die Entzündungen), fl. 7. 56 kr. 3te Abth. 1857. fl. 4. 54. 4te Abth. erscheint 1858.
Ueber die Krankheiten der Schweine handeln: Viborg (1806), Hau­mann (1838), Spinola (1842), Pradal (1848), Youatt (übersetzt von Weiss 1852); über die der Hunde: Waldinger (1818), Baumeister (1833), Gemmeren und Mecke (1833), Billing (1833), Güz(1834), Cla-ter (übers, von Lentinl834), Hertwig (1853), Y ouatt übers, von Weiss (1852).
üeber die Literatur der speciellen Pathologie vgl.: Planks Almanach für wisseuschaftl. Thierärzte auf das Jahr 1835. München 1834, Enslin, Bibliotheca veterinaria. Berlin 1825. 2te Aufl. von Engelmann, Leipzig 1843 und Bürger, Bibliothek der Veterinärkunde^Berlin 1823.
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ERSTE CLASSE. Krankheiten des Bildungslebens.
Die zahlreichen hieher gehörigen Krankheitsformen haben ihren Sitz in den zur Ernährung und den allgemeinen Absonde­rungen (der Haut- und Harnsecretion) dienenden Apparaten und Organen; sie sind für sich fieberlos, ohne bestimmte Dauer, meist langwierig, selten schmerzhaft.
Diese Classe enthält folgende Ordnungen:
1.nbsp; Die Krankheiten der Verdauung.
2.nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Lymphdrüsensystems.
3.nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Blutes und der Blutbereitung.
4.nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Ernährung.
5.nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Athmens (und der Stimme).
6.nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Haut und Kieren-Functiom
ERSTE ORDNUNG. Krankheiten der Verdauung
(im Allgemeinen).
Die Krankheiten der Verdauung sind bei den Hausthieren nicht allein ihrer Häufigkeit wegen von besonderem Interesse, sondern auch weil sie nicht selten das davon befallene Thier, wenigstens zeitweise, für den beabsichtigten Zweck unbrauchbar machen. So beim Pferdegeschlecht, dessen Kräfte in Anspruch genommen werden, die aber bei mangelndem Appetit, schlechter Verdauung u. s. w. bald nachlassen; so beim Rind und Schwein, deren Nutzen hauptsächlich darin besteht, aus vegetabilischen Stoffen Milch, Fleisch und Fett zu bereiten, Verrichtungen, die in dem Maase abnehmen, als die Verdauung leidet.
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16nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
Die zahlreichen Functionen, welche zur Verdauung beitragen und die verschiedenen Arten von Störung, denen sie unterwor­fen sind, vermehren die Reihe der Krankheitsformen dieser Ah-Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; theilung. Ueberdiess sind Störungen der Verdauung nicht selten
der Grund und Boden, auf #9632;welchem Leiden, die ihrer Natur nach in den späteren Abtheilungen vorkommen, wurzeln, wie z. B. Krankheiten des lymphatischen Systems, des Bluts, der Ernährung und selbst manche Krankheiten der Bewegung und des Nervensystems. Diese ihrerseits wirken sehr häufig auf die Verdauung zurück, so dass z. B. Mangel an Fresslust einer der gewöhnlichsten Begleiter innerer Krankheiten überhaujit (z. B. der Fieber) ist.
Eine besondere Anlage zu Krankheiten der Verdauung ist den pflanzenfressenden Hausthieren und iusbesondere den Wie­derkäuern eigen; dies beruht theils in der gehaltloseren Pflan­zen-Nahrung, von welcher eine grössere Menge erforderlich ist, um das Thier zu sättigen und in den Stand zu setzen; den verlangten Nutzen gewähren zu können; theils in der mehr com-plicirten Einrichtung der Verdauungs-Organe, und in der Un­fähigkeit sich erbrechen zu können, wogegen das Schwein und die eigentlichen Fleischfresser vielen Störungen der Verdauung entgehen. Zu mehreren Krankheiten dieser Ordnung sind sämmt-liche Hausthiere in der frühesten Periode ihres Lebens (Füllen, Saugkälber u. s. w.) mehr geneigt, als später.
Im Allgemeinen ist die Diagnose der Krankheiten der Verdauung weniger schwierig, als bei manchen der folgenden Abtheilungen; auch stellt sich die Prognose, mit Ausnahme complicirter oder veralteter Fälle, günstig.
Die Mittel, welche angewendet werden, kommen grössten-theils in directe Berührung mit dem erkrankten Organ und wir­ken somit eher und schneller, als in Krankheiten des Gefiiss-oder Nervensystems, in welchen die Mittel meistens nur indirect, d. h. nach vorhergegangener Auflösung und Resorption im Darm-canal, ihre Wirkung äussern können, üeberdies sind Anfang und Ende des Verdauungs-Apparats (Maulhöhle und Mastdarm) für locale Applicationen zugänglich und ihre Leiden stehen da­durch den sogenannten äusserlichen Krankheiten nahe.
Da die Krankheiten der Verdauung meistens durch Fehler in der Fütterung (zu wenig, zu viel, schlechte Beschaffenheit des Futters u. s. w.) veranlasst werden, diese aber von der
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Krankheiten der Verdauung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;| 7
Quantität und Qualität der Ernten abliängig ist, so konmien einzelne Formen dieser Krankheits-Abtheilung mancliinal fast seuchenartig vor (z. B. Diarrhöe), keine derselben aber ist con-tagiös.
A. Fehler des Appetits (Hunger und Durst). a) Mangel an Appetit. (Anorexia).
In den meisten allgemeinen Krankheiten der Thiere, be­sonders den fieberhaften u. s. w., zeigt sich wenig oder gar kein Verlangen nach der gewöhnlichen festen Nahrung, wogegen öfters der Durst noch besteht oder wohl gar vermehrt ist. Ausnah­men hievon sind selten, z. B. in der Brustseuche der Pferde (Tn-ßuema), der paralytischen Form des Kalbefiebers, wobei die Thiere oft noch fressen, während der Tod nicht ferne ist.
Mangel an Appetit ist somit in den meisten Fällen instinct-mässig und hienach zu beurtheilen. Manchmal geht derselbe so weit, dass sich ein wahrer Ekel oder Widerwille gegen das Futter zeigt, die Thiere entfernen sich von demselben u. s. w.
Das Verschmähen des Futters und Getränks kann auch in der fehlerhaften oder ungewohnten Beschaffenheit desselben seinen Grund haben (z. B. modriger Geruch des Habers, Heues, unreines, hartes Wasser u. dgl.)
In fieberhaften oder mit starken Ausleerungen verbundenen Krankheiten magern die Thiere oft in kurzer Zeit ab, weil bei dem Mangel an Appetit das vorhandene Fett schnell resorbirt wird; in nicht fieberhaften, oder in mit Unterdrückung der Ner-venthätigkeit verbundenen Krankheiten (z. B. halbacutem Koller) erhalten sich dagegen gutgenährte Thiere gewöhnlich längere Zeit fast unverändert, ob sie gleich wenig oder nichts fressen.
Die Folgen sind, ausser der Abmagerung, Zersetzung des im Darmcanal enthaltenen Futters, daher Aufhören des Wieder­kauens, Aufblähen (besonders bei Wiederkäuern), Verstopfung, Schärfe des Urins, allgemeiner fauliger Zustand, Entkräftung.
Hunger ist länger zu ertragen, als Durst; auch halten die grosseren Hausthiere und das Schwein weit länger aus, als die kleineren. Bei der Section von Thieren, welche Hungers ge­storben sind, findet man: das Zellgewebe fettlos, schlaff, das Fleisch blass oder missfärbig, das Blut dick, zersetzt, den
Haring, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2
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13nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fehler des Appetits.
Darmcanal leer und zusammengezogen mit Spuren von Entzün­dung, nicht selten auch die Lungen entzündet oder erweicht.
Therapie: auf Entfernung der Ursachen gerichtet; Aus­wahl verschiedenen Futters, Beseitigung gastrischer Anhäufun­gen, durch abführende (bei Hunden Brach-) Mittel, Erregung der Thätigkeit des Magens durch bittere, gewürzhafte Mittel; wo keine materielle Ursache aufzufinden (nervös?) krampfstillendo Mittel (Asa/oetida, Ammoniacum), gebrannter Kaffe (nach Trä­ger, bei Fohlen).
Wo die Ursache des Margeis an Appetit nicht aufzufinden ist, unterlasse man nicht die Maulhöhle (Zähne, Gaumen, Zunge) zu untersuchen. Die Vieh-eigenthümer suchen die Ursache der Appetitlosigkeit des Rindviehs oft in so­genannten Haarwürmem (Papillen) der Zunge, und im Wackeln der Schneide­zähne.
b) Uebermässiger Appetit, Wolfshunger (Bulimia).
Selten bei den Thieren; am ehesten bei Rindvieh und Hun­den zu beobachten. Die Thiere fressen nicht allein sehr viel, sondern verschlingen ohne Auswahl Futter, wie auch unverdau­liche Stoffe; dabei legen sie nicht zu, oder magern selbst ab. Ursache: zu starke Thätigkeit des Magens, fehlerhafte Bildung und Resorbtion des Chylus, Durchfall, Eingeweidewürmer, über-inässige Secretion von Milch u. s. w.
Therapie: nach den Ursachen; wo diese nicht zu ermit­teln: beruhigende, umstimmende Mittel.
Vermehrtes Verlangen nach Wasser ist in entzündlich fie-i berhaften Krankheiten, acuten Wassersuchten, Harnruhr, Durch­fall u. s. w. instinetgemäss und unter den nöthigen Vorsichtsmaas-regelu) zu gewähren.
Grosse Gefrässigkeit bei zwei Kühen heobachtete Harrison; bei der Section fanden sich die Blätter des Lüsers unvollständig gebildet, nämlich blas fingerslang.
c) Alienation des Appetits (Pica).
Symptomatisch bei mehreren Krankheiten, z. B. der Leck­sucht des Rindviehs, der Hundswuth. Das Hinabschlucken un­verdaulicher Stoffe, wie Nägel, Nadeln, Leder, Kleidungsstücke u. s. w. gibt besonders beim Rindvieh Veranlassung zur Durch­bohrung der Haube und Verletzung des Zwerchfells, Herzbeutels und Herzens, ferner zur Bildung von steinartigen Excrementen, Haarballen u. s. w., die manchmal tödtliche Kolik zur Folge haben.
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Krankhaft gestörtes Kauen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;19
Wie sehr der Appetit durch Gewohnheit alienirt werden kann, beweist der von Hübner angeführte Fall: in einer wasserarmen Gemeinde Hessens wird das Rindvieh das ganze Jahr hindurch mit Mistjauche getränkt. (N amp; V. XIII.) So ril Ion sah eine Kuh, die seit 2ljz Jahren mit Begierde mensch­liche Excremente aufsuchte und frass; sie litt an Husten, war aber gut genährt.
B. Krankhaft gestörte Aufnahme (Ergreifen) der Nahrungsmittel.
Ist meist symptomatisch, bei Lähmung der Lippen, des Kiefers und der Zunge (oft zugleich mit Halblähmung des Kopfs) bei Kopfkrankheit, Hundswuth (stiller), bei Krampf (Trismus), bei Verletzungen, Maulseuche u. s. w.
Bei neugeborenen Thieren findet man manchmal den Un­terkiefer viel zu kurz, den Gaumen gespalten u. dgl., wodurch ihnen das Saugen erschwert oder unmöglich wird.
Die Behandlung richtet sich nach den Ursachen oder der Hauptkrankheit, deren Symptom dieses Leiden ist.
C. Krankhaft gestörtes Kauen.
Literatur: üeber Fehler der Zähne, Bouley Rec. 1843. Hirzel in Schw, XI. 1850r Go wing in Rec. VI. 1850. Ueber Osteoporose: Haubner G. lt;fcH. 1855.
Rührt theils von fehlerhafter Bildung der Zähne und Kie­ferknochen her, theils von Lähmung oder Krampf der Kau­muskeln und der Zunge; letztere ist manchmal von den Back­zähnen tief verletzt oder scirrhös entartet.
Brüche des Hinterkiefers, Auflockerung der Zahnhöhlen und daher fehlerhafte Stellung, Ausfallen u. dgl. der Zähne (be­sonders bei Rindvieh: Bäckler, erblich) dessgleichen Alters hal­ber, Zerspringen und Caries einzelner Zähne, der Wechsel der Zähne, Scirrhus der Zunge hindern das Kauen (und quot;Wieder­kauen) und erfordern theils chirurgische Hülfe, theils weiches oder zerschnittenes Futter.
Ob eine dem Scorbut ähnliche Krankheit bei Pferden vorkommt? bei Rindvieh vielleicht von Siedefutter.
Anschwellung des Gaumens (Froschgeschwulst) von Schlaffheit des Gefässnetzes oder zu starkem Blutandrang (z. B. beim Zahnen), in letzterem Fall mit entzündlichen Symptomen; sie hindert selten das Kauen, und erforderte im erstem Fall Kautrensen mit adstringirenden Mitteln, in letzterem dagegen
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bnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-
/
/nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 20nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
/
/
Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; allgemeines oder locales antiphloglstisches Verfahren. Brennen
und Gaumenstechen taugen nichts.
Junge Pferde kauen öfters ihr Rauhfutter und lassen den /nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bissen sodann herausfallen; es scheint meist der Zahmvechsel
inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; oder Ausbruch (bei älteren Thieren Verletzung der Backen oder
Zunge durch die Zähne) die Ursache zu sein. Auch bei den Wiederkäuern kommt das Fallenlassen des heraufgetriebenen Bissens ans gleicher Ursache (vielleicht auch aus Ekel) vor.
I
Mehrere Todesfälle von Pferden, denen beim Maulausputzen
der Schlundkopf verletzt worden war, sollen in Ostpreussen vor­gekommen sein.
(Gamp;H. 1847; fernerlthen: N. amp; V. 1835, Stuttgarter Klinik Rep. 1854).
D. Krankhaft gestörte Speichelabsonderung.
Verminderte Speichelabsonderung ist theils symp­tomatisch bei entzündlichen Krankheiten (besonders des Darm-fnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; canals und im Anfange), theils eine Folge organischer Verän-
derung der Speicheldrüsen (z. B. Verhärtung der Parotiden), und endlich von mechanischen Hindernissen des Ausflusses die­ser Flüssigkeit in die Maulhöhle (durch Speichelsteine, in die Oeffnung des oberen Speichelgangs eingedrungene Haberkörner, Abzwicken der sogenannten Hungerzitzen u. s. w. Verwachsung der Mündung des Duct, stenon. im Herbst 1839 bei einem Pferd beobachtet; der Canal war bis zur Fingersdicke erweitert.)
Die Speichelsteine sind weisslich, meist rund oder platt ge­drückt , gewöhnlich im obern Speichelgang enthalten, daher auf der Backe fühlbar, und bestehen nach Lassaigne, Fürsten­berg (G. amp; H. XII.) grösstentheils aus kohlensaurem Kalk. Speichelfisteln kommen ebenfalls am Ausfuhrungsgang der Ohr­speicheldrüse, und besonders an dessen Umbiegung um den Rand des Hinterkiefers vor. Die Ursache ist meist eine Ver­letzung (durch Ausschneiden der Kehlgangsdrüsen, Operation des Speichelsteins, Luftsacköffnen u. s. w.). Die Ohrspeicheldrüse enthält gerne melanotische Geschwülste (bei Schimmeln).
Vermehrte Speichelabsonderung (Speichelfluss).
Alles, was die Mündungen der Speicheldrüsen reizt, z. B. Kochsalz, scharfschmeckende Mittel, Senf, Meerrettig u. dgl. vermehrt die Speichelabsonderung und trägt dadurch zur leichte­ren Verdauung der Nahrungsmittel bei.
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Speichelfluss.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 21
Symptomatisch ist die Speichel- und Maulschleim-Abson­derung vermehrt bei der Maulseuche, Zungenkrebs u. s. w. Auch Tart. emet, der in manchen Krankheiten (acut. Koller) oft län­gere Zeit im Maul behalten wird, bringt Geschwüre daselbst hervor. Manchmal ist die Speichelabsonderung nur scheinbar vermehrt, wenn die Thiere den Speichel nicht hinabschlucken, sondern herauslaufen lassen. Die wunden Oberflächen der Maul-schleimhaut erfordern fleissiges Ausspritzen der Maulhöhle mit frischem Wasser, oder schwacher Kochsalzauflösung, oder Was­ser mit etwas Salzsäure und Honig, bei bösartigen Geschwüren: Chlorkalkauflösung, bei Neigung zum fauligen Zustand adstrin-girende Decocte mit Schwefelsäure gesäuert u. s. w.
Speichelfluss eines Pferdes von dem Genuss von Grünfutter, worunter viel Ackersenf (Sinapis arvensis) sich befand, ist im Proces verbal de Lyon 1820 erwähnt; bei Rindvieh habe ich dies öfters beobachtet. M a t h i e u sah hef­tigen Speichelfluss von braungewordenem Klee und Esparsette bei Pferden, Rindvieh und Schafen im Herbst 1852. Das veränderte Chlorophyll der Blät­ter wird als Ursache beschuldigt. Von 2 Pfund solchen Heues verloren Pferde in 5—6 Stunden 30—36 Pfund Speichel. Dies veranlasste heftigen Durst.
Speichelfluss von Quecksilber entsteht selten bei den Thieren, selbst wenn sie viel davon bekommen haben; eher bei localer Einwirkung des Quecksilberpräparats auf die Maulhöhle oder die Speicheldrüsen, als wenn dasselbe ohne Aufenthalt in den Magen und Darmcanal gelangt. (Wirth in Schw. XIU.)
Ich habe Speichelfluss in hohem Grade bei jungem Rind­vieh beobachtet, welches gegen Läuse mit grauer Quecksilber­salbe am Halse und der Schwanzwurzel eingerieben worden war, und sich gegenseitig dieselbe abgeleckt hatte. Junges Vieh geht manchmal an Durchfall, Auflösung des Bluts u. s. w. zu Grunde. Ferner bei Pferden von Einreibung der Parotiden mit derselben Salbe; bei Hunden nach dem innerlichen Gebrauch von Calomel, zugleich mit übelriechendem Maulschleim, Auflo­ckerung des Zahnfleisches, Wackeln der Zähne. Therapie: Vermeidung der Ursache, Einreibung von Camphorsalbe auf die Ohrspeicheldrüsen, Einspritzungen in die Maulhöhle von arom. Decocten, denen etwas Camphorgeist beigesetzt ist. Jod wäre zu versuchen.
Die qualitativen Abänderungen des Speichels und Maul­schleims, z. B. saure, zähe, wässerige Beschaffenheit, übler Geruch, Beimischung eines contagiösen Stoffs (in der Hunds-
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22nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
wuth, Rinderpest, Schafpocken, Rotz, Lecksucht) sind fast ohne Ausnahme symptomatisch.
Der üble Geruch des Maulschleims ist nicht jedesmal ein Zeichen des fauligen Zustandes, sondern rührt manchmal von ganz localen Ursachen her, z. B. Caries der Zähne oder Kieferknochen, zurückgebliebenen Futterresten und dergleichen.
E. Krankhaft gestörtes Schlingen {Dysphagid).
Literatur; Scirrhns der Zunge: Jürgens G. amp; H. 1846, Gerlach ebd. 1854; Hering Bep. XV; Beiderlinden G. amp; H. 1853. Anschwellung der Bronchialdrüsen: Corvini, Mail. 1855. Anschwellung der Lymphdrüsen am Halse: Hering Rep. 1856. Anschwellung der Lymphdrüse im hintern Mittelfell (fälschlich als Thymus von 16 Vs Pfund beschrieben) Schw. XII.
Das bereits gekaute Futter, und im höheren Grade des Leidens das Getränke, kommt wieder durch das Maul oder die Nase zurück.
Am häufigsten liegt eine entzündliche Anschwellung und damit verbundene grössere Empfindlichkeit des Schlundkopfs zu Grunde. Sie begleitet gerne catarrhalische Uebel, wie Stren­gel, Druse, Bräune (s. diese) oder Verletzungen des Schlund­kopfs durch rauhes Futter, ätzende Arzneien, rohes Eingeben von Pillen mit einem Stock, und weicht theils dem allgemein dagegen angewendeten Heilverfahren, theils örtlichen Mitteln, z. B. säuerlichen Einspritzungen (Gurgelwasser), oder ableiten­den Einreibungen.
Auf mechanische Weise hindern das Schlingen: Abscesse in der Nähe des Schlundkopfs (bei der Druse), Polypen in dem­selben, Druck von Anschwellung der Schilddrüsen, Anfüllung der Luftsäcke mit Schleim oder Eiter, Steckenbleiben fremder Körper (Eier, Rübenstücke, Kartoffeln, Pillen) im Schlünde u. s. w. Falke zog bei einer Kuh eine dreizinkige Gabel aus (G. amp; H. 1849). Sie erfordern meist chirurgische Hülfe. Im Schlünde stecken gebliebene Knochenstücke (beim Schwein und Hund) lassen sich oft durch ein Brechmittel leichter zurück als durch mechanische Mittel hinunterbringen.
Gegen chronische Reitzung des Schlunds und davon her­rührende Dysphagie wandte Del wart mit Erfolg Einspritzun­gen einer starken Solution von Silbersalpeter an (Belg. 1849).
Lähmung des Schlundkopfs kommt manchmal bei acutem Koller (Kopfkrankheit) vor, auch als ein für sich bestehendes (öfters mit bösartiger Bräune verwechseltes) Leiden (nach Wa-
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Erbrechen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 23
gen f e ld). Hier sind starke Reize, Brennen, scharfe Salben anzuwenden, obgleich selten mit Erfolg. Um das Thier längere Zeit zu erhalten, können demselben nährende Flüssigkeiten (Mehl, Milch) durch die Schlundröhre beigebracht oder der Schlundschnitt gemacht werden. Manchmal ist der Schlund mit Futter vollgestopft. (G. u. H. XIII.)
Wenn unten im Schlünde ein fremder Körper steckt und denselben ganz ausfüllt, schlucken die Thiere zwar (insbeson­dere Flüssigkeiten, Speichel u. dergl.), geben aber das Hinab­geschluckte bald darauf stossweise wieder von sich.
Bei Oesophagus ventricosus gelangt ein Theil des hinab­geschluckten Futters in die Erweiterung des Schlunds (welche meist von der innern Haut allein gebildet wird, da die Muskel­haut zerrissen ist), füllt diese an, woraus verschiedene Symp­tome entstehen können, und geht erst allmählig, nach kür­zerem oder längerem Aufenthalt im Schlünde, in den Magen über. (Aehnliche Einrichtung [Kropf] bei den körnerfressenden Vögeln.)
F. Erbrechen. (Vomitus.)
Die im Magen oder selbst im Darm enthaltenen Futter-stoft'e werden durch eine verkehrte peristaltische Bewegung, unter Mitwirkung der Bauchmuskel und des Zwerchfells, oft auch krampfhafter Contractionen der Hals- und Schlingmuskel, wieder heraufgebracht und durch das Maul oder die Nase entleert.
1) Erbrechen beim Schwein, Hund und der Katze. Die trompetenähnliche Einmündung des Schlunds- in den Magen erleichtert das Erbrechen bei diesen Thiergattungen sehr. Es ist meist ein heilsames Bestreben, unverdauliche, giftige oder in zu grosser Menge verschluckte Stoffe auf dem kür­zesten Wege wieder los zu werden und kann leicht durch die eigentlichen Brechmittel (Veratr.; Ipecac.; Tart. emet. und an­dere Antimonialpräparate), so wie durch mechanische Reizung des Schlundkopfs (Grasfressen der Hunde) hervorgerufen wer­den. , Viele dieser Thiere erbrechen sich auf jede Arznei, bis sich der Magen nach einigen Gaben daran gewöhnt hat. Bei leerem Magen bleibt gewöhnlich die Wirkung der Brechmittel ganz aus.
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24nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Verdauung.
fnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bei der so verschiedenen Nahrung dieser Thiere ist es
bei innerlichen Krankheiten (besonders des Verdauungssystems) zweckmassig, anfangs durch ein Brechmittel den Magen zn entleeren. Äusserdem wirken diese Mittel bei einigen entzünd­lichen Krankheiten (Lungenkrankheiten, Bräune u. dgl.) herab­stimmend, oft auch zugleich abführend.
Anhaltendes Erbrechen kommt bei Hunden, bei ein­geklemmten Brüchen * und Ineinanderschiebung der Gedärme vor; ferner nach allzustarken Gaben von Brechmitteln; dagegen dienen, ausser der erforderlichen manuellen Hülfe, besänfti­gende Mittel (Ö/^Mm, Extr. Hyosciam., Brausepulver mit Schleim, Oel oder Milch).
Erbrechen von Würmern im Magen der Hunde, er­fordert wurmwidrige und abführende Mittel.
Consensuell entsteht heftige Anstrengung zum Er­brechen bei Hunden im Krampfhusten.
;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; S) Erbrechen beim Pferd.
Literatur: Ueber die Ursachen des Nicht-Erbrechens beim Pferde ist viel ge­stritten worden; das Historische mit neueren Versuchen von Ercoiani und Vella. s. Turin IV. 1855.
Die stricturähnliche Einpflanzung des Schlunds in den Magen erschwert das Erbrechen beim Pferd ausserordentlich; es wird daher sehr selten beobachtet, und meist (aber irrig)
'1
als ein Zeichen der Magenruptur (bei Kolik) betrachtet. Die
nächste Ursache ist öfter schnelle Ueberladung des Magens, daher das Erbrechen gerne bald nach dem Füttern eintritt. Nicht selten ist eine Erweiterung der Schlundeinmündung, selbst der ganzen Brustportion des Schlunds zugegen. (Solche Fälle s. in J. B. 1848, 1852, 1853, 1856). In andern Fällen fand man Entzündung oder Ulceration der Magenhäute als Ursache des Erbrechens. Mit grosser Anstrengung und allgemeinem
i
* Im Juli 1833 bei einer kleinen Hündin, die zwei Leistenbrüche hatte, deren einer eingeklemmt war, zeigte sich neben hartnäckiger Ver­stopfung anhaltendes Erbrechen, selbst von Faeces.
Im Mai 1838 bei einem Hund anhaltendes Erbrechen, endlich von Galle und Faeees anfänglich durch Extr. Hyoie. beseitigt, jedoch immer wiederkehrend. Bei der Section fand ich zwei Volvuli,' einen am Leerdarm Zlji Schuh lang, theilweise ganz hart und fest verwachsen, den zweiten am Ueum, der, einen Schuh lang, neben dem Cöcum vorbei in das Colon hin­einging; der Dann war stark entzündet, an einigen Stellen brandig.
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Erbrechen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 25
Ergriffensein des Thiers (krampfhaften Contractionen der Hals--liiuskei, Herabziehen des Kopfs gegen die Brust, Aufsetzen des Mauls auf die Krippe, Husten, Schweiss, Angst) gelangt der Mageninhalt stossweise den Schlund herauf und fliesst häufig mit einiger Gewalt aus der Nase und dem Maul. (Hiebei kann leicht ein Theil davon in die Luftröhre gelangen und den Tod des Thieres nach sich ziehen.) Das Ausgebrochene ist dünn­flüssig, von säuerlichem Geruch, und ein Theil desselben wird manchmal wieder gekaut und hinabgeschluckt. Nicht selten bleibt es bei den blossen Anstrengungen zum Erbrechen , oder es kommt blos Luft oder etwas eben hinabgeschluckter Spei­chel oder Schleim wieder herauf.
Bei Koppern soll das Erbrechen öfter vorkommen; chronisches Erbre­chen bei einem Kopper, beobachtet von Schrader, s. Busch Ztschr. II.) Er­brechen bei einer Stute mit Ineinanderschiebung des Dünndarms (Rec. 1843) und von Würmeranhäufung im Duodenum (Bartels Organ 1843), von Strictur des Schlunds bei einem Esel (Belg. 1842), von Degeneration des Pfiirtners (Bec. 1852), von Volvulus (Lyon 1856), ferner im Rep. Ill, IV, V, VI, VIII, IX und den folgenden Bänden).
Man hat indessen nicht so selten Gelegenheit zu beob­achten, dass kolikkranke Pferde nach dem Erbrechen genesen, und somit der Magen nicht zerrissen gewesen sein kann; an­dererseits trifft man bei Sectionen öfters Ruptur des Magens, ohne dass das Thier während der Krankheit sich erbrochen oder auch nur Neigung dazu gezeigt hätte. Es ist daher anzuneh­men, dass das Erbrechen dem Bersten des Magen vorausgehe, und nicht nachfolge wie Lafosse u. A. nach ihm gelehrt haben. Es wird stattfinden können, sobald die Muskelhaut des Magens einge­rissen ist; sobald aber die Schleimhant ebenfalls zerrissen ist, ge­langt der Mageninhalt leichter in die Bauchhöhle als inden Schlund.
Die gegen das Erbrechen beim Pferd mit Erfolg angewen­deten Mittel sind hauptsächlich Kali carbon, oder zerfallener Kalk (zu '/j — 1 Unze pro dosi) in einem schleimigen oder Gentian decoct, oder Chamilleninfuswn. Einige rathen Essig nachzugiessen; auch Aether hat sich wirksam gezeigt, wahr­scheinlich als beruhigendes Mittel. Veratr. alb., besonders die Tinctur, als Infusion in die Venen angewendet, bringt beim Pferd heftige, aber erfolglose Anstrengung zum Erbrechen her­vor. Von Infusion einer Brechweinsteinauflösuug in die Jugu-laris will Bouley Anstrengung zum Erbrechen und wirkliches Erbrechen gesehen haben.
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26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
finbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lähmung der Schlundeinpflanzung und Abschneiden des
Lungen-Magennerven soll ebenfalls zu Erbrechen Veranlas­sung geben.
3) Erbrechen bei Rindvieh, Schafen und Ziegen.
Obgleich das willkührliche Erbrechen und nochmalige Kauen des in den beiden ersten Mägen enthaltenen rauhen Futters bei dieser Ordnung der Säugethiere naturgemäss ist, kommt doch auch, wenn gleich selten, krankhaftes Erbrechen vor. Es betrifft theils den Inhalt des Pansen und der Haube, theils den des Lösers und des Laabmagens. Im ersten Falle ist das in Menge (unwillkührlich) heraufkommende Futter grob zerkaut, im andern Falle sind die Portionen klein, das Futter ist flüssig, gallertartig, riecht säuerlich und seine festen Bestandtheile sind
'
fein zerrieben.
Als nächste Ursache ist meist Ueberfütterung anzusehen; die Symptome sind: plötzlicher Verlust der Fresslust, harter Bauch oder Aufblähen, Verstopfung, kalte Extremitäten, Un­ruhe, Störung des Athmens und Kreislaufs, in seltenen Fällen Zittern, Betäubung u. s.w. Das Futter gelangt meist ohne An­strengung , selbst ohne alle Zusammenziehung der Bauchmuskeln, herauf und wird theils ausgeworfen, theils wiedergekaut und hin-jnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; abgeschluckt. Auch von Entzündung des ersten Magens (und
,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Darms) kann bei Rindvieh Erbrechen entstehen; endlich von
Scirrhus des Laabmagens und des Pförtners; bei jener sind die i '-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Symptome der Entzündung nicht zu verkennen.
Wo mechanische Hindernisse (fremde Körper im Pansen, im Schlünde steckengebliebene Stücke, Geschwülste am Halse u. dgl.) zugegen sind, kann indessen das Erbrechen mit Anstrengung und Schmerz verbunden sein.
Das Erbrechen dauert gewöhnlich nur kurze Zeit (bis der Pansen etwas entleert ist), selten ein paar Tage; bei or­ganischen Fehlern (z. B. Oesoph. ventricos.) aber wiederholt
gt;
'
es sich immer wieder, und hat Abmagerung zur Folge. Man unterscheidet daher acutes und chronisches Erbrechen.
Therapie: kohlensaures Natron oder Kali, in bitterem oder schleimigem Vehikel; auch Tart, emetic, und abführende Mittel (Aderlass und Abführungsmittel nach Crouzel) bei Ent­zündung. Anacker gab gegen chronisches Erbrechen nach Grünfutter Auflösung von Silbersalpeter (G. amp; H. 1853).
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Aufhören des Wiederkauens.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 27
Man muss das Fallenlassen des Bissens z.B. nach dem Genuss sehr übelschmeckender Arzneien von Erbrechen wohl unterscheiden.
Langdanerndes Erbrechen einer Kuh nach Indigestion beobachtete Drou-a rd; die Section zeigte Entzündung des Laabmagens und Dünndarms. (Bec. 1842.) Erbrechen von in Menge genossenem, missrathenem Bier zugleich mit Hirnapoplexie s. G. amp; H. XII; ferner Belg. 1845 (Rep. VI, VII.). Lowak sah eine Art von Kothbrecheu bei Schafen den Erstickungstod veranlassen. (G. amp; H. VII.)
Oefter wiederkehrendes Erbrechen bei einem sechswöchi­gen Kalb, das mit Milch und Brod, später Mehl, Leinsamen u. dgl. gefüt­tert worden, beobachtete Schlecht; es wich endlich dem Kali carbon, mit Althéa und Herb, absynth. Dessgleicheu Seiler in Schw. XI.
4) Aufhören des Wiederkauens ist meist symptomatisch, wie das Aufhören des Appetits, bei einer Menge von Krankheiten. Ausserdem bleibt manchmal das Wiederkauen lange aus, nachdem die Thiere wieder hergestellt sind; es scheint das längere Zeit im Pansen liegen gebliebene Futter alterirt und ihnen dadurch ekelhaft geworden zu sein.
Bei schnellem Aufhören des Wiederkauens, von veränderter Fütterung, Ueberfressen u.dgl., äussert das Thier manchmal Symptome von Bewusstlosigkeit (Magenkoller) und selbst von Lähmung der Gliedmassen, zugleich mit Verstopfung. Durch starke Abführungsmittel, Magenpumpe oder Trokar, wird die­ser Zustand wider Erwarten bald gehoben.
Flour ens will durch Einspritzungen einer Auflösung von Tart. emet., in die Venen und in den Löser (!) nur Unruhe und heftige, aber erfolglose Anstrengung zum Erbrechen her­vorgebracht haben. Um in der Reconvalescenz nach acuter Darmentzündung das Wiederkauen zu erregen, empfiehlt Fe­stal l'/z—2 Dr. Ippecac. mit 3—4 Dr. Aloë als Latwerge 3—4mal zu geben. (Rep. VIII.) Nach in Toulouse ange­stellten Versuchen hatte die Ippecac. bei Rindvieh selbst in grossen Gaben keine Neigung zum Erbrechen hervorgebracht.
Bei Unthätigkeit der Mägen des Rindviehs (ohne entzünd­liches Leiden) und um das Wiederkauen wieder hervorzurufen, wendet man Bad. veratri alb. zu '/j Dr. — 2Scr. an; es wirkt zugleich auf den Mistabgang. Bei trächtigen Thieren ist Vorsicht nöthig, weil die künstlich erregten Contractionen der Magenhäute sich auf die Muskelhaut des Uterus fortpflanzen können.
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28nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
Zu grosse Gaben von Veratr. alh. können wirkliches Er­brechen hervorbringen (s. Busch Ztschr. II, und G. amp; II. VI.)
Der Eintritt des Wiederkauens ist manchmal bei Saugkälbern (die nun anfangen, rauh Futter zu gemessen) mit sichtlicher Beschwerde verbunden, wobei sie sich oft län­gere Zeit anstrengen, Futter herauf- und diese ihnen noch neue Function in Gang zu bringen. Kleine Gaben von Veratr. würden vielleicht dieses Geschäft unterstützen.
G. Indigestion. Schlechte (träge) Verdauung.
Langes Verweilen des Futters im Verdauungscanal, ohne gehörig aufgelöst zu werden, daher Anschoppung an verschie­denen Stellen, Verstopfung u. s. w.; meist bei Wiederkauern.
Anlage: besonders bei vorher schon im Allgemeinen ge­schwächten Thieren, oder solchen, deren Verdauung insbeson­dere geschwächt ist.
Nächste Ursache: Schwäche des Magens und Darm-canals, fehlerhafte oder unzureichende Absonderung des Magen­safts und der Galle, geringe peristaltische Bewegung (chro­nische, fieberlose Indigestion).
Entfernte Ursache: meist in Fehlern der Fütterung gelegen: gehaltloses, verdorbenes Futter, durch dessen Menge man seine schlechte Qualität ausgleichen zu können meint, na­mentlich viel Heu und Stroh, bei wenig Körnerfutter und un­zureichendem Trinkwasser, auch Mangel an Bewegung bei Ar­beitspferden : zu viel Stroh, Abfall von Getreide (Grannen u. dergl.) bei Rindvieh; Erkältung durch bereiftes Futter, kaltes Saufen, unverdauliche Stoffe (Haarballen, Leder u. s. w.) im Pansen oder der Haube.
Bei Bindvieh, welches in der Nähe der Städte mit den verschiedensten Nahrungsmitteln gefüttert wird, gibt es beinahe für jeden Monat im Jahr eine andere Veranlassung zu Indigestion, z. B. im Frühjahr das Sammeln der Unkräuter auf den Aeckern (im Mai: Veronica hederaefolia, stellenweise Arabis tfaaliaua, später Papaver Bhoeas, auch Khaphanus u. s. w.); im Som­mer: Ueberfressen von Klee, seltener Gras u. s. w.; gegen den Herbst: Kartoffel­kraut, Baumlanb, Traubenblätter, dann Trester von der Obstmostbereitung; im Winter: Traubentrester, Abfälle der Bier- und Branntweinbereitung u. s. w. Stengel von ausgekörntem Mais.
Symptome: verminderte Fresslust (und Wiederkauen), Traurigkeit, Mattigkeit, durch baldiges Schwitzen bezeichnet, Maulschleimhaut blass, schmierig, Bauch aufgetrieben, hart;
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Indigestion.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 29
Mist selten, unverdaut, säuerlich riechend, blass und in grosser Menge auf Einmal abgesetzt, oder aber schwärzlich, klein ge­ballt, übelriechend; selten Laxiren; spättr struppiges Haar, Abmagerung, Neigung zu Leiden des Drüsensysttms, zu Wurm­bildung.
Kicht selten entwickelt sich ein entzündlicher Zustand der Magen- und Darmschleimhaut, und es gehen mit dem trockenen Mist hautähnliche Stücke von Schleim ab. Diese acute Form der UnVerdaulichkeit tritt oft mit Fieberschauer, wechselnder Tempe­ratur der Haut, heissem Maul, kalten Ohren und Füssen, feu­rigen Augen, beschleunigtem Athmen, gänzlichem Mangel an Fresslust, Durchfall, der bald der Verstopfung weicht, auf, und verlauft in wenigen Tagen. Erkältung durch Futter, ferner reizendes Futter wie Malz, auch schlechte Qualität desselben scheinen die hauptsächlichsten Ursachen dieser bei Zunehmen des Pulses und des Durchfalls manchmal tödtlichen Krankheit des Rindviehs. (Wirth Schw. 1846.) Bei der Section findet man die Schleimhaut der Mägen und des Darmcanals theils gleichförmig geröthet, theils mit Ecchymosen besetzt; auch die Bronchialschleimhaut geröthet, das Blut schwarz und flüssig; nicht selten zugleich ältere Degenerationen der Leber, Milz, Lunge u. s. w. Auch bei Pferden entstehen manchmal deut­liche Zeichen von Bin)affection (Rep. VI.), wobei die Thiere bewusstlos dastehen, den Kopf aufstützen, das Futter im Maul behalten (Uebergang der Krankheit in acute oder schleichende Darmentzündung, Magenkoller, seltener in chronischen Durch­fall). Chronische Bauchfellentzündung z. B. von Verletzungen der Mägen durch spitze Körper gibt sich, unter Symptomen der Indi­gestion durch das wiederholte Auftreten der Krankheit, nament­lich z. B. nach dem Kalben oder sonst einer Anstrengung, durch die beständige Auftreibung des Bauchs, den beschleunigten Puls, das Einsinken der Augen, die Kälte des Mauls u. s. w. zu er­kennen.
Dauer der Krankheit unbestimmt, bald einige Tage, bald mehrere Wochen und selbst Monate.
Therapie: Vermeidung der Ursache, Futterwechsel, grü­nes saftiges Futter, jedoch nicht in zu schnellem Uebergang; Kleientränke, angemessene Bewegung; innerlich salzige, ab­führende mit bitteren Mitteln (Kochsalz, Glaubersalz, Enzian); bei grosser Schwäche der Verdauungskraft Aloë in kleinen
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30nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Verdauung.
Gaben, längere Zeit fortgebraucht, gewürzhafte und weingeist-haltige Mittel (Wermuth, Haselwurz, Calmus, Branntwein); bei Neigung zum entzündlichen Zustande: Mittelsalze in Auf­lösung, Brechweinstein, seltener Calomel. Jedenfalls Klystiere mit Leinsamendecoct, auch Seife oder Kochsalz. Bei Rindvieh wende ich gegen die fieberlose Indigestion, neben der Berück­sichtigung passenden Futters ein Gemeng von Enzian, Wach-holderbeeren und Kochsalz, löffelvollweise, trocken gegeben an; bei entzündlichen Symptomen sind mehrere Gaben Glaubersalz oder Bittersalz (3—4 Unzen) in Leinsamendecoct am Platze, später ist statt des Schleims ein bitteres Mittel zu nehmen. (Rep. X.) Bei höheren Graden der entzündlichen Reizung lässt man einige Pfund Blut aus der Hals- oder der Milchvene. Eisele empfiehlt gegen die acute Indigestion des Rindviehs kleine, stündlich wiederholte Gaben von Tart. emet. (15—20 Gr.) mit 1 Dr. Enzian als Pulver in das Maul zu schütten, und die Thiere nachher nicht saufen zu lassen, daneben tüchtiges Frot-tiren des Bauchs u. s.w. (Rep. I.) Wirth wendet Salzsäure zu 1 Unze in 1 Maas Enzian, Chamillen- oder Baldrian-lnfu-sum, täglich 3—4mal an; Meyer Salzsäure mit Weingeist, andere Schweizer Thierärzte geben mit Erfolg Natr. sulphuric. und schleimigte Decocte in grossen Gaben. Rabe empfiehlt Kali acetic, zu 1 Unze in Wermuthsaufguss (G. u. H. 1848). Eestal (wie schon angeführt) Brechwurzel mit Aloë; Fischer Nieswurzel zu 1 Dr. in einer Bouteille Wasser. Im Nothfalle kann man den Pansenschnitt machen und das liegengebliebene Futter herausnehmen. Bei Fleischfressern sind zuerst Brech­mittel angezeigt.
Gegen fieberlose Unverdaulichkeit, besonders von Körner­futter entstanden (bei Rindvieh), räth Hertwig R. Tinctur veratri alb. als Infusion in die Venen zu versuchen.
Verstoffung des Lösers hei Rindvieh.
Obgleich der Inhalt des Lösers beim Aufhören des Wieder­kauens aus was immer für Ursachen, bald sehr trocken, zer-reiblich wie gedörrt und verbrannt wird, so scheint doch auch dieser Zustand als selbstständiger vorzukommen. Manche Futter­stoffe (Samen u. dgl.) verweilen oft sehr lange (Wochen und Monate) im Löser.
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Verstopfung. ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;31
Symptome: ^Niedergeschlagenheit, Aufhören des Wieder­kauens, Unbeweglichkeit, hartnäckige Verstopfung, obgleich hie und da etwas flüssiger (später stinkender und blutiger) Mist abgeht; die Schleimhäute des Mauls und der Augen geröthet, Schnauze trocken, Maul heiss; Puls hart, etwas beschleunigt, Urin feurig. Im höhern Grade wird der Gang schwankend, Unaufmerksamkeit, Thränen der Augen, endlich stellen sich Lähmung oder Convulsionen u. s. w. ein. — Dauer: einige Tage bis zu 4 Wochen.
Section: Anfullung des Lösers, wie oben beschrieben, leichtes Abgehen des Epithelium, Röthung, manchmal geschwü­rige Stellen der eigentlichen Schleimhaut, Zeichen von Entzün­dung im übrigen Darmcanal.
Therapie: Ausspülen des Magens mittelst der Magen-pumpe mit viel lauem Wasser, worin Bittersalz (auch Glauber­salz) aufgelöst ist, oder Einschütten dieser Auflösung, öfter aber in kleinen Quantitäten; Zusatz von gewürzhaften und bittern Mitteln in geringer Menge. RobeIIet empfiehlt be­sonders das Terpentinöl zu 1—2 Unzen, täglich 2—3mal in einem aromatischen Pfianzenaufguss, oder in einer gesättigten Auflösung von (1 Pfd.) Meersalz; auch als Klystier kann das Terpentinöl beigebracht werden. (Rep. VIII.) Liudenberg beobachtete bei Verstopfung des Lösers symptomatische Läh­mung des Körpers (G. amp; H. XIII.). Bei entzündlichen Zeichen: Aderlass.
Eine Indigestion des Laabmagens beschreibt Festal (Toul. 1848); sie soll von trockenem, sehr klein geschnittenem Futter herrühren, oder von kaltem und hartem Wasser. Der Pansen ist nicht verändert, das Thier zeigt massige Schmer­zen, legt sich vorsichtig, zieht die Hinterfüsse an den Bauch, hat blasse Schleimhäute, einen kleinen Puls. Stärkende und reizende Mittel sollen die Contractionen des Magens hervorrufen.
Bei Mastkälbern kommt eine Milchindigestion des Laab­magens mit entzündlicher Reizung der Schleimhaut verbunden vor. (Rep. V.)
H. Verstopfung.
Verzögerter oder ganz gehemmter Abgang der Darmexcre-raente ohne Fieber oder Schmerz.
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32nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten dar Verdauung.
Verstopfung ist häufiger ein Symptom anderer Krank­heitsformen , z. B. der Kolik, des Aufblähens, der Indigestion, der Gelbsucht, gastrischen Fieber, des Kollers, der Wald­krankheit des Rindviehs und vieler entzündlich-fieherhafter Krankheiten, als eine für sich bestehende Krankheitsform. Letzterer liegt als
Ursache meist Schwäche des Verdauungscanais im Gan­zen oder in einzelnen Parthieen desselben, besonders des Dick­darms, zu Grunde; ausserdem Mangel an gehöriger Schleim-absonderuug oder träge Contractionen der Muskelhaut des Dar­mes; schwere Beweglichkeit des Futters, wegen seiner Menge oder zu trockenen, rauhen Beschaffenheit (viel Stroh, Spreu, Haber); Uebergang von Grün- zu Dürrfutter; zu starke Re-sorbtion der Darmflüssigkeiten, daher Austrocknung der Futter­reste ; mechanische Hindernisse durch Futterballen, Gedärm-steine, Wurmanhäufung, Einschnürung des Darmcanals durch gestielte Geschwülste, eingeklemmte Brüche u. s. w. (meist zu Kolik Veranlassung gebend); Verletzung, Brand, Infiltration des Mastdarms, Melanosen am After; zu viel Ruhe bei an Thätigkeit gewöhnten Thieren.
Symptome wie bei Indigestion; Mist selten abgehend, theils klein und hart, theils in grossen, lockern, einzelnen Ballen, blass oder dunkelbraun, manchmal mit Schleim überzogen; oft längere Zeit ganz unterdrückte Ausleerung des Mists; seltner: erfolgloser Drang oder gleichzeitiges Laxiren mit schmerzhaftem Zwange (Tenesmus).
Die Diagnose ist erforderlichen Falls durch Untersuchung des Mastdarms mit der vorsichtig eingebrachten Hand fest zu stellen.
Dauer unbestimmt; im weiteren Verlaufe gesellt sich Schmerz, ferner Entzündung an der Stelle der Anschoppung, Brand, Zerreissung, Mastdarmvorfall u. s. w. hinzu, was die Section nachweist.
Therapie: hat neben Vermeidung der Ursachen zunächst die angehäuften Excreraente durch schleimige, ölige Mittel (als Einguss oder Klystier) zu erweichen (Leinsamendecoct, ganzen Leinsamen zu '/laquo; Pfund mit 1 Maas Wasser angebrüht nmd eingeschüttet, bei Rindvieh zu empfehlen); selten passen dra­stische Purgirmittel (Aloë) wegen zu befürchtender Entzündung, dagegen sind oft Salze (Glaubersalz, Bittersalz, Doppelsalz)
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Verstopfung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 33
mit den schleimigten Decocten zu verbinden. Die Nachbehand­lung erfordert bei aufgereiztem Zustande des Gefasssystems noch entzündungswidrige und besänftigende Mittel, bei grosser Erschlaffung der Theile aber bittere, stärkende und adstringi-rende Pflanzenstoffe, diese jedoch nicht zu concentrirt. — Passende Klystiere (oft in grösserer Menge beigebracht) be­schleunigen die Wirkung der innerlichen Arzneien; (bei Er­schlaffung des Mastdarms sind sie kalt und in geringer Menge anzuwenden). Nicht selten führt das Ausräumen des Mast­darms mit der Hand schneller zum Ziele.
Während lange anhaltender Verstopfung muss man leicht verdauliche Nahrung in geringster Menge (Mehlwasser, Milch, Fleischbrühe, Eier, Fett) geben und kann durch angemessene Bewegung die Thätigkeit des Darmkanals zu erregen suchen.
Verstopfung bei Säugkälbern mit Durchfall abwech­selnd, von Klumpen geronnener Milch oder Ansammlung von Haaren, Stroh u. dgl. im Laabmagen herrührend, s. bei Durch­fall. Die Verstopfung bei Mastkälbern lässt sich nachDe-1 a fond durch einige Gaben Baumöl, nebst Klystieren denen Honig zugesetzt wird, heben.
Hartnäckige Verstopfung bei Hunden. Sie dauert manchmal 4—6 Wochen, während welcher keine festen Ex-cremente abgehen. Die Thiere setzen sich oft, drängen heftig, aber es geht blos etwas Schleim oder grünbraune stinkende Flüssigkeit ab. Hiezn gesellt sich später gänzliche Appetit­losigkeit, Abmagerung u. s. w. Bei der Untersuchung des Bauchs fühlt man in demselben einen grossen, harten, beweg­lichen Klumpen, welcher aus der Knochenerde der genossenen Knochen mit dazwischensteckenden, unverdauten Knochensplit­tern besteht. Anfangs ist es nicht möglich, den Klumpen so weit zurück ins Becken zu bringen, dass er durch den Mastdarm zu erreichen wäre. Man wendet schleimige, ölige Klystiere an, und gibt täglich blos einige Stückchen fettes Fleisch oder rohes Fett als Futter; daneben Trinkwasser zur Genüge. Nach und nach gelingt es, den Klumpen mit beiden Händen so ins Becken zu drängen, dass man mit dem Finger oder einer passenden Zange ihn erreichen kann, wobei man sachte einzelne Stücke davon abzukneipen und ihn so allmäh­lich zu verkleinern sucht. Es dauert meist lange bis man da­mit zu Ende kommt, und man muss alle Vorsicht anwenden,
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;O
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34nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
um Verletzungen oder Entzündung des Mastdarms zu ver­meiden.
Falsche Yerstopfnng hei Hunden. Bei Hunden mit langen Haaren (z. B. Wachtelhunden, Pudeln) klehen sich die um den After herumstehenden Haare fest zusammen und hilden eine undurchdringliche Masse, die Thiere haben einen grossen Bauch, sitzen oft und drängen, fangen dann an zu schreien, bekommen sogar Zuckungen, wälzen sich, schäumen u. dgl.
Dagegen: Abscheeren der Haare am After, Reinigen mit Seifenwasser; Klystiere.
I. Kolik. Darmgicht.
Literatur: Aeltere Abhandlungen von Ehrmann (1Ï78) , Weber (1797), Sander (1799), neuere von Schmiederer (1811), Tennecker (1827), Ribbe (1821), Brunswig (1831), Ulrich in G. amp; H. (1850); zahl­reiche Jonrnalartikel.
Heftiger, remittirender Schmerz, vom Magen oder Darm-canal ausgehend, fast immer mit gehemmter Bewegung des Uarminhalts, anfangs fieberlos, später mit allen Symptomen der Darmentzündung. Schneller Eintritt der Krankheit, ohne Vor­boten, rascher Verlauf.
Die wahren Koliken gehen vom Verdauungscanal ans; die falschen von irgend einem andern in der Bauchhöhle gelegenen Organ, z. B. den Harnorganen, Genitalien; daher ist mit jenen fast immer Verstopfung verbunden, mit diesen nicht jedesmal.
Die nächste Ursache der Schmerzen ist allemal ein Hin-derniss in der Bewegung des Futterbreies, daher die Krank­heit oft mit Verstopfung, Indigestion u. s. w. zusammenhängt, die als vorbereitende Ursachen der Kolik betrachtet werden können. Zu letzteren gehören hauptsächlich: Ueberfätterung, ungewohntes, reizendes, schlechtes, blähendes Futter, wenn auch nicht im Uebermaas genossen; Erkältung durch schnelles Saufen oder Unterdrückung der Hautausdünstung; Schwäche der Verdauung, Verschleimung, Säure und Wurmbildung u. s. w. Das Hinderniss besteht theils in einem Krampf, welcher einen Theil des Darmcanals befallen'hat, und ihn heftig zusammen­zieht, theils in einer allzustarken Ausdehnung einer Partie des Verdauungscanais, wodurch diese die Fähigkeit, sich zu con-trahiren verloren hat; am häufigsten in einer mechanischwir­kenden Verstopfung des Darmschlauchs durch Drehung eines Darmstücks, Verschlingung, Ineinanderschiebung, durch Darm-steine oder Futterballen, Wurmknäuel, seltener durch Sand u. s.w.
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 35
Symptome im Allgemeinen: Aeusserung von Schmerzen im Hinterleib, durch Unruhe, Scharren mit den Vorderfüssen, Hauen nach dem Bauch mit den Hinterfüssen, Umsehen nach dem Bauche, Wedeln mit dem Schweif, Aufhören des Appe­tits , Traurigkeit; im höheren Grade öfteres Niederliegen und Wiederaufstehen, Wälzen, sich Niederwerfen, Auftreiben des Bauchs u. s. w. Während diese Symptome von Zeit zu Zeit nachlassen, findet man den Puls ruhig, etwas voll, das Athmen wenig beschleunigt, manchmal Schwitzen durch die Heftigkeit der Bewegungen des Thiers oder das Gefühl der Angst; es geht kein Mist ab, oder nur solcher, der zunächst am After vor­lag, auch ist meist Harnverhaltung zugegen. Geht Harn ab, so ist es wenig, entweder wasserhell, oder später auch ganz dunkelbraun. Schon nach ein paar Stunden, bei heftigem Schmerzen selbst früher, bildet sich ein entzündliches Leiden aus, der Puls wird härtlich, beschleunigt, der Herzschlag fühl­barer, das Athmen vermehrt, das Maul trocken, wie leblos, die Temperatur der Extremitäten veränderlich, dazu grosse Schwäche des Hintertheils. Unter Zunahme der sämmtlichen Symptome wird der Puls sehr schnell, klein, kaum mehr fühl­bar, der Herzschlag immer pochender, das Athmen keuchend, es bricht ein Schweiss aus, die Schleimhäute werden blass, livid, das Thier zittert und stirbt meist unter heftigen Convul-sionen. Manchmal wird das Thier, nachdem der Brand eines Darmstücks eingetreten ist, ruhig', während der Puls immer schneller und kleiner wird, und es stirbt ohne Todeskampf an Er­schöpfung. Auch nach Zerreissung des Magens oder eines Darm­stücks tritt Ruhe, oder auch grosse Abgeschlagenheit ein; der Puls nimmt zu, wird aber immer kleiner, fadenförmig; das Thier liegt ruhig oder sitzt auf dem Hintern; Anstrengung zum Erbrechen oder Aufstossen kommt hiebei öfter vor, ebenso häufiges Anstellen zum Harnen, wobei blos einige Tropfen ab­gehen; der Schweiss rinnt am Halse, den Weichen herab, ist kalt. Die geöffnete Vene lauft nicht, das Blut ist syrupähn-lich, das Maul ist wie todt, die Kiefer schlottern u. s. w.
Unter die selteneren Symptome der Kolik gehören: das Aufstossen von Luft und Erbrechen von Futterbrei bei Pferden (s. Erbrechen), das Sitzen auf den Hintern, wie die Hunde, oder das längere Knieën und hinten Aufstehen; der Abgang von manchmal sogar flüssigem Mist (z. B. bei Kartoffelfütterung der
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36nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
Pferde), das anhaltende Drängen zur Kothentleerung, wobei blos zäher Schleim im Mastdarm sich sammelt (bei Zerreissun-gen des Ketzes, Gekröses oder des Darms, oder bei Darm­steinen, die im Mastdarme stecken); das Flehmen, besonders bei Hengsten; Brandblasen im Maul (vielleicht von scharfen oder heissen Einschütten).
Die Section zeigt die Stelle, wo der Futterbrei oder die Blutcirculation stockte, aufgetrieben und brandig; sie sieht von aussen stark geröthet oder bläulich aus, innen dunkelpurpur-roth, oder fast schwarz; die Darmhäute sind mürbe, aufge­lockert, und die nächsten Darmschlingen mit einer blutigen Flüssigkeit gefüllt. Unmittelbar hinter dem Hinderniss ist die Schleimhaut wieder beinahe normal.
Bei Zerreissung des Magens (der Magen reisst an der grossen Curvatur in sehr verschiedener Ausdehnung; ich habe Risse gesehen, die bis zu % der grossen Curvatur einnahmen) oder Durchbohrung eines Darmstücks veranlassen die in die Bauchhöhle austretenden Flüssigkeiten und Futterstoffe geröthete Platten, oft auch trüben, blutigen Erguss in die Bauchhöhle, seltener mit faserigen Ausscheidungen von plastischer Lymphe vermischt. Die übrigen Darmpartieen sind stellenweise, und mehr oder weniger injicirt und geröthet, bei sehr abgetriebe­nen Thieren aber auch manchmal blass. Infiltration von seröser Flüssigkeit ins Zellgewebe zwischen die Muskel- und Schleim­haut gibt dem Darm oft eine Dicke von mehreren Zollen, be­sonders am Mastdarm. Beim Zerplatzen des Magens reisst der seröse üeberzug zuerst und am weitesten, dann die Muskel­haut, endlich die Schleimhaut, deren Riss oft weit kleiner ist, als der der beiden vorhergehenden Häute; die Ränder des Risses sind ungleich, gefranzt, hie und da mit Blut unterlau­fen. Bei Löchern im Darmcanal — meist am grossen Colon und gegen die Spitze des Blinddarms, selten am Dünndarm, und am häufigsten im Mastdarm (nicht selten durch die Kly-stierspritze oder ungeschicktes Ausräumen des Mastdarms mit der Hand) — geht das Loch von der Schleimhaut auf die se­röse Haut über, und hat innen ein geschwüriges Aussehen; solche Löcher sind meistens klein (wie Thaler u. dgl.), ihre Umgebung infiltrirt. Merkwürdig ist, dass ohne ein mechanisches Hinderniss der Futterbewegung in einem solchen Falle (z. B. Loch im Mastdarm) doch mit allen Mitteln keine Ausleerungen
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;37
zu Stande kommen (das hinterste Ende des Rectum ausgenom-- men). Bei Zerreissung des Magens oder Durchbohrung eines Darmstücks leben die Thiere, unter periodischem Nächlassen der Schmerzen oft noch mehrere Tage. Dass die nächste Todes­ursache bei Koliken der Pferde meist ein mechanisches Hinder-niss der Futterbewegung sei, beweist das Ergebniss von 74 Sectionen, welches Hering zusammengestellt hat; es kam vor: a) Verschlingungen des Dünndarms 19 mal, Einschnürung des Ilüftdarms nahe vor seiner Einmündung in den Blinddarm 5 mal, Einschnürung des Blinddarms 1 mal, Drehung des grossen Colon 9 mal, Drehung des Mastdarms 1 mal, eingeklemmter Bruch 3 mal; b) Futteranschoppung im kleinen Colon 1 mal, Futterballen 2 mal; c) Invagination des Dünndarms 3 mal, des Blinddarms 1 mal; d) Riss im Zwerchfell 1 mal, Riss im Ma­gen 2 mal, Loch im Hüftdarm 1 mal, im Colon 3 mal; im Mastdarm 6 mal; e) Drehung des Gekröses 2 mal, Brand am Dünndarm 8 mal, am Colon 2 mal: f) Würmer (Spul-) 1 mal. Somit 38 mal Verschlingung, 3 mal Futterballen oder An­schoppung, 4 mal Invagination, 20 mal Zerreissung des Magens oder Darms, 1 mal Durchbohrung von Würmern, 2 mal Dre­hung des Gekröses und nur 10 mal ein nicht mechanisches, vielleicht zu beseitigen gewesenes Uebel (Entzündung und Brand). In der Wiener Klinik von 1851 sind als Sectionsergebnisse bezeichnet: 11 mal Bauchfellentzündung, 3 mal Entzündung der Schleimhaut des Magens, 15 mal im Dünndarm, 8 mal im Dickdarm, 23 Veränderungen der Lage der Gedärme, 17 mal Einrisse der Darmhäute (Wien 1.).
Behandlung im Allgemeinen, Wo die Ursache der Kolik bekannt ist, richtet sich die Behandlung zum Theil nach dieser oder besteht in specifischen Mitteln (s. später); ausser-dem sind schleimige, salzige, auch bittere Mittel in kurzen Zwischenräumen wiederholt, den so häufig von den Pferde­besitzern und angeblichen Sachverständigen angewendeten Reiz­mitteln (als warmem Wein mit Pfeffer, Ingwer, Kümmel u. dgl. oder Branntwein und ähnlichen Tincturen) vorzuziehen. Gaben von 1—2 Unzen schwefelsaurem Kali oder besser von 3—4 Un­zen schwefelsaurem Natron oder Bittererde in 1 Pfand Cha-millen- oder einem schleimigen Infusum alle '/i Stunde wieder­holt: in minder dringenden Fällen kann das Salz mit Lein­samenmehl, Enzian u. dgl. zur Latwerge gemacht und als solche
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38nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Verdauung.
gegeben werden, um das öfters gefährliche Einschütten zu ver­meiden; jedenfalls dürfen die Einschütte keine unauflöslichen Pulver (z. B. Enzian, Eibisch) enthalten, und müssen daher durch ein Flanelltuch geseiht werden. Wesentlich bei allen Koliken ist tüchtiges Frottiren des Körpers; ausserdem Kly-stiere, die Anfangs aus Leinkuchenmehl, in warmes Wasser gerührt, später aus Seife-, Kochsalz-Auflösung bestehen. Sie müssen öfter wiederholt und manchmal in sehr grosser Menge beigebracht werden, um weiter hinein in den Darmkanal zu wirken; man kann sich in letzterem Fall einer Art kleiner Handfeuerspritze bedienen, um etliche Maas Flüssigkeit (oder auch blos Luft) in den Darm zu bringen, und seinen Inhalt dadurch zu verflüssigen oder in Bewegung zu setzen. Der Strahl des Rohrs muss durch langsames Pumpen gemässigt werden, übri­gens ist keine Zerreissung des Darras möglich, da die Flüssigkeit leicht neben dem Rohr zum After heraus kann.
Bei sehr hartnäckiger Verstopfung sind manchmal Klystiere mit einem Tabaksaufguss oder mit Tabaksrauch von Nutzen; letztere werden durch eine besonders dazu eingerichtete Ma­schine oder einen dazu vorgerichteten Blasbalg und in deren Ermanglung durch eine brennende Tabakspfeife mit nicht allzu­kurzem und möglichst weitem Rohr beigebracht.
Sonstige bei Kolik gebräuchliche Mittel sind: Oel, wel­ches innerlich in grosser Menge gegeben werden muss, um den Magen oder Darmcanal schlüpfrig zu machen, und desshalb theuer käme; auch ist es oft ranzig und belästigt später den Magen; es den Klystieren beizusetzen, ist Verschwendung. Aloë ist ein Lieblingsmittel vieler Practiker; sie wirkt in Pil­lenform langsam, und passt hauptsächlich für solche Gegenden, wo die Pferde viel erschlaffendes Rauhfutter und wenig Haber bekommen; ist bereits entzündliche Reizung des Darms vor­handen (und diese bildet sich im weiteren Verlaufe fast jeder Kolik), so könnte die Aloë wohl eher schaden. Dasselbe gilt von den sogenannten krampfstillenden Mitteln, wie Asafoe-tida und Opiumtinctur (zu theuer in der nöthigen Menge, um Wirkung zu machen). Zweckmässiger erscheint bei sehr heftigen Schmerzen das Extr. hyosciam. zu 1—2 Dr. pro dosi in Chamillen-Infusum halbstündlich wiederholt; es mildert oft auffallend die Schmerzen, ohne die Entzündung zu vermehren, und bringt selbst einen gelinden Grad von Abstumpfung her-
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 39
vor. Auch Aether hat diese Wirkung; er muss in einem er­kalteten Aufguss von Chamillen, Enzian, oder Münze gegeben werden. (In Italien wird Belladonna angewendet, nach Can-tiello. Walch, Schmid u. A. rühmen den Tart. stibiatus (N. amp; V. VIII.), und Schade die Bierhefe (G. amp; H. VII.). Auch Dr. Lentin versichert, das Belladonna-Extract bis zu 1 Unze mit Erfolg zu geben.) In Kopenhagen ist gegen hart­näckige Verstopfung von Ueberfüllung des Dickdarms mit Futter die Infusion von Rhabarbertinctur (2—4 Drachmen) in die In-gularvene angewendet worden. Ausserdem empfiehlt Bagge Schwefeläther zu 4—6 Drachmen (meist nur einmal) mit Glauber­salz und Oel. (Dan. I.) Massige Bewegung im Schritt (allein kein anstrengendes Reiten im Trab) unterstützt die Bewegung im Darmcanal; Thieren, die schon sehr angegriffen sind, ist Ruhe zuträglicher. Ob man die kolikkranken Pferde sich soll wälzen lassen oder nicht, ist schwer zu entscheiden; plötz­liches Umfallen ist jedenfalls gefährlich.
Indessen sind alle diese Mittel nicht im Stande, die so häufig sich bildenden Verschlingungen des Darms, Drehung des Gekröses u. dgl. wieder zu lösen oder Zerreissungen zu heilen und die Krankheit zeigt nun die rasch steigenden Symp­tome der Entzündung, wogegen zunächst Aderlass (selbst bei sehr kraftlosen Thieren), nöthigenfalls wiederholt, dient. Bei dem Uebergang in Brand und Lähmung noch Camphor und andere Nervenmittel anzuwenden, hilft nichts mehr. Dessen ungeachtet ist auch bei der heftigsten Kolik nicht alle Hoff­nung aufzugeben j und die Thiere erholen sich manchmal trotz der schlimmsten Prognose.
Bei den Wiederkäuern fällt die Kolik meist mit der Indigestion, dem Aufblähen, der Verstopfung, dem innern Bruche, Harnverhaltung u. dgl. zusammen; die Symptome derselben sind denen des Pferds im Wesentlichen ähnlich, jedoch weit weniger heftig. Bei Schweinen hat Walch eine kolikähnliche Krank­heit beobachtet, als deren Ursache er Würmer (Eohinorh. Gigas) vennuthet. (N. amp; V. VIII.)
Nach dem bereits Angeführten ist das Eigenthümliche der . nach Ursache oder hervorstechenden Symptomen und Behand­lung verschiedenen Arten der Kolik kurz zu fassen:
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40nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
a) Wahre Koliken. ]) Krampf-Kolik.
Da das Thier über das Vorhandensein des Krampfs keine deutliche Aeusserung geben kann, so vermuthet man solchen mehr, als man dessen gewiss ist. Wo die gewöhnlichen Ver­anlassungen einer Kolik nicht vorausgegangen sind, nimmt man einen Krampf an irgend einer Stelle des Darmes an. Die Krampf-Koliken gehören zu den schmerzhafteren, sind aber weniger gefährlich, als diejenigen mit materieller Ursache. Die Remissionen sind oft so bedeutend, dass das Thier wieder ein wenig nach dem Futter greift.
Einige Gaben Doppelsalz mit Eoctr. hyosciam. oder Bella-donnae in einem schleimigen oder Chamillen-Infusum; warmes Bedecken oder Reiben des Bauchs mit Strohwischen oder wol­lenen Lappen, nöthigenfalls eine ableitende Einreibung mit Terpentinöl und Weingeist (im Verhältniss wie 1 : 4), nebst Klystieren sind in der Regel hinreichend.
2) Entzündnngs-Kolik.
Durch die von vornherein auftretenden Symptome von Entzündung der Baucheingeweide (harter, voller — oft auch zusammengezogener — beschleunigter Puls) bezeichnet, und meist durch reizendes Futter (Haber, schwarzer Haber, bei geschwächten Thieren) entstanden. Sie erfordert Aderlässe und grosse Salzgaben oder Salpeterzusatz in sclileimigem Vehikel (ohne bittere oder krampfstillendeMittel), auch ableitende äussere Reizmittel.
Nach den Ansichten der Wiener-Schule sollen die Schmerzen von der Ent­zündung des Bauchfells herrühren und dieselbe soll die Bewegung des Futter­breis hindern, was beides nicht wahrscheinlich ist.
3) Erkältungs-Kolik.
Schnelles Trinken von kaltem Wasser oder einer unge­wöhnlich grossen Menge Wassers von der gewöhnlichen Tem­peratur entzieht dem Magen und den benachbarten Organen schnell viele Wärme, und bringt dadurch Erkältung hervor. Ebenso wirkt ein kalter Luftstrom, ein Regen oder dichter Nebel auf die, besonders erhitzte, Oberfläche der Haut und
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 41
bringt durch den Antagonismus, der zwischen der Haut und dem Darmcanal besteht, eine Art Rheumatismus der Darm­wände (vielleicht auch wohl der Bauchwandung) hervor. Da hier keine materielle Ursache der Kolik vorhanden ist, so fehlt auch in dieser Kolik nicht selten die hartnäckige Verstopfung, welche die übrigen begleitet, ja es kann selbst eine Art Durch­fall damit verbunden sein. Es ist desshalb diese Kolik an und für sich weder sehr schmerzhaft noch gefährlich, es wäre denn, dass eine Verschlingung, besonders aber Invagination sich bildete.
Die Behandlung hat hier hauptsächlich auf Wiederherstel­lung der Hautsecretion zu wirken: daher sind tüchtiges Reiben des Bauchs und des ganzen Körpers mit Strohwischen, Ein­reibungen von Weingeist mit Salmiakgeist oder Terpentinöl, oder Bähungen der Bauchwand mit heissem Wasser; innerlich warme, schleimige und krampfstillende Tränke, je nach dem Zustande des Pulses rait Salzen oder mit Extr. Uyosc. (neben den nie zu entbehrenden Klystieren) angezeigt.
Es ist zu bemerken, dass manche Pferde mit sehr empfindlicher Haut auf Einreibungen von Terpentinöl u. dgl. noch viel unruhiger als zuvor wer­den , ja mitunter sich wie rasend geberden, besonders wenn die Einreibung an den Schlauch und Hodensack gelangt ist. Das Abwischen mit einem in kaltes Wasser getauchten Schwamm mildert diese extreme Reizbarkeit so­gleich.
Bei Pferden, welche zu Erkältungen geneigt sind, wieder­holt sich diese Kolik gerne auf sehr geringe Veranlassungen.
Bei Hunden ist Erkältungs-Kolik nicht selten; sie erfor­dert erweichende Bäder oder Frictionen des Bauchs, innerlich 01. ricini mit Schleim und Klystiere.
(Koliken von Insolation, d. h. durch die Einwirkung der Sonnenstrah­len (Sonnenstich) beobachtete Rodet in Spanien (bei dem Feldzug der Fran­zosen in Spanien 1825) häufig; sie waren nicht tödtlich, und wurden durch kalte BSder von '/i b's 3U Stunde geheilt (s. Jonrn. Veter. Oct. 1826).
4) Ueberfiittemngs-Kolik. Eine der häufigsten Koliken, die nicht blos durch eine zu grosse Menge genossenen Futters hervorgebracht wird, sondern auch durch die gewöhnlichen Rationen, wenn sie zu schnell gefressen werden (nachdem die Thiere vorher gehungert hatten) oder wenn eine solche Ration gegeben wird, während die vor­hergehende noch im Magen liegt. Auch kann Ueberfiitterungs-Kolik von allmähliger Anhäufung des Futters im Darmcanal (bei verzögerter Bewegung seines Inhalts) entstehen. Je grosser die
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42nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Yerdaanng.
im Magen oder Darm angehäufte Futtermasse ist, nm so ge­fährlicher ist diese Kolik; weniger ist sie es bei Thieren, die ganz regelmässig gefüttert werden (Luxuspferde), wobei vielleicht aus Mangel an Bewegung u. dgl. das Futter zu lange im Magen liegen blieb; oder bei solchen, deren Magen Verdauung durch allzu starke Anstrengung der Muskelkräfte unterbrochen oder sistirt wird (Fiaker- und Landkutscher-Pferde, Postpferde). Bei Thieren, die viel gehaltloses Futter bekommen, z. B. Kleie, wie die Müllerpferde, veranlasst theils die Masse desselben, theils der schnelle Uebergang zu Haber leicht Kolik, die um so schlimmer ist, als der Magen und Darmkanal durch das gehalt­lose Futter sehr erweitert und erschlafft zu sein pflegen.
Die Ueberfütterungs-Kolik entsteht meistens bald nach dem Füttern; sie wird durch die Ausdehnung des Magens sehr schmerzhaft, und zugleich wird das Athmen beschwerlich. Das heftige Niederwerfen der Thiere lässt Zerreissung des Magens (selten eines Darms) befürchten, und die grosse Futtermasse ist oft sehr schwer in Bewegung zu setzen, daher dergleichen Koliken oft ziemlich lang dauern. Aufstossen von Luft und selbst Erbrechen bringt manchmal Erleichterung, deutet aber auf bevorstehende Berstung des Magens an (s. Erbrechen). Der Puls ist nie voll, sondern stets unterdrückt.
Therapie: Bittere Mittel mit Salzen (Enzian mit Doppel­oder Glaubersalz), anfangs und bei grosser Erschlaffung selbst Aloë; fleissige Klystiere; Bewegung im Schritt oder kurzen Trab, jedoch nicht bei grosser Schwäche des Thiers; Verhüten des Klederwerfens und Wälzens. Aderlass wird erst bei deut­lich ausgesprochenen Entzündungssymptomen (harter, zusammen­gezogener, beschleunigter Puls) anwendbar. (Bei grosser Hart­näckigkeit wäre Veratr. alh. als Einguss oder Infusion von Niesswurztinktur in die Venen zu versuchen.
Neues Heu und neuer Haber veranlassen gern Kolik, theils weil sie den Magen ungewöhnlich reizen, theils weil man mehr füttert als bisher, da sie oft wohlfeiler sind, als altes Heu oder Haber, und man nun schnell das früher Versäumte hereinbringen will. Diese Koliken sind nicht selten (vom Juli bis Sept.) und ebenso gefährlich als die eigentliche Ueberfütterungs-Kolik.
Die Behandlung hat mehr auf Minderung des Reisezustan­des zu wirken, daher Salze (Nur. mit Natr. sulphuric.) in schleimigen Decocten.
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 43
5) Kolik von Darmsteinen und Futterballen (selten von Haarballen).
Die Darmsteine sind concentrisch um einpn Kern, (Stein­chen, Stückchen Metall, Haberkorn u. dgl.) gebildet, und be­stehen fast ganz aus phosphors. Talk - Ammoniak mit wenig phosph. oder kohlens. Kalk, oder .Sand u. dergl. zufälligen Be-standtheilen; sie finden sich selten im Magen, sondern meist im Blinddarm oder Colon. Die Futterbalien sind aus verhär­teten Futterresten gebildet, welche einen dünnen Ueberzug der Darmsteinmasse haben, die oft mehr oder weniger hindurch­dringt; sie sind leichter als jene, aber häufig grosser.
Ein solches Concrement, oder mehrere kleinere liegen oft sehr lange im Darmcanal, ohne Beschwerden zu verursachen; auf Einmal verlassen sie die Stelle, welche an ihre Gegenwart gewohnt war, und bringen nun an ihrer neuen Lagerstätte eine ungewohnte Reizung, oder gar eine mechanische Ver­stopfung des vielleicht engeren Darmstücks hervor, die leicht tödtiich werden kann.
Ansammlung von Sand im Colon oder Coecum kann ebenso wirken. In einem solchen Fall dauerte die Kolik 6 Tage, das Thier war nicht sehr unruhig, und blieb oft lange auf dem Rücken liegen. Diese Kolik scheint blos bei Weidepferden in sandigen Gegenden vorzukommen. Kolik von Kies im Darm­kanal in Ostindien häufig, nach IIurford (Vet. 1852).
Kleinere Darmsteine und Futterballen gelangen manchmal durch das kleine Colon in das Rectum und gehen entweder von selbst ab, oder können mit der Hand vollends herausge­zogen werden; grössere sind manchmal mit der tief einge­brachten Hand, im Colon liegend, zu fühlen. Klystiere gehen sogleich wieder ab; das Rectum ist sehr fest zusammengezogen, heftiges Drängen auf den Mist, ohne Erfolg.
Nach Waldinger stehen die Thiere gerne gestreckt, liegen auf dem Bauch mit unterschlagenen Füssen, athmen stark, aber ohne die Bauchmuskel; sitzen manchmal auf den Hintern u. s. w. Nach Curdt soll das Sitzen auf den Hin­tern eine Zerreisung des Zwerchfells andeuten. (G. amp;H. XVII.) Meier gibt an, bei dieser Art von Kolik höre man mit dem unterhalb der Flanke angelegten Ohr ein eigenthümliches, hohles Getöne, wie wenn Flüssigkeit tropfenweise in einen kupfernen Kessel gegossen würde. (Schw. VIII.) Allein diesen Ton hört
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-44nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
man auch bei andern Kolikarten und selbst bei gesunden Pfer­den. Fey will gar die Futterballen durch einen Schnitt in der Flanke entfernt haben. (Schw. II. 1820.) Auch Gavin spricht vom Flankenschnitt gegen Einschnürung u. dergl. Vet. 1848. Man behauptet, dass Kleie (wegen ihres Gehalts an phs. Bittererde) zu Dannsteinen Veranlassung gebe, allein meine Erfahrung spricht nicht dafür, indem gerade bei den Müller­pferden unserer Nachbarschaft, bei sehr häufigen Koliken, bei­nahe nie ein Darmstèin (meist Berstung des Magens) gefunden wird; anderntheils öfters Dannsteine bei Pferden, die fast nie Kleie bekamen, sich gebildet hatten. Geht das Concrement nicht ab, so kann die Kolik sich bald wiederholen.
Die Behandlung erfordert hauptsächlich; Klystiere in grosser Menge und schleimige, salzige, auch schmerzstillende oder be­sänftigende Mittel (wie Extr. hyosciam.) in Latwergeform; die Untersuchung durch den Mastdarm ist nie zu versäumen; ferner Ruhe des Thiers, sowohl während der Krankheit, als auch einige Zeit nachher.
Im Ree. Dec. 1828 ist ein Beispiel angeführt, wo auf 2 Unzen Aloë bei einem Pferd 8 Darmsteine von 14, 6, 5 Unzen und noch kleiner abgingen.
Ein 8 Unzen schwerer Darmstein des Besehälbengst Arbitrator, welcher im August 1829 abging, befindet sich in hiesiger Sammlung. Bamoser gibt an die Futterballen blos bei englischen, die eigentlichen Darmsteine nur bei ge­meinen Pferden gefunden zu haben. (Mchn. Jahrb. 1853.)
üeber die Eintheilung der Darmsteine nach Farbe, Form u. s. w. s. Girard in der Nouv. Bibl. medic, von 1823, dem Ree. de M. Vet. 1828 und sodann in Gurlt's pathologischer Anatomie und in With's Chirurgie; ihre chemische Zu­sammensetzung haben besonders v. Bibra und Fürstenberg untersucht, s. Rep. IV. und G. u. H. X.
6) Kolik von Darmverschlingung, Ineinanderschiebung des Darms, eingeklemm­ten Brüchen, gestielten Fettklumpen, Drehung des Gekröses, innerem Bruch, Eitersack im Gekröse u. s. w.
Eine der häufigsten Veranlassungen zu tödtlichem Ausgang der Kolik bei Pferden ist Verschlingung des Darms, Drehung des Gekröses oder Einschnürung des Darms durch gestielte Fettklumpen u. dgl.; die andern oben genannten Ausgänge sind seltener.
Es lassen sich diese Koliken in den Symptomen nicht von Ueberfütterungs- oder Darmstein-Kolik u. dgl. unterscheiden; die Symptome sind die im allgemeinen angegebenen, und be­sonders heftig, wenn ein Theil des Dünndarms eingeschnürt ist,
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;45
weniger wenn es den Dickdarm betrifft, oder dieser (nament­lich die zweite Lage des grossen Colon) nur halb um seine Axe gedreht ist, oder die Dünndärme und das Coecum zwi­schen den beiden Lagen des Colon durchgeschlüpft sind und nicht wieder zurück können; ist die Verstopfung des Dann­stücks nicht vollständig, geht noch von Zeit zu Zeit etwas Futterbrei durch, so macht die Krankheit deutlichere Inter-missionen als ausserdem, wo sie fast ohne Pause stets nur zunimmt. Die Darmverschlingung trifft am meisten den Leer-darm, der oft auf unbegreifliche Weise, selbst nach dem Tode kaum lösbare Knoten und Schlingen bildet; das von Prinz (1836) zuerst beschriebene Durchschlüpfen eines Stücks der hintern Hälfte des Leerdarms oder Hüftdarms durch die Oeft-nung (Winslow'sche Spalte), welche sich über dem rechten Ast des Pancreas und der Hohlvene vor der rechten Kiere befindet, und 7 Zoll lang und l1^2l/2 Zoll weit ist, wird nicht selten beobachtet.
Bei Drehung des Gekröses (des Dünndarms) ist kein me­chanisches Hindemiss der Futterbewegung, dagegen ist der Zu-und Abfluss des Bluts gehemmt, das Gekröse voll Ecchymosen, infiltrirt und brandig, wie die daran hängende Darmpartie.
Das Ineinanderschieben der Gedärme trifft ebenfalls fast nur den Leerdarm, und erstreckt sich oft auf eine unglaublich lange Stelle (25—30 Schuh bei einem Pferd im Aug. 1837. Ineinanderschiebung des Blinddarms abgebildet im Schw. VHI, später mehrmals vorgekommen, z. B. Vet. Ree. V. 1849). Bei Fohlen ist Invagination des Darmes neben andern Krankheiten, z. B. Diarrhöe, Lähme nicht sehr selten. Auch bei Rindvieh kommt sie nach Rychner und Ruchte (Rep. VIII.) öfter vor.
Bei Hunden mit Diarrhöe kommt von dem anhaltenden Drängen nicht selten Intussusception des Darms vor.
Bei Affen ist dieselbe am häufigsten, und in der Regel tödtlich. (Youatt.)
Bei Hengsten ist nachzusehen, ob nicht ein eingeklemmter Bruch zugegen ist, und sodann dieser wo möglich zu repo-niren. Auch innere Brüche, die freilich leicht zu verkennen sind, kommen vor, z. B. durch Zerreissnng des Gekröses, Durchschlüpfen eines Darmstücks durch ein (altes) Loch des Zwerchfells, durch die Schlundöffnung des Zwerchfells (mir einmal vorgekommen); ebenso wirken die nicht seltenen gestiel-
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46nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
ten Fettklumpen, die vom Gekröse oder Darm selbst ausgehen, und eine Daimschlinge förmlich stranguliren. Vergl. Stahl (C. Ztg. I.), Lindenberg, Zwerchfellbruch G. amp; H. XII u. XTII, Wiener, Kolik von einem Polyp im Duodenum (N. amp; V. 1844). Die Kolik von innnerem Bruch der Ochsen ist auf ma­nuelle Weise vom Mastdarm aus oder durch blutige Operation zu behandeln.
In allen diesen Fällen können die angewendeten Arzneimittel wenig oder gar nichts nützen, weil eigentlich bios die Auflö­sung des Knotens, oder des Volvulus u. s. w. den Futterbrei wieder in Gang setzen kann; da indessen die Ursache dieser Koliken meist nur durch die Section klar wird, so sind sie wie im Allgemeinen zu behandeln und ist besonders durch die Mässigung der Entzündung Zeit zu gewinnen.
Es ist noch zweifelhaft, ob die Darmverschlingungen und Drehungen des Gekröses eine Folge des bei einer zufallig ent­standenen Kolik gewöhnlichen Niederwerfens und Wälzens, oder ob jene Veränderungen der normalen Lage des Darms als Ur­sache der Kolik anzusehen seien. Sicher ist, dass man manch­mal Darmverschlingungen u. dgl. bei Thieren findet, welche sich durchaus nicht gewälzt haben; anderntheils muss aber die Möglichkeit einer Darmverschlingung durch das Wälzen zuge­geben werden, daher sind diese heftigen Schmerzensäusserungen so gut wie thunlich zu beschränken.
7) Wind-Kolik.
Obgleich sich zu vielen der vorher beschriebenen Koliken im weiteren Verlauf Aufblähen gesellt, so gibt es doch auch Koliken, bei denen dies gleich anfangs und in so hohem Grade geschieht, dass die Luftansammlung hier ebenso wirkt, wie bei der Ueberfiitteruiigs-Kolik die Futteranhäufung.
Sowohl die Menge des Futters als dessen Beschaffenheit oder Neigung zur Gährung kann die Gasentwicklung bedingen, besonders Kleienfutter, grüner Klee, modriges Heu.
Bei Koppern kann sowohl die hinabgeschluckte Luft, als auch das bei schlechter Verdauung aus dem Futter entwickelte Gas, zu Wind-Kolik Anlass geben.
Die starke Spannung des Bauchs erschwert das Athmen sehr, daher mehr Angst als Unruhe, Schwitzen u. dgl., manch-
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Kolik.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;47
mal auch auffallende Schwäche des Hintertheils, wegen gestülp­ten Kreislaufs daselbst.
Die Wind-Kolik ist weniger gefahrlich, weil die Luft eher und schneller durch den Darmkanal passiren kann als Futter­stoffe; sie entscheidet sich durch den Abgang von Winden.
Behandlung: Zusatz von alkalischer Schwefelieber (zu 1 Dr. pro dosi) in die Einschütte; bei grüner Fütterung ist Liq. ammon. caust. zu '/a U., sehr verdünnt, anzurathen; als Vehikel sind Aufgüsse von Kümmel, Pfeffermünze u. dgl. zu wählen. Tabaks - Klystiere. Bei grosser Athemnoth Aderlass. — In hohem Grade: kalte Begiessungen über den Körper. Die englischen Thierärzte empfehlen besonders: 01. terebinth. zu 3 — 4 Unzen innerlich gegeben; auch Napht. vitriol, und Spir. nur. dulc. unzenweise. Diese Reizmittel setzen voraus, dass keine Entzündung im Darme vorhanden sei, die sich aber jeden Augenblick bilden kann, daher dergleichen heftige Mittel nicht anzuwenden sind, bevor nicht die gelinden ohne Erfolg probirt wurden.
Dasselbe gilt von dem Trokariren des Darms bei Pferden, obgleich die Erfahrungen von Hayne gezeigt haben, dass es weit eher ertragen wird, als man gehofft hatte. Brogniez hat unter dem Namen Enterotom einen verbesserten Darm-trokar erfunden, welcher als aus zweierlei Metallen (Messing und Stahl) bestehend, zugleich galvanisch die Darmwande affi-ciren soll. Man kann jeden Trocar anwenden; er soll jedoch dünn sein und seitlich keine Löcher haben. Die durch die Trokarröhre ausströmende Luft brennt angezündet mit bläulicher Flamme (Kohlen-Wasserstoff-Gas).
8) Wunn-Kolik gehört eigentlich zu den symptomatischen Koliken; indessen verursacht weniger die Anwesenheit der Würmer überhaupt (den Bandwurm des Hundes ausgenommen) Kolikzufalle, als die grosse Menge, wodurch sie den Darm förmlich verstopfen. Dies gilt hauptsächlich von den in ganzen Knäueln im Anfang des Dünndarms vorkommenden Spuhlwürmern (Asc. lumbric), und den, gegen den Blinddarm hin sich anhäufenden liandwiir-mern (Tünia perfoliata); letztere saugen sich an der innern Darmwand fest. Auch die Bremsenlarven im Magen sollen bei grosser Anzahl Kolik veranlasst haben.
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48nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
In der Sammlung der Stuttgarter Th.-A.-Seh. befindet sich ein Darmstück von einem Pferd, welches an Verstopfung des Darms durch Bandwürmer zu Grunde ging.
Kolik von circa 200 Bremsenlarren, nach vorausgegangenem Laxiren, tödt-lich endigend (siehe rhein. Vet.-Bericht 1834). Der Magen war an einer Stelle fast ganz durchlöchert, und zeigte Spuren von Entzündung. Zugleich waren übrigens Symptome von Kreuzlähmung, Ausgehen der Mähne und Schweifhaare zugegen.
Ausser dem Abgang von Würmern sind die Symtome der Wurm-Kolik ziemlich unzuverlässig; solche Pferde sind öfters schlecht genährt bei gierigem Fressen, haben struppige Haare u. s. w. Die Kolik ist meist nicht sehr heftig, macht deutliche Intermissionen, in welchen die Thiere wieder fressen, sodann plötzlich wieder aufhören, ein paarmal mit den Füssen stam­pfen oder sich umsehen; sie reiben die Oberlippe am Barren, flehmen öfter, machen einen Katzenbuckel, stehen bald gestreckt wie eingesattelt (bei Strong, armat. nach Waldinger), bald mit allen vier Füssen beisammen; legen sich nieder, stehen wieder auf u. s. w.
Behandlung: Hauptsächlich Wurmmittel, wie 01. C. G. zu 2—4 Dr. pro dosi, 2—3mal in einem schleimigen Decoct oder besser in Pillenform; später verdauungsstärkende, bittre und wurmwidrige Mittel (Äbsynth., Tanacet., Aloë in kleinen Gaben).
Die getödteten Würmer werden oft verdaut, ehe sie mit dem Mist zum Vorschein kommen.
b) Falsche Koliken. 9) Harn-Kolik.
Eigentlich eine Harnverhaltung, wobei sich die Thiere wie Kolikkranke benehmen; nicht selten ist zugleich Verstopfung zugegen (s. bei Krankheiten der Harnorgane). Die Harn-Kolik ist daran erkenntlich, dass die Symptome nach dem Abgang des Harns plötzlich verschwinden; die Blase ist nicht immer besonders voll. Gegen den Krampf des Blasenhalses ist Tart. emet. (zu 1 Dr.) in einem Chamillen-Infusum 1 — 2mal gegeben fast specifisch.
10) Kolik von Erschöpfung.
Pferde, welche tibermässige Touren gemacht haben, zeigen am Ende derselben oft Symptome einer leichten Kolik; sie legen sich, stehen wieder auf, fressen nicht, athmen beschwerlich
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Trommelsncht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;49
u. s. w. Hier scheint die Krankheit entweder davon herzu­rühren, dass man die Thiere durch allzustarkes Füttern fähig machen wollte, die Anstrengung auszuhalten, oder dass letztere * die Verdauung verzögerte und somit zu Anschoppung des Fut­ters Anlass gab.
Neben den gewöhnlichen Mitteln erfordert diese Kolikform hauptsächlich Ruhe, Mehlwasser (überschlagen), gute Streu u. s. w. (Nicht gar selten ist diese Kolik der Vorläufer einer in den nächsten Tagen erst deutlich sich aussprechenden Rehe, Lungen- oder Hirnentzündung.)
11) Symptomatische Kolik bei Vergiftung. Mehrere, besonders scharfe Gifte bringen eine sehr schmerzhafte Entzündung des Magens und Darms hervor, welche sich neben den entzündlichen Symptomen, durch Unruhe u. s. w. äussert. Ist die Ursache unbekannt, so kann blos nach den allgemeinen Andeutungen verfahren werden (antiphlog.; schlei­mige Mittel und Salze), ist hingegen das Gift bekannt, so kann manchmal durch chemischwirkende Mittel dessen üble Wirkung noch gehemmt werden. (S. Vergiftung. Mayer sah Kolik bei Rindvieh fast enzootisch von Ranunculus acris. Schw. XII.)
12) Kolik von Entwicklung der innem Genitalien.
Junge Stuten von 3, 4 selbst 5 Jahren äussern manchmal wiederholt leichte . Kolikschmerzen, die indessen bald wieder verschwinden. Sie scheinen auf der Entwicklung der innem Genitalien, namentlich der Eierstöcke (vielleicht auch auf Con-gestionen und Entzündung derselben) zu beruhen. In einem tödtlich ausgegangenen Falle fand man Entzündung und selbst geschwürähnliche Stellen am Bauchfell in der Nähe der Ovarien.
13) Verwechslung der Darmentzündung (s. „das Pferdquot; p. 124), der Ruptur des
Zwerchfells (s. Bareyre in Rec. de M. V. 1825), der Wehen bei trächtigen
Stuten — mit Kolik.
K. Trommelsu cht, Aufblähen. (Tympanitis.)
Literatur: ältere Bouwinghausen (1776), Riem (1775), Weise (1789), Chabert (Instr. et Obs. III. 1792), Viborg (in Abhandlung für Oecon. I. Bd. 1795, inhistor. Beziehung vollständig), Tögl (1798), Walther(180O), Sick (1804); neuere: Schwab (1822), Brosche (1828), Falke (1831).
Enorme Auftreibung der Mägen der Wiederkäuer (auch des
Darmcanals) durch aus dem Futter entwickelte Luft, wodurch
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4
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50nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Verdauung.
der Kreislauf gehemmt und das Athraen bis zum Ersticken er­schwert wird.
Nächste Ursache: Gährung der im Pansen und der Haube
enthaltenen Futtermasse, daher Entbindung von Gasarten, unter­stützt durch die Wärme und Feuchtigkeit im Magen. Die ent­wickelte Luft besteht grossentheils aus Kohlensäure und Kohlen-oxydgas, auch Schwefel - Wasserstoffgas (bei grünem Futter); ferner aus Wasserstoffgas und Kohlen-Wasserstoffgas (bei dür­rem Futter). Diese Gasarten sind in den verschiedensten Ver­hältnissen gemischt (oft ist auch atmosphärische Luft dabei).
Pflüg er fand 1) 60 Kohlensäure, 40 Kohlenoxydgas, im October; 2)80 Kohlensäure, 20 Kohlenoxyd. Gmelin (nach grünem Klee): 80 Schwefel-Wasserstoffgas, 15 Kohlen-Wasserstoffgas, 5 Kohlensäure. Lassaigne:29 Kohlensäure, 14' Sauerstoffgas, 503 Stickgas, 6 Kohlen-Wasserstoffgas.
a) Äcutes Aufblühen von grünein Futter
bei weitem der häufigere Fall; kommt hauptsächlich bei Klee, Lucerne (besonders allein gefüttert, Stoppelkleeweide) und Es­parsette-Fütterung bei Rindvieh und Schafen vor, seltener von Gras; Futter, das auf Haufen lag und sich erwärmte (daher an Sonntagen oder Feiertagen, wenn das Futter den Abend vorher gemäht wurde), sehr nasser, bethauter oder bereifter (mit Spinnweben überzogener) Klee, hastiges Fressen (besonders wenn die Thiere gehungert haben), zu grosse Menge von grü­nem, sonst gut beschaffenem Futter. (Nach Andern soll gerade Klee, Esper u. dgl. wenn sie zuvor in der Sonne gelegen, viel eher Aufblähung veranlassen, als des Morgens und Abends, wenn sie vom Thau befeuchtet sind; ferner rasch hervorge­wachsenes Futter in nassem, warmem Frühling; im Herbste die halberfrorenen Blätter der Rüben und des Kohls; Futter von gegypsten Wiesen und Kleeäckern.)
Die ersten Symptome sind: Aufhören des Fressens und Wiederkauens, elastische Auftreibung des Bauchs, Verschwinden der Hungergrube (besonders links) und dumpfer, hohler Ton beim Anklopfen daselbst, (zum Unterschied von Ueberfütterung, wo die Hungergrube sich fest und teigig anfühlt) Widerwille gegen Bewegung, Hängen des Kopfes, beschwerliches, schnelles Athmen; später Auftreibung der Hautvenen, glotzende Augen; Unruhe, Angst, harter, ungleicher Puls, starker Herzschlag, heisses Maul, Ausfliessen von Schleim und Speichel, kein oder
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Trommelsucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;51
wenig Mist und Harn; Zusammenstellen der Füsse, Krümmung des Rückgrats, Stöhnen und Brüllen, Erstiekuugsznfalle, Nie­derliegen, Tod. Der Verlauf ist äusserst rasch und begreift oft nur '/i bis 1 oder einige Stunden.
Bei der Section findet man: theils von gestocktem Blute dunkel gefärbte Stellen und Ecchymosen am Darmcanal, theils Berstung des Pansen oder Lösers, Laabs, (beim Niederstürzen), die Lungen und das Herz mit dickem Blut überfüllt.
Da die Krankheit nicht selten auf dem Felde (z. B. bei Schafen) entsteht, oder — wenn im Stalle — die Hülfe sehr schnell geleistet werden muss, so sind zunächst mechanische Mittel zu versuchen: Das Aufzäumen (mit Strohseil), um Kauen zu veranlassen und Aufstossen, anhaltendes Drücken auf die Hungergrube, das Herumjagen der Schafe, insbesondere das Vornen in die Höhe heben derselben; bei Rindvieh das Hinauf­treiben an einem steilen Rain, wodurch die SchlundöiFnung frei wird, und Luft entweichen kann; sodann chemisch wirkende Mittel, die die Kohlensäure begierig anziehen: Kalkwasser, Kalk­milch, Seifenauflösung, Auflösung von Pottasche, besser noch caustischer Salmiakgeist zu '/j — 1 tl. in einer Bouteille Wasser, womöglich mit Zusatz von etwas Branntwein besonders bei frischentstandenem Aufblähen von grünem Futter. Aether zu 6—8 Dr. mit etwas Weingeist und 1—2 Pfd. kaltem Wasser ist zu empfehlen, wenn der Puls, die Röthe der Zunge und die Hitze des Mauls eine beginnende Entzündung anzeigen. (Zu bemerken ist jedoch, dass der Geruch des Aether sich der Milch 1—2 Tage lang, und bei etwaigem Schlachten dem Fleisch des Thiers mittheilt.) Andere empfehlen Einschütte von Oel, zer­lassener Butter, Terpentinöl oder Steinöl (zu !/2 U. pro dosi, letzteres wird löffelvollweise auch dem Kalk oder Ammoniak zugesetzt). Die englischen Thierärzte ziehen den Clorkalk und Chlornatron in Wasser gelöst vor. Man kann Aether aber kein Ammoniak zusetzen. Eine Menge Hausmittel, besonders Asche, Schiesspulver, Milch, Schweinefett zu '/i—1 Pfd- in heissem Wasser, Tabak, Branntwein, selbst Essig u. dgl. werden ge­rühmt. Besser noch ist das anhaltende Uebergiessen des Kör­pers mit kaltem Wasser. Jedenfalls müssen diese Mittel alle 5—10 Minuten wiederholt werden, bis sich deutliche Abnahme des Bauches zeigt. Bei längerer Dauer, Hartnäckigkeit des Uebels oder in Ermanglung aller Arzneimittel kann man einen
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52nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
biegsamen Stock (Peitschenstiel) in den Schlund einführen, bei dessen Herausziehen jedesmal etwas Luft nachfolgen wird. (Vorsicht hiebei; Ein Fall, wo der abgebrochene Peitschenstiel nach zwei Monaten hinten am Bauch herauseiterte. Stuttgarter Sammlung, 1836.) Besser ist die Schlundröhre (Probang) von Draht mit Leder überzogen oder von Gutta percha, unten mit einem beinernen Ring (zinnerner Knopf mit vielen Löchern ist weniger passend), die aber bei grosser Futteranhäufung im Pansen wenig nützt, weil sie mehr in das Futter als in die Luft zu liegen kommt. Sie muss 5—6' lang sein. Heftige Congestionen nach dem Kopfe oder der Lunge erfordern einen Aderlass.
Endlich bleibt das Trokariren in der linken Hungergrube übrig, was jedoch manchmal von Übeln Folgen (Entzündung, Eiterung u. dgl.) ist. (Vor- und Nachtheile des Trokars, zwei­schneidig und dreischneidig). Wenn viel Futter im Magen ist kann die Röhre des Trokars 1—2 Tage liegen bleiben müssen; sie wird jedoch verstopft und nur nach Bedürfniss geöffnet.
Sajou's Bistouri ä canule oder Gatodue soll während der ganzen Heilung in der Wunde bleiben. {Rapp. de la Soc. d'Agric. von 1827.) Brogniez's Instrum. s. m. Operationslehre S. 184.
Wo grosse Gefahr auf dem Verzug haftet, kann auch der Bauchstich mit einem Messer gemacht werden; ja man hat selbst diese Oeffnung so enveitert, dass man Futter mit der Hand aus dem Pansen nehmen konnte. Es ist jedoch hiebei leicht möglich, dass etwas zwischen dem Pansen und der Bauchwand hinabgeräth, und daselbst eine langwierige und selbst tödtliche Eiterung veranlasse Die Schnittwunde ist zuzuheften, ein bioser Trokarstich aber nur mit Theer zu bedecken, um die Fliegen abzuhalten.
Gewöhnlich ist die Gefahr eben so schnell vorüber, als sie entstund, die Thiere sind aber noch einige Zeit diät zu halten; sollte die Fresslust und das Wiederkäuen sich nicht wieder einfinden, so kann man ihnen einige Gaben Glaubersalz mit Enzian oder Wermuthaufguss geben.
Welkes Futter, namentlich Rübenblätter, bringen ein länger dauerndes, hartnäckiges Aufblähen hervor, wogegen Aderlass, schleimige und salzige Mittel (oder Kochsalz) nebst Aenderung des Futters (gekochtes Futter) empfohlen werden.
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Trommelsacht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;53
bj Chronisches Aufblähen bei dürrem Futter
verläuft langsamer, ist weit seltener, aber hartnäckig und wieder­holt sich gerne.
Es liegen meist Unverdaulichkeit und Schwäche des Magens, ferner verdorbenes Futter (faule und erfrorene Kartoffeln und Rüben), manchmal auch organische Hindernisse des Wieder­kauens, z. B, Anschwellen der grossen Lymphdrüse im hintern obern Mittelfell, oder Eisen in der Haube, Zwerchfellbrüche, Abscesse in der Bauchhöhle u. dgl. zu Grunde.
Das Thier wiederkaut nicht, der Inhalt des Pansen geht in faulige Gährung über und es entstehen die Symptome des Aufblähens, nebst Verstopfung.
Absorbirende Mittel nützen nichts (Chlorkalk oder Chlor-natron eher), die Schlundröhre und der Troikar nur palliativ. Man muss das Wiederkauen wieder zu erregen (durch Salze, Tart. emet. oder Veratr. alb. zu '/j Pr. und mehr pro dosi) und dann die Verdauung zu heben suchen (durch bittere ge­würzhafte Mittel, gutes, leicht verdauliches Futter). Auch Essig zu 1—2 Schoppen pro dosi, und eine Mischung von Salzsäure und Alcohol (1 : 4) in Wasser gegeben, ist nicht selten wirk­sam. (Vgl. Indigestion.)
Wo organische oder mechanische Hindernisse der Verdauung oder des Wiederkauens (z. B. Verletzung der Haube durch spitzige Körper u. dgl.) zugegen sind, wiederholt sich das Aufblähen früher oder später, bis man endlich das Thier schlachten muss.
c) Symptomatisches Aufblähen
bei Vergiftung durch den Genuss von Schwämmen (bei Ziegen) bei Indigestion, Verstopfung des Lösers, Kolik der Wieder­käuer und Darmentzündung auf Fütterung sauern Grases mit Carex- und Juncus-Arten entstanden und von Diarrhöe und Kolik begleitet (s. rh. Vet.-Ber. 1837).
Ändrieu beobachtete Aufblähen, Schäumen, Anstrengung zum Erbrechen, Herumlaufen, Unruhe, hervorstehende Augen, heftiges Athmen bei einer Kuh; das Trokariren half wenig; beim Oeffnen des Manies sah A. den Schwanz einer Schlange , der durch die Anstrengung zum Erbrechen liervorgetrieben wurde; er zog die Schlange (welche todt und 3 Fuss 11 Zoll lang war) sachte heraus, worauf zugleich alle krankhaften Erscheinungen aufhörten.)
Im letzten Stadium der Ruhr, der Rinderpest, des Milz­brandes ist Aufblähen ein Zeichen gänzlich gesunkener Lebens­kraft und Vorbote des nahen Todes.
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Krankheiten der Verdauung.
d) Aufblähen der Saugkälber
ist blos zufällig und vorübergehend und erfordert absorbirende Mittel oder die Einführung der Schlundröhre. (Youatt.) Maurer empfiehlt besonders frisch gebrannte Knochenkohle (Schw. 1847).
Auch durch das Saugen eines Kalbes an den Ohren, Schlauch, Nabel des andern, wird manchmal so viel Luft hinab­geschluckt, dass Aufblähen entsteht. Vermeidung der Ursache.
(Huzar d beschreibt unter dem Kamen Falère eine Krankheit der Schafe, die blos im südlichen Frankreich, besonders Roussillon, vorkomme. Das an­scheinend ganz gesunde Thier verfällt plötzlich in Stumpfsinn, hält den Kopf tief und schwankt; es versucht manchmal zu harnen, fällt auf die Kniee , erhebt sich und fällt wieder; es hört und sieht Nichts, verdreht die Äugen und den Kopf, knirscht, athmet sehr beschwerlich, wird aufgetrieben, speichelt, lässt flüssigen, grünen Mist abgehen, und krepirt oft schon in einer Stunde, gewöhnlich innerhalb 2—3 Stunden. Bei der Section fand man bios die Mägen und den Darmkanal stark ausgedehnt von brennbarem (Kohlenwasserstoff-) Gas.
Bei dem schnellen Verlauf der Krankheit kommt die Hülfe meist zu spät; man hat indessen mit Erfolg den Trokar und das Einschütten von reizenden Tränken angewendet; gewöhnlich stechen aber die Schäfer die davon befallenen Schafe sogleich und verkaufen sie an den Metzger, da das Fleisch sehr gut ge­gessen werden kann.
Huzard glaubt, die Krankheit gehöre demnach unter die Indigettions mephiiiques, es ist aber wahrscheinlicher, dass sie der Blutsenche nahe steht.
L. Durchfall. Diarrhoea.
Oèftere Ausleerung vieler, wässerigter oder schleimigter Excremente, für sich fieberlos und ohne bestimmte Dauer, im höhern Grade durch die dazu kommende Reizung des Darm­kanals fieberhaft. Bei allen Hausthieren, besonders aber in der frühesten Jugend.
Bei längerer Dauer bildet sich eine besondere Anlage zu dieser Krankheit aus, so dass sie habituel (chronisch) Avird, oder sehr leicht wiederkehrt.
Ursachen: Milchfehler,-Erkältung in kalten Ställen, bei Mangel an Streu, in schlechter Witterung; unpassendes, un­reines, schlechtes Futter und Trinkwasser, schneller Uebergang von dürrem zu grünem Futter; unzweckmässiges Purgiren. Nächste Ursache: vermehrte Schleimabsonderung im Darm­kanal, Reizung desselben durch das Futter oder durch zu starke Gallenabsonderung (Gallenruhr), vermehrte peristaltische Be­wegung, grosse Schwäche des Darms. Es lassen sich die Ursachen des idiopathischen Durchfalls somit auf 1) Erkäl-
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Durchfall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 55
tung (Antagonismus der Hautsecretion mit der Darmsecretion), 2) Reitzung und Entzündung, 3) Schwäche des Darmkanals zurückführen. Dem Durchfall von Erkältung soll eine leichte Entzündung des Dickdarms (Colitis) zu Grunde liegen, und die vermehrte Secretion kritisch sein. Kalte Nebel und sehr nasse Herbstweide bringen manchmal eine fast seuchenhafte Diarrhöe hervor.
Symptome: Die Thiere setzen öfter als gewöhnlich Darm-excremente ab, deren Beschaffenheit sich hauptsächlich nach der genossenen Nahrung richtet, die aber im Allgemeinen flüs­siger als sonst und oft weniger verdaut sind; dazu Gepolter im Bauch, Abgang von Luft, auch ist oft ein merklicher Zwang zugegen, der Mist wird hinausgespritzt, er riecht sauer, die an dem After und den Schenkeln herablaufende Flüssigkeit greift die Haut an und macht die Haare ausgehen; die Haut ist kühl und trocken; die Thiere (besonders schnell die saugenden) wer­den mager, verlieren die Kräfte, in manchen Fällen kommen Aufblähen, Abgang von Blut oder Krämpfe hinzu; anfangs ist die Fresslust noch unverändert, bald aber lässt sie nach, die Thiere werden traurig, und das Leiden geht entweder in ent­zündliche Reizung der Därme über, oder endet unvermuthet schnell mit der Lähmung des Darmkanals. Je schleimiger der Abgang ist, desto entschiedener ist entzündliche Reitzung der Schleimhaut zugegen. Der Sectionsbefund ist hienach eben so verschieden; theils ist der Darmkanal, besonders die Schleim­haut geröthet, aufgelockert, selbst stellenweise stark entzündet, besonders gegen das Ende des Darms; theils ist er eher blass oder die innere Haut livid, wie abgeschaben u. s. w., bei län­gerer Dauer trifft man den Dünndarm innen gleichförmig wein-roth, den Dickdarm schiefergrau, das Zellgewebe zwischen den Häuten sulzig infiltrirt, Erosionen und Geschwüre auf der Darm­schleimhaut. Nicht selten ist die Leber verändert, oder es sind die Zeichen der Cachexie zugegen. Bei Rindvieh sind geschwürige Stellen im dritten und vierten Magen, ferner förm­liche Degeneration der Leber nicht selten bei heftigem Durch­fall. Bei Sauglämmern und Kälbern findet man oft feste Klumpen geronnenen Käsestoffes im Pansen und Laabmagen, oder hartes Futter (Stroh) daselbst, welches die Thiere noch nicht verdauen konnten, und das eine Reizung des Laabmagens unterhielt. Intussusception des Darms ist ebenfalls beobachtet.
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56nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
Im Alter von 10 —12 Monaten sind die Kälber wieder zu wässerigem Durchfall geneigt, der von starkem Durst begleitet aber fieberlos ist; man beschuldigt den Ausbruch der Zähne als Ursache.
Prognose: Bei jungen, namentlich saugenden Thieren kommt der Durchfall oft sehr verbreitet vor, weil die Ursachen (z. B. schlecht eingebrachtes Futter, welches die Mutterthiere bekommen, schlechte Ställe, Mangel an Stroh in der Wirth-schaft u. s. w.) ebenso ausgebreitet vorhanden sind. Je nach der Möglichkeit, die Ursachen zu vermeiden, ferner nach der Dauer und Stärke des Uebels richtet sich die Prognose. Oede-matöse Geschwülste sind meist ein schlimmes Zeichen. Bei längerer Dauer bleibt nicht selten eine allgemeine Schwäche des Thiers zurück, oder es wird in seinem Wachsthum aufge­halten, was besonders den Fohlen zu grossem Nachtheil gereicht.
Aeltere Thiere halten den Durchfall weit länger ohne Gefahr und Nachtheil (die Abmagerung etwa ausgenommen) aus; er stellt sich in der Regel beim Anfang der Grünfütterung ein, und hört nach einigen Tagen, oder wenn etwas Dürrfutter daneben gereicht wird, von selbst auf. Sind aber andere, länger dauernde Ursachen des Durchfalls vorhanden (gehaltloses, schimm-liches, rostiges Futter; hartes und unreines Wasser u. dergl.), so wird, namentlich bei Rindvieh, der Durchlauf chronisch, die Thiere legen auch bei besserer Haltung nicht zu, geben wenig Milch, und magern selbst ab. Solche chronische Diarrhöen sind schwer zu stopfen, und es gibt Gegenden, wo sie als Hauptmangel angesehen werden. Ein bei Kühen oft plötzlich entstehender wässeriger Durchfall rührt wahrscheinlich von Er­kältung durch gieriges Saufen her; (ich wende dagegen Mittel­salze mit vielem Schleim, später Rad. columbo an). Der Durch­fall ist manchmal kritisch, oder ein heilsames Bestreben der Natur nachtheilige Stoffe auszuführen, und hienach zu würdigen.
Behandlung: vor Allem Beseitigung der Ursache. Bei saugenden Thieren: Aenderung in der Fütterung der Mutter­thiere (nicht selten ist Abbrechen am Körnerfutter nöthig), oder bei einzelnen Kälbern Milch einer andern Kuh, die schon länger gekalbt hat; wo die Milch oft halb kalt aus dem Kübel ge­reicht wird, lasse man das Kalb an der Kuh selbst saugen, oder mische etwas Mehl, besser noch geröstetes Mehl (oder Leinsamenpulver und heisses Wasser in die Milch), auch Ei-
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Durchfall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 67
weiss, Leimwasser, Gerstenschleim mit Honig, Stärkmehl in Wasser aufgelöst, thun, in der gehörigen Menge angewendet, oft gute Dienste; wenn der Abgang gelblich geronnener Milch gleicht und scharf sauer riecht, setze man Alkalien zu (Kreide, Magnesia) oder gebe dem Mutterthiere Pottasche; gegen die zurückbleibende Schwäche des Darmkanals dient am besten Rhabarber oder ein Kaffeelöffel voll Opiumtinktur in Schleim. Gegen die Reizung des Afters und Mastdarms setze man täglich einige schleimige Klystiere (mit Stärkmehl, Leinsamenkuchen), denen man etwas Adstringirendes oder Besänftigendes (Eichen­rinde, Hyosciamus) beifügt. Wenn das Thier aufhört zu sau­gen, dabei schnell athmet, meist liegt, stöhnt u. dgl. und ein heisses Maul und After hat, sind entzündungswidrige Mittel {Sal. amar. mit Schleim) am Platze. Mazoux empfiehlt bei Füllen Leinsamendecoct mit Amylum, oder laue Milch mit calcin. Hirschhorn, arab. Gummi und etwas Laudanum. Er räth die Stute von der Weide zu nehmen und warm zu halten. (Lyon 1850.) Adstringirende Mittel, wie Catechu, Ferr. muriatic, Alaun, Eichenrinde, Tormentill und Rad. rumic. aquat, inner­lich gegeben, stopfen zwar für den Augenblick den Durchfall, aber er kehrt nur um so heftiger wieder, wenn nicht die Ur­sachen beseitigt werden; ihre Anwendung erfordert daher grosse Umsicht. Dasselbe gilt von den die Empfindlichkeit des Darms herabstiramenden Mitteln, wie Opium, Nuw vomica; bei Käl­bern habe ich bittere Mandeln mit Eibischpulver löffelvollweise mit bestem Erfolg angewendet. Youatt empfiehlt bei Käl­bern zuerst ein Abfuhrungsmittel (2 U. 01. ricin. oder 3 U. Sal. amar.); nachher Opium, Katechu, Kreide und Ingwer in vielem Schleim.
Auch bei erwachsenen Thieren richtet sich die Behandlung nach dem allgemeinen Zustand. Eine Aenderung des Futters (Gerste, Kleie oder Bohnenzusatz statt Haber, Heu statt Gras u. dergl.) ist nicht selten hinreichend, den Durchfall zu heben. Bei jungen, etwas schlaffen Pferden ist eine grössere Ration Körnerfutter oft allein im Stande, den Durchfall zu stillen. Pferde, die stets laxiren, leicht müde werden und bald schwitzen, dabei aufgeschürzt sind, erfordern einen Zusatz von Bohnen oder Erbsen zu ihrem Futter (das man mit gutem Weine an-netzen kann), ausserdem Ruhe und gute Pflege. Es sind ge­wöhnlich stark strapazirte und nachher schnell herausgefütterte
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58nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
Thiere (sog. Kleesmagen). Von innerlichen Mitteln kann man schwefelsauren oder essigsauren Zink, auch Kupfervitriol (zu 1 Dr. pro Dosi) mit schleimigen oder bittern Mitteln gegen hart­näckigen Durchfall versuchen. In einigen Fällen ist eine schwache Auflösung von Silbersalpeter (10—15 gran in 1 Pfd. destill. Wasser) allein im Stande gewesen, den Durchfall zu stopfen. Ist eine entzündliche Reizung des Darmkanals oder eine zu starke Absonderung von Galle die Ursache des Durchfalls, so gibt man Weinstein mit einer schleimigen Abkochung, oder mit Rhabarber (inländische). Bei sauer riechendem Mist und Luft­entwicklung setzt man Schwefelleber zu bitteren und arom. Mitteln; bei faulig-aashaftem Geruch thierische Kohle. Gegen Durchfall von Erkältung der Haut, dient warmes Verhalten, Frottiren oder reizende Einreibungen am Bauch, innerlich Wein mit Rhabarber, Opium, selbst Campher.
Allzustarke Gaben von Aloë, Croton oder lange fortgesetzte Gaben von Calomel bringen manchmal ein kaum zu stillendes Laxiren hervor, welches eine Darmentzündung und Lähmung zur Folge haben kann. Hier sind anfangs schleimige Mittel mit entzündungswidrigen zu verbinden, und in Menge zu reichen, auch als Klystiere beizubringen, beim Kachlassen der entzünd­lichen Symptome setzt man statt der Salze kleine Gaben ad-stringirender und besänftigender Mittel hinzu. (With spricht von einer erblichen Diarrhöe, und räth Pferde, die daran leiden, nicht zur Zucht zu verwenden.)
Alte, schlecht gehaltene Kühe mit chronischer Diarrhöe gehen meist in 6—8 Wochen zu Grunde.
Gegen den Durchfall junger Schweine wird Waschen mit kaltem Wasser mehrmal des Tags empfohlen; Saugferkeln gebe man dicke Milch mit Gerstenschrot oder Waizenkleie, auch Milch mit Kreide. (Schw. X.) Ein borkenartiger Ausschlag erscheint manchmal als vicarirendes Leiden (nach Schütze). Hunde bekommen von ungewohntem Futter (z. B. rohem Fleisch, saurer Milch und dergl.) leicht Durchfall; dagegen Brod- und Knochen-Zusatz. Vom Apportiren in's Wasser entsteht rheu­matischer Durchfall, der durch reitzende Einreibungen, innerlich Opium u. dgl. gehoben wird. Bei jungen Hunden ist manch­mal der Drang so stark und anhaltend, dass Aftervorfall entsteht, der sehr hartnäckig ist; dagegen sind Reposition, An­wendung von Bandagen, später Scarification und Brennen, end-
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Wunnleiden.
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lieh die Amputation des vorgefallenen Stücks zn versuchen; wo nichts hilft, ist meist eine Ineinanderschiebung des Darms zu­gegen.
Anhaltender, fieberloser Durchfall bei einer Kuh, grau, wässerig, faulriechend, mit zunehmender Abmagerung, hatte eine starke Infiltration der Häute des Laabmagens und Zwölffingerdarms zur Ursache (Beiderlinden, rh. Vet.-Ber. 1837).
Symptomatischer Durchfall in mehreren Krankheiten, zu denen sich eine Reizung des Darm-canals gesellt, z.B. Pocken, Typhus, Ruhr, Rinderpest, Füllen-lähme (vgl. auch Lienterie, Darmentzündung).
Bei Pferden findet sich manchmal ein falscher Durchfall, indem der Mist, wie gewöhnlich (etwas weich) abgeht, dagegen sehr oft (alle 5—10 Minuten) etwas braune Flüssigkeit aus dem After hervorsprudelt, die an den Hinterschenkeln herabläuft und die Haare wegfrisst. Ob eine locale Schwäche oder Wurmreiz zu Grunde liegt? Ich lasse dagegen zuerst kalte Klystiere, später Klystiere mit Alaun oder Kupfervitriol (2—4 Dr. pro dosi) anwenden.
M. Wurmleiden
(zunächst von Eingeweidewürmern im Darmcanal).
Literatur: C b a b e r t, Abhandlung von den Wurmkrankheitea; übersetzt von Meyer 1789.
Störung der Verdauung und Ernährung, theils durch die Menge der Parasiten im Darmcanal, theils durch ihre Grosse. Dauer unbestimmt.
Von den Würmern sind einige zu Hunderten und Tausenden vorhanden, und entziehen dem Körper viele Säfte (wie Asca-ris lumbrieoides im Magen und Dünndarm des Pferds, Strongylus armatus im Coecum und Colon desselben, Spiroptera im Ma­gen, die Kratzer (Echinorhynchus Gigas) im Darm des Schweins, die Bandwürmer des Pferds (TcBnia perfoliata et plicata), das Amphistoma conicum in den beiden ersten Mägen der Wieder­käuer, mehrere Strongjfus-Arten im Darm der Schafe; andere sind zwar nur einzeln oder in geringer Anzahl zugegen (wie die Bandwürmer des Rinds, Schafs, Hunds und der Katze), erreichen aber eine bedeutende Ausdehnung, und stören dadurch die peristaltische Bewegung, verursachen Schmerz im Darm­canal (Wurm-Koliken) u. s. w.
Hienach kommt es theils auf die Menge, theils auf die Art der Würmer an, um krankhafte Symptome hervorbringen zu können. Die eine Thierspecies ist mehr zur Wurmerzeugung
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Krankheiten der Verdauung.
geneigt, als die andere; das Alter hat ebenfalls einen bedeu­tenden Einfluss darauf (junge Thiere, z.B. Lämmer, sind öfter dadurch geplagt, als erwachsene), ja selbst die Gegend bringt Unterschiede hervor, denn man findet manche in einem Lande häufige Wurmarten, in einem anderen selten oder gar nicht. (So sind Pentastoma taenioides bei Hunden, Amphistoma conicum bei Wiederkäuern, Oxyuris curwla bei Pferden hier zu Lande sehr selten, im nördlichen Deutschland dagegen, wie es scheint, häufig).
In den meisten Fällen ist eine besondere Anlage zur Wurmbildung durch Schwächung der Verdauungsorgane über­haupt (unzureichendes, schlecht beschaffenes Futter, grosser Säfteverlust, Indigestion, Durchfall u. s. w.) vorhanden, welche als Ursache der Wurmleiden betrachtet werden kann.
Die Symptome sind ausser dem Abgang von Würmern (oder Stücken derselben) mit dem Mist unzuverlässig; doch kann man Würmer als die Ursache der vorhandenen Magerkeit bei ordentlicher Fresslust und gehöriger Verdauung des Futters vermuthen, wenn das Thier manchmal und unvermuthet vom Fressen ablässt, unruhig wird, und dann wieder fortfährt zu fressen (s. Wurm-Kolik), öfter flähmt oder die Schnauze am Barren reibt, wenn sich verhärteter Schleim am After anhäuft oder eine wässerige Flüssigkeit (ohne Mist) aus dem Mastdarm träufelt; wenn ferner das Haar struppig, glanzlos ist, die Schleim­häute blass sind, das Maul schmierig, der Puls schwach, der Bauch aufgezogen, das Thier matt und kraftlos wird. Wo meh­rere Thiere zugleich leiden (z. B. in einer Lämmerheerde), kann man eines derselben schlachten, um sich von der Gegen­wart und Art der Würmer zu überzeugen.
Bei Hunden veranlassen (Band-) Würmer nicht selten ner­vöse Symptome, Zuckungen, Schwindel, Lust zu beissenu.s.w. Abgang einzelner Glieder des Bandwuians ist bei ihnen nicht selten.
Die Lebensdauer der einzelnen Wurmspecies ist noch nicht genau bekannt, doch gehen zu gewissen Zeiten des Jahrs viele Würmer von selbst ab.
Die Folgen der längeren Anwesenheit solcher Würmer sind (vereint mit den fortdauernden Ursachen derselben, nämlich Schwäche des Darmcanals, Fehler der Fütterung u. s. w.) Ab­magerung, Neigung zu Wassersucht, endlich Auszehrung und
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Störungen der Gallenabsondernng,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ß\
der Tod. Die Section zeigt, ausser den Entozoën, Blutarmuth, Blässe der Häute, Wasseransammlungen in den Höhlen oder quot;dem Zellgewebe, ähnliche Wurmbildung ausser dem Darmcanale (z. B. Hydatiden, Egel u. s. w.)
Behandlung: Abkochungen widrig gewürzhafter Pflanzen-theile, z. B. Tanacetum, Valeriana, Artemisia, Sem. cynae oft in Verbindung mit einem Abführungsmittel. Bei den grössern Hausthieren ist 01. C. C. allein oder mit 01. tereb. das zuver­lässigste {Dosis 1 U. 01. C. C. in 4 Pillen mit ebensoviel Aloë und Sein. Uni. für ein Pferd); auch Leinöl oder Fischthran zu Va Pfund täglich Morgens, 8—10 Tage lang gegeben. Ausser-dem wird Eisenvitriol, Calomel, auch Arsenik (in kleinen Ga­ben) angewendet, was jedoch Vorsicht erheischt. In neuerer Zeit ist die Wurzel der Bryonia (frisch zu 11/2—3 Unzen) von Les son a mit gutem Erfolg gegen Entozoen und Bremsen­larven angewendet worden.
Gegen Pallisademeürmer im Mastdarm sind Oelklystiere oder Auflösun­gen von Aloë beim Pferde empfohlen (Youatt). Gegen Ascariden empfiehlt er Morgens vor dem Füttern je eine Pille ans i'ij. Tartar, emet. mit Ing­wer und Leinsamenmehl. — Bei einer Kuh ging ein Bandwurm auf ein Decoct. Hyperic. perforati, Absynth. und Bacc. juniper mit Zusatz von et­was Branntwein und faulem Handkäse ab (rh. Vet.-Ber. 1834).
Gegen den Bandwurm der Hunde empfiehlt Leb as, das Extr. cort. rad. granator. zu Zß. — Sj- täglich; sonst ist die Rad. filic. mcur. oder das daraus bereitete Extract, gebräuch­lich. Kous so und Saoria sind entbehrlich.
Die Nachbehandlung erfordert längere Zeit verdauungs-stärkende Mittel, nebst zweckmässiger Fütterung.
Auf die Bremsenlarven (und wahrscheinlich auf alle fest­gesaugten Würmer) wirken die stärksten Arzneien nicht.
Krause fand in einem 2'/jjälirigen, abgemagerten Pferde über 550 Äic. lumbr. ; 69 Tän. perfol.; 191 Oxyurü; unzählige Str. ietracanthus, 214 grosse Str. armat, und 287 Fil. papill. im Cav. abd. et thoracis.
In dem Verzeichniss der Münchner Sammlung ist ein Fall von etlichen tausend Ascariden bei einem Pferde erwähnt, so dass man sie statt zu zäh­len , messen musste.
Kers ting will bei einem Pferde einen Spulwurm gesehen haben, der 4 Fuss 7 Zoll lang war.
N. Krankhaft gestörte Gallen-Absonderung.
Die Gallen-Absonderung kann vermindert oder vermehrt sein, die Galle wird auch manchmal in ihren Bestandtheilen
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62nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Verdanung.
verändert und scheidet einzelne derselben aus oder ist zu wässerig, zu scharf u. s. w. Diese Störungen gehören theils zu einer all­gemeinen Krankheit, theils beruhen sie auf organischen Ver­änderungen in der Leber, die entweder eine Folge von (acuter oder schleichender) Entzündung dieses Organs sind (Abscesse, Ver­härtungoder Erweichung der Substanz u. s. w.), oder durch feh­lerhafte Ernährung entstanden, wie (Tuberkel, Fett, Wasserblasen).
n) Verminderte Gallen-Absonderung. Es wird weniger Galle (oder mehr wässerige) bereitet, als der Verdauungsprocess bedarf, oder aber die Gallen-Absonde­rung ist desshalb gering, weil die Verdauung sistirt. Man er­kennt diesen Zustand hauptsächlich an der Beschaffenheit des Mists; geht derselbe (bei Pferden) blass, säuerlich riechend, in grossen, lockeren Ballen, selten, aber viel auf einmal ab, ist zugleich die Fresslust unordentlich und das Thier nimmt nicht gehörig zu oder gar ab, so kann man auf verminderte Gallen-Absonderung schliessen, deren Ursachen selten mit Bestimmt­heit nachzuweisen sind. Die Mittel, welche hier angewendet werden können, sind theils solche, welche die Einwirkung der Galle zu ersetzen im Stande sind (bittere, gewürzhafte Pflanzen­stoffe, wie Enzian, Kalmus, Senf, Fei. tauri inspiss.); theils solche, welche die Gallen-Absonderung specifisch vermehren, oder beide Eigenschaften in sich vereinen, wie namentlich die Aloë, welcher, wo ein entzündlicher Zustand zu befürchten ist, mit Nutzen Calomel zugesetzt wird. Da indessen die Galle nicht blos als Reizmittel für die peristaltische Bewegung des Darmcanals und als Hülfsmittel zur Chylusbereitung anzusehen ist, sondern auch zugleich mehrere zur Ausscheidung aus dem Blut bestimmte Stoffe enthält, deren Zurückbleiben nachtheilig werden kann, so entstehen aus verminderter Gallen-Absonde­rung nicht blos Störungen der Verdauung, sondern auch all­gemeine Krankheiten, wie Koller und Gelbsucht. Auch die rothlaufartigen Krankheiten und der Milzbrand hängen meist mit Störungen der Gallen-Absonderung zusammen. Hier ist zunächst als besondere Krankheitsforra zu betrachten;
Gelbsucht (Icterus). Es ist Gallen-Farbstoff im Blut (in grösserer Menge) ent­halten (das Serum ist auffallend dunkelgelb), welcher auf den
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Gelbsucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; g3
Schleimhäuten, der allgemeinen Decke, den serösen Häuten und ihrer Absonderung, im Zellgewebe, den Nieren u. s. w. abge­schieden wird.
Ob hier Bestandtheile der Galle in dem Blut zurückblei­ben, statt in der Leber ausgeschieden zu werden, oder ob die in der Leber bereits gebildete Galle durch Resorbtion wieder in's Blut gelangt, ist nicht zu entscheiden. Für ersteres scheint die chemische Untersuchung (nach welcher man Bestandtheile der Galle und des Harns im gesunden Blute, obwohl in ge­ringster Menge findet) zu sprechen, für das zweite das Ent­stehen der Gelbsucht durch mechanische Verstopfung des Gallengangs.
Die Gelbsucht kommt bei allen unseren Hausthieren, ob­wohl nicht häufig vor (nach Youatt ist sie eine der häufig­sten Krankheiten des englischen Rindviehs, und die meisten in London geschlachteten Ochsen sollen Steine in der Gallenblase haben!) Sie trifift meist ältere, abgemagerte, schlecht gehaltene oder an chronischen Veränderungen der Leber leidende Thiere; beim Schaf begleitet sie gerne die Egelkrankheit oder geht ihr voraus; bei den Hunden erreicht die gelbe Färbung der Haut den höchsten Grad.
Die Gelbsucht ist ein chronisches, an sich fieberloses Lei­den und durch die gelbe Färbung der sichtbaren Schleimhäute und der Haut (wo sie nicht schwarz gefärbt ist) und besonders des Weissen im Auge bezeichnet (bei einem Pferde mit einem Glasauge, das an symptom. Gelbsucht litt, fand ich nicht blos den H. aqueus, sondern auch die Iris sehr deutlich gefärbt.) Ausserdem: Mangel an Fresslust, Mattigkeit, eine mit schmutzi­gem oder gelblichem Schleim belegte Zunge, lockerer oder sehr harter, blasser oder dunkelgelber, mit Schleim überzogener und säuerlich riechender Mist, Trägheit und Unvollständigkeit der Verdauung, dunkler, durchsichtiger, schleimiger, weisses Papier gelbfärbender Harn u.s. w. Seltener kommen wässerige Ge­schwülste, ein borkiger Ausschlag, Zeichen von Bewusstlosig-keit, Fieber und entzündliche Symptome bei der Gelbsucht vor. Die gelbliche Färbung stellt sich oft gleich anfangs, oft auch erst nach einigen Wochen ein, und bleibt nicht selten hartnäckig zurück, nachdem auch die übrigen Symptome ge­hoben worden sind.
Bei der Section findet man, ausser den Zeichen des all-
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(54nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Terdanung.
gemeinen Leidens, hauptsächlich organische Veränderungen in der Leber, wie Verhärtungen, Abscesse, Tuberkel, Hydatiden und Egel, Gallensteine (diese drei selten bei Pferden).
In einem Falle fand man bei einem Hunde , der an Gelbsucht gelitten, nachdem er überfahren worden, den Duetus choledoehus zerrissen und ob-literirt, dabei viel gelbes Wasser in der Bauchhöhle. (Jonm. prat. 1828). Ich fand bei Hunden meist die Galle verändert, dick, pechartig, ihre Auf­lösung war mehr roth als grün oder braungelb, die Leber selbst ziemlich normal.
Die Behandlung der idiopathischen Gelbsucht erfordert neben leicht verdaulichem Futter, innerlich bittere, gewürz­hafte Mittel, Aloë, auch Asafoetida und Terpentinöl (inner­lich und als Einreibung), wo aber Stockungen und entzündliche Symptome sich äussern, Calomel, Tartar, emet. und Quecksilber-Einreibungen in die Lebergegend.
Man unterstützt die innerlichen Mittel durch passende Klystiere, und hält die Thiere gut bedeckt. Die Nachbehand­lung hat es vorzüglich mit Stärkung der Verdauung im Allge­meinen zu thun.
Youatt empfiehlt bei EindTieh, gegen die anfangs entzündlichen Sym-tome Aderlass, Epsomsalz zu 1—l'/s Pfund, nöthigenfalls mit 10 Gran Cro-tcn-Nuss, Opium oder Digitalis, je zu '/s Drachme um den Krampf (?) zu heben. Bei chronischer Gelbsucht des Rindviehs ist vor Allem ein Laxans (Bittersalz mit Gewürz), oder aber Aloë angezeigt; Leigh empfiehlt Aloë mit venetianischer Seife und Terpentin; ein Anderer Senfmehl in Dosen von 2 Unzen, täglich 2—3 Mal.
Symptomatische Gelbsucht kommt bei mehreren fieber­haften Krankheiten, z. B. dem Gallenfieber, Gallenruhr, Rinder­pest, Leberentzündung (acute), der Influenza (bösartigen Lungen-und Leber-Entzündung) , ferner bei acutem Koller vor. Die Be­handlung richtet sich zunächst nach der aligemeinen Krankheit, rauss jedoch öfter dieses Symptom berücksichtigen.
b) Vermehrte Gallen-Absonderung.
Sie hat durch vermehrte Reizung des Darracanals meist Durchfall zur nächsten Folge, und gibt durch Resorbtion eines Theils der überflüssigen Galle zu symptomatischer Gelbsucht und den daselbst genannten Krankheitszuständen Veranlassung, deren Behandlung sich nach dem allgemeinen Zustande richtet. Unter den Mitteln, welche die Gallen-Absonderung beschränken, ist hauptsächlich Crem, tartar, zu nennen (ausserdem die die
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Veränderte Galleuabsomlerung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ß'y
Secretionen überhaupt beschränkenden, adstringirenden, metal­lischen Mittel, z. B. Sachar. satum., Eisenvitriol u. dgl.). Die Gallen-Absonderung wird vermehrt durch Brech- und Pargir-Mittel.
Dass man z. B. in der Rinderpest (üebergälle) aber aneh in andern Krankheiten, die Gallenblase so sehr angefüllt findet, rührt nicht sowohl von der vermehrten Secretion von Galle her, als davon, dass sie im Darmcanal nicht gebraucht wird, weil die Verdauung unterbrochen ist, wesshalb sich die Galle in der Gallenblase anhäuft.
c) Veränderte Gallen-Ahsondet~ung.
Die Galle ist eine so complicirte Flüssigkeit, dass Ab­änderungen in ihrer Zusammensetzung schwer mit Bestimmtheit als krankhaft nachzuweisen sind; indessen darf die Bildung der (beim Rinde nicht seltenen) Gallensteine und der röhren­artigen Concremente von kalkiger Beschaffenheit in den Gal­lengängen (des Rinds) als von einer qualitativen Abänderung der Galle abhängig angenommen werden.
Nichts lässt das Vorhandensein von Gallensteinen in der Gallenblase von lebenden Thieren erkennen; verstopfen sie me­chanisch den gemeinschaftlichen Gallengang, so können Stö­rungen der Verdauung und Gelbsucht entstehen,' wie wenn zu wenig Galle abgesondert würde, oder diese durch Rücksaugung wieder inquot;s Blut käme.
Die Gallensteine des Rindes und Pferdes sind theils rund­lich, theils eckig (würfel- oder pyramidenförmig), aussen braun­grün, innen safran- oder pomeranzenfarb, leichter als Wasser, aber unauflöslich in demselben, dagegen in Kalisolution löslich.
Das Steckenbleiben von Gallensteinen im Duct, choled. hat Symptome von Gelbsucht, verbunden mit Fieber, Schmer­zen, Mangel an Appetit, grossen Durst, Verstopfung u. s. w. zur Folge.
Birnbaum beobachtete während zwei Jahren ein Pferd, das oft an Appetitlosigkeit, chronischer Unverdaulichkeit, leichten Koliken mit hartnäcki­ger Verstopfung litt. Die Schleimhäute waren gelblich gefärbt, Athem und Puls normal; der Mist war nach jenen Anfällen blassgelb, schlecht verdaut wie Schweinsmist riechend; später magerte das Thier bei gutem Futter und massiger Arbeit ab. An einem heftigen Kolikanfall krepirte es, durch innere Verblutung aus dem varicösen Pfortaderstamm. Im Gallengang war eine Masse gelben, dicken Schleimes, und über 400 Gallensteine, davon der grösste wie eine Wallnuss; die innere Haut des Duet. chohdochus war an einzelnen Stellen inkrnstirt. Die Gallensteine waren sehr zerbrechlich, bestanden aus Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5
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6(jnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Verdauung.
Schichten, aussen graubraun, innen gelb; ihre Hauptbestandtheile waren Gallenharz und brauner Farbstoff der Galle.
Chariot fand bei einer Sjährigen sehr magern Kuh mit gelben Schleim­häuten, trockenem Mist, Schmerz in der rechten Seite u. s. w., bei der Sec­tion einen Gallenstein von 15 Unzen; seine Bestandtheile -waren Margarin­säure, grünes bitteres Harz, Kalk und Bittererde.
Bei dem am 18. Februar 1839 getodteten 26jährigen arabischen Hengst Bairactar, der nur circa 30 Stunden krank gewesen [anfangs wie Kolik, konnte dann nicht mehr aufstehen, zeigte aber nie Symptome von Gelbsucht u. dgl.], fand ich 15 eckige Gallensteine zusammen 6l/j Drachmen schwer. Die Le­ber war klein, aber gesund.
Wo sich tiele Egeh\ürmer in den Gallengängen befin­den (besonders bei Schafen), ist die Galle in der Regel auf­fallend wässerig, so dass sie manchmal kaum gefärbt erscheint.
Egelkrankheit (Cachexia Utero-verminosa V. fr. Pourriiure, Cachexie
aguéuse).
Literatur: Gentilis Ärnulphus (bei Haller citirt, schrieb 1542, Froman (Observ. de verminoso iu Ovibus et Juvencis invento hepate) in Miscell, natnr. cur. 1675, Schäfer die Egelschnecken in den Lebern der Schafe 1753. Bilhuber (1791), Waldinger (1818), Bürgermeister 1833) (s. auch Fäule).
Knütz, häufig mit der Fäule oder Bleisucht, eigentlich Wassersucht als identisch genommen, weil beide oft zugleich vorhanden sind, auch Anbruch genannt, worunter man übri­gens in manchen Gegenden die Räude der Schafe versteht.
Die Egelkrankheit trifft hauptsächlich Schafe, seltener Rindvieh oder Schweine, jene gewöhnlich als Enzootie, diese eher einzeln und nur nach besonders nassen Jahrgängen seu­chenartig; sie ist fieberlos, langwierig, gerne mit Gelbsucht oder Wassersucht complicirt, und durch die Ueberfüllung der Gallengänge mit Egeln (Distoma hepaticum und lanceol.) charakterisirt.
Sowohl vermöge seiner allgemeinen Keigung zu lympha­tischen Leiden, als seiner Haltung als Waidevieh ist das Schaf vorzugsweise zu dieser Krankheit disponirt, und eine vorherr­schende Anlage ist bei Lämmern, die von egelkranken Müt­tern abstammen, nicht zu läugneu. Isach Gerlach sollen die Egel im Frühjahr abgehen; die Schafe können sich dann den Sommer über erholen, gehen aber im folgenden Winter bei dürrem Futter zu Grunde.
Einzelne Egelwürmer trifft man in sehr vielen sonst gesunden Schafen
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Egelkrankbeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;57
an, seltener bei Rindvieh und Schweinen; beim Pferde und Esel kommt die­ser Eingeweidewurm am seltensten vor.
Die Symptome sind die allgemeiner Schwäche, des Blut­mangels, der Gellisucht und zuletzt auch der Wassersucht. Der Anfang der Krankheit wird gewöhnlich übersehen, und erst wenn die Section einiger gefallener Stücke das Vorhandensein der Egelkrankheit nachgewiesen hat, vermuthet mau mit Grund, dass der übrige Theil der Heerde mehr oder weniger an dem­selben Uebel leide. Trägheit, Mattigkeit, bleiche oder gelb­lich gefärbte Haut und Bindehaut des Auges, Mangel an Ela-sticität der Wolle, die sich leicht ausraufen lässt, schmutzige Maulschleimhaut, lockere Zähne, Auftreibung des Bauches in der Lebergegend, weiches Misten, endlich oedematöse An­schwellungen unter der Haut, Wassererguss in der Bauchhöhle (Fäule) bezeichnen die Egelkrankheit, welche Monate (und mit Unterbrechungen von meist scheinbarer Besserung Jahre lang) dauern kann.
Die Section zeigt klares Wasser im Zellgewebe unter der Haut, ferner in Menge in der Bauch- und (selten) Brusthöhle, wesentlich aber die mit verdickten Häuten versehenen Gallen­gänge vollgestopft von Egeln, die bis 1quot; lang und */, his ll2quot; breit, dabei platt und graugrünlich sind. Die Gallen­blase enthält wenig Würmer, dagegen ziemlich viel wässerige, fast färb- und geschmacklose Galle. Die Leber ist oft ver-grössert, verhärtet, selten mürbe, und enthält manchmal neben­bei Hydatiden. Die Gallengänge sind oft verdickt, incrustirt, seltener erweitert und erweicht; an der Oberfläche der Leber findet man kleine Löcher (nach Will und Dittrich), in der Flüssigkeit Distomer-Eier. Gerlach hält jene Löcherfür die Ein­gangsstellen der jungen, mit dem Futter aufgenommenen Egel; mir scheinen sie durch den Druck der innen angehäuften Egel hervorgebracht. Die Eingeweide sind blass, blutleer, fettlos. Bei jungen Thieren ist.manchmal der Darmcanal zugleich voll von Band- und Rundwürmern. (Taenia expansa, Strongylus contortus, filicollis, liypostomus, cernuus, und Trichocephalus nffiiiis).
Die Ursache der Krankheit liegt hauptsächlich in unzu­reichender Fütterung (namentlich im Winter), in schlecht be­schaffenem Futter, karger, oder nach Ueberschwemmungen sumpfiger Waide mit Binsen und Seggen (Juncus, Carex). An
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68nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
solchen nassen Stellen steht oft die Vegetation üppig und wird besonders von ausgehungertem Vieh begierig gefressen, bringt aber in kurzer Zeit die Krankheit hervor (Verhüten). Ferner beschuldigt man das Liegen auf feuchtem, kaltem Boden (Pfer­chen) , die Lysimachia numularia (die übrigens hauptsächlich an schattigen, nassen Stellen-wächst); Nebel, Sumpfluft. Nach neueren Ansichten kommen die Egel von aussen in die Thiere; sie müssen somit (oder ihre Brut) in nassen Jahren, oder an sumpfigen Stellen in grosser Menge vorhanden sein, in den entgegengesetzten Verhältnissen dagegen fehlen.
Die Behandlung ist nur da einzuleiten, wo das Uebel noch keine organische Veränderung in den Eingeweiden her­vorgebracht hat, und wo zugleich die Ursachen vermieden wer­den können; ausserdem ist zeitiges Schlachten vortheilhafter. Bittere, stärkende und wurmwidrige Mittel werden in Form einer Lecke gereicht (Enzian, Wermuth, Kalmus , Eichenrinde, Eisen­präparate, namentlich Eisenvitriol und Eisenoxyd, selbst Ber­linerblau (leichter assimilirbar) — dazu Fichtensprossen, Ter­pentinöl, Steinöl, Hirschhornöl — geröstetes Körnerfutter und Kochsalz. Einige empfehlen besonders Kalk oder Kalkmilch mit Zusatz von etwas Steinöl, Andere dagegen sahen von sehr verdünnter Salz- oder Schwefelsäure guten Erfolg.
Spinola fand 1845 die Egelkrankheit seuchenartig unter dem Rind­vieh in Polen und Russland herrschend, zugleich mit der Rinderpest, In Württemberg herrschte die Krankheit 1851—52 bedeutend (Rep. 1852); in Preussen 1852—54 (G. amp; H. Suppl. 1855).
Das Fleisch der nicht im höchsten Grade kranken Thiere ist ohne Nachtheil geniessbar, obwohl von geringerem Werthe und daher unter der Taxe zu verkaufen.
Distoma hepaticum ist am häufigsten, und zwar vorzugs-weise bei Wie­derkäuern , aber auch beim Hasen, Eichhorn, Biber, Pferde , Esel, Sch-wein und selbst beim Menschen gefunden -worden; das viel kleinere und schmä­lere Distoma lanceolatum kommt oft mit jenem zugleich vor, und unterschei­det sich durch zwei einfache Därme, während jenes zwei verästelte Därme besitzt.
0. Krankhaft gestörte Verrichtung der Bauch­speicheldrüse.
Es lässt sich nach der Analogie annehmen, dass die Bauch­speicheldrüse ähnlichen Störungen in'ihrer Verrichtung unter­worfen sein wird, als andere zur Verdauung beitragende (na-
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Vergiftnng.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;69
mentlich die Speichel-) Drüsen. Steinartige Concremente sind anch im Ausfdhrungsgang der Bauchspeicheldrüse beobachtet worden. Indessen sind weder die Symptome bekannt, an wel­chen dergleichen Störungen zu erkennen wären, noch die Mittel, welche dagegen anzuwenden sein möchten.
P. Vergiftung.
Meist schnell eintretende Lebensgefahr, durch kleine Quan­titäten (entweder chemisch oder dynamisch) stark wirkender Substanzen.
Es ist hier blos- von den Giften die Rede, die auf dem Wege der Ver­dauung in den Körper gekommen sind; Vergiftung kann aber auch durch die Respiration, durch die Resorbtion der Haut, oder durch directe Beimischung ins Blut stattfinden; eben so wenig ist hier von thierischen Giften, Conta-gien, Miasmen und vergifteten Wunden, die ins Gebiet der Chirurgie gehä­ren, die Bede. Die Literatur ist reich an einzelnen Fällen von Vergiftung von Haustbieren; insbesondere sind die zahlreiihen Versuche von Orfila in Paris und vonHertwig in Berlin (s. dessen Arzneimittellehre) zu erwähnen; Weiss hat im Rep. XI—XII die Pflanzengifte zusammengestellt.
Jedes stärker wirkende Arzneimittel kann durch grosse Gaben oder unzeitige Anwendung zum Gift werden; selbst ge­wöhnliche Nahrungsmittel können, wenn sie durch Fäulniss, Gährung, Schimmel oder Frost Zersetzungen erlitten haben, Vergiftungen hervorbringen.
Die Symptome der Vergiftung sind je nach der giftigen Substanz, welche sie veranlasst, der Menge-und der Verbin­dung derselben, dem Zustande des Thiers und besonders der Thierart sehr verschieden. Manche Gifte bringen neben der allgemeinen Wirkung noch besondere Symptome durch ihre spe-cifische Wirkung auf gewisse Organe hervor, aus denen man auf die angewendete Substanz schliessen kann.
Die pflanzenfressenden Hausthiere sind gegen Pflanzen­gifte, besonders narcotische, nicht sehr empfindlich; mehrere dieser letzteren verlieren, wie auch die scharfen Pflanzen, durch das Trocknen einen grossen Theil ihrer Wirksamkeit, und es sind daher grosse Mengen davon erforderlich, um bei einem Pferd oder Rind Vergiftungssymptome hervorzubringen. Fleisch­fressende Thiere sind gegen beiderlei Pflanzengifte, narcotische wie scharfe, weit empfindlicher; sie sind aber der Vergiftung durch dieselben weniger ausgesetzt, weil es gegen ihre Natur ist, da­von zu fressen.
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70nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Verdauung.
Zu den narcotischen Pflanzengiften gehören: Digi­talis purpurea, Nux vomica (Frucht), Taonis hacata (Eibeu-baum, Blätter oder Zweige), Hyosciamus niger (Bilsenkraut), Atropa belladonna (Tollkirsche), öoniimi maculatum (Schier­ling), Cicuta virosa (Wütherich), Papaver Rhoeas (die un­reifen Köpfe für Rindvieh und Schafe) Solanum nigr. (Nacht­schatten), Datura strammonium (Stechapfel), Lactuca virosa (Giftlattich), Oenanthe crocata, verschiedene Species \on Aco-nitum (Eisenhütchen), und von Nicotiana (Tabak), einige Pilze, z. B. das Mutterkorn (Seeale cornutnin), so wie das aus den unreifen Köpfen des Papaver somniferum erhaltene Opium, ferner der in alten Oelkuchen (/.. B. von Bucheckern, nach Chancel und Virey auch von Mandeln) sich entwickelnde giftige Stoff, der Kirschlorbeer (Prunus laurocerams), oder bittere Mandeln u. dgl., letztere namentlich für kleine ITaus-thiere und Geflügel.
Als scharfe Pflanzengifte sind anzuführen: Veratr. alb. und nigr. (Nieswurzel oder Germer, die Wurzel und Blätter) verschiedene Species von Hellehorus (z. B. viridis, foetidus, niger, Christwurz), mehrere Ranunkel- (Hahnenfuss) Arten, die Zeitlose (Colchicum autumnale), alle Euphorbien, mehrere Pilze und Schimmelarten, Rhiis toeeicodendron (Giftsumach) u. s w., Pfeffer für Schweine, auch wenn er nicht in die Luftröhre kommt, wie Viborg angibt.
Von allen diesen Pflanzen (und noch von manchen schwä­cheren oder seltener vorkommenden) sind bei den verschiedenen Hausthieren, besonders den grosseren, Vergiftungen beobachtet worden, obgleich von den meisten derselben manchmal grosse Gaben ohne Nachtheil ertragen wurden. Es hängt nämlich sehr viel davon ab, ob die giftige Pflanze allein oder in Ver­bindung mit vielen andern unschädlichen Pflanzen gefressen wurde, ob sie in den leeren oder in den angefüllten Magen kam u. s. w. Unter den pflanzenfressenden Hausthieren sind die Ziegen am wenigsten gegen Pflanzengifte empfindlich. Vgl. Delafond's Abhandlung über die Blutkrankheit der Schafe; übersetzt von Hertwig 1844.
Mineralische Vergiftungen sind bei den grössern Hausthieren selten, theils weil dergleichen Gifte schwer zu be­kommen sind, theils weil das Pferd und Rind verhältnissmässig äusserst grosse Gaben derselben (z. B. von Arsenik s. Rep.
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Vergiftung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;71
IX.) ertragen können. Die kleineren Hausthiere, namentlich Hunde, Katzen und Geflügel, welche aus Abfällen und Win­keln öfters schädliche Substanzen, oder für Ungeziefer be­stimmte, vergiftete Nahrungsmittel auffinden, oder endlich ab­sichtlich vergiftet Werden, unterliegen nicht selten kleinen Ga­ben der mineralischen Gifte.
Unter den Stoffen thierischen Ursprungs ist Phosphor am häufigsten Ursache von Vergiftung kleinerer Hausthiere oder des Geflügels.
Im Allgemeinen äussert sich die Vergiftung durch plötzliches Aufhören des Appetits, grosse Kiedergeschlagenheit. Unruhe, Schmerzen im Hinterleib, Erbrechen (beim Schwein, Hund), Auftreibung des Bauchs, Verstopfung oder Durchfall (letzterer manchmal blutig oder mit Zwang und Aftervorfall verbunden), beschwerliches Athmen, unterdrückte Harnauslee­rung, trockene, steife Haut, struppiges Haar u. s. w.
Hiezu gesellen sich nun, je nach der Art des Giftes ent­weder Symptome der Magen- und Darmentzündung, mit schnel­lem, kleinem, unregelmässigem Pulse, gerötheten Schleimhäuten des Mauls, der Nase und der Augen, schneller Uebergang in Brand u. s. w., oder aber es stellen sich gleich nervöse Zei­chen: Betäubung, Zähneknirschen, Zuckungen, Starrkrampf, Lähmung, Scheintod u. s. w. ein, welche in verhältnissmässig kurzer Zeit den Tod herbeiführen.
Bei der Section findet man: das Blut theerartig, schwarz, in verschiedenen Organen mehr oder weniger angehäuft, die Häute des Magens und Darmcanals, meist plattenweise, ent­zündet, brandig, die innere Haut hie und da corrodirt (bei scharfen Giften, Arsenik u. s. w.). Infiltration des Zellgewebes zwischen der Muskel- und Schleimhaut (oft Zoll dick, sulzig), Blutunterlaufung am Herzen und den grossen Gefässstämmen, seltener an den Nieren, oder im Hirn- und Eückenmark (bei narcotischen Giften); bei langsamerem Verlaufe: Auflösung des Fetts, Zusammenschrumpfen des Darmcanals u. dgl.
Diagnose, woman die Veranlassung, Substanz u. s. w. nicht kennt, unsicher. Prognose ebenso, meist ungünstig. Wo mehrere Thiere zugleich erkrankt sind, kann man eines derselben tödten, um die giftige Substanz im Magen aufzu­suchen (was bei Pflanzentheilen und namentlich bei Wieder-
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Krankheiten der Verdauung.
käuem nicht sehr schwierig ist); mineralische Gifte sind auf chemischem Wege auszumitteln.
Behandlung. In den meisten Fällen wird eine Vergif­tung blos vennuthet, selten ist man darüber in Gewissheit, und noch seltener weiss man sogleich die Substanz, mit wel­cher die Vergiftung geschehen ist. In solchen Fällen verfährt man nach den vorhandenen Symptomen, und sucht vor Allem die schädliche Substanz auf dem kürzesten Weg wieder aus dem Körper zu schaffen, daher zuerst: Brechmittel (bei den sich erbrechenden Thieren); wäre von selbst Brechen eingetre­ten , so sucht man es zu unterhalten, durch Einschütten von lauem Wasser, Milch u. dgl; bei allzustarkem Brechen : Brause­pulver, und kleine Gaben besänftigender Mittel (z. B. Opium-tinctur, Bilsenkrautextract). Bei den einmagigen Pflanzenfressern könnte man die Anwendung der Magenpumpe versuchen, und mittelst derselben eine grosse Quantität Flüssigkeit in den Magen bringen und dieselbe wieder herausziehen. Ausserdem sind hauptsächlich einhüllende (ölige, schleimige, mehlhaltige) Einschütte, besonders Milch, sämmtlich in grösserer Menge beizubringen. Vermuthet man ein narcotisches oder scharfes Pflanz-engift, so sind Pflanzensäuren , z. B. Essig, saure Milch, Weinsteinauflösung (besser wirken gerbstofihaltigeMittel), angezeigt. Bei den Wiederkäuern sind indessen die Symptome von solchen Vergiftungen gewöhnlich nicht sehr heftig und werden entweder anfangs übersehen oder verkannt. Eben dess-halb sind auch Vergiftungen durch kleine, aber öfter wieder­holte Gaben gefahrlicher als durch eine grosse Gabe. Sobald der Puls das Beginnen der Entzündung andeutet, ist ein Ader-lass vorzunehmen und innerlich Bittersalz, Glaubersalz u. s.w. in schleimigem Vehikel zu reichen.
Auch gegen mineralische Gifte, die zunächst nicht nä­her zu bestimmen sind, werden ölige und schleimige Mittel angewendet, wo man das Gift nicht auf mechanische Weise wieder entleeren kann. Ist hingegen die giftige Substanz be­kannt, so sind je nach dem Zeitpunkt, in welchem die Behand­lung unternommen wurde, statt der einhüllenden Mittel solche zu wählen, welche das noch im Magen befindliche Gift che­misch zersetzen, oder seine schädliche Eigenschaft neutralisiren, oder wenn ein Theil desselben bereits resorbirt ist, den üblen Folgen entgegen zu wirken im Stande sind. Diese Mittel sind
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Vergiftung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;fe9
nun nach der Beschaffenheit des mineralischen Giftes sehr ver­schieden.
Gegen kaustische Alkalien und Erden sind im Allgemei­nen verdünnte Säuren, gegen concentrirte Säuren dagegen ver­dünnte Auflösungen von Alkalien nützlich; gewöhnlich tritt aber die reizende Wirkung jener Stoffe so plötzlich ein, dass man es mehr mit den Folgen (Corrosion, Entzündung u. s. w. des Mauls, Schlunds und Magens) zu thun hat. Da bei den Vergiftungen alles auf schnelle Hülfe ankommt, so sind die­jenigen Mittel, welche gleich bei der IIand sind, selbst wenn sie andern an Wirksamkeit nachstehen, vorzuziehen.
Von den Metalloxyden und Salzen sind die meisten (Eisen und Braunstein ausgenommen) giftig, die wenigsten aber leicht zu haben, daher nur die gewöhnlicheren anzuführen sind.
Arsenik (weisser, arsenige Säure) wird zersetzt durch: Zuckerwasser, Kalkwasser in Menge, starkes Seifenwasser, Koh­lenpulver in Wasser, schwefelwasserstoffhaltiges Wasser; Ei­dotter mit viel Wasser gerührt; Eisenoxydhydrat (frisch berei­tet, und circa 12mal so viel, als die Dosis des Arseniks betragen haben mochte), besser noch Liq. fern oxydati acetici, welcher auch gegen arseniksaures Kali wirkt, während jenes nur gegen arsenige oder Arsensäure. Zweifach Schwefeleisen­hydrat, frisch calcinirte oder durch Aetzkali aus Bittersalz frisch niedergeschlagene Magnesia. Oel ist nicht zweckmässig bei Arsenikvergiftung; die Thiere sterben schneller als solche, die kein Oel erhalten hatten, üeberhaupt hindert Oel die Wir­kung später gegebener chemischer Gegengifte. Bei Arsenik­vergiftungen, die zu den häufigeren gehören, hängt das Meiste davon ab, ob der Arsenik in Substanz oder aufgelöst in den Körper kam. In letzter Form ist schon '/j Drachme (nach meinen Versuchen) im Stande ein Pferd zu tödten, und kommt selbst die Fuchs'sche Mischung (Eisenoxydhydrat mit Magnesia calcin.) fast immer zu spät.
Quecksilber-Sublimat: dagegen Eiweiss, Milch, Lein-samendecoct, Kleber (Mehl) oder Gallerte (Leimauflösung); gegen langsame Quecksilber-Vergiftung, z. B. durch rothes Quecksilberoxyd (Mere, preec. rubr.), — Dünste, Salben und dgl. wird Schwefelleder oder Schwefel und Salpeter zu gleichen Theilen empfohlen.
Kupfersalze, z.B. schwefelsaures oder kohlen- und essig-
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74nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Verdannng.
saures Kupfer (blauer Vitriol, Grünspan): dagegen Zucker­wasser, oder Zucker m Milch, Eiweiss in Wasser aufgelöst; Eichenrinde- oder Galläpfeldecoct.
Spiesglanzsalze, z. B. Brechweinstein: dagegen Gerbe­stoff, (Abkochungen von Eichenrinde, Galläpfeln) Chinin.
Bleioxyde und Salze, z.B. Bleiweiss, Bleizucker, Blei-extract: dagegen schwefelsaure Salze (Bittersalz, Doppelsalz, Alaun); bei Bleikolik, neben diesen Opium.
Zinksalze, z.B. schwefelsaurer Zink (weisser Vitriol): Milch, Gerbstoff.
Gegen Silbersälze, z.B. Höllenstein:-Kochsalz. Gegen Barytsalze (anfiösliche): schwefelsaure Salze. 'Ferner ist hier anzuführen: Blausäure, eines der tödtlichsten Gifte, besonders für kleine Hausthiere, Vögel u. dgl., wogegen Einathmcn von Am­moniakgas, Chlorgas (oder Einschütten einer schwachen Auf­lösung von Salmiakgeist, Chlorkalk); feiner eine Mischung von schwefelsaurem Eisenoxydul und schwefelsaures Eisenoxyd mit kohlensaurem Katron gefällt, empfohlen wird: die Wirkung der Blausäure ist jedoch meist zu schnell, um mit Erfolg etwas dagegen unternehmen zu können.
Strychnin (der wirksame Stoff der Nux vomicd) wird durch Jodtinctur oder eine Auflösung von Jod und Jodkali in Wasser, ferner durch Tannin, Chlorwasser, zersetzt; ebenso der giftige Stoff von Aconit, Belladonna, Schierling, Tabak, Nies­wurz, Colchicum, aber nicht der Digitalis. (Durch die Narcose mit Aether oder Chloroform habe ich die heftigen Wirkungen des Strychnin unterbrochen und dadurch Zeit gewonnen, Brech­mittel und dgl. anzuwenden. Rep. XIII. Günther empfiehlt Opium in gleicher Absicht, Gerlach rühmt die Belladonna.) Gegen Phosphorvergiftung wird gebrannte Magnesia, Schleim, Eiweiss empfohlen; die Gegenmittel kommen aber meist zu spät, da die Wirkung des Phosphor sehr rasch eintritt.
Gegen Vergiftung durch Canthariden: Schleim in Menge (kein Oel), Campher, Opium.
Besondere Fälle von Vergiftung.
Bleivergiftung, erzootische: sog. Haukrankheit bei Rindvieh an dem Bleiberge im Kreise Schieiden (Rheinpreussen), beobachtet von Kreis-Thier-arzt Fuchs.
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Besondere Fälle Ton Vergiftung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 75
Anfangs Aufhören oder Wechseln der Fresslust, bei un-regelmässigem oder ganz sistirtem Wiederkauen; normaler oder vermehrter Durst; Mist selten, fest, manchmal völlige Ver­stopfung, wenig und heller Urin. Die Thiere stehen zurück, das Haar ist gesträubt, der Kopf gesenkt, der Rücken ge­krümmt, die Magengegend etwas gespannt, der Schwanz zwi­schen die Hinterbacken eingeklemmt, der Puls ist härtlich, zu­sammengezogen, wenig vermehrt, der Herzschlag fühlbar; stierer Blick- ohne Röthung der Bindehaut und der übrigen Schleim­häute , zuweilen Zähneknirschen. Körperwärme vermindert, Athmen ungestört, Bewegung ziemlich frei. Dieses erste Sta­dium der Krankheit hatte eine verschiedene Dauer, doch selten über 3 Tage, sodann trat deutliches Fieber mit wechselnder Temperatur des Körpers, beschleunigtem Puls, deutlich fühl­barem Herzschlag, etwas beschwerlichem Athmen, vermehrter Röthe der Schleimhäute ein. Das Zähneknirschen wird häufiger und aus dem stets kauenden Maule fliesst zäher Speichel (daher „Haukrankheitquot;!). Die Augen sind unbeweglich und werden selten geschlossen, selbst wenn man sie berührt. Ap­petit, Wiederkauen und Darmentleerung aufgehoben. Es ent­stehen Zuckungen, die sich vom Hintertheile nach dem Hals und Kopf hin verbreiten, während das Thier leise stöhnt. Hie-zu kommt ein merkliches Schwanken mit dem Hintertheil, wenn das Thier gehen soll. Nachdem dieses zweite Stadium 2, 3 bis 4 Tage gedauert hat, bleibt das Thier im dritten Stadium fortwährend liegen, die Convulsionen dauern fort, der Bauch wird aufgetrieben und das Thier krepirt unter Krämpfen und beschwerlichem Athem mit offenem Maule.
Section: Die Leber blass und mürbe, der Pansen auf­getrieben von Luft, der Löser hart, sein Inhalt trocken, wie sandig, die innere Haut desselben schwarz, leicht ablösbar, die übrigen Häute und die Gedärme überhaupt mehr oder weniger stark geröthet.
Ursache: wahrscheinlich Bleisand, der durch Wind oder Ueberschwemmung auf die Pflanzen zu liegen kommt und mit denselben auf der Waide verschluckt wurde.
Behandlung: im ersten Stadium: Aderlass, erweichende Klystiere, laues Kleien- oder Gerstenmehl-Getränke und alle 2 Stunden Glaubersalz in Leinsamendecoct. — Selbst im zwei­ten Stadium waren diese Mittel noch von Nutzen. Bei einer
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76nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Verdauung.
Bleivergiftung zweier Kühe eines Färbers durch Bleizucker beobachtete Beiderlinden (1. c. 1834 p. 76) heftige Kolik, rollende, hervorgetriebene Augen mit stark gerötheter Conjunc­tiva. Der Tod trat nach 4—5 Tagen ein. Die Section zeigte im Allgemeinen: Entzündung und totale Verengerung des Darm-canals, der einen dicken gelben Schleim enthielt. Das Futter im Löser vertrocknet. Caliens beobachtete Vergiftung von Vieh durch Bleiasche (Belg. Journ. 1847). Van Dommelen sah die Vergiftungssymptome 11 Tage dauern, von Genuss von Oelfarbe mit Bleiweiss; ausser gestörter Verdauung und ent­zündlicher Aufregung im Gefässsystem, war auch Unaufmerk­samkeit bei der erkrankten Kuh zugegen. Holl. 1853. Ver­giftung an 24 Stück durch Abfälle von Bleiweissfabricken. Holl. 1851. Die Bleivergiftung von Thieren in der Nähe von Blei­bergwerken (Lead Hills) hat Wilson schon 1754 in Edinhurg Observations beschrieben.
Prinz theilt in Gurlt und Hertwig's Magazin I. Bd. p. 283 die Krankengeschichte von 10 Stücken Bindvieh mit, die statt Antimon, crud. Blei-zacker (1 Pfund) während 3 Tagen bekommen hatten. 2 Kühe und 1 Kalb krepirten am 5ten Tage (nach éSstündiger Behandlung) unter heftiger Kolik ; eine weitere Kuh mit Zufällen von Eingenommenheit des Kopfes und Ease-rei; 3 Kühe bekamen Fieber, Zuckungen und wurden am 5. bis 6. Tage so erschöpft, dass eine krepirte, die beiden andern geschlachtet wurden, die 4 weitern Stücke blieben von der Kolik befreit, erholten sich schon am 3. Tage, bekamen aber nach 5 Wochen einen juckenden Ausschlag mit Ausfallen der Haare über den ganzen Körper (eine Kalbin bekam periodische Fieber an­falle , die andere Husten, und wurden beide geschlachtet); der Ochse wurde plötzlich von einer Lähmung der Gliedmassen befallen und sofort getödtet, das zweite Kalb bekam neben dem Hantauschlag mehrere Kolikanfälle und krepirte.
Section: Meteorismns des Bauchs, geröthete, stark hervorgetriebene Angen, bläuliche Zunge, Mastdarm hervorgetrieben, mit sulzigem Wasser unterlaufen, und von schwarzem Blute verunreinigt, die Häute der Mägen und des Zwölffingerdarms stellenweise geröthet; die Leber aufgerieben, dunkel-rotb, die Gallenblase vergrössert, mit dünner Galle gefüllt. Milz gesund, am Uterus Spuren von Entzündung. Die Lunge entzündet, ohne angeschwollen zu sein; bei einer Kuh die Hirnhäute stark geröthet; bei dem Ochsen die Schleimhaut des Mastdarms 1 Elle lang brandig.
Langsame Vergiftung durch Kupfer- (Arsenik-) Dampf. In England beobachtet man in der Nähe von Kupferschmel­zen , dass das daselbst waidende Rindvieh, auch Schafe, seltner Pferde, bedeutende Anschwellungen der Gelenke durch An-füllnng der Kapseln mit Synovia (so auch der Sehnenscheiden)
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Kupfervergiftung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;77
bekommeiL, welche nach längerer Dauer sich verdickt und zu­letzt zu Verknöcherungen, Steifigkeit der Gelenke u. s. w. - führt. Man beschuldigt den auf den Pflanzen sich niederschla­genden Dampf (der hauptsächlich Arsenik enthält), daher quot;die Krankheit auch vorzugsweise auf solchen Waideplätzen beobach­tet wird, über welche dieser Rauch vom Winde hingetrieben wird. Die Behandlung ist ohne Erfolg, so lange die Ursache fortfährt zu wirken; Versetzung in eine andere Gegend oder Localität ist die wesentliche Bedingung der Heilung in den Fällen, wo noch keine Verknocherung eingetreten ist.
Auch in Belgien soll in der Nähe der Zinkschmelzen das Rindvieh an einer ähnlichen Krankheit leiden. (Die Kranken­geschichte zweier Pferde, welche durch Versehen Saatkorn ge­fressen hatten, das mit Kupfervitriol-Auflösung befeuchtet wor­den war, s. Schw. Archiv X.)
Vergiftung durch Fleisch- nnd Häringsl acke (Pöckel).
Die Fälle sind nicht selten, in welchen Schweine, aber auch andere Hausthiere daran zu Grunde gingen. Es ist, selbst durch angestellte Versuche nicht nachgewiesen, ob die Ver­giftung der Menge des genossenen Kochsalzes und Salpeters (von dem für sich allein auch schon Todesfälle hervorgebracht worden sind) oder einem beigemischten thierischen Stoffe (Fett­säure, Wurstgift) zuzuschreiben ist. Frische Salzlacke wirkt entweder nicht schädlich oder blos wie Salz; alte Brühe ist viel wirksamer, allein die untere (fettarme) Flüssigkeit war ebenso schädlich, als die obere (fettreiche). Die Symptome sind: Er­brechen, Entzündung des Darmcanals, Durchfall, Zittern, Krämpfe, Lähmung. Reynal empfiehlt dagegen: Aderlass, innerlich Schleim, äusserlich kalte Begiessungen, Senfteig (Rec. 1855). Stockfleth wandte Aderlass, kalte Umschläge auf den Kopf, innerlich Opium, Asafötida, zugleich Klystiere an; indessen tritt der Tod oft zu frühe ein, ehe die Mittel gehörig gewirkt ha­ben können (Daen. 1856).
Nach den neuesten Untersuchungen von Schlossberg e ƒ ist es sehr wahrscheinlich, dass sich ein flüchtiges Alcaloid, dem Nicotin und Coniin ähnlich, durch die Zersetzung der thierischen Substanzen bildet (Wurstgift).
(Mehrere Fälle von Vergiftung mit Salz, Salpeter und Pöckelbrühe s. in Jahresber. 1851, 52, 54—56).
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78nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Lymplisystems.
ZWEITE OßDNUNG. Krankheiten des Lymphdrüsen-Systems.
Die Lymphe kann sowohl nach Menge als Beschaffenheit verändert sein; dies ist aber meist local (z. B. Eiter, Blut, eiweissartiges Gerinnsel in den Lymphgefässen) oder ein Symp­tom allgemeiner Krankheiten, z. B. der Wassersucht, jeden­falls aber am lebenden Thiere schwierig oder unmöglich zu erkennen. Ebenso erleidet die Thätigkeit der Lymphgefiisse und der Lymphdrüsen Störungen, wodurch die Resorbtion ver­zögert wird und Anschwellungen der Theile enstehen. In den meisten Fällen geht zunächst eine krankhafte Absonderung in einem mit lymphatischen Gefässen versehenen Gewebe voran; durch Resorbtion gelangt sie in die nächste Drüsengruppe, welche nun davon afficirt wird, anschwillt, verhärtet, degene-rirt u. s. w.; so schwellen die Kehlgangsdrüsen bei catarrhali-schen Krankheiten an, so die Gekrösdrüsen bei fehlerhafter Chylusbereitung.
Eine besondere Anlage zu lymphatischen Krankheiten schreibt man dem jungem Alter zu, und unter den verschie­denen Hausthieren: dem Pferdegeschlechte, dem Schafe und dem Hunde.
Ursachen: verdorbenes, modriges, staubiges Futter, un­reines Wasser, Mangel an reiner Luft und an Pflege; Schwäche der Verdauung; unterdrückte Absonderungen, sogenannte Schär­fen des Bluts, Contagien.
Symptome: Auftreibung, Verdickung Verengerung und Obliteration der Lymphgefässe, häufiger: Anschwellung, Ent­zündung, Verhärtung, seltner: Eiter- oder Tuberkelbildimg in den Lymphdrüsen. Hiedurch leidet die Resorbtion und die Blutbereitung, daher Wasseransammlungen (Oedeme, all­gemeine Wassersucht) und Abzehrung nachfolgen. Auch Hautkrankheiten (Flechten, Krätze, chronische Mauke u. s. w.), so wie Jseigung zu scirrhösen Verhärtungen und Krebs hängen mit tiefer gehenden oder veralteten Störungen im Lymphsystem zusammen.
Die Behandlung im Allgemeinen hat auf Beseitigung der Ursachen auszugehen, ferner den Gesammtzustand des Orga-
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Darrsucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 79
nismus zu heben (durch gutes Futter und Getränke, frische Luft, Wiederherstellung unterdrückter Secretionen, z. B. der - Hautausdünstuug), vorhandene Stockungen aufzulösen, durch locale und allgemeine Mittel. Hiehergehören: die Quecksilber­und Jodpräparate (meist blos äusserlich, wegen der ohnediess gesunkenen Ernährung), innerlich die Spiesglanzmittel, Braun­stein, Schwefel, Kohle, Chlor.
Die als Scrophel umi Tubercul o se bezeichneten Krankheitszustände sind bei den Thieren weit seltner als bei Menschen ; sie kuinmen in verschie­denen Theilen des Körpers, bald oberflächlich (z. B. als heisses Oedem bei Rind­vieh am Halse und den Gliedmassen in eine Art Elephantiasis übergehend, oder beim Pferde als Hautwurm), bald in den Eingeweiden vor und sind meist mit fehlerhafter Blutbereitung verbunden. Bei längerer Dauer oder grösserer Ausbreitung sind diese Zustände meist als unheilbar zu betrachten, obgleich sie nicht jedesmal lebensgefäblieh sind.
Unter 12 Pferden mit Lymphgefäss-Entzündung sind 8 als geheilt auf­geführt in der Wiener Klinik. Die Behandlung bestand in Mercunalsalbe und Bilser.krautöl (Wien VII).
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A. Darrsucht (Atrophia lactanfium Ad.).
Literatur: Anker (Schw. Archiv. V.); ein Schweizer Thierarzt in Hoch-stetters Zeitschrift 1830, ]. und 2. Heft. Ryebner in seiner Encyclo-pädie, Peterka (Busch I.) Strauss (Wien 1831) Träger (Füllen­krankheiten 1839). Ma zure (in Hell. 1853).
Abmagerung und Schwinden der Kräfte bei fortdauernder Fresslust, von Entartung der Gekrüsdrüsen herrührend. Haupt­sächlich bei jungen Thieren.
Die Darrsucht ist besonders bei Füllen beobachtet und mit der Füllenlähme als identisch betrachtet worden; sie ist häufig mit letzterer (Geschwülste der Gelenke u. s. w.) verbun­den, ebenso mit Durchfall, kommt aber auch ohne sie vor und wird daher als besondere Krankheitsform aufgeführt.
Füllen werden gerne in den ersten Wochen ihres Lebens selten erst im Laufe des zweiten oder dritten Jahres von der Darrsucht befallen. Sie zeigen wenig Munterkeit, ernähren sich nicht gehörig, haben glanzlose struppige Haare, ziehen etwas auf, sind aufgeschürzt oder haben einen schlaff herab­hängenden Bauch und geröthete Schleimhäute, bei trockener, belegter Zunge. Der Puls ist etwas vermehrt, der Herzschlag stärker fühlbar als im gesunden Zustande, sieathmen schneller und kurz, mehr mit den Bauchmuskeln, ohne die Rippen und Nasenlöcher stark zu bewegen. Der Appetit dauert fort, aber
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. gOnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Lymphsystems.
ohne Energie, die Harnsecretion ist unverändert, drr Mist theils trocken, theiis flüssig. Gang schleppend, Jiegen viel, geringe Aufmerksamkeit. Kuch etlichen Tagen vermindern sich die fieberhaften Symptome, das Athmen wird ruhiger, die Fress­lust scheint zuzunehmen, allein das Thier bleibt traurig, ma­gert immer mehr ab, bekommt einen stinkenden Durchfall und krepirt ohne Convulsionen nach 8—10 Tagen. Bei langsamem Verlaufe zeigt sich manchmal wenige Tage vor dem Tode Licht­scheu, Thränen und Entzündung im Innern der Augen mit Erguss. Bei altern Füllen sind die Krankheitserscheinungen weniger in die Augen fallend; indessen bleibt der Appetit ver­änderlich, die Abmagerung nimmt zu, das Haar ist struppig, der Rücken gekrümmt und es stellen sich öfters leichte Koli­ken, gewöhnlich mit Durchfall ein, an denen die Thiere zu­letzt zu Grunde gehen.
Während der Abnahme des Fiebers erscheinen gerne die Entzündungen der Gelenke, welche die eigentliche Füllenlähme charakterisiren und eine Ablagerung der Krankheit nach Aussen (nach Strauss nicht) darzustellen scheinen; ausserdera kom-plicirt sich die Darrsucht mit dem hitzigen Wasserkopf, mit Catarrh- und gastrischen Fiebern, Hals- und Lungenentzün­dung; mit Krämpfen und Lähmungen.
Section; speckige Vergrösserung der Gekrösdrüsen, an­fangs blos des Dickdarms, später auch des dünnen Darms; manchmal Eiter, Jauche oder Blut in denselben; ebenso die Bronchialdrüsen; die Schleimhaut des Dickdarms aufgelockert, grünlich oder grau und braun, der Inhalt theils harte, theils flüssige Faeces: Dünndarm normal oder mit röthlichen Streifen, leer. Bei altern Thieren, die an Kolik eingingen, neben den grössern Entartungen der Lymphdrüsen, Entzündung des Ma­gens, einzelner Darmpartieen, des Bauchfells, Lympherguss im Abdomen u. s. w.
Anlage: Eine besondere Anlage zur Darrsucht ist offen­bar bei den Saugfüllen vorhanden und beruht wahrscheinlich auf der grosseren Reizbarkeit und Empfindlichkeit dieser Thiere gegen äussere Einflüsse. Indessen ist es ziemlich sicher, dass manche den Keim der Krankheit schon mit auf die Welt brin­gen, was auch daraus erhellt, dass in Jahrgängen, in denen die Darrsucht sich häufiger einstellt, gewöhnlich auch das Ver­werfen öfter vorgekommen ist. (Früher kränkelnde, und oft
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Darrsucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gl
galt gehende Stuten bringen auch Füllen mit grösserer Dis­position zur Darrsucht).
Ursachen: a) entfernte, duröh die Mntterthiere auf den Embryo und das Saugfüllen wirkend: unzureichendes oder ver­dorbenes Futter, rauhe Witterung, schneller Temperaturwechsel besonders während dem Haaren der Mutterthiere; Abhärtung; b) nähere, auf das junge Thier direct wirkende: Erkältung je­der Art (daher Anker das zu frühe Beschälen verwirft, wo­gegen Strauss behauptet, die Darrsucht verschone auch die im Mai und Juni geborenen Füllen nicht), fehlerhafte Milch, schlechte Ställe und Pflege; Entziehung des Colostrum?; hier­aus entwickelt sich ein Catarrh des (Dick-) Darms, gleichzeitig mit Entzündung der Gekrösdriisen, oder Durchfall; der Chylus ist übel beschaffen (daher Stockung in den Gekrösdrüsen, Ent­artung derselben) , er wird nicht gehörig assimilirt, somit man­gelnde Ernährung, Abmagerung, Auszehrung.
In dem durch trockene, beisse Witterung ausgezeichneten Sommer 1857 gingen im Hauptgestüte M. mehr Füllen als je an verschiedenen Formen der Lähme, Darrsucht, Diarrhöe u. s. -w. zu Grunde, obgleich auf Fütterung, Pflege u. s. w. alle Sorgfalt verwendet wurde. Viele Füllen im Alter von 4—12 Wochen hatten zahlreiche Abscesse in der Lunge, das Blut war auf­gelöst, die Leber meist erweicht.
Diagnose: nicht besonders schwierig, da meist mehrere Thiere zugleich leiden und die Complicationen leicht zu er­kennen sind; bei altern Thieren ist Verwechslung mit Wurm­leiden * oder mit Lungenknoten (JPhthisis tuberculosa) möglich, letztere aber an dem beschwerlichen Athmen, Husten u. s. w. zu unterscheiden.
Prognose: meist ungünstig, da die scheinbar Durchge-seuchten gerne später noch zu Grunde gehen.
Therapie: bei entkräftendem Durchfall und entzündlicher Reizung des Darmcanals: warme Decken, guter Stall, Einrei­bung am Bauch von Camphorgeist, OZ. tereb., selbst Cantha-ridensalbe (bei altern Fohlen: Fontanell); schleimige, ölige Kly-stiere; innerlich bei gelindem Durchfall: Altheadecoct mit Moob
* Kreisthierarzt C oll ig führt einen Fall an von Abmagerung einer vor­her gesunden 6jährigen Kuh, bei fortdauernder Fresslust und ohne auffallende Krankbeitszeichen. Sie musste zuletzt getödtet werden. Bei der Section fand man keine krankhafte Veränderung an den Fingeweiden, sondern blos einen Bandwurm von 30 Fuss Länge und '/x Zoll Breite {Taenia dentieulata) (s. rh. Vet.-B. 1836).
H e i' i u g, Fstholegie,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 6
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82nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Lymphsystems.
sambnei (Strauss) und bei säuerlichem aschgrauem Mist, mit Magnesia oder Kreide (zu 2 Scr. pro dosi, dreimal des Tags) (Rheum verwirft Str.), gerösteten Kaifee zu '/s U. p. d. (nach Träger und Bachmann) bei stark fühlbarem Herzschlag: Zu­satz von etlichen Gran Campher. Ein gelinder Durchfall,, der von selbst eingetreten, ist nicht zu unterdrücken. No 11 em­pfiehlt Aderlass, selbst bei ganz jungen Füllen, innerlich Kitr. in schleimigem Vehikel und ein Fontanell an die Brust. Bei Catarrh- und gastrischem Fieber, Darmentzündung: Enzian mit Sal. amar. ('/4—'/s Unze) in Schleim, im hühern Grade: Salpeter (zu Vi—1 Dr. mit Althéa und Moob. samb. 3—4 Tage lang); bei Gelenkgesclrwülsten (neben der äusserlichen Behandlung derselben) Schwefel mit Calmus neben den antiphl. Mitteln. Im weitern Verlaufe wurde Angelika, Baldrian, Cam-phei', 01. tereb., Digitalis, Opium, auch Calomel und Sulph. aurat. ohne Erfolg angewandt. Mazure empfiehlt Leberthran, allein er wirkt wohl zu langsam (es gingen 9 von 10 zu Grunde). Peterka räth bei 2—3jährigen abgemagerten Foh­len neben bittern, gewürzhaften Mitteln mit Wein und Brannt­wein hauptsächlich die Transfusion von Blut zu 1 Pfund (bei älteren 2 Pfd. p. med.), allein seine Beschreibung der Operation mittelst eines gläsernen Cylinders u. dgl. beweist, dass er sie wohl nie gemacht hat (oder auf die möglichst ungeschickte Weise).
Vorbauung: auf Vermeidung der Ursachen (die nicht immer bekannt sind) beruhend.
Wie bei älteren Thieren fast ohne bemerkbares Leiden sich bedeutende Degenerationen im Lymphdrüsensystem bilden können, beweist folgender Fall:
Ein 16'/Jähriger Maulthierhengst krepirte am 7. Oct. 1839, nach kur­zen Aeusserungen von Kolik. Er soll nie krank gewesen sein, mit Ausnahme eines vor einem Jahr überstandenen gastrischen Fiebers; übrigens hatte das Thier seit langer Zeit einen auffallend dicken Bauch, und war doch daneben mager. Bei der Section fand ich den Magen und Darmcanal gesund und voll Futter; am Bauchfell waren zahlreiche Lymphdrüsenähnliche Auswüchse von verschiedener Grosse, kurz gestielt, hreitgedrückt, am Netz traubenförmig und in grosser Menge. Die vordere Gekröswurzel (Gekrösdrüsen des Dünn­darms) bildete eine enorme, bis in die Beckenhöhle reichende Geschwulst, die heranspräparirt 90 Pfund p. civ. wog: das Innere derselben war theils fibrös, theils speckig, meist aber hirnähnlich; hie und da kleine Höhlen, die etliche Löffel voll röthliche Lymphe (Chylus ?) enthielten, andere grössere Höhlen (wie Mannsfaust) waren mit einer gekochtem Blut ähnlichen Masse gefüllt. Leber, Milz und Nieren gesund; der linke Hoden sehr gross und scirrhös, der rechte geschwunden, an beiden ähnliche Auswüchse wie am
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Druse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;33
Bauchfell. In der Brusthöhle etwas Wasser; die Lungen gesund, aher etwas zusammengedrückt (Repert. I., eine ähnliche Beobachtung ebd. III. und im Rec. 1840; alle drei von Maulthieren; Degeneration der Gekrösdrüsen zu­gleich mit Bauchwassersucht bei einem Pferde (Lyon 1851, desgl. Rep. XVI. S. 9).
B. Druse. (Adenitis Scrophula equorum. Morbus glan-dulosus. Ad.) katarrhalisch-lymphatisches Fieber?
Literatur: Aeltere Schriften von Bouwinghausen (1776), Sander (1799), E. Viborg (1801), Erdelyi (1813), Tenneker (1820); neuere von Hertwig (Berl. Encycl. 1834), Haubner (G. amp; H. IX.), Traeger Jugendkrankheiten (1830, und G. amp; H. I. u. X.), Moussis (Ree. 1838), Charlier (Rec. 1847). Bouley u. Reynal (Rec. 1849). Duvien-sart (Belg. 1849).
Eine dem Pferdegesclilecht eigenthümliclie, katarrhalisch­lymphatische, ansteckende Krankheit, welche vorzugsweise junge Thiere befällt, womit die Disposition zu dieser Krankheit oft für längere Zeit oder lebenslänglich aufgehoben wird.
Die Beobachtung, dass die Fohlen in dem Alter von 1—3 Jahren am häufigsten in die Druse verfallen, hat Veranlassung gegeben, sie als eine Jugendkrankheit anzusehen, obwohl die Fälle nicht selten sind, in denen ältere Pferde davon befallen werden. Selbst in Gestüten, welche 6—8 Jahre von der Druse verschont blieben, haben nach dem Ausbruche derselben alle inzwischen herangewachsenen Pferde, die die Krankheit früher nicht überstanden hatten, dieselbe bekommen; und nicht selten leiden zu gleicher Zeit die älteren Thiere zum zweiten- und drittenmal daran, obgleich weniger heftig (die Franzosen heissen die Druse der älteren Pferde: falsche Druse.). Der Unterschied zwischen der Füllendruse und der Druse der erwachsenen Pferde ist unwesentlich. Ob die Druse von Strengel, Kehlsucht u. dgl. wesentlich verschieden sei oder nicht, darüber sind die Ansichten getheilt, und es hängt damit die Meinung einiger namhafter Thierärzte zusammen, dass die Druse' ein und .dasselbe Thier mehrmal befallen könne. Indessen unterscheidet sich die Druse von ähnlichen Leiden durch die entschiedene Neigung Eiter (Abscesse) zu bilden.
Die Ursachen der Druse mögen dieselben sein, welche katarrhalische Leiden überhaupt hervorrufen, nämlich schneller Temperaturwechsel in der Atmosphäre, Erkältung der Haut oder des Darmcanals (durch kaltes Saufen). Ist nun in den
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Krankheiten des Lymphsystems.
jungen Thieren eine, durch ihre Entwicklungsstufe (und viel­leicht das Zahnen) bedingte, besondere Neigung zu dergleichen Krankheiten vorhanden, so bedarf es in der Regel geringer äusserer Veranlassungen, um sie zum Ausbruch zu bringen. Veränderung des Aufenthalts und der Lebensweise, z. B. das Aufstallen 4—5j ähriger Waidepferde zum Dienst hat gewöhn­lich bei denselben eine druseähnliche Krankheit zur Folge, die der stärkeren Nahrung, dem ungewohnten Dienste und seinen Folgen zugemessen werden muss. Bouley sieht die Druse als einen Ausstoss überschüssiger oder schädlicher Stoffe an, die durch ein Missverhältniss zwischen der Aufnahme und dem Verbrauch der Stoffe entstanden sein sollen (herausfüttern).
Eine weitere Ursache der Druse ist die Ansteckung. Es ist sicher, dass manchmal die Druse durch einzelne davon be­fallene, selbst kurz genesene Fohlen auf andere Ställe und selbst entferntere Fohlen- und Gestütshöfe verschleppt wurde. Das blose Zusammenleben Kranker mit Gesunden hat häufiger Ansteckung zur Folge als z. B. das Beschmieren der letztern mit dem Nasenausflüss der Drusekranken. Es scheint indessen die Ansteckungsfähigkeit nicht in jedem Stadium der Krankheit gleich intensiv zu sein. Donnarieix behauptet die Druse stecke im Beginn häufiger an, als wenn sie ganz entwickelt sei (Rec. 1849).
Der Charakter der Druse hängt theils von dem Gesund­heitszustand der Fohlen, theils von den äussern Einflüssen, de­nen sie ausgesetzt sind, ab; sind letztere, namentlich die Witterung, günstig (warm, trocken), so verlauft die Krankheit äusserst leicht und gutartig: sind dieselben aber ungünstig (kaltes stürmisches Wetter, kalte Ställe u. s. w.), und haben die jungen Thiere früher an Diarrhöe, Lähme u. dgl. gelitten, so ist oft langwieriges Siechthum und nicht selten der Tod die Folge.
Nach dem Verlauf, dem muthmasslichen Ausgang, den Complicationen u. s. w. hat man eine gutartige, bösartige, bedenkliche, entzündliche, verschlagene Druse u. a. m. ange­nommen. laquo;
a) Chttartige Druse.
Diese Form unterscheidet sich von den übrigen durch die Regelmässigkeit ihrer Symptome und den acuten, in 14 Tagen
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Drnse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;85
bis 4 Wochen beendigten Verlauf. Ein leichter Fieberanfall, der öfters übersehen wird, befallt das Thier, welches nach einigen Tagen etwas Ausfluss aus der Nase bekommt, zugleich mit Husten und massiger Anschwellung der Ganaschendrüsen; diese bilden einen oder etliche bohnen- bis nussgrosse Abscesse, welche aufbrechen und wieder heilen; inzwischen ist der Nasen-fluss dicklich geworden und hat allmählich nachgelassen. Meist beobochtet man Veränderungen in der Beschaffenheit des Mists oder des Harns. Nicht selten äussern die Thiere im Beginne der Krankheit leichte Kolikschmerzen oder Harnbeschwerden.
Indessen ist der Fieberanfall bei manchen Erkrankten ziem­lich heftig, und von Traurigkeit, Mangel an Appetit, Abge­schlagenheit, merklicher Röthung der Nasenschleimhaut und der Bindehaut des Auges begleitet; es bildet sich eine An­schwellung des die Kehlgangsdrüsen umgebenden Zellgewebes, die den Raum zwischen den Hinterkieferästen ausfüllt und nicht selten das Schlucken und Athmen stört. Nach etlichen Tagen zeigt sich, unter Abnahme des Fiebers, ein weisslicher, dicker, grünlicher Nasenausfluss in ziemlicher Menge, welcher als Crise erscheint; die Geschwulst im Kehlgaug zertheilt sich selten, sondern bildet einen (manchmal mehrere) ziemlich langsam rei­fende Abscesse, die entweder von selbst die Haut durch­brechen, oder mit der Lancette geöffnet werden; das Auf­brechen derselben nach innen (in den Rachen) kommt seltener vor. Der Eiter des Abscesses ist gewöhnlich gelb, dick, rahm-artig, hie und da etwas blutig; er hört nach einigen Tagen von selbst auf zu fliessen, und die Wunde schliesst sich. Grosse Abscesse und starker Nasenausfluss sind nicht selten zugleich vorhanden. In allen diesen Fällen ist der Verlauf ein günsti­ger zu nennen; das Thier erholt sich bald und vollständig, ja es erlangt dadurch einen höhern Werth, weil es voraussicht­lich längere Zeit oder für immer vor der Krankheit geschützt ist, die, wenn sie wiederkehren sollte, doch meist gelinde auftritt.
In dieser Form bedarf die Druse blos der diätetischen Behandlung: Vermeidung von Erkältung und Nässe; eine gleichförmige Temperatur des Stalls (bei guter Witterung der Aufenthalt im Freien); leicht verdauliche Nahrung (Mehlwasser, Kleie), höchstens einige salzige oder schleimige Mittel in Lat­wergenform, oder besser im Trinkwasser. Ein sehr zweckmäsgi-
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86nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Lymphsystems.
ges Hausmittel, selbst für hartnäckigere Fälle von Druse ist das Füttern von Wallnussblättern (theils zerschnitten, theils als Abkochung der Kleie beigemengt). Das Einathmen von Wasserdämpfen, mittelst eines Futtersacks, in welchem sich an­gebrühte Gerste oder dergl. befindet, ist den Thieren beschwer­lich, und da es nicht lange fortgesetzt werden kann, von keinem wesentlichen Nutzen; im Gegentheil wird denselben durch un­geschicktes Verfahren nicht selten die Nase und das Maul verbrüht.
Blutentziehungen sind, selbst wenn das Fieber anfangs et­was stürmisch auftreten sollte, meist entbehrlich; sobald aber der Nasenausfluss begonnen hat, sind sie unbedingt schädlich, stören diese Crise und geben zu gefahrlichen Versetzungen der Krankheit (besonders zu Abscessen der Lunge) Anlass. Die Geschwulst im Kehlgang mag bei kalter Witterung mit einem wollenen Lappen bedeckt werden; wäre sie sehr empfindlich und heiss, kann man sie mit grauer Quecksilbersalbe einreiben. Manchmal bleibt diese Anschwellung längere Zeit unverändert stehen und lässt den Uebergang in Verhärtung eher befürchten, als in Zertheilung oder Eiterung; alsdann ist eine kräftige Zug­salbe sehr geeignet, letztern Ausgang herbeizuführen und den ganzen Verlauf abzukürzen. Das Aufbrechen des Abscesses über-lässt man am besten der Natur'; wenn aber dringende Symptome dessen Oefihung erheischen, so mache maE[ den Einstich gross genug, dass er sich nicht zu schnell wieder schliesse und spä­ter neue Ansammlungen von Eiter eine Wiederholung nöthig machen. Die üngefährlichkeit der Aderlässe wird in Turin be­hauptet, dagegen der Waidegang für nachtheilig gehalten (Tu­rin I).
Die Drusenpulver, welche theils prophylactisch, theils curativ meist als Hausmittel angewendet werden, sind wegen der Unsicherheit ihrer Zusam­mensetzung und der Qualität der dazu verwendeten Arzneistoffe eher nach­theilig als nützlich. Ihre Hauptbestandtheile sind Schwefel, Spiessglanz,,bit­tere und aromatische Fflanzentheile, auch schwefelsaures Natron.
J) Verschlagene oder herumziehende Druse.
Literatur: Cherry (grosser Abscess am Mastdarm) Vet. 1854, Barlow (Äb-scesse am Schlnndkopf und an der Brustpartie des Schlunds (ebd.) Le­wis (Himabscess) ebd. Hering, Kep. XVII. S. 7.
Wenn der natürliche Verlauf der Druse durch Erkältung, Nässe, unzeitige Behandlung u. s. w. gestört wird, so bilden sich Anschwellungen an andern Theilen des Körpers, welche sich
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Druse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;87
wie die Geschwulst im Kehlgang verhalten, d. h. gewöhnlich in Eiterung übergehen. Solche erscheinen theils unter der Haut am Halse, am Brustbein, dem Widerrist, der Schulter, den Hin­terschenkeln, theils an drüsigen Organen, wie der Ohrspeichel­drüse, den Achseldrüsen, den Hoden. Meist ist dabei der Na-senausfluss gering; das bereits vorübergegangene Fieber macht nicht selten einen neuen und heftigeren Anfall.
Auch auf die Lunge wirft sich die verschlagene Druse und veranlasst Hepatisation derselben, oder Abscesse und Wasser-erguss. Lafosse sah häufig Abscesse in der Bauchhöhle nach der Druse (Toul. 1852). In einem Falle fand ich mehrere Tu­berkel und kleine Abscesse im Gehirn.
Die entstandenen Geschwülste sind meist als Metastasen zu betrachten, durch welche der im Körper befindliche Krank-heitsstoff ausgestossen werden soll; sie müssen daher wo mög­lich in Eiterung versetzt werden. Dessen ungeachtet wiederholen sie sich nicht selten an andern Orten, wodurch der Verlauf der Krankheit sehr hinausgezogen wird, das Thier durch die Eite­rung herabkommt und in Cachexie verfällt, während die Ge­schwülste der Drüsen und des Zeligewebs eine jauchige Flüs­sigkeit sickern.
In der verschlageneu Druse sind innerlich Mittel, die spe-eifisch auf das Lymphsystem und die Drüsen wirken und die gestörte Hautfunction wiederherstellen, anzuwenden, und zwar bei entzündlichem Zustand: Salmiak oder Brechweinstein, wo aber wenig oder kein Fieber mehr zugegen wäre, oder dieses in den asthenischen Zustand überginge; die schwefel- und spiessglanz-haltigen Mittel {Flor, sulphuris, Antim. crud., Hepar. antim., Sulph. aurat. ant) in Verbindung mit bittern, gewürzhaften und ähnlichen Mitteln. Bei längerer Dauer wirken oft harntreibende Mittel (Ql. tereb., Pix liquidei), und bei öfterem Wechsel des Sitzes der Geschwülste Fontanelle oder Eiterbänder (auch das Castriren) gut.
Die Anschwellungen sucht man, wenn sie oberflächlich lie­gen, durch warmes Verhalten, Cataplasmen mit Conium und Lein­samen, oder Einreibungen von Cantharidensalbe (wenn sie teigig und wenig schmerzhaft sind) in Eiterung zu bringen; tiefe oder an gefahrlichen Stellen liegende Geschwülste dagegen durch Quecksilbersalbe mit Ammonium zu zertheilen.
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88nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Lymphsystems.
c) Bedenkliche oder verdächtige Druse.
In dieser Form der Druse behält sie ihren ursprünglichen Sitz in der Riechhaut und dem Kehlgang, wird aber chronisch und der allgemeine Zustand des Thiers geht in den der Schwäche über. Die Nasenschleimhaut ist blass, gelblich, oder rothgefleckt, der Ausfluss in geringer Menge, flockig, käseartig, oft missfarbig und übelriechend, die Kehlgangsdrüsen sind nicht sehr gross, aber hart, unschmerzhaft, oft an den Kinnbacken festsitzend. Ist diese Anschwellung und der Nasenausfluss einseitig, letzterer dabei klebrig, so dass er sich an die Ränder des Nasenlochs wie getrockneter Kleister anlegt,, so ist der Uebergang in den Rotz zu befürchten. Diese Erscheinungen können Monate lang ohne merkliche Veränderung fortdauern, und das Thier sich so­gar manchmal im üebrigen erholen, indem es frisst und gut verdaut, auch munter ist; meist aber ist struppiges, glanzloses Haar, unvollständiges Abhären, Abmagerung, Husten n. s. w. zu bemerken.
Chronischer Catarrh der Sinus, fremde Körper in der Nase, Zahnfisteln u. s. w. können Anlass zu Verwechslung mit chro­nischer Druse geben.
In solchen Fällen sind die zu b) angegebenen Mittel mit Ausdauer anzuwenden, auch wohl Wasser- und Theerdämpfe, thier. Kohle (nach Wal ding er) oder Chlorgas (Rep.XVlII) zur Verbesserung des Nasenausflusses auf die Nasenschleimhaut zu bringen; dabei gute Nahrung und reine Luft. Nähert sich die Krank­heit dem Rotze, so kann man die bei diesem Uebel angewendeten Mittel versuchen. Hayne empfiehlt das Einblasen lebendigen Kalks in die Nase, Mercurial-Einreibungen in die äussere Na­sengegend, innerlich grosse Gaben von 01. tereb., (1—1 % Unze täglich) mit Canthariden (10 Gran) oder Bleizucker (1 Drachme). Die Prognose ist indessen immer zweifelhaft. Das Ausschnei­den der verhärteten Drüsen nützt nichts; es wird manchmal zu Verheimlichung des bedenklichen Zustandes unternommen, und der einseitige Ausfluss durch Einspritzung adstringirender Mittel oder Verstopfung des Nasenlochs betrügerischer Weise unter-drükt.
Mehrere Fälle von herpetischen Geschwüren auf der Nasenschleimhaut, aber auch die Umgebung der Nasenöffnangen, die Lippen. Augenlider befallend sind von Dard (Rec. 1840), Ee'ynal (Rec. 1849), Jacob (Lyon 1849), JJouley (Rec. 1855) und Heiing (Rep. 1855) beschrieben und von letzterem
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Druse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;89
als Aphthen der Riechhaut, von Bö 11 (in Wien YI) als foliculäre Geschwüre und Croup bezeichnet worden.
In einigen seltenen Fällen hat man in der Druse Geschwüre in der Nase beobachtet, die aber oberflächlich waren und. keine speckige Ränder hatten, wie die Rotzgeschwüre. Innerlich Conium, nebst Einspritzung von verdünn­tem Grflnspanhonig {Unguent, aegypt.) heilten sie in 8—10 Tagen. (Stiker.) Uebrigens heilen sie gewöhnlich von selbst.
Den üebergang der gutartigen oder acuten in die chronische oder verdächtige Druse nennt die Wiener Schule bedenkliche Druse; den Ausdruck bösartige Druse gibt sie dem acuten Rotz, s. dies.
Da schon die gutartige Form der Druse, besonders für jün­gere Thiere, ansteckend ist, und desshalb Vorsichtsmassregeln erfordert, ist dies noch mehr bei der bösartigen Druse der Fall, die völlige Trennung der Kranken von den Gesunden erheischt.
Wo die Druse einen sehr gutartigen Character zeigt und die äussern Umstände günstig sind, kann es vortheilhaft sein (z. B. in Gestüten), die Krankheit einzuimpfen (Toggia, früher Viborg.).
d) Gomplicationen der Druse.
Das leichte, die gewöhnlichen Formen der Druse anfangs begleitende Fieber steigert sich manchmal sehr und die Ent­zündung der Nasenschleimhaut verbreitet sich über den Rachen, die Luftröhre und selbst bis zur Lunge (sogen, entzündliche Druse). Hier zeigen die Thiere die Symptome der Hals- oder Luftröhrenentzündung (Angina, Bronchitis), neben denen der Druse. Die Behandlung muss sich nach dem dringenden üebel richten, und es kann z. B. bei heftigem Ergriffensein der Lunge anfangs ein Aderlass nöthig werden. Ausserdem ist hier auf ableitende Reize besonders Rücksicht zu nehmen.
Eine andere Complication ist die mit Anschwellung der Ohrspeicheldrüse (Parotitis), oder mit Entzündung der Schleim­haut der äzwms oder Nebenhöhlen der Nase, und der Luftsäcke, in welchen der abgesonderte Eiter oder Schleim gerne abartet, wodurch zu Rotz-Verdacht Anlass entsteht (vgl. diese Krank­heiten).
Auch mit gastrischen Symptomen (Verstopfung u. dergl.) mit Augen- und Hodenentzündung und, wiewohl selten, mit acutem Koller complicirt sich die Druse.
Die Druse soll in Spanien selten und in Afrika nie vorkommen, auch in mehreren Provinzen Rnsslands fast unbekannt sein. Huzard nimmt die
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90nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Lymphsystems.
Fütterung mit Gerste und Stroh (statt Haber und Heu) als Ursache dieser Verschonung an. Auch Rodet versichert, dass die Pferde in Italien, Spa­nien, Egypten und Arabien nie an der Druse leiden, so lange sie in ihrem Vaterland bleiben.
Druse bei Rindvieh.
Unter diesem Namen beschreibt Lafosse eine Krankheit, die mit der Entwiklung und dem Zahnen zusammenhängend, das Rindvieh bis zum fünften Jahre befällt und sich durch die Bildung kalter Geschwülste und Abscessen mit gutartigem Eiter, meist in der Nähe der Ohrspeicheldrüse, oder am Halse, der Schulter u. s. w. auszeichnet. Diese Geschwülste können Mo­nate lang fortbestehen, brechen endlich auf, kommen aber gerne wieder, so dass sich das Leiden über ein Jahr hinausziehen kann. Bei der Behandlung hat man auf Erweichung und Eiter­bildung (scharfe Salben, Feuer) hinzuarbeiten; zuletzt kann die Exstirpation des Balges nothwendig werden (Toul. 1853). Diese Krankheitsform scheint in Deutschland selten vorzukommen (Rothenbusch sah in Preussen ähnliches G. amp; 11. 1855), da­gegen trifft man nicht selten bei Rindvieh eine Vergrösserung und Degeneration der Lymphdrüsen an verschiedenen Theileii des Körpers, jedoch ohne Neigung zur Eiterbildung.
Als Kropf des Büffels beschreibt Jauvet in Rom eine typhusähnliche Krankheit. Rep. XVI.
C. Rotzkrankheit, Pferderotz.
Ozaena. Malleushumidus. Veget? Piorhinrea, Rhinocarcinoma. Am Fach. Coryzavirulenta, Hof. Morbus lymphaticus malignus. Ad. Literatur: französische: Lafosse (1750), Huzar d (1769), Chabert (1796), Collaine (1812), Dupny (affection tubereuleuse 1817), Marel (1823), Delafond (1838), Leblanc (1839), Bouley; englische: Coleman, White, Clark, Percivall, Vines (1833); dänische: Viborg (1797 und 1802);
deutsche : Sind(l780), Steinhof (1795), Wolstein (1807), Tscheulin (1812), Lappe (1816), Waldinger (1820), Schwab (in kl. Beiträge 1826), Walch (1831). Eine Zusammenstellung über die Rotzkrankheit von Dr. Heyfelder in den Jahrbüchern der phil.-med. Gesellschaft in Würzburg. I.Band. 1828. Ritter, Heidelb. Annal. 11. Bd. With in seinen gemischten Abhandlungen (dänisch) 1856.
Die Rotzkrankheit entwickelt sich ursprünglich bios in der Pferdegattung und ist durch eigenthümliche Geschwüre auf der
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Eotzkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;91
Nasenschleimhaut, Verhärtung der Kehlgangsdriisen und Tuber­keln in den Lungen bezeichnet. Der Verlauf ist meist sehr lang­wierig, selten acut. Ansteckend, äusserst selten heilbar.
Ursachen. Der Kotz entsteht theils aus andern Krank­heiten, theils durch Ansteckung, am seltensten durch die Zu­sammenwirkung schlechten Futters, ungesunder Ställe, Mangel an Raum und reiner Luft, Unterdrückung der Hautausdünstung, Strapazen u. s. w.
Die Selbstentwicklung des Rotzes ist weit seltener, als man glaubt; dagegen ist es besonders die Druse, welche, durch un­günstige äussere Einflüsse in ihrem regelmässigen Verlauf ge­stört, chronisch wird (verdächtige, bedenkliche Druse), und allmählig in Rotz übergeht; wenn die Drüsenanschwellung hart, einseitig, festsitzend, unschmerzhaft, die Nasenschleimhaut blass und fleckig ist, und der Nasenausfluss klebrig, einseitig, das Thier einen dumpfen Husten hat, übrigens frisst und fieberlos ist, so geht die Druse in Rotz über. Es steht mehr oder we­niger lange an, so sieht man in der Nasenhöhle Geschwüre, welche den sogenannten Chankergeschwüren ähnlich sind, d. h. speckig, mit aufgeworfenen Rändern, unregelmässiger Gestalt, und langsam um sich fressend, sowohl in die Peripherie als in die Tiefe. Diese Geschwüre bilden sich nicht immer, wie Du-puy behauptete, aus Tuberkeln, welche aufbrechen, sondern sie sind anfänglich oft ganz oberflächliche Erosionen der Schleimhaut, die man oft erst dann deutlich sieht, wenn man die angegriffene Schleimhaut in Wasser legt, durch welches der Schleim aufge­lockert und weggeflösst wird.
Man hat in neuerer Zeit die Geschwüre nach ihrem (schon der Zeit und dem Charakter des Leidens nach) verschiedenen Aussehen unterschieden in: 1) blose Erosionen, 2) rolliculär-Verschwärung, 3) diphtheritische Geschwüre mit croupösem Exsudat, 4) tuberculose Geschwüre. Die beiden erstem sind nach Brukmüller (Wien 1852) die selteneren Formen, die letzte die häu­figste (45 in 82 Fällen); die diphtheritischen Geschwüre kommen (1854) ohne Lungentuberkel vor. Nach Will und Dittrichs' Untersuchungen gehört der Rotz zu den Tuberculosen, die zugleich vorkommenden aphthösen (Erosionen) und croupösen Formen werden aus ihrer Verwandtschaft mit jenen erklärt. (Kr. 1851.) Virchow (Zoonosen 1854) findet das Eigenthümliche des Rotzes in der Eruption von Knoten auf der Riechhaut, der Haut (bei Wurm) und in der Lunge; sie haben die grösste Aehnlichkeit mit Tuberkel, sollen aber doch davon verschieden sein. Die Rotzgeschwüre gleichen sehr den tubercu­losen Geschwüren des Menschen; die Lungenknoten können erweichen und ulceröse Phthisis darstellen. Der gebildete Rotzeiter ist nach V. frei von eigenthümlichen Formbestandtheilen, während gewöhnliche Abscesse vollständige
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92nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Lymphsystems.
Eiterelemente enthalten. — Es geht hieraus die Thatsache hervor, dass die Kotzgeschwüre ein verschiedenes Aussehen haben können, und dass der Na-senausfluss (Rotzeiter) microscopisch keine characteristischen Bestandtheile enthält, welche zur Diagnose der Krankheit dienen könnten.
Die Geschwüre heilen manchmal von selbst oder auf ange­wendete Mittel und bilden alsdann sternförmige, weisse Narben; inzwischen entstehen meist an andern Stellen der Riechhaut neue Geschwüre.
Ausser der Druse kann jedes katarrhalische Leiden vom einfachen Strengel bis zur Influenza, unter ungünstigen Umstän­den oder bei grosser Neigung zu Dyscrasie Rotz herbeiführen. (Grosskopf 9 solche Fälle, G. amp; H. XV. Druse in acuten Rotz übergehend Turin II.)
Mehrere Beobachtungen haben gezeigt, dass Pferde, die an langwierigen, eiternden quot;Wunden litten (Huffisteln, Widerrüst­schäden u. dgl.), nach der Heilung derselben in Rotz verfallen können; wahrscheinlich ist Resorbtion von Eiter die nächste Ursache. Ebenso ist Hodenentzündung als Vorläufer und Be­gleiter des Rotzes beobachtet worden. (Rep. XV.) — Nach französischen Schriftstellern soll Infusion von gesundem Eiter in die Venen eines gesunden Thiers in kurzer Zeit den Ausbruch des Rotzes zur Folge haben.
Dies ist jedenfalls nicht allemal der Fall, -wie mich mehrere Versuche lehrten, in welchen blos Knoten und Vereiterung der Lungen entstunden, ohne die Symptome des Kotzes in der Nasenhöhle. Die Eiterinfusion kann selbst ganz ohne Nachtheil ertragen werden, üebrigens ist es sehr wahrscheinlich, dass Eiterresorbtion den meisten Fällen von selbst (d. h. ans der Druse, Huf- und 'Widerrüstfisteln, Hoden-Abscessen u. s. w.) entstandenem Rotze zu Grande liege.
Die Behauptung, dass durch mechanische Verletzung der Nasenschleimhaut Rotz entstehen könne, ist nicht genugsam begründet. (Rec. 1837.) Dergleichen in Frankreich gemachte Beobachtungen sind desshalb nicht rein, weil daselbst der Rotz so sehr verbreitet ist, dass man wohl annehmen darf, manche der Pferde, die zu den Versuchen oder Beobachtungen dienten, seien entweder zuvor schon von rotzigen angesteckt gewesen, oder dies während der Beobachtung geworden.
Walch erzählt einen Fall von scheinbarem Rotz durch Verletzung der Nase (Busch I. 1.) und Wüstefeld in G. amp;H. VTI. Groskopf Hautwurm und Rotz von einer Verletzung am Schienbein; ferner Rotz nach Eiterung im Enter, es war Influenza und Einschuss vorausgegangen (G. amp; H. XV). Toggia behauptet, dass zwei Pferde, die er mit Flüssigkeit von Manke oder Raspe
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Botzkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;93
in die Nase geimpft habe, nach 10—14 Tagen rotzig geworden seien (Obser-yationi 1807).
Die Ansteckung ist bei weitem die häufigste Ursache des Rotzes der Pferde. Sie geschieht hauptsächlich durch den Na-senausfluss, womit'die Kranken die Krippe, Raufe, Trinkge­schirr u. s. w. besudeln, oder das Futter, Trinkwasser verunrei­nigen, wodurch andere ihnen nachfolgende gesunde Pferde an den Lippen oder der Nase gleichsam geimpft werden.
Wenn ein gesundes Pferd von einem rotzigen, durch Impfung oder durch Einreiben von Nasenausfluss auf die Riech­haut angesteckt wird, so bemerkt man in den ersten Tagen blos Röthe der Schleimhaut und einen vom 3—5ten Tage ein­tretenden, leicht zu übersehenden, gelinden Fieberanfall (mit Sträuben der Haare u. dgl.); hierauf bilden sich etliche sehr kleine, durchsichtige Bläschen auf der inficirten Nasenschleim­haut, manchmal zugleich mit einer geringen Anschwellung der Kehlgangsdrüsen auf der angesteckten Seite. Nun kann das Rotzgift entweder unbestimmte Zeit (Wochen, Monate und viel­leicht selbst ein Jahr lang, wie bei der Hundswuth) ruhig im Körper liegen bleiben, oder aber es fahrt sogleich fort sich zu entwickeln ui^d die Krankheitsform des Rotzes zu bilden (ein­seitiger Ausfluss, Aufbrechen der kleinen Bläschen, Bildung von Erosionen oder pustulösen Geschwüren u. s. w.).
Beispiele von spätem Ausbruch des Rotzes s. G. amp; H. 11. u. VIII. Bd. und rh. Vet.-Bericht 1843. Gillmeister (1841). Einike bei 3 Pferden nach 5—7 Monaten G. amp; H. XVI.
Ausser dem Nasenausfluss haftet das Contagium auch an dem Blute (nach Viborg auch am Speichel, Harn, Schweiss); die Infusion von Blut eines rotzigen Pferds in die Venen eines gesunden hat in der Regel schnelle Entwicklung des Rotzes zur Folge. In zwei Fällen fand ich schon nach 8—10 Tagen Tuber­keln in Menge in der Lunge. Die Infusion kann eben so wohl statt des Rotzes den Hautwurm erzeugen; dasselbe geschieht, wenn Rotzeiter auf eine Stelle der Hautoberfläche geimpft wird. Indessen kamen mir auch Fälle vor, in welchen sowohl die wie­derholte Impfung als die Uebertragung des Rotzgifts durch Trans­fusion von Blut erfolglos blieben.
Ueber die Contagiosität des Rotzes ist viel gestritten worden, obgleich schon die Versuche von Viborg darüber entschieden haben. In Frankreich wurde angeblich zuerst durch Godine (der im Jahr 1794 in Deutschland diese Ansicht soll bekommen haben, was jedoch ganz falsch ist) die Nichtconta-giosität des Botzes behauptet; später lehrte Dupuy, dass der Botz einlaquo;
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94nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Lyrophsystems.
Tuberculose sei und da keine Tnberkelkrankheit ansteckend sei, so könne es auch der Rotz nicht sein. Die Folge dieser von Alfort ans verbreiteten Lehre war, dass der Rotz in Frankreich (namentlich beim Militär) unerhörte Ver­luste verursachte; sonderbarer Weise näherten sich die Schulen in Lyon und Toulouse der Ansicht der deutschen und englischen raquo;Thierärzte, welche stets den Rotz als eine contagiöse Krankheit betrachtet hatten, wie die strengen Maasregeln gegen dessen Verbreitung genugsam beweisen. In der 1849—50 in der Socicté vétérinaire zu Paris hierüber geführten sehr weitläufigen Dis­cussion war hauptsächlich Barthelemy ainé für die Contagiosität; Renault behauptete (1849), er habe sich nie überzeugen können, dass chronischer Rotz durch Cohabitation oder Impfung anstecken könne; ein grosser Theil der französischen Militärthierärzte folgte diesem Beispiel, Andere dagegen z. B. Gelle, Anginiard, Delorme u. s. w. hatten sich von der Ansteckungsfähig­keit überzeugt. Die im Grossen mit Militärpferden angestellten Versuche in Lamirault ergaben, dass durch Cohabitation , Gebrauch gleicher Putzzeuge etc. von 138 Pferden 29 angesteckt wurden; durch Impfung mit chronischem Rotz von 10 vier, mit acutem Rotz von 9 drei Stück. Man suchte sich damit zu helfen, dass man die Contagiosität des acuten Rotzes zugab und behauptete, der chronische Rotz könne jederzeit und ganz unbemerkt acut werden und dann anstecken. Hiedurch meinte man, die Vorsichtsmasregeln auch gegen den chronischen Rotz motiviren zu können. Die enorme Ausbreitung des Rotzes in der Reiterei schrieb man den schlechten Ställen, der Fütterung, der Erkäl­tung u. s. w. zu und verbesserte die Ställe, was wohl sehr zweckmässig war, aber nicht gründlich helfen konnte, daher hatte noch 1855 die Lyoner Schule ein Procent der dortigen Militärpferde als rotzkrank in Behandlung.
Symptome und Verlauf: Hier ist die chronische und die acute Form der Krankheit zu unterscheiden.
Was im Allgemeinen von dem Rotze hier gesagt worden, gilt insbesondere von der chronischen Form desselben, welche bei uns bei weitem die häufigere ist. Die Symptome des chro­nischen Rotzes sind: der meist einseitige Nasenausfluss (öfter links als rechts), von klebriger Beschaffenheit, ist anfangs mehr wässerig, dann schleimig und wie Kleister vertrocknend, später mehr gelblich, mit Eiter und Blutstreifen gemischt, endlich missfarbig oder übelriechend (von den angefressenen Knorpeln oder Knochen der Nasenhöhle); gewöhnlich ist der Ausfluss nicht copiös; auch erstreckt sich die krankhafte Absonderung nicht selten zu der Bindehaut des Auges der betroffenen Seite, und man sieht in dem innern Augenwinkel etwas eiterige Schmiere angesammelt.
Die Kehlgangsdrüsen sind angeschwollen, meist einseitig, dabei hart, kugelig, unschmerzhaft, oft wie an der inneren Fläche des Kieferastes angewachsen; manchmal aber auch locker, die einzelnen Drüsenkömer unterscheidbar und auf Druck schmerz-
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Rotzkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 95
haft; fast nie von bedeutender Grosse, sondern etwa wie eine halbe welsclie Nuss.
Sind die Geschwüre der Nasenschleimhaut so weit unten, dass man sie sehen kann, so wird man sie anfangs als kleine Bläschen oder als flache Erosionen auf der fleckigen oder ge-düpfelten Schleimhaut finden; sie nehmen nach der Peripherie und Tiefe zu, haben ein speckiges, ausgefressenes Ansehen, einen aufgeworfenen, etwas gerötheten Hand, keine bestimmte Form oder Grosse, geben nicht viel Eiter (sie hätten denn eine sehr grosse Ausdehnung gewonnen), bedecken sich, jedoch selten, mit einem bräunlichen oder blutigen Schorf, granuliren und heilen mit Hinterlassung sternförmiger Narben, fressen aber in der Mehrzahl der Fälle nach und nach die knorpelige Schei­dewand der Nase an (die hie und da durchbohrt wird), oder die Knochen der Düttenbeine u. s. w. Wenn jedoch die Geschwüre so weit oben in der Nasenhöhle sich befinden, dass man sie nicht sehen kann, so muss das Thier, wenn die übrigen Symp­tome des Eotzes zugegen sind, für rotzverdächtig gehalten werden, bis entweder die Ausbreitung der Geschwüre von unten sichtbar, oder nach Hayne mit dem Finger fühlbar wird, oder durch gelungene Impfung eines Thiers von geringem Werth das Ansteckungsvermögen der Krankheit durch Wiederholung ihrer wesentlichen Kennzeichen, sei es als chronischer oder acuter Rotz oder als Wurm, nachgewiesen ist.
(Ich bediene mich znr Untersuchung der Nasenhöhle eines kleinen Spie­gels, mit dem man bei Sonnenschein das Innere der Nasenhöhle beleuchtet. Blei weis räth das Befühlen der Nasenschleimhaut mit dem Finger an, das aber iregen dem dadurch erregten Ausbrausen der Nase nicht, gefahrlos für den Untersuchenden ist.)
Manche Beobachter behaupten, ein eigenthümlicher aber nicht näher bezeichneter Husten sei öfter das erste Symptom, das sich bei rotzverdächtigen Pferden wahrnehmen lasse; fran­zösische Thierärzte geben der Anschwellung der Hoden oder dem Hinken von Anschwellung der Leistendrüsen diese Bedeutung; endlich hat man einigemal Nasenbluten, lange vor dem Ausbruch des Rotzes, bemerkt. Der Husten rotziger Pferde ist meist dumpf und kraftlos; übrigens ist im chronischen Rotz weder Fieber noch Mangel an Appetit zugegen, und manche Kranke behalten sogar lange Zeit ein gutes Aussehen und sind wohl­genährt. Erst in den höhern Graden des chronischen Rotzes magern sie ab, verlieren den Appetit und die Kräfte, und gehen
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06nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Lymphsystems.
entweder an Lungenvereiterung, Wassersucht und Erschöpfung, oder häufiger an dem sich schnell entwickelnden acuten Rotz zu Grunde. Nicht selten gesellt sich der Hantwurm zu dem Rotze. Bei rotzigen Stuten beobachtet man hie und da einen schleimig-eiterigen Ausfluss aus den Genitalien (vgl. die Schan­kerseuche in der IV. Classe der Krankheiten).
Bei der Section findet man, ausser den bereits beschrie­benen Geschwüren auf der Riechhaut (die manchmal bis zum Rachen, Kehlkopf und in die Luftröhre hinab sich-erstrecken), nicht selten die die Nebenhöhlen der Nase auskleidende feine Haut verdickt und speckartig degenerirt, auch Rotz- und Eiter­ansammlung in diesen Höhlen, oder den Conchen und dem La­byrinthe des Siebbeins oder in den Luftsäcken. Der Eiter ist meist dick, zäh, manchmal wie geronnene Milch oder dem Vo­gelharn ähnlich. Die Lymphdrüsen des Kehlgangs sind vergrös-sert, hart, beim Durchschneiden speckig: manchmal enthalten sie erweichte oder verkreidete Tuberkel. Auch die Lymphdrüsen des Halses, der Leisten und Achseln (hievon manchmal Hinken, besonders im Anfang der Krankheit) und andere Gruppen, be­sonders aber die der Bronchien und die Gekrösdrüsen sind öfters auf die angegebene Weise krankhaft verändert.
Die Tuberkel in der Lunge scheinen nie zu fehlen; sie sind oft in sehr grosser Anzahl zugegen, und durch das Gesicht und Gefühl schon auf der Oberfläche der Lungen zu erkennen. Wenn auch der Ausfluss n. s. w einseitig war, ist doch selten die Lunge der andern Seite ganz frei von Tuberkeln, die der kranken Seite aber enthält deren mehrere. Die Tuberkel sind nach Alter und Grosse verschieden; theils hirse-und senfkorn-, oder erbsen-gross, theils wie Bohnen, Haselnüsse und noch grosser; doch sind letztere, so wie grössere Abscesse in der Lunge, nicht ge­wöhnlich. Beim Durchschneiden sind die Tuberkel, je nach der Dauer ihres Bestandes, weicher oder härter, von graugelblicher oder röthlicher, selbst dunkelrother Farbe (neue), die härteren auch weissgelblich (alte), nicht selten einen käse- oder eiter­artigen Kern enthaltend. Gewöhnlich aber liegen bei chronischem Verlaufe des Rotzes die Tuberkel in völlig gesundem Lungen­gewebe, indessen kann die Lunge daneben hepatisirte und ver­jauchte Partien enthalten. Die microscopische Untersuchung der Tuberkelsubstanz lässt viel Fettkügelchen, kleine, eckige, granu-lirte Kerne, meist aber eine formlose (moleculäre) Masse finden.
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Rotzkrankheit.
Tuberkel oder Abscesse in der Leber, Milz oder den Ge-krösdrüsen, so wie die Erscheinungen der Cachexie u. s. w. sind nicht wesentlich.
Nur dreimal sah ich die Geschwüre bis tief in die Luftröhre hinab sich erstrecken; das eine dieser Pferde hatte zwar ein Geschwür auf der Nasen­schleimhaut gehabt, es war aber von selbst geheilt, ohne dass andere daneben entstanden wären; bei diesen ausgebreiteten Geschwüren der Luftröhre war die Geschwürfläche und die ümgebnng ganz gleichfarbig, nämlich blassgelb; die Knorpeln waren, obwohl entblösst, doch nirgends angegriffen. In dem an­dern dieser Fälle waren die Geschwüre der Nasenhöhle ebenso beschaffen, und man würde eher auf eine Phthisis trachealis geschlossen haben, wenn nicht das daneben stehende Pferd innerhalb weniger Tage von jenem ange­steckt worden wäre. Einmal fangj ich nirgends eine geschwürige Fläche auf der Nasenschleimhaut, dagegen Geschwüre und Eiter im Lnftsack; das Pferd hatte bereits ein anderes angesteckt.
.In einigen Fällen war keine Anschwellung der Ganaschendrüsen zu finden, und in einem derselben selbst der Nasenausfluss kaum bemerklich, nicht ein­seitig, so dass man erst bei der Section des an allgemeiner Schwäche crepir-ten Thiers die Symptome des Rotzes (Geschwüre in der Nase, dem Rachen, so wie grützeäbnlichen Eiter enthaltende Tuberkel in der Lunge) fand.
Ein rotziges Pferd hatte auch einen eigrossen Abscess in dem linken Lappen des grossen Hirns.
Die Diagnose des chronischen Rotzes erfordert in jedem Fall viele Vorsicht, da nicht allein einzelne der sichtbaren Symptome desselben (z. B. der Ausfluss) sehr veränderlich sein oder sogar ganz fehlen (wenigstens nicht gesehen werden) kön­nen , anderntheils aber zufällige Verletzungen und Geschwüre der Nasenschleimhaut einen unbegründeten Verdacht erregen kön­nen. In allen zweifelhaften Fällen ist längere Beobachtung des Verlaufs der Krankheit (Impfungs-Versuche u. s. w.) anzurathen. Auch Einimpfen des Nasenausflusses auf die Haut des kranken Thiers, in der Absicht, Wurm dadurch zu erzeugen, ist thun-lich; es haftet aber nicht jedesmal, selbst die Impfung auf der gesunden Hälfte der Nasenschleimhaut ist manchmal ohne Erfolg.
Chronischer Catarrh der Luftsäcke und Sinus ist wohl von Rotz zu unterscheiden, da der Ausfluss von Zeit zu Zeit und weit copiöser als beim Rotz stattfindet, auch mehr schleimig oder eiweissartig ist (vgl. diese Kkht). Indessen kann die ein­geschlossene Absonderung abarten, und durch ihre Resorbtion am Ende Rotz entstehen. Eiter aus dem Sinus maxillaris eines chronisch rotzigen Pferds in die Jugularvene eines gesunden in-fundirt, hatte schon nach vier Tagen den Ausbruch des acuten Rotzes zur Folge.
Hering, Pathologie,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7
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98nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Lymphsystems.
Polypen in der Nase und ihren Nebenhöhlen, sowie in dieselben eindringende Zahnfisteln können zu Rotzverdacht An-lass geben. (Rep. XIX.)
Auf die chemische Beschaffenheit des Nasenausflusses darf man keinen grossen Werth legen; ich fand denselben, besonders wenn er eitrig war, meist sauer reagirend. Langenbeck will in dem Rotz-Eiter Schimmel- oder Pilzbildung gefunden haben.
Prognose: höchst ungünstig, da ausgebildeter Rotz fast nie geheilt wird, wenn auch die in die Augen fallenden Symp­tome längere Zeit verschwinden sollten. Nur wenn kurz nach der Ansteckung, so lange die Krankheit noch gleichsam eine locale ist, die inficirte Stelle durch Aezen mit Salpetersilber zer­stört werden kann, wäre begründete Hoffnung zur Heilung.
Acuter Rotz. Die acute Form des Rotzes ist beim Pferd weit seltener, als die chronische, und unterscheidet sich von dieser sehr auffallend durch den raschen Verlauf und die sehr heftigen Entzündungs-Erscheinungen, üebrigens ist der acute Rotz mit dem chronischen dem Wesen nach gleich; denn Pferde mit chronischem Rotz bringen durch Ansteckung bei andern nicht selten den acuten Rotz hervor; das Entgegengesetzte ist dagegen selten, da der acute Rotz ein viel intensiveres Conta-gium zu entwickeln scheint, als der chronische Rotz. Nie habe ich gesehen, dass der acute Rotz (bösartige Druse der Wiener Schule) an demselben Thiere in die chronische Form überge­gangen wäre; sondern alle damit befallenen Thiere gingen in­nerhalb 6—18 Tagen zu Grunde.
Diesen Beobachtungen steht eine in Alfort 1842 gemachte entgegen wo bei fünf Pferden der acute Kotz von selbst geheilt sein sol). (Rep. III. s. auch Denoc angeblich gutartiger acuter Rotz Rec. 1844.) Dupuy behauptete die totale Verschiedenheit des acuten und chronischen Rotzes (Rec. 1850).
Soviel ist durch mehrföllige Erfahrung festgestellt, dass der chronische Verlauf des Rotzes leicht in den acuten ver­wandelt werden kann, wenn ein Fieber hinzutritt (z. B. nach einer zufälligen oder absichtlichen Verletzung z. B. eines Ge­lenks).
Beim Esel und Maulthier ist der acute Rotz die häufigere Form; sie wird durch Impfung mit Nasenausfluss von einem Pferd mit chronischem Rotz fast jedesmal hervorgebracht.
Symptome: plötzliches Auftreten der Krankheit (innerhalb 3—5 Tagen nach erfolgter Ansteckung) mit heftigem, entzünd­lichem Fieber, vollem, hartem Pulse und beschleunigtem Athem,
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Rotzkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;99
gelbrother oder dunkler Nasenschleimhaut, gelblichem, copiösem, fast durchsichtigem Ausfluss, Thränen der Augen, schmerzhafter und verbreiteter Anschwellung im Kehlgang, auch rothlaufarti-ger Entzündung des Schlauchs, Hodensacks oder der Füsse. Diese Symptome nehmen innerhalb weniger Tage oder einer Woche bedeutend an Intensität zu, der allgemeine Zustand geht in den der Schwäche über und es gesellt sich Husten, beschwer­liches Athemholen und manchmal eine Eruption kleiner Wurm­beulen an verschiedenen Stellen des Körpers hinzu. Sodann schwillt die Riechhaut immer mehr an, es bilden sich aus anfangs hirsekornähnlichen Bläschen weissliche Pusteln und fressende Geschwüre von unregelmässiger Form, mit gelbem Grunde und dunkelrother Umgebung, der Ausfluss ist dick, gelb, mit Blut­streifen gemischt, stinkend; die Beulen enthalten ein gelbliches Serum oder eine hefenähnliche Flüssigkeit. Der Tod tritt meist durch Erstickung ein.
Bei der Section findet man die Nasenschleimhaut brandig, aufgetrieben, infiltrirt, oft ganz breiartig, die corrodirten Stellen gelblich, weit blutreicher als die Geschwüre des chronischen Rotzes (diphtherltischer Process in den croupösen übergehend); die Lymphdrüsen des Kehlgangs, Halses u. s. w. speckartig, schwarz marmorirt, manchmal bröcklichen Eiter enthaltend; die Lunge blutreich, schwarz, mürb, mit Tuberkeln von Hanfkorn­oder Linsengrösse durchsäet, die jedoch ebenfalls sehr dunkel gefärbt sind und öfters etwas schmierigen Eiter enthalten. Nicht selten seröser Erguss in der Hirnhöhle, Entzündungs-Erschei­nungen an dem Darmcanal oder der Leber, auch tuberkelähn­liche Verhärtungen in letzterer u. s. w.
Ueber die Sectionsergebnlsse hat Loiset weitlänfig aber wenig zuverläs­sig gehandelt in Eec. 1842. Will und Dittrichs haben beim aeuten Rotz kein tuberculoses Exsudat in der Lunge gefunden, ohne Zweifel aber nur wenige Beobachtungen angestellt. Nach Lassaigne sollen acut rotzige Pferde viel mehr Kohlensäure bilden als gesunde, worauf Bouley die Ent­stehung des Rotzes durch unzureichenden Ersatz des Kohlenstoffs im Futter bei zu starker Verbrennung durch Sauerstoff erklären wollte (Rec. 1849).
Diagnose: bei dem raschen Verlauf der Krankheit weniger schwierig als bei der chronischen Form. Verwechslung mit dem sogenannten brandigen Strengel (s. diesen) oder Petechialfieber, oder Milzbrandaffectionen der Respirationswerkzeuge wäre leicht möglich und ist wohl öfter vorgekommen.
Bouley beschreibt einen Herpes phlyetaemdes an der Nase und auf der
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Krankheiten des Lymphsystems.
Ricchliaut, welcher mit Rotz verwechselt werden könnte. (Rec. 1843, indessen sind hiebei, wie auch hei den Äphthen der Riechhaut (s. bei Druse) die Ent­zündungserscheinungen weit geringer als beim acuten Rotz), Bei herrschen­der Maulseuche sind auch schon Pusteln auf der Nasenschleimhaut wahrge­nommen worden.
Prognose: noch ungünstiger als beim chronischen Rotz.
Behandlung: der acute Rotz bietet bei seinem schnellen Verlauf wenig Gelegenheit zu einer erfolgreichen Therapie dar; wollte eine solche versucht werden, so müsste man sich nach dem Character des Fiebers richten und etwa die Geschwüre der Riechhaut mit Einspritzungen von Eisenvitriol- ('/j Unze auf 1 Pfund Wasser) Höllenstein- oder Sublimatauflösung (1 Quint auf 1 Pfund Wasser) zu bessern suchen (nachHayne, welcher auf äussere Reizmittel in der sogenannten bösartigen Druse be­sondern Werth legt). Bei dem chronischen Rotze hat man eine grosse Menge von Arzneimitteln, namentlich die schwefel- und spiesglanzhaltigen oder Quecksilberpräparate, Kohle u. s. w. mit Ausdauer angewendet, auch die Drüsengeschwulst local mit Quecksilbersalbe, Scharfsalbe, Brennen u. dgl., die Riechhaut aber mit Einspritzungen von Chlorkalk- oder Chlornatrouauflösung oder Einathmenlassen von Chlorgas und kohlensaurem Gas be­handelt. In neuerer Zeit werden fast jedes Jahr neue Fälle von Heilung angeführt, an deren Bestand ältere Practiker nicht glauben wollen; diess rührt davon her, dass manche der für Rotz erklärten Fälle nicht mit Bestimmtheit hieher gehörten, und dass man anderntheils nach der angeblichen Heilung wirk­licher Rotzkranker diese nicht lange genug beobachtet, um sicher zu sein, dass nicht Recidive erfolgen. Sewell will mehrere Fälle durch grosse Gaben von schwefelsaurem Kupfer (daneben Trepanation der Sinus) geheilt haben. (Vet. Rec. V.) In Tou­louse sollen durch schmelzende Mittel, örtlich adstringirende und caustische Einspritzungen von 33 rotzigen Pferden 28 ge­heilt worden sein. (Toul. XII.) In Lyon versuchte Tabourin Jod und Brom innerlich und äusserlich gegen Rotz und Haut­wurm (Lyon 1851); ferner chromsaures Kali (1852) Bubia tinctór, Sublimat (1854, ohne Erfolg); chlorsaures Kali zu 5 bis 10 Grammes (1856); Busse heilte ein Pferd durch Spies-glanz-, Quecksilbermittel, Eisenvitriol, Jodkupfer neben Purgir-und äusserlichen Mitteln. (J. Ber. 1855).
In England sind besonders die Jodpräparate (z. B. Jod­kupfer von Morton) empfohlen worden. Hen geveld und van
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Rotzkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 101
Dam fanden Jodkupfer gegen verdächtige Druse wirksam aber nicht gegen Rotz. (J. Ber. 1853.) In Italien hat Ercolani Kohlenpulver und salpetersaures Silber einathmen lassen (Tu­rin III) und es sollen in Turin 8 Pferde (von 69) durch China, Eisen und locale Mittel geheilt worden sein (J. Ber. 1854). Ar­senik ist (als Solutio Fowleri) in Bayern von mehreren Thier-ärzten bald mit, bald ohne Erfolg angewendet worden (s. Mün­chner J. Ber. 1852, 55; Woch. 1852). Seubert heilte 1 rotziges und 2 verdächtige Pferde durch Arsenikauflösung und beobach- . tete sie noch 3—4 Monate (Kr. 1853). Nussblätter wurden von Mehreren (wie Rodleff, Sticker, Fischer, Ringk, Wie­geln. A.) empfohlen, allein es scheint sich mehr um verdäch­tige Druse als wirklichen Rotz gehandelt zu haben. (Gr. amp; H. 1856.) Ich habe keine Gelegenheit vorübergehen lassen, die angerühmten Mittel (namentlich Canthariden, schwefelsaures Kupfer, die Jod-, Spiesglanz- und Quecksilberpräparate, den Schwefel, Arsenik u. s. w.) zu versuchen, und diese Mittel Wo­chen und Monate lang fortgesetzt, allein keine bleibende Heilung erzielen können, die Heilung frischentstandener Rotzgeschwüre im untern Theile der Nase durch locale Mittel ausgenommen. Vielleicht liese sich durch Oeffnung der Nasenmuscheln, in wel­chen meist Eiter eingeschlossen ist, ein günstigeres Resultat erreichen. Die Meinung, dass der Rotz heilbar sei, wenn noch keine Tuberkel in der Lunge oder keine schleichende innere Entzündung zugegen sei (Turin T) scheint mir nicht begründet, da die Tuberkel der Lunge ohne Nachtheil lange bestehen könn­ten, wenn nicht der specifische Krankheitsprocess des Rotzes zerstörend wirken würde. Ueberdiess sind die Tuberkel sehr frühzeitig vorhanden; ich habe sie schon am 13. Tage nach der Impfung mit Rotzgift in der Lunge getroffen (Rep. XV).
Andere empfehlen eine fortgesetzte antiphlogistische Be­handlung, namentlich wiederholte Aderlässe u. s. w. Gaullet erzählt einen Fall, in welchem ein Pferd mit chronischem Rotz, nachdem es durch Lufteinblasen getödtet werden sollte, einen grossen Blutverlust erlitten, aber sich wieder aufgerafft hatte, ohne Anwendung weiterer Mittel sich erholte und nach zwei Jahren noch ganz gesund erschien.
Das Blut rotzkranker Thiere enthält nach meinen schon 1823 angestellten und oft wiederholten Analysen treit mehr Faserstoff als das der gesunden, we­nigstens so lange jene noch nicht in Cachexie verfallen sind. Hiemit stim­men Ko hl we s und Nasse, sowie neuere Untersuchungen von Zimmermann
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Krankheiten des Lymphsystems.
fiberein, welcher in dem Blute rotz- und hautwurmkranker Pferde weit mehr Faserstoff (10—11 pro mille) fand, während dämpfige, fanlfieberkranke u. s. w. nur S'/j pro mille hatten. Auch das Serum enthielt mehr feste Stoffe näm­lich in der Dämpfigkeit 90, im Faulfieber 80, bei Entzündung des Zellgewe­bes 107—111, bei Hautwurm 103—108 und bei Rotz 111—114 pro mille (Roser und Wunderlich physiol. Zeitschrift 1846).
Auch mit jod- und bromhaltigen Mineralwassern will man den Rotz geheilt haben (Rec. 1841, Turin II.) allein die Re­sultate sind keineswegs aufmunternd.
Viele Thierär^te nehmen den Rotz geradezu als unheilbar an, und obwohl er es nicht absolut sein mag, ist es doch in Berücksichtigung der langwierigen Dauer der Cur und ünge-wissheit eines günstigen Erfolgs, und besonders der Unsicherheit des Bestandes der Heilung, gegenüber von dem Werthe eines einzelnen Pferdes — selten gerathen (von wissenschaftlichen Versuchen abgesehen), die Heilung des Rotzes zu unternehmen. Jedenfalls müsste das Thier während — und im günstigen Falle längere Zeit nach der Cur unter strenger Aufsicht bleiben.
Prophylaxis: diese kann durch Abhaltung der Ursachen des Rotzes, namentlich der Ansteckung bewirkt werden. Das Contagium des — sowohl chronischen als acuten Rotzes ist fix, es verbreitet sich (wenigstens bei der chronischen Form) nicht durch die Luft, wie Chabert, Havemann, Bleiweis, Kreu­zer [dieser für acuten Rotz J annehmen, wohl aber können ge­sunde Pferde, ohne mit rotzigen direct zusammen zu kommen, angesteckt werden, wenn sie an Krippen, Raufen, Trinkgeschir­ren, Bremsen, Zäumen u. s. w. mit noch wirksamem Rotzeiter in Berührung kommen, so dass derselbe auf eine resorbtions-fahige Stelle der Haut oder auf Schleimhäute gelangt. Wo daher kranke und gesunde Thiere eng beisammen stehen, aus demselben Troge u. s. w. fressen und getränkt werden, einander durch Belecken, Ausschnauben u. s. w. besudeln, findet die An­steckung leicht statt; (so in zahlreich besetzten Ställen des Militärs, der Posten, der Gestüte). Die Verbreitung des Rotzes geschieht um so leichter, als er (namentlich in chronischer Form) anfangs als ein ganz unbedeutendes catarrhalisches Lei­den erscheint. Der Rotzeiter scheint seine Wirksamkeit selbst eingetrocknet, lange Zeit zu behalten, worauf bei der Reinigung inficirter Ställe und Utensilien Rücksicht zu nehmen ist. Auch durch inficirte thierärztliche Instrumente kann der Rotz mitge-theilt werden. Nach Renault sollen Pillen mit Materie von
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Rotzkraukheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;103
acutem Rotze von gesunden Pferden verschluckt, Rotz hervor­gebracht haben, was auch schon früher St. Bei behauptet hatte. (Rep. IX.) Nach Versuchen in Alfort angestellt (1841—42, Rep. Ill) war Materie von acutem Rotze durch Impfung fort­gepflanzt, in der 7. Generation noch so wirksam, wie in der ersten; lufttrockene Materie nach 6 Wochen in Wasser aufge­weicht und geimpft brachte acuten Hautwurm hervor.
Eine grosse Zahl französischer Thierärzte, besonders der Alforter Schule (Dupuy, Renault, Delafond, Bouley) hält namentlich den chronischen Rotz nicht für ansteckend und sie berufen sich auf zahlreiche Beobachtungen und Versuche. Es ist allerdings richtig, dass manche Pferde lange Zeit mit rotzigen in innigem und anhaltendem Verkehre stehen können, ohne an­gesteckt zu werden, andere dagegen werden es schon durch eine ganz kurze Cohabitation. Auch die Impfung schlägt manchmal fehl. Man muss annehmen, dass solche Individuen in jenem Zeitpunkt keine Disposition zu dieser Krankheit besitzen, wie dies bei allen contagiösen Krankheiten beobachtet wird. An­dern theils ist zu berücksichtigen, dass von Rotz bereits ange­steckte Thiere oft noch lange Zeit (Monate) gesund scheinen und dann erst bei irgend einer Veranlassung der Rotz unver-muthet ausbricht. Alles was die Kräfte der Thiere schwächt und die Säftemischung alterirt, bringt eine besondere Disposition zum Rotz (sowohl dem selbst entwickelten als dem durch Ansteckung entstehenden) hervor, daher die Ausbreitung des Rotzes im Kriege bei den strapazirten, schlecht gewarteten, allen Witte­rungseinflüssen ausgesetzten Thieren; noch schneller aber bei Pferden, die. in grosser Zahl in Schiffen unter Deck längere Zeit zusammen gepfercht sind.
Die Meinung, dass der Rotz erst dann ansteckend sei, wenn Geschwüre vorhanden, und der Nasenausfluss eiterig sei, ist nicht sicher hegründet. Ich habe bei der Section eines rotzverdächtigen Pferdes kaum merkliche Erosionen auf der Riechhaut (ohne alle Narben älterer Geschwüre) gefunden und doch hatte Ausfluss von diesem Pferde 5 Wochen vor seinem Tode (durch Impfung) bei einem andern Pferde den Wurm hervorgebracht. Küppers berichtet einen ähnlichen Fall, wo ein Pferd zwei andere mit Rotz angesteckt hatte, bei ihm selbst fand man gar keine Geschwüre, sondern blos Eiter in den Nebenhöhlen und Tuberkel in der Lunge.
Der Rotz ist nicht blos ansteckend, sondern auch erblich; d. h. er kann vom Hengst oder der Stute auf das Junge über­gehen und zwar wenn dieses auch nach seiner Geburt sogleich
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Krankheiten des Lymphsystems.
von der kranken Mutter getrennt wird. Daher sind rotzige Thiere nicht zur Zucht zu verwenden.
Polizeiliche Maasregeln: sie bestehen 1) in Separation der rotzigen oder rotzverdächtigen Thiere und Verhütung aller Communication derselben mit gesunden; 2) in Tödtung dersel­ben. In den meisten Staaten bestehen hierüber besondere Vor­schriften. Die Ställe, in welchen rotzige Pferde standen, müs­sen desinficirt werden; es genügt indessen diejenigen Theile des Stalles, welche die Pferde berühren oder besudeln konnten, mit siedendem Wasser oder Lauge zu waschen und sorgfältig zu reinigen, (namentlich die Raufe, Krippe; die Wand in der Nähe derselben, die Trinkgeschirre u. dgl.); das Anstreichen mit einer Chlorkalkauflösung ist nicht kostspielig und sichert die Zerstö­rung des Contagiums noch mehr. Putzzeug, Gurten, Lederwerk u. dgl. Utensilien können 24 Stunden in eine kalte Auflösung von Chlorkalk gelegt, und nachher an der Luft getrocknet wer­den. Teppiche, Chabraken u. dgl. ebenso, falls sie nicht eine zerstörbare Farbe haben; in diesem Falle sind sie zu walken oder in der Darre eines Backofens einem hohen Hitzgrade aus­zusetzen. NachHertwig genügt schon ein Hitzgrad von 4-45deg; oder eine Kälte von —10 bis 15deg; zur Zerstörung des Conta-gium. Renault gibt dagegen an, dass die Materie von acutem Rotze durch Behandlung mit trockenem Chlorgas ihre Conta-giosität nicht verloren habe. (Rec. 1853). Eisenwerk (wie Tren­sen, Stangen, Bremsen) sind im offenen Feuer zu erhitzen oder frisch zu verzinnen. Die Ställe können ausserdem mit Chlor geräuchert werden, müssen aber jedenfalls einige Zeit zum Aus­trocknen u. s. w. dem freien Luftzuge überlassen werden. Das Ausreissen der Raufen, Krippen und selbst des Pflasters, oder das Abkratzen der Mauern ist (falls jene nicht ohnedies ab­gängig sind) keineswegs nothwendig; ebensowenig das Abneh­men der Deichsel des Wagens u. dgl. Specielle Vorschriften geben die königl. bayer'sche Verordnung vom 8. Sept. 1845 und die königl. württembergische Verordnung vom 16. Januar 1846. (Rep. VI. u. VU.) Eine österreichische Verordnung vom Sept. 1852 betrifft die Behandlung rotziger und verdächtiger Pferde; eine Verordn. von 1855 (Wien VII) schreibt sehr strenge Des-infections-Massregeln (mit siedendem Wasser, siedender Lauge, Ausgraben des Bodens, Zerschneiden und Vergraben der Häute, Räuchern mit Schwefel u. s. w.) vor.
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Rotzkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ] 05
Der Rotz gilt in allen Ländern, welche eine besondere Gesetzgebung über die Gewährsehaftsmängel haben, als Haupt­mangel, jedoch mitsehr verschiedener Gewährzeit, z. B. 9 Tage in Frankreich, 14 Tage in Preussen, 15 Tage in Oestreich (nebst der verdächtigen Druse, der acute Rotz soll nach Bleiweis nicht als Hauptmangel gelten!), 14—30 Tage in verschiedenen Theilen Bayerns, 31 Tage in Württemberg und Baden, 42 Tage in Sachsen-Gotha.
Durch Impfung lässt sich der Rotz auf andere Thier-species, namentlich Schafe, Ziegen (Wirth im Schw. Arch. VI.), Hunde, übertragen, nicht durch Cohabitation. Der Ver­lauf bei diesen Thierarten ist mehr dem chronischen Rotze des Pferdes ähnlich. Haraont will den Uebergang des Rotzes auf einen Löwen und auf Hunde, durch den Genuss des Fleisches von rotzigen und räudigen (?) Pferden beobachtet haben. Dagegen soll in Java, wo aber bei Infection von Menschen die Wirkung weniger heftig ist als in kälteren Ländern, das Fleisch rotziger Pferde häufig verspeist worden sein. (Holl. 1854.)
Auch Menschen sind durch Besudelung mit Rotzeiter an­gesteckt worden; bei ihnen ist der acute Verlauf vorherrschend, die Symptome sind theils dem acnten Rotz des Pferdes (durch die Entzündung und Verschwärung der Nasenschleimhaut), theils dem Wurm (durch Bildung von Abscessen im Zellgewebe unter der Haut und zwischen den Muskeln) ähnlich; es gesellt sich aber meist ein typhöses Fieber hinzu, welches in kurzer Zeit den Tod herbeiführt. Es sind jedoch auch Fälle bekannt, in welchen der Rotz mehr chronisch unter der Form eines Rheu­matismus auftrat und mit Marasmus endigte, oder aber blos wie eine locale Infection mit bösartigem Eiter wirkte, nämlich ein schwer heilendes Geschwür und etwa Anschwellung und Eiterung in der nächsten Lymphdrüsengvuppe erregte. Es ist daher beim Umgang mit rotzigen Pferden, sowie bei der Section derselben alle Vorsicht anruempfehlen. Im Menschen erlöscht die Contagiosität nicht; es können wieder Menschen und Thiere angesteckt werden, (vgl. Demmler's Zusammenstellung eine Dissertation, Stuttgart 1839; Hauff desgl. 1855); ferner die Schriften von Levin (1839), Rayer in Paris (übersetzt 1839), Marchand (Rep. VI. u. V11I.), Canstatt's spec. Pa­thologie (1847).
Neuere Fälle von Rückimpfung sind: Gloag, Ansteckung eines Mannes
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106nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Lymphsystems.
durch Trinken aus dem Stalleimer; Kückimpfung auf ein Pferd; acuter Rotz. (Vet. 1849.) — In Lamiranlt Ansteckung eines Mannes, Impfung von die­sem auf 6 Pferde, davon 2 angesteckt. (Rec. 1849). — Italienischer Soldat 8 Monate an Angioleucitis behandelt, Tod; Impfung eines Pferds, das nach 5 Wochen Hautwurm, nach ll2 Jahr Rotz zeigte (Gaz. med. 1851). — Impfung eines Pferds von einem Menschen; tod nach 11 Tagen an acutem Rotz und Hautwurm (Lyon 1852). Hering, Rückimpfung von einem augesteckten Mann auf ein Pferd, unvollständige Ansteckung (Rep. XV). Tödtlich abgelaufene Ansteckung von Menschen wird berichtet von: Lyon, ein Kutscher und ein Zögling der Thierarzneischule 1851, einem holländischen Bauern in Hellen­dorf, durch Beschmierung im Gesicht (Hell. 1852); in Dublin 1 Mann und seine Familie (4 Personen, deren drei erst nach langwieriger Krankheit ge­storben. (Vet. 1852). Cokbnrn: eine Frau, tod am 12. Tag; ein Schmied durch Besudelung im Gesicht (Vet. 1854). Lebel und Bouley 2 Fälle durch acuten und chronischen Rotz. (Rec. 1854). In Preussen 1853—54 vier Per­sonen (G amp; H. 1855. Suppl.) Wit-Hammer. Ansteckung eines Mannes durch acuten Rotz, tod; Ansteckung eines zweiten durch Gebrauch des Trink­geschirrs. (Belg. 1856). Geheilte Fälle sind folgende; Einike, Thierarzt, selbst angesteckt; Curdt ebenso (G. amp; H. 1851). Ein Mann in Hamvir (Belg.), langwierige Behandlung. (Holl. 1852). Wärter an der Schule in Mai­land, ebenso (Turin 1). Cox, Ansteckung eines Mannes durch Anschnauben auf 6 Fuss Entfernung. (Vet. 1854). Dr. Cranz Heilung eines Mannes durch Arsenik 1851.
Man hat die Rotzkrankheit (wegen der Aehnlichkeit ihrer Geschwüre) mit der Syphilis des Menschen verglichen; (Schmid nennt sie Scrophulo-Syphilis); die chronische Form hat aller­dings manche Aehnlichkeit mit der Syphilis, der Hautwurm mit den Bubonen. Allein die Syphilis entspringt nie aus einer Ent­wicklungskrankheit (wie der Rotz aus der Druse) oder einer Eiterresorbtion, und sie ist heilbar.
Mehr Aehnlichkeit scheint mir der Rotz mit der Marsch­krankheit (in Dithmarschen) oder dem Mal de scarlievo (in Istrien) zu haben.
D. Hautwurm. Wurm. (Cachexia lymphatica far-
ciminosa V. Helcom (Am Pach.) Scrophula
farcimen. (Sauvages),
Literatur: (s. Rotzkrankheit); femer Hurel (1771), Viborg (1803), Dela-fond übersetzt von Dittweiler (1839), Hübner. Roll führt den Haut­wurm theils als Lympfagefässentzündung, tbeils als Hauttuberculose an.
Der Hautwurm ist eine mit dem Rotz dem Wesen nach identische Krankheit, durch Knoten und Geschwüre in der Haut, die den Venen und lymphatischen Gefässen folgen, bezeichnet.
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Hautwnrm.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 107
Meist fieberlos, langwierig, selten acut; ansteckend. Der Pferde­gattung eigen.
Die Ursachen, welche den Wurm der Pferde ursprünglich hervorbringen, sind dieselben wie beim Rotz, namentlich geht dem Ausbruche des Wurms meist eine Veränderung der Säfte voraus, die entweder von schlecht beschaffene||Pïahrung oder von Aufsaugung krankhafter Stoffe (wie Eiter, Schleim u. dgl.) oder Zurückhaltung von normalen oder krankhaften Secretionen herrührt. Daher findet man den Wurm öfters im Gefolge alter Mauke, Huf- und Widerristschäden, der Krätze, Lungenver­eiterung u. s. w.
Ercolani nimmt an, Eiter durch Lymphgefässe resorbirt, bringe chroni­schen Hautwurm, durch Venen und Lymphgefässe aber acnten Rotz und Wurm und Eiterinfection hervor; die Unterdrückung einer bestehenden Eiterung ver­anlasse gangränöse Lungenentzündung, welche schneller tödtet, als die Symp­tome der Eiterinfection zu Stande kommen. Kep. XVII.
Wie beim Rotze ist auch hier Ansteckung die häufigste Ursache. Rotzeiter, wie Wurmeiter, bringt auf die Haut eines gesunden Pferdes geimpft den Wurm hervor; ebenso kann die Infusion von Blut eines rotzigen Pferdes in die Venen eines gesunden den Wurm (oder Rotz) zur Folge haben.
Dayot beobachtete Ansteckung von 38 Stuten durch einen hautwurm-kranken Beschälhengst, Rec. 1843; und ebenso Lepine, Journ. de Lyon 1845; die Krankheit brach zum Theil erst 3 Monate nach der Infection aus.
Besonders geneigt zu dieser Krankheit sind die groben, langbehaarten, gemeinen Pferde, noch mehr aber die sehr stra-pazirten und nachlässig gewarteten.
Symptome: Bei der Selbstentwicklung des chronischen Wurms entstehen meist in der Nähe alter Geschwüre harte, anfangs flache Anschwellungen von unbestimmter Ausdehnung, öfter aber schmerzhafte Stränge, durch deutliche Knoten unter­brochen, welche meist dem Verlauf der Venen und Lymphge­fässe folgen (Schnur). Die Knoten oder Beulen sind bald em­pfindlich, bald aber kalt und schmerzlos, gehen nur langsam oder schwer in Eiterung über, brechen dann auf und bilden Ge­schwüre mit umgestülpten Rändern (Hühnerarsch), die einen blas­sen , dünnen oder zähen Eiter sickern. Schneidet man die Beule frühzeitig auf, so enthält sie entweder geronnene Lymphe oder eine gries- und käseähnliche Materie. Dabei ist das Thier fieberlos und oft längere Zeit noch bei guter Fresslust und Condition.
Die benachbarten Lymphdrüsen schwellen an, verhärteq
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108nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Lymphsystems.
und bilden nicht selten in ihrem Innern Tuberkel oder Eiter, ohne jedoch aufzubrechen.
Bei der Impfung oder zufalligen Ansteckung schwillt nach einigen Tagen die Umgebung nach dem Verlauf der Gefässe an, und bildet einen platten Strang, auf dem sich nach einiger Zeit die Wurmbeu^ erheben; gewöhnlich geht ein mehr oder weni­ger merklicher Fieberanfall dem Ausbruche voraus, ist aber mit diesem beendigt. (Hering, Impfung von Rotzeiter gibt Wurm­beulen und Tuberkel in der Lunge Rep. XV.)
Die Krankheit breitet sich meist langsam aus, die Stränge laufen immer mehr dem Mittelpunkt zu (z. B. an den Füssen aufwärts, an Hals und Kopf abwärts), zugleich entwickelt sich ein allgemeines lymphatisches und cachectisches Leiden (dum­pfer Husten, Abmagerung, enorme Anschwellung der Füsse, des Schlauchs u. s. w.), endlieh gesellen sich noch die Symptome des Rotzes dazu, und das Thier geht daran nach monatelanger Dauer des Uebels zu Grunde.
Bei der Section findet man die Lymphdrüsen verhärtet, gallertartig oder tuberkulös infiltrirt, oder Eiterpunkte enthal­tend ; das die Lymphgefasse und Venen des kranken Theils um­gebende Zellgewebe mit plastischer Lymphe infiltrirt, die ge­nannten Gefasse entzündet, ihren Inhalt wurmähnlich geronnen, die Beulen im Zellgewebe unter der Haut und auf den verdick­ten Strängen sitzend, ihre eiternde Fläche blass, griesartig etc. (Bei meinen Untersuchungen fand ich die Lymphgefasse und Venen in den vom Wurm befallenen Theilen der Haut völlig gesund, namentlich keinen Zusammenhang der Wurmbeulen mit diesen Gefässen, daher jene nicht wohl von einer Entzündung der Klappen der Lymphgefasse herrühren können, wie man ge­wöhnlich angibt; ebenso bei neueren Untersuchungen (Rep. 1851); die Wurmbeulen sind bei einigen Thieren in der Haut (Comwn), bei andern unter der Haut. Auch Will und Ditt-richs fanden die Lymphgefasse in der Nähe der Wurmbeulen nicht erkrankt Kr. I.)
Im Innern des Körpers sind häufig die Drüsen (des Gekrö­ses u. s. w.) ebenso entartet, wie an den kranken Theilen der Oberfläche; in den Lungen finden sich Tuberkel, wie beim Rotz, und die sonstigen Zeichen dieser letztern Krankheit oder der Cachexie, Wassersucht u. s. w.
Diagnose: leichter als bei Rotz, weil der Sitz der Krank-
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Hautwarm.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;109
heit offen vor Augen liegt. Verwechslung kann mit dem so­genannten gutartigen Wurm stattfinden, der in dem Ausbruche von oberflächlichen Beulen auf der Haut, besonders an dem Maul, den Hinterfüsseu u. s. w. besteht, welche aufbrechen, aber gutartige Geschwüre mit flachem Rande und dickem, griesigem Eiter bilden und von selbst wieder heilen, ohne dass ein all­gemeines Leiden daraus entsteht. Dieser sogenannte gutartige Wurm hat einen raschen Verlauf und nähert sich weit mehr dem Beulenfieber (Nesselfieber, Hitzausschlag), als dem eigent­lichen Wurm.
Prognose: minder ungünstig als beim Rotz, weil die Krankheit früher erkannt wird, und neben den innerlichen Mit­teln auch äusserliche leicht anzuwenden sind.
Auch der Hautwurm hat ausser der häufigeren, chroni­schen, eine acute, seltenere Form. Sie unterscheidet sich durch eine rasche Eruption von Strängen in der Haut, die bald ver­schwinden, bald wiederkehren. Die Füsse schwellen oft enorm an. Sodann bilden sich Knoten, die in Menge die Haut be­decken, und schon nach 4—5 Tagen,erweichen, aufbrechen und um sich greifende oder in die Tiefe fressende Geschwüre bilden. Ein ähnlicher Ausbruch findet meist auf der Nasenschleimhaut statt und tödtet das Thier in Kurzem durch Erstickung. Bei der Section will man ausser den gewöhnlichen Erscheinungen an den Lymphdrüsen und in der Lunge auch Geschwüre im Darm­kanal beobachtet haben. Die Beulen des acuten Wurms sollen sich von denen, die den acuten Rotz begleiten, dadurch unter­scheiden, dass jene tief unter der Haut ihren Sitz haben, diese aber mehr pustulös, bios in dem Corium sich befinden.
Indessen beschreibt Huzard eine, der letztern ähnliche Form des Wurms, die iu kleineren, nicht gestielten, und in der Haut selbst sitzenden Beulen besteht, welche sich bald öffnen, eine nicht eitrige Flüssigkeit aussickern und keine Neigung zur quot;Vernarbnng zeigen. Diese Beulen sind röthlich, sehr zahl­reich, bald unregelmässig über den ganzen Körper zerstreut, bald in Gruppen oder Beihen vereinigt; dabei scheint der allgemeine Zustand des Thieres nicht gestört, welches übrigens an Zehrfieber und Erschöpfung durch den Säftever­lust zu Grunde geht. Bei der Section findet man theils die Lymphdrüsen ge­schwollen, gelblich oder erweicht, theils keine Veränderung. Diese Form des Wurms soll die hartnäckigste sein.
Behandlung: innerlich durch die beim Rotz erwähnten Mittel; äusserlich und local ist anfangs das Abschneiden des angeschwollenen Strangs unter der Haut manchmal im Stande,
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\\0nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Lymphsystems.
der weiteren Ausbreitung der Krankheit Einhalt zu thun; aus-serdem werden die schnurartigen Verhärtungen mit scharfer oder Terrat's arsenikhaltiger Salbe eingerieben, die Beulen mit dem glühenden Eisen zerstört. Wenig sicher ist das Aetzen dersel­ben mit Spiesglanzbutter, rothem Präcipität u. s. w. Hübner empfahl die innere Anwendung des Quecksilbermohres oder des Sublimats (Busch I.) und hielt wenig auf die äusserlichen Mittel. In Turin wurden neben Zerstörung der Wurmbeulen und Stränge durch Aetzmittel oder das Feuer, innerlich Eisen, China, bittere Extracte angewendet (Turin II); Becchis will ein wurmkrankes und ein rotziges Pferd durch das Mineral­wasser von Voghera (innerlich und äusserlich) geheilt haben (ebd.). Wagenfeld hat durch den innerlichen und äusserlichen Gebrauch von Canthariden, von 9 hautwurmkranken Pferden, 4 hergestellt (G. amp; H. 1856). Poljansky gibt an, von 129 Kranken alle bis auf 2 durch den innerlichen Gebrauch von salpetersaurem Quecksilber, Zinnober, Calomel und äusserlich Aetzmittel geheilt zu haben (J. Ber. 1855). In der Wiener Klinik wurden unter 12 Pferden mit Lymphgefässentzündung (ob bei allen Hautwurm?) 8 als geheilt (mit Quecksilbersalbe und Bilsenkrautöl) angeführt; eins als getödtet wegen Wurm. (Wien VII.) Die Behandlung muss durch gutes und hinreichendes Futter, frische Luft u. s. w. unterstützt werden.
Indessen ist der Wurm, wenn er einmal als Allgemeinlei­den ausgebildet ist, eben so schwierig zu heilen als der Rotz. Revel, der den Rotz und Hautwurm für nicht verwandt hält, will bei 2 Pferden die erstere Krankheit durch Einimpfung des Wurms geheilt haben. (Rec. 1844.)
Der Wurm ist ansteckend und erblich; er gilt als Ge­währmangel, gleich dem Rotze, und erfordert die nämliche Vorsicht gegen Infection von Thieren und Personen, die mit wurmigen Thieren (todten und lebendigen) umzugehen haben.
Man hat den Wurm mit den syphilitischen Bubonen des Menschen verglichen, wogegen sich jedoch dasselbe anführen lässt, was über die Vergleichung des Rotzes mit den Chankern der Syphilis gesagt wurde. Auch der Hautwurm ist für Menschen ansteckend; Brown führt 2 Fälle davon an (Vet. 1846). E in ik e einen tödtlichen Fall (G. amp; H. XVI), Verheyen einen geheilten Fall (Belg. 1856).
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Hautwunn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ill
Hautwurm des Rinds (Farcin, Arboulets nach Maillei).
Literatur: Nebont in Corresp. vétér., Sorrillon in Rec. (1827), Kapp, de la Soc. d'Agric. (1827, Rec. 1837). Gelle, H. Bd. 1839.
Eine seltene, der chronischen Forra des Hautwurms der Pferde ähnliche, durch Geschwülste und Stränge unter der Haut characterisirte, langwierige Krankheit.
Der Wurm befällt Thiere jeden Alters, fast ausschliesslich an den Gliedmassen und unter der Form von umschriebenen Geschwülsten oder häufiger von Strängen. Diese letzteren findet man meist au der inneren Seite des Schienbeins und des Schen­kels, selten am Halse, den Venen dieser Theile folgend; sie sind fingersdick, immer unempfindlich, etwas hart, und gehen zu den benachbarten Lymphdrüsen, die gewöhnlich angeschwollen, ver­härtet, aber nicht schmerzhaft sind.
Selten bilden sich auf dem Strange einzelne Abscesse, da­gegen erweicht der Strang selbst öfters auf einer Länge von mehreren Zollen, und wird fluctnirend, ohne jedoch die Haut durchzubrechen, wie der Hautwurm der Pferde. Schneidet man die weiche Stelle ein, so lässt sich eine weissliche, geruchlose Flüssigkeit von der Consistenz des Breies oder weichen Käse herausdrücken; die entstandene Verletzung eitert beinahe gar nicht und heilt in wenigen Tagen. Indessen füllt sich die er­weichte Stelle wieder aufs Neue, wird aber zuletzt resorbirt und hinterlässt eine Verhärtung. Am häufigsten gehen die Stränge in Verhärtung über, ohne vorher erweicht zu sein, so dass man beim Einschneiden eine speckartige, unempfindliche Masse findet, die mit der Haut innig zusammenhängt und we­nig blutet.
Die umschriebenen Anschwellungen befallen das Knie, die äussere Fläche des Vorarms oder Schenkels, den Hals u. s. w.; gleich den Strängen entwickeln sie sich träge, bleiben lange unverändert und gehen selten in Eiterung über. Ihr Inneres ist speckig, weisslich oder grau. Sehr oft stehen einzelne Stränge mit der Geschwulst in Verbindung, und sie enthält dann gewöhn­lich geschlossene Eitersäcke.
Der Verlauf der Krankheit, bei der die Thiere übrigens gesund zu sein scheinen, und die Kühe Milch geben, kann 1 bis l1/} Jahre und darüber dauern, sie bleibt local und die Thiere gehen nicht daran zu Grunde, ob sie gleich sich schlecht füttern. Ebenso wenig hinken sie, ermüden dagegen bälder
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212nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Bluts.
als gesunde. Gewöhnlich werden solche Thiere zum Schlachten benützt.
Ueber die Ursachen ist nichts Zuverlässiges bekannt; Feuchtigkeit der Luft, öftere Erkältung, starke Anstrengung, schlechtes Futter werden beschuldigt; die Erblichkeit und An­steckungsfähigkeit des Wurms werden bezweifelt; Mousis impfte 5 Thiere ohne Erfolg; er sah die Krankheit häufig bei Zugviph, das Wolle aus Spanien transportirte.
Die Behandlung mit zertheilenden Mitteln, Scarificiren und Einschnitten ist stets ohne Erfolg geblieben; Gelle empfiehlt das Brennen der Stränge und Geschwülste, nachher Verband mit Egyptiac-Salbe; innerlich Kochsalz mit Enzian; Haber. Manchmal werden die Stränge von selbst nach und nach klei­ner, dagegen schwellen dann die Lymphdrüsen mehr an, und degeneriren in eine hirnälmliche Masse.
Youatt beschreibt einen Hautwurm des Binds, der an-den Gliedmassen sich zeigte, dem des Pferds ähnlich war, d. h. Knoten und Geschwüre auf dem Strange bildete, aber durch Brennen geheilt wurde (zugleich husteten die Thiere). Er hält die Krankheit für zufällige Anschwellung und Verhär­tung der Lymphdrüsen, nicht aber für eigentlichen Hautwurm, der nur bei Pferden vorkomme s. Bindv. p. 353).
DEITTE OEMMG. Krankheiten des Bluts und der Blutbereitung.
(Vgl. auch die zweite Klasse; Krankheiten der Jrritabilität.)
Literatur: Wolsteiu über das Aderlassen bei Menschen und Thieren (1*791), Andral, Gavaret und Delafond (Bec. 1842, 1843), Delafond (das Blut, übersetzt von Fuchs 1844), Zimmermann (betreffd. Einfluss des Aderlasses auf die Blutbeschaffenheit im Archiv für phys. Heilkunde V.), Hering (Blutmenge bei Pferden, Bep. VUI.). Vanner desgl. (5 Procent des Körpergewichts 1849). Delafond Bec. 1852. Heck-meijer Beschaffenheit des Bluts in Krankheiten. Hell. 1851. G. amp; H. 1851. Gonbaux über Blutmenge, Beschaffenheit Bec. 1853.
Das Blut kann sowohl der Menge als auch der Beschaffen­heit nach vom gesunden Zustande abweichen; in einer grossen Zahl von Krankheiten ist dies theils primär, theils seeundär der Fall. Ausserdem kann das (gesunde oder krankhaft ver­änderte) Blut ungleich vertheilt sein, so dass sich bald in einem Organ oder Gewebe zu viel desselben (Hyperaemie, Congestion,
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Vollblütigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 113
Entzündung) oder zu wenig (bei Anaemie) befindet. Endlich kann das Blut, aussei- einem Missverhältniss seiner normalen Bestandtheile, noch fremde Stoffe enthalten, welche theils von aussen z. B. Arzneistoffe (durch die Verdauung u. s; w.) hinein­gelangt sind, theils im Körper selbst erzeugt oder resorbirt wurden (Gallenfarbstoff, Harnstoff, Eiter, Würmer; Contagien; Schärfen).
Die krankhaften Veränderungen des Bluts sind theils nächste Ursache gewisser Krankheiten, theils die Folge derselben; so ist Vollblütigkeit öfters die nächste Veranlassung zu Congestion und Entzündung, oder zu Apoplexie und activen Blutungen; anderntheils bringt aufgehobene Verdauung, Gekrösdrüsenver-härtung u. s. w. Blutmangel hervor.
A. Vollblütigkeit (Plethora).
Eine übermässige Menge von Blut, so dass dieselbe seiner normalen Bewegung hinderlich wird.
Die Quantität des Bluts kann in einem gesunden Thiere merklich variren, ohne krankhafte Störungen hervorzubringen (um so mehr, als die Canäle, in denen das Blut eingeschlossen ist, mehr oder weniger ausdehnbar und elastisch sind), im letzteren Falle ist meist zugleich eine qualitative Veränderung des Bluts zugegen, oder dasselbe ist bald in höherem Grade arteriös, bald mehr venös. Man unterscheidet wahre und falsche Vollblütigkeit.
Die Ursache der wahren Vollblütigkeit liegt zunächst in einem Missverhältniss der (sehr thätigen) Blulbereitung zu dem Verbrauche dieser Flüssigkeit. Gute Verdauung, kräftige Re­spiration , wenig Anstrengung der Kräfte bei geringer Neigung zur Fettbildung, Unterdrückung gewohnter Secretionen (z. B. der Milch) oder Blutentziehungen, veranlassen die Anhäufung einer allzugrossen Menge von Blut im Körper.
Bei der falschen Vollblütigkeit ist eigentlich nicht mehr Blut vorhanden, sondern dasselbe soll nur einen grosseren Raum einnehmen (plethora ad volumen), was man theils der Einwirkung heftiger Bewegungen und Leidenschaften , theils der Hitze (vorzüglich auf die gasförmigen Bestandtheile des Bluts, denn bei den tropfbar flüssigen ist durch die im lebenden Kör­per vorkommende Steigerung der Temperatur keine merkliche
Hering I'uiiiologie,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Q
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114nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des-Bluts.
Raumvermehrung denkbar) zuschreibt. Auf diese Weise ent­stehen der wahren Vollblütigkeit ähnliche Symptome.
(Die plethora ad spatium, welche auf Verminderung des Raums für die vorhandene Blutmenge durch Unterbindung grosser Gefässe, Amputation grösserer Gliedmassen u. s. w. beruht, wird bei Tliieren selten vorkommen ; dagegen karm die Oblite­ration grösserer Gefässstämme durch Thrombus oder Embolie ein solches Missverhältniss erzeugen. Die plethora ad vires, welche bei sehr schwachen Individuen mit offenbar zu geringer Blutmenge, jedoch blos vorübergehend, enstehen soll, möchte mit Congestion zusammenfallen.)
Symptome: Ueberfüllung der oberflächliclien Blutgefässe, namentlich der Ha.utvenen, mit Blut; die Arterien fühlen sich voll an, der Puls ist stark, voll, oft hart; bei längerer Dauer und hohem Grade wahrer Vollblütigkeit aber oft unterdrückt, zusammengezogen, klein; der Herzschlag ist deutlich, oft un-regelmässig; das aus der Ader gelassene Blut ist dunkel und gerinnt schnell. Die sichtbaren Schleimhäute sind stark ge-röthet. Hiezu Trägheit der Bewegung, Spannung der Glieder, Angst; grosse Neigung zu Congestionen, Entzündungen oder Blutungen; im höchsten Grade: Abstumpfung, Schwindel, Zit­tern, Schlagfluss.
Dauer: unbestimmt.
In der falschen Vollblütigkeit sind die Zufalle weniger heftig und mehrere derselben fehlen ganz (z B. der harte Puls): überhaupt geht die falsche Vollblütigkeit mit den sie veranlas­senden Ursachen meist bald vorüber.
Eine länger anhaltende, jedoch massige Vollblütigkeit hat die Entwicklung des venösen Zustandes, Erweiterung der Ge­fässe , Abdominal-Plethora, Stockungen im Pfort-Adersystem u. s. w. zur Folge.
Diagnose: unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse des Thiers nicht schwierig; manchmal jedoch unsicher wegen der sich widersprechenden Symptome oder der Verwechslung mit Congestionen nach der Oberfläche des Körpers.
Vorhersagung: meist günstig.
Behandlung: a) direct durch Blutentziehung aus einem grosseren Gefässe (Einfluss der Grosse der gemachten Oeff-nung und der Stärke des Blutstroms), b) indirect durch Ent­ziehung der gehaltreichen Nahrung, angemessene Bewegung,
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Blutmangel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 125
Wiederherstellung unterdrückter Secretionen ; kühlende und aus­leerende Mittel. Bei der falschen Vollblütigkeit sind zu er­giebige Aderlässe zu vermeiden.
B. Blutmangel (Anaemia).
Literatur: Gellé loc. cit. IV. Bd.; Änhemose epizootique. Streit über Aglobulie im Rec. 1857.
Weniger Blut als die normale Unterhaltung der Functio-nen des Körpers bedarf; das Blut ist meist verdünnt oder wäs­serig.
Ursachen: die Blutarmuth ensteht entweder langsam durch unzureichende Nahrung und Fehler der Assimilation, oder schneller durch anhaltende und hefeige Anstrengung, übermässige Absonderungen, insbesondere copiöse Eiterung, am schnellsten durch starken Blutverlust.
Symptome: Leere der oberflächlichen Blutgefasse, Blässe der Haut und Schleimhäute, mangelnder Turgor, matter Blick, kleiner, schwacher, oft beschleunigter Puls, stark fühlbarer Herz­schlag, geringe Wärmeentwicklung, baldige Erschöpfung der Muskelkraft. Das aus der Ader gelassene Blut gerinnt lang­sam, setzt wenig Cruor, dagegen viel Serum ab. Kicht selten verbindet sich mit einem massigen Grade der Blutarmuth eine erhöhte Reizbarkeit des Gefäss- und Kervensystems (irritable Schwäche).
Dauer: unbestimmt; das Ende wird durch Abzehrung, Wassersucht und Erschöpfung der Kräfte herbeigeführt.
Diagnose: nicht schwierig, Verwechslung mit Congestion nach den Innern Theilen möglich.
Behandlung: muss hauptsächlich auf Entfernung der Ur­sachen gerichtet sein; sodann Hebung der Blutbereitung (nahr­haftes, leicht verdauliches, nicht reizendes Futter, reine Luft, Ruhe oder Bewegung nach Willkür; Infusion von Blut aus den Adern eines gesunden Thiers); innerlich: stärkende, bittere Pfianzenstotfe, eisenhaltige Mittel; Reizmittel sind zu ver­meiden.
Bei neugeborenen Thieren, besonders #9632;wenn sie bei kalter Witterung zur Welt gekommen sind (Füllen, Lämmer) beobachtet man manchmal einen auf­fallenden Blutmangel; das Blut ist zugleich blassroth, ohne Faserstoff, gerinnt nicht und sieht wie Fleischbrühe aus; die jungen Thiere sind schwach und sterben 6-24 Stunden nach der Geburt,
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Krankheiten des Bluts.
C. Qualitative oder Mischungsveränderungen
des Bluts.
Missverhältniss der näheren Bestandtheile des Bluts zu einander, meist an der Farbe, Consistenz, Gerinnbarkeit u. s. w. erkenraquo;bar (auch schon bei Vollblütigkeit und Blutmangel er­wähnt).
Die Fehler in der Mischung des Bluts entstehen theils durch Aufsaugung nicht gehörig assimilirter oder selbst krank­hafter Stoffe im Körper und Störungen der Blutbereitung (Krank­heiten der Lymphdrüsen, der Lunge), theils durch Zurückblei­ben von Stoffen, die zur Auscheidung bestimmt sind (Wasser, Faserstoff, Schärfen).
Man hat sich bemüht nachzuweisen, dass die Bodenbeschaffenheit (durch die darauf gewachsenen Pflanzen) einen wesentlichen Einfluss auf die Be­schaffenheit des Bluts habe. Dieselben Pflanzen (z. B. Klee, Luzerne, Espar­sette) , welche auf fruchtbarem Kalk- und Thon-Kalkboden durch ihre Nahr­haftigkeit zu Entzündungen, Blutungen und Apoplexien (Milzbrand) dispo-niren, bringen auf feuchtem und gegypstem Thon-, und Thon-Sandboden Blut­mangel und wässeriges Blut hervor. Ebenso disponiren alte Kleefelder zu Anhaemie; Schimmel, Rost (Pilze) u. dg!., bringen Neigung zur Zersetzung des Bluts hervor. — Körber und Gerlach fanden dagegen, dass reiche Boden­befruchtung und üppiges Wachsthum des (selbst befallenen) Grünfutters vor Milzbrand schützten (G. amp; H. 1855).
Symptome: mangelhafte Ernährung, Keigung zur Bil­dung von Afterorganen, Degeneration mancher Gewebe (z- ß-der Lunge, der Haut), Erzeugung krankhafter Secretionsorgane (Ausschläge, Geschwüre — sogenannte offene Schäden —), seltener Ergriffensein des Nervensystems.
Ve.rlauf und Dauer unbestimmt: z. B. schnell bei Re-sorbtion von Eiter oder Jauche, langsam beim Ausgang in Dyscrasien und Cachexien.
Diagnose: unsicher; Prognose: ebenso, nach der Be­schaffenheit des Uebels, seiner Dauer und seinem Grade.
Behandlung: Beseitigung der Ursachen, Veränderung der Blutbereitung, theils durch bessere Nahrung, theils durch strenge Diät (Hungerkur); Antreiben der Secretionen, beson­ders der Hautausdünstung und der Nieren; umstimmende Mit­tel (alterantia), sogenannte blutreinigende, die Absonderungen vermehrende und abändernde Mittel u. s. w.
Hieher gehören die entzündliche, die wässerige Bcschaf-
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Qualitative Veränderungen des Bluts.
m
fenlieit, die Verdickung und Auflösung des Bluts, die Schärfen und zurückgehaltenen Auswurfstoffe. (Die erhöhte Arteriosität und Venosität s. II. Classe der Krankheiten.)
laquo;) Ueh'ermass an Faserstoff (entzündliche oder pfdogistisclie Beschaffenheit des Bluts).
Nicht der Gehalt an Faserstoff bezeichne die Güte des Bluts, sondern der Gehalt au Blutkügelchen (Blutzellen) n, Gourdon. Toul. 1851.
Das aus der Ader gelassene Blut ist schaumig, bleibt beim Gerinnen entweder unverändert und bildet einen gleich­förmigen, rothen, festen Kuchen, oder es scheidet eine dicke, sehr consistente Schichte von Faserstoff aus (wahre Speckhaut)raquo; die oft in der Mitte vertieft ist: jedenfalls scheidet sich wenig Blutwasser aus. (Die Bildung der Speckhaut wird durch die Grosse der Aderlassöffnung, das schnelle Ausfliessen, die Enge und Glätte des Gefasses, worin das Blut stehen bleibt, begün­stigt.) Im lebenden Körper: Neigung zu ächten Entzündungen und zur Ausscheidung von Faserstoff (plastischer Lymphe).
Die sogenannten falschen Polypen im Herzen und den grossen Gefässstäm-men sind Ausscheidungen des Faserstoffs aus dem Blute, welche entweder kurz vor dem Tode oder erst nach demselben sich bilden, keineswegs aber sind sie Ur­sache der Krankheit [Herzschlechtig] oder des Todes.
Die entzündliche Beschaffenheit des Bluts ist meist zu­gleich mit Plethora (vgl. die Symptome dieser) verbunden; sie geht bald entweder in Entzündung einzelner Organe oder aber in Auflösung des Bluts über.
Ursachen: reichliches Futter, gute Verdauung, reine, kalte Luft, starke Anstrengung der Muskeln (aber auch an­haltende , ungewohnte Ruhe), Fieber und Entzündungen.
Diagnose: aus der Beschaffenheit des Bluts und Berück­sichtigung der vorausgegangenen Ursachen nicht schwierig.
Prognose: günstig.
Behandlung: Verminderung der Blntmenge, direct durch Aderlassen oder indirect durch Vermehrung der Secretionen, Abbrechen am Futter, oder kühlendes, wässeriges Futter, reines Wasser zum Trinken; von Arzneimitteln: die Neutralsalze, be­sonders Salpeter und Salmiak (auch Schwefel, Schwefelleber und die Narcotica vermindern die Gerinnbarkeit des Bluts, passen aber nur in seltenen Fällen).
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Krankheiten des Bluts.
h) Wässerige Beschaffenheit des Bluts (öacochymia serosa).
Literatur: Ligné über Hydrohaemie und Char lier über eine im Departement de la Marne herrschende Pferdekrankheit (Rec. 1843). Clement's Ver­suche über denEinfluss anhaltender Schmerzen; sie sollen eine Vennehrung des Wassers und Cruor's im Blute, dagegen eine Abnahme des Eiweiss-nnd Faserstoffgehalts hervorbringen. Toul. 1850. Schnieper fand bei einem Schwein mit Rothlauf das Blut wässerig, arm an Cruor. Schw. XII.
Das ausgelassene Blut scheidet mehr Serum als gewöhn­lich aus, der Blutkuchen ist gering, das Serum selbst enthält wenige gerinnbare Stoffe (Eiweiss). Häufig zugleich Blut­mangel.
Ursachen: starker Blutverbrauch, unzureichende Blut­bereitung, vermehrte Absonderungen, Blutungen; Mangel an Nahrung oder gehaltloses, wässeriges Futter, fehlerhafte Chylifi-cation und Assimilation. Aufnahme vielen Wassers durch Trinken, feuchte Luft, Resorbtion wässeriger Flüssigkeiten im Körper, bei verminderter Nieren- und Hautsecretion.
Symptome: ähnlich wie bei Blutmangel. Neigung zu Höhlen- und Zellgewebs-Wassersuchten (Bleichsucht, bei den Schafen am häufigsten), Schwäche und Mangel an Ausdauer bei der willkürlichen Bewegung.
Diagnose: nicht schwierig.
Prognose: nach den Ursachen und der Leichtigkeit ihrer Beseitigung zu stellen.
Behandlung: Beschränkung des Blutverbrauchs, Beschleu­nigung des Wiederersatzes, Vermehrung der Harnabsonderung und Hautausdünstung u. s. w.
c) Uebermass an Bluikügelchen (Spissitudo).
Solches Blut ist dunkel von Farbe, dickflüssig, theerartig, gerinnt nicht fest, scheidet wenig oder kein Serum aus, eben so wenig den Faserstoff, sondern bildet mehr eine dickflüssige Sülze, die bald in Fäulniss übergeht.
Delafond's Diastashaemie, Trennung des Bluts, wozu er den Coriza gcmgréneux oder Mal de tête de contagion und einige Milzbrandformen zieht, sodann desselben Pelohämie [Zersetzung des Bluts], wozu er die Carhunkelkrankheiten, die yerderblichen intermittirenden Fieber Dupuy's [bei Schafen] rechnet, gehören hieher. Bouley's Anasarca, s. Petechialfieber.
Diese Beschaffenheit des Bluts kommt vorzugsweise im Milzhrande, in den typhösen und fauligen Fiebern und nach
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Qualitative Veränderungen des Bints.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 119
Entzündungen, die in Brand sich endigten, vor, und ist am lebenden Thier durch die, diese Krankheitsformen bezeichnen­den Symptome, am leichtesten aber an dem aus der Ader ge­lassenen Blute zu erkennen. Beim Milzbrand steigt die Zer­setzung des Blutes bis zur Gasbildung (Emphysem).
Entferntere Ursachen sind: feuchte Hitze, verdorbenes Futter, unreine Luft.
Behandlung nach der begleitenden Krankheit: haupt­sächlich frische Luft, Säuren, oft in Verbindung mit flüchtigen Reizmitteln.
d) Auflösung des Bluts (Dissolutio, Sepsis).
Mangel an gerinnbaren Theilen im Blut, oder verminderte Gerinnbarkeit und Neigung zur Auflösung und Fäulniss.
Hieher Delafond's Diarrhaemie [Durchfliesen des Bluts] mit den Krankheitsformen: der acuten Fäule, Maladie rouge, oder de Sologne, Powr-riture aigue. Das Durchschwitzen des Bluts durch die Gefässe (Ecchymosen, Petechien u. s. w., blutige Secretionen, z. B. Blutharnen bildend) wird häufig als charakteristisch für typhöse Leiden bezeichnet (z. B. Gourdon 1851), allein es kommt auch bei andern Krankheitszuständen vor. Goubaux sah Pete­chien entstehen bei Anatomiepferden, die einige Tage kein Futter bekommen hatten (Rec. 1851); ebenso bringen starke Blutentziehungen, oder Verdün­nung des Bluts durch Infusion von Wasser Austreten des Bluts aus den Gefässen zu Stande.
Bei dämpfigen Pferden und nach dem Abschneiden des N. vagus findet man weniger'Wasser, aber mehr Eiweis? im Blute, manchmal zugleich mehr Faserstoff und Cruor (unvollständige Verbrennung, n. Clement 1850, 52).
Dieser Zustand steht zwischen der wässerigen Beschaffen­heit des Bluts und dem Uebermass an Färbestoff.
Ursachen: allgemeines Sinken der Lebenskraft, durch feuchte Luft, Hitze, unzureichende oder schlecht beschaffene Nahrung, veranlasst; ferner Contagien, Resorbtion brandiger oder fauliger Flüssigkeiten im Körper, daher faulige und ner­vöse Fieber.
Symptome: kleiner, schwacher, oft beschleunigter Puls; blasse Häute, Schwäche der Muskeln und der Empfindlichkeit, Neigung zu Blutungen, Ecchymosen und colliquativen Secre­tionen ; übler Geruch der Hautausdünstung, der ausgeathmeten Luft, des Harns u. s. w., endlich Erschöpfung.
Diagnose: das Blut ist flüssig, gerinnt nicht fest, schei­det keinen Faserstoff aus; der Blutkuchen ist weich, hellroth;
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Krankheiten des Bluts.
die Blutkügelchen lösen sich leicht im Serum auf, das röth-lich gefärbt ist.
Prognose: ungünstig.
Behandlung: reine Luft, gute Nahrung; säuerliches Ge­tränke, fäulnisswidrige, Reiz- und adstringirtnde Mittel. Hem­mung vorhandener Blutungen oder coliiquativer Ausleerungen.
e) Sogenannte Schürfen und zurückgehaltene Auswurfstoffe im
Blute.
Vielleicht von einem Uebermass der im Blute enthaltenen Salze: übrigens weniger an der chemischen Beschaffenheit des Bluts, als an ihren Folgen zu erkennen.
Man hat in dem Blute fremdartige Bestandtheile, z. B. Gallenfarbstoff (bei der Gelbsucht), Harnstoff (bei zurückge­haltener Excretion des Urins), Eiter, Milch oder Fett nach­weisen können; dagegen ist dies nicht mit den Contagion der Fall.
Wird gutartiger Eiter in die Venen eines Thieres ge­bracht, so bilden sich bald Knoten und Abscesse in der Lunge, manchmal auch unter der Haut und sonst im Körper; oder es entsteht eine Entzündung der innern Haut der Venen. Der blos wässerige Theil des Eiters (ohne die Eiterkügelchen) bringt (nach meinen Versuchen) im Blute keine nachtheilige Verän­derung hervor. (Vgl. Eiterinfection, bei der Classe der Zehr­fieber.)
Wenn das Serum des Bluts Gallenfarbstoff enthält, so wird es dunkelgelb davon und theilt diese Färbung allen hel­leren Geweben (besonders dem Zellgewebe, den Schleimhäuten, selbst den fibrösen Häuten, so wie dem Fell) mit. Harnstoff im Blute soll sich durch den Harugeruch des Schweisses oder der Lungenausdünstung zu erkennen geben.
Die nicht genauer bestimmbaren, sogenannten Schärfen im Blut äussern sich hauptsächlich durch Neigung zu Hautausschlä­gen chronischer Art, zu langwierigen Geschwüren, durch qualita­tive Abänderungen des Harns, der Thränen, des Schleims u. s. w.
Ursachen: schlechtes Futter, verdorbenes Wasser, un­reine Luft, Mangel an Hautpflege und Unterdrückung normaler, oder aber habituell gewordener, krankhafter Secretionen, als deren Stellvertreter die Hautausschläge, Geschwüre, aber auch
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Qualitative Veränderungen des Bluts.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;]21
heftige Fieber und selbst Affectionen des Nervensystems sich bilden.
Diagnose: oft ungewiss.
Prognose: nach der Dauer des Uebels und den äussern Verhältnissen verschieden.
Heilung: meist langwierig; zunächst Vermeidung der Ur­sachen, dann Umänderung der fehlerhaften Beschaffenheit des Bluts durch passende Kahrung, reine Luft, Antreiben der ver­haltenen Secietionen, umstimmende und ableitende Mittel unter Berücksichtigung des von der Katur gewählten Wegs; vorsich­tige Unterdrückung der habituellen Absonderungen u. s. w.
Der nicht vollständig aus der Säftemasse ausgeschiedene, pathische Stoff wirkt nicht selten, einem Ferment ähnlich, auf den Körper und führt Rückfälle herbei.
Höchst auffallend ist, dass (Faden-) Würmer in ausserordentlicher Menge im Blute des Hundes vorkommen können, ohne Krankheitserscheinungen her­vorzubringen , nach Gruby und Delafond, (Rec. 1851). Broughton hat bei einem an Huf- und Lungenentzündung leidenden Pferde die Oberfläche des Blutkuchens tiefblau gesehen, das Serum war dunkelgelb. Vet. 1849. Die milchähnliche Beschaffenheit des Serum ist meist einem ungewöhnlichen Fettgehalt zuzuschreiben, nicht aber der Milchresorbtion.
VIEETE ORDNUNG.
Krankheiten der Ernährung.
Die Ernährung, als eine nächste Folge der Verdauung und Blutbereitung kann sowohl im ganzen Organismus vermehrt oder vermindert, als auch qualitativ abgeändert sein. Dasselbe findet auch bei einzelnen Organen statt.
Die künstliche Beschleunigung des Wachsthums, namentlich bei jungen Thiereu dispouirt zu verschiedenen Krankheiten; mau hat diese Frühreife be­sonders in England in einigen Rassen des Rindviehs, der Schweine erblich gemacht.
A. Uebermässige Ernährung.
a) FettsucM {Polysarcia).
Uebermässige, andere nothwendige Functionen störende An­sammlung von Fett im Körper (an nach Thierart, Rasse u. s. w. verschiedenen Stellen desselben). Die absichtlich hervorge-
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Krankheiten der Ernährung.
brachte Fettsucht nennt man Mästung; sie ist für sich kein krankhafter Zustand.
Ursachen: viel und gutes Futter, bei wenig Bewegung, phlegmatischem Temperament, venöser Constitution, und unter­drücktem oder aufgehobenem Geschlechtstrieb. Gewisse Thier-arten (z. B. Schwein, Rind, Schaf) und Rassen (z. B. unter den Hunden die Pudel, Mopse) besitzen eine grössere Neigung zur Fettsucht, als andere; bei gewissen Rassen oder Schlägen z. B. von Rindvieh oder Schweinen besteht eine erbliche An­lage zur Fettbildung.
Unter den Pferden sind hauptsächlich die Luxuspferde, welche regel-mässig ihre Nahrung und in guter Qualität hekommen, dabei wenig ange­strengt werden, der Fettsucht ausgesetzt. Selbst eine verhältnissmässig knappe Ration schützt sie nicht davor. Solche Thiere bleiben, auch nachdem sie später in schlechte Pflege gekommen, noch lange Zeit auffallend fett, was man jedoch weniger an den äussern Umrissen des Thieres, als bei Sectionen findet.
Die Symptome der Fettsucht sind: Zunahme des Um-fangs des Körpers überhaupt, polsterähnliche Auftreibungen an verschiedenen Stellen, verminderte Beweglichkeit, geringere Ausdauer im Laufe, baldiges Schwitzen beim Gebrauch, be­schwerliches Athmen, verminderte Empfindlichkeit u. s. w. In fieberhaften Krankheiten wird das angesammelte Fett oft sehr schnell resorbirt, besonders wenn damit starke Ausleerung von Säften (z.B. in der Ruhr oder Fettschmelzen), eine Eiterung oder heftiger Schmerz verbunden ist. Ausserdem verwandelt sich das Fett gerne in eiweishaltiges Wasser (Sülze).
Behandlung: weniger und gehaltloseres Futter, mehr Bewegung und Anstrengung der Kräfte (jedoch nicht plötzlich); daneben Mittel, welche die Secretionen vermehren (z. B. ab­führende) , und die Plasticität des Bluts mindern (Quecksilber-, Schwefel-, Spiessglanzpräparate, Jod). Da fette Thiere ab­solut weniger Blut besitzen als magere (von derselben Körper­masse u. s. w.) , so sind Aderlässe selten oder nie am Platze; grosse Blutentziehungen werden nicht ertragen, kleine nützen nicht, sondern vermehren eher die Neigung zur Fettbildung. Sehr fette Stubenhuude leiden manchmal an einem hartnäckigen Husten, der durch Diät und kleine, aber länger fortgesetzte Gaben von Jodkali (5—8 Gran täglich) in Verbindung mit beruhigenden Mitteln gehoben wird.
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Abzehrung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;123
h) Hypertrophie.
Uebermässiges Wachsthum eines Organs ohne krankhafte Veränderung seiner Substanz.
Sie kommt hauptsächlich an den innern Organen, z. B. Herz, Leber, Milz, Nieren, Schilddrüse u. s. w. vor, und wird im Leben entweder nicht erkannt, oder sie bringt je nach dem befallenen Organ, der Ausdehnung desselben, der Störung be­nachbarter Organe u. s. w. sehr verschiedene Symptome hervor.
Die Behandlung ist entweder auf Hebung dringender Symp­tome beschränkt (z. B. Minderung des Blutzuflusses durch Ader­lässe u. s. w.) oder fällt in das Gebiet der Chirurgie (wie Unterbindung der zufuhrenden Arterie bei äusserlichen Organen, #9632;Exstirpation u. dgl.).
B. Verminderte Ernährung. a) Abzehrung (Maries).
(Auszehrung, Schwindsucht, Darrsucht. Tabes.) Literatur: üeber das Hungern der Pferde s. J.-Ber. 1856, S. 6.
Allmälige Abnahme des Körpervolumä wegen unzurei­chender Ernährung, für sich fieberlos, langwierig. Sie ist häufig ein Symptom oder die Folge anderer Krankheiten, z. B. von Entzündungen (sowohl acuten als schleichenden); Vereiterung innerer Organe (Phthisis), Blutverlust, allzustarken Ausleerun­gen u. s. w. Die Auszehrung ist im ganzen Körper, was das Schwinden bei einem einzelnen Theile desselben ist.
Symptome: Abmagerung, bei manchmal normaler Fress­lust , Sinken der Kräfte, daher vieles Liegen, Blutmangel (blasse Schleimhäute, schwacher, leerer Puls, fühlbarer Herz­schlag), struppiges Haar, starre Haut (Harthäutigkeit), Träg­heit der Absonderungen, der Resorbtion (ödematöse Anschwel­lungen) u. s. w. Ohne Trübung des Bewusstseins oder Schmerz.
Ursachen: die nächste Ursache ist unzureichender Er­satz für den Verbrauch an Säften und Kräften. Daher führen Mangel an Nahrung, unvollständige Verdauung des Genossenen, gestörte Resorbtion und Assimilation des Chylus (durch Krank­heiten der Lymphdrüsen) mangelhafte Blutbereitung (von der Lunge und den Kreislaufsorganen aus), Blutungen und endlich
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Krankheiten der KmShrung.
übermässige Anstrengung direct den Zustand der Abzehrung herbei. (Bei gänzlicher Entziehung der Nahrung gehen die Thiere nicht sowohl an der Abzehrung, als vielmehr früher schon an der Zersetzung der Säfte und Entzündung des Ma­gens und Darmcanals, zu Grunde). Auch Bandwürmer, be­sonders die Bandwürmer des Rinds und Schafs können Ab­zehrung herbeiführen. — Auf indirecte Weise bringen über­mässige Secretionen (Durchlauf,- Harnruhr, zu häufiges Be­schälen, starke Eiterung) chronisch gewordene Entzündungen, besonders der Respirations- und Verdauungsorgane, auch der innern Genitalien , ferner üeberreizung des Nervensystems durch anhaltenden, heftigen Schmerz, heftige besonders deprimirende Atfecte wie Sehnsucht — Abzehrung hervor. Auch ist der Missbrauch mancher Arzneimittel, z. B. der Quecksilberpräpa­rate, des Jods, Schwefels, Arseniks hieher zu zählen. Der langsame Verlauf der Abzehrung wird gewöhnlich gegen das Ende derselben durch das Hinzukommen eines schleichenden Fiebers (Zehrfieber) oder durch das üeberhandnehmen der Des­organisationen in den zum Leben nöthigen Organen, beschleunigt.
Bei der Section findet man je nach der Ursache des Leidens theils Spuren von Entzündung an verschiedenen Or­ganen und Geweben (Lungen, Darmcanal, Gekrösdrüsen, Frucht-hälter u. s. w.), häufiger die Folgen derselben, Verhärtung, Tuberkel, Eiterung, auch Wassererguss — theils aber auch keine krankhafte Veränderung, sondern blos: gänzlichen Mangel an Fett, oder sulziges Wasser an dessen Stelle, Blässe der Häute, wässeriges Blut, etwas Wasser im Zellgewebe oder den Höhlen, auch Blasenwürmer.
Diagnose: anfangs ungewiss, später leicht.
Prognose: meist ungünstig.
Behandlung: anfangs schnelle Beseitigung der Ursachen; da indessen diese oft lange vorher eingewirkt haben, ehe die Abmagerung bestimmt erkannt wird, so hat man es meist blos mit den Folgen derselben zu thun; sind unheilbare Desorgani­sationen bedeutender Organe vorhanden, so ist es rathsam das Thier baldigst zu schlachten. Wäre es aber vortheilhafter, dasselbe noch eine Zeit lang zu erhalten (z. B. bei Trächtig­keit), so suche man dies durch leicht verdauliches, nahrhaftes Futter, in Verbindung mit stärkenden, die gesunkene Verdauung und Blutbereitung hebenden (aber nicht reizenden), Arzneien
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Schwinden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;125
(z.B. bittere Mittel, wie Enzian, Bitterklee; Polygala amar.. Liehen island.; ferner China, Eisenpräparate) zu bewirken, oder durch speeiüsch wirkende Mittel (z. B. bei zu starken Secretionen: adstringirende Pflanzenstofle und Mineralsalze) bei gleichzeitiger Dyscrasie: Kohle, Spiessglanz #9632;—die Fortschritte der Krankheit zu verzögern. Bei nervösen Ursachen wendet man sogenannte Nervenmittel (Baldrian, Asafoetida, Ammon. carbon.) an: bei heftigem Schmerz beruhigende Mittel {Opium, Hyosciamus, auch örtlich erweichende Umschläge; nach Um­ständen könnte das Abschneiden des schmerzenden Nerven ver­sucht werden). Bei Complication mit schleichenden Entzün­dungen ist gelinde antiphlogistisch zu verfahren; bei Blutmangel, allmählich oder schnell anstanden, wäre die Infusion gesunden Bluts in die Venen des kranken Thiers zu empfehlen. Bei Würmern sind die wurmtreibenden Mittel anz^yenden.
Die Reconvalescenz dauert lange, und erheischt die sorg­fältigste Vermeidung der Ursachen neben zweckmässiger Pflege und Wartung. Rychner beschreibt unter dem Namen De-crepidität eine Abnahme an Masse und Kräften des Rind­viehs ohne eine bemerkliche Ursache, bei fortdauernder Fress­lust. Nach seiner Erfahrung soll in Wasser weich gekochter Roggen, zu 2—3 Handvoll täglich, je mit einem halben Trink­glas alten Weines befeuchtet, auch mit etwas Kochsalz bestreut, gute Dienste thun. Möglichste Entfernung der zu vennuthenden Ursache ist nicht zu unterlassen. (R. Ztschr. für Rindvieh­kunde 1844.) Gegen das Nichtgedeihen des Rindviehs von Verdauuiigsschwäche (wahrscheinlich nervös) ist schwefelsaures Kupfer zu versuchen.
Bei abgemagerten Thieren wird das sogenannte Falsehfuttern mit unge­löschtem Kalk, auch Arsenik in kleinen Dosen vorgenommen ; die Thiere bekommen ein besseres Aussehen, aber nicht mehr Kräfte und verfallen manchmal schnell in Wassersucht.
b) Sclauindcn (Ätrophia).
Ungewöhnliche Kleinheit oder Abnahme der Masse eines Organs, ohne krankhafte Veränderung seiner Structur; theils angeboren, theils erst im Laufe des Lebens entstanden.
Innere Organe, besonders Drüsen und drüsenähnliche (Nie­ren, Hoden, Eierstöcke, Milz, Leber u. s. w.-) sind oft von Ge­burt an sehr klein, so da,-;s sie ihre Function nicht gehörig
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J26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Ernährung.
versehen können. Sind dergleichen Organe doppelt vorhanden, so ist meist das der entgegengesetzten Seite um so grosser, und bildet somit den Ersatz für das atrophisch gebliebene.
Im Laufe des Lebens nehmen dagegen manche, vorher normal gewesene Orgaue an Masse ab, ohne durch Eiterung oder Jauchebildung zerstört zu weiden; vielmehr geschieht diese Abnahme allmälich, ohne Entzündung und häufig ohne Schmerz, bles durch verminderten Blutzufluss, vermehrte Resorbtion, durch Druck von Seite anderer Organe, mangelnden Nerven-einfluss, anhaltenden Schmerz , Unthätigkeit u. s. w. Die ge­störte und völlig aufgehobene Function des atrophischen Or­gans ist bald die Folge, bald die Ursache des Uebels. Wenn man z. B. den Samenleiter unterbricht, so verfehlt die Function des Hodens ihren Zweck und der Hoden schwindet (wie directe Versuche mir bewiesen haben), ebenso wie wenn dessen Arterie unterbunden worden wäre. Beim Pferde kommt Schwinden hauptsächlich an den Gliedmassen und Hufen, und am Aug­apfel (nach Erblindung) vor.
Die Diagnose und Prognose richten sich nach den ein­zelnen Fällen.
Die Behandlung beruht auf Entfernung der Ursachen (z. B.'des Drucks), Vermehrung des Blutzuflusses u. s. w. Sie ist meist eine chirurgische. Ausserdem sind die nachtheiligen Folgen, die aus der Atrophie eines Organs für den Körper überhaupt entstehen können, zu beseitigen.
C. Krankhaft veränderte Ernährung.
a) Bildung von Warzen, Polypen, Scirrhus, Krebs (Cancm*).
Sie äussert sich theils im Körper überhaupt durch fehler­hafte Säftemischung, Neigung zu Wassersuchten, Cachexie, Wurmbildung u.dgl., theils in besonderen Organen, z. B. durch chronische Hautausschlüge, Flechten, Geschwüre, Bildung von Warzen, Polypen, Melanosen, Scirrhus, Krebs. Die erstge­nannten Krankheiten werden an ihrem Orte angeführt, die an­deren gehören mehr in das Gebiet der Chirurgie oder lassen überhaupt keine Behandlung mit Aussicht auf Erfolg zu.
Dass dergleichen örtlich scheinende Afterorgane, wie z.B. Warzen, in manchen Fällen auf einer allgemeinen Verstimmung des Ernährnpffsprocess.es beruhen, beweist das Wiedererscheiuen
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Scirrhus u. s. w.
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derselben, nachdem sie exstirpirt werden. Die Neigung dazu vererbt sich sogar manchmal auf die Nachkommen.
So z. B. bei dem Hengst Sonspareil (Rep, IV.), welcher im hcihern Alter durch zahlreiche Warzen entstellt war, urd unter dessen zahlreichen Nachkommen mehrere ebenfalls Warzen bekamen, namentlich wenn sie älter geworden sind. Weitemeyer will nach Exstirpation von Warzen Augen­entzündung, Koller entstehen gesehen haben. N. lt;fe V. 1849.
Gegen Warzenbildung ist die innerliche Anwendung des Arseniks unter den gehörigen Vorsiclitsinassregeln zu versuchen. Gräff gab Pferden täglich 15 Gran, 8 Tage lang, Morgens auf einer Brodschnitte; Rindvieh das Doppelte; die Cur wurde nach 4 Wochen wiederholt. In 8—10 Wochen waren alle Warzen abgefallen. (Archiv XL) Lambert empfiehlt kohlen­saure Bittererde innerlich gegen Warzen.
Scirrhus und Krebs sind eigenthümliche Entartungen, vorzüglich von conglomerirten Drüsen, aber auch von Haut-und Schleimhautpartien. Sie sind am Euter, den Hoden, dem Augapfel, dem Ohr, dem Strahl (des Pferdes), dem Efalse des Fruchthälters, der Scheide, dem Penis (besonders beim Hunde) beobachtet; man hat dagegen die Exstirpation des kranken Theils, auch (bei noch neuem Scirrhus) örtlich antiphlogis-tische Mittel, später Jodsalbe und Jod innerlich, äusserlich Aetzmittel, Arsenik, Schwefelsäure oder Brennen mit Erfolg angewendet.
Gerlach gibt an bei Magenkrebs seien ünverdaulichkeit, Kolikaufälle, Abmagerung, auch Koppen zugegen. (G. amp; H. VIII.)
Bernard beschreibt (Rec. 1829) einen Scirrhus (cancer) des Laab-magens und Pförtners bei Rindvieh. Die Symptome waren: schnelle Ab­magerung, Aufhören des Appetits und des Wiederkauens, oder Fallenlassen des Bissens, der wiedergekäut werden sollte (er kam sogar manchmal zur Nase heraus) , und mit vieler Luft heraufgestiegen war; bei einigen Stücken widernatürlicher Appetit nach Mist, stark belegte, gelbe Zunge, schaumiges Maul, Verstopfung, Auftreibnng des Bauchs, harter Puls n. s. w. Die da­gegen versuchten Mittel waren ohne Erfolg; doch machte die Krankheit Re­missionen von mehreren Tagen und Wochen, wobei die Thiere ganz herge­stellt zu sein schienen.
Bei der Section fand man die Gekrösdrüsen sehr vergrössert, speckartig. zum Theil eiterähnliche Flüssigkeit enthaltend; ilie Häute des Laabmagens waren (besonders die Mnskelhaut) etliche Zoll dick, speckig, enthielten eben­falls Abscesse mit gelblich dickem Eiter; auf der Schleimhaut des Laabma­gens waren den Rotzgeschwüren ähnliche Geschwüre. Eine ähnliche den zweiten Magen einer Kuh betreffende Beobachtung von Buhl findet man im Rep. IV. Das Thier zeigte Durst, heftigen Durchfall, Schmerz und wurde in 8 Tagen so schwach, dass es geschlachtet werden muste. Die Häute der
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Krankheiten der Ernährung.
Haube waren zolldick, die innere Haut entartet, statt der Zellen eine flei­schige, höckerige, übelriechende Oberfläche bildend.
Dit tri ch beschreibt Lungenkrebs bei einem Hunde (Kr. 1853); ein Medullarkrcbs an der Pleura eines Hundes ist in Wien beobachtet (Kr. 1852). Roll beschreibt genau einen Medullarkrebs der Kieferhöhle, der Leber, der Nieren, der Prostrata u. s. w. bei Pferden und Hunden (Wien III.).
Gebärmutterkrebs hat oft erhöhten Geschlechtstrieb und Abstumpfung der Empfindlichkeit zu Begleitern. Unter dem Namen
Drüsenkrebs,
(Verhärtungen und Balggeschwülste) findet man in N. amp; V. VII. eine, wie es scheint, auf die sumpfigen Flussufer der Niederelbe beschränkte Krankheit des Rindviehs beschrieben. Sie fängt mit einem kaum bemerklichen Unwohlsein an, wel­chem oft erst nach mehreren Wochen eine steinharte, runde traubenähnliche, wenig schmerzhafte Geschwulst von Hasel-nuss- bis Ei- und selbst Kopfgrösse folgt, die ihren Sitz meist am Kehlkopfe und der Parotis, selten an andern Theilen des Körpers hat; sie enthält anfangs eine weissgelbe, zähe Flüssigkeit, später dicken, käseartigen Eiter von einem star­ken Balg umschlossen. Die Geschwulst bricht, nachdem sie län­gere Zeit gewachsen, auf und sickert Jauche; die Oeffnung heilt wieder und dieser Vorgang wiederholt sich mehrmals. Zuletzt findet eine Degeneration der ganzen Umgebung der Geschwulst in wahren Krebs statt, es stellt sich Zehrfieber ein, das den Tod beschleunigt, der übrigens auch schnell durch Erstickung eintreten kann.
Die zeitige Exstirpation der Geschwulst oder die Oeffnung, Entleerung und Zerstörung des Balges durch das glühende Eisen scheint noch am ehesten einen günstigen Erfolg zu ha­ben; Salben u. dgl. nützen nichts (vgl. Druse des Rindviehs).
D. Cachexien (im Allgemeinen).
Uebelsäftigkeit (Cachexia, Discrasia). Literatur: Tscheulin, die Ausschlags- und Abzehrungs-Krankheiten. 1824. Man rechnet hieher mehrere der nachfolgenden Krank­heitsformen , zum Theil auch die Leiden des Drüsen- und Haut­systems (wie Rotz, Wurm, Darrsucht, Krätze u. s. w.), welche hauptsächlich auf einer Störung der Bereitung und Mischung
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Chronische Wassersucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;129
des Blutes und der Ernährung beruhend, in der Regel allmählich zum Tode führen.
Die Cachexien sind bald die Folge eines schleichenden Ent­zündungszustandes mancher Organe, bald entstehen sie allmäh­lich ohne einen solchen, aus mangelhafter oder übelbeschaflfener Nahrung, schlechter Luft, mangelnder Hautpflege u. s. w. und daraus hervorgehender Störung der Ernährung, der Resorbtion und Absonderung. Ihr Verlauf ist langwierig, die Heilung un-gewiss, selten von Dauer.
Abmagerung, oft bei fortdauerndem Appetit, blasse Häute, glanzloses Haar, schwacher Puls, #9632;wässeriges Blut, Trägheit und baldige Erschöpfung begleiten die zu dieser Krankheits­familie gehörigen Formen; bei den Schwindsüchten gesellt sich die tuberculose Entartung und Vereiterung eines Innern Organs (z. B. der Lunge, der Kieren, des Fruchtliälters u. s. w.) hinzu; bei den Wassersuchten dagegen Erguss von Serum an verschie­denen Stellen des Körpers; in beiden Fällen wird die vorhan­dene Blutmasse noch schneller verzehrt, als bei der einfachen Cachexie, ohne ein örtliches Leiden. Auch die Neigung zur Wurmbildung (Finnen, Drehkrankheit) so wie die Entartung der Säftemasse, wie sie beim Scorbut u. s. w. stattfindet, lassen sich unter dieser Abtheilung schicklich einreihen.
a) Wassersucht, chronische (Hydrops).
Literatur: Die von Bonley in einer Abhandlung (Rec. 1842.) als Anasarca beschriebene Pferdekrankheit ist ein dem Rothlauf- oder Petechialfieber zu vergleichendes Fieber. Eberhard in G. amp; H. XV.
Uebermässige Ansammlung von Wasser (Serum, Lymphe) im Zellgewebe oder den serösen Säcken, meist mit Verminde­rung der wässerigen Absonderungen und Abmagerung.
Die Wassersucht ist theils ein blos örtliches Leiden, theils ein allgemeines.' Ersteres kann Symptom des letzteren sein (z.B. Oedeme an der Brust, dem Bauch, denFüssen, bei Brust- oder Bauchwassersucht), aber auch für sich bestehen als Folge einer Entzündung des Zellgewebs oder überhaupt wässe­rige Flüssigkeiten absondernder Häute, z. B. der Sehnenscheiden, Gelenkkapseln (sogenannte Gallen, Sackwassersucht, Hydatiden), oder gehinderten Rückflusses des Bluts (durch Binden). Oert-liche Wassersucht des Zellgewebs (Oedema) ist an der wei­chen, teigigen, kalten und schmerzlosen Anschwellung meist
Hering, Pathologie,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;9
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J30nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Ernährung.
tiefgelegener Theile des Körpers zu erkennen; sie geht selten in Eiterung, eher in jauchige Zerstörung des Zellgewebs über: auch bilden sich manchmal Bläschen auf der ödematösen An­schwellung, welche ein scharfes Serum aussickern und brandige Zerstörung der Haut zur Folge haben {Pseudo-Erysipelas). Wo ödematöse Geschwülste nicht symptomatisch (wie bei allgemei­ner Wassersucht) sind, liegt ihnen meist eine Schwäche der befallenen Theile zu Grund; daher kommen sie bei hochträch-tigen Stuten oder bei jungen, schlaffen Thieren, die wenig Be­wegung haben, oder zur Zeit des Haarwechsels häufig vor, und erfordern, neben fleissiger Bewegung, öfteres trockenes Frottiren oder Einreibungen von Weingeist, Seifen- und Camphorgeist, seltener von Terpentinöl oder Quecksilbersalbe mit Ammonium, Cantharidensalbe; bei hartnäckiger Wiederkehr: festes Umwi­ckeln des Fusses mit einer leinenen Binde oder ein Fontanell weiter oben. Einschnitte sind selten von Nutzen. Dagegen unterstützen innerliche (harntreibende) Mittel manchmal die Cur ausgebreiteter Oedeme wesentlich. Grosse Anhäufung des Wassers, besonders in geschlossenen Säcken, z. B. den Sehnen­scheiden , Gelenkkapseln, bildet feste, gespannte und daher schmerzhafte Geschwülste, ist aber dann meist mit einem ent­zündlichen Zustand der absondernden Häute verbunden, und hienach theils entzündungswidrig, theils ableitend zu behandeln. Wassersucht, besonders der grossen Höhlen, die als Folge einer acuten Entzündung der sie auskleidenden serösen Häute vorkommt, wird bei der Be­trachtung jener Entzündungen angeführt werden (ebenso die Wassersucht des Fruchthälters, Eierstocks u. s. w. in der IV. Classe der Krankheiten).
Allgemeine Wassersucht ist meist mit einer Störung der Ernährung, der Ab-und Aussonderungen verbunden; sie ist häufig die Folge fehlerhafter Blutbereitung, schleichend entzünd­licher Zustände, organischer Fehler der Leber, Milz, der Lun­gen oder des Herzens, der Fettsucht, grossen Blutverlustes, unterdrückter Harn- und Hautsecretion; selten ist sie ein pri­märes Leiden, obgleich sie bei den Thieren gerne als solches erscheint, weil die vorausgegangene krankhafte Störung nicht beachtet wuide.
Die nächste Ursache der allgemeinen Wassersucht ist wässerige Beschaffenheit des Bluts, und verminderte Resorbtion des aus demselben abgesonderten Wassers.
Symptome: bleiche Farbe der Haut und der Schleimhäute, erminderte Harnsecretion, nicht selten mit öfterer Ausleerung des
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Chronische Wassersucht,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 131
Harns, Abmagerung, Trägheit und Schwäche der Muskel, mas­siger Appetit bei öfter vermehrtem Durste (welcher auf einen ent­zündlichen Zustand deutet), ödematöse Anschwellungen, hängen­der Bauch (besonders bei Hunden), beschwerliches Athmcn, (mit Aufblasen der Backen beim Ausathmen, bei Hunden) prellender oft unordentlicher Herzschlag, kleiner Puls, endlich Zehrfieber u. s. w. Der Tod erfolgt entweder durch Erschöpfung, oder durch Störung nothwendigerFunctionen (z. B. Druck auf die Lun­gen, das Herz, durch Erstickung). Bei der Section findet man in der Bauch- oder Brusthöhle, dem Herzbeutel oder dem Haut­zellgewebe ergossenes Serum, oft in enormer Menge,* meist klar, gelblich gefärbt, manchmal gelatinös, geruchlos; selten trübe, röthlich oder lehmfarbig, übelriechend; das Fett ver­schwunden oder in Sülze verwandelt, die Gefässe leer, das Blut wässerig, die Organe blass, das Fleisch welk, die serösen Häute verdickt, mit einem tibrineartigen Ueberzug bedeckt, das Herz, die Lungen zusammengedrückt (manchmal ein Lungenflügel kaum zu finden); Desorganisation der Leber, Milz, Nieren durch Tu­berkel u. dgl.
Bei Rindvieh erscheint chronische Bauchwassersucht oft zuerst unter der Form eines gastrischen Leidens mit träger Verdauung, rauhem Haar, kühler Haut, verminderter Milchse-cretion. Später nimmt der Bauch zu, das Athmen wird er­schwert, der Puls schnell, klein, der Herzschlag stark fühlbar, die Füsse sind kalt, die Bindehaut der eingesunkenen Augen ist sulzig, blass, der Mist oft flüssig, der Harn meist wässerig. Durch Anklopfen an den Bauch oder durch die Untersuchung vom Mastdarm aus kann man das Plätschern des Wassers hö­ren und fühlen. Teigige Anschwellungen am Kehlgang, Triel oder Bauch kommen zuletzt hinzu. Man kann das Leiden ver­wechseln mit Entartung der vergrösserten Leber, Wassersucht des Fruchthälters, Harnerguss in die Bauchhöhle (bei Ochsen), Verletzung des Herzens durch spitze Körper. Das Vorkommen
. * Bei einem mittleren Hübnerhunde, der zweimal am Bauch trocarirt •worden, wobei 45 und 54 Unzen Serum ausliefen, fand ich 8 Tage nach der letzten Function 18 Unzen Serum in der Bauchhühle, 15 im Cavum pleurae und 45 (!) im Herzbeutel, — ein anderer Hühnerhund hatte 272 Maas in der Brusthöhle. Mecke trocarirte einen Jagdhund in 3/t Jahren 14mal, das erstemal flössen 6 Quart Flüssigkeit ab. G. amp; H. XXI. Suppl. Bei Pferden hat man 100—160 Pfund Wasser in der Brust- oder Bauchhöhle gefunden.
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132nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Ernährung.
acuter Wassersucht bei Rindvieh wird bestritten (N. amp; V. VIII), obwohl ohne Grund.
Die Dauer der Krankheit ist unbestimmt, nieist langwierig, wofern sie nicht Folge einer aeuten Entzündung ist, oder eine solche aufs Neue hinzukommt.
Diagnose: im Anfang schwierig, später aus den auffallen­den Störungen der Functionen, dem allgemeinen Zustande des Thiers, den Ausleerungen u. s. w. zu entnehmen. Manche Pferde zeigen sich erst kurze Zeit vor dem Tode krank. (Cartwright, Wodger im Vet. 1846). — Prognose sehr verschieden, je nach der Dauer des Uebels, der Ursache und dem Orte der Wasseranhäufung. Eine Neigung zu Rückfällen bleibt sehr lange zurück.
Die Behandlung beruht im Allgemeinen auf Entfernung der nächsten Ursache; daher Verbesserung der (wässerigen) Be­schaffenheit des Bluts durch gute, leichtverdauliche Nahrung, frische Luft, angemessene, nicht ermüdende Bewegung, warmer Stall; zugleich stärkende, Cmor vermehrende Mittel (bittere Pflanzenstoff'e, Ghina, Eisenpräparate, z. B. salzsaures, blausaures Eisen, Eisenmohr, Stahlschwefel); ferner auf vermehrter Resorb-tion des angesammelten Wassers, hauptsächlich durch Antrei­ben der Harnsecretion (Terpentinöl, Wachholderbeeren und-Gel, Meerzwiebel, Sem. colchic. Canthariden, Salmiakgeist mit Schleim; bei Entwicklung eines entzündlichen Zustandes Digi­talis, allein oder mit Salmiak, Crem, tartar.. Tart. emet., Ein­reibungen von Brechweinstein- oder von Quecksilbersalbe;) — bei Unthätigkeit des Darmcanals, Verstopfung, Leberleiden u. s. w. bald auflösend-abführende Salze, bald drastische Mittel (Mercur dale, Aloe; Croton). Aeusserlich trockenes Frottiren, Einwi­ckeln mit Binden^ warme Bähungen, Dämpfe u. dgl. — Ein­schnitte und Trokariren helfen meist bios local und vorüber­gehend; das Wasser sammelt sich in sehr kurzer Zeit wieder an, und die Abzehrung geht schneller vor sich.
Während der Reconvalescenz ist noch längere Zeit An­strengung, Säfteverlust und überhaupt alles Schwächende zu vermeiden.
b) Fäule. (Cackexia aquosa.)
(Bleisucht der Schafe und des Rindviehs, eigentlich Wassersucht — häufig mit der Egelkrankheit verbunden; (vgl, diese). Chlorosis. Cachexie
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Fäule der Schafe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;133
aqueuse, Pourriture; in einigen Gegenden von Frankreich la Douve, von einem so benannten Ranunculus, der an feuchten Stellen wächst.)
Literatur: Chabert (Instr. II) Huzard et Tessier (1822), Werner (1821), Fran que in Busch IV. (seuchenartige Fäule bei Rindvieh im Wester-walde) Fuchs (im rh. Veter.-Bericht 1837—39. epizootische Fäule bei Rindvieh, ohne Egelbildung) Didry und Manquin beobachteten die ^ Fäule bei Rindvieh im Dep. Meuse, wo 1829—30 von 25000 Stück der , fünfte Theil zu Grunde ging. Rec. 1832. Taiche Rec. 1838. Hering Rep. XIII. Groth, Kuhlmann, Kiefer, Gerlach u. A. in G. amp; H. Suppl. 1854—56. Pavese ein sporadischer Fall bei einer Kuh geheilt Turin V. Bochard enzootisch mit Egelkrankheit, Lyon 1854.
Eine fieberlose, langwierige Krankheit mit vermehrter Wasserabsonderung in der Brust- und Bauchhöhle oder im Zell­gewebe unter der Haut; öfters mit Lebeileiden und Wurmbildung. Die Fäule erscheint hauptsächlich nach nassen Jahrgängen oder Fehljahren in Gegenden von rauher Lage, mit sumpfigen, moorigen Wiesen, bei lange fortgesetztem oder zu frühe begon­nenem Waidetrieb, besonders bei nasskalter, nebliger Witterung, oder nach Ueberschwemmungen. Nach dem Umfange und der Intensität dieser Ursachen tritt die Krankheit mehr oder weni­ger seuchenartig verbreitet und heftig auf und veranlasst ge­wöhnlich bedeutende Verluste.
In Württemberg herrschte die Fäule unter Schafen und Rindvieh im Jahr 1851—52 in grosser Ausdehnung; in Preussen wird sie in den Jahren 1852—53 und 1854—55 häufig erwähnt, nur allein im Bezirke Liegnitz sol­len Hunderttausende von Schafen zu Grunde gegangen sein.
Eine grössere Anlage scheint bei jungen (1—2jährigen) und weiblichen Thieren zugegen, als bei älteren und männlichen.
Die Symptome sind: geringe oder mangelnde Fresslust (bei Rindvieh manchmal Appetit bis zum Tode), öfter vermehr­ter Durst, Mattigkeit, Traurigkeit, Widerwillen gegen Bewegung, später Schwanken und Schwäche im Hintertheil, Abmagerung, manchmal bei scheinbarer Beleibtheit, blasse Häute, bläuliche Färbung der undurchsichtigen Hornhaut, aufgedunsene Binde­haut, schmierige Thränen, schleimiges, blasses, in höherem Grade übelriechendes Maul (seltener Ausfluss aus der Nase): bei Rindvieh struppiges Haar, manchmal ein flechtenartiger Ausschlag am Halse, Rücken und Kopf (Teigmaul, Schwind­flechte) ; bei Schafen leichtes Ausgehen der Wolle bei aufge­dunsener bleicher Haut; Milchsecretion vermindert oder ganz aufgehoben, klarer, wasserheller manchmal gerötheter Harn in geringer Menge; oft trockener schwarzer Mist (bei Rindvieh),
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134nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Ernährung.
oder weicheres Misten (bei Schafen), selten oder zuletzt wirk­licher Durchfall; stark oder zu beiden Seiten fühlbarer Herz­schlag, etwas vermehrter, kleiner, schwacher Puls; erschwertes und beschleunigtes Athmen (bei Schafen hörbar, stöhnend); aufgetriebener, schwappelnder Bauch, ödematöse Anschwellung am Körper, besonders im Kehlgang, am Halse (la houteille) oder der Brust, dem Bauch und den Hinterbacken. Kühe, die an der Fäule leiden, kalben schwer oder verwerfen im 7—8. Monat; Vorfall kommt während der Trächtigkeit gerne vor.
Nach kürzerer oder längerer Dauer dieser Symptome sind die Thiere endlich unvermögend aufzustehen und krepiren unter leichten Convulsionen. In seltenern Fällen geht der Fäule ein entzündlicher Zustand voraus, der sich besonders bei Lämmern durch starke Röthung der Nase, der Bindehaut des Auges und der Maulschleimhaut, sowie durch vermehrten Durst äussert. Letzteres Symptom ist manchmal das erste, was man an den noch völlig gesund scheinenden Schafen wahrnimmt, und erst nach einiger Zeit erscheint die Fäule.
Die Dauer-der Krankheit erstreckt sich auf Wochen, Monate, selbst bis zu einem Jahr, wobei die Thiere sich zwischenhinein wieder leidlich erholt haben, am Ende aber doch unterliegen.
Bei der Section findet man: allgemeinen Blutmangel, das Blut wässerig, kaum die Hände färbend; das Zellgewebe am Bauch, Hals, den Hinterschenkeln, am After wässerig infiltrirt (manchmal kein Oedem), das Fett verschwunden oder in Sülze verwandelt; das Fleisch blass, welk; die Organe der Bauch­höhle blutarm, daher bleich wie ausgewaschen, die Häute des Darmcanals mürb, ohne alle Entzündung, die Gekrösdrüsen wässerig aufgetrieben, die Leber häufig voll Egelwürmer, mürbe; Band- und Pallisadenwürmer bei Schafen in dem Darm und den Mägen; die Gallenblase voll wässeriger Galle oder aber zusam­mengeschrumpft ; die Milz blass, weich; die Lungen welk, einge­schrumpft, bei Lämmern (seltener bei Rindvieh) manchmal viel Fadenwürmer enthaltend^ nirgends Eiterung, das Herz schlaff; das Hirn- und Rückenmark weicher als gewöhnlich. Fast ohne Ausnahme findet man sowohl in der Bauchhöhle als in der Brust­höhle und dem Herzbeutel, selbst in der Schädelhöhle und dem Rückenmarkscanal eine ungewöhnliche Menge von klarem, leicht gelblichem Wasser; hie und da auch Hydatiden.
Die Ursachen liegen ausser den oben bereits angedeute-
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Fäule der Schafe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 135
ten Witterungs- und Fütterungsverhältnissen — bei denen die Ernährung unzureichend, die Blutbereitung mangelhaft und die Wasserbildung vermehrt wird — in schlechten Ställen, dem Pferchen auf nassem, kaltem Boden, vernachlässigter Wartung und Hautpflege, Fütterung erschlaffenden Futters oder erfrore­nen Wurzehverks, der Branntweinschlempe u. s. w. Auch das Einathmen von Sumpfluft wird beschuldigt; allein sumpfige Stellen sind den Schafen überhaupt höchst verderblich.
Diagnose: besonders nach Sectionen unschwer; Prog­nose nach der Dauer und dem Grade des Uebels zu stellen, meist ungünstig, weil die Ursachen oft nicht zu beseitigen sind.
Behandlung: Vermeidung der angeführten ursächlichen Momente; namentlich bessere gehaltreichere Nahrung, trockenes Verhalten, bittere, stärkende, harntreibende Mittel (Wermuth, Enzian, Wachholderbeeren, Fichtensprossen, mit Kochsalz, Mehl u. s. w.) als Lecke, oder in Abkochungen als Einschütt (nach Hlizard: Pfeffer mit heissem Bier angebrüht). In höheren Gra­den: Terpentinöl, ferner eisenhaltige Mittel {Globuli martiales) ins Trinkwasser oder in Latwergenform. Gyps allein oder mit Kochsalz soll (bei Schafen) im Beginn der Krankheit nützlich gewesen sein (Kuhlmann, Groth); Branntweinschlempe sei (nach Richter, Groth) das beste Mittel, die Thiere wenigstens schlachtbar herzustellen; die frische Waide im Frühjahr ist ein natürlicheres Mittel und hilft doch oft blos vorübergebend, so dass die Thiere im folgenden Herbst oder Winter noch zu Grunde gehen; starkes Eichenrindedecoct mit 01. tereh. z\x %—1 Unze empfahl Didry (die Läuse der kranken Thiere verschwanden dabei ohne örtlichen Mittel); Gelle räth Enzian- oder Wer-muthdecoct mit schwefelsaurem Eisen (6 Drachm.) und kohlen­saurem Natron (2 Dr.) als Einschütt für Rindvieh. Das von Romanet versuchte Jod (J. Ber. 1852) ist nicht im Grossen anwendbar, noch viel weniger der von Cambessedes angeb­lich zu 1 Unze mit Erfolg ! gereichte Arsenik (Cpt. rendu 1843). Vogel dagegen will von Arsenik zu '/ie. Gran bei Schafen we­sentliche Besserung wahrgenommen haben (G. amp; H. XXI). Wo zugleich Wurmbildung zugegen ist, sind wurmwidrige Mittel, wie Ofenruss, Hirschhorn- oder Steinöl, mit obigen Mitteln zu verbinden. Der Hautausschlag bei Rindvieh wird mit scharfer Lauge oder concentrirter Seifenauflösung gewaschen (er ist an­steckend für Menschen).
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Krankheiten der Ernährung.
Die Kranken sollen von den Gesunden getrennt werden. (?) Die sich erholenden Thiere müssen vor schnellem Uebergang zu saftigem Grünfutter (im Frühjahr) in Acht genommen wer­den, sonst gehen viele davon (besonders Schafe) an üebertül-lung des Gefasssystems apoplectisch zu Grunde.
Als prophylactisches Mittel rühmt Walch die Waldwaide, namentlich wo Heidekraut (Erica vulg.) wächst, Andere haben Kalkwasser, Zwiebeln, Sauerkraut u. s. w. empfohlen.
Das Fleisch, der während der Krankheit geschlachteten Thiere ist zwar von geringem Werthe, aber ohne Nachtheil ge-niessbar. (vgl. die Belehrung des württ. Medicinal-Collegiums vom 16. Sept. 1816, vom 31. Januar und 6. April 1852.
Nach Hammont und Fischer in Äbouzabel ist die Fäule {Caehexie aqueuse) sowohl hei dem gemeinen Volke, als bei den Schafen in Egypten einheimisch. Die Ursachen sind dieselben wie hei uns, nämlich Nässe, (Ueher-schwemmungen des Nils). Die Krankheit heisst bissa, und wird einer Binse (Juneus) zugeschrieben (welche Bisse genannt wird), die nach dem Zurück­ziehen des Nils sehr häufig wächst. Sie erscheint in Oberegypten zu Ende Juli, näher bei Kairo im August, in der Umgebung dieser Stadt im October und November, und im Delta Tom December bis Februar. Wenn das Aus­treten des Nils gering ist, verschwindet die Krankheit bald wieder und ist weniger gefährlich. Die Dauer der Krankheit ist nach Angabe der Araber 20—40 Tage; sobald sich die Anschwellung am Halse einstellt, wird die Krankheit für unheilbar gehalten. Nicht selten ist Diarrhöe oder Tuberkel­bildung mit der Fäule verbunden. Versuche mit Fleischbrühe zu Vj—2 Pfund täglich, aus dem Fleische der krepirten Thiere bereitet, sollen hei 12 Tbieren schon nach 10 Tagen Heilung zur Folge gehabt haben. (Rec. 1834.)
Eine ähnliche Krankheit trifft die Seidenraupen in Egypten (be­sonders dem Delta) und tödtet eine grosse Zahl derselben. Die Raupen wer­den schnell gross, aufgetrieben und weich, sinken dann zusammen, schwellen aufs Neue wässerig an und krepiren bald. Man schreibt die Krankheit der Fütterung mit allzu zarten und wässerigen Blättern zu, oder dem Umstände, dass die Blätter des Morgens, ehe der starke Thau von der Sonne aufge­trocknet worden, abgezupft wurden. Auch die Malvenblätter, die man hie und da den Maulheerblättern substituirt, sind den Seidenraupen nachtheilig und machen sie zur Wassersucht geneigt. Aus dem Werk von D a n d o 1 o, das Phil. Fontanelle ins Französische übersetzte.) (s. loc. cit. p. 360.)
c) Harthäutiffkeit. (Coriago, Ecedermia.) (In der Schweiz Bähe, am untern Rhein Hünzsch genannt.)
Literatur: Columella, Vegetius, (sollen die Lungenphthisis unter Coriago verstehen), Willburg (Krankheiten des Rindviehs 1774), Rychner (Bujatrik.)
Trockenheit und Steifigkeit der Haut, meist mit Störung
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Harthäutigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; IST
der Verdauung, Blutmangel und Abmagerung; fieberlos, lang­wierig. Bei Rindvieh, besonders Stallvieh.
Dieses cachectische Leiden scheint in einigen Ländern häufig, in andern selten oder gar nicht vorzukommen; es ist öfters symptomatisch, mit der Lecksucht, Knochenbrüchigkeit verbun­den oder vielleicht der Anfang derselben, kommt jedoch auch selbstständig vor.
Symptome.' meist geht eine leicht zu übersehende Stö­rung der Verdauung mit vermehrtem Durst voraus, oder be­gleitet die Harthäutigkeit; die Haut ist mit röthlichem Staube bedeckt, steif und hart, liegt fest an den darunter liegenden Theilen an, kracht oder knarrt wie Papier, wenn man sie (z. B. auf den Rippen) aufheben will, und die aufgezogene Falte bleibt stehen; das Haar ist trocken, rauh, glanzlos, das Abhäären ver­zögert. Hiezu kommt baldige Abmagerung, Verminderung der Milch, die zugleich oft bitter und zähe ist. Die Fresslust dauert fast unvermindert fort, es wäre denn, dass Lecksncht, Verschleimung u. s. w. damit verbunden wären. Zuweilen ent­stehen kalte, harte Geschwülste am Körper.
Ursache: zunächst Unthätigkeit der Haut, Mangel an Elasticität des Zellgewebs und der Haut, insbesondere Blut­mangel; diesem scheint oft eine Stockung in den Gekrosdrüsen zu Grunde zu liegen (Ryebner). Gelegenheitsursachen sind: Erkältung der Haut oder des Darmkanals durch kaltes Saufen, starke Anstrengung zur Arbeit (wahrscheinlich mit Erhitzung), schlechtes, verdorbenes Futter, Unreinlichkeit, Mangel an Haut­pflege. Man hat indessen die Krankheit bei Kühön unter gün­stigen Fütterungsverhältnissen, durch wiederholte Erkältung ent­stehen sehen (alsdann ohne Cachexie). Ausgang der Krankheit in Heilung, in Abzehrung oder in Markflüssigkeit.
Behandlung: Entfernung der Ursachen; bei idiopathischer Harthäutigkeit fleissiges Frottiren der Haut mit Stroh; inner­lich Brechweinstein (2 Dr.), Flor, sulphur. (1 U.), Natr. sulph. (3 U.), Gentian, und Enula (ana 4 U.), 01. tereh. (2 Dr.), als Pulver oder Aufguss mit siedendem Wasser in 2 Tagen zu ver­brauchen (Rychner); Rollender rühmt bei durch Erkältung entstandener Harthäutigkeit, Baldrian, Camphor, Arnica und ätherisches Oel haltende Samen. Meyer hat 2 der Harthäutig­keit ähnliche Krankheitsformen beschrieben, betrachtet sie aber als Rothlauf. (G. amp; H. XIV.)
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138nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Ernährung.
Ist die Harthäutigkeit Symptom einer andern Krankheit, so muss (neben den örtlichen Mitteln) hauptbächlich diese ge­hoben werden. Schnelleres Abhäären, Zunahme und bessere Qualität der Milch sind günstige Zeichen.
d) Markflüssigkeit {Cacheooia artkritica.)
(Meist mit Knochenbrüchigkeit als gleichbedeutend angenommen, von Ryeb­ner u. A. aber davon getrennt und unter die Abtheiludg: „Phthisen ohne Versclrwärungquot; gesetzt.
Literatur: Vegetius, Tscheulin, Ithen (im Schw. Archiv VI.). Serres in Toni. 1850.
Ein allgemeines cachectisches Leiden, mit besonderem Er­griffensein der Gelenke (arthritisch?), immer mit Harthäutigkeit verbunden; fieberlos, langwierig. Befallt hauptsächlich Kühe, selten Ochsen.
Symptome: der allgemeine Zustand des Thiers ist ganz dem bei der Harthäutigkeit gleich, welche der Markflüssigkeit meist vorausgeht, und den ganzen Verlauf hindurch sie beglei­tet. Zu der Abmagerung und Niedergeschlagenheit gesellt sich aber grosse Beschwerde und Schmerz bei der Bewegung (so­wohl beim Gehen selbst, als beim Aufstehen), mit hörbarem Krachen*der Gelenke (besonders der Sprunggelenke); Hitze und Geschwulst fehlen; Fresslust gering, Mist trocken. Kreislauf und Athmen gewöhnlich normal, obwohl ersterer mit den Zei­chen der Schwäche; indessen beide Functionen auch öfter be­schleunigt (ohne Zweifel durch den Schmerz in den Gliedmas­sen; vielleicht gesellt sich auch ein Zehrfieber hinzu.)
Dauer des üebels: einige Wochen; der Tod tritt oft un­erwartet schnell ein.
Die Section zeigt Blutmangel, daher blasses, welkes Fleisch, Blässe der Häute, wässerige Gelenkschmiere; das Mark der Knochen wässerig oder sulzig (letzteres kommt übrigens bei allen Cachexien, und selbst nach acuten, entzündlichen Krankheiten mit grosser Abmagerung vor).
Ursachen; wie bei der Harthäutigkeit.
Behandlung: anfangs schwefel- und spiessglanzhaltige Mittel, in Verbindung mit bitteren und gewürzhaften Pflauzen-theilen; bei festem Mist Calomel zu ij2 Dr. und Klystiere. Nach einigen Tagen Aufgüsse von Angelica, Valeriana, Flor. arnicae, erforderlichenfalls mit Zusatz von einigen Unzen Kali
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Markflüssigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;139
oder Natrum sulphurioum. Um die Beschaffenheit des Bluts zu verbessern, sind eisenhaltige Mittel nützlich. Jedenfalls muss längere Zeit mit der Behandlung fortgefahren werden, ehe Bes­serung zu erwarten ist.
Die innerlichen Mittel sollen durch warme Bähungen mit Wein oder spirituöse Einreibungen in die kranken Gliedmassen unterstützt werden.
Wesentlich ist ferner: gute, trockene Stallung, frische Luft, gutes Futter (Heu in kleinen Gaben, aber öfters des Tags, ge­kochter Roggen oder Haber, mit Kochsalz oder Wein besprengt, wie es R y c h n e r bei der sog. Decrepidität des Rindviehs em­pfohlen hat). Mehlwasser zum Trinken. Grün Futter ist zu vermeiden.
Die Beschreibung der Arthritis von Serres deutet mehr auf einen entzündlichen Zustand hin, gegen den wiederholte Aderlässe, innerlich Brech­weinstein, Salpeter, äusserlich reizende Einreibungen empfohlen -werden (s. J. Ber. 1850). Auch die als „Boeuf lezat oder lauzeratquot; beschriebene Krankheit des Rindviehs im südlichen Frankreich stimmt nicht mit unserer Markflüssigkeit. Es sollen blos Mastochsen befallen werden. Chabert und Huzard nennen die Krankheit „moëlle fonduequot; und suchen den Sitz im Rückenmark. Die Thiere halten den Kopf gesenkt, sind am Bücken anfangs sehr empfindlich, später steif und unempfindlich, das Haar ist trübe, struppig, der Gang beschwerlich und schwankend, die Vorderfüsse sind auseinander gespreizt. Das Fleisch dieser Ochsen verdirbt bald nach dem Schlachten, es wird grün, übelriechend, wie gangränös; die schlimmsten Partieen sind am Halse, Schultern, Brust, Lende, Kruppe, besonders in der Nähe der Harnblase. — Hochbeinige Thiere, solche mit stumpfer Nase und kurzem Halse sollen besonders dazu disponirt sein; ausserdem werden starke Anstrengung, beson­ders in sumpfigem Boden, das Reiten aufeinander beschuldigt. Nach dem Sectionsbefund, den Gelle genau angibt, scheint es sich eher um einen Ty­phus oder um Milzbrand zu handeln, als um eine Cachexie, besonders da die Krankheit vorzugsweise im Sommer vorkommt.
e) Lecksucht des Rindviehs. iMalacid).
(Schlecksucht, Nagen; Schleimsucht der Verdanungsorgaue, Kündig.)
Literatur: hauptsächlich im Archiv der schw. Thierärzte, aber schon von Flan-drin (Instr. III.) beschrieben; von Rychher unter die Catarrhe gezählt. Brög in Woch. 1850. Paugoué, mit Markflüssigkeit verbunden. Rec. 1854.
Belecken oder Benagen der verschiedensten Gegenstände, besonders aber solcher, die salzig oder alkalinisch schmecken; von Abmagerung begleitet, fieberlos, langwierig, vielleicht an­steckend (durch Nachahmung?).
Das Wesen des üebels scheint in einer Alienation des In-
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Krankheiten der Errährnng.
stinkts (Verstimmung der Magen nerven, n. Tscheulin) und vorwaltender Säureentwicklung im Darmkanal zu bestehen. Die Lecksucht ist theils der Vorltäufer der Knochenbrüchigkeit, theils Nachfolgerin der Harthäutigkeit, sie kommt aber auch für sich allein vor; meist vereinzelt oder auf einzelne Ställe beschränkt, seltener enzootisch oder gar epizootisch.
Die Lecksucht befällt Thiere jeden Alters und Geschlechts; bei trächtigen und sehr milchreichen Kühen ist die Neigung dazu am grössten und der Verlauf schneller als gewöhnlich.
Symptome: anfangs zeigt sich blos der Appetit zu dem gewöhnlichen Futter vermindert, wogegen die Thiere lieber das Streustroh, besonders mit Urin und Mist verunreinigtes, fressen; das Haar ist struppig oder staubig, das Fell fest anliegend, die Bindehaut und die Maulschleimhaut sondern zähen Schleim ab, der Mist ist trocken, mit Schleim überzogen; die Milch ist an­fangs manchmal vermehrt, nimmt aber bald ab und wird schlech­ter, bläulich, arm an Rahm, der nicht buttert u. s. w.; die Nei­gung Mauern, Barren u. s. w. zu belecken oder zu benagen wird immer stärker, die Thiere fressen besonders kalk- 'md thonhaltige Gegenstände (Backstein, Ziegel, den Bestrich der Wände, ferner Stricke, Lumpen, Holz), im hohem Grade selbst Excremente, und sie ziehen Mistjauche dem reinen Trinkwasser vor. Zu gleicher Zeit entwickelt sich ein allgemeines cachec-tisches Leiden mit stärker fühlb-trem Herzschlag, etwas schnel­lem und schwachem Pulse, zu welchem sich nicht gar selten ein rheumatischer Zustand gesellt, der sich durch erschwerte Bewegung der Glieder, Schmerzen in den Gelenken, und beim Druck auf das Kreuz oder die Brust zu erkennen gibt, und zur Knochenbrüchigkeit oder Lähmung führt.
Die Dauer des Uebels ist von einigen Monaten bis zu einem Jahr; die Krankheit erreicht manchmal schon in 2—3 Monaten den höheren Grad.
Die Section zeigt: welkes, blasses Fleisch; wenig Fett, oder sulzige Masse an dessen Stelle; wässeriges, cruorarmes Blut, die Schleimhaut der Mägen mit vielem Schleim überzogen, in dem sich oft Würmer befinden (Amphistoma conicuml), die Häute des Laabmagens ödematös aufgedunsen, erschlafft, unge­wöhnlich viel wässerige Flüssigkeit von säuerlichem Gerüche in demselben; die Leber missfarbig entartet, Egelwürmer und Hy-datiden enthaltend; die Bauchspeicheldrüse verhärtet, ange-
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Lecksucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;141
schwollen; manchmal Wasser in der Brusthöhle, mürbe Kno­chen u. s. w.
Ursachen: allgemeine Schlaffheit und Schwäche, wässe­riges Blut (vielleicht Folgen zu starker Milchsecrotion); Ent­artung der Säfte, besonders der schleimigen), die sauer werden; Alienation des Geschraacksinns oder des Instincts. Die Gele-genheitsursachen liegen aber in der Fütterung; verschlammtes verdorbenes, saures Futter (von sumpfigen Wiesen, betonders solchen, die eine Torfunterlage haben) mit Torfasche, unter der häufig Torferde gemischt ist, gedüngte Wiesen (nach Kündig); Mangel an Futter und zu vieles Salzlecken dabei (daher die Krankheit oft im Winter entsteht, und im Frühjahr bei besse­rer Fütterung sich verliert); ferner besonders Unordnung beim Futtern (Ryebner), Unreinlichkeit im Stalle und namentlich in den Krippen, in welchen das mit Speichel besudelte Futter liegen bleibt. In nassen Jahrgängen und in sumpfigen Gegen­den stellt sich die Lecksucht häufiger ein.
Mehrere nehmen die Entwicklung eines Ansteckungsstoffs an, durch welchen (fix) mittelst des Maulschleims (nach Kün­dig), oder (flüchtig) mittelst der Lungen-Exhalation (nach Bliggenstorfer) den benachbarten Stücken die Krankheit mitgetheilt werde; Andere schreiben die nicht zu läugnende Aus­breitung der Krankheit in einem Stalle, in den ein lecksüchti­ges Stück gestellt worden, der Nachalanungssucht zu (Cha-bert, Rychner, wie das Koppen); wesshalb Absonderung der kranken oder neu angekauften Stücke anempfohlen wird.
Verhütung der Krankheit: durch gutes Futter, Reinlich­keit, Ordnung u. s. w.
Heilung: so lange die Krankheit nicht weit vorgeschrit­ten ist, am leichtesten durch Aenderung der Localität, d. h. Verkaufen an einen andern Ort — ausserdem Entfernung der Ursachen; innerlich säuretilgenJe Mittel (Kalkwasser in grosser Menge, gepulverter Kalk, Pottasche), mit bitteren (Enzian, Cal-mus, Baldrian) und eckelerregemJen (O^. Gornu Cervi, Ruamp;s) verbunden. Auch wird eine Mischung von Salpeter und Alaun und im letzten Stadium der Eisenvitriol (zu l/j U. des Tags) empfohlen. Einige wenden Kochsalz und Salzsäure (2—3 Loth Säure in viel Wasser), so wie verschiedene Mischungen der angeführten Mittel an. Rychner führt Jodtinctur zu 50—100 Gran, täglich 2—3 mal an. Bei rheumatischer Complication
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142nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Ernährung.
sind geistige und reizende Einreibungen zu versuchen; vortheil-hafter aber ist es, die Thiere zu schlachten, ehe die Krank­heit den höchsten Grad erreicht hat.
Darrhöfe im Schwarzwald, von denen schon Camerarius in Act. Natur, curios. II. Bd. {de villis tabeficiis) schrieb; Begraben eines lebenden Stücks unter die Dachtraufe, in der Schweiz.
ƒ) Knochenbrüchigkeit. (Cachexia ossifraga.)
(Häufig mit Markflüssigkeit und Lecksucht als identisch genommen, auch Gliederkrankheit, Rackseucbe, Säurekrankheit genannt).
Literatur: Gleditsch (1787), Bohlmann (1823), Hayne in östr. med. Jahrb. (1835), Lei st (1837). Mehrere Abhandlungen in N. amp; V. Zeit­schrift, in G. amp; H. IV., und im schw. Arch. Tritschler 1844, v. Bibra (1844). Gendrot in Toul. 1850 (zugleich Arthritis); Gierer in Ober-Bayern beobachtet (Woch. IV); Maris in Belgien (Belg. 1853), Parra-vicini am Comer-See (Mail. L).
Ein cachectisch - rheumatisches Leiden des Rindviehs mit verminderter Resistenz der Knochen und grosser Neigung zum Abbrechen; fieberlos, langwierig.
Die Krankheit kommt nicht selten sporadisch, an manchen Orten aber enzootisch vor, und wird, nachdem allgemeiner ver­breitete Ursachen (Misswachs) vorausgegangen, in manchen Jah­ren und in manchen Ländern (Magdeburg und Brandenburg 1778 —1783, in Baden 1816—1817, Anhalt 1820—1822, Schweiz 1828, dann besonders in Rheinhessen) zur eigentlichen Seuche. Häufiger ist sie ganz örtlich und selbst manchmal auf' einen Hof oder Stall (Schw. VI11.) beschränkt z. B. in Württemberg auf einzelne Höfe des Oberamts Welzheim.
Symptome: die Krankheit entwickelt sich langsam und unter sehr verschiedenen, oft leicht zu übersehenden Zufällen. Harthäutigkeit und Lecksucht sind oft damit verbunden, oder gehen der eigentlichen Knochenbrüchigkeit voraus, welch letz­tere aber auch ohne jene Krankheitsformen vorkommt. Die Fress­lust ist anfangs unvermindert, allein das Thier magert ab, hat eine starre Haut, glanzloses Haar, häärt sich nicht gehörig und gibt weniger Milch. Nach einiger Zeit stellt sich eine auffal­lende Steifigkeit eines oder mehrerer Füsse oder des Hintertheils ein (Markflüssigkeit?), das Thier liegt nun viel, magert schnel­ler ab, kann nicht mehr aufstehen, und hat nun auf einmal, bei genauerer Untersuchung, ohne auffallende Veranlassung (beim Niederliegeu, bei Versuchen zum Aufstehen u. dgl.).
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Knochenbrüchigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;143
einen Schenkelknochen, das Becken, das Schienbein u. s. w. ab­gebrochen (Rippenbrüche werden weniger bemerkt). Manchmal sind mehrere Brüche zugleich vorhanden. Die Krankheit kann mehrere Wochen dauern, ehe dies geschieht, sie kann auch bei sorgfältiger Behandlung diesen Grad gar nicht erreichen.
Zuweilen fängt die Krankheit mit einem leichten Fieber und Schmerzen in den Gliedern (Rheumatismus) an, oder mit abwechselndem Hinken ohne Schmerz oder Entzündung und ohne Fieber, bei normaler Fresslust, und bei frisch melkenden Kühen ohne Abnahme der Milch, aber gleichzeitig starker Abmagerung; andcremale beobachtet man zuerst eine schmerzhafte, entzünd­liche Anschwellung an einer Gliedmasse, mit Lahragehen, die Geschwulst verliert sich und hinterlässt Lähmung. Einige Be­obachter glauben daher an eine entzündliche Reizung der Rü­ckenmarkshäute (Spinalirritation) und richten ihr Curverfahren gegen diese. Die Knochenbrüche scheinen dem Thier wenig Schmerzen zu machen, haben aber auch wenig oder keine Nei­gung zur Wiedervereinigung.
Die Dauer der Krankheit ist von 2 Monaten bis zu l/, Jahr; meist werden die Thiere vorher geschlachtet; im entge­gengesetzten Falle stellt sich bei längerem Liegen auf der Streu Durchliegen der Haut, ödematöse Geschwulst und Jauchebildung im Zellgewebe, Beinfrass oder Mortification des Knochengewebs ein, und das Thier unterliegt der Abzehrung oder schneller einem hinzugekommenen fauligen Fieber mit Durchfall. Ein schorfiger Ausschlag ist manchmal kritisch, selbst bei schon weit vorge­rückter Krankheit (natürlich ohne Knochenbruch). Rückfalle sind nicht selten.
Die Sections-Ergebnisse sind nach dem Grade und der Dauer der Krankheit verschieden; im Anfange findet man wenig oder nichts Abweichendes, später: Mangel an Fett, das Fleisch schlecht, schmutzig; wässerigen oder sulzigen Erguss im Zellge­webe, brandige Hautstellen, die Gelenkschmiere gelatinös, das Knochenmark flüssig, von schmutzig gelber Farbe; die Knochen braun, fleckig, erweicht; die gebrochenen Knochenenden aufge­trieben, locker, graulich; das Blut wässerig, Wasserquot; in der Brust- oder Bauchhöhle, Entartung der Gekrösdrüsen, Tuberkel in der Leber, den Nieren u. s. w.; das Rückenmark erweicht.
Ursachen: man beschuldigt hauptsächlich sumpfige Wie­sen und Waiden, mehrere Riedgräser, Binsen und Seggen, nament-
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Krankheiten der Ernährung.
lieh das Anthericum ossifragum (welches aber an sehr vielem Orten, wo sich die Krankheit euzootisch zeigt, gar nicht vor­kommt). Hauptsächlich ist Futtermangel und die daraus her­vorgehende Notwendigkeit, schlechtes, verdorbenes oder saures ITeu, Futter von Torfboden, oder zn viel Kartoffeln oder Rüben ohne Rauhfutter zu füttern, Veranlassung zur Knochenbrückig-keit; daher die Krankheit nach grosser Dürre, wie auch in sehr nassen Jahrgängen häufiger und vorzugsweise im Winter er­scheint. Neben dein Futter sind Mangel an Streu, kalte, feuchte, unreinliche Stallungen, rauhe Lage der Waiden, Erkältung aller Art (Rheumatismus) als mitwirkende Ursachen anzusehen. Hier­aus bildet sich eine fehlerhafte Mischung der Säfte, mit Vor­walten der Säure im Darmkanal (die sich durch Neigung zum Lecken, Kalkfressen u. dgi. kundgibt), woraus sich die verän­derte Mischung dei' Knochensubstanz als ein arthrilisches oder rheumatisches Leiden ableiten lässt. Endlich verdient es be­rücksichtigt zu werden, dass die Krankheit häufig ausschliessend das Melkvieh trifft, so dass die Milchabsonderung Antheil an ihrer Entstehung haben dürfte, (der Osteomalacie der Weiber vergleichbar).
Ob die Knochen -wirklich mehr Kalk enthalten, als im gesunden Zustand, ist noch nicht bestimmt nachgewiesen j nach dem üeberschuss von Säure im Darmkanal sollte man eher das Gegentheil Termuthen. Dr. Keuscher's Analyse bestätigt letztere Ansicht, denn er fand in dem Schenkelbein kran­ker Thiere 3272, bei gesunden 60 Procent, in den Rippen 30, gegen S^'/z und in den Wirbel- und Beckenknochen 26 gegen 57 Procent erdige Bestand-theile, diese waren also durch die Krankheit auf etwa die Hälfte gesunken, während die Knorpelsubstanz um so viel zugenommen hatte. Auch Gorup-Besanez fand bei der Analyse eines abgebrochenen Darmbeinwinkels und zweier Rippen das Verhältniss des Knorpels zur Knochenerde fast umgekehrt, nämlich: kohlensauren Kalk 6,15, phosphors. Kalk 32,10; phosphors. Bitter­erde 6,13, Knorpelsubstanz 61,62, zusammen 100. Es ist demnach nicht so­wohl eine abnorme Sprödigkeit, sondern rielmehr Mürbigkeit der Knochen vorhanden. In 100 Theile der erdigen Bestandtheile der mürben Knochen waren 78, hei gesunden aber 86 Procent phosphorsaurer Kalk.
Die Behandlung derjenigen Stücke, welche bereits Kno­chen gebrochen haben, wird selten öconomisch vortheilhaft sein, daher das Schlachten derselben vorzuziehen ist, obgleich sie wenig Werth für den Metzger haben. In den gelinderen Gra­den der Krankheit beruht die Heilung, neben der bessern und kräftigern Fütterung (Körnerfutter, geröstetes Mehl, gutes Heu), Reinlichkeit und Pflege, auf Mitteln, die die Hautajsdünstung #9632;wiederherstellen und die Verdauung heben (Abkochungen von
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Knochenweiche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ] 45
Flor, sambuci, Flor.amicae, Bacc. juniperi, Rad. valerianae, Enzian, Calmus, mit Schwefel, Ol. tereb. und selbst Camphor), fleissigem Reiben der Haut, warmen Bähungen mit Heublumen-deeoct, Einreibungen mit Weingeist, Terpentinöl u. dgl. Bei deutlichem Verlangen nach alkalischen Stoffen: Natr. oder Kali carbon., oder Asche, Kreide oder Kalk, Kalkwasser (in Menge nach Rychner), noch besser gepulverte Knochen (nach Diet­rich in dessen Gegend (Calan und Lukau) Knochenbrüchig-keit und Markflüssigkeit stationär sind); bei Blässe der Haut und Blutmangel: eisenhaltige Mittel, z. B. Stahlschwefel, Eisen­oxyd, Eisenvitriol. Im Frühjahr verliei't sich die Krankheit bei grüner Fütterung manchmal von selbst.
Wichtiger ist jedenfalls die Verhütung der Krankheit durch Vermeidung der oben angeführten Ursachen.
g) KnoGhemveiche (Rhachüis, Osteomalacia).
Literatur: Hanbner, Osteoporose bei Schweinen, G. amp; H. XV, bei einem Pferde ebd. XX., Knochenschwund (Atrophie der Knochen), bei Schafen ebd. Hering beim Pferde am Kiefer, Rep. XVI. Husson desgi. Belg. 1855. Gamgee schwammähnliche Durchlöcherung des Wirbels bei einem Pferde, Vet. 1856. Vgl. auch Scorbut.
Auflockerung und Anschwellung oder Biegung der Knochen, besonders der langen und Röhrenknochen, seltener der Wirbel­beine, von einem Missverhältniss der näheren Bestandtheile des Knochens (Uebermaas der Knorpelsubstanz bei weniger Knochen­erde) herrährend.
Die Krankheit befallt meist blos jüngere Thiere, hauptsäch­lich Fohlen unter 1—2 Jahren, Lämmer und Jährlinge, auch Schweine. Am häufigsten sind die Röhrenknochen der Glied­massen, besonders die Schienbeine an ihren untern Enden, fer­ner die Fessel- und Kronbeine, seltener die Knieknochen aufge­trieben, wodurch die Bewegung gehindert, manchmal selbst aufgehoben wird. Bei Schafen habe ich eine sehr deutliche Krümmung der Füsse (wie bei Dachshunden) entstehen sehen; bei einem 3 Monat alten halbenglischen Schwein waren die Vorderfüsse so krumm, dass sie sich beim Gehen nicht selten verschränkten. Aussei- den Gliedmassen und Kieferknochen sind dergleichen Auflockerungen selten anzutreffen.
Varnell beobachtete in Canada und den nordamerikanischen Staaten häufig eine vom Auge abwärts sich erstreckende Auftreibung der Gesichts-lleriutf, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;IQ
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] 46nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Ernährung.
knochen bei Pferden von 2—5 Jahren, die Ursachen dieses Uebels, mit wel­chem die Thiere jahrelang fortleben, sind nicht angegeben. (V. Recds. 1847.)
Die nächste Ursache des Leidens liegt in einer fehlerhaften Ernährung der Knochen, die auf der Stufe der Knorpel stehen bleiben oder auf dieselbe zurücksinken; zugleich leidet die Er­nährung im Allgemeinen, denn die Section zeigt die meisten Lymphdrüsen angeschwollen, Mangel an Fett, wässeriges Blut, die Ueberzugsknorpel der Gelenke resorbirt u. s. w.
Als entfernte Ursachen sind wässerige Fütterung, saure Waiden, fehlerhafte Milch, ferner unterdrückte Hautausdünstung zu beschuldigen. Eine angeerbte Anlage zu der Knochenweiche lässt sich nicht bestreiten.
Behandlung: neben Aenderung des Futters und der Ver­meidung von Erkältung, anhaltend fortgesetzte kalte Unuchläge oder Waschungen, festes Binden des kranken Gelenks, Einrei­bungen von Quecksilbersalbe mit Ammonium oder mit flüchtigem Liniment: innerlich bittere Mittel mit Kochsalz und geröstetem Mehl. Einige empfehlen säuretilgende Mittel; Gasparin den Krapp {Rad. rub. tinat.), der aber blos den Knochen färbt, nicht aber das Verhältniss seiner Bestandtheile abändert.
Am meisten isr von der Zeit zu erwarten, da nicht selten dergleichen Auftreibungen mit dem zunehmenden Wachsthum des Thiers sich ausgleichen; in ungünstigen Fällen dagegen verhär­ten sie und bleiben alsdann lebenslänglich. Bei den Schafen brechen die Geschwülste manchmal auf und führen eine zerstö­rende Eiterung des Gelenks herbei.
Die Knochenweiche ist mit der Lähme der Füllen u. s. w. verwandt; ebenso mit dem Osteosteatom, Osteosarcom und dem Winddorn (spina ven-losa), welche Krankheiten sich aber meist auf einzelne Theile, besonders die Kiefer, Wirbel, Rippen beschränken. In neuerer Zeit haben Hottendorf (N. amp;V. VIII.) und Rehrs (G. amp; H. XIII.) eine hieher gehörige Krankheit der Schweine ausführlich beschrieben; sie befällt sie nur im ersten Jahre und gibt sich durch schwache Fresslust, Appetit nach alkalischen Stoffen, vieles Liegen, klammerigen Gang, Sitzen auf dem Hintern, Auftreiben des Bauchs, neben den örtlichen Symptomen einer Anschwellung oder Biegung der Kno­chen , Gelenke u. s. w. zu erkennen. Manchmal gesellen sich Drüsenleiden oder ein schorfiger Ausschlag hinzu. Während R. eine Verdickung der Kno­chen , Exostosen, unvollkommenes Verwachsen der Epiphysen beobachtete, fand H. die Knochen nicht aufgetrieben, aber so erweicht (besonders an den Gelenkenden), dass man sie mit dem Messer schneiden konnte. Neben Ver­meidung der Ursachen, (worunter Erbsen- und Bohnenfütterung besonders er­wähnt werden), empfiehlt R. innerlich Leberthran mit Spiessglanz, Terpentinöl, Enzian u. dergl., äusserlich Terpentinöl und Theereinreibnngen. Schmid
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D rehkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;] 4 Y
führt vier Fälle von Ziegen mit Erweichung des Hinterkiefers und eines Tbeils der Gesichtsknochen (G. amp; H. 1851) an; einen ähnlichen Fall sah ich im Frühjahr 1857; die obere Hälfte des Hinterkiefers und die gegenüberliegende Parthie des Joch- und grossen Kieferbeins waren biegsam, aufgetrieben und konnten mit dem Messer geschnitten werden.
Ryebner beschreibt einen Fall von Osteoporose bei einem Pferd als vemmthliche Knochenscrophel. (Schw. XI.) ITebrigens spricht Dupuy schon 1830 von einer scrophulösen Auftreibung der Knochen (besonders des Kopfes) bei Schweinen (Journ. prat.). Von einer bestimmten localen Ursache (Arse­nikdämpfen) hat man Knochenauftreibungen bei verschiedenen Hansthieren entstehen sehen, (s. oben S. 77.); ferner von dem Genuss des mit vulkanischer Asche verunreinigten Futters auf Island. (Rep. VII.)
(Das Scelet eines original-chinesischen Mutterschweins in hiesiger Samm­lung zeigt die sämmtlichen Wirbel, ferner die Rippen, die Schulterblätter und das Becken von Spina veniosa aufgelockert und durchlßcbert, während alle Knochen der Extremitäten abwärts von den genannten, so wie der Kopf ganz frei davon geblieben sind. Im Leben des Thiers bemerkte man nichts von dieser Krankheit; es war sehr fruchtbar und wurde blos Alters halber getödtet.)
Ji) Drehhrankheit (Hydrocephalus hydatideus).
Literatur: Wepfer (1658 Trepaniren bei Rindvieh) Bartholinus (1661), Geutebrük (1765), Leske (1780), Riem amp; Reutter (1791), Gerike, Rohlwes (1806), Orcony, Brosche, Ehrenfels (1824), Störig (sieben Krankheiten der Schafe 1825), Peterka (1826), Am-pach, Brosche, Zenk (1827), Prinz (1829), Bürgermeister (1833), Kuers (Jugendkrankheiten 1840). Numann in den Abb. der niederländischen Academie 1851. Reboul (Toul. 1853). Reynal. Rec. 1854 Lafosse (Toul. 1854). Leuther, Seitz, Gierer 1854. (Trepanation) in Kr. II. Rep. XV. und Münch. Jahrb. 1851. (Viele Ab­handlungen von Scbafzücbtern in den Mögliner Annalen, Oecouomischeu Neuigkeiten und ähnlichen landwirthschaftlichen Z^tschriften.)
Eine fieberlose, meist langwierige Krankheit der Schafe, seltener des Rindviehs, mit Störung des Bewusstseins, der Regelmässigkeit und Zweckmässigkeit der Ortsbewegung (Drehen nach einer Seite, Niederstürzen u. s. w.), endlich Krämpfen oder Lähmung, hervorgebracht durch die Anwesenheit eines Rlasen-wurms in der Schädelhöhle.
A. Drehkrankheit der Schafe.
Die Krankheit befällt fast ohne Ausnahme junge Thiere (Lämmer, Jährlinge); sie äussert sich oft schon kurze Zeit nach der Geburt, gewöhnlich aber erst (in den Sommermona­ten) 4—6 Monate später. Zeigt sich das Leiden erst im Laufe des zweiten Jahres oder später, so ist es wahrscheinlich, dass es früher begonnen, aber entweder übersehen oder in seiner weiteren Entwicklung gehemmt worden ist. Man hat bei
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148nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Ernährung.
neugebornen Lämmern schon ausgebildete Blasen1laquo; ürmer gefun­den. *
Die Symptome sind eine, oft periodische, Unaufmerksam­keit oder Bewusstlosigkeit, daher unregelmässiges Fressen oder Saugen, Aussetzen bei demselben. Abweichen vom geraden Wege nach Einer Seite, schiefes Halten des Kopfs, im höheren Grade Laufen im Kreise; andere Kranke laufen bewusstlos geradeaus mit hochgetragenem Kopfe, andere biegen sich rück­wärts und stürzen nieder u. s. w. (daher die Ausdrücke: Dre­her,quot; Wurfler, Segler, Dippel, Umläufig). Von Zeit zu Zeit macht der Verlauf einen Stillstand und die Thiere scheinen sich erholen zu wollen, im Allgemeinen aber verschlimmert sich das Uebel allmählig, die Thiere fressen nicht mehr, folgen der Heerde nicht, liegen im Stalle unter den Raufen oder in den Winkeln, werden endlich von Zuckungen und Krämpfen befallen und gehen daran oder an Lähmung zu Grunde. Aeltere Lämmer treiben es oft mehrere Monate lang, Sauglämmer da­gegen sterben oft schon nach einigen Tagen, da sie ohne Nahrang nicht lange dauern können.
Die Section gibt nach der Dauer der Krankheit ver­schiedene Resultate; anfangs wollen mehrere Beobachter Spu­ren von Hirnentzündnng gesehen (Dominik will gar die Bil­dung der Wurmblase aus einer solchen Entzündung verfolgt haben, G. amp; H. VIIL); später findet man mehr die Folgen des Uebels als mangelhafte Ernährung und Cachexie, daher Magerkeit, Blässraquo; der Häute und Muskeln, Hydatiden am Bauchfell, Wasser in der Bauch- oder Brusthöhle, seltener Destruction der Lunge als der Leber; öfters' Entzündung und selbst Zerstörung des einen Auges (vom Liegen auf der Streu). Das wesentliche Symptom ist die Anwesenheit des Hirnblasen-Wurms (Coenums cerehralis R.) in der Schädelhöhle; die
* Ich selbst fand bei mehreren erst etliche Tage alten Lämmern von 1—5 erbsengrosse Wasserblasen ; sie lagen an der Oberfläche des Hirns und es scheint, dass sie erst später in die Substanz desselben sich eindrücken, so wie, dass von mehreren in der Regel nur Eine Blase sich völlig entwickelt, die andern aber absterben. Simonds fand eine beträchtliche Blase im Hirn eines Lamms, das während der Geburt gestorben war. Vet. 1840. Nach Störig soll man beinahe eben so oft zwei Blasen finden, als eine; er fand bis auf sieben; alsdann sind sie kleiner, als wenn nur Eine ausgebildet ist. Die meisten Blasen sollen nach ihm bis in den Ventrikel des grossen Hirns rei­chen, so dass er glaubte, sie entwickeln sich ursprünglich daselbst, und kom­men nur in Folge ihrer Zunahme an die Oberfläche des Hims.
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Drehkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;]^g
Wasserblase ist rundlich und erreicht manchmal die Grosse eines Hühnereies und darüber (2—3 Unzen schwer); an der Oberfläche der Blase sieht man hirsekornähnliche, weisse Er­habenheiten in kleinen Gruppen, welche die Köpfe oder Saug­mündungen des Wurms sind. Manchmal finden sich zwei und mehr Blasen, in sehr seltenen Fällen aber auch gar keine Blase, sondern blos eine bedeutende Ansammlung fast wasser­hellen Serums an der Oberfläche des Hirns oder in den Ven­trikeln desselben. (Dieser Fall ist mir selbst einmal vorge­kommen, ein andermal schwamm die nur haselnussgrosse Blase frei in der Flüssigkeit des einen Ventrikels). Die zunächst an die Blase stossende Hirnsubstanz sieht griesartig aus und ist einige Linien dick geröthet, sie enthält ausser Nervensubstanz viele Kalkkörner; die Häute des Hirns sind nicht entzündet, auch nimmt die Masse des Hirns durch den Druck der Blase nicht oder unbedeutend ab (wie mich eigene Beobachtungen lehrten), somit muss die Schädelhöhle ausgedehnt werden. *
Die Lage der Wurmblase ist theils an der Oberfläche des Hirns, theils in der Masse oder am Grunde desselben: im er­sten Fall drückt die sich vergrössernde Blase auf den sie be­deckenden Knochen (z. B. das Stirnbein) und veranlasst dessen Resorbtion, so dass an dieser Stelle die Schädelwand nicht nur auf Druck nachgibt, sondern selbst manchmal ein unregel-mässiges Loch bekommt, unter dem die Blase blos von den Hirnhäuten und dem Fell bedeckt liegt. Bringt man beim le­benden Thier einen Druck auf den Sitz der Blase an, so äussert das Thier Schmerzen, sträubt sich oder bekommt Convulsionen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das (entgegengesetzte) Auge amaurotisch erblindet ist.
Wenn die Blase im Rückenmarkscanal liegt, entsteht Lähmung des Hinter-theils; man hat diese Form der Krankheit: Kreuzdrehe genannt, ein sol­cher Fall ist Rep. XIV. heschrieben.
* Bei einer Himmasse von je 3 Unzen 1 Drachme fand ich bei mehreren Lämmern oder Jährlingen einen Blasenwunn von 2 bis 21l2 Unzen Schwere. Die Hälfte des Hirns, in welcher die Taubenei grosse Blase lag, war (ohne diese) eben so schwer als die andere. Ein andermal war die kranke Hälfte noch l'/s Dr. schwerer als die gesunde ; bei einer Blase von 3 Unzen hatte das Hirn nur 4 bis 5 Dr. abgenommen. Keynal fand bei 40 gesunden Schafen das Gewicht des Hirns durchschnittlich 108 Gramme, bei 40 drehkranken dagegen nur 85 Gr., also eine Abnahme von beinahe 6 Drachmen; es waren aber die gesunden Schafe 15—24 Monate alt, während die Dreher selten dieses Alter erreichen (Rec. 1854). Das Hirn eines ausgewachsenen Schafes wiegt 33/i—4 Unzen.
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] f,0nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Ernährung.
Wo keine nachgiebige Stelle am Schädel zu finden ist, kann man den Sitz der Blase nicht mit Bestimmtheit wissen; es wird behauptet, die Blase liege meist auf derjenigen Seite des Hirns, nach welcher sich das Thier dreht; kalte das Thier den Kopf hoch (Segler), so liege sie hinten am Hirnzelt, im andern Falle dagegen mehr vorne (Würfler); gehe das Thier noch gerade aus, so sei die Blase auf der höher gehaltenen Seite des Kopfs. Girou de Buzaringues behauptet, wenn die 'Blase im grossen Hirn sei, so wolle das Lamm nicht mehr folgen , wenn sie im kleinen Hirn sei, so könne es nicht mehr folgen, obgleich es wolle. (Rec. 1829.) Nach Reboul und Reynal's Beobachtung drehte die Hälfte der untersuchten Schafe nach derselben Seite, wo die Blase lag, wenn dieselbe am grossen Hirn oben oder in der Kammer ihren Sitz hatte; lag dagegen die Blase an der Basis des grossen Hirns, so lie­fen die Thiere nach der entgegengesetzten Seite oder sie wech­selten oder zeigten Lähmung u. dgl. Liegt die Blase am klei­nen Hirn oder verlängerten Mark, so ist der Gang automatisch und es tritt frühzeitig Lähmung ein. Auch Jaques und Lafosse sahen die Blase häufig auf der entgegengesetzten Seite des grossen Hirns; Thiere, die vorwärts drängten und den Kopf in die Höhe hielten (Segler), hatten die Wurmblase hinten am grossen Hirn oder zwischen diesem und dem kleinen Hirn.
Ursachen: man hat theils den Zustand der (oft leber­kranken oder cachectischen) Mutterschafe während der Träch­tigkeit, theils zu grosse Reizung der Böcke, grobe Hülfeleistung bei der Geburt u. s. w. beschuldigt, allein ohne hinreichenden Grund; höchstens mag dadurch eine Anlage zu der Krankheit enstehen, die indessen später auch durch Erhitzung, starke Fütterung u. s. w. erzeugt werden kann; auch ist der gleich­zeitige Vorgang des Zahnens als disponirende Ursache zu be­trachten. Die Untersuchungen von Küchenmeister, v. Sie­bold, Haubner u. A. über das Wandern der Eingeweidewür­mer haben alle frühern Angaben über die Ursachen der Dreh­krankheit beseitigt; es hat sich durch viele Versuche bestätigt, dass der Hirn-Blasenwurm eine niedere Entwicklungsstufe des Hunde-Bandwurms (Taenia Coenurus Küch.) ist; gibt man einem Hunde die Blase (oder die daran befindlichen Köpfe) des Coe­nurus vom Schafe oder Rinde zu fressen, so wird er in unge­fähr zwei Monaten reife Bandwürmer im Darm beherbergen.
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Drehkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;151
deren abgehende Glieder mit zahllosen Eiern auf das Futter (Gras u. s. w.) gelangen, mit dem sie von den Schafen und Rindern aufgenommen werden. Futtert man dergleichen reife Bandwurm-Glieder an Schafe (Lämmer oder Jährlinge), so werden Eier frei und suchen sich durch die Gewebe des Thiers nach dessen Hirn durchzubohren: alle nicht dorthin gelangenden Eier (Larven) gehen zu Grunde und können in den Eingeweiden, Muskeln u. s. w. eine Zeitlang als weisse oder gelbliche Knöt-chen, oder längliche Cysten gefunden werden, welche allmählich verschwinden (verirrte Bandwurmbrut). Die in das Hirn ge­langten Eier veranlassen schon nach 12—20 Tagen Symptome von Hirnreitzung, Congestion und örtlicher Entzündung des Hirns; ferner Krämpfe, Lähmung u. dgl. woran das Lamm entweder in wenigen Tagen zu Grunde geht, im andern Falle aber sich bald erholt und nun in die eigentliche Drehkrankheit, mit ihrem langwierigen Verlaufe verfällt, indem eine oder meh­rere Bandwurm larven sich zu Wurmblasen entwickeln. Diese erreichen unter günstigen Umständen nach 21 Tagen schon den Durchmesser einer Linie, nach 40 Tagen einer Erbse, nach 2—3 Monaten einer Haselnuss; es kommt jedoch hiebei viel darauf an, ob mehrere oder nur 1—2 Blasen sich weiter aus­bilden; gewöhnlich geht eine grosse Zahl selbst ins Hirn ge­langter Larven zu Grunde, und manche Thiere widerstehen der Uebertragung ganz. Auf Ziegen hatte die Bandwurm-Fütterung keinen Eintluss, auf andere Thiere ebensowenig (s. J.Ber. 1854). . Die Prognose ist sehr ungünstig, da dem Sitze . des Uebels schwer und nur mit Lebensgefahr beizukommen ist.
Die Behandlung ist theils prophylactisch, durch Ver­meidung der äusseren oder Gelegenheitsursachen, d. h. durch Entfernung der Hunde von den Heerden, oder Befreiung der Hunde vom Bandwurm durch Abtreiben desselben in einem ge­schlossenen Räume; hauptsächlich aber Vermeidung der Band­wurm-Bildung durch Abhalten der Hunde von dem Genuss der Coenurusblasen; theils durch directen Angriff auf den Blasen­wurm mit dem Trokar (einem Messer oder Pfriem) oder durch Trepaniren. Ist eine nachgiebige Stelle am Schädel, so ge­schieht der Einstich daselbst, und man lässt nicht nur den Inhalt der Blase (Wasser) auslaufen, sondern sucht auch die Haut der Blase durch gelindes Saugen an der Trokarscheide oder mit einem dazu vorgerichteten Federkiel (nach Reboul)
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152nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Ernährung.
herauszubringen. Hat man trepanirt, so wird die harte Hirn­haut durchschnitten und die darunter liegende Blase dringt von selbst so weit hervor, dass man sie vorsichtig fassen und un­verletzt herausziehen kann. Godine und Yvart wieder­holten die Versuche von Riem und Reutter mit dem Trepa-niren; sie hatten einzelne günstige- Erfolge, fanden aber auch, dass die Blase nicht immer auf derjenigen Seite lag, nach welcher das Thier drehte (Alf. Cpt. r. 1809). Thär, Störig u. A., halten das Ausziehen der Blase nicht für absolut nö-thig. Reboul sticht blos mit einer Ahle ein, und räth das Wasser nicht auf einmal, sondern durch wiederholtes Einste­chen nach 2—3 Tagen ausfliessen zu lassen. Ist aber keine weiche Stelle am Kopfe zu finden, so kann man mit Störig's Hirndurchsucher (einem dünneren Trokar) an verschiedenen Stellen in das grosse Hirn einstechen, um den Sitz der Wurm­blasen ausfindig zu machen. Man lässt in diesem Falle die Hülse des gewöhnlichen Trokars, nachdem man denselben etwa Yj Zoll tief eingestochen, in der Oeffnung stecken, und führt durch dieselbe den dünneren und längeren Hirndurchsucher tiefer und in verschiedenen Richtungen in die Hirnsubstanz ein, wobei man öfter probirt, ob nicht Wasser nachfliesst. Die Erfahrung hat gezeigt, dass solche Verletzungen der Halbkugeln des grossen Hirns nicht lebensgefährlich sind (dagegen sind das kleine Hirn, das verlängerte Mark und die an der Basis des grossen Hirns liegenden Theile zu vermeiden). Das Einstossen eines spitzen Drahts durch die Nase (und das Siebbein) ins Gehirn (die englische Methode von James Hogg) ist ver­werflich.
Nach der Entfernung der Blase oder des darin enthaltenen Wassers lässt der Druck auf das Hirn nach und die Thiere (falls sie nicht in Folge der Operation in eine tödtliche Schwäche verfallen) scheinen sich anfangs zu erholen; da indessen die entstandene Lücke im Hirn nicht mit Hirnsubstanz ausgefüllt wird, sondern sich entweder Wasser oder später Eiter daselbst ansammelt, so ist die Besserung nicht dauernd, sondern die Thiere verfallen nach einiger Zeit wieder in Bewusstlosigkeit u. s. w., und verenden allmählich. (Ich habe sie die Operation ein volles Jahr überleben sehen.) Engelbrecht rettete von 51 troka-rirten nur 3; auch Orcony und Veith (in Ekels Mittheilgn, österr. Veter.) halten die Operation für nutzlos.
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Drehkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 153
Bei den Schafen kann die Drehkrankheit mit Hirnentzün­dung, Schwindel, Epilepsie und andern Krankheiten verwechselt werden; am leichtesten mit der sogenannten
Horn war mkrankheit (Bremse nschwindel, Schleuder­krankheit) ,
welche durch den Aufenthalt der Larven der Schafbremse (Oestrus ovinus) in den Nebenhöhlen der Nase, quot;dem Rachen und den (hohlen) Hornzapfen hervorgebracht wird. Indessen befallt die Hornwurmkrankheit ältere und jüngere Thiere ohne Unterschied, und meist im Frühjahr; sie ist mit Nasenausfluss, Niessen und Schleudern mit dem Kopfe verbunden, wozu sich periodische Bewusstlossigkeit, hiervon Ablassen vom Futter und Abma­gerung, Niederstürzen, Knirschen mit den Zähnen u. s. w. ge­sellt. Die Bremsenlarven verlassen das Thier von selbst in den Monaten März bis Mai, um sich später in der Erde zu verpuppen. Kann man die kranken Thiere über diesen Zeit­punkt hinüberbringen, so erholen sie sich von selbst. Ausser-dem hat man Niesemittel (Tabak, Rad. cwrlinae und selbst veratri pulv.), das Anbohren der Stirnhöhlen und Eintröpfeln von 01. C. G. oder 01. anim D. in dieselben, und sogar das Ab­sägen der Hörner empfohlen. Vielleicht würde das Einathmen empyreumatischer Dämpfe (durch Verbrennen von thierischen Stoffen in einem geschlossenen Räume oder Rauch von Wach­holder und Knoblauch nach Patellani) die Larven tüdten oder veranlassen, 'ihren Aufenthaltsort freiwillig zu verlassen. Prophylactisch kann man zur Zeit des Schwärmens der Fliege (besonders an schwülen Tagen) die Naseöffnungen der Schafe mit etwas Hirschhornöl oder Theer bestreichen.
S18 r i g bemerkt richtig, dass man in einem und demselben Schaf Larven von verschiedener Ausbildung antrifft; die kleinsten seien nur wie feine Säge­späne und -weiss (ob Fliegeneier ?), die grosseren '/raquo; his '/j Zoll lang und dem Äeusseren nach denen des Pferdemagens ähnlich; wenn sie sich der Verpuppung nähern, bekommen sie eine dunklere, fast schwärzliche Farbe. (Nähere Be­schreibung s. in der Abhandlung von Numann in G. amp; H. IV, und Schwab's Oestraciden. München 1840.) L6we, falsche Drehkrankheit. Angezeigt im Rep. XV. Huth in G. amp; H. Suppl. XXI. Fürstenherg (trepanirte mit Erfolg, ebend. XXQ.
In der Regel wird das zeitige Schlachten von sowohl Dreh­kranken als Hornwurmkranken (letzteren natürlich nur, wenn sie stark abmagern sollten) vortheilhafter sein, als eine Unge­wisse Heilung. Das Fleisch ist in beiden Krankheiten geniessbar.
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154nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Ernährung.
B. Drehkrankheit bei Rindvieh.
Literatur ausser der oben angegebenen : Gierer Woch. 1853. Krogmann, Rep. IX. Hering, Rep. XIV u. XVI.
Beim Rindvieh äussert sich die Drehkrankheit im Allge­meinen auf dieselbe Weise, wie bei den Schafen; sie befällt das Rind viel seltener, kommt aber wenig bei Kälbern, son­dern mehr bei älteren Stücken vor. (Ryebner führt eine bei­läufig 7jährige Kuh an.)
Die Symptome sind; langsames Fressen, eben solches Athmen und Puls, stierer Blick, blasse Häute, struppiges Haar; die Thiere laufen wie blinde, finden ihren Stall nicht, gehen im Kreise und magern ab. Es kommen aber auch Fälle vor, in welchen sich die Symptome einer Hirnentzündung durch Toben u. s. w. zeigen und die Thiere in wenigen Tagen ge­schlachtet werden müssen.
Die Ursache ist die nämliche wie bei den Schafen, denn aus dem Kopfe des Blasenwurms vom Rinde entwickelt sich beim Hunde die Taenia Coenurus; der umgekehrte Versuch ist noch nicht gemacht worden. Man trifft die Krankheit beson­ders in Gegenden mit einzelnen Höfen, auf denen in der Regel Hunde gehalten werden und das Rindvieh auf den zunächst gelegenen Grundstücken gewaidet wird. In geschlossenen Dör­fern ohne Waidegang ist die Drehkrankheit bei Rindvieh sehr selten. Die Prophylaxis und Behandlung ist wie beim Schafe, indessen erschwert die Bildung der Stirnhöhle beim Rinde (mit ziemlichem Zwischenräume zwischen beiden Knochenplatten) die Operation; es soll manchmal die innere Platte durch den Druck der Blase resorbirt oder erweicht sein.
Greve fand bei einem jungen Rind die Stelle des Schä­dels deutlich aufgetrieben; die Blase war sehr gross. Eber­hard sah neben dem Coenurus noch einen Abscess im Hirn eines Kalbs (G. amp; H. XHI.), Dupuy gleichzeitig zwei Blasen bei einer Kalbin, Krogmann neben einer Blase einen Eiter­pfropf. Gelle versichert die Wurmblasen auch in der Stirn-und Kieferhöhle gefunden zu haben, und Hering sah mehrere zwischen der harten Hirnhaut und dem Knochen, neben 7 Bla­sen im Hirn einer alten Kuh (Rep. XVI.).
Die Operation ist sehr alt, wie schon das Sprüchwort „den Dippel bohrenquot; beweist. Ueber die Trepanation s. meine Operationslehre S. 118.
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Finnen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;155
Beim Rindvieh gilt die Drehkrankheit nach dem württera-bergisphen Rescript als Hauptmangel mit 4 Wochen 3 Tage Gewährzeit.
Bei einem jungen Wachtelhunde mit sehr hohem Schädel beobachtete ich (Mai 1839) ein sehr schnelles Drehen, immer nach links : wahrscheinlich -war Wasser im Hirn ergossen.) Dieterich sah einen Hund sich stets nach links drehen, er verendete nach 17 Tagen, und es zeigte sich, dass er ein 3 Zoll lan­ges Pferdehaar oder Borste in der linken Nasenhöhle stecken hatte. (N. amp; V. 1846.)
Budol phi führt eine drehkranke Maus an (Entozool. I. s. 125); er sah selbst eine drehkranke Schildkröte; bei der Section derselben fand man aber nichts Ursächliches (Synops. I. s. 621).
Man hat einige Fälle von Coenurus cerebralis im Hirn desMenschenbe-obachtet; einseitiges Kopfweh, später Symptome tou Hirndruck n. s. w. beglei­teten das Uebel, das übrigens Erwachsene betroffen. (Vgl. Carrère im Jour­nal veter. 1826.)
Eine Drehkrankheit bei einer Frau ohne Hydat., durch etliche Knochen­auswüchse im Schädel veranlasst (Froriep's N. Notizen. IX. p. 175).
i) Irinnen (üaehexia cellulosae hydatigena. V.J.
Literatur; Schon Aristoteles kannte die Finnen des Schweins (Liber V11I. Cap. 26), und suchte sie am lebenden Thiere (wie jetzt noch) unter der Zunge; auch gibt er an, die Wurzeln ausgezogener Borsten seien blutig.
Krankhafte Bildung von Blasemviirmern im Zellgewebe der verschiedensten Organe, vorzugsweise beim Schwein.
Die Finne (Pfinne, Cysticercus cellulosae R.) ist ein klei­ner Blasenwurm, der theils einzeln, theils in Menge im Zell­gewebe vorkommt; er ist rundlich, halb durchsichtig, von der Grosse eines Hirse- oder Wickenkorns bis zu einer Erbse, sieht gelblich oder weisslich aus und fühlt sich ziemlich hart an; _ die Blase ist der Schwanz des Thieres, der Körper ist walzenrund, einige Linien lang und der Kopf undurchsichtig weiss, vierkantig mit einem Hakenkranz versehen. Kopf und Körper sind meist in die Schwanzblase eingezogen oder hinein­gestülpt. In der Siedhitze wird die Finne weiss, undurchsich­tig, quellt auf, und knirscht unter den Zähnen.
Die Erkenntniss dieser Krankheit ist (die Section ausge­nommen) meist schwierig, da man die Blasenwürmer von aussen nicht fühlen kann. Zwar sollen die Fleischer die Stelle unter der Zunge visitiren, allein man kann, wenn sich daselbst keine rundliche Erhabenheiten finden, desshalb nicht behaupten, dass nicht anderswo im Körper Finnen sein werden. Andere Symp-
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156nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Ernährung.
tome, wie z. B. Stumpfsinn, Trägheit, grosse Empfindlichkeit des Rüssels (beim Wühlen bemerkbar), Aufgedunseuheit und tei­giges Anfühlen desselben, heissere Stimme, übelriechender Athem, schwache und lahme Beine u. s. w. können ebensowohl locälen Krankheiten angehören, oder aber Begleiter der Cachexie sein, welche aus verschiedenen Ursachen enstehen kann. Uebrigens gehen finnige Schweine an Abmagerung, Borstenfäule, Wasser­sucht u. s. w. allmählich zu Grunde.
Bei der Section findet man anfangs die Thiere fett, das (besonders lockere) Zellgewebe unter der Schulter, am Halse u. s. w. mehr oder weniger voll von Blasenwürmern, die auch einzeln in der Herzsubstanz, dem Gehirn *, der Leber und an­dern Drüsen n. s. w. vorkommen.
Als Ursachen dieser Krankheit hat man bisher unreine Stallung, Mangel an Bewegung und an Gelegenheit zum Suhlen, besonders aber schnelles Mästen mit erschlaffendem oder verdor­benem Futter (Spülicht, Gesüde u. dgl.) angesehen, auch eine erbliche Disposition zu der Krankheit angenommen.
Schweine, die gpf der Waide gehen, mit Eicheln, Buchein u. dgl. genährt werden, sind der Krankheit selten ausgesetzt. Beim wilden Schwein sind die Finnen äusserst selten. Man hat desshalb Waidegang, Eichelfütterung und die Vermeidung der übrigen, oben angegebenen Ursachen als Vorbauungsmittel em­pfohlen. Auch hierin haben die neuesten Forschungen von Küchenmeister u. A. genaueren Aufschluss gegeben. Die Finne ist der Larvenznstand des menschlichen Bandwurms; reife Glieder des letztern den Schweinen gefüttert, bringen die Finnen hervor und Finnen von Menschen verschluckt, bilden sich in dessen Darmcanal zum Bandwurm (Taenia Soiium) aus.
Von Heilmitteln hat man: Grünspan oder Bleizucker (zu l/j—1 Dr., alle 3 Tage nach Viborg). Asche mit Antimon, crud. (zu 2 Dr.), Kohlenpnlver (Greve) u. s. w. anempfohlen; es ist aber leicht einzusehen, dass die einmal vorhandenen Blasenwürmer dadurch nicht entfernt werden.
* Florman sah ein jähriges Schwein, das nach der linken Seite in immer kleinerem Kreise drehte. Bei der Section fand man das Thier finnig am Halse, viele Finnen waren an der weichen Hirnhant und in der Cortical-suhstanz, wenige in der Marksubstanz des Hirns; 20 lagen frei (nicht am Plexus) im rechten Ventrikel (Acad. Vet. Handl. 1815). Beker sah von Finnen in der Schädelhöhle Convulsionen, epileptische Anfälle, Raserei ent­stehen. (G. amp; H. VUI.)
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Stiersucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;] 57
Das Ausschlachten finniger Schweine ist meist verboten; indessen ist das Fleisch, wenn es gesotten oder gebraten ist, nicht schädlich, jedenfalls aber weniger werth als gesundes Fleisch. Es lässt sich nicht gut aufbewahren, und eignet sich eben so wenig als der Speck zum Einsalzen. Roh genossen kann es zur Bildung des Bandwurms Anlass geben, den man bei Metzgern häufiger als bei andern Gewerben treffen soll.
Nach dem württembergischen Gesetze sind die Finnen beim Schwein ein Hauptmangel mit 4 Wochen 3 Tagen Ge­währzeit. Im gewöhnlichen Handel wird dieser Termin viel weiter ausgedehnt.
Man hat beim Menschen (Fahricius, Werner, Schrank, Trentler, Fischer [im Hirn, Dissert. 1789 c. tab-l, Himly [in Hirn und Muskeln in Hu f eland's Journal 1809, ebenfalls mit Abb.], im Hirn Fror, neue Not. XIH. s. 171) und bei Affen Finnen im Zellgewebe gefunden; andere Species von Cysticercus, der gewöhnlichen Finne aber sehr ähnlich, kommen beim Hasen, Hund und andern Thieren vor. Retzius hat Finnen beim Bären im Fleische gefunden. Bei einem sehr gut genährten, wegen seiner Unbän­digkeit getödteten Lama, fand ich 1847 eine Menge Finnen im Zellgewebe und in den Muskeln.
k} Stiersucht (Cachexiaboum tuherculosa).
(Franzosenkrankheit, Perlsucht, Monatreiterei, Drusenkraukheit, zäpfig, meer­linsig, krahnig, krättig, finnig.)
Literatur: Granmann (1784), Lange (1785), Frenzel (1799), Du-puy (de l'affection tuberculeuse 1817), Viborg (in Veter. Selsk Skrift. 3 Bd. 1818); Dupuy im Jonrn prat. (1830).
Tuberkulöse Entartung des Brustfells und der Lungen, seltener zugleich der Leber oder des Bauchfells, mit gestei­gertem Begattungstrieb, meist mit Unfruchtbarkeit verbunden, ficberlos, langwierig. Bei Kühen, selten bei männlichen Thie­ren oder bei anderen Hausthieren.
Junge Kühe und besonders solche, welche von stiersüch­tig gewesenen abstammen, haben eine besondere Anlage zu dieser Krankheit, welche alsdann durch die äusseren Einflüsse allmählich zum Ausbruch gebracht wird.
lieber die Verbindung der Stiersucht (d. h. des erhöhten Geschlechts­triebs) mit der Tuberculose sind die Ansichten verschieden; nach AVirth sind beide Krankheiten nicht mit einander verbunden, ebenso Stirnimann (Schw. 1850) und Weitzel (Rep. XVIII.); auch Ryebner trennt beide Krankheiten , die nach ihm zwar zufällig zusammentreffen können, aber eigent­lich keine Identität besitzen. Dagegen ist Fuchs in Luzem (Schw. 1850)
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]58nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Ernährung.
der Ansicht, dass Stiersucht und Perlsucht oft mit einander verbunden seien, und in einem ursächlichen Verhältnisse zu einander stehen. Duner hält die Stiersucht für das primäre, die Zäpfigkeit für das secundäre Leiden (Schw. XL). Auch Roll nennt die Vereinigung beider Krankheiten eine häufige. Gelle hat die Stiersucht mit der Lungenschwindsucht zusammen abgehandelt. Das Wahre an der Sache ist wohl, dass beide Krankheiten abgesondert vor­kommen können, allein schon der Umstand, dass man unendlich mehr Kühe mit Pleura-Tuberkel findet als Ochsen oder Farren, deutet auf eine nähere Beziehung zu den weiblichen Geschlechtsorganen hin.
Anfänglich bemerkt man blos einen gesteigerten Begat-tungstrieb, die Kühe rindern oft, brüllen, steigen auf andere Kühe, nehmen den Stier alle 4—5 Wochen, später sogar alle 14 Tage an, werden aber nicht trächtig, oder wenn dies ge­schieht, verwerfen sie nach einigen Monaten wieder, und die Brunst kehrt wieder zurück. Hiebei können die Thiere noch längere Zeit gut bei Leibe sein, später hingegen nimmt die Fresslust und Munterkeit ab, sie werden allmählich magerer, athmen mit Beschwerde, husten trocken und kurz und ohne Kraft, das Respirationsgeräusch ist matt oder fehlt, sie ertra­gen den Druck auf die vordere Brustgegend nicht, werden hart-häutig, verfallen in Cachexie und gehen am Zehrfieber zu Grunde, wenn sie nicht früher geschlachtet werden. Diejeni­gen, welche zwischen dem Kreuz- und Sitzbein, am hintern Ende des breiten Beckenbandes, eine Vertiefung zeigen, sollen unheilbar sein.
Das pfeifende Rasseln in der Lunge zäpfiger Kühe soll charakteristisch sein, allein es kommt auch bei andern Lungenaffectionen vor; im spätem Stadium ist Dämpfung des Percussionstons und bronchiales Athmen zu erwarten.
Der Verlauf der Krankheit ist meist langwierig: er kann Monate, mit den periodischen Unterbrechungen von schein­barer Besserung, selbst Jahre dauern.
Bei der Section findet man, ausser den Zeichen der Ca­chexie (die bei frühzeitigem Schlachten fehlen können) Aus­wüchse von verschiedener Grosse, Gestalt und Zahl haupt­sächlich am Brustfell, den Lungen, seltener am Bauchfell, Ge­kröse und Netz, in der Leber oder andern drüsigen Organen der Bauchhöhle. Diese, der Krankheit charakteristischen Tu­berkel (obwohl Tuberkel ohne Stiersucht häufig und in den verschiedensten Organen vorkommen) sind hirsekorn-, erbsen-und haselnussgross, öfter gestielt und traubenähnlich, als platt, gelblich, gräulich oder röthlich, theils innen weich, brei- oder
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raquo;,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Stiersucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;159
käseartig, theils hart, kalkig. * Die Lunge ist oft ganz durch­wachsen von solchen Knoten, und enthält nebenbei unbelebte Hydatiden, auch Hülsenwürmer (JSchinococcus veterinontm); ebenso die Leber, bei welcher noch Incrustation der Gallen-gänge und Egelwürmer in den Gallengängen hinzukommen kön­nen. Ob jene Auswüchse gewöhnliche Tuberkel oder vieiraehr dem Sarcom, der Cyste oder endlich dem Markschwamm zu vergleichende Producte seien, ist noch unentschieden. Ausser-dem ist manchmal Serum in der Brust- oder Baucliluihle er­gossen , das Fleisch welk und blass, das Fett verschwunden oder in sulziges Wasser verwandelt, die Eierstöcke sind ver-grössert, der Fruchthälter ist dicker u. s. w.
Die nächste Ursache scheint in der Nichtbefriedigung des Begattungstriebes zu liegen; die zur Bildung eines Jungen bestimmten Säfte lagern sich unter der Form gerinnbarer Ans-schwitzungen von rundlicher Gestalt in das Zellgewebe unter den serösen Häuten der Brust- und Bauchhöhle ab; die nicht selten wahrgenommene Keigung zur Warzenbildung auf der Haut steht damit im Zusamne nhange. Als entfernte Ursache
* üeber die Beschaffenlieit der Tuberkel herrscht noch wenig Ueberein-stimmnng. Rychner hält sie für eine krankhafte Production der niedersten Art mit eigenthümlichen ïuberkelkürperchen (deren Beschaffenheit aber nicht näher bezeichnet ist, s. d. Path. S. 371). Nach Andern, mit dem Micros­cope vertrauten Beobachtern enthalten die Tuberkel keine besondere Form von thierischer Substanz, sondern Zellen, zahlreiche Kerne und eine klebrige Flüssigkeit; sie entstehen entweder isolirt (als Knoten) und dann chronisch, oder als Infiltration (acut, entzündlich-fieberhaft), wobei das betroffene Ge­webe durch die Masse der Ablagerung eine gelbe, brüchige Beschaffenheit bekommt. Der anfangs graue Tuberkel wird durch Verschrumpfung seiner Eleraentarbestandtheile zum gelben Tuberkel , welcher im weiteren Fortschritt seiner Veränderung erweicht (Eiter, Geschwüre bildet), oder verhärtet (kalk oder kreideähnlich wird). Nach Gurlt n. J. Müller sind indessen die Aus­wüchse an der Pleura der Kühe keine Tuberkel, sondern gutartige Neubil­dungen, dem Fibroid ganz gleich und beim Kofhen Leim gebend; sie werden als Desmoide bezeichnet und es wird behauptet, Pleuratuberkel seien über­haupt höchst selten. Virchow bezeichnet die Auswüchse an der Pleura der Kühe für Sarcome, (ebenso RB11), die grosse Aehnlichkeit mit Tuberkel ha­ben; Wolf sieht darin Cysten, die dem Atberom oder Colloid Balge ähnlich sein sollen (.IBer. 1856). Nach Andral, Cruveillier u A. ist kein we­sentlicher Unterschied zwischen Tuberkel und Eiter (?). Bochdalek dage­gen hält die Zäpfigkelt für eine Pleuratuberkulose (G. amp; H. 1854). Fuchs (in Carlsruhe) stützt sich auf das gleichzeitige Vorkommen von wahren Tu­berkeln in der Lunge, den Lymphdrüsen u. s. w. der stiersüchtigen Kühe (JBer. 1850). Ich habe beim Pferde heinahe nie Tuberkel an der Oberfläche der Lunge gefunden (wie bei Kindvieh), und selbst in der Lunge sind chro­nische Tuberkel (ausser beim Rotze) ausserordentlich selten bei Einhufern.
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Krankheiten der Ernährung.
beschuldigt man: erschlaffendes Futter (Gesüde von Brannt­wein- und Bierfabriken, Oelkuchen, Spülicht), wenig oder gar keine Bewegung, Mangel an frischer Luft, nasse, schlechte Ställe.
Wenn diese entfernte Ursachen lang und stark einwirken, und vielleicht eine ererbte Anlage dazu kommt, kann ein ganz ähnlicher Krankheitsprocess sich auch bei männlichen Thieren, namentlich Mastochsen entwickeln.
Waidende und wilde Thiere sollen von der Krankheit ver­schont bleiben.
Die Heilung beruht auf Entfernung der Ursachen. Vor Allem ist zu versuchen, die Kühe zum Aufnehmen zu bringen. Rychner empfiehlt hiezu, ihnen vor dem Begattungsact '/j—1 Schoppen Branntwein zu geben; oder während des Acts ihnen eine fein geschnittene Schweinsblase in das Maul zu schieben, um ihre Aufmerksamkeit abzuleiten. Gros-Claude hat vom Füttern von Kartoffeln Nutzen gesehen; Favre empfiehlt sehr Seeale cornutum. Andere lassen dem Thier Blut ab, ehe sie es zum Stier bringen.
Von innerlichen Mitteln sind Kalkwasser (Wolstein), bit­tere Schwefel- und Spiessglanzpräparate, auch empyreuraatisches Oel; bei vorhandener, allgemeiner Schwäche stärkende und adstringirende Mittel (Kastanien, Eicheln unter dem Futter) angerathen worden. Rychner setzt zu Brustmitteln (Alant) Calomel in kleinen aber fortgesetzten Gaben und harntreibende Mittel; er beschuldigt gastrische Reizung als häufige Ursache, und führt zuerst mit Rhapontik und Salzen ab. Auch ein Fon-tanell in den Triel wird empfohlen.
Da die Krankheit langwierig ist, so möchte leicht mehr für Arznei ausgegeben, als durch dieselbe verbessert werden; daher ist wohl zu überlegen, ob es nicht vortheilhafter wäre, das Thier zeitig zu schlachten, oder es nach Umständen schnell zu mästen. In letzterem Falle möchte die Castration der Kühe öfter als bisher zu versuchen sein. Die Milch zäpfiger Kühe ist öfters verändert, z. B. wässerig, sie gerinnt gerne, gibt weniger Butter und weichen Käse; die Behauptung (von Kl enk e u. A.), dass der Genuss dieser Milch schädlich und die Ur­sache des häufigen Vorkommens der Scropheln bei Kindern (besonders grosser Städte) sei, ist nicht zu beweisen (Schra-der Rep. X.).
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Stiersncht.
Das Fleisch stiersüchtiger Thiere ist je nach dem Grade der Krankheit noch mehr oder weniger bra'uchbar, keineswegs aber schädlich oder ekelhaft, wenn die mit Auswüchsen be­setzten Organe beseitigt worden sind. Die Fleischerordnung verbietet meistens das Ausschlachten krättigen Fleisches, oder verweist es auf die Freibank.
Da die Krankheit sehr schwierig zu erkennen ist (ausser der Section wohl nie mit Sicherheit) und man ehedem die Krankheit einer unpassenden Vergleichung wegen (Franzosen, Syphilis) besonders verabscheute, so gilt dieselbe in den mei­sten Ländern als ein Hauptmangel; in Württemberg mit (aus­nahmsweise) 2 Monat Gewährzeit.
In Streitfällen ist darauf zu sehen, dass nicht etliche wenige Knoten, Tuberkel oder andere Verhärtungen in der Lunge oder Leber u. s. w. als Ferlsucht genommen werden, und dass, wenn die Sectionserscheinungen die Anwesenheit dieser Krankheit ausser Zweifel setzen, das Fleisch, jedenfalls aber die Haut bestmöglich verwerthet, nicht aber dem Abdecker zugewiesen oder verlocht werde.
Von stiersüchtigen Kühen abstammende Kälber sollten nicht zur Nachzucht verwendet, sondern bald geschlachtet werden. Nach Rychner sollen schon solche Saugkälber die Krankheit (Tuberkel) in hohem Grade gezeigt haben. Aehnliches beob­achtete Kohl er (Rep. YII.), und König (G. amp; H. 1853), welche mehrere Fälle, die für die Erblichkeit des Uebels spre­chen, anführen.
Bei den übrigen Hausthieren wird wohl auch nicht selten ein krankhaft gesteigerter Begattungstrieb beobachtet, und es entspringen aus seiner Nicht-befriedigung ebenfalls Krankheiten [z. B. Mutterkoller, Wuth ?], allein die grosse Neigung zur Tuberkelbildung, wie beim Rinde, findet sich nicht oder selten bei ihnen. Ein Fall von Tuberkulose des Brust- und Bauchfells bei einer abgezehrten Stute ist im Kep. HI. (clin. Bericht) beschrieben.
Bei Hündinnen und bei Hühnern habe ich einigemal besouders das Netz und Gekröse voll von hirsekorngrossen Tuberkeln gefunden ; wie diese Ver-irrung der ernährenden Thätigkeit zu Stande gekommen, war nicht auszu-mitteln. Bochdalek in Prag sah Tuberkel besonders in der Leber und Milz bei Hühnern und Truthühnern, welche an acuter Tuberkulose plötzlich zu Grunde gegangen sein sollen. (Prager Vierteljahrschrift 1847.)
Hofmann in Bamberg beobachtete einen Fall, wo ein Mann, der sich beim Schlachten einer stiersüchtiuen Kuh verwundet hatte, daselbst Hautwucherungen bekam, die syphilitischen Condylomen ganz ähnlich waren! Rust's Magazin, 1831. 35. Bd. 2. Heft.
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;\\
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1(52nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Ernährung.
I) Scorhut (Cacheocia scorbuticd). Literatur: Haubner über Knochen-Atrophie G. amp; H. XX.
Eine Entartung der Säfte mit Auflockerung, leichtem Blu­ten oder Versclnvärung des Zahnfleisches, Auftreibung der Knochen und Abmagerung.
Er dt in Cöslin beobachtete im Frühjahr 1838 eine hieher gehörige Krankheit bei Lämmern:
Ohne Fieber oder sonstiges allgemeines Leiden frassen die Thiere, wegen Schmerzen im Maule, nicht gehörig, soffen da­gegen mehr und magerten ab. Die Haut war bleich, die Wolle hart, trocken, die Schleimhäute bleich und aufgelockert, son­derten mehr Schleim ab, als gewöhnlich, der trübe, missfarbig, übelriechend war, und an den Nasenlöchern zu Krusten ver­trocknete, die das Athemholen hinderten. Das Zahnfleisch war violett-roth, massig aufgetrieben und löste sich von den Zäh­nen ab, durch Druck quoll verdickter, graugelber oder bräun­licher Eiter vom widerlichsten Gerüche aus ihm hervor; die Schneidezähne waren ganz los; dasselbe war bei einem Theil der kranken Thiere mit den Backenzähnen der Fall, so dass sie am Fressen ganz gehindert wurden, und mit Schrottränken erhalten werden mussten. Im weiteren Verlaufe der Krankheit ging die Wolle aus und die Haut wurde gelblichweiss, kalt, lederartig und dick; die Augen trübe und zurückgezogen, der stinkende Nasenausfluss nahm zu, die Nasenschleimhaut wurde geschwürig, die Kiefer- und Nasenbeine wurden aufgetrieben, die Zähne fielen aus oder konnten ganz leicht ausgezogen wer­den (waren übrigens nicht angegriffen), die Thiere magerten ab und starben 3—4 Wochen nach dem Anfang der Krank­heit an Eutkräftung.
Bei der Section fand man: gänzliche Abmagerung, we­nig und dünnes Blut, alle Eingeweide schlaff, sehr wenig und dünne Galle, den Magen und die Därme zusammengezogen, auf allen Schleimhäuten viel zähen, klebrigen Schleim von schmutziger Farbe, Verhärtung der Gekrösdrüsen. Die Schleim­häute des Rachens, der Nase waren mit stinkenden, jauchigen Geschwüren besetzt, die benachbarten Knochen und Knorpel aufgelockert, angefressen und selbst gänzlich zerstört, in den Kuochenhöhlen Eiterung; der Gestank unerträglich. Die Zahn-
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Scorbut.
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höhlen und die sie trennenden Knochenplatten waren je nach den betroffenen Partieen (Sehneide- oder Backzähnen) zerstört; daher auch bei den genesenen Thieren an die Stelle der her­ausgenommenen oder ausgefallenen Zähne keine Ersatzzähne traten.
Die Ursache der Krankheit ist nicht mit Bestimmtheit ausgemittelt worden; ein einige Monate vorher schnell geheilter Ilautauschlag und der jähe Ueliergang von einem unangemesse­nen, diätetischen Verhalten zu einer ganz entgegengesetzten Lebensweise (heisser Stall und starke Stalitütterung — kühles Verhalten und Waide) werden als wahrscheinliche Veranlassun­gen beschuldigt.
Die Behandlung bestund: im Ausziehen der lockeren und das Fressen hindernden (sowohl Schneide- als Backen-) Zähne, Ausdrücken des Eiters und Scarification des Zahn­fleisches, Auswaschen des Mauls mit Chlorkalkauflösung und fleissiges Auspinseln mit einem starken Decoct quere, dem Salzsäure und Honig zugesetzt waren. Innerlich bittere und fäulnisswidrige Mittel mit Camphor und Brechweiustein. Alle so behandelten Lämmer genasen. Der noch gesunde Theil des Haufens wurde prophylactisch behandelt und dadurch geschützt.
Eine ganz ähnliche Krankheit beobachtete Lowak an Jährlingen; nämlich das Zahnfleisch leicht blutend, die Zahn­höhlen geschwunden und stinkenden Eiter in denselben; in der Folge Abmagerung und Tod. Bei der Section fand er zugleich Egel in der Leber, Wasser in der Brust- oder Bauchhöhle, oder Fadenwürmer in der Lunge; das Blut wässerig und ent­mischt. Er gab adstringirende und stärkende Pflanzendecocte mit Schwefelsäure, Hess das Maul mit Eichenrindedecoct, Salbei-Infusum und Essig auswaschen, und die Geschwüre mit Holzessig bestreichen. (G. amp; H. IV.)
Er dt hält die Krankheit für ein scrophulöses Leiden, nennt sie Rhachi-tis scrophulosa und vergleicht sie der Osaena scrophulosa der Kinder (in den Krankenhäusern grosser Städte). (G. amp; H. VI.) C au vet beschreibt als ScropUulose der Schweine eine Krankheit der abgesetzten Ferkel mit Auf-treibnng der Knochen, besonders an den Gelenken, Anschwellung der Lymph­drüsen. Oedera des Schlauchs, Abmagerung, Husten, allgemeiner Schwäche. Bei der Section fand er kleine Tuberkel in der Lunge, der Leber, Milz, Nieren, den Lymphdrüsen, dem Hirn; die Knochen an den Apophysen weich und blutreich. Er beschuldigt Paarung in naher Verwandtschaft, Fütte­rung mit Leinkuchen, Kürnerfutter; Mangel an Bewegung und frischer Luft, kalte und nasse Ställe (Toul. 1850). Eine ähnliche Tuberculose beobachteten
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Krankheiten der Ernährung.
Ercolani und Vallada, welche Vererbung auf die Jungen vennuthen. Rep. XVII. Lafosse sah bei Schweinen im ersten Jahre eine Rhachitis, an der er drei Stadien unterscheidet; zuerst blutige Injection der Knochen­substanz, dann Erweichung, endlich Zunahme der Erdsalze oder rhachitische Consumption. Er macht auf eine Senkung des vordem Theils der Wirbel­säule , Stockschnupfen, Schwäche im Hintertheil, Auflockerung der Ge­sichtsknochen , Krümmung der Füsse u. s. w. aufmerksam und empfiehlt innerlich gebrannte Knochen, äusserlich reizende Einreibungen u. s. w. Rep. XVIII.
m) Borstenfäule.
(Bei Adam, unter Leprosis s. Elephantiasis.
Roll.)
Zum Scorbut gerechnet bei
Eine dem Schweine eigenthümliche, fieberlose Krankheit (Oachewie, eigentlich Cacochymia) mit leichtem Ausgehen der Borsten, deren Wurzeln schwarz und blutig sind.
Die Borstenfänle befäDt hauptsächlich in der Mästung be­findliche Schweine, wenn sie mit einem und demselben (beson­ders erschlaffendem oder leicht sich zersetzendem) Futter ge­nährt werden; der Aufenthalt in dumpfen, ungesunden Ställen, Mangel an Bewegung und freier Luft u. s. w. tragen ebenfalls dazu bei.
Es bildet sich allmählich ein Schwächezustand, verbunden mit einer Verderbniss der Säfte (sogenannte Schärfe), welche sich durch Schläfrigkeit, Unlust sich zu bewegen, Mangel an Appetit u. s. w. äussern. Die Haut ist lose, das Fleisch weich und nachgiebig auf Druck, das Zahnfleisch ist aufgedunsen, lose und blutet leicht. Die ausgegangenen Borsten haben eine schwarze blutige Wurzel, während sie bei gesunden Thieren röthlichgelb ist.
Die Behandlung erheischt zunächst Veränderung des Fut­ters (besonders grünes Futter oder Obst), frische Luft, Gele­genheit zum Suhlen; innerlich werden Abkochungen von bit­tern, gewürzhaften und zusammenziehenden Pflanzen (Wermuth, Bitterklee, Weiden- und Eichenrinde) zu 1 — l'/j Mass täglich mit eben so viel Kalkwasser (oder statt dessen Alaun zu % U. des Tags) empfohlen.
Die Heilung gelingt im Frühjahr leichter als im Herbst, ist aber jedenfalls nicht schnell zu erreichen; daher es unter Umständen vortheilhafter sein wird, die erkrankten Thiere vol-
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SchnuiFelkrankbeit.
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lends schnell zu mästen und zu schlachten, als deren Wieder­herstellung abzuwarten.
n) Schnuffelkrmikheit {ßchnuffelnasen, Blutnasen).
Literatur: Haubner Osteosarcose des Kopfs bei Ferkeln 6. amp; H. XV.; all­gemeine Tuberculose mit Auftreibung der Naséfeknochen ebend. S p i-nola über ein acutes in Brand ausgehendes Leiden, ebend. Erco-lani und Vallada Tuberculose der Nase Turin V.
Unter diesem Namen führt Franque eine im Nassau'schen vorkommende Krankheit der Schweine an, welche in einzeineii Heerden bedeutenden Schaden verursacht habe.
Die Krankheit entwickelt sich allmählig und beginnt mit einer gewöhnlich übersehenen Entzündung, der Nasenschleim-haut; diese wird bei längerer Dauer der Krankheit verdickt, und die schwammigen Knochen der Nase, das Siebbein und die dütenfürmigen Beine lockern sich auf, so dass die ganze Nase missgestaltet, bald oben, bald auf der einen oder andern Seite dick und wulstig wird, so dass der Küssel schief steht. Das Athmen ist während der ganzen Krankheitsdauer erschwert, mit öfters hörbarem Schnaufen und Schnüffeln verbunden, was beim Saufen am auffallendsten bemerkt wird (daher Schnuftel-nasen). Bei fortschreitender Krankheit kommt auch öfters Blut aus beiden Nasenlöchern, besonders bei gut gefütterten Schweinen (Blutnasen): dies erleichtert einige Zeit das Athmen, ist aber auch zuweilen so stark, dass die Thiere daran zu Grunde gehen. Nach dem Bluten werden dieselben immer sehr matt, und ist dieser Zeitraum der Krankheit einmal eingetreten, so magern sie auch bei dem besten Futter ab, und sterben an Auszehrung; manchmal auch an Erstickung.
Die Ergebnisse der Sektion sind verschieden, je nachdem die Krankheit acut oder chronisch verlief; Tuberculose der ver­schiedenen Eingeweide und selbst der Knochen ist häufig zu­gegen; letztere sind aufgetrieben, erweicht, die Zähne verküm­mert oder fallen aus, die Nasenschleimhaut ist verdickt und blutreich.
Ueber die Ursache ist man noch im Dunkeln; Schweine mit kurzen, stumpfen Nasen sollen eine besondere Anlage zu dieser Krankheit haben; ferner beschuldigt man das Wühlen in hartem, steinigtem Boden. Dagegen spricht die Beobachtung, dass die Krankheit sich von Vater und Mutter auf die Nach-
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166nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Athmens.
kommen vererbe. Vielleicht trägt auch eine Ansteckung (beim Bluten) zur Ausbreitung der Krankheit in einer Heerde bei. quot;quot;(Busch I. 3.)
(Es scheint eine dem Scorbut verwandte Cachexie zu sein.)
FÜNFTE OEDNUNG. Krankheiten des Athmens und der Stimme.
Es ist hier, wie in den vorhergehenden Ordnungen, nur von den fieber­losen und chronischen Krankheiten der Respiration die Rede; die fieber­haften mit ihren nächsten Folgen -werden in der 2. Classe aufgeführt -werden.
Von den bereits abgehandelten Krankheitsformen liesse sich die Stiersucht (besonders solche Fälle, welche nicht mit dem Geschlechtstrieb zusammen­hängen) hierherzählen, die ohnedies mit der hier abgehandelten Lungensucht nahe verwandt ist. Ausser der Lungensucht gehört die unter dem Namen der Dämpfigkeit bekannte Gruppe von Athembeschwerden, ferner der Lungenwurm-husten und der chronische Husten hieher.
In wie ferne diese Krankheitsformen die Folgen früherer entzündlicher Affectioneu der Athmungsorgane sind oder selbst noch von einem schleichen­den, entzündlichen Zustand begleitet werden, ist zwar in jedem einzelnen Falle wichtig zu wissen, selten aber mit der nöthigen Sicherheit zu erheben.
üeber die hier angehängten Krankheiten der Stimme ist wenig bekannt. Das Athmen kann krankhaft beschleunigt oder verlangsamt, ferner mit oder ohne Beschleunigung erschwert sein.
Krankhaft beschleunigtes Athmen ist mit den meisten entzündlich fieberhaften Krankheiten, insbesondere denen der Brustorgane und der Luftwege verbunden; auch bei einfachen Fiebern wird dasselbe bemerkt. Es rührt jedoch auch öfterlaquo; von einem Bildungsfehler (zu enger Brust, oder Enge der Luft­wege), oder von einem Hinderniss der normalen Ausdehnung der Lungen her (z. B. von Hypertrophie des Herzens, Brust-' Wassersucht, Degeneration der Bronchialdrüsen, Zwerchfellbrü­chen, Druck auf das Zwerchfell von Seite der Baucheingeweide durch Ueberfütterung, Trommelsucht, Trächtigkeit u. s. w.), sel­tener von Krampf der Respirationsmuskel (beim Starrkrampf) oder andern nervösen Einflüssen.
Verlangsamtes Athmen kommt weit seltener vor, und zwar am meisten von mangelnder Nerveneinwirkung, daher im Koller, in der halbacuten Hirnentzündung (sogenannte Kopfkrank-
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Lungensucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 167
heit der Pferde), bei Narcose und Apoplexie, Lähmung der Re-spirationsmuskeln. Eine völlige Unterbrechung des Athmens hat bald Erstickung zur Folge, die gewöhnlich entweder durch Mangel an Luft überhaupt (z. B. beim Ertrinken) oder an re-spirabler Luft, oder aber durch gehinderten Eintritt der Luft in die Lungen (bei Strangulation, Druck auf die Luftröhre, Blutsturz u. s. w.) herbeigeführt wird.
Erschwertes Athmen findet sich oft zugleich mit be­schleunigtem Athmen, es ist öfters hörbar (z. B. im pfeifenden Dampfe, bei Anschwellungen im Rachen, in der Druse, beim Croup, Kropf u. s. w.) und zwar entweder bei jedem Athemzuge, oder nur bei angestrengtem Athem, oder endlich blos periodisch, von Reizung des Kehlkopfs oder der Lunge (Husten).
A. Lungensucht. (Phthisis tuberculosa et ulcerosa.)
(Lungenfäule, auch Schwindsucht im engem Sinne.)
Literatur: Chabert (1Y94), Huzard (übersetzt 1796), bei den meisten Schriftstellern ist Lungenfäule mit Lungenseuche, Lungenentzündung, und selbst Lungenbrand zusammengeworfen. Kay er in Archives de Med. compar. I. 1842, Vergleichung der Phthisis des Menschen und der ïhiere. Straub, L.-Sucht bei Hunden, Rep. V. Cledon und Lafosse in Toul. 1852, 53, 56.
Eine langwierige, fieberlose Verhärtung und Vereiterung der Lungensubstanz, wozu sich endlich Abzehrung und Colli-quation gesellt. Bei allen unsern Ilausthieren, am häufigsten aber bei Melkvieh.
Man trifft nicht selten bei Thieren, welche man nie oder wenigstens nicht lungenkrank wusste, einzelne Stellen der Lun­gen tuberculös entartet, oder einzelne Eitersäcke in diesem Organ. Derselbe Zustand entwickelt sich auch manchmal in der Leber, den Gekrösdrüsen oder an andern Stellen des Körpers-Wenn jedoch die Krankheit einen höhern Grad erreicht, so wird ein Leiden der Respiration durch trockenen, dumpfen oder heis-seren, stossweise eintretenden Husten, beschleunigtes und be­schwerliches Athmen, Mattigkeit, wechselnder Appetit, anfangs ohne Fieber, und bei gehöriger Fresslust, langsamem Pulse, starkem Herzschlag bemerklich. Die Anfälle des Hustens kom­men oft nach dem Füttern, oder nach einiger Anstrengung, häu­figer des Abends; oft sind die Lymphdrüsen des Kehlgangs, der Schulter und Leiste angeschwollen; die Haut ist trocken,
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168nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Äthmens.
liegt fest an, besonders am Vordertheil, der Druck auf die Wirbelsäule wird bald mehr, bald weniger schmerzhaft empfun­den; an der Brustwand hört man Schleimrasseln. Auch liegen die Thiere wenig oder nicht, oder stehen (Rind) mit auswärts gestellten Ellbogen und Schultern. Im weiteren Verlaufe ge­sellen sich Blässe der Schleimhäute, gesträubte Haare, Ausfluss von bald geruchlosem, bald übelriechendem Eiter aus der Nase, Wassersucht, Zehrfieber, Durchfall und Entla-äftung hinzu, woran das Thier allmählig zu Grunde geht.
Die Dauer der Lungensucht ist jedenfalls langwierig (Mo­nate und. selbst Jahre, besonders bei Rindvieh, weniger bei Pferden, Hunden und Schweinen), besonders wenn, wie nicht selten, Stillstand oder selbst scheinbare Besserung eintreten. Hierdurch unterscheidet sich die Krankheit von der auf acute Lungenentzündungen folgenden Lungenvereiterung, obwohl nicht gerade selten ein Anfall von Lungen- auch Leberentzündung eine solche Desorganisation des Lungengewebs hinterlässt, die später zur Vereiterung desselben führt, üebrigens ist Lungen­vereiterung oft die unmittelbare Folge acuter Lungenkrankheiten, heftiger oder wiederholter Catarrhe, des Rotzes, der Influenza, der Hundeseuche u. s. w.
Bei der Section findet man, aussei- den Zeichen der Ca-chexie oder Wassersucht, hauptsächlich entweder tuberculose (knotenähnliche) oder aber leberartige (diffuso) Verhältung der Lungen, durchsetzt mit Eitersäcken (Vomfca), emphysematösen Stellen u. s. w. Nicht selten ist nur noch ein kleiner Theil der Lungen zum Athmen brauchbar.
Die Entstehung der Tuberkeln ist bei der Rotzkrankheit und der Stiersucht besprochen; erst neuerlich entstandene Tu­berkel haben ein graugelbliches Aussehen und einen deutlich injicirten Ring oder Hof; ihr Inneres erhält ein gelbliches Knötchen, wie Hirsekorn; ältere und grössere Knoten (wie Erbse, Bohne, Haselnuss), sind meist entweder hart und kalkartig,'oder aber (besonders bei neuer, entzündlicher Reizung) erweichen dieselben und zerfliessen in Eiter oder Jauche, die das umgebende Gewebe zerfrisst, und sich zuletzt einen Ausgang in einen Luft­röhrenast bahnt. Grössere Eitersäcke sind entweder Folge einer deutlich erkennbaren Lungentzündung, oder durch Zusam-menfliessen mehrerer kleiner erweichter Tuberkel entstanden. Der Eiter in geschlossenen Säcken ist in der Regel geruchlos.
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Lungensncht.
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in offenen dagegen stinkend (Analyse von Lassaigne in Grelle II.) Daneben finden sich oft unregehnässige mehr oder weniger ausgebreitete Strecken der Lungensubstanz, hepatisirt oder leberartig verdichtet und für die Luft impermeabel. In solchen Stücken sind die Aeste der Bronchien kaum mehr zu erkennen und Ihr Lumen ist durch Ausfüllung mit plastischer Lymphe verschwunden. Dergleichen fleischige Partien sind oft ganz durchsetzt mit hirsekorngrossen Tuberkeln, und gehen gerne in jauchige Zerstörung über. Man trifft sie vorzugsweise an den tiefer gelegenen Theilen der Lunge, z. B. den vordem Lappen oder dem untern Rande. Auch Verwachsungen der Lunge mit dem Rippen- und Zwerchfell, Wassererguss in die Brusthöhle u. dgl. sind Ausgänge früherer Brustentzündungen; ferner werden Tuberkel und Eitersäcke in der Leber und an­dern Organen der Bauchhöhle u. s. w. bei der Section nicht selten gefunden.
Ursachen: Eine angeerbte Neigung zur Lungensucht ist, namentlich bei Rindvieh, hinreichend nachgewiesen; sie drückt sich in der Körperform (enger, zusammengedrückter Brustkorb, langer, magerer Hals, hohe Beine, aufgeschürzter Bauch) aus; ausserdem ist Melkvieh, und besonders sehr milchreiches, zu der Krankheit, (die indessen auch bei Mastvieh vorkommt) am mei­sten geneigt; solche Kühe sind durch Magerkeit und eine feine, weiche und schlaffe Haut ausgezeichnet; sie geben viel aber wässerige Milch, die mehr als gewöhnlich phosphorsauren Kalk enthalten soll. Die Krankheit entsteht hier ganz allmählich, unbemerkt, und ist so häufig, dass wenig alte Melkkühe ganz frei von Knoten oder Eitersäcken der Lungen sind. Der Aufent­halt in dumpfigen, unreinen Ställen, die Fütterung mit erschlaf­fendem Futter (Gesüde, Traber, Wurzelwerk u. dgl.) und die starke Milchabsonderung (die Rychner mit Recht einer colli-quativen Ausleerung vergleicht) mögen die Keime der Krankheit ausbrüten. Wenn die Milchabsonderung abnimmt, sollen die Thiere sich wieder besser ernähren. In andern Fällen entsteht die Lungensucht durch den Wechsel des Aufenthaltsorts, des Klimas, der Fütterung u. s. w.; daher sind von auswärts ein­geführte Viehracen derselben besonders ausgesetzt.
Wilde Thiere in Menagerien gebalten (besonders die aus heissen Ländern stammenden) geben meist an Tuberkulose und Lungenscbwindsucht zu Grunde; die Äenderung des Klima, die Nässe der Käfige, die schlechte Luft, der Man-
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170nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Atlimens.
gel an Bewegung, manchmal auch die Qualität des Futters mögen daran Schuld sein.
Der schleichende Verlauf der Krankheit, welche meist un­heilbare Veränderungen in dem Lungengewebe hervorgebracht hat, ehe man es ahnen konnte, lässt wenig Aussicht auf Hei­lung zu. Im günstigsten Falle entleert sich ein einzelner Eiter­sack in die Luftröhre und vernarbt wieder; die Kunst kann hier, aussei- völliger Ruhe und Diät, wenig oder nichts dazu beitragen. Meist aber sind zugleich viele verhärtete und eiternde Stellen in der Lunge, wobei namentlich letztere dem Thier viele Säfte rauben, oder bei schlechter Beschaffenheit des Eiters so­gar die Lungensubstanz zerstören helfen, so dass dieses Organ um so bälder zu seiner Funktion untauglich wird. Auch mag die gelegentliche Resorbtion von Eiter, und Uebergang desselben ins Blut, gleich einem Ferment, die Säftemasse verderben und Tuberkel oder Eiterung in entfernten Organen hervorrufen (vgl. Eiterinfection).
Die Beobachtungen von Günther, Spinola, Bouley u. A. haben ausser Zweifel gesetzt, dass Eiterung im Lungengewebe in wenigen Tagen in Folge von Entzündung, Eiterresorbtion an andern Stellen u. s. w. entstehen kann, dass somit das blose Vorfinden von Eiter in der Lunge durchaus nicht mit Bestimmtheit auf ein älteres Leiden schliessen lässt, welches nur durch die Abwesenheit der Fiebersymptome im Leben, und der Entzündungserscheinungen an der Lunge des todten Thiers bewiesen wird.
Therapie: in der frühesten Periode der Krankheit (öfte­res Hüsteln) lässt sich von zweckmässiger diätetischer und thera­peutischer Behandlung noch am ehesten etwas erwarten. Ist eine entzündliche Reizung (Catarrh) zugegen, so gibt man dem Thiere gelinde entzündungswidrige und auflösende Mittel (Sal­miak, später Spiessglanz und Schwefelpräparate, ersteren. mit Schleim oder Syrup, letztere mit bitteren oder sogenannten Brustmitteln z. B. Enula, Anis, Foenum graecum u. dgl.). Auch ein Fontanell ist nützlich. Um die starke Milchabsonderung zu mindern (wenn man Mästung beabsichtigt), empfiehlt man Im-peratoria oder Flor, arnicae. Conium maculatum und ein nicht officinelles Gncqjhalium haben auch diese Wirkung. Ist der Athem oder Ausfluss übelriechend, kann man Kohlenpulver bei­setzen. In einigen Fällen von Lungenvereiterung beim Pferd (stinkender, jauchiger Naseuausfluss mit asthenischem Fieber u. s. w.) hat mir Plumbum acetic, (zu '/i'-'l Drachme) in Pil­lenform gute Dienste geleistet. In der Phthisis pituitosa der jungen Hunde (nach der Staupe) war Blausäure, in kleinen
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Luiigensucht.
Gaben und bei der grossen Verschiedenheit in der Stärke die­ses Präparats vorsichtig gegeben, von auffallendem Nutzen. Rep. XVIII, S. 12. — Jod und seine Präparate, welche nach den Er­fahrungen beim Menschen die Tuberkelbildung hemmen sollen (manchmal aber auch den Verlauf der Phthisis sehr beschleunigen) möchte für die grosseren Hausthiere zu theuer kommen, bei kleineren eines Versuchs werth sein.
Das Fleisch der an der Lungensucht leidenden Thiere kann ohne Nachtheil genossen werden, ist aber in den höheren Graden der Krankheit fade, hart, geschmacklos und daher von geringem Werthe. Ein Fall von Uebertragung der Krankheit auf einen ITnnd, der den Auswurf eines lungensüchtigen Menschen auf­leckte, ist in Caspers Wochenschrift 1839 angeführt.
Die Lungensucht gilt in vielen Ländern beim Rindvieh (auch andern Hausthieren) als Hauptmangel. In Württemberg hat sie (beim Rind und Schwein) 31 Tage Gewährzeit, was zu lang ist; bei keinem Hauptmangel geschehen so viel Verstösse in der Benrtheilung als bei diesem. Die Lungensucht wird oft mit acuten Lungenentzündungen, der Lungenseuche und Brustwasser­sucht, oder selbst cadaverischer Erweichung der Gewebe u. s. w. verwechselt; wozu die Ausdrücke „lungenfaul, lungenhart, herz­weich, übergällig (Wassersucht)quot; Veranlassung geben. Es ist in den meisten Fällen unmöglich, die Lungensucht am lebenden Thiere mit Sicherheit zu diagnosticiren, da die physicalischen Hülfsmittel hier weit weniger bieten als beim Menschen. An denjenigen Stellen, wo viele Knoten beisammen sind, gibt die Percussion einen matten Ton und es fehlt das Respirationsge­räusch, allein diess ist auch der Fall bei chronischer Pneumonie mit Verhärtung und bei pleuritischera Ergnss. Wo offene Eiter­säcke sind, ist der Ton heller als im gesunden Zustande, man hört Höhlenrasseln und Gurgeln. Cledon will die Lungen­schwindsucht des Rindviehs durch die Auscultation an dem pfei­fenden Rasseln erkennen; La fosse hörte es aber auch bei Ab-scessen, die mit den Bronchien communicirten und bei Emphysem, dagegen fehlte es bei Tuberculose. In ähnlicher schleichender Weise wie die Lungenknoten bilden sich beim Rindvieh Wasser­blasen in der Lunge, welche oft einen grossen Theil des Lun­gengewebs zusammendrücken und zum Athmen unbrauchbar machen. Die nach der Entfernung des Wassers zurückbleiben­den Häute der Blasen schrumpfen zusammen und bilden manch-
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172nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Athmens.
mal einen gelblichen Knoten der mit einem vertrockneten Eiter­sack viele Aehnlichkeit hat, aber die Reste der Wurmblase noch erkennen lässt. Diese pathologische Veränderung der Lunge scheint nicht in die Kategorie des Hauptmangels zu gehören. (Hering im Rep. V.)
B. Husten (chronischer). (Tussis.)
Ein hörbares, mit Erschütterung der Brust verbundenes, stossendes Ausathmen, um etwas den Respirationsorganen Lä­stiges zu entfernen. Für sich fieberlos, ohne bestimmte Dauer.
Die nächste Veranlassung des Hustens ist meist ein mate­rieller Reiz des Kehlkopfs oder der Lungen; so bringt die Be­rührung der Stimmritze durch Futter, Getränk u. s. w. sogleich Husten hervor; ebenso sucht die Natur durch Husten den in den Luftwegen angesammelten Schleim (Eiter, Blut u. dgl.) zu entfernen. Anderntheils beruht der Husten oft auf blosser ner­vöser Reizung ohne alle materielle Einwirkung (Krampfhusten der Hunde s. bei den Nervenkrankheiten).
a) Symptomatische Husten. In den meisten Fällen ist der Husten symptomatisch: er begleitet als solcher eine bestimmte Krankheitsform entweder während ihrer ganzen Dauer (Dampf), oder blos während eines Stadiums derselben (Catarrh, Lungenentzündung). Die Ver­schiedenheit des Tones, der beim Husten entsteht, lässt Schlüsse auf dessen Ursache und den Zustand der Athmungsorgane ma­chen. Ein kräftiger, volltönender Husten deutet auf eine gesunde, günstig gebaute Brust, ein schwacher Husten auf das Gegen-theil; bei sehr kraftlosen Thieren, oder bedeutender Degenera­tion in der Brusthöhle, wird statt des Hustens blos ein keuchen­des Ausstossen der Luft wahrgenommen, bei welchem nur die oberen Partien der Luftwege thätig sind. Trockener, klingender und schmerzhafter Husten begleitet den entzündlichen Zustand der Respirationsorgane (Lunge und Brustfell): sobald aber die Entzündung gebrochen ist und vermehrte Schleimabsonderung eintritt, wird der Husten feucht (lose, locker, rasselnd). Bron­chialhusten ist bald von Symptomen der Entzündung verbunden, bald ganz chronisch, dabei locker, rasselnd, mit Auswurf; das Thier frisst und arbeitet wie sonst, allein es ermüdet bald und
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Husten.
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kommt ausser Athem. Bei Schlundkopfentzündung ist der Hu­sten trocken, zugleich das Schlingen beschwerlich; Kehlkopf­entzündung ist von einyn pfeifenden Husten begleitet; in beiden Krankheiten ist die betreffende Stelle auf Druck empfindlich. Ein kurz abgebrochener, hohler oder dumpfer, keuchender Husten kommt im Dampfe und in der Brustwassersucht vor.
Organische Fehler der Rachenhöhle, des Kehlkopfs, z. B. Polypen, Oedem der Stimmritze u. dgl., oder aber Degeneratio­nen der Lungensubstanz (Tuberkel, Hydatiden, Abscesse) reizen häufig zum Husten; das Innere der Luftröhre dagegen ist wenig empfindlich, und kann berührt werden ohne die mindeste An­strengung zum Husten zu veranlassen. In einer Tasche neben dem Kehl- und Schlundkopf angesammelte Spreu verursachte bei einer Kuh heftigen und langwierigen Husten. Die Ursache wurde erst bei der Section entdeckt. (Vet. 1838.)
b) Idiopafhischer Husten.
Es gibt nicht selten Fälle, in welchen, ausser dem Husten, nichts Krankhaftes beobachtet wird. Manche Pferde leiden Jahre lang an einem mehr oder weniger heftigen Husten, welcher blos des Morgens im Stalle sich zeigt; wieder andere husten im Stalle gar nicht, dagegen im Gebrauch; in seltenen Fällen ge­schieht es weniger im schnellen Gang, als im langsameren. Hiemit kann ein wässeriger oder schleimiger Ausfluss aus der Nase verbunden sein, der aber auch oft gänzlich fehlt.
Das Rindvieh leidet oft an einem Reitzhusten, bei norma­ler Fresslust, Milchsecretiou u. s. w.; schleimige und auflösende Mittel, schwache JSarcotica, warmes Verhalten sind meist hin­reichend. Ausserdem stellt sich gewöhnlich ein rauher Husten bei der Fütterung von Kartoffelschlärape ein (sog. Schlämpe-husten), wahrscheinlich in Folge der warmen Fütterung, wodurch die Empfindlichkeit der Haut und Respirationsorgane gesteigert wurde, vielleicht auch durch den Spiritusgehalt der Schlampe; zugleich ist der Puls und das Athraen beschleunigt.
Ursache: sehr häufig Erkältung der Haut oder der Lunge (durch kalte, frische Luft, kaltes Saufen), besonders bei weich­lichen, sehr warm gehaltenen Luxuspferden; Reizung der Re­spirationsorgaue durch die ammoniacalische Ausdünstung im Stalle u. dgl.
Diagnose: bei der Abwesenheit von Fieber und dem nor-
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] 74nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Athmens.
malen Athmen, der langen, unveränderten Dauer des Uebels u. s. w. niclit schwer; Prognose: meist ungünstig.
Behandlung: bei ungewöhnlicher,Reizbarkeit der Luft­wege ; herabstimmende Mittel (Salpeter mit Brechweinstein oder Digitalis} und äussere Ableitungen (z. B. Cantharidensalbe in die Kehlkopf-oder Parotidengegend). Bei trockenem, quälendem Husten, nach Erkältungen der Fehr empfindlichen Haut: warmes Verhalten, Frottiren, Dämpfe zum Einathmen, auflösende Mit­tel (Salmiak, Spiessglanz, Schwefel — mit Zusatz von Theer oder kleinen Gaben Campher). Gegen den chronischen Reizhusten der Hunde dient Blausäure oder Aq. laurocerasi.
Alte, sehr fette Pferde mit chronischem Husten verlieren denselben manchmal von selbst, wenn sie in andere Hände kom­men und magerer werden. Dasselbe kommt bei fetten Hunden vor (vgl. die Fettsucht).
c) Consensueller Husten.
Von einer Reizung der Verdaunngsorgane u. s. w. durch Mitleidenschaft erregt; so z. B. husten manche Pferde nur nach dem Füttern; es sind meist hitzige Fresser oder solche, die ent­weder an Schwäche der Verdauung, Aufblähen oder Verstopfung leiden {Tussis stomachalis), oder an Würmern.
Behandlung: im ersten Falle Aloë in kleinen Gaben, län­gere Zeit fortgesetzt; im andern Falle Wurmmittel. Wo unver­dauliche Stoffe im Magen der Schweine Anlass zu Husten (und Würgen) geben, wären Brechmittel angezeigt. Rehrs theilt zwei solcher Fälle mit, in dem einen war es ein hänfener Strick, im andern ein Stück Oelkuchen, welche vom Magen aus den Hustenreitz hervorgebracht und bis zur Entleerung unterhalten hatten. G. amp; H. X.
Auch weit vorangeschrittene Trächtigkeit bringt manchmal chronischen Husten hervor.
C. Lungenwurmhusten. (Phthisis pulmonalis ver-
minalis.)
(Wurmige Lungenseuche.)
Literatur: Waldinger, Abhandlung über die Wärmer in der Lunge und in der Leber (1818), Peterka (1826), Bürgermeister (1833), Read bei Kälbern (Vet, 1848). Anker bei Rindvieh meist unter einem Jahre. (Schw. Xin.) Chaussat bei Schweinen (Lyon 1850), Hering bei-wilden
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Lungen-wurmhusten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1 'T'S
Schweinen. J.B. 1849. (auch beim bengal. Hirsch.) Ferner die Schriften von Tessier, Thär, Ribbe, Haubner, Kuers, Monteton u. A. m. über Schafzucht und Schafkrankheiten überhaupt.
Entwicklung von Fademvürmern in den Luftröhrenästen, mit Husten, Abzehrung und Erstickungszufällen. Bei jungem Vieh.
Symptome: es werden meist Lämmer und Kälber von die­ser Krankheit befallen, die sich anfangs blos durch einen heis-sern und keuchenden, in vorübergehenden Anfällen (Paroxysmen) auftretenden Husten äussert; daneben athmen die Thiere be­schwerlich, geifern, reiben die Nase und das Kinn am Boden, werden mager, haben eine blasse oder harte Haut, bläuliche Sclerotica, grosse Pupille, verwirrte Wolle u. s. w. Der Ver­lauf ist langwierig, die Kranken verfallen in Abzehrung oder Wassersucht, oder ersticken bei einem heftigen Hustenaufall. Einige Beobachter nehmen namentlich bei etwas älteren Thie-ren eine, dem Lungenwurmhusten vorausgehende Entzündung der Bronchien an; meist aber scheint im ganzen Körper eher der Schwächezustand vorzuwalten, womit auch die Erfahrung, dass die Krankheit in niedrigen, sumpfigen Gegenden und in nassen Jahrgängen häufiger vorkomme, übereinstimmt. Auch sollen die Nachkommen schwächlicher, abgezehrter Mutterthiere be­sonders zu dem Lungenwurmhusten geneigt sein, der übrigens auch bei älteren Thieren vorkommt; so führt Michels eine 6jährige und Fischer eine 10jährige Kuh an, welche an Bron­chialwürmern litten. (Journ. belg. V.) In Jamaika soll Rindvieh jeden Alters häufig davon befallen werden; es scheint aber, dass damit tuberculose Entartung der Lunge verbunden ist. Nach Räber soll die Krankheit bei Schweinen in der Schweiz nicht selten sein. (Schw. VI.) Auch bei wilden Schweinen habe ich die Bronchien voll Fadenwürmer (Strong, paradoxus M.) gefunden.
Bei der Section findet man als characteristisch: in den Luftröhrenästeu eine Menge, oft mit Schleim und Schaum zu Knäueln verwickelter Rundwürmer (Strongylus filaria s. hron-chialis H., bei Kälbern Str. micrurus M.), von der Dicke und Farbe eines gebleichten Zwirns und 1 bis mehrere Zoll Länge; die Lungensubstanz welk und bleich, speckartig entartete Stellen und Knötchen (Wurmnester) enthaltend, bei älteren Thieren auch theilweise fleischig und tuberkulös, Wassererguss in der Brust- und Bauchhöhle, auch im Zellgewebe unter der Haut,
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]Y6nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Athmens.
krankhafte Veränderungen in der Leber, Egehvürmer, Hydatiden und andere Zeichen des cachectischen Zustandes. Nicht gar selten enthält auch der Laabnmgen und Dünndarm der Lämmer zugleich viele Würmer (Strong, contortus röthlich, ßllicollis und hypostomus), wesslialb man auch eine Magenwurmkrankheit der Schafe angeführt findet. Bei Kälbern ist die Krankheit seltener, doch führt sie Delafond auch hei Mastkälbern an, wo sie einen Verlauf von nur 2—4 Wochen haben soll. Vig-ney behauptet, wenn ein Kalb in einem Stall an Lungenwurm-husten leide, werden bald auch die übrigen Kälber davon be­fallen. (Rec. 1844.) Ercolani hat die Entwicklung des Wurms in den Lungen verfolgt, die Knötchen in der Lungensubstanz sind (wie schon La Harpe 1840 beobachtete) die Nester, in welchen sich die Würmer entwickeln; ihre Verbreitung auf andere Thiere soll durch den Auswurf, der Eier und Würmer enthält, stattfinden. Die Lebenszähigkeit der Strong, war sehr gross; nach SOtägiger Äustrocknung lebten einige derselben durch Einweichen wieder auf, die Eier konnten 8 Tage in Wein­geist, Alaun- und Sublimatauflösung gelegt werden, ohne zu Grunde zu gehen. Vierzehn Tage nach dem Tode der Schafe wurden einige Würmer durch Wärme wieder lebend. Turin II, 1854. Ger lach glaubt, dass die Magenwürmer von den ver­schluckten Filarien der Lunge herrühren könnten; es sind je­doch deutlich verschiedene Species; in der Berliner Klinik fand man Lungenwürmer bei Lämmern von Juli bis Winter; im Spät­winter und Frühjahr waren die Magenwürmer häufig, während die Lunge nur noch Spuren von Fadenwürmern enthielten (G. amp; H. XX. u. XX11). Ich fand sie bei Lämmern und jungen Schweinen zu jeder Jahreszeit.
In manchen Gebenden befällt die Krankheit die Hühner, Fasanen und anderes Geflügel (Scleros/omnm Syngamus Dsg.); sie athmen beschwerlich, hustA, sperren den Schnabel auf und ersticken nicht selten. (Vet. 1840—41). Uebrigens findet man bei vielen Thieren (Säugthieren, Vögeln und selbst Rep­tilien) Würmer verschiedener Art in den Lungen, ohne dass sie desshalb er­krankten.
Der Lungenwurmhusten kann mit gewöhnlichem Katarrh, Schafrotz, Luftröhren- und Lungenentzündung verwechselt wer­den, unterscheidet sich aber durch den krampfartigen Husten, mit dem Schleim, der manchmal Würmer enthält, ausgeworfen wird, ferner durch seinen langsamen, meist fieberlosen Verlauf; da übrigens gewöhnlich mehrere junge Thiere einer Heerde oder
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Dämpfigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;177
eines Stalls zugleich erkrankt sind, lässt die Section eines der­selben leicht den Grund des Uebels entdecken.
Die Prognose ist um so weniger günstig, als die äussern Verhältnisse und der allgemeine Zustand der kranken Thiere schwer in Bälde abzuändern sind.
Behandlung: Man versucht die Heilung mit bitteren, aro­matischen, eisenhaltigen Mitteln, denen man Terpentinöl oder empyr. Oel zusetzt (geröstete Körner mit Salz, Calmus oder Enzian, Wurzeln, besonders gelbe Rüben nach Angyallfy); gebrannte Knochen oder Kalk, Eicheln u. dgl. (Wal ding er). Länger fortgesetzter .Gebrauch von Kochsalz-Auflösung und Kalkwasser soll mit Nutzen angewendet worden sein. Daneben muss für hinreichendes und gutes Futter sowohl der kranken Thiere, als, wenn sie noch saugen, ihrer Mütter gesorgt werden. Um direct auf die Würmer einzuwirken, hat man das Einathmen von thierischem Rauch (durch Verbrennen von Leder, Horn, Haaren u. dgl.) empfohlen; wenn die Thiere sich '/z—1 Stunde in der mit Rauch geschwängerten Luft des Stalls befunden ha­ben, lässt man sie ins Freie, wo sie durch heftiges Husten die Würmer herauswerfen sollen. Tausch wendete mit Erfolg, ne­ben innerlichen Mitteln, Schwefel- und Zinnoberdämpfe an, in denen er die Lämmer eine Stunde Hess; Lowak dagegen fand dieses Verfahren nicht vorheilhaft. (G. amp; H. III. IV.) Schnett-ger gab nach Monteton's Vorschrift innerlich Glob, martial. mit Erfolg. (Ceres 1842.) Grein er empfiehlt neben empyreu-matischem Rauch und Theer, innerlich Calmus, Enzian, Asafoe-tida und Eisenvitriol in einer Lecke mit wilden Castanien (Oestr. Wochenschr. 1845); Delafond will Aether und Terpentinöl einathmen lassen; daneben innerlich ein Decoct, filic. mit Ca­lomel geben. Janne gab Kälbern Asafoetida mit 01. Chaherti in Schleim, mit Erfolg (Belg. 1855.) Hühner sollen durch Ta­baksrauch geheilt worden sein.
In dem höhern Grade der Krankheit ist wohl Schlachten das vortheilhafteste.
D. Dämpfigkeit. {Asthma.}
Dampf, Herzschlechtigkeit, Engbrüstigkeit, Bauchblas, Hartschnaufen, Herz-
schlägigkeit, Hartschlägigkeit, Haarschlechtigkeit etc.) Literatur: Ehrmann (l^SO), Huzard, Laubender 1804), Gohier (1813), Godine (1815), (in Elemens d'hygiène) Demoussy (1824), Rodet, Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1 m
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j^gnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Athmens.
Lessona, Bracy Clark (1828), (im Journ prat.). Dupay (in s. Werke sur la fluxion penodkiue\ Schwab (1826). Gloa-g (Vet. 1852), Pero-' sino (Turin III), Ercolani (ebd. V), Hofer in Mch. J.B. 1857.
Eine fieberlosc langwierige Beschwerde des Athmens mit wellenförmigen (doppelten oder unterbrochenen) Bewegungen der Brust- und Baudiwiinde bei Pferden, selten bei Rindvieh.
Die Dämpfigkeit kommt vorzugsweise bei ausgewachsenen oder selbst älteren Pferden vor; eine schmale Brust, flache Hippen, ein grosser Bauch dispouiren zu der Krankheit, die übrigens ihrem Wesen nach nicht genügend erkannt ist. Es ist eigentlich eine Gruppe von verschiedenen Krankheiten , die alle nur darin übereinstimmen, dass sie das Athmen auf die oben bezeichnete Weise abändern und stören, so dass in dem höheren Grade selbst Erstickungszufälle entstehen können.
Symptome: die Beschwerde des Athmens ist dem Grade nach höchst verschieden; manche dämpfige Pferde zeigen im Stande der lluhe niclits Abweichendes, während andere den beschleunigten Athcm mit deutliclier Erweiterung der Nasen­löcher und ungewöhnlicher Erhebung der Rippen oder wellen­förmigem Schwanken der Bauchmuskeln holen. Hiebei zeigen sich, besonders bei magern Thieren, die Rippenknorpel bis zum Brustbein herab vorstehend, daneben eine rinnenartige Vertie­fung der zusammengezogenen Bauchnmskel (Dampfrinne, Schnur), die Rippen selbst sind ihrer ganzen Länge nach sichtbar und ebenso ihr Erheben und Sinken beim Athmen; gleichzeitig wird der After aus- und einwärts geschoben, steht auch manchmal ofi'en, so dass Luft ein- und ausströmt; selbst die Wirbelsäule bewegt sich manchmal gleichzeitig mit dem Athmen. Die Auf­nahme der Sinneseindrücke, die Fresslust und Ausleerungen sind in der Regel ganz normal. Symptome von Fieber oder Ent­zündung fehlen ganz. Viele dämpfige Pferde husten besonders des Morgens und beim Tränken, oder aber nach einiger Bewe­gung, wenn ihnen etwas trockenes Futter gereicht wird; manche husten nicht von selbst, aber auf angebrachten Druck am Kehl­kopf; immer ist der Husten dumpf, hohl, ohne Resonanz und Kraft, oft ein bioser, kaum hörbarer Hauch. Manche sind durch kein Mittel zum Husten zu bringen. In der Regel ist die Nase trocken und ihre Schleimhaut eher blass; allein manchmal ist mit dem Dampf ein, bald periodischer, bald anhaltender Nasen-ausfluss (schleimiger Dampf) verbunden, der blos auf vermehrter
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Dämpfigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;179
Schleimabsonderung beruht, und daher zähe, durchsichtig und geruchlos ist.
Die meisten dämpfigen Pferde sind mager, mit aufgeschürz­tem, seltener hängendem Bauche, manche aber auch übermässig fett; sie legen sich bei Nacht nicht oder nur kurze Zeit und mit unterschlagenen Beinen.
Die im Stande der liuhe kaum merkbaren Symptome werden bei einiger Anstrengung (Trabreiten, besonders auf unebenem Terrain) bedeutend verstärkt, und können bei fortgesetztem, schnellem Laufe sich bis zur Erstickungsgefahr steigern; das Tlüer fällt aus Mangel an Athem zu Boden; erholt sich aber nach kurzer Zeit wieder, wenn sich nicht ein Blutsturz oder Stickfluss dazu gesellt.
Das Charakteristische der Dämpfigkeit bestellt somit in dem abgesetzten und beschleunigten Athmen (oft 30—40 und selbst 80 und mehr Atliemzüge in der Minute) bei ruhigem Pulse und der Abwesenheit aller entzündlichen Zufälle oder mechanischer Hindernisse der Respiration (z. B. Verstopfung eines Nasenlochs u. s. w.), bei Fortdauer der Fresslust, regelm/issigen Ausleerungen u. s. w. Das abgeänderte Athmen beruht darauf, dass die gewähnlichen Mittel zum Ausathmen (z.B. die Elast.icität der Knorpel) nicht binveichen, somit die Muskeln stärker mitwirken müssen; das Einathmen geschieht entweder regel-mässig oder aber angestrengt, mit deutlichem Erheben der Rippen, Aufsper­ren der Nasenlöcher u. s. w.; hierauf folgt eine Pau^e, und dann beginnt das Ausathmen zuerst durch das Sinken der Rippen, sofort aber durch eine stos-sende Zusammenziehung der Exspirationsmuskel (Bauchmuskeln); diese Art des Ausathmens dauert merklich länger als die des Einathmens. Man. sieht dieses Stossen deutlicher auf der linken Seite, weil die rechts liegenden dicken Därme der Wirkung der Exspirationsmuskel mehr Widerstand leisten als die links liegenden dünnen Därme.
Die physikalische Untersuchung der Brust gibt bei der Verschiedenheit der nächsten Ursachen des abnormen Athmens kein bestimmtes Resultat; bei bedeutendem Emphysem der Lunge ist, nach Roll, der Pcrcussionsschall bis an die letzte Rippe, oft auch in der Herzgegend gleichmässig, sehr voll, häu­fig auch sehr hell. Die Auscultation ergibt die verschiedensten Arten von Rasseln, Pfeifen, Schnurren.
Die nächste Ursache der Dämpfigkeit liegt meist in ir­gend einem Hinderniss der gehörigen Ausdehnung und freien Bewegung der Lungen; daher können Verdichtung der Lungen­substanz, theilweise Hepatisation derselben, Tuberkel, Luftaus­treten unter den serösen Ueberzug der Lungen (in grossen Bla­sen) am häufigsten Emphysem und Oedem der Lunge, Verwachsung mit der Rippenpleura, ein zu grosses Herz, Anhäufung von Fett an demselben, Zwerchfellbrüche, besonders aber Wassererguss in die Brusthöhle — Veranlassung zur Dämpfigkeit geben.
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180nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Athmens.
Man findet bei der Section dämpfiger Pferde theils die oben angegebenen, in die Augen fallenden, pathologischen Ver­änderungen, theils aber auch blosen Mangel an Elasticität des Lungengewebes, Erweiterung einzelner Bronchienäste, Auflocke­rung der Respirations-Schleimhäute, Druck auf die Nerven durch Exostosen an der Wirbelsäule u. s. w. Das Gewebe der Lungen ist bei in hohem Grade dämpfig gewesenen Pferden oft gar nicht verändert, allein die Lungen fallen beim OeiFnen der Brusthöhle nicht zusammen (lobuläres und interstitielles Emphysem), son­dern bleiben wie aufgeblasen. Delafond machte 1832 beson­ders auf das Lungenemphysem aufmerksam; Rodet legte be­sonderen Werth auf chronische Bronchitis, Bar tie t und Gibson auf die Erweiterung des Herzens (die meist secundär durch Störung des Lungenkreislaufs entsteht). Ercolani führt Miliartuberkel und Emphysem, Hypertrophie des Herzens, Ex­ostosen an den Rückenwirbeln als Sectionsbefund an; überdies fand er in vielen Nervenröhrchen des Vagus eine dunkle Sub­stanz ergossen, und Peres in o gibt an durch Bioslegen und Reizen dieser Nerven nicht blos Hartschnaufen, sondern stossen-des Athmen hervorgebracht zu haben. Roll wendet den Aus­druck „Ilerzschlechtigkeitquot; auf dämpfiges Athmen mit Hyper­trophie des Herzens an. Dass die kurz vor, oder erst nach dem Tode entstehende Gerinnung des Faserstoffs in dem Blute des Herzens mit der Dämpfigkeit in einem ursächlichen Verhältniss stehe, ist unbegründet. (Rep. VI.) Hering beschreibt und bil­det ein grosses Sarcom im Herz eines Pferdes ab, welches nicht dämpfig war. Rep. XV.
Sicher ist, class alle diese Veränderungen auch bei Pferden gefunden werden, die durchaus keine Symptome der Dämpfig­keit zeigten, und dass manchmal bei sehr stark dämpfigen Pferden sich keine deutlichen anatomischen Merkmale einer sol­chen Krankheit auffinden Hessen (Vanhälst Belg. 1844). Es kann daher die Section für sich allein keine Entscheidung über das Vorhandensein oder die Abwesenheit der Dämpfigkeit geben.
Der Mangel aller pathologischen Veränderungen in den Respirationsorganen hat zur Annahme eines nervösen Dampfs gefuhrt, den man mit dem Brustkrampf des Menschen verglich. Es kommen allerdings, wiewohl sehr selten, Fälle von periodi­scher Dämpfigkeit vor, so dass die Symptome nach einiger Zeit (14 Tage bis 3 Wochen) von selbst (bei der gleichen
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Dämpfigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;181
Fütterung und ohne Arzneien) verschwinden, um früher oder später (oft erst nach */raquo;—% Jahr) wieder zu erscheinen; es scheint mir in diesem Falle eine periodische Ansammlung von Wasser im Herzbeutel oder der Pleura dem Uebel zu Grunde zu liegen.
Adamowicz beobachtete eine periodische Dämpfigkeit bei einem Pferde und als Ursache spina ventosa einiger Rückenwirbel (G. amp; H. VI. Kersten von einem Zwerchfellbruch ebd. XXII.) Mewes sah einen hohen Grad von Dämpfigkeit nach eingetretenem Nasenansfluss (Erweichung von Tuberkeln?) verschwinden, ebd. XIX. Kimbaux vergleicht die Dämpfigkeit mit dem Asthma des Menschen im J. Belg. 1846. (Rep. VIII).
Zu den entfernten Ursachen der Dämpfigkeit sind alle die Krankheiten zu rechnen, welche die oben aufgezählten Des­organisationen in der Brusthöhle zu hinterlassen pflegen; Lun­gen- und Brustfellentzündungen, heftiger Catarrh, Druse u. s. w., die entweder sich nicht vollständig zertheilten oder in ihrem Verlauf gestört wurden, lassen nicht selten Dampf zurück. In andern Fällen entsteht die Krankheit plötzlich nach heftiger Anstrengung (z. B. Rennen Mekl. VI.) ohne vorausgehende Ent­zündung (wahrscheinlich durch Zerreissung von Luftzellen) meist aber langsam in Folge fehlerhafter Fütterung, üebermaass an Heu, besonders an staubigem, dumpfigem oder schhnmlichem, bringt die Krankheit am sichersten hervor; ausscrdem zu starke Fütterung mit Haber, Roggen oder gar Bohnen, selbst mit Wi­cken oder Klee. Alles, was den Darmcaual ungewöhnlich an­füllt, vermehrt die Zufälle der Dämpfigkeit, ebenso die Träch­tigkeit. Versetzung in ein anderes Klima disponirt namentlich orientalische und polnische, aber auch englische Pferde zum Dampfe.
Bei der Ungewissheit der im Innern stattfindenden Ver­änderungen entbehrt die Behandlung dämpfiger Pferde jeder sicheren Basis; daher ist die Prognose auch ungünstig, obgleich solche Pferde noch ziemlich lange beschränkte Dienste leisten können. Drastische Purganzen (Aloë, Tabak) verschaffen durch Entleerung des Danncanals, vielleicht auch durch Gegenreiz, auf einige Zeit Erleichterung; ausserdem pflegt man auflösende oder sogenannte Brustmittel mit Schwefel- oder Spiessglanz-präparaten zu vermischen. An diese reiht sich der Arsenik an, dessen Wirkung auf Erleichterung des Athmens auch beim Menschen (Toxicophagen) behauptet wird. Bei grosser Reizbarkeit der Respirationsorgane: beruhigende Mittel, wie
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Ig2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Äthmens.
Solan, dulcamara, Hyosciam., Blausäure; Digitalis soll von Pferdehändlern gebraucht werden, um die Symptome des Dampfes zu verstecken; Nux. vomica wurde schon von La Guerinière erwähnt; beim nervösen Dampfe: krampfstillende Mittel, wie Asafocdita, 01. C. C, Tabak; beim schleimigen Dampf auflösende und harzige Mittel, z.B. Gi. ammoniac, Alant u. s.w., auch das Einathinen von Wasser- oder Theerdämpfen; bei Erschlaf­fung: das Einathmen von Eichenrinde oder Lohestaub; bei Zeichen von Wassererguss: harntreibende Mittel; bei allzugrosser Fettigkeit: wäre Jodine zu versuchen. Diese Arzneien müssen durch zweckmässige Fütterung mit wenig aber gutem Haber-stroh statt des Heus , mit süssen Wurzeln oder Früchten (gelbe Rüben, Rimkeln oder geschnittenen Birnen) Gerste und Kleie, statt des Hafers unterstützt werden. (Voss eingeweichtes Heu J.B. 1855.) Bei Erstickungszutallen ist ein Aderlass und Ruhe erforderlich.
Arnica soll die Zufälle des Dampfs verstärken (nach Vi-borg, Hertwig).
Erblich ist der Dampf nicht; man findet in den Gestüten öfters dämpfig gewordene Stuten , ohne dass ihre Fohlen eine auffallende Neigung zu dieser Krankheit hätten. Daher ist die Angabe von Dupuy unbegründet, dass dänische Hengste diese Krankheit nach der Nonnandie (wo sie häufig vorkommt) ge­bracht haben; wogegen Huzard die englischen Hengste be­schuldigt (.Rec. 1825). Auch die Behauptung, dass dämpfige Stuten unfruchtbar seien, ist unrichtig (Vet. 1840).
Die Dämpfigkeit ist ziemlich allgemein als Hauptmangel angenommen (in Württemberg mit 4 Wochen 3 Tagen, unter dem Namen herzschlechtig); da jedoch dieser Fehler möglicher Weise innerhalb dieser Zeit, in Folge einer Entzündung, star­ken Anstrengung u. dgl. entstehen kann, sollte die Gewährzeit kürzer sein.
Bei Rindvieh sahen schon Godine und Dupuy das stossende Ausathmeu durch Herzverletzung (von Nadeln u. dgl.) entstehen; Hering hat dämpfiges Athmen durch Wasser in der Brusthöhle und dem Herzbeutel, ferner durch Emphysem, endlich durch Knoten und Eitersäcke in der Lunge von Kühen veranlasst gesehen (Rep. XVIII.), Nägeli beobachtete eine Kuh, die blos während des Melkens Anfälle von Engbrüstigkeit be­kam, so dass Erstickung drohte, man musste mit dem Melken
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Hartsctmaufen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 183
aussetzen; das Thier hatte seit '/a Jalir einen Husten, schien aber sonst gesund. (Schw. 1850.) Radall erwähnt einer völlig dämpfigen Kuh, die an chronischer Bronchitis gelitten hatte. (Vet. 1842.)
E. Hartschnaufen. Dyspnoea.
(Pfeifender Dampf, Lungensteiger; Cornage, Sißage der Franzosen, Roanutj, Whistler, Piper der Eugländer.)
Literatur: Giinther's klassische Abhandl. in N. amp; V. 1. Turner Vet. 1849. Cartwright. ebd. Owles Vet. 1854. Goubaux Eec. 1855.
Ein besonders bei Anstrengung hörbares, pfeifendes, sägen­des oder röchelndes Athmen von mechanischen Hindernissen in den Luftwegen herrührend.
Der pfeifende Dampf ist, wie der eigentliche Dampf, von sehr verschiedenen Ursachen abhängig. Er äussert sich durch ein hörbares, beschwerliches Athmen, besonders bei schnellem Laufe, grosser Anstrengung im Zuge, namentlich beim Berg­aufgehen, manchmal schon im Stalle, nach einer geringen Ex­altation des Pferds (z. B. durch ein paar Peitschenhiebe). In der Ruhe ist gewöhnlich nichts zu bemevhen, in der Bewegung dagegen wird das Athmen auffallend mühsam, und es entsteht bei jedem Athemzug ein hörbarer Ton, der nach der Beschaf­fenheit des Hindernisses in den Luftwegen bald mehr im Moment des Einathmens, bald mehr beim Ausathmen wahrgenommen wird und bald keuchend, röchelnd, bald pfeifend oder zischend ist.
Dieser Ton wird durch irgend ein Hinderniss in den Luft­wegen veranlasst, so z. B. durch Polypen in der Nase oder dem Schlundkopf (Dehvart J. belg. 1844), Auflockerung der Riech­haut (Turner) oder Schleimhaut des Kehlkopfs, Fettansamm­lung daselbst, Balggeschwulst am Kehldeckel (G. amp; H. V.), Verengerung der Stimmritze durch Zusammendrücken des Kehl­kopfs (von zu engem Kehlgang, angeboren und erblich), oder durch zu straffes Anziehen der Aufsatzzügel, ferner durch Kopp­riemen, Abplatten der Luftröhre am Halse (G-oubaux vom Druck eines zu engen Kummets), Oedem der Stimmsaiten (G. amp; II, L), geronnener Ausschwitzung in der Luftrühre oder ihren Acsten (Bänder quer in der Luftröhre herübergehend), endlich Druck auf die Nerven des 10. Paares (Dupuy in Rec. 1825), Schwin­den der Erweiterungsmuskel der Stimmritze (abgebildet in G.
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184nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Athmens.
amp;H. VII.); ein ähnlicher Fall in N. amp; V. VIII. Verwachsen der rechten Choanne (Hering in Rep. IV.). Verengerung der äussern Nasenlöcher (Swanström, N; amp; V. XIV.), Abscess an der ersten Rippe (Cartwright). In dem von Owles aus­führlich beschriebenen Falle waren diejenigen vier Muskeln des Kehlkopfs geschwunden, welche vom unteren Kehlkopfnerven Zweige erhalten. (Rep. XV.) Lafosse beobachtete periodisch eintretendes Hartschnaufen, über dessen Ursache man nicht ins Klare kam (Toul. 1853.)
In England scheint die Krankheit viel häufiger als anderwärts vorzukom­men , und zwar besonders hei Hengsten, von denen mehrere die Krankheit auf ihre Nachkommen übertragen haben sollen. Auch von einer Stute ist ein Beispiel bekannt, dass sie das Pfeifen auf drei Fohlen vererbte, deren jedes einen andern Vater hatte. (Vet. 1840.)
Somit ist der pfeifende Dampf entweder die Folge einer vorausgegangenen Entzündung oder eines mechanischen Hinder­nisses in den Luftwegen; in beiden Fällen ist selten mit. Heil­mitteln etwas dagegen auszurichten. Quecksilber-Einreibungen am Kehlkopf oder längs der Luftröhre, neben Aderlass und her­abstimmenden Mitteln (JDigitaMs, Tart. emet.) sind bei oder nach entzündlichen Affectionen der Luftwege versucht worden; scharfe Einreibungen und innerliche Ableitungsmittel sind ebenfalls am Platze. Webb sah günstigen Erfolg von Jodsalbe, (Vet. 1843.) Dunnewold von Honig in grossen Gaben.
Die Tracheotomie hilft sogleich, wenn das Hinderniss in der obern Hälfte des Halses oder im Kopfe seinen Sitz hat; man kann mittelst einer eingebrachten Röhre das Thier lange Zeit noch dienstfähig erhalten.
In Hannover soll eine Operation gegen das Hartschnaufen gemacht werden, welche darin besteht, dass ein Stück des Gieskannenknorpels, von einer in die Luftröhre gemachten Oeffnung aus, herausgeschnitten wird.
Uebrigens gibt es pfeifende Pferde, welche, ungeachtet dieses Leidens, anhaltend schnell laufen können (z. B. beim Jagdreiten), und sogar im schnellen Laufe weniger hart schnau­fen, als kurze Zeit nachdem sie aus dem Stalle kamen.
In manchen Ländern ist der pfeifende Dampf besonders als Hauptmangel angenommen (z. B. in Frankreich als Comage chronique mit 9 Tagen). Wo blos für Dämpfigkeit (Herz­schlechtigkeit) überhaupt gewährt wird, ist der pfeifende Dampf darunter zu subsumiren, da er die Eigenschaften eines Haupt­mangels hat. (So auch Roll S. 494.)
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Krankheiten der Stimme.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 185
Bei Rindvieh kommt, obwohl selten, ein ähnlicher Zustand des Athuaens wie pfeifender Dampf vor. In einem solchen Fall hörte man das Athmen schon ausser dem Stalle; ich fand als Ursache 2 Polypen im Kehlkopf. Das Währschaftsgesetz in Zürich bestimmt 21 Tage Gewährzeit für die Englmistigkeit des Rindviehs,
[Ein eigener Fall von Pfeifen wurde im September 1837 bei einem Pferde von Hochberg beobachtet. Es athmete so beschwerlich, mit heftiger Anstren­gung sämmtlicher Respirationsmuskeln, dabei (in der Ruhe) von weitem hörbar (grunzend), dass man jeden Augenblick erwartete, es ersticken zu sehen. Die Tracheot. half plötzlich; das üebel verlor sich, es bildete sich ein grosser Abscess im Kehlgang, der geöffnet und geheilt wurde; die Luftröhrenöffnung heilte ebenfalls zu. Zugleich bekam das Thier Anschwellung der Sprungge­lenke. Es schien ganz hergestellt, als es plötzlich anfing, wieder ebenso stark zu grunzen als früher; es verlor sich aber von selbst bis zum andern Morgen. Man beobachtete, dass sich das beschwerliche Athmen hauptsäch­lich nach dem Füttern einstellte, konnte aber im Rachen keine Anschwellung finden; dabei warf das Thier ziemlich gekautes Futter durch die Nase aus und hatte auch nachher noch Schleimausfluss; sein Gefässsystem blieb ruhig und der Appetit war meist gut, überhaupt das Thier sonst ganz gesund.]
F. Krankheiten der Stimme.
Die krankhaften Verändernngen der Stimme beschränken sich auf Schwächung derselben und Veränderung des Tons. Sie beruhen meist auf organischen Veränderungen, welche theils in der Brusthöhle, theils am Kehlkopf und seiner Umgebung eingetreten sind. So vermindern Hepatisation, Tuberkel der Lunge, Wasseransammlung im Thorax die Stärke der Stimme, ebenso wirkt das Lungenemphysem (im Dampfe); andern Theils geschieht dasselbe durch entzündliche Anschwellung des Kehl­kopfs, der Parotiden, der Nasen- und Rachenschleirnhäute, Ver-grösserung der Schilddrüsen. Die Veränderung der Stimme bei wüthenden Hunden lässt sich aus der öfters beobachteten, ent­zündlichen Auflockerung der Schleimhaut des Rachens und Kehlkopfs erklären: sie hält die Mitte zwischen Gebell und Heulen.
Verletzungen der Stimmnerven, Lähmung der Kehlkopf­muskeln, grössere Oeffnungen in der Luftröhre haben Sti'mm-losigkeit {Aphonia) zur Folge.
Der beim Koppen der Pferde hörbare Ton wird in den Schlingwerkzeugen hervorgebracht.
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\Q(ynbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Haut- und Nierenfunction.
SECHSTE ORDNUNG. Krankheiten der Haut- und Mierenfunction.
Von den Absonderungen sind es — ausser der im Zellge­webe — nur zwei, welche nicht in einer näheren Beziehung zu einer besonderen Verrichtung des Körpers -stehen, nämlich die Absonderung der Haut und die der Nieren. Die übrigen meist durch besondere Drüsen vermittelten Absonderungen werden schicklicher bei derjenigen Function betrachtet, zu welcher sie zunächst gehören, (so z. B. die Speichel- und Gallenabsonderung bei der Verdauung, die Saamen- und Milchabsonderung bei der Zeugung u. s. w.).
Die Absonderung eines secernireuden Organs kann entweder vermehrt oder vermindert, auch wohl ganz aufgehoben sein; wohl hievon zu unterscheiden ist die gehinderte Ausleerung, die gewöhnlich auf ganz andern Ursachen beruhet, als die vermin­derte oder unterdrückte Absonderung (z. B. Harnverhaltung).
In den meisten Fällen sind die vermehrten sowohl als die verminderten Absonderungen auch in ihrer Beschaffenheit (Con-sistenz, Farbe, chemischem Verhalten u. s. w.) vom Normalen abweichend.
Die krankhafte Absonderung kann ihre nächste Ursache haben: I) in fehlerhafter Beschaffenheit des secernirenden Or­gans (anatomische Störung), 2) in Fehlern des Blutes und 3) des Nerveneinflusses (functionelle Störungen).
A. Vermehrte Absonderungen. (Fluxus, proßuvia.)
Es wird der Menge nach weit mehr als sonst abgesondert. Dies kann in gewissen Fällen normal sein; z. B. die vermehrte Milchabsonderung nach der Geburt des Jungen, die stärkere Saamenabsonderung während der Brunstzeit; auch antagonistisch kann ein Organ, ohne selbst erkrankt zu sein, mehr absondern, indem es für ein anderes Organ, dessen Thätigkeit beschränkt worden ist, vicarirt.
Die nächste Ursache ist meist entweder eine Reizung des secernirenden Organs, oder aber der entgegengesetzte Zustand, nämlich Atonie oder Schwäche desselben. Letztere folgt nicht
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Absonderangen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 187
selten auf den primären Reizzustand, wenn er lange anhält; sie kann aber auch ohne ihn (als physische Schlaffheit) zu­gegen sein.
Der Zustand des Gefässsystems und des Bluts sind von grossem Einfluss hierauf (z. B. wässeriges Blut als Veranlassung zu vermehrter Absonderung von Serum (Wassersucht), ferner Krisen der Fieber); seltener bewirkt das Nervensystem direkt ähnliche Störungen der Secretion.
Die vermehrten Absonderungen sind entweder activer oder passiver Natur, selbstständig oder symptomatisch, idiopathisch oder sympathisch.
Eine länger anhaltende Vermehrung der Absonderungen hat ein Missverhältniss zur Ernährung zur Folge, und führt Ab­zehrung und Erschöpfung herbei.
Die Diagnose ist besonders dann leicht, wenn die abge­sonderten Stoffe unmittelbar aus dem Körper ausgeschieden werden (z. B. Harn); im andern Falle entstellt Anhäufung, (Spannung, Druck auf andere Organe.)
Die Prognose richtet sich nach den Ursachen, dem Grade und der Dauer des Zustandes, den Complicationen u. s. w. Die vermehrte Absonderung eines Organs oder Gewebes kann nütz­lich, gleichgültig, aber auch nachtheilig sein.
Die Behandlung muss zunächst gegen die Ursachen ge­richtet sein; für mehrere absondernde Organe gibt es speeifische Mittel, um ihre Thätigkeit zu vermindern (oder auch zu stei­gern) , ausserdem kann dies durch zusammenziehende Mittel und durch die antagonistische Methode geschehen.
Bei längerer Dauer des Uebels bleibt gerne eine Neigung zu Rückfällen zurück.
B. Verminderte oder ganz unterdrückte Absonderungen.
(Verhaltungen, Ketentiones.)
Hier ist vor Allem zu untersuchen, ob wirklich weniger oder gar nicht abgesondert wird, oder ob nicht die Absonderung fortdauert, aber die Ausleerung gehemmt ist.
Ursachen: theils allgemeine, wie Blutmangel, Fieber, be­deutende Störungen des Nervensystems; theils örtliche, das se-cernirende Organ allein betreffende, z. B. Entzündung, mit ihren
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188nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut- und Niereufunction.
Folgen: DegeBeration, Brand, Vereiterung, ferner Krampf, Läh­mung; durch Antagonismus kann Verminderung einer Secretion entstehen, weil eine andere vermehrt ist.
Mangelhafte Absonderung hat oft Störungen der Verrichtung zur Folge, zu welcher das secernirende Organ gehört, z. B. ver­minderte Gallenabsonderung stört die Verdauung; auch leidet die Blutmischung, wenn zur Ausscheidung bestimmte Stoffe in dem Blute zurückbleiben; ferner entsteht Vollblütigkeit und Congestion, selbst Entzündung anderer Organe von verminder­ter oder ganz zurückgehaltener Absonderung.
Diagnose und Prognose wie bei A., letztere sich haupt­sächlich nach den Folgen richtend.
Bei Blutmangel und gesunkenen Kräften ist eine Verminde­rung der Absonderungen dem Körper nützlich.
Behandlung: beruht auf Entfernung der Ursachen, auf der Anwendung specifisch wirkender Mittel, auf Erregung einer vi-carirenden Absonderung.
A. Krankhafte Störung der Hautfunction.
Die Haut oder das Fell hat dreierlei Producte zu liefern: die Ausdünstung, die Talgdrüsenschmiere, die Epidermis und Haare, jedes derselben kann vermehrt oder vermindert, auch qualitativ verändert sein. Die Wichtigkeit der Hautfunction geht schon aus ihrer grossen Fläche hervor, welche beim Pferd und Rinde 5—6 Quadratmetres beträgt.
a) Die Hautausdünstung ist das Product der Schweissdrüsen und entfernt aus dem Kör­per wässerige Stoffe zugleich mit wenigen Salzen und einem Riechstoffe. Die Menge der Hautausdünstung richtet sich haupt­sächlich nach dem Temperaturgrad der Atmosphäre und ihrem Feuchtigkeitsgehalt, nach der Bewegung und Anstrengung oder der Ruhe des Thiers u. s. w.
Schnell verminderte Hautausdünstung, insbesondere nach vorangegangener Erhitzung, ist die gewöhnliche Ursache der Catarrhe und Rheumatismen, nicht selten des Durchfalls, der Kolik, mehrerer nervösen Krankheiten, wie des Starrkrampfs, und mancher Entzündungen und Fieber. Ist die Veranlassung bekannt, so trägt warmes Verhalten und Alles, was die gestörte Hautfunction wieder herstellen kann, zur Heilung das Meiste bei.
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Die Absonderung des Hauttalgs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; jgQ
Die Unterdrückung der Hautausdünstung durch einen undurchdringlichen Anstrich (z. B. Theer, Fett, Leim) hat den Tod durch sogenannte Hautasphyxie zur Folge. Die hierüber von Bouley (Eec. 1850) und von Tourcault angestellten interessanten Versuche zeigten als Folgen des Anstrichs der Haut­oberfläche mit Theer u. dgl. langsames, pfeifendes Athmen, Husten, bläuliche später schwärzliche Färbung der Schleimhäute, schnellen und schwachen Puls, Kolikschmerzen, allgemeine Schwäche, die von 2—9 Tagen den Tod herbei­führte. Das Blut war pechähnlich, schwarz, reich an Cruor, bei weniger Wasser. Ueber Hautathmen s. Gerlach in Müller's Archiv 1851.
Vermehrte Hautausdünstung (Schweiss) ist meist symp­tomatisch, kommt aber selten bei unsern Hausthicren vor; so schwitzen chronisch-lungenkranke Thiere leicht in der Bewegung; in Coliken und andern Krankheiten, die mit heftigen Bewegun­gen , Angst u. s. w. verbunden sind, ist Schweiss nicht selten; im Abdominaltyphus der Pferde kommt profuser Schweiss vor. Bei Rindvieh hat Fütterung mit heissem Getränke (Schlampe, Traber) oft starken Schweiss zur Folge; Hering sah Kühe von Veronica arvens. schwitzen. Rep. XVI. In dem Froststadium der Fieber ist die Hautausdünstung unterdrückt, im Stadium der Hitze dagegen vermehrt.
Einen auffallenden Geruch der Hautausdünstung bemerkt man bei pockenkranken Schafen, ferner in fauligen Fiebern.
Die acuten und chronischen Hautausschläge stören ohne Zweifel die Hautausdünstung je nach ihrem Grade und Umfange.
b) Die Absonderunff des Hauttalgs
geschieht durch die neben den Haaren liegenden Talgdrüsen, welche an einigen Stellen in grösserer Menge angehäuft sind (z. B. im Schlauch, in der Weichengegend u. s. w.), oder nach Umfang u. s. w. abweichen (wie die Meibomschen Drüsen, die Klauendrüse des Schafs, die Afterdrüsen u. s. w.) Die krank­haften Abänderungen ihres Products, der Talgdrüsenschmiere, sind wenig gekannt: doch scheint es, dass das glanzlose starre Aussehen der Haare bei harthäutigen, lungensüchtigen oder sonst cachectischen Thieren einem Mangel an dieser Absonde­rung zuzuschreiben sei.
Bei den Schafen finden sich manchmal Stellen in der Wolle, in denen der Hautschweiss in so grosser Menge angehäuft ist, dass er einer Borke ähnlich wird und Verdacht eines Hautaus­schlags erregt, indessen ist die Haut darunter gesund und die Borke hebt sich mit der Wolle in die Höhe.
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190nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hautkrankheiten.
Eine entzündliche Anschwellung der Klauendrüse der Schafe hat man fälschlich für die Ursache der bösartigen Klauenseuche derselben angesehen, und die Exstirpation des Driisensacks an-gerathen; man ist aber jetzt hievon abgekommen.
Die allzustarke Ansammlung und Verhärtung des Talgs in in den Falten des Schlauchs der Pferde und des Rindviehs (bei diesem sogenannter böser Nabel) verhindert die Thiere am Aushängen des Penis, und gibt Veranlassung zu Schrunden und Geschwüren im Schlauch. Reinigung desselben, das Ein­bringen von reinem Fett, später von zusammenziehenden Me­tal Lsalz-Auflösungen (Bleizucker, weisser Vitriol) bewirkt die Heilung; beim Rinde muss manchmal der Schlauch gespalten werden, (s. Klin. Rep. XVI.)
Verstopfung der Hauttalgdrüsen.
Bei einem kleinen Wachtelhunde beobachtete ich (1833) ein in der Haut sitzendes Exanthem, das zwischen Finnen und sogenannten Mitessern die Mitte hielt. Es waren zahlreiche, weissliche Knötchen, von der Grosse eines Hanfkorns, im Co-rium selbst sitzend, die weder aufbrachen noch sich abschuppten, sondern unverändert blieben. Beim Aufstechen derselben Hess sich eine geronnene, käseartige Schmiere herausdrücken. Am häufigsten waren sie an dem Kreuz und der Schweifwurzel.
In Wien ist bei Hunden mit baarloser Haut und vielen Pusteln darauf die Haarsackmilbe {Acarus follieulorum) gefunden worden.
c) Bildung der Epidermis und ihrer Anhänge.
Die ganze Oberfläche der Cutis sondert Oberhaut ab, die zuerst weich ist, an der Luft aber erhärtet. Die Oberhaut löst sich fortwährend in Schuppen oder Staubforra ab und wird wieder neu erzeugt. Ein allzurascher Wechsel der Oberhaut ist mehreren chronischen Hautausschlägen (Flechten u. s. w.) eigen (s. diese).
Das auf gleiche Weise wie die Epidermis von der Haut abgesonderte Horn der Hufe, Kastanien u. s. w. wird manch­mal krankhaft verändert (spröder, weicher u. s. w.) getroffen. Ist die dasselbe producirende Haut sehr stark entzündet, so löst sich das Horn ab (Ausschuheu der Hufe und Klauen). In der Strahlfaule des Pferds und der Klauenfäule des Rindviehs wird das elastische Horn in eine weiche, schmierige Materie
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Weichselzopf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;]9|
aufgelöst; beim Strahlkrebs des Pferds ist dies in noch höhc­rem Grade der Fall, hängt aber hier von der krankhaften Be­schaffenheit des Fleischstrahls ab. Auch an den Kastanien der Pferde koinmt ein ähnlicher Krankheitszustand vor.
In der Jauche des Strahlkrebses (den einige neuere Pa­thologen als eine Art nässender Flechten betrachten) habe ich eine besondere Species von Eitermilben gefunden, und unter dem Kamen Sarcoptes hippopodos beschrieben und abgebildet; ebenso die Milbe aus Ohrgeschwüren des Hunds, als S. cynotis (s. Verhandlungen der Acad. der Naturf. XVIII. Bd.).
Krankheiten der Haare.
Das Ausfallen der Haare ist meist symptomatisch, (z. B. bei Exanthemen) und oft sogar blos mechanisch vom Reiben, Benagen. Eine starke Haarbildung scheint den Thie-ren viele Säfte zu entziehen; man bemerkt auch, dass Pferde, #9632;während dem Haarwechsel bald schwitzen und ermüden. In Cachexien leidet die Ernährung der Haare, und sie fallen gerne aus; dasselbe geschieht quot;bei heftiger Entzündung der Cutis (durch scharfe Einreibungen, Verbrennung u. s. w.).
Bei alten Mutterschafen geht zur Zeit des Säugens die Wolle manch­mal ganz aus und sie werden kahl. Durch eine langwierige Krankheit und die dagegen gebrauchten Mittel {Juniperus Sabina) gingen bei einem Pferde die Haare gänzlich aus (Naumann's nacktes Pferd). In allen diesen Fällen erzeugen sie sich bald wieder, so lange nämlich die Lederhaut nicht bis auf eine gewisse Tiefe (durch Eiterung, Brand u. dgl.) zerstört ist. Koller beobachtete das Ausgehen aller Deckhaare bei einer trächtigen Stute, ohne bekannte Ursache; sie gebar ein ebenfalls haarloses Füllen (Rep. III,). Hert-wig sah bei drei Füllen Haarausfallen (nach Starrkrampf, Faulfieber und Beulenfieber (6. amp; H. 1848). Mathaei will bei Rindvieh nach achttägigem Gebrauch von Nussblättern die Haare ausfallen gesehen haben (G. amp; H. 1852).
In dem kalten Winter von 1829—1830 gingen bei einem Anatomie-pferde, vielleicht in Folge des kalten Stalls, die Deckhaare des Körpers so leicht aus, dass ich sie mit der Hand abstreifen konnte und die völlig kable Haut vor mir hatte. Ein ähnlicher Fall von Kohlhepp beobachtet (s. C. Ztg. III.). Desgl. von Burmeister und Niebel.G. amp;H. 1855Suppl. Abkochun­gen von Buchs (Buxus sempervireus) sollen den Haarwuchs befördern.
ß. Weichselzopf (Trichoma, Plica poloidca).
Eine in Polen, Russland und der Tartarei vorkommende, langwierige, fieberlose Krankheit mit Verklebung der Haare durch eine klebrige Lymphe.
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192nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Haut.
Die Krankheit ist in den genannten Ländern mehr bei Menschen als bei Thieren beobachtet und untersucht worden.
Nach Schlegel soll in Russland von 6 bis 7 Pferden wenigstens eines davon befallen sein: sie soll häufiger bei Pferden in den Städten als auf dem Lande vorkommen, und man denen, die die Krankheit überstanden haben, eine stärkere Constitution zutrauen (nach Wolfram). Auch in Schlesien (um Glogau, Liegnitz) trifft man nach J o u r d an Pferde mit Weichselzöpfen. Dass Hunde , Füchse, Wölfe, Rindvieh oder Schafe der Krankheit unterworfen seien, bezweifelt Schlegel; dagegen wollen Lafontaine und Gase den Weich­selzopf bei einem Hunde, und Tylkowsky bei einem Ochsen gesehen ha­ben. Ei nik e sah W. nach Influenza. G. amp; H. 1854. Suppl. Adamowicz führt ausser dem Pferde den Hund an.
Symptome: die Haare an Mähne und Schweif schwitzen eine klebrige (fett- oder seifenartige) Flüssigkeit aus ihrem ganzen Umfange aus, die von der Wurzel aus in ihnen herauf steigt; Manche halten sie für blutig und die Haare selbst für empfindlich, was andere Beobachter bestreiten; durch Kochen lässt sich die Lymphe auflösen, und das Haar selbst scheint (nachdem es abgewischt worden) von dem gesunden nicht ver­schieden, abgerechnet einen schwächern Cohärenz-Grad. Es scheint eine besondere Dyscrasie zu Grunde zu liegen, ob aber — wie beim Menschen — andere Krankheitszustände (rheu­matischer, gichtischer und syphilitischer Art) vorausgehen, ob die Krankheit bei den Thieren ebenfalls ansteckend sei, und ob (wie die Nägel des Menschen) auch die Hufe darunter lei­den, ist nicht angegeben. (Abbild, in Eisenberg's Rosstäu-scherkünste undTscheulin's Ausschlags- und Abzehrungskrank­heiten.) Aeltere Abhandlungen in den Mem. de la Société de Med. de Paris, von Gase (Tome I.), Chamseru (Tome XX.), Mouton (Bulletin des So. med. Tome I.).
Unvollständiges Abhäären.
Es ist meist ein Zeichen eines innerlichen Leidens, z. B. der Verdauung oder des Lymphsystems, und findet sich bei Thieren, die unter sehr ungünstigen Verhältnissen leben (schlech­ter Stall, verdorbenes Futter, Mangel an Reinlichkeit u. s. w.). Wo kein anderes, bedeutenderes Leiden zugegen wäre, sind auf die Hautausdünstung wirkende Mittel, z. B. Antimonialia, Schwefel, auch Mineralsäuren, neben Beseitigung der Ursachen und warmem Verhalten am Platze.
Ergrauen der Haare bei einem Pferde nach einem Sturze, s. Rec. 1854.
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Schmarotzer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 193
ungewöhnliche Entwicklung von Haaren
kommt auf der Bindehaut des Auges, öfter aber in Balgge­schwülsten unter der Haut oder in den Eierstöcken vor.
Filzentwicklung.
Mehrere Krankheitsformen der Haut und der Schleimhäute haben sich beim Menschen von einer Pilzbildung abhängig oder begleitet gefunden (Tinea, Soor u. s. w.); bei unseren Hausthie-ren ist dieser Gegenstand noch nicht gehörig untersucht, da­gegen hat man bei den Seidenranpen, eine sehr nachtheilige Krankheit, die Muscardine, kennen gelernt, welche darin besteht, dass sich im Zellgewebe und Fettkörper der Raupen ein Pilz (Botrytis bassiana, G. oder vielmehr eine einzellige Alge) mit grosser Schnelligkeit entwickelt. Die Raupen wer­den meist kurz vor dem Verpuppen von der Muscardine be­fallen , welche epidemisch und ansteckend ist; sie tödtet immer in wenigen Stunden. Die todten Raupen sind zerbrechlich, innen voll weissen Staubs (kleine Crystalle) wie schimmlich. Mit diesem Staub kann mau die Krankheit auf andere Insecten impfen. Verdorbene Luft, Unreinlichkeit und angeerbte Dis­position (Zucht aus kränklichen Schmetterlingen) scheinen die Hauptursache dieser Seuche zu sein, welche indessen auch bei andern Raupen {Boinbyoc, neustria, Chelone Sehe, Hadena chenepodü, Triphaema fimbria u. s. w.) beobachtet worden ist. (Guerin, Revue zool. 1847 u. 1850.)
Schmarotzer auf der Haut der Thiere.
Literatur: Die naturhistorische Beschreibung der Schmarotzer auf der Haut der Haussäugethiere und Vögel v. Gurlt s. G. amp; H; VIH. u. IX.
Mehrere Insecten leben theils auf, theils in der Haut der Thiere, von den in derselben circulirenden Säften oder von der Ausdünstungsmaterie, der Epidermis u. dgl. In geringer Menge sind sie meist weder sehr lästig, noch nachtheilig für das Thier; in grösserer Menge dagegen beunruhigen sie dasselbe oder schaden ihm durch Entziehung zu vieler Säfte, oder ver­derben das Fell für den Gebrauch des Gerbers. Die ina All­gemeinen den Insecten tödtlichen Substanzen, wie Fett, Queck­silbersalbe, Terpentinöl, Anisöl, Tabaksbrühe u.dgl. sind in der Regel zu ihrer Vertilgung ausreichend, wo aber die Thiere
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;l**
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194nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Haut.
sich in einem sehr geschwächten Znstande befinden, dabei un­reinlich gehalten werden u. s. w. vermehren sich die Schma­rotzer übermässig und vergrössern das ursprüngliche Uebel.
Hier sind zuerst die Flöhe (Puleoc), die sich vorzugs­weise beim Hund und der Katze finden, zu erwähnen. Sie schaden durch die Unruhe, in welcher sie das von ihnen heim­gesuchte Thier erhalten mehr als durch die geringe Menge von Blut, die sie zu ihrer Ernährung bedürfen. Von den Vögeln sind besonders die Tauben von ihnen heimgesucht. Wieder­holtes Baden oder Waschen mit Seifenwasser, Bestreuen mit persischem Insectenpulver {Pyrethrum roseum), Einreibungen mit 01. anisi sind dagegen anzuwenden. Da indessen die Flöhe sich nicht auf dem thierischen Körper, sondern im Boden ent­wickeln , so ist auf die Destruction ihrer Eier und Larven in den Ställen Rücksicht zu nehmen.
Die Zecken* (Sfüssige spinnenähnliche Insecten) finden sich besonders bei Hunden, seltener bei Pferden und Rindern, auf der Oberfläche der Haut, z.B. an den Ohren u. dgl. Sie graben den Kopf in die Lederhaut fest ein, und saugen sich mit Blut an, so, dass der Leib sich um das Mehrfache aus­dehnt, und öfters die Grosse einer Bohne bis zu einer kleinen Haselnuss erreicht. Die Farbe varirt nach der Species und der Anfüllung mit Blut vom fleischfarbenen bis dunkelbraunen. Will man sie mit Gewalt wegreissen, so bleibt der Kopf meist in der Haut stecken: um dies zu vermeiden, zieht man sie ent­weder sehr sachte hinweg, oder lässt zuvor ein paar Tropfen 01. tereh. auf die Stelle fallen, auf der sie sich angesaugt haben.
Die Läuse (Pecliculus L.).
Sechsfüssige, flügellose Insecten , aus der Ordnung der Parasiten (nach Latr. Rhinaptera).
Jede Thierart hat ihre eigene Species, die von den andern bei näherer Untersuchung abweicht; die Farbe der Laus kann
* Ixodes ricinus (Latr.), ist blutroth mit zwei Streifen (vier wenn er vollgesaugt ist), der gemeinste. Ixodes reduvius ist doppelt so gross als der vorhergehende, von graulicher Farbe mit einem braunen Fleck. Beide sind auf Hunden und Rindern, letzterer auch manchmal auf Menschen zu finden. Seltener ist Ixodes sanguisuga, von der Grosse des vorhergenannten, schwarzer Farbe mit rostfarbenem Bauche. Ixodes sanguineua ist microsco­pisch und soll ein sehr heftiges Jucken verursachen.
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Die Läusesucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;195
jedoch bei derselben Species sehr variren, und ist z. B. bei Thieren mit weisser Haut meist weiss, bei solchen mit dunk­ler dagegen dunkel; sie rührt von dem Durchscheinen der, auf der Haut aufgesaugten Säfte durch den Hinterleib des In­sects her. So trifft man manchmal auf einem scheckigen Thier beinahe weisse und röthlichbraune Läuse an, je nach der Farbe ihres Aufenthaltes.
Unter nnsern Hausthieren ist die Laus des Schweins die grösste, die des Schafs die kleinste, auf dem Rinde kommen zwei verschiedene Species vor. Die Laus des Esels soll auch auf dem Pferde vorkommen, obgleich letzteres seine eigene Art hat. Nitsch trennt die eigentlichen Läuse (^Saematopimta) von den Haarlingen (Trichodectes), welche letztere von der Oberhaut und den Haaren leben, während erstére Blut saugen. Gurlt beschreibt 6 Arten Haematopinus und eben so viele Trichodectes, welche auf unsern Haussäugethieren leben.
Die Läuse versammeln sich an verschiedenen Stellen des Körpers; z.B. bei jungen Hunden und bei Katzen gerne an der Kehle, bei Pferden auf dem Rücken, der Schweifwurzel; ebenso bei Rindvieh, nebendem besonders am Nacken desselben, bei den Schweinen zwischen den Hinterschenkeln, bei den Schafen sind sie meist zerstreut.
Davaine und Ray er haben bei der Kuh eine neue Species als Hae­matopinus ami et vulvae beschrieben und abgebildet, welche von dem B. eurysternus und vituli verschieden sein soll. Arch, de Med. comp. 1843.v)
Eines der wirksamsten Mittel ist Einschmieren der lau­sigen Stelle mit grauer Quecksilbersalbe (verdünnt mit Fett), ausserdem hat man Laugenbäder, Seifenwaschungen u. dg!., be­sonders aber Nieswurzel-, Krähenaugen- oder Tabakabkochung (oder Tabaksauce, Beize von den Fabriken) beim Rindvieh an­empfohlen ; allein diese drei letzteren Mittel sind, wenn sie auf eine grosse Fläche angewendet werden, nicht oline Gefahr, und es sind mir Fälle vorgekommen, in denen die Thiere (wahrschein­lich durch das Ablecken der Tabaksbrühe) schnell und heftig aufgebläht wurden und krepirten oder geschlachtet werden mussten.
Die Läusesucht (Phthiriasis),
welche Viborg beim Schreine beschrieben hat, ist eine Folge eines hohen Grads allgemeiner Schwäche; Läuse kommen aus
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196nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Haut.
aufgebrochenen Beulen am ganzen Körper heraus, fressen sich in die Haut hinein, kriechen bei der Nase, den Ohren und Augen heraus, und sollen selbst mit dem Urin und Mist ab­gehen. Der allgemeine Zustand des Thieres soll, wenn auch die Läuse getödtet werden, wenig Hoffnung zur Heilung geben, und die Läuse sollen sich bald wieder erzeugen. Innerlich rieth Viborg den Thieren Aethiops mineral. (2 Dr. täglich) mit Enzian und Kochsalz zu geben, äusserlich Arsenikessig.
Beim Pferd kommt Pththiriasis von Hühnerläusen (Der-manyssus avium) vor, welche aus benachbarten Geflügelställen, besonders des Nachts in Menge auswandern; die davon belä­stigten Pferde leiden an heftigem Jucken, reiben unablässig, beissen und schlagen; sodann brechen kleine Bläschen auf der Haut aus, es fallen die Haare ans und hinterlassen linsen- bis kreutzergrosse Stellen, so dass die Thiere wie scheckig aus­sehen. Durch die anhaltende Heitzung, Unruhe u. s. w. kann Abmagerung entstehen. Untersucht man die Thiere bei Tage, so findet man selten die Vogelläuse auf ihrer Haut. Um den Reitz zu mildern, bestreicht man die Stellen mit Campheröl, ferner dienen die graue Quecksilbersalbe, Tabaksabkochung, Lauge u. dgl., um die Läuse zu tödten, jedenfalls müssen die Pferde aus dem Stalle entfernt, oder besser der Hühnerstall verlegt werden. (Bouley, Rec. 1850, Caussé Toul. 1850, Wodger, Moon, Vet. 1850 u. 55.)
Bei allen unsern Hausthieren ist, wenn sie viel Läuse be­herbergen, auf bessere Ernährung und Hautpflege zu dringen.
Bremsenlarven {Dassel- oder Wurmheulen).
Literatur: Nu man (übersetzt v. Hertwig in G. lt;fc H. IV.) Schwab die Oestraciden (1840), Joly (in Toulouse)..
Die Ochsenbremse (Oestrus bovinus) ein zweiflügeliges Insect von der Grosse einer Fleischmücke und gelb und schwar­zer Farbe, legt ihre Eier in die Haut des Rindviehs, selten der Pferde (Chevalier in Instr. II., Rey im Journ. de Lyon 1848), oder wilder Thiere, z.B. der Hirsche, Rehe. Dies ge­schieht hauptsächlich auf der Waide, während der Monate Au­gust und September. Die in kurzer Zeit auskriechende Larve gräbt sich in das Zellgewebe unter der Haut ein, behält aber immer einen mit der Oberfläche der Haut communicirenden Ca-
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Bremsenlarven,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;] 97
nal offen. Im Winter lebt die Larve unter der Haut in einem kleinen Abscess, der sich gleichsam als Nest für dieselbe, ge­bildet hat; gegen den Sommer hin wird die Beule sowohl als die Oeffnung derselben grosser, und im Juli oder August kriecht die nun ausgewachsene Made von selbst heraus. Sie ist röth-lichbraun, einen Zoll und darüber lang, geringelt; nach dem Verlassen der Haut verpuppt sich die Larve in der Erde und wird dabei schwarz und hart; in etwa drei bis vier Wochen kriecht das vollkommene Insect, die Bremse, aus, begattet sich, legt ihre Eier und stirbt dann ab.
Wenn der Dasselbeulen viele auf einem Thiere sind, kön­nen sie seiner Ernährung nachtheilig sein, Schmerz scheinen sie wenig oder keinen zu verursachen.
Behandlung: das Ausdrücken der Larve aus dem Abs­cess , was aber wegen der Kleinheit der Oeffnung nicht immer gelingt; das Waschen mit Salzwasser oder Essig, oder das Bestreichen der Beule mit Fett, Pech u. dgl., um die Oeff­nung zu verschliessen, wodurch das Absterben der Larve be­wirkt wird. Es ist indessen selten nöthig, etwas gegen diese Wurmbeulen anzuwenden.
Ein in Neu-Granada vorkommendes zweiflügeliges Insect, Cuterebra no-xialis, geht auf Rindvieh und Hunde und legt seine Larven unter die Haut derselben, ähnlich der Ocbsenbremse.
Die Larven der im Pferde lebenden Bremsenarten (Gastrus') finden sich zwar beinahe ausschliesslich im Magen und Darm-canal, selten im Rachen oder Schlund, allein in neuerer Zeit sind einige derselben bei einem Fohlen, welches im Ring lief und starb, in der Schädelhöhle desselben (Wien IV.) und von Pagliero in der Harnblase eines Hengstes gefunden worden, der an Harnkolik zu Grunde ging (Turin VI).
Andere Insecten sind, obwohl selten, den Hausthieren nachtheilig; so hat man schon Pferde durch die Stiche vieler Bienen, Wespen oder Hornisse, namentlich wenn dieselben in die Nasenhöhle krochen, zu Grunde gehen sehen.
Die Columbazer Mücke (Simulum reptans),
ist nur zwei Linien lang, in Ungarn häufig, in Deutschland aber selten, fällt in ungeheurer Menge über die waidenden Hausthiere her, und setzt sich vorzugsweise an die Augen­winkel, kriecht in die Nasenlöcher, den After (bis auf 3 Fuss
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198nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Chronische Ausschläge.
weit) nnd die Geschlechtstheile, und wird durch die Menge der Stiche tödtlich. (Rep. VII.) (Die in den Ohren der Waide­pferde bei uns so häufig vorkommende Fliege scheint von der Col. Mücke nicht verschieden.)
Die P fer del au s-F liege (Hippobosca equinä)
plagt besonders im Sommer die Pferde und das Rindvieh; sie ist einer Spinne ähnlich, braun mit weissen Flecken, plattge­drückt, lederartig, und hat 2 Flügel. ' Sie saugt Blut, läuft sehr schnell und liiilt sich besonders zwischen den Hinterschen­keln und am After auf. Empfindliche Pferde werden so un­ruhig, dass man glaubt, sie hätten Kolik.
Die Schafzecke {Hippobosca ovina, Melophagus ovinus
Latr.)
hat keine Flügel, ist dunkelbraun, kriecht zwischen der Wolle und benagt die Haut (s. bei Krätze).
Eine in Afrika vorkommende Mücke, Chryeops caecutiens , befällt die Augen der im Freien befindlichen Pferde und blendet sie.
Eine Milben art, Argas americanus (Latr.), in St. Domingo ein­heimisch , soll nach Hope die Pferde in die Ohren beissen, und dadurch bisweilen den Tod verursachen (?). Ker-Porter, Bell u. A. berichten aus Persien, dass daselbst Argas persicus an manchen Stellen sehr häufig vorkomme, und ihr Biss schwere Krankheiten und selbst den Tod zur Folge haben könne.
Chronische Hautauschläge (Exanthemata).
Es sind hier bios die specifisch-fieberlosen oder nicht we­sentlich fieberhaften Ausschläge aufgeführt, indem die specifisch-fieberhaften (z. B. Blattern) bei den Entzündungen und Fiebern, die blos symptomatischen Ilautaiisschläge aber bei den wesent­lich dazu gehörenden Krankheitszuständen erwähnt werden.
Die fieberlosen specifischen Exantheme stellen für sich eine Krankheitsform dar, oder wenigstens ist der Ausschlag das Hauptsymptom der Krankheit; sie sind chronisch, beruhen häu­fig auf Fehlern der Ernährung und Blutmischung (Dyscrasie) und führen, sich selbst überlassen, zur Cachexie oder Abzeh­rung. Einige derselben bilden einen fixen Ansteckungsstoff, welcher sich theils nur auf der gleichen Species fortpflanzt, theils aber auch andere Species ergreift.
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Hautjucken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ] 99
Es gehören hieht. die Flechten, der Grind, die Krätze, der Aussatz, die Mauke u. s. w.
Haubner hat die chronischen Hautausschläge des Pferds in 7 Familien vertheilt, nämlich in Knötchen (papulae), Knoten (tubercula), flache oder kahle Hautausschläge {Efflorescentiae planae s. nudae), z. B. Herpes, Schup­penausschläge (E. squamosae), Borkenansschläge {E. leprosae), Schorfaus­schläge (E. erustosae), nässende oder geschwürige Ausschläge (E. hmnidae s. ulcerosae), vgl. 6. amp; H. II. und VI. Eine practische Eiutheilung der Hautausschläge ist besonders desshalb schwierig, weil sie im Laufe ihrer Ent­wicklung ihre ursprüngliche Form oft ganz ändern: ich bin indessen meist Haubner's Eintheilung gefolgt. Bouley schrieb über Krankheiten der Haut, die Unterschiede der verschiedenen Gruppen u. s. w. in llec. 1843.
1. Knötchenaiisschläge (Efflorescentiae papulosae. Uhr).
Kleine, zugespitzte Erhebungen der Oberhaut, die keine sichtbare Flüssigkeit enthalten und auf einem leicht entzün­deten Grunde stehen (impulcE, Knötchen, BlätterchenJ.
a) Hautjucken {Pmrigo).
Das Jucken ist hier nicht symptomatisch, wie bei vielen andern Hautausschlägen, sondern es ist das einzige und Haupt­symptom der Krankheit.
Das Jucken ist theils allgemein, theils bios local, z. B. am Schweif, an der Mähne.
Es brechen kleine Hautknötchen hervor, das Thier reibt sich oder benagt die kranke Stelle, wodurch die Ilaare aus­gehen, die Entzündung der Haut vermehrt wird, dieselbe auch wohl blutet und Schorfe sich bilden. Das Leideu ist meist langwierig, hartnäckig und kehrt gerne wieder.
Zur Heilung des allgemeinen Hautjuckens sind, neben Waschungen mit warmem Wasser, Seifenwasser u. dgl., um den Reiz zu mindern, hauptsächlich innerlich umstimmende Mittel, bisweilen auch Aderlässe erforderlich. — Bei blos auf eine Stelle beschränktem Uebel werden Einreibungen von Queck­silbersalbe, Terpentinöl, Auflösungen von Scbwefelleber, in hartnäckigen Fällen Scarificationen, neben Waschungen mit Seifenwasser, Klettenwurzeldecoct u. dgl. empfohlen.
Ich lasse bei hartnäckigem, localem Hautjucken die Stelle einigemal mit grüner Seife und im Nothfall mit Canthariden-salbe einreiben, und gebe innerlich eine Zeit lang Salze mit Kleienfutter.
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Chronische Ausschläge.
b) Frühlingsausschlag des Rindviehs {Prwigo vernalis raquo;. Ebulitiraquo;
benigna).
Unter diesem Namen beschreibt Rychner einen ungefähr­lichen, eher wohlthätigen Knötchenausschlag, der den ganzen Leib, öfters auch die Gliedmassen befällt. Es sind kleine, harte Knötchen, deren Spitze durch das Scheuern bald abge­rieben wird, und dann einen Schorf oder Kruste von der Grosse des Knötchens (Hanfkorn bis Erbsen) bildet. Während die äl­teren abtrocknen, kommen neue nach. Nach wenigen Tagen fallen die Borken ab, und die Stelle bleibt einige Zeit kahl. Inzwischen frisst das Thier nicht gehörig, ist unruhig, hat zu­weilen eine harte Haut und Winterhaare, die nicht ausfallen wollen.
Ursachen: Veränderung der Fütterung, namentlich üeber-gang von kargem Winterfutter zu besserer Haltung im Früh­jahr; der Haarwechsel und der damit verbundene Andrang der Säfte nach der Haut u. s. w. Bei Mastochsen, die zuvor schlecht gehalten worden, kommt dieser Ausschlag zu jeder Jahres­zeit vor.
Störungen dieses Ausschlags durch unzeitiges Aderlassen u. s. w. haben nicht selten Harthäutigkeit, Anschwellungen am Euter oder den Gliedmassen, Störung der Verdauung u. dgl. zur Folge. Die Behandlung muss den Ausbruch des Exan-thems unterstützen, durch warmes Verhalten, Reinigung der Haut, kräftiges Futter und gehörige Bewegung; innerlich Spiess-glanz- und Schwefelmittel (Tart. emet., Flor, sulphur.) mit Enzian, Alant u. dgl. Aeusserlich: Waschungen mit Kleien-Absud oder Seife.
3. Tuberkelausschläge a) des Gesichts {Tubercularimn larvale Hbr.).
Mattweisse, linsengrosse, über die Hautfläche erhabene, feste (keine Flüssigkeit enthaltende), zerstreut oder beisammen­sitzende Tuberkel (auf der linken Backe eines 3jährigen Pferds von 11 aubner beobachtet).
Heilung: langwierig, durch Einreibungen von Unfft. mer-curiale, abwechselnd mit zusammenziehenden Waschwassern.
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Nesselansschlag.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 201
b) Schwielen-Tuberkel {Tvhere. turgidum. Hbr.) An den Seiten des Bauchs, hauptsächlich wo die Zieh­blätter des Geschirrs vorübergehen, ist die Haut schwielen-oder geschwulstartig aufgelaufen, sehr rauh und rissig, von Farbe schmutzig-erdgelb, mit einer Menge harter, erhabener, linsenähnlicher Tuberkel (einem Reibeisen ähnlich) besetzt, die oft auf ihrer Spitze eine feine, durch Austreten eines kleinen Blüttröpfchens rothgefärbte Oeffnung oder Vertiefung haben. Die Empfindlichkeit ist mehr oder weniger gross.
Als Ursache wird nicht allein die Reibung des Geschirrs angesehen, da der Ausschlag auch an andern Stellen vorkom­men kann (Eylert). Er vergeht manchmal von selbst, ausser-dem sind Waschungen mit Bleiwasser oder zertheilende- Mittel, bei sehr grosser Empfindlichkeit warme Breiumschläge anzu­wenden.
c) Ansteckender Tuberkelausschlag des Pferds. Choux beobachtete denselben bei einem Artilleriedepot; in 15 Tagen waren säraintliche 192 Pferde ergriffen; 8 abge­sonderte blieben frei. Der Ausschlag befiel Schultern, Rücken und Kruppe, er bildete bald kegelförmige, linsengrosse Knöt-chen, bald grosse Beulen mit Härte und Sprödigkeit der Haut; der Inhalt knisterte nach etlichen Tagen unter dem Messer (Tuberkelmasse). Durch Aufstreuen des Hautstaubs auf ein gesundes Pferd wurde es angesteckt. Jucken fehlte. Milben fand Choux nicht. Als Ursache wird schlechtes Stroh be­schuldigt. Bei grosser Ausbreitung des Exanthems erkrankten mehrere Pferde auch innerlich. Die Behandlung bestand in Aderlässen, innerlich Glaubersalz und Schwefel, äusserlich reizende Waschungen, Reinigung des Stalls und der Requisiten. (Rec. 1842.)
3. Nesselausschlag (Urticaria).
(Hitzbeulen, Beulenfieher) (Eehaubuluré). Harte, umschriebene Beulen, vonder Grosse einer kleinen Nuss (auch grosser und kleiner), oder aber flache Erhaben­heiten von unbestimmter Form, die selten mit Jucken oder Ausfallen der Haare verbunden, an verschiedenen Theilen des Körpers zerstreut, aber gleichzeitig vorkommen, und den durch
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Chronische Ausschläge.
Bremsenstichen veranlassten Geschwülsten oder frisch entstan­denen Wurmboulen ähnlich sind. Bei Rindvieh, Pferden und Schweinen.
Haubner unterscheidet eine fieberhafte und eine fieber­lose Form.
a) Nesselfieber, Aufwallen des Bluts {ürtieariafebrilis).
Nach einer mehr oder weniger auffallenden, fieberhaften Aufregung des Bluts (Aufwallen), brechen in ganz kurzer Zeit an verschiedenen Theilen des Körpers Beulen von obiger Art aus, bleiben kürzere oder längere Zeit (12—48 Stunden) stehen, verschwinden oft eben so schnell und kehren manchmal plötz­lich wieder zurück. Statt der Beulen sah ich mehreremal breite Platten von unbestimmter Form und Grosse. Dem Ausbruch geht oft ein Sträuben der Haare an den befallenen Stellen, Mangel an Fresslast, Traurigkeit, baldige Ermüdung u. s. w. voraus; diese Symptome verschwinden, sobald die Eruption zu Stande gekommen ist. Gewöhnlich ist der Ausschlag weder empfindlich, noch juckend.
b) Nesselsucht, chronischer Nesselausschl^ (Urticaria chronica).
Dieselbe Erscheinung, jedoch ohne Fieber, und mit Wochen langer Fortdauer des Ausschlags; die Beulen sind meist kleiner (wie Haselnuss) und bilden auf der Spitze einen kleinen Schorf, mit welchem zugleich ein kleines Büschelchen Haare ausgeht.
Bei keiner dieser beiden (nicht wesentlich verschiedenen) Formen scheinen die Thiere zu leiden, oder ihnen Nachtheile aus dem plötzlichen Verschwinden des Ausschlags zu entstehen.
Ursachen: Schärfe des Bluts, gastrische Reize; der Aus­schlag erscheint vorzugsweise in den Sommermonaten, bei voll-säftigen, gutgenährten Pferden, nach angestrengter Bewegung u. s. w.; nach Veränderung des Futters, besonders neuem Heu; nach Erkältung durch Regen u. dgl.
Therapie: beim Nesselfieber Aderlass, abführende Salze, Salpeter, neben Ruhe und kühlem Verhalten; bei öfterer Wieder­kehr des Ausschlags setzt man den Salzen etwas 01. tereh. zu, oder reibt die erkrankten Stellen mit Ol. tereb. und Weingeist ein, und hält das Thier bedeckt. Bei der chronischen Nessel­sucht : sogenannte blutreinigende Mittel, mit entsprechender Diät (meist reichen Hausmittel aus, oder der Ausschlag wird sich selbst überlassen).
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Nesselsacht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;203
Nachdem der Ausschlag zu Stande gekommen, sind Ader­lässe nicht mehr am Platze.
Bei sehr geschwächten Thieren ist der Verlauf manchmal weniger günstig; der Kopf schwillt stark an, die Beulen brechen auf, die Haare fallen an diesen Stellen aus und es sickert etwas Feuchtigkeit aus. Der Ausschlag erstreckt sich auf die Nasenhöhle, es bilden sich Bläschen in derselben, die aufbre­chen und zu Verwechslung mit Rotz Veranlassung geben können, besonders da auch die Kehlgangsdrüsen manchmal anschwellen. Einen solchen Fall beschreibt Buuley als Herpes plüyctaenoi-des in der Nase. (Rec. 1843.) Früher aber nannte Dard das Leiden Rhinite pemphygoide. (Rec. 1840. vgl. Druse.)
Hier werden innerlich bittere und aromatische Mittel mit Schwefel, Camphor oder Ofenfuss und 01. tereb. nöthig; die Beulen werden mit einer Auflösung von Schwefelleber oder Zink­vitriol gewaschen, die Kehlgangsdrüsen mit Lorbeeröl eingerie­ben; in die Nase kann man Dämpfe oder Kohlenpulver ein­ziehen lassen.
Bei lungenkranken oder an der Druse leidenden Pferden ist dieser Ausschlag nicht unbedenklich und kann in Hautwurm übergehen.
Pferde, welche zu der Krankheit geneigt sind, bekommen sie gewöhnlich jedes Jahr, und selbst mehrere Male in dem­selben Jahr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; *quot;
Kauz beschreibt eine heftigere Form des Nesselfiebers: die Thiere waren sehr empfindlich, unruhig und suchten sich zu beissen und zu scheuern, wälzten sich, zerrissen die Halfter u. dgl., um sich reiben zu können; hierauf trat ein Schweiss ein, dem der Ausbruch vieler kleiner Beulen, von der Grosse einer Erbse bis eines Fünfgroschen-Stücks folgte. Sie waren flach, erhaben und teigig. Am 2—3ten Tag hatten sie sich mehr zusammengezogen und eine kleine OeiFnung in der Mitte bekommen, aus der eine gelbliche, klebrige Flüssigkeit floss. Diese vertrocknete zu einem Schorfe, der am 5—6ten Tage ab­fiel und kleine haarlose Stellen hinterliess. In einigen Fällen waren die Stellen, wo kleine mehlige Schuppen sich bildeten und die Haare ausfielen, so häufig, dass die Pferde besonders am Halse und den Schenkeln ganz kahl wurden. Die Behand­lung bestand: in lauen Seifenbädern,. in hartnäckigen Fällen Bähungen mit Schöllkraut, Tabak oder Nieswurz-Abkochung,
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204nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Chronische Ausschläge.
Einreibungen von Unguent, sulphurat comp., bei feinen Rage­pferden Unguent, oocygenatum. In einem von Gerlach be­schriebenen Falle bildeten sich thalergrosse, schmerzhafte Ver­dickungen der Haut, zerstreut auf dem Körper; es fielen die Haare aus, die Epidermis löste sich los und eine starke Aus­schwitzung von Lymphe fand statt, die man durch Falten und Drücken der kranken Hautstelle vermehren konnte. Kein Jucken, kein Fieber. (G. amp; H. VII.) Eine ähnliche Form von Hautaus­schlag beschreibt Kitt (Recds. 1847) unter dem Namen Eczema.
Beim Rindvieh kommt das Nesselfieber gerne mit stark entzündlicher Reizung, Fieber, Verdickung und Röthe der Haut, Bildung oberflächlicher Blasen, und selbst mit Blutunterlaufungen in das Zellgewebe vor; letztere zertheilen sich langsam, und führen manchmal zu Elephantiasis. Dagegen: Aderlass, inner­lich Salpeter, Glaubersalz; Clystiere; Scarification der ünter-laufungen, Waschungen mit schleimigen Mitteln, Salmiakauf­lösung u. s. w. Seltener sieht man bei Ochsen Beulen entstehen, die Eiter oder eine Nierenähnliche Substanz enthalten.
Rychner beschreibt den Nesselausschlag beim Rind­vieh als einen seltenen, schnell erscheinenden Ausbruch von harten, erhabenen, nicht sehr zerstreut sitzenden, etwas schmerz­haften Beulen (wie Wallnuss), die bald haarlos werden und auf ihren Gipfeln sehr kleine Borken bilden, die alsbald abfallen. Innerhalb 14 Tagen zertheilen sich die Beulen ohne Abschilferung.
Die Ursachen sind nicht hinreichend bekannt. Behand­lung: Seifenbähungen und nachheriges Abtrocknen; innerlich; Schwefel mit bittern Mitteln, dazu Reinhalten der Haut.
Nach Haubner ist das Nesselfieber der Schweine unge­fährlich ; er wandte Salpeter und Glaubersalz, kalte Begiessun-gen, Clystiere, im höheren Grade Aderlass an. (G. amp; H. XIII.) Kirchner hatte dieselbe Krankheit als rheumatisches Leiden mit Neigung zu Anthrax bezeichnet, weil sie rasch verlauft, im Sommer vorkommt, der Gang etwas steif ist und die Beulen manchmal eine bläuliche Färbung zeigen.
c) Bnchvaizen-Ausschlag. (Als Urticaria hei Ad.)
Literatur: Verheyen, Zusammenstellung der Beobachtungen von Viborg, Erdt, Steiner, Cyrillo n. A. in Reo. 1849. Coulbaux, Knötchen-Ausschlag vom Genuss von Pastinak, am Euter, Mittelfleisch der Kühe. In Alfort wurde der Buchwaizenausschlag 1852 bei Schafen beobachtet, sobald sie in die Sonne kamen.
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Hautbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;205
Dieser Ausschlag befällt Schafe (besonders Lämmer und Jährlinge), Ziegen, Schweine, selten Hinder oder Pferde. Er hat das Eigenthümliche, dass er nur die weissen Stellen der Haut trifft, die dunkleren aber völlig verschont.
Wenn die genannten Thiere Buchwaizen, grün, in der Blüthe und mit einigem Körneransatz, fressen und zugleich im Sonnenschein sich aufhalten, schwellen die weissen Stellen der Haut (besonders die Ohren) an und werden stark geröthet. Die Schafe sollen auch Symptome von Drehen oder Dippligsdn zeigen. Im Stalle gefüttert, zeigt sich diese Wirkung des Buchwaizens nicht; ebenso verliert sie sich, wenn die Thiere in den Schatten gebracht werden, nach 12—24 Stunden.
Mir gelang es in den Jahren 1833 bei einem scheckigen Ziegenbocke und 1834: bei 5 Schafen, die blühenden und Samen tragenden Buchvaizeu zu fressen bekamen und dabei starker Sonnenhitze ausgesetzt waren, nicht, den Ausschlag hervorzubringen. Später sah ich ihn bei Ziegen und Schweinen.
Einen Ausschlag und Anschwellung weisser Hantpartieen, jedoch ohne dass der Genuss von Buchwaizen beschuldigt werden konnte, hat man in dem Gestüte zu Alt-Ülrichstein (im Juli und August 1828) an den Fohlen beob­achtet (s. N. amp; V. I.). Es wurde die nasskalte Witterung als Ursache ange­sehen, vielleicht war aber ein wildwachsendes Polygonum Schuld.
Schlechter beobachtete eine Kopfrose bei 300 Mutterschafen und Lämmern, als Anschwellung und brandige Streifen, im Frühjahr bei kaltem Wind, nachdem die Thiere zuvor im Stalle sehr warm gehalten worden waren. Mekl. 1849—50.
4) Trockener Hauibrand.
Steiner beobachtete den sogen Hautbrand epizootisch bei Pferden im Sommer 1841 (inGumbinnen); bios die weissen Haut­stellen wurden betroffen, sie schwollen etwas an, wurden wär­mer und empfindlich, sodann schrumpfte die Haut (nicht blos die Oberhaut) zusammen, und löste sich durch Eiterung von dem Unterhautzellgewebe los. Kein allgemeines Erkranken oder Fieber begleitete diesen Vorgang. Als Ursache beschuldigt St. die Fütterung von Wicken, die mit Blattläusen verunreinigt waren. (G. amp; H. IX.) Sehr e be sah die Krankheit auf einem Gute unter den Pferden herrschen und begleitet von Bläschen im Maul, Augenentzündung, Jucken der kranken Hautstellen u. s. w. Auch er beschuldigt mit Mehlthau und Blattläusen überzogenes Grünfutter. (G. amp; H. IX.) Burmeister beobach­tete dasselbe Uebel im Sommer 1842 bei Pferden; er spricht jedoch blos vom Abgehen der Oberhaut auf den weissen Stellen.
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Chronische Ausschläge.
(Vet. Ber. 1842.) Schlächter beschuldigt die Fütterung der Pferde mit grünen Wicken. Er sah die Krankheit auch bei einer Kuhheerde im Juli 1849 unter folgenden Symptomen: Unruhe, Scheuren, Wälzen, Mangel an Appetit, Röthe der Schleimhäute, wilder Blick, vermehrter Puls, Abnehmen der Milch, am zweiten Tag Ausschwitzen von Serum an den weissen Ilautstellen, 2—3 Tage dauernd, grosse Empfindlichkeit der Haut, die am 7—8. Tage hart, pergamentartig wird, sich am Rande loslöst, kräuselt (am 12—14. Tage) aber erst nach mehreren Wochen ablöst. Die unteren Stellen (Bauch) blieben verschont, wenn sie auch weiss waren. Kühe mit wenig weis­sen Partien litten stark an den Eutern. Als Ursache wird die starke Fütterung von, zum Theil verdorbenen Wicken im vor­hergegangenen Winter und Frühling (!) betrachtet. 16 im Stall gebliebene Stücke blieben verschont (also auch Einfluss des Lichts).
Hellender beschreibt einen hieher gehörigen Fall. Er betraf eine scheckige Knh, die (im Monat Juni) anfangs verminderte Fresslust, unter­drücktes Wiederkauen, steifen, schmerzhaften Gang, etwas geschwollene Beine, schnellen, harten Puls, glänzende Augen und trockenen Mist zeigte. (Ader-lass, Salpeter und Glaubersalz, und Bähungen der Geschwulst an den Schen­keln mit Decoct von Chamillen und Althéa.) Hierauf wurden die weissen Hautstellen vom trockenen Brande ergriffen, und nachdem diese sich abge-stossen und selbst die Oberhaut vom Euter sich abgeschuppt hatte, war die Kuh in kurzer Zeit genesen. (Eh. Vet.-Bericht von 1834.)
In einem von Er dt beobachteten Falle gingen bei einer Waidekuh gast­rische und fieberhaft entzündliche Symptome voraus, mit Blutabgang aus dem Mastdarm. Nach deren Bekämpfung mit antiphlogistischen Mitteln stellte sich eine grosse Empfindlichkeit, Auftreibung, Wärme und Haarsträuben, an den weissen Partien der Hautoberfiäche ein; die Oberhaut löste sich pergament­artig von dem Corium los, schrumpfte von den Rändern nach der Mitte zu­sammen und hinterliess diese Stellen wund und abgeschunden. Nach 14 Ta­gen war an dem ganzen Thiere keine Spur von weisser Haut oder weissem Haar mehr zu finden, während die schwarzen Stellen durchaus unverändert blieben. Die Oberhaut erzeugte sich nur langsam wieder und die Haare fehlten nach 3 Monaten noch beinahe gänzlich. (G. amp; H. VI.) Aehnlicher Fall von Brunswig (ebd. II.)
Starks führt einen Fall von einer schwarzscheckigen Kuh an, die durch Erhitzung in ein Fieber verfiel, die Milch verlor und sich harthäutig zeigte. Nach dem Aderlassen, Laxiren und grossen Gaben von Schwefel, wurde die Haut mit Oel eingerieben, worauf die Oberhaut und das Haar, jedoch nur an den weissen Stellen wegging, und von da an die Kuh sich erholte. (S. Rindv. p. 633.) Sherwood sah hei einem Schwein ohne näher bekannte Veranlassung zwei Hautstücke sich ablösen, wovon das eine 10, das andere an 20 Pfund schwer war. (Vet. 1843. Rep. V.) Lindenberg beschreibt ein
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Flechten.
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lederartiges Abtrocknen der Ohren und Müller gar das Absterben beider Hinterschenkel bei einem sonst nicht krank scheinenden Schwein. (G. amp; H. VIII, XIII.) Brand und Mutterkorn können solche Erscheinungen hervor­bringen.
lt;5) Flechten. {Herpes.)
Literatur: Jacob über Herpes, Eczema und Psoriasis in Ree. 1850. Ger­lach in G. amp;H. XXIII.
Glatte, haarlose, juckende Stellen, von unbestimmter Form und Ausdehnung, mit mehliger oder blätteriger Abschuppung der Oberhaut, ohne eigentliche Schorfbildung. Hartnäckig, zu­letzt zur Abzehrung führend. Bei allen Hausthiereu.
Nach Haubner bedecken sich die Flechten mit einer eigenthümlichen Ausschwitzung, die er Schorfblättchen nennt, und die Tielleicht von sehr flachen Geschwürchen herrühren. Es sind meist kreisförmige, erbsen- und bohnengrosse Schorfchen mit glatter, fast glänzender Oberfläche, sehr geringer Dicke und vielmehr in die Haut eingelassen, als auf derselben sitzend; sie bedecken die kranke Hautstelle nicht allenthalben, sondern sitzen sehr zer­streut und entfernt von einander auf derselben.
Nach Gerlach sind die verschiedenen Flechtenformen wesentlich nicht verschieden, er fand (wie dies beim Menschen schon längere Zeit bekannt ist) in den Haarscheiden und dem Haarschafte Pilzfäden (Sporenketten und einzelne Sporen oder Zellen), mit welchen die Krankheit beim Rinde beson­ders Kälbern, durch Aufstreuen, Einreiben und Impfen übertragen werden konnte. Auf Pferden und Hunden haftete die Impfung schwerer, bei Schafen und Schweinen nicht. Beim Menschen gelang die Impfung und Rückimpfung. Die Flechtenpilze behielten ihre Keimfähigkeit '/a Jallaquo; lang. Uebrigens hält Ger lach diesen Flechtenausschlag für ein ganz locales Hautleiden. (G. amp; H. 1857 mit Abbild.)
Manche Flechten brechen sehr schnell aus, andere ent­stehen höchst langsam; jene nehmen sogleich eine nicht un­beträchtliche Fläche ein, diese dagegen bereiten sich sehr all­mählich aus.
Meist liegt ein Allgemeinleiden (Schärfe) diesem Ausschlag zu Grunde; daher er nicht ohne Vorsicht zu unterdrücken ist und gerne wiederkehrt.
Die Behandlung erfordert hauptsächlich umstimmende Mittel oder solche, die das Leiden der Haut gleichsam zu einem selbstständigen machen (dasselbe verstärken aber zugleich seinen Verlauf beschleunigen.) Auf zweckmässige Diät ist hiebei be­sondere Rüchsicht zu nehmen.
Die Flechten theilen sich in 1) nasse und 2) trockene.
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Chronische Ausschläge.
1. Nasse Flechten, Flechten mit Ansscbwitzang. (Herpes extudatoriui.)
Nicht leicht über zwei Zoll gross, die Haut mit einer fett­ähnlichen Ausschwitzung bedeckt. Hieher zählt Haubner:
a) Die Fett flechte, Uerpes unguinosus, der Pferde (sei dasselbe, -was die Speckraude der Hunde).
Meist am Halse, Rücken oder den Hinterbacken; zuerst erbsengrosse Knötchen, durch Verklebung der Haare in kleine Büschel entstanden, diese fallen später aus und hinterlassen die Haut glatt, weiss, entfernt ins Bläuliche spielend, wie mit einer dünnen Fettlage bedeckt. Die anfangs sehr kleinen Stellen dehnen sich bis zu einigen Zollen aus und jucken sehr.
Behandlung: äuuserlich Quecksilbersalbe, auch Terpen­tinöl, daneben die nöthige Aufmerksamkeit auf den allgemeinen Gesundheitszustand und etwaige innerliche Mittel.
b) Hitzflechte, Herpes ealens. Meist am Kopfe und Halse der Pferde; entsteht schnell unter Fiebersymptomen, und bildet endlich 1—2 Zoll grosse Stellen mit vermehrter Wärme und Empfindlichkeit, sodann am 2—3ten Tage Ausschwitzung und Ausfallen der Haare. Die Haut erscheint ganz glatt, weiss oder röthlich, fettglänzend. Die Stellen nehmen wenig an Umfang zu, das Jucken ist massig.
Behandlung: Anfangs nichts, bis die Ausschwitzung be­endet ist, sodann Terpentinöl und später Unguent, mercur. Innerlich Salze.
(Der Unterschied zwischen a) und b) scheint nicht sehr gross zu sein).
Schutt beschreibt unter dem Namen ügger und Wasza zwei in Bussland vorkommende Hautausschläge der Pferde, welche der Fettflechte und der fressenden Flechte ähnlich sind; erstere leitet er von Insectenstichen ab. letztere soll anthraxartig sein, was jedoch von Adamowitch bestritten wird. (J.B. 1855 und Russl. 1853.)
Dass Flechten beim Pferd selbst tödtlich werden können, beweist ein von Vallada mitgetheilter Fall (Turin II.) Eletti sah geschwürige Flechten bei heissem Wetter entstehen. (Mail. III.)
B, y c h n e r beobachtete beim Rindvieh Flechten bios in den höheren Gegenden und vorzugsweise bei Jährlingen. Sie äusserten sich durch Jucken, Eruption kleiner, durchsichtiger Bläschen, die eine wasserhelle Flüssigkeit ent­leeren , worauf die Oberhaut entweder feucht oder aber mehlig sich abschuppt. Die Behandlung bestand innerlich in einem Decoet. enulae und ßor. tiliae mit Tart. emet. und Natr. mlph., äusserlich in einer Salbe aus Flor, zinei.
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Flechten.
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und Fett nnd nachherigem Waschen mit Kaliseife. — Ansteckung anderer Thiere beobachtete er nie, wohl aber von Menschen. (Vergl. die Beobach­tung von Epple in Repert. I., von Huri im a an im Schw. VII. Zürcher Jahresbericht in Schw. XI. Uebertragung auf Menschen, Rindvieh und von einer Ziege auf das Rind. s. J.B. 1854; von Rindvieh auf Menschen in Belg. 1856. Mehrere Fälle sind zusammengestellt in Rec. 1838.)
c) Fressende Flechten der Hunde (Herpes exedens, mihi.) Sie bilden eine geröthete, stets nässende Oberfläche, auf der die Haare vollständig ausgefallen sind. Ein grosser Haus­hund hatte eine solche Platte auf der Seite, in der Grosse eines Kronenthalers, und in ein paar Tagen war sie schon handgross geworden. Eine Hündin, die vor 4 Wochen Junge geworfen hatte, bekam (im Mai 1838) solche nässende Platten von ver­schiedener Grosse am Euter, sodann in grosser Ausdehnung am Wurf, Mittelfleisch und der untern Fläche des Schweifs; sie nahmen schnell zu, waren unregelmässig und bedeckten sich mit einem dünnen Schorfe. Durch das Ablecken wurde der Ausschlag auch auf die Lippen übertragen; er schien wenig Schmerz, aber ziemliches Jucken hervorzubringen. Als Ursache dieses Ausschlags wurde Erkältung angegeben, z. B. bei Jagd­hunden durch das Apportiren aus dem Wasser u. s. w.
Behandlung: innerlich Abführen mit Mercur. dulcis, äusserlich Waschungen mit einer Auflösung von weissem Vi­triol oder Schwefelleber.
d) Mercurial flechte. (Eczema mereuriale, Hydrargyria.)
Die unvorsichtige Anwendung der graueh Quecksilbersalbe hat bei Rindvieh und Hunden nicht selten einen nässenden Ausschlag zur Folge, der aus rundlichen, haarlosen, sehr jucken­den Stellen besteht, auf denen eine scharfe Flüssigkeit aus­schwitzt. Die Haut ist anfangs roth, geschwollen (daher als Rothlauf beschrieben bei Ryebner), später hart und rissig. Hunde leiden besonders an der innern Fläche der Schenkel, dem Hodensack u. s. w. Dazu gesellt sich Appetitlosigkeit, Speicheln, Verkleben der Augenlider, grosse Mattigkeit, übler Geruch der Ausdünstung, und es kann selbst der Tod folgen. Die Heilung ist langwierig. Erweichende Bähungen, innerlich zuerst entzündungswidrige, später stärkende Mittel; Reinlichkeit kräftige, leicht verdauliche Nahrung. (Fälle in Belg. 1853, Tu­rin I, Zürcher J.B. 1853.)
Hetiug, PatLoldgie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 11
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Chronische Aasschläge.
Quäghägens sah blutende Pusteln hei einer Kuh, die mit Jod- und Quecksilbersalbe behandelt worden war; Straub beschreibt einen Blutaus­schlag am Ohr eines Pferds. Rep. 1849.
2. Trockene Flechten (Berpei sieeui, und Liehen).
Haarlose Stellen mit feiner Abschilferung der Oberhaut,
meist ausgebreitet.
a) Glatzflechte {Eerpea decalvans, Hanbner, Porrigo deealvam, Greve,
richtiger Favus).
Meist am Halse, den sie oft ganz einnimmt; runde oder nnregelmässige, kahle Stellen, bei trockener, weicher und glat­ter (glänzender und weisser) Haut; hin und wieder zarte Blätt­chen der losgehenden Oberhaut; bei grösserer Ausdehnung zer­streute Schorfblättchen von gelbbräunlicher Farbe, eine und mehr Linien im Umfang; Jucken.
Die Glatzflechte entsteht bald binnen wenigen Stunden, bald aber langsam. Die kahlen Stellen nehmen oft bedeutend an Umfang zu, und das innerhalb derselben hervorkeimende, neue Haar ist immer weit weicher, dünner und heller, z. B. bei Rappen dunkelbraun, bei Braunen hellröthlich, sogar bei dunkeln Pferden grau oder weiss, besonders an solchen Stellen, wo die Haut dicht über den Knochen liegt.
(Dieser Ausschlag muss von dem Kahlwerden der Haut durch Absterben der Haarwurzeln oder locale Schwäche der Haut, z. B. in Folge des Alters oder von Druck der Riemen u. s. w. unterschieden werden.)
Behandlung: äusserlich und innerlich wie bei den vorher­gehenden Formen; das Uebel ist oft hartnäckig.
b) Schmutz-Flechte odet Räude-Flechte (Herpes seabiosus).
An allen Theilen des Körpers, jedoch vorzugsweise am Halse; sehr häufig bei vernachlässigten und Waidepferden.
Haarlose Flechten von verschiedener Form und Grosse und oft bedeutendem Umfange; die Haut mit normaler Färbung, aber an der Oberfläche rissig und aufgesprungen, sehr spröde und rauh; die Epidermis schuppt sich in weissgrauen Schuppen ab. Einzelne Schorfblättchen von dunkelbrauner Farbe. Jucken.
Ursache: vernachlässigte Hautreinigung, davon geringere Thätigkeit der Haut.
Heilung durch sorgfältige Reinigung, starkes Seifenwasser oder Hautreize.
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Flechten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;211
Bei sehr herabgekpmmenen Thieren und anhaltender Ein­wirkung nasskalter Witterung, verdorbenem Futtér (Waide) wird diese Flechte bösartig und bekommt den Namen der Hunger-Räude (H. scahiosus malignus). Die bereits erwähn­ten krankhaften Veränderungen der Haut nehmen zu, wie auch das Jucken; es bilden sich kleine Geschwürchen, die Haut ver­dickt sich und wird gerne faltig, und es soll sich die wirkliche Räude daraus entwickeln können.
Behandlung: bessere Nahrung und Pflege, besonders der Haut, äusserlich die gewöhnlichen Raudemittel.
Grete beschreibt eine Schmntz-Flechte oder trockene Mancke {Rupia eguorum) als einen flechtenartigen Ausschlag, der Tom Saum des Hufes bis zum Sprung- oder Kniegelenke hinaufgeht, und selbst die ganze Gliedmasse einnehmen kann. Anfangs sind es flache Bläschen, die zerstreut sitzen, aufbrechen und eine scharfe Flüssigkeit ergiessen. Diese gerinnt gleich-bald zu dünnen, flachen, in der Mitte etwas dickeren Borken, die leicht abgerieben werden können, aber sich schnell wieder erzengen. Der Verlauf ist langsam; Kälte und Nässe bringen Yerschlimmerung. Edlere Pferde sind diesem Ausschlag mehr unterworfen. Behandlung; Bleimittel.
(Haubner scheint diesen Ausschlag eher unter die Schorf-Ausschläge stellen zu wollen.)
c) Schwind-Flechte (Liehen, Ton Hanbner als besondere Gattung des Herpes aufgeführt.)
Kommt sehr häufig vor, ist aber gutartig und breitet sich nicht weiter aus.
Befällt jeden Theil des Körpers, besonders empfindlicher Pferde, zu jeder Jahreszeit, doch häufiger im Frühjahr und Herbst, und steht oft in Verbindung mit dem Haarwechsel.
Beim Ausbruche sind es kleine und flache Haarknötchen, nach deren Ausfallen die Haut kahl und etwas rissig zurück­bleibt. (Haubner unterscheidet L. cinereus, wobei die Haut etwas spröder ist und gräulich, und L. albescens, wobei sie weicher als sonst und weiss oder röthlich aussieht.)
Die Flecken sind oft in sehr grosser Zahl zugegen, allein selten grosser als '/j Zoll, bleiben oft 4—6 Wochen unver­ändert, worauf die Epidermis in dünnen, leichten Schuppen ab­geht und die Haare wieder wachsen.
Die Krankheit kommt gerne wieder, erfordert aber bei ihrer Gutartigkeit keine ärztliche Behandlung.
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Chronische Ausschläge.
6) Schuppen-Ausschläge (Efflorescentiae squamosae Hbr.).
Das Abschuppen der Oberhaut, welches auch bei vielen andern Ausschlägen vorkommt, ist hier primär und das hervor­stechendste Symptom. Von der Borkenbildung unterscheiden sich die Schuppenausschläge dadurch, dass bei jener (obgleich nicht immer vom ersten Beginne der Krankheit an) ein Exsu­dat zugegen ist, welches die sich ablösenden Hautschuppen ver­klebt, bei den Schnppenausschlägen dagegen bios die Oberhaut in lockeren Schichten über einander liegt, und sich immer wie­der neu erzeugt und ablöst. Hierher gehört
a) Der Kleien-Ausschlag (Pityriasis, s. Iferpei furßeraeeus),
wobei die Oberhaut in kleinen mehl- oder kleienähnlichen Schüppchen abgeht. Er befallt den obern Theil des Kopfs und Halses, besonders aber die Stellen, wo Knochen unter der Haut liegen (z. B. Ellbogen, Hüften), und besteht in einer An­häufung kleienartiger, weisser oder weissgrauer Schuppen mit heftigem Jucken, wobei sich die Haut verdickt, hart und steif anfühlt. Nach Entfernung der Schuppen erscheint die Ober­haut trocken, hart und rissig und bisweilen von hellerer Farbe.
Bei Pferden, die zwar gut gefüttert aber schlecht gewartet wurden, sah ich diesen Ausschlag über den grössten Theil des Körpers sich verbreiten; er schien ansteckend zu sein, und war so hartnäckig, dass er innerlichen und äussern Mitteln längere Zeit widerstand, üeberdies kommt der Ausschlag gerne wieder, sobald die Thiere in ihre früheren Verhältnisse zurückkehren. Jacob sah die Kleinflechte durch gleiches Putzzeug auf andere Pferde übertragen worden (Rec. 1850). Roll hält sie nicht für contagiös.
Behandlung: Waschen mit Seifenwasser oder gelind zu­sammenziehenden Waschwassern, auch Cerat. saturm (Greve).
Die Anhäufung von Hautschuppen auf der Haut unreinlich gehaltener Pferde ist für sich noch kein Ausschlag, kann aber dazu Veranlassung geben.
Beim Rind wird diese Ansschlagsform an dem Triel, auch am Nacken beobachtet (und Zittermal, Zitterrose u. dgl. ge­nannt); er weicht wiederholten Einreibungen von Theer oder von Kali-Seife und nachherigem Baden der kranken Stellen mit lauem Wasser.
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Flechten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; quot;•nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;213
b) Schuppen-Flechte (Psoriasis, s. ff. squamosus), unterscheidet sich durch grössere und breitere Schuppen, hef­tigere Zufalle und nicht selten gleichzeitiges Allgemeinleiden. Sie bildet rundliche, sehr juckende Flecken und kommt an den Augen, dem Hintern, den Lenden, der Schaam, am häufigsten aber am Grunde der Mähne vor. Die Scliuppenflechte kommt meist im, Frühjahr und verschwindet im Herbst wieder; sie kehrt gerne alljährlich zurück. Greve beobachtete, dass dem Aus­bruche fieberhafte Zufälle oder leichte Kolikschmerzen voraus­gingen.
Unter ungünstigen Verhältnissen wird die Schuppenflechte bösartig, z.B. durch Reiben, Nässe und Kälte, ünreinlichkeit; alsdann bilden sich tiefe, schmerzhafte Schrunden und Risse mit Ausschwitzung einer gelbbräunlichen Flüssigkeit, die zu Borken vertrocknet.
Die äusserliche Behandlung ist von der der vorherer­wähnten Ausschläge nicht abweichend (hauptsächlich üngt. mei'cur.): innerlich mögen Schwefelmittel, Herba sabinae ge­geben werden.
Zu a) gehört noch:
Dei kleienartige oder trockene Straubfuss. Gr.
Er entsteht fast immer als primäre Krankheit, d. h. ohne dass Mauke vorausgegangen wäre (wie bei dem feuchten Straub­fuss), ist anfänglich eine kalte, aber gespannte Anschwellung des Fesseis, die sich manchmal bis zum Knie- oder Sprunggelenke hinauf erstreckt. Die Haut schwizt etwas Feuchtigkeit aus, die zu einer grossen Menge kleienartiger Schuppen gerinnt, welche sieh abschälen. Die Haare fallen theils aus, theils richten sie sich auf; oft gehen alle aus. Nach und nach verdickt sich die Haut, wird wie Sohlenleder und etwas rauh, während die Aus­schwitzung fortdauert. Das Uebel ist langwierig und seine Be­handlung erfordert Geduld.
7) Borken-Ausschläge. (Ejjß. lepyrosae, Hbr.)
Sie sind im ausgebildeten Zustande und die längste Zeit ihres Bestehens hindurch mit einer mehr oder weniger dicken Borkenlage bedeckt, und dies ist ihre erheblichste Erscheinung. Die Borken bestehen aus übereinandergehäuften und verklebten Hantschuppen, die nicht aus einer abgesonderten Flüssigkeit (wie
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Chronische Ausschlage.
die Schorfe) und von einer Absondernngsfläche hervorgehen; sie bilden eine compacte Masse und sitzen fest auf der Haut. Oft geht eine Schorf- oder einfache Schuppenbildung voraus. Hieher rechnet Haubner
a) den Kleien- oder Schuppen-Grind {Prwrigó), h) die Baude.
Der Kleiengrind befällt den Kopf, besonders die weissen Stellen desselben (die Abzeichen, Sterne), die er in ihrem gan­zen Umfang einnimmt (P. facialis), oder die Vorderknie und Sprunggelenke (P. carpi et tarsi), wo er querlaufende Hautfal­ten auf der Beugeseite bildet, die mit kleienartigen Borken be­deckt sind. Die Haare sind meist ausgefallen, oder stehen ver­einzelt und gesträubt. Beide Formen sind gutartig, und heilen meist von selbst. (Die Raspe scheint die bösartige Form des Kleiengrinds der Knie- und Sprunggelenke vorzustellen).
Hierher gehört wahrscheinlich:
Das Hautjucken des Schweifs (Prurigo caudalis Gr.') Kleine, weiche Blätterchen bilden sich auf dem obern (be­haarten) Theil der Sbhweifwurzel des Pferds, verursachen star­kes Jucken, daher Reiben, wodurch die Haare abgeschaben wer­den oder ganz ausfallen. — Es kommt gerne wieder.
Behandlung: Mercurialsalbe nach Greve (ich Hess mit Erfolg Theer mit grüner Seife, auch scharfe Salbe einreiben, ob­gleich das Uebel alle Jahr sich wieder einstellte. Sehr hart­näckigen Prurigo bei Pferden mit Arsenikauflösung geheilt von Defays (Belg. 1854), von Delwart (ebd. 1855). Gegen Pïw^o/o/WcYmlaquo; bei Ochsen wandte Daprey starke Laugen­bäder mit Erfolg an. (Rec. 1853.)
b) Baude (Krätze, Schabe, Scabies, Psora). Literatur: Chabert (über Krätze und Flechten der Thiere 1783). Walz 1809, Gobier (Ï816), Greve (1821), Tscheulin (1824). Hert-wiginG. lt;fcH. I, Hering in den Abhdlgn der kaiserl. Akademie der Naturforscher XVHI. Bd. 1835 mit Abbild.; van Leeuwen in Numan's Mag. IV. Bd. Bonrguignon u. Delafond in Eec. 1851 u. folg. Ger­lach (Krätze und Baude, BerUn 1857 mit Abbild.)
Ein fieberloser, langwieriger Hautausschlag mit Bläschen, Geschwnrchen oder bioser Abschuppung der Epidermis und hef­tigem Jucken. Bei mehreren Thierarten mit constanter Milben­bildung. Ansteckend theils blos für Thiere derselben Art, theils
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Baude,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;215
auch für andere Species. Sich selbst überlassen zur Cachexie und Abzehrung führend.
Die Räude wird häufig mit andern, verwandten Hautaus­schlägen verwechselt. Sie befällt sowohl Hausthiere als wilde Thiere, und scheint, ausser der Ansteckung, ein Sinken der Ernährung (Hungerraude) oder Uebelsäftigkeit und insbesondere eine Schwäche oder Auflockerung der Haut vorauszusetzen. Grosse Unreinlichkeit, anhaltende Nässe, die davon herrührende Störung der Hautfunction, schlechtes Futter oder Mangel an Futter u. dgl. sollen die Krankheit hervorbringen, jedenfalls begünstigen sie ihre weitere Ausbreitung auf dem davon befal­lenen Thiere. Der Unterschied zwischen trockener und nasser Räude ist blos gradweise; letztere ist der höhere Grad; indes­sen ist die Haut einiger Thierspecies mehr zu einer trockenen Abschupgung, anderer mehr zu seröser Ausschwitzung, und noch anderer zu tieferen Geschwüren geneigt.
Die Heilung der Krätze beruht theils auf Entfernung der Ursachen (somit gutes und hinreichendes Futter, grosse Rein­lichkeit und Pflege der Haut, manchmal auch Verbesserung der Säfte durch ausleerende, schweisstreibende und ähnliche Mittel), theils auf einer ümstimmung der Haut durch reizende Mittel, hauptsächlich aber auf Vertilgung der Milben durch ihnen tödt-liche Substanzen. Bei der Selbstentwicklung der Räude bleibt nach der Heilung eine grosse Disposition zu dieser, Krankheit zurück, und sie kommt gerne in derselben Jahreszeit wieder.
Man ist durch die neuesten Untersuchungen veranlasst worden, hlos den von Krätzmilben herrorgebrachten Ausschlag als Räude anzuerkennen, wie dies schon längst bei der Schafraude angenommen war; andere juckende Ausschläge werden als Flechten u. dgl. und im Allgemeinen als nicht anste­ckend oder wenigstens keine Vorsiohtsmassregeln erheischend betrachtet.
Die spontane Entwicklung der Räude, beziehungsweise der Milben, wird neuerer Zeit (z. B. Ton Gerlach) verworfen, und nur die Ansteckung zuge­geben ; allein da irgend einmal die Milben müssen entstanden sein, so sieht man nicht ein, warum sie jetzt nicht auch noch sollen entstehen können; obwohl man zugeben muss, dass die Generatio spontanea viel seltener zu Staude kommen dürfte, als man früher geglaubt hat.
Die Milben gehören in die Ordnung Aptera (Flügellose) der Insecten, und stehen den Holzspinnen und Spinnen (JPha-langium und Aranea) am nächsten. Kopf, Brust und Hinter­leib sind vereinigt; letzterer hat keine Segmente, keinen Stiel, und eigentliche Antennen fehlen. Es sind 8 gegliederte Füsse vorhanden, von denen 4 vorwärts und 4 rückwärts gerichtet
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Chronische Ausschläge.
sind, und meist in ein Haftblatt oder in 1—2 lange Haare aus­gehen; die Füsse entspringen bei den Krätzmilben von keinem gemeinschaftlichen Schild (wie bei andern Milben, z. B. der Käsemilbe), der Kopf ist zweilappig, der Eüssel verschiebbar, aus 2—3 Klappen bestehend, die Augen scheinen zu fehlen. Der Körper ist rundlich, mit mehr oder weniger Haaren oder Borsten besetzt.
Die Mühen sind schon mit den Länsen verwechselt worden, die aber nicht allein viel grosser, sondern auch mehr den gewöhnlichen Insecten ähnlich ge­bildet sind (z. B. Segmente am Hinterleib haben).
Das Verhältniss der Krätzmilben zu der sie hervorbrin­genden Hautkrankheit ist dasselbe, wie bei jedem andern fixen Ansteckungsstoff. Die Milben sind ein Produkt des Krankheits-processes, ihre Entstehung ist aber ebenso dunkel, als die der Eingeweidewürmer. Einmal vorhanden pflanzen sie sich durch Begattung und Eierlegen fort; letzteres geschieht entweder auf der Oberhaut, aber unter den Krusten oder unter der Epider­mis, in der äussersten Schichte des Corium; ein solches Nest fühlt sich von aussen (wenn nicht Schorfe u. dgl. es hindern) wie ein sehr kleines Knötchen an.. Die gelegten Eier schlupfen nach einer, noch nicht bei allen Arten genau bekannten Zeit (etwa 8—12—16, nach Gerlach schon in 3—4 Tagen) aus; die jungen Milben sind nicht blos kleiner als die alten, sondern besitzen nur 6 Füsse, das ihnen fehlende Paar bekommen sie nach kurzer Zeit; acht Tage nach dem Ausschlüpfen sind sie schon fortpflanzungsfähig; die Zahl der Weibchen ist viel gros­ser als die der Männchen. Die Lebenszähigkeit der Milben ist ziemlich bedeutend; in trockner Wärme verdorren sie bald, da­gegen in der Feuchtigkeit und Kälte bleiben sie, von den Thie-ren entfernt, nicht selten 3 Wochen und darüber am Leben (nachKrogmann lebten Schaf- und Katzenmilben bis zu 40 Ta­gen). Die vom lebenden Körper entfernten Milbeneier bleiben mehrere Tage, selbst einige Wochen ausbrütungsfähig. Dadurch, dass die Milben von dem Thier weglaufen oder an Gegenstän­den, an denen sich die Thiere reiben, an Teppichen, Striegeln hängend, in der Streu, wie auf dem abgezogenen Fell der ge-tödteten Thiere u. s. w. fortleben, und mit diesen an entfernte Stellen hin gerathen können, machen sie gewissermassen den üebergang von den fixen zu den flüchtigen Contagien.
Der Beweis, dass die Milbe ansteckt und nicht die von den Krätzpusteln ausgeschwitzte Flüssigkeit, wird durch die
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Baude des Pferds.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 217
wiederholten Erfahrungen geliefert, dass diese Flüssigkeit — wenn sie keine Milben oder Eier enthält — durch Impfung keine Krätze hervorbringt, und dass dagegen Milben, besonders Weibchen, durch ihre üebertragung alle Symptome der Krätze zu Stände bringen, die aber nachdem sorgfaltigen Ablesen der Milben aufhört, ohne dass andere Mittel dagegen angewendet wurden. Wählt man blos männliche Milbgn, so entsteht zwar ebenfalls das Exanthem, allein es verliert sich mit dem Ab­sterben derselben von selbst wieder. Diese Versuche sind zu­erst von Walz gemacht, später mehrmals in der Stuttgarter Thierarzneischule wiederholt, endlich durch Her twig in Berlin (G. amp; H. I.) bestätigt worden. Da andere Insecten, welche die Haut durch Stich u. s. w. verletzen, doch keine Krätze hervorbringen, nimmt Gerlach an, dass die Milbe beim Anstechen der Haut mit ihrem Rüssel eine (specifische ?) scharfe Flüssigkeit in die kleine Wunde bringe.
Bis jetzt sind Milben in der Krätze des Menschen, der Räude des Pferds, des Rinds, des Schafs, der Ziege, der Katze, des Hundes und des Schweins, gefunden worden.
Unter den Nicht-Hausthieren hat man Milben bei der Gemse, dem Dro­medar, dem Elephanten dem Kaninchen und dem Fuchs beobachtet. Ger­lach hat auf mehreren Hausthieren mehr als eine Art von Raudemilben ge­funden und beschrieben, nur die in die Haut sich eingrabenden Milben rechnet G. zu der Gattung Sarcoples; er fand sie ausser dem Menschen (wo sie die Krätze bedingen) auf dem Pferde, Schweine, Hund, der Katze und dem Kaninchen. Diese sämmtlichen Species sind nur in der Grosse von einander verschieden und mögen ursprünglich menschliche Krätzmilben sein, die sich unter besonders günstigen Umständen auf den betreffenden Thieren acclimati-sirt haben ; von diesen gingen auch die Ansteckungsfälle von Menschen durch räudige Thiere ans. Die bisher bekannten Baudemilben des Pferds, Binds und der Schafe hat Gerlach in einem neuen Genus: Dermatodeetes zu­sammengestellt und genauer als bisher, namentlich in Beziehung auf Entwick­lung n. s. w. beobachtet; die Milben der Fussraude des Pferds und der Steiss-raude des Binds bilden die Gattung: SymbioteB, welche aber von der vorher­gehenden Gattung nur durch die Lebensweise abzuweichen scheint.
1) Baude des Pferd^.
Literatur: ausser den schon angeführten Schriften: Bas pail's Abhandlung übersetzt von K. 1835.
Sie kommt vorzugsweise bei ausgemergelten, alten und sehr schlecht gehaltenen Thieren vor, verbreitet sich aber leicht durch Ansteckung auf andere, und ist namentlich in Kriegs­zeiten herrschend.
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Chronische Ausschläge.
Die Räude des Pferds fängt wahrscheinlich mit einem ve-siculösen Ausschlag an; die Ausschwitzung verklebt die Haare, und das Jucken und Reiben der kranken Stellen macht, dass diese ausfallen, so dass die Stelle kahl oder mit einem mehr oder weniger dicken Schorf bedeckt erscheint. Sie beginnt an solchen Stellen, die der Ansammlung von Unreinlichkeiten mehr ausgesetzt sind, z. B. am Grunde der Mähne und des Schopfs, am Schweif, auf der Kruppe, aber auch an den Füs-sen, wo sie mit veralteter Mauke verwechselt wird.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;raquo;
Die ausgebildete Räude ist durch die Milben charakterisirt, welche sich in grosser Menge auf der kranken Haut und in den Schorfen befinden, aber nicht tief unter die Epidermis graben, wo sie ihre Eier legen. Die Raudemilbe des Pferds (Sarcoptes JSgm) ist weisslich, fast ohne Haare, ^g—Vs Li11*6 lang und etwas weniger breit; sie hat 8 Füsse, vier davon sind vorwärts gestreckt, das dritte Paar (nach rückwärts ge­richtet) hat beim Weibchen zwei sehr lange Borsten, das vierte eine Haftscheibe, das vierte Paar beim Männchen ist rudimen­tär und das dritte trägt eine Haftscheibe. Die Männchen sind mehr oval, die Weibchen rund und dicker; ihre Bewegungen sind langsam, in der Wärme etwas lebhafter. Die Männchen sind überdies durch zwei kurze, behaarte Höcker am Rande des Hinterleibs kenntlich, die dem Weibchen fehlen.
Gerlach fand bei Pferden die, der menschlichen ähnliche Krätzmilbe, Sareoptes Equi G. in % der ihm vorgekommenen Fälle; andere Beobachter haben bis jetzt diese Milbenart nicht beim Pferde gefanden, dagegen die von 6. als Dtrmatodecles Equi beschriebene Milbe, welche ich ausserdem auch in veralteter Maucke (Fusskiätze) fand, wo sie G. öfter sah und als Symbio-ies Equi bezeichnete. Alle drei Arten sind bei 6. abgebildet.
Die Ursachen der Pferderaude sind die bereits im All­gemeinen angegebenen; auch will man Ansteckung von Pferden durch krätzige Menschen und Katzen beobachtet haben.
Die Pferderaude ist in den meisten Fällen leicht heilbar, besonders wenn sie durch Ansteckung entstanden, und noch nicht sehr ausgebreitet oder veraltet ist. Alle den Milben tödtliche Mittel, wie Lauge, starke Seifenbäder, Chlorkalk, Schwefelleberauflösung, Fett, Mercurialsalbe und besonders em-pyreumatische Stoffe, insbesondere Kreosot, aber auch Theer, Holzessig, ferner 01. Com. Gerd, 01. petrae, und Terpentinöl reichen hiezu aus, und führen die Heilung langsamer oder schneller herbei. Innerliche Mittel sind hiebei nicht nötbig.
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Rande des Pferds.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;219
Ist aber die Räude veraltet, mit Uebelsäftigkeit verbunden, über eine grosse Strecke des Körpers verbreitet, und sind die äussern Umstände ungünstig (z. B. Mangel an Futter, schlech­tes Futter, unreinlicher Stall u. s. w.), so wird ihre Heilung schwierig und bedarf ausser der äusserlichen Mittel noch ent­sprechender Innerlicher Mittel aus der Classe der umstimmen­den (Schwefel, Spiessglanz) und stärkenden (bittere und ge­würzhafte Pflanzenstoffe). Die Haut muss stärker gereizt werden, durch Einreibung von 01. terebinth, oder selbst Canthariden-salbe; eine Auflösung von Arsenik in Wasser, dem Essig zu­gesetzt worden, ist ein sehr wohlfeiles und wirksames Mittel die Waschungen damit-erfordern aber viele Vorsicht, so, dass bei grosser Ausdehnung des Ausschlags nicht die ganze Oberfläche auf einmal, sondern nur eine Seite um die andere nachdrück­lich mit dem Arsenikessig gewaschen und dies nach je 2 bis 3 Tagen wiederholt wird. Auch innerlich ist der Arsenik bei sehr eingewurzelter Krätze mit Erfolg gegeben worden. Unge-frohrn fuhrt einen tödtlich geendeten Fall an (N. amp; V. 1850). Bei Einreibungen von Salben mit Canthariden, Veratr. alh. u. dgl. ist das Ablecken derselben zu verhindern, da man tödt-liche Folgen davon gesehen hat.
Von der schnellen Heilung eines raudeähnlichen Ausschlags bei Pferden durch Mercurialsalbe soll ein drei Wochen dauern­des, keinem Mittel weichendes Schwerathmen mit Erstickungs­zufällen entstanden sein, welches erst nachliess, als durch ein Fontanell und Einreibung mit Ungt. mercur. praec. rühr, die krätzig gewesene Stelle wieder pustulös geworden war. Der­gleichen Metastasen sind bei den Thieren äusserst selten.
Die Krätze des Pferds steht in dem württembergischen Rescript von 1767 unter den Hauptmängeln, wohin sie jedoch nicht gehört, da gelinde und leicht zu übersehende Grade ohne Schwierigkeit geheilt werden können, im höhern Grade aber die Krankheit dem Käufer nicht verborgen bleiben kann.
Die Fferdemilben gehen auf den Menschen übet und bringen auf dem­selben einen krätzähnlichen Ausschlag hervor; es ist aber nicht wahrscheinlich, dass sie sich auf der menschlichen Haut fortpflanzen, sondern nach einigen Wochen absterben; durch die Milben tödtende Mittel lässt sich dieser Aus­schlag schnell beseitigen. Sick sah 1807 viele Husaren eines Regiments von ihren Pferden angesteckt werden. Die med. Zeitung des Vereins für Heil­kunde in Prenssen (1840) theilt einen Fall mit, in'welchem drei Personen, die ein räudiges Pferd ablederten, nach drei Tagen einen stark jackenden
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Chronische Ausschläge.
nässenden Hautausschlag an Brust, Hals, Arm und Unterleib bekamen, der durch Schvefelmittel, Seife n. s. w. in 14 Tagen heilte. Neuere Fälle sind angeführt in G. amp; H. 1854 n. 1856, 56 Suppl.; Toul. 1854; Zürch. Med.Be-richt von 1852, in Alfort beim Operiren an räudigen Pferden; im südlichen Frankreich (v. Dupont) bei mehreren Personen, jahrelang fortdauernd (Toni. 1854); Bitter in Bep. 1855. Gerlach loc. cit. Gamberini will von räu­digen Pferden bei Menschen Herpes tquamosus und Eczema impeligimridei entstehen gesehen haben; Bourguignon dagegen fand bei solchen ange­steckten Personen die eigentliche Krätzmilbe des Menschen. (Bep. XYII.) Auch Bindrieh und Schweine sollen von krätzigen Pferden angesteckt worden sein. Als ansteckende Krankheit erfordert somit die Räude des Pferds polizeiliche Massregeln gegen die Weiterverbreitung (Ab­sperrung). Der Stall und die Utensilien, besonders Teppiche, sind vor dem Gebrauch sorgfältig zu reinigen. Der Räude ähnliche Symptome sieht man zuweilen durch Hühnerläuse {Denmtnyssus aviurn) entstehen, die von über den Pferdeställen angebrachten Geflügelställen herabfallen, (s. S. 196.)
2) Baude des Rindviehs.
Literatur: Ernst (Schw. Arch. II.), Günzel (Oecon. Neuigk. 1828). Hering, Bep. VI n. XIV. S. 12.
Die Räude des Rindviehs befallt vorzugsweise die obern Theile des Körpers längs der Wirbelsäule; sie äussert sich durch Reiben und Kratzen, Ausfallen der Haare in Folge der Bildung kleiner Blächen, die aufbrechen oder aufgerieben wer­den , worauf sich entweder die Oberhaut schuppig und trocken abschilfert (trockene Räude), oder aber sich breite, um sich greifende Geschwüre bilden, deren Product ein scharfes Serum ist, welches die Umgebung unter der davon gebildeten Borke anfrisst (nasse Räude).
Nach Ryebner bildet sich bei magerem Rindvieh eher die trockene oder Hungerraude, bei gutgenährtem oder fettem dagegen die nasse Räude.
Gohier hat bei räudigem Rindvieh Milben in Menge ge­sehen, beschreibt sie aber nicht genau, sondern versichert blos, er habe sie nicht wesentlich von denen des Pferds ver­schieden gefunden. Ihre Uebertragung auf Pferde, Esel und Hunde hatte keinen Erfolg, obgleich man sie noch nach 30 Stunden unter der Oberhaut, wo sie sich eingenistet hatten, beobachten konnte; sie schienen ihm zersetzt worden zu sein. Auch mir gelang die Uebertragung auf Pferde nicht, dagegen konnte ich bei genauer Untersuchung die Unterschiede der
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Rande des Rindviehs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;221
• Krätzmilbe des Rinds (Sarcoptes Bovis) von der des Pferds angeben. Erstere ist kleiner, ihre Hinterfusse entspringen unten am Bauch, das dritte hat beim Männchen nur eine lange Borste und eine kurzgestielte Haftscheibe, beim Weibchen zwei lange Borsten ohne Haftscheibe; das vierte Fusspaar ist beim Männchen rudimentär, beim Weibchen mit einer Haftscheibe versehen. (S. naturwissenschaftliche Jahreshefte des württem­bergischen Vereins 1. Band und Repert. Vf. mit Abbildung.) Gerlach hat beim Rinde eine Milbenart als Dermatodectes Bovis und eine andere als SymMotes Bovis beschrieben; letztere stimmt ganz mit der von mir zuerst gegebenen Ab­bildung überein. Beide sind nicht nur einander sehr ähnlich, sondern auch nach Gerlach selbst von den entsprechenden Arten des Pferds nicht gut zu unterscheiden, werden aber als specifisch verschieden davon angenommen, weil ihre üebertra-gung auf Pferde fehlschlug. Die Symbiotes-Milbe findet sich bios an der Schwanzwurzel und der Grube neben dem After und soll Jahrelang, ohne sich weiter auszubreiten, bestehen können; im andern Falle verbreitet sie sich längs dem Rücken nnd dem Mittelfleisch. Die Dermatodectes-Raude soll sich vom Kopf bis zum Schwänze, über die Schultern u. s. w. erstrecken, und dicke Krusten bilden. Die Höcker am Hinterleib des Männ­chens sind mit vier Borsten versehen.
Ursache, Prognose und Behandlung wie bei der Pferderaude.
Rychner fand die Rande des Rindviehs nicht hartnäckig, nnd gibt der Kali-Seife unter den Heilmitteln den Vorzug; die kranken Stellen werden täglich 1—2mal damit beschmiert nnd den folgenden Tag abgewaschen. Auch Abkochungen von Tabak oder von Seifenkraut-Wurzel {Rad. saponariae) können benutzt werden. (Tabaksbrühe, ein tödtlicher Fall in G. amp;H. 1853.)
Polizeiliche Maasregeln nnd Desinfection des Stalls und der Geräthe wie beim Pferd.
Man behanptet, dass die Rande von Kühen anf den Menschen (Rade­in acher in rh. Vet. Ber. 1842. G. amp; H. X. ferner ebd. XXI. Suppl.) und von Pferden anf Kühe übergehen könne; auch wird ein Fall erzählt, in welchem eine krätzige Katze, die die Gewohnheit hatte, sich auf den Rücken einer Kuh zu legen , derselben (und von dieser aus der melkenden Magd nnd der ganzen Familie) die Krätze mitgetbeilt habe. Die von Ernst (loc. cit.) beobachtete Ansteckung von Menschen wird von Gerlach dem Herpes ton-luram zugeschrieben. Eine von Thudichum in Rubner's illustr. med. Zei-
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222nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Chronische Ausschlage.
tung I. Bd. 1852 ahgebildete, angeblich von Rindsraudegeschwüren beim Men­schen herrührende Milbe ist keine Krätzmilbe, sondern ein zufällig anwesender Acarus (nach G. Äearm spinipes Koch.)
3) Kaude des Schafs (Begenfäule, auch Anbruch).
Literatur ansser der bereits erwähnten: Uenss in Tübingen, Dissert. 1763. Steeb (1787) Viedebant (1790—91). Walz (1809) [klassisch], Brenneke (1811) [unbedeutend], Ryss (1816), Niemann (1819), Hering (1834 und 1842), Ritter (1841) Compilation.
Die Räude ist beim Schaf, nicht nur wegen ihrer grössern Verbreitung in ganzen Heerden, weit wichtiger, als die Räude der mehr vereinzelt gehaltenen grössern Hausthiere; sondern auch weil sie das hauptsächlichste Product des Schafs, die Wolle, an Menge und Beschaffenheit sehr beeinträchtigt. Wegen der langen und dichten Haare ist die Krankheit, wenigstens im Anfange, weit schwieriger zu erkennen, als beim Pferd oder Rind.
Die Ursache der Selbstentwicklung der Räude beim Schafe ist vorzugsweiss anhaltende Nässe (kalter Regen); das Trocknen kommt in der Tiefe der Wolle sehr schwer zu Stande; das Wasser löst den Wollschweiss auf und wird einer Seifenbrühe oder Lauge ähnlich, deren Einwirkung die Epidermis auflockert und die Haut in einen wassersuchtähnlichen Zustand versetzt; die Epidermis löst sich oder hebt sich empor, und ein scharfes Serum von grünlich-gelber Farbe befindet sich zwischen ihr und dem Corium.
Dieser Zustand der Haut, welcher am meisten die obern Theile des Körpers vom Nacken bis zur Schwanzwurzel befällt, ist die Regen faul e genannt worden, weil er zunächst durch lange dauerndes Regenwetter hervorgebracht wird. Die Regen-faule ist nicht identisch mit der Räude, denn es fehlt ihr die Fähigkeit, anzustecken; sie heilt auch von selbst, sobald die Thiere in trockene Verhältnisse gebracht werden, oder die Witterung warm und trocken wird. (Die Regenfäule verhält sich in mehrfacher Beziehung zur Räude, wie die Druse zum Rotz der Pferde.) In diesem Zustande der Auflockerung der Haut und der Ausschwitzung entwickelt sich die Raudemilbe des Schafs, die, einmal vorhanden, sich bald vermehrt und so die Ausbreitung der Krankheit auf dem einzelnen Thiere und von da ans in der Heerde bedingt.
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Rande des Schafs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 223
Roll nimmt die Regenfänle als gewöhnliches Eczem (Flechte), der Randeausschlag hat nach ihm nichts Besonderes als die Gegenwart der Milbe. R. gibt -vie Gerlach eine Selbstentwicklang der Räude nicht zn, sondern nur die Ansteckung.
Die Schafmilben unterscheiden sich von den übrigen Krätz­milben dadurch, dass das dritte Fusspaar in je 2 sehr lange Haare ausgeht, und die übrigen Füsse Haftscheiben besitzen; bei den Männchen ist das vierte Fusspaar verkümmert, die Farbe der Füsse ist rostbraun, die des Körpers weiss, mit einem fettähnlichen Glänze; sie sind ziemlich hart. Ihre Grosse varirt von 0,16 bis 0,22 Linien in der Länge, und 0,12 bis 0,17 Linien in der Breite; die trächigen Weibchen sind am grössten und fast kugelrund. Ihre Bewegungen sind sehr schwer­fallig, besonders in kalter Luft, wo sie fast erstarren, durch Anhauchen aber leicht aufzuwecken sind. Von den in der Wolle sehr häufigen, kleinen Kügelchen des Wollschweisses (oder von Hantschüppchen) sind die Milben schon mit dem blossen Auge durch ihre Bewegung zu unterscheiden; zu die­sem Zwecke legt man das zu- untersuchende Körperchen auf den Rücken der Hand oder auf den Aermel eines dunkeln Rocks, und behaucht es vorsichtig. Bei der Begattung hängen die Milben mit dem Hintertheile zusammen, die Köpfe nach den entgegengesetzten Seiten gerichtet; sie verharren Tage lang in dieser Verbindung; sodann begibt sich das Weibchen unter die Epidermis, Schorfe und legt daselbst seine Eier, wozu es einige Tage bedarf, die Eier schlüpfen nach längstens 16 Ta­gen aus (bei warmer und trockner Witterung etwas früher), und die jungen (6füssigen) Milben begeben sich nun auf die Oberfläche der Haut, die sie ebenfalls benagen und von deren Absonderung sie zn leben scheinen. Wo grössere Schorfe sich auf der aufgefressenen Haut befinden, sitzen die Milben lieber am Rande derselben, als in der Mitte; wo sich neue Platten entwickeln, hat die Haut ein grünliches, aufgedunsenes Ansehen. Nach Gerlach, welcher beim Schafe nur eine Milbenart, die et Der-matodectes Ovis nennt, gefunden bat, ist dieselbe von dem D. Equi, dem sie ansserst ähnlich sieht, in folgenden Funkten verschieden: sie ist grosser, mehr rund und gewölbt, feiner gestreift, fettigglänzend, die vordem Füsse sind schwacher, die hintern stärker, die Stiele der Haftscheibe haben 4 Glieder (statt 3), die Widerhäckchen am Rüssel sind stärker; der Lyrabogen an der Bauchseite des (alten) Weibchens geht in die Seitenbogen über. Man sieht, dass diese Unterschiede sehr schwer zu erkennen sind. Die Begattung dauert 3—4 Tage, die Ausbrütung des Eies eben so lange, die völlige Entwicklung
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224nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Chronische Ausschlage.
der jungen Milbe 7—8 Tage; es können somit ans einem Paare in 90 Ta­gen eine Million Milben entstehen.
Räudige Schafe reiben sich gerne, kratzen mit den Füssen, oder nagen mit dem Maule an den Stellen, bebbem mit den Lippen, wenn man kratzt, wo sie Jucken empfinden; dadurch geht die Wolle aus oder wird verwirrt oder quot;verunreinigt; auf dergleichen Stellen muss man bei der Untersuchung besonders sein Augenmerk richten.
Bei sehr langer Dauer und grosser Verbreitung der Räude werden nicht nur ganze Platten des Schafs kahl oder mit Schorfen bedeckt, sondern die Haut wird pergam ent artig und verdickt; es entwickelt sich Abmagerang, Husten, Zehrfieber u. s. w., und die Thiere gehen daran zu Grunde. Hiezu sind aber, wenn nicht schon vorher die Thiere sehr herabgekommen waren, mehrere Monate, selbst ein Jahr und darüber erforderlich.
Bei trocken kalter Witterung breitet sich die Räude so­wohl auf dem Individuum, als in der Heerde sehr langsam aus, und die einzelnen Raudeplatten sind manchmal nach einigen Wochen an Zahl und Umfang noch wie zuvor.
Die Ansteckung gesunder Schafe geschieht hauptsächlich durch das enge Zusammenliegen in den Ställen oder Pferchen; aber auch dadurch, dass gesunde Schafe in Ställe und Pferch-hurden gebracht werden, in denen kurz zuvor räudige Schafe waren, oder auf Waiden an Zäunen, Bäumen vorübergehen, an denen sich räudige Schafe gerieben haben, wobei leicht Woll­flocken mit etlichen Milben hängen bleiben. Auch durch die Felle der geschlachteten Thiere, wenn sie in dem Stalle u. s. w. aufgehängt werden, kann die Ansteckung verbreitet werden.
Behandlung: ist in einer Heerde die Krankheit ausge­brochen , so ist zunächst zu versuchen, ob nicht durch schleu-nige Entfernung der Erkrankten der Weiterverbreitung Einhalt gethan werden kann, was manchmal bei ununterbrochener Auf­merksamkeit gelingt. Solche Stücke sind entweder zu schlach­ten , oder ganz abgesondert zu halten und zu heilen. Wenn aber die Zahl der Angesteckten schon gross ist, oder der Ver­dacht dringend , dass schon viele Thiere inficirt sein möchten, so ist die Behandlung derselben, sobald es die Witterung er­laubt, vorzunehmen. Die Behandlung ist entweder eine par­tielle oder eine allgemeine, sowohl am Individuum als an der ganzen Heerde.
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Bande des Schafs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 225
Bei der partiellen Behandlung fangt man die sich rei­benden oder kratzenden Stücke heraus, sucht die kranken Stellen der Haut auf, und bedupft oder schmiert sie mit den gewöhnlichen Raudemitteln, z. B. Salben mit Quecksilber, Ter­pentinöl, Theer, oder Abkochungen von Tabak, Niesswurz und selbst Auflösungen von Quecksilbersalzen, z. B. Sublimat, die aber in der Verarbeitung der Wolle (z. B. beim Spinnen und Färben) sehr nachtheilig werden können. (Fall eines Schäfers, der an Sublimat-Vergiftung starb, s. J.Ber. 1849.) Während hiebei immer nur die einzelnen Stellen und einzelne verdächtige Thiere behandelt und geheilt werden, befällt der Ausschlag wie­der andere Stellen desselben Thiers oder andere Thiere der­selben Heerde, und man ist genöthigt, fortwährend zu schmie­ren, um die Krankheit nicht Überhand nehmen zu lassen. Es gelingt wohl selten durch dieses Verfahren die Räude in einer Schäferei dauerhaft zu beseitigen, (Schmierschäferei).
Bei der allgemeinen Behandlung wird nicht nur die ganze Oberfläche des Thiers mit dem Heilmittel in Berührung gebracht, sondern auch die ganze Heerde (wenn gleich manche Stücke derselben noch rein sein mögen) wird gleichzeitig vor­genommen und dadurch der Zweck der Austilgung der Krank­heit in einer verhältnissmässig kurzen Zeit erreicht. Das Bad, in welches die (bei langer Wfille zuvor geschornen) Schafe gänzlich eingetaucht werden, besteht im Wesentlichen aus einer unvollkommenen Auflösung des empyreumatischen Oels mittelst ätzender Lauge. Es wird hiezu ungelöschter Kalk (4 Theile) mit Wasser nach und nach abgelöscht und zu einem Brei gemacht, welchem man Potasche (5 Theile, oder statt deren 12mal so viel Buchenasche) zusetzt und Alles wohl zusammen­mengt; hierauf wird das Hirschhornöl, 01. Com. cervi (6 Theile) und Theer (3 Theile — in Ermanglung des letztern nimmt man um so viel mehr 01. G. G.) allmählig in den ätzenden Kalkbrei eingerührt, und diese Masse durch den Zusatz von (200 Theilen) ßindsham (Mistjauche) und (800 Theilen) WTasser nach und nach verdünnt.
Eine Verstärkung dieser sehr übelriechenden Sauce, welche nach Walz, der sie zuerst angab, benannt wird, lässt sich, wenn es nöthig erachtet werden sollte, durch Abbrechen am Wasser leicht bewirken; ein grösserer Zusatz der Oele, ohne entsprechenden Zusatz von ätzender Lauge, taugt nichts, weil
Be ring, Pathologie ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;13
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Chronische Aasschläge.
das Oel sich nicht gehörig mengt, sondern oben aufschwimmt. Ein Zusatz von Schwefel (nach Waldinger) ist durchaus überflüssig; in sehr hartnäckigen Fällen haben Einige der Brühe Quecksilbersublimat beizufügen für nöthig befunden (so setzte Walch zu 600 Pfd. der Brühe 3 ü. Sublimat und 4 ü. Salmiak), der jedoch von den alkalischen Bestandtheilen der­selben sogleich zersezt wird. Eben so zweckwidrig ist die von Hintermeyer angegebene Verstärkung mit Kupfervitriol (Woch. 1850).
Man rechnet bei der Anwendung der Brühe auf jedes ge-schorne Schaf 2 Pfd. derselben, auf ungeschorne im Verhältniss des Wollwuchses mehr; jedenfalls muss so viel Brühe bereitet werden, dass auch das letzte Schaf noch darin eingetaucht werden kann.
Bei dem Baden der räudigen Schafe werden dieselben einzeln in den mit der Brühe l1^—2 Fuss hoch angefüllten Zuber oder Bottich so eingetaucht, dass die Füsse und der Kopf, an welchen das Thier von 2 Männern gehalten wird, aussen bleiben, der ganze Körper aber von der Flüssigkeit benetzt wird; hat dies gehörig stattgefunden, so wird das Thier in einen daneben gestellten, leeren Zuber aufrecht hinein­gestellt, damit die überflüssige Brühe ablaufen kann; während dessen übergiesst man die einzelnen räudigen Platten nochmals mit der ablaufenden Brühe, lockert die Borken und Schorfe auf, und bringt durch Reiben und Kneten die Flüssigkeit in innige Berührung mit den kranken Stellen.
Sind die Schafe in der Wolle gebadet worden, so schei­telt man, während die Thiere in dem zweiten Zuber stehen, dieselbe auf dem Rücken und an den ergriffenen Stellen, und lässt von der Brühe so viel möglich auf die Haut eindringen. Sodann lässt man das gebadete Thier laufen. Da bei Schafen mit der Wolle behandelt, die Brühe viel länger auf die Haut wirkt, als bei frischgeschornen, weil bei jenen das Abtrocknen langsam von statten geht, so sehen Manche einen Vortheil darin, die Schafe ungeschoren vorzunehmen; bei den geschor-nen hingegen sieht man die einzelnen räudigen Platten besser, als bei ungeschornen.
Die am stärksten ergriffenen Thiere werden in der Regel zuerst vorgenommen, die weniger räudigen oder blos verdäch­tigen nachher.
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Rande des Schafs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;227
Das Bad muss, der in der Haut oder den Schorfen be­findlichen weiblichen Milben und Eier wegen, am 7. und 14. Tage wiederholt werden, wozu die Brühe wieder frisch zu be­reiten ist; in der Zwischenzeit hat man genau Acht zu geben, welche Schafe etwa sich wieder reiben und kratzen, und die­selben an den juckenden Stellen mit der (bei der Bereitung des Bads in kleiner Quantität beiseite gestellten) Brühe zu be-dupfen; auch vor der Anwendung des 2ten und 3ten Bads den Zustand der Haut und die Beschaffenheit der kranken Stellen zu untersuchen, namentlich aber zu sehen, ob noch lebende Milben vorhanden sind. Sollte kurz nach dem Bade die Schafe Regen treffen, so wird die Wirksamkeit desselben vermindert, und es kann ein 4tes und 5tes Bad, in gleichen Zwischenräu­men von 7—8 Tagen, erforderlich werden. Trockene, warme Witterung ist am günstigsten zur Vornahme dieses Geschäfts.
Wird aber die Kur im Winter vorgenommen (was selbst bei trächtigen Thieren schon ohne Nachtheil geschehen ist, wo­bei aber das Scheeren unterlassen wird), so muss die Brühe durch Zusatz von warmem Wasser etwas erwärmt und die Schafe müssen nach dem Bade in den Stall zurückgebracht werden.
Nur wenn die Bereitung und Anwendung des Bads genau und mit Fleiss und Ausdauer stattgefunden, auch in der Zwischenzeit sorgfältig auf die Thiere Acht gegeben worden ist, kann man der gründlichen Heilung mit Sicherheit entgegen­sehen; jedenfalls dürfen nicht einzelne Thiere des Haufens, un­ter dem Vorwand, dass sie nicht angesteckt seien, von dem Baden ausgeschlossen, nachher aber mit den übrigen wieder zusammengebracht werden; ebenso sind die Ställe, Hürden u. dgl. vorher zu reinigen (namentlich der Dünger auszuführen), ehe man die reconvalescirten Schafe wieder hineinbringt, da die Milben, vom Schafe entfernt 3—4 Wochen und länger fort­leben können.
Wo nachlässig und oberflächlich verfahren wird, und die angedeuteten Vorsichtsmassregeln nicht befolgt werden, bricht nicht selten, nach kürzerer oder längerer Zeit, die Räude wie­der in der Heerde aus.
Die Haut der gebadeten Thiere wird durch die reizende Beschaffenheit der Brühe höher geröthet, und die Wolle wächst nach dem Baden auffallend schnell.
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228nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Chronische Ausschläge.
Te ssier hatte längst Bäder mit Arsenik und Eisenvitriol angerühmt: in neuerer Zeit hat Delafond sie wieder em­pfohlen; nach des letzteren Vorschrift werden 2 Pfd. Arsenik, 20 Pfd. Eisenvitriol und 188 Pfd. Wasser genommen; hienach enthält das Litre 10 Yj Gramme Arsenik. Tessier's Vorschrift war stärker (16 Gr.) und Drouard sogar 20 Gramme. Es soll bei veralteter Räude einmaliges (6 Minuten langes) Ein­tauchen hinreichend gewesen sein. Da der ockergelbe Nieder­schlag in der Tessier'schen Lösung die Wolle verunreinigt, hat man statt des Eisensalzes, Zinkvitriol oder Alaun vorgeschlagen; diese adstringirende Mittel sollen (ausser der Zersetzung eines Theils des aufgelösten Arseniks) die Haut weniger geneigt ma­chen von dem Arsenik zu resorbiren. Die in England als „Brigg's Compositionquot; gebräuchliche Masse besteht aus Arsenik, Schwefel, Kali und Fett, und wird in Wasser ge­kocht ; es sind Fälle bekannt, wo sie viele Schafe krank ge­macht und selbst getödtet hat (Vet. 1852); die Mischung ist fehlerhaft und ganz verwerflich. Jedenfalls erfordert das Ar­senikbad die grösste Vorsicht und unterbleibt besser, da der Arsenik in den Händen der Laien ein zu gefährliches Mittel ist. Gerlach hält die Walz'sche Brühe für zu schwach bei inveterirter Räude (sie ist aber leicht zu verstärken); er zieht Tabaksdecoct im Verhältniss von 1 zu 20 bis 30 vor und lässt ein Laugenbad vorausgehen; das zweite Tabaksbad schon nach 5 Tagen anzuwenden. (Rec. 1845, 1846, 1856. Rep. VI. VII.)
Die Baude der Schafe kann mit flecbtenartigen Ausschlägen, die na­mentlich am Brustbein, Ellbogen u, s. w., vom Liegen auf hartem Boden ent­stehen , verwechselt werden; auch sind die Läuse der Schafe schon für Milben genommen worden; in diesem Falle ist aber die Haut nicht angegriffen, sondern unverletzt; dagegen benagen die Zecken (Bippobosea ovina) die Haut, und bringen den Raudegeschwüren ähnliche Änfressungen hervor; bei näherer Untersuchung wird man leicht die Zecken (welche die Grosse einer mittelmässigen Spinne haben und dunkelbraun sind) auffinden, und die kran­ken Stellen heilen entweder von selbst oder bei der Anwendung der gewöhn­lichen Wundmittel leicht wieder.
In den meisten deutschen Staaten bestehen besondere Ver­ordnungen gegen die Weiterverbreitung der Schafraude; na­mentlich ist das Verkaufen der räudigen Schafe, Treiben auf andere Waiden oder auf Märkte verboten; Schafe, die ihren bisherigen Aufenthaltsort verlassen, müssen vorher untersucht und mit einer Gesnndheitsurkunde versehen werden. (Beleh-
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Baude des Schweins.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 229
rung über die Natur und Behandlung der Schafraude, von dem k. württ. Med.-Collegium 1834, 1842. Zusammenstellung der auf die Schafzucht sich beziehenden Verordnungen für das Königreich Württemberg 1830.)
Das Schlachten räudiger Schafe ist erlaubt; bei fetten Hammeln, sehr kleinen Haufen, oder Mangel an abgesonderter Waide oder an Winterfutter ist es oft vortheilhafter, als die Kur. Das Fleisch ist ohne Nachtheil geniessbar; die Felle sind entweder an einem passenden Orte zu trocknen, oder aber gleich dem Gerber zu übergeben.
Nach der wüittembergischen und badischen Gesetzgebung ist die Räude der Schafe ein Gewährmangel, mit 15, in Oestreich mit 8 Tagen Gewährzeit.
Die Fälle, in denen Schafe von andern randigen Thieren (Hunden, Füchsen) , oder umgekehrt andere Thiere und selbst Menschen von randigen Schafen sollen angesteckt worden sein, sind nicht allein äusserst selten, son­dern auch nicht gehörig constatirt.
4) Räude der Ziege.
Sie ist von Wallraff als im Prätigau (Graublinden) herr­schend , beschrieben; der Ausschlag war über den ganzen Kör­per verbreitet, trocken mit Verdickung der Haut und Ausfallen der Haare; viele Ziegen gingen daran zu Grunde. Milben wur­den nicht gefunden, dagegen war die Ansteckung von Menschen sehr häufig; auch Pferde, Rindvieh, Schweine und Schafe wur­den davon befallen (es waren somit doch wohl Milben vor­handen, aber wegen ihrer Kleinheit schwer zu finden). Da ört­liche Mittel nichts fruchteten, Hess W. die Ziegen in der Walz'schen Brühe baden und erreichte damit die Heilung (wie auch bei den angesteckten Schafen und Schweinen). (Rep. XV.)
Müller in Wien hat bei abessynischen Ziegen einen Raude-ausschlag beobachtet und die Milben als denen der menschlichen Krätze ähnlich beschrieben. (Wien JH.)
5) Baude des Schweins. Sie äussert sich durch Pusteln an der Oberfläche des Kör­pers , besonders an der Innern Fläche der Vorder- und Hinter­schenkel, mit Ansschwitzung, Schorfbildung und starkem Jucken; die geschwürigen Stellen breiten sich aus, fliessen zusammen, eitern stark und verändern die Haut, welche dadurch speckig und verdickt wird.
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Chronische Auschläge.
Ausser den gewöhnlichen Ursachen der Selbstentwicklung der Kaude (Mangel an Nahrung und Pflege) ist die Ansteckung die häufigste Veranlassung, und zwar soll nach Viborg nicht blos ein räudiges Schwein andere anstecken können, sondern die Schweine sollen nicht selten die Räude bekommen, wenn sie im Mist von räudigen Schafen, Pferden oder Rindern lie­gen. Weitere Ansteckungen von Menschen berichten: van Gemmeren (Schmid's Jahrb. VI), Hekmayer u. Bontekoe in Numan III. In den gelinden Fällen reicht das Waschen mit einem Tabak- oder Niesswurzeldecoct (2 Unzen auf % bis 1 Mass Wasser) zur Heilung aus. Ist hingegen die Rande alt und hartnäckig, so ist der Arsenikessig das sicherste und kräf­tigste Mittel, erfordert aber bei seiner Anwendung Vorsicht. Er wird bereitet, indem man eine Unze weissen Arsenik in 1 Mass (4 Pf.) Essig und Yi Mass Wasser kocht, bis der Arsenik aufgelöst ist. Man wascht damit die kranken Stellen, jedoch bei grösserer Ausdehnung derselben nicht alle gleichzeitig, son­dern nach und nach. Selten sind mehr als 2 Waschungen nöthig. Grosse, wunde Stellen kann man auch mit Mercurial-salbe, der man den vierten Theil gebrannten Alaun zugesetzt hat, schmieren.
Gurlt hat (1846) bei räudigen wilden und Spinola bei zahmen Schweinen die Milbe aufgefunden; nach meiner Unter­suchung hatte dieselbe mehr Aehnlichkeit mit der Krätzmilbe des Menschen, als mit den übrigen bekannten Krätzmilben. Auch Ger lach, welcher diese Milbe (loc. cit.) abgebildet hat, findet sie von dem Sarcoptes der menschlichen Krätze und der von ihm auf dem Pferde gefundenen, ganz ähnliche Milbe, nur durch etwas stärkere Haare, breitere Brust bei schmalem Hinterleibe verschieden.
Die Räude der Schweine könnte wohl mit den Pocken derselben verwechselt werden. Bei Beobachtung des Verlaufs der Krankheit von ihrer Entstehung (durch Ansteckung) zeigte sich, dass bereits 5 Tage von der Heerde getrennte, damals gesund scheinende Thiere noch erkrankten; es bildeten sich aus kleinen rothen Punkten Pusteln von Linsen- bis Haselnuss-grösse, ohne genauere Gränze, ohne Schmerz, aber mit Jucken, besonders beim Berühren desselben. Die Stellen breiteten sich aus und schwärten; wo mehrere beisammen waren, oder die Thiere sich stark rieben, fielen die Borsten aus. Der Ausschlag
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Räude des Hunds.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 231
befiel zunächst die Stelle hinter den Ohren, den Hals, Bug, Rücken, Bauch und die innere Seite der Schenkel; Kopf, Augen und Rüssel blieben verschont; die Thiere frassen wenig, hatten helle Augen und keinen heissen Rüssel; die Ausleerungen wa­ren eher weich als hart. Viele dieser Schweine, die zu einer von auswärts eingetriebenen Heerde gehörten, krepirten unter den Erscheinungen der Cachexie in kurzer Zeit.
6) Räude des Hunds.
Die Hunde sind mehr als die übrigen Hausthiere raude-ähnlichen Ausschlägen unterworfen, obgleich bei ihnen die An­steckung seltener beobachtet wird. In vielen Fällen ist es schwer zu unterscheiden, ob man Räude oder Flechten vor sich hat; indessen hat es keinen Nutzen, so vielerlei Formen der Räude anzunehmen, wie manche Autoren gethan haben. Sie lassen sich nach den Hauptverschiedenheiten auf 3 reduciren: 1) die gewöhnliche trockene Räude, 2) die Speckraude, und 3) die rothe Räude.
1) Die gewöhnliche trockene Räude befällt vorzugs­weise den Rücken, breitet sich aber von da nach und nach über den ganzen Körper aus, bis zur Schnauze und den Zehen der Füsse. Die Oberhaut schuppt sich fortwährend ab, die Haare gehen aus und das Thier wird fast kahl; in höherem Grade wird die Cutis verdickt, höckerig, und durch das Kratzen (welches jedoch nicht so heftig ist) können einzelne Stellen wund werden; der Körper magert endlich ab und das Thier geht an der Abzehrung oder mit den Symptomen der Lungen­vereiterung zu Grunde. Der Verlauf ist sehr langwierig, Mo­nate und selbst Jahre lang kann der Ausschlag fortdauern. Verdorbenes Futter (besonders Fleisch), schlechte Ställe und Unreinlichkeit werden als Ursache dieser Räude beschuldigt.
Die Behandlung besteht anfangs in wiederholten Einrei­bungen von grüner Seife, manchmal mit Zusatz von Terpen­tinöl, oHqï von-Ungent. oxygenatum, oder Waschungen mit Schwefelleber-Auflösung, Sublimat-Auflösung u. dgl. In hart­näckigem Fällen ist eine Cantharidensalbe oder ein aus Can­thariden und Oel bereitetes scharfes Oel vorzuziehen. Ger­lach empfiehlt eine starke Lauge oder Tabaksdecoct (1:10) als Bad, nach 4—5 Tagen wiederholt. Ein periodisch wieder­holtes Abführungsmittel oder ein Eiterband unterstützen die
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Chronische Ausschläge.
Kur oft wesentlich. Daneben öfteres Abwaschen der kranken Stellen, frische, besonders vegetabilische Nahrungsmittel und reine Luft. Wo der ganze Körper ergriffen ist, sind Bäder mit frischem Hb. solcmi dulcam. manchmal noch von Nutzen. Indessen kommt die Krankheit gerne wieder, besonders wenn der Hund wieder in die vorigen Verhältnisse zurücktritt.
2) Die Speckraude wird häufiger bei gutgenährten Stnbenhunden getroffen. Sie befällt zuerst den Rücken oder die Kruppe, breitet sich nicht so leicht über den ganzen Kör­per aus, aber erregt heftigeres Jucken als die trockene Räude. Den Anfang bildet eine Eruption von Bläschen, die aufbrechen oder aufgekratzt werden, eine gelbliche, durchsichtige, etwas klebrige Flüssigkeit ergiessen, welche die Haut angreift und die Haare ausfallen macht. Die Oberfläche der Haut ist meist wund, oft ziemlich entzündet (vom Kratzen n. dgl.) und die Bildung der Schorfe wird durch das Belecken, Reiben 'u. s. w. verhindert. Nach länger dauernder Krankheit wird die Haut dick, speckartig, wenig empfindlich, der Haut eines Schweins ähnlich, mit dicken Falten oder Runzeln.
Ursache: zunächst Uebermass an Nahrung, scharfe ge­salzene und gewürzte Speisen u. dgl. •
Behandlung: Einreibung von Quecksilbersalbe, nöthigen-falls mit Terpentinöl, Auflösungen von Sublimat, beides mit der nöthigen Vorsicht gegen das Ablecken. Daneben magere Kost (Brodsuppe) und von Zeit zu Zeit ein Abführungsmittel.
Nachdem es lange Zeit nicht gelungen war die Raude-milbe des Hunds zu finden und selbst Ger lach zugibt, sie früher nur einmal gefunden zu haben, ist es demselben ge­lungen, ein Verfahren zu entdecken, nach welchem sie jedesmal, und selbst im Beginne des Ausschlags aufgefunden werden konnte. Dieses Verfahren besteht darin, dass man die Raude-krusten dicht an der Haut abnimmt, und auf den Arm aufbin­det; binnen 12 Stunden gehen sie auf den Arm über und gra­ben sich in die Haut ein; es bildet sich daselbst ein rothes Stippchen oder Knötchen, das man mit der Nadel zerreisst und die Milbe abliest. Die von Gerlach abgebildete Hundsmilbe ist der des Menschen (Pferds, Schweins, Katze) äusserst ähnlich, und wurde Sarcoptes canis genannt. Roll fand bei einem räudigen Hunde keine Kratz-, sondern die Harnsackmilbe (Acarm folliculorum) Kr. 1855.
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Rande des Hands.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 233
3) Roth e Rande. Dies ist ein entzündlicher, dem Schar­lach ähnlicher Ausschlag an der ^nnern Fläche der Schenkel, welche ganz hochroth aussehen und sich heiss anfühlen, dabei aber jucken. Es findet wenig Ausschwitzung statt, aber die Oberhaut schält sich los, und es enstehen manchmal oberfläch­liche Geschwüre.
Wegen des grossen Umfangs dieses Ausschlags sind Wa­schungen den Salben vorzuziehen. Eine sehr verdünnte Subli­mat-Auflösung oder blosses Kalkwasser reicht manchmal aus; verbreitet sich aber der Ausschlag auf die stärker behaarten Theile des Körpers, so sind die bei der gewöhnlichen Räude angegebenen Mittel zu versuchen. Da bei dieser Ausschlags­form schwerlich Milben zugegen sein werden, so gehört sie mehr unter die Flechtenausschläge.
Dass räudige Hunde andere Hunde anstecken können, ist gewiss; ob aber andere Hausthiere, ist sehr zu bezweifeln. Doch sind einige Fälle bekannt, in welchen Personen, die viel mit räudigen Hunden umgingen, einen juckenden Ausschlag da­von bekommen haben. (Fälle dieser Art s. bei Viborg, Hert-wig, Heckmejer (loc. cit.), ferner in med. Ztg. des Vereins für Heilkunde 1840. S. 59. Marrel im Rec. 1847. Nach Gerlach's Versuchen hält sich die Hundemilbe nur 14—28 Tage auf der menschlichen Haut und stirbt dann ab, wie es auch bei der üebertragung der meisten andern Thier-Raude-milben der Fall zu sein pflegt.
Man kann hier noch den Ohrwurm und den Wurm am Schweif anführen. Beide Krankheiten sind dem Hunde eigenthümlich und scheinen nicht blos von änssern Veranlassungen (Bissen, Reissen an Domen, Schütteln und Kratzen der Ohren) zu entstehen, sondern öfter einer im Innern des Körpers gelegenen Disposition ihre Entstehung zu verdanken.
Der Ohrwurm (Ohrkrebs) ist eine sehr schmerzhafte Entzündung einer beschränkten Stelle am Rande der Ohrmuschel bei langbehängten Hnnden; die Folge ist eine umschriebene Verhärtung des angegriffenen Theils, welche später aufbricht und eine fressende Jauche ergiesst, die zur weiteren Aus­breitung des Geschwürs dient.
In seltenen Fällen bildet sich eine grössere, fluctnirende Geschwulst am Ohr, die beim Oefihen eine Weinhefe-ähnliche aber geruchlose Flüssigkeit enthält.- Durch das Schütteln des Kopfs und das Kratzen mit den Füssen scheint das üebel vermehrt zu werden. Es befällt nicht selten ein Ohr um das andere; auch kommt der Ohrwurm gern wieder.
Behandlung: Man empfiehlt: Pecbpfiaster, Salbe mit rothem Präzipi-tat, graue Quecksilbersalbe, Ausschneiden und Brennen. Am zweckmässigten fand ich bis jetzt ein ans doppeltem Bindfaden gemachtes Eiterband, welches
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Chronische Ausschläge.
etwa Vj—1 Zoll über der kranken Stelle durch die Ohrmuschel durchge­zogen und (einem Ohrring ähnlich) zugebunden wird. Es bleibt bis zur völligen Heilnng des Geschwürs liegen. Ohrkappen unterstützen die Kur wesentlich.
Der Wurm am Schweif .kommt bei Hunden mit unrerstümmeltem Schweife vor; die äusserste Spitze desselben wird haarlos, trocken, schrumpft zusammen und stirbt ab; das Thier benagt dieselbe öfters und scheint da­ran Behagen oder Linderung zu finden. Schneidet man das abgestorbene Stück (von 1—2 Wirbeln) ab, so wiederholt sich der gleiche Vorgang nicht selten an dem Stumpfe, und so mehrmal nacheinander; es ist daher besser, den Schweif gleich das erstemal ein paar Zolle von der kranken Stelle ent­fernt, also tief im gesunden Theil abzuschlagen.
Bei den geschwänzten Affen beobachtet man etwas Aehnliches; die Spitze des Schweifs schwillt an, wird empfindlich, eitert ein wenig und das Thier beleckt sie oft; im Laufe hält es gerne den Schweif in der Hand, um das wahrscheinlich schmerzhafte Anschlagen der Spitze zu verhüten. Nach eini­ger Zeit fällt die Spitze des Schwanzes ah, und der gleiche Vorgang wieder­holt sich, bis endlich das Thier nur noch einen Stumpf hat und dadurch einem nngeschwänzten Affen gleicht.
7) Baude der Katze.
Literatur: schon Wedel schrieb (1672) darüber in Misc. Acad. Nat. Cur., Girtaner is Blumenbachs Bibl. III. Bd. Seuchenartige Ausbreitung in den preussischen Begierungsbezirken Oppeln, Minden and Cöln, s. 6. amp; H-1854, Suppl.
Sie befallt vorzugsweise den Kopf, verbreitet sich aber (wiewohl sehr langsam) über den ganzen Körper bis zu den Zehen der Füsse.
Man findet die Haut rissig und schorfig, die Haare sind theils durch die oft mehrere Linien dicken, trockenen Schorfe (besonders auf der Stirn) zu einem festen Grind zusammenge­klebt, theils aber auch ausgefallen (an den Füssen). Der An­fang der Krankheit ist gewöhnlich eine rothlaufartige Anschwel­lung des Kopfs. Die Augenlider sind oft ganz verdickt, und verschliessen das Auge beinahe völlig, die Thiere sind traurig, bewegen sich wenig, sind träge und wie betäubt; auch die Fresslust verliert sich im höheren Grade der Krankheit, das Thier magert ab und zehrt aus.
Die Katzenraude ist durch das Vorhandensein der Milbe (Sarcoptes Cati. Hg.) bedingt. Diese Milbe ist ausserordent-lich klein, beinahe kugelrund und meist in sehr grosser An­zahl zugegen, aber schwer zu finden, weil sie sich in der Tiefe der Schorfe aufhält; tödtet man die Katze und lässt ein Stück
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SchorfausschlSge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;235
der krätzigen Haut in der Wärme trocknen, so kommen die Milben in Menge hervor, und kriechen ziemlich behende an den hervorstehenden Haaren herum. Ihre Länge beträgt 0,05 bis 0,06 Linien, ihre Breite 0,05 Linien; der Körper ist unbehaart, die Füsse sind undeutlich gegliedert, die vier vordem haben Haftscheiben, das dritte und vierte Paar entspringen unten am Bauche, jenes endigt in eine lange Borste und zwei kurze dom­artige Fortsätze, das vierte Paar geht in eine Haftscheibe aus. Gerlach hat diese Milbe ebenfalls abgebildet; sie weicht von der Milbe des Menschen u. s. w. nur durch die Kleinheit ab, und bringt auf die Haut des Menschen gesetzt, eine leichte Rrätzreaction hervor.
Die Heilung dieses Ausschlags beruht auf der Vernichtung der Milben; hiezu können Einreibungen von grüner Seife, war­mem Oel, Laugenbäder dienen; eine schwache Auflösung von Kreosot in Wasser tödtet die Milben am .schnellsten; die Schorfe werden nach einiger Zeit mit warmem Seifenwasser aufgelockert und entfernt.
Es sind mehrere Fälle beobachtet worden, in denen randige Katzen beim Menschen einen ähnlichen juckenden Ausschlag hervorbrachten; gewöhnlich geschah die Ansteckung dadurch, dass die Katzen sich in dem Bette der Menschen aufhielten. Ich habe bei zwei jungen Leuten diesen Ausschlag als ein über den Rücken, Brust und die Arme verbreitetes Exanthem mit kleinen isolirt stehenden, äusserst juckenden Schorfchen beobachtet; er hatte bereits 14 Tage gedauert, ohne sich zu mindern, verschwand aber durch Waschun­gen mit Kreosotwasser in wenig Tagen. Auf der Haut des Menschen konnte ich die Milbe nicht auffinden. Die Fälle, in welchen randige Katzen Pferde und Rindvieh angesteckt haben, sind weit seltener.
Bei einer mit einem trockenen, schäbigen Ausschlag behafteten Katze fand ich eine andere Species von Milben, nämlich die Mehlmilbe; die Katze war ans dem Hanse eines Bäckers und die Mehlmilbe mag die Haut irritirt haben, wie dies beim Menschen dnrch die Käsemilbe öfter geschieht; beide aber verlassen den Körper bald wieder oder sterben auf demselben ab.
Beim Kaninch en hat Gerlach eine ebenfalls der menschlichen Krätz­milbe sehr ähnliche Milbe gefunden, die aber noch zarter und kleiner ist; sie lebte, auf die Haut des Menschen gesetzt, nur einige Tage, und haftete bei Thieren gar nicht. Die Rande des Kaninchens befällt wie bei der Katze vozugsweise den Kopf. Die Heilmittel müssen sehr verdünnt angewendet werden.
7. Schorf-Äusschläge (Effl. erustosae Hör.)
sind in einer gewissen Zeitperiode ihres Bestehens mit Schor­fen — dem verhärteten Product einer Absonderungsfläche, von
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Chronische Ausschläge.
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bräunlicher Farbe und zu Pulver verreiblich — bedeckt. Sie beginnen meist mit kleinen Bläschen oder Pusteln, die aber wegen der Haare leicht übersehen werden; die Absonderung der kranken Hautfläche ist gering.
a)Der Krustengrind (Etchara).
Er befallt theils den Kopf (besonders den obern Theil des­selben), E. capitis, theils den Kamm des Halses, E. colli; ersterer bildet zuerst Haarknötchen, diese fallen aus und die Haut darunter erscheint glatt, weiss, fettglänzend, bedeckt sich nun mit stets sich erneuernden gelblichen oder gelbbraunen Schorfen. Er erfordert Einreibungen von 01. tereb. und Vor­sicht wegen der Ansteckung, die jedoch noch nicht mit Sicher­heit nachgewiesen ist.
Der Halsgrind befallt den obern Rand des Halses, dicht unter der Mähne, kommt sehr häufig bei Pferden vor, nament­lich im Frühjahr, und kehrt gerne zurück. Seine Entwicklung ist der des Kopfgrinds ähnlich, beim Abnehmen der Schorfe zeigen sich eigenthümliche Vertiefungen, von dem Umfang einer Erbse oder Bohne, röthlicher Farbe und vielen dunkleren Punkten.
Behandlung mit OZ. tereb., schwefelsaurem Kupfer mit Fett n. dgl.
b) Der Fockengrind {Placorygma Hbr.).
Kleine, aber verhältnissmässig dicke Schorfe, die in pocken­ähnlichen Grübchen der Haut sitzen.
Er befallt entweder die Nase oder deren Seitentheile (vom Auge bis zu den Nasenlöchern), Pl. larvale, oder die Ober­lippe und den Raum zwischen beiden Nasenlöchern {Pl. labiale, Maulgrind). Bei jenem sind die Schorfe in Haufen oder Grup­pen vereint, bei dieser Form dagegen vereinzelt, die Haut da­zwischen ist rissig, trocken, in höherem Grade selbst schrun­dig und dann mit Schorfen bedeckt. Zur Heilung bedarf man höchstens solche Mittel, die die Haut weich und geschmeidig machen; häufig heilt der Ausschlag von selbst.
(Der Lippenschorf, Crusta labialis, Hbr. scheint nicht wesentlich von dem Maulgrind verschieden zu sein.)
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Russ der Schweine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;237
c)nbsp; Maulgrind {Impetigo).
(Lämmergrind, Teigmaul, Gaisgrind, Crutta labialis.llr.)
Ein schorfiger Aussehlag am Maul und Kopf, selten an andern Stellen des Körpers, bei säugenden, oder sonst noch jungen Thieren, besonders Kälbern, Lämmern, Ziegen und Ferkeln.
Der Ausschlag besteht bei den Lämmern anfanglich in kleinen Knötchen mit entzündetem Rande, welche eine Krnste oder Schorf von weisslicher Farbe, dem Brodteig ähnlich, bil­den, dieser Schorf geht von Zeit zu Zeit ab (schuppt sich mehlig ab) und wird wieder aufs Neue erzeugt, und die jungen Thiere verfallen in Abzehrung.
Die Ursache wurde in Verletzung durch scharfe oder ste­chende Pflanzentheile (Waide an Hecken u. dgl.) oder in Säue­rung der am Maul bleibenden Milch gesucht, aber wohl mit Unrecht; da meist saugende Thiere am Maulgrind leiden, ist eher eine, ihnen nachtheilige Beschaffenheit der Milch oder ein inneres lymphatisches Leiden anzunehmen, daher auch Reinlich­keit, neben Bestreichen der kranken Stellen, mit reinem Fett, oder einer Mangannmsalbe (nach Ryss), oder Waschungen mit aromatischen Decocten, Kalkwasser oder sonst gelinde adstringirenden Mitteln — innerlich ein Abführungsmittel und wo möglich eine Veränderung der Nahrung nothwendig werden. Wit empfiehlt Grünspansalbe mit Alaun und Schwefel Holl, 1855.
Von der Behandlung des Teigmauls sah ich beim Men­schen einen Herpes circinnatus an der Hand und im Gesichte entstehen. Aehnliche Fälle theilt Küffert mit (G. amp; H. 1856. SuppL)
d)nbsp; Russ der Schweine.
Viborg beschreibt einen ähnlichen Ausschlag bei Ferkeln (Grise-CTdslet); er befällt die Umgebung der Augen (auch an­dere Stellen am Rumpfe), bildet einen bräunlichen Schorf, un­ter dem sich Eiter erzengt, der manchmal die Augenlider ver­klebt. Als Ursache wird zu starke Fütterung der Mutter­schweine (oder der schon abgesäugten Ferkeln selbst angegeben.
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Chronische Ausschläge.
Behandlung; Abbrechen am Futter, dem man etwas Kochsalz und Spiessglanz (1 Dr. per Stück, bei Mutterschwei­nen 2—3 Dr. täglich) zusetzt. Die Geschwüre werden mit einer Auflösung von weissem oder blauem Vitriol (1 Dr. auf 1—2 Pfund Wasser) gewaschen.
Hl 1
8. Nässende Hautausschläge (Effl. humidae et ulcerosae).
Die wesentlichste Erscheinung derselben ist eine sehr in die Augen fallende, flüssige Absonderung von verschiedener Beschaffenheit (zähe, klebrig, übelriechend oder wässerig, ätzend u. s. w.), wozu dann Ausfallen der Haare, Schuppen-, Schorf- oder Borkenbildung hinzutritt.
Hierher gehört die Maucke u. s. w.
a) Die Baspe oder Kappe (bei Gr. Psoriasis Carpi laquo;t tarsi)
befällt hauptsächlich lang- und grobbehaarte Pferde von schwam­migem Bau, Es bilden sich Schrunden in der Biegung des Vorderknies oder Sprunggelenks, welche schmerzen und mit einer Kruste sich bedecken. Die Haare sind gesträubt (oft verklebt oder auch ausgefallen), die Umgegend ist öfters etwas geschwollen, die Bewegung genirt.
Die Krankheit ist oft an allen vier Füssen, oft nur an einem oder zwei derselben zugegen, immer aber schwer zu hei­len, theils weil die Disposition dazu angeerbt ist, theils weil die Bewegung der Gelenke die Schrunde immer wieder auf-reisst. Greve meint, Stuten und Hengste sollten desshalb von der Zucht ausgeschlossen sein.
Behandlung: wie bei der chronischen Maucke.
b)nbsp; Die schuppige Maucke der Käthe {Psoriasis digitorum Hr.)
ist an der hintern Seite des Fesseis das, was die Raspe am Knie oder Sprunggelenke ist.
c)nbsp; Der nässende Grind des Köthenhaarzopfs {Impetigo sparsa
digit. Gr.)
hat seinen Sitz in der Haut des Haarzopfs der Köthe, seltener auf der ganzen hintern Fläche des Fesseis und äussert sich zu­erst durch kleine, abgesonderte Eiterblattern oder Pusteln, deren Inhalt grüngelblich und klebrig ist, gerinnt und die
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Die ausfallende Maucke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 239
Haare verfilzt. Dieselbe Absonderung bildet sich nun in der wundgewordenen Haut, die gespannt und schmerzhaft ist, spä­ter auch juckt.
Dauer: mehrere Wochen, selbst Monate. Die Abson­derung vermindert sich, die Borken fallen ab und hinterlassen die Haut spröde und verdickt, somit zu Recidiven geneigt.
Kaltes Waschen ist nachtheilig.
Behandlung: wie die der verwandten Ausschläge.
d) Die ausfallende Maucke (Impetigo rodens. Gr.).
Eine heisse, schmerzhafte Geschwulst des Fesseis, welche etwa 12—18 Stunden dauert, macht den Anfang, sodann folgt Ausschwitzung einer klebrigen, stinkenden Flüssigkeit, welche die Haut anfrisst; nach einigen Tagen fallen grosse Stücke Haut, wie abgestorben, weg, oder schrumpfen ganz zusammen. Nicht selten leiden die darunterliegenden Sehnen von der fres­senden Jauche. Die Thiere verlieren die Fressinst, magern ab und zeigen viel Schmerz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ;
Sie befällt nach Gr. vorzüglich die Hinterfüsse und die hintere Fläche des Fesseis (ich sah sie auch am Vorderfuss und öfter auf der vordem Fläche des Fesseis).
Behandlung: neben den äusserlichen Mitteln und der Entfernung des Hautstücks durchs Messer, innerlich stärkende und reizende Mittel.
Die ausfallende Maucke kommt in gewissen Jahren, be­sonders Winters, häufiger und fast seuchenartig vor, vielleicht vom Schneewasser; ich beobachtete keine Entzündung voraus­gehen, sondern blos ein lederartiges Absterben der Haut, die oft lange mit dem darunter liegenden Zellgewebe zusammen­hielt, und mit dem Messer getrennt werden musste.
Meine Behandlung bestund anfangs in erweichenden und schmerzstillenden, später aromatischen und adstringirenden Bädern. Zur Vernarbung Kupfervitriol- . und Höllenstein-Auf­lösung.
Stiker empfiehlt anfangs lang dauernde und oft wieder­holte Seifenbäder, Verband mit schwarzer Seife und Eigelb, oder Terpentin.
Randall beschreibt ein ähnliches üebel als beim Rindvieh in Nord­amerika häufig vorkommend. Obgleich die Jahreszeit (Winter) darauf hin­deutet, dass das Absterben der Weichtheile Ton der Klane bis zum Fessel-
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Chronische Ausschläge.
gelenk Folge der Kälte sei, glanbt doch Rand all eher, dass das üebel vom Mutterkorn herrühre, welches dort an Poa pratmsis häufig vorkommen soll. (Vet. 1842.) Der Mntterkornbrand (Krgotisme) zeichnet sich aber durch trockenes Absterben der Weichtheile und selbst der Knochen ans und kam früher in Frankreich endemisch bei Menschen und Thieren vor. Das neueste Beispiel ist von Decoste im Bec. 1848 mitgetheilt. (Vgl. auch „trockener Hautbrand.quot;)
e. Mancke. (Impetigo erytipelatodes? scabida, Gr. Paronychia herpe-
tica. Adam. Panaritium eq. erysip. Hof. Paron. eryi. serosa et
herpet. V e i t h.)
Ein anfangs rothlauf-, später flechtenartiger Ausschlag an den Fesseln und Schienbeinen der Pferde.
Die Maucke beginnt in den meisten Fällen mit einem leich­ten Fieberanfall, der aber in 12—24 Stunden vorübergeht; so­dann entsteht die Anschwellung der Haut (auf der hintern Seite) des Fesseis, und bei weiterer Ausdehnung auch am Schien­bein herauf, häufiger an den Hinterfüssen, als an den vordem; ebenso an weissgezeichneten; die Geschwulst ist rothlaufartig, heiss, schmerzhaft bei Berührung oder Bewegung, nimmt wäh­rend 2—3 Tagen zu, und sondert dann aus sehr kleinen, we­gen der Haare schwer zu unterscheidenden, klaren Bläschen (nach Gr. auch blos aus den Poren der Haut) eine durchsich­tige, gelbliche Flüssigkeit von eigenthümlichem Gerüche aus, die ätzend auf die benachbarten Hautstellen wirkt und daselbst Schrunden, Risse, Ausfallen der Haare u. s. w. bewirkt.
Dies ist die acute Form der Krankheit; in dieser soll die ausgeschwitzte Lymphe die Eigenschaft besitzen, bei Menschen und Kühen durch zufällige oder absichtliche Impfung einen der wahren Vaccine ganz analogen Ausschlag hervorzubringen (nach Jenner, Viborg, Rosendahl, Steinberg, s. Rep. I. p. 90, letzterer impfte sogar mit Stoff von inveterirter Maucke). Man nannte die von der Pferdemaucke erhaltene Lymphe: Equine; soviel-ist sicher, dass die meisten Impfversuche mit ihr — so­wohl beim Menschen, als Thieren — fehlschlugen, vielleicht weil der passende Zeitraum zur Abnahme wirksamer Lymphe sehr kurz ist.
Sich selbst überlassen oder fehlerhaft behandelt, geht die acute Maucke in die chronische (herpetische) Form über; die Absonderung der Haut wird habituell, die Haare verkleben, rich­ten sich auf oder fallen aus, die Lymphe wird dicker, schmierig und sehr übelriechend, die Geschwulst der Haut verliert die
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Hancke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 241
Hitze und Empfindlichkeit, wird teigig, das Zellgewebe der Haut verwandelt sich in eine speckartige, unförmliche Masse, während die Schrunden unter den gebildeten Borken immer tie­fer fressen oder die geschwürigen Stellen sich mit Feigwarzen bedecken, und nicht selten die abwärts fliessende Jauche den Strahl und die Sohle angreift und krebsartig verändert. Hiezu sind oft mehrere Monate, manchmal aber auch wenige Wochen erforderlich. In andern Fällen beobachtet man ödematöse An­schwellung der Schenkel oder Bildung tieffressender Geschwüre. Den höheren Grad der veralteten Maucke hat man (näs­senden) Straubfuss, Igel fuss genannt, und mit dem Fisch­schuppen-Ausschlag (Ichthyosis des Menschen, oder mit Me-phantiasia und Leprosis) verglichen.
In veralteter Maucke, die sich an den hintern Schienbeinen herauf er­streckte , habe ich mehrmals Milben in grosser Zahl gefunden, die mit der Raudemilbe des Pferds identisch waren, und auf andere Stellen und Thiere fibertragen, die Baude hervorbrachten. 6erlach nennt diese Milbe; Sym-biotes Equi, sie scheint aber von seinem Dermatodectes Mqui, d. h. der Raudemilbe des Pferds nicht verschieden. Der Name „Fusskrätzequot; ist für diese Eraukheitsform passend, die nach G. mit der Maucke nichts gemein hat, sondern lange Zeit auf den Köthenzopf beschränkt bleibt, wo die Milbe in Colonien lebt; eine Uebertragung auf andere Hautstellen oder andere Thiere findet sehr selten statt.
Ursachen: eine besondere Disposition zur Maucke haben unedle, schwammige, grob- und langhaarige Pferde, besonders aus Marschländern; die Krankheit soll im Herbst nach der Auf-stallung der Pferde von der Waide häufiger entstehen; indessen herrscht sie in manchen Jahrgängen fast epizootisch, besonders in den niedrigem Ländern (z. B. Norddeutschland). Auch eine erbliche Disposition zu der Krankheit ist nicht in Abrede zu ziehen, und macht die Heilung schwieriger.
Als Localisirung eines- leichtern Rothlanffiebers hat die acute Maucke dieselbe nähere Ursache, wie die Rothlaufarten überhaupt; namentlich schwüle Hitze mit kaltem Regen abwech­selnd u. dgl., woneben eine Störung der Gallenabsonderung be­stehen mag. Nässe, Unreinlichkeit, fette Einreibungen u. dgl. führen hauptsächlich den Uebergang der acnten Maucke in den chronischen Zustand herbei.
Die Prognose richtet sich nach der Dauer des Uebels und der mehr oder minder grossen Disposition des Thiers zu demselben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;IG
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Chronische Ausschlüge.
Behandlung der acuten Form: das Fieber erfordert sel­ten einen Aderlass, sondern blos Mittelsalze und etliche Kly-stiere; die Anschwellung der Fessel wird während des rothlauf-artigen Stadiums (nach gehöriger Reinigung) mit lauem Seifen­wasser gebadet, oder mit Umschlägen (Cataplasmen) von Kleie und Leinsamen, zerquetschten gelben Rüben, bei grossem Schmerz mit Zusatz von Hb. eonii mac. oder Hb. hyosciarm, bedeckt; alle Erkältung ist durch sorgfältiges Abtrocknen und Umbinden der Füsse mit Flanellbinden zu verhindern. Nach einigen Tagen setzt man den Waschungen entweder aromatische Kräuter oder gelind adstringirende Mittel, z. B. Zinkvitriol in geringer Menge hinzu. Die Unterdrückung der Ausschwitzung durch Salben, beson­ders mit Bleipräparaten, soll Klaquo;ller, Dampf und Rehe zur Folge gehabt haben. (Der Jahresbericht von Alfort 184142 führt einen Fall von tödtlichem Brand des Schweifs nach unterdrück­ter Maucke an. Rec. 1842.) In einem solchen Falle wäre die Ausscheidung durch Einreibungen von 01. tereb. und selbst Can-tharidensalbe wieder hervorzurufen. — Eine Ableitung der Säfte entweder durch innerliche (z. B. harntreibende oder purgirende) Mittel, oder durch eine weiter oben am Schenkel angelegte künstliche Eiterung ist bei jeder länger dauernden Maucke fast unentbehrlich.
Bei der chronischen Maucke sucht man die Beschaffen­heit der Geschwüre theils durch eitermachende, theils durch trocknende und selbst ätzende Mittel zu verbessern. Hieher gehören, ausser den harzigen Salben (Ungt. digestiv. Basilic), der Kupferhonig {Ungt. aegyptiac.), Kalkwasser, Auflösungen von schwefelsaurem Kupfer, Sublimat, der Kupfersalmiak-Liquor (Köchlin's Lig. antimiasm.); einzelne degenerirte Hautpartien, Feigwarzen u. dergl., können theils mit dem Messer entfernt werden, theils werden sie nachdrücklich gebrannt. Innerlich wird bei solcher Warzenbildung im Fessel, bei Verhärtungen im Zellgewebe u. s. w. Tart. emet. in grossen Gaben empfohlen (Adamowicz), auch Arsenik wäre zu versuchen. Die Ver­härtung des Zellgewebs wird durch lang fortgesetztes festes Binden (mit einer langen, leineqen Zirkelbinde) vermindert; bei sehr grosser Ausdehnung der Verhärtung lässt sich auch ein Theil derselben mit dem Messer ausschneiden. Haben sich Milben entwickelt, so wäre der Ausschlag wie Räude (mit em-pyreum. Oel),zu behandeln. Die Fütterung ist dem Zustande
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Maucke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 243
des Thiers gemäss einzurichten; jedenfalls ist auf gute Qualität der Futterstoffe und den Genuss frischer Luft und reinen Was­sers zu sehen.
Veraltete Fälle von Maucke oder Straubfuss widerstehen oft hartnäckig allen Mitteln, und machen die Thiere zuletzt wegen der unförmlichen Anschwellung der kranken Gliedmassen oder der Zerstörung des Hufs unbrauchbar, oder führen selbst den Tod durch Abzehrung herbei.
Ansteckung anderer Pferde ist wenigstens durch blose Co­habitation nicht zu besorgen; ob Impfung oder zufallige üeber-tragung der Krankheit durch verunreinigte Waschschwämme, Binden u. dergl. stattfinden könne, scheint nicht entschieden. Greve behauptet, selbst durch Impfung habe er keine Anste­ckung zu Stande bringen können.
0 Maucke des Rindviehs. (Träberansschlag, Fasskrätze.) Ein nässender Ausschlag, der am häufigsten die Hinter-fiisse des mit Trabern gefütterten Rindviehs, von den Klauen bis zum Sprunggelenk, selten weiter hinauf, befällt, und an den faltigen Hautstellen Schrunden, an den Klauen Geschwüre zur Folge hat.
Die disponirende Ursache dieses Ausschlags mag theils in der erschlaffenden Wirkung des Träberfutters (von der Brannt­wein- und Bierfabrication), theils in der grossen Nässe der Hinterfüsse durch den flüssig abgehenden Mist, liegen; insbe­sondere wird die sauer gewordene Kartoffelschlempe beschuldigt, man hat die Krankheit aber auch von frischer Kartoffel­schlempe oder solcher, die von gekeimten Kartoffeln her­rührte, sowie von Frucht-Spülicht, ferner von der Fütterung frischen Kartoffelkrauts entstehen gesehen. Kohlstädt und Quidde beschuldigen das in den Kartoffelkeimen und der Schlempe enthaltene Solanin. (N. amp; V. XI.) Vermeng sah den Ausschlag über den ganzen Körper sich verbreiten, mit Neigung zum Absterben der Haut und des Zellgewebs; Lehn-hard beobachtete zugleich Symptome die auf Brandwein-Nar-cose deuteten. (G. amp; H. 1855. Suppl.)
Der Ausschlag beginnt mit starker Anschwellung, Hitze und Schmerz, wesshalb die Thiere sich nicht gerne legen; die Fress­lust leidet selten, aber die Haut des Körpers ist trocken und pergamentartig. Nachdem die entzündlichen Symptome nach-
16raquo;
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Chronische Ausschlüge.
1-1,3
gelassen, schwellen die Füsse wieder ab, es bilden sich aber Furchen und Schrunden in der Haut derselben, die oft ziemlich tief gehen. In einem schnell tödtlich gewordenen Fall sah man den Körper kalt, die Augen geschlossen, den Kopf auf die Krippe gestützt oder in der Seite liegend, den Puls klein und .sehr beschleunigt, den Gang schwankend, den Mist dünn und stinkend, das Athmen nicht sehr beschleunigt (war wohl Brannt-wein-Karcose.)
So lange diese Fütterung fortdauert, ist die Heilung nicht wohl zu erzielen; sobald sie aufhört, lässt auch das Uebel nach.
Neben der Anwendung lauwarmer Bähungen (oder Anstriche von Bleiweiss und Wasser nach Stiker) ist entweder Verän­derung der Fütterung, oder wenigstens Zusatz von Heu oder Stroh zu dem Träberfutter nöthig. Uebrigens hatten bei den Versuchen von Ullrich (über Ansteckungsfähigkeit der Lungen­seuche) gerade die mit Schlempe und Stroh gefütterten Stücke die Maucke in hohem Grade bekommen, während die mit Schlempe allein gefütterten frei geblieben waren. (G. amp; H. XIV.)
Tiefere Schrunden und Klauengeschwüre werden mit gelind adstringirenden Mitteln (Kalkwasser, Bleiwasser u. dgl.) behandelt. Die Anwendung von Mittelsalzen, Haarseilen u. dgl. schwächen­den Mitteln ist nachtheilig befunden worden.
, g) Aussatz. Elephantiasis. (Cruzel, Gelle.)
Literatur: Saint in, Abhdlg. 1822, nimmt drei Perioden an; Taiche im Journ. prat, 1831. Delafond über die Preisfrage von 1849. Rec. In Frank­reich heisst man die erkrankten Ochsen; boeufs chauffarda, oder bleus; die Krankheit Ie rouge.
Cruzel beschreibt einige Fälle von Degeneration der Haut, die er bei Rindviehstücken und bei einem Maulthier beobachtete und Elephantiasis nennt; sie besteht in einem Absterben der Haut, wobei sie sich hebt, Schrunden bekommt, die eine stin­kende Jauche aussickern, dabei unempfindlich wird und dem Pergament oder Horn ähnlich ausdörrt. Diese Veränderung ergreift hauptsächlich die Epidermis und das Bete Molpighi, die Schrunden gehen nicht tiefer; das Corium ist in eine 1—2 Zoll dicke, speckartige Masse verwandelt. Die Klauen lösen sich leicht ab, das Horn ist erweicht, wie in der Strahlfaule der Pferde. Bei der Section findet man tiefe Geschwüre in der Nase, Tuberkel in der Lunge und den Gekrösdrüsen, Wasser-erguss in die Bauchhöhle u. s. w. (Journ. prat. 1829.)
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Aussatz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;245
Val lad a beobachtete bei zwei Pferden Verdicknng der haarlos gewor­denen Haut, Schrunden, Ausschwitzen von stinkendem Serum, heftiges Jucken, Eiterung am Schlauche, Abzehrung. Das Zellgewebe unter der Haut war ver­dickt, die Lymphdrüsen des ganzen Körpers verhärtet. Turin II.
Elephantiasis tuberculosa. Gelle beobachtete einen Ochsen, bei dem sich in Folge reizender Einreibungen auf dem Rücken (wegen Lähmung, die von einem Sturz herrührte) flechten artige Flecken gebildet hatten, die sich bald über die ganze Haut ver­breiteten. Diese war runzelig, sehr verdickt und wie scirrhös, hing fest an den Knochen u. s. w., und war mit Schrunden be­deckt, auf deren entzündetem Grunde schuppige Krusten von der Oberhaut gebildet lagen. An einigen Stellen waren kleine Geschwüre auf der Haut, an andern, besonders an den Augen­lidern und abwärts vom Knie und Sprunggelenke, tuberkel­artige Verhärtungen von der Grosse einer Linse bis einer Ha-selnuss. Der Ausschlag juckte das Thier und veranlasste es, sich zu belecken. Zugleich war ein scharfer Thränenausfluss zugegen, der die Haare und selbst die Wimpern ausfallen machte; aus der Nase floss zäher, gelber Schleim; der Puls etwas beschleunigt, das Athmen, die Verdauung und die Aus­leerungen aber normal. Durch wiederholte und starke Aderlässe (von je 10 Pfunden), erweichende Waschungen, Bürsten und Auflegen von Decken, neben guter Nahrung und reiner Luft, wurde das Thier in vier Wochen so weit hergestellt, dass es verkauft werden konnte. Nach dem Schlachten fand man die Eingeweide gesund; aber das Zellgewebe unter der Haut, sowie das Corium sehr blutreich, die Haut verdickt und infiltrirt. (Rec. 1830.) Gelle hält die Elephanthiasis für ein Lymph­drüsenleiden: diese, wie die Haut und das Zellgewebe darunter sind angeschwollen; die Verdickung der Haut ist ganz ver­schieden von Entzündung, Oedem oder Blutgeschwülsten; häufig ist Tuberculose damit complicirt. Der Anfang ist oft acut, schnell vorübergehend, und sind in dieser Periode Aderlässe, Scarificationen, erweichende und aromatische Bähungen, Blei­salbe auf die Schrunden, innerlich harntreibende und eröffnende Mittel wirksam. Abhalten des Leckens der Wunden ist nicht zu versäumen.
Die englischen Thierärzte wenden innerlich den Schwefel in grossen Gaben (zu 72 Pfd. täglich) mit etwas Ingwer oder Quecksilber-Mohr zu 2 Dr. an; reiben verstärkte Quecksilber-
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Krankheiten der Harnabsondernng.
it;
Salbe ein, oder machen Waschungen mit Chlorkalk-Auflösung. Zugleich wird adergelassen und abgeführt. (Youatt, das Rind.)
B. Krankhafte Störung der Harnabsonderung.
Literatur: Tabonrin über harntreibende Mittel, Lyon 1849. Fraas Harn-Analyse, Mchner J.B. 1853 und 1855.
Die Absonderung des Harn kann krankhaft vermehrt oder vermindert sein; die Entleerung desselben ist manchmal unter­drückt; auch sind mehrere seiner Abweichungen vom normalen Zustande, wenn auch krankhaft, doch blos symptomatisch, wie z. B. die im Verlaufe der acuten Fieber bemerkbaren Verschie­denheiten u. s. w. Aenderungen in der chemischen Zusammen­setzung des Harns sind theils an der Farbe, Consistenz u. dgl. zu erkennen (blutiger, zäher, wässeriger Harn), theils durch genauere, chemische Analyse, z. B. die Anwesenheit des Harn­zuckers, des Eiweisses, des Fetts. Nach den interessanten Un­tersuchungen von Fraas besteht das Sediment im stets alca-lischen Pferdeharn aus doppeltkohlensaurem Kalk und ziemlich viel Bittererde, wird nach der Arbeit häufiger und beträgt 1—2 Procent.. Der Kuhharn enthält viel Hippursäure. Die bei einer krankhaften Mischung des Harns sich abscheidenden Concremente (Harnsteine) gelangen nicht selten von dem Nierenbecken, wo sie sich ursprünglich zu bilden scheinen, durch die Ureteren in die Blase, woselbst sie sich vergrössern. Sie bestehen bei den pflanzenfressenden Hausthieren grösstentheils aus kohlen­saurem Kalk; bei dem Hunde und Schweine aus phosphorsaurem Talk-Ammoniak; bei beiden letztern sind indessen auch Harn­steine aus harnsaurera Ammoniak oder einer harzigen Substanz gebildet vorgekommen (vergl. Girard, Mémoire sur les calculs vesicauocï) Von Eingeweidewürmern findet man den Strongylus Oigas, den grössten der Rundwürmer, in den Nieren verschie­dener Hausthiere, jedoch sehr selten.
Vermehrte Harnabsonderung kommt vor: in Folge des Antagonismus zwischen Haut und Nieren, bei verminderter Haut­ausdünstung, und aus gleicher Ursache bei vermehrter Resorb-tion der serösen Häute (in der Heilung der Höhlenwassersucht); ferner vorübergehend und symptomatisch zur Zeit der Crisis bei Fiebern, auf den Gebrauch harntreibender Mittel u. s. w., aber auch als besondere Krankheitsform (s. Harnruhr).
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Harnruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;247
Verminderte Harnabsonderung begleitet die Wassersucht und jede stark vermehrte wässerige Secretion,' die Entzündung der Nieren, die Degeneration ihrer Substanz durch Eiterung, Bildung von Hydatiden, Tuberkeln, Markschwamm u. dgl.
Fast in allen diesen Zuständen ist auch die Mischung des Harns merklich verändert; er enthält alsdann viel Eiweis (bis zu 6 Procent nach Fraas), Globulin, kleesauren Kalk u. s. w.
Die Entzündung der Nieren, Blase u. s. w., s. in der II. Classe bei den Entzündungen überhaupt, das Blutharnen bei den Blutungen.
a) Harnruhr, Lauterstall. (Diabetes.)
Die Harnrnhr ist eine chronische, fieberlose Krankheit, welche sich durch den sehr vermehrten Abgang eines wässerigen Harns zu erkennen gibt. Sie ist als wässerige Harnruhr (Zgt;. in-sipitus) beim Pferde, als Honig-Harnruhr {D. mellitus, Glyco-suria) beim Schafe, Rind und Pferde beobachtet worden.
Die Symptome sind: Mattigkeit, steifer oder schwanken­der Gang, vermehrte Empfindlichkeit der Nierengegend, Blässe der Schleimhäute, langsamer Puls, grosser Durst, öfteres, manchmal schmerzhaftes Absetzen des Harns in grosser Menge, der dabei ein geringeres specifisches Gewicht hat (höchstens 1,025, gesunder Harn wiegt c. 1,040), sehr wässerig (oder wie mit vielem Wasser verdünnt) und ohne Kalksatz ist. — Bei Rindvieh ist der Harn nach Rychner wasserhell, später grün­lich-schillernd und süsslich.
Diese Symptome können Monate lang bald stärker, bald gelinder fortdauern, veranlassen sodann Abmagerung, und zuletzt ein Zehrfieber oder Paralyse des Hintertheils.
Bei der Section findet man die Substanz der Nieren blass und schlaff, die Häute der Harnblase und die Harnleiter bald verdickt, bald durch Erweiterung des Lumens verdünnt, ausser-dem die Zeichen der Cachexie. Bei einem in der Brüsseler Klinik secirten Pferde fand man Tuberkel in der Lunge, die Leber stearotisch; die Harnruhr wird der unzureichenden Ver­brennung des Zuckers in der Lunge zugeschrieben. (Belg. 1854.)
Die Analyse eines solchen Harns ergab in 8 Unzen 128 Gran braunen Extractivstoff mit etwas Harnstoff und verschiedene Salze, 3 Gran Schleim und etwas kohlensaurem Kalk, l/j Gran harnsauren Kalk und Kali, 3—5 Gran Benzoesäure, 33/i Gran phosphorsauren Kalk, \hljl Gran kohlensauren Kalk, 44 Gran Natron und Ammoniaksalze, mit Spuren von Mangan- und Eisen­oxyd, 3642Vs Gran Wasser (John).
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248nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Haruabsonderong.
In einem von mir analysirten Fall enthielt der Harn eines diabetischen Pferdes ziemlich viel Eiweiss, sehr wenig Kalk, ansserdem schwefel- and salz­saure Salze.
Als Ursachen werden meist der Genuss.harten und mit erdigten Theilen verunreinigten Wassers und schimmlichten Fut­ters, besonders in grosser Menge, ferner bei den Schafen das Fressen scharfer Pflanzen, z. B. der Anemone nemorosa und Pulsatilla, der Adonis-Arten und besonders der Asclepias vin-cetoxicum (Schwalbenwurzel), * endlich der Missbrauch stark harntreibender Arzneien angeführt. Indessen ist häufiger grosse Unreinlichkeit im Stalle, schlechte Wartung, Erkältung der Haut oder der Verdauungsorgane, der Genuss neuen Habers, auch verdorbenen Futters — wenigstens bei Pferden — die Ursache der Harnruhr; bei gut genährten und gehaltenen Pferden habe ich sie auf die Druse folgen sehen. Aehnlicher Fall von Pe-rosino beschrieben in Turin III. Wo sie in einer Gegend häufig bei Pferden erscheint, ist das schlechte Einbringen des Heues oder Habers schuld (z. B. 1845 in den Rheingegenden). Hekmeyer fuhrt mulstrigen Schiffshaber als Ursache an (Holl. 1851), ebenso Schwarz (Woch. 1852). Beim Rindvieh be­schuldigt Rychner noch insbesondere bereiftes oder gefrorenes und Träberfutter. Die Krankheit ist anfangs nicht hartnäckig, wird es aber, je länger sie dauert.
Behandlung: Vermeidung der Ursachen, wo sie bekannt sind, daher Futterwechsel u. dgl.; von innerlichen Mitteln sind sehr verschiedene empfohlen worden. Man muss sich hiebei nach dem allgemeinen Zustand des Thiers richten; nähert sich derselbe dem entzündlichen, so sind Salze mit schleimigen Mitteln (Salpeter, Leinsamen, Althéa) am Platze, ist aber (häu­figer) das entgegengesetzte der Fall, so sind die adstringiren-den Mittel mit stärkenden und specifisch auf den Harn wirkenden vorzuziehen (Alaun, Eisenvitriol, Eichenrinde-Decoct, Gatechu, Uva ursi. Camphor und Opium). Eine Verbindung von Blei­zucker mit Extr. hyosciam. rühmen Hertwig, Hekmeyer und Andere, dagegen sehen Verheyen den rothenBolus (Belg. 1843). und Dick das Jod (Veter. 1844) als specifische Mittel an. Go wing behauptet Jodkali zu 2 Dr. sei selten mehr als zwei-
* El. Veith bat darch Versuche an Schafen die angegebene Wirkung der Schwalbenwurzel nachgewiesen in Ekel, Mittheilungen Österreich. Vete­rinäre 1. Heft.
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Harnruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 249
mal nothwendig. (Vet.-Rec. 1850.) Delwart gab 2 ü. Creo-sot im Trinkwasser, daneben bittere Decocte, Wasser, worin glühendes Eisen abgekühlt worden (sog. Stahlwasser), endlich kohlensaures Kali (Belg. 1845). Noch andere Practiker wirk­ten durch Reizmittel auf die Nieren, z. B. Viborg, welcher Terpentin mit Infus. tanaceti gabj F ab er wandte innerlich die Cantharidentinctur zu '/j ü. in schleimigen Decocten an, Hess sie zugleich in die Nierengegend einreiben, worauf weniger, aber etwas blutiger Harn abging; nach 15 Tagen war das Pferd hergestellt (Belg. 1843). Der Camphor hat unter den Reiz­mitteln die eigenthümliche Nebenwirkung, dass er .die Nieren-secretion beschränkt, wie er auch auf die Genitalien herab­stimmend wirkt. Auch ableitende Mittel können in einzelnen hartnäckigen Fällen von Nutzen sein; so heilte Nahmdorf, nachdem er die adstringirenden Mittel umsonst versucht hatte, ein Pferd durch Purgiren mit Aloë. (N. amp; V. VII.) Auch Schwarz empfiehlt eine Purganz bei vorhandener Verstopfung. Manch­mal ist schon die Veränderung der Lebensweise (Ruhe, gutes Futter) hinreichend, die Harnruhr ohne alle Arzneien zu heilen. Warmes Verhalten und kräftige Nahrung unterstützen die Heilung sehr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;!i
Man hat die Harnruhr manchmal fast epizootisch herrschen gesehen, so z. B. im Frühling 1830 in einigen Theilen von Paris und sonst in Frank­reich. Sie befiel hauptsächlich Arbeitspferde nnd unter diesen fast ausschliess-lich die Hengste, und var nur durch hinzutretende Magen- nnd Darment­zündung oder Blasenentzündnng gefährlich oder selbst tödtlicb. Als Ursache konnte man die anfcaltende Feuchtigkeit der Luft und verdorbenes Futter be­schuldigen.
Man fand anfangs die Thiere niedergeschlagen, wenig Fresslust, ein heisses Maul, trockene Zunge, die Lendengegend empfindlich, den Puls zu­erst etwas hart und vermehrt, bald aber weich, voll und wenig beschleunigt. Der Durst war fast unauslöschlich, und der Harn ging in der Stunde 4—6malnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,
zu lj2 Maas und mehr ab, anfangs ohne Beschwerde, später mit Schmerz, da die Schleimhaut der Urethra aufgelockert und sehr geröthet ist. Manche zeigten Kolikschmerzeu von Entzündung des Blasenhalses; andere konnten den Harn nicht halten. Erectionen waren nicht sehen. Die Haut war trocken, das Haar struppig, der Mist hart und schlecht verdaut.
Die Krankheit brauchte 10 — 12 Tage, um sich auszubilden, blieb dann einige Tage unverändert, und Hess sofort allmählich nach, während die Thiere wieder Appetit bekamen u. s. w. Der Harn hatte nur 1,007 spec. Schwere, enthielt mehr Wasser als gesunder Harn (0,98), freie Essigsäure (?), keinen kohlensauren Kalk (nnd keinen Zucker). Die Heilung wurde blos durch diä­tetische Mittel bewirkt. (Moiroud.)
Steward führt einen Diab. bronchitic. an (Vet. 1830) nnd Käber
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250nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Harnabsonderung.
beschreibt als Harnruhr bei Schweinen eine Krankheit, die vielmehr in einer Verdrängung der Nierensubstanz bestund, so dass die Nieren grossen Wasser­blasen glichen. (Schw. XIII. Vgl. Scheucbzer und Treuw Acta A. N. C. Vol. 3 amp; 4.)
b) Harnverhaltung. (Ischuria. Dymria.) (Harnkolik, Harnstrenge.)
Verminderte oder ganz aufgehobene Ausleerung des Harns meist mit Schmerz, ohne oder mit symptomatischem Fieber. Am häufigsten beim Rind, weniger bei den übrigen Hausthieren; selten bei weiblichen Thieren.
Symptome: kolikähnliches Benehmen mit öfterem Anstellen zum Harnen, ohne dass Urin abgeht, oder nur wenig, tropfen­weise. Bei längerer Dauer kommen Fieber und Entzündung der Becken- und Baucheingeweide hinzu; auch platzt manchmal die Blase und der Urin ergiesst sich in die Bauchhöhle, worauf eine tödtliche Bauchfell-Entzündung folgt.
Die nächste Ursache ist meist eine krampfhafte Zusam­menschnürung des Blasenhalses, oft in Folge allzu langen Ver­haltens des Harns bei langem Laufen, ohne dem Thier Zeit zum Harnen zu lassen; als entfernte Ursache ist Erkältung der Haut oder der Verdauungsorgane anzusehen. Ausserdem sind es hauptsächlich mechanische Hindernisse: Harnsteine in der Blase oder der Harnröhre, Anschwellungen der Prostata (bei Hunden), Krankheiten des Penis mit Verengerung der Urethra, Verstopfung des Schlauchs u. s. w. Der Missbrauch harntreiben­der Mittel kann auch Harnstrenge veranlassen. (Lafosse, Schlauchentzündung bei Ochsen (Toul. 1849). Hering, Harn­verhaltung von Eiweissgerinnseln im Harn beim Pferde; Sec­tion: enorme Ausdehnung der Blasen und Ureteren, Rep. XIV.)
Dauer: in der Regel kurz, da entweder bald Erleichterung oder aber Uebergang in eine anderlaquo; Krankheit, stattfindet.
Bei der Behandlung ist zunächst der Zustand der Blase durch den Mastdarm zu untersuchen: ist sie leer, zusammen­gezogen, empfindlich, der Mastdarm heiss u. dgl., so ist die Harnverhaltung blos symptomatisch und eine verminderte Ab­sonderung das Wesentliche. Ist dagegen die Blase voll und gespannt, so sucht man zunächst durch einen gelinden Druck auf dieselbe (deren Wände ihre Contractilität manchmal einge-büsst haben) mit der flachen Hand, die Ausleerung des Harns
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Harn verhaltung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 251
zu unterstützen; sodann aber die nähere Ursache (Stein in der Blase oder der Harnröhre, ungewöhnliche Anschwellung benachbarter Theile) aufzufinden, um dagegen (meist operativ) zu wirken.
Bei blosem Krämpfe des Blasenhalses: erweichende und krampfstillehde Klystiere, innerlich aber eine Auflösung von 1—2 Drachmen Tart, emetic, in 8—12 Unzen Chamilleninfusum (alle Yj—1 Stunden wiederholt), nöthigenfalls abwechselnd mit 1—2 Dr. JExtr. hyosciami im gleichen Vehikel, auch Bilsenkraut- und Tabaksklystiere, neben innerlichen Emulsionen mit Asafoetida, Opium oder Camphor, so wie Einreibungen von Salmiakgeist in die Lendengegend oder von warmem 01. hyosciami in das Mittelfleisch (bei Rindvieh) sind empfohlen worden.
In leichten Fällen ist es manchmal hinreichend, das Pferd auf eine frisch aufgeschüttelte Streu zu stellen, um dasselbe zum Harnen zu bringen (sonst in einen Schafstall); auch werden Salz oder Pfeffer an die Oeffnung der Harnröhre gebracht, um daselbst einen Reiz zu erregen.
Alkohol auf die Lendengegend zu giessen und daselbst anzu­zünden, ist nicht rathsam, theils wegen der Feuersgefahr (in einem Stall), theils wegen der Entzündung der Haut. (Ich habe ganz kahle Platten durch dieses Verfahren entstehen sehen.)
Gegen Harnbeschwerden von Anhäufung sandiger Massen (eigentlich kohlensaurem Kalk) im Urin der Pferde empfiehlt Waldinger Seife und Terpentinöl (zu ^jUnze täglich) zu geben.
Die Entleerung der Harnblase mit dem Catheter hat beim Pferd, wegen der Länge der Harnröhre manche Schwierigkeit; Brogniez's Catheter ist sehr zweckmässig hiezu. Beim Rind, Schaf und Schwein ist sie unausführbar; ausgenommen nach dem Harnröhrenschnitt unterhalb des Afters. Die sonstigen Operationen sind: der Harnröhren-Steinschnitt (beim Ochsen am häufigsten), der Blasensteinschnitt, der Blasenstich vom Mastdarm aus oder neben dem Blasenhalse .hinein.
Bei einem grossen Hand, mit hartnäckiger Ilaruverhaltung von Verhärtung der Prostata, entleerte ich durch den Catheter (und Harnröhrenschnitt) zuerst 87 Unzen und später 36 Unzen sehr concentrirten Harns. Bei einem andern punctirte ich die ganz in der Bauchhöhle liegende höchst gespannte Blase vom Bauch ans, mit günstigem Erfolg.
c) Unvermögen den Harn zu halten (Enuresia),
ist meist symptomatisch bei Lähmung des Hintertheils überhaupt, oder des Blasenhalses insbesondere. Auch können Harnsteine,
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252nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Harnabsonderung.
welche den Blasenhals nicht völlig verschliessen, Veranlassung dazu geben; bei Schweinen will man von dem Genuss des Poly-gonum Hydropiper und lapathifol. Lähmung des Hintertheils und der Blase entstehen gesehen haben.
Das fortwährende Auströpfeln des Harns, mit oder ohne Schmerzen, aus dein meist etwas hervorhängenden, schlaffen Penis ist das bezeichnende Symptom.
Behandlung; mit stärkenden, adstringirenden oder selbst reizenden Einspritzungen* in die Harnröhre und Blase, dessglei-chen in den Mastdarm; reizende Einreibungen im Mittelfleisch oder auf dem Kreuze. Der Galvanisraus wäre zu versuchen. Bei längerer Dauer der Krankheit und gesunkenen Kräften des Thiers ist wenig Hoffnung auf Heilung zu machen. Wäre ein entzündlicher Zustand der Blase, z. B. durch Verletzung bei Geburten u. s. w. Ursache, dass sie sich fortwährend zusam­menzöge, so sind entzündungswidrige und besänftigende Mittel anzuwenden.
Das bei neugeborenen Kälbern manchmal 3—4 Wochen lang stattfindende Auströpfeln des Harns durch den Nabel (mit­telst des offen gebliebenen ürachns) hört nach und nach von selbst auf; im andern Falle auf knappe Unterbindung des Rests der Nabelschnur. Gegen das Lecken der Kälber an dieser Stelle dient das Bestreichen mit 01. empyreumat.
d) Albuminurie. (Morbus Brightii.)
Literatur: Verheyen (Belg. 1843), Hertwig (6. lt;fc H. 1844), Pereival (Vet. 1841), Markham (Vet. 1842), Pope (Reeds. 1846), Hofer (Wien H), Adam (Kr. IV. Woch. 1855), Frick (Woch. 1854), Kolb u. A. (ebd. 1855).
Das wesentliche Symptom dieser Krankheit besteht in dem Abgang eines eiweisshaltigen Harns, nach den Untersuchun­gen vou Bright liegt (beim- Menschen) eine eigenthümliche Structurveränderung der Nierensubstanz zu Grunde, die man Granular-Entartung genannt hat; ausser ihr kommen aber auch Erscheinungen der Blutüberfüllung und insbesondere der Fett­ablagerung (Stearose) in der Rindensubstanz vor.
Man hat eine acute und eine chronische Form dieser Krank­heit beim Pferde beschrieben; der in bald grösserer, bald ge­ringerer Menge abgehende Harn ist in der acuten Form anfangs geröthet, später blassgelb, leicht schillernd, trübe, flockig, das
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Albaminurie.
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Microscop zeigt darin Blutkörperchen, Fettbläschen und selbst Eiterkörperchen; die chemische Analyse (Hitze, Säuren) weist einen grossen Gehalt an Eiweiss nach. Diese acute Form ist in Bayern rechts von der Donau unter dem Namen „schwarze Harnwinde bekannt, und steht zwischen Albuminurie und Blutharnen, ja es ist sehr wahrscheinlich, dass eine Blutzer­setzung, ähnlich wie bei Typhus, die Grundlage des Leidens bildet. Die Pferde (selten Stuten) werden plötzlich befallen und gehen meist in 1—3 Tagen zu Grunde; die Symptome sind: steifer Gang, Schwäche im Hintertheile, Angst und Schwitzen, schneller Puls, Röthe der Schleimhäute, eine holz­ähnliche Geschwulst der Muskeln der Kruppe, öfterer Abgang von kaffeebraunem Harn, später Athembeschwerden, Trismus und der Tod. Manche Thiere bleiben bei Appetit. Bei der Section zeigt sich das Blut schmierig, schwarz, keine Entzün­dung, die Leber lehmfarbig, erweicht, die Nieren ebenso, die Blase leer oder voll theerartigen Harns; das Fleisch welk. Als Ursache werden bald die Unthätigkeit der Pferde (im Winter) und der Aufenthalt in heissen Ställen, bald verdorbenes oder saures Futter (nach Andern Kleeheu), die Bodenbeschaffenheit und schneller Temperaturwechsel beschuldigt Die Behandlung ist nur im Beginn der Krankheit von Erfolg; Aderlässe waren stets nachtheilig; anfangs Brechweinstein, dann schwefelsaures Eisen, essigsaures Blei (aber nicht zugleich) mit Opiumtinctur, reizende Einreibungen auf die Kruppe haben günstige Resultate geliefert.
In der chronischen Form geht der Ham in so grosser Menge ab, dass man zuerst Harnruhr vermuthet, allein er un­terscheidet sich durch seine Beschaffenheit; er ist dick, trübe, grünlich gelb; die Blutkörperchen fehlen darin, dagegen lässt sich das Eiweiss leicht ausscheiden. Auch die Hippursäure soll in dem kranken Harn fehlen. Markham sah den gallert­artigen Harn an der Mündung der Harnröhre einen Klumpen bilden, dasselbe kam in dem von mir Rep. XIV beschriebenen Falle vor.
Die übrigen Symptome der Krankheit sind verschieden, je nachdem sie mit Fieber, Entzündung (der Lunge, Leber, Nieren) u. s. w. verbunden, oder aber von einem Schwächezustand be­gleitet ist. Diesem nach ist auch die Behandlung verschieden einzurichten, nämlich im ersten Fall entzündungswidrige, (Ader-
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254nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Harnabsondernng.
lass, Salze, Schleim, Hyosciam., Opium, Plumbum acetic.) und äusserlich ableitende Mittel; bei chronischem Verlauf und Schwäche dagegen bittere, umstimmende Mittel, Säuren, Camphor, Argent, nitric, (zu 5—10 Gran in Wasser). Hiezu entsprechendes Futter, Frottiren, warme Decken.
Eiweisshaltiger Harn kommt symptomatisch bei verschie­denen Krankheiten (z. B. Wassersuchten) und selbst ohne alle Krankheitserscheinungeu (besonders bei saugenden Thieren, nach meinen Beobachtungen) vor.
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ZWEITE CLASSE.
Krankheiten des Bewegungslebens,
(der Irritabilität.)
Literatur: Mundigl (comparativ-pbysiol.-pathol. Ansichten 1818), Hayne (über Entzündung 1830, 1849), Derselbe (über das Fieber 1831), Falke (Congestion, Entzündung und Ihre Ausgänge G. amp; H. X.), Derselbe (das Fieber ebd.), Gurlt (anatom. Kennzeichen der Entzündung O. amp; H. XL).
Das Wesentliche der hiehergehörigen Krankheiten ist: ge­störte oder veränderte Bewegung. Die Bewegungen im thieri-schen Körper gehen theils anwillkürlich vor sich, (wie die des Bluts, der Lymphe, des Darminhalts) theils willkürlich, wie die­jenigen, welche die animalischen Functionen (Kauen, Schlingen. Athmen, Ortsbewegung) hervorbringen. Die Störungen der letz­teren hängen so bestimmt von den Nerven ab, dass sie zweck-mässiger unter der Abtheilung der Nervenkrankheiten beobach­tet werden.
Keine Bewegung im lebendeen Körper ist so wesentlich für seinen Be­stand als der Blutlauf; er ist am frühes ten im Foetus zugegen und hört erst mit dem Tode auf; obgleich durch mechanische Mittel (Zusammenziehung des Herzens, Elasticität der Adern, Einrichtung der Klappen u. s. w.) ins Werk gesetzt; liegt ihm doch die durch Nerveneinäuss bedingte lebendige Contrac-tilität der Muskelfaser zu Grunde; ausserdem ist die capillare Anziehung (Imbitition, Endosmose und Ezosmose, Verdunstung) in vielen Geweben thätig, nm die vom Kreislauf ausgebenden Funktionen zu vollbringen.
Die Bewegung im Gefässsystem kann vermehrt oder ge­schwächt, selbst vernichtet sein; es kann ferner die Expansion vorwalten, oder die Contraction; der Inhalt der Gefasse, das Blut (dessen Veränderungen in seinen nächsten Bestandtheilen bereits in der I. Classe vorgekommen sind) ist hiebei theils quantitativ, theils qualitativ abgeändert; überdiess ist der Ein-fluss sowohl der Verdauung und Blutbereitung, als auch
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256nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Störungen der Blutbewegnng.
des Nervensystems auf die Verrichtungen des GefUsssystems nicht zu verkennen.
Die Störungen im Kreislaufe wirken aber auch auf das Bildungsleben und die Sensibilität zurück, und können ihre Thätigkeit bald steigern, bald herabstimmen, sogar ganz aufheben.
Die Krankheiten der Irritabilität haben ihren Sitz theils im Gefässsystem überhaupt (z. B. Fieber), theils in beschränkten Ausbreitungen desselben in gewissen Geweben oder Organen (Entzündungen). Ihr Verlauf ist grösstentheils acut, selten chronisch oder langwierig.
Von den allgemeinen krankhaften Zuständen des Bewegungslebens sind hier
a)nbsp; die vermehrte oder erhöhte,
b)nbsp; die verminderte Thätigkeit im Gefässsystem,
c)nbsp; die unregelmässige Blutbewegung (Congestion, Entzün-
dung, Blutung) zu betrachten.
Die Wiener anatomisch-pathologische Schale hat sich durch genauere Untersuchung der Vorgänge bei den genannten Störungen des Kreis­laufs (mit Anwendung physicalischer und chemischer Hülfsmittel, z. B. des Microscops u. s. w.) grosse Verdienste erworben; die dadurch erlangten Fort­schritte fangen an auch in der Thierheilkunde sich geltend zu machen. Es werden im Allgemeinen functionelle und organische Störungen unter­schieden; die ersteren betreffen vorzugsweise das Nervensystem, sie hinter­lassen keine und nur solche anatomische Veränderungen, die in keinem Ver-hältniss zu der Störung der Verrichtung stehen; die organischen Störungen beruhen auf nachweisbaren Aenderungen in dem Gehalt an Blut, dessen Be­schaffenheit, dem £mährungsvorg%ng, der Bildung von Krankheitsprodukten u. s. w. Die Störungen der Verrichtung (functionelle) äussern sich entweder als a) Reitzung: durch Krampf, Schmerz oder vermehrte Absonderung oder b) als Schwäche oder Lähmung: durch Sinken der Empfindlichkeit, der Bewegung, oder als verminderte Absondernng. Die anatomischen (organischen) Stö­rungen lassen sich zurückführen auf a) Störungen der Blutvertheilnng (ört­lichen Blutmangel und Blutüberfüllung), b) Blutung, c) Ausschwitzong, d) Entzündung, e) Brand, f) vermehrte Ernährung und Neubildung sowohl nor­maler als krankhafter Gewebe, g) Ansammlung von Gasen und h) von Flüs­sigkeiten, i) Schwinden und Entartung.
A. Vermelirte Gefässthätigkeit,
(erhöhte Irritabilität, erhöhte Arteriosität, vgl. die erste Ordnung dieser Klasse (Fieber).
Sie äussert sich hauptsächlich in der Thätigkeit der Arte­rien; das Blut ist in höherem Grade arteriös, zugleich oft in
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Störungen der Blutbewegung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;257
grösserer Menge zugegen {Plethora) oder mehr ausgedehnt (falsche Vollblütigkeit), und in seinen nähereu Bestandtheilen abweichend (entzündliche Beschaffenheit); einer dieser Zustände zieht gerne die andern nach sich.
Ursachen: gute Verdauung und Blutbereitung; reine, kalte, trockene, sauerstoffreiche Luft, nahrhaftes oder reizendes Futter, starke Bewegung oder Muskelanstrengung, Entzündungen von äusserer Ursache. Jugend, männliches Geschlecht, sanguinisches oder cholerisches Temperament erhöhen die Anlage zur er­höhten Arteriosität.
Symptome: starker, voller, gereizter, beschleunigter Puls, unfühlbarer Herzschlag (vorwaltende Contraction), erhöhte thie-rische Wärme, vermehrter Turgor, Neigung zu Blutandrang nach einzelnen Organen, zu Entzündungen und Blutungen.
Ausgänge: durch vermehrte Secretionen (Crisen) oder Blutung in Gesundheit; oder Uebergang in venöse und nervöse Krankheitsformen, in Entzündung einzelner Organe u. s. w.
Behandlung: im Aligemeinen entzündungswidrig (Blutent­ziehung, Hungern, Vermehrung der Absonderungen, namentlich der Haut, Nieren und des Darmkanals).
B. Verminderte Gefässthätigkeit.
(Verminderte Irritabilität, erhöhte Venosität).
Anhäufung des Bluts in den Venen, Ausdehnung derselben und Herabstimmung ihrer Thätigkeit; das Blut besitzt die Eigen­schaften des venösen in höherem Grade.
Ursachen: dunstige, sauerstoffarme Luft, grosse Hitze, beschränkte Respiration und Thätigkeit des Herzens; viel Futter bei wenig Bewegung; deprimirende Leidenschaften; manche Con-tagien und Miasmen. Das phlegmatische und melancholische Tem­perament, schlaffer Körperbau, Neigung zum Fettwerden u. dgl. erhöhen die Anlage zu diesem Krankheitszustande.
Symptome: langsamer, träger Puls, fühlbarer Herzschlag (vorwaltende Expansion), Stockungen des Bluts, aufgetriebene Venen; träge Bewegung, veränderter Instinct; gestörte Ver­dauung, krankhafte Schleim- und Gallenabsonderung, schmutzige Färbung der Schleimhäute; Neigung zu Krankheiten des Pfort­adersystems, gastrischen und biliösen, auch typhösen Fiebern, Desorganisation einzelner Organe, besonders der Leber, Milz u. s. w.
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258nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Störungen der Blutbewegnng.
Verlauf: meist langwierig, wo nicht ein sich ausbildendes locales Leiden, oder der Uebergang in die erwähnten Krankheits­formen denselben beschleunigt.
Therapie: hauptsächlich durch Beseitigung der Ursachen; ferner: Blutentziehung, Vermehrung der Secretionen, besonders des Darmcanals und der Leber; vegetabilische und Mineral­säuren ; bei grosser Unthätigkeit und Abspannung {Torpor): stärkende, reizende Mittel.
C. Unregelmässige Blutbewegung.
Hieher: a) Congestion, b) Entzündung, c) Blutung.
a) Congestion. Anhäufung von Blut in einem Organe, daher Vermehrung seines ümfangs, Aufgetriebenheit u. dgl.
Diese Blutanhäufung kann davon herrühren, dass die Ar­terien dem Organ zu viel Blut zuführen (arterielle Congestion, zugleich active), oder aber dass die Venen zu wenig wegführen (venöse Congestion, meist passiv).
Das Herz und die Leber machen eine Ausnahme; für beide sind die Ve­nen blutzuführende Gefässe, beim Herz sind zugleich die Arterien die weg­führenden Canäle; die Herzsubstanz verhält sich indessen wie jeder andere Muskel.
Die Wiener Schule nennt die örtliche Blutfülle überhaupt Hyperämie, und den höheren Grad, bei welchem das Blut in den Capillaren stockt: Stase, sammelt sich aber das Blut der Schwere nach In tiefer gelegenen Theilen: Hypostase. Am lebenden Thiere zeigt sich die Blutüberfüllung zuerst als Injection, d. h. Anfüllung der kleinsten Gefässe mit Blut, daher Böthe. femer Anschwellung, vermehrte Wärme u. s. w.
Ursache: Vollblütigkeit, erhöhte Thätigkeit der Arterien erschwerter Abfluss des Bluts durch die Venen (Verengerung, Verwachsung); aufgeregte Empfindlichkeit eines Organs bringt active Congestion hervor, deprimirte Empfindlichkeit dagegen venöse; Kälte veranlasst Anhäufung des Bluts in den grossen Höhlen des Körpers — Wärme, starke Bewegung u. dgl. zieht das Blut mehr nach der Haut (Anfüllung der Hautvenen).
Symptome: ansser dem bereits Angeführten starkes Pul­siren der Arterien, voller, grosser Puls, strotzende Venen,'Zu­nahme des Volums, Röthe, Wärme des Organs, veränderte Con-sistenz desselben (weich oder hart), Schmerz, Störung der Function; Blässe und Blutmangel in andern Organen u. s. w.
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Entzüadung im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 259
Dauer: kurz, aber nicht selten wiederkehrend; Blutungen sind kritisch, allein nicht immer ungefährlich; Uebergang in Entzündungen, in chronische Stockungen.
Prognose: im Allgemeinen günstig; Blutungen und Apo­plexie sind zu befürchten.
Bei jungem, vollblütigem Vieh sind Congestionen sowohl nach der Ober­fläche , als nach den Eingeweiden, nicht selten, ja manchmal schnell tiidt-lich. (unvorsichtige Mästung, schnelles Treiben von Stallvieh.) Die Con­gestionen nach der Haut veranlassen manchmal Geschwülste, die bei längerer Sauer eine scharfe, seröse Ausschwitzung zur Folge haben können. Derglei­chen Zustände werden mit Milzbrand und Apoplexie zusammen geworfen. Die plötzliche Besserung auf einen Aderlass beweisst, dass man es blos mit einer Congestion zu thun hat.
Behandlung: durch Entfernung der Ursachen; Blutent­ziehung (örtlich oder allgemein), Ableitung des Bluts nach andern Organen: Kälte, entzündungswidrige und abführende Mittel (besonders bei activen Congestionen); adstringirende, stärkende Mittel (öfter bei passiven Congestionen).
b) Entzündung. (Inflammatio, Phlegmasia.)
#9632; (Vgl. die zweite Ordnung dieser Classe.)
Krankhaft erhöhte Vegetation und Plasticität in einem ein­zelnen Organ, bezeichnet durch Störung seiner Verrichtung, mit Röthe, Hitze, Schmerz und harter Geschwulst. Befällt alle Organe, das epiderm. System ausgenommen.
Diese Zeichen der Entzündung sind theils durch die tiefe Lage oder die dunkle Farbe der Organe nicht bemerkbar, theils überhaupt nicht alle in je­dem Falle zugegen, wie z. B. eine harte Geschwulst an Membranen (Schleim­oder serösen Häuten) nicht vorkommt. Als Unterschiede der Entzündung von ähnlichen Zuständen werden folgende angegeben: von der Congestion durch die Abwesenheit der harten Geschwulst und das Vorübergehende der Con­gestion ; von der Turgescenz durch den Mangel an Schmerz und harter Ge­schwulst ; die passive Stockung (Stase) des Bluts ist bezeichnet durch die dunklere Färbung, die Abwesenheit der Hitze, bei geringem Schmerz und wenig Geschwulst; im Extravasat fehlen Schmerz und Hitze.
Sitz:quot; in den Haargefässen, in denen sich mehr Blut an­häuft; auch bilden sich neue Gefässe, daher der entzündete Theil wie injicirt aussieht; das Blut stockt, die Function ist gestört oder aufgehoben; die Ernährung wird in Erguss plasti­scher Lymphe verändert oder geht in Eiterbildung, Brand, De­generation über; die Absonderung secernirender Organe ist bei bioser Reizung derselben vermehrt, in der Entzündung dagegen vermindert; letzteres findet auch bei der Aufsaugung statt. Der
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260nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Störungen der Blutbewegung.
Antheil der Nerven an dem krankhaften Vorgang ist bald mehr, bald weniger bedeutend.
Die Entzündung ist durch die Bildung eines Exsudats charakterisirt; die aus den Capillaren in das benachbarte Gewebe ausgeschwitzte Flüssigkeit enthält Faserstoff, welcher durch Gerinn ng theils das Gewebe verändert, theils (auf Oberflächen) netzartige oder hautähnliche Ueberzüge bildet (falsche Membranen, Croup). Die Flüssigkeit, in welcher der Faserstoff aufgelöst war, ist dem Blutserum ähnlich, d. h. mehr oder weniger eiweisshaltig. Der aus­geschwitzte Faserstoff kann vertrocknen, oder in eine Fett- und kalkhaltige Masse verändert werden, oder er zerfällt in Eiter, endlich er kann sich zu einer bindegewebähnlichen Substanz organisiren (z. B. Fleischwärzchen).
#9632;Anlage: die Entzündung befällt vorzugsweise kräftige, blutreiche Individuen; Organe und Gewebe, die viele Blutge-fässe, raschen Stoffwechsel haben, oder in grosser Thätigkeit sind. Grosse Hitze oder Kälte, reitzende Kahrung, heftige An­strengung u. s. w. vermehren die Disposition zu Entzündungen überhaupt, oder einzelner Organe insbesondere.
Ursachen: theils mechanische, wie Stoss, Reibung, Er­schütterung u. dgl., theils chemische: ätzende und stark reit­zende , scharfe Stoffe aus dem Pflanzen- und Thierreich (Can­thariden), auch Feuer, grosse Kälte (Verbrennung, Erfrieren), schnelle Abwechslung von Hitze und Kälte, sauerst.offreiche Luft; theils dynamische, wie heftige Leidenschaften, Krämpfe, Contagien. — Active Congestionen gehen leicht in Entzündung über, aber auch Stockung des Bluts bei erhöhter Venosität kann Entzündung zur Folge haben.
Die Entzündung, als eine der häufigsten Krankheitsformen, insbesondere bei den Hausthieren, lässt sich unterscheiden:
a)nbsp; nach dem Auftreten, in primäre, idiopathische und se-cundäre, symptomatische, metastatische;
b)nbsp; nach der Verbreitung, in epizootische, enzootische, con-tagiöse und sporadische;
c)nbsp; nach dem vorherrschenden Antheil einzelner Systeme und dem Character der Entzündung, in arterielle, venöse, lymphatische und nervöse; so wie in ächte und unächte, sthe-nische und asthenische, gutartige und bösartige;
d)nbsp; nach dem Zustand des befallenen Organs vor der Ent­zündung, in tonische und atonische, erethische und torpide;
e)nbsp; nach dem Sitze, in äussere und innere, oberflächliche und tiefe, rothlaufartige und parenchymatöse, oder nach dem befallenen Organ, Z.B.Herzentzündung, Lungenentzündung;
f)nbsp; nach dem Grade, in heftige oder geringe;
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Entzündungsausgänge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 261
g) nach der Complication, in einfache und complicirte ;
h) nach dem Verlaufe, in acute und chronische, schlei­chende; anhaltende und aussetzende.
Die Ausgänge der Entzündung lassen sich in nachfolgende eintheiien:
1)nbsp; in Zertheilung — die Symptome der Entzündung verlieren sich hald und gänzlich (oft unter deutlichen Crisen), die Verrichtung wird wieder hergestellt, indem das in den klein­sten Gefässen gestockte Blut wieder in Bewegung gesetzt und das ausgeschwitzte Plasma resorbirt wird; bei inneren Entzün­dungen erfolgt die Zertheilung manchmal durch Metastase nach aussen, oder durch eine absichtlich hervorgerufene äussere Ent­zündung. Die Zertheilung ist nicht allemal vollständig; die Entzündung hinterlässt dann bald erhöhte Empfindlichkeit, An­schwellung des Organs u. dgl., bald Schwäche und verminderte Empfindlichkeit; auch kann ein chronisch-entzündlicher Zustand oder eine grosse Neigung zu Rückfällen in dem krankhaften Organ zurückbleiben;
2)nbsp; in Verwachsung — bei Entzündungen seröser Häute, Vereinigung frischer Wunden; hiebei bleibt ein Theil des Ex­sudats zurück, in welchem sich manchmal Blutgefässe entwi­ckeln u. s. w.
3)nbsp; in Verhärtung — es findet durch den Erguss gerinn­barer Stoffe in das Gewebe des Organs eine Veränderung seiner Structur (Neubildungen, z.B. entzündliche Hypertrophie, gut-oder bösartige Geschwülste u. s. w.) statt;
4)nbsp; in Wassererguss — durch Ausscheidung wässeriger Lymphe bei verminderter Resorbtion (in acuten Wassersuchten, Entzündungen des Zellgewebs, der serösen und Synovialhäute);
5)nbsp; in Eiterung — die ergossenen, geronnenen Stoffe werden wieder verflüssigt (zerfallen), die Entzündungssymptome lassen an Heftigkeit nach, der Eiter bahnt sich einen Weg nach aussen; die den Eiter absondernde Fläche oder Höhle heilt nach und nach durch Granulation. Zur Unterhaltung der Eite­rung muss ein massiger Grad von Entzündung fortdauern, über und unter welchem diese Secretion nicht vor sich geht und die Heilung verzögert wird. Guter Eiter ist rahmartig, alcalisch und besteht aus kleinen Körnchen (Eiterkörperchen), die in einer Flüssigkeit (Serum) schwimmen. Die Fleischwärzchen sind aus Zellen gebildet, welche auf der eiternden Fläche ent-
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262
StlSrungen der Blutbewegung.
stehen J Gefässe bekommen und röthliche warzenähnliche Erha­benheiten bilden; durch Wiederholung dieses Vorgangs wird Substanzverlust ersetzt. Starke Eiterung kann durch grossen Säfteverbrauch Abzehrung hervorbringen.
Bei Vögeln ist Eiterbildung sehr selten, -was z. B. Flourens dafür nimmt, -waren wohl erweichte Tuberkel der Lunge.
6)nbsp; nbsp;in Jauchebildung — veranlasst durch ungünstige individuelle oder äussere Umstände, durch den Character der Entzündung oder die Beschaffenheit des kranken Gewebes; die Jauche ist scharf, greift die benachbarten Theile *an, die secer-nirende Fläche (Geschwür) heilt nicht;
7)nbsp; in Brand und Mortification — Absterben des Theiis auf der Höhe und durch die Heftigkeit der Entzündung: der todte Theil wird entweder in Jauche aufgelöst (feuchter Brand) oder er trocknet ein, wird leder-, holz- oder mumienartig (tro­ckener Brand); dergleichen Produkte können auf das entzündete Organ (z. B. eine Schleimhaut) zurückwirken, und dasselbe zer­stören (wie die Schorfe auf den diphtheritischen Geschwüren, z.B. dem Rotz); das die Jauchebildung und den Brand grösse-rer oder bedeutenderer Parthieen begleitende Fieber wird faulig, nervös und führt meist den Tod herbei;
8)nbsp; in Lähmung — unmittelbare Vernichtung der Function des entzündeten Organs, mit oder ohne Brand, Eiterung u. s. w.
Prognose: sehr verschieden, nach dem Sitz, Grad, Cha­racter der Entzündung, der Constitution des Individuums, den äusseren Verhältnissen u. s. w.
Therapie: hat es theiis mit der Entzündung an sich, theiis mit ihren Folgen (Uebergängen) zu thun.
Entfernung der Ursache ist das Erste (z. B. bei mechanisch oder chemisch wirkenden Reizen), wofern dies nicht mehr mög­lich ist, sind die Symptome zu massigen:
a)nbsp; nbsp;durch das eigentlich entzündungswidrige (antiphlogi-stische) Verfahren, nämlich Verminderung der Blutanhäufung durch örtliche oder allgemeine Blutentziehung, Kälte, Druck, die Plasticität des Bluts vermindernde Mittel (Salpeter, Neutral-und saure Salze, Pflanzensäuren, äusserlich Quecksilber-, Blei­mittel) ; seltener durch Narcotica, wie Aconit, Digitalis, Opium.
b)nbsp; Beförderung — seltener Verminderung — der Secretionen bei Entzündung absondernder Organe, theiis durch lauwarme, erweichende, theiis durch zusammenziehende, oder endlich durch
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Entzüuilungsaasgänge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;263
specifisch wirkende Mittel; Beförderung der Aufsaugung des festgewordenen Bluts durch Einreibungen von Quecksilbersalbe, Camphor, auch bloses Reiben, massigen Druck u. s. w.; Minde­rung der Schmerzen bei Entzündung sehr nervenreicher Organe, mittelst Wärme, schleimiger, öliger und beruhigender Mittel; Ableitung des Blutandrangs nach minder edlen Theilen, (Haut­reize, künstliche Geschwüre, abführende Mittel.) Durch den Character der Entzündung und des dieselbe begleitenden Fiebers (catarrhalisch, rheumatisch u. s. w.) wird die Anwendung der eigentlichen antiphlogistischen Methode oft modificirt.
Gefahrdrohende Symptome (z. B. Anschwellung der Luft­wege, Schlingorgane, heftiger Schmerz, Krampf u. dgl.) erfordern nicht selten schnelle Beseitigung. Anderntheils ist es manch­mal am Platze, eine langsam verlaufende Entzündung durch Reizmittel zu steigern und damit schneller zu einem Ausgang (Eiterung) zu bringen.
Die verschiedenen Ausgänge und Folgen der Entzündung erheischen im Allgemeinen folgende Behandlung: 1) die Zer-theiluug, als der günstigste Ausgang, wird am ehesten durch ein dem Grade und Character der Entzündung genau angepass-tes, antiphlogistisches Verfahren herbeigeführt; zurückgebliebene erhöhte Empfindlichkeit fordert beruhigende Mittel; verminderte Empfindlichkeit und Schwäche dagegen geistige, aromatische, gelindreizende, auch adstringirende Einreibungen u. s. w.; chro­nische Anschwellung wird durch Mittel, welche die Resorbtion befördern (Quecksilber, später Jod, gleichmässigen Druck), oder aber durch Erregung einer neuen Entzündung zu entfernen ge­sucht. 2) Verwachsung, lässt sich an einigen Stellen durch chirurgische Mittel beseitigen. 3) Verhärtung oder Degenera­tion wird theils wie die chronische Anschwellung behandelt, theils durch Operation entfernt; wo dies nicht angeht, sind die Übeln Folgen der Verhärtung (z. B. Druck auf benachbarte Or­gane) zu massigen. Afterorgane erfordern Aetzmittel oder das Messer, Feuer. 4) Bei Wasserergiessung (acuter) sind die ent-zünduugswidrigen Mittel mit resorbirenden zu verbinden (Calo­mel, Digitalis, äusserliche Reizmittel), bei chronisch geworde­ner Wasseranhäufung innerlich diuretische, diaphoretische Mittel, äusserlich Quecksilber-, Jod- oder scharfe Salben, Feuer. 5) Die Unterhaltung, Mässigung oder Vermehrung der Eiterung in Folge äusserlicher Entzündungen gehört in das Gebiet der Chi-
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StSrungen der Blutbewegnng.
rurgie, wie auch die Sorge fur gehörigen Abfluss des Eiters. Allzustarke Eiterung erfordert kräftige Nahrung und stärkende Mittel. 6) Bei Jauchebildung sind theils allgemein wirkende (umstimmende, stärkende, die Säfte verbessernde) Mittel, theils aber auch locale, die üble Beschaifenheit der Jauche verbes­sernde Mittel anzuwenden (Balsame, Harze, Chlorkalk, Kohle), oder es ist die kranke Parthie durch Aetztnittel, Feuer u.s.w. zu zerstören, und wo möglich an ihrer Stelle eine gutartige Eiterung herbeizuführen. Das Angreifen benachbarter Theile, so wie die Resorbtiou der Jauche sind zu verhindern. 7) Brand innerer Theile ist meist tödtlich; wo der Eintritt desselben droht, sind theils entzündungswidrige, theils Reizmittel oder beide in zweck-mässiger Verbindung anzuwenden (z. B. Camphor, China mit Mineralsäuren); bei an äusserlichen Theilen eingetretenem Brande sind dieselben theils durch Operation zu entfernen, theils die Abstossung des Abgestorbenen durch Einschnitte und Er­regung einer massigen Entzündung und Eiterung an den Gren­zen zu befördern, und dem Weitergreifen des Brandes Einhalt zu thun (Bähungen mit aromatischen und adstringirenden De-cocten, Zusatz von Holzessig, Mineralsäuren, Weingeist, Chlor­kalk); das begleitende Fieber nimmt gerne den fauligen oder nervösen Character an. 8) Lähmung oder lähmungsartige Schwäche nach Entzündungen erfordert die reizende Methode. Die von Entzündung befallenen Organe behalten oft län­gere Zeit eine grosse Neigung zu Rückfallen, daher in der Reconvalescenz die Ursachen der Entzündung besonders zu ver­meiden sind. Ein zu starkes antiphlogistisches Verfahren stimmt manchmal die Kräfte des Thiers sehr herab, und macht die vorsichtige Anwendung stärkender Mittel oder kräftiger Nah­rung nothwendig.
c) Blutung (äaemorrhagia). (Vgl. die dritte Ordnung dieser Classe.)
Austreten des Bluts aus den Gefässen, entweder äusser-lich wahrnehmbar (Blutfiuss), oder im Innern sich anhäufend (innere Blutung, Extravasat).
Kleine punktförmige Blutergüsse in die Gewebe z. B. das Hirn nennt man eapilläre Apoplexie, auf der Oberfläche der Häute: Ecchymosen, Petechien. Eine grflssere Ausdehnung der capillären Blutungen wird Blut­knoten (hämorrhagisches Infarct) und eine von ausgetretenem Blute in dem Organe gebildete Höhle: apoplectischer Herd genannt.
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Blutung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 265
Ursachen: mechanische Zerreissnng der Gefässe durch Verwundung,,Stoss, überraässigen Blutandrang, Zerfressung der Gefasswände durch ätzende Stoffe, Jauche u. s. w.; dynamische Störung der Secretion, so dass statt der abzusondernden Flüs­sigkeit Blut ans den erweiterten Gefässenden austritt oder durch die Wände ausschwitzt. Zu Blutungen disponirt: Vollblütigkeit überhaupt oder Blutanhäufung in einem Organ (Congestion, Entzündung), Stockung des Bluts in den Venen, grosse Aus­dehnung des Bluts durch Wärme, verminderte Gerinnbarkeit des Bluts bei wässeriger Beschaffenheit desselben, Neigung zu fauliger Zersetzung (s. die Krankheiten des Bluts in der ersten Classe); organische Fehler des Herzens, der Gefässe, Störun­gen des Kreislaufs und des Athmens.
Symptome: Ausfluss von Blut an der Oberfläche des Körpers oder, durch die natürlichen Oeffnungen. Blutungen in die Höhlen des Körpers oder in das Paren chym der Organe und das Zellgewebe sind blos aus ihren nächsten Ursachen (z. B. Sturz) und ihren Folgen zu vermuthen oder durch die Section nachzuweisen. Arteriösen Blutungen liegt meist eine vermehrte Turgescenz oder verdünntes Blut zu Grunde; venösen Blutun­gen dagegen Atonie der Gewebe, Stockungen u. s. w. Die acti-ven Blutungen (meist zugleich arteriös) hängen von vermehrtem Blutandrang und Reizung des Organs ab, die passiven dagegen beruhen auf Lähmung der Gefässenden, aus denen schwarzes, entmischtes Blut ausschwitzt, und sind mit Collapsus der Theile verbunden.
Prognose: kritische Blutungen sind bei Thieren sehr selten; symptomatische häufiger (z. B. bei Rotz, Milzbrand). Die Vorhersagung richtet sich nach dem Organ und der Menge des ergossenen Bluts. Bei starker Blutung wird der Puls klein, schwach, der Herzschlag prellend, die Häute blass, die Kräfte sinken,-es tritt Schwindel, Bewusstlosigkeit und der Tod ein. Bei geringerem, aber öfter wiederkehrendem Blutverlust leidet die Ernährung, es entstehen Blutmangel, Wassersucht und all­gemeine Schwäche. — Innere Blutungen sind meist sehr ge­fahrlich, theils durch Druck auf die benachbarten Organe, theils durch den Blutverlust selbst.
Therapie: bei activen Blutungen oder von Vollblütigkeit sind Aderlässe und entzündungswidrige Mittel anzuwenden; bei passiven und atonischen Blutungen adstringirende (Kälte,
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266nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fieber im Allgemeinen.
Säuren, Alaun und Metallsalze, adstringirende Pflanzenstoffe); bei Extravasaten an äusserlichen Theilen: Mittel, welche die Aufsaugung beschleunigen (Arnica, spirituöse Einreibungen). Wo die blutende Stelle zugänglich ist, sucht man die Blutung durch sogenannte blutstillende Mittel (Creosotwasser, Alaun­oder Eisenvitriol-Auflösung, verdünnte Säuren, kaltes Wasser, harzige oder gummöse Pulver, Mehl u. dgl.), oder durch chi­rurgisches Verfahren (Unterbindung, Druck, Brennen) zu stillen. Der Blutandrang nach einzelnen Stellen muss durch Ruhe, Kälte, Druck u. s. w. oder ableitende Aderlässe, Reizung ent­fernter Parthieen gemindert und nach Beseitigung der dringend­sten Symptome auf die Ursachen der Blutung (z. B. fehlerhafte Beschaffenheit des Bluts) gewirkt werden.
EESTE OEDNMG. Fieber. (Febris, Pyrexia)
(im Allgemeinen).
Reizung und vermehrte Thätigkeit des Gefasssystems im Ganzen, bezeichnet durch beschleunigten Puls, mit Frost und darauffolgender Hitze und auffallendem Krankheitsgefühl; meist rascher (acuter) Verlauf. Bei allen Hausthieren und in jedem Alter derselben. (Vgl. die vermehrte Gefassthätigkeit oder erhöhte Irritabilität S. 256.)
Da das Fieber keinerlei anatomisch nachweisbare Veränderung indenOrganen hinterlässt, so betrachtet man dasselbe als eine functionelle Störung, und vermuthet den Sitz derselben im verlängerten Mark und dem Lungen-Magennerren. Aus dem Sinken der NerTenthätigkeit erklärt man die Störung des Emäh-rungsprozesses, die Steigerung des StofiVecbsels und der Wärmebildung, end­lich die Abmagerung. Das Zittern und der Frost wird als Reflexkrampf, der Mangel an Fresslust, und die Beschleunigung der Herzcontractionen werden einem läbnmngsartigen Zustande des zehnten Nervenpaars zugeschrieben.
Symptome; Den Eintritt eines Fieberanfalls bezeichnet ein Frostgefühl, das sich durch Sträuben der Haare, Zittern der Muskeln, Blässe der sichtbaren Schleimhäute und niedrige Temperatur der Haut, besonders an den Extremitäten (Ohren, Hornwurzel, Füsse) zu erkennen gibt; nicht selten gehen dem Ausbrach des Fiebers merkliche Mattigkeit, Mangel an Fress­lust, Gähnen, öfteres Wechseln der Füsse, verzögerte Secre-
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Fieber im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 267
tionen u. s. w. voraus (Vorboten); mit dem Eintritt des Fiebers wird der Puls beschleunigt, gereizt, der Herzschlag ist weniger fühlbar, das Athmen häufig vermehrt (von den Congestionen des, Bluts nach innen), der Kopf wird gesenkt, das Auge halb geschlossen, es ist Unaufmerksamkeit und Unlust zum Bewegen vorhanden. Der Frost dauert in der Regel nicht lange, und ist manchmal so gering, dass er ganz übersehen wird; in hef­tigeren Anfällen dagegen zittern die Thiere an allen Gliedern (selbst mit -den Kiefern), und die Haare stehen borstig in die Höhe. Auf die im Froststadium unterdrückte Thätigkeit des arteriösen Systems folgt bald durch Reaction nach der Ober­fläche eine vermehrte Wärme der Haut, die Haare glätten sich, die Extremitäten werden warm, die Schleimhäute 'röthen sich und der Andrang des Bluts nach der Oberfläche erzeugt eine eigentliche Hitze derselben; die Haut ist anfangs trocken, später aber durch vermehrte Hautausdünstung feucht; die Un­aufmerksamkeit lässt nach, ohne ganz aufzuhören, die^Mattigkeit aber nimmt eher zu, wie auch der Puls beschleunigt bleibt, dabei voller und stärker wird. Die Ausleerung eines veränder­ten Harns und Mists erscheint öfter als kritisch und der Fieber­anfall hat damit sein Ende, oft schon in wenigen Stunden, er­reicht.
In den meisten Fällen jedoch dauert das Fieber, d. h. die Hitze, Niedergeschlagenheit, die Beschleunigung des Pulses fort und nimmt sogar mehrere Tage lang zu, bis endlich entweder eine günstige Crisis (durch Harn, Hautausdünstung u. s. w.) eintritt, wobei die Symptome der Krankheit rasch verschwinden, oder aber eine neue Krankheit (meist Entzündung eines Or­gans) entsteht, mit welcher das Fieber nun parallel verläuft. Reine Fieber sind selten tödtlich (durch Apoplexie, Lähmung), bei längerer Dauer derselben tritt aber leicht Zersetzung des Bluts, bedeutendes Ergreifen des Nervensystems (Faul- und Mervenfieber) oder der Ernährung (Zehrfieber) ein.
Die Dauer des Fiebers -ist sehr verschieden, von einigen bis zu 24 Stunden; über diese Zeit hinaus wird das Fieber selten mehr rein angetroffen, sondern mit (localen) und andern Krankheitszuständen complicirt. Länger dauernde Fieber machen gerne Remissionen, d. h. sie lassen an Heftigkeit (während des Tags) nach und nehmen meist in den Abendstunden bis Mit­ternacht wieder zu. Gänzliche Intermissionen im Verlauf eines
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268nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fieber im Allgemeinen.
Fiebers sind bei Thieren selten. (Unterschied zwischen anhal­tenden , nachlassenden und aussetzenden Fiebern; Febres, conti-nuae, remittendes, intermittendes.)
Obgleich überall, wo von Fieber die Rede ist, eine Beschlennignng der Blntcirculation gleichsam als die nothwendige Folge der beschleunigten Herz-contractionen (und Pulse) angenommen wird, haben doch meine Versuche über die Schnelligkeit des Blutkreislaufs bewiesen, dass diese nicht mit der Zahl der Pulse in einer gegebenen Zeit steigt, sondern dass im Gegentheil bei sehr be­schleunigtem Pulse das Blut langsamer fliesst, als im normalen Zustande. Man muss daher Schnelligkeit der Pulse und Beschleunigung des Blutlaufs nicht als gleichbedeutend nehmen.
Die Anlage zu Fiebern im Allgemeinen ist wie bei der erhöhten Irritabilität (s. diese).
Ursachen: theils allgemeine tellurische und Witterungs­einflüsse, grouse Kälte und Wärme, plötzlicher Wechsel der­selben, starke Bewegung der Luft, Anhäufung von Electricität in derselben, grosser Luftdruck, grosser Gehalt an Sauerstoff, Dünsten, Miasmen: theils beschränkte oder individuelle, wie Contagien, heftige Reizung des Muskel- oder Nervensystems, des Darmcanals (durch vieles, reizendes oder schlechtes Fut­ter) daraus entstandene Veränderungen der Blutmischung, Voll­blütigkeit u. s. w.; Arzneien; andere örtliche Krankheiten, na­mentlich Entzündungen.
Prognose: sehr unbestimmt. Manchmal ist das Fieber als eine heilsame Anstrengung der Naturheilkraft anzusehen, und es bedarf in manchen Krankheiten eines gewissen Grads von Fieber, um eine kritische Entscheidung herbeizuführen. Bei Verbindung des Fiebers mit andern (localen) Krankheiten, besonders Entzündung, richtet sich die Prognose nach der Wichtigkeit des erkrankten Organs, dem Grade der Entzündung u. s. w. Oefters ist das Fieber zuerst vorhanden und ihm folgt die locale Krankheit, manchmal ist es auch umgekehrt; endlich können Fieber und Entzündung zugleich und durch dieselbe Ursache entstehen.
Die Wiener Schule lässt das Fieber nicht als ein Heilbestreben des Organismus gelten, sondern als eine Complication, welche die Gefahr ver­mehrt, indem sie die Krankheit aus einer örtlichen zu einer allgemeinen macht. Es soll das Fieber häufig den Tod der kranken Thiere veranlassen, womit jedoch meine Erfahrungen nicht übereinstimmen. Die Olsen sollen mehr Folge des Nachlasses des Fiebers sein, als dessen Ursache.
Therapie: Beseitigung der Ursachen (wenn sie fort­dauern) ; Ruhe, wenig oder leicht verdauliche Nahrung, öfteres
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Reine Fieber.
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Tränken mit frischem oder lauem (gesäuertem) Wasser; eröff­nende Klysiere; warmes Bedecken und Frottiren, besonders im Froststadium, bei grosser Hitze Salpeter, Neutralsalze, saure Salze und Pflanzensäuren; Aderlass. Zur Zeit der Crisis Be­förderung derselben durch Entfernung von Hindernissen (war­mer Stall, Decken, Klystiere u. dgl.). Berücksichtigung dro­hender Complicationen oder dringender Symptome. In der Reconvalescenz: Unterstützung der Kräfte, Vermeidung der ursächlichen Schädlichkeiten.
So lange das Fieber nicht sehr heftig ist, oder sich nicht bestimmt mit einer andern Krankheitsform verbunden hat, kann man — besonders bei kräftigen Thieren — den Ausgang der Natur überlassen und sich mit dem diätetischen Verhalten be­gnügen.
Eintheilung: die Fieber theilen sich in zwei Zweige, nämlich in die reinen oder essentiellen Fieber und in die com-plicirten. Bei jenen ist kein bestimmtes Organ, Gewebe oder System des Körpers ausser dem Gefasssystem ergriffen, bei diesen dagegen ist neben dem allgemeinen Leiden des Gefäss-systems noch ein mehr oder weniger locales, auf ein bestimmtes Gewebe oder Organ beschränktes Leiden zugegen.
Die reinen Fieber werden drei Gattungen haben, nämlich 1) das entzündliche, 2) das Schwäche- oder faulige Fieber, und 3) das aussetzende Fieber. Die complicirten Fieber bilden die 4.—12. Gattung der Fieber, nämlich 4) die Ca-tarrhalfieber, 5) die rheumatischen, 6) die gastrischen, 7) die galligen oder biliösen, 8) die Rothlauffieber, 9) die Anthrax-oder Milzbrandfieber, 10) die exanthematischen, 11) die Nerven­fieber oder Typhosen, 12) das Eiterungsfieber.
A. Reine Fieber.
(Idiopathische, essentielle Fieber.)
Literatur: Ausser den bereits citirten Schriften: Girard fds in Journ. prat. (1828), Dupuy (ebend. 1828), Rey (J. Lyon 1848).
Die reinen Fieber, d. h. ohne gleichzeitige locale Affection (eines bestimmten Organs oder Gewebes), sind bei den Haus-thieren so selten, dass sie mehrere Beobachter ganz geleugnet haben (Hayue, Rychner, Girard fils, Hofacker). Indes­sen kommen doch, namentlich in grossen Luxusställen, einzelne
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270nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Reine Fieber.
Fälle vor, in denen von einer localen Affection (z. B. einer Entzündung) durchaus nichts nachzuweisen ist, so dass man annehmen muss, das Fieher sei ein idiopathisches, um so mehr, als dergleichen Anfalle in der Regel in wenigen Stunden vor­übergehen. Rey gibt dies ebenfalls an und will solche Fieber öfters beobachtet haben; Roll hält sie jedenfalls für sehr selten. Nach Spinola scheint es wahrscheinlich, dass auch beim Schwein, Fieber als selbstständige Krankheiten vorkommen.
Abgesehen hievon ist der fieberhafte Zustand so häufig mit einem andern Leiden verbunden, dass es zweckmässig er­scheint, die beiden Hauptformen desselben — das entzündliche (sthenische) und das faulige (asthenische) Fieber — für sich zu betrachten, um bei der Beschreibung der damit complicirten Krankheitsformen Wiederholungen vermeiden zu können.
Der Grundcharakter des Fiebers, es mag fur sich allein oder in Verbindung mit einem andern (localen) Krankheitszu­stande zugegen sein, ist entweder der einer erhöhten Thätigkeit des Gefässsystems und zugleich vermehrter Plasticität des Bluts, oder der einer vermehrten Thätigkeit mit geringerer Plasticität desselben; der erstere Charakter kommt dem entzündlichen (sthenischen, synochüsen) Fieber zu, der letztere bezeichnet das Schwäche- (asthenische, faulige) Fieber; in den meisten Fällen ist der Schwächezustand eine Folge des früher erhöheten Reizzustandes im Gefässsystera, wie Ermüdung und Erschöpfung auf vorausgegangene Anstrengung folgt.
Erste Gattung.
Entzündliches Fieber (Febris inßammatoria, Synocha).
(Sthenisches, synochöses Fieber.)
Krankhaft vermehrte Thätigkeit des Gefässsystems, mit Ueberwiegen und vorwaltender Neigung zur Ausscheidung ge­rinnbarer Stoffe aus dem Blute. Meist der Begleiter localer Entzündungen.
Symptome: Frost und darauffolgende Hitze, Niederge­schlagenheit, hängender Kopf und schlaffe Ohren, gespannter oder matter Gang, kuhhessische Stellung, seltenes Liegen (bei Pferden); geröthete, meist trockene Schleimhäute (das Flotz-jnaul trocken bei Rindvieh, Lechzen bei Hunden), glänzende,
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Entzündliches Fieber.
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hervorstehende Augen; beschleunigter, harter, voller, oder aber kleiner und gespannter Puls, unfühlbarer Herzschlag; das Blut gerinnt schnell und fest, scheidet wenig Wasser aus, da­gegen öfter eine dicke, gelbliche, fleischige, dem Messer widerstehende Schichte von Faserstoff (Speckhaut, Crusta in-flammatorid); der Appetit ist vermindert oder ganz aufgehoben ; gehaltloses, kühlendes Futter wird vorgezogen; der Durst ist eher vermehrt und auf reines, kaltes Wasser gerichtet; die Secretionen sind unterdrückt; die Haut ist trocken, der Mist fester als gewöhnlich, dunkelgefärbt, wenig aber dunkler, durch­sichtiger Harn, ohne Kalksatz (beim Pferd).
Die Krankheit beginnt mit dem Fieberschauer, nimmt so­dann eine Zeit lang zu, und entscheidet sich oft schon in 1—3, seltener erst in 5 Tagen, durch eine Crisis, die in vermehrter Absonderung eines trüben, satzigen Harns besteht, während die übrigen Symptome abnehmen, der Puls langsamer, weicher, der Herzschlag fühlbar wird, die Schleimhäute und das Fell feucht werden, die Munterkeit und der Appetit sich wieder einstellen.
Häufig ist die Crisis unvollkommen, und das Fieber geht in den Schwächezustand über, noch häufiger aber gesellt sich ein locales Leiden (Entzündung der Lungen, der Hufe, Catarrh u. s. w.) hinzu.
Ursachen: unter unsern Hausthieren haben die Pferde am meisten Anlage zu entzündlichen Fiebern; ausserdem befällt dasselbe eher gutgenährte (aber .nicht gemästete), vollblütige, kräftige Thiere mit sanguinischem Temperament. Nähere Ur­sachen sind: zu viel oder zu gehaltreiche, reizende Nahrung, starker Luftdruck, reine, kalte, sauerstoffreiche Luft, schneller Wechsel der Witterung, starke Anstrengung und Erhitzung, auch zu langes Stehen (beim Pferd), reizende Arzneien, heftiger Schmerz, Verletzungen u. s. w.
Prognose: meist günstig, soferne die befallenen Thiere im Allgemeinen eine kräftige Constitution besitzen, bei schwäch­lichen Thieren aber das entzündliche Fieber keinen hohen Grad zu erreichen pflegt.
Behandlung: Blutentziehung, deren Grosse nach dem Grade des Fiebers, der Körperbeschaffenheit des Thiers, den vorausgegangenen Ursachen zu bemessen ist (Vortheile eines zeitig gemachten Aderlasses, und des schnellen Ausfliessens
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272nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Eeine Fieber.
des Bluts); würde auf den Aderlass nach etlichen Stunden der Puls nicht weicher werden, oder würde die zuerst gebrochene Härte zurückkehren, so ist er zu wiederholen; innerlich: Sal­peter, schwefelsaures Natron oder Kali, auch Weinstein mit schleimigen Mitteln; erweichende, nöthigenfalls etwas reizende Klystiere. (Digitalis, Aconit, Chinin können durch das Nerven­system auf Verminderung der gesteigerten Gefässthätigkeit wir­ken.) Das diätetische Verfahren beschränkt sich auf Beobach­tung des Instinkts (hinreichendes frisches Getränk, Gras, Kleie u. dgl. wenig nährendes, aber leicht verdauliches Futter, bei kleinen Hausthieren saure Milch), leichtes Bedecken des Körpers, frische Luft (ohne Zug); Vermeidung schädlicher Eindrücke, Aufregung, Anstrengung u. dgl.
Hieher gehört das : einfache Reiz-, auch Wundfiebjer. (Ephemera.)
Sehr empfindliche Thiere bekommen nicht selten auf eine leichte Erkältung (z. B. kaltes Trinken) oder eine ungewohnte Futter-Ration u. dgl. einen Fieberanfall mit Sträuben der Haare, Zittern der Muskeln, Senken des Kopfs und Aufhören des Ap­petits, wobei der Puls nur wenig über die Norm gesteigert, auch nicht besonders hart, das Athmen dagegen oft merklich beschleunigt ist. Ein solcher Fieberanfall dauert meist nur einige Stunden, und entscheidet sich durch vermehrte Hautausdünstung, copiöse Mistentleerung u. s. w.
Nach bedeutenden Verletzungen und Operationen sieht man ebenfalls durch die von der Wunde aus entstandene Rei­zung ein solches Fieber entstehen, das, mitunter ziemlich heftig, 12 bis 24 Stunden fortdauert. Auch Pferde, die nach Opera­tionen (z. B. Englisiren) mehrere Tage lang sehr diät gehalten worden sind, werden — manchmal noch am 8. bis 10. Tage nach der Operation — sobald ihnen wieder Haberfutter gereicht wird, von einem Fieberanfall befallen; dergleichen Thiere (namentlich von orientalischen Ragen und weiblichen Geschlechts), sowie die Reconvalescenten von einer bedeutenden Krankheit, sind gegen äussere Eindrücke oft längere Zeit äusserst empfindlich. Heftigere Wundfieber stören die Eiterung in der Wunde, welch letztere mehr entzündet und trocken aussieht. Durch ungün­stige Umstände können sie in heftige Entzüudungsfieber über­gehen, welche gern in einem schon früher zerrütteten Organ, z. B. den Lungen, tödtliche Eiterung nach sich ziehen.
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Schwäche-Fieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 273
Bloss Reitzfieberkranke bedürfen in der Regel nur einer warmen Decke und einiger eröffnender Klystiere, oder einiger Gaben Neutralsalze, sehr selten eines Aderlasses.
Zweite Gattung.
Schwächefieber. {Fehris #9632;putrida. Synockusputris.) (Ästhenisches Fieber, fauliges Fieber Waldinger's.)
Krankhaft vermehrte Thätigkeit des Gefässsystems mit vor­herrschendem Schwächezustande, verminderter Plasticität des Bluts und Neigung zur Zersetzung der Säfte. Meist mit Lo-calleiden complicirt und eine Folge vorausgegangener entzünd­licher Zustände.
Symptome und Verlauf:
Wenn das Schwächefieber primär auftritt, gehen ihm manchmal Trägheit, (wenig warme, aber empfindliche) An­schwellungen an den Füssen oder dem Kopfe, Mangel an Appe­tit u. s. w. voraus. Das Fieber beginnt mit einem Frostanfall, der bald der Hitze weicht; beide Veränderungen der Tempera­tur sind nicht selten in bedeutendem Grade zugegen; die Hitze ist heftig, aber nicht anhaltend. Die das Schwächefieber unter­scheidenden Symptome sind: das auffallende Sinken der Kräfte, die matten, schmierigen Augen, der beschleunigte, aber weiche Puls, der mehr als gewöhnlich fühlbare Herzschlag, die Blässe der sichtbaren Schleimhäute, deren Absonderung zähe und kleb­rig ist, das Verschmähen kühlender Nahrung, dagegen eher noch Appetit zu nährendem, leicht verdaulichem Futter; der hell- oder dunkelbraune, schleimige, daher schäumende Urin, der weiche, selten dunkelgefarbte oder trockene Mist u. s. w.
Aus der Ader gelassenes Blut gerinnt nicht fest; es schei­det eine mehr oder weniger dicke, gelbe Schichte aus, die aber weich (sulzig) ist und in kurzer Zeit grösstentheils in Blutwasser zerfliesst. Im höheren Grade trennt sich das Blut nicht mehr in seine näheren Bestandtheile, sondern behält die Beschaffenheit einer weichen, dunkelrothen Sülze.
Die Beschaffenheit des Pulses, namentlich seine Schnellig­keit und Schwäche, zeigen den Grad der Krankheit am besten an; mit der Zunahme der Pulsschläge, dem immer mehr be-
Herinc, Pathologio.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; jg
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Reine Fieber.
schleunigten Athem, dem pochenden Herzschlage u. s. w. werden die Absonderungen der Schleimhäute (z. B. der Bindehaut, des Mauls, der Nase) schmierig, übelriechend, es stellt sich höchst stinkender Durchfall ein; die Hautausdiinstung wird faulig (es sammeln sich viele Fliegen um das Thier), die Füsse und die Bauchgegend schwellen ödematös an; seltener entwickelt sich Luft im Zellgewebe; Fontanelle oder sonstige Verletzungen sickern Jauche oder werden brandig; die Empfindlichkeit und Aufmerksamkeit ist gering; das Thier kann sich nicht mehr stehend erhalten, stürzt zu Boden und endet unter Convulsionen. Das Cadaver erkaltet und erstarrt langsam.
Dauer: von 3—4 bis auf 14 Tage.
Die Section zeigt: die Muskel mürbe, wie gesotten, livid oder schmutzigroth, seltener blass; ebenso die Häute des Darm­kanals, die Lungen u. s. w.; das Blut ist dickflüssig oder sul­zig , am Herzen und den grossen Gefässen in Form von Ecchy-mosen ausgetreten; das Fett resorbirt oder in schmierige Sülze verwandelt; röthliches Wasser, wie Fleischbrühe, oft übelriechend, im Zellgewebe oder den grossen Höhlen des Körpers; je nach dem localen Leiden: Zerstörung einzelner Organe.
Ist das faulige Fieber nicht primär entstanden, sondern — wie-in den meisten Fällen — Folge eines entzündlichen Fiebers (mit oder ohne locale Entzündung), so verlauft letzteres bis zum Stadium der Höhe und geht nun — statt sich durch eine Krisis günstig zu entscheiden — in den Schwächezustand über, indem der Puls klein und weich wird, an Schnelligkeit zu­nimmt, sich Anschwellungen am Kopf, Bauch und den Füssen u. s. w. bilden, und die Absonderungen auf die angegebene Weise verändert, selbst profus werden. Dieser Wechsel des Characters der Krankheit kann theils in den fortdauernden Ur­sachen, oder in der Individualität des Kranken liegen, theils aber auch durch ein allzustarkes — dem Grade des entzünd­lichen Zustandes nicht angepasstes — antiphlogistisches Ver­fahren herbeigeführt worden sein.
Auch Mangel an Nahrung und Wasser, ferner langwierige Krankheiten des lymphatischen Systems oder Eiterung in edle­ren Organen können ein fauliges Fieber nach sich ziehen.
Ursachen: theils allgemeine, wie eine besondere Witte­rungsbeschaffenheit (feuchte Hitze, Ausdünstungen von.Sümpfen, Nebel u. s. w.), theils locale, wie Misswachs, Ueberschwemmung
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Schwilchefieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 275
u. dgl., und individuelle, wie Blut- und Safteverlnst, Strapatzen (daher besonders im Kriege), endlich bei einem hohen Grade der Krankheit auch Ansteckung.
V all ada, adynamisches Fieber in den Ebenen von Piemont herrschend, besonders bei Rindvieh Ton mangelhafter Ernährung. Turin V.
Prognose: meist ungünstig, wegen der gesunkenen Kräfte des Körpers, den nicht zu beseitigenden Ursachen u. s. w.; daher der grosse Schaden, den das faulige Fieber bei epizootischer Ausbreitung anrichtet.
Therapie: meist nur im Anfange oder bei gelinderen Graden der Krankheit von Erfolg. Man unterstützt die Kräfte des Thiers durch leichtverdauliches, nährendes Futter (Haber­schrot, Gerste, zartes Heu; Eicheln, Kastanien für Schweine und Schafe), Mehltränke, und gibt bittere, gewürzhafte Mittel, wie Enzian, Wermuth, Kalmus. Im weitern Verlaufe werden stärkende und reizende Mittel, wie Eisenpräparate, Weidenrinde, Eichenrinde, China mit Säuren (Schwefel- oder Salzsäure) oder bei Neigung zu Wassersucht, in Verbindung mit harntreibenden Mitteln {01. ferci.,-Wachholderbeeren) gereicht. In den höheren Graden geht man auf die flüchtig reizenden Mittel, wie Cam­phor (besonders bei Torpor), Angelica, Baldrian, Weingeist, Naphthen, Sal. C. C oder kohlensaures Ammonium über.
Gegen vorhandenen Durchfall wendet man Klystiere aus adstringirenden Decocten, mit Mehl oder Leinsamen an; im höhern Grade aus -Nuse vomica, oder Metallsalze wie Kupfer­vitriol u. dgl.; die ödematösen Anschwellungen werden mit Ter­pentinöl, Salmiakgeist, Lorbeeröl eingerieben; Einschnitte sind zu vermeiden, wegen der nachfolgenden schlechten Eiterung und der Neigung zu Brand.
Als günstige Zeichen sieht man einen langsameren, volleren Puls, weniger pochenden Herzschlag, Nachlassen des Durch­falls, Röthung der Schleimhäute, wiederkehrende Munterkeit und Appetit, bei hellerem, trübem Urin und geballtem Mist, an. .
üeber die Ansteckungsfähigkeit des fauligen Fiebers sind die Angaben verschieden. Hertwig versuchte umsonst, es durch Cohabitation, Impfung u. s. w. auf andere, dazu sehr disponirte Thiere zu übertragen. Indessen erfordert die Vor­sicht, Kranke dieser Art von andern gesunden Thieren entfernt zu halten, die Anhäufung vieler solcher Kranken in engen Ställen zu vermeiden, ihre Effluvien durch Zutritt frischer Luft
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276nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;' Aussetzendes Fieber.
oder durch Eäucherungen mit Essig, Chlor n. dgl. unschädlich zu machen, auch bei grösserer Ausbreitung der Krankheit bei gesunden Thieren ein passendes prophylactisches Verfahren ein­zuleiten.
Dritte Gattung.
Aussetzendes Fieber. (Febria intermittena.)
(Kaltes Fieber, Wechselfieber.)
Literatur: Rainard, Delafond (1838) (beide in der allg. Pathologie und Therapie), aus dieser Fuchs in seiner allg. Pathologie (1843), Heusin­ger (Recherches). Hertwig in G amp; H. 1854. (Literatur in einzelnen Fällen.)
Mehr oder weniger regelmässig wiederkehrende Fieber­anfalle (Paroxysmen) mit fieberfreien Zwischenzeiten (Inter-missionen).
Die neueren Pathologen nehmen bei den intermittirenden Fiebern ein lo­cales Ergrifiensein des Ganglien-Nerrensystems, insbesondere des Abdominal-theils desselben, an; ob sich anatomisch dasselbe überzeugend nachweisen lasse, wird die Zukunft lehren. Es stehen indessen die intermittirenden Fie­ber in ihren höheren Graden mit den typhösen Fiebern in Beziehung.
Es ist sehr selten, bei Thieren aussetzende Fieber zu be­obachten, während sie beim Menschen häufig vorkommen und in manchen Gegenden endemisch herrschen; die denselben nach­theiligen Einflüssen ausgesetzen Thiere widerstehen ihnen weit mehr, nur das Schaf leidet in solchen Verhältnissen gerne an Fäule u. dgl. üebrigens führt schon Ruini (in seiner Ana­tomie 1618) die intermittirenden Fieber unter den Krankheiten der Pferde an; Lancisi will bei den, zur Zeit der Wechsel­fieberepidemien, gefallenen Thieren ganz ähnliche Veränderungen angetroffen haben, wie in den Leichen der Menschen; nach Cleghorn sollen in Minorka die Hypertrophieen der Milz bei Schafen ebenso häufig vorkommen als bei Menschen. Roy st on versichert, dass im Jahre 1807 die Pferde, welche in den sumpfigen Gegenden von Cambridge waideten an ausgebildetem Tertianfieber gelitten hätten. Dupuy berichtete der Acad. de Med., er habe 500 Schafe nach Waidegang in Sümpfen, mit allen Erscheinungen des intermittirenden Fiebers zu Grunde gehen sehen.
Symptome: (beim Pferd) Traurigkeit, häufiges Gähnen,
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Aassetzendes Fieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;277
Strecken der Glieder, kleiner, zusammengezogener, beschleunig­ter Puls; heisses Maul, belegte. Zunge, gelbliche Färbung der Schleimhäute; die Lebergegend gespannt,.empfindlich; die Wir­belsäule steif, das Athmen kurz und beschwerlich. Nachdem diese Vorboten des Fieberanfalls 1—2 Stünden gedauert haben, tritt ein allgemeiner Frost mit Zittern und Sträuben der Haare ein, die Füsse werden unter den Leib gestellt, die Äugen sind halb geschlossen, der Puls fast unfühlbar. Nach 3/* Stunden erheben sich die Kräfte, die Haut wird heiss, der Puls schnell (bis 90 in der Minute), das Maul feucht, die gelbliche Färbung lässt nach und ein starker Schweiss bricht aus. Hierauf wird der Puls natürlich, die Fresslust und Munterkeit kehren zurück. — Die folgenden zwei Tage kein Anfall, aber am dritten Tage derselbe Anfall zu der gleichen Stunde (Fèbris interm. quar-tand). Auf diese Weise fahrt die Krankheit meist mit Beibehal­tung des anfänglichen Typus fort; manchmal bleibt dazwischen ein Anfall aus; in schlimmen Fällen kommen die Anfalle früher oder heftiger; im guten Falle setzen sie aus und werden gelinder. Die Zahl der Anfalle ist unbestimmt, somit auch die Dauer des Fiebers.
üeber die Ursachen ist nichts Zuverlässiges bekannt. Therapie: anfangs ein Abführungsmittel (z. B. Aloë), her­nach bittere Mittel, Café (gerösteten) zu 1—2 Unzen pro dosi, Reizmittel, z. B. Wein (nach französischen Autoren). Chinin, welches beim Menschen als specifisches Mittel gilt, ist bei den Thieren mit Erfolg versucht worden, von Blanc (C. Ztg. 1844), Legrain (Belg. 1844), Pelisari (Clin. 1847), Bertacchi (1853).
Febris interm. quotidiana: Eine Stute bekam mehrere Tage lang jeden Morgen (9 Uhr) einen Fieberanfall mit Frost, Zittern u. s. w., dem nach Vj—I Stande Hitze mit schnellem, vollem False folgte. Das Fieber setzte hierauf etliche Tage ans, erschien dann wieder, aber Mittags 1 Uhr. Nach jedem Anfall war das Thier wieder wie gesnnd. Später gesellten sich alle Zeichen eines Lungenleidens mit Wassererguss hinzu, nnd die Section zeigte: viel Wasser in der Brusthöhle, falsche Membranen daselbst, Tuberkel in der Lange a. s. w. Die Behandlung hatte in Aderlass, schleimigen Tränken, Eiterbändern u. dgl. bestanden. (Li égard im Journ. prat, 1828.) ü am ei­se au (ebd.) beobachtete den viertägigen Typus eines aussetzenden Fiebers, welches jedoch später in den eintägigen überging.
Einen ähnlichen Fall von eintägigem, aussetzendem Fieber führte lieh y (Ret. 1830) an. —
Im Frühjahr 1837 hatte ich ein Pferd mit mehrmals, des Morgens, sich
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Complicirte Fieber.
wiederholenden Fieberanfällcn, begleitet von Unruhe, Gähnen, Scharren, Zu­rückstehen von der Krippe u. s. w., zu behandeln. Nach dem Anfall war das Tbier munter. Nachdem dieser Zustand einige Zeit gedauert hatte, bildete sich Druse aus.
Bei einem im Jahr 1838 englisirten Pferde kamen, nachdem die Folgen der Operation völlig vorüber waren, mehrere Fieberanfälle zu unbestimmten Zeiten; zuletzt bildete sich aber eine heftige Lungen- und Brustfellentzündung, die tödtlich endete. Section: Wasser im Thorax, grosse Abscesse roll Jauche in der Lunge.
Flothmann beschreibt einen ähnlichen, später in tödtliche Pleuritis ausgebenden Fall. (6. amp; H. XIV.) Auch in dem günstig geendeten Falle, von Legrain (Belg. 1844.), war eine Brustaffection zugegen, und Professor Thiernesse gibt an, einen ähnlichen Fall beobachtet zu haben.
Hildreth berichtet als Augenzeuge, dass während der Fieberepidemie im Jahr 1822 zu Marietta (Staat Ohio) an den Hunden inteimittirende Fieberanfälle beobachtet worden seien.
Neuere Fälle sind: bei einer Stute 5 Anfälle von eintägigem Fieber: durch Chinin geheilt von Bertacchi (Turin 1853). Gros Claude, Quar­tana , nachdem ein rheumatisches Leiden und Gastricismus vorausgegangen waren; die Anfälle kehrten Wochen lang regelmässig zurück und dauerten in ziemlicher Heftigkeit je 24 Stunden; Heilung durch China, Chinin, zuletzt Arsenik. G. amp; H. 1854. Hert wig beobachtete ein Tertianfieber bei einem Pferde ; drei- und viertägige Fieber bei 4 Hunden (ebd.). L e s s o n a will in Sardinien Wecbselfieber bei Pferden, Bindvieh und Hunden häufig beobachtet haben (Turin 1855). Dallola, Fall bei einem Pferde, Mail. UI. Jenisc h bei einem Schwein. 6. amp; H. 1866.
Czermak beobachtete inteimittirende Fieber bei einem Hunde und einem Affen. (Wiener Jahrb. 1834.)
B. Complicirte Fieber.
Fieber mit einem örtlichen Leiden, das ein bestimmtes Organ oder Gewebe, oder einen aus mehreren mit einander in näherer Verbindung stehenden Organen zusammengesetzten Ap­parat betrifft (so z. B. ist bei den exanthematischen Fiebern die Haut das vorzugsweise befallene Gewebe, bei den catarrha-lischen Fiebern: die Respirationsschleimhaut, bei den Nerven­fiebern: eine Parthie des Nervensystems).
Vierte Gattung.
Catarrhalisches Fieber. (Felris catarrhalis).
(Catarrhalisch lymphatisches Fieber. Veith.)
Im weiteren Sinne braucht man den Ausdruck Catarrh
für die Reizung und vermehrte Secretion aller Schleimhäute,
z. B. auch des Darmcanals, der Harnröhre, Scheide. Roll
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Catarrhalisohes Fieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 279
stellt die Catarrhe unter die Rubrik „Hyperämie und Ansschwi-tzungsprocesse.quot;
Fieber mit entzündlicher Reizung, später Erschlaffung der Schleimhaut der Luftwege und ihrer Nebenzweige, mit nach Beschaffenheit und Menge veränderter Schleimabsonderung da­selbst. Meist acut, nicht selten seuchenhaft verbreitet und an­steckend. Bei allen Hausthieren.
Die catarrhalischen Fieber kommen in sehr verschiedenen Graden vor, vom gefahrlosen Strengel bis zu der meist tödtlichen brandigen Druse; diese Verschiedenheiten beruhen theils auf dem Grade und Charakter des begleitenden Fiebers, theils auf dem Grade und der Ausbreitung der Entzündung. Diese befällt bald blos die Nasenschleimhaut (Nasencatarrh), bald erstreckt sie sich bis in die Bronchien hinab (Lungencatarrh); sie geht auf die Bindehaut des Auges über und auf die die Nebenhöhlen der Nase (Sinus) auskleidende Membran (Augenseuche, Kopf­krankheit des Rinds). Im Catarrh ist die Schleimhaut ge­schwellt, bei den acuten Formen geröthet (injicirt), in den chro­nischen dagegtn oft blass; das Secret der kranken Schleimhaut ist bald wässerig (verdünnt), bald dick, schleimig, zähe, hell oder trübe, seltener Eiterkörperchen enthaltend, oder membra-nös (Croup).
Die catarrhalischen Fieber sind manchmal mit andern Krank­heiten verbunden, z. B. Entzündung der Luftröhre, Lungen, mit rheumatischen Leiden, oder nehmen einen nervösen Charakter an. In seltenen Fällen wird der Catarrh langwierig (chronischer Catarrh der Luftsäcke, schleimiger Dampf), und kann Leiden des Lymphdrüsensystems (Rotz) nach sich ziehen (vgl. Druse des Pferds, Husten, Nasenentzündung, Lungenentzündung u. s. w. an ihrem Orte).
Ursachen im Allgemeinen: Erkältung oder Unterdrückung der Hautausdünstung, ferner eine nicht näher gekannte Be­schaffenheit der Atmosphäre; Ansteckung.
Anlage: im jungem Alter sowie im Frühjahr und Herbst grosser.
Symptome: aus denen eines entzündlichen Fiebers und einer Reizung oder Entzündung der Respirationsschleimhaut zu­sammengesetzt.
Behandlung: im Allgemeinen gelind antiphlogistisch und diaphoretisch.
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280nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
Prophylaxis: hauptsächlich durch Vermeidung der Ur­sachen; Verminderung der Disposition zu entzündlichen Krank­heiten überhaupt; Abhärtung der Haut gegen äussere Einflüsse.
Symptomatisch kommen die Erscheinungen des Catarrhs vor bei: den Schafpocken, der Maulseuche, der Druse und dem Rotze, dem Dampfe, der Hornwurmkrankheit der Schafe (Brem­senschwindel) u. s. w.
a) Einfacher Catarrh. (Coryza s. Catarrhus nasalis.) (Strengel, Eehlsucbt, Kropf der Pferde, öfters mit der Druse verwechselt.)
Entzündliche Reizung der obern Parthie der Luftwege, mit (meist gelindem) Fieber, schleimigem Ausfluss aus der Nase, auch Anschwellung der Kehlgangsdrüsen, Husten u. dgl. Am häufigsten bei Pferden, bei Rindvieh dagegen selten.
Symptome: der einfache Catarrh beginnt meist unmerk­lich, seltener mit einem deutlichen Fieberanfall; die Nasen­schleimhaut ist etwas geröthet und geschwellt, die Temperatur der Haut erhöht, der Puls (wenig) beschleunigt, dabei weder hart noch zusammengezogen, der Appetit wechselnd, die Aus­leerungen sind verzögert u. s. w. Nach einigen Tagen fliesst eine wasserheile Flüssigkeit, die bald dicker und schleimig wird, aus der Nase oder wird beim Schnauben ausgeworfen (bei Hun­den und Katzen häufiges Niesen). Nicht selten kommt eine lo­ckere , nicht besonders empfindliche Anschwellung der Drüsen im Kehlgang hinzu, sowie ein anfangs trockener, später loser Husten, Thränen der Augen u. s. w. Auch ist in einzelnen Fällen ein (kritischer) Ausschlag auf der Haut beobachtet worden.
Unter die seltenen Erscheinungen, welche ursprünglich ein­fache Catarrhfieber begleiten, gehört die Anschwellung der Ohr­speicheldrüsen, Entzündung der Augen und selbst Ausschwitzung in denselben. Anschwellen des Kopfs, Oedeme an der Brust, dem Bauche oder den Füssen u. s. w.
In höherm Grade wird die Entzündung der Nasenschleim­haut und das Fieber gesteigert, der Nasenausfluss sparsam oder aber eiterig, der Husten häufiger, schmerzhaft, das Schlingen erschwert (Kehlsucht, Angina) u. s. w.
Beim Rindvieh sind die Symptome des Catarrh weniger in die Augen fallend, der Ausfluss ist mehr wässerig, zuweilen mit zähen Klumpen grünlichen Schleims gemischt, auch wird
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Chronischer Catarrh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 281
gerne die Bindehaut in Mitleidenschaft gezogen. (Rychner Zeitschr. 1847.)
Dauer: 8—14 Tage bis 3 Wochen.
Ausgänge: entweder in Zertheilung, oder durch Zunahme der Entzündung in catarrhalische Entzündung der Lungen u. s. w. oder aber in chronischen Catarrh, der seinen Sitz hauptsächlich in den Nebenhöhlen der Nase und den Luftsäcken aufschlägt (s. diese Krkht.)
Ursachen: Herbstwaide, bereiftes Futter, kalter Regen, überhaupt Erkältung jeder Art, daher vorzüglich bei Witte­rungswechsel, im Frühling und Herbst, oft sehr verbreitet. Ein­zelne Fälle können von localer Reizung der Riechhaut durch Staub, Ammoniakdunst u. s. w. herrühren.
Behandlung: im gelindern Grade blos warmes Verhalten, Vermeidung der Erhitzung wie Erkältung; Kleienfutter; schwe­felsaures Natron; im höhern Grade des entzündlichen Leidens: Salpeter, später Salmiak mit schleimigen oder auflösenden Mitteln in massigen Dosen; bei trockenem Husten: Wasser­dämpfe zum Einathmen.
b) Chronischer Catarrh (der Luftsäcke und Kieferhöhlen des Pferds).
Literatur: Hering in Hep. VI u. XI. S. 29, Bonley, (Rec. 1844), Key (Lyon 1846), Gloag Vet. 1849, Horsbnrgh (Vet. 1852). Pappel (G. amp; H. 1852).
Nach unvollständig entschiedenem Catarrh bleibt oft eine vermehrte Schleimabsonderung in den Luftwegen längere Zeit zurück. Sie weicht manchmal den Schwefel- und Spiessglanz-präparaten, oder den innerlichen ableitenden Mitteln (z. B. harn­treibenden), oder äusserlichen Reizen, z. B. Fontanellen im Kehl­gang, scharfen Einreibungen u. dgl. Indessen sind die Fälle nicht so selten, in welchen man an Pferden, die öfters an hart­näckigem Strengel gelitten haben, einen Jahre lang fortdauern­den Ausfluss von manchmal völlig durchsichtigem, dem Sumor vitreus ähnlichem, oder aber der Samenflüssigkeit gleichendem Schleim aus der Nase beobachtet. Diese Absonderung häuft sich gerne in den Sinus der Stirn- und Kieferknochen oder in den Luftsäcken an, und fliesst nur von Zeit zu Zeit, besonders bei einer günstigen Haltung des Kopfs, in Mengen von Vj—1 Unze, selbst ein halbes Trinkglas voll auf Einmal aus. Durch
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Gomplicirte Fieber.
Druck auf die Ohrspeicheldrüsen wird manchmal der Ausfluss vermehrt. Manchmal ist der Ausfluss eiterartig, sehr übelrie­chend, die Ganaschendrüsen schwellen consensuell an und der allgemeine Gesundheitszustsnd des Thiers leidet; die abgeartete Secretion kann Anlass zu Rotzverdacht geben, vielleicht selbst Rotz hervorbringen. Percussion der Sinus ist nicht zu versäumen. Innerliche Mittel richten gewöhnlich nichts mehr aus, nach­dem das Uebel lange Zeit unbeachtet geblieben war. Die Oeff-nung der Luftsäcke oder des /Sinus maxillaris und passende Ein­spritzungen in dieselben können allein Erfolg versprechen. Man bohrt den Sinus maxillaris oder frontalis der kranken Seite zu­erst blos mit dem Perforativ an; ist Eiter in der Höhle, so kann man die Oeffnung mit der Trepankrone vergrössern. Ein­spritzungen von reinigenden Decocten, mit Zusatz von Chlor­kalk, Kreosot, auch Auflösungen von Metallsalzen (Kupfer-Zink­vitriol) sind, neben innerlichen, die Verdauung und Resorbtion befördernden Mitteln am Platze. Zum Bespülen der Nasen­schleimhaut mit passenden Flüssigkeiten bei chronischem Catarrh hat Rey in Lyon eine zweckmässige Röhre construirt. De-lorme empfiehlt den fortgesetzten Gebrauch des Brechwein­steins geg'en chronischen Catarrh der Bronchien. (Lyon 1852). Die Absonderung in den Luftsäcken verhärtet manchmal und bildet rundliche Concremènte, von der Form, Grosse und Farbe der Kastanien (Ohondroiden).
In einem Falle von verdächtigem Nasenansflass fand ich die Stirn- und Kieferhöhlen der linken Seite durch eine polypöse Masse ausgefüllt, deren Druck die benachbarten Knochen erweicht hatte, so dass nach dem Maceriren des Kopfs ein Theil des Gaumens, des grossen Kiefer- und Stirnbeins ver­schwunden war. Der Kopf befindet sich in der hiesigen Sammlang. Einen ähnlichen Fall hat Percival beobachtet (Vet. 1847), und Haubner sah bei einem Kalbe in den Nebenhöhlen linkerseits eine fischmilchähnliche Ma­terie angehäuft. (G. lt;fe H. VIII.)
Hieher gehört wahrscheinlich die von Steiner in Darkebmen beobach­tete Krankheit der Truthühner, die über '/s derselben tödtete. Es bildete sich (wahrscheinlich metastatisch) käsiger Eiter in der Kieferhöhle und zwar in solcher Menge, dass die Augen, der Gaumen, ans ihrer Stelle getrieben wurden und die Beweglichkeit der Kiefer litt, so dass die Thiere nicht mehr fressen konnten. Da der Eiter zu dick war, um die Haut zu durchbohren, so musste eingeschnitten werden; diese Operation, im Anfange der Krankheit vorgenommen, beseitigte das Debel schnell. Die Seuche dauerte von Mitte Juli bis Ende August. (Schw. X.)
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Augenseucbe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 283
cj Augenseuche. (Catarrhus covjunctivae epizootic.) (Augeustanpe, Ophthalmia epizootica. V. Conjunetivitis epiz. Ad.)
Ein catarrhalisches Fieber, mit besonderem ErgriflFensein der Bindehaut des Auges. Seuchenhaft beim Rind vorkommend; manchmal gleichzeitig mit der Maal- und Klauenseuche.
Symptome: Frost und nachfolgende Hitze, Niedergeschla­genheit, beschleunigtes Äthmen, Mangel an Fresslust, unterdrückte Harn- und Mistausleerung machen den Anfang der Krankheit; nach 2 bis Stägiger Dauer des Fiebers findet man die Augen­lider geschwollen, geschlossen und starken Thränenfluss; die Bindehaut des Auges ist aufgelockert, stark geröthet, die Cornea etwas getrübt; das Auge sehr empfindlich für die Eindrücke der Luft und des Lichts. Der anfangs wässerige Ausfluss aus den Augen wird nach 1—2 Tagen dicker, mehr schleimig; ebenso sondert die Nasenschleimhaut mehr ab, die Haut wird feucht, die Excremente werden in grösserer Menge und dünner abgesetzt. Unter diesen Erscheinungen verliert sich das ent­zündliche Leiden der Augen, die Lichtscheu u. s. w., und die Krankheit hat mit 5—T Tagen ihr Ende erreicht.
In ungünstigen Fällen, besonders bei verkehrter Behand­lung, bilden sich Bläschen auf der vordem Fläche des Auges, welche aufplatzen und kleine Geschwüre hinterlassen, oder aber eine allgemeine Trübung der Cornea, Verdickung der Bindehaut (Fell) und zuletzt Blindheit. Eine seuchenhafte Augenentzün­dung im Dep. der untern Seine, welche Geschwüre auf der Hornhaut zur Begleitung hatte, beschrieb schon Coquet im J. 1785. (Instr. IV.) Jessen (über Rinderpest 1834) führt eine epizootische Augenentzündung bei Rindvieh an, die wohl von dem Rauche der (bei der ausserordentlichen Hitze des Sommers 1826 in Russland) häufig brennenden Wälder herrühren mochte. Sie war so bösartig, dass das angegriffene Auge gewöhnlich dadurch unbrauchbar wurde. Zugleich herrschte die Aphthen-seuche. Spinola meint, die Augenstäupe des Rindviehs mit bösartiger Phlyctaenenbildung auf der Hornhaut, sei eine Va­rietät oder eine andere Species der Aphthenseuche (C. Ztg. 1847). In England herrschte 1847—54 bei jungem Vieh eine Augenentzündung, welche meist nur ein Auge befiel und nicht selten mit Auslaufen des Augapfels endigte. (Gamgee, Mail. 1865.)
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GompKcirte Fieber.
Ursachen: eine eigenthümliche Beschaffenheit der Luft, scharfe Winde, grosse Hitze, Trockenheit oder Feuchtigkeit der­selben, seltener mechanische Reizung des Auges durch Rauch, Staub u. dergl.
Behandlung: salzige Abführungsmittel mit gelind dia­phoretisch wirkenden, z. B. Doppelsalz oder Glaubersalz (2 ü.) mit Brechweinstein (1 Dr. pro dosi) in einem Aufguss von Flor, sambuci, bei stärkeren Entzündungssymptomen: Salpeter ('/i bis 1 U. pro dosi); selten wird ein Aderlass nöthig sein. Man unterstützt diese Mittel durch Klystiere, warme Decken und einen dunkeln Aufenthaltsort. Die entzündeten Augen werden mit einem schleimigen oder Hollunderinfusum oder blos mit lauer Milch gebäht; haben sich kleine Geschwüre gebildet, so wendet man ein gelind adstringirendes Augenwasser (mit weissem Vi­triol oder Alaun) an; Felle und Trübungen der Hornhaut erfor­dern gelind ätzende Mittel, z. B. Salbe mit rothem Quecksilber­oxyd, schwache Auflösungen von Quecksilbersublimat, oder vor­sichtiges Bedupfen mit Höllenstein.
d) Bösartiges Catarrhfieber der Wiederkäuer, (üatarrhus si-nuum frontal.)
(Kopfkrankheit des Rindviehs, HSrnerkrankheit, Schafrotz, Rotz, brandiges Schnupfenfieber. Febrit catarrh, epizootica. Ad.)
Literatur: Morier (1816), Rhodes (1819), Gellé. n. Band. Anker (Preisschrift), Schw. Archiv VI.; Gas teil a ebd. n.; Gruzel in Jonrn. prat; Laborde im Ree. VU,; Bertholet ebend. (1840), Rychner (Zeitschr. I.) Fuchs (G. amp; H. 1855), Ercolani (Turin V).
Eine den Wiederkäuern eigene, durch ihre Heftigkeit, Nei­gung zum Brande und die Mitleidenschaft des Hirns ausgezeich­nete Form des Catarrhfiebers.
Die Krankheit kommt sowohl in hoch- als niedergelegenen Gegenden, vorzüglich im Frühling und Herbst, bei vorherrschen­der Feuchtigkeit sowohl der Atmosphäre als des Bodens vor. Ochsen und jüngere Kühe werden am häufigsten befallen, ältere Kühe seltener (nach Rychner).
Symptome: als Vorbote geht manchmal Durchfall vor­aus, überhaupt ist der Darmcanal gerne consensuell ergriffen. In andern Fällen sind zuerst die Augen entzündet, trüb, ohne vermehrte Thränenabsonderung, der Kopf ist heiss. Mit dem Eintritt der Krankheit beobachtet man: Mattigkeit, hängenden
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Bösartiges Catarrhfieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 285
Kopf; im Froststadium des Fiebers gesträubte Haare, darauf grosse Hitze, besonders am Kopfe, trockene Nase, heisses Maul, voll Speichel, geschwollene, thränende Augen, Trübung der wässerigen Feuchtigkeit, Lichtscheu; hochrothe, später blanrothe Schleimhäute; der Puls ist schnell, mehr oder weniger hart oder voll, Herzschlag nnfühlbar oder nicht, das Athmen be­schleunigt, immer hörbar, oft Husten. Wechselnde Fresslust, manchmal vermehrter Durst, Mist bald dünn, bald trocken, schwärzlich, der Urin feurig.
Hitze und Frost wechseln mehrmals; verlauft die Krank­heit mehr als Catarrh, so fliesst wasserhelle Flüssigkeit aus der Käse.
Schon nach 24 Stunden (zweites Stadium) nimmt die Mat­tigkeit zu, ebenso die Entzündung und Trübung der Augen, der Riechhaut, das Thränen und das hörbare Athmen; der Nasen-ausfluss wird schleimig, blutig oder jaucheähnlich (sammelt sich derselbe in den Nebenhöhlen der Nase, so wird diese Parthie sehr heiss, und der Kopf auf selbige Seite geneigt, das Horn empfindlich); die Percussion der Stirnhöhle gibt einen dumpfen Ton; im Maul bilden sich rothe Flecken, au welchen sich die Oberhaut ablöst (Schwämmchen, vielmehr Petechien nach Ryebner); die Fresslust hört ganz auf, es geht wenig Mist, der Urin nur unter Schmerzen ab; auch zeigen sich Schmerzen in den Gliedmassen. Trächtige Kühe verwerfen gewöhnlich und verfallen hierauf gerne in Fruchthälterentzündung.
Im dritten (nervösen) Stadium vermehrt sich der übelbe­schaffene, brandige Ausfluss der Nase, Brand befällt die Fleisch-wand der Hörner, welche losgehen (ebenso die Klauen, nach Anker); es treten Zuckungen ein (der Kopf wird aufgestützt, das Thier schiebt, wird bewusstlos); die Empfindlichkeit der Haut ist bald erhöht, bald abgestumpft; Lähmung, starker Durch­fall und Asphyxie machen den Schluss.
In der Nähe von Berlin sah man die Krankheit ein croupöses Exsudat auf der Schleimbaut des Mauls und der Respirationsorgane bilden, mit Ne­crose der Schleimhaut und wahren Typbnsgescbwüren, selbst in der Luftröhre (auch Geschwüren auf der Hornhaut des Auges. G. amp; H. 1855 Suppl.}.
S.ection: Entzündung, Geschwüre und Brand auf der Riechhaut, Brand der Fleischwand der Hörner, Erosionen der Maulschleimhaut; Spuren von Entzündung an den Häuten des Hirns und Rückenmarks, manchmal Wassererguss oder Erwei-
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286nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
chung der Hirnsubstanz. An der Pleura dunkle Flecken, die Lungen mehr oder weniger heftig entzündet, in den grossen Venen schwarzes Blut. Entzündungssymptome an den erschlaff­ten Mägen und dem Darmcanal, die Leber nach Farbe und Consistenz verändert, die Gallenblase sehr gross, mit ausgearte­ter Galle angefüllt.
Dauer: sechs Tage und darüber (nach Bertholet und Gelle, die auch eine chronische Form annehmen); wenn am 9.—11. Tage die Krankheit nicht abgenommen hat, ist wenig Hoffnung mehr. Junge Thiere unterliegen am leichtesten. Trübheit der Augen, selbst Blindheit, so wie Neigung zu Rück­fallen bleiben gerne zurück.
Ursachen: hauptsächlich Erkältung der Haut, besonders zur Zeit des Haarwechsels; Zugluft, bereifte Waiden, heisse Ställe. Fuchs sah die Krankheit 1854 im Frühjahr bei Trier enzootisch herrschen; er beschuldigt die dem Nord- und Ost­wind ausgesetzte Lage des Orts, feuchte und niedrige Ställe, Nässe des Bodens.
Prognose: ungünstig, da im Durchschnitt die Hälfte der Kranken unterliegt, nach Fuchs waren alle Mittel umsonst; wenn der Nasenausfluss in 3 bis 4 Tagen flockig wird, dabei geruchlos und ohne Blutbeimischung bleibt, ist Heilung zu hoffen.
Therapie: zuerst Aderlass am Halse, auch local an den Hörnern (durch Anbohren oder Einsägen derselben). Ry eb­ner verwirft letzteres und räth dagegen, Schröpfköpfe unter den Augen und zur Seite der Nase anzusetzen. Lehmumschläge mit Essig, über den Nacken, die Stirne und Hörner; nach Bertholet erweichende Cataplasraen, Bähungen der Augen mit Malvendecoct und Bleiwasser: Reibungen mit wollenen Lap­pen und Essig über den ganzen Leib (Anker empfiehlt Laugen­bäder) ; Eiterbänder am Triel und Klystiere, wenn Verstopfung zugegen. Gegen den fieberhaften Zustand werden zuerst einige Gaben Nitrum in einem schleimigen Decoct {Hb. malvae oder Flor, tiliae) angewendet, hierauf aber Einschütte von Brech­weinstein (7raquo; Dr.) und schwefelsaurem Kali (3 U.) in der er­wähnten Abkochung, alle 2 Stunden gegeben. Bei starker Rei­zung des Darmcanals wähle man statt des Doppelsalzes — Bittersalz, statt des Tart, emetic, aber Calomel mit vielem Schleim. Die Unterbrechung des Wiederkauens soll nach Ber­tholet schlimmer sein, als die Krankheit selbst; er räth da-
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Bösartiges Catanhfleber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 287
gegen Glaubersalz zu 1 bis 1 % Pfund, im Nothfall Aloë zu 2 bis 3 ü. in Pillenform. Das plötzliche Aufhören des Nasen­ausflusses zwischen dem 12.—15. Tage der Krankheit, die an­haltende Hitze der Hörner, die Schwere des Kopfs, das Schmerz­gefühl beim Schütteln desselben, sind die* Zeichen der Eiter­ansammlung in den Hornzapfen. B. räth das Horn der kranken Seite etwa 2—3 Zoll von der Spitze abzusägen, eine Sonde einzuführen, und täglich 2 bis 3 Mal dem Eiter Ausgang zu verschaffen.
Der Aderlass in der frühesten Periode des Fiebers scheint noch am mei­sten zu leisten; schon Gelle führt einen Fall an, in welchem einem Ochsen auf dreimal 19 Pfund Blnt entzogen und dann noch ein Horn abgesägt wurde; dazu Essigumschläge, Eiterband im Triel u. s. w, E r c o 1 a n i gibt an . dass schleunige und starke Aderlässe, 2—4mal des Tags und bis zu 30 Pfund be­tragend allein im Stande seien, die Kranken zu retten and dass selbst Durch­fall und nen-Bse Symptome davon nicht abhalten dürfen. (Turin V.)
Bei Zeichen von Schwäche ist JRad. gentian., Fol. auran-tior. oder Rad. valerian, in kleinen Gaben am Platze.
Diese Behandlung des ersten oder entzündlichen Stadiums muss durch einen trockenen Stall, hinreichende Streu, laues Mehlwasser, kleine Rationen Heu (nicht Oehmd) oder Möhren unterstützt werden.
Wo die Krankheit den Character des Torpor gleich von Anfang hat, müssen — den Aderlass ausgenommen —die äus-serlichen Mittel, wie zuvor angegeben wurde, in Anwendung kommen; innerlich aber wird, so lange kein Durchfall zugegen ist, Salmiak (zu 3 Dr. alle Stunden) oder Brechweinstein (1 Dr.) in einem Aufguss von Fol. aurant. oder Rad. valerian, gereicht, und sollte sich nach 24 Stunden keine Besserung zeigen, so versuche man den Spir. nitri. dulcis, in dem angegebenen Ve­hikel, oder bei grösserer Schwäche in Enziandecoct. Um hart­näckige Verstopfung zu heben, ist es selbst im torpiden Zu­stande zuweilen angemessen, zuerst einige abfuhrende Salzgaben zu reichen. • Ist aber Durchfall oder Ruhr zugegen, so werden schleimige mit adstringirenden Mitteln und Opium erforderlich, z.B-Abkochungen von Althéa mit Rhapontica, im höhern Grade mit Columbowurzel und Opiumtinctur (1 Dr. pro dosi, alle Stun­den wiederholt).
Im zweiten Stadium der Krankheit sind hauptsächlich stär­kende Mittel (wie Abkochungen oder Aufgüsse von Enzian, Rad. caryophill., envlae, serpentariae, Flor, amicae und selbst Cart.
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288nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
chinae) entweder mit versüssten Säuren (Spir, mtri. dulcquot;) und Salmiak, oder aber mit Kali carbonic, (zu 2 Dr. pro dosi, vier­mal des Tags) zu versuchen.
Im nervösen Stadium pflegen selbst die Reizmittel, wie Camphor, Angelica, die Balsame u. dgl. nichts mehr zu leisten. In dieser Periode kommt nach Rychner's Versicherung nur ein Stück von zwölf durch.
Während der Reconvalescenz ist Schonung, sorgfaltige Wartung und Pflege, so wie die Vermeidung der Ursachen der Krankheit anzuempfehlen.
Manchmal geht das bösartige Catarrhfieber des Rindviehs in einen chronischen Catarrh des Sinus fiber, der sich durch schleimigen Aus-fluss, schmierige Augen, hörbares Athmen, Schütteln oder Steifhalten des Kopfes, Hitze am Grunde eines Horns, blasse Geschwüre auf der Riechhaut, Erosionen an den Nasenlöchern, Oedem des Gesichts u. s. w. äussert. Die Geschwüre greifen endlich die Knochen an, der Tod erfolgt durch Abzehrung.
e) Brandiger Strengel, brandige Druse. {Coryza gangraenosa.)
(Coryxa gangréneux, Morve gcmgreneute. Mal de tête de contagion, Charbon
blanc (Chabert), Anasarque idiopathique (Bouley im Rec. 1842), Diastas-
hémie, rapide (Delafond). Vallada (Turin I). Lessona (Turin II).
Eine häufig mit acutem Rotz verwechselte Entzündung der Nasenschleimhaut, mit Neigung zu Gangrän, von einem typhö­sen Fieber begleitet. Sehr acut, ansteckend. Beim Pferd und Rinde.
Die Krankheit beginnt beim Pferde meist plötzlich mit Traurigkeit, schwankendem Gang und grosser Schwäche, der Appetit ist nicht ganz verschwunden; die Riechhaut und die Bindehaut des Auges zeigen mehr oder weniger Röthe, unregel-mässige Punkte oder Flecken (Petechien); die Füsse, der Schlauch, besonders aber der untere Theil des Kopfs, sind ge­schwollen; der Puls ist weich, oder gespannt, sehr beschleunigt, der Herzschlag stark fühlbar, das Athmen ruhig; der Mist tro­cken, schwarz, manchmal mit Schleim überzogen; die Haare las­sen sich leicht ausziehen.
Nach 2—3 Tagen findet man die Petechien der Schleim­haut grosser und dunkler; die Bindehaut ist zugleich mit gelb­lichem Serum infiltrirt, ein wässeriger, gelber Ausfluss fliesst in geringer Menge aus beiden Nasenlöchern, die immer mehr anschwellen; ebenso die Extremitäten, an denen die von unten nach oben fortschreitende ödematöse Geschwulst mit einem
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Brandiger Strengel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 289
dicken Wulst aufhört. Keine Beulen auf der Haut oder An­schwellung der Kehlgangsdriisen (wie bei acutem Rotz).
Wenn sich eine Eruption auf der Haut zeigt, so ist sie durch Blutaustreten (Ecchymosen) in's Zellgewebe hervorge­bracht; brechen dergleichen Beulen auf, so schwitzt blos ein dickes, rothes Serum aus, nie aber Eiter.
Im weitern Verlaufe von 4—5 Tagen wird die Nasen­schleimhaut erweicht, brandig und zeigt an den abgestorbenen Stellen unregelmässige, blaurothe Geschwüre ohne rothen Rand, alsdann schwellen (jedoch bei sehr schnellem Verlauf nicht) die Kehlgangsdrüsen an; aus der Nase fliesst eine stinkende, roth­liche oder blutige Materie, die Geschwulst der Nasenflügel und der Lippen, oft auch des ganzen vordem Theils des unförmlich gewordenen Kopfs hindert das Athmen und das Fressen.
Das in diesem Zeitraum der Krankheit ausgelassene Blut gerinnt schnell, bildet einen weichen Blutkuchen und scheidet viel Serum aus; bei sehr schnellem Verlauf fliesst es dicklich aus der Vene, ist schwarz und gerinnt nicht; es fault sehr bald.
Der Tod tritt meist am 10.—12., aber auch manchmal schon am 2.—3. Tag der Krankheit durch Erstickung ein; die­ser Ausgang ist fast sicher, sobald die Nasenschleimhaut vom Brand befallen ist; manchmal gelingt es, die Petechien zum Stehen zu bringen, und die Genesung erfolgt unter allmähli­chem Verschwinden der übrigen Symptome. Indessen sind Rückfalle während der Reconvalescenz nicht selten.
Bei der Section findet man braunrothe Dupfen (von infil-trirtem Blut) auf der Riechhaut, die an andern Stellen schwarz und ohne Zusammenhang, wie aufgelöst erscheint, oder tiefe, runzliche Geschwüre längs des Venennetzes auf der Nasen­scheidewand und den Düttenbeinen zeigt; letztere sind mit schwarzem Blut infiltrirt. In den Nebenhöhlen der Nase ist blutiges Serum. Im Zellgewebe der Lippen und des Gesichts ist theils röthliches Wasser, theils dunkles Blut ergossen. Die Lungen sind schwarz, mit rothen oder bleifarbenen Dupfen, schwer und gross; die unteren Parthien derselben mit Blut oder Serum infiltrirt, oder mit umschriebenen Blutflecken durchzogen; hie und da ist die Lungensubstanz breiartig aufgelöst. Manch­mal sind die Lungen wenig alterirt, wenn der Tod sehr schnell eintrat. Die Milz ist gross, weich, ihr Parenchym dem Daten­satz ähnlich. Die verschiedenen Lymphdrüsengruppen sind mit
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;19
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CompHcirte Fieber.
Blut infiltrirt, mit einer wässerigen Ausschwitznng umgeben. Das Blut im Herzen und den grossen Venen ist schwarz und nicht geronnen. Ecchymosen sind zahlreich zwischen den Mus­keln, an dem Herzen, dem Darmcanal, den Nieren u. s. w. Die Schleimhaut des Darmcanals, besonders des Blind- und Grimm­darms ist erweicht und schwärzlich, auch schieferfarbig.
Als Ursache beschuldigt man theils schlechtes, verdor­benes Futter, schlechte Luft in überfüllten, nicht gehörig ge­lüfteten Ställen ohne Pflaster und Abzugsgräben; verdorbenes Wasser, Ansteckung.
Diagnose: wegen Verwechslung mit dem acuten Rotz, mit Milzbrand oder Petechialfieber schwierig.
Prognose: sehr ungünstig, da die meisten Kranken ver­loren sind.
Behandlung: Vermeidung der Ursachen; insbesondere auch Verhütung der Ansteckung, welche man dieser Krankheit wie dem acuten Rotz zuschreibt; die dagegen versuchten Mit­tel waren ohne Erfolg; Aderlässe schienen den Gang der Krankheit zu beschleunigen. Bouley empfiehlt dagegen Ader-lass, jedoch blos im Anfang der Krankheit, Einschnitte in die Anschwellung, Ausdrücken des Serum, Brennen der Wunden, innerlich Wein mit aromatischem Pflanzendecoct, China u. s. w. (Rec. 1842).
Beim Rinde verlauft die Krankheit oft schon in drei Ta­gen tödtlich; sie ist in heissen Sommern häufiger und soll von Erkältung, sumpfiger Waide u. s. w. herrühren. Ausser den Symptomen heftiger localer Entzündung in der Nasenhöhle, wo­bei auch das Maul, die Augen und Ohren in Mitleidenschaft gezogen werden, kommen Schwanken, Schieben, Aufstützen des Kopfs, Zuckungen, gänzliche Unempfindlichkeit u. s. w. hinzu. Manchmal entsteht ein Oedem des Triels oder ein pustulöses Exanthem auf der Haut. Behandlung: anfangs Aderlass an der Schweifarterie, innerlich Säuren, Chlor, China, Camphor, Ammoniak. — Rinquet will Phosphoröl zu 40 Tropfen in Lindenblüthaufgnss mit Erfolg angewendet haben. Toul. 1864.
Die Krankheit scheint ihrem Wesen nach hauptsächlich in einer Entmi­schung des Bluts zn bestehen, und sich den Anthraxformen am meisten zu nähern, daher auch die gegen diese angewendeten Mittel noch am ehesten zu versuchen sind.
unter dem Namen Croup der Nasenschleimhaut beschreibt Roll zwei Formen des Catarrhs, a) eine gelindere, die sich blos auf die Follikel
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Influenza.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 291
der Nas en Schleimhaut erstreckt (foUicnläre Verschwärnng 4er Nase) und b) eine heftigere Form. Die erstere zeigt ansser den Symptomen eines heftigen Strengeis die genannte Follikel raub, wie mit GrieskSmem besetzt, ein faser­stoffiges Exsudat erscheint und zerfliesst mit Hinterlassung oberflächlicher zahl­reicher Gescbwürchen mit rothem Rande und bedeckt von dem schwerabstreif-baren Beschläge. Aehnliche Geschwüre finden sich gerne an den Bändern der Nase und auf der Vorderlippe; sie heilen in der Regel leicht. Da zu­gleich die Keblgangsdrüsen infiltrirt sind, und sich manchmal wurmähnliche StrSnge nach denselben hinziehen, wird die Krankheit nicht selten mit Rotz verwechselt (vgl. Aphthen der Riechhaut S. 88.).
Auch die heftigere Form beginnt mit Nasencatarrh, der Ausfluss ist zäh, gelblich, die Schleimhaut wird von einer hautartigen Gerinnung von röthlich-oder grüngelber Farbe bedeckt; das Exsudat löst sich später von der Peri­pherie her los,. zerfliesst und die excoriirte Schleimhaut bedeckt -sich wieder mit Epithelium. Das Fieber ist meist ziemlich heftig, auch sind Anschwellun­gen der Lymphgefässe und Drüsen zugegen. Manchmal entwickelt sich aus dieser Form der acute Rotz.
Roll sah den Croup der Riechhant epizootisch bei Remonten herrschen, meist zugleich mit Maulseuche; die Ansteckungsfähigkeit ist unbestritten. Die Behandlung bestund in Einathmen von Wasserdämpfen, Bednpfen der Ge­schwüre mit Höllenstein- oder Eupfervitriollösung, Einreibung von Quecksilber­salbe, Jod in die Drüsen, innerlich Salze.
f) Influenza der Pferde. {Febris catarrh, epizootic. Ad.)
Literatur: Meyer (Potsdam 1841), Spinola (Berlin 1844); ferner zahl­reiche Journalartikel, zum Theil mit der Bezeichnung Nervenfieber, Ty­phus, Pferdeseuche, neue Krankheit und dgl. — Es genügt hier auf fol­gende aufmerksam zu machen: Her twig (G. amp; H. VL), Körb er (ebd. VH., XH.), Marheinike (ebd. VU), Sticker (rh. Vet.-Ber. 1845), . Hering (Rep. VH.), Göbel, Hilmer (N. lt;fe V. Vni,), Weidemeyer (ebd. XI.), Delafond (Enteropneumonie im Rec. 1841), Percivall (Vet. 1842, 1845), Spooner, Haycock, Foster (Vet. 1841). R e n g g 1 i (Schw. Archiv IX.), H o f e r (Dissert. 1848). Percivall 1849 und 1850 in England als catarrhalisches Leiden herrschend. Vet. 1849 —50. Haycock (typhöse Lungenentzündung (ebd.). Darwell, May-he w, Bro wn vermengen die Druse damit (ebd.). Dupont (enzootische Typhohämie, Belg. 1850). In Lyon 1851 herrschend als Oastro-Ente'rite bezeichnet (Lyon 1851—52). Stiven s (in Brabant herrschend 1852 Belg.) In Piemont 1853 als Rotblauffieber von L e s s o n a bezeichnet (Turin II.). In Berlin nach Her twig 1851 herrschend. G. amp; H. XX., XXHI.; 1852 in Preussen häufig vorkommend. Von Bertacchi 1853 als ady­namisches Reitzfieber mit Blutstase in der Leber bezeichnet (Turin II.). Lois et als Typhus Rec. 1854. Näf Influenza mit Fetechien (Aphthen) Schw. XIV. B e r t a n i, pemiciöses Fieber mit Chinin behandelt. Mail. II. Spinola complicirtes, rheumatisches Fieber, in drei Formen; a) ein-fach-rhenmatisch, b) catarrhalisch-rheumatisch, c) gastrisch oder biliös-rhenmatisch. s. dess. Pathologie 1856. Roll, Influenza als a) senchenar-
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Compliclrte Fieber.
' tiger Bronchialcatarrh, b) dergl. Bmstfellentziindung, c) dergl. Longen-entzündung s. d. Path. 1856.
Es lässt sich nicht wohl eine Definition dieser proteus-artigen Krankheit geben, die auf alle ihre Formen und Com-plicationen passte. Selbst ihre Stellung unter die catarrhali-schen Krankheiten soll sich nur auf ihr häufigstes Erscheinen (mit vorzugsweise ergriffenen Respirationsorganen) beziehen, obwohl es Fälle genug gibt, in welchen diese Organe frei sind, dagegen die Verdauungsorgane, das Nervensystem u. s. w. hauptsächlich leiden. Daher kommt die Influenza bald als ca-tarrhalisches und catarrhalisch-rheumatisches, bald als gastri­sches, gastrisch-rheumatisches, galliges und rothlaufartiges und selbst typhöses Leiden vor, so zwar, dass zu gleicher Zeit ge­wöhnlich Eine dieser Formen vorherrscht, neben derselben aber noch andere bestehen können. Meist kann man beobachten, dass ein gewisser Character der Influenza einige Zeit lang herrscht, und dieser allmählich, etwa mit dem Wechsel der Jahreszeiten, in einen andern übergeht.
Die Influenza kommt sowohl sporadisch, als auch senchen-artig vor, und hat eine besondere Vorliebe für stark besetzte Ställe (namentlich Cavallerie- und Marställe), in denen man glaubt, dass die meisten Krankheitsursachen durch die beste­hende Aufsicht vermieden würden. Sie befallt die Gebrauchs­pferde (Fohlen und Waidepferde seltener) ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht, Fütterung, Dienst u. dgl.; sie verschont eben­so viele Thiere, die unter völlig gleichen Verhältnissen leben, ohne dass sich ein bestimmter Grund dafür auffinden Hesse.
Die entfernten Ursachen der Influenza sind jedenfalls allge­mein verbreitet, werden somit theils in der Atmosphäre-und ihren Zuständen, theils in tellnrischen und cosmischen Einflüssen ge­sucht. Indessen lässt sich wenig Bestimmtes dafür anfuhren; allerdings hat die Witterung einen bedeutenden Einfluss auf den Character, die Stärke, die Dauer und die Complicationen der Krankheit, allein eben dies ist mit der Fütterung, der Stallung, dem Gebrauche n. s. w, der Fall; letztere sind mehr Gelegen­heitsursachen, die die Krankheit zum Ausbruche, aber für sich sie nicht hervorzubringen vermögen. Es kommen indessen Seucheausbrüche vor, auf welche die Witterung keinen Einfluss äussert. Die meisten Beobachter nehmen ein besonderes Miasma an, obwohl auch einige die Erkältung durch Zugluft (Weide-
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Influenza.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 293
meyer N. amp; V. XI.) schnellen Temperaturwechsel der Luft CDelafond), concentrirte Stallluft (Tetzlaff G. amp; H. VIII.), mit Grund als Ursache beschuldigen. Die Behauptung, dass die Influenza ein Product der Veredlung der Pferde sei (Kreu-tzer, Spinola) dürfte schwer zu beweisen sein. Her twig sah mehr gemeine Pferde erkranken als edle und veredelte j die Art des Gebrauchs und die Beschaffenheit des Stalls schien mehr Einfluss darauf zu haben als die Ra^e. Die Ursachen der Influenza sind somit nicht bestimmt bekannt.
Die Dauer der Krankheit ist meist 7—14 Tage, erstreckt sich aber auch mit der manchmal sehr langwierigen Recon-valescenz nicht selten auf das Doppelte. Es ist vielleicht nur eine sehr kurze Periode im Beginnen derselben, während wel­cher sich auf den Verlauf einwirken lässt; ausserdem geht die Krankheit ihren Gang unaufhaltsam fort.
Die Vorhersagung ist nach dem herrschenden Cha­racter und dem Grade des Fiebers zu richten, immer aber zweifelhaft zu stellen, da schneller Wechsel von scheinbarer Besserung zu Verschlimmerung nicht eben selten eintritt. Es kommen übrigens Epizootien der Influenza vor, welche sehr gelinde verlaufen, während anderemale dieses Uebel zahlreiche Opfer fordert.
Man hat die Influenza der Pferde, nicht ohne Grund, mit der Grippe des Menschen verglichen, beide Krankheiten auch gleichzeitig herrschen gesehen, allein weit öfter auch das Ge-gentheil, wie denn auch die übrigen Hausthiere zur Zeit herr­schender Influenza unter den Pferden, zwar an Krankheiten ähnlichen Characters (z. B. catarrhalischen) leiden, jedoch ohne dass diese sich zur Seuche steigerten. Da in einigen Beob­achtungen, obwohl ausnahmsweise, eine contagiöse Verbreitung der Krankheit wahrscheinlich gemacht ist, erfordert die Vor­sicht, wenigstens die schwer erkrankten Thiere von den gesun­den zu trennen. So lange jedoch nicht bestimmtere Nachweise über die Contagiosität der Krankheit vorliegen, sind polizeiliche Massregeln (welche Spinola, Fuchs wünschen), zu umgehen.
Unter den Gegnern der Ansteckung sind vorzugsweise zn nennen; Fer-civall und Her twig, dessen Versuche die Krankheit durch Impfung und selbst Bluttransfusion zu übertragen misslangen; Fälle von angeblicher Anste­ckung und Verschleppung der Krankheit sind erwähnt: Bürglin, durch einen Pferdewärter Carlsruhe 1850; in England im Vet. 1850; Hirzel in Schw. XIII; in Zürich ein Fall durch einen Teppich; in Preussen mehrere G. amp; II.
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294nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complieirte Fieber.
1854. Suppl.; Bauch, Verschleppung durch gesunde Pferde, latente Periode bis zu 4 Wochen! 6. amp; H. XXI. Jen nes in Holland 1855 und 1856. Ich habe die Influenzakranken nicht von andern getrennt und mich von einer An­steckung der letztem nicht überzeugen können.
• Wir unterscheiden die drei wesentlichsten Formen der In­fluenza, nämlich; die catarrhalisch-rheumatische, die gastrisch­rheumatische und die gastrisch-rothlaufartige, und fügen ihrer Beschreibung einige der vorkommenden Complicationen bei.
a) Catarrhalisch-rheumatische Form.
Diese im südwestlichen Deutschland häufigere Form der Influenza hat ihren Sitz hauptsächlich in der Respiratiousschleim-haut, dem Parenchym der Lunge, am häufigsten aber in den serösen Häuten des Thorax, nämlich der Pleura und dem serö­sen Ueberzuge des Herzens und Herzbeutels. Bald ist mehr das Leiden der Schleimhäute und der Lungen (das catarrhali-sche Moment) vorherrschend, bald mehr das der serösen Häute (das rheumatische Moment); manchmal ist nur Eines von bei­den zugegen, aber auch beide zugleich können sich noch mit einem Leiden des Verdauungsapparats (z. B. der Leber) ver­binden.
Die Vorboten der Krankheit sind theils verminderter Ap­petit, besonders fur Körnerfutter, theils eine merkliche Muskel­schwäche, baldige Ermüdung, stolpernder oder schwankender Gang; auch ein geringer Husten oder leichte Kolikschmerzen gehen manchmal dem Ausbruche der Krankheit voraus, die in­dessen auch häufig ohne alle Vorboten auftritt.
Symptome: Der Eintritt der Krankheit ist durch einen Fieberanfall bezeichnet (Sträuben der Haare, kalte Extremitä­ten, Mattigkeit und Schwere des Kopfs); der Puls ist anfangs nur wenig vermehrt, meist härtlich oder aber voll und weich; in sehr kurzer Zeit aber steigt derselbe auf 60—80 Schläge und darüber, wird nicht selten auffallend schnell klein und schwach, und bleibt gerne mehrere Tage unverändert. Der an­fangs wenig oder nicht fühlbare Herzschlag wird deutlicher und im weitern Verlauf sogar prellend oder schwappend (bei Was-serergnss). Das Athmen ist anfangs wenig vermehrt, tief, bald aber sehr beschleunigt, oft angestrengt oder stossend, mit deut­lichem Aufsperren der Nasenlöcher und Spiel der Nasenflügel (besonders bei Wassererguss); bei Entzündung des Lungen-parenchyms ist die ansgeathmete Luft warm und die Färbung
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Influenza.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;295
der Nasenschleimhaut erhöht; bei vorherrschendem Ergriffen­sein der Pleura dagegen fehlen diese Zeichen, wogegen die Thiere auf Druck an der Brustwand ausweichen, und häufig abwechselnd einen Vorderfuss vorstellen. Liegen wenig und nur kurze Zeit, meist gar nicht. Der begleitende Husten ist nicht häufig, kommt mehr paroxysmenartig vor und ist meist trocken und schmerzhaft; Nasenausfluss stellt sich selten ein, und wenn dies der Fall war, hatte er mehr das Aussehen von gelblichem Serum, als von Schleim. Dieser gelbliche, manch­mal sogar blutige Ausfluss wird von Einigen als ein Zeichen der zugleich vorhandenen Lungenentzündung angesehen.
Der Appetit hält oft längere Zeit, besonders zu gehaltlo­sem Futter, an; der Durst ist vermehrt und die Kranken ziehen reines Wasser dem Mehlwasser vor. Der Mistabgang ist ver­zögert, die einzelnen Ballen sind klein, stark von Galle ge­färbt oder mit Schleim überzogen; selten ist Durchfall zugegen (wo er nicht als Wirkung der angewendeten Arzneimittel er­scheint); der Harn geht reichlich ab und ist meist wässerig, später dunkler und schäumend.
Die Aufnahme äusserer Eindrücke ist in den meisten Fällen nicht gestört, viele Kranken scheinen um den Kopf munter zu sein; im weitéren Verlaufe der Krankheit bekommen sie ein ängstliches Aussehen und lassen den Kopf sinken, bis sie ge­mahnt werden; beim Gehen zeigen sie sich auffallend matt und schwanken mit dem Hintertheil.
Die Zunahme der Krankheit gibt sich hauptsächlich durch das Sinken der Kräfte, den kleineren Puls, stärker fühlbaren, selbst prellenden Herzschlag,. das beengte Athmen, den häufi­geren Husten, wiederholte Fieberschauder, die ünempfindlichkeit der Haut gegen äussere Reize, Zäbneknirschen u. s. w. zu er­kennen. Anschwellungen der Brustbein- und Bauchgegend und der Füsse sind nicht selten. Das Nachlassen der Symptome, namentlich der langsamer werdende Puls, das ruhige Athmen etc. sind günstige Zeichen. Eine eigentliche Crisis wird nicht oft beobachtet. Der Tod erfolgt manchmal schon am 2.—3. Tag, gewöhnlich aber erst um den 7.—9. Tag und selbst noch später. Am schnellsten verlauft die Influenza, wenn die Entzündung vorzugsweise den Herzbeutel ergriffen hat; langsamer, wenn das Lungenparenchym oder die Pleura der Sitz derselben sind.
Bei der Section findet man theils Wasserguss in dem
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Complicirte Fieber.
Herzbeutel, mit zahlreichen Ecchymosen an der Oberfläche und im Innern des Herzens und längs der grossen Gefassstämme, an der Pleura und dem Zwerchfell; theils Ueberfiillung der Lunge mit Blut, und Erweichung ihres Parenchyms, seltener bedeutende Hepatisation oder Vereiterung desselben; öfter die Lungen nicht wesentlich verändert, dagegen das Brustfell stark injicirt, viel trübes oder flockiges Wasser (bis zu 100 und 120 Pfd.) in der Brusthöhle; die Leber bald weich, bald brüchig, thonfarben oder gelblich u. s. w.
üeber die Ursachen, Anlage und dergl. s. das im All­gemeinen Angeführte. Veredelte Pferde und die mittlere Al­tersstufe scheinen mehr Disposition zu dieser Krankheitsform zu haben.
Wie veränderlich die Influenza sich ilussert, zeigen schon die rerschiede-nen Bezeichnungen derselben, wie sie oben in der Literatur angegeben sind; die vorstehende Beschreibung ist nach meinen vielfältigen Beobachtungen ge­macht, und ich habe in den meisten Fällen als besonders auffallend gefun­den: den schnellen Eintritt und das rasche Steigen der Krankheit, sodann das hartnäckige Stehenbleiben des Pulses, die Fortdauer des Appetits manch­mal bis nahe an den Tod. An Orten mit verschiedenem Clima u. s. -w. äus-sert sich die Influenza gerne etwas anders, allein einen Typhus kann ich nicht finden, so lange die Thiere (obwohl matt, doch) bei vollem Bewnsstsein sind. Kreutzer wollte gar eine Neigung zu Anthrax gefunden haben. In Stuttgart war die Influenza in den Jahren 1844—46 am häufigsten aufgetre­ten, und 1849 beinahe gänzlich verschwunden, später aber nur vereinzelt vorgekommen,
Behandlung: Die gegen die catarrhalisch-rheumatische Form der Influenza anzuwendende Methode ist im Wesentlichen die entzündungswidrige, jedoch mit Rücksicht auf die erfah-rungsgemäss schnell eintretende Schwäche und die Neigung zu Wasserausschwitzung. Aderlässe mögen in einzelnen Fällen, jedoch nur ganz im Anfange der Krankheit, nützlich gewesen sein; in den meisten Fällen sind sie entbehrlich und häufig von entschiedenem Nachtheil. Hierüber sind, nachdem man mitunter theures Lehrgeld bezahlt hatte, die Practiker einig (vgl. Hilmer, Percivall, Gabriel, Stivens, Ber-tacchi u, v. A.). Unzeitiger Aderlass hat meist Brustwasser­sucht und sehr verzögerte Reconvalescenz zur Folge. Der all­gemeine Zustand des Thiers und die Beschaffenheit des Pulses und Herzschlags müssen in Ausnahmsfallen hierüber entscheiden. Bei heftiger ausgesprochenen oder rein entzündlichen Sympto­men ist Nitrum in Verbindung mit schleimigen und süssen
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Influenza.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 297
Mitteln, und in massiger Dosis am Platze; in gelinderen Fällen reicht das schwefelsaure Natijim oder Kali aus. Meist ist aber frühzeitig auf den Tart. stibiat. überzugehen, der zu 1 Dr. pro dosi, täglich 3 bis 4 Mal in Pillenform und ähnlicher Verbin­dung, wie der Salpeter gereicht wird. Der Salmiak ist bei vorherrschendem Leiden der Schleimhäute am Platze. Calomel wirkt meist in. dieser Form der Influenza zu langsam, und seine abfuhrende Nebenwirkung lallt gerne in eine Periode der Krank­heit, in welcher starke Ausleerungen den inzwischen eingetre­tenen allgemeinen Schwächezustand vermehren; er wird besser bei gleichzeitiger Leberaffection zu empfehlen sein. Digitalis wirkt hie und da auffallend günstig; lässt aber weit öfter im Stiche. Durch das hartnäckige Stehenbleiben des Pulses auf seiner Höhe darf man sich nicht sogleich zu ungewöhnlich gros­sen oder unnöthig wiederholten Gaben von Arzneien bestimmen lassen.
Wenn nach einigen Tagen die Symptome der Lungenver­dichtung oder des Wasserergusses eintreten, so können grössere Gaben des BrechWeinsteins (7i — Vä U.) in grosseren Zwischen­räumen gegeben, versucht werden; als Vehikel dienen gelinde Reiz- oder harntreibende Mittel. Ist entschieden Wassererguss zugegen, so ist Colophonpulver oder venetianischer Terpentin zu Yj ü. pro dosi, in höheren Graden des Uebels, das 01. te­rebinth, oder 01. juniper, in steigenden Gaben (1—4 Dr.) täg­lich 3—4 Mal oft von sichtbarem Erfolge; der Puls wird lang­samer, der Athem ruhiger, der Harn geht oft und in Menge ab. Die Wirkung der harntreibenden Mittel wird oft begün-tigt durch etliche Unzen Natr. carbonic, im Trinkwasser ge­reicht. (Sticker empfiehlt zur Zeit der Crisis, bei noch tro­ckenem Mist Glaubersalz zuzusetzen; Spinola bei Wassererguss: Borax mit diuretischen Mitteln, bei Hepatisation der Lunge: Theer, bei fauligem Fieber: Alaun; Hilmer dagegen lt;ia.s Kali carbonic, gegen Wassererguss. Eine nicht wohl nachzuahmende Behandlungsweise schlug Spoon er ein, nämlich Aderlass, Salze und Purgirmittel, sodann Salpeteräther und essigsaures Ammo­niac. Percivall verwirft den Aderlass, empfiehlt den Aether bei krampfhaftem Athmen zu 1 Unze, 2 — 3 Mal des Tags; als Diureticum den Semen colchici zu '/ï ü.). Die innerlichen Mittel sind zweckmässig durch schleimige Klystiere, ferner durch Sinapismen oder Einreibungen der Brnstwände oder der öde-
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298nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
matösen Anschwellungen mit 01. terebinth, oder mit Ganthari-densalbe zu unterstützen. Letztere Mittel scheinen oft mehrere Tage nicht zu wirken, sobald aber das Fieber nachlässt, tritt ihre Wirkung ein. Haarseile und Fontanelle sind zu vermeiden, weil die Wunden ungern und schlecht eitern.
In Frankreich bat man beim Militär folgende Erfahrungen gemacht: die­jenigen Thierärzte, welche tüchtig Blut Hessen, verloren den fünften Theil, ja manchmal alle ihre Kranken; die Andern, die nur ausnahmsweise zu Ader liessen, dagegen diaphoretische, ableitende and leicht abführende Mittel anordne­ten, verloren nur 2 Prozent. Ueberdiess erholten sich die mit Aderlass behan­delten Thiere langsam und waren zu Rotz und Warm disponirt. Toul. 1853.
j?) Gastrisch oder biliös-rheomatische Form. (Spinola subsnmirt unter diese Form die rothlaufartige. Pneumonie mit Leberleiden. — Klin. v. Toul. 1856.)
Diese, im nördlichen Deutschland häufigere Form der In­fluenza kommt theils für sich allein, theils in Verbindung mit der vorhergehenden vor. Sie unterscheidet sich hauptsächlich durch das Vorwalten der gastrischen und galligten Symptome; die Fresslust hört auf, oder die Thiere fressen nur verunreinigte Streu und dergl.; der Durst ist gering, die Schleimhäute wer­den mehr oder weniger intensiv gelb gefärbt, die Bindehaut ist ziegelroth, die Zunge gelbbraun belegt, der Mist mit Schleim umhüllt, der Bauch aufgezogen, die Lebergegend empfindlich. Dagegen fehlt der Husten und das beschleunigte Athmen oder wenigstens sind diese Symptome in geringerem Grade zugegen, als bei der catarrhalischen Form; desshalb liegen auch die Thiere häufig. Die auffallende Schwäche der Muskeln, das Schwanken, die Fiebererscheinungen u. s. w. haben beide Formen mit einander gemein; doch neigt sich das Fieber in der ga­strisch-rheumatischen Form mehr zum nervösen oder typhösen, wie die ünempfindlichkeit und Abstumpfung, das schnelle Sin­ken der Kräfte, die schmierige Beschaffenheit des schwarzen Blutes u. s. w. andeuten. Das begleitende Fieber hat nicht selten gleich von vorne herein den Gharacter des asthenischen.
Hiedurch wird diese letztere Form der Influenza gefähr­licher; indessen kommen auch sehr leichte Fälle derselben vor.
Der Verlauf der biliös- oder gastrisch-rheumatischen Form ist dem der catarrhalischen ähnlich.
Die Section zeigt die Darmschleimhaut, besonders der dünnen Därme geröthet, oft aber auch schmutzigbraun oder schiefergrau; die Leber ist meist aufgetrieben, dick, gelbbraun,
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Influenza.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 299
oder gelb, leicht zerreiblich, wie gekocht oder aber erweicht und wie von einer röthlichen Jauche durchdrungen. Selbst Ber­stung der Leber kommt vor. Ausserdem finden sich die Er­scheinungen der catarrhalischen Form mehr oder weniger damit verbunden.
Die Behandlung erfordert besondere Rücksicht auf den Zustand des Darmcanals und der Leber. Für die gelinderen Fälle reicht man mit salzigen Abführnngsmitteln, denen später bittere oder aromatische Pflanzenstoffe zugesetzt oder substi-tuirt werden, aus. In den heftiger entzündlichen Fällen ist als antiphlogistisches Mittel der Weinstein dem Salpeter vorzuzie­hen; das versüsste Quecksilber kann (bei hervorstechendem Le­berleiden) gleich anfangs in einigen rasch aufeinanderfolgenden Dosen gegeben, muss aber sodann entweder ausgesetzt oder in grossen Zwischenräumen gereicht werden. Wo mehr die Schleim­häute des Darmkanals leiden oder eine catarrhalische Compli­cation zugegen ist, passen der Brechweinstein und der Salmiak. Aderlässe sind in der Regel ganz zu umgehen.
Mehrere preussische Tbierärzte, z.B. Bodloff, Sala u. A. behandelten die Influenza mit Glück mit kleinen Gaben Calomel (z.B. 10—20 Gran mit 5—10 Gr. Camphor, oder Va Dr- Calom. mit 1 Pfd. Glaubersalz. G. amp; H. 1854. Suppl.).
Im weitem Verlaufe des Uebels ist auf die Reizmittel (anfangs noch in Verbindung mit den vorher erwähnten) über­zugehen, wie Arnica, Calmus, Chamillen, Camphor und ätherische Oeie. Ins Getränk wird etwas JVtehl gethan und dasselbe ge­linde (mit Pflanzensäuren) angesäuert. Von den änsserlichen Mitteln sind Senf brei, scharfe Einreibungen und selbst punkt-tormige Cauterisation in der Lebergegend, auch Fontanelle am Schaufelknorpel des Brustbeins, ferner schleimige, später Cha-millenklystiere besonders zu erwähnen.
U
y) Gastrisch-rothlaufartige Form.
Literatur: Girard (übersetzt v. Tenffel), Huzard ƒ?laquo; (in Annales d'Agric), Leblanc (sämmtl. Paris 1825); Bainard (in Lyon 1825), Braueil (in Weimar 1825), Ithen, Franque (in N. amp; V. II.), bei Bychner als Rothlauffieber der Athmungsschleimhäute bezeichnet. Nach Bertvig grassirte diese Form der Influenza, welche er als nervö­ses Cartarrfieber bezeichnet, in Berlin im Jahr 1827, in den folgenden Jah­ren erschien die Influenza als eplzpotische Brust- und Leberentzündnng und gegen das Ende 1851 wieder in der ursprünglichen Form von 1827; es wur­den in 10 Wochen etwa '/s sämmtlicher Pferde ergriffen, allein so gelind, dass H. sich keines Todesfalls erinnert. G. amp; H. XXIII.
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Complicirte Fieber.
Diese Form kam hauptsächlich im Jahr 1825 —1826 in Frankreich und von da aus auch in Deutschland häufig vor, wurde später durch die rheumatischen Formen unterdrückt, kommt aber in neuer Zeit (seit 1841) wieder als Epizootie zum Vorschein.
Die rothlaufartigen Krankheiten von einiger Bedeutung haben fast immer ein Leiden der Gallensecretion zur Begleitung; so auch hier, dagegen fehlt das Ergriffensein der serösen Häute, welches sich mehr zu den Krankheiten rheumatischen Charac­ters gesellt
Der Sitz der gastrisch-rothlaufartigen Form der Influenza ist das Unterhautzellgewebe, die Darmschleimhaut und das Lun-genparenchym; ihre Ursachen sind eben so wenig genau be­kannt, als bei den beiden andern Formen; zum Ausbruche der Krankheit scheint häufiger und schneller Witterungswechsel das Meiste beizutragen.
Die Symptome sind: Mangel an Appetit, Traurigkeit, trübes Haar, gesenkter Kopf, unregelmässige Stellung; leichte Kolikschmerzen, seltenes Liegen; heisses Maul, trockene, nicht belegte, geröthete Zunge; empfindlicher Bauch, trockene und harte Ausleerungen. Hiezu kommen: Schwellung der Augen­lider und Conjunctiva mit röthlichem oder gelbem Serum, und die Symptome eines Lungenleidens, nämlich öfteres Husten, bald trocken, bald feucht; beschleunigtes, kurzes Athmen, ein kleiner, weicher und schneller JPuls, Rothlauf der Fessel, des Schlauchs und selbst der Schenkel, ein schwankender Gang u. s. w.
Bei dem einen Kranken sind die Symptome des Lungen­leidens vorherrschend, bei dem andern die des Verdauungs-Apparates.
Nach 2 — 3 Tagen tritt entweder, in Folge der zweck-mässigen Behandlung, Besserung ein und die Thiere erholen sich bald wieder, oder aber die Krankheit schreitet fort; der Puls wird sehr schwach und klein, die Infiltration der Binde­haut nimmt zu, ihre Färbung wird rothgelb, die Cornea und selbst das Innere des Auges trüben sich, die Zunge wird hoch-roth, der Bauch aufgeschürzt, der Husten immer häufiger, schmerzhafter, das Athmen kürzer und schneller. Das Roth­lauf der Fasse und des Schlauchs breitet sich immer mehr aus und hindert das Gehen.
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Influenza.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;301
Der Tod tritt am 10. —12. Tage ein; eine Zertheilung der Entzündung ist nach dem 7. Tage nicht mehr zu hoffen.
Section: grosse Stellen des Dünndarms geröthet, die Häute verdickt und erschlafft; Magen und Dickdarm nicht ver­ändert;_ die Leber gelb, dick, brüchig oder aufgelöst; starke Anhäufung von Galle in den Gallengängen. Die Lunge in ver­schiedenen Graden entzündet, bis zur vollständigen Hepatisa-tion; die Bronchien geröthet, voll gelblichen Schleims; die Pleura gesund.
Therapie: in den ersten Tagen Aderlässe, nöthigenfalls #9632;wiederholt, trockenes Reiben der Haut, warme Bedeckung; in­nerlich Crem, tartar, mit süssen und schleimigen Mitteln; da­zu Wasserdämpfe zum Einathmen, Klystiere, gesäuertes Trink­wasser. Im weitern Verlauf der Krankheit entweder Sinapismen oder Haarseile an die Brustwände; wenn bereits Hepatisation der Lunge eingetreten ist, kann man noch Brechweinstein in grosser Gabe versuchen.
d) Complicationen und Folgekrankheiten der Influenza.
In mehreren Epizootien der Influenza sieht man besondere Complicationen auftreten, welche andere Male wieder ganz fehlen können. So z. B. die bei der catarrhalischen Form be­reits erwähnten Anschwellungenquot;, welche manchmal selbst im Beginn der Krankheit, als Rothlauf oder als Pseudo-Erysi-pe|as, später als Oedem sich zeigen. Sie beginnen an den tieferen Theilen des Körpers, z. B. den Fesseln, und steigen allmählig aufwärts, wo sie mit einer dicken Wulst aufzuhören pflegen. An den Fassen und dem Bauche sind sie am häufig­sten; seltener am Kopfe, den Lippen, Nasenlöchern u. s. w. In schlimmem Fällen schwitzt manchmal eine blutige Flüssigkeit aus der Haut der geschwollenen Parthie, besonders an den Füssen.
Eine häufiger mit der gastrischen Form vorkommende Com­plication ist die symptomatische Augenentzündung, welche bald bios in Röthung oder safrangelber Färbung der Bindehaut, Thränen und Anschwellung der Augenlider besteht, bald aber auch den Augapfel selbst ergreift und eine Injection und Ver­dunklung der Cornea, eine flockige Trübung der wässerigen Feuchtigkeit und selbst Blaterguss in die vordere Augenkam­mer zu Begleitern hat. (Meg in nis führt mehrere Fälle von
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CompHcirte Fieber.
Erblindung an Recds. 1846, Rep. VI. Ree. 1841. Lyon 1852, Turin II.).
Ferner gehören hieher: Anschwellungen des Hodens oder Samenstranges, der Ohrspeicheldrüsen oder des Rachens selbst mit AbsCessbildung (in England häufig), (daher beschwerliches Schlucken und Speichelfluss), Krampfhusten (Hell. 1856), Pe-techien auf der Nasenschleimhaut (Schw. XIV), leichtes Aus­gehen der Haare, Nachschieben von Rehhufen, Hufgelenklähme, Schmerzen in den Gelenken u. s. w. Körber sah mehrere Fälle in Kreuzlähmnng übergehen (G. amp;H. XU.), Hering beobachtete den Hautwurm und Rotz als Folgekrankheiten der Influenza (Rep. VII.), Rey in Lyon führt als Nachkrankheiten der Seuche von 1851 an: rheumatische Hufentzündung, acute Himentzündung, intermittirendes Fieber; in Holland wurde Ty­phus abdom., Petechialfieber und Rotz beobachtet, auch in dem Jahresber. der meklenb. Thierärzte ist der üebergang in Haut-wnrm erwähnt. (Rep. VHI.) und von Bertacchi (Turin II.), Groskopf (G. amp;. H. XV.).
Als eine Folge der Influenza (besonders der catarrhalisch-rheumatischen Form) ist hie und da eine Entzündung der Seh­nenscheiden der Beugesehnen des Hufs beobachtet worden (s. diese an ihrem Ort).
Wegen der nahen Verwandtschaft der Influenza mit dem nervösen Fie­ber Tgl. diese Gattung.
g) Staupe (Hundeseuche. Fehris catarrh, epizooticat
canum. Ad.)
Literatur: Barrier (Instr. V.), E. Jenner (Med. chir. Trans. I.), C. Vi-borg (Vet. Skr. HI.), Blaine (1820, 1834), Dadler (1835), Touatt, fibers, von Weiss, 1852. Hertwig, 1853, Mayhew (Yet. 1854).
Ein catarrhalisches Fieber, mit Neigung zum Nervösen, welches die Hunde (auch die Katzen) meist im Laufe des ersten Jahrs beföllt, womit die Anlage dazu getilgt wird.
Die Angabe, dass die Staupe eine neuere, erst im vorigen Jahrhundert ans Asien eingeführte Krankheit sei, lässt sich schwerlich beweisen.
In England behauptet man, die Staupe sei vor 100 Jahren ans Frank­reich eingeführt worden, und in Frankreich wird sie den englischen Hunden zugeschrieben.
Die Staupe kommt in sehr verschiedenen Graden vor; in dem gelindesten geht sie oft unbeachtet vorüber; geringere Munterkeit, wenig Appetit, etwas schmierige Augen oder Nase,
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Stäuplaquo;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 303
öfteres Niesen sind Alles, was man in solchen Fällen bemerkt. In einem höhern Grade zeigt das Thier Fieber, sucht warme Stellen, ist matt, zittert, hat eine heisse, trockene Nase, ver­klebte Augen, einen heissen Athem und leidet an Verstopfung. Nach einigen Tagen stellt sich Husten und Nasenausfluss von schleimiger — später eiteriger — Beschaflfenlieit ein, die Augen werden verklebt und trübe, selbst kleine Bläschen bilden sich auf der durchsichtigen Hornhaut, die aufplatzen und gerne un­durchsichtige Flecken hinterlassen. Der Nasenausfluss wird oft bis zur eigentlichen Schleimschwindsucht (Phthisis pituitosd) gesteigert; wo die Thiere stehen oder liegen, fliesst ihnen gelb­licher Eiter, ohne Husten oder Niesen, fast ununterbrochen aus der Nase; sie magern ab, haben eingefallene Augen und wer­den schwach im Kreuze.
Zu diesem rein catarrhalischen Leiden gesellen sich gerne Zeichen der Entzündung (des Rachens, der Lunge, des Darm-canals, daher Stöhnen, Erbrechen, Diarrhöe u. s. w.), später aber nervöse Symptome, wie: Zucken mit den Gliedmassen oder dem ganzen Körper, Anfälle von Convulsionen, der Epilepsie ähnlich. Schnappen in die Luft (daher mit Wuth verwechselt). Schwanken mit dem Hintertheil, endlich Lähmung desselben, worauf der Tod folgt. Die nervöse Periode der Krankheit ist von unbestimmter Dauer. Das Fieber hat aufgehört, die Fress­lust ist ziemlich ordentlich, und die Funktionen des Hirns schei­nen ungetrübt zu sein.
Die verschiedenen Complicationen des ursprünglich blos catarrhalischen Leidens haben z. B. Hertwig veranlasst, eine catarrhalische, catarrh-ent-zündliche, gastrische und eine nervöse Form der Staupe anzunehmen. Brown will einen eigenthümlichen Geruch bei Staupekranken wahrgenommen haben.
Als ungewöhnliche Begleiter der Staupe sind der Ausbruch von Blattern, die Bildung von Abscessen unter der Haut, krampfartiger Husten u. dgl. anzusehen.
Die Section zeigt: Entzündung der Respirations-Schleim­haut, seltener des Darmkanals, Abscesse in der Lunge, häufi­ger Infiltration des Lungengewebs mit Eiter, Verwachsung der­selben mit der Rippenpleura, Wassererguss; Anfiillung der Bronchien mit Eiter; Wassererguss, Erweichung und Schwinden des Rückenmarks, der Kreuzmuskel u. s. w.
Die Dauer der Krankheit ist in den gelindern Fällen ei­nige bis zu 14 Tagen; wo nervöse Symptome zurückgeblieben sind, können diese mehrere Monate fortdauern, bis das Thier
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Complicirte Fieber,
endlich eingeht; das catarrhalische Leiden wird theils durch Heftigkeit der Entzündung (und dann in kurzer Zeit), theils durch den Uebergang in Phthisis tödtlich. Manche Kranke sterben plötzlich in einem der convnlsivischen Anfälle,
Prognose: unsicher, da selbst der gelindeste Verlauf durch Fehler in der Fütterung, Erkältung u. dgl. schnell bös­artig werden kann. Ein papulöser Hautausschlag oder ein Durchfall bilden manchmal die Crisis.
Die Ursachen der Staupe sind, ausser der Ansteckung, nicht genau bekannt; sie kommt zu allen Jahreszeiten vor, ist aber nach dem Stande der Witterung bald häufiger, bald sel­tener, und ebenso bald gutartig, bald gefahrlich. Hunde, die noch nicht durchgeseucht haben, werden durch Cohabitation mit Kranken angesteckt, es scheint aber blos das catarrhalische Stadium contagiös und insbesondere die ausgeathmete Luft oder der Nasenausfluss, Träger des Ansteckungsstoffes zu sein. Im­pfungen mit Nasenausfluss haben gehaftet, ob aber die Krank­heit dadurch gemildert werden kann, müssen erst weitere Ver­suche lehren (Rep. V.).
Hei twig konnte sich nicht von der Contagiosität der Staupe überzeu­gen; er gibt sie nur für die Complication mit Typhus zu; Youatt dagegen impfte, obgleich ohne günstigen Erfolg; beide halten dafür, dass ein Hand die Staupe mehr als einmal bekommen könne, obwohl später gelinder. T. sah einen Hund dreimal davon befallen werden nnd zuletzt daran verenden.
Eine besondere Disposition zu dieser Krankheit ist mit den Entwicklungsvorgängen der jungen Thiere, namentlich mit dem Zahnwechsel, gegeben. Ganz junge (säugende) und über Ein Jahr alte Hunde werden gewöhnlich am stärksten befallen. Das gleichzeitig stattfindende Zahnen hat deutlichen Antheil an meh­reren die Staupe begleitenden Symptomen, z. B. den Zuckungen der Kiefer, dem Schäumen u. dgl. Für die verzärtelten Hunde­rassen, wie Wachtelhunde, Mopse und Windspiele ist die Staupe viel gefährlicher, als für Schäfer- und Metzgerhunde, aber auch die Hühnerhunde und Neufoundländer (insbesondere das Clima noch nicht gewohnte Hunde) können heftig befallen werden.
Die Behandlung der Staupe richtet sich hauptsächlich nach dem Grade und Stadium der Krankheit. Im Anfange wird es immer zuträglich sein, durch ein Brechmittel den Magen auszuleeren und dadurch für die Wirkung der spätem Arznei­mittel empfänglicher zu machen. Auch wegen seiner revulsori-schen Wirkung ist das Erbrechen zuträglich. Etliche Gran
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Staupe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 305
Pulv. veratri alb. in ein wenig Fett gegeben, sind das zuver­lässigste Brechmittel für Hunde. Bei blos catarrhalischen Symp­tomen in massiger Stärke ist, ausser einem trockenen und warmen Stalle, etwas Milch und Brod oder ein wenig rohem Fleisch, nichts weiter nöthig. In höheren Graden des Fiebers und der Entzündung ist eine schwache Auflösung von Salmiak oder Brechweinstein in einem Decoct von Eibisch, Süssholz, später Fenchel, Alant .am Platze; hat das Fieber nachgelassen, aber der Nasenausfluss dauert in gleicher Stärke fort, so gibt man Flor, sulphur, mit Qunvmi arab. in den gleichen Vehikeln (der Goldschwefel verursacht leicht Erbrechen). Wenn nervöse Symptome sich zeigen, sind äusserliche ableitende Reize längs der Wirbelsäule oder Eiterbänder anzubringen, innerlich kleine Gaben von Opium, Camphor, Naphtha in einem Aufguss von Arnica oder Valeriana zu geben, auch Argent, nitr., China können versucht werden. Die entzündeten Augen wascht man mit lauer Milch oder einem schwachen Infus.ßor. sambuci aus; ausserdem ist Nässe möglichst zu vermeiden, unter den, län­ger zurückbleibenden Resten der Krankheit verlangt der heftige, trockene und quälende Husten: besänftigende und auflösende Mittel z. B. Extr. hyosciami in Oxymel squillae; die Zuckun­gen (meist am Ende doch tödtlich) nach und nach steigende Gaben von Nux vomica; auch Tartar, emetic, in sehr kleiner Dosis; spirituose Einreibungen. Bei eigentlicher Phthisis pi-tuitosa thut Blausäure, vorsichtig angewendet, oft auffallende Dienste.
Alle diese Mittel müssen von einer leichten Fütterung und passendem Aufenthaltsorte unterstützt werden.
Bei den Katzen wird dieselbe Krankheit hie und da be­obachtet, allein selten einer Behandlung gewürdigt; sie gehen daher entweder rasch an Lungenhepatisation oder aber an Ab­zehrung allmählig zu Grunde. Zuckungen und Lähmung sind seltener.
Man hat behauptet, durch Vaccination können junge Hunde vor der Staupe geschützt werden; dié Vaccine haftet zwar nicht ungerne bei dieser Thiergattung, allein die Anlage zur Staupe wird dadurch, nach mehrfältigen Versuchen, nicht aufgehoben. Hayne, welcher in dem manchmal die Staupe begleitenden papulösen Ausschlag die primitive Krankheitsform sieht, hält mehr auf eine Impfung aus diesen Bläschen. Nach Langen-
Htring, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;20
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306nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Compliclrte Fieber.
bacher soll dieses Exanthem für Menschen ansteckend gewesen
sein.
In Italien soll die Staupe bei Hunden seltener vorkommen, dagegen öfter bei Katzen. Jacquet in Algier vergleicht die Staupe der Hunde mit dem Typhus des Menschen (Rec. 1849). Mack beschreibt als Staupe ein im südlichen Africa die Hunde befallendes Leberleiden. Vet. 1854.
Fünfte Gattung..
Rheumatisches Fieber. (Febris rheumatica.)
Literatur: Eychner stellt die Eheumat. unter die Neuralgieën, hält sie für selten vorkommend, meist mit bioser Entzündung verwechselt, aber da­von ganz verschieden, obschon sich gerne damit verbindend; er zählt hieher das rheumat. Fieber, das Lendenweh und die rheumat. Gelenks-Entzündung des Rindviehs. Schw. XHI. Ger lach beschreibt beim Rinde eine rheumat. Lahmheit eines Hinterfusses, rheumat. Kreuzlähmung und rheumat. Steifigkeit aller Füsse. G. amp; H. 1854. Caussé führt Fälle von entzündl. Rheum. bei Ochsen an. Toni. 1854. Bei Roll fehlen die Rheu­matismen ganz.
Fieber meist entzündlichen, selten asthenischen Characters, mit mehr oder weniger wandelbaren Schmerzen in den Bewe­gungsorganen. In der Regel acuter, weniger häufig chronischer Verlauf, mit grosser Neigung zu Recidiven und Metastasen. Meist sporadisch, nie contagiös. Bei allen Hausthieren, am häufigsten beim Pferde.
Die rheumatischen Krankheiten kommen theils für sich, theils in Verbindung mit andern vor; letztere sind sehr ver­schiedener Art, z. B. Entzündungen, andere Fieber wie die ca-tarrhalischen, gastrischen (vgl. Influenza), Coliken, selbst Läh­mungen; diese Fälle sind unter den Hauptleiden beschrieben, da bei ihnen der rheumatische Character blos ein zufälliger, etwa einer Species angehöriger ist (z. B. rheumatische Hufent­zündung). Die für sich bestehenden rheumatischen Krankheiten sind dem Grade nach sehr verschieden; in den gelindern Fällen fehlt oft das Fieber ganz, aber auch selbst in den höheren Graden wird das Fieber nicht leicht so heftig, wie bei vielen andern Gattungen dieser Krankheitsciasse. Daher sind die rheu­matischen Fieber weniger dem Leben als der Brauchbarkeit der Thiere gefährlich, letzteres besonders beim Pferde, dessen Nutzen ganz auf seiner Fähigkeit zu gehen beruht.
Der Sitz des Rheumatismus ist nicht mit Bestimmtheit
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Rhoumatischo Fieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;307
nachzuweisen; man nimmt ihn theils in den fibrösen Organen (Sehnenscheiden, Aponeurosen, Beinhaut) an, theils in den Muskeln selbst (Adamowicz führt den Rheumatismus theils als Myositis, theils als Arthritis — Muskelentzündung und Ge­lenkentzündung — auf). Dass der Rheumatismus eine beson­dere Vorliebe für die sero-fibrösen Häute (wenn nicht seinen ausschliesslichen Sitz darin) habe, beweist der Umstand, dass bei rheumatischen Fiebern häufiger als man glaubt die serösen Häute der Brust, namentlich aber des Herzbeutels, ferner auch die Hirn- und Rückenmarkshaut mitleiden (vgl. rheumatische Paralysen).
Die Ursache der rheumatischen Krankheiten überhaupt lässt sich meist auf Unterdrückung der Hautausdünstung oder Erkältung zurückführen. Je grosser die Anlage hiezu ist, desto leichter entstehen Rheumatismen; daher sind theils junge, zärtlich gehaltene Thiere, theils in warmen Ställen, gut be­deckte, und desshalb kurzbehaarte Luxuspferde, aber auch sehr langhaarige Pferde (letztere, weil sie bald schwitzen, besonders während des Haarwechsels) den Rheumatismen mehr ausge­setzt, als solche Thiere, welche den Veränderungen der Wit­terung Trotz zu bieten gewohnt sind. Eine lang fortdauernde Disposition zu rheumatischen Anfällen bleibt bei den davon ge­nesenen Thieren gerne zurück.
Symptome: gehinderte Bewegung eines- oder mehrerer Glieder, oder Schmerz bei Berührung oder Druck ohne auffal­lende örtliche Entzündungssymptome, dazu die Zeichen eines massigen entzündlichen (selten athenischen) Fiebers. Der Sitz der Schmerzen ist manchmal veränderlich.
Section. Es ist selten, dass Thiere an Rheumatismus zu Grunde gehen, und noch seltener bei der Section etwas Er­hebliches zu finden.
Spooner führt (Vet. 1841) einen Fall an, in #9632;welchem er eine krank­hafte Beschaffenheit der Schultermnskel, Verdicknng der Gelenkschmiere und Bänder am Schultergelenk, und Ausschwitzungen in der Bauchhöhle, dem Herzbeutel, daneben aber auch Eiterknoten in der Lunge und eine Tergrös-serte Leber beobachtete. Dem von Ollivier (J. Lyon 1846) als acuter Klieu-niatismus beschriebenen und mit 17 Tagen tödtlich geendeten Falle scheint eine- Complication mit verschlagener Druse zu Grunde gelegen zu haben. (Vgl. Coulbeanx Rec. 1824. Rodet ebd. 1825. Percivall beschreibt wechselndes Hinken nach Influenza, Tod durch Erweiterung des Herzens, als rheum. Leiden. Vet. 1848. Lafosse vergleicht die nach Brust-Euter-Ent-
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Compliclrte Fieber.
zündung und Lungenseuche vorkommende secundäre Gelenksentzündong mit der Gicht. Toul. 1856.
Behandlung: im Allgemeinen gegen die Ursache, somit auf Wiederherstellung der Hautsecretion gerichtet; diaphore­tisch, manchmal revulsorisch; nach dem Character des Fiebers zugleich entzündungswidrig u. s. w.
Vorbeugung: durch Vermeidung der Ursache; bei dazu disponirten Thieren allmähliche Abhärtung derselben, oder im entgegengesetzten Falle künstliche Abhaltung schädlicher Ein­flüsse, z. B. durch warme Decken.
a) Acuter Rheumatismus.
Mehr oder weniger heftige Schmerzen, besonders in den Gliedmassen, seltener in einzelnen Parthieen der Wirbelsäule, hindern die Bewegung, verursachen einen klammerigen Gang, Stolpern oder Ueberköthen, Steifigkeit, manchmal Unfähigkeit die Füsse aufzuheben, Spannung und Knacken der Gelenke, Empfindlichkeit bei der Berührung der befallenen Theile u. s. w. Der Schmerz nimmt nach einiger Bewegung eher ab als zu, und letztere wird freier. Hiezu kommt eine dem Grade der , Schmerzen entsprechende Beschleunigung des Pulses, der zugleich etwas hart ist; ferner Mangel an Appetit, verzögerte Excretionen, trockene Haut, häufiges Liegen, beschleunigtes Athmen, öfters mit Stöhnen und sonstigen Schmerzens-Aeusserungen.
Die Krankheit befällt die Thiere meist plötzlich, und kurze Zeit nach der Einwirkung der Ursache (Erkältung). Das Lei­den ändert manchmal seinen Sitz, so dass bald der eine, bald der andere Fuss mehr ergriffen scheint; eben so häufig aber localisirt sich die Entzündung, und zwar bald in den Hufen (rheumatische Hnfentzündung, Rehe), bald in einzelnen Gelen­ken, endlich in den serösen Häuten der Brusthöhle (rheumati­sche Lungen-, Brustfell- oder Herzbeutel-Entzündung). Indes­sen kann dieselbe Ursache, welche in den Gliedmassen einen Kheumatismus erzeugte, auch gleichzeitig eine Lungen- oder Hufentzündung hervorbringen; ja in manchen Fällen erscheint es eine Zeit lang zweifelhaft, indem abwechselnd bald mehr die Symptome einer Brustentzündung, bald wieder die einer Hufentzündung hervortreten, bis sich endlich die Krankheit in einem dieser Organe festsetzt. In solchen Fällen ist die locale Entzündung die Hauptsache geworden und erfordert vorzügliche
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Rheumatische Fieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 309
Berücksichtigung bei der Behandlung, ohne jedoch den (rheu­matischen) Character derselben ganz bei Seite zu setzen. Zu den seltenen Symptomen gehört das Anschwellen ganzer Mus­keln, oder der Sehnen nnd des sie umgebenden Zellgewebes; ferner lähmungsartige Schwäche der kranken Gliedmasse, da­her öfteres Stolpern u. s. w. Bei dem Rindvieh sind Anschwel­lungen der Gelenke und balgartige Geschwülste in der Nähe derselben nicht selten rheumatischer Natur. (Cruzel im Journ. prat. 1828.)
Der acute Rheumatismus hat für sich einen raschen Ver­lauf, geht aber manchmal in den chronischen über, wobei die fieberhaften Erscheinungen aufhören, das locale Leiden aber mehr oder weniger zurückbleibt; im entgegengesetzten Falle steigt das Fieber, die Schmerzen werden heftiger, das Thier liegt sich an den hervorstehenden Knochenecken auf und die Haut wird brandig, es schwitzt viel (jedoch ohne Erleichterung), magert schnell ab und geht an Erschöpfung zu Grunde. Dasselbe kann durch Complication der Krankheit mit Huf- oder Brust­entzündung, oder bei rheumatischer Lähmung geschehen.
Die Section zeigt mehr die Folgen der localen Leiden als des Rheumatismus; es sind hieher höchstens Veränderungen in der Menge und Beschaffenheit der Gelenksschmiere und der Sehnenscheiden-Flüssigkeit, Entzündung der Gelenkkapseln, Er­weichung und selbst Abreissen der Beugesehnen (nach Olii-vier) zu zählen. (Hering, spont. Zerreissung der Beugeseh­nen des Hinterfusses nach Influenza, Rep. VII, 359.)
In der Mehrzahl der Fälle sind jedoch die rheumatischen Fieber nicht sehr heftig; um so hartnäckiger ist oft das dar­aus entstandene locale Leiden.
Das Pferd ist unter unsern Hausthieren dieser Krankheits­form am meisten unterworfen; allein auch Rindvieh (besonders auf Märschen) und kleinere Hausthiere leiden daran. Die Steife der Lämmer siehe bei der Lähme derselben. Die Diagnose rheumatischer Zustände ist überhaupt schwierig, weil die Ursachen und der Sitz der Schmerzen oft unerkannt bleiben. Wenn man da­her bei einem hinkenden Pferde die leidende Stelle nicht auffinden kann, so wird das Uebel gerne mit dem Ausdruck „Rehe, Verschlag oder Rheumatis­musquot; bezeichnet. So kommt es, dass oft Verstauchungen, Dehnungen der Muskeln oder Sehnen, beginnende Exostosen, verheimlichte Verletzungen etc. für Rheumatismen angesprochen werden. Dies hat auch manche Beobachter in neuester Zeit veranlasst, die Rheumatismen ganz zu verwerfen, und an ihrer Stelle blose Entzündungen u. s. w. zu setzen, womit übrigens Nichts ge-
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Complicirte Fieber.
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wonnen, da unbe/.weifelt bei manchen sehr heftigen Kheumatlsmen nichts Entzündliches nachzuweisen ist. (Körber beschreibt 3 Fälle von fieber- und entzündungslosen Rheumatismen bei Pferden. G. amp; H. V.)-
Die Prognose ist nur mit Zurückhaltung zu stellen, da die Erfahrung lehrt, dass dergleichen Leiden oft hartnäckiger sind, als mau vermuthen konnte. Ein Hautausschlag ist manch­mal kritisch.
Therapie. Hiebei ist am meisten auf Wiederherstellung der gestörten Hautausdünstung zu sehen; innerliche Mittel, z. B. warme Tränke von Hollunder, Baldrian, Chamillen u. dgl. sind kaum in solcher Menge grossen Thieren beizubringen, um als schweisstreibend wirken zu können; reizende Mittel, wie warmer Wein, warmes Bier (mit Gewürze), Camphor und Ca-storeum können bios in Fällen, wo das entzündlice Fieber sehr gelinde ist, oder ganz fehlt, ohne Gefahr gereicht werden. We­niger ist bei Schwefel- und Spiessglanz-Präparaten in dieser Hinsicht zu befürchten. Es ist desshalb mehr auf äusserliche Mittel zu halten, und hier sind trockenes, nachdrückliches Frot-tiren der Haut, öfters wiederholt; Bedecken mit erwärmten wollenen Decken oder Schaffellen, Einwickeln der leidenden Gliedmasse in Flanellbinden; ferner Dampfbäder (mit nachheri-gem Abtrocknen), Bähungen mit Branntweinspühlicht, warmer Hefe u. dgl., Einreibungen mit reizenden Mitteln (Weingeist mit 01. tereb., besonders Spir. camphor; Tinct. cantharid., Liq. ammon. caust) u. dgl. am zweckmässigsten. Ist Fieber zugegen, so erfordert dies nach seinem Character und Grade die passende Behandlung; öfters bringt ein massiger Aderlass am ehesten einen kritischen Schweiss hervor; auch abführende Mittel von Neutralsalzen sind am Platze. Bildet sich eine lo­cale Entzündung, z. B. der Brust oder Hufe, so muss das anti-phlogistische Verfahren in der Regel in seiner ganzen Ausdeh­nung angewendet werden, so jedoch, dass man nach gebroche­ner Entzündung die auf die Haut wirkenden Mittel (Schwefel und Antimonpräparate) bei Zeiten in Anwendung bringt. Caussé empfiehlt gegen entzündlichen Rheumatismus der Ochsen starke Aderlässe und grosse Gaben von Salpeter (9 —15 Unzen des Tags) in Malvendecoct.
Hiezu gehört Abbrechen am Futter, lauwarmes Getränke.
In den gelindern Fällen von frisch entstandenem Rheuma­tismus kann das Hervorbringen eines kritischen Schweisses durch
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Rheumatische Fieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;311
eine starke Bewegung des Thiers (Trabreiten) bei warmer Be­deckung desselben versucht werden.
Bei Hunden ist mir acuter Rheumatismus mehrmals vorgekommen, der vom Apportiren in's Wasser herrührte. Die Thiere gingen plötzlich ganz steif, und schrieen hei der leisesten Berührung, ja selbst, wenn man nur Miene machte, sie anzufassen. Tüchtige Frottirungen mit Weingeist und Sal­miakgeist, und ein warmes Verhalten reichten hin, sie in wenigen Tagen wie­der herzustellen. Tritt Rheumatismus mit deutlichen Fieber-Symptomen ein, so ist ein Aderlass angezeigt, innerlich ist Salpeter und Brechweinstein in ei­nem Hollunder-Aufguss, später aber essigs. Ammoniak, Camphor u. dgl. zu reichen; bei hartnäckiger Wiederkehr thut ein Eiterband im Nacken gute Dienste. — Einen fieberhaften Rheumatismus bei Schweinen be­schreibt Fuchs wie folgt: auffallende Steifigkeit im Rücken und den Schen­keln, beschwerlicher, schmerzhafter Gang, geringe Fresslust; die meisten Kran­ken verkrochen sich in die Streu; sparsame Ausleerung von trockenem Mist und röthlichem Urin. Behandlung: Einschnitte in die Ohren; ein Brech­mittel; sodann vier Unzen Chamillen- und Hollunderthee mit sechs Grau Camphor alle vier Stunden; Einreibung des Rückens und der Beine mit war­mem Thran, und nachheriges Bürsten mit einer steifen Bürste. Gute Streu. Die Genesung fand schon nach zwei bis drei Tagen statt. Die von Kirch­ner als rheumatisches Fieber mit Anthrax-Complication beschriebene Krankheit der Schweine hat Haubner richtiger als Nesselfieber bezeichnet; Curd beschreibt als Verfangen eine Entzündung des Darmcanals mit rheu­matischer Complication (G. amp; H. XH. und XIII.). Eine rheumatische Ar­thritis der Schweine ist aus dem J. veter, du Midi, angeführt: Belg. 1845 (Rep. VI.). unter dem Namen Barhämig ist in der Schweiz ein Rheuma­tismus bekannt, der besonders junge Schweine theils bios an den hinteren, theils an allen vier Füssen befällt und gerne von Rothlauf begleitet wird. (Archiv XI.)
b) Chronischer Rheumatismus.
Er ist die Folge eines nicht völlig beseitigten acuten Rheu­matismus; die Thiere gehen gespannt, steif, oder hinken, die Gelenke knacken, die Wirbelsäule ist unbiegsam, die Berührung der hart sich anfühlenden Beugesehnen der Füsse ist schmerz­haft u. s. w., allein es ist kein Fieber, oder nur ein sehr ge­ringer Grad desselben zugegen. Werden die Thiere gebraucht, so gehen sie, nachdem sie warm geworden sind, besser; zeiten­weise verliert sich das Hinken ganz, kommt aber plötzlich wie­der, oft auch an einer andern Gliedmasse zum Vorschein,
Bei längerer Dauer oder höherem Grade gesellen sich Man­gel an Fresslust, beschleunigtes Athmen, ein schwacher Puls, fühlbarer Herzschlag, bleibende Anschwellungen der Gelenke etc. hinzu. Chronische Rheumatismen sind meist hartnäckig und
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schwer zu beseitigen (z. B. rheumatische Buglähme), sie erfor­dern neben der ausdauernden Anwendung der vorerwähnten äusserlichen Mittel, denen noch scharfe Einreibungen und Eiter­bänder, und selbst Cauterisation anzureihen sind, innerlich um­stimmende Mittel, z. B. Purganzen mit Aloë; Diuretica, wie 01. tereh., Wachholderbeeren; dazu strenge Diät, erwärmte Mehltränke u. s. w. Ek empfiehlt Einreibungen von Weingeist, der mit Seife, Wachholderbeeren und unreifen Fichtenzapfen digerirt wurde. G. amp; H. 1852.
In wie weit lange fortgesetzte kalte Umschläge nützlich sind, müssen wiederholte Versuche entscheiden. Von der Anwendung der Electricität (Acu-punctur) Hesse sich Günstiges erwarten. Von 01 jeeorit Aselli zu vier Un­zen pro dosi sah ich hei einem Beschälhengst mit öfter wiederkehrendem Rheumatismus guten Erfolg, aber keine dauernde Heilung; die Castration be­endigte mit einem Male die rheumatische Disposition.
Bei Schweinen pflegt man gegen rheumatische Steifigkeit das Eingraben derselben in einem Düngerhaufen anzuwenden; Andere reiben die Schenkel mit Scharfsalbe ein und geben in­nerlich salzige Abführungsmittel.
Unter den verschiedenen Arten der Rehe führt man auch eine Stall-und Futterrehe an; sie entsteht dnrch langes Stehen bei Pferden, und hauptsächlich durch eine zu substantiöse Kahrung, oder durch Uebermaass an Futter überhaupt, namentlich an schwerrerdaulichem. Das zu schnelle und gierige Fressen nach langem Hungern, ebenso bei säugenden Thieren die Er­hitzung des Mutterthiers und die Anhäufung der Milch über die gewohnte Zeit bringen ebenfalls jenen Zustand von Steifigkeit der Gliedmassen, Span­nung der Gelenke u. s. w. hervor. Gelind abführende, ölige und salzige Mit­tel sind neben Vermeidung der Ursachen und angemessener Bewegung meist ausreichend.
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Sechste Gattung.
Gastrisches Fieber. (Febris ffastrica.)
(Schleimfieber. F. mucosa, s. pituitosa.)
Literatur: Bö 11 hat die unter diese Gattung gestellten Krankheitsformen als Catarrh der Magen- und Darmschleimbant bezeichnet; er nimmt eine acute Form (gastrisches Fieber) und eine chronische (wozu die Indige­stion) an. By ebner stellt unter die Catarrbe der Dauwerkzeuge den Durchfall, die Verschleimnng oder 'den (chronischen) Gastricismus und die Lecksucht.
Fieber bald entzündlichen, bald fauligen Characters (häufig mit Neigung zum Nervösen), verbunden mit einem reiz- oder subinflammatorischen Zustand der Darmschleimhaut. Acuter
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Gastrische Fieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;313
Verlauf; enzootisches und selbst epizootisches Vorkommen; nicht ansteckend. — Die gastrischen Fieber haben je nach dem Vor­herrschen eines oder des andern Symptoms verschiedene Namen bekommen, z. B. Saburralfieber, Wurmfieber, Schleimfieber, Verschleimung des Bluts (Kersting) u. dgl. Neuere Autoren betrachten sie theils als blose Darmentzündung (vergl. diese), theils als Catarrh der Darmschleimhaut, theils als gelinden Grad des Nervenfiebers. Eigentlich sind die gastrischen Fieber nichts als die unter den Namen: Unverdaulichkeit, Verstopfung, Diarrhöe, Wurmleiden (s. diese) aufgeführten Krankheitsformen, begleitet von einem Fieber, welches selten einen intensiv ent­zündlichen Character hat, dagegen bald in den Schwächezu­stand, und nicht selten in den nervösen übergeht. Es gesellt sich auch wohl ein Leiden der gallebereitenden Organe hinzu (s. Gallenfieber).
Eine besondere Anlage zu gastrischen Fiebern haben Thiere mit schlaffem Faserbau und besonders solche, deren Verdauung geschwächt ist; einer grosseren Verbreitung dieser Krankheits­form liegt daher meist eine allgemeine Calamität, z. B. Miss­wachs, Ueberschwemmung u. dgl. zu Grunde.
Symptome. Die gastrischen Fieber nehmen häufig einen schleichenden Anfang; wechselnder Appetit, öfters Gähnen, eine belegte Zunge; blasse oder gelblich gefärbte Schleimhäute, pap­piges Maul, verzögerte Darmentleerung, der Mist schlecht ver­daut, säuerlich riechend, blass oder dunkelbraun, mit zähem Schleim überzogen, oder aber durchfallähnlich, mit vielem Schleim vermischt, Wurmbildung im Darmcanal, brauner, durch­sichtiger, schleimiger Harn u. s. w.; zu diesen localen Leiden gesellt sich ein Fieber, welches anfangs die Zeichen eines ge­linden entzündlichen Fiebers zeigt (voller, weicher, massig be­schleunigter Puls, wenig fühlbarer Herzschlag, etwas beschleu­nigtes Athmen); im weiteren Verlaufe wird der asthenische oder Schwächezustand im Gefässsystem vorherrschend, oder es ge­sellen sich die Symptome eines Hirnleidens (grosse Niederge­schlagenheit, Gleichgültigkeit, Betäubung, auch wohl Toben und dergl.) hinzu.
Mit der Znahmeu des Fiebers nehmen auch die localen Erscheinungen zu, der Appetit hört ganz auf, hartnäckige Ver­stopfung, Aufblähen oder aber colliquativer Durchfall treten ein, und das Thier geht entweder durch allzuhohe Steigerung
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Complicirte Fieber.
der örtlichen Entzündung (selten), oder aber an Lähmung des Darmcanals und allgemeiner Erschöpfung zu Grunde. Im gün­stigen Falle nimmt das Fieber mit den wesentlichsten localen Krankheitssymptomen ab; Durchfall ist selten kritisch, ebenso Anschwellung der Füsse, vermehrte Harnabsonderung öfter. Indessen fehlt die eigentliche Crisis meist, und nicht selten bleibt nach gehobener Krankheit noch längere Zeit eine Er­schlaffung des Darmcanals zurück, die zu Indigestion, Wurm­entwickelung n. s. w. disponirt.
Die Section zeigt nach der nächsten Ursache des Todes verschiedene Veränderungen, namentlich an der Magen- und Darmschleimhaut, die bald geröthet, bald schiefergrau gefunden wird, die Häute sind mürbe, aufgelockert, manchmal infiltrirt u. s. w. Bei den Wiederkäuern leidet vorzugsweise die Schleim­haut des Labmagens. Auf der Darmschleimhaut ist die ßöthe bald gleichförmig ausgebreitet, bald sind bios die Drüsenhaufen von einem dunkleren Hof umgeben, und selbst geschwürig (Fol-licular-Geschwüre). Die Schleimhaut ist von einem dünnen Schleim, manchmal von einer glasigen oder auch einer eiterigen Flüssigkeit bedeckt, die selbst bluthaltig sein kann.
Zu den weniger constanten Begleitern gastrischer Fieber gehört ein aphtenähnlicher Ausschlag im Maule (bei Pferden), daher Speicheln und Schäumen, Erbrechen (bei Fleischfressen), kolikartiger Schmerz, Anschwellung der Lymphdrüsen u. dgl.; die Verbindung mit einem catarrhalischen Leiden der Luftwege (Thränen, Nasenausfluss u. s. w.) wird häufiger beobachtet, (ga-strisch-catarrhalisches Fieber, b. Pferd G amp; H. H.).
Die Dauer der Krankheit erstreckt sich auf I—4 Wochen.
Prognose: nach dem allgemeinen Zustande des kranken Thiers, dem Grade und Character des Fiebers und den äussern Verhältnissen.
Ursache: unzureichende Nahrung, Anstrengung und son­stige schwächende Einflüsse; besonders aber schlecht einge­brachtes, modriges, schlammiges und unverdauliches Futter, in grosser Menge genossen; nasse Waide; verunreinigtes Trink­wasser.
Behandlung. Die gelinderen entzündungswidrigen Mittel reichen in der Regel aus; Aderlässe sind meist entbehrlich, wo nicht, wenigstens in geringem Maase vorzunehmen. Kochsalz, Doppelsalz mit bitteren Mitteln, wie Hb. trifol. fihr. oder polyg.
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amar.; in hartnäckigen Fällen und bei vielem und zähem Schleime Salmiak und Rad. senegae; bei säuerlichem Miste Zusatz von Schwefelleber oder kohlensaurem Kali; bei Wurm­bildung Zusatz von Ofenruss, Hb. dbsynth. oder tanaceti, auch 01. terebinth. Sind Zeichen eines Gekrösdrüsenleidens zugegen, so sind Quecksilber-, Schwefel- und Spiessglanzpräparate, z. B. Aethiops miner. und antimon., Zinnober (zu 1 Dr. nach Wal­dinger), bei krankhafter Gallenabsonderung ist der Tart. emet. angezeigt. Man unterstützt diese innerlichen Mittel durch leichtverdauliche Nahrung in geringer Menge, frisches Trink­wasser, Seifenklystiere, Frottiren der Haut, angemessene Be­wegung. Hunden und Schweinen ist anfangs ein Brechmittel zu geben.
Hat das Fieber den Character des asthenischen oder des nervösen, so muss die Behandlung hienach modificirt werden (s. diese Fieber); ebenso Bei einer Complication mit einem catarrhalischen Leiden.
Peters beschreibt ein gastrisch-nervöses Fieber der Pferde, ge­wöhnlich „Tollkrankheitquot; genannt. Anfangs gelinde Kolikschmerzen, Ver­stopfung, auffallende Trägheit. Der Puls 1st weich, voll, langsam, das Äth-men tief und langsam, die Haut trocken, kalt; ebenso das Innere des Mauls und die Zunge, ihre Färbung gelblich, der Speichel zähe, die Bindehaut ziem­lich stark — die Blecbhaut massig geröthet. Keine Fresslust, grosse Ab­stumpfung der Sinne und ünbeholfenheit in. der Bewegung wie bei Koller; im höheren Grade der Krankheit treten Paroxysmen mit Tobsucht ein. Die Behandlung bestand in einer starken Purganz aus Aloë, Merc, dulc. und Tart. emet. Aderlass blos bei heftigem Toben, ausserdem zieht derselbe einen hohen Grad von Schwäche nach sich. Beizende Klystiere und Fontanelle. Nach dem Laxiren trat auffallende Besserung ein. Weiterhin wurde eine Latwerge mit Salmiak, Camphor und bittern, gewürzhaften Mitteln gereicht. Der Erfolg war günstig.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;| i
Diese Krankheit hat grosse Aehnlichkeit mit dem sogenannten Magen­koller. In dem Jahresberichte der Lyoner Schule 1839—40 beschreibt Rai­nard ein gastrisches Fieber der Pferde mit Congestion nach dem Kopfe, Appetitlosigkeit, Schwanken des Hintertheils, Abgeschlagenheit, ferner kam in mehreren Fällen eine Entzündung der Augenlider, blutiger Erguss in die Augapfel, gelbe Färbung der Schleimhäute hinzu. (Bec. 1841.)
a) Scldeimfieber des Rindviehs,
(Magen- und Darmverschleimung, Caiarrhus intestinalis. Rr.)
Ryebner führt die genannte Krankheitsform als Catarrh des Darmcanals (im zweiten Stadium, zuweilen von erethischem
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Complicirte Fieber.
Fieber begleitet) an, and stellt sie neben die Lecksncht. Sie unterscheidet sich von bioser Indigestion durch die Abwesen­heit der Ueberfüllung des Pansens, von der Magen- und Darm­entzündung dadurch, dass kein synochales Fieber und kein trockenes Maul zugegen ist. Diese Verschleimung der Ver­dauungswege geht gerne in chronische Unverdaulichkeit, Hart-häutigkeit und selbst Lecksucht über. (Vgl. diese.)
Symptome: gestörte oder ganz aufhörende Fresslust, eben solches Wiederkauen, sehr schmieriges, warmes Maul; Durst; sparsame Entleerungen von mit Schleim umhülltem Kothe, zuweilen erethisches (d. h. gelindes) Fieber; hiezu kommen gerne Blähungen, Fehler der Milch.
Ursachen: vorausgehende Indigestion, öftere Erkältung beim Tränken, oder durch gefrornes Futter; unreines, zu meh­liges Futter.
Behandlung: schleiraauflösende und bittere Mittel, z. B. Tart, emetic, oder Kali sulphuric, mit Enzian, Calmus u. dgl., neben Vermeidung der Ursache; hiezu Futterwechsel, besonders Uebergang zu grünem Futter oder eine zweitägige Diät.
h) Magenaeuche der Schweine.
Diese Krankheit herrscht in nassen Jahrgängen seuchen­artig unter den Schweinen; sie befallt Thiere jeden Alters, je­doch vorzugsweise die halberwachsenen und die auf die Waide getriebenen.
Die Symptome des Leidens, das plötzlich auftritt, sind: Schmerzen im Hinterleib, daher Unruhe und Wühlen in der Streu; sodann gesellt sich ängstliches Athmen hinzu, Hitze des Kör­pers überhaupt, und der ausgeathmeten Luft insbesondere, gros­ser Durst bei Mangel an Appetit, Würgen oder selbst Erbre­chen. Im weiteren Verlauf verfallen die Thiere in Betäubung, die Kräfte sinken und das Leben erlischt ohne Zuckungen.
Bei der Section findet man die Eingeweide äusserlich gesund; der Magen ist gewöhnlich mit unverdautem Futter an­gefüllt, seine innere Haut ist immer entzündet oder brandig. Auch die Leber und ein Theil des dünnen Darms nehmen An-theii an der Entzündung, seltener die Lungen.
Unter den Ursachen der Magenseuche führt Busch haupt­sächlich die in nassen Jahren sich unmässig vermehrenden
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grauen, kleinen Ackerschnecken, und andere zum Theil giftige Insecten und Gewürme an, welche von den waidenden Schweinen gierig gefressen werden; ferner Erkältung, Kasse des Bodens, schlechte Wartung und Pflege. Ansteckung fand keine statt, obgleich sie, wenn das Fieber typhös werden sollte, möglich wäre.
Behandlung: zuerst ein Brechmittel (2—6 Gran Tart. stibiat. in Wasser und Milch; oder Veratr. alb.}, das erbro­chene Futter muss sogleich beseitigt werden, weil manche Schweine es wieder auffressen; schleimige Getränke oder nöthi-genfalls Einschütte mit Kleie, Leinsamenmehl, Crem, tart und Salpeter, Einreibung von Blasensalbe in die Magengegend, bei heftigem Athmen und grosser Hitze Aderlass am Gaumen. Dazu einen guten trockenen Stall, Bedecken mit wollener Decke, und während der Reconvalescenz laues Tränken mit Gerste­oder Haferschrot und Zusatz von etwas Kochsalz.'
Prophylactisch gebe man den gesunden Schweinen saure Milch, unzeitiges Obst, Abfall von Gemüsen und ein aus Koch­salz, Schwefel und rohem Spiessglanz zusammengesetztes Pul­ver, und vermeide die Waide.
c) Schleimfieher der Hunde.
Waldinger führt diese Krankheit an, von welcher er behauptet, dass sie theils durch Uebermass, theils durch schlechte Beschaffenheit des Futters, aber auch durch das Laufen der Jagdhunde gegen den Nordwestwind hervorgebracht werde.
Traurigkeit, Appetitlosigkeit, struppiges Haar, warme, aber feuchte Nase, mit zähem Schleim überzogene Maulschlehnhaut, schmutzige Zunge, Luftentwiklung im Darracanal, Neigung zum Erbrechen, weicher Mist, schleimiger, gelber, dicker Urin u. s. w. sind die Symptome dieser Krankheit. Nicht selten entstehen Ablagerungen auf die Ohren, Augen und Genitalien, die sich besonders durch schleimige Ausflüsse zu erkennen geben. Zu starke Anhäufung von Schleim in der Lunge kann Erstickung herbeiführen.
Behandlung: nach vorausgeschicktem Brechmittel (das jedoch bei kleinen Hunden leicht bedeutende Schwäche nach sich zieht), Salze mit bittern Mitteln; bei grosser Schwäche China, Camphor. Gegen dieMetastasen locale und specifischeMittel
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Complicirte Fieber.
Siebente Gattung.
Gallenfieber. {Fehris biliosa.)
Fieber, meist asthenischen Characters, mit Störung der Gallenbereitung, Gelbsucht, häufig zugleich Durchfall, Stumpf­sinn. Sehr rascher Verlauf; meist epizootisches Vorkommen.
Die galligen Fieber sind häufig blos ein höherer Grad des gastrischen oder Schleimfiebers; sie gränzen einerseits an die fieberlosen oder symptomatischen Störungen der Gallen absonde-rung, z. B. die Gelbsucht, die Leberentzündung, die Fäule, an­dererseits an die rothlaufartigen Fieber, den Milzbrand und die Typhosen, so dass die Gränze schwer zu ziehen ist.
(Bei Roll steht das Gallenfieber unter dem Magen- und Darmcatarrli, complicirt mit Störang, der Gallensecretion (Hyperämie der Leber); beiRych-ner unter Leberentzündung; bei Rindvieh soll man wenig Galle in der Blase finden, dagegen im Milzbrand viel.)
Das locale Leiden der Leber und der mit ihr durch die Wurzeln der Pfortader in nächster Verbindung stehenden Or­gane ist fast immer von einem asthenischen oder fauligen Fie­ber begleitet. Chronische Störungen der Gallensecretion, orga­nische Fehler der Leber, der Lymphdrüsen und selbst der Lunge, disponiren das Individuum zu Gallenfiebern; von den äusseren Ursachen aber verdienen hauptsächlich schwüle Hitze und schneller Uebergang von Mangel zu reichlicher Nahrung (daher schnelles Fettwerden) genannt zu werden. Die Symptome sind im Wesentlichen denen des gastrischen Fiebers gleich, jedoch sind die sichtbaren Schleimhäute des Mauls, der Nase, die Bindehaut, bei ungefärbter Haut auch das Fell, mehr oder wenig stark gelb gefärbt, auch ist das beschleunigte, mehr mit den Bauchmuskeln ausgeübte Athmen auffallend. Wo ein ent­zündliches Localleiden (z. B. der Leber, Lunge) damit verbun­den ist, spricht sich dieses durch die Beschaffenheit des Pulses, die Trockenheit des dunkelgefärbten Mists u. s. w. aus. Meist aber ist der Puls von vorne herein sehr klein und schwach, und die Darraausleerung durchfall- oder selbst ruhrartig (Gal­lenruhr). Manche wollen eine Empfindlichkeit und Auftreibung der Lebergegend beobachtet haben, letztere ist aber wohl nur bei den kleineren Hausthieren wahrscheinlich.
Im weitern Verlauf des Gallenfiebers tritt meist eine un­gewöhnliche Abstumpfung der Sinne, und Betäubung ein; das
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Gallenfieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 319
Fieber nimmt zu, der Durchfall wird höchst übelriechend, er­schöpfend, die Kräfte sinken mehr und mehr und das Leben erlischt ohne harten Kampf. Wird dagegen der Puls kräftiger, ruhiger, der flüssige Mist consistenter, der Kopf freier u. s. w., so ist Genesung zu hoffen.
Die Dauer der Krankheit ist von einigen bis zu 14 Tagen.
Die Section zeigt (ausser älteren organischen Fehlern) Auftreibung, Erweichung, 'oder aber brüchige Beschaffenheit der Leber, die einzelnen Drüsenkörner sind vergrössert, deutlich hervorgehoben, die Farbe der Leber ist dem rothen Lehm ähn­lich, oder gelblich-braun; die vorhandene Galle ist dünnflüssig, hell von Farbe; das Blut ist aufgelöst, dick, theerartig; der Darmcaual schmutzig roth oder braungrün; die serösen Häute sind gelb gefärbt, eben so das Serum in den Höhlen des Kör­pers, das Fett ist resorbirt oder in dunkelgelbe Sülze verwan­delt; die Lungen, das Hirn von schwarzem Blute überfüllt; das Fleisch mürbe, wie geklopft, von schmutzig brauner Farbe. Die Fäulniss des Cadavers macht sehr schnelle Fortschritte.
Therapie. Wenn ein entzündliches Leiden zu Grunde liegt, ist anfangs ein antiphlogistisches Verfahren zu beobachten. Der Weinstein unter den Salzen und das versüsste Quecksilber verdienen hier den Vorzug; Einreibungen von TJngt. neapol. in die Lebergegend unterstützen ihre Wirkung. Aderlässe sind selten nöthig oder nützlich. Wo der entzündliche Zustand be­reits vorüber oder nie vorhanden gewesen ist, sind der Brech­weinstein, die Schwefelleber, später Terpentinöl, Opium in Ver­bindung mit bitteren Mitteln innerlich, scharfe Einreibungen aber äusserlich anzuwenden. Klystiere anfangs mit Seife, spä­ter blos mit Schleim. Sobald die abnorme Gallensecretion nachlässt, hört auch der Durchfall auf. Sparsame, reizlose Nahrung und frisches Wasser zum Getränke.
Eine Complication nngewöhnlicher Symptome auf der Haut u. s. w. mit galligtem Fieber beobachtete Prinz im Jahr 1831 bei Pferden häufig. Sie bestanden im Ausbruche von Äphthen und selbst brandigen Beulen (Gloss-anthrax) im Maule; oft war auch Brustcatarrh damit verbunden, oder es stellte sich branddrohende Entzündungskolik ein, welche aber nach dem Er­scheinen jener Beulen nachliess, wieder bei andern Kranken kamen Entzün­dungen der Gelenke, des Fesseis u. s. w. mit brandiger Entzündung der Haut, der Sehnen besonders da vor, wo eine Verletzung (z. B. durch Streifen) vor-ansgegangen war. Auch bei Hunden wurden ähnliche Erscheinungen (Blasen und Geschwüre im Maule beobachtet). Im Frühjahr 1836 starben viele Hühner in Dresden an galligter Darmentzündung (vielleicht identisch mit der
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Coraplicirte Fieber.
Hühnerpest), — Benj. Smith Barton beschreibt ein epizootisches Fieber un­ter den Pferden von Nordamerikat welches dem gelben Fieber analog sein soll. Annal. de la S'ocieté de Med. de Montpellier Tome XXI). Hey sah an einer icterischen Magen- und Darmentzündung 1855 unter 249 erkrankten Pferden, 46 an csnsensueller Himentzündung sterben. Aderlässe -waren nach­theilig (ob Influenza?) Lyon 1855. Bertacchi beschreibt ebenfalls ein galligt-adynamisches Fieber bei Pferden. Turin 11.
Haubner beschreibt unter dem Namen Leb er typhus der Schafe (faulige Leberentzündung, bös­artige Gelbsucht) eine hieher zu ziehende Krankheit. -
Symptome: Voraus gehen die Zeichen einer allgemeinen Störung der Verdauung, mit gelblicher Färbung der Schleim­haut, belegter Zunge u. s. w. Mit dem eigentlichen Eintritt der bestimmten Krankheitsform zeigt sich das Thier äusserst matt und hinfällig; die Augen sind gelbröthlich, feucht, später schmierig, im Maule schmieriger, meist übelriechender Schleim. Die Haut ist mehr oder weniger gelblich gefärbt, oft schmierig, nässend, die Wolle trocken oder spröde, zugleich leicht aus­gehend. Der Mist weich, gallig, oft mit Schleim oder Blut ge­mischt, zuletzt übelriechend; der Urin meist dick, dunkelgelb oder bräunlich, bisweilen etwas blutig. Die Fresslust hört ganz auf, der Durst ist dagegen vermehrt. Hiezu ein hoher Grad von Fieber, mit pochendem, auf beiden Seiten fühlbarem Herz­schlage. Die Entkräftung nimmt im weiteren Verlaufe der Krankheit zu und der Tod tritt zwischen dem 3—6. Tage ein. Das aus der Ader gelassene Blut ist anfangs dunkel, schmierig, später grünschwärzlich; das ausgeschiedene Serum grüngelblich, bitter schmeckend.
Section. Langsames Erkalten der Cadaver, Auftreibnng, schnelle Fäulniss, Mürbheit der Weichtheile. Die Leber ist ge­wöhnlich vergrössert, schmutzig gelb oder dunkel mit solchen Streifen und Flecken; im Innern dunkelbraun, mürbe, mit vielem, entmischten Blute erfüllt. Die Gallenblase enthält viel wässe­rige oder aber zähe, schwärzliche oder braungrünliche Galle. Die Milz ist auf ähnliche Weise, wie die Leber, verändert. Die Mägen und Gedärme stellenweise entzündet, in letzteren eine graugelbliche, schmierig - schleimige Flüssigkeit. Nieren, Lunge und Herz nach Umständen mehr oder weniger verändert.
Ursache; Zuviel oder wenig verdünnte und zu heiss
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Rothlauffieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 321
gefütterte Branntweinschlampe mit zu wenigem Rauhfutter; enge, heisse, dunstige Stallungen.
Prognose. Nur im Anfang der Krankheit günstig.
Behandlung: neben Vermeidung der Ursachen, Saizlecken mit Wachholderbeeren, Calmus, Wermuth; schleimiges, etwas gesäuertes Getränke. Im hohen Grade: Säuren mit reizenden Pflanzenstoffen. Das Blutlassen war immer schädlich.
Waide auf Wintersaaten, Haiden und in Waldungen, auch Kartoffelfütterung, ferner Wachholder- und Eichensprossen, waren prophylactisch zuträglich.
Achte Gattung.
Rothlauffieber. iFebris erysipelatoaa.)
(Rose, Erysipelas, Erythema.)
Fieber, meist entzündlichen Characters, mit Entzündung der Haut und des unter ihr liegenden Zellgewebs; meist zu­gleich mit Störung der Verdauung und besonders der Gallen­absonderung. Der Ausbreitung und Heftigkeit nach sehr ver­schiedene Krankheitsformen; acuter Verlauf; nicht selten epizoo-tisches Vorkommen; nicht contagiös.
(Rychner theilt die Familie der Erysipelaceen in 1) Sdematöse, dar­unter das Rothlauf des Kopfs, des Hinterschenkels, das zerstreute Rothlauf: das Rothlauffieber der Athmungsorgane (= Influenza oben y). Dasselbe der Darmschleimhaut (= Influenza j9), das Mercurial rothlauf. 2) Blatterrosen darunter die Maul- und Klauenseuche und die Pocken. — R81I bezeichnet Rothlauf als Hyperämie der Haut mit Infiltration in dieselbe und das Unter-hautbindegewebe.
Die Rothlaufgeschwülste sind durch eine dunkelrothe, oft livrde oder aber gelblich-rothe Färbung, Hitze, verhältnissmässig geringen Schmerz, Auflockerung der Haut (Corium) und wässe­rigen Erguss von gelblicher Farbe in das Zellgewebe unter derselben bezeichnet. Die Geschwulst ist massig gespannt, mehr oder weniger ausgebreitet, ohne scharfe Gränze, die Röthe verschwindet auf Druck, bei einer Form (dem Erys. oedema-tosum) bleiben Eindrüke auf der Geschwulst zurück. Blasen­bildung auf der Haut wird bei den Thieren selten beobachtet,, dagegen hat das Rothlauf manchmal eine entschiedene Neigung in Brand oder Verjauchung überzugehen. Eiterung ist selten, es wäre denn Substanzverlust zugegen, z. B. bei tiefen Brand-Hering, Pathologienbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;21
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322nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Compllcirte Fieber.
wunden. Das Fieber ist baldquot; zuerst vorhanden und die nach­folgende Rothlaufgeschwulst erscheint als eine Localisirung des­selben; bald ist das locale Leiden das primitive und seine Heftigkeit oder Ausbreitung hat ein Allgemeines (Fieber) zur Folge. Der Character des Fiebers ist in der Regel der ent­zündliche, obgleich nicht rein, sondern mit einer Annäherung an das gastrische oder biliöse, wie die gelbliche Farbe der Schleimhäute, die gesättigte Färbung des Blutserums und des Ergusses in das Zellgewebe zeigt. Die entzündlichen Symptome können bis zum Brand steigen, in manchen Fällen aber nimmt das Fieber den fauligen Character an und zugleich bildet sich in der Rothlaufgesohwulst Jauche. Bei dem oedematösen Rothlauf ist Neigung in Wassersucht überzugehen, zugegen.
a) Einfaches Rothlau/. Erysipelas simplex s. verum.
Symptomatisches Rothlauf entsteht nach Entzündung tiefer gelegener Theile, der Venen, Drüsen, Aponeurosen, sowie als Begleiter entzündlich-gastrischer, galligter oder rheuma­tischer Fieber.
unter die einfachen, idiopathischen Rothlaute gehört die auf die Anwendung scharfer Mittel, oder auf leichte Verbren­nung, Insectenstiche, Quetschung, einfache Schnittwunden (z.B. nach dem Castriren) entstehende Entzündung der Haut. Auch ohne solche Veranlassungen sieht man besonders bei Pferden, und bei herrschendem gastrischem oder biliösem Krankheits-character, rothlaufartige Entzündungen der Augenlider, . der Füsse, des Schlauches u. s. w. entstehen, die von einem mehr oder weniger intensiven Fieber begleitet werden.
Die Rothlaufgeschwulst verschwindet manchmal schnell, um an einer andern Stelle wieder aufzutauchen; sie kann eben so leicht eine Metastase auf ein inneres Organ (besonders die serösen Häute) bilden und dadurch höchst gefährlich werden. Diese Eigenschaften, in Verbindung mit den Störungen im Pfort­adersystem bringen das Rothlauf in nächste Verwandtschaft mit dem sogenannten Milzbrande.
Im Verlauf einfacher Rothlaufe, mit oder ohne entzünd­lichem Fieber, steigen die Zufälle während mehrerer Tage, und nehmen dann ebenso wieder ab, wozu 7—14 Tage erforderlich sind. Die Crisis geschieht bald durch die Haut- und die Nie-
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Rothlauffieber.
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rensecretion, bald aber auch vermittelst eines Durchfalls. Wird diese gestört, so bleibt gerne an der Stelle der Rothlaufge­schwulst eine schmerzlose teigige Anschwellung, welche oft hartnäckig den dagegen angewendeten Mitteln widersteht oder in bleibende Verhärtung übergeht. Ein Abschuppen der Ober­haut wird bei den Thieren nicht immer beobachtet.
Ursache: meist Erkältung nach Erhitzung, im Conflict mit einer individuellen Anlage, die auf Störungen der Verdauung, chronischem Leberleiden u. s. w. beruht. Read sah'bei Schafen Rothlauf und Brand entstehen, von den zufalligen Verletzungen bei der Schur während heisser Witterung. (Vet. 1846.)
Die Prognose ist in den gelinden Fällen günstig, dage­gen bei Complicationen mit innerem Leiden, oder habitueller Neigung zu Rothlauf und ungünstigen Verhältnissen zweifelhaft zu stellen.
Therapie. Die einfachen Rothlaufe erfordern theils eine blos locale, theils zugleich eine innerliche Behandlung. Zu letzterer gehört ausser einer kühlenden Fütterung, die Anwen­dung gelinder antiphlogistischer Mittel (z. B. des Weinsteins, der Salzsäure) in massiger Gabe, deren Wirkung durch eröff­nende Klystiere unterstützt wird. Isur in den höheren Graden eines ächten Rothlaufs ist Aderlass, mit Vorsicht, zu unter­nehmen. Aeusserlich ist in den gelindern Fällen blos Erkäl­tung zu vermeiden. Ueber die Anwendung der Kälte oder Wärme sind die Meinungen getheilt; häufig werden kalte Um­schläge , wenigstens ohne Schaden, applicirt (z. B. Bleiwasser, Lehmanstrich); manche befürchten davon das Zurücktreten der Geschwulst und wenden desshalb warme Breiumschläge an, diese sind aber — abgesehen davon, dass bei Thieren Rothlaufmeta­stasen seltener vorkommen — schwer anhaltend fortzusetzen, und der Schaden, den ihre öftere Unterbrechung herbeiführt, ist oft grosser als ihr Nutzen; daher ist trockene Wärme (Fla-nellbinden) denselben noch vorzuziehen. Nur bei heftigem Schmerz oder an sehr empfindlichen Stellen ist den Breium­schlägen (mit Leinsamen, Hyosciamus, Coninm u. dgl.) der Vor­zug zu geben, beim Uebergang in Brand sind äusserlich und innerlich Reizmittel anzuwenden. Eitermachende Salben passen bei einfachem Rothlauf nicht.
Gegen heftige entzündliche Anschwellung jiach Operationen (z, B. des Hodensacks) empfahl Binz eine Auflösung von %
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324nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
Unze Sublimat in 2 Pfd. Wasser, zum fleissigen Benetzen; meine Erfahr-ungen sprechen nicht besonders günstig dafür; die Epidermis löste sich ab, selbst wenn die Auflösung viel schwä­cher gemacht wurde, während die Geschwulst stehen blieb. Wo sich der Verlauf in die Länge zieht, ist ein Abführungsmittel zweckmässig.
Bei den fleischfressenden Hausthieren ist die Behandlung rothlaufartiger Krankheiten mit einem Brechmittel zu eröffnen.
b) Tiefes Rothlauf des Pferdes. (Erysipelas phlegmonomm.) Oedematöser Rothlauf der Hinterschenkel R.
Eine heftige Entzündungsgeschwulst entsteht bei Pferden schnell an den Hinterschenkeln, seltener an den vordem. Sie liebt die innere Fläche und die obere Parthie der Gliedmasse, um das Hinterknie herum. Die Anschwellung ist oft nicht sehr bedeutend, dagegen die Hitze und der Schmerz bei Berührung um so grosser; Hinken, starkes entzündliches Fieber, Mangel an Appetit, verzögerte Darmausleerung, gelbliche Färbung der belegten Zunge etc. begleiten gewöhnlich das üebel, das ohne alle mechanische Veranlassung meist über Nacht entstanden ist (sog. Einschuss). Die Symptome nehmen rasch zu, bleiben aber auch manchmal mehrere Tage unverändert stehen, so dass es erst mit 8—14 Tagen zu einer Entscheidung kommt. Diese besteht, ausser der Zertheilung, entweder in Brand (wozu sich fauliges Fieber gesellt) oder in Jauchebildung.
In letzterem Falle trifft man bald eine Menge kleiner Abs-cesse (wie Erbsen, Nuss) in der Haut selbst, und in dem dar­unter liegenden Zeil- und Fettgewebe, bald aber eine eigent­liche Zerstörung des interstitiären Zellgewebs, so dass eine ausgebreitete Höhle mit vielen Buchten und Gängen unter der Haut und den Aponeurosen vorhanden ist, welche den ganzen Oberschenkel unterminirt hat. Die Jauche ist röthlich, hefen­ähnlich, oft äusserst übelriechend; in ihr liegen Theile der Aponeurosen und Muskeln wie aufgelöste Fetzen, und selbst die Beinhaut der benachbarten Knochen ist oft völlig abge­storben, und löst sich ab, wie an einem lange macerirten Kno­chen. Die innere Wundfläche sieht blass, warzenartig aus und blutet leicht. In solchen Fällen entwickelt sich ein Zehrfieber, welches das Thier aufreibt.
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Rothlauffieber
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Die Section zeigt erst die Zerstörung in ihrem ganzen Umfange; die der Geschwulst nahe liegenden Blutgefasse habe ich mit plastischem Gerinnsel angefüllt und in der Leber, Milz und Lungen alte Zerrüttung durch Tuberkel, Abscesse u. s. w. gefunden. In einem solchen Falle (1836) war der Back-Schenkelbeinmuskel gänzlich in eine speckartige Masse verwan­delt. In einem andern Fall blieb eine harte Anschwellung des ganzen Unterfusses (bis zum Vorarm herauf) zurück.
Im günstigen Falle bildet sich ein Abscess mit gutartigem Eiter, oder es gelingt, die anfangs üble Beschaffenheit der Se­cretion zu verbessern. Fast immer liegt der Abscess tiet', und es bedarf eines dreisten Einschnitts in die fluctuirende Stelle des Schenkels, um ihm einen Ausweg zu verschaffen.
Behandlung: Anfangs äusserlich und innerlich entzün­dungswidrig. Diät, Aderlass, nöthigenfalls wiederholt, Lehm­anstrich, Eisumschläge, später Einreibung von Mercurialsalbe, selbst scharfer Salbe (um die Zeitigung des Abscesses zu be­schleunigen); innerlich Weinstein, Säuren und abführende Mit­tel (z. B. Aloë, Senf). Einreiben eines Pulvers aus Kreide, Kohle und Camphor, neben innerlich entzündungswidrigen Mit­teln, wird von Jessen empfohlen. Wenn der Abscess geöffnet ist: Einspritzungen von In/us. conii mac. mit Chlorkalk, bis der Eiter dick und geruchlos wird, sodann aromatische Pflanzen-decocte; innerlich stärkende Mittel: Cort. salicis, China, Stahl­schwefel ; Körnerfutter, Malz u. dgl. Ist Brand eingetreten, so muss die befallene Parthie nach den Regeln der Chirurgie be­handelt, innerlich aber stärkend und antiseptisch verfahren werden.
(Diese Krankheit der Pferde steht der Metaphlogose des Zellgewebs (is. diese) ziemlich nahe; es liegt auch beiden eine allgemeine Ursache zu Grande, da sie oft lange nicht vorkommen, und dann wieder mehrere Thiere in kurzen Zwischenräumen oder gleichzeitig befallen. Hert wig führt in einem seiner Jahresberichte den sogenannten Einschnss als „rheumatische Entzündung des Zellgewebs und der Venenquot; auf.)
c) Teigiges Rothlauf des Rindviehs. {Erysipelas oedematodes.)
Unter dem Namen „wasserschwülstiger Rothlaufquot; führt Rychner eine der vorhergehenden ähnliche Krankheit des Rind­viehs an. Meyer beschreibt sie als Erysipelas boum, und
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326nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
glaubt sie sei von R. als Harthäutigkeit bezeichnet worden. (G. amp; H. XIV.)
Sie befallt bald die eine Hintergliedmasse, bald das Enter oder einen Theil der Bauchwand; nach der Maul- und Klauen­seuche kam sie häufig vor, und hatte ihren Sitz von der Krone bis zum Knie- oder Sprunggelenk.
Symptom. Schnelle Anschwellung der Gliedmassen haupt­sächlich unter dem Sprunggelenke; die Geschwulst ist ringsum gleichförmig flach, glatt, sehr schmerzhaft (daher Hinken und nicht Liegen), nicht hart und lässt die Fingereindrücke zurück.
Verminderte Fresslust, ein warmes, schleimiges Maul, und ein erethisches Fieber zeigen ein gleichzeitiges Allgemein-leiden an.
Auf ähnliche Weise kann das Rothlauf am Bauche, am Euter u. s. w. entstehen; bei letzterem scheinen die Zitzen wie in das Euter eingedrückt, ähnlich wie bei der passiven Euter­entzündung. Meyer sah vorzugsweise die natürlichen Oeff-nungen und Schleimhautgränzen befallen werden, die Haut fand er starr, beim Falten knarrend, die Verdickung derselben knor­pelhart; der Verlauf war sehr rasch (1—2 Tage) und stets mit Genesung endigend. In einem Falle bildete sich ein Bla­senausschlag auf der Schulter, dem Halse und Kopf (Erya. bullosum). Auch Rychner führt ein Exanthem mit Aus­schwitzung von Blut an (Zeitschr. I.). Einen ähnlichen Fall sah King schnell in Brand übergehen (Vet. 1840).
Verlauf: sich selbst überlassen langsam, in Wasser-erguss, starke Ausdehnung und selbst Verdickung der Haut ausgehend. Bei zweckmässiger Behandlung senkt sich die Ge­schwulst abwärts, Hitze, Spannung, Hinken lassen nach, die Fresslust stellt sich wieder ein, die Haut wird warm und thätig. Dauer: 14—20 Tage.
Ursache und Anlage nicht genauer bekannt.
Behandlung: innerlich auf die Hautausdünstung und Gallensecretion gerichtet. (Brechweinstein und Salmiak in einem Lindeblütheinfusum); äusserlich Bähungen mit einem Malven-decoct mit Hollunderzusatz, täglich 3—4mal wiederholt; nach-heriges Abtrocknen und Einhüllen des befallenen Theils in eine wollene Decke. Lässt der Schmerz und die Geschwulst nach, so kann der Hollunder entbehrt werden, dagegen wird etwas Acet, satum. beigesetzt. Auch aromatische Bähungen sind in
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Rüthlauffieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;327
der Reconvalescenz dienlich; spirituöse Einreibungen schaden. Aeltere Verhärtungen der Haut erfordern Jodsalbe.
d) Sösartigea Rothlauffieber der Schweine vmd Schafe (Febris erysipelatosa maligna F.)
Literatur; Wirth u. Bliggenstorfer im Schw. Archiv VII., Menei im Eep. VII. j ferner Rep. XVm. Versig., Holl. Vers. 1851 n. 52. J. Ber. S. 52. — 6. u. H. 1862. Gleisberg als Morbus macnlosns. Wien IV.
Diese, die Schweine häufiger befallende Krankheit steht den Milzbrandformen zunächst; sie tritt wie diese schnell auf.
Mattigkeit, wechselnde Temperatur der Haut, wenig gerin­gelter Schwanz, etwas aufgerichtete Borsten, geröthete Augen, heisser Büs^el, seltener Abgang von trockenen, mit Schleim überzogenen Excrementen — sind die Symptome, welche einige Tage bemerkt werden, ehe das eigentliche Leiden ausbricht. Alsdann tritt gänzliche Appetitlosigkeit ein, grosse Trägheit, schwankender Gang; kalte Ohren, Fieberschauer mit beschleu­nigtem Athem und Pulse, worauf eine brennende Hitze folgt. Hierauf werden die Thiere unruhig, ängstlich, das Fieber nimmt zu, die Ausleerungen sind schwarz, hart, der Harn ist gelb und . trübe. Nach etwa 24 Stunden bricht der rothlaufartige Aus­schlag an der Brust und dem Bauche der Innern Schenkelfläche und den Ohren, selten am Rücken aus, nachdem manchmal Erbrechen von Futter, Galle und Schleim vorausgegangen.
Das Exanthem bringt keine, oder nur scheinbare Erleich­terung; die Röthe wird violett, bleifarbig, Convulsionen treten ein. Puls und Athem werden immer schneller, und das Thier endet unter Zuckungen. Der Tod tritt oft zugleich mit dem und selbst manchmal vor dem Ausbruch des Rothlaufs ein.
Die Section zeigt die Haut an den ergrififenen Stellen welk, die Leber und Milz gross, blutreich oder von gewöhn­licher Farbe, den Magen mit Luft und stinkender Jauche er­füllt, die innere Haut mit einer zähen Feuchtigkeit überzogen, stellenweise brandig, im Dünndarm ergossene Galle; die Lunge meistens entzündet, mit Brandflecken; die Blutgefässe des Hirns strotzend, das Blut dick und dunkel, nicht gerinnend. Hie und da finden sich Brandbeulen (Karbunkeln?) innerhalb der Maul­höhle (vielleicht vom Eingeben der Arzneien).
Bei den Schafen befällt das Rothlauf Kopf, Hals und
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328nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Compliclrte Fieber.
Rücken in ziemlicher Ausdehnang; die Haut ist sehr heiss und gerothet, manchmal mit Bläschen besetzt. Am Kopfe ist der Ausschlag gefahrlicher als an den andern Stellen.
Ursache: starker Regen nach schwüler Hitze, heisse, schlechte Ställe, eine gewisse BodenbeschafFenheit (Marschland) u. s. w. Die Krankheit befällt die einjährigen und stark ge­nährten Stücke am ehesten, alte und Zuchtschweine seltener und kommt gewöhnlich im Herbste (in heissen Jahrgängen schon im April und Mai bis September und October) vor. Eine Ver­breitung durch Ansteckung ist nicht nachgewiesen. Dr. Berg­mann in Bayern beschuldigte das Solanin in den gefütterten Kartoffeln als Ursache der Seuche, allein mit Unrecht (s. Kr. von 1852 und Holl. 1851), wie besonders die von Fraas in München angestellten Versuche evident bewiesen h'aben. Mch. J. B. 1853.
Behandlung: anfangs antiphlogistisch und schweisstrei-bend, später antiseptisch — bei Schweinen Brechmittel, Sal­peter mit Glaubersalz, kalte Begiessungen, Aderlass am Schwänze; das Füttern von grünem Klee soll als prophylactisches Mittel zu empfehlen sein, ebenso unreifes Obst u. dgl. Der Genuss des Fleisches, Fetts u. s. w. war für Menschen und Thiere un­schädlich.
(Ilaubner führt beim Schafe auch ein gutartiges Rothlauf (Rose, Rö­thein) an. Am Rücken, Bauche n, s. w. kommen rothe, sich rergrössernde, Tftnner anzufühlende Flecken auf der Haut zum Vorschein, die gewöhnlich kein erhebliches üebelbefinden veranlassen nnd nach 6 bis 8 Tagen wieder verschwinden. Nasskalte Witterung nach der Schur scheint oft die Ursache zu sein, die übrigens noch nicht hinlänglich gekannt ist.)
Bei den Katzen beobachtet man nicht selten eine rothlaufartige An­schwellung des Kopfs (Erysipelas faciei, der Gesichtsrose des Menschen ähn­lich) , wodurch dieser ganz unförmlich wird, die Augen sind fast geschlossen, das Athmen wird beschwerlich u. s. w. und nicht wenige krepiren, sich selbst überlassen, an dieser Krankheit. Mehrmals sah ich solche Thiere nach über-standenem Rothlauf am Kopfe krätzig werden.
Den Rothlaufkrankheiten verwandte Krankheitsformen des Pferdes sind unter den catarrbalischen Fiebern (s. Influenza), Petechial-, Scharlachfieber und Typhus beschrieben.
Nennte Gattung. Anthrax- oder Milzbrandfieber. (Febris carbunculosa.)
(Typhus carbunculosus.) Literator im Allgemeinen: Hauptsächlich die Schriften über Seuchen über­haupt von Faulet, Wollstein, Adami, Bojanns, Laubouder,
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 329
Ribbe, Mandt, Wirth, Kiirber u._A. m.: femer Chabert, Petit, Desplas (Instr. I., n.); Glaser (1780), Gilbert (übers. 1797), Will (1791), Kansch (Preisschr. 1805), Ammon, Wöhler (1808), Seiler', Lappe (Dissert. 1811). Lidl (nach Waldinger 1815), Lau­bender (1815), Ribbe (aus dem Franz. 1813), Tscbeulin (1812), Ampach(1820), Billing (1827), Schrader (1828), Schwab (1810, 1830,1844), Schürmayer (1831), Weber (1836), Stahmann (1840), Öensinger's Werk über den Milzbr. bei Menschen und Thieren (1849) ist das Vollständigste, was die Literatur darüber besitzt s. d. Anzeige im Rep. XI. Delafond angez. Rec. 1848. Garreau Rec. 1851. An-zelon, Bericht v. Verheyen in Belg. (1854); zahlreiche Journal­artikel und Abhandlungen über einzelne Milzbrand-Formen; s. diese.
Fieber entzündlich-typhöser Art, mit Neigung zu Stockung und Zersetzung des Blutes und Bildung von brandigem Roth­lauf, Brandbeulen und Pusteln. Sehr acuter Verlauf; meist epizootisches oder enzootisches, selten sporadisches Vorkommen; contagiös für alle warmblütige Thiere.
Ueber die Natur des Milzbrands im Allgemeinen herrschen .verschiedene Ansichten; die meisten Autoren halten denselben fiir identisch mit Typhus; andere dagegen sehen ein entzünd­liches Leiden, besonders der Hinterleibsorgane, als die Haupt­sache an, wieder andere nehmen die Veränderung des Blutes dafür und stellen den Milzbrand delngemäss unter die Blut­krankheiten.
So bat Gelle den Milzbrand als Typhus bezeichnet und Rychner in seiner Bujatrik ihn unter die Typhen, als Bim- und Rückenmarks-Typhen-gmppe gesellt; Roll spricht sich für die Identität beider entschieden aus; Hanbner macht eine Unterscheidung zwischen brandigen Entzündangskrank-heiten und Anthrax- oder Milzkrankheiten; Hofaker hat den Milzbrand als Febris nervosa carbunculosa; Veith als ein Fieber sui generis (Authiaxüebei); Adamowicz stellt die Febris carbunculosa unter die Blutkrankheiten; Walz bezeichnete den Milzbrand als Sommerrothlauffieber; Waldinger als Leber-entzündung. Tircbow lässt die Malaria als Hauptnrsache, daneben aber die Filzgifte gelten, die Krankheit ist nach ihm eminent septisch, an Faulfieber und Gangrän sich anreihend. Die Ansicht, dass der Milzbrand von Sumpf­luft (welche selbst noch ein unbekanntes Wesen ist), herrühre, hat den­selben in die nächste Verwandtschaft mit den (perniciösen) Wechselfiebem gebracht; zugegeben dass Milzbrand in Sumpfgegenden häufig vorkomme, ist doch die Natur beider Krankheiten höchst verschieden. (Durch das Pilz­gift kommt der Milzbrand in die Verwandtschaft mit Ergotismus.) Frieden­reich wendet die Theorie der Blutmauserung auf den Milzbrand an.
Der Milzbrand kommt unter so verschiedenen Formen vor, die eine solche Menge von Namen (nach Gegend u. s. w. vari-rend) erhalten haben, dass es nöthig wird, dieselben in Unter-
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330nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
abtheilangen zu bringen; wir werden deren drei annehmen; näm­lich: 1) Milzbrandfieber, ohne ein äusserliches locales Leiden. 2) Milzbrand mit rothlaufartiger Entzündung. 3) Milzbrand mit Beulen (Karbunkeln) und Pusteln.
Andere Pathologen z. B. Roll, Heusinger unterscheiden ausjser dem Milzb.-Fieber, den Milzbrand mit örtlichen Leiden an innem Theilen (Zange, Mastdarm) und an äassem (Carbunkeln). Hiezn kommen noch die Gompli-cationen des Milzbrands mit andern Krankheiten, z. B. Kinderpest, Botz, Wunden u. s. w. Aosserdem hat Heasinger die sogen, seuchenhafte Wuth unter dem Namen Milzbrandwuth hieher gezogen.
Allem nach sind die Veränderungen in der Blutmasse, besonders vom Pfortadersystem ausgehend, primär, und die Er­regung des Fiebers, wie dre Bildung von Beulen, Anschwellun­gen, Pusteln und dergl. sind secundär, oder als Bemühungen das Blut seiner krankhaften Theile zu entledigen — zu beur-theilen. Bei Milzbrand leiden mehr die Bauchorgane (vom Gangliensystem versehen) bei Typhus vorzugsweise die Central-organe des höheren Nervensystems.
Der Milzbrand zeigt somit je nach seinen verschiedenen Formen bald eine grössere Annäherung zu den Entzündungs­krankheiten, namentlich den rothlaufartigen, bald zu den biliösen und septischen Fiebern. Die Milz selbst ist nicht der eigent­liche Sitz des Leidens, sondern nur ein Theil desselben, inso­fern sie zum Pfortadersystem gehört. Das Blut dieses Gefässes und die Organe, in welchen es circulirt (Darmcanal, Leber, Milz, sodann aber die Lunge), sind der Herd des Leidens, von welchem aus es sich, zum Theil metastatisch, auf andere Ge­webe ausbreitet. Die Ausscheidung einer Sülze von gesättigt gelber Farbe in das Zellgewebe unter der Haut, aber auch im Innern der Höhlen scheint fast bei allen Milzbrandformen (etwa die apoplectische ausgenommen) stattzufinden, und in ihr das Contagium die grösste Intensität zu erlangen'.
Der Milzbrand entwickelt sich von selbst am häufig­sten bei Rindvieh und Schweinen, sodann bei Schafen, seltener bei Pferden, und wohl am seltensten bei Hunden und Katzen, auch beim Geflügel scheint Selbstbildung desselben vorzukom­men. Bei wilden Thieren, namentlich Wiederkäuern (wie Hir­schen, Rehen, aber auch bei Kaninchen, Dachsen), ist der Milzbrand nicht selten beobachtet worden. In den wärmeren Ländern sowohl der alten als neuen Welt ist er bei verschie­denen Haus thieren, besonders Pferden, Maulthieren, Kameelen
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 331
u. s. w. vorgekommen, und selbst Sibirien ist nicht frei davon geblieben.
Durch Ansteckung mittelst Besudelung oder Genuss milz­brandiger Abfalle werden hauptsächlich Schweine, Hunde, Katzen, Hühner, Enten, Gänse, Kalecuthühner u. s. w. vom Milzbrand befallen und das Contagium erzengt sich in ihnen wiederholt. Es bleibt nur kurze Zeit latent (einige Stunden bis höchstens 5—6 Tage, nach den Versuchen von Greve, Eilert, Dress­ler (G. amp; H. HL), Sehrader). Beispiele von Ansteckung bei Menschen sind leider nicht selten (s. den Schluss dieser Krankheitsgattung). Eine Ansteckung durch die Lungen- und Hautausdünstung ist wohl, in grösster Nähe ausgenommen, kaum zu befurchten. Für die Möglichkeit der Ansteckung durch die Luft spricht sich Delafond, in Uebereinstimmung mit Roche Lubin und den meisten französischen Thierärzten aus (Eec. 1847); wogegen Renault und Körb er keine Ansteckung durch Cohabitation bei Rindvieh beobachten konnten. (Rec. 1846, G. amp; H. XIII.) Nach Renault's Versuchen (Rec. 1851) soll die ansteckende Materie des Milzbrands. in den Verdauungs­organen der Hunde, Schweine und Hühner ihre Kraft verlieren, dagegen bei Pferden, Schafen und Ziegen nicht. Es fehlt je­doch nicht an einzelnen Beobachtungen von Ansteckung bei Schweinen und Hunden durch das Fressen inilzbrandiger Stoffe (z. B. G. amp;H. 1854 Suppl. 11 Schweine und 2 Hunde krepirt). Beutet behauptet, gestützt auf Impfversuche, der Milzbrand der Rinder stecke Schafe, Pferde und Kaninchen an, aber nicht Rindvieh; nach der Intensität des Contagiums stehe der Milz­brand des Schafs obefian, dann folge Rindvieh, Pferde, Mensch. Durch den üebergang auf andere Thierarten verliert das Con­tagium nicht an Stärke (Union med. 1852). Die Ansteckung bringt aber nicht gerade diejenige Form des Milzbrands hervor, welche zunächst zur Uebertragung Anlass gegeben hatte, son­dern es kann eben sowohl eine andere Form daraus entstehen; meist indessen bildet sich ein localer Karbunkel an der infi-cirten Stelle, und von dieser aus ein höchst gefährliches allge­meines Leiden. Entwickelt sich Milzbrand vom Genuss des kranken Fleisches, Bluts u. dgl., so entsteht zunächst das innere Leiden (typhöses Fieber, Darmbrand), zu dem sich manchmal noch Anthraxbenlen gesellen. Mehrere nahmen an (z. B. Ryeb­ner, früher Glaser, Ziegenbein in G. amp; H. I. S. 460),
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332nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complieirte Fieber. ,
dass durch mit dem Contaginm besudelte (stechende) Insecten, z. B. Viehbremsen (Ta6anMlaquo;), Uebertragung auf entfernte, gesunde Thiere und Menschen (s. Les so na Tur. IV.) stattfinden könne.
unter den neueren Schriftstellern bat Schwab (1844) den Anthrax für nicht contagiös erklärt; das Anthracin soll ein, dem Schlangengift ähnliches, thierisches Gift sein. Diese Behauptung stützt sich hauptsächlich auf die Be lt; obachtung solcher Fälle, in welchen die Ansteckung mit Milzbrandcontaginm, nicht dieselbe Krankheitsform hervorbrachte, von welcher jenes erzengt worden war. Allein es ist bekannt, dass beim- üebergang auf andere Thierspecies die Erankheitsformen oft merklich abgeändert werden.
Ursachen: sie sind (ausser der Ansteckung) theils all­gemein verbreitete Witterungseinflüsse, theils mehr local wirkende in der Fütterung, Stallung u. s. w. gelegene. Zu jenen gehört die schwüle Beschaffenheit der Luft, wie sie dem Ausbruche der Gewitter voranzugehen pflegt. Eine solche Luft, wenn sie Sommers längere Zeit auf die Thiere (besonders Waidvieh) einwirkt, ohne sich von Zeit zu Zeit durch Gewitter ihres Uebermasses an Wärme, Feuchtigkeit und besonders an Electricität zu entladen, bringt eine Anlage zu Milzbrand oder den Ausbruch desselben hervor. Eine für die Jahreszeit unge­wöhnliche Wärme (z. B. im Frühling), sowie heisse Tage mit kühlen Nächten abwechselnd (im Spätherbst) haben, obwohl seltener und in geringerem Grade, denselben Erfolg. Die An­lage ist bei gutgenährten, vollblütigen Thieren ohnedies gros­ser, als bei geschwächten, und gibt sich durch Abstumpfung, verzögerte Verdauung, Auftreibung des Bauchs, seltenen Mist­absatz, oft mit Drang, und (beim Aderlassen) durch ein dunk­leres, dickes Blut zu erkennen.
Zu jener allgemeinen Ursache gesellt sich gerne eine wei­tere, locale; nämlich Mangel an frischem Wasser, desshalb Benützung stehenden, fauligen Wassers (z.B. von Flachs­und Hanfrösten), und es könnte wohl der Fall sein, dass statt der Sulnpfluft (Malaria) der Genuss des Snmpfwassers, welches viele zersetzte organische Materie enthält, Milzbrand hervor­bringt (s. Les son a in Turin III). Alles was die Wärmebildung im Thier vermehrt, wie: starke Bewegung, schnelles Treiben, besonders aber heisses Futter u. s. w., kann als Gelegenheits­ursache des Milzbrands angesehen werden; ebenso wirken enge dunstige Ställe. Die Fütterung hat nicht selten entschiede­nen An theil an der Entwicklung des Milzbrands; ein stark näh­rendes oder erhitzendes Futter, sei es im Stalle oder auf der
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;333
Waide, bringt besonders, wenn knappe Fütterung vorausging, schnell eine Vollblütigkeit hervor, die zum Milzbrand disponirt. Es schien aber in manchen Fällen die Bodenbeschaffenheit dem Futter jene Eigenschaft mitgetheilt zu haben, wesshalb Leise­ring und Gerlach behaupten der Milzbrand wachse mit den Pflanzen aus dem Boden heraus (G. amp; H. 1855. Suppl.) Aus-serdem ist es aber hauptsächlich verdorbenes, von Pilzen wie Rost, Brand, Mehlthau, Schimmel u. s. w. verunreinigtes Futter *, welches in dem Blute eine ähnliche Veränderung hervorzubrin­gen im Stande ist, wie es die Witterungseinflüsse thun; dieser Ursache ist es zuzuschreiben, dass der Milzbrand hie und da ganz local und sogar in einer Jahreszeit vorkommt (im stren­gen Winter), deren Luftbeschaffenheit dieser Krankheitsent­wicklung ganz entgegen ist. Vielleicht lassen sich solche Fälle, in denen man Schneewasser, Erkältung oder plötzlichen Ein­tritt strenger Kälte (Schutt in G. amp; H. VII.) u. s. w. be^-schuldigt, eher auf die eben angegebene Ursache zurückführen. Man will auch Milzbrand im Winter entstehen gesehen haben, als Futter (z. B. Heu) eines Grundstücks gefüttert wurde, wel­ches im vorangegangenen Sommer durch Milzbrandabfölle (z. B. beim Transport der Cadaver, der Section derselben) verunreinigt worden war. Selbst das an solchen Stellen gewachsene Gras, wo lange zuvor (z. B. 12—15 Monate nach Gelle II. S. 204) am Milzbrand gefallene Thiere vergraben worden, soll den Aus­bruch der Krankheit nach sich gezogen haben. Roche Lubin, Delafond und Bouley stellen mehrere derartige Fälle zu­sammen (Rec. 1847); Gelle und Rychner behaupten, dass Ställe durch Milzbrand-Effluvien auf Jahre inficirt werden kön­nen; auch Gerlach führt einen Fall an, der beweisen soll, dass das Contagium durch die Verwesung des Cadavers ohne Zu­tritt der Luft, noch nach drei Jahren wirksam sein könne. (G. amp; H. XII.} Barthelemy hatte bei seinen, schon 1815 angestellten Versuchen, erfahren, dass Milzbrandjauche ein Jahr lang in einem Glase aufbewahrt, noch wirksam war (Alf. Cptr. 1816) Vicq d'Azyr will mit Stoff von Milzbrand-Cadavern,
* Gohier in Lyon (1804, 1807) , besonders aber Knman in Utrecht und Marcband (1830); dagegen bestreitet Delafond (s. Blutstaupe) diese Wirkung des Schimmels; Caussé sah von der Fütterung verdorbener Mais­stengel keinen Milzbrand entstehen, und in Toulouse gelang es nicht durch scbimmliches Heu ihn hervorzubringen (Toni. 1852).
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334nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
die mehrere Monate begraben gewesen, geimpft haben. Renault sah die Impfung mit Stoff aus' einer 14 Tage liegenden Milz bei 2 Thieren unter 10 haften (Rec. 1855).
Es gibt Gegenden, Ortschaften, einzelne Waideplätze und Ställe, wo die Krankheit jährlich bald heftiger, bald gelinder vorkommt. Hier muss die Ursache eine locale sein, und kann, so weit sie nicht unter den bereits erwähnten begriffen ist (z. B. Mangel an Wasser), auf gewissen Düngungsmitteln, z. B. dem Gyps, Kalk, Mergel beruhen.
Es entsteht somit der Milzbrand 1) ans atmosphärischen Einflüssen (meist als Seuche weit auf verschiedene Thierarten verbreitet), 2) aus den Boden­verhältnissen und der davon abhängigen Beschaffenheit des Futters (als En-zootie, obgleich oft ziemlich verbreitet, meist nur Eine Thierart befallend); hieher gehört auch der angeblich von Malaria entstandene Milzbrand. 3) Von Filzen, die an feuchtem, verdorbenem Futter sich gebildet haben (ganz ört­lich, einzelne Stücke Vieh befallend). 4) Durch Ansteckung, entweder unmittel­bar von den kranken Thieren aus, oder von ihren hinterlassend! Effluvien (vorzugsweise Schweine, Hunde und Geflügel treffend, am wenigsten Bindvieh). Oft ist das Zusammentreffen mehrerer der genannten Ursachen erforderlich, um Milzbrand zu erzeugen.
Ës ist übrigens ein ziemlich verbreiteter Uebelstand, dass die Thierärzte jeden unerwarteten oder sehr schnell eingetretenen Todesfall, dessen Ursache nicht sogleich vor Angen liegt, ohne Weiteres als Milzbrand erklären; viele Fälle einfacher Apoplexie, besonders aber zufällige oder absichtliche Vergif­tungen einzelner Thiere sind auf diese-Weise als Milzbrand der näheren Un­tersuchung entgangen.
Die Symptome des Milzbrands sind sehr veränderlich nach den verschiedenen Formen desselben, und werden bei der Aufzählung dieser angegeben. Ueberdies hat fast jede Epizootie oder Enzootie dieser Krankheit ihr Eigenthümliches. Auch ge­sellen sich einzelne Zeichen des Milzbrandes zur Zeit seines Vorkommens gerne zu andern sporadischen Krankheiten, welche zufälligerweise in dieser Periode und an Orten, wo gerade Milz­brand herrscht, entstanden sind. So werden z. B. leichte Ver­letzungen gerne brandig, gewöhnliche Entzündungsfieber gerne typhös, ihr Verlauf rascher als gewöhnlich, es entstehen Ab­lagerungsgeschwülste, die sonst nicht beobachtet werden u. dgl. Die eigenthümliche Beschaffenheit des Bluts, welches dick­flüssig, theerartig, klümprig, beinahe kohlschwarz erscheint, die Ausscheidung gelblicher Sülze nach aussen oder innen, der sehr rasche Verlauf, das langsame Erstarren und die schnelle Fäul-niss der Cadaver, das Ausfliessen von Blut aus den natürlichen Oeffnungen, besonders dem Maule und dem After sind fast allen
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 335
Milzbrandformen gemeinschaftlich. Die Milch der Kühe, soferne sie nicht versiegt ist, zeigt eine auffallend gelbliche Färbung des in grosser Menge vorhandenen Rahms. Sind die oben an­geführten ursächlichen Momente bekanntermassen vorhanden, und werden mehrere Thiere einer Heerde oder eines Stalles oder meh­rere Thierspecies gleichzeitig oder schnell nach einander von vielleicht äusserlich ziemlich verschiedenen Krankheitsformen höchst acuten Verlaufs befallen, so darf man auf Milzbrand schliessen. Gewöhnlich verlaufen die ersten Fälle in einer Heerde u, s. w. am schnellsten, die späteren, weil sie eine geringere Disposition treffen, langsamer. Manche Formen des Milzbrandes sind einzelnen Thierspecies eigenthümlich, wie das Rankkorn, die wèisse Borste dem Schweine, der Sterzwurm, das fliegende Feuer dem Rinde; andere sind allen gemeinschaftlich, z. B. der Karbunkel, die apoplectische Form. Thiere, welche die Krank­heit überstanden haben, sind dadurch nicht vor späteren Anfal­len derselben geschützt.
Prognose: meist sehr ungünstig. Es gibt indessen auch manchmal Milzbrandseuchen, die verhältnissmässig gutartig ge­nannt werden können. (Lafosse beobachtete eine solche gut­artige Form, Toul. 1856.)
Prophylaxis: Vor Allem Vermeidung der Ursachen, oder möglichste Neutralisation ihres schädlichen Einflusses auf den thierischen Körper. Hierauf beruht auch die Behandlung der Kranken. Es muss also z. B. Waidevieh während der Mittags­hitze in Schatten oder in kühle Ställe gebracht werden; dun­stige Ställe werden geöffnet (besonders bei Nacht), die Thiere darin weiter auseinander gestellt; Schweinen wird Gelegenheit zum Suhlen verschafft, frisches Wasser in hinreichender Menge muss den Thieren gereicht und sein Genuss möglichst befördert werden (z. B. durch Kochsalzgaben). Abänderung des Futters, namentlich wässeriges, kühlendes, wenig nährendes Futter. (Bei enzootischem Milzbrand des Rindviehs und der Schafe hat sich das Füttern roher Kartoffeln hülfreich gezeigt.) Beseitigung des verdorbenen und selbst gänzliche Entziehung des Futters, jedoch mit Vorsicht wegen nachherigem Ueberfressen, Vermei­dung der Erhitzung beim Gebrauch und Treiben der Thiere; Schwemmen oder Begiessen mit kaltem Wasser. Trennung der Kranken von den Gesunden und Verhütung der Ansteckung durch Abfälle, Blut u. s. w.
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336nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
Behandlung: Zunächst das Aufstallen des Waideviehs: das Austreiben desselben bios in der Frühe und Abends; Aende-rung des Futters; frisches Wasser zur Genüge; sodann kann man den zum Milzbrand disponirten Thieren aderlassen, ferner Säuren und Salze (Weinstein, Sauerteig, Kochsalz, saure Milch, unreifes Obst) im Futter oder Trinkwasser beibringen. Haar­seile sind nur da von Nutzen, wo die Eiterung derselben noch vor dem Eintritt der Krankheit zu Stande kommt, ausserdem werden die Wunden leicht brandig, daher wäre Senfbrei vor­zuziehen.
Wirklich erkrankten Thieren ist zuerst eine gehörige M^nge Blut ahzuzapfen, und dies erforderlichen Falls zu wiederholen (in manchen Epizootien beschleunigt der Aderlass den Übeln Ausgang, ohne Zweifel weil zu spät vorgenommen; das Blut muss noch die gewöhnliche Farbe und Flüssigkeit besitzen); sodann wird ihnen ein Abführnngsmittel von Salzen (Salpeter, Glaubersalz, selbst Aloe) meist in flüssiger Form gereicht, und dessen Wirkung durch Klystiere mit Salz beschleunigt; mit ver­dünnten Säuren, besonders Schwefelsäure, auch Salzsäure (Einige rühmen auch Chlorwasser, Chlorkalkauflösung, z. B. Yvart im Journ. vétér. 1827), wird sodann fortgefahren, so dass die Ga­ben rasch aufeiriander folgen; anhaltendes kaltes Begiessen, bis die Thiere schaudern, und nachheriges Trockenreiben derselben, täglich ein paarmal wiederholt, auch bloses Schwemmen (z. B. bei Schweinen) ist nicht zu versäumen. Schöngen empfiehlt dagegen das Begiessen des Thiers mit siedend heissem Wasser! Wenn im weitern Verlauf die Kräfte des Thieres sinken, das­selbe stumpf wird u. s. w., so sind den Säuren Reizmittel, wie Camphor, Branntwein, Terpentinöl in grossen Gaben, auch ad-stringirende Mittel, z. B. Eichenrinde-Decoct zuzusetzen. Ausser­dem hat man Schwefel in grossen Gaben (Ryss) und Schwe­felleber empfohlen; Held sah von eisenhaltigem Trinkwasser und Eisenoxyd gute Wirkung (G. amp; H. VI.); im letzten Sta­dium des Milzbrands erwähnt Greve des Eisens zu '/j—IVj Rlaquo; tägl. mehreremale (vgl. Her twig 1. c. VI.) Andere halten viel auf adstringirende Decocte, z. B. von Eichenrinde, selbst als präservatives Mittel. In neuerer Zeit ist das Rupprecht'sche Specificum {Liq. amonii coccionellatus, s. Repert. XIV. S. 172) empfohlen worden, allein es haben sich mehrere preussische Thierärzte, auch Prof. ünterberger n. A. nicht günstig dafür
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 337
ausgesprochen; Canssé und Delwart haben von Phosphoröl in schleimigen Decocten gute Wirkung gesehen (Toul. 1852, Belg. 1855); die Idee der Malaria hat auf die Anwendung des Chinin geführt (Sabarthes, Toul. 1855, Lessona, Turin II. Eletti, Mail. II.; es hatte übrigens schon Gelle die China mit Camphor und essigsaurem Ammoniak empfohlen).
Schweinen und Hunden ist immer zuerst ein Brechmittel (etliche Gran Veratrum alb.) zu reichen; selbst als Vorbauungs-cur ist dies bei erster Thierspecies am Platze.
Die äusserliche Behandlung besteht in Folgendem: Roth­laufgeschwülste werden mit kaltem oder gesäuertem Wasser, oder einer Auflösung vor Chlorkalk begossen oder gewaschen, seltner Einschnitte gemacht und reizende Flüssigkeiten in die­selben gegossen; auch Brennen in Streifen ist zulässig. Kar­bunkel und sulzige Beulen werden tief eingeschnitten, die Sülze ausgedrückt und Terpentinöl in die Wunde gegossen, oder die­selbe gebrannt; auch ohne Einschnitte zu machen, kann man Beulen nachdrücklich brennen. Wo diese nicht gehörig sich ausbilden wollen, reibt man eine scharfe Salbe ein. Haarseile sind nur bei langsamem Verlaufe von Nutzen und müssen schnell in Eiterung versetzt werden. Pusteln und Blasen werden ge­öffnet, aufgekrazt und mit Säuren, Aetzmitteln, Branntwein und dergleichen ausgewaschen oder durch das glühende Eisen zerstört.
Polizeiliche Maassregeln: Bei allen Fällen von Milz­brand sind die nöthigen Vorsichtsmaassregeln zu ergreifen, dass nicht andere Thiere, besonders aber Menschen, angesteckt wer­den. Das Contagium ist zwar eip fixes, allein es bedarf der blosen Berührung, besonders an Stellen mit zarter Haut, nicht der eigentlichen Impfung, um übertragen zu werden. Auch das Hinabschlucken desselben ist nachtheilig. Das Blut, die gelbliche Sülze und die vom Brande ergriffenen Theile des Thiers enthalten den Ansteckungsstoff am kräftigsten; indessen sind alle Theile des kranken Thiers, nur in verschiedenem Grade fähig, anzustecken. Je schneller die Krankheit verlief, je weniger Theile brandig sind, desto geringer ist die Ansteck-ungsfähigkeit; bei nasser, kalter Witterung ist ebenfalls weni­ger zu befürchten. Das Contagium verliert seine Wirksamkeit nicht leicht; namentlich ist das blose Trocknen, selbst das Er­hitzen (Braten, Sieden) der Träger desselben öfters nicht hin-
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;22
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338nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
reichend gewesen, es zu zerstören. Felle, die schon im Kalk gelegen hatten, oder verarbeitet wurden, waren noch ansteck-ungsföhig. (Dr, Becker in Pierer Annal. 1833). Lessona führt unter 10 gestorbenen Menschen einen Mezger, einen Koch und einen Gerber an (Turin IV.). Einike erwähnt Gerber und Sattler, und selbst Pferde, die das neue Geschirr trugen (G. u. H. 1855. Suppl.)
Fast jedes Land hat in Beziehung auf diese Krankheit seine speciellen, polizeilichen Verordnungen. Nach der wiirt-tembergischen Verordnung vom 19. Juli 1822 soll, wenn man über die Krankheit im Reinen ist, das Abledern der daran ge­fallenen Thiere nicht mehr stattfinden, sondern dieselben sollen mit zerschnittener Haut tief verscharrt werden. Der Mist soll bald möglich auf dem Felde untergepflügt werden. Das Fleisch der Erkrankten auszuschlachten, ist verboten, ebenso der Ge-nuss der Milch. Die Ställe etc. sind vor der Wiederbenütznng zu desinficiren. Während die Krankheit in einem Orte herrscht und drei Wochen nachher ist der Handel mit der betroffenen Hausthiergattung verboten.
* Milzbrandfieber, ohne äusserliches, locales Leiden.
Hieher gehören: das Milzbrandfieber der Pferde, die Milz­brand-Apoplexie (Blutstaupe) der Schafe und des Rindviehs.
a) Milzhrandfieher.
Literatur: Bon ley und Merci er (in Rec. 1841 als Anheniatosie, Chevauz pris de chaleur), Kaltschmid (Rep. II.), Gillmeister (1841), Re­nault (bei Rindvieh Rec. 1846), Cruzel (ebd. 1847), Roche-Lubin (Typhohaemie ebd. 1847), Delafond (bei Rindvieh 1848). Mazure. als Typhus lumbalis bei Pferden (Holl. 1851). Man beobachtet das Milzbrandfieber bei Pferden, selten bei Rindvieh, zu allen Jahreszeiten, doch vorzugsweise im Som­mer. Wenn es bei trocken kalter Witterung vorkommt, hat das Fieber den entzündlichen Character, bei trocken heisser Witterung geht derselbe schon nach 10—12 Stunden in den asthenischen über, oder dieser letztere Zustand ist, namentlich bei schwüler Luft, gleich von Anfang zugegen. ,
Die Krankheit beginnt mit einem Fieberschauer, der Kopf ist gesenkt, die Unaufmerksamkeit des Thiers oft so gross, wie bei beginnendem Koller; die Haut ist heiss, das Athmen
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 339
vermehrt, ängstlich, mit besonderer Anstrengung der Bauch­muskeln; der Herzschlag nnfüihlbar, die Pulse klein, unregel-mässig, oft weniger schnell, als man nach der Zahl der Athem-züge vermuthen sollte. Die Anfänge der Schleimhäute sind höber geröthet, mit einem Stich in's Gelbliche; die Zunge ist belegt, der Mist bald glänzendbraun, fest und trocken, bald locker, mit Schleim umhüllt und gelblich gefärbt, immer ver­zögert; der Harn wässerig, gelblich. Nicht selten gesellt sich Husten dazu.
Im weitern Verlaufe der Krankheit, die mehrere Tage zu dauern pflegt, nehmen die Symptome zu, insbesondere die Be-wusstlosigkeit, das schnelle Athmen, der Puls wird unordent­lich, verschwindet, es zeigen sich Zuckungen u. s. w. und das Thier geht (am 3.—4. Tage) zu Grunde, nachdem manchmal noch Anschwellung des Kopfes, der Füsse oder sulzige Beulen unter der Oberfläche der Haut sich gebildet hatten. Bei zweck-mässiger Behandlung stellt sich die Besserung eben so schnell ein, oft zugleich mit einem Durchfall, oder mit Abgang eines dunkelgefärbten Harns. Manche Pferde kommen mit dem Leben davon, bleiben aber kollerig; auch Blindheit will man nachfolgen gesehen haben.
Renault sah bei Rindvieh als Vorboten mattes, aufgerichtetes Haar, weniger biegsame, trockene Haut, die beim Druck ein wenig knisterte. Manche Thiere starben schon nach einigen Stunden, andere nach 18 — 24 Stunden. Die Ochsen wurden (weil sie bei grosser Hitze im Freien arbeiteten) viel häu­figer befallen als die Kühe. Ärdouin beschreibt eine Enzootie auf (von Meerwasser) überschwemmtem Boden, bei grosser Hitze u. s. w. entstanden, das Vieh starb theils plötzlich, theils erst nach 4—5 Tagen, wobei sich Ge­schwülste bildeten, die man für günstig hielt (Rec. 1852).
Bei der Section findet man in den Blutgefassen, beson­ders der Bauchhöhle, dunkelschwarzes, dickflüssiges Blut an­gehäuft, die Leber ist dunkelbraun, mürbe; die Milz innen bei­nahe schwarz, beulenartig aufgetrieben, bei langsamerem Ver­laufe auch kleiner als gewöhnlich, knotig; amDarmcanal brandige Stellen, manchmal Bluterguss in den Darm; seltener Geschwüre auf der Schleimhaut; die Lungen mit dunklem Blut überfüllt, oft schwarzen Blutklumpen ähnlich; das Fleisch bafd lehmfarbig wie gekocht, bald wie mit Blut getränkt, sehr zur Fäulniss geneigt; das Fett und Serum dunkler gelb gefärbt, in den Ge­schwülsten gelbliche Sülze oder aber ergossenes Blut; die Haut dieser Parthien nicht selten brandig.
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S40nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
Behandlung. Ein ergiebiger Aderlass, so frühzeitig als möglich gemacht, ein Fontanell an dem Schanfelknorpel des Brustbeins (beide wirken als prophylactische Mittel mehr als nach dem wirklichen Ausbruche der Krankheit), Scarificiren der Geschwülste und Ausbrennen derselben; sodann Salze, Säuren, später mit Camphor, 01. tereb.; Schwefelleber, adstringirende Mittel, Eisensalze; Klystiere mit Salz, Brechweinstein (vgl. das im Allg. hierüber Angeführte).
b) Milzbrand-Apoplexie.
(Blutseuche, Blutstaupe, Blutschlag, apoplectische Form des Milzbrands; Maladie de sang, Coup de tang. Sang de rate.)
Literatur: Hildebrand bei Schafen (1841), desgl. Delafond übers, von Hertwig 1844, ders. Kec. 1843 und 1852. Lecouturier Belg. 1848, Renault, Kec. 1855, Garreau, Ansteckung Bec. 1856.
Diese Form trifft vorzugsweise Schafe, Rindvieh und, je­doch seltener, Schweine. Sie gleicht der gewöhnlichen Apo­plexie und würde davon kaum unterschieden werden können, wenn nicht bei etwas langsamerem Verlaufe sich manchmal die characteristischen Beulen oder Geschwülste entwickelten.
Rindvieh am Wagen oder Pfluge, Schafe auf der Waide schütteln den Kopf, zittern, fallen plötzlich zu Boden, knirschen, schäumen, bekommen Zuckungen und verenden. Schweine findet man todt in ihren Ställen, ehe man sie krank wusste. Die Dauer eines Anfalls beträgt oft nur etliche Minuten, manchmal erholt sich das Thier, der Anfall kehrt aber nach etlichen Stunden zurück und wird dann tödtlich.
Wo die Krankheit nicht so rasch verläuft, äussern die Thiere Bewusstlosigkeit oder Tobsucht; die Pupille ist erweitert, der Augapfel hervorgetrieben, das Sehen aufgehoben, die Thiere stossen an, sie taumeln, bekommen Verdrehung der Glieder, des Halses, schlagen heftig mit den Flanken u. s. w.
Behandlung meist unzureichend, weil sie zu spät kommt, oder die Kranken die Wirkung derselben nicht mehr erleben. Prophylaxis nach dem im Allgemeinen Angegebenen,.besonders Veränderung der Lebensweise.
Die Blutseuche der Schafe ist in neuerer Zeit von meh­reren Beobachtern ausführlich beschrieben worden. Sie scheint in einzelnen Gegenden enzootisch vorzukommen und sehr gros­sen Schaden anzurichten (z. B. in den preussischen Provinzen
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Blutseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 341
Sachsen, Westphalen, in Frankreich in der Beauce, in Niederungarn). Manche Autoren halten sie blos für eine Blut-überfullung (Plethora) und daraus hervorgehende Apoplexie (z. B. Fergusson in Vet. Reeds. 1846, besonders aber De-lafond in seiner Schrift über die Blutkrankheit der Schafe). Mit Recht behaupten Gerlach (G. amp; H. XL), und Garreau (Rec. 1856) die Identität der Blutseuche mit Milzbrand, und beweisen dieselbe durch mehrere Beobachtungen an Kühen, Pferden, Kaninchen und Menschen, über deren intensive Contagiosität. Renault gelang die Impfung mit Blut an Schafen jedesmal, dagegen an Rindvieh nicht. Ausser den allgemein verbreite­ten Ursachen des Milzbrands legt man besonderen Werth auf die Beschaffenheit des Bodens (humusreicher warmer, kalkhal­tiger leichter Boden mit durchlassendem Untergrunde); übrigens scheint auch häufig verdorbenes Futter (Schimmel, Brand u. dgl.) locale Veranlassung zu dieser Seuche gegeben zu haben. Auf diese Weise lässt sich die Behauptung Delafond's vielleicht erklären, da die von ihm beschuldigten Leguminosen (Klee, Luzerne, Esparsete) ungerne austrocknen, daher als Heu leicht schimmlich werden. Ausserdem führt derselbe Heu von künst­lichen Wiesen, übersetzte Ställe u. dgl. an. Grosse Hitze mag immerhin zu den Gelegenheitsursachen gehören, indessen ist die Staupe der Schafe, auch im Winter (Magdeburg, G. amp; H. 1855 Suppl.) beobachtet worden und Christiani sah sie selbst von Schlämpefütterung entstehen (Kuers Magazin I). Veredelte Schafe sind ihr mehr ausgesetzt als grobe. Ger lach räth die Ursachen zu vermeiden, innerlich rühmt er Chlorwasser oder (wie auch Koch und Mewes) Chlorkalk, während Delafond angibt, die bereits befallenen Schafe seien alle verloren. (Vgl. ausser den genannten: Yvart, in Heusingers Zeitschrift II., Charlier in Rec. 1845, Egan in Kuers Mag. L, Körber in G. amp; H. XIV., Eilert, Impfversuche, ebd. XII., Le­wa ck ebd. VI.
(Sarget beschreibt eine hieber bezügliche höchst acute Krankheit bei Rindvieh, die er jedoch, weil keine Geschwülste und Petechien zugegen waren, nicht als Anthrax betrachtet, sondern Gastro-entéro-céphalite nennt.
Die Thiere waren im Winter schlecht gehalten, im Frühjahr und Som­mer dagegen stark gefüttert worden; die Krankheit befiel im Juli und August vorzugsweise die stärksten und kräftigsten unter den erwachsenen Bindern. Sie frassen, wiederkauten und waren im Gebrauche bis nahe an ihr Ende; alsdann änsserten sie Schmerz beim Drucke auf die Wirbelsäule oder an den
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342nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
Bauch; sie bogen sieb ein, und drohten niederzustürzen. Der Bauch war aufgetrieben, gespannt, die Hauttemperatur wechselnd; der Puls bald hart, bald unterdrückt, immer beschleunigt; der Mist mit vielem Schleim über­zogen. Bald darauf fängt das Thier an zu trippeln und mit dem Schweif zu wedeln, frisst aber und 'trinkt wie gewöhnlich; die Augen sind stier und thränen, der Kopf ist aufgerichtet, die Venen des Halses pulsiren stark, die Extremitäten werden kalt, ein Schauer verbreitet sich über den Körper, das Thier sieht sich nach der rechten Flanke um, wankt und stürzt, wie vom Blitze getroffen zu Boden. Aus den Nasenlöchern fliesst dunkles Blut.
Die Section zeigte: viel Serum, auch Bluterguss in der Scbädelhöhle, die Eirnsubstanz gesund; ebenso die Lungen, ziemlich viel Wasser in der Brusthöhle; das Netz dunkelpurpurroth, die Schleimhaut des Laabmagens nnd des Dünndarms mit schwarzrothen Streifen besetzt; dieBlutgefässe mit schwar­zem Blut überfüllt; im Dickdarm eine jauchige Flüssigkeit, in ziemlicher Menge, höchst übelriechend; in einigen Fällen die Milz wenigstens ums Dop­pelte vergrössert, leicht zerreissbar, die Leber, Nieren u. s. w. gesund.
Die Behandlung bestund in ergiebigen Aderlässen, innerlich Salpeter, gesäuertes Trinkwasser; Haarseil im Genick; bei überhandnehmender Schwäche starkes Wermuthinfusum mit Camphor. Dazu Diät, Chlorräucherungen u. s. w.
Auffallend bleibt hier das Fortdauern der Fresslust bis zum Momente des Todes, wovon S. ein speeielles Beispiel anführt (s. Rec. 1837).
Rychner unterscheidet beim apoplectischen Milzbrand des Rindviehs {Typhus apoplecticits) zwei Formen, den eigent­lichen Milzbrand (T. apopl. carbonieus) und den Hirn­typhus oder nnächten Milzbrand {T.apopl.serosus). Erstere entspricht der oben bezeichneten Milzbrand-Apoplexie, letztere dagegen hat manches Abweichende.
Dieser sog. unächte Milzbrand kam 1839 im Frühsommer vor, und er­schien vorzugsweise bei Thieren, die eben die Maul- und Klauenseuche über­standen hatten, oder im Winter knapp gefüttert worden waren. Das Blut zeigt einen fast unglaublichen üebersebuss an Serum, wesshalb auch die se­rösen Ergiessnngen in die Schädel - und Rückenmarkshöhle, und die grossen Höhlen des Körpers bedeutender sind, als bei der eigentlichen Milzbrand-Apoplexie. Auf dem gelbröthlichen oder dunkelrothen Serum der Bauchhöhle schwimmen Fettkügelchen; Blutunterlaufungen, die mit einem gelblichen Ringe umgeben sind, finden sich auf der Innern Fläche der Bauchhöhle; das im Herzen angesammelte Blut ist nicht schwarz und zersetzt, sondern geronnen, ohne jedoch Faserstoff auszuscheiden.
Wenn die Krankheit, sei es durch die präservativ angewendeten Mittel oder sonst, langsamer verlauft, wobei sie fast ohne Ausnahme von einem tor-piden Fieber begleitet wird, bildet sie Modificationen, namentlich das Emphy­sem des Zellgewebes (rauschender Brand).
Aderlass ist bei dieser Form weniger nothwendig, als bei dem eigent­lichen Milzbrand (T. apopl. earbon.): innerlich empfiehlt R. Elix. aeid. Hal­len oder das El. vitriol. Mynt., äusserlich Besprengnng mit Essig.
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Brandiges Rothlauf.
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** Rothlaufartige Formen des Milzbrands. (Erysipelas carbunculosum. Ad.)
Hiehergehören: der Flug der Schafe, der Hinterbrand oder das brandige Rothlauf der Schweine, die Bräune derselben ; das Milzbrand-Emphysem des Rindviehs, der Mastdarmbrand (Rückenblut); die sog. tuberculose Form {Pseudo-Erysipelas). Die von Haubner als Feuer beschriebene, 1849 in Pommern beob­achtete Schafkrankheit, soll nicht eigentlicher Milzbrand aber damit verwandt sein, sie entstund im Herbst von gleichzeitigem Füttern von grüriem und dür­rem Futter und hörte auf, wenn eins derselben allein gegeben wurde. Die Bodenbeschaffenheit war ohne deutlichen Einfluss, Hey beschreibt eine bei Pferden und Eseln 1853 im Depart, der obem Alpen entstandene Milzbrand­krankheit mit Geschwulst an der untern Eörperlinie (Kehle bis Schlauch); ihr Inneres war anfangs speckig, später schwarz; das Blut aufgelöst, schwarz, schaumig. Lyon 1853. — Eine ähnliche Seuche herrschte in Piemont bei Rindvieh, das sogar zugleich an der Fäule litt. Turin 11.)
c) Das brcundige Rothlauf der Schafe und Schweine. (Flug, Hinterbrand, Maus u. s. w.)
Literatur: Billard in Mem. de la Soc. d'Agric. H., Chabert (1790), Bou­cher in Bee. period, de la Soc. de Med. Tom. 29; Ämmon (Handb. der Pferde-Arzn. 1804), Roche Lubin loc. cit.; Wirth und Blig-gens torfer (Schw. Arch. 1845). Z ill er über eine epizoot. Krankh. der Schweine. Reidemeister bei Schafen im südl. Russland, 1853. Bei den Schafen bemerkt man, nach den im Allgemeinen bereits angeführten Vorboten, plötzliches Hinken oder einen steifen Gang, besonders an den hintern Gliedmassen, der er­griffene Schenkel ist bei näherer Untersuchung dunkelroth, in verschiedener Ausdehnung, etwas geschwollen, die Geschwulst manchmal knisternd, auch teigig. Die Färbung geht in's vio­lette oder bläuliche über, manchmal sickert scharfes Serum aus, und die Thiere sterben unter den allgemeinen Symptomen des Milzbrands (Abstumpfung, Flankenschlag, heftiges Fieber) innerhalb 6—24 Stunden, selten später.
Die Krankheit kommt unter denselben Verhältnissen wie die andern Milzbrandformen vor; ich habe sie aber auch im Winter und Frühling herrschen gesehen. Die stärksten Thiere der Heerde wurden plötzlich traurig, trippelten, hoben einen Fuss um den andern auf, wurden lahm und verschmähten das Futter; plötzlich bildeten sich auf dem Kreuze, an den Vorder­oder Hinterschenkeln Geschwülste, die beim Anfühlen kühl und mit Wasser von röthlicher Farbe und widrigem Gerüche (keine
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344nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
Sülze) gefüllt waren. Nach dem Tode des Thiers wurde die Flüssigkeit schwärzlich.
Nicht selten zeigte sich keine Geschwulst, his das Thier todt war; dann aber erschien sie sogleich. Während die Kran­ken in heftigen Schmerzen daliegen, wurde der Leib aufgetrie­ben, und es entstund ein Drängen wie beim Lammen, so dass oft Mastdarm und Scheide hervorgepresst wurden; zugleich lief blutiger Schaum aus dem Munde. Dauer: eine halbe bis einige Stunden.
Bei der Section war das Fleisch in der Nähe der Ge­schwülste ganz schwarz, die Milz bräunlich, die übrigen Einge­weide waren gesund. Zu nahrhaftes Futter schien die Veran­lassung zu sein. Haubner sah zwar keine Ansteckung an Menschen und Hunden, doch gelang eine Impfung auf ein Schaf. Das Blut war flüssig, violett oder bräunlich, Milz und Leber nicht aufgetrieben, die Nieren überfüllt von Blut, das Fleisch gut aussehend.
(Eine in heissen Tagen schnell entstehende Anschwellung des Kopfs und besonders der Ohren, welche die Schäfer der Rheingegend „Mausquot; nennen, scheint ebenfalls hieher zu gehören. Die gebräuchliche Behandlung besteht in Einschnitten, Ausdrücken der gelblichen Flüssigkeit, und Auswaschen dernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i
Wunden mit Essig, Branntwein u. dgl., innerlich Salz mit Wachholderbeeren. Bhein. Vet. Ber. 1837. Die von Schlächter 1849 in Mecklenburg beob­achtete, als Blatterrose (Anschwellung des Kopfs u. s. w.) bezeichnete Krank­heit der Schafe war so gelind, dass von 300 nur 7 verendeten; vielleicht ge­hört sie eher zum Buchwaizen-Ausschlag.)
Der Hinterbrand der Schweine beginnt mit Aufhören der Fresslust oder Erbrechen, taumelndem Gang, Unruhe und Wühlen in der Streu, Verstopfung, seltenem, blutigem Mist; beschleunigtem Athmen, Fieber, heissen Ohren, gerötheten Schleimhäuten u. s. w. Nach 12 — 24 Stunden brechen Roth­laufgeschwülste auf der Haut aus, die Schnell bläulich werden und unter Zunahme obiger Symptome in 5—6 Tagen, oft aber auch in 6—12 Stunden mit dem Tode endigen.
Bei sehr raschem Verlaufe kommt sowohl beim Flug als beim Hinterbrand das Rothlauf nicht zum Vorschein, oder an dessen Stelle eine blasse, weiche und flache Geschwulst {Pseudo-Erysipelas). Auch Blasen hat man auf dem Rothlauf sich bil­den gesehen, und Barbier führt Pusteln an, welche eiterten (Belg. 1849). In andern Fällen sind die Thiere anfangs ruhig, werden aber bald von Lähmung des Hintertheils hefallen und
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Bräune.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 345
laquo;
gehen innerhalb 24 Stunden zu Grunde. Müller sah in einem Falle die beiden Hinterfüsse eines Schweins mumienartig ver­trocknen und abfallen (G. amp; H. VIII. vgl. trockner Brand.)
Bei der Section findet man die Brust- und Bauchhaut und selbst die Muskeln dieser Gegenden violett oder bläulich; den Darm aussen geröthet, die Schleimhaut leicht abzulösen, heftig entzündet und selbst brandig; gelbliches Serum in der Bauch­höhle; die Gallenblase leer oder mit zäher, dunkler Galle ge­füllt; die Lungen, Leber, Milz u. s. w. wenig verändert.
Die Behandlung des brandigen Rothlaufes der Schafe und Schweine erfordert neben den im Allgemeinen angeführten Mitteln hauptsächlich kalte Begiessungen, innerlich Säuren, Salze (Aderlass ist meist nachtheilig); bei Schweinen wendet man Lehmanstriche mit Essigzusatz an und gibt zuerst ein Brechmittel aus Nieswurz.
Manche der durchgeseuchten Thiere gehen später an Aus­zehrung zu Grunde. In G. amp; H. 1852 ist ein Fall angeführt wo in wenigen Tagen, trotz aller versuchten Mittel, gegen 40 Schweine eines Guts (bei heisser Witterung und solchen Ställen) starben. Auf ein Gewitter mit Regen verschwand die Krank­heit plötzlich.
(Die von Fuchs beschriebene „Brennseuche der Schweinequot; scheint zwischen dem br. Rothlauf und der Bräune inne zu stehen. Sie befiel junge, waidende Schweine im November und Dezember. Mattigkeit, gekrümmte Stellung, nicht geringelter Schwanz, Verkriechen in der Streu, Mangel an Fresslust, wechselnde Temperatur der Oberfläche, Zittern, Husten, heissere Stimme, trockner Rüssel, Hitze im Maul, ein Rothlaufausschlag am Halse, der Brnst und dem Bauche, starkes Flankenschlagen u. s. w. begleiteten diese in 6—8 Stunden tödtlich werdende Krankheit. Bei den durchgeseuchten Thieren war der Ausschlag nicht ausgebrochen.)
d) Die Bräune der Schweine (seltener bei Pferden und Rindvieh). (Hals-Änthraz, Eehlbrand, Kropf. Angina, Cynanche carbuneularis. V.) Literatur; Schon Ovid beschreibt diese Krankheit als Seuche in Meta­morph. VH. In Deutschland herrschte sie 1564, in Frankreich 1762, 1771—73. B our gel at behandelte sie 1770, Huzard 1809, Gelle 1826 bei Maulthieren, Knob loch (Sammig. 2 Bde. 1788), Huzard et Bouvier, Barrera (in Rec. period, de Med. Tom. 29, 43.), Flor-man (in Vet. Skr. I.), Heess (in Schw. Arch. II.), Lamport (1818), Hering (Rep. IV. 2 Fälle bei Pferden)
Diese Krankheit ist nach Vorboten und Symptomen den vorhergehenden Formen ähnlich; statt der rothlaufartigen An-
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346nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
Schwellung an den Gliedmassen u. s. w. befallt die Entzündung die Schlingwerkzeuge und den Hals; daher beschwerliches Ath-men mit Keuchen, heissere Stimme, grosse Hitze des Rüssels, dunkle Färbung der Maulschleimhaut, Anschwellung der Zunge, beschwerliches Schlingen, Erstickungszufalle. Auch aussen am Halse, längs der Luftröhre, erscheint eine harte, heisse Ge­schwulst, welche sich bis zwischen die Vorderfüsse hinabzieht. Die dunklere, endlich bleigraue Färbung der Manischleimhaut u. s. w. zeigt den Uebergang der Entzündung in Brand an. Die Daner dieser Krankheitsform ist von 1—3 Tagen. Die Section zeigt dieselben Erscheinungen wie beim Hinterbrand, dazu das locale Leiden des Halses.
Ausser den allgemein wirkenden Ursachen ist es ohne Zweifel, dass manchmal Schweine die Bräune bekommen haben, wenn sie Blut, Fleisch u. dgl. von milzbrandkrankem Rindvieh u. s. w. gefressen hatten.
Die Bräune kommt vorzugsweise in nasskalten Sommern vor.
Viborg führt unter den Ursachen selbst das Saufen von Scfaneewasser
an. Brandige Entzündung der Farotiden ist bei Bindvieh und Schweinen mit
änsserst acutem Verlauf (nur 2 Stunden) von Conrbebaisse beobachtet.
(Vgl. Kropfbrandbeule.)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'
Behandlung: zuerst ein Brechmittel, sodann Säuren, Salze, kalte Begiessungen und Klystiere. Auch prophylactisch ist Nieswurz anzuempfehlen; ausserdem saure Milch, unreifes Obst u. dgl. Beim Uebergang in Brand sind der Säure aroma­tische Decocte, Branntwein, Camphor zuzusetzen. Das Ader­lassen an der Froschader ist von geringem Nutzen und für den Operateur gefährlich. Einige Streifen mit dem glühenden Eisen längs dem Halse werden auch empfohlen.
Bei Rindvieh äussert sich die Bräune mit grosser Abge­schlagenheit, Fieber, Atherabeschwerden, rascher Entzündung des Rachens und Kehlkopfs, Empfindlichkeit an diesen ge­schwollenen Stellen, Ausstrecken des Halses, OeflFnen des Mauls, heissem Kopf, beschwerlichem Schlingen, später stinkendem Nasenausfluss, Kälte der Extremitäten; anfangs ist Verstopfung, später Durchfall zugegen. Bei der Section findet man die Kehl­gegend mit grüngelbem Serum infiltrirt, die Schleimhaut der Nase bis in die Luftröhre hinab brandig, sich in Fetzen los­lösend, Petechien im Zellgewebe, das Blut schwarz, flüssig. Die meisten Thiere sterben rasch, allein die Contagiosität ist gering.
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Mastdarmbrand.
347
e) Der Maatdarmbrand {Anthrax haemarrhoidalis).
(Rückenblut, Lendenblut.)
Literatur: Gabiran, {Mémoire etc., Paris an. XII.), Viborg (in Vet. Skr. L).
Diese, besonders bei Wiederkäuern vorkommende Form des Milzbrands gesellt sich gerne zu andern, z. B. der apo-plectischen Form, dem Fluge u. s. w., und hat das Characte-ristische, dass neben den Zeichen eines heftigen Allgemein-Erkrankens schwarzes, dickes Blut mit den Excrementen unter anhaltendem Drange abgesetzt wird. Die Häute des Mastdarms sind heftig entzündet, heiss, geröthet. Auch der Harn ist manchmal von zersetztem Blute gefärbt.
Bei der Section findet man, ausser den innerlichen Zei­chen des Milzbrands, sulzigen Erguss zwischen die Häute des Mastdarms, Brand der Schleimhaut, Excoriation des Afters u. s. w. Dauer der Krankheit: bald wenige Stunden, bald auf 4—5 Tage sich hinausziehend.
Behandlung: wie bei den frühern Formen; dazu ge­säuerte Klystiere; kalte Umschläge auf den Rücken. Das Ein­gehen in den Mastdarm mit der Hand ist wegen der Ansteckung gefährlich.
Hanbner führt ein, nach seiner Ansicht, nicht zum Milzbrand gehöriges Bücken- und Lendenblut bei den Blutungen an. Es kommt vorzugsweise bei Rindvieh, sporadisch oder enzootisch vor. Traurigkeit, Mangel an Fresslust, Empfindlichkeit des Kreuzes, etwas aufgetriebener Bauch, seltener Abgang des Mists, mit Zwang; der Mist ist hart, geballt, anfangs mit röthlichem Schleim gemischt, später mit geronnenem Blute. Der Mastdarm ist heiss, meistens geschwollen, mit bald flüssigem, bald geronnenem Blute stellenweise angefüllt, das durch den After abgeht. Die Entzündung des Mastdarms geht in Brand über und tödtet innerhalb einiger Tage. Indessen kommt diese Krankheit auch in weniger gefährlichem Grade vor.
Ursache: wie beim Blutharnen; erhitzendes Futter, Branntweinschlämpe, die Alcohol enthält; Heu von zu stark gegypsten Wiesen.
Behandlung: entzündungswidrig (Salze, schleimig-ölige Mittel) schlei­mige Klystiere; Ausräumen des Mastdarms; kalte Sturzbäder auf das Kreuz. Bei fauligem Character des Fiebers: Säuren mit adstringirenden und Reiz­mitteln ; kalte Klystiere mit Essigzusatz.
ƒ) Milzbrand-Emphysem des Kindviehs. (Erys. carb. ignis
sacer Ad.)
(Rauschender Brand, fliegendes Feuer, Viertheil, Knotenkrankbeit, Plag in
der Schweiz.)
Diese Anthrax-Form kommt theils fiir sich, theils mit an-
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348nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
dem verbunden vor. Ihrem Ausbruche gehen oft Symptome allgemeinen Erkrankens: Zittern, Schwanken, Mattigkeit, schnel­ler und unregelmässiger Puls, ängstliches, beschleunigtes Athmen, voraus. Hierauf entstehen meist auf den Rippen, seltener an den Gliedmassen (und zwar nach Rychner, in der Mitte derselben), Windgeschwülste, durch Entwicklung von Luft im Zellgewebe unter der Haut hervorgebracht, und kenntlich an dem knisternden Geräusch beim Druck oder Kneten derselben. Manchmal sind diese Geschwülste vor dem allgemeinen Er­kranken zugegen.
Sie haben keine Neigung zu Eiterung, vielmehr wird die sie bedeckende Haut hart, stirbt brandig ab oder Jauche ergiesst sich ins Zellgewebe, und das begleitende Fieber beschleunigt die Zersetzung der Säfte und den nahen Tod. Hintermeyer fand das Zellgewebe brandig, mit Jauche und Luft gefüllt, das Fleisch missfarbig, das Blut aufgelöst, wässerig, die Haut manchmal lederartig, die Beinhaut der Knochen schwarz u. s. w. (Kr. Archiv 1846). Wallraff beobachtete das Emphysem auf den Alpen von Graubündten; die Geschwülste fingen meist unten am Fessel an und verbreiteten sich nach aufwärts; Hin­ken machte zuerst darauf aufmerksam; anfangs ist die Ge­schwulst etwas warm und schmerzhaft, später kalt, knisternd, so schmerzlos, dass man tief einschneiden kann, ohne dass das Thier es- empfindet. Ein typhöses Fieber begleitet das locale Leiden; der Tod tritt meist in 24 Stunden ein. Bei frühzeitigem Schlachten hatte das Fleisch (mit Ausnahme des emphysematösen Theils) noch ein gutes Aussehen und wurde ohne Nachtheil genossen (Rep. XVII.).
Cook und Atcherley sahen das Emphysem bei Kälbern den Kopf be­fallen , gleichzeitig bildete sich eine Entzündung des Herzens, gefolgt von schnellem Tode. Vet. 1851. Crince le Roy sah in niederländisch Indien viele Büffel an Milzbrand-Emphysem zu Grunde gehen. Holl. 1854.
Auf ähnliche Weise sterben bei Rindvieh oft ohne alle vorangegangene Anschwellung Hautstücke am Rücken oder Bauche ab, so dass man sie bios an ihrer lederartigen Be­schaffenheit erkennt; unter diesen Hautstücken befindet sich -übelriechende Jauche. Dergleichen Ablagerungen der Krankheit auf die Haut können nur dann als günstige betrachtet werden, wenn zugleich das allgemeine Befinden des Thiers sich bessert, d. h. das Fieber nachlässt, der Appetit sich regt u. s. w.
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Sterüwurm.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 349
Ursachen und Behandlung wie im Allgemeinen ange-gebeni hiezu Einschnitte in die Geschwulst oder tiefe Scarifi­cation, sodann scharfe Einreibungen; später wenn das brandig gewordene Hautstück sich ablöst, aromatische und antiseptische Flüssigkeiten zur Behandlung der Wunde. Es braucht in der Regel sehr lange, bis die im Zellgewebe enthaltene Luft ver­schwindet; sie durch Einschnitte entleeren zu wollen, ist ver­geblich, da sie sich im Laufe der Krankheit wiedererzeugt.
(Die ausfallende Mauke des Pferds, die hie und da im Winter fast seuchenartig rorkommt, wäre in mancher Hinsicht hieher zn stellen.)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,
g) Sterzwurm (Gangraena caudae epizootica? Ad. Caries centralis vert, caudal. R.)
Eine seltene Krankheit, mit kleinen Geschwüren an der Schweifrübe des Rindviehs, die die Wirbel anfressen, so dass ein Stück des Schweifs abfallt. Dieser Vorgang soll besonders mit der Ruhr, Rinderpest und dem Milzbrande verbunden vor­kommen , und wird von Manchen als eine Metastase des letz­tern angesehen.
Rychner beschreibt den Sterzwurm (den er nicht zu den Milzbrandformen, sondern zu Caries gestellt hat) folgender-massen: es bildet sich, ohne inneres Leiden, am Schweif eine drei, fünf und mehr Zoll lange Stelle, wo die Haut sehr weich, in der Mitte wenig, an den Gränzen aber mehr empfindlich ist; nur selten ist eine Oeffnung zugegen, aus der übelriechende Jauche sickert Bei der Untersuchung findet man Beinfrass an den Schweifwirbeln, der von dem Innern derselben ausgeht. Die Krankheit verbreitet sich lieber gegen die Schweifwurzel zu, als nach der Spitze hin; der Schweif erscheint bei der Bewegung wie gelähmt unterhalb der kranken Stelle, und fallt nach 10—12 Tagen ab, womit jedoch das Uebel nicht aufhört.
Ursache unbekannt; die Krankheit kommt öfter bei Kühen vor, als bei Ochsen.
Behandlung: Abnahme des Schweifs, etwa 2—3 Wirbel über dem kranken Stücke; Brennen des Stumpfs.
In einer bei Gelegenheit häufigeren Vorkommens der sogenannten Sterz-senche im Jahr 1817 von dem königl. württ. Medicinalcollegium erlassenen Belehrung heisst es: es seien 3—5 Wirbel an der Spitze des Schweifs ge­lähmt, die Haut sei daselbst geschwollen und fühle sich wie weiches Leder an. Durch einen am Anfang der gelähmten Stelle erregten Empfindungsreiz, z. B. Hautschnitt und nachheriges Einreiben mit Pfeffer, oder Bedupfen mit
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350
CompHciite Fieber.
Spiessglanzbutter, oder durch Brennen werde die Lähme gehoben. Ceberdies wird der Aufenthalt im Freien, reichliche Nahrung und Unterstützung der Verdauung durch Wachholderbeeren, Eichenrinde, Enzian und Kochsalz, von Jedem gleichviel, empfohlen.
Auch hier ist von Milzbrand nicht die Rede, und es scheint daher die Sterzseuche mit Recht den Anthrazkrankheiten nicht beigezählt -werden zu können, so lange nicht ihre nähere Verwandtschaft mit der unter f) erwähn­ten Anthraxform nachgewiesen wird. In neuerer Zeit haben blos Eisele (Ref. VII. 191) und Heckmejer (Holl. 1850) den Sterzwurm erwähnt.
K) Oedematöse Form des Milzbrands. (Febr. carbunc. ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; pseudo-erysipelatosa.)
(Gelber Knopf, fälschlich tuberculSse Form genannt.)
Sie verhält sich zu dem Flug, dem Emphysem und dem eigentlichen Karbunkel wie das Erysipelas oedematosum zu dem gewöhnlichen Rothlauf.
Der Verlauf dieser Milzbrandform ist langsamer, und er­streckt sich manchmal bis auf 5—7 Tage; das Fieber ist weniger heftig und es erscheinen urischmerzhafte, kalte, teigige (ödematöse) Anschwellungen der Haut, die meist weich, manch­mal auch hart und speckig, nicht deutlich begränzt sind, und sich oft über ganze Parthieen des Körpers ausbreiten. Die Geschwülste werden, unter Zunahme des Fiebers, nach einigen Tagen missfärbig, bläulich, schwärzlich, und der entstandene Brand tödtet das Thier. Ihr Umfang ist sehr veränderlich, sie entstehen rasch, wachsen schnell von der Grosse einer Bohne oder Nuss bis zu der eines Kopfs, verschwinden auch manch­mal schnell wieder, um entweder an einer andern Stelle zum Vorschein zu kommen oder sich nach innen zu werfen. Letz­teres zieht gewöhnlich Verschlimmerung und den Tod nach sich. Auch Windgeschwulst kommt gleichzeitig vor. Ziegen­bein beobachtete, während allgemein herrschendem Milzbrand, bei Pferden plötzlich entstehende, flache, teigige Geschwülste im Kehlgang, am Hals, Schulter u. s. w., die schnell zunahmen, meist schmerzhaft aber nicht sehr warm waren; dabei hatten die Thiere geröthete Augen, stolperten oder schwankten mit dem Hintertheil, der Puls wurde klein, fadenförmig und der Tod trat schon am 2 Tage ein. (G. amp; H. I.)
Ursachen und Behandlung wie bei dem Emphysem; Einschneiden, Ausdrücken der gelben, sulzigen Flüssigkeit und tiefes Brennen ist besonders bei den kleineren oder rundlichen Geschwülsten angezeigt.
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Karbonkel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;351
*** Karbunkulöse und pustulöse Formen deamp; Milzbrands.
Hieher gehort der eigentliche Milzbrand-Karbunkel, der Zungenkrebs, das Rankkorn und die Kropf brandbeule oder weisse Borste.
i) Milzbrand-Karbunkel.
An verschiedenen Stellen der Körperoberfläche entstehen, bald' vor dem Eintritt eines Fiebers, bald nach demselben, beulenartige, heisse, schmerzhafte Geschwülste, von der Grosse einer Bohne oder Nuss, die rasch zunehmen. Ihre Neigung, schnell in Brand überzugehen, ist characteristisch. Beim Durchschneiden sind sie hart, speckig; nach 12—24 Stunden pflegen sie an der Spitze aufzubrechen und eine blutige, ätzende Flüssigkeit aussickern zu lassen. Zugleich wird die Umgebung der Beule, sowohl nach der Breite als Tiefe, brandig, und das Thier stirbt unter Zunahme der Fiebererscheinungen innerhalb 2—3 Tagen, auch wohl früher, wenn die Karbunkel nahe an einem zum Leben nöthigen Organe (z. B. dem Kehlkopf, der Luftröhre, am Kopfe) ihren Sitz hatten. Tief gelegene Kar­bunkel sind blos durch die Hitze an der Stelle, ihres Sitzes zu erkennen. In seltenen Fällen bilden sich auch Karbunkel im Innern des Körpers.
Diese Anthraxform kommt bei verschiedenen Hausthier-arten vor, beim Pferde gerne vorne an der Brust (Pestis anti-cardia Sauvages) oder an der Kehle; bei den Schafen am Kopfe, beim Rindvieh an verschiedenen Stellen; bei Dam­hirschen an dem sogenannten Rosenstock nach Hintermayers Beobachtung. (Kr. Archiv 1846.)
Die Section zeigt im Wesentlichen dieselben Erschei­nungen wie beim Milzbrandfieber (theils Darm-, theils Lungen­brand); die Umgebung des Karbunkels ist mit Blut infiltrirt, mürbe, weiterhin ist gelbe Sülze im Zellgewebe u. s. w.
Oldecop beobachtete im Sommer 1862 Milzbrand bei Pferden und Rindvieh in Olonetz (Russland); als Ursachen werden: Hitze, Feuchtigkeit, überschwemmt gewesene und solche Stellen beschuldigt, wo im Jahr zuvor am Milzbrand gefallenes Vieh begraben worden war; die im Stall gehaltenen Thiere blieben frei; die Beulen an der Körperoberfläche hatten keine be­stimmte Stelle; beim Einschneiden war Sülze darin; der Tod trat sehr schnell ein. Von 269 Stücken gingen 200 zu Grunde. (Med. Ztg. Russl. 1853.) Locale Karbunkeln entstehen besonders an denjenigen Stellen, wo Milz-
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352nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;CompHclrte Fieber.
braudgift eingewirkt hat, z. B. bei Schweinen und Hunden, die dergleichen Abfälle gefressen hatten, sah man Karbunkel an der Kehle und dem Halse entstehen; beim Menschen kommen sie an den unbedeckten Theilen des Körpers (Händen, Armen, Gesicht) vor.
k) Zungenkarhunkel (Glossanthrax. V.).
(Zungenkrebs, früher oft mit der Maul- und Klauenseuche verwechselt.)
Literatur: Mehrere anonyme Schriften von den Jahren 1764, 1786—90; Will (1786), Brugnone (1810), Lappe (in Teufelt Magazin I. 1811), Morel (bei Schafen, Paris 1817).
Ohne auffallende Vorboten erscheinen, vorzugsweise beim Rindvieh, wenn die Bedingungen der Entwicklung des Milz­brandes zugegen sind (nach Rychner besonders bei herr­schender Maulseuche), Blasen theils auf dem Rücken oder am Grunde der Zunge, theils am Gaumen, der innern Fläche der Lippen, Backen, oder in der Nähe des Zungenbändchens. Diese anfangs weisslichen Pusteln werden, wie die Entzündung steigt und der Brand eintritt, bald röthlich, blau und schwärzlich, und enthalten eine ähnlich gefärbte Jauche. Ihre Grosse ist verschieden, von der einer Bohne bis zu der eines Hühner­eies; letzteres hauptsächlich, wenn wenige oder nur eine Blase zugegen ist.
Das begleitende Fieber ist, wenn auch anfangs entzünd­licher Art, doch bald typhös; es wird meist erst nach dem Ausbruche der Pustel bemerklich. Innerhalb 12—24 Stunden wird die Blatter brandig und greift nun um sich, so dass oft grosse Stücke der Zunge oder der Maulhaut abfallen. Der Tod tritt oft schon nach 24—36 Stunden ein.
Bei der Section findet man, neben den localen Erschei­nungen in der Manlhöhle, sulzige Ergiessungen in dem Zell­gewebe , Brandflecken an dem Schlünde, dem Magen, dem Darmcanal, die eigenthümliche Beschaffenheit des Bluts, u. s. w. Der Zungenkrebs ist eine der constantesten Formen des Milzbrandes und kommt fast blos senchenartig vor; er ergreift, einmal herrschend geworden, schnell vieles Vieh, und ist ebenso gefährlich und anstekend, als irgend eine andere Milzbrandform.' Nach Gelle wird die Krankheit erst nach dem Auf­brechen der Blase gefährlich (durch Rcsorbtion des Virus); vorher ist sie blos local, die Thiere fressen und arbeiten noch.
Die Behandlung erfordert hauptsächlich die frühzeitige Zerstörung der Blattern; es muss daher bei herrschendem Zungenkrebs dem gesunden Vieh täglich zweimal das Maul untersucht werden, und sobald sich eine Blase zeigt, muss sie
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Zungenkarbunkel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 353
entweder anfgekrazt und mit einem Aezmittel (z. .B. verdünn­ter Schwefelsäure, Branntwein, Kupfervitriolauflösung) bestri­chen, oder aber mit dem glühenden Eisen zerstört werden. Es ist besonders darauf Rücksicht zu nehmen, dass das Thier die beim Zerkratzen der Blase ausfliessende Jauche nicht hinab­schlucke, weil sie leicht im Schlünde u. s. w. Karbunkel her­vorbringt; ebensosehr aber hat der. Thierarzt eine Besudelung mit dieser Flüssigkeit oder dem Maulschleime u. s. w. an den Händen und dem Gesichte zu vermeiden. Die innerliche Be­handlung der Kranken ist die im Allgemeinen angegebene.
Es kommen auch gutartige Seuchen von Zungenkrebs vor; ich sah eine solche in dem heissen Sommer von 1822, bei Thieren, die auf einer ausgebrannten Waide Mangel an frischem Wasser litten. Es entstanden in der Maulhöhle, besonders auf der Zunge, rothe Platten, die in kleine Blattern übergien^en; diese brachen auf, die Wunde aber hatte einen ebenen, flachen Grund und bleichen Rand. In den schlimmem Fällen waren die Pusteln dunkel, ihr Inhalt jauchig, der Maulschleim fibel­riechend. Das Aufkratzen der Blattern, die wenig Neigung hatten, in Brand überzugehen, das Auswaschen des Mauls mit einer Auflösung von Kochsalz in einer Brühe von aromatischen Pflanzen, oder mit Essig u. dgl., die Bestreichung des Grundes der Pustel mit Kupferhonig oder einer Kupfervitriolauflösung, waren die (neben Vermeidung der nächsten Ursache) mit dem besten Erfolg gebrauchten Mittel.
Auch beim Pferde ist der Zungenkrebs seuchenartig, je­doch mit geringer Intensität beobachtet worden (z. B. im Au­gust und September 1802 im Departement Lot et Garonne, zugleich bei Hasen und Caninchen).
Solche gelindere Falle mögen Veranlassung gegeben haben, den Zungen­krebs mit der gutartigen Maulseuche zu vermischen; übrigens ist es wohl denkbar, dass, während die Maul- und Klauenseuche in einer Gegend herrscht (was oft mehrere Monate dauert), sich die erzeugenden Bedingungen des Milz­brandes entwickeln, und dadurch eine Complication beider Krankheiten ent­steht, welche die äusseren Erscheinungen der Maul- und Klauenseuche mit der Bösartigkeit des Milzbrandes verbindet.
Dem Zungenkrebs sehr ähnlich ist
l) Das Rankkorn der Schweine. (Stomanthraa; hordeolum V.) Literatur: schon Virgil erwähnt diese Krankheit (in Oeorgie III. V. 459),
Scheibeier (Hannover 1795).
. Die erbsengrosse, anfangs weissliche, später violette und
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;23
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354nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kropfbrandbeulo der Schweine.
schwarze Blatter bildet sich am Gaumen, der Zunge, oder überhaupt in der Maulhöhle. Das Thier fiebert heftig, knirscht mit den Zähnen, wird kraftlos und geht in kurzer Zeit zu Grunde.
Die Behandlung ist wie beim Zungenkrebs; zeitige Zer­störung der Blattern mit dem Messer oder durch Aetzen ist die Hauptsache.
in) Kropfbrandbeide der Schweine.
(Weisse Borste. Soie oder pique der Frauzosen, s. Chabert in Instr. II.;
Qnärke-Brandbyld., Vibg.; Jordanus Ruffus [Ao. 1250] führt die Borste
[la sita, setola] Lib. II. cap. 21 als eine Pferdekrankheit an).
Eine ziemlich seltene Anthraxform, welche die Schweine befällt (sie scheint auch beim Rindvieh als eine Form der Bräune vorzukommen, s. das.); die Brandbeule (Karbunkel) hat ihren Sitz am Halse, gegenüber den Mandeln (Tonsillen); manch­mal sind mehr als eine solche Beule vorhanden. Die Stelle ist bohnengross, weisslich; die Borsten erheben sich daselbst und sehen matter oder bleicher aus, als die übrigen. Zu gleicher Zeit tritt heftiges Fieber mit beschleunigtem, erschwertem und heissem Athmen ein, wozu später noch Zähneknirschen und Zuckungen sich gesellen.
Dauer: höchstens einige Tage; der Ausgang in Tod nicht selten.
Behandlung: von der Bräune nicht verschieden; dazu das tiefe Brennen der Brandbeule. Prophylactisch wird saure Milch als Futter, und ein bitteres Decoct mit Kochsalz empfohlen. Milzbrand bei Hunden, durch Fütterung des Fleisches eines am Milz­brand verendeten Pferdes entstanden, äusserte sich durch Anschwellung der Ohrspeicheldrüsen, dann des Kopfs; die Geschwulst, sowie die Maulschleim-haut wurden violett, es trat blutiger Durchfall ein, und der Tod in 1—5 Tagen.
Section: blutige und seröse Infiltration der Parotide'n, Serum im Zell­gewebe, Entzündung des Darmcanals, pecbähnliche Beschaffenheit des Bluts. (Rougieux, Rec. 1847.)
Die weisse Borste ist von manchen Schriftsteilem mit der Borsteu-fäule verwechselt worden. Delafond führt nach einigen Beobachtungen an, die Borsteafäule (sollte vielleicht „weisse Borstequot; heissen) sei nichts als eine ungc^röhuliche Luiseukung der Zwiebeln von einigen Borstenbündeln, auf beiden Seiten des Halses, etwas unter den Parotiden. Diese Einsenkung ver­wandle sich nach 3—4 Monaten in einen cylindrischen. nach aussen geöffne­ten Canal, in welchem die Borsten verwint und dessen Grundfläche auf die Wandungen des Scblundkopfs drücken, wodurch eine heftige, schnell tödlich werdende Entzündung veranlasst werde ?
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Sibirische Beulenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 355
F au vet theilt die Borstenfäule in zwei Arten, eine sei epizootisch, acut und milzbrandartig {setolone epizootica maligno; ist wohl die weisse Borste!); die andere sei gutartig, nicht ansteckend nnd sporadisch (setolone tporadico henigno).
**** ]\i;ncier bekannte Anthraxformen. n) Sibirische Beulemeuche.
Literatur: Jährig in (Act. Acad. Petrop. 1779), Bunge {de morbo tibirico Mose. 1819), Jessen (Rinderpest 1834), - Rose (Reise nach dem Ural 1837), Haapt (Senchenkrankheiten 1845).
Sie befiel hauptsächlich Pferde, auch Rindvieh, und ging selbst auf den Menschen über; sie ist demnach unbezweifelt eine Milzbrandform, wie auch Jessen annimmt.
Nach Rose soll sie bios in den Steppen, nie aber im Ge­birge vorkommen; beim Menschen fängt sie mit einer harten Geschwulst an unbedeckten Theilen des Körpers an, die ein Fieber erregt, bald in Brand übergeht und den Tod nach sich zieht. Einschnitte und Bähungen mit Salmiak und Tabak bringen manchmal eine Zertheilung der Geschwulst zuwege.
Jährig führt an, dass die Kalmuken gegen Brandbenlen bei Menschen, Rindvieh und Pferden eine Species der Statice an­zuwenden pflegen. Haupt gibt die ausführliche Beschreibung dieser Krankheit, von welcher er drei Formen, eine gutartige, langsamer verlaufende; eine bösartige, schneller verlaufende, und eine apoplectische annimmt. Sie haben grosse Aehnlichkeit mit der Milzbrand-Apoplexie, dem Karbunkel und dem sogenannten gelben Knopf. Haupt sah nur Pferde und Menschen befallen werden; die ersteren gingen oft apoplectisch oder in 24 Stun­den, bei der gelinderen Form aber erst in 8 bis 14 Tagen zu Grunde. Die Ansteckung der Menschen von den gefallenen Pfer­den und überhaupt die Contagiosität der Krankheit gibt Haupt nicht zu. Jürgenson nnd Massilow beschreiben ausführlich verschiedene in Russland vorkommende Milzbrandformen; Pu-sino sah die Beulen schnell in Brand übergehen; im Juni 1853 verlor eine Gemeinde 301 Pferde, 98 Rinder, 42 Schafe und 25 Schweine. (Med. Zeit. Russl. 1852, 53,)
o) Die Hühnerpest.
Literatur: Schon Aldrovandi in seiner Ornithologie (Ao. 1600) erwähnt einer Hühnersenche; Or. Baronio in Mailand beschreibt sie ebenfalls, hält' aber im Darm gefundene Würmer für die Ursache der Krankheit (1789).
23laquo;
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OKQnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
Plötzliche TodesfUlle in Hühnerhöfen n. raquo;. w. sind nicht selten, die Ver­anlassung aber -wenig bekannt (ich fand öfter Vergiftung). In Düsseldorf sollen (September 1853) 160 Hühner plötzlich gestorben sein. G. 4 H. 1856. Suppl. Benjamin nennt die mehrmals von ihm beobachtete Krankheit: Pestilenzfieber; Renault und Maillet hatten sie Cholera genannt; Delafond: Milzbrand. Bec. 1851.
Diese schnell tödtliche, seuchenartig vorkommende Krank­heit befällt nicht blos Hühner, sondern auch Gänse, Enten und anderes Geflügel.'
Die Thiere sterben entveder plötzlich dahin, oder es gehen Symptome des Erkrankens, wie Mattigkeit, struppiges Gefieder und dergl. voraus; sodann wird der Kamm der Hühner bläulich, Ausfluss wässerigen Schleims aus dem Schnabel stellt sich ein, blutiger Durchfall, heftiges Athmen und Herzklopfen, am Kör­per zeigen sich bleifarbige Brandbeulen, und das Thier stirbt ganz ruhig oder mit geringen Zuckungen. Schlachtet man solche Kranke, so ist das Blut schwarz, dick und theerartig.
Bei der Section findet man Blutanhäufung in den Venen des Bauchs, gelbes sulziges Fett, im Kopf und Magen erweich­tes Futter, das Epithelium dieser Organe ist schwärzlich und löst sich leicht ab, am Darm und der Lunge zeigt sich Brand; das Fleisch ist welk. Die Fäulniss nimmt sehr rasch zu. Zur Vermeidung der Krankheit dienen theils zweckmässige Fütterung (mit gekochten Kartoffeln und Haber, welche Mischung man et­was sauer werden lässt), theils nachfolgende Mittel, die auch gegen die ausgebrochene Krankheit empfohlen werden. Insbe­sondere wird den Vogelbeeren (Früchte des Vogelbeer- oder Ebereschenbaums, Sorbus aucuparia L.) eine grosse Wirksam­keit gegen die Hühnerpest zugeschrieben. Man lässt eine be­stimmte Menge Vogelbeeren in Wasser abkochen, sie mit ge­wöhnlichem Sauerteig zusammenmischen und dieses Gemenge erkaltet dem Geflügel vorwerfen, das es gerne frisst. Ausser-dem ist eine Mischung von Eisenfeile, oder. Eisenvitriol, Sauer­teig und Wachholderbeeren als Futter, auch sogen. Löschwasser, der Schmiede zum Tränken des Geflügels empfohlen worden. (Kahlert.)
Benjamin beschuldigt das Fressen vieler Körner (zur Erndtezeit, beim Dreschen) nebst der Hitze und Mangel an Wasser. Alle einmal erkrankten Hühner (Gänse, Enten, Puter) •waren verloren (jährlich 30—40,000 Stück). Der Genuss des Fleiches war nicht naditheilig. Für die Vögel soll die Krank-
A
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Milzfäule.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;357
heit ansteckend sein, sowohl durch Berührung als durch die Luft; auch Salle, der die Krankheit in Nancy (1853) beob­achtete, behauptet die Contagiosität, sowie die Unschädlichkeit des Fleisches. Rec. 1853.
In öffentlichen Blättern wurde eine mit Kochsalz versetzte starke Abkochung von Fichtensprossen oder Tannnenzapfen nicht allein als Präservativ, sondern auch als Heilmittel gerühmt. Die Flüssigkeit wird den Thieren lauwarm vorgesetzt oder einge­gossen; Enten und Gänse sollen sie sehr gerne saufen.
Wenn Hühner Abfälle von milzbrandkranken Säugethieren (Blut, Mist u. dgl.) fressen, werden sie von ähnlichen Sympto­men, wie bei der Hühnerpest, befallen, und gehen schnell daran zu Grunde.
p) Milzfäule (nach Ziller).
Unter diesem Namen führt Ziller eine Krankheit des Rind­viehs an, welche vielleicht zu den Anthraxkrankheiten gehört, obgleich derselbe selbst aufmerksam macht, dass sie nicht mit Milzbrand zu verwechseln sei. Das kranke Thier höre plötz­lich auf zu fressen, lege sich und scheine weder zu sehen, noch zu hören, sondern ganz mit seinem inneren Leiden beschäftigt zu sein; wolle man es aufheben, so mache es keinen Versuch zu stehen, wie wenn alle Muskelkraft vernichtet wäre. Die Augen werden wenig geöffnet, der Mistabgang höre ganz auf oder sei sehr trocken, es folgen kalte Schweisse, Aufblähen, Stöhnen und der Tod.
Bei der Section findet man die Milz sehr schlaff, aufge­trieben, in einem desorganisirten und aufgelösten Zustande.
Als Ursache führt Ziller anhaltende Fütterung mit Brannt­wein schlempe, Trabern u. dgl. an.
Eine Behandlung der Kranken sei nicht möglich, weil das Uebel viel zu schnell verlaufe.
Genauere Beobachtangen müssen entscheiden, ob diese „Milzfäulequot; eine Apoplexie, eine Paralyse, oder eine Anthraxform ist. Fälle von Milzer­weichung führt Jacob von 2 Pferden an (Tod am 10. nnd 17. Tage), und Seer von 3 Rindern; das Parenchym der Milz war in eine graue oder branne Jauche verwandelt. Schon die lange Dauer dieser Fälle spricht gegen Milz­brand. J.Ber. 1848.
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358nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
Es ist hier am Platze, Einiges über die Ansteckung des Menschen durch Milzbrandcontagium anzuführen, da die Thierärzte diesem Unglück besonders aasgesetzt sind und schnelle Erkenntniss der Krankheit wesentlich zur Ver­minderung der Gefahr beiträgt.
Die Fälle, dass Menschen, welche milzbrandige Thiere warteten, ihnen Arznei gaben, zu Ader Hessen, die Cadaver secirten oder blos ablederten, oder die von dem Fleisch genossen — angesteckt wurden, sind nicht selten. Vgl. Chabert in Instr. I. S. 150; Petit ebd. II. S. 272; in Kleinert Bep. XI. Jahrg.; Rust's Magazin 21, 36. Bd.; Heidelberger clin. Annalen 14. Bd.; Pierer's Annalen 1830, Nro. 48, 89, 99; Hufeland's Journal, Oct. 1834; Oestr. Jahrb. I., IV., (von Lid 1) V. Bd.; Busch Zeitschr. I. II.; Rep. I. S. 83; V. 283; VIII, 230; X, 32; XI, 333; XIV. 139, und in den Jahresberichten über die Fortschritte der Thierheilkunde von Hering.
Je mehr Symptome des Brandes und der Blutzersetzung zugegen sind, um so gefährlicher ist die Besudelung mit den Bestandtheilen solcher Thiere; daher ist die apoplectische Form weniger gefährlich als die übrigen. Auch ist bei heisser Witterung die Ansteckung leichter möglich, als bei kalter und Regenwetter, weil im erstem Falle die menschliche Haut mehr zur Aufnahme des Gifts disponirt ist. Es bedarf hiebei nicht einer Verletzung der Haut, nm das Anthraxgift. haften zu machen, sondern selbst unverletzte Stellen, be­sonders mit feinerer Haut (Gesicht, Arme), werden leicht inficirt. Gewöhnlich bildet sich einige Tage nachher unter Jacken oder Kitzeln, an den inficirten Stellen ein (oder mehrere) Bläschen, wie die Anfänge einer Kuhpocke, mit rothem oder blauem Hofe, oder ein schwarzer Fleck; das Bläschen füllt sich in 12—18 Stunden mit gelblichem Serum, wird grosser (wie Linse oder Gro­schen), ist trocken, glänzend, mit erhabenem, dunkelm Rande, und deutlich fühlbarem, festem Kern, und bekommt nach und nach eine bläuliche oder schwärzliche Farbe (schwarze Blatter Puttula maligna); die Umgebung der Pusteln wird hart, geschwollen und kleinere Pusteln entstehen kranzartig auf derselben.
Beim Aufbrechen sickert blos röthliches Serum aus; die Neigung, in Brand überzugehen und sich auszubreiten, ist aber so gross, dass gewöhnlich schon mit 3—6 Tagen (nachdem vorher ein Allgemein-Leiden: Aufstossen, bitterer Geschmack, gelbe Färbung der Haut, ein gastrisches, schnell typhös werdendes Fieber hinzugekommen) der Tod eintritt. Die Section zeigt: Brand an der inficirten Stelle und an den Eingeweiden, zersetztes, dickes Blut, sul­zige Ergiessungen in das Zellgewebe u. s. w. Hat die Infection durch den Genuss von Fleisch stattgefunden, so entsteht zuerst das fieberhafte Leiden und der Ausbruch der Karbunkel folgt nach.
Das Contagium erlischt nicht jedesmal im menschlichen Körper; Impf-Versuche von schwarzen Blattern der Menschen zurück auf Schafe, Pferde und Esel gelangen (Gaz. med. 1854); dagegen ist die Ansteckung von Men­schen aus der schwarzen Blatter selten (nach Virchow, Hensingeru. A.). Bei dem Umgang mit milzbrandigen Thieren und Stoffen ist daher die grösste Vorsicht (Bestreichen der Hände mit Fett, schlenniges Abwäschen besudelter Stellen u. s. w.) anzurathen. Hat eine locale Infection stattgefunden, so sucht man das Contagium durch Waschen mit Chlorkalkauflösung oder durch Aetzeö. Brennen u. dgl. zu vernichten; auch die bereits gebildeten Pusteln werden
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Äpbthenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 359
aufgestochen und mit Chlor, Holzessig oder Lïq. ferri muriatic, ausge­waschen oder bestrichen; brandige Stellen müssen zuvor scarificirt und SchrBpfköpfe darauf gesetzt werden. Innerlich ist zuerst ein Brechmittel zu reichen, sodann aber das Fieber nach seinem Character (anfangs mit anti-phlogistischen und beruhigenden Mitteln, später mit Säuren oder Chlorwasser, Valeriana, Camphor, Aether u. s. w.) zu behandeln.
Zehnte Gattung.
Hautausschlagsfieber (Febres eocanthematicae.) #9632;
Fieber, meist entzündlichen Characters, mit Bildung von Knötchen, Blasen oder Pusteln aufquot;der Haut, seltener den Schleimhäuten. Acuter Verlauf, meist contagiös.
Die exanthematischen Fieber zeichnen sich oft durch einen in regelmässige Stadien zerfallenden Verlauf aus; das Fieber ist zuerst vorhanden, der Ausschlag eine Art Crisis, die jedoch manchmal durch die damit verbundene Entzündung grösserer Hautparthieen das Fieber eher verstärkt als mässigt. Der Aus­schlag betrifft bald bios die oberflächlichste Schichte des Corium (wie bei Scharlach, Masern), bald dasselbe in seiner ganzen Dicke (Pocken); im erstem Falle hinterlässt er keine Narben, im andern findet Narbenbildung statt. In einigen fieberhaften Exanthemen hat der Ausschlag eine besondere Vorliebe für ge­wisse Stellen (z. B. Maul- und Klauenseuche, Kuhpocken), ob­gleich er auch auf andere Stellen der Oberfläche (nur schwie­riger) zu übertragen ist; in andern dieser Ausschlagsfieber ist jede Hautparthie gleich geeignet für die Entwicklung des Aus­schlags (Masern, Schafpockeu). Die fieberhaften Exantheme sind fast ohne Ausnahme ansteckend, obgleich in verschiedener Intensität; meist ist der Ansteckungsstoff fixer Natur, flüchtig bei den Schafpocken (vielleicht auch der Aphthen-Seuche).
In den gelindern Fällen kann das Fieber fehlen, oder so geringfügig sein, dass es übersehen wird (so meist bei den Kuhpocken). Auf der andern Seite gesellt sich zu manchem chronischen Exantheme (s. diese) ein Fieber, wie beim Nessel­ausschlag, der Maucke, so dass es schwierig ist, zwischen chro­nischen und acuten, oder zwischen wesentlich fieberhaften und blos symptomatisch fieberhaften und fieberlosen Hautausschlägen streng zu unterscheiden. Bei manchen fieberhaften Krankheiten kommt auch ein symptomatischer Ausschlag vor, der jedoch
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#9632;
360nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
nicht constant ist, z. B. bei der Rinderpest, Lungenseuche. Zu den fieberhaften Exanthemen gehören: die Maul- und Klauenseuche, die Masern, das Scharlach- und Petechlalfieber, die Pocken.
d) Die Maul-und Klauenseuche, Blasenkrankheit, Blasenseuche. {Fehris aphthosa.)
(Aphthae epizooticae, Paronychia epiz., Ballae epizoot. Ad.; von Hofaker irrig: Panaritium genannt; von Jahn mit dem Scharlachfieber des Menschen für identisch gehalten, so dass Scharlach auf Rindvieh geimpft die Klauen­seuche, und diese auf den Menschen übertragen wieder Scharlach hervorbringe!)
Literatur: Unter den ältesten Schriftstellern erwähnen Hierocles, Ruini und Fraucini der Aphthen; Fracastoro (Arzt und Dichter in Ve­nedig) beschreibt die Epizootie vom Jahr 1614 in Oberitalien; er be­hauptet sehen ihre Contagiosität. (Turin V.); Sagar (1764), Baraillon (1176,178b), Lamberlichi, Huzard(1810), Lux (1819), Brosche (1820), Anker (1839). Schneider (1840), Gillmeister (Sammlung u. s. w. 1841); Gerold (1842), Lafosse als maladie muqueuie-aph-laquo;Aease (1843); femer in den Zeitschriften: Bartels (Org. 1842), Bran­des ebd., Levigney (Rec. 1842), Reynal ebd. (1845), Jacob J. de Lyon (1845). Numan (J. Belg. 1842), Sewell (Vet. 1840), Hilde-• brand (in G. amp; H. VI.), Hertwig (ebd. VIII.), Erdt (ebd. X., Schw. Archiv X. XVII.), Kaltschmid (Rep. I.), Bychner (Zeitschr. I.). Rayer hat in den archives de Med. comparée I, S 155 eine gute Ab­bildung gegeben. Hering Bep. XVII, S. 20, 280. Wallraff ebd.
Ein blasenartiger Ausschlag im Maule oder an den Füssen oder an beiden Orten zugleich, mit Fieber. Meist seuchenhaft, und ansteckend. Befällt Pferde, Schafe, Ziegen, Schweine und Rindvieh, beide letztere Thierarten am häufigsten; einmaliges Befallenwerden schützt nicht vor späteren Anfällen.
Die Maul- and Klauenseuche kommt meist als eine weit­verbreitete Seuche, jedoch ohne besondere Beziehung zu der Jahreszeit, der Lage des Orts, der üblichen Fütterung u. s. w. vor, sie wiederholt sich oft erst nach längeren Perioden, Inder Zwischenzeit aber kommen hie und da vereinzelte Fälle oder beschränkte Enzootien derselben vor.
Beim Rindvieh beginnt sie mit einem, in der Regel mas­sigen, Fieber von entzündlichem oder catarrhalisch-entzündlichem Character; schon den folgenden oder den dritten Tag erscheinen unter Zunahme des Fiebers Blasen im Maule oder an den Füssen, welche in einer Erhebung der Epidermis und Anfüllung des Zwi­schenraums mit gelblichem Serum bestehen. In vielen Fällen werden sowohl das Maul als die Füsse ergriffen, obwohl nicht
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Äphtbenseuche,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 361
zugleich, sondern bald diese, bald jene Parthie zuerst, worauf dann die andre nachfolgt.
Der Eruption geht Entzündung mit ihren Symptomen (Röthe, Schmerz) voraus; daher Speicheln, Unvermögen zu Fressen, Hinken, Niederliegen u. s. w. Sind die Schmerzen bedeutend, so wird die, ohnedies verschlechterte, Milch abnehmen, und das Thier mehr oder weniger abmagern. Die Blasen im Maule haben die Grosse einer Bohne, Haselnuss, oder bilden unregelmässlge breitere Platten; sie sitzen vorzüglich auf der Zunge, an der Innern Fläche der Lippen, am Rande des Gaumens, in seltenen Fällen auf der Nasenschleimhaut; sie zerreissen 12—24 Stun­den nach ihrem Erscheinen, die Oberhaut löst sich los und hin-, terlässt entblösste, rothe, wunde und sehr empfindliche Stellen, welche jedoch sich bald wieder mit Oberhaut bedecken.
An den Fassen findet der Ausbruch zunächst an der Krone besonders den Ballen, und im Klauenspalte statt; die Blasen sind weniger regelmässig, und zerreissen durch die Bewegung der Theile und äusseren Druck bald; manchmal schwellen die Füsse an oder sind sehr empfindlich. Hiemit ist grosse Be­schwerde beim Stehen und Gehen verbunden. Wie an den Klauen scheint auch die Krankheit sich manchmal durch eine Entzündung des Gefössnetzes der Hornzapfen, welche dadurch locker werden, zu äussern. Ein weiteret. Theil, an welchem nicht selten BIä.schen erscheinen, ist das Euter; sie sind denen des Mauls ähnlich und scheinen hauptsächlich der Besudelung der Haut des Euters mit dem aus den Wunden der Füsse aus­fliessenden Serum ihr Entstehen zu verdanken. Man hat sie öfters mit Kuhpocken verwechselt, von denen sie aber durch die gleich­zeitige Affection des Mauls und der Füsse, und ihre Structur sich leicht unterscheiden lassen. Sie bilden nämlich hohle, stark gewölbte Blasen (keine Pusteln) ohne Nabel, mit kaum merk­lichem Hofe, sind mit heller Flüssigkeit gefüllt, und verlaufen so schnell, dass sie oft schon in 5—6 Tagen in ganz dünne Borken verwandelt sind. (Abbildung in meiner Schrift „über die Knhpockenquot; Stuttg. 1839.)
Sehr selten sieht man Blasen auf den behaarten Stellen des Körpers. (Anker beobachtete 1811—12 bei feinhäutigen Kühen Blasen am ganzen Körper, s. dessen Fusskrankheiten S. 337.)
Beim gutartigen Verlauf der Krankheit, wie er gewöhnlich ist, nimmt das Fieber vom 3—4ten Tage an ab, und die Thiere
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362nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; CompUcirte Fieber,
genesen innerhalb der folgenden 6—8 Tage. Warme, trockne Witterung beschleunigt den Verlauf; im Herbst oder Winter werden die Geschwüre gerne übelriechend, greifen um sich und in die Tiefe, haben aufgeworfene Ränder u. s. w. (Tombs hef­tige Zufälle in England vom Mai bis Oct. 1851 beobachtet Vet. 1862). Selten ist die Krankheit tödtlich, obgleich sie durch die Verminderung der Milch (welche oft nicht gerinnen will, und wenig Rahm enthält, der nicht buttert), die Abmagerung, das manchmal damit verbundene Verwerfen der Kühe, die Stö­rung des Gebrauchs der Thiere zum Zuge, langsames Mästen derselben, und die Hemmung des Handels, bei ihrer grossen Ausbreitung, empfindlichen Schaden verursacht.
Die Seuche scheint in den meisten Fällen durch An­steckung sich weiter unter dem Rindvieh zu verbreiten; sehr oft lässt es sich nachweisen, dass durch ein auf dem Markte erkauftes, den Keim der Krankheit in sich tragendes Stück die Seuche in bisher verschont gebliebene Ställe gebracht wurde. Auch durch die Benutzung derselben Waide, und der Strasse, auf welcher klauenkrankes Vieh ging, verbreitet sich das Uebel. In den Jahren 1855 und 56 schien mir die Seuche manchmal durch Menschen verschleppt worden zu sein (Rep. XVII. Klin.) Im Allgemeinen war der Gang der Seuche von Osten nach Westen, so kam sie namentlich im Jahr 1838, nachdem sie im Frühjahr in Schlesien, Böhmen und Mähren grassirt hatte, an­fangs August durch Franken an die württembergische Grenze, und befiel im Verlauf von 6—8 Tagen oft beinahe sämmtliche Thiere eines Bezirks; sie verbreitete sich im September bis October fast im ganzen Lande, gelangte in westlicher Richtung nach Baden, und im Jahr 1839 nach Frankreich; erst im fol­genden Sommer (1840, nach Andern schon im Novembeï 1839), erschien sie in England (Waters in Vet. 1850). Im Sommer 1845 erschien die Seuche plötzlich an vielen Orten des süd­westlichen Deutschlands und in denselben Monaten in der Schweiz, ebenso im Sommer 1855 und zwar diesmal zuerst in der Schweiz und dann erst in Württemberg. In den Jahren 1852 — 54 herrschte sie in Preussen (G. amp; H. Suppl.)
Unter dem der Krankheit blosgestellten Vieh sieht man öfter Stücke, welche davon frei bleiben, oder erst längere Zeit nachher erkranken. (Unter mehr als 11,000 Stücken eines württembergischen Bezirks von ungefähr 8 Quadratmeilen blie-
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Aphthenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 363
ben im Jahre 1839 nahe an 1300 Stück verschont.) Dagegen kommen auch (besonders sporadische) Fälle vor, wo sich eine Einschleppung des Contagiums nicht nachweisen lässt, somit eine Selbstentwickelung der Seuche wahrscheinlich wird.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Krankheit nicht blos von Rindvieh auf Rindvieh, sondern auch von einer Thierspecies auf die andere übergeht; namentlich sind es nicht selten die Schweine, welche zuerst davon befallen, die Ausbreitung der Seuche auf Rindvieh und Schafe veranlassen. In andern Fällen erkrankten zuerst Ziegen (Schw. Archiv 1846).
Mehrere namhafte Thierärzte, wie Prinz, Er dt u. A. glau­ben , dass die Krankheit blos durch das Eintreiben fremder Schweine (z. B. aus Polen nach Preussen), hereingekommen sei. Tschudi behauptet, die Seuche folge in Oestreich genau der Route der Schweineheerden, welche aus Serbien und Bosnien zugetrieben werden. Von der gleichen Ansicht ausgehend, haben mehrere Schweizer Regierungen Sperrmassregeln gegen solche Schweinsheerden angeordnet. Während jetzt die meisten Thier­ärzte von der Contagiosität der Seuche (welche u. A. Huzard schon bei deren Auftreten 1*763 — 64 vermuthete s. Instr. V.) überzeugt sind, nehmen sie doch ein fixes Contagium an, Ryebner hält dasselbe dagegen für sehr flüchtig. Nur da­durch oder durch eine epizootische Entstehung lässt sich die schnelle Ausbreitung der Krankheit erklären; es streiten aber gegen jene Ansicht hauptsächlich die zahlreichen Fälle, in denen einzelne Ställe durch strenge Sperre mitten unter andern ange­steckten von der Seuche frei blieben (wie dies besonders Er dt nachgewiesen hat und mir selbst mehrmal vorgekommen ist), vielleicht hängt es von der Intensität der Krankheit und der Concentration der Ausdünstung in engen Ställen ab, ob das Contagium flüchtig wird oder fix bleibt.
Durch Complication mit andern Krankheiten, z. B. dem Milzbrand, älteren Lungenleiden, entsteht nicht selten ein bös­artiges, selbst tödtliches Leiden. Ausserdem kann durch Man­gel an Sorgfalt, oder verkehrte Behandlung, Fehler der Fütte­rung u. s. w. eine heftige Entzündung der Klauen, Eiterung, Brand und Ausschuhen, oder eine längerdauernde Ödematöse Fussgeschwulst veranlasst werden; ferner Verhärtung, Eiterung im Euter, Aufliegen u. dgl.
Impfung: Die Impfung ist schon von Bnnniva (1812),
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364nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
Brauell, Renner (1815—16), später von Wirth, Spinola, Bartels, Wallraff u. A. versucht worden. Lehwes impfte 500 Schafe am Ohr und behauptet, sie seien grösstentheils von der (Klauen)-Seuche verschont geblieben. Impft man von der hellen Lymphe angestochener Blasen auf die Maulschleimhaut (z.B. innere Lippenfläche) gesunder Rindviehstücke, so pflegt schon nach 36 — 48 Stunden sich ein gelindes Fieber und am 4. Tage die locale Eruption zu bilden, welch letztere fast auf die Impfstellen beschränkt bleibt. Auf der behaarten Haut haftet die Impfung schwer. Die Krankheit verläuft viel ge­linder und schneller als nach der zufälligen Ansteckung und es kann die Impfung insbesondere dazu dienen, das Vieh eines Stalles u. s. w. schneller durchseuchen zu lassen. Rjeff gibt an am Schweif mit Erfolg geimpft zu haben (Rep. XVIL), üebrigens sind die Fälle, in welchen durchgeseuchte Thiere später wieder befallen wurden, unbestreitbar; ja dies soll schon in der kurzen Zeit von 6—8 Wochen vorgekommen sein. Schw. Archiv X, Erdt loc. cit.; hessische landw. Zeitschr. 1838 Nro. 40. Kaltschmid Rep. I. Wallraff Rep.XVII. Rych-ner behauptet hingegen, die wohl durchgeseuchten Thiere wer­den später nicht mehr inficirt.
Bei den Schafen und Ziegen zeigt die Maul- und Klauen­seuche keine wesentliche Abänderung von dem Verlaufe beim Rindvieh, mit Ausnahme einer Anschwellung des Kopfs bei Ziegen. Erdt behauptete, dass dur'ch den Ausbruch der Maul-und Klauenseuche in einer Schafheerde, die schon lange an der chronischen (bösartigen) Klauenseuche gelitten habe, diese letz­tere zugleich mit der ersten verlaufe und verschwinde. An-derntheils soll aus Vernachlässigung der Maul- und Klauen­seuche bei Schafen, die bösartige Klauenseuche entstanden sein. Die Schweine leiden häufiger bios an der Klauenseuche; der Verlauf ist eher schneller, als bei den Wiederkäuern. Das Pferd wird selten von der Maul- und Klauenseuche befallen, und dann ist die Maulhöhle vorzugsweise der Sitz des Leidens. Ein leichtes Fieber, schleimiges Maul, geschwollene Zunge gehen während 2—3 Tagen dem Ausbruche linsen- und erbsengrosser Bläschen auf der Maulschleimhaut voraus, diese platzen bald und hinterlassen wunde Stellen. Das Fieber lässt nach, sobald die Eruption zu Stande gekommen, das Geifern nimmt dagegen zu, die Fresslust vermindert sich und die Thiere magern ab.
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Aphthonseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;365
Mit 6 — 8 Tagen ist Alles vorüber. Die Krankheit scheint nicht ansteckend zu sein, wenigstens bleiben viele Pferde, die der Ansteckung ausgesetzt sind, gesund. Auch kommt die Maulseuche der Pferde meist nur enzootisch vor. Es sind in­dessen einzelne Fälle bekannt, in welchen Pferde (und Esel), die bei krankem Rindvieh standen und wahrscheinlich mit dessen Speichel verunreinigtes Futter frassen, davon angesteckt wurden. (Im Jahr 1833 — 34 herrschte die Maulseuche im Winter bei einem Cavallerieregiment in L.) Im Turiner Jahresber. 1863 ist ein Fall von Ansteckung eines Maulthiers duryh Rindvieh erwähnt. Vogel sah 10 Pferde (von 24) an der Manlseuche erkranken,, ohne dass diese bei Rindvieh herrschte (G. amp; H. 1855, Suppl.). üeber die Ansteckung der Hunde ist nichts Näheres bekannt. Von dem Genüsse der Milch kranken Rind­viehs sollen einige Hunde geschwollene Köpfe bekommen haben; ein von mir längere Zeit fortgesetzter Versuch mit 3 Hunden und 1 Kaninchen war erfolglos. Girgas beobachtete die Aph-thenseuche bei Kameelen und Dromedaren in Astrachan fast jedes Jahr seuchenhaft; er hält sie nicht für ansteckend; eine Rothlaufgeschwulst soll sich an den Füssen bis zum Bauch herauf erstrecken, und besondere Neigung zur Eiterung im Un­terbau t-Zellge webe haben (N. et V. 1846).
Bei wilden Thieren, z. B. Rehen, Hirschen, Damhirschen hat man die Maul- und Klauenseuche öfter gesehen. Ryebner führt auch Gemsen an. Im Jahr 1838 würde in dem Wild­parke D. das Rothwild früher von der Seuche ergriffen, als das im Parke waidende Rindvieh.
Auch an dem zahmen Geflügel will man hie und da zur Zeit der herrschenden, Maul- und Klauenseuche ähnliche aber schnell tödtende Symptome wahrgenommen haben; Enten und Gänse sperrten den Schnabel auf, drehten den Kopf und waren todt. Spinola sah Selbstbildung eines Maulausschlags bei Hühnern (C. Ztg. 1847),
Ursachen; ausser der Ansteckung wenig bekannt. Man beschuldigt schlechte Wartung,' Herbstwaide, nasse Witterung u. dgl. Diejenigen Verhältnisse, welche den rothlaufartigen Krankheitscharacter hervorrufen, mögen am ehesten hier in Be­tracht kommen.
Behandlung: möglichst einfach; gelinde entzündungs­widrig, besänftigend, schmerzstillend. Innerlich üTafe'oder iVafo\
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366nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
sulphur, in schleimigen Decocten; Ausspritzen des Mauls mit kaum gesäuertem, schwachem Mehlwasser, oder Salbeiinfusnm mit etwas Essig; auch Bestreichen der Maulhöhle mittelst eines leinenen Lappen, der an einem Stocke befestigt ist, mit der­selben Flüssigkeit. Bei allgemeiner Schwäche der Thiere kann man der Ausspritzung etwas Camphorgeist zusetzen. Frank rühmt sehr verdünnte Salpetersäure (1 Esslöffel auf 10 östr. Maas Wasser). Gutgenährten Thieren kann nöthigenfalls etwas Blut entzogen werden. Bei der Klauenseuche: Umschläge und Waschungep der wunden Stellen mit Bleiwasser, oder Stellen der Thiere in fliessendes Wasser (täglich 2—3mal je 7raquo; — Vi Stunde auf etwa 1 Fuss tief), bei üblem Aussehen der Wun­den Zusatz von etwas Weingeist zu dem oben angegebenen Waschwasser: auch adstringirende Decocte, oder Alaun —#9632;, Kupfervitriolauflösung (letztere blos für die Füsse). Das be­sonders empfohlene Veret'sche Mittel besteht aus 10 Thl. Cupr. sulphur. 78 Thl. Essig und 12 Thl. conc. Schwefelsäure. Für schwächliche Thiere kann später innerlich Calmus, Wermuth mit Kochsalz zuträglich werden.
Wesentlich ist die Regelung der Diät; gutes Heu, gutes Gras, gesottene Knollengewächse, Kleienschlapp, in kleinen Quantitäten, aber öfters vorgelegt. Starke Fütterung in der Reconvalescenz ist nachtheilig. Höchst wesentlich ist grosse Reinlichkeit in der Krippe und eine gute Streu. Als ein so­wohl präservativ als curativ wirkendes Mittel hat man das De­coct der Erica vulgaris (Heidekraut) oder das Erdbeerenkraut empfohlen; es scheint jedoch vor andern gelind adstringirenden Mitteln nichts vorauszuhaben.
Polizeiliche Maassregeln: Die Abhaltung der Seuche durch Sperrrnaassregeln ist im Grossen schwer auszufuhren und schadet dem Verkehr oft mehr als die Seuche selbst; dage­gen kann man bei günstiger Lage einzelner Ortschaften, Höfe, Meiereien recht wohl die Krankheit durch zweckmässige Vor-sichtsmaassregeln abhalten; letztere müssen sich auf Vermeid­ung jeder Communication mit angesteckten Orten, Strassen, Waiden, Brunnen u. dgl. beziehen. Dass sich das Coutagium durch die Luft verbreite oder durch Menschen verschleppt werde ist mindestens wahrscheinlich.
Die Fälle, dass Menschen durch den Genuss von Fleisch solcher Kranken, durch Besudelling mit ihren Ausflüssen, oder
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Aphthensenche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 367
besonders durch Benützung der Milch erkrankt sind, lassen sich nicht in Abrede ziehen; obwohl dies im Verhältniss zu der grossen Ausbreitung der Seuche sehr selten vorkommt und nicht gefahrlich ist (Schneider loc. cit. übertreibt die Gefahr). Das Trinken ungesottener (kuhwarmer Milch) ist noch am ehesten im Stande, beim Menschen (besonders Kindern) Maulschwämm-chen (Aphthen) hervorzubringen. Es ist daher rathsam, der­gleichen Veranlassungen zur Ansteckung zu meiden, besonders wenn etwa Complicationen der Maul- und Klauenseuche mit Milzbrand vorkommen. (Vgl. Jacob Lyon 1845, welcher selbst von der Milch erkrankte, und andere Fälle citirt (ebenso Lo-wak G. amp; H. 1854); während Reynal die Milch ohne Nachtheil genoss); Hildebrand G. amp; H. VI; früher schon Sagar und Her twig. Auffallend erscheint die Mittheilung im Zürcher Sanitätsbericht von 1846, dass ein Kalb von der Milch einer aphthenkranken Kuh krepirt sei; im Pansen sollen Geschwüre gewesen sein. (Schw. XVII.) Petri erwähnt mehrere Fälle von tödtlicher Wirkung der Milch schwer kranker Kühe, bei Kälbern und Ferkeln. Belg. 1843.
Uebrigens herrschen zur Zeit der Maul- und Klauenseuche nicht selten bei- Menschen, wahrscheinlich aus derselben allgemein verbreiteten Ursache, ähnliche Krankheiten, z. 6. die Mundfäule der Kinder.
Hier sind noch zu erwähnen
dieMaulschwämmchen (Aphthaesparadicae. Ad.), welche vorzugsweise junge Thiere, z. B. Lämmer, Kälber auch Füllen befallen.
Es ist ein auf der Maulschleimhaut entstehender, hirse­kornähnlicher Ausschlag, der mit einem entzündlichen Zustande der Verdauungsschleimhaut, Störungen der Verdauung über­haupt, und einer Dyscrasie der Säfte zusammenhängt und be­sonders beim Abstossen junger Thiere vorkommt. In den schlimmeren Fällen erstreckte sich das Leiden in den Schlund und den Magen hinab; die kranken werden schnell mager, schwach, und sterben an blutigem Durchfall. Durch Verhin­derung des Saugens wird dieses Leiden den jungen Thieren nachtheilig, selbst tödtlich.
Zur Heilung ist besondere Aufmerksamkeit auf die Fütte­rung der Mutterthiere, ihre Milchsecretion, Reinlichkeit u. s. w. zu richten; den Jungen gibt man Eier mit Milch, Gersten­schleim, bei heftigen Schmerzen Opium; auch kühlende Flüs-
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363nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;CorapUcirte Fieber.
sigkeiten (Essig und Honig) zum Ausspritzen des Mauls mögen von Nutzen sein.
(Ein bei Pferden und Bindvieh beobachteter aphtenähnlicher Ausschlag an den Genitalien ist in der 4. Classe angeführt.)
6) Masern. Morhilli.
(Rötlidkrankheit; Rubeolae.)
Fieber, mit catarrhalischen Zufällen und einem unregel-mässigen Ausschlag (Entzündung und Knötchen) auf der Haut verbunden. Acuter Verlauf, ansteckend; blos bei Schafen und Schweinen beobachtet.
Ryss beschreibt diesen Ausschlag, den er im Dezember 1811 bei einer Schafheerde beobachtete, folgenderraassen:
Ausser den Symptomen eines gelinde entzündlichen Fie­bers waren Niesen, Husten, Ausfluss aus der Nase, Anschwel­lung des Kopfs, besonders in der Ohrdrüsengegend, Hitze des Mauls, Trockenheit der Haut, Mangel an Appetit, Verstopfung zugegen. Gegen das Ende des zweiten Tags erschien ein blass-röthlicher Ausschlag an der Brust, dann an den Hinterschen­keln, den Seiten des Körpers, dem Gesicht u. s. w., -welcher den Bauch, Rücken und Hinterkopf verschonte. Das Exanthem bestund in unregelmässigen rothen Flecken verschiedener Grosse, die auf Druck erblassten, in ihrer Mitte waren Knötchen fühl­bar, daher die Haut uneben anzufühlen. Zur Ausbildung des Exanthems bedurfte es nur 24 Stunden. Die Hautausdünstung der Kranken hatte einen eigenthümlichen Geruch.
Nach dem Ausbruche des Ausschlags nahm das Fieber ab, ebenso die Anschwellung des Kopfs; die übrigen Symptome blieben. Weiches Misten erleichterte. Die Flecken wurden inner­halb 4—5 Tagen braunroth, kleiner und verschwanden bis zum 9—11. Tage. Die Haut schuppte sich ab, während öfter Husten und Nasenausfluss noch einige Zeit fortdauerten. Trat am 9. Tage Kolik und Durchfall ein, so endete die Krankheit tödtlichr Deutsche Schafe und Bastardvieh wurden leichter be­fallen. Mit dem Nasenausfluss und dem Hautschorf Hess sich impfen. Von 103 Impflingen starb nur 1 Stück.
Behandlung: frisches Wasser oder Mehlwasser zum Trän­ken; eine Lecke von Kochsalz und Salpeter; besser vielleicht wäre ein entzündungswidriges und gelinde diaphoretisches Ver­fahren, Trennung der Kranken von den Gesunden.
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Scharlachfieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 369
Hofaker vermuthete, diese Krankheit sei nur eine Varietät der Schaf­pocken, was jedoch nicht wahrscheinlich ist.
Viborg gibt eine Beschreibung der Masern bei Schweinen (Maes-linger im Dänischen). Dem Ausbruche des Ausschlags gehen Husten, Er­brechen, verminderte Fresslust, tbriinende und rothe Augen voraus; diese Symptome sind manchmal in sehr geringem Grade zugegen. Sodann erschei­nen rothe Platten, die man am deutlichsten am Rüssel, um die Augen herum, in den Achselgruben und an der Innern Fläche der Hinterschenkel sieht; an diesen Stellen schuppt sich später die Haut kleienartig ab.
Sobald man die Krankheit bemerkt, soll man die Kranken absondern und ihnen einen trockenen, warmen und luftigen Aufenthaltsort anweisen, gute Streu und überschlagenes Mehlwasser zum Getränk geben. Selten bedarf man Arz­neien. Will der Ausschlag nicht gehörig hervorkommen, oder verschwindet er plötzlich, so gibt man alle zwei Stunden eine Pille aus 1 Dr. Ammon. carbon. mit 1I2 so viel Camphor, und giesst einen starken Ausguss von Hollunder-oder Kamillenblumen nach. Die Krankheit ist nur dann tödtlich, wenn sich Brustentzündung oder stinkender Durchfall hinzugesellt. Ob dieser Ausschlag mit den Masern der Menschen identisch ist und sich übertragen lasse, ist unentschieden. Amp ach behauptet, das Bedupfen der Schweine mit der Flüssigkeit der rothen Bläschen (?) stecke sie an; dies-geschehe selbst durch Reiben der kranken Thiere an gesunden oder an harten Gegenständen u. dgl.
c) Scharlachfieber. (Febris scarlatinosa.)
Fieber, entzündlichen Charakters, mit Entzündung der Schlingwerkzeuge, und einem ausgebreiteten, glatten, rothen Ausschlag, und nachheriger Abschuppung der Haut. Ansteckend? Beim Pferde.
Mehrere englische Thierärzte, z.B. Percivall, Webb, Turner geben Beschreibungen einzelner Krankheitsfalle bei Pfer­den, die sie Scharlach, bösartiges Scharlachfieber u. dgl. nen­nen. Adamowicz führt bei Scarlatina das Schwein und den Hund, jedoch zweifelhaft an.
Webb erzählt einen Fall von Scharlach im Vet. 1840. Das 6jährige Pferd frass nicht, hatte Ausfluss aus der Nase, Puls 75, Athem beschleunigt, heisses Maul und geröthete Na-senschleimhaut; die Füsse kalt; grosse Scheu vor Bewegung. Den folgenden Tag war die Riechhaut mit scharlachrothen Streifen überzogen; am 3. Tage hatte das Fieber nachgelassen, dagegen waren die Lippen, der Hals und die Haut an der Brust und dem Bauche, sowie der Schlauch und der linke Hin-terfuss stark geschwollen, von einem Erguss, der darin statt­gefunden hatte; diese Anschwellung nahm den folgenden Tag noch zu, und blieb noch einen Tag unverändert. Der Puls­wurde langsamer, das Thier suchte etwas zu fressen; hatte
Bering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 24
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370nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
aber durchaus keine Lust von der Stelle zu gehen, Druck auf die geschwollenen Theile war schmerzhaft. Vom 5. Tage an nahmen die Symptome ab und am 9. konnte das Thier 5 engl. Meilen weit transportirt werden.
Die Behandlung bestund anfangs in Blutentziehuug, Aloë und Salzen, scharfer Einreibung längs der Luftröhre, später Digitalis, Harz und selbst Canthariden mit bittern und aroma­tischen Mitteln, alles jedoch in sehr kleinen Dosen.
In einem andern von Turner als bösartiges Scharlach beschriebenen Falle (loc. cit. 1841) ging ein entzündliches Lei­den der Verdauung voraus. Das Thier erhielt Extr. bclladonnae zu 2 Dr. zu zweien Malen; anfangs trat Besserung ein, schnell aber wieder Verschlimmerung mit sehr schnellem Pulse, lang­samem Athmen, rothen Dupfen auf der Nasenschleimhaut, wäs­serigem, etwas mit Blut gefärbtem Ausfluss, belegter Zunge, heissem Maule, beschwerlichem Schlucken u. s. w. Eine starke Anschwellung der Haut an Brust und Bauch konnte wohl den wiederholten Senfeinreibungen zugeschrieben werden; die aus-geathmete Luft roch höchst übel, wie bei Lungenvereiterung, die Haare der Mähne und des Schweifs gingen sehr leicht aus, der Urin war feurig u. s. w. Vom 5. Tage an Hess die Krank­heit nach (unter starker Schleimabsonderung im Rachen und der Nase) und nach 11 Tagen war das Thier ganz in der Re-convalescenz (s. Rep. II.)
Auffallend ist, dass die Krankheit auf die Anwendung der Belladonna ausgebrochen zu sein scheint, welches Mittel in fast homöopatischer Dosis als Präservativ gegen Scharlach beim Menschen augewendet wird. Den ersten dieser beiden hier er­zählten Fälle glaubt Schrader eher zum Hautwurm rechnen zu sollen. Hertwig dagegen hält ihn für eine Form des Faul­fiebers, Roll rechnet das Scharlachfieber zu den typhösen Pro­cessen. Woodger beschreibt einen gelinden Fall beim Pferde (Vet. 1844. Rep. VI.), und Binz einen solchen bei einer Kuh (N. amp; V. XIV.), wobei, in Folge einer Erkältung Fieber, Hals­weh, Anschwellung und Röthung der weiss behaarten Haut­stellen u. s. w. wahrgenommen wurden. Die Krankheit entschied sich günstig am 7. Tag durch eine Harncrisis, später schuppte sich die Oberhaut ab. Spinola sah eine ganze Abtheilung 3—4jähriger Pferde am Scharlach erkranken, und hielt das gleichzeitige Ergriffensein der Rachenschleimhaut für entscheidend.
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Petechialfieber.
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Es ist noch zweifelhaft, ob dergleichen Krankheitsfälle dem Scharlach des Menschen zu vergleichen oder mit demselben identisch sind; jedenfalls haben sie mehr Aelmlichkeit damit, als die Maul- und Klauenseuche; es konnte in­dessen wohl sein, dass die Erscheinungen von Eöthung der Nasenscbleimhant, Angina, Anschwellung der Haut u. s. w., bei einigen der beschriebenen Fälle zu der rotblaufartigen Form der Influenza oder einem fauligen Fieber, oder dem nachfolgenden Petechialfieber gehörten.
d) Petechialfieber. (Febfie petechialis.) {Typhus petechialis, Purpura haemorrhagica.) Literatur: Hering in den meisten klin. Jahresberichten, namentlich in Rep. XI. (unterschied der Krankheit von Rotz und Typhus); Bouley als Anasarca oder hitzige Wassersucht (Rep. Ill), Straub, Rep. VIL, Percivall (Vet. 1844), Lambert (Ree. 1848), Ernes (Vet. 1848), als Typhus; Gerlach G. amp; H. 1846, typhöse Magen- und Darmentzündung, Vallade hitzige Wassersucht (Turin L). Mangin Rec. 1850, Hay-cok Vet. 1850, mehrere Fälle; hei Rychner mit acutem Rotz zusam­mengeworfen.
Unter Petechien versteht man rothe oder violette Flecken von verschiedener Grosse auf der Haut und den Schleimhäuten, die durch ein Extravasat des Bluts in das Gewebe dieser Theile hervorgebracht werden, und daher nicht (wie bei Rothlauf u. dgl.) auf Druck verschwinden. Sie entstehen theils in Folge einer örtlichen Stockung des Bluts, theils liegt ihnen eine veränderte Beschaffenheit (Auflösung, sepsis) desselben zu Grunde, wie sie namentlich bei Typhus, Faulfiebern u. s. w. stattfindet. Als selbstständige Krankheit ist das Petechialfieber durch die Blut-veränderung (Mangel an Gerinnbarkeit, wässerige Beschaffen­heit, stark gelbe Färbung des Serum, zuletzt syrupähnliche Consistenz mit Auflösung der rothen Blutzellen) bezeichnet, das Blut schwitzt in die Gewebe aus, besonders in die Schleim­häute, z.B. der Nase, der Nebenhöhlen, des Mauls,. die Binde­häute, die Darmschleimhäute (hier oft Linien- und Zolldick); die genannten Theile zeigen rothe Punkte oder scharf contou-rirte Platten, die selbst erweichen können aber keine eigent­lichen Geschwüre bilden. Der Verlauf ist meist sehr acut, oft nur einige Tage, manchmal aber bis zu 18—20 Tagen sich erstreckend; es kommen selbst fieberlose Fälle vor.
Gewöhnlich' beginnt die Krankheit mit einer Geschwulst an den Füssen, dem Schlauch, seltner dem Kopfe; sie ist an­fangs warm, empfindlich, selten teigig, nimmt oft rasch zu und erreicht manchmal eine bedeutende Grosse; dabei fressen die Thiere noch und der Puls ist wenig vermehrt (48—64), weich;
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Complicirte Fieber.
die Petechien zeigen sich in der Nase, am Zahnfleisch, breiten sich aus, und fliessen zusammen, nicht selten ist ein gelblicher, zäher oder blos seröser Nasenausfluss zugegen; Drüsenanschwel­lung im Kehlgang ist nicht constant; unter Ab- und Zunahme der Symptome, schwillt der Vorkopf oft so bedeutend an, dass das Athmen erschwert und selbst unmöglich wird; das Fieber nimmt rasch zu, der Herzschlag wird pochend, die Geschwulst der Füsse oder des Bauchs verschwindet manchmal, die aus-geathraete Luft wird übelriechend, das Thier stürzt zusammen und erstickt. In den günstigeren Fällen nimmt die Geschwulst ab, die Petechien bleiben stehen, der Puls wird ruhiger, voller, der Appetit erhält sich, das Bewusstsein bleibt ungetrübt.
Bei der Section findet man die angegebene Beschaffenheit des Bluts, welches oft kaum die Hände färbt, nirgends Faser­stoffgerinnsel, Extravasate zwischen den welken, lehmfarbigen Muskeln, das Fett verschwunden, gelbe Sülze an seinen Stellen, manchmal viel Serum in der Brusthöhle und dem Herzbeutel (Aehnlichkeit mit Influenza), öfter Abscesse an verschiedenen Stellen, z. B. der Ohrspeicheldrüse, im Gekröse, in den Conchen der Nase u. s. w., acute Tuberkelinfiltration in der Lunge, Ent­zündung und Brand am Darmcanal, die Leber und Milz nicht constant verändert, die Nieren erweicht u. s. w., in den Ge­schwülsten theils gelbes, theils blutiges Serum.
Da die meisten Thiere vorher durch Strapatzen, schlechtes Futter, oder eine überstandene Krankheit geschwächt waren, muss die Behandlung vorsichtig geschehen; adstringirende Salze wie Alaun, Eisensalmiak, Eisenvitriol, auch gerbstoffhaltige Pflan­zen (Eichen-, Weidenrinde) sind oft schon, im Anfange nütz­lich; Blutentziehungen werden seltener, etwa bei heftiger Con­gestion nach der Lunge am Platze sein; ebenso wenig das Ein­schneiden der Geschwülste; ins Trinkwasser gibt man Salz- oder Schwefelsäure, die Geschwülste sind mit Terpentinöl, Salmiak­geist einzureiben; bei Erstickungsgefahr heftet man die Nasen­flügel gegen die Mitte zusammen, um die Nasenlöcher zu er­weitern; die Tracheotomie hilft nur augenblicklich, die Wunde wird schnell brandig. Obgleich das Petechialfiéber Aehnlichkeit hat mit acutem Rotz, Eiterresorbtion, Milzbrand und Typhus ist es doch wohl davon zu unterscheiden; Ansteckung ist nie wahrgenommen worden und selbst Impfversuche sind mir stets misslungen. Das Vorkommen der Krankheit bei Kühen (Vet.
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Kulipocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^173
Reeds. 1848), beweist, dass nicht jedesmal Druse oder über­haupt Eiterbildung damit im Spiele ist.
è) Pochen. (Febris variolosa. Variolae.) Ein pustulöser Hautausschlag, von ziemlich regelmässigem acutem Verlauf, meist fieberhaft. Ansteckend in verschiedenem Grade. Bei verschiedenen Hausthieren.
Jede Pustel (Blatter) entsteht ans einem injicirten Fleck der obersten Schichte der Lederhant; es wird daselbst (meist in Scheibenform) ein pla­stisches Exsudat ergossen, welches die Epidermis in die Höhe hebt, so jedoch dass manchmal in der Mitte eine Vertiefung (Delle, Nabel) bleibt; der lymphe­ähnliche Inhalt ist in Zellen eingeschlossen, und entleert sich nicht auf einen einzigen Einstich (zum Unterschied von Blasen, Bullae, welche nur einen Hohlraum bilden); später zerfliesst der faserstoffige Theil des Exsudats, wird eitrig, vertrocknet und bildet eine, meist festaufsitzende Borke.
Die Pocken unserer Hausthiere bilden eine nach Intensität, Ausdehnung, Fortpflanzungsfähigkeit, Dauer des Verlaufs u. s. .w. sehr abweichende Krankheitsgruppe. Dem Pferde fehlt ein eigen-thümlicher Pockenausschlag, wenn man nicht die acute Maucke (Equine, Schutzmaucke, vgl. S. 209) dafür gelten lassen will. Die Schafpocken stehen den Menschenpocken an Heftigkeit, Regelmässigkeit der Stadien u. s. w. am nächsten; ihr Conta-gium ist höchst flüchtig, schwer zu vertilgen; dagegen sind die Kuhpocken häufig ganz fieberlos, nur auf einen kleinen Theil der Haut beschränkt, bilden einen fixen, leicht zersetzbaren Ansteckungsstoff; die Pocken der Ziegen, Schweine, Hunde sind selten und nicht genügend beobachtet, die des Geflügels noch weniger. Es scheint, dass Modificationen des Ausschlags bei jeder der genannten Hausthiergattungeu vorkommen, wodurch sie zum Theil wesentliche Eigenschaften (z. B. die Contagiosi-tät) einbüssen; so bei einigen Arten der sogenannten falschen Kuhpocken. In Beziehung auf Ursprung ist zu bemerken, dass die Schafpocken in Deutschland wohl nie von selbst, sondern blos durch Verschleppung des Contagiums entstehen, dagegen die Pocken der übrigen Hausthiere sich spontan entwickeln. Am wenigsten durch bestimmte Erfahrungen zu begründen, dürfte die Meinung Heusingers sein (Rech. II.), dass die Pocken bei keinem Thier von selbst entstanden, sondern ihnen vom Menschen mitgetheilt worden seien.
a) Pocken der Kühe. (Variola vaccina.) Literator: Die Schriften von Jenner, Sacco (übers. 1812), Viborg
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Complicirte Fieber.
(Abhg. V. u. Vet. Skr. I.), Giesker (ebend. in.), Greve, Tschenlin (1824), Kitter in Holstein (1833), Hering (1832, 1839 u. 1849), Numan, Prinz (1839), Ceely (übers. 1842), Verheyen (1846), Mignon (1848, Dissert. Compilation).
Ein von selbst am Euter der Kühe sich entwickelnder, pustulöser Ausschlag, mit gelindem Fieber, oft auch fieberlos, der sich durch Impfung auf andere Hausthlerarten und auf den Menschen übertragen lässt.
Die Beschreibung dieser, wegen ihre,s Verhältnisses zn den Menschen­pocken höchst wichtigen Krankheit, über welche die thierärztliohen Schriften bis auf die neueste Zeit immer nur das wiederholten, was vor 40—50 Jahren Jenner, später Viborg u. A. m. bekannt gemacht haben, wird hier nach den zahlreichen in Württemberg gemachten Beobachtungen über spontane Knh-pocken gegeben und damit manche nicht gehörig begründet gewesene Ansicht berichtigt. Die weitere Ausführung s. in meiner Schrift „Ueber Kuhpocken an Kühen. Mit color. Abbildgn. der ächten und falschen Pocken. Stuttgart 1839.quot; Ceeleys später erschienene, von Heim übersetzte Abhandlung ent­hält ebenfalls zahlreiche Beobachtungen originärer Kuhpocken, stimmt aber im Wesentlichen ganz mit den in Württemberg hierüber gemachten Erfah­rungen überein.
Die eigentliche Ursache der Kuhpocken ist unbekannt; die Lage des Orts, die geognostische Beschaffenheit seines Bodens, das Clhna haben keinen merklichen Einfluss; quot;Waide­gang ist nicht günstig, wie man sonst glaubte (vielleicht auch 'wegen der geringern Aufmerksamkeit auf einzelne Thiere); die Raqe macht keinen Unterschied, auch die Höhenra^en (z. B. Schweizervieh, Allgäuer) sind dazu geneigt. Das Frühjahr, (Mai und Juni), bringt die meisten Fälle von originären Kuh­pocken, aber auch selbst im Winter kommen einzelne Fälle vor. Manchmal kommen mehrere Fälle hinter einander in einer Gegend vor, so dass man eine allgemeiner verbreitete Ursache anzunehmen versucht werden möchte.
Zu dem Ausbruche des Exanthems tragen verschiedene Umstände bei, z. B. die Congestion nach dem Euter kurze Zeit nach dem Kalben, die Veränderung des Futters (z, B. Ueber-gang von der WTaide zur Stallfütterung), Veränderung der Le­bensweise überhaupt, beim Verkauf in andere Gegenden, die Erhitzung beim Treiben auf Märkte u. dgl., das Abstossen der Kälber.
Eine besondere Anlage zu der Krankheit hat das weib­liche Geschlecht; nie hat man spontane Kuhpocken bei männ­lichen Thieren gesehen, obgleich diese für das Contagium (durch
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Kubpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ïjyg
Impfung) nicht unempfänglich sind. Das Alter, in welchem Kabpocken am häufigsten entstehen, ist von 4—6 Jahren, in­zwischen sind auch Fälle von altern, 8 — lOjährigen, so wie von jüngeren Kühen bekannt; selbst bei Kalbinnen, die noch nie gekalbt hatten, sind in seltenen Fällen Kuhpocken ausge­brochen. Die Periode der Milchnutzung ist von merklichem Einflüsse; sogenannte neumelkende Kühe werden am häufigsten befallen, aber auch altraelkende und ganz milchlose haben schon Pocken bekommen. .
Symptome: das allgemeine Befinden ist manchmal, obwohl nur geringe gestört; es zeigen sich leichte Symptome von Fie­ber, Mangel an Fresslust, verzögertes Wiederkauen, oder Kauen bei leerem Maule, etwas trockener Mist u. dgl.; häufiger ist eine Veränderung der Milch, nach Menge und Beschaffenheit be­merklich; sie wird vermindert, wässerig, gerinnt leicht u. s. w. Die loyalen Zufälle bestehen in Anschwellung und Empfind­lichkeit des Euters, vorzugsweise der Striche oder Zitzen, da­her Schmerz und Widerstand beim Melken; sodann beobachtet man etwa am 3 — 4. Tage harte Knötchen in der Haut des Euters, öfter aber der Striche, die sich in den folgenden Tagen zu rundlichen Pusteln von verschiedener Grosse (Hanfkörn, Linse, Wicke) erheben und mit einer durchsichtigen oder weiss-licheu klebrigen Lymphe füllen, daher silberfarbig, bläulich auch röthlich aussehen. Diese kleinen Pusteln pflegen in der Mitte etwas eingedrückt zu sein (Nabel, Dellegt;, sind im Innern, einer Citrone ähnlich, d.h. zellig (Ceely hat die Pustel anatomisch untersucht, nimmt aber unnöthiger Weise eine neue Haut, die sich im Corium bilde, an); ihre Umgebung ist etwas hart, wulstig oder geschwollen, oft geröthet (Hof, areola); letzte­res Symptom ist bei dunkler Haut des Euters nicht deutlich wahrnehmbar, wie auch in diesem Falle die Farbe der Pustel selbst verändert wird. Nicht selten wird der Hof ganz vermisst und bios die Härte der Umgebung der Pustel gefühlt.
Die grösste Entwicklung der Pusteln fällt ungefähr auf den 8—10. (nach Ceeley den 10—11. Tag der Krankheit); sehr oft aber sind die allgemeinen Symptome übersehen worden und man findet mit einem Male den gebildeten Ausschlag, ja selbst schon die Borken desselben. Nach der vollständigen Ausbil­dung der Pocken wird ihr Inhalt schnell trübe und eiterartig, vertrocknet und bildet einen dunkelbraunen, dicken Schorf, der
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Complicirte Fieber,
fest in der Haut sitzt und erst mit 3—4 Wochen abfällt, auch eine längere Zeit sichtbare Narbe in dem Corium zurücklässt.
Der Ausbruch der Pusteln ist nicht immer gleichzeitig; gar nicht selten brechen nach einigen Tagen wieder neue Pu­steln aus, und dies kann sich mehrere Male wiederholen, so dass die zuerst entstandenen und die zuletzt gekommenen um 8—14 Tage auseinander sind. Man kann daher an demselben Euter Pocken von verschiedenen Stadien, d. h. erst sich ent­wickelnde, in voller Blüthe befindliche und vertrocknete zu glei­cher Zeit sehen.
Das Zerreissen der Pusteln hat schnellen Uebergang in die Eiterungs- und Schorfbildungs - Periode zur Folge; nur selten füllen sich zerrissene Pusteln wieder mit brauchbarer Lymphe.
Durch das Melken werden die Kuhpocken leicht den an­dern Kühen des Stalls mitgetheilt, so dass in einem zahlreich besetzten Stalle das Exanthem Monate lang braucht, bis es verschwindet; ziemlich selten werden die melkenden Personen (an unbedeckten Theilen, meist den Fingern, der Hand, dem Arm, dem Gesicht) angesteckt, und bekommen nun eine oder mehrere Pusteln an den inficirten Stellen, mit dem characteri-stischen Entwicklungsgange (7—9 Tage bis zur vollständigen Blüthe), öfters begleitet von einem gelinden Reizfieber; meist sind die Pocken unvollkommen (weil die Personen früher vac-cinirt waren). Diese Ansteckung war immer gefahrlos.
Ob dieselben Kühe mehr als Einmal in ihrem Leben ächte Kuhpocken bekommen können, ist noch nicht entschieden ; wahr­scheinlich gehören die Fälle, in denen ein Euteransschlag zum zweiten und dritten Male an demselben Thiere beobachtet wurde, zu den sogenannten falschen Pocken. Das seltene Auffinden originärer Kuhpocken hatte vorzüglich darin seinen Grund, dass man alle nicht mit Jenners Beschreibung genau übereinstim­mende Formen als falsche Pocken keiner weitern Aufmerksam­keit würdigte; seit diese Meinung widerlegt ist, sind in ver­schiedenen Ländern originäre Kuhpocken beobachtet und zur Auffrischung der Schutzlymphe benützt worden.
(Siehe Giese und Hert-wig G. amp; H. X., Dressler ebd., Frey, Schw. ArcbiT 1846, Hey im Jonrn. de Lyon 1845, Spinola C. Ztg, 1847. Hering im Repert. I.—X., Garreau, Rec. 1852; Miguel, Toul. 1854; Dr. Senna, Mail. I.; Dr. Reifsteck Rep. XVI.; in Preussen G. lt;fe H. Suppl. 1854.
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Kuhpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;377
Durch die Impfung ächter Vaccine auf anderes Rindvieh erhUtt man dieselbe Krankheit, meist jedoch als ganz locale Pustel, ohne allgemeines Leiden (Fieber); die davon genom­mene Lymphe besitzt indessen die Fortpflanznngsföhigkeit ebenso, wie die von spontan entstandenen oder zufällig übertragenen Kuhpocken. Die Impfung auf das Euter der Kühe haftet in­dessen nicht jedesmal; Prinz zieht den Hodensack männlicher Thiere dazu vor, und räth die Impfstiche nicht zu oberflächlich zu machen. Andere impften in der Nähe des Afters und Wurfs. Die Rückimpfung von Vaccine, die von Menschen genommen worden, auf Kühe oder Stiere, haftet noch weniger gerne (Dr. Eck in Java. Holl. 1854); dasselbe tritt ein, wenn man von Kühen unmittelbar auf Menschen (Kinder) impft; daher müssen bei der Regeneration des Impfstoffs zu dem Versuche mehrere Impflinge bestimmt und die Zahl der Impfstiche muss vermehrt werden.
Die originäre Lymphe hat, wenn sie haftet, meist eine stärkere locale und allgemeine Einwirkung auf den Impfling, die Pustel wird grosser, der Hof ausgebreiteter und intensiver geröthet, das Fieber stärker; dies zeigt sich manchmal noch in der 2 — 3. Generation. Man hat längst Kuhpocken auf Schafe geimpft, um diese Thiere vor ihren eigenen Pocken, die Hunde aber vor der Staupe zu schützen, was jedoch nicht bestimmt gelungen ist; Spi-nola behauptet Kuhpocken auf alle Häustbiere übertragen zu haben, nur auf Geflügel habe es ihm nicht gelingen wollen.
Eine Behandlung pockenkranker Kühe kommt fast nie vor, weil das Leiden ganz ungefährlich ist; um die Ansteckung anderer Kühe desselben Stalls zu vermeiden, ist es hinreichend die erkrankte Kuh zuletzt zu melken; die Milch muss indessen wie gewöhnlich ausgemolken werden, wenn nicht entweder ein fernerer Verlust daran entstehen oder das Euter von Entzün­dung u. s. w. befallen werden soll.
Die sogenannten falschen Kuhpocken sind den wahren Kuhpocken mehr oder weniger nahe verwandte Euterausschläge; sie kommen zum Theil gleichzeitig mit ihnen vor oder folgen auf sie. Sie weichen theils' durch ihre Farbe, Structnr, theils durch ihren Verlauf von den wahren Kuhpocken (d. h. den vor den Menschenpocken schützenden) ab. Man findet überall dieselbe Reihe solcher falscher Kubpocken aufgeführt, obgleich etliche Arten nur Ein­mal beobachtet wurden und vielleicht blos zufällig eine andere Farbe, einen -gestörten Verlauf n. dgl. zeigten. Namentlich ist das Entstehen bösartiger Geschwüre aus Pocken bei den Kühen blos individuellen oder localen Umstän­den (z. B. Kiner falschen Behandlung) zuzuschreiben. Da übrigens die ächten Kuhpocken selbst mancherlei Abweichungen in Farbe, Grosse n. dgl. zeigen, ist es oft schwer, über ihre Aecbtheit zu entscheiden. Ein Impfversuch allein
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378nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
kann, wenn er gelingt und der regelmässige Verlauf sich dabei wiederholt, völlig darüber ausser Zweifel setzen.
Die falschen Kuhpocken lassen sich in folgende Abtheilungen bringen.
1)nbsp; Spitz- und Nachpocken {Var. vaee. miliares und seeundariae mihi). Sie zeichnen sich durch einen schnelleren Verlauf aus; es sind theils kleine, spitzige, eiterige Knötchen, ohne Hof und Nabel, zu hunderten bei­sammen (eine Art Friesel des Euters, Euterseuche der Autoren), oder blose Schorfchen, ohne dass man Lymphe bemerkt hätte, die man, nach den ächten Kuhpocken, längere Zeit und wiederholt am Euter ausbrechen sieht, und die auf anderes Rindvieh übergehen. Von der Entstehung dieser Spitz- und Nach­pocken bis zum Abfallen derselben dauert es oft nur 4—6 Tage.
2)nbsp; Harte, Stein- oder Warzenpocken (Far. vacc. verrueoiae). Sie bilden einen harten, unempfindlichen Ausschlag, ohne Nabel und Hof, von Linsen-, Hasselnussgrösse, und bleiben als förmliche Warzen, mit holzartiger, bräunlicher Spitze, oft Wochen und Monate lang unverändert stehen, und ver­schwinden dann allmählig. Sie gehen selten auf andere Kühe über. Ihr In­halt ist Blut, keine Lymphe.
3)nbsp; Wasser- oder Windpocken (Var. vacc. bullosae mihi). Innen nicht zellige Blasen, die ans einem frieselähnlichen Blätterchen schon in 24 Stunden die Grosse einer Bohne oder Kirsche erreichen, ohne Hof und Nabel, rundlich oder zugespitzt, und weiss oder gelblich sind, dabei dicken Eiter oder dünne, wässerige Lymphe enthalten. Manchmal sind sie beim Anstechen hohl (Windpocken), wahrscheinlich ist der Inhalt resorbirt worden. Sie hinter­lassen dünne, papierähnliche Schorfe, und gehen selten auf Menschen oder Kühe über. (In G. amp; H. Suppl. 1854 ist ein Fall von Stein- und von Wind­pocken erwähnt, femer ein Fall von pockenähnlichem Ausschlag über den ganzen Körper.)
Ausser obigen Varietäten beschreibt Viborg einen flechtenähnlichen Eu­terausschlag (Var. vacc. herpeticae), Heinze rothe Kuhpocken {Var. vacc. ruhrae), Nissen schwarze und gelbe, so wie bläuliche Pocken {Var. vacc. nigrae, succineae, coeruleae; letztere scheinen von den ächten nicht ver­schieden).
Symptomatische Kuhpocken {Var. vacc. symptomaiicae) will Ra-mazzini bei der Rinderpest beobachtet haben; das bei dieser Krankheit (nicht immer) vorkommende Exanthem gehört aber nicht hieher, da es keines­wegs pustuiös, sondern mehr grindartig ist.
Die bei herrschender Maul- und Klauenseuche an dem Euter nicht selten entstehenden Blasen hat man hie und da mit Kuhpocken verwechselt. Mig-non in seiner Dissert, „du Cowpoxquot; wundert sich, wie ich habe diese Blasen mit den Pocken verwechseln können, was er annimmt, weil ich die Abbil­dung derselben neben die Knhpocken gestellt habe; er hat offenbar den Text nicht verstanden, sonst würde er gesehen haben, dass die Zusammenstellung in der Absicht geschehen ist, den Dntersehied zwischen beiden Exanthemen augenfällig zu machen! übrigens können beide in demselben Thiere zusammen­treffen, so litt in dem Falle von Dr. Reifsteck das Vieh zugleich an der Aphthensenche und bei Dr. Senna in Trioiso herrschte letztere im Stalle als die Kuhpocken ausbrachen, in beiden Fallen haben sich letztere als acht erwiesen durch die Impfung und Fortpflanzung auf Menschen.
Es ist zu bemerken, dass in zahlreichen Fällen, in welchen mit söge-
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Schafpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 379
nannten falschen Kuhpocken Impfversnche beim Menschen gemacht worden sind, nie ein Nachtheil daraus entstand; denn entweder haftete die Impfung gar nicht (dies ist am häufigsten), oder wo dies der Fall war, verlief der Ausschlag so leicht und so schnell, dass man ihn nicht mit ächten Kuhpocken verwechseln konnte. Nach Mas son (Bombay Transact. 1840) sollen die Pocken der Kameele in Ostindien seit langer Zeit bekannt sein und Agnelli sah sie in Algier und beschreibt sie als den Kuhpocken ähnlich: sie sollen sich auf Menschen übertragen lassen, und die damit geimpften Kinder bekommen einen allgemeinen, in der Regel aber 'gutartigen Pocken­ausschlag.
Man hat die Meinung aufgestellt, die Kuhpocken seien nichts anderes, als die durch die üebertragung auf das Thier gelinder gewordene Menschen-pocke. Impfungen letzterer auf Kühe haben (obschon nicht leicht) gehaftet und locale Pusteln am Euter hervorgebracht; allein von diesen wieder zurück auf den Menschen geimpft, blieb die Krankheit nicht allemal local, sondern es haben sich hie und da auch an den nicht geimpften Stellen Pusteln ge­bildet, so dass die Milderung ungewiss bleibt. Sunderland's Verfahren bei Kühen, Pocken hervorzubringen, ist mehreren Andern, z. B. Numan und in Berlin nicht gelungen (Pierer's Annal. 1831, 1832); bei Andern (z. B. Billing in Stockholm) war der Erfolg unvollständig. Dass indessen Kuh­pocken ganz spontan, d. h. ohne allen Zusammenhang mit Menschenpocken entstehen, beweisen sehr zahlreiche, in Württemberg und anderwärts beob­achtete Fälle. Wenn daher auch eine nahe Verwandtschaft zwischen Kuh-und Menschenpocken existirt, so ist doch eine Identität beider Krankheiten noch sehr zweifelhaft. Eben so unhaltbar ist die von Jenner ausgesprochene Meinung, dass die Pocken der Kühe eigentlich von der Pferdemaucke her­rühren , und jene dadurch inficirt würden, dass sie auf Waiden u. dgl. mit dem Mankestoff in Berührung kämen; die meisten Knhpockenfälle kommen aber bei uns in den Ställen vor, da der Waidegang fast überall abgeschafft ist, ja die meisten Eigenthümer, deren Kühe originäre Pocken bekamen, be-sassen gar keine Pferde. S p i n o 1 a impfte auf alle Hausthiere (Geflügel aus­genommen), die originäre Vaccine mit Erfolg. Er theilt femer einen Fall mit, in welchem von pockenkranken Kühen angesteckte Personen, zwei Kin­dern, die früher nicht vaccinirt waren, die ächten Menschenpocken sollen mit-getbeilt haben. In keinem Lande wird wohl so häufig mit originärer Kuh­pockenlymphe geimpft als in Württemberg, allein ein ähnlicher Fall ist, so viel mir bekannt, nie vorgekommen.
b) Pocken der Schafe. (Variola ovina.)
Literatur: ältere, besonders französische: Joubert (1578), Daubenton, Tessier (1777—1786), Chabert (Instr. I.), Barrier ebd., Voisin, Colignon, Jadelot (1806), Gullin, Gohier, Gilbert (1807), 6i-rard (1818), Gasparin (1821), H. d'Arbovat (1822); deutsche: Fink, Tögl, Busch (1798), Sick, Salmuth (1804), Tolberg, Sybel (1805), Rohlwes (1806), Notel, Waldinger (1815), Mo-galla, Liebbald, Müller (1817), Heintel (1823), Numan (1825), Giesker (1834); neuere: Curdt (in G. amp; H. III.), Steiner (ebd. nndVIII.), Dressler, Sick (VI.), Richter (Vil), Grüll (VUL), Erdt(in.), Kühnett (XIV.), Spinola (C. Ztg. 1847), Lebel, Dela-
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380nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;CompUcirte Fieber.
fond Ree. 1847), Belliol (Ree. 1848), Roche-Lubin ebd. 1848, 1853, Cauglia (Turin 1854).
Ein bei uns blos durch Ansteckung entstehender, pustu-löser Ausschlag auf der Haut der Schafe, begleitet von einem anfangs entzündlichen, später fauligen Fieber. Höchst ansteckend für jjoch nicht durchgeseuchte Schafe.
Die Ansteckung einer Heerde geschieht gewöhnlich durch das Einbringen einzelner pockenkranker, oder erst ganz kürz­lich durchgeseuchter Schafe in dieselbe; ferner durch das Be­fahren solcher Stellen (Waiden, Strassen, Ställe), wo kurz zu­vor Pockenkranke sich aufgehalten haben, endlich durch Ver­schleppung des Ansteckungsstoffs mittelst der Felle der Ge­storbenen, der Kleider von Menschen, der Wolle u. s. w. Das Contagium der Schafpocken ist sehr flüchtig; es soll sich auf mehrere hundert Schritte weit durch die Luft verbreiten, und getrocknet seine Wirksamkeit mehrere Wochen lang (vielleicht noch weit länger) behalten.
Nach Roche-Lubin wurden Schafe, die in einen desinficirten Stall gebracht wurden, dessen Schafe vor 3 — 4 Monaten die Pocken überstanden hatten, noch angesteckt. In Preussen sollen Schafe durch einen Stall, in welchem ein Jahr früher Pockenkranke gestanden waren, angesteckt worden sein ; der Stall war lange ausgelüftet, aber nicht desinficirt worden (G. amp; H. 1855). Nach Arnsberg bat ein Schäfer, dessen Schafe vor 2 Monaten an den Pocken litten, die Krankheit in eine 5 Meilen davon entfernte Heerde verschleppt (ebd. 1854). Der Impfstoff der Wiener Anstalt verlor seine Wirksamkeit durch Gefrieren, dnreh Siedhitze, Chlor- und Schwefeldämpfe (Wien. III.).
üeber die ursprüngliche Entwicklung dieser Krankheit ist nichts Näheres bekannt; man behauptet, sie finde in Frankreich, Preussen u. s. w. statt, was aber sehr unwahrscheinlich ist; noch weniger richtig ist die Angabe, dass die Krankheit in Spanien unbekannt sei. In Deutschland scheinen die Bedingungen ihrer Selbstbildung nicht vorzukommen, da sich die Einschleppung aus den angrenzenden Ländern fast jedesmal bestimmt nach­weisen Hess. Das östliche Deutschland erhält die Schafpocken aus Ungarn, Polen, Russland; das westliche entweder aus dem östlichen oder (in neuerer Zeit jedoch seltener) aus Frankreich. Erdt und Spinola (später auch Schellhase, Beyer, Pauli u. A.) wollen die Schafpocken in Preussen ohne Ansteckung entstehen gesehen haben (loc. cit.); Delafond scheint für Frankreich ähnlicher Meinung, da er von epizootischem Vorkom­men der Pocken spricht, Roche-Lubin will 8 Fälle von Selbst-
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Schafpocken.
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Erzeugung kennen. Dominick meint, die Pocken der Hasen könnten auf die Schafe übergehen und Schafpocken hervorbrin­gen (G. amp; H. 1855. Suppl.)
Symptome: Von der geschehenen Aufnahme des, in der Luft verbreiteten Ansteckungsstoffs bis zum Ausbruch der Krankheit verlaufen 4—7 (selbst bis zu 14) Tage (Stadium invasionis s. latentis contagii), worauf ein Fieberschauer den Eintritt der Krankheit bezeichnet, welche nun einen ziemlich regelmässigen Verlauf zeigt (ßtadium eruptionis). Mangel an Fresslust, Hitze, ein steifer, gespannter Gang, selbst Hinken, beschleunigtes Athmen, Nasenausfluss, vermehrter Durst, Thrä-nen begleiten das beginnende entzündliche, oder entzündlich-catarrhalische Fieber. Nach etwa 24 Stunden sieht man auf der Oberfläche der Haut, besonders an den unbewollten Stellen (z. B. innen an den Schenkeln, aber nicht an der untern Fläche des Schwanzes), flohstichähnliche Punkte, welche in den nächst­folgenden Tagen grosser und röther werden, zugleich in der Mitte ein Knötchen bilden, das nach und nach die Grosse einer Wicke oder Erbse erreicht und sich mit einer weisslichen, hellen, später gelblichen und undurchsichtigen Lymphe füllt. Die nächste Umgebung der Pustel ist geröthet (Hof) und aufgetrieben, wo daher viele Pusteln dicht beisammen stehen, fliessen sie in ein­ander über, und ganze Strecken der Haut werden aufgeschwollen (z. B. der Kopf). Manchmal füllen sich die Blattern statt mit Lymphe mit Blut, werden schwärzlich, bösartig (Aaspocken), oder sind mit Luft gefüllt (emphysematische Pocken, ebenfalls schlimm), oder sie bleiben flach und werden härtlich, den War­zen ähnlich (Steinpocken). Die Ausdünstung der kranken Schafe hat einen eigenthümlichen, süsslichen Geruch; Ausfluss aus der Nase von hellem. Schleim, auch Speichelfluss sind nicht selten während dieses Stadiums zugegen. Befinden sich zahlreiche Pusteln auf der Riechhant, so wird das Athmen erschwert und es kann selbst Erstickung eintreten. Pusteln auf der Hornhaut des Auges haben Erblindung zur Folge.
Nachdem die Pocken ikre vollständige Entwicklung erreicht haben (wozu 5—7 Tage erforderlich sind), nimmt das Fieber ab; die Fresslust stellt sich allmählich wieder ein, die Pusteln werden flacher, vertrocknen und bilden bräunliche 'Borken, welche erst nach einiger Zeit abfallen, und bleibende Narben hinter­lassen, auf denen gewöhnlich keine Wolle mehr wächst. Die-
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382nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
sev dritte Zeitraum der Krankheit (St. desquamationis} dauert ebenfalls etwa.7 Tage, und somit der ganze Verlauf von der Ansteckung an gerechnet, gegen 3 Wochen. Man hat indessen auch einen weniger regelmässigen Verlauf, namentlich eine Ver­langsamung desselben beobachtet, wobei z. B. die latente Pe­riode 10—20 Tage, ja selbst 30 (Erdt) gedauert haben soll; kalte Witterung scheint hierauf einzuwirken.
Spinola verwirft die Eintheilung des Verlaufs nach Stadien, welche oft in ihrer Dauer bedeutend abweichen; das dritte Stadium soll oft ganz aus­fallen und die Pocken im zweiten verschwinden.
Wenn der Ausbruch der Pusteln regelmässig stattfindet, ihre Zahl nicht sehr gross ist und das begleitende Fieber den entzündlichen Character und einen massigen Grad beibehält, so verläuft die Krankheit gutartig und der Verlust der Heerde be­trägt etwa 6—8 Procent und selbst weniger. Unter ungünsti­gen Umständen aber, welche theils in den Thieren selbst, theHs ausser ihnen (schlechtes Wetter, Mangel an Futter, Pflege u. s.w.) ihren Grund haben, werden die Pocken bösartig; das Fieber zeigt den Character des fauligen oder des nervösen, grosse Schwäche, starker Speichelfluss, Durchfall u. dgl. stellen sich ein, die Pocken werden missfarbig, fliessen zusammen, bilden Geschwüre u. s. w. und es gehen nun 15—20 und selbst 50 Procent der Heerde daran zu Grunde. Das enge Zusammen­leben vieler pockenkranker Schafe scheint den Charakter der Krankheit zu verschlimmern.
(1854—55 starben in Preussen von den geimpften Schafen ungewöhnlich viele, nämlich 4—12 Procent; von den natürlich angesteckten l/t—Va der Heerde, und in einer derselben alle unter 6 Wochen alte Lämmer.)
Junge Schafe, besonders Sauglämmer sterben oft schon in wenigen Tagen, wegen der gehinderten Ernährung; Widder wer­den meist heftiger befallen, trächtige Mutterthiere verwerfen gerne; mehrere Beobachtungen sprechen dafür, dass die Läm­mer in Mutterleibe durchsenchen und später nicht mehr von der Krankheit ergriffen werden; in andern Fällen waren die Nach­kommen durchgeseuchter Schafe für das Contagium empfäng­lich; Lebel führt beiderlei Fälle an. Biebei muss man wahr­scheinlich unterscheiden, ob die trächtigen Schafe die natürlichen oder die geimpften Pocken hatten, und wie weit sie zu dieser Zeit in der Trächtigkeit vorgerückt waren.. Es ist Thatsache, dass neugeborne Lämmer oder durch Verwerfen geborne Fötus den Pockenausschlag gleichzeitig mit der Mutter hatten. Curdt
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Schafpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;383
glaubt, dass die von Steiner angeführte fehlende Empfänglich­keit mancher Lämmerheerden für das Schafpockencontagiam auf Durchseuchen in Mutterleib beruhe; dass ein vor 13 Wochen geimpftes Mutterschaf ein (dann erst!) mit Pocken befallenes Lamm geboren haben soll, berichtet Gilow (G. amp; H. VI.).
Bei der Section findet man aussei- den äusserlich wahr­nehmbaren Erscheinungen, hauptsächlich Entzündung innerer Organe, z. B. der Respirationsschleimhaut, des Darmcanals mit ihren Folgen, Abscesse unter der Haut u. s. w. Auch hat man Pusteln auf den Schleimhäuten, seltener auf den serösen Häuten beobachtet; diese letzteren bilden weder eine eiternde Fläche noch Schorfe.
Die Behandlung pockenkranker Schafe muss mehr diäte­tisch und prophylactisch sein: geräumige Stallung, gute Streu oder bei warmer trockner Witterung der Aufenthalt im Freien, wenig aber leicht verdauliches Futter sind wesentliche Unter­stützungsmittel eines gutartigen Verlaufs. In der entzündlichen Periode kann man Salze (Salpeter, Glaubersalz), theils als Lecke, theils im Trinkwasser reichen; wo dagegen fauliges Fie­ber entstanden ist, müssen Aufgüsse von Angelica, Arnica n. dgl. nöthigenfalls mit Camphor gegeben werden. Zurückbleibende Geschwüre heilt man mit Kupfervitriolauflüsung oder eine Dige­stivsalbe aus Terpentin mit Zusatz von 01. petrae nigr. Meta­statische Ablagerungen, welche gerne in der Nähe von Drüsen sich einstellen, werden nach den Regeln der Chirurgie behan­delt. Die Vorbeugung, durch Vermeidung der Ansteckung ist jeder Behandlung vorzuziehen; sie wird durch zeitige Tren­nung der Kranken und Gesunden, oder durch Vorsichtsmaass-regeln (Quarantaine) beim Einbringen fremder Schafe erreicht. Letzteres Verfahren ist um so dringender, wenn die Schafe aus Gegenden kommen, in welchen theils keine polizeiliche Aufsicht über ihren Gesundheitszustand stattfindet, oder sogar notorisch die Krankheit herrscht.
Da jedoch die Vorsichtsmaassregeln nicht selten umgangen oder zu' spät ins Werk gesetzt werden, so bleibt noch die Milderung der Krankheit durch die Impfung übrig.
Durch die Impfung wird in der Mehrzahl der Fälle eine gelindere, mehr locale und fieberlose Krankheit hervorgebracht, die indessen, ebenso wie ein allgemeiner Pockenansbruch, das Individuum vor dem späteren Befallenwerden schützt. Die Re-
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ttQAnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
sultate der Impfung sind um so günstiger, je mehr man die passenden Verhältnisse dazu auszuwählen im Stande ist. In Ländern, deren Heerden öfter von Pocken heimgesucht werden, ist es daher sehr anzurathen, jedes Jahr die gefallenen Läm­mer zu einer günstigen Jahreszeit zu impfen (Schutzimpfung). Hiebei ist der Verlust desshalb sehr unbedeutend, weil die Lämmer an und für sich einen geringeren Werth haben, als erwachsene Schafe und weil man die günstigen Witterungs-nnd Nahrungsverhältnisse abwarten kann.
Wenn dagegen die Pocken in der Nähe ausgebrochen sind und man die noch gesunde Heerde vor der zufälligen Ansteckung nicht mit Sicherheit zu bewahren im Stande ist, so impft man ebenfalls (Präcautionsimpfung), jedoch mit minder günsti­gem Erfolge, weil das Geschäft nun ohne Rücksicht auf den allgemeinen Zustand der Heerde und auf Witterung u. dgl. vor­genommen werden muss.
Hat endlich die Krankheit in einer Heerde sich bereits ge­zeigt, so impft man die noch nicht sichtbar angesteckten Thiere (Nothimpfung), um wenigstens noch bei einem Theil der Heerde wo möglich einen gelindern Verlauf herbeizuführen.
Zur Impfung wählt man gutartige, durchsichtige Lymphe (Ovine) oder Eiter, selten Blut oder aufgeweichte Schorfe, von sol­chen Thieren, welche die Krankheit in gelindem Grade hatten. Durch mehrmalige Uebertragung der Lymphe auf kräftige, gesunde Thiere, und durch jedesmalige Auswahl desjenigen unter ihnen, welches am gelindesten ergriffen war (sogen. Cultivirung des Impfstoffs), glaubte man das Contagium mit Sicherheit dahin zu mildern, dass die Impfung mit solcher Lymphe nur locale Pusteln an den Impfstellen erzeuge. Diese Ansicht, welche früher ziemlich allgemein angenommen war, wird in neuerer Zeit von Mehreren (Sick, Lebel u. A.) widersprochen. Den­noch dürfte es als Ausnahme anzusehen sein, wenn bei zweck-mässigem Impfverfahren ein grösserer Theil der Heerde, ausser den Impfpusteln noch einen allgemeinen Ausbruch von Pocken zeigen sollte. Bei einzelnen Thieren findet es gewöhnlich statt, wie dagegen auch einzelne durchaus keine Empfänglichkeit für das Contagium zeigen. Um hierin sieher zu gehen, muss man die Fehllinge (nach 5—12 Tagen) noch einmal impfen. *
* Die sehr interessanten Ergebnisse des an der Wiener Schule seit 1836 bestehenden, und ononterbrocheu wirksamen Impf-Instituts hat Dr. Forster
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Schafpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 385
Die zum Impfen passenden Stellen sind entweder die untere Fläche der Schweifrübe, oder das Ohr, selten die innere Fläche der Schenkel oder der bewollte Theil des Schweifes. Man macht einige Stiche mit der in die (frische oder aufgeweichte) Lymphe eingetauchten Impfnadel oder Lancette. Am 3. bis 4. (seltener erst am 8—10.) Tage zeigt eine merkliche Röthe, dass die Impfung gehaftet hat; es entwickelt sich eine Pustel, von weit bedeutenderem Umfang als die natürlichen Pusteln zu sein pfle­gen, welche am 7. bis 9. Tage (nach Forster vom 11—13., ausnahmsweise auch erst vom 16—18. Tage) ihre vollständige Entwicklung erreicht, sofort wieder abtrocknet und einen Schorf hinterlässt. Nach Lebel soll man vom 10. bis 16. Tage (nach Kühnert vom 8. bis 20. Tage) noch taugliche Lymphe erhalten, wenp man den Schorf durchschneidet, das Blut ab-fliessen lässt, und die nachher in der Wunde sich zeigende Flüssigkeit auffasst; Impfung mit Blut war unsicher. Von Einer Impfpustel kann man hinreichend Lymphe erhalten, um einige Hundert Schafe damit zu impfen. Wird unmittelbar von einem Thiere aus auf andere geimpft, so ist zu vermeiden, dass dié Impflinge in die nächste Nähe jenes Thiers kommen, weil sie sonst durch dessen Ausdünstung auf dem natürlichen Wege (durch die Lunge) angesteckt werden können; denn wenn gleich durch die Impfung das Contagium gemildert wird, so behält es doch hinreichend von seiner flüchtigen Beschaffenheit, um eine solche Ansteckung auf Entfernung bewirken zu können. Man hat den Ausbruch natürlicher Pocken selbst 14—17 Tage nach der Impfung schon erfolgen gesehen. (Dressler, Arnsberg.) Um die Mühe der Impfung zu ersparen, gaben Roche-Lubin und Bei Hol den Schafen eine Mischung von Blut, Krusten u. dergl. pockenkranker Schafe, mit Kleie und Salz zu fressen; es entstand ein allgemeiner Ausbruch von Pusteln, der Verlauf war jedoch, im Ganzen genommen, günstig. Dieses Verfahren
(Wien III) mitgetheilt. Die Impfstelle ist meist die untere Fläche des Schwan­zes, das Blaten des Impfstichs vereitelte jedesmal die Haftung, dagegen war die Vereiterung der Stelle ohne Nachtheil; etwa bei 20 Procent haftete selbst 4—Smalige Impfung nicht. Die Impfpustel Tariirte in der Grosse zwischen einem Hanfkorn und einem Gänse-Ei. Eine allgemeine Eruption kam unter 1481 geimpften nur bei 44 vor, und zwar bei 12 derselben ohne gleichzeitige Impfpustel; von der ganzen Zahl sind 13 gestorben. Uebrigens setzt Roll den Werth der fortgesetzten Impfung mehr in die Forterhaltung eines geeig­neten Stoffs als in dessen Milderung.
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 25
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gggnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Coniplicirte Fieber.
wird schwerlich nachgeahmt werden (Rec. 1848). Dass geimpfte Pocken bei nicht geimpften Schafen selbst auf Entfernung einen allgemeinen Ausbruch hervorrufen können, davon habe ich mich 1832 überzeugt; dasselbe versichert Giesker, und Roll sah es öfters bei der Wiener Impfanstalt; in Preussen erklären mehrere Thierärzte das Impfen für eine Gelegenheit, die Schaf­pocken zu verschleppen und einheimisch zu machen. (G. amp;.H. 1855 Suppl.). Unter die seltenen Zufälle der Impfung gehört: die Versetzung derselben an andere Stellen, so dass an den Impfstellen selbst sich keine Blatter-entwickelt, dagegen in der Nähe z. B. am Grund des Ohrs, oder an entfernteren, stärker bewollten Stellen, z. B. dem Halse; solche verschlagene Pocken sind mehr den natürlichen ähnlich, als den geimpften. Drouard sah bei grosser Hitze Brand an der Impfstelle 8 Stunden bis 14 Tage (Dr. Forster am 9—10 Tage) nach der Impfung ent­stehen. Er wandte dagegen Einreibung von Linim. volat., Ein­schnitte u. s. w. an. Auch Starrkrampf ist, wahrscheinlich durch Erkältung bei geimpften Schafen, 16—21 Tage (13—18 Tage nach Richter, 25—30 Tage nach Lebel) nach der Impfung beobachtet worden.
Bei Schwächlingen und Gnubbern ist der Verlauf der ge­impften Pocken nicht selten verlangsamt. Die Impfstelle ent­zündet sich oft erst am 8—12. Tage und die Pustel füllt sich erst am 18—20. Tage mit Lymphe. Bei Wurmkranken soll die Impfpustel sehr klein bleiben und statt Lymphe consistenten Eiter enthalten; dessen ungeachtet sind die geimpften Thiere geschützt. Grüll beobachtete, dass gesundfi Schafe mit der Lymphe von bleichsüchtigen (wo übrigens die Krankheit normal verlaufen war) geimpft, eine heftige locale Entzündung mit Be­schleunigung des Verlaufs erlitten; schwächliche Thiere aber wurden davon am 3—4. Tage wie contract oder kreuzlahm, frassen schlecht, verloren die Wolle u. s. w. (G. amp; H. VIII.). Schafpocken und Aphthenseuche schliessen einander nicht aus, sondern verlaufen gleichzeitig oder nacheinander. Bei einem versuchsweise geimpften räudigen Hammel fand ich die Pusteln flach, bläulichroth, innen fest wie das Fleisch einer Citrone; sie enthielten erst am 13. Tage eine stark geröthete Lymphe.
Man hat mit Schafpockenlymphe auf den Menschen geimpft und behauptet denselben, ebenso wie durch Vaccine, vor den Menschenpocken geschützt zu haben. Anderntheils wollte man
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Schafpoeken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 387
durch Vaccinirung der Schafe sie vor den Schafpocken sicher gestellt haben (Sacco, Jadelot, Gohier, Husson); letzteres hat sich nicht bewährt (Pessina, Voisin, Waldinger, Lieb-bald), ersteres bedarf noch der Bestätigung.
Nach Numan hafteten Kulipocken ungcrne beim Schaf; die entstandenen Blattern vertrockneten bald und hatten keinen Hof; die Zurückimpfung auf ein Kind und eine Kuh gelang ihm nicht.
Gohier und Lullin übertrugen Menschenpocken auf Schafe; Giesker impfte Schafpocken auf Ziegen und von diesen wieder zurück auf Schafe, wobei jedoch die Pusteln kleiner wurden. Lehnhardt, Kersten, Spinola impften mit Erfolg Schaf­pocken auf Ziegen, letzterer auch umgekehrt spontan entstandene Ziegenpocken auf Schafe, die dadurch vor den Schafpocken ge­sichert blieben. Natürliche Ansteckung einer Ziege, die unter pockenkranken Schafen lief, ist in G. amp; H. VI. angeführt. Eben­daselbst wird ein Hund erwähnt, welcher auf gleiche Weise an­gesteckt wurde; die Pocken verliefen regelmässig, hinterliessen aber eine Lähmung des rechten Hinterfusses. — Zwei Impfver­suche mit Schafpocken auf Hunde und Ziegen gelangen mir nicht, ebenso wenig Roche-Lubin; auch Spinola impfte Hunde ohne Erfolg und selbst die Blutinfusion war vergeblich. In Wien misslang die Impfung von Hunden und Pferden. Aus Preussen wird gleichzeitiges Erscheinen' von Pocken bei Schafen und Schweinen gemeldet (1854—55).
Nach Gasparin sollen die Schafpocken auf Hasen und Kaninchen, sowie auf welsche Hühner übergehen, und die eigen-thümliche Pocke dieser letztern soll bei den Schafen Schaf­pocken hervorbringen. Curdt impfte Hasen mit Schafpocken, einer derselben krepirte daran. (G. amp; H. III.) Nach einer Angabe von Arnsberg soll ein Schäfer, der längere Zeit in dem Stalle bei pockenkranken Schlafen schlief, selbst von einem Pocken­ausschlag befallen worden sein. (G. amp; H. X.) Spinola gelang 'es nicht, von Hasen auf Schafe zu impfen.
Polizeiliche Maasregeln sind in den meisten Ländern gegen die Verbreitung und Einschleppung der Schafpocken an­geordnet. In Oestreich gilt die Krankheit als Hauptmangel mit achttägiger Gewährzeit. Nach Württemberg kamen die Pocken in den Jahren 1816—1817 aus Frankreich, und in den Jahren 1831 und 1832 aus Baiern. Die Verordnung vom 16,
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3ggnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
Mai 1816, welche die vom linken Rheinufer eingetriebeneu Schafe einer polizeilichen Untersuchung und Quarantaine unter­wirft, ist desshalb im Jahr 1833 auch auf Baiern ausgedehnt worden. Reuss beobachtete die Schafpocken in Württemberg schon 1762. (s. Dissert, über die Schafraude.) Das Fleisch der Erkrankten ist nicht zu benutzen, (nach Roche-Lubiu frassen es Schweine roh und gekocht ohne Nachtheil) die Felle, Wolle, Ställe u. dgl. müssen unter polizeilicher Aufsicht desinficirt wer­den. Bei der Flüchtigkeit und grossen Lebenszähigkeit des An­steckungsstoffes, der nach Delafond bei trockener, warmer Witterung auf 200—300 Metres Entfernung wirksam ist, sind die strengsten Vorsichtsmaasregeln am Platze. Eine durchge-seuchte Heerde soll noch lange als Träger des Contagiums von andern entfernt gehalten werden; schon Barrier (Instr. V.) setzte diese Absonderung auf 3 Monate fest und Delafond verlangt ebenfalls 3—4 Monate.
Im Juli 1847 wurden die Pocken durch einen Transport Schafe von Tön-ningen in Holstein nach England eingeschleppt, und haben daselbst grossen Schaden angerichtet, da die Krankheit den englischen Thierärzten ganz un­bekannt war.
(Abbildung der natürlichen Pocken bei Sacco, Tscheulin (beide schlecht), besser in Vet. Reeds. 1848, geimpfte Pocken bei Liebbald, Müller.)
Steinpocken. (Variola ovina var. tuberculosa). (Varicella ovium. Ad.)
Unter diesem Namen beschreibt man eine, in mancher Hinsicht verschie­dene Form der Schafpocken.
Haxthansen will sie ohne Spur einer Einschleppung entstehen gesehen haben. Das begleitende Fieber hatte den Charakter eines Catarrhfiebers; die Pocken tildeten sich langsam, waren anfangs wie Hanfkorn, später wie Linse oder Bohne, steckten zum Theil in der Haut, zum Theil über dieselbe heraus, füllten sich nicht mit Flüssigkeit, sondern blieben knorpelhart, braunroth, un­durchsichtig, ohne Hof. Die Ausdünstung der Kranken roch stinkend-schweissig. Der ganze Verlauf dauerte 4—6 Wochen. Complicationen mit Drüsenentzündung, Verhärtung und Geschwüre au den Gelenken kamen öfter vor; femer Anschwellung des Kopfs, starker Nasenausfluss u. s. w. Die Krank­heit war mitunter tödtlich, dabei höchst ansteckend; die zurückbleibenden Narben waren mehr concav, als bei den gewöhnlichen Schafpocken (s. Rust's Magazin, 29. Bd.).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;• .
Dieselbe Form scheint Hofrichter als tuberculose Pocken zu be­schreiben. Sie bildeten keine Blasen, sondern waren tuberculös; auf der Pleura und dem Bauchfell waren sie eben so beschaffen und sahen aufge­schnitten geronnenem Eiweiss ähnlich; sie sassen nicht auf der Haut, sondern steckten im Corium, hatten keinen entzündeten Grund, eine ziegelrothe Farbe und gaben beim Einstechen röthliche Lymphe und Blut. Bei der Hälfte der
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Ziegenpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;389
damit geimpften Thiere entstand ein allgemeiner Ausbruch von Pusteln. Von den natürlich angesteckten gingen an 30 Procent, von den Geimpften nur 4 Procent zu Grunde (Henke's Zeitschrift 1831). Eiselt sah Steinpocken, die eiweissähnlich, mit gelblichem Eiter gefüllt waren, und von 3—5 Tagen wieder abtrockneten, wobei die Thiere munter und später vor den eigentlichen Pocken verschont blieben (Oestr. Jahrb. 32. Bd.).
Eine ähnliche Modification beobachtete ich im Jahr 1831 bei einer Heerde in Zeil, O.Amts Kirchheim.
Er dt glaubt diese Steinpockep (Aaspocken u. dgl.) seien blos zufällige Abweichungen der wahren Schafpocken.
y) Pocken der Ziegen. (Variola caprina).
Es sind nur wenige Fälle von Pocken bei Ziegen bekannt. Sie unterscheiden sich wesentlich von den Schafpocken dadurch, dass sie bei uns von selbst, ohne Ansteckung entstehen.
Hertwig beschreibt einen solchen Fall ausführlich (in G. amp; H. VI.) und gibt eine Abbildung desselben. Ausser gelin­den Zeichen eines allgemeinen Leidens war Verminderung der Milch, Empfindlichkeit des Euters zugegen; das Thier säugte seit 3 Wochen. Die zuerst entstandene Pocke sass am Euter selbst, und war am 5. Tage erbsengross, etwa eine Linie über die Haut erhaben, flach, an der Spitze abgerundet, massig roth und hatte einen kleinen Hof, der sich später noch verstärkte, während die Pocke zugleich eine kleine Delle bekam. Die zweite, um drei Tage später ausgebrochene Pocke war kleiner, wie Hanfkorn, blassroth und sass fast ganz in der Haut.
Vom 10. Tage an bildete sich die erste Pocke zurück, wurde trocken, hinterliess einen dicken, braunen Schorf, der am 18. Tage abfiel und eine Narbe zurückliess. Die kleinere Pocke hatte denselben Entwicklungsgang.
Die Impfung einer andern Ziege blieb ohne Erfolg.
Diese Pocken hatten im Ganzen mehr Aehnlichkeit mit der Kuhpocke, als mit der Schafpocke. Eine Ansteckung mit einer dieser beiden konnte wohl kaum stattgefunden haben. Spinola führt auch einen Fall von spontanen Ziegenpocken an; sie befielen das Euter, Hessen sich auf andere Ziegen, ebenso auf Schafe impfen, welche sie vor den Schafpocken schützten (C. Ztg. 1847).
Im Sept. 1832 wurden Pocken bei Ziegen in N., Oberamts Geislingen, beobachtet. Von 54 Thieren, die zu einer Heerde gehörten, wurden zuerst 7, dann 3 ergriffen. Bei einigen dieser Ziegen war zuerst Fieber u. s. w. zugegen, dann folgte der
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390nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
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Ausbruch der Pusteln; bei den meisten bemerkte man gar kein allgemeines Leiden, dagegen bei Allen Abnahme der Milch, Empfindlichkeit und Geschwulst des Euters. Der Ausschlag betraf blos das Euter und hinterliess nach dem Abfallen Narben; er war somit den Kuhpocken näherstehend, als den Schafpocken. Es liefen auch anfangs Schafe auf derselben Waide, ohne dass sie angesteckt worden wären.
Waltrup führt eine Heerde' von 100 Ziegen an, welche auf der Waide lief. (G. amp; H. 1856 Suppl.)
8) Pocken der Schweine. (Variola suilla.)
Literatur: Ruling (1772), Santin 1815 (in G ohieis Mémoires 11.), Wirt­gen (in Annales d'Ayric. Tom. 28), Rousseau (im Journal prat. 1828), Felix (in Rec. 1827), Viborg, Haumanu, Greve (Wahrnehmungen u. s. w.), Spinola (1842), Eisele (Krankh. der Schweine), Pradal . (Maladies des pores 1848), Körb er (G. amp; H. I), Schrader (ebd. IX.), Arnsberg (ebd. X.), Boughton (Vet. 1849), Zürich, med. Bericht (Schw. XI.).
Die Pocken der Schweine sind nicht so selten; sie ent-wickeln sich ohne vorausgegangene Ansteckung, besonders bei jungen Thieren, und verbreiten sich durch Ansteckung auch auf ältere.
Trägheit, Mangel an Appetit, ein hängender, nicht autge­rollter Schwanz, matte oder trübe Augen, aufgedunsene Augen­lider u. s. w. machen den Anfang des Allgemeinleidens; nach ein paar Tagen werden die Fieberzufälle deutlicher, das Athmen wird stöhnend, die Gliedmassen steif, am Kopfe, Halse u. s. w. zeigt sich Anschwellung und es brechen nun rothe Flecken auf der Haut aus, die gegen den 6. Tag der Krankheit zunehmen, in der Mitte bleich werden und sich mit Lymphe füllen, am 9. bis 10. Tage im ganzen Umkreis w^eiss sind und anfangen, einen Schorf zu bilden, der gegen den 12. Tag abfällt. Bougthon bemerkte einen geschwollenen Rand und eine Delle an den Po­cken. Weiden die Pocken schwärzlich und fliessen zusammen, so ist die Krankheit bösartig. (Viborg.) Den eigenthümlich süsslichen Geruch der Hautausdönstung will Arnsberg (wie bei Schafpocken) wahrgenommen haben. Schrader sah neben den gutartigen Pocken auch bösartige, die er schwarze nennt, woran viele Thiere zu Grunde gingen.
Greve sah den Ausbruch der Pocken bei 9 Wochen alten Ferkeln vom 4—8. Tage der Krankheit dauern; sie erreichten
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Schweinspocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;391
die Grosse einer Erbse, und flössen bei einigen dieser Thiere ganz'zusammen; zugleich stellte sich beschwerliches Athmen, Husten und den 10. Tag Auftreibung des Bauchs und Convul-sionen ein, denen der Tod folgte. Bei den leichter ergriffenen gingen die Blattern in Eiterung über und trockneten am 13. bis 14. Tage. Am 18. Tage war die Krankheit vorüber. Bei der Section fand man die Halsmuskeln, die Luftröhre und den Schlund, die'Lungen, das Netz, Gekröse und Bauchfell überall mit erbsen-grossen Pocken besetzt, die blutigen Eiter enthielten. In der Brusthöhle war bei Einem sehr viel gelbes Wasser; die Leber mit gelbgrünen Flecken wie besäet, die Nieren entzündet.
Die Impfung dieser Pocken auf Pferde, ein Kalb und eine Ziege haftete nicht; ebensowenig zeigten bereits durchgeseuchte Thiere später noch eine Anlage zu der Krankheit (wie auch Ruling und Viborg beobachteten). Durch die Impfung auf junge Schweine, die die Pocken noch nicht gehabt hatten, schien die Krankheit gemildert zu werden. Spinola (Schweinkrank­heiten 1842) empfiehlt, wie früher Viborg gethan, die Schweine zu vacciniren; er hat dies mit Erfolg ausgeführt (ob unter dem Erfolg der Schutz vor den natürlichen Pocken oder blos das Haf­ten des Impfstoffs gemeint ist, ist nicht deutlich zu entnehmen).
Eisele sah die Schweinspocken als spitzige Bläschen, die in der Mitte vertieft sind, einen geschwollenen rothen Hof haben und eine helle Flüssig­keit enthalten. Nach dem, nicht gleichzeitig stattfindenden Ausbruch der Pocken nahm das Fieber ab. Mit dem 7—8. Tage fing die Eiterbildung an, die Pocken wurden breiter, flössen mitunter zusammen und die Haut schwoll in den Zwischenräumen an. Mit 11—12 Tagen begann die Schorfbildung. Das Zurücktreten der Pocken zeigte sich gefährlich; trat Durchfall während ihres Verlaufs ein, so folgte nicht selten Abzehrung nach.
Am Fach unterscheidet ebenfalls gutartige und bösartige Pocken; er behauptet, die Pocken befallen fast alle junge Schweine in den ersten Wo­chen ihres Lebens. Auch Pradal nimmt zweierlei Formen an; die eine nennt er Claveau, #9632;womit man die Schafpocken bezeichnet, die andere petite veröle. Felix beobachtete die Schweinspocken als eine 4 Jahre lang im Dep. Dordogne herrschende Seuche (Rec. 1828).
Ich habe die Pocken auch bei älteren Schweinen gesehen; sie bildeten grosse Borken, unter denen sich viel Eiter abson­derte; bei der Section zeigte sich Entzündung und Brand an dem Darmcanal und der Lunge, dazu Pocken auf den Schleim­und serösen Häuten dieser Theile.
Die Behandlung besteht anfangs in einem Brechmittel, im entzündlichen Stadium saure Milch oder Wasser mit Sauer-
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#9632;
392nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
teig. Salpeter oder Glaubersalz im Getränke; im Schwäche-zustand Abkochungen von Wermuth oder Angelica mit Essig oder Schwefel, auch ähnliche Klystiere. Dazu Reinlichkeit des Stalls, frische Luft u. s, w.
Nach Viborg's Versuchen gehen die Menschenpocken auf Schweine über; er räth daher, die mögliche Ansteckung der letztern zu vermeiden. Eine Ansteckung der Schweine ereig­nete sich in Alfort, als man eine Kuh mit Tüchern bedeckt hatte, die mit MenschenpockenstofF imprägnirt waren, in der Ab­sicht nach Sunderland's Methode Kuhpocken zu erzeugen. Einige der Lappen fielen herab und wurden von den Schweinen im Stall herumgezerrt, auch wohl theilweise gefressen; 8—10 Tage später brachen die Pocken an den Schweinen aus und kei­nes der 40—50 Stück zählenden Heerde blieb verschont. (Mig-non, du cowpox p. 54). Eisele sah bei einer Magd, welche mit den kranken Schweinen zu thun hatte, eine Pocke an der Hand, jedoch ohne allgemeine Zufälle, entstehen; sie hatte in der Jugend die natürlichen Blattern gehabt. Arnsberg sah drei Personen, welche die kranken Schweine besorgt hatten, an Va-rioloiden erkranken. In Zürich gelang die Impfung von Saug­ferkeln mit MenschenpockenstofF nicht. Gerlach übertrug Schweinspocken auf Ziegen und zurück.
e) Pocken der Hunde. {Variola canina.)
Literatur: Barrier (Instr. II.), Noyes (Armales de la Soc. d. Med. ä Mont­pellier 1.23), Leblanc (in Vet. 1841).
Sie befallen meist junge, selten ausgewachsene Hunde und haben im Verlauf Aehnlichkeit mit den Schweinspocken. Mit dem Durchsenchen ist die Empfänglichkeit dafür für das übrige Leben aufgehoben; allein der grösste Theil der Hunde bleibt von den Pocken verschont, die in manchen Jahrgängen öfter, dann aber auch wieder längere Zeit nicht mehr beobachtet werden.
Frieren, Unruhe, beschleunigtes Athmen u. s. w. bezeichnen den fieberhaften Anfang der Krankheit; am 3—4. Tag derselben brechen die Pocken zuerst als Flohstich-ähnliche Punkte, dann als fühlbare Knötchen aus, welche sich mit Lymphe füllen und somit Pusteln darstellen, die ungefähr am 8—10. Tage der Krankheit, manchmal aber auch später, zu vertrocknen anfan­gen, und nach dem Abfallen haarlose Narben hinterlassen. Nach
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Pocken der Hunde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -393
vollendeter Eruption lässt das allgemeine Leiden nach, die Fress­lust stellt sich wieder ein u. s. w. Aeltere Hunde zeigen heftigere Entzündungssymptome durch Hitze der Nase, Lechzen, hochrothe Zunge u. s. w. Ganz junge, noch saugende Hunde krepiren oft in der ersten Hälfte des Verlaufs der Krankheit. Gänzliches Verschmähen des Futters, das nicht gehörige Ausbrechen der Pocken, Husten mit Aufblasen der Backen sind meist schlimme Zeichen. Der Uebergang des Fiebers in den fauligen Zustand ist durch schmierige Augen, grosse Mattigkeit, starken Ausfluss aus der Nase, Durchfall u. s. w. bezeichnet.
Barrier führt unter den Symptomen der Pocken bei Hun­den Erbrechen, galligten Durchfall, starkes Schwitzen, Ausgehen der Haare u. s. w. an.
Therapie: zuerst ein Brechmittel, sodann nachdem Cha­racter des Fiebers; meist hat die Behandlung auf den Gang der Krankheit wenig oder keinen Einfluss. Diätetische Mittel, mas­sig warmes Verhalten, ein trockener Stall und eine günstige Witterung lassen mehr hoffen, als eigentliche Arzneien.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Krankheit für andere Hunde, die sie noch nicht überstanden haben, ansteckend ist; allein das Contagium scheint keine bedeutende Intensität zu besitzen und sich nur durch Berührung oder näheres Zusammen­leben auf andere Hunde zu übertragen; durch die Luft verbreitet es sich nicht in die zunächst anstossenden Hundeställe.
Wal ding er räth, die jungen Hunde vor der 8. Woche zu vacciniren; er empfiehlt, zur Impfung den Schweif ziemlich weit hinten zu nehmen, so dass nachher die Pustel mit dem Schweifstück abgeschlagen werden kann. Die Blatter wird den 9—11. Tag reif, man kann damit weiter impfen (grosse Hunde pflegen sie aufzulecken); am 14. Tage kann man sodann den Schweif abschlagen.
Dagegen behauptet Leblanc, die Vaccine hafte nicht beim Hund; er impfte daher die der Ansteckung ausgesetzten Hunde mit den eigentlichen Hundepocken und erreichte damit eine Milderung der Krankheit.
(Dass Hunde von Schafpocken angesteckt werden können, ist oben ange­führt; auch Huzard erzählt einen Fall, in welchem 17 Hunde, die von an Schafpocken krepirten Schafen gefressen hatten, Blattern bekamen, woran 11 von ihnen starben; der Hundewärter wurde an den Händen und dem Gesichte angesteckt; Scbweinspocken hafteten nicht nach Greve; dagegen impfte er 8 Hunde mit Menschenpocken; drei derselben wurden ganz mit Blattern be­deckt und starben dann )
Ob der während der Staupe oder Hnndeseuche nicht selten, besonders am Bauche vorkommende Ausschlag, der in kleinen, sich mit Eiter füllenden
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394nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
spitzen Blatterchen besteht, eine Modification oder ein Surrogat der Htmde-pocken sei, ist unentschieden.
Man kennt bei den Katzen keinen Pockenausschlag.
t) Pocken der Vögel. {Variola gallincmim, anserum etc.)
Literatur: Gurlt in seinen Beiträgen zur pathol. Anatomie der Vögel G. amp; H. 1849. Pocken bei Gänsen an der Schwimmhaut und innen auf der Bronchial- und Darmschleimhaut. G. amp; H. 1856 Suppl.
Man will sowohl bei Hühnern, Gänsen und Tauben, als auch besonders bei Truthühnern einen pockenähnlichen Ausschlag beobachtet haben. Er soll an den nicht befiederten Stellen des Körpers und um den Schnabel herum und selbst im Maul und Schlund sich bilden, und wird bald warzen-, bald pustelähnlich beschrieben. Die befallenen Theile schwellen dabei an und viele Thiere sollen daran sterben.
Die Behandlung besteht (ausser der Trennung der Kranken von den Gesunden) in Aetzung der äussern Pusteln, Befeuchten der Innern mit einer Säure und Einschütten stärkender Mittel, z. B. Wein, bitterer Decocte. Bei den Gänsen sollen entzünd­liche Geschwülste am Kopfe u. s. #9632; w. von der Grosse eines Taubeneies entstehen, die Abscesse bilden, welche zeitig geöff­net werden müssen.
if) Traubenkamm-Krankheit des Rindviehs. {Rafle, Rave, Feu d'herbe der Franzosen. Varicella bourn. Ad.)
Dieser von französischen Thierärzten (schon von Chabert, Fromage) beobachtete pustulöse Ausschlag soll hauptsächlich durch die Fütterung der Traubenkämme (Trester) und des Re­benlaubes bei Rindvieh entstehen; indessen will man ihn auch bei anderer Fütterung (grünem Klee u. dgl.) gesehen haben; Gelle vergleicht ihn dem acuten Ecthyma des Menschen.
Symptome: nachdem während 4—5 Tagen Fieber, Mat­tigkeit, heisses Maul, geröthete Augen, beschleunigtes Athmen, Anschwellung des Euters u. s. w. vorausgegangen, entsteht vor­zugsweise an den hintern Füssen, von der Krone an bis zum Euter, seltener an den Vorderfüssen oder den Lippen, ein blatternartiger Ausschlag, der als eine Art Crisis erscheint, da nach seinem Ausbruche die allgemeine Störung der Gesundheit nachlässt.
Die Pusteln bilden sich aus kleinen, verhärteten, in der Haut sitzenden Knötchen, welche sich erheben, grosser werden
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Nervenfieber oder Typhus.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 395
und dann eine rothe Geschwulst mit weisser Spitze darstellen. Sie brechen an der Spitze auf und sickern Blutwasser oder jaucheartige Flüssigkeit, trocknen sodann ein und fallen als dünne Schorfe ab.
Dauer: 12—14 Tage.
üeber die Contagiosität dieser Krankheit sind die Ansich-sen noch abweichend; in einem und demselben Stalle ergreift sie gewöhnlich sämmtliches Vieh.
Favre in Genf beschrieb eine Afection pttstuleuse bei einer Kuh mit erbsen- bis bohnengrossen Pusteln auf der Haut; die Section zeigte aber alle Symptome einer Eiterinfection. In Württemberg werden die Trester der Trauben, sowie Bebeulaub, allgemein dem Rindvieh gefüttert, ich habe nie einen solchen Ausschlag davon entstehen gesehen; ich halte diese Trauben-kammkrankheit für näher mit der Mauke des Rindviehs verwandt; auch die Ursache scheint dafür zu sprechen, da die Traubentrester gewöhnlich nicht frisch, sondern, nachdem sie längere Zeit fest eingestampft waren, wobei sie in weinigte und später Essiggährung übergehen, gefüttert werden. Ädamo-wicz führt unter den Exanthemen auch eine Varicella ovium und canum (ca-tulorum) an.
Behandlung: meist überflüssig, da die Krankheit nicht gefährlich ist; bei stärker entzündlichem Leiden: Salpeter und Kochsalz ins Trinkwasser; selten Aderlass; Diät. Die ange­schwollenen Hautparthieen kann man mit erweichenden Decoc-ten bähen.
Eilfte Gattung.
Nervenfieher oder Typhus. (Febris nervosa, Typhus.)
Literatur: Tscheulin (1815), Falke, (Mouogr. Skizze 1840), Damaliz et Reynal (Rec. 1842), Denoc (Rec. 1843), Rosenbaum (Abdominal-Anthraxtyphus, enzootisch, 1846), Wieners in N. amp; V. XI.), Gerlach (G. amp;H.), Stahl (C. Ztg. 1846), Fischer (Belg. 1845), Lambert (Rec. 1848), Ernes (gastrisches Leiden mit Petechien, 10—20 Tage dauernd (Vet. 1849), Jourdier bei Remonten, Geschwüre im Magen, Auftreibung der Peyer'schen Drüsen; von 291 nur 11 verloren (Toul. 1852), Lieutaud, bei Militärpferden, von 300 nur 33 verloren (Lyon 1853), Baillif dasselbe, als catarrhalisch-typhöses Fieber beschrieben (Toul. 1856), Hellmann, Typhus abdom. (eigentl. Petechialfieber und Eiter­infection) mit Geschwüren im Darm (G. amp; H. 1852), Bruckmüller zwei Fälle, dem Petechialfieber ähnlich (Wien III), Köhne. Typhus acutiigi-mus mit Geschwülsten am Bauch, Brust (G. amp; H. Snppl. 1854), Knoll Typhus bei Pferden im Elsass (Magenkoller, Lyon 1855), Bonora Ty­phus in Oberitalien, Influenza mit Petechien, Chinin dagegen (Mail. II), Volpi Typhus als perniciöses Wechselfieber, Eletti als Gastro-Menin­gitis (ebd.), Rückenmarkstyphus bei Pferden (Influenza ähnlich G. amp; H.
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Complicirte Fieber.
1855), desgl. mit {tetäubung, Raserei, Schwäche im Kreutz (ebd. 1856), Lafosse Typhus bei Pferden mit Leberleiden, Anschwellung des Kopfs u. raquo;. w. (Toni. 1856), Hering 2 Fälle (Rep. XIX, Klin.), Roloff typh. Diathese. G. lt;fe H. 1857. Vgl. dia j bei den einzelnen Seuchen citirten Autoren. Häufig nannte man in neuerer Zeit die Influenza Nervenfieber oder Typhus, und in Württemberg ist für die halb acute Himentzündung dieser Name sehr gebräuchlich,
Fieber verschiedenen Characters, mit auffallender Störung der Verrichtungen des Nervensystems. Meist mit einem localen Leiden (der Brust- Baucheingeweide) complicirt. Selten spora­disch, sondern enzootisch oder epizootisch. Acuter Verlauf; manchmal contagiös. Bei allen Hausthieren, am meisten beim Pferde und Rindvieh beobachtet.
Die Nervenfieber bilden keine streng abgeschlossene Gat­tung, sondern stehen durch das sie häufig begleitende örtliche Leiden mit andern Fiebergattungen und mehreren Entzündungen im nächsten Zusammenhang, z. B. mit den Gallen-,- gastrischen und catarrhalischen Fiebern, der Hirn- und Lungenentzündung, der Ruhr u. s. w. Die bei den nervösen Fiebern gewöhnlich vorhandene Neigung zur Zersetzung des Bluts ist bei dem Anthrax-fieber in ähnlicher Weise zugegen, ja noch mehr ausgeprägt. (Rychner, Falke, Roche-Lubin, Gourdon, namentlich aber die Wiener Schule, zählen den Milzbrand zu den Typhen; S p i n o 1 a führt Typhus sowohl bei dem Nerven- als dem Faul­fieber an.) Je nachdem man nun bei diesen Krankheitsformen den grössern Werth bald dem localen Leiden (z. B. des Darm-cauals, der Respirationsorgane u. s. w.), bald den hervorstechen­den Erscheinungen im Nervensystem beilegt, werden sie an ver­schiedenen Stellen eines Systems eingetheilt werden müssen. Manche nennen irrigerweise diejenigen Krankheitsfalle typhös, welche sei es von Natur oder durch falsche Behandlung, schwie­rig, bösartig oder sehr gefährlich geworden sind.
Krankheiten, die im Anfange einen entzündlichen, oder einen mit diesem zusammengesetzten Character haben (z. B. den catarrhalisch- oder gastrisch-entzündlichen), werden öfters im weiteren Verlaufe nervös (z. B. Staupe, Influenza, dies er­klärt sich theils aus der Contiquität der Nasenschleirahaut mit den Hirnhäuten, theils als Reflex von den Hinterleibsorganen.) Je nach den Ursachen und Verhältnissen, unter denen Nerven-tieber erscheinen, hat man z. B. dem Nervenfieber des Pferdes verschiedene Beinamen gegeben; so findet man einen Stall-
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Nervenfieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 397
typhus, ein Lager-Faulfieber, eine Kriegspest, Pferde-Influe-nza, typhöse Lungenseuche u. s. w. angeführt. Andere unterscheiden nach dem vorzugsweise ergriffenen Theil des Ner­vensystems einen Cerebral-, Pulmonal-, Abdominal- und selbst einen Dermatotyphns.
Die bei letzterem -wahrgenommenen kleinen Knötchen in der Haut, z. B. am Bauche, möchten vielleicht den Insecten zuzuschreiben sein, die derglei­chen Kranke besonders hartnäckig belästigen.
Schon aus der oben angeführten Literatur ist ersichtlich, wie verschieden die Auffassung des Typhus ist, der hier als gleichbedeutend mit Nervenfieber genommen wird. Man hat hie-bei bald die Symptome am lebenden Thiere, wie Abstumpfung der Sinneseindrücke, seltener Aufregung, Sinken der Kräfte ausser Verhältniss zu dem Grade des Fiebers, gestörte Muskelbewegung (Schwanken, Stolpern) Durchschwitzen des Bluts u. s. w., als characteristisch genommen, bald den Sectionsbefund, nament­lich das Auflockern, Schwellen der Gekrösdrüsen, die Infiltration und Geschwürbildung der Darmschleimhaut, besonders der Peyer'schen Drüsen, die Beschaffenheit des Bluts u. s. w. Indessen muss beides zusammen treffen, denn einzelne der genannten Symptome und pathologische Veränderungen trifft man auch bei andern, durchaus nicht typhösen Krankheiten, und anderntheils können einzelne Zeichen fehlen bei wirklich typhösen Leiden, deren Gesammtbild nach Ort, Zeit, Ursache u. s. w. nicht sel­ten variirt.
Meine Ansicht ist, dass Typhus bei unsern Hausthieren vorkomme, allein dass man diesen Ausdruck vielfach missbraucht habe, und dass die wahren Typhusfälle selten seien. (So auch Rey in Lyon 1856.)
Obgleich das Nervenfieber auch sporadisch vorkommen kann, so sind es doch meist eigentliche Epizootien, welche fortschrei­tend durch ganze Länder sich verbreiten, oder beschränkte En-zootien, welche blos einzelne stark besetzte Ställe oder die Thiere eines Thaies u. s. w. befallen. Dies ist bei den Pferden am häufigsten beobachtet worden; so war z. B. die von Brug-gone ini Jahr 1783 beschriebene, sehr ansteckende Seuche auf die Dragonerpferde von Fossano beschränkt; ebenso verhielt es sich mit der Pferdeseuche von Lugoz im Jahre 1817; dem Ab­dominaltyphus vom Jahre 1830 in Stuttgart; ferner den von Denoc, Reynal, Rosenbaum, Lambert beschriebenen Fäl-
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398nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
len; dagegen verbreitete sich die sogenannte Brustseuche oder Influenza des Jahres 1805 durch fast alle Theile Deutschlands.
Zu den durch das locale Leiden hervorgerufenen Symp­tomen gesellen sich auffallendes Sinken der Kräfte, Abstump­fung der Sinne, seltener erhöhte Reizbarkeit derselben, Gleich­gültigkeit und selbst Bewusstlosigkeit, Gähnen, Zähneknirschen, Ausgehen der Haare, Neigung zu fauliger Zersetzung des Bluts, zu colliquativen Secretionen, Zuckungen u. s. w.
Der Sectionsbefund bezieht sich mehr auf das örtliche Leiden und hat selten etwas Characteristisches. Das Blut ist in der Regel von Farbe dunkel, dünnflüssig, gerinnt sehr lang­sam, nie fest, scheidet keinen Faserstoff, dagegen meist viel geröthetes Serum aus oder es bleibt syrupartig; nicht klebrig oder krümmlich und kohlschwarz wie bei den Anthraxfiebern. Ecchymosen sind an allen Organen zu finden; nicht selten sind förmliche Blutergiessungen im Darmkanal, Bauchfell u. s. w. zu­gegen; die Milz ist oft vergrössert; die Darmschleimhaut ist infiltrirt, die Peyer'sehen Drüsenhaufen sind geröthet, geschwellt, und lassen eine röthliche, dicke Materie herausdrücken. Bei der grossen Neigung zu putrider Zersetzung haben übrigens nur die unmittelbar nach dem Tode gemachten Sectionen einen Werth. Einige Beobachter haben wie beim Menschen, Geschwüre auf der Darmschleimhaut, gefunden; Andere halten die (cada-verische) rothe Färbung der Innern Haut des Herzens, der Aorta u. s. w. für etwas Wesentliches.
Eine Auflösung der Darmschleimhaut beobachteten Damalix und Reynal bei einer von ihnen als Typhus bezeichneten, ansteckenden Krankheit der Bemontepferde ; D e n o c fand Beulen im Darmcanal wie Wurmbeulen, daneben Ecchymosen, Ray er sah eine Peyer'sche Drüse ulcerirt, bei einem Esel, der an jièvre entéro-mesenterique mit Durchfall gelitten hatte. (Areh. de Med. comp. 1843.) Falke fand drei Geschwüre im Colon (G. amp; H. Vlll.) und in der Alforter Clinik -waren zahlreiche kleine TJIcerationen im Darmcanal, ohne Hof oder Entzündung bei einem schon nach 24 Standen an einem Petechial-fieber verendeten Pferde bemerkt worden. (Rec. 1842.) Fischer fand Ge­schwüre mit Ecchymosen oder brandige Flecken im Colon, die grössten wie Frankenstücke; Stahl kleine Darmgeschwüre wie Erbsen gross. Dagegen sind auch Darmgeschwüre ohne allen Zusammenhang mit Typhus beobachtet z. B. G. amp;H. XIII, S. 105 und Falke's Fälle ebd. VIII.
Ursachen: es ist aus dem Gesagten deutlich, dass allge­mein verbreitete Einflüsse, die man gewöhnlich in der Atmo­sphäre sucht, eine besondere Neigung zu nervösen Krankheiten bei dieser oder jener Art unserer Uausthiere hervorbringen
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Nervenfieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;399
(Oeniua epidemicus), welche Neigung sodann oft durch an sich geringfügige Umstände vollends zur Bildung einer bestimmten Krankheitsform gesteigert wird, oder wenigstens sich durch das ungewöhnliche Erscheinen nervöser Symptome bei sonst nicht nervösen Krankheiten zu erkennen gibt.
Alles, was den Körper schwächt, den Wiederersatz .an Kräften und Materie hindert, die Blutbereitung beeinträchtigt, oder eine Neigung zur Zersetzung des Bluts veranlasst, dispo-nirt zu nervösen Fiebern. Daher sind Misswachs, verdorbenes Futter und unreines Wasser, Sumpf- oder verdorbene Luft, übermässige Anstrengung, Mangel an Erholung, grosse Hitze oder Kälte u. s. w. immer und mit Recht unter den Ursachen der nervösen Fieber angeführt worden. Diese Ursachen finden sich in Kriegszeiten, bei starken Märschen, Belagerungen u. s. w. am ehesten zusammen, daher man auch alsdann den Typhus sowohl bei Menschen als Thieren beobachtet. Den mehr be­schränkten Fällen von Nervenfieber (Stalltyphus) liegt jedoch öfter keine der ebenerwähnten Ursachen zu Grunde, so dass manchmal kaum eine haltbare Angabe über die nächste Veran­lassung der Krankheit aufzutreiben ist.
Je heftiger die Ursachen des Typhus einwirken, je mehr er sich in besonders dazu disponirten Thieren bildete, je grosser die Anzahl solcher beisammenlebenden Thiere ist — um so eher wird sich ein Ansteckungsstoff entwickeln, der sich indessen, so weit bis jetzt bekannt ist, nur in derselben Thierart fortpflanzt. Das Contagium des nervösen Fiebers ist flüchtig; die Lungen- und Hautausdünstung, vielleicht auch die übrigen Secretionen des Kranken sind die Träger desselben. Es scheint übrigens sich nicht auf grosse Entfernung durch die Luft zu verbreiten, und der Zersetzung durch Wärme u. s. w. nicht lange widerstehen zu können; das Contagium der Rinder­pest macht jedoch eine Ausnahme hievon. Bei den Pferden erreicht die Krankheit sehr selten die zur Ausbildung eines Ansteckungsstoffes erforderliche Höhe.
Die Dauer der nervösen Fieber ist verschieden; hat das Leiden anfangs den entzündlichen Character und geht dieses erst nach und nach in den typhösen über, so dauert die Krank­heit meist länger, als wenn gleich von vorne herein ein fauli­ger Zustand, ein hoher Grad von Torpor, eine grosse Neigung zur Zersetzung der Säfte damit verbunden ist. Ein Verlauf
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400nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
von 14 Tagen bis 3 Wochen ist bei typhösen Fiebern nicht selten; der tödtliche Ausgang tritt aber auch manchmal in den ersten Tagen der Krankheit ein.
Die Prognose erfordert viele Zurückhaltung; es gehört unter die Eigenheiten der Nervenfieber, dass sie oft scheinbar gut begründete Erwartungen täuschen.
• Die Behandlung erfordert, neben der Vermeidung der Ursachen, Rücksicht auf den vorhandenen Character des Fie­bers, die Complication mit einem localen Leiden, das Stadium der Krankheit u. s. w. Es lässt sich keine im Allgemeinen gültige Vorschrift geben, da jede der nervösen Seuchen ihr Eigenthümliches zu haben pflegt, welches erst im Laufe dersel­ben richtig erkannt und gewürdigt werden kann. Ist anfangs der entzündliche Character deutlich ausgesprochen, so mögen Aderlässe, zeitig angewendet (besser prophylactisch), von Nu­tzen sein; sie müssen jedoch mit Vorsicht angestellt werden, weil oft unerwartet schnell ein Schwächezustand eintritt. In manchen Seuchen, und fast immer im weiteren Verlaufe der Krankheit sind sie entbehrlich oder selbst schädlich. Von den innerlichen Mitteln sind anfangs die antiphlogistischen, später die Reizmittel am Platze; leider reagirt der kranke Organismus häufig weder auf die einen, noch auf die anderen; selbst die äusserlichen Reize bringen oft gar keine Wirkung hervor. Die Krankheit geht ihren Gang und man erreicht öfters mit diäti­schen Mitteln, genauer Berücksichtigung der Ausserungen des Instincts, Sorge für aufmerksame Pflege und Bequemlichkeit der Kranken günstigere Resultate, als durch das Bestürmen dersel­ben mit Arzneien aller Art. Leider bemessen oft unverständige Thierbesitzer den Eifer und die Kenntnisse ihres Thierarztes nach der Länge und Menge der Recepte, statt dieselben als Beweise mindestens seiner Unsicherheit zu betrachten.
Ich lasse die Beschreibung einiger Nervenfieberseuchen beim Pferde folgen, und zwar zuerst (a—c) solcher, die allge­mein herrschten, sodann (d und e) der mehr local gebliebenen Ausbrüche.
Bei einer Vergleichung derselben mit den unter den Gal­lenfiebern und der Influenza angeführten Krankheitsformen kann ihre nahe Verwandtschaft nicht entgehen.
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Nervenfieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;40}
a) Ejdzootisehes Nervenfieher beim Pferde. Von 1804—1806.
(Pulmonal-Typhns.)
Die Seuche verbreitete sich in den genannten Jahren durch ganz Deutsch­land, Dänemark, Italien u. s. w. Die ausgezeichnetsten Thierärzte jener Zeit beschrieben sie und gaben ihr verschiedene Namen; Havemann nannte sie: Faulfleberseüche; Naumann: Nervenfieber; Sauder: Brustseuche; Wol-stein: bösartiges Faulfieber mit Entzündung der Lunge und Xeber; Pilger: gutartiges Nervenfieber; Fehr: Brustseuehe; Beuter: pestilenzialisches Fie­ber, auch bösartige Druse u.dgl.: Viborg: bösartiges epizootisches Pferde­fieber; letzterer glaubt, dass sie den Griechen unter dem Namen /units, und den Römern als Malis arthritica bekannt gewesen sei.
Symptome: Die Vorboten der Krankheit sind: Mangel an Appetit, besonders Verschmähen des Habers; kleiner, ge­spannter, langsamer Puls; heisse, trockene oder schmutzig­schleimige Zunge; blasse Biechhaut, klarer Harn, klein geball­ter, öfters mit einem gelblichen Häutchen überzogener Mistquot; Vermehrter Durst, nachheriger Frost, mattes Aussehen, gesenk­ter Kopf, halbgeschlossene Augen, Unaufmerksamkeit, Zusam­menstellen der Vorder- und Hinterfusse; steifer, wankender Gang: seltenes und kurzes Liegen, hie und da Scharren mit den Füssen.
Nachdem dieser Zustand 3—4 Tage, auch länger gedauert, steigen die Zufälle, das Athmen wird beschleunigt, mit den Bauchmuskeln ausgeübt, der Puls sehr schnell und klein, oft wechselnd; die Haut ist heiss, immer unrein, die Augen triefen, sind entzündet, oft gelbroth gefärbt; hie und da schmerzhaftes Husten; Geschwülste bilden sich am Kopfe, im Kehlgang, am Halse, dem Bauche, den Füssen; ein eiteriger, oft von Blut gefärbter Aüsfluss, der aus der Nase und den Augen trieft; der Speichel stinkt; das Zahnfleisch und die Zunge sind ge­schwollen, blaubraun, viel trüber Urin geht ab, und stinkender, schleimiger Mist. Diese Symptome danern ungefähr neun Tage lang, und das Thier geht gewöhnlich innerhalb dieser Periode zu Grunde. Nehmen dagegen die Symptome ab, so kann man Bettung hoffen, doch bleibt nicht selten ein trockener Husten und eine schwache Lunge zurück, oder es bildet sich schwarzer oder grauer Staar.
Die Section zeigt blutiges Serum in den Anschwellungen, dunkelbraune oder gelbgrüne Lungen voll schwarzen Bluts, oft zugleich mit Abscessen und Anwachsnng, oder Wassererguss in
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 26
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402nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Compliclrte Fieber.
die Brusthöhle; Leber und Milz von gleicher Beschaffenheit wie die Lunge, jedoch ohne Abscesse, den Darmcanal voll Luft mit bräunlichen Flecken besetzt; die Nieren schlaff, selten brandig.
Prognose: für alte, abgetriebene Thiere schlimm; eben­so wenn das Lungenleiden sich stark ausgebildet; eine gelb-rothe oder bräunliche Färbung der Schleimhäute, blutiger Na-senausfluss u. s.' w. sind üble Zeichen. Bessere Bedeutung haben die Geschwülste unter der Haut (wenn sie nicht brandig wer­den) der schleimige Durchfall (ohne Blut), viel, trüber Urin, Speichelfluss oder Schweiss zugleich mit Abnahme des Fiebers.
Ursache: verdorbene Nahrung und Luft, übermässige An­strengung — ferner die Ansteckung. (Auch Rindvieh und an­dere Hausthiere sollen manchmal davon ergriffen worden sein.)
Vorbeugung: Vermeidung der Ursache; wo dies nicht möglich: bittere, gewürzhafte Pflanzen, Meerrettig; Chlor-räucherungen.
Therapie: bittere und gewürzhafte Pflanzen als Latwerge, Waschungen und Tränke, letztere leicht gesäuert; Haarseil an der Brust; Klystiere; im höheren Grade des Leidens: Camphor, Asafötida, Terpentinöl; gegen die Geschwülste: scharfe und flüchtige Einreibungen, keine Einschnitte, noch Haarseile; bei gelber Farbe der Schleimhäute innerlich Merc. dulc. und Ein­reibung von Quecksilbersalbe in die Lebergegend; bei blutigem Durchlauf: Opium als Zusatz.
b) Ansteckendes Nervenfieber der Pferde von 18131814.
Diese Seuche nannte man kurzweg auch „russische Krank­heitquot;, weil sie dem Zuge der russischen Armee zu folgen pflegte und deutlich durch die Pferde derselben in bisher verschont ge­bliebene Gegenden und Ställe verschleppt wurde.
Wahrscheinlich bildete sich die Krankheit, wie der zu glei­cher Zeit herrschende Typhus der Menschen, durch die über-mässigen Strapazen, den Mangel oder Ueberfluss an Futter, dessen schlechte Qualität u s. w. Einmal bis auf den Grad gekommen, dass sich ein Ansteckungsstoff entwickelte, verbrei­tete sich diese Seuche auch auf Thiere, welche jenen Übeln Ein­flüssen nicht ausgesetzt gewesen waren.
Die Symptome waren im Allgemeinen dieselben, wie bei der so eben beschriebenen Seuche; in den meisten Fällen litten die Brusteingeweide vorzugsweise, was sich durch das beschleu-
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Nerveiifieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;403
nigte Athmen, einem kurzen, dumpfen Husten und das Ver-schmäBen des Liegens zu erkennen gab. Hie und da bemerkte man auch eine auffallende Unbeweglichkeit und selbst Hinken bei den Kranken. Wenn ausnahmsweise die Verdauungsorgane ergriffen waren, verlief die Krankheit schneller und war manch­mal, schon in den ersten Tagen unter Erscheinungen von Brand tödtlich; ausserdem dauerte sie 1 — 2 Wochen, und endigte entweder mit allmählicher Genesung, oder unter Bildung von ödematösen Anschwellungen, mit Brustwassersucht, Verdich­tung des Lungengewebes u. s. w. Das Blut war schwarz, aber geronnen.
Die Behandlung war dem Character des Fiebers gemäss anfangs entzündungswidrig (massiger Aderlass, Calomel, Sal­peter, äussere Reize), später aber reizend (Camphor, Gold­schwefel, Sal. Com. cerv. n. dgl.), bei starkem Durchfall setzte man adstringirende Mittel (Eisenvitriol) zu.
c) Nervenfieber der 'Pferde von 1S241826. (Pferdetyplms von Nieman, vgl. die rothlaufartige Form der Influenza.)
Dieses seuchenartig und besonders heftig in Frankreich ausgebrochene Fieber kam erst im Oct. 1825 in das südliche Deutschland, zeigte aber hier einen gutartigen, rothlaufartigen Character; es befiel die Pferde weniger allgemein und wieder­holte sich in den folgenden Jahren in sporadischen Fällen, bis es zuletzt der Influenza Platz machte. Ihrem Ursprung nach nannte man es auch „französische Seuchequot;; die französischen Thierärzte hielten sie nach den gerade herrschenden Ansichten für eine Gastro - Enteritis, oder Magen- und Darmentzündung, welche aber fast immer mit Hals-, Herz-, Herzbeutel-, Brust­fell-, Lungen- oder Leberentzündung complicirt sei. (Girard.)
Man wollte die ersten Spuren dieser Krankheit schon im Jahr 1823 in Frankreich beobachtet haben, aber erst in den drei letzten Monaten des Jahres 1824 erschien sie in mehreren Provinzen zugleich, vorzugsweise in niedrigen und feuchten Ge­genden; so z. B. in dem untern Seinethal, von wo sie im Früh­ling 1825 nach Paris gelangte, und sich nun durch fast alle Departements (einige des Südens ausgenommen) ausbreitete. Den angestellten Nachforschungen zufolge soll eme ähnliche Krankheit früher an den Ufern des Dnieper, in der Krimm, so-
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404nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;CompUcirte Fieber.
dann in Schweden und Dänemark (in Polen nicht?) sich ge­zeigt haben. Im Sommer 1825 erreichte die Seuche den süd­lichsten Theil Spaniens, und im Herbste desselben Jahres ging sie über den Rhein und verbreitete sich in östlicher Richtung durch Deutschland, jedoch an Intensität und Ausdehnung weit gelinder werdend.
Einige Beobachter wollten zu gleicher Zeit ähnliche Er­scheinungen bei Rindvieh gesehen haben; im Allgemeinen aber beschränkte sich die Senche auf die Pferde (Esel und Maul-thiere), bei denen aber kein Unterschied des Alters, Geschlech­tes u. s. w. galt.
Der Character der Krankheit war wesentlich der entzünd­liche, so jedoch, dass das Organ, in welchem die Entzündung sich fixirte, sehr häufig wechselte, wodurch die bereits ange­führten Complicationen entstunden.
Die ersten Symptome waren: plötzliches Aufhören des Appetits, Hängen des Kopfes, Steifheit des Rückens und der Gliedmassen (beschwerlicher Gang', Schleppen, Schwanken, Hin­ken), beschleunigter Puls von 60—80 in der Minute, bald voll und hart, bald weich und undeutlich zu fühlen, der Bauch ge­spannt, das Athmen erschwert, das Maul trocken und heiss; die Kranken legen sich nicht und erhalten sich doch nur mit Mühe auf den Beinen. In einigen Fällen bemerkte man Herz­klopfen, Schaudern und Zittern der Gliedmassen als Vorläufer der Krankheit; bei andern bezeichnete ein Thränenflnss, Infil­tration der Bindehaut, Trübung der Augen, Anschwellung des Euters, Schlauchs oder der Füsse den Anfang der Krankheit (rothlaufartige Form der Seuche). Im weitern Verlauf wurde die Zunge russig, stark b'elegt, härter und geschwollen, auch bildeten sich Bläschen und Erosionen auf derselben; der Durst mehrte sich, das Schlingen war mit Beschwerde verbunden; die Haut wurde unempfindlich, der Mist selten abgesetzt, trocken, mit einer Schleimschichte überzogen; der Urin dunkel und dick oder hell, sich oft in der Blase anhäufend; Hitze am Halse und der Brustwand, Zähneknirschen u. s. w.
Unter Zunahme dieser Symptome, besonders des Fiebers, erreichte die Krankheit ihren Höhepunkt oft erst am 5—7. Tage; im ungünstigen Falle endete sie zwischen dem 4—7. Tage tödt-lich; überlebten dagegen die Kranken den 9. Tag, so konnte man sie (die Rückfälle ausgenommen) als gerettet ansehen.
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Nervenfieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 405
(Im Monat April starben in Paris an dieser Krankheit täglich 15—20quot; Pferde, anfangs Mai täglich 30—40, zu Ende dieses Monats noch 6—10).
In den tief gelegenen und feuchten Gegenden war nicht allein die Zahl der befallenen Thiere, sondern auch die Mor­talität grosser, als an hochgelegenen und trockenen Stellen; feuchte Witterung verschlimmerte ebenfalls den Character • der Krankheit.
Die Periode der Genesung war bei vielen sehr langwierig, besonders wenn sie mit Reizmitteln behandelt worden waren, mehrere Thiere wurden einäugig, blind, taub, oder litten an den Hufen.
Section: Entzündung im Rachen und Kehlkopf, sodann durch den ganzen Darmcanal, nicht selten mit Brandflecken oder kleinen Geschwüren; ferner Entzündung am Herzen, Herz­beutel (mit Infiltration), der Leber (gross, weich, blass), der Lungen, der Harnorgane, selten des Hirns, dagegen öfter röth-licher Erguss zwischen den Häuten des Rückenmarks; häufig Infiltration des Zellgewebs unter der Haut, zwischen den Platten des Gekröses und den Häuten des Darmcanals.
üeber die Ursachen der Seuche blieb man im Dunkeln; dass die Witterung und Jahreszeit keinen Eitifluss auf ihre Ent­wicklung hatten, beweist ihr durch einige Jahre hindurch sich ziehender Verlauf. Schlechtes Futter, ungesunde Lage u. dgl. mögen dazu beigetragen haben, die Krankheit bösartiger zu machen.
Die Ansteckungsfähigkeit wurde von den meisten Be­obachtern geläugnet; es sind häufig in zahlreich besetzten Stäl­len nur einzelne Thiere befallen worden, die übrigen aber ver­schont geblieben; andererseits schien manchmal die Krankheit durch ein fremdes krankes Thier in einen Stall gebracht worden zu sein und sich daselbst von Stück zu Stück verbreitet zu haben. Die Pferde der Thierärzte und Abdecker erkrankten häufig. Daher riethen auch die Nichtcontagionisten Vorsicht und Trennung der Kranken von den Gesunden an.
Die Behandlung richtete sich nach dem Stande des Fie­bers; anfangs Aderlass, Mehl- oder Kleienwasser mit Salpeter, äusserlich Sinapismen oder scharfe Salben (Haarseile zogen oft gar nicht, oder gaben zu erysipelatösen Geschwülsten Veran­lassung) ; ferner schleimige Abkochungen mit etwas Säure; dess-
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Complicirte Fieber.
gleichen zum Ausspritzen des Mauls bei starker Entzündung der Schlingwerkzeuge; erweichende Klystiere. Wenn Schwäche­zustand eintrat, waren stärkende und selbst Reizmittel: Wein, China, Camphor am Platze; auch das essigsaure Ammonium (Spirit. Minderen) wurde öfters in Gebrauch gezogen. Als Vorbauungsmittel wurde Abbruch an dem Körnerfutter, dagegen Mehlwasser mit Salzen, auch kleine Aderlässe, besonders bei kräftigen Thieren, ferner Wurzeln (Rüben u. dgl.) unter dem Futter zu geben empfohlen.-
(Bei dieser Seuche ist offenbar das nervöse Moment weni­ger stark ausgesprochen, und fehlte in manchen Gegenden wohl gänzlich; daher die Krankheit auf ihrem Zuge auch sehr ver­schieden benannt wurde, z. B. in Dänemark: bösartige Lungen­entzündung; Walz definirte sie als: Febris erysipelatosa inter-currem, und deutete damit ihre Verwandtschaft mit den An-thraxfiebern an.)
Die nachfolgenden Beschreibungen (d—e) beziehen sich auf örtliche Aus­brüche des Typhus bei Pferden; sie könnten leicht durch die oben erwähnten Beobachtungen französischer Thierärzte bei Remonten u. dergl. vermehrt -wer­den. Die in der Wiener Klinik mehrere Jahre hinter einander vorgekommenen Fälle von Typhus bei Pferden und Rindvieh gehören'auch hieher; sie laben aber zum Theil grössere Aehnlichkeit theils mit Milzbrand, theils mit brandi­gem Strengel und acutem Rotz. Die Sectionsbefnnde sind ausführlich mit-getheilt von Müller und Brukmüller (Wien III. u. IV.) und nach den ver­schiedenen Stadien des (Abdominal-) Typhus von Roll (in Zeitschr. Wiener Aerzte, Aug. 1851).
d) Lehertyphus hei Pferden.
Sander beschreibt unter diesem Namen eine höchst acute Krankheit, welche im Herbst 1809 die Pferde von drei Ort­schaften (Bahrdorf, Papenrode und Klein Twülpstedt im Braun­schweigischen) befiel. Als er kam, die Seuche zu untersuchen, waren bereits über 20 Pferde daran krepirt, nur Eines war ge­nesen; 4 waren noch krank, davon 2 in der nächstfolgenden Nacht zu Grunde gingen, die beiden andern aber gerettet wurden.
Man hatte zuerst Mangel an Appetit, Trägheit und einen steifen, gespannten, wankenden Gang bemerkt; trockenes Heu wurde vorgezogen; der Mist war sehr übelriechend und ging selten ab. Mit dem Eintritt gänzlicher Appetitlosigkeit begann erst die Krankheit; die Bindehaut und Maulschleimhaut wurden gelblich und immer dunkler gefärbt, Unruhe stellt sich ein und
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Lebertyphus.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 407
der Puls wurde zunehmend schneller und kleiner. Das Athmen war kurz und geschwind; hiezu kam Schieben, Steigen in den Barren, Tobsucht, heftiger Schweiss, Niederstürzen; im Freien taumelten die Thiere, fielen auf den Kopf und bluteten dess-halb aus der Nase und dem Maule. Der Tod trat schon nach 24—48 Stunden ein.
Section: das Zellgewebe und Fett gelb; letzteres*am Widerrist sulzartig; die Gedärme von Luft aufgetrieben, mit schwarzen, rothen oder bleifarbenen Flecken besetzt. Die Leber stellenweise verhärtet, das Uebrige davon schlaff, welk, nicht aufgetrieben, sondern vielmehr zusammengefallen; die Substanz der Leber zersetzt, aufgelöst; in den Gallengängen blassgelbe, dünne Galle; der seröse üeberzug der Leber löst sich sehr leicht ab. Milz und Nieren gesund; in der Harnblase viel übel­riechender Harn; im Darmcanal harter, höchst stinkender Mist. In der Brust-^ und Hirnhöhle nichts Bemerkenswerthes, als die Blutgefasse des Hirns etwas aufgetrieben.
Ursache: Da blos Waidepferde befallen, die im Stalle, gehaltenen aber verschont wofden waren, so suchte Sander die Urgache hauptsächlich in der Beschaffenheit der Waide, welche Ueberschwemmungen ausgesetzt war und austrocknende Pfützen enthielt.
Behandlung: Es wurde der Waidegang abgestellt, den Thieren prophylactisch Tabak und Kochsalz auf dem Futter ge­geben, um sie gelinde abzuführen; in das Trinkwasser wurde Sauerteig gethan; nach dem Abführen Kochsalz und Enzian gegeben. Nach dem eigentlichen Ausbruch der Krankheit rieth Sander, den Kranken Salmiak mit Schwefel,quot; Enzian und Schöllkrautpulver zu geben, in die Lebergegend ein Eiterband zu setzen, bei allen Anfällen von Tobsucht Blut zu lassen, und damit sodann Einschütte von Infus. arnicae et saticis mit et­was Schwefelsäure zu verbinden.
Von einer Ansteckung ist nirgends die Rede.
(Einen Lebertyphus der Schafe beschreibt Haubner; s. Gallenfieber. S. 320.)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
e) Abdominal-Typhus der P/erde. (Typhus abdominalis mihi.) Literatur: Hering in G. lt;fe H. Bd. 3. S. 218, Roll, Abdominaltyphns bei Pferden, Zeitschr. Wiener Aerzte. Aug. 1851. . Ein gastrisch-nervöses Fieber mit schnellem Sinken der
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408nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
Kräfte, Zersetzung des Bluts und Durclifall; im Sept. 1830 in Stuttgart beobachtet, der Cholera vergleichbar. Der Anfall kam plötzlich bei Thieren, die, gut gehalten, sich kurze Zeit zuvor noch völlig gesund gezeigt hatten.
Symptome: plötzliches Versagen des Futters, Niederge­schlagenheit, ängstliches Wesen, wahrscheinlich ohne Schmerz. Anfangs keine Dannausleerung, bald aber heftiger Durchfall von einer röthlichen oder lehmfarbei;en Flüssigkeit (der Wein­hefe ganz ähnlich), die wenig eigentliche Futterüberreste ent­hielt. In einzelnen Fällen trat der Durchfall mit dem Beginn der Krankheit ein, in anderen, selteneren, kam er gar nicht zu Stande (Cholera sicca), weniger, heller, durchsichtiger Urin; die Hautausdünstung einigemal bis zum profusen Schweisse ge­steigert, der jedoch nicht kritisch, sondern vielmehr ein Vor­bote des Todes war.
Als eines der frühesten Zeichen des Erkrankens beobach­tete ich einen eigenthümlich süsslich-fauligen Geruch der aus-geathmeten Luft. Der Puls war anfangs voll und beschleunigt, 60—70 in der Minute und bis *128 steigend; einigemal zuerst klein und hart, immer aber sehr bald klein, schwach und un­fühlbar werdend, der Herzschlag anfangs in der Tiefe fühlbar, bald pochend. Das ausgelassene Blut war dick, ganz dunkel, theerartig; es gerann gleichförmig zu einer Sülze, ohne Serum zu bilden, in andern Fällen blieb es dickflüssig, schmierig. Das Athmen anfangs etwas mühsam, hörbar, später beschleunigt, die Schleimhäute des Mauls und der Nase etwas gelblich ge­färbt; das Schlucken beschwerlich. Das Bewusstsein blieb bis zum Tode ungetrübt, während grosse Niedergeschlagenheit, Un-empflndlichkeit der Haut gegen äussere Reize, Zittern, Zuckun­gen am Halse und Kopfe, und Lähmung das tiefe Ergrifiensein des Nervensystems deutlich bezeugten.
Ausnahmsweise wurden ein ruhiger Puls, convulsivische Anfälle, Tobsucht oder Lust zu beissen bemerkt.
Dauer: Alter und Geschlecht waren ohne Einfluss auf dieselbe; die ersten Fälle eildeten schon nach wenigen Stunden tödtlich, die späteren dauerten 24 Stunden bis zu 3 Tagen. Die Genesung folgte ebenso schnell. Von 33 im Laufe von circa 8 Tagen befallenen Thieren krepirten 20 unmittelbar an der Krankheit und 2 an den Folgen derselben.
Section: bei gutgenährten Thieren Fett im Zellgewebe,
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Abdominaltyphus.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;409
nirgends sulzige Ergiessungen, wie sie beim Milzbrand vorkom­men;'Strotzen der Venen von schwarzem, flüssigem Blute. Am Darmcanal sah man dunkelgeröthete Platten der Schleimhaut, die eher verdünnt als aufgelockert erschien; die Mündungen der Schleimbälge sehr in die Augen fallend; punktförmige Ec-chymosen unter der serösen Haut; nirgends Brand an dem Darme. Mageninhalt ziemlich trocken, im Dünndarm fangt die hefenähnliche Flüssigkeit an, welche theils alkalisch reagirt, theils neutral ist, im Dickdarm schlecht verdautes Futter. Die Leber bald grosser, bald kleiner als gewöhnlich, meist heller von Farbe, selten das Gegentheil; viel Galle in den Gallen­gängen. Die Milz häufig kleiner, derb, manchmal wulstig auf­getrieben. Die Nieren weich und dunkel. Die Lungensubstanz fester, sehr blutreich; das'Rippenfell mit Ecchymosen besetzt, ebenso das Herz und die grossen Gefassstämme. Rachen und Nasenhöhle stark injicirt, das Hirn wenig. Ueberall das Blut dick, schwarz, flüssig.
Ursachen: ganz unbekannt, da die Thiere weder in Fut­ter, noch Pflege, Stallung und Gebrauch fehlerhaft behandelt worden waren. Doch schien die Ursache eine mehr locale zu sein, da die Krankheit Jjlos Pferde von Stuttgart traf und nur ungefähr 8 Tage dauerte, (mit Ausnahme von 3 Pferden, lt;Wie nach etlichen Wochen recidiv wurden). Die Ausbreitung der Krankheit beschränkte sich auf Pferde des K. Leib- und Hof­stalls; den Landbeschälerstall, die Leibgarde, den Stall des Prinzen F. und einige benachbarte Ställe; nur Ein Privatpferd aus der Stadt wurde befallen.
Eine Ansteckung war nicht zu erweisen; die Kranken Runden unter den Gesunden, und nur bei 2 Pferden auf der Thierarzneischule beobachtete man eine leichte Affection. Hunde und Katzen, absichtlich mit dem Fleisch der Cadaver gefüttert, erkrankten nicht.
Therapie: Anfangs Aderlass, Salze, bald aber Reizmittel wie Arnica, Camphos; zugleich scharfe Einreibungen. Besser wirkte innerlich Salzsäure zu l/ll/i Ünze in schleimigen De-cocten; auch eisenhaltige Salzsäure. Camphor hob zwar die sinkenden Kräfte, aber nur momentan, und vermehrte die nach­folgende Schwäche. Kalte Begiessungen, Essigklystiere u. s. w., wie sie beim Milzbrand empfohlen werden, gaben kein günstigeres Resultat. Stürmische Behandlung zeigte Sich eher schädlich.
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410nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
Äebnlicbe Krankheitsfälle, bald mit einem deutlichen Leiden.der Ver-dauungsorgane, bald ohne dasselbe sind entweder in einer Gegend oder in einem Stalle mehrere zugleich oder nacheinander, auch wohl ganz vereinzelt beobachtet worden. Zu gleicher Zeit herrschten manchmal Nervenfieber beim Menschen (z. B. Lambert in Rec. 1848), oder Anthrax oder Influenza bei den Thieren (Gerlach G. amp; H. XII., Kaltschmid Rep. II., Lande!, Löble, Grimm Rep. VII.) und die Behandlung war äusserst verschieden, obwohl im Allgemeinen von geringem Erfolge. In Betreff eines nicht seltenen und schlimmen Symptoms, nämlich eines colliquativen Durchfalls ist die Er­fahrung G e r 1 a c h's zu erwähnen, welcher innerlich salpetersaures Silber (zu 7—10 Gran) in viel Regenwasser aufgelöst mit auffallendem Nutzen ange­wendet, auch von Cupr. sulph. zu 2—3 Dr. des Tags gute Wirkung gesehen zu haben versichert.
Eine dem Typhus oder vielleicht noch mehr dem Milzbrand ähnliche Krankheit der Pferde kommt in Ostindien unter dem Namen: Loodianah Krankheit vor (s. Nelson, Vet. 1854).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; laquo;
#9632;Bourguignon gibt an zwei Pferde-mit Materie aus dem Darmcanal von an Typhus verstorbenen Menschen geimpft zu haben; der Erfolg war aber blos ein örtliches, übelaussehendes Geschwür. (Lyon 1855.)
ƒ) Die Rindei'pest. Typhus contagioms houm.
(Löserdürre, üebergälle, Viehseuche u. s. w. Ganglientyphus der Rinder. B.)
Literatur: Aus der zahllosen Menge von Schriften, die seit 1590 über diese • Krankheit erschienen sind, genügt es einige anzuführen: A d a m i (Ge­schichte der Viehseuchen 1781), K ansch*(1790). Walz (1803), Lo-*rinser (1831), Jessen (1834), Renner (1844), Haupt (1845 u. G. amp; H. 1854), Spinola (1846); mehrere Aufsätze in den östr. med. Jahrbüchern und Prager Vierteljahrschrift (1846),. Steuer (in Rast's Magaz. Bd. 66, Seer, in N. amp; V. XIV. Rec. 1846). Ekel (Wien I.), Weher (Prag 1852), Roll, Müller u. Ä. in der Wiener Zeitschrift. Müller in pr. Polen G. amp; H. 1857.
Die grossen Verheerungen, welche die Rinderpest anrichtet, haben schon früher die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt, man trifft sie daher f abgesehen von zweifelhaften Stellen bei den römischen Schriftstellern, z. B. Livius, Columella, Virgil, Vegetius u. A. in einem lateinischen Gedicht d?s Caecilius Servus (An. 376) deutlich als eine ansteckende aus Ungarn ge­kommene Seuche, die sich in Deutschland und Frankreich ausbreitete, beschrieben. Unter Karl dem Grossen wüthete die Seuche A. 810 in Sachsen, A. 829 in Lothringen. Spätere verheerende Ausbrüche fanden statt 1514, 1599, 1711—14, in den Jahren 1745, 1770, 1790, 1814. Seither hat sich die Krankheit sel­ten über die Gränzen der slavischen Provinzen Österreichs hinaus verbreitet und ist in Preussen, Sachsen, besonders aber in den deutschen Provinzen Oesterreichs durch energische Sperr- und Tilgungsmaassregeln bald bewältigt worden.
Eine dem Rindvieh eigenthümliche fieberhatte, ansteckende Krankheit, mit Entzündungserscheinungen im Hinterleibe, welche die Thiere nur einmal in ihrem Leben befallt, und bei uns nie
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Binderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 411
von selbst entsteht, sondern stets aus den östlich gelegenen Ländern eingeführt wird.
Diese mit Recht höchst gefürchtete Krankheit ergreift blos das Rind, und zwar ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht; sie ist seit vielen Jahrhunderten bekannt, hat sich mehreremale durch ganz Europa verbreitet und dadurch unberechenbaren Scha­den angestiftet. Ihr Ursprung ist im südlichen Siberien zu ver-muthen, obgleich daselbst die Ansicht herrscht, dass sie aus der Steppe der Kirgisen oder der Kalmücken eingeschleppt werde, welche sie ihrerseits von den Bucharen und Persern er­halten haben wollen; ob sie in jenen Ländern von Zeit zu Zeit neu entsteht, oder ob daselbst das Contagium fortexistirt, und sich nur durch die Verhältnisse (Viehtransporte, Kriege u. s. w.) weiter als gewöhnlich ausbreitet, ist ungewiss. Eine andere Ansicht ist die, dass die Krankheit ursprünglich dem Steppen­vieh eigenthümlich sei und sich bei demselben sogar, wenn es schon längere Zeit aus seiner Heimath entfernt ist, noch ent­wickeln könne. (Renner.) Allein es ist durch Haupt in Frage gestellt, ob es eine besondere Race sogen. Steppenviehs gebe, da derselbe mehrere sehr abweichende Racen beschreibt, die sich in jenen ausgedehnten Länderstrichen finden. Die mit' dem Treiben des Viehs auf grosse Entfernung (vom südlichen ins nördliche Russland) und mit der Benutzung des Viehs zu den Salztransporten, verbundenen,Strapazen, Mangel an Was­ser u. s..w. sollen Veranlassung zu dem Ausbruch des Krank­heit geben. In den nördlich und westlich von der russischen Gränze gelegenen Theilen Europas kennt man bios die durch Ansteckung hervorgebrachte Rinderpest, deren Verbreitung durch den Viehhandel, auf grössere Entfernung aber meist durch die den Armeen nachgetriebeneu Viehheerden vermittelt wird. In manchen Fällen haben auch die Abfälle (Häute, roher Talg .u.'s. w.) des kranken Viehs Veranlassung zur Verschleppung des Ansteckungsstoffs in entfernte Gegenden gegeben.
Bei dem Steppenvieh erreicht die Seuche nicht so häufig den hohen Grad von Bösartigkeit, als dies in den Ländern und bei den Viehracen der Fall- ist, welche die Krankheit nur durch Ansteckung erhalten; diese gelindere Form der Rinderpest hat man irrigerweise als eine andere Krankheit unter dem Namen „Magenseuchequot; beschrieben. Indessen kommt die Rinderpest auch unter dem Steppenvieh öfters in der schlimmsten Form vor.
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Complicirte Fieber.
Nach den neueren Beobachtungen von Müller ist der Verlauf der Rin­derpest bei dem Pnstenvieh viel milder, oft blos ein ansteckender Catarrh, von dem sich die Thiere nach 5 — 6 Tagen zu erholen anfangen. Daher kommt es, dass die Seuche manchmal durch anscheinend gesunde Thiere verschleppt wurde. Während acht ungarische Ochsen 10—20 Procent, Kühe und Jung­vieh 20—30 Procent verloren, starben Meiereien mit Schweizervieh in Ungarn beinahe ganz. aus. (Wien VII.)
Unter dem Namen „bösartiges Fieberquot; findet man bei Haupt eine Krankheit des Rindviehs beschrieben, welche im südlichen Russland herr­schend , viele Aehnlichkeit mit der Rinderpest hatte und daselbst periodisch erscheinen soll. Allein über ihre Contagiosität blieb H, im Zweifel, aussnr-dem unterschied sie sich dadurch von der Rinderpest, dass sie manche durch-geseuchte Thiere zum 2—3. Male befiel.
Symptome: nach geschehener Ansteckung, welche meist durch die Luft und auf ziemliche Entfernung hin geschieht, ver­geht ein Zeitraum von 4—7, in seltenen Fällen selbst bis zu 14 Tagen, ehe sich auffallende Krankheitszeichen an dem infi-cirten' Thiere zeigen. Traurigkeit, Hängen des Kopfs, ein kur­zer Husten, öfters aber auch eine grössere Munterkeit, die sich durch Springen, Stossen u. dgl. äussert, sind die ersten Symp­tome, zu welchen sich eine grosse Empfindlichkeit auf Druck in der Lendengegend, zuweilen unterbrochenes Wiederkauen, •Gähnen und Zähnekoirschen, unter den Leib gestellte Hinter-füsse, ein gewölbter Rücken und vom Körper abstehender Schweif gesellen. Die sichtbaren Schleimhäute und das Flozmaul sind trocken, etwas röther, die Füsse und Hornwurzeln wärmer als gewöhnlich; das Auge thränt, der Mist ist trocken, die Ab­sonderung des Harns und der Milch sparsam. Auf diese Pe­riode der Vorboten {Stadium prodromorum) folgt am 7 — 8. Tage nach der Ansteckung, zuweilen selbst früher, der eigent­liche Ausbruch der Krankheit {Stadium inßammaiionis), wel­cher durch einen leicht zu übersehenden (nach Erdt dagegen heftigen und 4—8 Stunden dauernden) Fieberschauer bezeichnet ist. Die Wärme der Extremitäten wechselt oft mit Kälte, die Nase, das Maul und Auge erscheinen trockener, der Puls ist auf 70—75 vermehrt, der Herzschlag fühlbar, die Respiration beschleunigt; Fresslust und Wiederkäuen hören fast gänzlich auf; dagegen ist heftiges Verlangen nach kaltem Wasser zu­gegen; aus der Nase fliesst eine wässerige, später schleimige Flüssigkeit, ein kraftloser Husten ist nicht selten, dazu Furcht vor Bewegung, krampfhaftes Aufheben der Füssé, Horchen mit zurückgelegten Ohren; wenig Mist und Harn, ersterer ist trocken und schwärzlich, letzterer rothbraun.
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Rinderpest. -.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 413
Am #9632; 2—3. Tage nach dem Anfange des Fiebers entstehen meistquot;im Maule rothe Dupfen, die in kleine, weissö Bläschen übergehen, welche bald aufbrechen und von der Oberhaut ent-blösste, leicht blutende Stellen (Erosionen) hinterlassen. Auch in der Nase und zwischen den Klauen können sie vorkommen. Unter Zunahme der Symptome, namentlich des Fiebers, geht dieses Stadium nach einigen Tagen in das nervöse oder Ruhr­stadium {Stadium nervosum) über; der Mist wird nun allmäh­lich flüssig und ruhrartig, oft und mit Zwang abgesetzt, der Mastdarm ist entzündet und hervorgetrieben; auch die Secre­tionen der übrigen Schleimhäute kommen in grösserer Menge, zähe und übelriechend zum Vorschein (Nasenausfluss, Speichel, Thränen); das Fieber zeigt alle Charactere des Schwäche- oder fauligen Fiebers, die Kranken magern sehr ab, Zersetzung des Bluts findet statt, unter der Haut entwickeln sich Windge­schwülste u. s.. w. Als Symptome, die nicht jedesmal beobach­tet wurden, sind copiöser zäher, eiterigschleimiger Nasenausfluss, tiefes Stöhnen, ekelhaft süsslicher Geruch aus dem Maule, grosse Empfindlichkeit der Lebergegend und Schwäche oder Lähmung des Hintertheils zu bezeichnen. (Steuer.) Ein bald als pustu-lös, bald als grindartig beschriebener Hautausschlag am Halse, Rücken und Schwanz (welchen man als Rammazzini's 'symp­tomatische Kuhpocken in den Handbüchern nachzuführen pflegt) begleitet öfters das letzte Stadium, er fehlt aber auch in'man­chen Epizootien, gleich den Erosionen, ganz. (In neuerer Zeit haben Koch, Weber, Huszar u. A. die Eruption auf der Haut genau beobachtet). Das Verwerfen trächtiger Thiere ver­schlimmert noch ihren Zustand.' Der Tod.tritt ohne heftige Zuckungen unter Zeichen der Erschöpfung ein. Manche Thiere unterliegen schon am 3—4. Tage nach dem Ausbruche des Fiebers, meist aber erst zwischen dem 7. und 10. Tage. Bei grosser Intensität des Contagiums oder allgemeiner Heftigkeit eines Seuchenausbruches können sämmtliche Stadien der Krank­heit auf 48 Stunden zusammengedrängt werden.
Wenn an die Stelle des ruhrartigen Durchfalls um den 7—9. Tag ein dünneres Mistengt; zugleich mit Spuren wieder­kehrender Fresslust und Rumination, und mit Abnahme der Pulse u. s. w. tritt, so hat man Hoffnung zur Erhaltung des Thiers.
Müller sah die Rinderpest mit den Zeichen einer Darmentzündung auf-
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414nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
treten; daher Anfangs 2 — 3 Tage lang Verstopfung, auch dumpfen Husten, nach einigeK Tagen Thiänen, Speicheln, sodann Durchfall, Ruhr; die Dann­entleerungen -waren zuerst wässerig, dann graueiterig, blutig und höchst stinkend , mit Zwang und Vordrängen des Afters verbunden. Auch die Scheide secernirt eiterigen Schleim; schnelle Abmagerung. Die Erosionen im Maule waren mehreremale mit Besserung verknüpft, ebenso die Knoten in der Haut, welche eine klebrige Flüssigkeit absonderten. Roll sah die Erosionen meist an der Hinterlippe als linsengrosse, hellröthliche Flecken.
Zahn nimmt eine raschverlaufende, bösartige Form an und eine laug­sam verlaufende, deutlich croupüse, in die Stadien zerfallende Form (nämlich Catarrh, Exsudat, Abstossen desselben , Geschwüre und Substanzve/lust); er sah (in Mähren) kein Exanthem, Koch (ebendas. 1854) fand es selten. Weber beobachtete es (in Kami on ka) als linienförmig aneinander gereihte Knötchen, welche Krusten bilden, darunter theils kleine Geschwürchen, theils Narben; er vergleicht es mit eiteriger Miliaria.
Kommt die Krankheit mit dem Milzbrand zusammen, so gibt sich letzterer durch die Anthraxbeule zu erkennen, und der Verlauf der Krankheit .wird beschleunigt, verlangsamt dagegen wird derselbe durch Complication mit der Lungenseuche (nach Jessen); solche Kranke legen sich nicht; bei der Section fin­det man die Lunge gross und schwer, Wasser im Thorax u. s w. Auch zugleich mit der Klauenseuche hat man sie gesehen (Wol-stein); diese Complication macht die Rinderpest nicht bös­artiger und hat überhaupt wenig Einfluss auf ihren Verlauf.
Section: sulzige Ergiessung oder Luft im Zellgewebe unter'der Haut; das Fett resorbirt; flüssiges, dunkles, zersetz­tes Blut; Entwicklung von stinkenden Gasen im Darmcanal und dem Bauchfell; Ecchymosen an den Häuten der Mägen, des Darms und der Harnorgane; Schlaffheit und Mürbheit der Häute des ersten und zweiten Magens; im dritten Magen trocknes, pulveriges, wie verbranntes Futter (daher Löserdürre), an den Wänden und Falten dieses Magens dunkle, entzündete, oder brandige Platten; die innere Haut {Epithelium) löst sich leicht ab; der vierte Magen und der Zwölffingerdarm zeigen meist noch stärkere Entzündungsspuren; so auch. der Mastdarm; die Leber mürbe, die Gallenblase sehr gross (daher Uebergälle), voll wässeriger Galle; die Milz klein und mürbe. Häufig auch Entzündung und Brand an den Lungen, Wassererguss in der Brusthöhle, Blutanhäufung in der Schädelhöhle u. s. w. In neuester Zeit hat besonders Bochdalek die Sectionsergebnisse mit Sorgfalt untersucht; er fand die ersten Mägen normal, die Trockenheit des Lösers selten, den Laabinagen, Zwölffingerdarm
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 415
und oft den ganzen Darme.anal streifig oder gleichförmig (ca-tarrhalisch) geröthet; im Dünndarm die Peyer'schen Drüsen aufgelockert, blutreich, mit Schorfen von 1—2 Zoll Länge be­deckt (ebenso die vereinzelten Drüsenbälge der Schleimhaut), siebformig areolirt, selten Geschwürchen; die Schleimhaut sehr weich, leicht abstreifbar; die Gallenblase gefüllt, ihre innere Haut fleckig geröthet, selbst Schorfe darauf. Manchmal Blut­zersetzung mit Ecchymosen oder grossen Unteiiaufungen; selten croupöse Ausschwitzung in der Luftröhre, dem Darm und Frucht-hUlter (nach Abortus oder Gebähren). Man hat auf dieses Vorfinden von Geschwüren im Darm besonderen quot;Werth legen wollen (schon Müller, Körber^ Seeru. A. haben sie beob­achtet), allein es scheint, dass sie nicht in jedem Seuchen­gange vorhanden sind; wie denn überhaupt die verschiedenen Stadien des üebels, die Complicationen, die cadaverischen Ver­änderungen, und selbst die einzelnen Seuchenausbrüche zu Ver­schiedenheiten im Sectionsbefund führen mussten.
Diese Verschiedenheiten haben in neuerer Zeit besonders zwei Formen unterscheiden lassen, nämlich die croupöse und typhöse (Koch: croupöse und aphthöse). Roll welcher die erstere Form häufiger und ausgeprägt beobach­tete, wurdff dadurch veranlasst zu behaupten, die Rinderpest gehöre nicht zu den typhösen, sondern zu den Fxsudationsprocessen; er nimmt in anatomi­scher Beziehung 1) ein Stadium der Congestion oder des Catarrhs an, 2) das der Exsudation, 3) des Zerfiiessens und Abstossens des Exsudats (Wien I.). Müller sah mehr den typhösen Process vorwalten, er fand bei den Sectionen: anfangs catarrhalische Röthung der Respirations- und Darmschleimhaut, Infil­tration der Peyer'schen Drüsen, starkes croupöses Exsudat und exanthemähn-liche Bläschen auf der Darmschleimhaut, diese wund, leicht 'abzuschaben, blutleer, im Dickdarm geröthet, exeoriirt, die Oekrösdrüsen aufgelockert, infil-trirt, das Blut flüssig. Im Löser trockenes Futter, den Laab dunkelroth, mürbe. Im Jahr 1844 war das Exsudat mehr auf die Drüsenhaufen beschränkt, 1851 mehr auf ganze Strecken verbreitet. Roll beschreibt die catarrhalischen Er­scheinungen auf der Respirations-, Darm- und Harnschleimhaut, die Riechhaut 'blutig unterlaufen, die des Kehlkopfs mit grün-gelblichen Exsudatplatten be­deckt, die Haut selbst ecehymotisch. Der Löser war nicht jedesmal trocken, der Laab catarrhalisch geschwellt, ebenso die Darmschleimbant im Anfange, Schwellung der Follikel und Peyer'schen Drüsen, ein Exsudat von 1 —3 Ein.' Dicke, Fehlen der Schleimhaut auf ganzen Strecken, Blutpunkte in der Darm­schleimbant; Fruchthälter und Scheide catarrhalisch geröthet. Weber sah unter Anderem Blutunterlaufungen im Darmcanal, besonders am Laab und Zwölffingerdarm, Trockenheit der serösen Häute, Aphthen im Maul und Nase, im Darm croupöses Exsudat und offene Geschwüre oder Schorfe. Anfangs der Seuche mehr Croüp, später mehr typhöse Infiltration. Er behauptet der croupöse Process begleite die Rinderpest zur Zeit ihres anomalen Verlaufs, ihr Uebergang in den normalen Typhus bilde die günstigere Form.
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416nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicitte Fieber.
Nach Spin o la fehlen (wahrscheinlich in dem von ihm 1845 beobach­teten Einbruch der Seuche) die zum Wesen der Entzündung durchaus gehören­den plastischen Exsudate gänzlich; an ihrer Stelle finden sich nur Sugillationen und die den Typhusprocess characterisirende Ecchymosenbildnng, die sulzig-üdematösen Infiltrationen u. s. w. s. dessen Handb. I. S. 310.
Die Sterblichkeit ist bei der Rinderpest so gross, das man annimmt, von dem Steppenvieh seuche etwa die Hälfte oder Ya (nach Jessen manchmal nur '/ig)' bei dem deutschen Vieh '/to oder '/iji und bei Schweizer- und nördlichem Marschvieh nur Vao durch. Wenn die Krankheit in einer Gegend auftritt, ist sie gewöhnlich viel bösartiger, als wenn sie erst einige Zelt geherrscht hat; dies lässt sich aus der grössern oder geringern Disposition der befallenen Thiere erklären. Die Herbstwitterung pflegt die Seuche ebenfalls bösartiger zu machen.
Indessen ist es sehr selten, dass einzelne Individuen der Ansteckung widerstehen; Farren und ganz junge Kälber sollen leichter durchkommen, fette und kräftige Thiere, sowie träch­tige Kühe stärker ergriffen werden.
Die Verbreitung der Rinderpest geschieht bei uns blos durch den ihr eigenen, sehr flüchtigen Ansteckungsstoff; dieser entwickelt sich ganz kurz nach dem Ausbruche des Fiebers, so dass scheinbar noch gesunde Thiere schon andere anzustecken im Stande sind (nicht selten mögen selbst noch nicht angesteckte Thiere zufällig die Träger des Contagiums sein, indem sie raquo;mit ansteckenden Stoffen an nicht resorbtionsfähigen Stellen besudelt sind); der Blutdunst und die Hautausdünstung sind bereits con-tagiös, wenn es die übrigen Secretionen (Mist, Harn u. s. w.) noch nicht sind; der Ansteckungsstoff haftet an allen Bestand-theilen oder üeberresten des kranken Thiers, er wird meist durch die Lunge aufgenommen (Einathmen der ausgeathmeten Luft, der Hautausdünstung kranker Stücke, Riechen an ihrem Mist, Harn, Fleisch, Häuten u. dgl.) und ist auf ziemliche Ent­fernung und in sehr grosser Verdünnung noch wirksam (daher -Verschleppen durch Kleider, Schuhe, durch Hunde, Katzen u. dgl., welche mit kranken Thieren oder ihren Abfällen zusammen kom­men). Während einige Beobachter behaupten, dass das Con-tagium durch die Luft bald zersetzt werde, und in trockner, warmer ruhiger Luft sich nicht wohl über 20 Schritte weit (durch den Wind und bei concentrirtem Contagium wohl auch weiter) verbreite, lehren die Erfahrungen von Jessen, dass in Russland die Seuche in Ställen ausbrach, die nach der Entfer-
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;417
nung der kranken Thiere mehr als ein Jahr lang leer gestanden hatten, aber auch freilich nicht desinficirt worden wären. Sechs Jahre alter Impfstoff soll noch wirksam gewesen sein und das Ausgraben von Cadavern nach 19 Jahren noch Anlass zum Wiederausbrach der Seuche gegeben haben. Die Winterkälte beschränkt die Ausbreitung der Krankheit, weil weniger Verkehr mit Vieh stattfindet und die Excretionen der kranken Thiere sogleich gefrieren, also nicht so leicht verschleppt werden können.
Abildgaard und Wald ing er sahen die Rinderpest im Winter sich mehr ausbreiten, ohne Zweifel weil die Thiere in den Stallen bei einander stunden.
Als Unterscheidungszeichen der Rinderpest von an­dern Krankheiten, mit denen sie verwechselt werden kann (z. B. der Ruhr, dem Milzbrand, typhöser Lungenentzündung, Lungen­seuche u. s. w.) werden folgende angeführt: die langsame An­steckung im Anfange (der sogen. Infectionsgang) wenn die Krankheit bei uns erscheint (es steht 7—8, bei concentrirtem Ansteckungsstoff auch wohl nur 3 — 4 Tage an, bis eine An­steckung wahrgenommen wird), der Weg, den die Krankheit genommen (Contagionslauf von Ost nach West, oder aber dem Zuge der Armeen folgend); die Ausbreitung der Krankheit von einzelnen Ställen, Ortschaften u. s. w., wo sich Kranke befan­den ; die Jahreszeit, in welcher sie sich einfindet (da Milzbrand mehr in den heissen Monaten vorkommt), ferner die Erosionen im Maule, das Stocken des Bluts ohne Serum abzuscheiden. Indessen ist es in einzelnen Fällen, besonders wo kein Ver­dacht der Einschleppung des Contagiums besteht, gewiss höchst schwierig, die Rinderpest von einem Faulfieber oder einem spo­radischen typhösen Fieber, Vergiftungszulällen, Ruhr u. dgl. mit Sicherheit zu unterscheiden.
Die neueren genaueren Untersuchungen des Sectionsbefnndes sollen.nach Roll u. Ä. genügen, um daraus die Diagnose mit Sicherheit stellen zu kun­nen ; allein es ist allgemein anerkannt, dass der Sectionsbefund je nach dem Jätadium der Krankheit, dem Ernährungszustände des Thiers, dem herrschen­den Krankheitscharacter 'sehr abweichend ausfällt, so wie auch einfach typhöse Fieber beim Rinde vorkommen können, die denn doch nicht identisch mit der Rinderpest sind (vgl. den Schlnss dieses Artikels}, so dass es gewagt erscheint, blos aas der Section (oft nur eines oder weniger Thiere) über das Vorhan­densein oder Fehlen der Rinderpest zu entscheiden.
Behandlung. Anfangs: Aderlassen, innerlich Salze oder Säuren (Salzsäure, eisenhaltige Salzsäure, Chlor) in schleimi-
Haiinf, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 27
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41gnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
gen Abkochungen j Eiterbänder, scharfe Einreibungen, Klystiere; im nervösen Stadium: Arnica, Calmus, Wein, mit Ol. Com. Cerv. oder Nuoo vomica gegen den Durchfall, wogegen auch Kalkwasser zu versuchen sein durfte. Eine Menge verschiede­ner Mittel sind anempfohlen worden, aber meist ohne bessere Resultate. herbeizuführen. Jessen fand starke Aderlässe und Antiphlogistica nachtheilig, er setzte frühzeitig ein reizendes Haarseil in den Triel, Hess bei der Zunahme der Krankheit grosse Vesicatorien an der Brust machen und brannte in der Lebergegend mit dem knopfförmigen Eisen wiederholt; innerlich gab er Calomel mit Camphor, Äsafoetida, Valeriana oder An­gelica, Calmus; im höchsten Grade der Krankheit setzte er Naphtha oder Ämmon. carbon, zu, oder machte Infusionen von Tinct. asafoet. und Aether, sulphur, von jedem 1 Dr. in die Jugularvene. Gegen den Durchfall empfiehlt er eine Leim­abkochung mit gebranntem Roggenmehl.
Prophylaxis. Theils durch Impfung mit Nasenschleim von leicht erkrankten Thieren (am Schweif, Ohren, Triel, mit­telst Lancettstichen oder Einziehen von Fäden); theils aber (weil die Impfung die Krankheit nicht zu mildern, sondern blos schneller zu beendigen scheint) Abhaltung der Seuche durch 'die strengsten polizeilichen Maassregeln; insbesondere aber Tilgung derselben durch Todtschlagen der Erkrankten und Ver­dächtigen; Beseitigung aller ihrer ansteckungsfähigen Bestand-theile; Desinfection der Ställe u. s. w., worüber in jedem Lande besondere und meist sehr ausführliche Verordnungen bestehen.
Die in Russland in neuester Zeit angestellten Impfversuehe, -wie sie Jessen zur gänzlichen Tilgung der Rinderpest vorgeschlagen hat (s. dessen Schrift 1853 mit Abb.) lassen hoffen, dass die Krankheit (nach 6 und mehr Irapfgenerationen) bis zur Gefahrlosigkeit gemildert werden kSnne. Für die Impfung haben sich auch Hayne, Barrasch, Wehli n. A. ausgesprochen, dagegen Paschkewitseh (Rep. XIX).
Die Austilgung der Krankheit durch Tüdten aller kranken und ver­dächtigen Thiere, ist nur im Anfange, oder am Ende des Einbruchs der Seuche am Platze, wo dieselbe aber schon weit verbreitet ist, wird strenge Sperre der Ställe, Gehöfte und Dörfer, Parcellirung der verdächtigen und kranken Thiere und Behandlung der letzteren nach dem Character und Stadium der Krank­heit zweckmässiger sein.
Die neueste Verordnung über die Rinderpest ist in Wien erlassen worden, s. Wien V. S. 69.
Die Behauptung, dass die Ausdünstung der Gerberlohe die • Thiere vor der Ansteckung Sthützte, wird ebensowenig begrün-
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Rinderpest.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;419
det sein, als man dies ehedem von der Ausdünstung der Zie­genböcke und Büffel glaubte. Die Verschonung der letztern hat sich nicht bestätigt; Welti sah in Serskejo die Büffel an der Rinderpest erkranken und meist verenden. In Russland sind 1854—55 zwei Auerkühe und ein chinesischer Yack daran zu Grunde gegangen, eine dritte Auerkuh seuchte durch.
Das Fleisch, der Talg n. s. w. der als verdächtig oder im Beginn der Krankheit getödteten Thiere könnten ohne Nachtheil benützt werden, wenn nicht die Verschleppung des Ctmtagiums dadurch zu befürchten wäre.
Hamont beobachtete die Einschleppung der Rinderpest nach Egypten (1841) durch ein Schiff aus Caramanien (Bull, de l'Äcad. T. XII.). Irrthüm-lich geben französische und englische Tbierärzte, z.B. d'Arboval, Dela-fond, Youatt an, dass in ihrem Vaterlande die Rinderpest manchmal von selbst entstehe Ebenso unerwiesen ist die Behauptung, dass durch die Nähe faulender Körper oder durch Kartoffelfütterung Rinderpest hervorgebracht wor­den sei, obwohl ein sporadischer Typhus in solchen Fällen entstanden sein mag.
Einheimischer Typhus bei llindvieh. Roll beob­achtete, nachdem die Rinderpest in Wien (1850—51) ganz er­loschen war, bei drei Kühen die charakteristischen Erscheinungen derselben, sowohl im Verlauf als Sectionsbefund, und schliesst daraus auf die Möglichkeit einer spontanen Entwicklung dieser Seuche aus localen, übrigens noch unbekannten Ursachen. Die­ser Typhus hatte jedoch nicht die Ansteckungsfähigkeit, welche die Rinderpest in so hohem Grade besitzt. Ausserdem sah Roll während des Herrschens der Rinderpest in Wien densel­ben Exsudationsprocess auf der Darmschleimhaut bei Pferden (mit Symptomen der Kolik), bei Hunden (mit Wuthverdacht), und Ziegen (mit Symptomen einer Vergiftung, s. J.Ber, 1851.)
Schon Gelle behauptete Fälle von einheimischem Typhus bei Rindvieh beobachtet zu haben; er befiel drei Ochsen des­selben Stalls (im Aug. 1827, da aber der zuerst erkrankte aus einer Gegend kam, wo Milzbrand herrschte, könnte die Krankheit auch eher zu diesem gehört haben). Gelle schliesst hieraus, dass die Rinderpest nicht jedesmal von aussen, nach Frankreich eingeschleppt werde.
Auch Youatt beschreibt ein in England bei Rindvieh nicht seltenes, wahres typhöses Fieber, ausser der Rinderpest (Murrain) in seinem Werk über das Rindvieh, S. 363. üeber-setzung von Hering S. 402.
Ob die von Hjaltelin beschriebene Krankheit der Schafe
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420nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; CompHcirte Fieber.
in Island, wirklich ein Typhus ist, wie er angibt, steht dahin (s. Daen III. Rep. XVII.)
t ff) Typhus bei Schiveinen.
Literatur: Gelle IV, Bd. S. 156. Anaker. Typhus serosus (Brftme). G.amp;H. 1856.
Falke führt in seiner monographischen Skizze des Typhus diese Krankheit bei Schweinen an. Er beobachtete im Wesent­lichen dieselben Erscheinungen, wie beim Pferde; besonders deutlich die Petechien auf der Haut, der Fieberfrost ist hefti­ger, das Hirnleiden bei manchen sehr deutlich ausgesprochen. Die meisten Kranken gaben Morgens und Abends ihre üble Laune durch Grunzen, Quicken u s. w. zu erkennen, waren dabei schwach im Kreuze oder selbst lahm und wollten nichts fressen. Ausserdem aber frassen sie zum Theil bis an ihr Ende.
Bei der Section fielen die entzündliche Veränderung der Leber, die Verdickung der Galle zu einer ziemlich consistenten Masse, die bedeutende Vergrösserung und Mürbheit der Milz, Verschwärung und Durchbohrung des Magens, Geschwürchen im Ileum, stark entwickelte Venennetze im Colon auf.
Therapie: Brechmittel (auch präservativ), sodann Calo­mel, Salze oder Säuren, kalte Begiessungen; im Durchfall: frischgeglühte Holzkohle u. s. w.
/t) Typhus der Hunde.
Dr. Hofer beschreibt die sowohl sporadisch als seuchen-haft auftretende Krankheit als Abdominalleiden in vier Stadien verlaufend (21 — 30 Tage dauernd, oft schon in 4—6 Tagen tödtlich). Die Symptome sind: grosse Schwäche, lähmungs-ähnliches Schwanken desHintertheils, Unaufmerksamkeit, Trocken­heit der Schnauze, Brechreiz oder Erbrechen von Galle, Schleim, selbst Blut, fieberhafter Puls (120—130) pochender Herzschlag, schnaubendes Athmen, schmutzige Röthe der Schleimhäute, an­fangs Verstopfung, später flüssige Ausleerungen, selbst von Blut; zuletzt Krämpfe, übler Geruch, Lähmung. Bei der Sec­tion fand H. die charakteristischen Veränderungen der Darm­schleimhäute und ihrer Drüsenhaufen, das Blut pechschwarz, zähe, klebrig. Die Behandlung war selten von Erfolg begleitet; sie bestund in Ricinusöl, Calomel, Emulsionen, Salzsäure n. s. w. (s. Rep. XIH. S. 201).
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Cholera.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 421
Hertwig beobachtete den Typhus der Hunde als Begleiter der Staupe oder anderer fieberhaften Krankheiten, und mit exan-thematischen Zufallen.
i) Typhus bei Katzen.
Er ist wenig bekannt. Guersent führt eine vielleicht hieher gehörige Krankheit an, und Hund schrieb über eine nervöse Katzenseuche, die mit Erbrechen und Verlust der Mun­terkeit anfing und in eine anhaltende Betäubung überging. Bei der Section fand man Spuren von Entzündung im Darmcanal. Curdt beschreibt einen Abdominaltyphus der Katzen in G. amp; H. 1854. Suppl.j er lobt Ricinusöl dagegen als Präservativ- und Heilmittel.
fc) Typhus bei Kaninchen. Dr. Küchenmeister beobachtete die Erscheinungen des Typhus besonders im Darmcanal bei 19 von 70 Kaninchen (s. Archiv für physiol. Heilkunde IX.); Becquerel bei Hasen eines Parks, während die Kaninchen frei blieben. J.Ber. 1856.
Die von Eletti als Lebertyphus des Geflügels angeführte, milzbrand­artige, ansteckende Krankheit gehört ohne Zweifel zur sogen. Hühnerpest, (Mail. III.)
i) Cholera. Brechruhr.
Eine der asiatischen Brechruhr des Menschen ähnliche höchst acute und gefährliche Krankheit, mit Durchfall und schnellem Sinken der Kräfte, nicht nur der Hausthiere, sondern auch des Wildes und der Vögel.
In den Gegenden, wo die asiatische Cholera unter den Menschen herrschte, beobachtete man häufig ein auffallendes Erkranken unter den Hausthieren und dem Geflügel, welches sogar in einigen Fällen dem Ausbruche der Cholera beim Men­schen vorausgegangen sein soll. Es darf angenommen werden, dass dergleichen Krankheitsfälle bei den Thieren von derselben Ursache abhängig waren, welche c|je Krankheit bei den Men­schen hervorbrachte und verbreitete, um so mehr, als die Symp­tome und der Sectionsbefund eine unbestrittene Aehnlichkeit mit denen der Cholera beim Menschen gezeigt haben.
Unter den Hausthieren litten die Wiederkäuer am wenig­sten; bei Hunden und Katzen sprach sich die Krankheit unter denselben Symptomen wie beim Menschen (Erbrechen, Durch-
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422nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
falls, schnelles Sinken der Kräfte, Krämpfe u. s. w.) aus; von dem Wilde erlagen die Hasen am häufigsten.
Noch mehr aber als die Säugethiere schienen die Vögel unter der herrschenden Krankheitsconstitution zu leiden; wäh­rend die Hühner, Gänse u. s. w. unter den eben angeführten Symptomen schnell zu Grunde gingen, bemerkte man ein Aus­bleiben oder Seltenwerden der Sperlinge, Krähen, Singvögel u. s. w. an sehr vielen von der Cholera heimgesuchten Orten. Bouley: Cholera der Hühner 1833 und 1850 mit und nach dem Auftreten der Cholera bei Menschen; das Fleisch der Hühner wurde ohne Nachtheil gegessen. (Eec. 1850.)
Wo diese mit grosser Heftigkeit auftrat, wurden selbst in den Flüssen und Teichen die Fische,'Krebse, Blutegel u. s. w. in grosser Zahl todt gefunden.
Einige nähere Angaben mögen das Angeführte bestätigen.
In Asien sah man zur Zeit der Cholera besonders Bindvieh, Kameele, Schafe, Hunde und Vögel leiden; viele derselben starben daran. Ein Elephant wurde mit Weingeist und Opium hergestellt. James Ranker sah bei Ka­meelen und Ziegen heftigen Durchfall -während der Cholera-Epidemie.
Als die Cholera in der Statthalterschaft Cherson herrschte, blieben auch die Hansthiere und besonders Vögel nicht verschont; in einigen Häusern starben die Hühner und Truthühner zum grössern Theile. Man bemerkte: schleimigen Ausfluss aus dem Schnabel, Durchfall, Krampf in den Füssen. Auch eine Krähe und ein Kranich erkrankten. Bei Gänsen und Enten sah man Würgen und Anstrengung zum Erbrechen, später wirkliches Erbrechen von klarem Wasser und Laxirén.
In einigen Fasanerien Ungarns gingen viele Fasanen zu Grunde; als man gepulverte Brechwnrzel unter das Futter mischte, soll die SteAlichkeit nachgelassen haben.
Auch in Frankreich zeigte sich nach Magendi e und Deuxpart die Cholera bei Bindvieh, Hühnern und Truthühnern als Seuche, und die Section wies die Zeichen dieser Krankheit nach; in Arras verlor ein Einwohner von 40 Hühnern innerhalb 3 Tagen 38 an der Chelera. Bei den Kühen will man nach kürzerem oder längerem Unwohlsein, Erbrechen (?) und Durchfall mit Verlust der Milch gesehen haben; die Section zeigte Blutanhäufung in der Lunge, rosenrothe Färbung der Darmschleimhaut, im Darm eine weiche, breiartige Masse u. s. w.
Im Prater bei Wien sollen während der Cholera viele Hirsche zu Grunde gegangen sein; mit ihrem Ausbruche verschwanden daselbst die Dohlen und Sperlinge. Im Braunschweig'schen blieben die Zugvögel aus.
Otto in Bresslau beobachtete, dass ein Hund, der seinem Herrn in den Spital gefolgt war und von dem Ausgebrochenen gesoffen hatte, die Cholera bekam und daran krepirte.
Sonstige Fälle Sind: Fergnsson bei einem Pferd Oct. 1847 (farbloser Durchfall, Krämpfe, Kälte, Tod am ersten Tage (Lancet 1849); Katze im
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Zehrfieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;423
Hotel Dieu zu Paris s. J.Ber. 1849; Cholera der Pferde auf der Insel Pinang in Ostindien ebd.; bei einem Hunde und zurück auf eine Frau gehend (Vet. 1849); Impfversuche von Marschall, hafteten selten (Vet. 1853; in Edin-burg bei herrschender Cholera ähnliche Erscheinungen bei Hunden, Katzen und Federvieh. J.Ber. 1853. In Bromberg herrsehten (zugleich mit der Cholera) bei Pferden heftige Coliken mit Durchfall (G. amp; H. 1854. Suppl.), bei Gänsen schneller Tod unter übelriechendem Durchfall (ebd.). Choleraähnliche Krank­heit bei Schafen in den Vogesen, (Durchfall, schneller Tod), in der Nähe herrschte die Cholera (J.Ber. 1854). In Tunis krepirte 1850 der vierte Theil der Hunde unter Symptomen der (zugleich ausgebrochenen) Cholera (Gaz. medic). Meyer gelang die üebertragung der Cholera auf Hunde durch Eingeben von 1—7 Unzen Dejectionen cholerakranker Menschen (Virchow's Archiv IV.).
Ob auch Fälle von enzootischer oder selbst sporadischer Cholera bei den Thieren vorkommen, und ob locale Ursachen eine ähnliche Krankheit hervor­bringen können, bleibt dahin gestellt. Als im Jahr 1839 in Berlin die Cho­lera wieder ausgebrochen war, sollen mehrere Landwirthe daselbst, welche die fast werthlosen Gurken ihrem Vieh fütterten, grosse Verluste durch eine Cho­lera ähnliche Krankheit erlitten haben. Andererseits versichert z. B. Leblanc, dass 1832 und 1849, als die Cholera in Paris herrschte, die Pferde so ge­sund als jemals blieben; auch in Kopenhagen fehlte bei den Thieren ein sol­ches Erkranken; ebenso In Berlin nach Hertwig.
Dr. Krauss verlor während seiner Reise im CafFerland (1839) sein Beit-pferd in der Nähe ties Zizikama River an einer daselbst herrschenden cholera­ähnlichen Seuche, welche in der Gegend Tausende derselben hinwegrafl'te.
Zwölfte Gattung.
Z eh rfi e b er. (Febris hectica.)
(Schleichendes, Eiterungsfieber. Febris lenta, phthisica, fehlt bei'Roll und Spinola.)
Literatur: Tscheulin loc. cit., Renault (Rec. 1834), Günther, Spinola (Lungen-Abscessbildung 1839), Gulliver, (Vet. 1839), Metherell (in , ' Recds. 1840), Renault und Bouley (Rec. 1840), Strauss (N. amp; V. IX.), Richter (edd. XI.), Bouley (Rec. 1843), Jacob (Eiterresorption, Marasmus, Lyon 1851), Lafosse (Abscesse im Bauch, Toul. 1852), Canavéri (2 Fälle von Eiterresorbtion, geheilt. Turin IV.). Högl (Eiterung im Gekrüse, Rep. XVI).
Fieber, schleichend-entzündlichen oder asthenischen Cha­racters, oft remittirend, mit zunehmender Abmagerung verbun­den. Unbestimmte Dauer; nicht ansteckend. Bei allen Haus-thieren.
Dem Zehrfieber liegt in der Mehrzahl der Fälle ein ört­liches Leiden zu Grunde; doch kommen auch bei den Thieren Fälle vor, wo ein solches fehlt oder wenigstens nicht in sol-
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424nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Complicirte Fieber.
chem Grade zugegen ist, dass es als die Veranlassung der fie­berhaften Abzehrung angesehen wird. Wie die Nerverfieber sich durch das gleichzeitig und wesentlich mit dem Fieber ver­bundene Ergriffensein des Nervensystems auszeichnen, so das Zehrfieber durch die Störung der Ernährung und die fortdauernde Abnahme der Masse und der Kräfte des Körpers {Marasmus).
a) Idiopafhisches hectisches Fieber.
Es ist sehr schwierig, bei Thieren, über deren frühere Krankheiten und schleichend entstandene Desorganisationen der Thierarzt so wenig erfahrt, das idiopatische hectische Fieber von dem secundären oder symptomatischen zu unterscheiden, welches eine Folge und das Ende sehr merklicher Zerrüttung wesent­licher Organe u. s. w. ist. Indessen gibt es Fälle, in welchen die Section keine organische Structurveränderungen u. dgl. nach­weist, und das Thier an einem massigen Fieber allmählich da­hinschwand. So z. B. nach einem starken Blutverlust, oder nach sehr schmerzhaften Krankheiten, nach heftigen Affecten, übermässiger Anstrengung, Mangel an Ruhe u. dgl.
Die Symptome des Zehrfiebers an und für sich sind: ein kleiner, beschleunigter, manchmal etwas harter Puls, deut­lich fühlbarer Herzschlag; zunehmende Abmagerung, Schwäche der Muskelkraft, namentlich durch Mangel an Ausdauer, baldiges Schwitzen u. s. w. bezeichnet; blasse Schleimhäute, glanzloses Haar, trockene, gespannte Haut, Neigung zu Hautausschlägen, zu Polypen- and Warzenbildung; wechselnder Appetit, öfter ver­mehrter Durst; wässeriges, cruorarmes Blut, geringe thierische Wärme. Während der sich öfters auf mehrere Monate erstre­ckenden Dauer des Zehrfiebers lässt dasselbe zu unbestimmten Perioden an Stärke nach und nimmt ebenso wieder zu; es tritt endlich eine Neigung zur Zersetzung der Säfte oder eine er­schöpfende Secretion (z. B. Durchfall) hinzu und macht das Le­ben des Thiers, ohne heftigen Todeskampf, erlöschen.
Bei der Section findet man: gänzlichen Mangel an Fett, wenig und wässeriges Blut, massige Wasseransammlung in den Höhlen des Körpers; Schlaffheit und Blässe der Organe; die Muskeln geschwunden u. dgl. m.
Ursachen: dieselben, welche bei der Abzehrung S. 123 angeführt wurden.
Prognose: meist ungünstig.
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Zehrfieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 425
Behandlung: auf Beseitigung der Ursachen gerichtet; meist diätetische Mittel: leicht verdauliches, nahrhaftes Futter, nährende, milde Getränke (Milch, Fleischbrühe), frische Luft, Ruhe oder Bewegung nach Willkühr. Innerlich bittere, stär­kende, schwach-gewürzhafte Pflanzenstoffe, auch Eisenpräparate, namentlich die leichter assimilirbaren, z. B. milchsaures, blaus., salzs., Weinsteins. Eisen.
b) Symptomatisches Zehrfieber, (meist Eiternngsfieber. Febris phthisica.)
Diese weit häufiger vorkommende Form entsteht entweder als Folge (noch fortdauernder) Missverhältnisse der Absonde­rungen zu der Ernährung (zu starker Verlust von Schleim bei Durchfällen, zu starke Harn-, Samen-, Milchabsonderung), oder durch langwierige und copiöse Eiterung grosser Wundflächen,. Verbrauch der Säfte zur Tuberkel-, Warzen- und Polypenbil­dung; übermässige Anzahl von Eingeweidewürmern, langsame Vergiftung u. dgl. Obgleich in den meisten Cachexien ein hec-tisches Fieber gegen das Ende des Leidens hinzutritt, so ist dies doch am häufigsten der Fall bei der Tuberkulose und Ver­eiterang der Lunge, auch der Leber, der Gekrösdrüsen; selte­ner des Magens und Darmcanals, der Nieren, des Fruchthälters u. s. w. Hier scheint theils der Verbrauch des Bluts zu der Eiterbildung, theils die Resorbtion von Eiter und dessen Rück­tritt in das Blut nachtheilig zu wirken.
Da die Eiterung nicht ohne einen gewissen Grad von Ent­zündung vor sich geht, so hat das Zehrfieber in solchen Fäl­len öfters einen entzündlichen Anstrich (härtlicher Puls, ver­mehrter Durst), was bei der Behandlung desselben zu berück­sichtigen ist.
Die Zeichen des symptomatischen Zehrfiebers sind dieselben wie des idiopatischen;' es kommen aber noch die des localen Leidens hinzu, z. B. ein schwacher, trockener, quälender Husten bei Lungentuberkeln, übelriechender Nasenausfluss bei Lungen­vereiterung ; höchst stinkender Durchfall bei Leber- oder Darm­geschwüren; jauchiger Ausfluss aus der Scheide bei Zurückblei­ben der Nachgeburt oder bei Entartung und Eiterung des Fruchthälters u. s. w. Manchmal ist jedoch das örtliche Leiden, von welchem das Zehrfieber ausging, erst durch die Section nach-
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426nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Complicirte Fieber.
zuweisen, deren Ergebnisse grösstentheils von dem localen Uebel abhängen.
Ursachen: zunächst die vorausgegangene, beziehungsweise die noch bestehende, locale Krankheit (z. B. Lungenvereiterung); hiezu alle noch mehr schwächende Einflüsse, so wie die' den krankhaften Process, z. B. die vermehrte Secretion steigernden Einwirkungen; entfernte Ursachen: alle die zur Cachexie und Dyscrasie Veranlassung geben.
Prognose wie bei a).
Behandlung: ebenso; jedoch mit steter Berücksichtigung des localen Leidens; so müssen also z. B. copiöse Eiterung oder colliquative Ausleerungen beschränkt werden; Würmer erfordern wurmwidrige, Gifte dagegen specifische Gegenmittel u. s. w. quot;Wenn ein gelinder Grad eines entzündlichen Zustandes in dem kranken Organe zugegen ist, so sind alle reizenden Mittel zu ^vermeiden; dagegen ist schwach antiphlogistisch (weniger durch Blutentziehung, als durch ableitende und durch beruhigende Mittel, wie Aconit, Blausäure u. dgl.) zu verfahren.
Das Fleisch der am Zehrfieber leidenden Thiere ist zwar von geringem Werthe, aber keineswegs schädlich; die Herde der Krankheit (Lunge j Leber u. s. w.) sind begreiflicherweise zu beseitigen.
r
c) Eiterinfection (Pyämie).-
Der Uebergang von Eiter in die Blutmasse, sei es zufällig durch Resorbtion oder absichtlich durch Infusion, wirkt in man­chen Fällen, einem Ferment ähnlich, so dass sich in verschie­denen Geweben Eiterablagerangen (Abscesse, metastatische Herde) bilden und ein hinzutretendes Fieber das Thier inner­halb kurzer Zeit aufreibt.
Man glaubte die Wirkung des Eiters auf mechanische Weise erklären zu können, z. B. durch Verstopfung kleiner Gefässe durch denselben (Ercplani, Turin IV); auch Faserstoffgerinnsel in den Gefässen sollen dazu Anlass geben; allein letztere trifft man oft (z. B. in den Venen des Samenstrangs alter Hengste) mit allen Zeichen einer langen Dauer ohne den mindesten Nachtheil verursacht zu haben. Nach Ändern soll Eiter im Blute eine Gerinnung des­selben verursachen, was ebenfalls nicht wahrscheinlich ist. Die festen Be-standtheile guten Eiters (Kügelchen) sind so klein, dass sie überall passiren können, wo Blut durchgehen kann; mit schlechtem Eiter (Jauche, die zer­störte Gewobstheile enthält, oder mit specifischem Eiter, z. B. von Rotz) mag es sich anders verhalten.
Einen Fall, in welchem nach einer Hautverletzung inner-
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Eiterinfection.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;427
halb 64 Stunden durch Resorbtion der entstandenen Jauche Lungenabscesse entstunden, findet man im Rep. II, S. 52 be­schrieben. Ebendaselbst sind (S. 42 u. 54) mehrere Fälle von Eiterinfusion angeführt, welche theils Knoten und Abscesse in der Lunge und der Milz, theils den Rotz der Pferde Zur Folge hatten; so dass einige französische Thierärzte geneigt sind, die Ursache des acuten Rotzes in einem üebergang von Eiter in die Blutmasse, sei es durch Resorbtion oder durch Unterdrückung einer bestehenden Eiterabsonderung zu suchen. Jedenfalls hat Eiterinfection den Rotz nicht nothwendig zur Folge, wie die­selben Beobachter zugeben, indem sie anführen, dass einige der Pferde, denen Eiter in die Venen injicirt worden, in den ersten Tagen heftiges Fieber, das bis zum 7. bis 8. Tage anhielt, be­kommen haben, bis zum 15. Tage aber alle Krankheitssyraptome verschwunden seien.
Bei der Behandlung ist -Aetzen oder Brennen der Wunde die Hauptsache, sodann Sorge für reine- Luft, gleichmässige Temperatur und Ruhe.
Nach Bonnet ruft nicht die Eiterresorbtion an sich die Erscheinungen der Pyämie* hervor, sondern die gehinderte Ausscheidung des Ei^prs durch die Secretionsorgane (Lyon 1855).
Nach den von mir hierüber angestellten Versuchen bestätigt sich die schnelle Bildung von Knoten und Abscessen theils in den Lungen oder an­dern Eingeweiden, theils im Zellgewebe , nach Infusion von Eiter in das Blut. Rotz ist mir nicht dabei vorgekommen, wohl aber habe ich in einigen Fällen chronischen Rotz höchst wahrscheinlich dadurch entstehen gesehen, dass die Blutmasse der an einer langwierigen Eitemng (Hnfschaden, Nackenfistel u. s. w.) leidenden Thiere durch Resorbtion von Eiter inficirt worden ist. In andern ähnlichen Fällen bildeten sich Abscesse in der Lunge und Venenentzündung aus dieser Ursache. Die Infusion des wässerigen Theils von Eiter (ohne die Eiterkügelcben) hatte keine nachtheilige Folgen.
Ein Fall von Eiterinfusion.
Am 31. Januar 1840 wurde von einer gutartigen Fleischwunde eiues Pferdes etwa '/j Unze Eiter genommen, mit 2—3 Unzen lauem Wasser an­gerührt und durch ein Tuch geseiht. Die durchgelaufene, milchigte Flüssig­keit wurde einem 4jährigen, gesnndscheinenden Wallachen in die linke Ju-gularvene infnndirt.
Nach einer Stunde: Fieberschauer, der eine volle Stunde anhält; nach­her frisst das Thier sein Futter vollends. Puls 48.
Den folgenden Tag wenig Aufmerksamkeit, Kopfhängen, Puls 60; einige­mal schwacher Husten.
Den 2.—4. Februar blos tieferes Athmen, sonst nichts Krankhaftes zn be­merken; lässt sich nicht zum Husten zwingen.
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428nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.
Den 5.—7. Zunahme des Pulses von 48—72, weich, klein; beschleunig­tes Ätbmen, mit starker Bewegung der Bippen; dumpfer, seltener Husten, etwas klebriger Nasenausfluss. Liegt nicht, frisst aber ordentlich.
Den 8. Puls auf 60 gesunken, am 9. wieder auf 72; gegen 40 Athem-züge, schwacher Husten, Bewegung der Bippen beinahe wie in der Dämp­figkeit. Fresslust gut.
Den 10.—12. Februar gleicher Zustand, allmähliges Steigen des Pulses auf 84, der Äthemzüge auf 44; wechselnde Fresslust; stossendes Athmen.
Den 13.—19. sichtliche Abmagerung; Puls 72—80; zeitenweise 96. Äthemzüge 44—48; wässeriger, später eiterartiger Nasenausfluss; Jucken und Beiben an den Schenkeln; anstrengender Husten. Periodische Erleichterung. Herzschlag nie pochend, sondern sehr circumscript und massig fühlbar.
Den 21. Februar. Das Thier legt sich mehrmals, und kann nicht mehr aufstehen; die Athembeschwerde hat einen sehr hohen Grad erreicht. Es wird durch Genickstich getödtet und sogleich secirt.
Die Bauchhöhle zeigte nichts abweichendes, sehr wenig Fett. In beiden Lungen mehrere verhärtete Stellen von verschiedener Grosse und Form, alle scharf begränzt, an der Peripherie dieser kranken Stellen ist das Lungenge­webe mit Wasser infiltrirt, das beim Einschneiden herausquillt; tiefer innen be­finden sich entweder etliche erbsengrosse oder Ein nussgrosser Abscess mit gelbem, zum Xheil käsigtem, geruchlosem Eiter. Diese Abscesse sind unre-gelmässig zerstreut, doch mehr unten in der Lunge als oben und mehr linker­seits. Im Herzbeutel ein Pfund trüblichen Wassers; an der Oberfläche des Herzens eine weiche, villöse Ausschwitzung. In den Bronchien viel Eiter und Schleim*
Hertwig sah auf Eiterinjection in die Schenkelvene Entzündung und Abscessbildung im Darmcanal folgen.
Nach G a^n gee brachte Eiterinfusion in die Jugularvene bei Pferden Congestion nach den Lungen, Erguss plastischer Lymphe und Zerfliessen der­selben in Eiter (Abscesse) hervor. Hunde widerstanden öfter als Pferde, jene bekamen Eiterung im Herzen, Herzbeutel oder den Gelenken. Eiter in die Gekrösvenen infundirt, hatte die Bildung von Abscessen in der Leber zur Folge. Eiterinfusion in die Aorta oder Carotis veranlasste Abscesse im Hirn, den Hirnhäuten, im Zellgewebe, dem Hinterkiefergelenk, im Herzen, der Niere u. s. w. von der Beckenarterie aus entstand eiterige Infiltration in den Schen­kelmuskeln. Eiter in die Lymphgefässe injicirt wirkt nur auf die nächste Lymphdrüsengruppe (Abscess). Lyon 1855.
ZWEITE ORDNUNG.
Entzündungen. (Inßammationes, Phlegmasiae, Phlogoses.)
(Vgl. das im Allgemeinen hierüber Angeführte S. 259, und über die entzünd­liche Beschaffenheit des Bluts S. 117.)
Literatur: ausser den Werken über allgemeine Pathologie, Hayne (1830, 1849), Falke (G. amp;H. X.), Gurlt (ebd. XL), Wirth (Schw. Archiv VII.), Eyebner (Ztschr.H.).
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Entzündungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;429
Dieselbe abnorme vermehrte Thätigkeit, welche im Fieber durch das ganze Gefasssystem stattfindet, äussert sich bei den Entzündungen innerhalb eines oder mehrerer abgeschlossener Organe, oder in einzelnen, mehr oder weniger ausgebreiteten Geweben (z. B. einer Schleimhautparthie, serösen Haut n.-s. w.)
Der vermehrte Andrang des Bluts in dem entzündeten Theil vermehrt dessen Masse (Anschwellung), theilt ihm eine dunklere Färbung (Röthe) mit und verursacht Spannung (Schmerz). Zu­gleich aber ist der nächste Zweck des gewöhnlichen Blutzu­flusses (Ernährung oder Secretion) bald mehr, bald weniger ver­fehlt, indem an die Stelle der Ernährung eine Ausscheidung einzelner (meist gerinnbarer) Bestandtheile des Bluts tritt, die normale Absonderung des entzündeten Organs aber entweder ganz aufhört, oder merklich verändert wird. Je nach der Structur des Gewebes, in welchem die Entzündung auftritt, oder dem Grade der letzteren, oder ihrer Complication und ihrem Cha­racter ist der Einfluss der Nerven auf den Vorgang der Ent­zündung wenig oder stark in die Augen fallend.
Die Entzündungen, welche sehr gefäss- oder nervenreiche Theile, oder Gewebe von bedeutender Ausbreitung betreifen, oder überhaupt sehr heftig sind — ziehen in der' Regel ein allgemeines Fieber nach sich, welches man als .Reizfieber (S. 272) ansehen kann, das sich aber auch nicht selten zum entzünd­lichen Fieber steigert. In diesem letztern Falle (wesentlich demselben, wenn ein anfangs reines oder idiopathisches Fieber eine locale Entzündung herbeiführt), verlaufen beide krankhafte Vorgänge — Fieber und Entzündung — parallel, d. h. sie neh­men zu gleicher Zeit ab oder zu, und ihr Character -ist meist derselbe. Auch die Behandlung ist in der Hauptsache die gleiche. Mehrere dieser Verbindungen sind bereits unter den (complicirten) Fiebern aufgeführt worden.
Der Verlauf der Entzündungen an und für sich ist meist acut, und um so rascher, je heftiger der Grad der Entzündung ist, oder je gefässreicher der befallene Theil ist (z. B. Entzün­dungen der Lunge, des Hirns; der Schleimhäute, wogegen die Entzündung der Knochen, Sehnen und Bänder langsamer ver­läuft). Dass in manchen Ländern die entzündlichen Krankheiten einen rascheren Verlauf nehmen, als in andern, mag theils dem Klima, theils der herrschenden Fütterung (die z. B. bei Pferden in England weit substantieller ist) zugeschrieben werden. (Wil-
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430nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.
Hams in Reeds. 1846.) Manche Ausgänge der Entzündung, wie Eiterung, Wassererguss, Verhärtung, Aftergebilde, können sehr lange fortdauern, und entweder eine sogenannte chronische Entzündung darstellen, oder aber als ein abgeschlossener Vor­gang unverändert stehen bleiben, bis etwa chirurgisches Ein­greifen, oder eine neue Entzündung sie entweder beseitigt, oder sie auf eine höhere Stufe der Desorganisation führt. (Lungen­verhärtung, Lungengeschwür; Exstirpation einer Balggeschwulst, Trennung verwachsener Theile u. s. w.)
Der Character einer Entzündung wird theils von dem Zu­stande der Lebenskraft überhaupt, theils von dem Zustande des entzündeten Organs bestimmt. In dieser Beziehung unterschei­det man den sthenischen und asthenischen, den erethischen und torpiden Character; letztere beide Zustände drücken den An-theil' des Nervensystems an der Entzündung aus. Obgleich der asthenische Character dem entzündlichen eigentlich entgegen­gesetzt ist, können doch beide zugleich in demselben Indivi­duum vorkommen; es kann z. B. an einem entschieden asthe­nischen Fieber und daneben an einer localen sthenischen Ent­zündung (durch Brennen, äussere Reize u. dgl.) leiden; indessen wird der Character des localen Leidens bald in dem des all­gemeinen Zustandes untergehen.
Von den reinen Entzündungen, die in jedem Blut- und Nerven führenden Gewebe, durch allgemeine, reizende Einwir­kungen (z. B. Hitze, chemische, mechanische Reize) hervorge­rufen werden können, unterscheidet man die speeifischen Ent­zündungen, welche nur Einer (speeifischen) Ursache ihre Ent­stehung verdanken, (z. B. die auf die Einimpfung der Pocken folgende Entzündung) und meist einen bestimmten Verlauf ein­halten.
Bei der Betrachtung der einzelnen hieher gehörigen Krank­heitsformen wird der Sitz der Entzündung (der befallenen Organe) in der Ordnung vom Kopfe nach den Extremitäten, mit Rück­sicht auf die nahe verwandten Organe, zu Grunde gelegt, und dieser Reihe werden noch die Entzündungen, welche an ver­schiedenen Stellen des Körpers vorkommen können (z. B. Zell­gewebe, Muskel, Gelenke) angefügt.
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Hirnentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 431
A. Hirnentzündung. (Phreniiis.) (Cephalitis, Meningitii.)
Störung der Hirnverrichtnngen, bald durch Raserei und unzweckmässige Bewegungen, bald durch Bewusstlosigkeit sich äussernd; mit Fieber verbunden. Acuter Verlauf. Sporadisch bei allen Hausthieren vorkommend.
Die Hirnentzündung befällt am häufigsten Pferde, und hat bei ihnen und dem Rindvieh meist einen sehr raschen Verlauf. Sie ist nicht selten für sich tödtlich, oder hinterlässt solche Störungen in der Verrichtuung des Hirns, dass das Thier da­durch unbrauchbar wird. Nach dem Verlauf unterscheiden wir die höchst acute und die acute, ferner die symptomatische und die schleichende Hirnentzündung.
d) Höchst acute Hirnentzündung. {Phrenitis peracuta.)
(Irrig; Rasender Koller mehrerer Autoren. Vertige idiopathique, mal d'Eipagne
der Franzosen.)
Symptome. Diese Form der Hirnentzündung tritt theils plötzlich auf, theils nachdem einige Tage lang Trägheit, Mangel an Fresslust, trockenes Misten u. dgl. vorausgegangen sind; die Anfalle von Raserei, Toben u. s. w. kommen entweder im Stalle, oder aber während dem Gebrauch des Thiers, meist un­erwartet. Heftiges Athmen, mit aufgesperrten Nasenlöchern, geröthete Nasenschleimhaut, glänzende Augen, Hauen mit den Vorderfüssen, grosse Unruhe des Körpers (ohne Neigung nie-derzuliegen, oder sich zu wälzen, wie bei der Kolik), Steigen in die Krippe, Zerreissen der Halfter durch Zurückhängen, be-wusstloses Schieben und Drücken an den Barren, starkes Schwi­tzen-; ein sehr beschleunigter, bald kleiner und harter, bald voller Puls, unfühlbarer Herzschlag u. s. w. sind die Zeichen eines Anfalls von peracuter Hirnentzündung-. Die auf die heftige An­strengung folgende Erschöpfung bringt einen kürzeren oder län­geren Stillstand hervor, nach dessen Ablauf der Anfall sich wiederholt, und so mehrere Male hintereinander, bis entweder ein Nachlass der Krankheit herbeigeführt wird, oder Lähmung und der Tod eintritt.
Die tobsüchtige Periode dauert von einer Viertelstunde bis zu eine*und mehreren Stunden; in den ruhigeren Zwischen­zeiten ist das Thier kaum im Stande, sich stehend, zu erhalten.
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432nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. .
höchst erschöpft, aber dennoch sehr reizbar, so dass nicht sel­ten durch Berühren desselben, Anwendung der Heilmittel u. s. w. der Anfall aufs Neue erregt wird. Manche Kranke sind in den ruhigen Perioden fast unempfindlich und 'bewusstlos.
Nicht selten tritt sehr frühzeitig halbseitige Lähmung ein, die sich durch Herabhängen des einen Ohrs, des Augenlids der­selben Seite, Verziehen der Lippe auf die entgegengesetzte Seite, ünempfindlichkeit auf Stiche, beschwerliches Schlingen u. s. w. zu erkennen gibt. Der Tod macht oft schon innerhalb 24 bis 36 Stunden, selten erst nach einigen Tagen dem Leben ein Ende. Durch schnelle und kräftige Hülfeleistung kann in­dessen in derselben Zeit vollständige Genesung herbeigeführt werden; häufiger jedoch ist dieselbe unvollständig, und es bleibt den Thieren eine verminderte Empfindlichkeit und Mangel an Bewusstsein zurück (chronischer Koller), mit der Neigung zu wiederholten Anfällen von Tobsucht. Dies ist dann der eigent­liche rasende Koller, nicht aber jede zufallig entstandene acute Hirnentzündung.
In seltenen Fällen ist die peracute Hirnentzündung von einem Schwächefieber begleitet, das sich durch die Weichheit und Kleinheit des Pulses, pochenden Herzschlag, vermehrte Ab­sonderung und schmutzige Färbung der Nasen- und Maulschleim­haut und der Bindehaut zu erkennen gibt.
Section: Ueberfüllung der Hirnhäute mit Blut, viele Blut­punkte beim Durchschneiden des Hirns, Erguss gerötheten Se­rums in die Schädelhöhle, Ausschwitzung gerinnbarer Lymphe an der Oberfläche des Hirns, auch Bluterguss, seltener Erwei­chung oder Eiterbildung; Contusionen, Blutunterlauf'ungen im Zellgewebe, blutreiche' Lunge u. s. w. In Wien wird der Sec-tionsbefqjd bezeichnet als: Hyperämie der Hirnhäute und Hirn­substanz, starke Durchfeuchtung der letztern, wässeriger Erguss in die Ventrikel und zwischen die Arachnoidealplatte, grosse Menge von Cholestearin-Krystallen an den Adergeflechten. (Wien III, IV.)
Fälle von pathol. Veränderungen der Hirnsubstanz in Folge von Entzün­dung s. Lanotte (Eiter unter der Hirnhaut G. amp; H. VII.); in Ilecds. (Eiter im Hirn, Dauer 21 Tage); ebd. Hirnabscess bei einem Stier, mit Erweichung der Stirnbeine; Bouley in Rec. 1848 (Erweichung des linken Ämmonshorns); Gloag, Abscess im Hirn, Vet. 1848.) Meyer Abscess im Hiriribbei einem Schwein, mit Basereizufällen G. de H. 1851. Huzford und Vincent, Auf­treibung der Adergeflechte Vet. 1853 u. 1855. Uebrigens hängen die Chole-
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HirnentzUndung,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 433
stearin- oder Kalk-) Concretionen an den Ädergeflechten nicht nothwendig mit Hirnkrankheiten zusammen, nnd werden oft ohne eine Spur von Störung der Hirnfnnetion angetroffen. Tergl. auch Rec. 1853. Schmelz acute Him-entzündung von Exostosen am Hirnzelt Rep. XV. Lebjlanc flüssiges und pla­stisches Exsudat in den Hirnventrikeln, Auftreihung der Adergeflechte. Rec. 1854, 1856.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;_nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'
Ursachen: nächste —• in dem heftigen Andränge des Bluts nach dem Hirn (active Congestion), oder dem gehinder­ten Abflüsse des Bluts von dejnselben gelegen; Vollblütigkeit überhaupt; entfernte: — zu viel, zh nährendes Futter, beson­ders schneller Uebergang von Mangel zu Ueberfluss (vgl. Ma­genkoller); Erhitzung, sei es durch erhitzendes Fütter, heftige Anstrengung, oder äussere hohe Lufttemperatur (damit vielleicht zusammenhängend die Wirkung starker Sonnenstrahlen; Son­nenstich); dumpfe heisse Stallluft, heftige Erregung des Ge­schlechtstriebs, besonders bei Hengsten; zu enge Kummete, zu fest geschnallte Kehlriemen, und endlich Verletzungen des Hirns oder seiner Decken durch Schläge, Sturz, Anstossen des Kopfs und dergl. (traumatische Hirnentzündung.)
Anlage: bei feurigem Temperament, grosser Erregbarkeit, Furchtsamkeit u. dgl. grosser als sonst; ebenso bei Thieren, die früher an Hiruentzündung, Schwindel, hartnäckiger Indigestion, Aderlassfistel und Verwachsung der Jugularvene, Desorganisa­tionen der Lunge oder Leber u. s. w. litten.
Behandlung: vor Allem Beseitigung der Ursachen, wo dies möglich ist (z. B. des Drucks auf die Jugularvenen, der Sonnenhitze); man bringe das Thier in einen geräumigen, luf­tigen Stall oder unter einen offenen Schuppen, vermeide es durch Widerstand, kurzes Anbinden, Fesseln u. s. w. aufzuregen, suche dagegen Gegenstände, woran es sich beschädigen könnte, zu entfernen; sodann begiesse man ihm langsam, aber anhaltend den Kopf mit kaltem Wasser, oder mache Eisüberschläge, auch kalte Klystiere deprimiren die heftigen Anfälle merklich; ist das Thier etwas ruhiger geworden, so dass man sich ohne Ge­fahr ihm nähern kann, so lasse man aus einer oder beiden Jugularvenen, durch grosse Oeffnungen eine starke Quantität Blut; ist vorne nicht beizukommen, so suche man die mittlere Schweifarterie, etwa 3—4 Zoll vom Schweifansatz entfernt, anzuschneiden, oder schlage ein fingerlanges Stück der Schweif­spitze ab. Die Unterbindung der Carotis, den Blutandrang nach dem Hirn direct zu massigen, gab mir kein günstiges Resultat.
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;28
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434nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
Innerliche Ai'zneimittel wirken langsam; Salpeter, Calomel, Brechweinstein, auch Digitalis passen bei etwas verzögertem Verlaufe, sie müssen in Pillen- oder Latwergenform und grosser Dosis gereicht oder (die Salze) im Trinkwasser beigebracht werden; Einschütten taugt wegen des Hochhaltens des Kopfs nichts.. Sollten die Anfälle wiederkehren, so kann die Blut-eatziehung zu wiederholtenmalen nöthig werden. Aeussere Reize sind erst anwendbar, wenn diei erhöhte Thätigkeit des Gefäss-systems bereits stark herabgestimmt worden ist; dann aber sind sie oft entbehrlich; jedenfalls sollen sie weit entfernt vom Kopfe angebracht werden (z. B. zwischen den Hinterschenkeln.) Ist Lähmung oder Wasserergiessung eingetreten, und das Thier überlebt dieselbe, so ist es wie bei der Paralyse und dem chro­nischen Koller angegeben wird zu behandeln; selten wird jedoch der Erfolg günstig sein.
Hirnentzündung von mechanischer Verletzung macht ein chirurgisches Verfahren nöthig (z.B. Entfernung von Knochen­splittern, Trepanation u. s. w.)
Fälle von traumatischer Hirnentzündung findet man von Spooner im Belg. 1846; die Symptome schienen zum Theil auf ein Hinterleibsleiden hin­zuweisen; die Section zeigte Eiter im Gehirn; ferner im Rep. VIII. Hirnent­zündung von 2 Bremsenlaiven im Hirn eines Fohlen von Bruckmüller. Wien VI); Vincent Abscess im Hirn Vet. 1855; Eberhard Eiterung im kleinen Hirn. G. amp; H. 1855; Peano ebenso, Turin IV u. Toul. Klin. 1856. Boche-Lubin Verwechslung mit der Kopfkrankheit des Rinds. Toul. 1849.
Die Symptome der höchst acuten Hirnentzündung beim Rindvieh sind im Wesentlichen dieselben, nämlich Raserei, Toben, Stossen mit den Hörnern, Brüllen u. dgl. (Marres ge­heilter Fall durch Aderlässe, Toul. 1852;) Durch Schwere des Kopfs, bei trockenen Augen, soll nach Rychner sich die Krankheit schon anfangs von der Kopfkrankheit des Rinds' un­terscheiden lassen (vergl. R. Zeitschr. I.). Zuweilen liegen Feh­ler der G-allensecretion zu Grunde, was sich durch gelbe Fär­bung der Schleimhäute bei weit weniger beschleunigtem Pulse zu erkennen gibt. Hirncongestion bei Schafen von Seer (G-amp;H. 1852.3
Ursache, Verlauf und Ausgänge wie beim Pferde.
Behandlung: Aderlass, Senftaige hinter den Nacken oder an die Rippenwand; kalte Umschläge oder .Lehmanstrich (mit Eis, Glaubersalz u. dgl.) auf den Kopf; innerlich Salze, Calo­mel u. s. w., bei galligter Verwicklung Calomel abwechselnd mit
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Hirnentzündung. ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 435
Tart. stibiatus, Einreibung von Mercurialsalbe in die Leber-gegencf, später bittere und salzige Mittel. Das Fleisch der Thiere ist geniessbar, so lange nicht Zersetzung eingetreten ist.
Die hier beschriebene Krankheit des Pferds nehmen viele Thierärzte ohne Weiteres für den in den alten Gewährschaftsgesetzen angeführten ra­senden Koller; dies ist aber nur dann richtig, #9632;wenn ein chronisch krank­hafter Zustand des Thiers, z.B. chronischer Koller, zuvor oder gleichzeitig zugegen ist; denn eine acute Hirnentzündung, die plötzlich, z. B. durch hef­tige Erhitzung oder durch Verletzung der Schädelknochen u. dgl. entstanden, kann nie als Hauptmangel gelten, da ihr die wesentlichen Bedingungen eines solchen Mangels fehlen. Sehr häufig wird in der Beurtheilung dieser und der nächsten Form von Hirnentzündung von Viehschauern und Thierärzten gegen jene Grundsätze gefehlt.
h) Acute {oder halb-acute) Himentzündung des Pferds. {Phrenitis acuta s. sub-acuta.)
(Sog. Kopfkrankheit der Alp, Nervenkrankheit, fälschlich Nervenfieber, Typhus und Koller genannt.)
Literatur: Gilbert amp; Hnzard (Mem. de l'instit. H.)., Autenrieth hitzige Kopfkrankheit (1823) Ekert ac. u. chron. Koller (J832) Schutt in Petersburg G. amp; H. 1853, Leisering und Schell G. amp; H. 1854. Suppl., Albert acute Hirnwassersucht, mehrere Fälle ebd. 1856, Hock Hirncongestion ebd., Leblanc Hirnapoplexie Rec. 1856.
Die Krankheit befällt Pferde jederaquo; Alters und Geschlechts, doch vorzugsweise junge, noch in der Entwicklung begriffene (4—6jährige), häufig ohne Vorboten, manchmal aber, nachdem etliche Tage lang Mattigkeit, Mangel an Fresslust, leichtes Zucken der Gesichtsmuskeln u. dgl. beobachtet worden.
Symptome: geringe Aufmerksamkeit auf die Umgebung, verminderte Empfindlichkeit an der Krone der Fasse u. s. w., stierer Blick, wechselnde oder aufgehobene Fresslust, Aussetzen oder Vergessen beim Fressen, Hängen des Kopfs, Widerwillen den Kopf in die Höhe zu heben, Aufstützen desselben im Trog, Zucken der Muskeln an den Lippen, oder vorne an der Brust, dem Halse; ungleich vertheilte Wärme der Haut, unterdrückte Ausleerungen, oft schlecht verdauter, blasser Mist, oder aber dunkelbrauner harter, in* kleinen Ballen abgehender Mist; wenig gefärbter Harn, der selten, aber viel auf einmal abgeht. Das Athmen ist langsam und tief, der Puls sehr oft nicht oder we­nig vermehrt, weich, voll, selten hart, der Herzschlag wenig fühlbar. Die Bewegung träge. In diesem Zustande sieht das Thier einem still-kollerigen ganz ähnlich.
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436nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.
Durch Zuruf, Antreiben u. dgl. scheint das Thier zu er­wachen , sieht auf, frisst ein paar Maulvoll, fallt aber bald wie­der in den schläferigen Zustand zurück. Ausnahmsweise bleibt bei manchen Thieren der Kopf ziemlich frei, dagegen ist. die Bewegung gestört, sie schwanken und brechen fast zusammen.
Im weitern Verlaufe der Krankheit nehmen allmählich die Zeichen der Bewusstlosigkeit zu; Knirschen mit den Zähneu, Anlehnen oder Schieben gegen den Barren (seltener Toben oder in die Höhe springen), ünempfindlichkeit gegen scharfe Ein­reibungen u. s. w. sind dergleichen Symptome; das Thier bleibt Stunden, halbe Tage lang in derselben Stellung (immobilité der Franzosen), behält eben so lang einen Wisch Futter im Maule, frisst oft blos, wenn man ihm das Futter zwischen die Backzähne hinaufschiebt, sauft mit tief ins Wasser gestecktem Maule, legt sich nicht.
Dieser Zustand kann 2 — 3, auch mehrere (6 — 8) Tage dauern, und die zunehmende Verschlimmerung zeigt sich nun durch Drehen nach einer Seite; im Freien lauft das Thier oft stundenlang ununterbrochen' in einem grössern oder kleinern Kreise, bis.es zufällig an ein Hinderniss geräth und daselbst entweder stehen bleibt oder auch anfangt, dagegen zu drücken. Im Stalle angebunden, laquo;chiebt das Thier in eine Ecke seines Standes; manche hängen zurück, bis das Halfter bricht. Die Zeichen der eingetretenen halbseitigen Lähmung werden immer deutlicher (Herabhängen des Ohrs u. s.w.); das Thier frisst und sauft nichts, als was man ihm etwa aufzwingt, und hält sich manchmal auffallend lange, ohne abzumagern. Der Puls wird nun allmählig beschleunigt, steigt dann aber jeden Tag, wird immer kleiner, der Herzschlag fühlbarer, das Athmen tief, röchelnd, die untere Hälfte des Kopfs schwillt unförmlich an und hindert das Athmen, schnelle Abmagerung tritt ein; end­lich stürzt das Thier zusammen, kämpft aber nicht selten noch einige Tage, auf dem Boden sich abmühend, mit dem Tode.
Dieser tritt in einzelnen Fällen schon am 3—4. Tage der Krankheit (deren Anfang wahrscheinlich übersehen wurde) ein, gewöhnlich aber erst zwischen dem 7—14. Tage, und einzelne Thiere treiben es bis in die vierte Woche.
Neigt sich die Krankheit zur Besserung, so kommt es nicht zum Drehen, oder Laufen im Ringe, sondern nach einigen Tagen stellt sich wieder mehr Aufmerksamkeit, etwas Fresslust u. s. w.
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Hirnentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 437
ein, die .Kranken brauchen aber noch längere Zeit (3—4 Wo­chen), um sich zu erholen. Während des Verlaufs vorkom­mende Fieberschauer haben weder eine kritische, noch eine schlimme Bedeutung; meist ist der Puls dabei ganz unbedeutend alterirt. Die Witterung hat grossen Einfluss darauf; grosse Hitze verschlimmert den Zustand des Kranken, kühle Nächte, Gewitterentladungen, Regenwetter erleichtern ihren Zustand. Wenige Thiere genesen vollständig; den meisten bleibt ent­weder ein still-kolleriger-Anstrich, oder eine gewisse Bizarrerie (z. B. Untugend, die sie vorher nicht hatten), manche werden völlige Koller. Nicht ganz selten bleibt schwarzer Staar zu­rück. Von denen, welche im Kreise laufen; kommt äusserst selten eines mit dem Leben davon, indessen darf man die Hoff­nung nie ganz aufgeben, denn ich habe Kranke dieser Art; in der vierten Woche erst sich zu bessern anfangen gesehen, nach­dem sie bereits rettungslos seit mehreren Tagen auf dem Boden lagen. Diejenigen, bei welchen die Krankheit einen mehr ere­thischen Character hat (Toben, Schieben), erholen sich noch eher, als solche mit einem langsamen, mehr schleichenden Ver­lauf und vorherrschender Abstumpfung.
Section: Blutreichthum in den Häuten des Hirns (und Rückenmarks), die Substanz des Hirns bald härter, bald wei­cher, Wasseransammlung zwischen den Häuten und in den Ven­trikeln, ödematöse Auftreibung der Adergeflechte; der Magen klein, zusammengezogen, die weisse Haut abgelöst, die Leber nicht selten mürbe, der Darmcanal leer, hie und da geröthet oder ganz blass; das Blut w'eich coagulirt oder flüssig, schwarz.
Sowohl durch den Verlauf, als durch den Mangel der dem Typhus eigen-thümlichen Erscheinungen auf der Darmschleimhant (Infiltration der Peyer-schen Drüsen, Geschwüre, Schorfe) unterscheidet sich die acute Kopfkrankheit des Pferds von dem NerTenfieber oder Typhus, s. Hering Rep. XVII.
-Anlage: bei jungen, 3—6jährigen Thieren, grosser als bei sehr alten oder bei Fohlen; eine ererbte Disposition vom Vater oder der Mutter ist öfter nachgewiesen, sie pflegt aber erst dann hervorzutreten, wenn das Thier in Arbeit genommen wird, desshalb mehr Körnerfutter erhält, wobei namentlich bei Stuten der nunmehr stärker sich entwickelnde Geschlechtstrieb und vor Allem das Zahnen mitwirken.
Ursachen: sie liegen theils in dem Thiere selbst, theils ausser ihm. Zu der ersten Categorie gehört — ausser den bereits genannten (Zahnen, Geschlechtstrieb) — alles Erhitzende;
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438nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.
sei es nun, dass die Thiere, um sie zum Verkauf herzurichten oder um mehr Arbeit von ihnen verlangen zu können, stärker und namentlich mit Haber gefüttert werden, sei es, dass bei jungen halbveredelten Thieren mit später Entwiklung eine orga­nische Schwäche zu Grunde liegt, welche auch bei massigem Gebrauche baldiges Schwitzen, Ermüdung u. dgl. zur Folge hat. Zur zweiten Abtheilung gehören dumpfe, niedrige Ställe, grosse Wärme der Luft, besonders zu unguwühulichen Jahres­zeiten; Versetzung aus hohen Gegenden (von der Alb) in die niederer gelegenen Landestheile; damit verbundene Umänderung der ganzen Lebensweise (des Futters, des Gebrauchs).
Früher glaubte man diese Krankheit sei bios in Württemberg und na­mentlich auf der Alb einheimisch; es zeigt sich aber, dass sie ebenso im nördlichen Russland, im südlichen Frankreich und Oberitalien vorkommt, ob­gleich oft unter einer andern Benennung.
Obgleich die Krankheit das ganze Jahr hindurch vorkommt so ist sie doch am häufigsten im Beginn des Frühlings (wenn ungewöhnlich warme Tage im März, oft schon im Februar ein­treten) und im hohen Sommer. Man sieht sie oft entstehen bei Thieren, die kürzlich erst ihren Herrn (und damit die ge­wohnte Lebensweise) geändert haben; bei Remonten (obgleich sie völlig abgezahnt haben) durch die regelnlässigere Haber­fütterung und das ungewohnte Zureiten; eine einmalige Erhitzung im Gebrauche hat nicht selten den plötzlichen Ausbruch der Krankheit zur Folge.
Dass in solchen Fällen öfters eine besondere Anlage zu der Krankheit in dem Thiere zugegen war, lässt sich nicht bestrei­ten; bemerkt man die ersten Erscheinungen des Uebels früh­zeitig und bringt das Thier in seine frühern Verhältnisse zu­rück, so erholt es sich manchmal ganz von selbst.
Auch bei älteren Gebrauchspferden sieht man diese Ge­hirnentzündung entstehen, wenn sie entweder ungewöhnlich an­gestrengt wurden, oder aber wo sie bei regelmässigem und gutem Futter längere Zeit unthätig stehen blieben, besonders nachdem sie tägliche Touren zu machen gewohnt waren. Thiere, welche die Krankheit einmal überstanden haben, behalten lebens­länglich eine grosse Keigung zu Rückfällen.
Behandlung. Man hatte früher diese Krankheit, als eine reine Entzündung, stark antiphlogistisch, mit wiederholten Ader­lässen (von 8—10 Pfd.), mit Salpeter, Calomel, Salzsäure in
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Hirnentzündung.
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schleimigen Abkochungen, mit äussern Ableitungen u. s. w. be­handelt. Manche Thiere genasen, viele nicht. Seit einer Reihe von Jahren zeigte sich mir die streng antiphlogistische Methode eher nachtheilig. Aderlass mag am Platze sein, um den Aus­bruch der Krankheit zu verhüten; ist sie einmal zugegen, Avas meist sehr unmerklich geschieht, so folgt auf den Aderlass nicht selten augenblicklich eine Verschlimmerung, namentlich Schieben, Toben, Lähmung. Es ist daher zweckmässig, nur dann Blut zu lassen, wenn die Krankheit ausnahmsweise den rein sthe-nischen oder aber den erethischen Character hat (harter, ge­spannter, beschleunigter Puls, erhöhte. Reizbarkeit der Sinne, heftiges Toben u. dgl.). Zuerst ist das Thier aus dem etwa dumpfen Stalle ins Freie zu bringen und dasselbst zu lassen, wenn es auch kalt sein sollte; Nässe, besonders durch Regen, ist jedoch zu vermeiden. Auf den Kopf werden kalte Umschläge gemacht; Klystiere von kaltem Wasser, nüthigenfalls mit Zu­satz von Essig, Tart. emet. oder einem Tabakinfusum stimmen die ungeregelte Thätigkeit des Nervensystems sehr herab; innerlich anfangs Salpeter (zu '/j—1 Unze) mit Brechweinstein (zu 1 Dr. täglich drei- bis viermal, in schlimmem Fällen 1'/z—2 Dr. pro dosi) in Pillenform (diese Arznei muss mit Vorsicht beigebracht werden, weil die Thiere sie oft lange im Maul behalten, wodurch Entzündung und Geschwüre auf der Maulschleimhaut (selbst im Magen und Darm) entstehen, die die Thiere später am Fressen und Saufen hindern); fleissiges Ausspülen des Mauls mit Mehl­wasser; zum Futter blos Kleienschlapp oder etwas Gras.
Aeusserlich werden scharfe Einreibungen an die Seiten-theile des Halses oder vorn auf die Stirne gemacht, auch wohl Eiterbänder an den Seiten des Halses gezogen. Sehr oft fin­det gar keine Reaction auf diese, wie auf die innerlichen Mittel statt (man trifft oft nach mehreren Tagen die Pillen, das Fut­ter u. dgl. noch unversehrt im Magen an). Ist ungewöhnlich starke Fütterung vorausgegangen, geht der Mist selten, blass ab, so ist eine Aloe-Purganz, mit Zusatz von Tart. emet. oder Sem. sinap. angezeigt. Tritt starkes Laxiren ein, so folgt öfters Erleichterung der Kranken; es ist rathsam, sie zum Sau­fen vielen Mehlwassers mit Glaubersalz zu veranlassen, um das Laxiren zu unterhalten.
Mit den angeführten Mitteln ist einige Tage fortzufahren, sodann kann der Brechweinstein durch Cretn. tartar, ersetzt
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440nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
werden, sobald sich Spuren der Besserung zeigen; im entge­gengesetzten Falle ist mit den Salzen Arnica, Caryophillata oder Cascarillrinde (zu l/j—1 Unze) pro dosi zu verbinden oder dem Thier im Trintwasser beizubringen. Unreifes Obst wird von den Thieren meist gern gefressen, muss ihnen aber ins Maul gesteckt werden.
Ist Lähmung eingetreten, so kann man noch die stärkeren Reizmittel (Camphor u. dgl., auch Infusionen in die Venen von Arnica- oder Nieswurz-Tinctur) versuchen. Nach mehrtägigem Drehen im Kreise habe ich auch bei einigen Thieren das An­bohren der Riechnervenstämme nach Hayne angewendet (dar­unter zweimal mit Erfolg).
Während der Reconvalescenz ist sehr darauf zu sehen, dass die Thiere noch längere Zeit sehr diät gehalten werden; von zu frühzeitigem Genuss des Habers entstehen nicht selten Recidive. Die Kopfkrankheit der Pferde kann mit dem nachfolgenden Magenkoller mit gastrischem Fieber und schleichender Darmentzündung verwechselt wer­den; in den beiden letztern Krankheiten ist das Bewusstsein nur selten oder unbedeutend getrübt, das Schiehen u. dgl. fehlt, dagegen ist der Kreislauf eher beschleunigt. Das auffallendste und widersprechende Symptom ist die nicht selten beobachtete Ruhe und selbst Verlangsamung des Pulses; sie muss ans dem Druck auf das Hirn erklärt werden, und kann leicht Anlass geben, ein solches Pferd für dumtnkollerig (d. h. chronisch krank, weil fieberlos) zn er­klären; der Verlauf in den nächsten 8—14 Tagen wird jedoch darüber ent­scheiden. Interessant ist, dass beim Menschen dieselbe Abnormität des Pulses bei Meningitis luberculosa (Hirnhautentzündung mit gleichzeitiger Tuberculose in andern Organen) vorkommt. Oppolzer führt an: diese, oft schwer von Typhus zu unterscheidende Meningitis sei von Koptschmerz, heftiger Hitze, Krampf, Zähneknirschen, Schlafsucht, Lähmung (z.B. Amaurose) begleitet, der Puls aber meist nicht beschleunigt, er sinke sogar manchmal unter die Norm herab (Deutsche Klinik 1850, Nr. 6). üeber die Verwechslung dieser Hirnentzündung mit dem Koller als Hauptmangel vgl. m. Abhdlg. im Eep. III.
c) Schleichende Hirnenteündung. (Meningitis chrdnica, Hydrocephalns.) Die Ansammlung von vielem klarem Wasser, wie man sie bei neugebornen Thieren, besonders Kälbern, nicht selten an­trifft, scheint in einem geringen Grade von entzündlicher Rei­zung der serösen Häute des Hirns ihren Grund zu haben. Die Flüssigkeit befindet sich theils zwischen der Oberfläche des Hirns und der harten Haut, welche die innere Seite der sehr ausgedehnten Schädelknochen überzieht und ihre oft grossen Zwischenräume verschliesst, oder in den Hirnventrikeln, so dass
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die oberen und Seitenwände derselben nur Papier dick, aber sehr ausgedehnt sind. So lange die Schädelknochen nachgeben, mag der Druck auf das Hirn selbst gering sein.
Youatt führt einen Fall an, in welchem die Geschwulst an dem Schädel eines wasserköpfigeu Kalbs angestochen wurde, und 21l2 Finte Wasser entleerte; nun konnte das Thier den Kopf selbst tragen und an das Euter gehen, was es zuvor ohne Unterstützung nicht gekonnt. Nach drei Tagen floss blutiger Eiter aus der Wunde, es kam Starrkrampf hinzu und das Kalb starb.
In den meisten Fällen können solche Kälber entweder nicht geboren werden,' oder sterben unter der Geburt.
Bei den übrigen Hausthiereu ist der Wasserkopf selten. (Einen Fall beim Hund s. Reeds. 1846.)
Wenn bei älteren Thieren, deren Schädelknochen nicht mehr nachgeben, sich in Folge schleichender Hirnentzündung Wasser in die Schädelhöhle ergiesst, so folgen die Symptome des Hirndrucks (Schläfrigkeit, Bewusstlosigkeit, Drehen nach Einer Seite, Zuckungen, Lähmung u. s. w.), der bald tödtlich zu werden pflegt.
Manche nehmen bei der Drehkrankheit und beim chroni­schen Koller eine vorausgegangene oder noch fortdauernde schleichende Hirnentzündung als nächste Veranlassung dieser Krankheiten an.
Die Behandlung müsste in länger fortdauernden ableiten­den Mitteln (Eiterbändern, Einreibungen von Brechweinstein­salbe u. dgl.), neben passender Diät, bestehen; sie kommt jedoch meist zu spät.
d) Consenmelle Hirnentzündung.
(Magenkoller, Vertige abdominal, Gastro-ce'phalite der Franzosen, Stomach-staggers der Engländer.)
Literatur: Gilbert (1795) besonders aber im Vet., da die Krankheit in Eng­land häufig ist.) Bernard in, Unterschied zwischen Milzbrand und idio-patischer Hirnentzündung, Lyon 1852; in Turin als gastrisch-nervöse Beizung betrachtet I. u. II.; von Andreis als pemiciöses Wechselfieber Mail. I., Eletti ebd.; Kiefer, Magenkoller von Buchwaizeu Fütterung, Schirlitz und Körber von Klee G. amp; H. 1856. Suppl. Gumming bei Rindvieh von Bleivergiftung. Vet. 1850.
' Die Symptome dieser Form von Hirnentzündung sind im Wesentlichen dieselben, wie bei der zweiten (J) Form; der
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442nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
Verlauf zieht sich dagegen nicht so sehr in die Lauge. Man beobachtet dabei ebenfalls bald eine Aufregung des Nerven­systems, bald (und weit häufiger) eine Abstumpfung, die jedoch selten den hohen Grad erreicht, wie bei der acuten Hirnent­zündung. Die Fresslust ist daher öfters nicht ganz unterdrückt/ die Bewusstlosigkeit geringer, das Schieben und Drehen im Kreise selten. Dagegen ist der Puls um 10^20 Schläge vermehrt, voll und weich; ferner ist Indigestion und Verstopfung zugegen; die Schleimhäute des Mauls sind gelblich gefärbt, die Zunge ist schmutzig belegt, das Auge schmierig u. s. w.
Die Ursache liegt in der Fütterung; zu viel Futter, be­sonders nach längerem Hungern und ohne zureichendes Getränke, hastiges Ueberladen des Magens; aber auch die gewohnte Ration, wenn sie wegen Schwäche des Magens lange darin liegen bleibt, kann Magenkoller hervorbringen. Ebenso hat man schlechtes Futter und das Waiden auf bereiften Wiesen als Ursache dieser Krankheit gesehen. Ilievon rührt das manchmal beobachtete enzootische Vorkommen dieser Krankheit her.
Es ist nicht sowohl anzunehmen, dass eine Magenentzündung (wie Blaine behauptet) zugegen sei, sondern eine blose Indigestion, welche den Kreislauf im Pfortadersystem stört, Stockungen reranlasst und sodann durch Consensus Congestion und selbst Entzündung im Hirn hervorruft. Hofacker sieht die Krankheit als ein gallicht-nervoses Fieber an, dagegen spricht jedoch der in der Regel nicht sehr beschleunigte Puls.
Häufig wird diese Form mit der peracuteu und acuten Hirnentzündung verwechselt, auch wohl mit gastrischen Fiebern und heftiger Indigestion. Die Ursache, wenn sie mit Zuverlässigkeit bekannt wurde, entscheidet haupt­sächlich.
Die Section zeigt dieselbe Ueberfüllung der Blutgefässe des Hirns, wie bei idiopathischen Hirnentzündungen; dazu Ueber­füllung des Magens oder Darms mit unverdautem Futter, In­jection der Venen des Darracanals mit schwarzem Blut, Anhäu­fung desselben in der Leber und dem Herzen u. s. w.
Youatt will den lïagen selbst geborsten gefunden haben; Verheyen fand ein Geschwür am Pförtner des Magens, ßelg. 1843. Renault will nie eine Spur von Entzündung am Hirn oder dessen Häuten gesehen haben (Rec. 1850); was jedoch von dem Stadium der Krankheit, in welchem das Thier starb, abhängig sein kann.
Behandlung: man findet hierüber höchst verschiedene Ansichten; die Einen rühmen sehr starke Aderlässe, Andere scharfe Einreibungen, Haarseile, Moxa; daneben gab Gerard innerlich Opium (womit man einen solchen Zustand beim Pferd
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HimentzUnduDg.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 443
hervorbringen kann), wovon gegentheils Rainard keinen gün­stigen Erfolg sah. Leblanc sah die Aderlässe nur nachtheilig wirken (Clin. 1847). Auch Gilbert, Bouley jeune sind dagegen (Rec. 1850); Prange, Pranard u. A. rühmen den Senf, innerlich (Rec. 1848), auch die Aethernarcose soll mit Erfolg angewendet worden sein (Rec. 1847 und Lyon 1849). Bernardin verwirft die sogen. Nervenmittel, hält den Aderlass für selten nöthig, räth anfangs Salze und krampfstillende, später Purgir- und harntreibende Mittel. Ray beseitigt die Indigestion durch Laxirmittel, und gibt den Camphor zu 5^—30 Grammes des Tags mit Baldrian, dazu kalte Umschläge, Aufent­halt im Freien.
Bei wirklichem Magenkoller ist von den schnell abführenden Mitteln das Meiste zu erwarten; Croton-Körner zu 25—30 Gr. in einer Leinsamenpille, oder Aloe zu 1j2 Unze pro dosi, in 4—6 Stunden wiederholt, bis Laxiren entsteht; Unterstützung und Beschleunigung desselben durch Seifenklystiere, in hart­näckigen Fällen durch Tabakklystiere, ist im Anfang die Haupt­sache. Sodann wird das Laxiren durch Mittelsalze und etwas Brechweinstein unterhalten, und bei wiederkehrendem Appetit der Darmcanal durch bittere und gelind erregende Mittel (En­zian, quot;Wermüth, Kochsalz) zu stärken gesucht. Bei anhaltender Schläfrigkeit sind Haarseile am Nacken anzubringen. Strenge Diät ist wesentlich während des ganzen Verlaufs der Krankheit.
Youatt empfiehlt, die Anwendung der Magenpumpe, um den überfüllten Magen direkt auszuleeren.
Bei der in England gebräuchlichen, sehr starken Fütterung der Pferde und ihrem angestrengten Gebrauche (wodurch die Verdauung oft unterbrochen wird) kommt diese Krankheitsform daselbst sehr häufig vor, so dass einige Thierärzte jenes Landes sie für ansteckend gehalten haben, was jedoch ganz ungegründet ist.
Auch der sogen. Mutterkoller kann auf einer consen-suellen Hirnentzündung beruhen (Reboul, Toul. 1853).
Bei Rindvieh, Schafen und Schweinen sind dem Magen­koller ähnliche Fälle ebenfalls, beobachtet worden (Jakob, Arachnitis bei Lämmern und Schweinen, Rec. 1850, Frieden­reich bei Schweinen G. amp; H. 1850),
e) Symptomatische Hirnerdzündung
wird bei mehreren Krankheiten beobachtet, z. B. bei typhösen Fiebern, der Rinderpest, der quot;VVuth, dem Starrkrampf, den Schaf-
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pocken, dem bösartigen Catarrhfieber des Rindviehs manchen Vergiftungen u. s. w.
B. Rückenmarksentzündung. (Myelitis, Spinitis.)
Literatur: Dick bei einem Pferde, Vet. 1846; G all ike r beim Rind, Schw. VI., Rückenmarkentzündung bei einem Pferd. Klin. Karlsr. 1850; Stock-fleth, Rückenmarksläbmung, manchmal entzündlich und fieberhaft. Daen III., Heckmeijer Entzündung der Rückenwirbel einer Kuh, Nieder­stürzen auf Druck an die Dornfostsätze. Holl. 1851; Unterschied zwi­schen acuter und chronischer Rückenmarksentzündung. Turin II.
Diese Krankheit ist noch wenig beobachtet; die idiopathische Form derselben wird fast nur in Gemeinschaft mit der Hirn­entzündung vorkommen; man trifft bei den Sectionen der an letzterer Krankheit zu Grunde gegangenen Pferde häufig auch Wassererguss im Rückenmark an, und bei den an der halb-acuten Hirnentzündung erkrankten Thieren, welche mehr eine Beschwerde des Gehens, Schwanken u. s. w. als Bewusstlosig-keit zeigen, leidet offenbar das Rückenmark mehr als das Gehirn.
Die Symptome der Rückenmarksentzündung sind in Folge der Wasserergiessung, als des gewöhnlichsten Ausgangs dersel­ben, mehr einer Lähmung ähnlich; hiezu können Empfindlichkeit der Wirbelsäule bei der Bewegung, auf Druck, Zittern, beschleu­nigter Puls u. s. w. neben den Symptomen eines allgemein ent­zündlichen Leidens kommen. Die Behandlung muss im Allge­meinen antiphlogistisch und stark revellirend sein; Schröpfköpfe längs der Wirbelsäule wären zu versuchen.
Die traumatische Entzündung des Rückenmarks von äussern Verletzungen, Fisteln u. s. w. kommt häufiger vor; sie ist meist auf einen Theil des Rückenmarks beschränkt und hat Lähmung der hinter dieser Parthie gelegenen Theile zur Folge. Man findet an der erkrankten Stelle eiterigen Erguss zwischen das Mark und seine Häute, auch Erweichung der Marksubstanz selbst.
Bei mehreren Nervenkrankheiten trifft man das Rücken­mark symptomatisch entzündet, so z. B. beim Kalbefieber, der Hundeseuche, Starrkrampf, Traberkrankheit, Lähme u. s. w.
Stohrer beschreibt einen Fall von Rückenmarksentzündung im Rep. I. Das Pferd war mehrere Tage, anscheinend völlig gesund, im Stalle geblieben und zeigte beim Herausführen Schwanken mit dem Hintertheil, welches in Lähmung überging. Zu dem Unvermögen, hinten zu stehen oder sich aufzu­richten, gesellte sich Fieber, aussetzender Puls, heftiges Athmen, Empfind­lichkeit der Lendfengegend, heisses Maul, geröthete Nasenschleimhant, kalte
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AugenentzünduDg.
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Extremitäten u. s. w. Durch stark antiphlogistisches und ableitendes Verfahren wurdenquot; diese Symptome bald beseitigt, die Schwäche des Hintertheils blieb je­doch länger zurück, so dass das Tbier, in Gurten hängend, anfangs auf die hintern Fesselgelenke sich aufstützte. Allmählig wurde die Thätigkeit des Rückenmarks wieder hergestellt, dagegen erschienen Spuren von Hirnentzün­dung and später von Epilepsie neben krampfhaftem Husten.
C. Nervenentzündung. (Neuritis.)
Die Entzündung einzelner ïservenstamme ist in wenigen Fällen fdr sich, dagegen öfter symptomatisch gesehen worden; so fand man bei der Hundswuth manchmal die Lungenmagen-Nerven geröthet, beim Starrkrampf einzelne grössere Nerven der Gliedmasse, von welcher das Leiden ausging; anderntheils hat man dasselbe bei heftigen oder veralteten rheumatischen Leiden (z. B. Bug- oder Hüftlähme) gefunden.
Während des Lebens ist eine solche Veränderung in den Nerven oder ihrer Scheide nicht wohl zu erkennen; Schmerz, Lähmung, Zuckungen, Schwinden u. dgl. begleiten die entzünd­lichen Störungen des nervösen Einflusses, kommen aber eben so oft ohne Entzündung vor. Wäre indessen die Entzündung eines Nervenstrangs mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, so sind Scarificationen und äussere Reize längs seines Verlaufs, Brennen, Moxa u. dgl. das Einzige, wovon sich eine günstige Wirkung erwarten Hesse.
Sieb er setzte das Wesen der Hundswuth in eine Entzündung der Ner­venscheiden {Neurilemmitie), die auf metastasische Weise durch Zurücktreiben der Krätze bei den Hunden entstehen soll! Frey beschreibt eine Lähmung des Hintertheils mit Entzündung der Scheiden der R. Nerven unter dem Namen: Neuritis spinosa!
D. Augenentzündung. {Ophthalmia.)
Literatur: Ämmon (1807), Tennecker (1814), Toggia (übersetzt 1821), Leblanc (übersetzt 1827), Müller (1848), Braungardt 1857, Klin. von Toulouse 1852, Frey enzoot. Augenentzündung bei Ochsen G. amp;H. 1856. Suppl.; Wannovius, Eitererguss zwischen die Hornhaut und Mem­bran des Humor aq. bei Kälbern ebd. K1 i n. v. Toul. Hornhautgeschwüre mit Maulseuche bei Lämmern 1856. Joyeuz bei Kälbern. Toul. 1857.
Die Augenentzündung trifft theils bios die das Auge um­gebenden und schützenden Theile, theils den Augapfel selbst; sie ist bezeichnet durch Hitze, Röthe, Geschwulst, Em­pfindlichkeit der betroffenen Organe, ferner durch Licht­scheu und Trübung der durchsichtigen Bestandtheile des Augapfels. Meist fieberlos.
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446nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen,
Bei der Beschreibung der Augenentzündung ist die äussere, die innere und die symptomatische zu unterscheiden.
a) Aeussere Augenentzündung. (Ophthalm. external) {Blepharitis, Coujunciivis.)
Sie wird am häufigsten beim Pferde beobachtet; ihre Symptome sind: Empfindlichkeit, daher Schliessen der Augen­lider, Anschwellung und Hitze derselben, die Bindehaut ist mit rothen Gefässchen in Menge durchzogen, oft wulstig aufgetrie­ben, die Thränenabsonderung meist vermehrt, die Thränen laufen über das Gesicht herab, oder tropfen klar aus der Nase hervor, im höheren Grade bildet sich ein rother Kranz der feinsten Gefösse auf dem Rande der durchsichtigen Hornhaut; dieselbe wird trübe, bläulich weiss, und der Puls kann dabei um einige Schläge zunehmen; die Fresslust ist selten vermindert, der Mist etwas trocken und klein geballt, der Harn dunkel, aber durch­sichtig, ohne Bodensatz. Je nach der Heftigkeit der Ursache und dem Grade der Entzündung dauert es kürzere oder längere Zeit, bis sie ihren Höhepunkt erreicht hat, von wo sie wieder abnimmt. Etliche Tage bis auf eine Woche reichen meist dazu hin.
Bei alten, schlecht genährten Thieron und bei öfterer Wie­derholung der Augenentzündung zieht sich dieselbe manchmal in die Länge und wird chronisch, oder hinterlässt eine grosse Neigung zu Recidiven.
Die Ursachen sind meist mechanischer Art: Reizung der Bindehautquot;durch Staub, Futtertheilchen, Haare, Insecten u. s. w„ oder durch das Ammoniak der Stallluft, quot;Verletzung der Augen­lider und der vordem Fläche des Augapfels durch Anstossen, Schläge, Bisse, am häufigsten durch Peitschenhiebe u. dgl. In- #9632; dessen können auch aus einer innern Anlage zu Entzündungen überhaupt äussere Augenentzündungen entstehen, diese sind aber dann meist symptomatisch und catarrhalischer Art.
Prognose im Allgemeinen günstig.
Therapie: neben Beseitigung der etwa noch fortwirken­den Ursache, örtlich entzündungswidrig (kalte Umschläge mit blosem Wasser oder Bleiwasser, oder einer sehr schwachen Auf­lösung von weissem Vitriol, Abhalten des Lichts u. s. w.), selten sind ableitende Mittel (scharfe Einreibungen am Backen, Eiter­band hinter den Ohren) oder innerlich kühlende Salze (Glauber-
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Augenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;447
salz, Nitrum im Trinkwasser) erforderlidi. Bei ungewöhnlich grosser' Empfindlichkeit des Auges und Lichtscheu, wie sie na­mentlich bei sehr edlen oder reizbaren Thieren beobachtet wird, sind laue Bähungen von Infus. flor. satnbuci mit Zusatz von etwas Salzsäure und Opiumtinctur, oder schmerzstillende Um­schläge mit Syosciam. oder Conium den kalten Waschungen vorzuziehen. Das Scarificiren der Innern Fläche der Augen­lider und das kreisförmige Einschneiden der Bindehaut rings an der.Cornea sind nur ausnahmsweise zu empfehlen.
Verdickungen der Bindehaut und Verdunklung der durch­sichtigen Hornhaut, welche nach Augenentzündung zurückbleiben, erheischen die vorsichtige Anwendung gelinde adstringirender und selbst ätzender Mittel (z. B. eine Auflösung von Lap. divinus, schwache ITöllensteinsolution, Salben mit rothem Präeipitat); wuchernde Stellen werden mit Lap. infernal, leicht bedupft.
Hartnäckig wiederkehrende, oder chronische Augenentzün­dungen mit torpidem Character weichen manchmal blos einem starken Purgirmittel oder grossen Gaben von Tart, emetic.
Tassy beschreibt eine aus örtlichen Ursachen entstandene Augenent­zündung, welche von 120 Pferden 30 befiel und den kalten feuchten Ställen (welche zuvor überschwemmt gewesen) zugeschrieben wurde. Die Heftigkeit der Entzündung war so gross , dass 9 Pferde einäugig wurden, durch Eiter­bildung zwischen den Lamellen der Cornea. Die Absonderung der wulstig aufgetriebenen Bindehaut war anfangs röthlich,' dann grünlich, endlich weiss, rahmartig. Die Dauer des üebels erstreckte sich von 3 bis zu 8 Wochen. Die Behandlung war örtlich und allgemein stark entzündungswidrig und ab­leitend. (Klin. 1847.) Dergleichen enzootische und selbst epizootische Augen-Entzündungen kommen manchmal vor s. G. amp; H. 1854. Suppl. Toni. 1857.
Die Schäfer wenden bei Augenentzündungen der Schafe nicht selten das sogenannte Halmstossen an, was jedoch zwecklos, wo nicht nachtheilig ist. Das Nagelschneiden der Pferde ist mit Recht ganz in Vergessenheit gekommen.
Die gleichförmige allgemeine Trübung der Hornhaut, welche bei heftiger Augenentzündung häufig beobachtet wird, scheint von einem Druck oder einer Spannung des Augapfels herzurühren; sie verschwindet leichter und vollstän­diger wieder als partielle Trübungen. Am todten Auge lässt sich durch Zu­sammendrücken des Augapfels diese Erscheinung leicht hervorbringen.
h) Innere Augenentzündung. {Ophthalmia interna.')
Die inneren gefässreichen Thefle des Augapfels, wie die Aderhaut und die Regenbogenhaut können bei allen unsern Hausthieren der Sitz einer Entzündung sein, welche durch ihre Folgen (Trübung, Erguss, Verwachsung u. s. w.) dem Sehver­mögen sehr gefährlich zu werden pflegt. Meist sind tiefer drin-
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448nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
gende Verletzungen (z. B. bei Staaroperation) daran schuld; im andern Falle hingegen, scheint der Character der Innern Augen­entzündung der eines rheumatischen oder arthritischen Leidens. Einer schleichenden Entzündung der Descemet'schen Haut mag die Wassersucht des Augapfels zuzuschreiben sein.
laquo;) Innere Augenentzündung von Würmern. {Ophthalmia interna verminosa.)
Beim Pferde, Maulthier, Rinde und Hunde hat man einen Wurm im Augapfel als Ursache der Entzündung beobachtet. Dieser Wurm gehört zu der Gattung Filaria (Fadenwurm).
Die im Augapfel vorkommende Filaria papillosa R. ist bis zu 2—6 Dec. Zoll lang und '/j Linie dick; die Filaria lacrymalis Gnrlt ist nur 5—8 Lin. hing und steckt in den Ausführungsgängen der Thränendrüse und zwi­schen den Falten der Bindehaut.
Nach Chaignaud, der ihn im Auge des Rindes mehr­mals (meist einzeln, selten zu 2 oder 3) beobachtete, soll er sich in der vordem Augenkammer aus einem röthlich - weissen Körper, von der Grosse einer Wicke oder Erbse, welcher die Hülle des Thieres vorstellt, entwickeln. Andere nehmen an,-er durchbohre die Gewebe und gelange so von den den Aug­apfel umgebenden Weichtheilen in das Innere desselben. Als sicheres Mittel, den Wurm zn tödten, oder seine Entwicklung zu hemmen, dessen Gegenwart die inneren Theile des Auges heftig reizt, räth Gh., mehrmals des Tags ein Gemisch von Aloëtinctur und Wasser (gleichviel) zwischen die Auglider zu giessen. (Journ. de M. Vet. 1827.)
Jeaffreson u. A. sahen in Ostindien mehrere Fälle dieser Art bei Pferden. Ersterer beschreibt das afficirte Auge blos als schwach, nicht entzündet, auch nicht getrübt; dagegen war Betäubung, Mangel an Fresslust und eine grosse Schwäche im Kreuze (die nie fehlte) zugegen. J.. entleerte die wässerige Feuchtigkeit durch einen Schnitt in die Hornhaut, wobei zugleich der Wurm herausgespült wurde.
Jeaffreson vergleicht ihn mit einem Faden weisser Seide, von ungefähr einem Zoll Länge; er ist durch seine lebhaften Bewegungen in der vordem Augenkammer leicht zu erkennen.
Gurlt sah ein Exemplar von Fil. papill. im Auge eines Pferdes, zugleich mit Entzündung desselben, Trübung der wäs­serigen Feuchtigkeit und der Hornhaut. Bei der Section des
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Angeuentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;449
Auges, .fand man den Wurm todt zwischen der harten und Aderhaut. Aeltere Beobachtungen von Spigel, Opera omnia. Amsterd. 1645, Rhodens, Observ. medic. 1657; Hopkinson, Morgan in Americ. Transact. 11, und Trigozo in Memor. Acad. Lisb.Y, Kennedy in JSdinb. Transact. IX, ferner von Twinning, Breton, in Calcutta Transact. 1825. Hogdson (enzootisch) Vet. 1854. Ueber Würmer im Auge der Säuge-thiere s. Rayer Archives de M. comp. Nro. 2—3, S. 75.
Nach Nordmann sollen auch im Auge der Schweine Wür­mer beobachtet worden sein. In den Augen der Fische kom­men microscopische Plattwürmer nicht selten vor.
ß) Periodische innere Augenentzündang. (Ophthalmia interna periodica.)
(Monatblindheit, Mondblindheit, specifische Augenentzündung, Zahnaugen­entzündung Sew e 11. Ophthalmia reeidiva. Ad. Iritis recidiva Ourltii. Fluxion lunatique ou periodique der Franzosen.)
Literatur: Boian (Mémoires, Preisschr. 1825), Mangin (Rec. 1828), Godin e (J. prat. 1828), Dupuy (mem. 1829), Dard (Rec. 1843), Bouley (ebd. 1845), Hertwig (G. amp; H. X.) Gourdon, Ursache der Periodicität Toul. 1849. Je annin häufiges Erblinden yon Beschälheng-sten zwischen 7—16 Jahren, am Ende der Beschälperiode, meist Schim­mel. Belg. 1849. Stender Mondblindheit bei einem Füllen von 14 Wochen, grauer Staar nach 10 Wochen. G. amp; H. 1855, Suppl.
Eine der Pferdegattung eigene, zu unbestimmten Zeiten wiederkehrende, mit der Zerstörung der Sehkraft endigende Ent­zündung' des Augapfels. Erblich.
Die Krankheit befallt vorzugsweise junge Pferde, in dem Alter von 3—6 Jahren, manchmal aber auch sehr alte; sie be­schränkt sich gewöhnlich auf ein Auge, selten sind beide zu­gleich oder abwechselnd ergriffen; doch fangt die Krankheit manchmal in dem andern Auge an, wenn das erstbefallene er­blindet ist.
Symptome: Schliessen der Augenlider, erhöhte Empfind­lichkeit gegen das Licht, zusammengezogene Pupille, Thränen der Augen u. s. w. bezeichnen den meist des Nachts eintreten­den Anfang der Krankheit. Diese Zeichen nehmen anhaltend während einiger Tage zu, zugleich wird das Auge innen trübe, in der wässerigen Feuchtigkeit schwimmen wolkenartige, weisse oder grünliche Flocken; diese Trübung setzt sich auf den Boden der vordem Augenkammer, wo sie als ein gelblicher, eiterähn-
Blaquo;riu;, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;29
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450nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
licher, oft auch rötlilicher Satz erscheint, der in einigen Tagen allmälig resorbirt wird, wobei manchmal wieder die wässerige Flüssigkeit zum zweiten Male sich trübt. Auch die Bindehaut ist oft geröthet und selbst die durchsichtige Hornhaut nimmt Theil an der Entzündung und erscheint bald überhaupt opac, bald ist nur der äussere'Rand derselben einige Linien breit sehr fein injicirt. Das Thränen und die äussere Entzündung verlieren sich ebenfalls und der ganze Anfall hat ein Ende. Seine Dauer ist bald nur 4—5 Tage, bald 2—3 Wochen, am häufigsten 8—10 Tage.
Die Franzosen theilen jeden Anfall in 3, auch 4 Stadien, z. B. 1) Ent­zündung der Augenlider und Bindehaut, Thränen, Trübung des Humor aqueus; 2) Verminderung der Entzündung, Aufhellung des E. aq. durch Abscheidung von Flocken (Satz, dann sei die Mondblindheit schon entschieden). 3) Neue Entzündung und Trübung, die Wolken rerschwinden und der H. aq. wird all-mählig wieder hell. Diese neue Entzündung hält Bouley für characteristisch, zum Unterschiede von symptomatischen Augenentzündnngen (s. diese).
Der Sitz dieser Entzündung ist, wie man an sogenannten Glasaugen deutlich sehen kann, die Regenbogenhaut und die Aderhaut; die Trübung der wässerigen Feuchtigkeit rührt von einer plastischen Ausschwitzung auf der vordem Fläche der Iris her, welche dadurch ein eigenthümliches, ins gelbliche oder grünliche ziehendes Ansehen bekommt. Die Heftigkeit der Ent­zündung ist sehr verschieden, nicht weniger der Antheil, den die Umgebung des Augapfels daran nimmt. Ebenso verschieden zeigt sich der Verlauf; bald ist die gänzliche Trübung des Auges schon innerhalb 24 Stunden zugegen, bald bedarf es dazu mehrere Tage. In den heftigeren Fällen kommen Appetit­losigkeit, Verstopfung, Störung des Kreislaufs, grosse Nieder­geschlagenheit hinzu.
Die periodische Wiederkehr der innerlichen Augenentzün­dung ist derselben eigenthümlich. In unbestimmten Zwischen­räumen, die man ehedem vom Mondwechsel abhängig glaubte, wiederholt sich derselbe Anfall in dem erkrankten Auge so lange, bis es für Lichteindrücke unempfindlich geworden ist; alsdann aber bleibt es von den Anfällen der Entzündung für immer frei. Die Zahl der hiezu erforderlichen Anfälle ist sehr veränderlich; manchmal reichen schon 2—3 derselben hin, öfters sind deren mehrere erforderlich. Die ersten Anfälle pflegen weiter auseinander zu sein, als die spätem. Nicht selten ver­gehen 2—3, ja 6 und noch mehr Monate zwischen dem ersten
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Augenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;451
und_zweiten, oder diesem und dem dritten Anfalle; die folgen­den wiederholen sich gern zwischen 30 und 40 Tagen, manch­mal sogar Schon nach 2—3 Wochen. Indessen können auch, namentlich durch eine Veränderung des Aufenthaltsorts die An­falle ganz ausbleiben.
Hat das Auge mehrere Anfälle durchgemacht, so zeigt es sich auch in der Zwischenzeit von einem derselben zum andern verändert. Die Augenlider sind faltig, zitternd, das obere ist eckig hinaufgezogen, die Wimpern hängen herab, die Meibom-schen Drüsen sind angeschwollen, die Hornhaut glanzlos wie abgestanden ; die Pupille ist enger als am gesunden Auge, manchmal eckig verzogen, was von Anheftungen der hintern Fläche der Iris an die Linsenkapsel herrührt; die Färbung .der Iris zeigt einen meergrünen Schimmer; die Traubenkörner schei­nen vergrössert, schwarzes Pigment haftet auf der vordem Fläche der Linsenkapsel; endlich erzeugen sich in der Linse undurchsichtige Punkte oder trübe Stellen, die besonders nach einem neuen Anfalle an Umfang zunehmen und so zuletzt den , vollständigen grauen Staar bilden. Der auf solche Weise ver­änderte Augapfel schwindet zu gleicher Zeit, wird kleiner, lässt mehr von der weissen Haut des Auges sehen und sinkt tiefer in die Augenhöhle zurück. Weit seltener als der graue Staar ist der schwarze und der grüne Staar die Folge der Mondblind­heit; in letzterem Falle bekommt das Auge statt der undurch­sichtigen Punkte in der Linse einen in der Tiefe bouteillen-grünen Schimmer, und die Pupille verändert sich durch Licht nur wenig oder gar nicht, wie dies beim schwarzen Staar eben­falls der Fall ist.
Zur gänzlichen Erblindung eines Auges sind je nach der Heftigkeit und der Dauer der Intermissionen manchmal 2—3 Monate; häufiger aber % — 1 Jahr und selbst zwei Jahre er­forderlich.
Seltene Ausnahmen sind die Fälle, in welchen die Ent­zündung einen remittirenden Character hat, und somit ohne gänzlich aufzuhören, einige Wochen lang, bald mehr bald we­niger heftig fortdauert, bis das Auge zerstört ist.
Anlage. Dass die Krankheit sich sowohl vom Vater (öfter) als von der Mutter auf das Junge (als Anlage) vererbt, ist ausser Zweifel. In einigen Gestüten, 'so wie in einzelnen Ge­genden, wo von solchen Thieren gezüchtet wurde, ist daher
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452nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.
die Krankheit auffallend häuög (z. B. in Frankreich in der Pi-cardie, Flandern, Boulonais, Franche Comte, Champagne, in JCorddeutschland in Lithauen). Man will sie auch öfter bei Schimmeln und Rappen, als bei andern Farben gesehen haben. Pferde von schwammigem Bau, mit grossen Köpfen, kleinen tiefliegenden Augen, enger Brust, grossem Bauche, von lym­phatischer Constitution u. s. w. haben eine besondere Disposition zur periodischen Augenentzündung. Junge, im Zahnen begriffene Pferde sind ihr besonders ausgesetzt, indessen habe ich sie bei Pferden von 16—18 Jahren noch entstehen gesehen.
Ursache: Wenn auch die Anlage zur periodischen Augen­entzündung in einem mehr oder weniger hohen Grade zugegen ist, so gehören doch noch weitere Einflüsse hinzu, um sie zur Entwicklung zu bringen. Hieher ist zu rechnen, alles was Con-gestionen nach dem Kopfe veranlasst, z. B. Zahnen, Erhitzung beim Gebrauch, frühe Anstrengung, enge Kummete oder Half­terriemen, insbesondere der Aufenthalt in feuchten Niederungen, oder eingeschlossenen, nebeligen Waldgegenden; endlich nass­kalte Witterung, das Waiden bei Nacht, schwüle und stark amraoniakalische Stallluft, zu starke Haberfütterung (Andere beschuldigen eher die grüne Fütterung, namentlich Klee und das Gypsen der Wiesen), schlechte Beschaffenheit des Futters u. s. w.
Behandlung. Sie ist selten von günstigem Erfolg be­gleitet, am wenigsten ist zu erwarten, wenn die Disposition zur Krankheit erweislich ein Erbfehler ist. Das im Allgemeinen an­gezeigte antiphlogistische Verfahren muss modificirt werden. Kalte Umschläge u. dgl. sind eher nachtheilig. Strenge Diät, ableitende Mittel (sowohl Eiterbänder als Purganzen), locale und allgemeine Blutentziehungen sind energisch und mit Aus­dauer anzuwenden, wenn man etwas davon soll erwarten dürfen. Local eignen sich besonders Calomel (englischer), und narco­tische Extracte (wie Belladonna oder Hyosciamus) zum Einpin­seln in das leidende Auge. Dazwischen warme Bähungen des­selben mit schleimigen und besänftigenden, gegen das Ende mit adstringirenden Pflanzen {Hb. malvae, cicutae, Flor, sambuci, Rad. symphyti). Dazu warmes Verhalten, leichtverdauliches Futter in geringer Menge. Die localen und ableitenden Mittel müssen auch nach beendigtem Anfall noch einige Zeit lang fortgesetzt werden. Bernard in Toulouse empfahl schon 1836 eine Salbe aus Arg. nitric, und Fett, und Duluc, Rouchoux
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Aagenentzündung.
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u. A., führen gelungene Fälle im Journ. des Vet. du Midi 1846, an; 'die Salbe wird aus 9 Centigr. Arg. nur. und 4 Gramme Axung. porci bereitet, und täglich eine Erbse gross in das Auge gestrichen; daneben sind Eiterbänder vomen an der Brust applicirt worden. (Lyon 1847.)
Godine glaubt, dass nach jedem Anfall etwas von der eiterigen Materie (Satz) in der wässerigen Feuchtigkeit zurück­bleibe, als Reiz wirke und die Wiederkehr des Anfalls veran­lasse; er empfiehlt desshalb, am vierten Tage die Cornea an­zustechen und den krankhaften Humor aq. ausfliessen zu lassen.
St. A mand will mit Blutegeln, je 50 auf ein Mal fünf Mal angewendet, die Mondblindheit geheilt und Schell das Ausbleiben der Anfälle durch Einreibung von Leberthran in die Nähe des Auges bewirkt haben.
Dupuy's Meinung, dass die Krankheit von einem Drucke der Zahnwurzeln (oder einer Exostose) auf den zweiten Ast des fünften Nervenpaares herrühre, kann blos als Curiosum an­geführt werden.
Englische Thierärzte empfehlen, neben Anderem, Wasch­wasser mit Sublimat, auch Sublimat zu 20 Gran pro dosi inner­lich, ein Verfahren, welches aus der Menschenheilkunde (bei arthritischen, rheumatischen und syphilitischen Ophthalmieen) entlehnt zu sein scheint. Nach den Erfahrungen von Heibert über Iritis wäre Terpentinöl innerlich in grossen Gaben, zu­gleich äusserlich Belladonna zu versuchen (Med. Corr.-Blatt XXI. Nro. 37).
Nach Youatt soll die periodische Augenentzündung beim Rindvieh ebenso vorkommen wie beim Pferde, und auch erb­lich sein. (?)
Prophylaxis. Durch Vermeidung der Ursachen. Die Veränderung des Orts (z. B. Verkaufen der Fohlen in höher und freier gelegene Gegenden) ist oft das zweckmässigste Mittel zur Vermeidung der Krankheit.
Die periodische Augenentzündung gilt in den meisten Län­dern als Hauptmangel und zwar oft mit längerer Gewähr­zeit als die übrigen Hauptmängel des Pferds, z. B. in Württem­berg und Baden 8 Wochen, in Preussen 28 Tage. Es ist öfters schwierig, über das Vorhandensein dieses Fehlers zu ent­scheiden, namentlich wenn etwa eine absichtlich erregte äussere Augenentzündung zugleich zugegen ist u. dgl. Die blosen Folgen
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454nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kntzündungen.
der Mondblindheit (z. B. grauer Staar) können nicht mehr hie-her bezogen werden.
Mondblindheit schliesst als erblicher Fehler die Hengste und Stuten (nach der württembergischen Beschälorduung) von der Zucht aus.
c)nbsp; Symptomatische Augenentzündung.
Sie kommt namentlich bei catarrhalischen Krankheiten (z. B. dem bösartigen Catarrhfieber der Wiederkäuer, der Staupe der Hunde), ferner bei Rothlauffiebern, der Hirnentzündung, dem Rotze und während dem Zahnen bei jungen Thieren vor. Ihre Behandlung richtet sich nach den bereits unter a) und b) gegebenen Regeln. In neuerer Zeit hat das Erscheinen einer innern Augenentzündung bei Pferden, die an der Influenza ge­litten haben, besondere Aufmerksamkeit erregt. In den meisten Fällen geht der Anfall vorüber ohne sich zu wiederholen, in andern Fällen dagegen scheint er wirklich periodisch geworden zu sein, und Blindheit, ganz in der Art wie die periodische Augenentzündung herbeigeführt zu haben.
Bouley in Bec. 1845, Hering Eep. VI., Bayer in G. amp; H. VIIL, Meglunis in Recds. 1846. In Lyon kam 1851 diese Augenentzündung als die häufigere Form der Influenza vor; die Anfälle hatten die grösste Aehn-lichkeit mit denen der Mondblindheit, allein sie wiederholten sich nicht. Klin. 1851—52.
Eine von Ligne beschriebene Ictero-Ophthalmie, welche in zwei Tagen 32 Pferde befiel, scheint auch blos symptomatisch jedoch später in Mond­blindheit übergegangen zu sein; sie entstund ohne Zweifel aus ganz örtlichen Ursachen (Rec. 1843). Auch Durand behauptet in seiner Gegend sei nacli der Heuerndte eine Gastro-Hepatitis änsserst häufig und oft damit eine symp­tomatische Augenentzündung verbunden, die er anfangs selbst mit der Mond­blindheit verwechselt habe (Rec. 1845). Nach Delafond kommen solche symptomatische Augenentzündungen nicht blos hei Darmentzündung, sondern auch bei Entzündung der Lunge, der Nasen- und Luftröhrenschleimhaut vor.
d)nbsp; Augenentzündung der Stubenvögel.
Melicher beschreibt dieselbe als eine Blennorrhoe mit Ausscheidung eines liniendicken Exsudats auf der Cornea, das mehrere Tage liegen bleibt, dann resorbirt wird, aber in sel­tenen Fällen auch eine Verschwärung der Cornea zur Folge hat. Waschen mit lauer Milch, Präcipitätsalbe, Reinlichkeit und frische Luft u. s. w. werden dagegen empfohlen. (Oestr. W. Schrift 1846.)
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AugenentzünduDg.
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-#9632; E. Entzündung der Nase. (Rhinitis.)
Die Entzündung der Nase kommt (abgesehen von Ver­letzungen, scharfen Stoffen u. dgl., wo sie nach den allgemeinen Regeln zu behandeln quot;wäre) fast nie für sich, sondern als Symp­tom eines andern krankhaften Zustandes vor. So ist nament­lich die Nasenschleimhaut bei catarrhalischen Krankheiten ent­zündet, ferner bei den Lungenentzündungen, dem Rotze sowohl im chronischen als insbesondere im acuten Verlauf; in den Schafpocken, der Maulseuche findet man manchmal Pusteln oder Blasen auf der Nasenschleimhaut u. s. w.
Dard beschreibt unter dem Namen Rhinitis pemphigoides eine blat-teruartige Entzündung der Nasenschleimbaut, die er bei 15 Pfer­den einer Batterie im Sommer 1832 beobachtete. Die Symptome eines starken catarrhalischen Fiebers mit Thränen, Anschwellung der Ganaschendrüsen, em­pfindliche Haut des Gesichts u. dgl. begleiteten die Entzündung der Nasen­schleimhaut, auf welcher sich nach einigen Tagen kleine Blattern bildeten, welche ein trübes, scharfes Serum mit Blutstreifen ausschwitzen. Diese Pu­steln vertrockneten, bildeten Schorfe und Terschwanden innerhalb längstens 20 Tagen, ohne eine Spur zu hinterlassen (vgl. Druse S. 88).
Als Ursache wurden Sonnenhitze und starker Einfluss des Lichts be­schuldigt. Die Behandlung war gelind entzündungswidrig. (Aderlass, Bitter­salz, Dampfbäder, Eiterband, Einspritzungen von Infus. sambuci mit Bleiessig in die Nase u. dgl.; Rec. 1840 und Rep. II.)
Als Nasen-, Rachen- und Stirnhöhlenentzüngung beim Rindvieh findet man in C. Ztg. 1847 den Catarrh der Sinus (Kopf- oder Hörnerkrankheit) beschrieben.
F. Ohrenentzündung. (Otitis.)
Die Krankheiten des aussein Ohrs sind bei unsern Haus-thieren wenig beobachtet; die des inneren Ohres noch weniger. Beim Hunde sieht man häufiger als bei den übrigen Hausthieren Verletzungen und Geschwüre des äusseren Ohres, deren Be­handlung in das Gebiet der Chirurgie gehört. Uebrigens sind Entzündungen des Ohrs und ihre Folgen ganz nach den allge­meinen Grundsätzen zu beurtheilen und zu heilen.
G. Zungenentzündung. (Glossitis.)
Die Zungenentzündung kommt meist symptomatisch vor; sie erreicht dabei gewöhnlich keinen hohen Grad und erfordert selten besondere Berücksichtigung. Bei der Maulseuche, dem
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Entzündungen,
Zungenkrebs u. dgl. werden örtliche Mittel angewendet, die an ihrem Orte beschrieben sind. In der Hundswuth ist von Arz­neimitteln selten oder nie die'Rede; auch in der Rinderpest kommen Zeichen von Entzündung an der Zunge vor. Die Ent­zündung der Zunge ist bald mehr oberflächlich und zur Ge­schwürbildung geneigt, bald tiefgehend, wobei sie knorplighart wird, und Höhlen voll Eiter und Serum enthält.
Bei Pferden wird die Zunge durch scharfe Gebisse und rohen Gebrauch derselben öfters bedeutend verletzt, ja selbst nach und nach ganz durchgeschnitten; die Behandlung ist von der einer gewöhnlichen Fleischwunde nicht verschieden. Scari-ficationen, Waschungen mit säuerlichen Mitteln, bei Verhärtung Jodsalbe u. s. w. sind anzuwenden. Nadeln, Stecknadeln u. dgl. stecken manchmal in der Zunge der Pferde und veranlassen Entzündung der Zunge und selbst tiefgehende Abscesse. Von der innerlichen Anwendung von Brechweinsteiu, Canthariden und selbst von Camphor wird die Zunge und die Maulschleimhaut oft wund, wenn die Pferde diese Mittel lange im Maul behalten, ohne sie hinabzuschlucken, wie dies namentlich in der Hirnent­zündung vorkommt, selbst brandartige Blasen und Geschwülste neben dem Zungenbändchen entstehen auf diese quot;Weise.
Beim Rindvieh beobachtete Wagner in Müllheim mehrere Fälle einer schwer zu heilenden Entzündung der Zunge, über deren Ursache n. s. w. er gänzlich ungewiss hlieb. Die Thiere speichelten stark (konnten wahrschein­lich den Speichel und Maulschleim nicht hinabschlucken) und hatten im Kehl­gang und am Halse eine beträchtliche ödematöse Geschwulst. Die Zunge war geschwollen, hart und mit vielen erbsengrossen, aber flachen, weissgelben Ver-, härtungen wie übersäet. Die Spitze sah bläulich und die Venen unter der Zunge waren stark aufgetrieben. Innerlich schienen die Thiere, wie auch später die Section nachwies, nicht zu leiden. Die Krankheit dauerte mehrere Wochen lang; durch tiefe und wiederholte Scarificationen der Zunge, Aus­waschen des Mauls mit Weidenrindedecoct, worin Borax und Honig (oder Schwefelsäure) aufgelöst waren, ferner durch scharfes Einreiben der Geschwulst im Kehlgang wurde zwar Besserung und selbst Heilung erreicht, allein das Uebel kehrte gerne nach einigen Wochen oder Monaten zurück und nöthigte zum Schlachten der Thiere. Hering hat mehrere Fälle dieser Tuberculose der Zunge in seinen klin. Jahresberichten angeführt: die Scarificationen leisten in der Regel das Meiste, die Thiere werden oft vollständig hergestellt, (vgl. Gerlach in G. amp; H. 1854.)
Rychner beobachtete bei Rindvieh gehindertes Fressen und Schlucken, schäumendes, geiferndes Maul, Anschwellung und Hitze der Zunge, zugleich mit entzündlichem Fieber (und Hitze der Homer, Ohren, Riithung der Augen). Auch als Ablagerung bei der sogenannten Kopfkrankheit sah er Zungenent-
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Lungenentzündung.
zündung entstehen. Sie geht entweder in Zertheilung, oder in Verhärtung and in Brand über; in letzterem Falle wird sie durch Erstickung tödtlich. Ursache: wahrscheinlich Erkältung. Behandlung: allgemeine und örtliche Blutentziehung, säuerliche Einspritzungen, ableitende Hautreize u. s. w.
Vergl. Gelle im Vet. 1839; Relph ebd. 1843, Reürs G. amp; H. VII,, Jörg ens ebd. XII.; in der Schweiz scheint diese Krankheit unter dem Na­men Baver (Wirth, Rindvieharzt) und Lebau (Pfau im Schw. XVII.) be­kannt zu sein.
Sticker beschreibt eine schwerheilbare Entzündung der Tonsillen bei Rindvieh, mit hörbarem, beschwerlichem Athmen, Schlingbeschwerde, Abma­gerung , die Geschwulst geht selten in Eiterung über, kann dagegen durch ihren Druck Resorbtion des Keilbeins veranlassen. G. amp; H. 1856. Suppl. Eberhard in G. amp; H. X.
üebrigens kommt eine Entzündung der Maulschleimhaut bei Rindvieh von blosem Uebergang zu einer stärkeren Fütte­rung (z. B. Waide nach karger Stallfïitterung, oder bei der Aufstellung zum Mästen) vor.
H. Entzündung der Speicheldrüsen.
Die Ohrspeicheldrüse ist am meisten der Entzündung aus­gesetzt; diese ist in der Regel mit einer andern Krankheit, z. B. Catarrh, Druse, Halsentzündung, verbunden, oder begleitet Roth­lauf-, typhöse und Anthraxfieber. Geschwulst, Hitze, Empfind­lichkeit , Störung der Speichelsecretion u. s. w. bezeichnen die idiopathische Entzündung der Ohrspeicheldrüse, und im höheren Grade derselben kann ein entzündliches Fieber hinzutreten. Die Ausgänge sind entweder Zertheilung oder Eiterung; im letzten Fall wird die zeitige Oeffnung des oft ziemlich tief gelegenen Eitersacks nothwendig.
Ursachen sind ausser mechanischen Einwirkungen haupt­sächlich Erkältung; manchmal ist die Entzündung auch me­tastatisch.
Das Eindringen feiner und kurzer Strohhalme oder von Grannen des Ge­treide und einiger Gräser (z. B. Bromus) in die Ausführungsgänge der Spei­cheldrüsen hat bei Rindvieh manchmal bedeutende Entzündung des Mauls, Gaumens, der Zunge u. s. w. zur Folge. Auch bei Pferden ist dies durch zu feines Strohhäksel vorgekommen.
Behandlung: im höheren Grad allgemein antiphlogistisch; ausserdem örtlich mit erweichenden Einreibungen (Linim. volat., Camphorsalbe) oder warme Umschläge aus schleimig-öligen Mitteln mit Zusatz von Conium macul. oder von Theer; (keine Quecksilbersalbe).
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458nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
Wenn Verhärtung einzutreten droht: äussere Hantreize; später bei zu­rückgebliebener Verhärtung: Jodsalbe. Dazu warmes Verbalten, weiches Futter, laues Trinkwasser. Schussele will die Parotitis seuchenhaft bei Hunden und Katzen beobachtet haben (dessen Vet. Chirurgie II.) Bettinger beschreibt eine entzündliche Verstopfung des Ausführungsgangs der Kinnbacken­drüse bei drei Pferden, mit länglicher Geschwulst im Kehlgang, heftiger Ent­zündung des Maules u. s. w. Ableitende Einreibungen waren von Nutzen (Bep.I.) Sollte ein gastrisches Leiden damit verbunden sein, so sind zugleich innerlich Salze mit bittein und auflösenden Mitteln zu reichen. Von der in der Umgebung der Ohrspeicheldrüse gerne vorkommenden Metaphlogose des Zellgewebes s. diese.,
I. Entzündung der Schlingwerkzeuge. (Pharyngitis, Oesophagitis.)
Eine Entzündung des Schlundkopfs wird höchst selten für sich allein vorkommen, sondern zugleich mit einer Entzündung der Maulhöhle, oder der Nase, der Luftröhre, der Speicheldrü­sen, oder mit Catarrhfieber, Druse u. s. w.
Heisse Einschütte, gierig verschlungenes Brühfutter, scharfe oder ätzende Mittel, stecken gebliebene Pillen u. dgl. bringen eine Entzündung der Schlingwerkzeuge hervor, die indessen von einer äusserlichen durch ähnliche Ursachen erregten Entzündung nicht verschieden ist, auch localen Mitteln weicht.
Zu den gewöhnlichen Symptomen der Entzündung kommt hier die Schwierigkeit oder selbst Unmöglichkeit zu schlucken, diese ist aber auch bei ähnlichen Krankheiten der benachbarten Organe z. B. bei Parotitis, Zungenentzündnng, Druse u. s. w. zu­gegen; ferner, jedoch ohne entzündliche Symptome, bei Krämpfen und Lähmung der Schlingmuskeln.
laquo;.) Bräune. (Angina.)
(Halsentzündung, Halsweh, Laryngo-Phcvryngitis, Cynanche.)
Literatur; Angina von den Haaren der Processionsraupe hervorgebracht G. amp; H. 1850; Hey heftige Bräune bei Pferden, die bei der Ueberschwemmung in Wasser stunden, Lyon 1856. St. C y r ebd. 1852.
Sie kommt am häufigsten bei Pferden, seltener bei Rind­vieh und Schweinen vor; die Entzündung erstreckt sich auf den Schlundkopf, Kehlkopf, die benachbarten Drüsen, die Nase und Maulhöhle, die Luftsäcke.
Symptome: neben den Zeichen eines entzündlichen Fiebers findet man die Rachengegend wärmer als gewöhnlich, sehr em-
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Bräune.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 459
pfindlich bei Berührung oder Druck, öfters auch sichtbar ange­schwollen ; die Schleimhäute des Mauls und der Nase sind höher geröthet, im Maule sammelt sich Schleim und Speichel an, der bald einen Übeln Geruch annimmt; die Fresslust ist meist nicht ^Ijanz aufgehoben, allein das Schlingen fester Nahrung ist be­schwerlich, oft unmöglich; Flüssigkeiten passiren noch eher durch, obgleich öfter ein Theil derselben durch die Nase zurück­kommt, auch wohl zerkautes, im Maul gebliebenes Futter mit sich führen; manchmal kauen die Thiere gerne Raufutter, bilden daraus einen Bissen, den sie aber wieder aus dem Maul fallen lassen; Hals und Kopf werden gerade ausgestreckt, die Biegung des Halses wird möglichst vermieden. Schmerzhaftes Husten und hörbares Athmen sind nicht selten.
Das begleitende Fieber ist meist catarrhalischer Art, ge­linde entzündlich; beim Rind und Schwein geht die Krankheit gerne bald in den Schwächezustand über (Angina serosa), wo­bei die Schleimhäute blassroth erscheinen, die Athembeschwerde heftig und die Zunge heraushängend, der Speichel zähe und faulig riechend, die zuerst rothlaufartige Geschwulst am Halse kalt und teigig wird.
Der Verlauf der Bräune ist acut; im günstigsten Falle endigt sie innerhalb 5—6 Tagen mit Zertheilung; steigt hin­gegen die Entzündung immer höher, so kann Brand und Er­stickung eintreten; dies ist jedoch nur dann zu befürchten, wenn eine reizende Behandlung (mit stimulirenden Einschütten u. dgl.) stattgefunden hat oder der herrschende Krankheitscharacter sich zu Anthraxformen neigt (Rep. IV.). Abscessbildung ist ein nicht gerade seltener Ausgang, wobei sich die Genesung, durch wie­derholtes Aufbrechen an verschiedenen Stellen des Halses oft sehr in die Länge zieht. Eine chronische Entzündung mit Ver­dickung der Schleimhäute, Verhärtung des Zellgewebes u. dergl. ist selten; sie kann Veranlassung zu Hartschnaufen und Pfei­fen geben.
Ursache: Die Bräune erscheint in manchen Jahren viel häufiger als sonst, und es scheint somit eine von allgemein ver­breiteten Ursachen herrührende Neigung dazu in den Thieren, namentlich Pferden, entwickelt zu werden. Ausserdem aber kommt sie zur Zeit herrschender catarrhalischer Fieber auch sporadisch vor. Man beschuldigt: Nässe, Kälte, schnellen Wechsel der Temperatur, Erkältung der Haut, oder der Schlingorgane (durch
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460nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
kaltes Saufen) rauhes Futter, scharfe Pflanzen, chemische und mechanische Einwirkungen.
Prognose: selten ungünstig.
Behandlung: warmes Verhalten im Allgemeinen, Bedecken der kranken Theile mit Schaffell u. dgl., Vermeidung oder Ent­fernung der nächsten Ursache. Als Futter: Kleienschlapp, Mehl­wasser (alles lau), Gras, gesottene Kartoffeln u. dgl. Oertlich: Ausspülen des Mauls mit leicht gesäuertem Wasser (Salzsäure, Honig); in dem Trinkwasser kann man Weinstein, Glaubersalz, später Salmiak auflösen, und die abführende Wirkung durch Klystiere unterstützen. Pillen und Latwerge werden nicht ge­schluckt. Aeusserlich: bei grosser Empfindlichkeit Einreibung von Quecksilbersalbe mit Lin. volat; besser Cataplasmen mit Hb. malvae, Leinsamen, Conium oder Hyosciamus: bei geringer Empfindlichkeit oder Neigung zu Abscessen beschleunigt Can-tharidensalbe den Verlauf am meisten. Wäre ein höherer Grad von entzündlichem Fieber zugegen, so ist eine massige Blut­entziehung angezeigt; das Rind erträgt hiebet das Anlegen der Aderlassschnur schwer, wesshalb die Milchvene oder die Schweif­arterie zu nehmen ist. Beim üebergang in den Schwächezu­stand, der durch das länger dauernde Hinderniss des Fressens herbeigeführt wird, müssen zum Ausspritzen des Mauls aroma­tische, bittere, tonische Pflanzendecocte genommen und im Ge­tränk eisenhaltige Salzsäure gereicht werden. Bei röchelndem Athmen sind Wasser- oder Essigdämpfe, bei langsamem Ver­lauf aber Theerdämpfe einathmen zu lassen. Wo Erstickungs­gefahr eintritt, ist dieselbe leicht durch die Tracheotomie, oder den Hayne'schen Luftröhrentrocar, hauptsächlich aber ist die Ursache (z. B. Abscess hinter dem Schlundkopf u. s. w.) zu beseitigen.
Bei den Schweinen weicht die Behandlung nicht von der bei den Anthraxfiebern S. 345 angegebenen ab.
ft) Etvtzündung des Schlundes. Sie wird selten beobachtet; Oger beschreibt einen Fall, in welchem sie zu einer Bronchitis hinzutrat; das Pferd war wieder munter, frass und kaute, schluckte den Bissen aber nur halb hinab, bewegte dann den Kopf auf und nieder und warf sodann das Futter wieder durch die Nase aus; der Schlund war in der Mitte heiss und schmerzhaft, es stellte sich übelriechen-
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R clilun den t zü mlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 46]
der Ausfluss von mit Speichel und Futter gemischter Flüssig­keit ein, und die Zunge war belegt. Die Behandlung bestand hauptsächlich in ableitenden Mitteln (Rec. 1845). Einen tödt-lich geendigten Fall beschreibt Rey; auch hier war gehindertes Schlucken und Empfindlichkeit längs des Verlaufs des Schlun­des bis zum Eingang in die Brusthöhle, ferner Auswerfen des genossenen Futters und sogar Erbrechen zugegen. Bei der Section fand sich der Schlund verdickt (wie Luftröhre), in dem­selben ein 7 Zoll langer Bissen eingeklemmt, die Maul- und Nasenhöhle entzündet u. s. w. (J. Lyon 1848). Ein gelinderer Fall findet sich ebd. 1846 beschrieben, und scheint Folge der Anwendung von Cantharidensalbe gegen eine Aderfistel der Ju-gularvene gewesen zu sein.
K. Entzündung der Athmungsorgane.
Es gehören hieher die Entzündung des Kehlkopfs, der Luft­röhre und der Lungen, ferner die Entzündung des Brustfells.
a) Entgündung des Kehlkopfs. (Laryngitis acutissima.)
Die gewöhnliche Entzündung des Kehlkopfs befallt meist Pferde plötzlich, selten geht Mangel an Appetit u. dgl. voraus. Das Thier zeigt kurzes, beschwerliches und hörbares Athmen, aufgesperrte Nasenlöcher, hält den Kopf gerade aus; die Augen sind geröthet, hervorgetrieben, die Pupillen erweitert, das Maul ist heiss, trocken, die Kehlkopfgegend sehr empfindlich, die Arterie gespannt, der Pulst stark und beschleunigt. Erhöhte Temperatur der Haut, Schwanken beim Gehen, trockener, schmerz­hafter Husten, später Ausfluss zähen Schleims aus der Nase kom­men zu obigen Symptomen oft hinzu.
Die Krankheit verläuft äusserst rasch.
Ueber die Ursache ist nichts Zuverlässiges bekannt; Erkältung und Disposition zu catarrhalischen Krankheiten mö­gen am meisten dazu beitragen; Einschütte vermehren das Leiden sehr.
Behandlung: starke Aderlässe, die wiederholt werden müssen, bis die Beschwerde des Athmens nachgelassen hat; schleimige, leichtgesäuerte Flüssigkeiten zum fleissigen Ausspü­len des Mauls, Dämpfe von erweichenden Pflanzen zum Ein-athmen (mittelst einer über den Kopf gehängten Pferdsdecke), Umhüllen des Kehlkopfs mit einem Schaffell, reizende Klystiere
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462nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
mit Tabak und Kochsalz, reichen gewöhnlich zur schnellen Be­seitigung der Gefahr hin. Es stellt sich ein starker Schleim-ausfluss aus der Nase ein, welcher mehrere Tage lang fort­dauert, und nur diätetische Mittel erheischt.
Erforderlichen Falls können äusserlich Senfteig, Canthari-densalbe, oder Fontanelle als ableitende Mittel angebracht und im äussersten Kothfall der Luftröhrenschnitt gemacht werden. Marshall gab, nach fruchtloser Anwendung von Nitr. mit Veratr., das Opium zu 2 Dr. pro dosi mit Erfolg. Y o u a 11 beschreibt eine, wie es scheint enzootisch bei Rindvieh vorkommende Entzündung des Schlund- und Kehl­kopfs mit Neigung zu Abscess- und Brandbildung, welche eine besondere Operation, nämlich das Anstechen des Schlundkopfs (eine Art Hyovertebrotomie) nöthig macht (s. das Rindvieh S. 437). Rinquet sah die Kehlkopfentzün­dung bei Rindvieh fast seuchenartig auftreten; die Schleimhaut des Larynx war geschwollen, später geschwürig und tuberculös. Toul. 1855.
Ueber die mit der Entzündung der Schlingwerkzeuge, den catarrhalischen Krankheiten u. s. w. verbundene Kehlkopfsent­zündungen ist das Notlüge an seinem Orte angeführt.
b) Luftröhren-Entzündung. (Tracheitis exmdatoria.) (Häutige Bräune, Croup, Angina membranacea.)
Entzündung des Kehlkopfs und des obern Theils der Luft­röhre seltener sich bis zu den Bronchien erstreckend, mit Nei­gung zu hautartiger Ausschwitzung. Sehr acuter Verlauf. Bei allen Hausthieren beobachtet.
Delafond, welcher diese Krankheit beim Pferd beschrieb, unterscheidet den einfachen Croup des Kehlkopfs von dem der Luftröhre und der Bronchien.
Die Krankheit wird zunächst durch eine Reizung der Luft-röhrenschleimhaut erregt, die Heftigkeit der Krankheit steht im geraden Verhältniss zu dem Reize, welcher mittelbar oder sym­pathisch auf die Respirationsschleimhaut einwirkte.
Schnelle Unterdrückung der Hautausdünstung, das Waiden bei Nacht an feuchten Stellen und im Frühling ist besonders den jungen Thieren nachtheiiig; Reizung des Kehlkopfs durch feste Körper oder Flüssigkeiten (Einschütten), und ihr Eindrin­gen in die Luftröhre bringt die Krankheit ebenfalls hervor. Kein Alter der Pferde ist davon befreit.
Symptome: dem einfachen Croup gehen manchmal Ap­petitlosigkeit, Traurigkeit, ein leichter Husten voraus; plötzlich aber wird der Husten stark, oft unterdrückt klingend, der Kehl-
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LuftrShrenentzündung.
köpf äusserst empfindlich, und der leichteste Druck daselbst er­regt Husten; das Athmen wird beschwerlich, die Nase aufge­sperrt , (das Maul offen beim Rind) die Zunge hervorgestreckt, von schaumigem und zähem Schleim bedeckt. Ein eigenthüm-liches Pfeifen oder Schnarchen begleitet die Athemzüge. Der Puls ist immer klein, zusammengezogen, sehr schnell; die Haut­venen strotzen, das Thier schwitzt am Halse, zeigt Angst und zittert mit den Vorderfüssen.
Dieser Zustand dauert 30—48 Stunden und endigt alsdann entweder mit Nachlass der Entzündung und Ausstossen der fal­schen Membranen, oder mit Erstickung.
Am 3. bis 4. Tage werden durch heftiges Husten aufge­rollte Stücke der falschen Haut durch die Nase (beim Rind durch das Maul) ausgeworfen, worauf das Athmen erleichtert, der Puls ruhiger und noch von Zeit zu Zeit flockiger Schleim ausgehustet wird. Am 6. Tage ist das Thier hergestellt.
Im andern Falle erstickt das Thier, weil die Luft nicht mehr durch die verstopfte Stimmritze dringen kann; die Tra-cheotomie hilft hier augenblicklich. Erstreckt sich aber die Ent­zündung bis zu den Bronchien hinab (Bronchial-Croup), so hört man ausser dem Pfeifen ein deutliches Gurgeln am untern Theil des Halses, durch den Schleim und die hindurchströmende Luft hervorgebracht. Das Respirationsgeräusch in der Lunge ist undeutlich hörbar oder ganz unvernehmlich. Der Luftröh­renschnitt ist dann ohne Erfolg. Die Erstickung tritt hier meist zwischen 30 und 48 Stunden ein, und wenige Kranke überleben den dritten Tag.
Prognose: immer zweifelhaft, besonders bei jungen Thieren mit enger Luftröhre, oder wenn Lungen-Entzündung hinzutritt.
Section; die Schleimhaut der Luftröhre ist roth gedüpfelt, oder gleichförmig geröthet, dabei etwas verdickt, die gebildete Ausschwitzung oder falsche Membran ist gelblich, geschichtet und hat 1 bis 2 Linien Dicke, ihre freie Oberfläche ist glatt, die andere hängt mit der Schleimhaut durch feine Gefässver-längerungen zusammen. Ihr Hauptbestandtheil ist Faserstoff. Beim Bronchialcroup ist die Ausschwitzung stellenweise, beson­ders an der hintern Wand der Luftröhre manchmal bandförmig oder aufgerollt; die Bronchien sind mit zähem Schleim gefüllt, der hie und da durch röthliche Streifen mit der Schleimhaut zusammenhängt. Die Lunge ist mit schwarzem Blut überfüllt.
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Entzündungen.
Philippe sah neben der falschen Membran, die sich bis zu den Bron­chien erstreckte, Futtertheile in der Luftröhre eines Pferdes, dessen Krank­heit nur eine Nacht gedauert hatte. (J. prat. 1829). Aehnliche Beobachtungen Ton Monssis 1825, Rodet in J. prat. 1827 und 1828, Delwart in J. Belg. 1842, Vatel in Rec. 1829. Barrère Toul. 1840. Schon Greve will eine eigenthümliche Haut im Kehlkopfe bei zwei hartschnaufenden Pferden gefun­den haben, und vergleicht sie der Croup-Membran (Wahrnehmungen 11.). Boche beobachtete Croup bei Lämmern durch Erkältung, nach der Schur; die Athembeschwerde steigerte sich bis zur Erstickung (Toul. 1851.), Rey Croup durch Rauch bei 3 Pferden. Lyon 1850.
Behandlung: Zuerst Aderlass, der nach einigen Stunden wiederholt wird, wenn sich kein Nachlass der Symptome zeigt; säuerliche Flüssigkeiten zum Ausspülen des Mauls, erweichende oder Essigdämpfe in die Nase, dergleichen Einreibungen in die Haut längs der Luftröhre, besser noch Senfteig oder Scarifica-tionen daselbst; Klystiere mit Salz, Tabak u. dgl. Bei Ersti­ckungsgefahr der Luftröhrenschnitt. (Brechmittel, das Einblasen von Calomel und China in den Rachen, der Goldschwefel u. dgl. um die Schleimabsonderung in den Bronchien zu vermehren, scheinen weniger Zutrauen zu verdienen.)
Beim Bronchialcroup rieth Gohier mehrere Luftröhren­ringe zu spalten und die Stücke der falschen Membran auszu­ziehen; Delafond glaubt das Einblasen von Calomel in die Luftröhre könnte nützlich sein. Die ableitenden Hautreize müs­sen hier verstärkt und anhaltend gemacht werden.
Bei dem Rindvieh bemerkt man nach Rychner röcheln­des, hörbares Athmen mit grosser Mühe und Beängstigung, schnell eintretende Erstickungszufälle, die aber durch Husten und Aus­wurf häutiger Concremente — obwohl zunächst blos vorüber­gehend — erleichtert werden.
Mousis sah 6 Zoll lange und 2 Zoll breite Stücke ausgehustet werden (Rapp. d'Agric. 1827). In dem von Lindenberg bei einem Ochsen beob­achteten Fall war die falsche Membran an der Spaltung der Luftröhre am dicksten, nämlich einen halben Zoll. (G. amp; H. VUL)
Bei der Behandlung wird, ausser Aderlass und scharfen Einreibungen, dem Calomel mit Doppelsalz der Vorzug gegeben. Um durch heftige Anstrengung zum Husten die falschen Mem­branen zu entfernen, räth R., mit Vorsicht reizende Flüssigkei­ten (z. B. 72 Clas Essig) dem kranken Thier durch die Nase einzuschütten. Zur Nachkur Spiessglanzpräparate mit sogenann­ten Brustmitteln.
Bei den Hunden können die Symptome der Bräune (Auf-
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Lungenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;465
sperren des Mauls, Speicheln und Geifern u. s. w.) Veranlassung zu Verwechslung mit. der stillen Wuth geben.
Peters beobachtete die Bräune bei Katzen; Kopf und Hals waren geschwollen, die Augen roth und feurig; die Thiere kletterten und sprangen wie toll umher, erregten dadurch den Verdacht der Wuth und wurden desshalb getödtet. (rhein. Vet.-Ber. 1836.)
Die Ausschwitzung gerinnbarer Stoffe in der Luftröhre lässt sich durch Einspritzung reizender Flüssigkeiten, z. B. Terpentinöl, Cantharidentinctur, Auflösung von Sublimat oder salp^tersaurem Silber hervorbringen. Bei der Lungenseache des Rindviehs findet sich eine ganz ähnliche Ausschwitznng in den feinen Verzweigungen der Luftröhre; von dieser Art war wohl der von Zähndler im Schw. Archiv. IV. beschr. Croup.
c) Lungenentzündung {Pneumonia).
(Brustentzündung, Lungen- und Brustfellentzündung. Peri-pneumonia, Pleuro-pneumonia.) •
Literatur: Lungentuberkel und Hydatiden sind schon bei Hippocrates er­wähnt; Aristoteles kennt die Lungenentzündung Lib. VIII, ebenso die späteren Griechen und römischen Schriftsteller; Swoboda Lungenent­zündung bei Pferden in Wien, statistisch und anat. Oestr. Jahrbücher 1848; Bruckmüller die Krankheiten der Lunge und des Brustfells in pathol. zootomischer Beziehung. Wien IV.
Entzündung des Lungen-Gewebes oder des Ueberzuges, oder beider zugleich, .mit Fieber, Athembeschwerde, später Husten, Nichtliegen. Acuter Verlauf. Bei allen Hausthieren vorkommend.
Die Lungenentzündung ist eine häufige Krankheit, insbeson­dere des Pferdes; man kann die reine, die catarrhalische, die rheumatische, die faulige und die symptomatische Lungenent­zündung unterscheiden. Wegen ihrer entschiedenen Contagio-sität und andern Eigenthümlichkeiten muss die Lungenseuche des Rindviehs von den gewöhnlichen Lungenentzündungen ge­trennt werden; leztere sind selten bei dieser Thiergattung, feh­len aber nicht ganz, wie Einige behaupten.
Die Wiener Schule unterscheidet die gewöhnliche (croupöse) Lungenent­zündung und die interstitielle; letztere ist blos bei Pferden beobachtet, selten und immer chronisch; am lebenden Thiere schwer zu erkennen und daher auch der Heilung wenig zugänglich (oft mit Rotz verbunden). Nach den sta­tistischen Angaben der Wiener Klinik sind daselbst Lungenentzündungen bei Pferden sehr häufig, während sie z. B. in Stuttgart selten vorkommen (die Influenza nicht als blose Lungen- oder Brustfellentzündung genommen). Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 30
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Entzündungen.
a) Reine Lungenentzüntfung. (Pneumonia vera.) (Sthenische, phlegmonose Lungenentzündung.)
Sie befällt vorzüglich Pferde, nicht selten plötzlich, beson­ders wenn die Ursache sehr heftig einwirkte; ausserdera aber, nachdem einige Zeit verminderte Fresslust, Hängen des Kopfs n. dgl. vorausgingen.
Der Eintritt der Krankheit ist mit einem Fieberschauer bezeichnet; die Temperatur der Haut ist wechselnd, ungleich vertheilt, später im Allgemeinen erhöht, die Füsse sind eiskalt; das Thier ist traurig, frisst nicht, sauft öfter, athmet sehr kurz, beschleunigt, (doch weniger beschwerlich als bei Brustfellent­zündung) mit sichtbarer Bewegung der Rippen und Flanken, sowie der Nasenflügel; die ansgeathmete Luft ist wärmer, die Nasenschleimhaut höher geröthet, das Auge trocken, stier, manchmal gelbröthlich injicirt, das Aussehen oft ängstlich; der Puls beschleunigt, voll, hart, manchmal zusammengezogen oder zitternd, der Herzschlag unfühlbar, selten pochend; der Mist trocken, dunkel, klein geballt; der Harn dunkel, durchsichtig.
Die Kranken scheuen die Bewegung, bleiben unbeweglich mit gesenktem Halse und Kopfe, auseinandergestellten Vorder-füssen und genäherten Sprunggelenken, stehen; zum Gehen gezwungen, zeigen sie sich steif, matt, das Athmen wird da­durch beschwerlicher und schneller. Husten rauh und schmerz­haft, bald von Anfang, bald erst im Verlaufe der Krankheit
zugegen.
B o u 1 e y legt besonderen Werth bei der Diagnose auf den automatischen Gang, das Zurückstehen von der Krippe, den ockergelben oder blutstreifigeu Nasenausfluss, der sich als bräunliche Cruste am Rande der Nasenlöcher an­legt , die Respirationsgeräusche und die Auscultation u. s. -w. Das klagende Athmen, besonders bei Bewegung des Thiers und die safrangelbe Färbung der Bindehaut unterscheiden die Lungenentzündung von der Brustfellentzündung. Rec. 1845. Rey in Lyon 1856.
Die Auscultation der Brust lässt an den gesunden Stellen der Lunge (supplementäres) Respirationsgeräusch wahrnehmen, an den kranken (meist tiefer gelegenen) Stellen fehlt dasselbe, über demselben, im mittlern Theil der Lunge hört man Blas­balggeräusch, weiter oben knisterndes Rasseln. Die Percusion zeigt Resonanz an den gesunden, dagegen matten Ton an den kranken Parthieen.
Vergl. hierüber Percival, Pritchard in Vet. 1840, Rainald in Rec. 1841, Cherry in Vet. 1846, Bouley l; dt., Delwart Belg. 1848,
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Lungenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 467
Müller in Wien 6. amp; H. 1850, Crocq. übersetzt von Kreutzer 1853, Gleisberg in G. amp; H. 1854, Bagge in Dan. IV u. V. Nach Roll ist an­fangs der Percussionsschall unverändert, * später oft tympanitisch, bei zuneh­mender Infiltration des Lungengewebs leer oder gedämpft, bei gleichzeitiger Zunahme des Widerstands, den man beim Klopfen empfindet; diese Erschei­nungen treffen besonders 'die unten, Tomen oder hinter der Schulter gelegene Parthie der Lunge. Die Auscultation lässt im Anfange der serösen Exsuda­tion an den ergriffenen Stellen feinblasiges (Knister-Rasseln), später trockenes Bassein, bei Mangel des vesiculären Athmungsgeräusches hören. An einer hepatisirten Stelle hört man bronchiales.Athmen oder consonirende Basseige­räusche; wo kein grösserer Bronchus ist, aber unbestimmtes Athmen oder gar kein Geräusch; in dem gesunden Lungengewebe dagegen verschärftes Athmen. An der Stelle, wo ein grösserer Abscess sich befindet, ist der Percussions­schall tympanitisch, bald leer, bald voll; auch metallisch oder dem Geräusch eines zersprungenen Topfes ähnlich; das Athemgeräusch ist entweder bronchial oder unbestimmt, mit oder ohne Basseigeräusch, häufig metallisch klingend, oder auch ganz fehlend.
Beim Rindvieh ist das beschwerliche Athmen weniger in die Augen fallend, als beim Pferde; die Ellbogen werden von der Brust abgezogen, die Milch nimmt ab.
Zu den seltenern Begleitern der reinen Luftgenentzündung gehören; Abstumpfung des Gemeingefühls und der Sinne (wahr­scheinlich von Angst und heftigem Schmerz herrührend), Nasen­bluten, starkes Herzklopfen, Pulsiren des Halsvenen (von Stö­rungen der Blntcirculation in den Organen der Brusthöhle), Unruhe und öfteres kurzes Niederliegen (von Schmerz im Darm-canal oder den Hufen) u. s. w.
Das Fieber und beschleunigte Athmen geben den Mass- , stab für den Grad der Krankheit, sie nehmen in der Regel während 4—5, manchmal 7—9 Tagen zu, alsdann bilden sich sogenannte Entzündungsübergänge. Hat die Heftigkeit der Krankheit, etwa durch Fortdauer ihrer Ursachen, verkehrte Behandlung u. dgl. immer zugenommen, so tritt der Moment der Erschöpfung oder Apoplexie ein, in welchem die mit theils flüssigem, theils coagulirtem Blute überfüllte Lunge unfähignbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;I
wird, ihre Function zu erfüllen und das Thier plötzlich zusam­menstürzt und stirbt. Die bei der Section fest und dunkel ge­fundene Lunge gibt Veranlassung, sie für brandig zu halten, während eigentlicher Lungenbrand fast blos bei Complication mit Anthraxfiebern beobachtet wird. (Auch B o u 1 e y hält ir­rigerweise den Brand der Lunge für häufig beim Pferde, nach Roll ist er nicht selten). Diesen Ausgang nimmt die Lungen­entzündung meist in den ersten Tagen ihres Bestehens; 'die
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4ggnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.
zunehmende Schnelligkeit des immer kleiner werdenden Pulses, der pochende Herzschlag, das bleifarhige Aussehen der Schleim­häute, die aashaft riechende, kühl ausgeathmete Luft u. s.w. kündigen das Ende an.
Bei der Zertheilung lassen die characteristischen Symptome an Stärke nach, während meist eine kritische Ausscheidung entweder durch die Schleimhaut der Athmungsorgane (Schleim-ausfluss aus der Nase, häufiger lockerer Husten u. dgl.) oder durch die Harnwege, seltener durch den Darmcanal (trüber Harn, weiches Misten) stattfindet. Oedematöse. Anschwellungen am Brustbein und Bauche sind öfters ein günstiges Zeichen.
Ein nicht seltener, aber schlimmerer Ausgang ist die Ver­dichtung (Hepatisation) eines grosseren oder kleineren Theils der Lungensubstanz, durch Erguss gerinnbarer Lymphe in die­selbe. Diese Infiltration des Lungengewebes ist anfangs von beigemischtem Cruor roth, später wird sie grau oder gelblich; das Lungenstück sinkt im Wasser unter. Obgleich die Thiere dabei noch lange leben hönnen, bleibt ihnen doch gerne eine Beschwerde des Athmens und eine Neigung zu Recidiven zurück. Die länger fortdauernden, obgleich etwas gemilderten Symptome der Entzündung, die kurzen Athemzüge, der unfühlbare Herz­schlag bei weichem Pulse, der matte Percussionston und das fehlende Respirationsgeräusch mit gleichzeitiger Abwesenheit der die übrigen Ausgänge bezeichnenden Symptome, lassen die in der Lunge eingetretene Veränderung muthmassen. Sie ist meist die Folge der nicht stark oder nicht anhaltend genug ange­wendeten entzündungswidrigen Methode.
Beschränkt sich die Entzündung mehr auf den serösen üeberzug der Lunge, so endigt sie gerne mit theilweiser Ver­wachsung der Lunge mit dem Rippenfell oder mit Wassererguss in die Brusthöhle (vgl. Brustfellentzündung).
Ist ein Theil der Lunge durch Erguss von Faserstoff ver­dichtet (hepatisirt), so- kann die krankhafte Thätigkeit dabei stehen bleiben; sie kann aber auch sogleich (öfter erst nach langen Zwischenräumen) weiterschreiten., so dass sich durch Zerfliessen des Exsudats Eiter bildet. Dieser ergiesst sich nun in die Bronchien und wird durch den Husten ausgeworfen, oder aber er bleibt längere Zeit eingeschlossen und bildet einen oder mehrere Eitersäcke von verschiedener Grosse. Diese haben schon 2 — 3 Wochen nach beendigter Lungenentzündung das
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Lungenentzündung.
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Aussehen als wären sie alt. Die Eiterbildung soll durch wie­derholten Fieberfrost angezeigt werden.
Bei Rindrieh ist Lungenvereiterong durch scheinbare Besserung bei fort­dauerndem Husten, trockener Haut, aufgerichtetem Haare u. s. w. bezeichnet; characteristisch sind die wiederholten Frostanfälle und der zusammengezogene Puls, üebrigens ist dieser Ausgang beim Rinde selten, häufiger die Erwei­chung vorhandener Tuberkelablagernngen.
Auch in diesen Fällen, obgleich sie zu den schlimmem zu zählen sind, kann das Thier noch längere Zeit am Leben blei­ben und selbst einen ziemlichen Grad von Dienstfahigkeit haben. Ein öfteres Husten, etwas erschwertes Athmen, baldiges Schwitzen, Mängel an Ausdauer, auch wohl glanzloses Haar und Abmagerung bezeichnen diesen — jedoch nicht mit Be­stimmtheit erkennbaren — Vorgang, der sich zur eigentlichen Pthisis gestaltet.
Lungenabscesse brechen manchmal auf, entleeren ihren In­halt und heilen aus, häufig aber werden ihre, vorher zur Iso-lirung bestimmt gewesenen Wände geschwürig, ein übelriechen­der missfarbiger, auch blutiger Eiter wird abgesondert, er zer­stört das naheliegende Gewebe (Verjauchung) und führt schneller oder langsamer den Tod herbei. In einzelnen Fällen geht die Entzündung der Lunge so unaufhaltsam in Verdichtung und Verjauchung (eigentliche Lungenfäule) über, dass hiezu nur wenige Tage erforderlich sind. Diese mit höchst stinkender, die verfaulten Reste der Lungensubstanz enthaltender Flüssig­keit gefällten, unregelmässigen Höhlen, welche sich meist in den unteren Lappen der Lunge befinden-, werden von mehreren Pathologen zum Lungenbrand gerechnet.
Vereinzelte Lungentuberkel sind wohl nicht anders als zu­fällig, Folge einer acuten Lungenentzündung; sie entstehen im Gegentheil meist ohne eine bemerkbare entzündliche Action. Dagegen wird die dichte Infiltration eines Lungenstücks mit gelblicher, oft stinkender, käsiger Tuberkelmasse als eine der Folgen der Lungenentzündung angesehen.
Beim Rindvieh ist der Ausgang in Hepatisation oder in Wassererguss gewöhnlich, Vereiterung und Brand dagegen sind seltener.
Die Dauer-der reinen Lungenentzündung ist besonders nach dem Ausgange, den sie nimmt, sehr verschieden; sie varirt nämlich von einigen Tagen bis zu einigen quot;Wochen.
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470nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
Bei Rindvieh beobachtet man eine chronische Lungenentzündung entweder als Folge der acuten, oder aber ganz langsam, schleichend; und ohne auf­fallende Störungen verlaufend; sie geht vorzugsweise in Hepatisation, oder Oedem der Lungensubstanz aus und kann sich mehrere Monate lang hin­ziehen.
Die Section weist die aufgeführten Veränderungen in der Lunge nach; nicht selten sind mehrere derselben zu gleicher Zeit zugegen. Gewöhnlich zeigen auch noch andere Organe, z. B. die Luftröhre, der Herzbeutel, das Herz, das Brust- und Zwerchfell, der Danncanal mehr oder weniger starke Zeichen von Entzündung , Ausschwitzung u, s. w.
Ursachen: reine Lungenentzündung entsteht beim Pferde am leichtesten durch sehr angestrengtes Laufen, besonders ge­gen den Wind oder bei sehr reiner, kalter Atmosphäre; ferner durch grosse Hitze des Stalls, stark amoniakalische Luft (bei Pferden), kaltes Trinken oder Regen nach Erhitzung (beson­ders bei Rindvieh); ferner durch mechanische Verletzungen, durchdringende Wunden, Erschütterung, Rippenbrüche und durch in die Bronchien gelangte fremde Körper, z. B. beim Einschüt­ten von Arzneien.
Letzterer Fall verdient besondere Beachtung, weil er häufiger vorkommt, als man glaubt (auch bei Rindvieh ist derselbe beobachtet). War die Arznei eine reine Auflösung, z. B. eines Kalzes in Wasser oder einem Pflanzen-decoct u. dgl., so wird sie zwar, nachdem sie in die Luftröhre und Lunge gelangt ist, einen mehr oder weniger heftigen Reiz und eine Entzündung hervorrufen, diese aber kann, da die Flüssigkeit durch Resorbtion beseitigt wird, ohne bleibenden Nachtheil vorübergehen. Enthielt aber der Einschult unauflösliche Pulver, selbst von sehr unschuldigen Mitteln, z. B. Eibisch, Süss-holzwurzel u. dgl., so fahren die kleinen Partikelchen derselben in den fein­sten Luftröhrenästen fort, reizend zu wirffen, die entstandene Entzündung zu steigern und in wenigen Tagen den Tod durch jauchige Zerstörung eines be­schränkten Theils der Lunge (nämlich der unteren und vorderen, neben dem Herz gelegenen Parthie derselben) herbeizuführen. Selten gelingt es hiebei, den krankhaften Vorgang zu hemmen, so dass er bei der blosen Verdichtung der genannten Lungentheile stehen bleibt. Es ist mir öfters möglich gewesen, aus dem Schleim der kleinen Bronchien die gröblichen Pulver von Althéa, Gentiana, auch ganzen Kümmel u. dgl. auszuwaschen. Das erkrankte Lun­gengewebe ist theils hepatisirt, theils von unendlich vielen kleinen Geschwüren mit grünlichem stinkendem Eiter zerfressen (tödtlicher Fall beim Pferd von Einschütten von Baumöl s. Rep. XVIII. S. 4; bei einer Kuh von Leinsamen und Gerste ebd. S. 19.).
Zu den Folgen der Lungenentzündung gehören: Hart-schnaufen, langwieriger Husten, Dampf, Schwindsucht.
Prognose: mit Rücksicht auf die individuelle Beschaffen-
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Lungenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;471
heit des Kranken, die Heftigkeit der Krankheit — anfangs meist quot;gunstig; wenn dagegen zeitlich Hülfe versäumt worden ist, immer zweifelhaft; hei Complication mit fauligem Fieher, stinkendem, blutigem Nasenausfluss, keuchendem Athem u. s. w. meist ungünstig. Das Nachlassen des Fiebers, das ruhigere Athmen, die abnehmende Dämpfung des Fercussionsschalles, das zurückkehrende normale Athemgeräusch, die wiederkehrende Fresslust, der aufgerichtete Hals und Kopf; das Anschwellen der Fontanelle oder scharf eingeriebenen Stellen, kräftiges Hu­sten und vor Allem das ruhige Niederliegen sind Zeichen von guter Vorbedeutung. Die entgegengesetzten Symptome, wie auch heftiger Durchfall, Anschwellung des Kopfs, Marmorkälte der Füsse, Offenstehen des Afters u. dgl. zeigen Verschlimme­rung und den nahen Tod an.
Therapie: vor Allem Aderlass, je nach dem Grade der Entzündung und der Körperbeschaffenheit des Thiers; nüthigen-falls nach 10—12 Stunden wiederholt. Das Blut ist bei hef­tiger Congestion dick und schwarz, wie bei Erstickung; ausser-dem gerinnt es schnell und bildet eine dicke Speckhaut. Der im Beginn der Krankheit manchmal schwach erscheinende Puls wird auf eine Blutentziehung voller und stärker. Gegen die Zeit der zu erwartenden Crisis hin oder wenn dieselbe schon eingetreten, sind Aderlässe sehr zu vermeiden, auch bei sehr geschwächten Thieren, und bei der Influenza sind Aderlässe eher nachtheilig. Ableitung der Blutanhäufung in der Lunge nach der Haut durch trockenes Reiben, sodann durch Senfteige, Einreibung scharfer Salben an den Seitenwänden der Brust, oder Fontanell am Brustbein (bei Rindvieh Scarification der erregten Geschwulst und wiederholtes Einreiben von Canthari­den auf dieselbe.) Innerlich Salpeter oder Brechweinstein mit Doppelsalz oder Glaubersalz in weicher Latwergenform, oder im Trinkwasser, das dem Thier überschlagen vorgehängt wird, um nach Belieben davon saufen zu können ; Klystiere mit Salz und Seife. Kein oder wenig nährendes Futter, massige Temperatur des Stalls. Das angegebene Verfahren muss gewöhnlich einige Tage beibehalten, dann aber nach den Uebergängen der Krank­heit modificirt werden. Tritt ein trockener, schmerzhafter Husten ohne Ausfluss ein, so lasse man Wasserdämpfe einathmen und setze den innerlichen Mitteln Salmiak nnd bei grossem Schmerz etwas Extr. hyosciami zu. Droht Wasserergiessung, so ist
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472nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
anfangs Brechweinstein mit Salpeter, später derselbe mit Ter­pentinöl, Wachholderbeeren u. dgl.. zu reichen; Digitalis Ifet meist unsicher und passt jedenfalls nur, so lange die Entzündung fort­dauert. (Die Behandlung länger dauernder Brustwassersucht s. bei Entzündung des Brustfells.) Die eiterähnliche Absonderung der Respirationsschleirahaut ist als kritisch anfangs durch Sal­miak mit Foenum graecum, Sem. anisi oder foeniculi zu unter­stützen, bei zu langer Dauer oder nach Menge übermässig da­gegen durch Terpentinöl, Harze oder Balsame, Theerdämpfe u. dgl. zu beschränken. Gegen Verdichtung der Lunge sind die Spiessglanz- und Schwefelpräparate in Gebrauch zu ziehen (Goldschwefel, Antim. diaphor., Spiessglanzleber, Schwefel­blumen, Schwefelleber). Eiterausfluss Yon geborstenen Abscessen erfordert blos vollkommene Ruhe und strenge Diät. Gegen Verjauchung lässt sich wenig oder nichts ausrichten; Bleizucker (zu 1 Dr. pro dosi), thierische Kohle, Theer u. dgl. können versucht werden, daneben gelbe Rüben und Malz als Futter. Wäre das entzündliche Allgemeinleiden in ein fauliges überge­gangen , so ist dasselbe nach der später unter 8) angegebenen Methode zu behandeln, und die locale Entzündung oder ihre Folgen wären hauptsächlich durch ableitende Mittel zu be­kämpfen.
Böll fand Fontanelle nur im Anfange von Nutzen, die scharfen Ein­reibungen gar nicht; er zieht den Brechweinstein innerlich vor, und lässt hei sehr heftigem Fieher Digitalis reichen; schwächlichen und von früher krän­kelnden Thieren Terpentinöl. Von Camphor sah R. gewöhnlich heftigen Ma-gencatarrh entstehen. Wenn der Camphor nicht sehr fein getheilt und in Schleim u. dgl. eingehüllt gegehen wird, kann er nach meiner Erfahrung ört­lich die Schleimhaut bedeutend angreifen.
Die Behandlung des nach einer Lungenentzündung etwa zurückbleibenden chronischen Husteas, Nasenausflusses, Dam­pfes u. s. w. s. an ihrem Orte.
Bei sehr jungen oder besonders schwächlichen Thieren, deren allgemeiner Zustand Blutentziehungen weniger thunlich macht, ist ihre Stelle durch Mvtr. aconü.(za 20—30 Gran pro Dosi bei Saugfohlen) zu ersetzen.
Statt des Salpeters,. Brechweinsteins u. dgl. rathen einige englische Thier-ärzte Verat. alb. zu 30—40 Gran pro Dosi alle 6—8 Stunden zu geben, bis das Thier kollerähnliche Symptome zeigt. Bei hartnäckig auf gleicher Höhe bleibender Lungenentzündung wirkt Tart. stibiat. in grossen aber sel­tenen Gaben [zu '/s Unze pro Dosi] manchmal noch wohlthätig.
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Lungenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;473
ß) Catarrhalische Lungenentzündung. (Pneumonia catarrhalis.) Die Symptome -derselben sind im Wesentlichen dieselben wie bei der reinen Lungenentzündung, sie pflegt jedoch weni­ger heftig zu sein, kommt dagegen besonders unter Pferden öfters mehr verbreitet vor. Ihr Sitz ist mehr in der Schleim­haut, welche die Luftröhrenäste auskleidet. Husten geht ge­wöhnlich voraus; Anschwellung der Ganaschendrüsen begleitet sie oft, und die Crisis geschieht durch vermehrte Schleimab­sonderung in den Bronchien. Die Behandlung ist massig an-tiphlogistisch, mit Rücksicht auf die Ursache des Leidens (Er­kältung), daher nach gebrochener Heftigkeit des Fiebers der Zusatz diaphoretischer Mittel (des Schwefels, des Spiessglanzes, später selbst des Camphors) am Platze ist.
Eine seltene Complication der catarrhalischen Lungenentzündung, näm­lich mit Diabetes, beobachtete Busenbeker bei mehreren Pferden; sie war jedoch nicht tödtlich. Riqnet sah von 292 Remontepferden 167 von einer catarrhalischen mit Halsentzündung complicirten Lungenentzündung befallen werden. (Rec. 1842.)
y) Rheumatische Lungenentzündung.) Pneumonia rheumatica,
Sie entsteht vorzugsweise bei Pferden und Rindvieh auf schnelle Unterdrückung der Hautausdünstung (bei nasskalter Witterung, während des Haarwechsels u. dgl.); ihr Sitz ist mehr der seröse Ueberzug der Lunge, wesshalb sie mit der Brust-iellentzüadung eigentlich näher verwandt ist, als mit der Ent­zündung des Lungengewebs. Indessen wird dieses letztere, wenn die rheumatische Lungenentzündung heftig wird, gewöhnlich mit ergriffen. Der Ausgang, wo nicht völlige Zertheilung er­reicht wird, ist gerne in Verwachsung der Lunge mit dem Rippenfell, durch ausgeschwitzte gerinnbare Lymphe oder in Wassersucht.
Nicht selten leiden bei rheumatischer Lungenentzündung die Häute des Herzbeutels oder die Hufe gleichzeitig und ver­schlimmern , besonders in letzterem Falle, das ursprüngliche Uebel bedeutend.
Bei der Behandlung ist besondere Rücksicht auf Wieder­herstellung der unterdrückten Hautthätigkeit (durch ausgebrei­tete Einreibungen mit Salmiakgeist oder 01. terebinth., warmes Bedecken und Frottiren, innerlich diaphoretische Mittel, nach
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474nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
oder in Verbindung njit den entzündungswiddgen) zu nehmen. Unter den eigentlich antiphlogistischen Mitteln verdient hier der Calomel den Vorzug. (Lessona heilte einige Kühe nach vor­ausgegangener Antiphlogose durch Chinadecoct und Chinin. Turin III.)
S) Faulige Lungenentzündung. {Pneumonia asthenica.) (Falsche, unächte Brustentzündung.)
Sie ist entweder Folge eines anfangs entzündlichen Lei­dens der Lunge oder die Lungenentzündung ist gleich von vorne herein von einem allgemeinen Schwächezustand und fauligen Fieber begleitet. In dieser Art kommt die faulige Lungenent­zündung, besonders bei Rindvieh, epizootisch vor.
Blasse Schleimhäute, vermehrte Secretionen derselben) zäher, später übelriechender Schleim), weicher, schwacher Puls, fühl­barer Herzschlag sind mit den, dem localen Leiden eigenthüm-lichen Symptomen verbunden. Die allgemeine Schwäche nimmt im'Verlaufe der Krankheit, der sich öfters auf 2—3 Wochen ausdehnt, mit den übrigen Symptomen zu, grosse Abmagerung stellt sich neben sulzigen Anschwellungen ein, colliquativer Durchfall tritt an die Stelle der anfangs bestandenen Ver­stopfung , ein eiteriger, aashaftstinkender Ausfluss aus der Nase deutet die vorhandene Zerstörung der Lunge an, und das Thier stirbt oft schon gegen das Ende der ersten oder in der zweiten Woclie des Krankseins.
Bei der Section zeigt sich das Blut aufgelöst, dünn, das Fleisch wie gekocht, im Zellgewebe sulziger Erguss, die Lunge theils sulzig infiltrirt, theils verjaucht, in der Brusthöhle stin­kendes Wasser, am Darmcanal brandige Flecken u. s. w.
Behandlung. Anfangs sind salzige Mittel mit bittern oder gewürzhaften zu verbinden, später Reizmittel an ihre Stelle zu setzen. Aeussere flüchtigreizende Einreibungen sind wieder­holt in Anwendung zu bringen, und die Kräfte des Thiers durch ausgewähltes, leicht verdauliches Futter'(Malz, geröstetes Mehl u. dgl.) wo möglich zu heben.
Trennung der Kranken von den Gesunden ist anzurathen.
* s) Symptomatische Lungenentzündung.
{Pneumonia lymptomatica.)
Die Lungenentzündung gesellt sich zu vielen andern fieber­haften Krankheiten, ohne wesentlich zu ihnen zu gehören. Bei
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Lnngenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;475
der grossen Bedeutung dieses Organs ist ein solches sympto­matisches Leiden als eine schlimme Complication anzusehen. Bei den catarrhalischen Fiebern überhaupt und der Influenza insbesondere, bei manchen typhösen Fiebern, den Schafpocken dem Zehrfieber u. s. w. leidet sehr häufig die Lunge mit.
Die in ihrem Verlauf gestörte Druse hat nicht selten Lun­genentzündung und Vereiterung zur Folge; bei der Eiterinfec-tion ist dasselbe der Fall; der acute Rotz ist von einer hefti­gen entzündlichen Affection der Lunge begleitet. Bei Typhus soll das Durchschwitzen des Bluts durch die kleinsten Gefässe der Lunge, das Gewicht dieses Organs in wenigen Stunden auf das 20—SOfache steigern können. Injectionen von lauem oder al­kalischem Wasser in die Blutmasse, sowie sehr starke Aderlässe bringen auch ein solches Durchschwitzen hervor (Gourdon, Toul. 1853). Bei den Sectionen in Wien sind öfters Milztumoren als Complication der Lungenentzündung beobachtet worden, sel­tener Croup oder Dysenterie des Darms (Wien IV.) Auf .der andern Seite kommen manche organische Veränderungen in der Lunge auf eine so allmählige und schleichende Weise zu Stande, dass man ihr Entstehen entweder im Leben gar nicht, oder erst wenn sie einen unheilbaren Grad erreicht haben, bemerkt. So die Knoten und Eitersäke in den Lungen alter Kühe, die Tuberkeln bei der Stiersucht, bei chronischem Rotze, die Hy-datiden, die Verwachsung der Lunge mit dem Brustfelle, das Emphysem und die wässerige. Infiltration des Lungengewebes im Dampfe u. A. mehr. Kiklas versichert die Hydatiden in der Lunge durch die Auscultation an einem eigenthümlichen, metallisch klingenden Ton zu erkennen; derselbe soll Aehnlich-keit haben mit dem Platzen von Blasen einer schäumenden Flüssigkeit in einer Glasflasche (Blasenklingen) Woch. I.
d) Lungenseuche des Rhidviehs. Pneumonia exsudatoria contagiosa. (Typhöslaquo; Lungenseuche V., rheumatiscbe Brustentzündung Wag., chronische Lnngenseuche, nasse, \reisse Lungenfäule. Bei Huzard: phthysie pulmo-naire des vachos, bei Del a fond: peripneumonic sousaigue partielle, pneum. chronique ou epizootique.) Literatur: äusserst zahlreich; ausser den Werken über Seuchen überhaupt und über Veterinaerpolizei sind folgende zu erwähnen: Rausch (1790), Chabert (1794), Huzard (1789), Ämmon (1808), Lappequot; (1818), Dieterichs (1821), Nötei (1828), Merk (1830), Wagenfeld (1832), Swaton (1834), Santer (1835), Bartels (1841), Fuchs (1843),
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476nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
Zinker (1844), Sauberg (1846), Delafond (1844), Seer (184T). Ferner: Delafond, Tanquin (Rec. 1841,42; 6. amp; H. X, XIV. N. amp;V. IX, XI). Kuers (Mag.I, II), Rychner (Zeitschr. II), Rep. VII, Belg. 1844, 47; Bericht über Preisscliriften, Belg. 1851; Waters, Dun J.Ber. 1856.
Die Lungenseuche ist seit 1693 in Hessen, 1743 im Canton Zürich be­kannt; 1765 behandelte sie Bourgelat in der Champagne; später breitete sie sich bis nach Paris aus. Im südlichen Deutschland wurde sie 1787—90 beobachtet, in Nassau und Preussen 1773—75. Nachdem sie 1816—18 in Tyrol, Steyermark, Böhmen geherrscht hatte, soll sie erst 1833 nach Holland, 1837 nach Belgien, 1841 durch holländisches Vieh nach England gekommen sein, wo sie übrigens beinahe 100 Jahre früher (1735) schon von Dr. Barker beschrieben wurde. Gegenwärtig herrscht sie in ganz Mittel-Europa ununter­brochen, und ist bald mehr bald weniger verbreitet.
Entzündung des Lungengewebs mit Ausfüllung desselben durch gerinnbare Stoffe, meist in einem Lungenflügel, selten zugleich mit Eiterung, häufiger mit Wassererguss; ansteckend. Dem Rindvieh eigenthümlich.
Es ist sehr schwierig, am lebenden Thiere die Lungen-setfche von einer gewöhnlichen Lungenentzündung einerseits, und einer (trockenen) Lungensucht (Phthisis) andererseits mit Bestimmtheit zu unterscheiden. Der Umstand des Erkrankens mehrerer Thiere zugleich, oder nacheinander, und die Wahr­scheinlichkeit einer stattgehabten Ansteckung haben im An­fange mehr Gewicht als die Symptome, welche die Kranken zeigen; sodann aber muss die Section, welche das Characte-ristische der Lungenseuche unverkennbar nachweist, den Aus­schlag geben.
Bei gutgenährten, kräftigen Thieren hat das begleitende Fieber den entzündlichen Character, bei sehr herabgekomme-nen, früher schon Lungenkranken dagegen den asthenischen; darauf beruht die Eintheilung der Lungenseuche in synochöse und torpide (etwas Typhöses ist nicht dabei, ebensowenig ist sie identisch mit Phthisis, dagegen bei altern Kühen oft mit letzterer complicirt, oder aber bei durchgeseuchten Thieren später in diese übergehend).
Die Ansichten über das Wesen der Lungenseuche sind sehr verschieden; die Meisten halten die Lungenseuche für ein entzündliches Leiden, weil die Producte der Entzündung vorhanden, ja in solchem Maasstabe zugegen sind, dass man darüber nicht im Zweifel sein kann; Andere sehen einen Typhus, wahrscheinlich weil der Ausgang häufig tödtlich ist. Bartels behauptet, die Lungenseuche sei ein eigenthümliches Parasiten-Leiden, der Entzündung gerade entgegengesetzt, und Dr. Heckenberger vergleicht sie als ein specifisches, entzündlich ezanthematisches Fieber den Masern des Menschen (Carlsr. VI).
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 477
Schmelz hielt das Wesen der Lungenseuche für eine Paralyse der Lungen-Nerven. (Rep. XVI). Nach Kreutzer soll die sporadische Langenseuche eine ganz andere (nicht ansteckende) Krankheit sein, als die eigentliche Lungen-seuche. Früher schon hat Spinola Äehnliches ausgesprochen (Kr. 1848).
Symptome: Ein kurzer, trockener und heller Husten, der anfangs selten, meist nur Morgens oder beim Austritt aus dem Stalle, beim Tränken u. s. w., später aber dumpfer und schmerzhafter gehört wird, verbunden mit etwas beschleunig­tem Athmen, quantitative -und qualitative Abnahme der Milch, nicht Zulegen bei guter Fütterung oder selbst Abmagern, Sträu­ben der Haare, besonders auf dem Rücken, der gegen Druck sehr empfindlich ist, geröthete oder schmierige Augen, wech­selnde Fresslust — dies sind die Symptome, welche man oft längere Zeit (4—6 Wochen) an den Thieren beobachtet, ehe sie fieberhaft erkranken. Häufig werden diese Vorboten der Krankheit ganz übersehen, und in manchen Fällen mögen sie auch wirklich fehlen. Nun folgen plötzlich alle Zeichen einer acuten Lungenentzündung; abwechselnde Kälte und Hitze der Haut, beschleunigtes, angestrengtes Athmen, Aufsperren der Nasenlöcher, starke Bewegung der Rippen und Flanken, ein kurzer, dumpfer, eigenthümlicher, halb unterdrückter Husten, der Puls anfangs nur 50—60, meist voll, hart oder gespannt, manchmal auch klein, fadenförmig; wenig fühlbarer Herzschlag, die Hörner und Ohren sind heiss, die Nase und die Augen ge-röthet, das Floztnaul ist trocken. Die Fresslust, das Wieder­kauen und die Milchabsonderung (diese oft zuerst) hören auf, der Harn ist feurig, der Mist trocken und dunkler als gewöhn­lich. .Die Vorderfüsse sind von der Brust abgezogen, die Thiere legen sich nicht (oder nicht lang, und dabei lieber auf die kranke Seite; nach Angabe der englischen Thierärzte liegen die Kranken viel), bei der Untersuchung des Respirationsge­räusches durch Auscultation hört man auf der einen (kranken) Seite zuerst Raspelgeräusch und feuchtes Rasseln, beim Ein-athmen an manchen Stellen Blasbalggeräusch und supplemen­täres Athmen, selten Bronchophonie^ später fehlt das Respi­rationsgeräusch ganz, während es auf der andern (gesunden) Seite (zischend, sägenartig) hörbar ist. Die Percussion der kranken Seite. ist schmerzhaft und gibt einen dumpfen Ton; diese Erscheinungen nehmen von unten nach oben und von vornen nach hinten zu, da bei Verdichtungen der Lunge die gerinnbaren Stoffe sich der Schwere nach .abzulagern pflegen.
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478nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
In den folgenden 5—7 Tagen steigen die Symptome des fieberhaft-entzündlichen Zustandes, und endigen auf der Höhe derselben entweder mit dem Tode des Thiers oder durch den Uebergang in den Schwächezustand, welcher das locale Leiden nunmehr fast ebenso lange begleitet.
Die zunehmende Zahl der Pulse und Athemzüge, wobei erstere kleiner und mehr gespannt, letztere kürzer werden, das häufigere Husten, die schnelle Abmagerung, besonders an der Brust und den Schultern, die immer grössere Abgeschlagenheit des Thiers deuten dieses Steigen der Krankheit an. In man­chen Fällen trifft man schon 2—3 Tage nach dem ersten auf­fallenden Erkranken die Lunge mit Exsudat ausgefüllt und über­zogen. Mit dem Uebergang in den Schwäche- und fauligen Zustand wird der Puls schwächer, der Herzschlag deutlicher fühlbar, die Augen fallen ein, die Schleimhäute werden feucht, die Secretionen zähe und übelriechend, oedematöse Geschwülste bilden sich, das Athmen wird röchelnd, der Mist flüssig und die Kräfte sinken zusehends. Bei vorher sehr geschwächten Thieren, oder solchen, die schon organische Veränderungen in der Lunge hatten (Knoten, Tuberkeln, Eitersäcke) kann das begleitende Fieber auch gleich von vorne herein den astheni-schen Character haben (torpide Lungenseuche), wie sich aus der Beschaffenheit des Pulses, des Herzschlags, der unverhält-nissmässigen Abgeschlagenheit u. s. w. entnehmen lässt. Dessen ungeachtet zieht sich der Verlauf der Krankheit in diesem Falle (vom Ausbruche des Fiebers an gerechnet) nicht selten mehr in die Länge, als bei dem entzündlichen Character des Fiebers. Wo die Lungenseuche mit allgemeiner Schwäche (z. B. Fäule) zusammen­trifft, ist der Anfang sehr schleichend, so dass kaum etwas Anderes als ein schwacher Husten bemerkt wird, dann tritt plötzlich Fieber mit Athembeschwerde, Oedem n. s. w. ein, und das Thier verendet schon nach wenigen Tagen.
Section. Die Veränderungen, welche man in der Bauch­höhle findet, beziehen sich auf den allgemein fieberhaften ent­zündlichen oder Schwächezustand, dagegen ist der Befund der Lunge in dieser Krankheitsform entscheidend. In der Brust­höhle kann mehr oder weniger Serum von trübem Aussehen, oft mit Stücken geronnener Lymphe, oder auch käsigen Flo­cken oder bioser Sülze (beim asthenischen Character) ergossen sein, falsche Membranen bedecken die seröse Auskleidung der Brust und verkleben die Lunge mit dem Rippenfell; die serö-
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I.ungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;' 479
sen üeberzüge sind nach Entfernung der schichten weise, oft Vi—4' Zoll dick ausgeschwitzten Lymphe, injicirt, daher dunk­ler geröthet, aufgelockert. Die Lunge selbst zeigt (gewöhnlich nur ein Flügel und öfter der linke) fast durchaus rothe Hepa-tisation, ist fest, schwer (bis auf 25—40 Pfunde), oft die ganze Hälfte des Brustkorbs ausfüllend; beim Durchschneiden der fleischigen Stellen zeigen diese ein marmorirtes Ansehen, welches davon herrührt, dass das die (beim Rinde sehr deut­lich geschiedenen) Lungenläppchen verbindende Zellgewebe mit einer heilern plastischen Lymphe erfüllt, das dazwischen be­findliche Lungengewebe aber verdichtet, und von röthlich brau­ner oder graulicher Farbe ist. Die Schleimhaut der Luftröhre und ihrer Aeste ist aufgelockert, geröthet, in der Luftröhre #9632; mit einer flockigen Ausschwitzung bedeckt, dagegen sind oft die Bronchien mit einem graugelblichen festen Gerinnsel complet ausgefüllt (wie ausgegossen), das auf der Schnittfläche eines Lungenstückes rundliche Augen bildet. Ebenso sind die Blut-gefässe mit einem dunkelrothen Goagulum ausgefüllt, so dass* das kranke Luugenstück für die Luft völlig undurchgänglich wird und der Kreislauf darin stocken muss. (Das specifische Gewicht eines solchen Lungenstücks fand ich = 1,047 bei 0deg; R.) Durch die angegebene Beschaffenheit der Luftröhrenäste lässt sich die Lungenseuche mit dem Croup sehr wohl vergleichen. Ist der Schwächezustand vorherrschend gewesen, so haben die Exsudate weniger Festigkeit und sind mehr sulzig als fest. Der nicht ergriffene Lungenflügel ist gewöhnlich welk und fällt sehr zusammen, sein Gewebe ist meist auffallend gut erhalten. Nach Ginge soll der eigentliche Krankheitsprocess (abgesehen von der Pleuritis) in dem Exsudat in das Zwischenzellgewebe der Lungenläppchen bestehen; dieses drückt die Lungenbläschen zusammen, es stockt das Blut in den Capillargefässen und selbst den grossen Gefässzweigen, und es bildet sich endlich auch Erguss in die Lungenbläschen, der selten Eiterkörperchen ent­hält. (Belg. 1844). Delafond ist,, wie viele andere Autoren vor ihm, der irrigen Ansicht, dass das interlobulare Zellgewebe nur eine etwas abgeänderte Pleura sei, welche in inniger Ver­bindung mit dem Lungengewebe selbst stehe; ihm sei haupt­sächlich das in entzündeter Rindslunge oft beobachtete Oedem und die Verhärtung zuzuschreiben; (loc. cit.) Spengler end­lich sieht in der Lungenseuche einen wahren Pneumotyphus und
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480nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.
will die Peyer'schen Drüsen im Darmcanal geschwürig, jedoch keine eigentlichen Schleimhautgeschwüre, gefunden haben. (Pra­ger Vierteljahrsschrift 1847; Aehnliches behauptet Jen nes. Rep. XVIII).
Die Sections-Ersclieinungen sind verschieden nach dem Ernährnngszustande des Thiers und dem Stadium, in welchem die Krankheit sich befand; anfangs ist Congestion der Lunge vorhanden, dann seröse Infiltration der Scheide­wände zwischen den Lungenläppchen, wodurch jene mehrere Linien dicke gelbe Streifen bilden, das Parenehym der Lunge (Lungenbläschen) wird zu­sammengedrückt und mit Serum getränkt (Oedem) oder mit gerinnbarer Lymphe ausgefüllt (letzteres mehr bei gutgenährten, kräftigen, ersteres bei schwäch­lichen Thieren); das Exsudat organisirt sich und wird fest (Hepatisation, Croup). Schneidet man eine solche verdichtete Lunge horizontal durch, so sieht man Schichten von verschiedener Farbe, die neueren sind dunkelroth, die älteren rütblichgran bis gelbgrau. Ausserdem sind oft in der Lungen­substanz früher bestandene Tuberkel, Eitersäcke, Wasserblasen u. s. w. zu finden. Ein mehr oder weniger dickes plastisches Exsudat auf der Lungen- und Rip-penpleura, sowie Wassererguss in die Brusthöhle ist meist zugegen.
In der hepatisirten Rindslunge fand F raas bei der microscopischen Un­tersuchung: sehr viele granulirte Zellen (den Eiterzellen ähnlich), ferner viele •farblose, aber sehr wenige gefärbte Blutkügclchen, einige Entzündungskugeln, Pigment- und Epithelialzellen und Faserstoffschollen (Mehr. Jahresbér. 1853. vgl. Weber in Virchow's Archiv VI).
Nachdem die Krankheit längere Zeit überstanden war, findet man manchmal das hepatisirte Lungenstück durch eine feste Membran von dem gesund gebliebenen Gewebe abge­schlossen, ja mitunter beinahe frei in einer Capsel liegend. Das kranke Gewebe wird dabei immer kleiner, broklich, und selbst der Sehnenfaser ähnlich. (Gerlach beschreibt den Re-sorbtionsvorgang in G. amp; H. 1854.)
Wenn Kranke in den .ersten Tagen nach dem Ausbruch des Fiebers getödtet werden, so sind die Erscheinungen zwar in jhrer Ausdehnung beschränkter, allein das Characteristische derselben ist dennoch erkennbar. Selbst bei Thieren, welche im Stadium der Vorboten geschlachtet werden, trifft man ein­zelne Parthien der Lunge (wie Apfel, Faust u. dgl.) bereits verdichtet und marmorirt.
Ursachen. Zu der Selbstentwicklung der Lungenseuche tragen alle die Umstände bei, welche Lungenentzündungen über­haupt hervorbringen; den Unterschied zwischen letzteren und der Lungenseuche hat man durch die anatomische Beschaffen­heit der Rindslunge (die deutlich getrennten Läppchen) erklären wollen, und diesen Umstand selbst zu einer generischén
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Lungenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4gl
Anlage erhoben; allein beides ohne hinreichenden Grund, da das Rind auch andern (z. B. catarrhalischen) Lungenentzündungen unterworfen ist laquo;nd andere Thiergattungen mit starker Entwicklung jener Scheidewände von der Lungenseuche verschont bleiben. Bei der grossen Disposition des Rindviehs zu Lungenkrankheiten überhaupt (Tuberkeln, Abscessen u. dgl.) und der grossen Pla-sticität seines Bluts darf es nicht überraschen, wenn die Lungen­entzündung (ob sie nun einen sthenischen oder asthenischen, oder wie Manche wollen, den rheumatischen Character habe) gerne mit Ausschwitzungen in einem colossalen Maasstab endigt. Zu der Selbstentwicklung der Lungenseuche tragen bei: schlechtes Futter aller Art, sumpfige Waiden, bereiftes oder abgestandenes Gras, starke Träberfiitterung, besonders von Kartoffelbranntwein, erfrorne, gekeimte KartofiTein, schiechtes, sehr kaltes Trinkwasser; ferner Erkältung überhaupt, dumpfige Ställe (feuchte, kalte Witterung, Nebel, daher im Herbst hän-figer); Versetzung in ein anderes Klima. (Letzteres besonders bei vom Ausland eingeführten Racen.)
Kners beschuldigte namentlich plötzlichen Futterwechsel,. Uebergang von zu wenig Futter auf zu viel, übertjiebene Schlempefütterung insbesondere von Kartoffeln ; endlich den Wasserpfeffer {Polygonum Hydropiper), der an feuch­ten Stellen vorkommt. Auch Seer beschuldigt eher zu gutes Futter, welches das Blut reich an Faserstoff mache.. Die in Oberbarnim angestellten Ver­suche haben keine bestimmte Ursache der Lungenseuche nachgewiesen, in­dessen aber gezeigt, dass sie durch schlechtes Futter (modriges Heu, verdor­bene Kartoffeln, Schlempe u. dgl.) nicht so leicht erzeugt werde (s. General­bericht in G. amp; H. 1854). Tisserant beschuldigt schlechte Stalle, Witterung, reichliche Nahrung; Richter u. A. Branntweinschlempe und Rübenpresslinge; Bruckmuller Aenderung der Lebensweise. Mecke führt zwei Fälle von Selbstentwicklnng an fG. amp; H. 1855, Supp. L); solche sind nicht selten, wenn man diejenigen Erkrankungen, in welchen eine Ansteckung nicht nach­gewiesen oder wahrscheinlich gemacht werden kann, der Selbstentwicklung zuschreibt. Auch Bö 11 ist für die Möglichkeit der Selbstentwicklung in Oesterreich.
Als eine zweite, und wohl häufigste Ursache ist die An­steckung anzusehen, und zwar hat die Erfahrung gezeigt, dass nicht blos wirklich fieberhaft kranke Thiere, sondern auch solche', die schon seit längerer Zeit (z. B. 8—10 Wochen, selbst 3—4 Monate) genesen schienen, im Stande sind, andere anzustecken. Das Contagium ist flüchtig und verbreitet sich mit der ausgeathmeten Luft der Kranken, jedoch nicht auf grosse Entfernung. Es lässt sich nicht impfen, wie andere an-
Heiing, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;31
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Entzündungen.
steckeilde Krankheiten, sondern erzeugt an den Impfstellen blos bösartige Geschwüre (Infection). Die Ansteckung findet meist durch Zusammenleben in einem Stalle statt; aber auch durch Riechen an den Abfällen der Kranken oder der Cadaver ist sie möglich. Thiere, welche bei-Kranken stunden, sollen die Seuche in andere Ställe verschleppt haben, ohne selbst davon befallen zu werden. Es ist ferner mehr als wahrscheinlich, dass Personen, welche sich bei Kranken aufgehalten haben, die Krank­heit in noch gesunde Ställe verschleppen können. Manche Thiere (durchschnittlich 20 Procent) widerstehen der Ansteckung lange Zeit, andere dagegen nicht; auch ergreift die Krankheit nicht immer das zunächst stehende (lieber das gegenüberstehende) Stück. Das sichtbare Erkranken der angesteckten Thiere findet manchmal erst nach 12—20 Wochen, gewöhnlich aber inner­halb 6 Wochen nach der Ansteckung statt. Von der Zähigkeit des Contagiums sind mehrere Beispiele bekannt worden; es sind nicht blos Thiere, die nach mehreren Wochen in Ställe gestellt wurden, in denen zuvor seuchekrankes Vieh stand, in kurzer Zeit erkrankt (Wagner im rh. Vet.-Ber. 1845), sondern auch das Waiden an Stelleu, wo seucliekraukes Vieh vor drei Mo­naten verscharrt worden war, soll zur Ansteckung Anlass ge­geben haben (Becker ebd.), Nässe, Nebel u. s. w. sollen die Ansteckung begünstigen. Kälte dagegen sie hemmen.
Während Einige (Dieterichs, Lessona, Loiset, Wa­ters) die Ansteckung ganz läugnen, glauben Andere, die Krank­heit sei in ihrer Gegend immer blos durch Ansteckung (nament­lich von Auswärts) hervorgebracht worden. So z. B. Sau ter, welcher behauptete, die Lungenseuche entstehe im badischen Seekreis nie von selbst, sondern werde stets durch württem­bergisches oder schweizer Vieh eingeschleppt, und Rychner, welcher das überrheinische (badische) Vieh desselben beschul­digt. Man sieht aber nicht ein, warum hier die Bedingungen der Selbstbildung der Lungenseuche vorhanden sein, und in der dicht daneben gelegenen Gegend gänzlich fehlen sollen. Aus der Schweiz (namentlich Uri, Schwyz) eingeführtes Vieh hat in Württemberg, bei vorzüglicher Pflege und Wartung, nach '/j—1 und mehr Jahren, ohne alle Einschleppung der Krank­heit in die isolirt gelegenen Meiereien, die Lungenseuche be­kommen; mehrere solche Fälle sind mir genau bekannt. An den Kälbern der kranken Kühe brach ein maukenartiger Aus-
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LuBgenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4g3
schlag aus. Schon Benoist hatte eine ähnliche Erfahrung in SaarBourg 1781 gemacht (Instr. V).
In neuerer Zeit haben sich besonders Gerlach, Sticker n. A. gegen die Selbstentwicklung der Lungenseuche ausgesprochen; die Berliner Schule hat sofort in ihrem Gutachten (Casp. Vierteljahrsschrift, 1854) den Grundsatz der blosen Ansteckung angenommen und hienach strenge Sperrmaassregeln empfohlen, während G. noch weiter geht und die Krankheit durch die Keule, sammt allen Kranken, zu Ternichten räth (G. amp; H. 1853).
Bei trächtigen Kühen wird das Kalb nicht selten gleich­zeitig krank. Delat'ond fand bei 8 unter 10 abortirten Käl­bern deutliche Lobulärentzundung in einer oder beiden Lungen. Von 25 Kälbern lungenseuchekranker Kühe verfielen 10, zwi­schen 15—60 Tagen in subacute Lungenentzündung (Seuche) und starben zwischen dem 20—40. Tage daran (Rec. 1842, Yvart in Rec. 1851, Janich in Wien III.). Ob aber Thiere, welche die Krankheit überständen haben, später nicht mehr davon befallen werden, ist nicht hinreichend bekannt. Gierer will die Lungenseuche mehr als einmal bei demselben Thiere gesehen haben; ein solcher Fall ist auch in G. amp; H. 1856, Suppl., erwähnt.
Wo die Krankheit durch weiter verbreitete (Fütterungs­und Witterungs-) Einflüsse entsteht, befällt sie gewöhnlich mehrere Thiere zugleich und wurde desshalb „Seuchequot; genannt, wo sie sich dagegen durch Ansteckung gebildet hat, beschränkt sie sich öfters lange Zeit auf einzelne Thiere, einzelne Ställe, verursacht aber wegen ihres schleichenden Ganges nicht viel weniger Schaden. Am meisten breitet sie sich aus, da wo ein lebhafter Verkehr mit Rindvieh stattfindet.
/Durch den Handel ist die Krankheit 1842 von Holland und Belgien aus nach England verschleppt worden und hat daselbst grosse Verluste herbeige­führt (Fürstenberg in G. amp; H. X; viele Abhandlungen in Vet. amp; Reeds.); in neuester Zeit (1854) ist die Lungenseuche von England oder Holland nach dem Cap der guten Hoffnung verschleppt worden und hat daselbst einen Ver­lust von mehr als 100,000 Stücken veranlasst (Vet. 1856).
Diagnose. Zur Unterscheidung der Lungenseuche von •gewöhnlicher Lungenentzündung, welche im Anfang von so grossem Interesse ist, dienen mehr die äusseren Verhältnisse (vermuthliche Einschleppung durch ein neu erkauftes Thier, Zusammentreffen mehrerer Erkrankungen u. s. w.) als die Sym­ptome an dem Kranken selbst. In zweifelhaften Fällen ist Ab­sonderung, in verdächtigen das Tödten eines Stücks anzurathen,
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484nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
da die Section am sichersten den Grund oder Ungrund etwaiger Befürchtung nachweist.
Nach Gerlach ist bei gewöhnlicher Lungenentzündung zuerst Fieber, dann erst Husten zugegen, bei der Lungenseuche lange vorher Husten, dann Fieber. Spinola gibt an, die marmorirte Beschaffenheit der Lunge komme auch bei gewöhnlichen Lungenentzündungen des Rindviehs vor. Diess ist richtig, allein den colossalen Erguss #9632;wie bei der Lungenseuche habe ich bei gewöhnlichen Lungenentzündungen des Rindes nie gesehen. Hildebrandt beschreibt eine der Lungenseuche sehr ahnliche, aber nicht ansteckende Krank­heit, welche durch das Füttern der Zuckerrüben-Rückstände hervorgebracht •wird (ebenso Schellhase G. amp; H. J854). Ich habe diesen Nachtheil bis jetzt nicht beobachtet, obgleich hier viele solche Rückstände an Ochsen und Rühe verfüttert werden.
Prognose: nur im Anfange günstig; bei vorher schon lungenkranken Thieren sehr ungünstig. Doch gibt es auch ge­linde Fälle, so z. B. verlor Sauberg nur 10 Procent der Er­krankten (G. amp; H. 1855).
Therapie: nach dem Character und Grade des entzünd­lichen Fiebers, somit Aderlässe (lieber eine starke als zwei kleinere), Nitrum mit Glaubersalz, in ziemlich grossen Gaben, als Einschütt in leicht schleimigem Vehikel; Andere ziehen Calomel oder Tart. emet. mit Nitrum vor. Dazu Klystiere mit Seife. Scharfe Einreibungen an den Brustwänden in grosser Ausdehnung, und wiederholt angewandt, bis starke Reaction eintritt (Brechweinsteinsalbe, Cantharidensalbe u. dgl.), ebenso Haarseile an den Brustwänden oder Fontanelle mit Nieswurzel in den Triel sind zu den wesentlichsten Unterstützungsmitteln zu zählen. Sobald die Entzündung nachzulassen beginnt, sind' zu den innerlichen antiphlogistischen Mitteln Salmiak, Brech­weinstein, auch Spiessglanzleber oder Goldschwefel zu setzen, und damit gelind auflösende Pflanzenstoffe (Alant, Anis, Wach-holderbeeren) zu verbinden. Einige schreiben dem Conium maculatmn eine besondere Wirksamkeit zu; es könnte daher, statt des blos schleimigen Vehikels, ein Infusum dieses Krauts zu den Einschütten genommen werden. Wäre besonders Wasser-erguss zu vermuthen, so kann Digitalis versucht werden. Zur Nachkür sind Schwefel und Spiessglanzpräparate mit den soge­nannten Brustmitteln zu benutzen. Als gleichsam specifische Mittel sind neuerdings Eisenvitriol (zu '/j—1 Unze) von König (G. amp; H.' 1850, 1853; Toul. und Belg. 1851; Busse im Rep. 1852), ferner kohlensaures Kali (von Mangold, Woch. 1853, Richter 1854), kaustisches Kali (zu 40—60 Gran, bis Durch-
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Lungenseache.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 485
fall entsteht, Toul. 1851) empfohlen worden. In Lyon wurde Phosphorsäure versucht (1851); Schwefel- und Salzsäure wer­den als Präservative von Prakke (Holl. 1851), Creosot und Leinöl von King (Recds. 1850), das glühende Eisen von Mac­lean, Nicholson (Vet. 1849), Tannin und Mariendistel von Schmelz (Rep. XVI) gerühmt. Ger lach sah am meisten Nutzen von adstringirenden Mitteln (Schwefelsäure, Kupfer, Alaun, Tannin) und von harntreibenden, in nachhaltiger An­wendung. Der sogenannte Niessessig von Mathieu und Dehän (Rec. 1849) ist bereits wieder in Vergessenheit gerathen, und zwar mit Recht. Eine besondere Behandlungsweise ist durch anhaltendes Umschlagen (mit Wasser und Essig) nassgemachter Lappen um den Leib; innerlich Pflanzensäuren und so viel als möglich frisches Wasser den Thieren beizubringen. Als pro-phylactisches Mittel ist Eisenoxyd (im Trinkwasser) zu geben, auch Zwiebel sind als Hausmittel empfohlen worden. Lafosse glaubte die Aphthenseuche als Schutzmittel vor der Lungen­seuche benützen zu können (Rec. 1851), ebenso Patellani (Rep. XIX), wogegen Karg in Tyrol letztere nach der Aphthen­seuche auftreten sah und diese für die Mutter der Lungenseuche erklärte.
Hätte das Fieber den asthenischen Character, so ist das antiphlogistische Verfahren anfangs nur beschränkt anzuwenden, bald aber auf diuretischo (z. B. Theer) — und bei günstigem Erfolge auf bittere und stärkende Mittel überzugehen.
In den meisten Fällen bleiben — wenn auch das Thier durchseucht — organische Veränderungen in der Lunge zurück, welche über kurz oder lang sich wieder regen und um sich greifen; es eignen sich daher die durchgeseuchten Thiere am besten zu einer, nicht schnell und nicht zu weit getriebenen Mästung. Sehr zweckmässig erscheint die k. preussische Ver­ordnung, solches Vieh an den Hörnern (mit L. K.) zu bezeichnen, um zu verhüten, dass es nicht wieder in den Handel gebracht werde, und dadurch Anlass zur Ausbreitung der Krankheit gebe.
Impfung. In neuerer Zeit hat das von Willems, Igt;e-saive u. A. angegebene Verfahren der Impfung (in prophy-lactischer Hinsicht) grosses Aufsehen erregt und viele Unter­suchungen veranlasst. Von dem aus einer kranken Lunge aus­gedrückten Serum (besser von der hellen Lymphe aus den infiltrirten Scheidewänden, oder dem Oedem eines Lungenstücks)
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Entzündungen.
wird ein Tropfen mit der Lancette oder besonderer Impfnadel (nach Sticker 1853) mittelst eines oder zweier seichter Län­genschnitte in das untere Drittheil des Schwanzes (weniger günstig in den Triel) geimpft. In vielen Fällen erfolgt oft erst nach Wochen eine locale Anschwellung, welche dieselbe marraorirte Beschaffenheit haben soll, wie das Lungengewebe bei der Lungenseuche. Diese Geschwulst verläuft sehr lang­sam, wird aber manchmal so heftig, dass ein Theil oder selbst der ganze Schwanz durch brandiges Absterben verloren geht; ja es kann durch das Ergreifen des Afters, der Kruppe u. s. w. das Thier desshalb zu Grunde gehen. In zahlreichen Fällen wird auch keine locale Wirkung der Impfung bemerkt, und diese Thiere sollen nach W. dennoch vor der Ansteckung geschützt sein; Andere dagegen rathen bei solchen Thieren nach einiger Zeit eine Nachimpfung vorzunehmen. Keinenfalls bringt die Impfung eine, der Lungenseuche ähnliche innere Krankheit her­vor; man findet die Lungen der geimpften Thiere stets gesund; deshalb hat auch dieses Verfahren bei vielen Thierärzten sich kein Vertrauen erwerben können, da bei andern Impfungen immer eine ähnliche, wenn auch mildere Krankheit nothwendig ist, wenn das Individuum geschützt sein soll.
Die in Holland, Belgien, Frankreich niedergesetzten Commissionen, so wie viele Privat-Impfungen, haben im Allge­meinen keine ungünstigen Resultate geliefert (die Berichte sind im Repertorium vom XIII. Bande an enthalten), allein der Impfung auch keine absolute Schutzkraft zugeschrieben; dieses Verfahren ist auchquot; bis jetzt noch nirgends gesetzlich eingeführt. Einzelne ungünstige Resultate, wobei mehrere Thiere an der Impfung starben, s. Kec. 1852, Groth in G. amp; II. 1854 Suppl., Hildebrand ebd. 1855, Heckmeijer Holl.-VII, Maresch, Wien VIII. Auch liegen mehrere Beobachtungen vor, in wel­chen mit Erfolg geimpfte Thiere später an der Lungenseuche erkrankt sind (G. amp;. II. 1855 Suppl., Mehr. J.B. 1855 u. A.).
Die aus der Irapfgeschwulst entnommene Lymphe soll zum Wiederimpfen tauglich und sogar milder sein als der aus einer kranken Lunge genommene Stoff (1856). Uebrigens hat die Impfung keinen nachtheiligen Einfluss auf den Verlauf der Krankheit bei bereits angesteckten Thieren, kann aber auch den Ausbruch in letzteren nicht mehr verhindern.
Die bedeutendsten Gegner der Impfung sind: Anonymus
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Lungensenche. .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;487
in Belg. 1854, Simonds in London (Vet. 1853), Reviglio in Turin (Rep. XV, XVIII). Gaudy berechnet den Verlust durch eine allgemeine Impfung höher, als den durch die Seuche selbst (Belg. 1854).
Polizeiliche Maasregeln. Als ansteckende Krankheit betrachtet ist es manchmal vortheilhafter, die zuerst und ein­zeln erkränkten Thiere zu schlachten und damit die Sperre n. s. w. abzuschneiden. Das Fleisch der erkrankten ist, so lange es nicht zersetzt erscheint, ohne Nachtheil geniessbar. Ueber die polizeilichen Maassregeln bestehen in den meisten Staaten be­sondere Verordnungen (in Württemberg die vom 22. December 1837), in Sachsen eine Belehrung von 1842. Die Ställe, wo Kranke gestanden, sind sorgfältig zu desinficiren und aus­zulüften, ehe sie wieder benutzt werden, ausserdem ist für die nachher an die Stelle der Kranken gestellten Thiere Ansteckung zu befürchten.
D e 1 w a r t will den Uebergang der Lungenseuche auf Schweine (Belg. 1843) und Rosenbaum bei letzteren eine der Lungen seuche ganz ähnliche Krankheit beobachtet haben (G. amp; H. 1855).
e) Brustfellentzündung. {Pleuritis.)
Entzündung des serösen Ueberzugs der Lunge, so wie der Innern Auskleidung der Brusthöhle. Fieberhaft, acut. Bei allen Hausthieren.
In den meisten Fällen ist sowohl die Lungensubstanz als auch das Brustfell zu gleicher Zeit erkrankt (Brustentzündung), und es ist schwer am lebenden Thiere zu unterscheiden, ob blos das Lungengewebe oder bios die seröse Haut der Brust leide. Auch ist im Wesentlichen die Behandlung dieselbe. Da indessen mehrere Beobachter Symptome anfuhren, an denen man auf die Entzündung des Brustfells schliessen kann, so mögen sie hier Platz finden.
Die Brustfellentzündung hat im Allgemeinen in den Aeusse-rungen des kranken Thieres; im Verlauf u. s. w. viel mit der Lungenentzündung gemein, doch geschieht das Athmen weniger mit den Rippen, dagegen ist es mehr an den Bauchmuskeln sichtbar; es ist kurz, unterbrochen, das Ausathmen verlängert; Druck auf die Rippenwand, besonders in die Zwischenräume zweier Rippen ist schmerzhaft, das Thier weicht aus und stöhnt;
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Entzündungen.
der Puls ist in der Brustfellentzündung eher voll und hart als in der Lungenentzündung, die Füsse sind nicht so kalt, die Riechhaut ist weniger geröthet; es findet fast gar kein Nasen-ausfluss statt, und dieser ist blos wässerig, gelblich. Auch die Auskultation und Percussion können zur Unterscheidung beider Krankheiten benutzt werden. Die plastische Auschwitzung auf dem Brustfell gibt sich bei der Auskultation als Reibungsge­räusch zu erkennen, welches selbst durch die angelegte Hand gefühlt werden kann; die kranke Parthie lässt entweder bron­chiales oder gar kein Athemgeräusch hören, der gesunde Theil dagegen verschärftes. Die Percussion gibt an der kranken Seite oder Stelle zuerst tyrapanitischen Schall, wenn aber die ergos­sene Flüssigkeit bedeutender wird, gedämpften und leeren Schall; dieser nimmt von unten nach oben zu, wie die Flüssigkeit sich anhäuft. Nach Rolls Erfahrungen ist einseitiger Erguss beim Pferde, ungeachtet der netzförmigen Beschaffenheit des untern Mittelfelis, häufiger als beiderseitiger, letzterer aber führt eher den Tod herbei und wird daher bei Sectionen öfter getroffen. Nach Waldinger stellen die kranken Pferde den einen Vorder-fuss (der hauptsächlich kranken Seite) vor, halten den Kopf gesenkt, den Hals gestreckt. Das Fieber ist anfangs oft gering, nimmt aber dann plötzlich zu, auch versuchen die Thiere eher zu liegen, als solche, die an Lungenentzündung leiden. Den Ausgang in Wassererguss deuten das Einfallen des Gesichts, Aufsperren der Nasenlöcher, die glänzenden Augen, das be­schwerliche Einathmen, der weiche Puls, die kalten Füsse, ödematöse Anschwellungen und das gluksende Geräusch in der Brust an.
Der Ausgang der Brustfellentzündung ist entweder in Zer-theilung (Nachlass der wesentlichen Symptome) oder in Wasser­erguss (acute Brustwassersucht). Dies gibt sich durch einen breit und selbst rechts fühlbaren Herzschlag, seltenen dumpfen Husten, schwankende Bewegung der Rippen beim Athmen (der Dämpfigkeit ähnlich), grossen Durst u. s. w., nicht immer durch ödematöse Anschwellungen zu erkennen.
Durch Einspritzung einer Auflösung von Salzen (z. B. Sauerkleesalz) oder sonst reizender Flüssigkeiten in die Brusthöhle (mittelst einer sehr kleinen Oeffliung in die Rippenwand) kann man bei Pferden Brustfellentzündung her­vorbringen, die in der Regel schnell mit Wassererguss endet. Die Menge des ergossenen (gewöhnlich trüben, oft flockigen, selten übelriechenden) Serums kann nach Dupuy SO Stunden nach der Einspritzung schon 40 Pfand betragen.
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Brustfellentzündung.
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Die Pleuritis ist nicht selten mit der Entzündung des Herz­beutels complicirt und hat dann gewöhnlich einen sehr raschen Verlauf (2—3 Tage); ferner mit den verschiedenen Formender Influenza (vergl. diese), bei welchen das Brustfell mehr oder weniger mitleidet.
Der Character des Fiebers ist nicht immer der rein ent­zündliche. Am häufigsten kommen Brustfellentzündungen bei herrschendem rheumatischem Krankheitsgenius vor.
Bei der Section findet man das Gefässnetz unter der serösen Haut der Brusthöhle stellenweise sehr stark injicirt, ferner Ausschwitzung von gerinnbarer Lymphe in der Form käsiger Flocken oder zusammenhängender Membranen auf der Oberfläche des Brustfells und mehr oder weniger trübes Wasser in der Brusthöhle und dem Herzbeutel, die Lunge comprimirt u. s. w.
Ursachen: meist Erkältung, sodann penetrirende Brust­wunden, Eindringen von Luft in die Brusthöhle u. s. w. Du-vieusart sah in einer Heerde Schafe, die bei kaltem Wetter im Februar geschoren worden war, innerhalb 3 Tagen an 300 Stück von der Brustfellentzündung ergriffen werden, woran 30 Stück verendeten (ßec. 1845).
Die Behandlung der- Brustfellentzündung ist nach dem Grade und Character des Fiebers zu richten, meist massig stark antiphlogistisch; dabei ist von den innerlichen Mitteln dem versüssten Quecksilber der Vorzug zu geben und scharfe Ein­reibungen oder Sinapismen an der Brustwand müssen in ziem­licher Ausdehnung angebracht werden. Ist Wassererguss einge­treten, so sind die harntreibenden Mittel (Weinstein, Brechwein­stein, Digitalis, später Colophon, Terpentinöl) und resorbirende Mittel anzuwenden (vgl. Wassersucht S. 129), und im Nothfalle kann der Trocar versucht werden.
Der Ausgang in acute Wassersucht folgt nicht immer un­mittelbar auf die Brustfellentzündung; letztere scheint nachzu­lassen oder selbst ganz beseitigt zu sein, die Fresslust kehrt zurück, die Temperatur der Haut ist gleichmässig, warm. In­dessen legt sich das Thier nicht regelmässig, hat trübes Haar, Ausfluss von gelblichem Serum aus der Nase, das oft daselbst vertrocknet, einen unregelmässigen Puls u. s. w. Plötzlich tritt ein neuer Fieberanfall ein. Das Thier geht schnell zu Grunde
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Entzündungen.
und zeigt bei 3er Section alle Erscheinungen der acuten Brust-wassersucht.
Als Ueberreste früher bestandener Brustfeilentzündung findet man feste Verwachsungen der Lunge mit dem Rippenfell, die nach ihrer Ausdehnung u. s. w. das Athmen mehr oder weniger belästigen können; Hartschnaufen, Dämpfigkeit werden in man­chen Fällen davon hergeleitet.
L. Entzündung der Kreisiaufsorgane.
Hieher gehören die Entzündung des Herzens und des Herz­beutels, der Arterien und der Venen, so wie des Lymphsystems.
a) Entzündung des Herzens und Herzbeutels. (Carditis, Pericarditis.)
Man beobachtet Herzkrankheiten bei unsern Hausthieren desshalb seltener, weil sie schwer von ähnlichen Krankheiten der Respirationsorgane zu unterscheiden sind und häufig nur in denjenigen Fällen, welche mit der Section endigen, das Vor­handengewesensein einer Herzkrankheit erkannt wird. Daher behaupten viele Thierärzte, Herzkrankheiten seien überhaupt sehr selten, während Andere, z. B. Albers, Dupuy, Le-blanc vom Gegentheil überzeugt sind. Wassererguss im Herz­beutel, Ecchymosen, sowohl aussen als innen, an diesem und dem Herzen, flockige Ausschwitzung und selbst Verwachsung des Herzbeutels mit der äussern Oberfläche des Herzens, Ge­schwüre und Abscesse, Erweichung, Verdünnung, Hypertrophie, Polypen, Balggeschwülste, Tuberkeln, Finnen u. s. w. sind in der Substanz oder den Höhlen des Herzens beobachtet, selten jedoch im Leben durch bestimmte Symptome erkannt worden.
#9632; a) Entzündung des Herzens und Herzbeutels bei Pferden.
Literatur: Jacob (Rapp. de la Soc. d'Agric. 1827), Dupuy (Journ. prat. 1829), Brandes (Erweichung des H. G. amp; H. VI.), Proctor, 6 pri-- märe und 7 secundäre Fälle (Vet. 1840), Tompson (ebd. 1842), Le-couturier (Belg. 1846). Marheinike (G. amp; H. IV.), Carlisle (Vet. 1841.) Cuthbert und Percita 1 - Zerreissung des Pericard. (Vet. 1854), Hering Sarcom (Rep. XV), Mathieu, 3 Fälle (Rec. 1854), Co us sé Endocarditis (Toul. 1856), Laf ar que (ebd. 1854).
Sie ist meist mit heftigen Entzündungen der Lunge, des Brustfells u. s. w. verbunden; sie befällt gutgenährte Pferde bei
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HerzeDtzünduug.
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schnellem Witterungswechsel. Frost, Traurigkeit, schleppender G-ang7 vorstehende Augen, Betäubung, dunkelrotbe Schleimhäute, unterdrückte Excretionen, ängstliches und angestrengtes Athmen; bald untühlbarer, bald prellender, tuinultuarischer Herzschlag, kleiner, kaum zu fühlender, oft aussetzender oder unordentlicher Puls, Anschwellen der Jugularvenen, venöser Puls, Schmerz bei Druck in der Herzgegend, Gurgeltöne in der Brust — dies sind die Symptome einer solchen sympathischen Herzentzündung. Portal gibt als Symptome Zurückstehen von der Krippe, Senken des Kopfs, halbgeschlossene Augen, heisses und schmie­riges Maul, beschleunigtes stöhnendes Athmen mit den Flanken, Puls von 125—150, stark fühlbaren und sichtbaren Herzschlag, be'schwerliche Bewegung und starkes Schwitzen an (Clin. 1847). Das bei einiger Bewegung des Thiers bis zum Ersticken er­schwerte Athmen, scheint häufig zugegen zu sein, die Unfühl-barkeit des Herzschlags aber oft zu fehlen. Merci er beob­achtete Herzentzündung zugleich mit rheumatischem Hinken, ebenso Hering (Rep. 1854 mit Abbild.), Bouley bewirkte durch Einspritzung einer reitzenden Flüssigkeit in den Herz­beutel eine gleichzeitige, heftige Beschwerde des Gehens, die sich bis zur Unmöglichkeit der Ortsveränderung steigerte (Rec. 1841). Auch mit Darmentzündung ist die Entzündung des Herzens zugleich vorgekommen (Rayer, Gillmeister.)
Selbst nach wiederholten Blutentziehungen soll manchmal der Herzschlag nicht deutlich fühlbar werden; das ausgelassene Blut ist schmierig oder sulzig und gerinnt ohne Wasser oder Faserstoff auszuscheiden; später erkalten die Gliedmassen u. s. w. und das Thier endet schon 6—12 Stunden nach dem Beginn des Leidens.
Auffallend ist, dass manche pathologische Veränderungen im Herzen (z. B. Sarcome, Auswüchse in den Klappen, Abscesse und Uydatiden in dem Herzfleisch, tuberculose Entartung der Substanz) sich ganz unbemerkt bilden­können und später meist einen plötzlichen Tod zur Folge haben. (Weiss, Abscess im Herz eines Pferdes, plötzlicher Tod. G. amp; H. 1856 Suppl. Hyda-tiden in der Herzsubstanz, ebenso (ebd.); bei drei Kühen Cysten und Abscesse im Herz, schnell tödtlich (Rec. 1855). In zwei Fällen von. Zerreissung des Herzbeutels war der Herzschlag auf Entfernung hörbar, in einem Falle der Puls langsam (16—18 in der Minute), klein, schwach, oft 7—8 Secunden aussetzend (Vet. 1854.).
Bei der Section findet man das Fleisch dunkel, die Venen strotzend voll Blut, die Lungen schwarzroth, am Herzen und Herzbeutel Ecchymosen und Blutunterlaufungen in der Form
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Entzündungen.
von Tupfen, Striemen u. s. w.; das Herz ist stark zusammen­gezogen, die innere Haut getrübt, aufgelockert, die äussere mit flockigen Auswüchsen besetzt.
Nicht selten tritt acute Herz- und Herzbeutelentzündung, mit gleichzei­tiger Entzündung des Brustfells, der Lungen oder der Leber bei herrschender Influenza auf, so jedoch, dass das Herzleiden vorwaltet. Solche Fälle kamen in den Jahren 1832, 1836 und 1839 in Mehrzahl vor. Der Verlauf war sehr acut, manche Thiere unterlagen schon nach 36—48 Stunden. Bei der Sec­tion fand man viele Ecchymosen am Herzen und Herzbeutel, etwas röthliches Wasser in demselben , zahlreiche Blutunterlaufungen an den grossen Gefäss-stämmen und an den Rückenwirbeln. In einem Fall waren Pleura und Herz­beutel ganz voll trüben, dunkeln Wassers; das Thier hatte gegen das Ende seines Lebens ängstlich, hörbar und selbst mit aufgesperrtem Maule geathmet.
Ziemlich constant war die Beobachtung, dass der Puls (auf 70—80—100) ohne Rücksicht auf Aderlässe und innerliche Mittel unverändert längere Zeit stehen blieb, während die Thiere um den Kopf munter waren und beinahe bis zum letzten Tage frassen. Das Athmen war anfangs sehr schnell (hie und da aber auch wenig verändert, dann aber tief und beschwerlich), auf Blutentziehung wurde es ruhiger; wenig Husten ,und Ausfluss aus der Nase; mit den gewöhnlichen Mitteln war beinahe keine regelmässige Mistentleerung hervorzubringen. In der Reconvalescenz wurde der Puls öfter aussetzend, ohne dass Digitalis angewendet worden wäre. (Rep. I.)
Die Behandlung der Herzentzündung erfordert ein stark entzündungswidriges Verfahren, wiederholte Aderlässe; innerlich Säuren, Digitalis, Tart, emetic; äusserlich scharfe Einreibungen. Wo die Krankheit mehr in das Gebiet der Influenza gehört, sind quot;starke Aderlässe nicht immer vortheilhaft.
Die Herzbeutelwassersucht {Hydropericarditis) kommt auch bei Pferden, obwohl sehr selten, mit schleichendem Ver­lauf vor. Adamowicz beobachtete in einem solchen Falle bei dem Thier die Symptome einer Lungenschwindsucht. Kautz sah Schwindel, Kolikzufälle, Schwanken, Lähmung ü. s. w. bei einem Pferde, dessen Herz doppelt so gross war, und dessen Herzbeutel (und Pleura) viel trübes Wasser enthielt. Tompson fand in einem chronisch verlaufenen Fall 10—13 Pfund Serum im Herzbeutel eines Pferdes. Gelle fand bei einer Stute aus-ser Wassererguss in die Brust- und Bauchhöhle (2 Eimer), 10 Pfund röthliches Serum im Herzbeutel; die rechte Herz­hälfte auf das Doppelte erweitert; am lebenden Thiere waren die Hautveuen, besonders aber die Drosselvenen gepfropft voll, man sah deutlich den venösen Puls und beim Aderlass sprang das Blut in Stössen; selbst beim zweiten Aderlass brauchte man die Jugularvene nicht zu spannen. Das früher sehr her-
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Herzentzündung.
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abgekommene Thier sollte (mit Bohnen, Wein u. dgl.) schnell zu Fleisch und Kraft gebracht werden.
/?) Herz- und Herzbeutel-Entzündung bei Rindvieh.
(Traumatische, schleichende Herzentzündung.) -
Literatur: Dupny Alf. Cpt. r. 1821, drei Fälle, Lecouturier (Belg. 1846), Fuchs (K. amp; V. VH.), Gemmeren, Gurlt (G. amp;H. I.), Schaerer (6. lt;fcH. XI.), Wilke (ebd. X.), Seer (ebd. XDI.). Zimmermann, 4—8 Maas Serum (C. Ztg. FV.), Gillmeister typhöse Herzentzündung G. amp;H. VII, Lyoner Klin. 1852, Drope. König, Stopfnadeln (G. amp; H. 1852), Bösenroth Abscess, plötzlicher Tod, ebd. 1854 Suppl.
Die gewöhnlichste Veranlassung ist eine Verletzung des Herzbeutels und selbst des Herzens durch einen aus der Haube hereindringenden spitzen Körper. Dieser Vorgang geht ganz langsam vor sich, das Thier äussert periodisch einige Tage lang Symptome ^n Krankheit, erholt sich wieder, bis es endlich (besonders nach dem Kalben) heftiger angegriffen und geschlach­tet wird. Nägel oder Nadeln sind es gewöhnlich, die nach und nach die Haube, das Zwerchfell, dann den Herzbeutel und endlich das Herz (meist den rechten Ventrikel) durchbohren; alle diese Theile sind durch plastischen Erguss mehr oder weniger stark mit einander verwachsen; das Ganze bildet nicht selten einen festen Klumpen von Faust- oder Kopfgrösse, in welchem die einzelnen G-ewebe kaum mehr zu unterscheiden sind. Im Innern desselben sind die fremden Körper, einzelne Abscesse, Fistelgänge und dgl.
Symptome: wechselnde Fresslust und Wiederkauen, manchmal unauslöschlicher Durst, bald eingefallene Flanken, bald periodisches Aufblähen, Verstopfung, Unlust zu Bewegung, schleppender, matter Gang, Empfindlichkeit beim Druck auf den Widerrist oder an die Brnstwand, oder vorn ans Brust-.bein. Liegen auf der rechten Seite oder abwechselnd auf bei­den Seiten (nach Wilke links), mit zurückgelegtem Kopfe, öfteres Aechzen beim Liegen; Puls sehr verschieden, bald voll und stark, bald klein, kaum fühlbar,, zuckend, sehr beschleunigt, (100—120), zuweilen aussetzend, Herzschlag links nicht fühl­bar oder nicht deutlich, manchmal sichtbar und auf Entfernung hörbar, Athêm bald ruhig, bald beschleunigt, manchmal stöh­nend; kurzer, schwacher, schmerzhafter Husten (der aber auch ganz fehlen kann). Bezeichnend für das vorgeschrittene Leiden ist eine weiche, wässerige Geschwulst im Kehlgang, am Halse
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494nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen,
herab und .vorn an „der Brust, sie bildet sich in der Regel erst, wenn Herzbeutehvassersucht eingetreten ist, und es ist alsdann hohe Zeit, das Thier zu schlachten. Lecouturier führt das Pulsiren der Jugularvenen, einen Metallklang oder einen klatschenden Klang bei der Auscultation des Herzens als Zeichen der Herzbeutelentzündung an. Ich habe Herzbeutel­entzündung sogar unter den Symptomen eines gastrischen Fie­bers auftreten gesehen, sie war aber nicht durch Verletzung entstanden; der Herzschlag ist bald ganz unfühlbar, bald po­chend, unregelmässig, plätschernd; unmittelbar vor dem Ver­enden des Thiers tritt oft eine merkliche Erleichterung ein.
Die Thiere können dazwischen Wochen und Monate lang wieder scheinbar hergestellt sein, so dass der Verlauf der gan­zen Krankheit unbestimmt ist.
Section: Verwachsung, Verdickung des Herzbeutels, kla­res oder trübes Wasser in demselben, manchmal, übelriechend, Abscesse im Herzen, Hypertrophie besonders der rechten Hälfte, Bluterguss u. s. w. (An einem in hiesiger Sammlung befindlichen Präparat hatte eine Nadel und ein Nagel den rechten Ventri­kel völlig durchbohrt, allein innen war ein starker geronnener Blutpropf an der OefFnung, so dass kein Blut in den Herz­beutel drang. Prehr berichtet einen Fall, in welchem der fremde Körper (Nadel) durch einen grossen, hinter dem linken Ellbogen gebildeten Abscess herauskam.) Körb er hörte neben der Kuh stehend einen gluksenden Ton; eine Stopfnadel war in die linke Vorkammer gedrungen (G. amp; H. 1850); auch Serres erwähnt dieses Geräusch. Ich hörte bei einer Kuh den Herzschlag im ganzen Stall (1851); sie hatte viel Wasser in der Brust und dem Herzbeutel, aber keine Verletzung des letztern.
Behandlung: anfangs entzündungswidrig, später Digitalis; häufig blos palliativ gegen die dringenden Symptome, z. B. Aufblähen, Verstopfung gerichtet. Zeitiges Schlachten ist vor-theilhafter.
b) Arterien-Entzündung. (Arteritis.)
Die Entzündung der Arterien ist nicht blos sehr selten,
sondern auch, wenn sie vorhanden ist, sehr schwer zu erkennen.
Rokitanski längnet die Arteritis, weil die innere Haut der Arterien
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Gefässentzündang.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;495
Bei oberflächlich gelegenen Arterien wird man die Häute derselben verdickt, härter, die Arterie gespannt fühlen können, und bei der Section die innere Haut der Arterie, (und selbst die faserige Haut derselben) verdickt, rauh, pinselformig injicirt oder hellroth gefärbt finden.
Die dunkle Röthang der innern Arterienhant deutet blos auf Zersetzung des Bluts, z. B. in den typhösen und carbunculösen Fiebern, kommt aber auch bei Wassersüchten u. dgl. vor; in den meisten Fällen ist sie cadaverisch. Greve sah bei einem Pferd, das in Folge von Verletzung der Carotis (beim Aderlassen) nach drei Stunden krepirte (wohl an der Blutung und nicht an der Arterienentzündnng), die innere Fläche der Arterie eine beträcht­liche Strecke weit entzündet.
An den Füssen der Pferde findet man nicht selten die Arterien streckenweise sehr verdickt, was einer chronischen Ent­zündung der Häute (durch Quetschung, Stoss oder allgemeine Entzündung des Theils, z. B. des Hufs) zugeschrieben wird.
Die Bildung fester, faserstoffiger Gerinnsel in den Arterien, welche oft an mehreren Stellen mit der innern Haut derselben zusammenhängen, schreibt man ebenfalls einer Entzündung die­ser letztern zu, die aber ganz unbemerkt zu verlaufen scheint. In neuerer Zeit nimmt man eine. Hypertrophie der elastischen Haut, welche später fettig entartet (Atherom) und zuletzt verkreidet, als Ursache der Gerinnungen im Lumen der Arte­rien an; sie können aber auch an entfernten Stellen gebildet vom Blutstrom fortgerissen werden und in einem engeren Ge­lasse stecken geblieben sein. An den Arterien (und Venen) des Beckens und der Hinterschenkel sind solche Verstopfungen mehrmals beobachtet; die Symptome im Leben lassen aber bl9s auf ein Hinderniss des Kreislaufs in diesem Theile schlies-sen .(Schwäche, Hinken, scheinbare Lähmung). Rep. I, VIII, XVI, XVII. G. amp; H. IX, XI. Rec. 1846, 51, 53. Lyon 1854.
Gurlt sah bei einem wegen Spat gebrannten Pferde die Art. tibiales und crurales entzündet und durch Faserstoff bei­nahe verschlossen.
Sollte die Arterienentzündung als solche erkannt werden, so bestände die Behandlung in der antiphlogistischen und ab­leitenden Methode, deren .Anwendung je nach dem acuten oder chronischen Verlauf sich modificiren würde.
c) Venen-Entzündung. {Phlebitis.) Die acute Venenentzündung ist gewöhnlich mit heftiger
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496nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
Entzündung des benachbarten Zellgewebs verbunden; so bei dem sogenannten Einschüsse, einer Zellgewebsentzündung an den Schenkeln der Pferde; diequot;Hautvenen sind verdickt und mit geronnenem Faserstoff ausgefüllt; das umgebende Zellgewebe ist ebenfalls entzündet oder vereitert, und die kranke Vene bildet manchmal selbst Abscesse. Die Fessel- und Schienbein­venen von Pferden, die öfter an Hufentzündung gelitten haben oder sich streiften, sind manchmal so dickwandig, dass sie ganz den Arterien gleichen.
Dass Venenentzündung auf Resorbtion oder absichtliche Infusion von Eiter in die Venen entstehe, ist bei der quot;Eiterin-fection angeführt. Dasselbe geschieht bei Metritis von zurück­gebliebener Nachgeburt; ferner bei der Staupe der Hunde in der Lunge (nach Otto).
Einen langsamen, chronischen Verlauf bat gewöhnlich die traumatische Venentzündung, -welche, da sie meist dem Aderlassen folgt „Äderlassfistelquot; genannt wird. Ihre Ursachen sind theils innere (eine gewisse Disposition oder #9632;Dyscrasie), theils äussere (nämlich Reizung der Wunde durch Reiben, Blut-erguss in der Nähe der Aderlassöffnung). Die Behandlung, welche anfangs in kalten Umschlägen, später in scharfen Einreibungen oder dem Glüheisen besteht, gehört in das Gebiet der Chirurgie.
d) Entzündung der Lymphgefässe und Lymphdrüsen.
Man hat die Lymphgefässe meist blos symptomatisch ent­zündet gefunden; Verdichtung ihrer Häute, so wie des umgeben­den Zellgewebs, wodurch sie harte, oft knotige Stränge bilden, ist das hauptsächlichste Symptom der Entzündung derselben.
Sie findet vorzugsweise da statt, wo die Lymphgefässe krankhafte Stoffe (Eiter, Schleim u. s. w.) aufsaugen, z. B. im Hautwurm. Nach Gurlt enthalten sie im weitern Verlaufe die­ser Krankheit eine gelbe, krümmliche Masse und fast gar keine Lymphe. Die Wurmbeulen sollen nach ihm an den Klappen der Lymphgefässe entstehen. Ich habe mehrmals bei Hautwurm die in der Nähe der Wurmbeulen liegenden Lymphgefässe innen ganz gesund gefunden und die Wurmbeulen standen mit den Lymphgefässen in keiner Verbindung, sondern lagen blos im Zellgewebe. Körber beobachtete eine Lymphgefäss-Entzün-dung bei mehreren Pferden, die mit übelriechendem Hafer ge­füttert wurden; bei einigen zertheilte sich die Entzündung oder es bildete sich gutartige Eiterung, bßi andern dagegen entstand Hautwnrm und Rotz. (G. amp; H. X.) Haycock sah eine Ver-
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Magen- und Darmentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 497
dickung des Zellgewebs zurückbleiben, in welcher die Lymph-gefässe um das Doppelte erweitert waren (Vet. 1849).
Führen die Lymphgefässe krankhaft veränderte Stoffe in die benachbarten Lymphdrüsen, so schwellen dieselben ent­zündlich an (oft selbst die zweite und dritte Gruppe noch). Die Entzündung verlauft bald acut und geht (ausser der Zer-theilung) gern in Eiterung oder Abscessbildung über, bald aber auch langsam, wobei chronische Verhärtung von allen Graden, Scirrhus, Krebs nachfolgen.
Die Entzündung der Lymphdrüsen ist symptomatisch bei catarrhalischen Fiebern, der Druse, dem Rotz und Wurm, der Atrophie der Füllen, den Schwindsüchten und vielen andern allgemeinen Krankheiten.
Die Wiener Schule nimmt die Lymphgefäss-Entzündung als Hautwurm des Pferdes (ansserdem aber auch die Tuberculose der Haut), wiewohl die Lymphgefäss-Entzündung sehr -wohl ohne die specifischen Eigenschaften des Hautwurms bestehen kann.
Die Behandlung beruht auf Entfernung der Ursachen, örtlich antiphlogistischen und revellirenden Einreibungen (Queck­silber-, scharfe Salbe), nach vollendeter Verhärtung Jod — äusserlich und innerlich. Seltener Zerstörung der kranken Parthie durch Eiterung; Exstirpation.
M. Entzündung der Verdauungsorgane.
Hievon sind anzuführen: die Entzündung des Magens und Darms der einraagigen Hausthiere, die Entzündung der Mägen der Wiederkäuer, die Entzündung der Gedärme, die Ruhr; die Entzündung des Bauchfells, Netzes und Gekröses.
a) Entzündung des Magens und Darms einmagiger Haus­thiere (Oastritis). {Enteritis, Gastro-enteriiis). laquo;) Die acute Magen- und Darmentzündung kommt beim Pferd sehr selten als fur sich bestehendes Leiden vor, desto öfter aber consensuell mit andern Krankheiten verbunden. Bei den übrigen einmagigen Hausthieren ist es ebenso. Verletzun­gen, sei es von aussen oder durch hinabgeschluckte scharfe oder spitzige Gegenstände, scharfe Gifte u. dgl. bringen noch am ebenen eine solche acute Magen- und Darmentzündung hervor; ausserdem aber sieht man bei fast allen Koliken, die
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;32
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498nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kntzüudungeu.
tödtlich endigten, den Darm und Magen entzündet und selbst stellenweise brandig (so dass mehrere Autoren die Magen- und Darmentzündung als synonym mit Entzündungskolik nehmen), ebenso leiden bei den gastrischen, typhösen, Rothlauf- und Milzbrandfiebern, bei Pocken, Hirn-, Lungen-, Leberentzündung, der Ruhr, der Wuth u. s. w. der Magen und die Gedärme, theils schon anfangs, theils erst im weitern Verlauf der Krank­heit mit.
Die Symptome der Magen- und Darmentzündung treten nicht so plötzlich auf, als die einer Kolik, sie machen eben­sowenig Remissionen. Das Fieber wird in der Regel zuerst bemerkt, der Puls ist hart, klein, beschleunigt, in einzelnen Fällen stark, voll oder unregelmässig; die Extremitäten sind kalt, die Schleimhäute des Mauls höber geröthet, die Binde­haut des Auges gelblich gefärbt, injicirt, der Bauch empfindlich gegen Druck; die Lust zum Fressen und Saufen fehlt ganz, die Ausleerung des Mists ist verzögert, oder übermässig, der Harn feurig; die Stellung mit gesenktem Kopf und mehr zur-sammenstehenden Füssen, so. wie das Aufsperren der Nasen­löcher zeigen Angst, selbst Betäubung an, das Umsehen nach dem Bauche, oder das Scharren mit einem Fusse, deutet auf Schmerz; die Kräfte des Thiers sinken dabei weit mehr als bei einer Kolik. Rey beobachtete bei einer epizootisch auf­getretenen Magen- und Darmentzündung der Pferde einige Abweichungen von den genannten Symptomen, z. B. heisse Haut, schleimiges, heisses Maul, manchmal russige Zunge, hef­tigen Durst, gespannten Bauch, empfindliche Lebergegend, Poltern im Leibe; das Fieber zeigte intermittirende Steigerung des Vormittags oder Abends. (Lyon 1846.)
Die Krankheit verlauft sehr rasch und endigt nicht selten schon nach 1—3 Tagen entweder durch Zertheilung oder mit dem Tode. Letzteres ist zu befürchten, wenn das Fieber zu­nimmt, der Puls unfühlbar wird, die Füsse, das Maul sich kalt anfühlen, ein Schweiss ausbricht n. s. w. Bei günstigem Ausgange stellen sich dagegen vermehrte Excretionen ein, der Puls hebt sich, wird ruhiger, das Thier munterer u. dgl. Der Ausgang in Lähmung ist seltener, er tritt bei sehr erschöpften Thieren ein, lange ehe die Entzündung ihren Höhepunkt er­reicht hat.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
Bei der Section findet man die Häute des Magens und
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Magen-, und Darmentzündung.
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Darmcanals stark injicirt, die Darmschleimhaut leicht abzu­schaben, manchmal stellenweise fehlend, oder mit zähem, selbst haütähnlichem Exsudat bedeckt, an mehreren Stellen selbst purpurroth,•brandig', dabei mürbe, obgleich durch sulzigen Er-guss in das Zellgewebe verdickt, etwas röthliches, trübes Was­ser in der Bauchhöhle. Im Magen und Darme ist gewöhnlich eine dunkelrothe, weinhefenartige Flüssigkeit, selten Blut, er­gossen. Intussusception eines Stück Dünndarms, oft mehrere Fuss lang, sogar ümstülpung des Blinddarms in das Colon ist mehrmals beobachtet worden (z. B. Hering Rep. Ill, Cart-wright Vet. 1843, Garner in Vet. Reeds. 1848, Schw. Archiv mit Abbild., Roll über Exsudativprocesse auf der Darmschleim­haut bei Pferden, Rindvieh u. s. w., Zeitschr. Wiener Aerzte, Mai 1851). Bei Lähmung sind die Symptome der Entzündung weniger deutlich und die Schleimhaut ist schiefergrau gefärbt.
Ursachen. Sie wirken meist direct auf die Magen- und Darmschleimhaut; reizendes Futter (z. B. neues Heu, schwar­zer Haber), besonders in grosser Menge, oder bei vorher aus­gehungerten Thieren, reizende Arzneien, das Eingeben von Wein, Essenzen und Tincturen herumziehender Quacksalber, mit Pfeffer, Ingwer und andern Gewürzen; starke Purgirmittel (Croton, Kalomel, Aloë), scharfe Pflanzen- und mineralische Gifte -— bringen Entzündung der Darmschleimhaut hervor. Auch grosse Hitze (Rey), das Trinken von verdorbenem Was­ser (Puissant in Rec. 1842), Erkältung werden unter den Ursachen dieser Krankheit aufgeführt.
Prognose: meist sehr zweifelhaft.
Behandlung: nach der Ursache, wo diese bekannt ist; z. B. bei scharfen Giften, Mittel, die sie chemisch zersetzen, ausserdem einhüllende (bei Hunden, Schweinen: Brechmittel), bei allznstarkem Purgirmittel viel Schleim mit absorbirenden und adstringirenden Mitteln, auch Opium, Nux vomica (sehr verdünnt, um mit einer grossen Oberfläche der Schleimhaut in Berührung zu kommen). Wo aber die Ursache in reizendem Futter u. dgl. besteht, oder- nicht bekannt ist, muss die Magen-und Darmentzündung überhaupt entzündungswidrig behandelt werden; starke Aderlässe, Salze, namentlich Bittersalz (aber auch Salpeter), in vielem Schleim aufgelöst, ähnliche Klystiere; Senfteige oder scharfe Einreibungen an die Bauchwände; war­mes Verhalten, überschlagenes Trinkwasser in möglichst gros-
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500nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
ser Menge beigebracht. Gegen colliquativen Durchfall wäre innerlich und als Klystier das von Gerlach empfohlene Argent, nitric, oder Oupr. sulphur, zu versuchen. (G. amp; H. XII.) An­fangs strenge Diät, später indifferente Nahrungsmütel. Droht Brand oder Lähmung einzutreten, so kann man noch Opium (zu zwei Drachmen bei Pferden) und Camphor (zn einer Drachme) in schleimigem Vehikel versuchen.
(Youatt unterscheidet die Entzündung der serösen Haut des Darms von der der Schleimhaut. Erstere entsteht ge-wöhnlich auf Erkältung; seine Be­handlung besteht in starken Aderlässen, Klystieren mit Bittersalz oder Aloë; innerlieh Aloë zu ein paar Drachmen in Schleim alle sechs Stunden; dazu Frottiren, reizende Einreibungen. Bei Entzündung der Darmschleimhaut [Superpurgiren] empfiehlt er zuerst viel Schleim, nach zwölf Stunden mit Zusatz von Kreide, Catechu oder Opium; Aderlass werde selten nöthig sein.)
Hunde, die an Magenentzündung leiden, sollen der stillen Wuth sehr ähnliche Symptome zeigen. Bei den Schweinen sind Abstumpfung, Gehen im Kreise, Raserei, klägliches Grunzen, rothe Flecken auf der Haut u. s. w. be­obachtet worden. Bei der Section hat mau Darmgeschwüre gefunden. Eine der Ursachen von Magen- und Darmentzündung der Schweine ist der Genuss von Pöckelflüssigkeit, Häringslake (vgl. S. 77). Robert beschreibt eine en-zootisch im Herbst auftretende Darmentzündung der Schweine, mit rother oder violetter Färbung der Haut. (Rothlauf-Fieber? Lyon 1848).
j3) Die chronische Magen- und Darmentzündung der einmagigen Hausthiere wird mehr an ihren Folgen und oft erst nach dem Tode erkannt. Je nach dem Character und Grade derselben ist sie bald von Indigestion, Verstopfung n. dgl., bald aber von anhaltendem, obwohl nicht sehr heftigem Laxiren be­gleitet. Sie kann sehr lange dauern und ist theils an dem entzündlichen Zustande der sichtbaren Schleimhäute und des Pulses, theils daran zu erkennen, dass die sonst gegen die an­geführten Symptome wirksamen Mittel nichts ausrichten oder selbst Verschlimmerung bringen.
Ihre Behandlung muss gelinde, aber anhaltend antiphlo-gistisch sein, auch sind länger dauernde ableitende Reize (Fon-tanell am Bauch) zu empfehlen; Andere rathen adstringirende Mittel, z. B. Eisenoxyd u. dgl. an.
In einzelnen Fällen bleibt die Entzündung auf einen so kleinen Raum beschränkt, dass sie kein allgemeines Leiden zur Folge hat und leicht ganz übersehen wird; Verwachsung der entzündeten Stelle mit benachbarten Organen, oder Eiterung, Abscess- und selbst Geschwürbildung (auf der Schleimhaut), endlich Durchbohrung der Darmwand sind die gewöhnlichen
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Magen- und Dannentzündung.
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Folgen einer solchen local gebliebenen Entzündung, dié wohl meist Ton einer Verletzung, von aussen oder innen, herrührt.
Pferde, die an sehr schmerzhaften Krankheiten (Ilufentzün-dungen, Operationen) leiden, verfallen manchmal in schleichende Darmentzündung und gehen unaufhaltsam daran zu Grunde.
b) Maffen- und Darmentzündunff der Wiederkäuer.
Die Entzündung der Mägen und des Darms der Wieder­käuer unterscheidet Sich in einigen Beziehungen von der vor­hergehenden; so sind Z.B.Verletzungen der Mägen (der Haube durch scharfe Körper, des Pansens beim Trokariren) weit häu­figer als bei einmagigen Hausthieren; auch wirkt Erkältung nachtheilig auf die dicht an der Bauchwand anliegenden Mägen des Rinds und Schafs. Was im Allgemeinen über die Magen-und Darmentzündung unter a) angeführt ist, gilt auch hier.
Zu den Symptomen des entzündlichen Fiebers gesellt sich, neben dem Schmerz bei Druck auf die Bauchwand auch Aufblähen oder Spannung des Bauchs, Poltern im Leibe, Ver­stopfung oder Diarrhöe, Durst, Zunge mit rothem Rande, Zwang, grosse Schwäche. Manchmal fangen die Thiere an zu toben, schieben, mit den Zähnen zu knirschen. Bei der Sec­tion findet man ausser den Zeichen der Entzündung und des Brandes: Eiterung, Abscesse, leichtes Abgehen der Schleim­haut, vertrocknetes Futter im Löser u. dgl.
unter den Ursachen sind neben nasser Waide und Füt­terung von Sumpfpflanzen, auch Traber von Bier- und Brannt­wein-Fabrikation aufzuführen.
Bei der Behandlung sind Aderlässe, Salze, Schleime, Oel u. dgl. die Hauptsache. Zu Abstumpfung der erhöhten Empfindlichkeit empfahl Ryebner das Hyosciamin; später in­nerlich Ecctr. hyosc. und Aufstreuung der Hb. hyosc. auf Tep­piche, die in heisses Malvendecoct getaucht und'am Bauche applicirt werden sollen. Wäre Neigung zum Erbrechen zugegen, so könnte es als kritisch betrachtet werden.
Marrimpoey beobachtete bei Magen- und Darmentzündung von Erkäl­tung und zu starker Nahrung: einen ungleichen, langsamen Puls, rothe Schleim­häute, schmerzhaften Bauch, Zusammenstellen der Füsse, den Schweif fast immer in Bewegung, wenig und rothen Urin, etwas harten Mist, manchmal mit blutigem Schleim überzogen und mit Schmerzen abgesetzt. Häufiges Misten, oft mit Blut, viel und sehr trüber Urin, Schweiss von fauligem Geruch, An­schwellen der Extremitäten, waren critisch. Die Behandlung bestand in wie-
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502nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzüudangen.
derholteo Aderlässen, schleimigen, erfrischenden Tränken mit Salpeter, später Laxantia, trockenes Reiben, Dämpfe und erweichende Klystiere, auch grosse Senfteige. Festal führt Indigestion, Colik, hartnäckige Verstopfung;, Reiben des Bauchs mit den Hinterbeinen, Schmerz auf Druck am Bauch, Durst, hef-tiges Fieber, Mastdarmvorfall unter den Symptomen an. Das Knirschen mit den Zähnen hat man als characteristisches Zeichen bezeichnen wollen, (Bec. 1843,. 1847). Bei der Behandlung fand Festal Aderlässe nachtheilig, er gab anfangs viel Oei, Laudanum (zu 1 Unze), sodann Salpeter, Brechweinstein. Aloë in massigen Gaben; reizende Einreibungen am Bauch. Um das Wieder­kauen hervorzurufen empfiehlt er Ippecac. (S. Rep. VIII. 311).
Youatt führt ausser den gewöhnlichen Symptomen bei Rindvieh noch zähen, harten, mit Schleim und bisweilen mit Blutstreifen überzogenen Mist, öfteres Brüllen an. Im weitern Verlauf bleibt das Thier meist liegen, und ist betäubt, halb blind; flüssige, faulig stinkende Ezcremente gehen neben verhärteten Massen, die den Mastdarm ausfüllen, ah; der Urin ist dick, ölig, braun, von starkem Geruch; Zuckungen, Unruhe, Erschöpfung gehen dem Tode voraus, .Manchmal tritt eine Zeit lang scheinbare Besserung ein.
Bei der Section fand man: viel geröthetes Serum in der Bauchhöhle, das Bauchfell entzündet, die Leber mürbe, die Schleimhaut des Pansen entzündet, purpurroth, seinen Inhalt vertrocknet, eben so den zweiten und dritten Magen; den Laabmagen stark entzündet, mit dunkeln Flecken, seinen Inhalt flüssig und blutig. Die Darmschleimhaut geschwürig, besonders in den dicken Ge­därmen, den Mastdarm erweitert und brandig.
Crouzel sah Magen- und Darmentzündungen bei Rindvieh in heissen Sommern, auf ausgebrannter Waide enzootisch herrschen. Bei Schafen hat man sie von Stoppelwaide mit rostigen oder brandigen Gräsern entstehen ge­sehen.
Schöngen sah Schafe an acuter Magen- und Darmentzündung zu Grunde gehen. Sie zeigten Unruhe, rothe, feurige Augen, blockten, warfen sich nieder und sprangen wieder auf. Anfangs ging der Mist noch in kleinen Portionen ab, später nicht mehr; es folgte Aufblähen und der Tod. Die Schleimhaut der Gedärme und des Laabmagens hatte eine ins Grauliche schimmernde, schmutzige Röthe, in den dicken Därmen waren hühnereigrosse, harte und schwärzliche Mistballen; alle übrigen Theile waren gesund.
Eine besondere Form der Darmentzündung bei dem Rindvieh bildet die
croupartige Darmentzündung,
welche sich durch die Bildung falscher Membranen im Dünndarm auszeichnet. Sie scheint bay mit acutem, bald mit chronischem Verlauf vorzukommen, und anfangs mit den Symptomen einer Colik und gewöhnlichen Darmentzündung aufzutreten. Nach mehreren Tagen, ja manchmal erst nach Wochen, gehen neben stinkendem, flüssigem Mist ganze Stücke schlanchartigen Gerinnsels ab, welche mehrere (bis zu 20—30) Fuss lang, fingersdick und dem Dünndarm ähnlich sind, so dass sie manchmal für Darmstücke, manchmal für Würmer gehalten wurden. Gewöhnlich folgt auf den Abgang dieser falschen Mem­branen Besserung. Gurlt hat ihre Structur, Lassaigne ihre chemische Zu­sammensetzung untersucht. Salze und abführende Mittel scheinen am wirk­samsten in dieser Krankheit (Delafond, Drouard in Bec. 1842, Moreau 1843, Hamon 1848, Gurlt in G. amp; H. XIH, Jahn im Reper. V.) Anaker
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Lämmerruhr.
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in G. amp; H. 1853; Prehr und Sticker, ansser 10—14 Fuss langen Cylindern von Exsudat gingen auch' 5 Zoll lange aus der Trachea ah. G. amp; H. 1855. Suppl. Olivier nennt „plastische Darmentz.quot; eine' Infiltration des sub-mucösen Zellgewebs auf mehrere Zoll Dicke. Lyon 1849.
Ein ähnliches Exsudat auf der Darmschleimhaut zeigt bei sich der Hühnerpest.
c) Darmentzikidung der Lämmer, Kälber und Ferkel. {JDysenteria neonatorum.)
(Lammerruhr, Gedärmseucbe, Lienteria V.)
Literatur: Brosche (1824), Hörmann (1827), Langenbacher (in östr. Jahrb. I., 1829), Hanff Cm Prager V. J. Sehr. 1827). Mazoux Durch­fall mit Darmentz. bei Füllen. Lyon 1850. Gierer, Lienterie bei Kälbern. Woch. 1850.
Diese Krankheit richtet oft in den Schäfereien grossen Schaden an; bei den Kälbern und Ferkeln kommt sie mehr ver­einzelt vor.
Das hauptsächlichste Symptom ist der öftere Abgang beinahe flüssiger, gelblicher oder gelbbrauner, scharf riechen­der Excremente (weisse Ruhr), die aus wenig veränderter, durch Galle gelblich gefärbter Milch und Darmschleim beste­hen, später braunroth oder blutig sind. Häufig ist Zwang da­mit verbunden, die kleinen Thiere verlieren den Appetit, sau­gen nicht mehr und verfallen schnell in einen gefährlichen Schwächezustand. Der Tod tritt oft schon innerhalb 24 Stun­den oder in 2—3, auch erst in 8 Tagen ein.
Bei der Section findet man die Gedärme stellenweise geröthet, die Schleimhaut bald croupös verdickt, bald wie ab-geschaben, manchmal aber auch fast keine merkliche Abweichung vom gesunden Zustande. Hairff fand den Darm stellenweise braunroth, mürbe, die Peyer'sche Drüsen angeschwollen, blutig, infiltrirt, auch geschwürig und mit bräunlichen Schorfen bedeckt, die Gekrösdrüsen angeschwollen (daher er die Krankheit Ty­phus nennt).
Als Ursache sieht man fehlerhafte Beschaffenheit der Milch (meist von unpassendem oder verdorbenem Futter .der Mutterthiere herrührend) an, und sucht daher der Krankheit durch bessere Fütterung vorzubeugen; aber auch zu fette Milch wirkt nachtheilig; ausserdem scheint hauptsächlich Erkältung (nasskalte Witterung, schlechter Stall) beschuldigt werden zu müssen. Gierer behauptet die Contagiosität der Lienterie bei Kälbern, und verlangt dal\fr Trennung der Kranken, Desin-
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504nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
fection u. s. w. Eine besondere Disposition muss in der frü-hesten Lebeusperiode liegen, da nur ganz junge Lämmer (etwa bis zu 2—3 Wochen) befallen werden.
Behandlung: man empfiehlt gewöhnlich säuretilgende Mittel (Magnesia, Kreide) mit Schleim, bittern oder aromatischen Pflanzen. Sie leisten aber selten viel. Eine Mischung von Rha­barber, Magnesia und Opium hat öfters gute Dienste gethan; als diätetisches Mittel ist gebranntes Mehl (als Suppe) sehr zweckmässig. Hiebe! scheint aber immer zu wenig auf den Grundcharacter der Krankheiten (die Entzündung) Rücksicht genommen zu sein, daher Bittersalz, Salpeter in vielem Schleim, so wie schleimige, ölige und besänftigende Klystiere mehr er­warten lassen. Auch Elweiss oder Leimwasser wären zu ver­suchen. Milch mit Eiern und Erlenrlndendecoct wird als Haus­mittel angewendet.
Indessen entsteht auch Darmentzündung bei solchen Lämmern, die zu frühe abgesetzt und zu trockner Nahrung gezwungen wurden. Mangel an Appetit, trübe Augen, Senken des Kopfs, steifer und beschwerlicher Gang, kleiner, zusammengezogener Puls, Umsehen nach dem Bauche, endlich Nieder­liegen, Convulsionen sind die Symptome dieser Darmentzündung. Die Section zeigt das Bauchfell geröthet, die Gedärme aussen violett, mit unverdautem säuerlichem Futter gefüllt, die Schleimhaut aufgelockert, entzündet, in dem Dickdarm einen höhern Grad der Entzündung und gegen den Mastdarm hin selbst Brand. Die Mägen enthalten trockenes Futter.
Huzard gab in einem solchen Falle mit Nutzen Ger$tendecoct mit Honig und Magnesia; im Trinkwasser etwas Mehl und Salpeter, und den Recon­valescenten statt des Bauhfutters gekochte Möhren u. dgl.
Auch bei den Ferkeln wird die Ruhr fehlerhafter Muttermilch beige­messen ; absorbirende und adstringirende Mittel sind ohne Erfolg gebraucht worden; dagegen soll neben der Muttermilch deu Thieren schon mit 4 Wachen dicke Milch mit Gerstenschrot oder noch besser mit Weizenkleie gereicht werden. Ein in dieser Krankheit entstehender borkenartiger Ausschlag sei als vicarirendes Leiden zu betrachten'(Schütze). (Vgl. Durchfall S. 54.)
d) Ruhr. {Dysenteria epizootica.)
Literatur: Waldinger, Krankheiten des Rindv. (ISlï), Bojanus, Seuchen (1830), Bursian (Raupen auf Kohl als Ursache), Russl. 1856..
Entzündung der Darmschleiraliaut, besonders des Dickdarms mit Fieber, blutigem Durchfall, mit Zwang, schneller Abmage­rung (Fettschmelzen) und Siuken der Kräfte. Vorzugsweise das Rindvieh, seltener Pferde und Hunde befallend.
Die Ruhr kommt meist .seuchenartig vor, selten sporadisch; sie macht bald ein für sich bestehendes Leiden aus, bald ist
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Ruhr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 505
sie die Folge einer andern Krankheit (z. B. des Durchfalls) oder 'bloses Symptom derselben (der Rinderpest und der ty­phösen Fieber überhaupt).
Die Symptome der idiopathischen, acuten Ruhr sind folgende: angleiche Temperatur der Haut, trockenes, staubiges Haar, trübe Augen, zäher Schleim auf dem Flotzmanl, übelrie­chender Maulschleim, blasses Zahnfleisch, welke, unreine Zunge. Oefteres Gähnen und Aufstossen von Luft, Widerwille gegen das Futter, dagegen Durst; zusammengestellte Füsse, gekrümm­ter Rücken, aufgeblähter und gegen Berührung empfindlicher Bauch, Heben des Schweifes; anfangs blos weicher, missfar­biger, sehr übelriechender Mist, Empfindlichkeit des oft excori-irten Afters, zäher, brauner Urin.
Das begleitende Fieber hat bald den entzündlichen Cha­racter, bald den adynamischen und typhösen, oder jener geht nach kurzer Dauer in diesen über; das Athmen ist wenig ver­ändert. Im weitem Verlauf der Krankheit nehmen die Symp­tome zu, besonders die Mattigkeit des Thiers, der Durst, das Verschwinden des Fetts, die unglaublich schnelle Abmagerung; aphthöse Geschwüre im Maul deuten auf Darmgeschwüre; der Mist geht sehr oft und in kleinen Quantitäten oder fast unun­terbrochen ab; er ist zimmtfarb, flüssig, heiss, höchst widrig riechend, mit Blutstreifen, Blutklürapchen, Schleim oder haut­ähnlichen Stücken gemischt; Schmerz, Zwang und Umstülpung des entaündeten Afters begleiten seinen Abgang, der oft spri­tzend geschieht. Unvermögen zu stehen, Meteorismus, Erkalten der Extremitäten gehen dem Tode voraus. Dieser tritt ge­wöhnlich in der zweiten Woche der Krankheit ein; bei jungem, gutgenährtem Vieh oft viel früher; der Ausgang in Genesung kündigt sich durch Abnehmen der Symptome, die nicht die grösste Heftigkeit erreichten, an. Ausserdem geht die Ruhr manchmal in Abzehrung und Dannvereiterung über.
Section: leichtes Abgehen des Epitheliums in den drei ersten Mägen, die darunter liegende Schleimhaut geröthet und mit braunrothen Flecken besetzt; ihren Inhalt findet mau bald trocken, bald, flüssig; den vierten Magen purpurroth oder livid, seine Häute infiltrirt, an den Dünndärmen die Schleimhaut stel­lenweise mehr oder weniger ebenso beschaffen; im Dickdarm die stärksten Zeichen der Entzündung, die Schleimhaut braun-roth, wulstig, sehr mürbe, öfters wie abgeschaben, oder durch
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506nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.
Geschwüre zerstört, deren Grund die Muskelhaut bildet, das submucöse Zellgewebe serös infiltrirt, ebenso die Anheftung des Gekröses; Ecehymosen oder brandige Streiten finden sich hie und da am ganzen Darmcanal. Die Leber ist meist mürbe, die Gallenblase voll zäher Galle; das Fleisch welk, missfarbig, das Fett in Sülze verwandelt, das Blut zersetzt, schwarz, schmierig.
Die Ruhr zeigt mancherlei Abweichungen voü dem eben angeführten Verlaufe; nicht selten ist anfangs Verstopfung zu­gegen und der Mist schwärzlich und trocken; in andern Fällen ist der Durchfall mit Zwang und selbst Kolikschmerzen gleich im Beginne des üebels zugegen. Bleibt eine chronische Diar­rhöe zurück, welche Wochen und Monate dauern kann, so magert das Thier fortwährend ab, obgleich es im Uebrigen sich zu erholen scheint; der Mist ist schleimig und enthält nicht selten Eiter oder Jauche; die Section zeigt die Schleimhaut des Dickdarms geröthet oder schiefergrau, geschwürig; Eitergänge zwischen den Häuten des Darms, Exsudat auf dem Bauch­fell u. s. w. Diese chronische Ruhr ist fast stets tödtlich.
Ursachen: schneller Wechser der Temperatur (daher im Herbst und Frühling am häufigsten), Nässe, Kälte, Nebel; un­gesundes, unzureichendes Futter, Schneewasser, überschwemmte Waiden, bereiftes Gras, Beschaffenheit des Bodens (Thonboden auf Liaskalk); ferner Erkältung und Vernachlässigung beim Kalben, Ueberfütterung nach grossem Mangel, erschöpfende Anstrengung, besonders auf Transporten, schnelles quot;^rsiegen der Milch u. s. w.
Viele Thierärzte nehmen die Ruhr unbedingt als ansteckend an; es scheint jedoch hiebei sehr Vieles auf den herrschenden Krankheitscharacter, den Grad der Krankheit und die Disposi­tion der übrigen Thiere anzukommen. (Gelle fand weder die epizootische noch die sporadische Ruhr des Rindviehs an­steckend.) Vorsicht ist jedenfalls zu empfehlen. ' Das Conta-gium ist besonders in der Ausdünstung der Excremente am wirksamsten, somit flüchtig, wahrscheinlich aber unfähig, auf grosse Entfernung oder nach längerer Zeit noch sich fortzu­pflanzen.
Behandlung: hiebei ist auf den Character des Fiebers zu sehen. Bei entzündlichem Fieber sind innerlich schleimige Mittel mit Bittersalz, Opium oder Hyosciamus in kleiner Menge, aber öfter des Tags zu geben; die Haut ist tüchtig zu frot-
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Euhr.
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tiren, auch flüchtig-reizeude Einreibungen sind am Platze; laue Mehltränke nach Verlangen. Dauert der Durchfall dessen un­geachtet fort, so setzt man adstringirende Mittel (Tormentill, Columbowurzel) zu den schleimigen Eingüssen. KJystiere von gleicher Beschaffenheit sind fleissig zu wiederholen.
Wo hingegen die Ruhr den typhösen Character, sei es von Anfang oder erst im weitern Verlauf, angenommen hat, sind zuerst bittere und tonische Mittel mit Ofenrraquo;ss oder Hirsch-hornöl, auch wohl mit Opium, später aber flüchtig-reizende Mittel (Camphor) mit adstringirenden zu versuchen.
- Anfangs ist strenge Diät zu beobachten, später aber kann man, wenn der Kranke Fresslust äussert, leicht verdauliches Futter (Schrot, feines Heu) in kleinen Quantitäten, neben er­nährenden Tränken, geben.
In England ist die Ruhr des Kindviehs, bei den vielen Treibheerden und der Methode, die Thiere Monate lang des Nachts im Freien zu lassen, sehr häufig. Sie hat entschieden mehr den entzündlichen ChaActer, daher auch Aderlässe, nöthigenfalls wiederholt (entweder aus der Jugularvene oder der Bauchhautvene) die Cur beginnen. Auf dieses folgt ein öliges Abfiihrnngs-mittel (gewöhnUch Leinöl oder Ricinusöl); wenn dieses gewirkt hat, was nach 1—2 Tagen der Fall zu sein pflegt, kommt Opium allein zu ljz—1 Dr. in dickem Habergrützedecoct oder Opium mit Calomel (täglich 3—4 Dr.) in dem­selben Vehikel au die Reihe. Klystiere von Leinsamen oder Habergrütze, oder Mohnköpfedecoct, so wie das Aufstallen des Thiers sind unerlässlich; Ein­reiben des Bauchs mit scharfer Salbe oder mit heissem Wasser ist ein be­liebtes Unterstützungsmittel.
Erst wenn dié Ruhr anfängt chronisch zu werden, d. h. nach 12 bis 14 Tagen, werden adstringirende Mittel angewendet, und zwar theils vegeta­bilische wie Catechu, Kino, meist mit Kreide oder Opium, theils mineralische wie Alaun, schwefelsaures Kupfer (zu l Dr.). Den Klystierenraquo;werden nun eben solche Mittel beigesetzt. In der Reconvalescenz reicht man Ingwer, Enzian, Colnmbo, Cascarill und dgl.
In Vet. 1856 sind drei Fälle von Bluterguss in die Mägen und den Darmcanal von Kühen als „Melaenaquot; beschrieben.
e) Enzootische Darmentzündung. (Gastro-Enteritis mzootica.
Dysenteria mzootica. Ad.)
(Waldkrankheit, Holzkrankheit, Mal de brou, Maladie des bois der Franzosen.)
Literatur: Chabert, Mém. d'Agric (1787), Instr. V., Delafond (Blutkrank­heit, übers, v. Hertwig 1844, führt die Holzkrankheit hei der Vergif­tung der Schafe durch giftige Pflanzen an), Hertwig in Berl. Encycl. XXIII. bei Milzbrandformen.
Diese Krankheit, welche sowohl Pferde als Rindvieh und Schafe trifft, unterscheidet sich von der vorhergehenden durch
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508nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
die bestimmte Ursache und durch einige Symptome, die auf gleichzeitige Reizung der Harnorgane deuten (vgl. Blutharnen).
Symptome: die Waldkrankheit beginnt mit Symptomen einer Entzijndung der Verdauungsorgane, heissem Maul, ver­mehrtem Durst, schwärzlichem, hartem, mit Schleim umhülltem oder mit geronnenem Blute vermengtem Mist, gerötheten Augen, zusammengezogenem, hartem Bauche, kleinem, hartem Puls; zu­gleich ist Harnverhaltung, Schwanken im Kreuz bei Pferden, und heftiges Fieber zugegen. Die Empfindlichkeit des Widerrists und Rückens ist gross (bei Rindvieh), es zeigt Schmerzen im Bauche, Erectionen, der Harn ist roth, von durchdringendem Geruch. Unter Zunahme des Fiebers, welches den Character des typhösen annimmt, bilden sich sulzige, seltener Windge­schwülste unter der Haut (dem Milzbrand nahe stehend), Aechzen, Zähneknirschen, Eiskälte der Extremitäten, Zittern, blutiger Durchfall, Convulsionen, und das Thier geht zwischen dem 11. bis 20. Tage der Krankheit zu Grunde.
Die Section zeigt Entzündung und brandige Flecken an den Mägen und dem Darmcanal, das Futter ist vertrocknet, die Darmschleimhaut infiltrirt, mürbe oder eiterig aufgelöst, schmu-tzigroth oder schiefergrau, die Leber und Milz aufgetrieben, manchmal selbst geborsten, die Gallenblase stark ausgedehnt, die Meren bald zusammengezogen, bald erweitert, blutreich, weich oder vereitert; in der Brusthöhle trübes Wasser, Ent­zündung und Brandflecken an den Lungen; sulzigen Erguss ins Zellgewebe u. s. w. .
Ursawchen: das Abfressen harziger oder adstringirender Baumsprossen beim Waiden in Wäldern, Gebüschen u. dgl. bei Mangel an Wasser.
Behandlung: zuerst massige Aderlässe und ölige Ab­führungsmittel, schleimige Decocte, dgl. Klysiere, Dampfbäder an den Bauch, erweichende Umschläge auf die Lenden, als Futter Wurzeln und Mehlwasser; im asthenischen Zustand essigs. Ammoniak, China, Camphor; Scariticiren des Oedems. nauptsächlich aber Vermeidung der Ursachen, dagegen Fütterung kühlender, leicht verdaulicher Stoffe, z. B. Rüben, Kartoffeln, Kleie, Mehlwasser.
Girard sah bei Kühen Mangel an Appetit, Geifern, Empfindlichkeit des Rückgrats, Traurigkeit. Aus der Scheide floss eine blutige Flüssigkeit von eigenthümlicbem Gerüche; der Barn roch ebenso. Hartnackige Verstopfung
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BauclifellentzOndung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;509
trat ein, der in kleinen Ballen abgebende Mist war hart und mit blutigen Streifen' überzogen. Die blutigen Aasleerangen hörten nach 24 Stauden auf; es trat dagegen Lähmung im Kreuze ein und ein heftiger, stinkender, Durch­fall, welcher die Thiere aufrieb.
Die Maladie de Sologne der Schafe, welche Ädamowicz als Morhus ruher ovium zu der Dysenterie rechnet, ist bisher durch Dupuy, Guersent u. A. mit Darmentzündung, Blutstaupe, Milzbrand u. s. -x. verwechselt worden. Delafond versichert, dass diese Krankheit eine Hydrohämie sei, und mit dem Milzbrand oder der Holzkrankheit nichts als den Abgang von Blut mit dem Harn gemein habe. Das Blut ist in dieser Krankheit sehr wässerig, wodurch diese Sologner Krankheit sich an die Faule anschliesst. Die Ur­sachen scheinen in schlechter Haltung der Schafe in jener armen Gegend zu beruhen, und die Heilung auf der Vermeidung derselben. (Flandrin, Instr. I., Delafond loc. cit)
Die Entzündung des Mastdarms, welche theils von mechanischen Verletzungen, theils von zu heissen Klystieren u.dgl. entsteht(Rychner's pareuchymatöseMastdanflentzündung) kann als Krankheit eines von aussen leicht zugänglichen Theils wie eine äussere Entzündung behandelt und braucht daher nicht besonders angeführt zu werden; bei Rindvieh kommt eine scir-rhöse Verdickung der Mastdarmwände vor, die den Abgang des Mists gänzlich hindern kann.
/) Bauchfellentzündung. {Peritonitis.)
Entzündung des Bauchfells und des serösen Ueberzugs der in der Bauchhöhle enthaltenen Organe, meist acut, mit Fieber, und gerne mit Wassererguss endigend. Bei allen Hausthieren.
Die Bauchfellentzündung kommt meist zugleich mit Colik und Entzündung der Baucheingeweide, z. B. des Darmcanals, besonders aber des Fruchthälters, nach der Geburt vor, wess-halb auch Manche diese Entzündung und das Gebärfieber (Kalbe­fieber) irrigerweise für identisch halten; ausserdem consensuell bei der Influenza, Brustfell-Entzündung, Rothlauf- und Anthrax-fiebern u. s. w.
a) Die acute Bauchfell-Entzündung
hat wenig eigenthümliche Symptome. Sie beginnt mit einem Fieberschauer, Aeusserungen von Schmerz, ähnlich einer Colik, Empfindlichkeit der Bauchwand auf Berührung oder Druck, das
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510nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
Athmen ist erschwert, der Puls klein, hart und sehr beschleu­nigt, die Augen sind eingefallen. Nach Roll entsteht bei hef­tiger Peritonitis Erbrechen (selbst bei Pferden) oder aber Ver­stopfung durch Lähmung der Muskelhaut. Im weitern Verlauf wird der Puls schwächer, schneller, partielle Schweisse treten ein, das Thier legt sich abwechselnd und steht wieder auf, zittert u. s. w., und der Tod tritt oft schon innerhalb 24 Stun­den, seltener erst nach einigen Tagen ein.
Wenn die Symptome der Entzündung rasch zunehmen und dann plötzlich aufhören, dabei der Puls verschwindet, ist Läh­mung eingetreten; nehmen aber jene Symptome ab und bleiben auf einem massigen Grade stehen, kommt Athmen mit den Flanken, Abmagerung, ödematöse Anschwellung am Bauch und den Füssen hinzu, so ist acute Bauchwassersucht die Folge der Entzündung und das Leiden zieht sich nun in die Länge.
Bei der Section findet man theils Brand an den Einge­weiden des Bauchs, die serösen Häute verdickt und stark in-jicirt, trübes Wasser in verschiedener Menge in der Bauchhöhle, netzartige Ausscheidung gerinnbarer Lymphe aus dem ergosse­nen Wasser, seltener eine eiterähnliche Flüssigkeit. Als Ueber-reste früherer Bauchfellentzündung sieht man manchmal Ver­wachsung der Eingeweide unter sich oder mit den Bauchwänden, oder weisse Platten, oder faserige Verlängerungen auf der se­rösen Haut (z. B. an der Leber, dem Zwerchfell alter Pferde).
Ursachen: vorhergegangene Colik, schwere Geburt, pene-trirende Verletzung der Bauchwände, des Magens, der Gedärme (Trokariren), Eintritt von Luft, Blut, Eiter u. dgl. in die Bauch­höhle, schnelle Unterdrückung der Hautausdünstung (rheuma­tische Bauchfellentzündung s. rh. Vet.-Ber. 1845 v. Mecke).
Prognose: meist ungünstig.
Behandlung: kleine, aber wiederholte Aderlässe, inner­lich erweichende und entzündungswidrige Mittel (besonders Mere, dulc), bei heftigen Schmerzen mit Opium; warmes Ver- . halten, warme Umschläge oder Dämpfe an den Bauch, auch flüchtig reizende Einreibungen desselben, Sinapismen und selbst blasenziehende Mittel.
Die acute Bauchfellentzündung von Verletzung ist nicht so selten; ich habe sie nach der Operation von Nabelbrüchen bei Pferden, nach Hodensack­darm- und Netzbrüchen, nach Verletzungen der Bauchwände durch Stoss, nach Zerreissung der Leber oder Milz, des Fruchthälters bei ungeschickter
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Bauchfellentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;511
Geburtshülfe, nach dem Zerplatzen der Harnblase gesehen; bei den weiblichen Schweinen kommt sie nach dem Castriren gerne vor und äussert sich oft erst nach einigen Wochen. Auch beim Castriren der Kühe (durch den Flanken­schnitt) entsteht manchmal eine kaum bemerkbare Peritonitis, an welcher die Thiere, unerwartet zu Grunde gehen.
1)nbsp; Ein Schaf, das am 12. Jan. 1826 mit Hülfe des Schäfers gelammt hatte, bekam zugleich einen Vorfall des Fruchthälters, den er jedoch leicht wieder zurückbrachte. Den zweiten Tag zeigte er alle Symptome einer Bauchfellentzündung und crepirte am -rierten Tage. Die Section zeigte: bräun­liches Wasser in der Bauchhöhle (gelbliches in der Brust und dem Herzbeu­tel); die Gefässe des Bauch- und Brustfells sehr stark injicirt, die breiten Mutterbänder, die Bänder der Leber zolldick durch wässerigen Erguss infilt-rirt; eine Schichte faseriger Lymphe, einem feinen Netz ähnlich, auf den Gedärmen liegend; den Fmchthälter dunkel geröthet, ziemlich zusammenge­zogen ; in dem linken Home ein kleines Loch, wie mit dem Finger (vielleicht auch durch die-Füsse des Jungen) hineingedrückt.
2)nbsp; Eine ISjäfarige Bappstute hatte Mittags gefressen und hierauf gear­beitet , und war dabei in einen Gewitterregen gekommen; Abends wurde sie unruhig, wollte nicht fressen und konnte nur mit Mühe nach; der Thierärznei-schule getrieben werden. Sie zeigte mehr Angst als Schmerz, sah sich nach dem Bau ch um, legte sich nicht, Puls 60, klein, Herzschlag unfühlbar. Maul ganz trocken, wie abgestorben (Aderlass von 6 Pfund, innerlich Salze; das Blut will nicht laufen, ist dick und schwarz; Einreibung von Terpentinöl, Klystiere). Des andern Morgens gleicher Zustand, Hin- und Hertrippeln, wenig Mist, etwas Harn fliesst aus der Scheide, Unempfindlichkeit. Beim Untersuchen der Hufe fällt das Thier um und stirbt nach ein paar Minuten.
Section: in der Bauchhöhle 4—5 Maas trübes Serum; das Bauchfell stark injicirt, der Darmcanal eben so mit vielen kleinen Ecchymosen besetzt; die Mucosa des Magens hochroth, die des Darms verdickt, hie und da streifig geröthet, an der Spitze des Blinddarms eine dunkle Platte, wie mit Eiter oder Faserstoff bedeckt; Magen, Dünndarm und Coecum beinahe leer, erst im Colon wieder festes Futter. Leber und Milz blass, Nieren normal; an dem Grunde der Harnblase ein Loch, durch welches man den Finger stecken konnte; die Schleimhaut stark entzündet, die Umgebung des Lochs dunkelbraunroth; Fruchthälter wenig entzündet. In der Brusthöhle etwas trübes Wasser, im Herzbeutel helleres; das Blut flüssig, schwär?. (Das Pferd hatte, wie man später erfuhr, den Knecht geschlagen und dieser es dann misshandelt; wahr­scheinlich wurde das Loch in die Harnblase mit dem Peitschenstecken gestossen.
Unerwartet schneller Tod nach der Castration wegen eingekl. Netzbrach und wegen Lnfteindringen (Klin. von Stuttgart Bep. 1851 und 1858.)
ß) Chronische Bauchfellentzündung. Sie ist meist Folge geringerer Verwundungen, z. B. des Pan­sens bei Trokariren, und endigt in diesem Falle mit Verwach­sung der gegenüberliegenden Flächen, indessen ist auch Bauch­wassersucht nicht selten die Folge davon, und zwar auf so schleichende Weise, dass man entweder gar nichts davon be-
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512nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
merkt, oder aber wenigstens die entzündliche Periode der Krank­heit übersieht. Die chronische Form kann auch als Fortsetzung der acuten vorkommen und ist bei sehr herabgekommenen Thie-ren meist tödtlich.
Symptome: während das Thier am Körper und den Schenkeln abmagert, nimmt der Bauch nach den Seiten und abwärts zu (Hängebauch); Traurigkeit, Widerwille gegen Bewe­gung, trockene Haut, struppiges Haar, vermehrter Durst, blasse Schleimhäute, später Athembeschwerde, deutliches Schwappen des Bauchs und zuletzt Erstickungszufalle deuten die zunehmende Wasseransammlung im Bauche an.
Prognose: selten günstig.
Behandlung: so lange entzündliche Symptome zugegen sind, Salpeter oder Weinstein mit Digitalis^ Brechweinstein, längere Zeit fortgesetzt; — wo jene fehlen: die gewöhnlich harntreibenden Mittel, später stärkende, eisenhaltige (vgl. S. 132). Bei sehr grosser Wasseransammlung als Erleichterungsraittel das Anzapfen des Bauchs.
Chronische Bauchfellentzündung mit- Ausgang in Wassersucht kommt am häufigsten hei Hunden von Erkältung (Apportiren ins Wasser) vor.
Beim Trokariren muss man abwarten, bis sie den Harn gelassen haben, weil bei angefüllter Harnblase diese verletzt werden könnte. Mecke troka-rirte einen Jagdhund in 9 Monaten 14 Mal und liess jedesmal ungefähr 6 Quart Wasser heraus. 6. amp; H. 1855 Sappl.
Gelle beschreibt die Darrsucht (Atrophie) älterer Thiere als tuberculose Bauchfellentzündung, weil man bei der Section sowohl am Brustfell als am Bauchfell Tuberkel in Menge findet. Schutt, Unterschiede zwischen chron. Periton. und Indigestion, Mekl. 1851.
Eine chronische Bauchfellentzündung von Verletzung und Durchbohrung des Magens bei einem Strauss habe ich in Rep. VIII. beschrieben.
N. Leberentzündung. (Hepatitis.)
Die. reine acute Leberentzündung ist bei allen unsem Hausthieren sehr selten; um so häufiger kommt es vor, dass die Leber an Entzündungen anderer Organe Antheil nimmt; dies ist namentlich der Fall bei Magen-, Darm- und Bauch-fellentzündungen, seltener bei Lungen- oder Hirnentzündung;' ferner bei den Rothlauf- und Milzbrandfiebern, bei einigen For­men der Influenza, bei Typhus, Gallenfiebern u. s. w..
Auf einer chronischen Entzündung der Leber mögen viele Fälle von Gelbsucht, Fäule, chronischem Durchfall u. s. w. be­ruhen (vgl. die Störungen der Gallenabsonderung S. 61).
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LebereutzünduDg.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 513
Ausser den Symptomen, welche eine acute Entzündung der Baucheingeweide überhaupt anzeigen, führt man gelbe Färbung der sichtbaren Schleimhäute, schmutzigen Beleg der Zunge, Empfindlichkeit (selbst Anschwellung) in der Lebergegend, be­ständiges Liegen auf der rechten Seite, Mangel an Fresslust, dagegen Durst, grosse Abgeschlagenheit, Verstopfung oder Durchfall und dergleichen an.
Nach By ebner hat beim Rindvieh das Fieber oft den torpiden Charac­ter, und der Puls erreicht oft nicht die Normalzahl; derselbe führt beschleu­nigtes Athmen, ohne Husten, Harn und Milch Ton gelber Farbe, letztere bitter schmeckend, an.
Der Verlauf der Leberentzündung pflegt rasch zu sein und meist mit Zertheilung zu endigen. Die entzündete Leber findet man bei der Section fester und heller von Farbe, nämlich lehm-farb oder pomeranzenfarb. Roll gibt gelbliche oder grauröth-liche Färbung, Verlust des kömigen Ansehens, Mürbheit und Eiterpunkte neben Trübung des serösen Ueberzugs der Leber an. Unter den Neubildungen sind die granulirte Leber (durch übermässige Entwicklung des Bindegewebs) und die Fettleber (durch fettige Entartung der Leberzellen) zu erwähnen.
In den heissen Ländern tritt die Leberentzündung bei Rindvieh gegen Ende des Sommers manchmal seuchenartig auf; beinahe immer ist zugleich Entzündung der übrigen Eingeweide des Bauchs damit verbunden; man findet die Leber blutreich, grau marmorirt, 40—SO Pfund schwer. Ausser den gewöhn­lichen Symptomen will man auch Hautjucken beobachtet haben. Lessona beschreibt eine solche Seuche vom Jahr 1827.
Bei der chronischen Leberentzündung ist Gelbsucht, an­haltender, jedoch nicht heftiger Husten und gestörte Ernährung zugegen, so dass die Thiere nicht über einen gewissen Grad hinaus in guten Stand zu bringen sind. Als Folgen solcher lang'wierigen Entzündungen der Leber sieht man die Bildung von Eiter, Faserstoff oder Blut enthaltenden Sackgeschwülsten (Leberschwindsucht), die Verhärtung der Substanz der Leber an. Tuberkel und Hydatiden entstehen wahrscheinlich ohne vorausgegangene Entzündung der Leber, und verändern diese Drüse am auffallendsten; grosse Höhlen mit vielen Hunderten von Blasenwürmern {Eehirwcoccus veterinorum) liegen neben knorpelharten Stücken der Lebersubstanz, welche durch den Druck fast verschwunden ist. Youatt fuhrt eine Leber von 173 Pfund an.
nering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;33
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514nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungeu.
Als Ursache der entzündlichen Leberkrankheiten werden änssere mechanische Schädlichkeiten, ferner grosse Hitze, Feh­ler der Fütterung, schlechtes Wasser, übermässiger Durst und dergl. beschuldigt.
Die Behandlung der acuten Leberentzündung richtet sich nach dem Grade und Character des begleitenden Fiebers. Unter den innerlichen Mitteln verdienen der Weinstein, Breclv-Weinstein oder das versüsste Quecksilber den Vorzug; im asthe-nischen Zustande ist Camphor oder Terpentinöl angezeigt und Opium beizusetzen. Äeussere Reize sind nicht zu versäumen. Reizende Abführungsmittel, wie Aloë, erheischen viele Vorsicht. In der chronischen Leberentzündung kann man länger fortge­setzte Einreibungen von Quecksilbersalbe, später mit Terpentin­öl, innerlich Salmiak und ähnliche auflösende Mittel versuchen.
0. Milzentzündung. (Lienitis.)
Diese Krankheit kommt, ausgenommen von äussern Ver­letzungen, bei unsern Hausthieren selten für sich vor, sondern beinahe blos mit allgemeiner Entzündung der in der Bauchhöhle liegenden Organe, wobei indessen die Entzündung mehr den serösen Ueberzug betrifft, als das eigentliche Gewebe der Milz; in diesem Falle bekommt die Milz ein helleres Aussehen; sie ist nämlich rosenfarb oder wie Pfirsichblüthe, dabei fest, derb. Anders verhält es sich beim sogenannten Milzbrande, bei typhö­sen Fiebern und überhaupt bei Blutanhäufung in dem Pfort­adersystem; hier ist die Milz meist vergrössert, ihre Oberfläche beulenartig aufgetrieben, ihr Parenchym weich, schwarz, theer-artig. Selten findet man Eiteransammlung, Knoten und Was­serblasen in der Milz.
Stevens beschreibt einen Fall von traumatischer Milzentzündung beim Pferd (Belg. 1842) und Bouley bei einer Kuh (Rec. 1843); in beiden Fällen war Eiterung die Folge der Verletzung, und Bouley macht auf den eigenthümlichen, sehr Übeln Geruch dieses Eiters aufmerksam.
Crnzel hat einige Fälle von Milzentzündung bei Ochsen (Journ. vet. 1834) beschrieben, allein da in den günstig verlaufenen Fällen es nngewiss bleibt, ob #9632;wirklich eine Entzündung der Milz vorhanden gewesen sei, und in dem einen tödtlich geendeten Falle eine Zerreissung der Milz, in dem andern Falle Abscess- und Tuberkelbildung zugegen war, so kann man die ange­führten Symptome nicht ohne Weiteres hieher beziehen. Webb führt eine enzootisch vorgekommene Milzentzündung, die mit heftiger Entzündung des Laabmagens und Duodenum verbunden war, an. (Vet. Reeds. 1846.)
Rycliner beobachtete bei einem längere Zeit kränkelnden Ochsen eine
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Milzentzttndang.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;515
sehr grosse Milz, 'deren Inneres in eine schlammähnliche, griesige, stinkende Massei verwandelt war (vergl. die Milzfäule S. 35Ï). Hypertrophische Ver-grösserung der Milz ist nicht sehr selten: Gurlt fand die Milz eines Pferds 33Vj Pfund schwer; die hiesige Sammlung enthält eine solche von 62'/, Pfund; nichts Hess im Leben des Thiers auf eine solche Veränderung schliessen.
Den bei Hunden, welche an seuchenartiger Wuth zu Grunde gingen, sich zeigenden beulenartigen Auftreibungen der Milz legten Prinz and Franque einen besondern Werth bei, und hielten desshalb diese Form der Wuth für verwandt mit Anthrax. Ich habe ähnliche Veränderungen an der Milz der Hunde öfters beobachtet, ohne dass im Mindesten ein Wuthverdacht vorhan­den gewesen wäre.
Die Entzündung der Bauchspeicheldrüse ist noch wenig oder gar nicht bekannt. Ueberhaupt sind krankhafte Ver­änderungen an dieser Drüse sehr selten; Verhärtung (Scirrhus), Tuberkel, Abscesse, steinartige Concremente in ihrem Ausfüh-rnngsgange sind bei Sectionen, aber blos zufällig, gefunden worden, während kein Symptom am lebenden Thiere auf eine Krankheit des Pancreas deutete. (Lemoigne, Eitersack in der Bauchspeicheldrüse bei einem Pferd mit Zehrfieber. Mail. II.)
P. Entzündung der Harnorgane.
Hierher gehört die Entzündung der Nieren und der Harnblase. (Die Krankheiten der Harnröhre sind in der IV. Klasse angeführt; vergl. das Blutharnen in der Abtheilung: Blutungen.)
a) Nierenentzündung. (Nephritis.)
Literatur: Schwab, 3 Fälle nach Castration Mohn. J.B. 1849—50, ferner G. amp; H. IV, XIV, rhein. Vet. Bericht von 1836; Nierenentzündung mit Apoplexie Rec. 1840. Geschwüre in der Niere Belg. 1846, Vet. 1844, Rep. VII, Hilmer in N. amp; V. XVI.
Entzündung der Nieren, mit Fieber und Störung der Harn-secretion. Häufiger bei Rindvieh, als bei Pferden.
Symptome: die acute N i er en-Entzündung beginnt beim . Pferde mit den Zeichen eines entzündlichen Fiebers und tritt gewöhnlich ziemlich heftig auf. Die Stellung des Thiers ist mit auseinander- oder zurückstehenden Hinterfüssen, der Gang kratt-lich, öfters beschwerlich, steif, manchmal selbst unmöglich (wo­bei das Thier kreuzlahm zu sein scheint); das Umwenden und Biegen der Wirbelsäule ist schmerzhaft, eben so Druck in der
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516nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entiündnngen.
Lendengegend; die Hoden sind an den Bauch heraufgezogen; der Harn wird öfter entleert, in kleinen Mengen, mit Anstrengung oder Schmerz, er ist nicht selten stark geröthet, wie blutig oder gar schwarz. Schwab vergleicht dessen Farbe dem Milchcaffee oder verdünnter Chocolade. Bei der Untersuchung durch den Mastdarm findet man die Harnblase leer, zusammen­gezogen, weder besonders heiss noch empfindlich (ausser es wäre zugleich Blasenentzündung zugegen).
Der anfangs volle Puls wird bald kleiner und härter; Ap­petit und Ausleerungen hören auf, statt des Harns geht blos etwas gerötheter Schleim ab, es gesellen sich kolikähnliche Schmerzen hinzu, partieller oder allgemeiner Schweiss, die Zei­chen der Erschöpfung treten ein, und das Thier geht oft schon innerhalb 2—3 Tagen zu Grunde, Im günstigeren Falle zer-theilt sich die Entzündung und die Symptome lassen allmählig nach. Der üebergang in Eiterung ist selten. (Von Kreuzläh­mung unterscheidet sich die Nierenentzündung durch das be­gleitende Fieber und durch die verminderte Secretion eines veränderten Harns.)
Bei der Section findet man, ausser den Zeichen der Ent­zündung an den übrigen Baucheingeweiden, die Nieren aussen fest, hart, innen brandig; die Nierenbecken öfter vergrössert (durch Steine), vereitert, oder Abscesse in der Substanz der Nieren u. s. w.
Ursachen: theils mechanische, wie anhaltender Druck, Stösse, Schläge in die Lendengegend, übermässige Anstrengung beim Zuge, Sturz; ferner Fehler der Fütterung, wie schimm-liches Heu, dergleichen Haber, gedörrter Haber, Missbrauch harntreibender Arzneien (Digitalis, Harze und ätherische Oele, Canthariden), zufälliger Genuss von mit Insecten und ihren Excrementen verunreinigtem Futter, harzigen Sprossen und dergl. — Auch Erkältung wurde in einzelnen Fällen beschuldigt. Eine örtliche Veranlassung zu Nierenentzündung können Nie­rensteine geben.
Prognose: nach dem Grade des Fiebers.
Behandlung: Vermeidung der Ursache; innerlich Neu­tralsalze, im höheren Grade der Entzündung Aderlässe, warme Umschläge oder ableitende Reize in der Lendengegend (mit Vermeidung von Terpentinöl, Canthariden u. dergl.; stattdessen
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Nierenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;517
Senfbrei), fleissige Klystiere mit schleimigen Deoocten, Chamil-len und dergl., daneben strenge Diät.
Youatt empfiehlt zuerst Aderlässe, sodann ein kräftiges Abführungs­mittel, und wenn dieses zu wirken nachlässt, täglich dreimal einen Scrupel Veratrum album mit oder ohne Brechweinttein. Dazu Bähungen der Len­dengegend, warmes Verhalten überhaupt, hinreichendes Wasser zum Trinken u. s. w. Ralph gab nach einem Aderlass, Aloë mit Leinöl, sodann Copaira-balsam mit Camphor und Opium.
Bei Nierenentzündung von Insecten dürfte eine Camphor-etnnlsion mit Salzen am zweckmässigsten sein.
Gegen zurückbleibende Steifheit des Rückens oder selbst Lähmung sind flüchtig reizende Einreibungen oder Umschläge mit aromatischen Pflanzen und dergl. anzuwenden.
Die chronische Nierenentzündung ist selten mit einiger Sicherheit am lebenden Thier zu erkennen und hat gewöhnlich Vereiterung oder Jauchebildung innerhalb der meist knorpelähn­lich verhärteten Nierensubstanz zur Folge. In seltenen Fällen entleert sich der Abscess nach aussen.
Ich sah von der Niere eines an Saamenstrang-Verhärtung leidenden Pferds einen Fistelgang in den Zwölffingerdarm gehen. Grosser Blntreichthum der Nieren lässt für sich allein nicht auf Nierenentzündung scbliessen; Er-guss von Blut in das die Nieren umgebende Zellgewebe beobachtete ich nach grossen Gaben Digitalis und Sachar. salurn. Nach Böll ist chronische catarrhalische Nierenentzündung bei Pferden häufig; die Nierenbecken sind erweitert, schmutzig bräunlich, mit zähem oder eitrigem Schleim überzogen oder ausgefüllt; der Harn meist zähe, satzig oder eiweisshaltig.
Beim Rindvieh änssert sich die Nierenentzündung auf die­selbe Weise wie beim Pferde; Unruhe, gekrümmter Rücken, Schmerz beim Druck unter die Querfortsätze der Lendenwirbel, Abgang eines wasserhellen oder gerötheten, mit Blntklümpchen vermengten Harns; Hitze im Mastdarm, leere Blase u. s. w., dazu ein entzündliches Fieber. Der Tod durch Brand tritt in 3—4 Tagen ein, die Zertheilung innerhalb 5—T Tagen, auch früher. Tritt bei Abnahme des Fiebers neuer Schauder ein, und gehen mit dem Harn Flocken von Faserstoff und Eiter ab, so ist Vereiterung zugegen. (Rychner.)
Rührt die Nierenentzündung von Verletzung der Wirbel­säule her, so ist Lähmung des Hintertheils damit verbunden, ist sie mit Darmentzündung complicirt, so werden die eharac-teristischen Erscheinungen dieser leicht zu erkennen sein; die nicht seltene Complication mit Entzündung des Fruchthälters gibt sich durch wehenartiges Drängen kund. Bei der Harn-
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518nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.
blasenentzündung ist dieses Organ nicht gefüllt, sondern zusam- ' mengezogen und verdickt, dabei der Druck auf den Blasengrund oder gegen den Blasenhals schmerzhaft.
Als Ursachen werden Erkältung, Stoss, Schlag, das Be­springen der Kühe durch zu schwere Farren, Harnsteine (selten), harzige Stoffe, Canthariden u. dgl. angegeben.
Die Behandlung besteht in Aderlass, Salzen (Salpeter oder Glaubersalz), in vielem Schleim, auch besänftigenden Mitteln (Syosciam.), ähnlichen Klystieren, warmen Umschlägen.
b) Entzündung der Hcvmblase. (Cystitis.) Sie ist noch seltener als die Nierenentzündung, und daran kenntlich, dass das Thier sich oft zum Harnen anstellt, nur kleine Mengen Harn absetzt, dabei leichte Kolikschmerzen äussert, die hn weitern Verlaufe von einem entzündlichen Fie­ber begleitet sind. Bei der Untersuchung durch den Mastdarm findet man Hitze in der Umgebung der Blase, diese selbst leer, fest zusammengezogen, ihre Wände verdickt und auf Druck em­pfindlich; nur wenn die Entzündung blos den Blasenhals be­trifft, ist die Blase voll. Die Dauer der Blasen-Entzündung ist meist sehr kurz.
. Die Blasenentzündung geht ausser der Zertheilung gern in Verdickung der Häute und in Brand über; bei übermässiger Anhäufung des Harns zerplatzt sie (besonders bei den Wieder­käuern) und ergiesst ihren Inhalt in die Bauchhöhle und das sie umgebende Zellgewebe, worauf eine heftige Entzündung die­ser Theile den Tod herbei führt.
Tombs fand bei einem Pferd die Häute der Blase sehr verdickt, die Schleimhaut gangränirt, in der Blase Eiter und Schleim. Vet. 1843, Lin-denberg sah die Häute verdickt, dunkelroth, die Blase meistens röthlichen Harn enthaltend. G. lt;fe H. XIII. Roche-Lubin Blasen- und Darmentzün­dung durch schnelles Mästen, Toul. 1849. Verdickung der Blasenhäute einer Kuh 15 Pfund schwer. Zürich Med. Ber. 1853. Shorten, Blasenkrebs bei einem Pferde, Vet. 1855. Joyeux Entzündung der Hamorgane bei Kälbern. Toul. 1855.
Ursachen: scharfe Bestandtheile des Harns, Blasensteine, Verletzungen der Blase, Einbringen von Canthariden, um weib­liche Thiere brünstig zu machen, Moorrauch und Mehlthau (nach Schöngen).
Pre vost sah von starken Einreibungen von Cantharidentinctur an die Schenkel Blasenentzündung entstehen (Journ. prat. 1829); nach Baithele-my's wiederholten Versuchen mit sehr aasgedehnten Einreibungen und gros-
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Blasenentsttndnng.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;519
sen innerlichen Gaben von Canthariden ist jedoch in dieser Einsicht wenig zu befürchten, Rec. 1830.
Prognose: zweifelhaft, theils wegen dem schnellen Ver­lauf, theils weil die Ursachen nicht jedesmal zu beseitigen sind (z. B. Harnsteine).
Behandlung: wie bei Nierenentzündung, dazu schleimige und besänftigende Einspritzungen in die Blase (besonders bei Stuten). Ist die Blase angefüllt, so sucht man sie durch pas­senden Druck allmählich zu entleeren; besteht Krampf des Bla­senhalses , so ist innerlich Opium (nach dem Aderlass) zu geben. Bei weiblichen Thieren ist es leicht, die Blase durch einen Ca-theder zu entleeren, ' bei den Hengsten dagegen schwieriger und bei den Wiederkäuern ohne Harnröhrenschnitt nicht wohl ausführbar.
Bei Harnblaseuzerreissung nach viertägiger Eamrerhaltang eines Ochsen fand Simon das Thier ruhig, langsam fressend, den Bauch hängend, etwas aufgetrieben, umsehen nach den Flanken, hohle Augen, gesträubtes Haar, Schmerz beim Druck auf den Hodensack, oder bei Streichen im Mittelfleisch; im Mastdarm trockene Excremente. Nach dem Schlachten fand man drei Eimer geruchloses, gelbliches Wasser im Abdomen, an der Blase einen vier Zoll langen Kiss, in der Harnröhre einen Stein, die Nieren, Harnleiter und Blasenhäute entzündet, letztere zugleich verdickt (rh. Vet. Ber. von 1834). Die Ochsen überleben die Zerreissung der Blase manchmal 8—14 Tage.
Die Harnsteine des Pferds sind von verschiedener Grosse, Farbe und Gestalt, und entweder fest, aus concentrischen Schichten gebildet, oder aber aus einem trippelähnlichen Pulver, das sich in der Blase ansammelt, mit Blasenschleim und Harn zu einem Brei oder Teig vereinigt. (Einen sol­chen Blasenstein von Pferden, im Gewicht von 73/8 Pfund, besitzt die hiesige Sammlung.) Sie bestehen fast ganz aus kohlensaurem Kalk und sind daher in Säuren auflöslich. Verdünnter Essig löst die pulverfönnigen Steine in der Blase auf, die harten hingegen widerstehen, oder erforderten eine concentrirte Säure und einen höheren Wärmegrad, als die Blase ohne Gefahr aushalten kann. Der Blasensteinscbnitt ist bei Pferden einigemal mit Erfolg ausgeübt worden. (Straub, Rep. XIX.)
Es kommen beim Pferd auch, obwohl seltener, Blasensteine von weiss-licher oder grauer Farbe vor, die aus Phosphorsäure und Ammoniaktalk be­stehen. Morton fand einen Pferdeharnstein aus oxalsaurem Kalk besteben. (Vet. Reeds. 1846.)
Die Harnsteine des Rinds sind (abgesehen von den Nierensteinen, die gewöhnlich die Form des Nierenbeckens nachahmen), meist schrotförmig, aussen glatt, mit einem Metallglanz versehen, selten bohnenförmig oder warzig; sie bestehen grösstentheils aus kohlensaurem Kalk. (Eine Kuh hatte in der linken Niere 469 in der rechten 65 Harnsteine, deren grösster 3 Loth schwer war. Schw. I. Andreis operirte* einen Ochsen dreimal und fand noch 60—80 Harnsteine in der Blase; ein anderer Ochse hatte 4337 Stein-
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520nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
chen in der Blase, die nur 3'/: Drachmen wogen. Turin V.) Seltener sind die weissgrauen, die aus phosphorsaurem Ammoniak talk, und die weissen, welche aus Kieselerde mit kohlensaurem und phosphorsaurem Kalk zusam­mengesetzt sind. Bei der Enge und Krümmung der Harnröhre leiden die männlichen Wiederkäuer am meisten an Harnstrenge von Steinen,
Bei den Hunden kommen Harnsteine mit sehr verschiedenen Bestand-theilen vor, nämlich phosphorsaurem Ammoniaktalk (grau), harnsaurem Am­moniak (weiss), kleesaurem Kalke (gelbbraun, maulbeerförmig), und Cystin-oder Blasensänre (gelblich).
Die Blasensteine des Schweins sind weisslich und bestehen aus phos­phorsaurem Ammoniaktalk. (Die Analyse mehrerer Hamconcremente von Fürstenberg s. 6. amp; H. X; femer Girard, Mémoire 1823. Morton, on calc. concret. London.)
Q. Entzündung der Geschlechtsorgane.
Hier ist anzuführen: die Entzündung des Schlauchs und Hodensacks, der Ruthe, der Hoden- und Saraenstränge; die Entzündung des Wurfs und der Scheide, des Fruchthälters, der Eiterstöcke, des Euters.
a) Entzündung des Schlauchs und Bodensacks.
Durch Geschwulst, Hitze, Schmerz gibt sich diese Entzün­dung leicht zu erkennen. Sie ist theils metastatischer Art, und folgt in diesem Falle auf ein gelindes Fieber (meist rothlanf-artigen Characters) theils Folge äusserer Einwirkungen, z. B. Quetschungen, Verletzung, Operationen. Durch die Hitze, Span­nung n. s. w. unterscheidet sich die Entzündung der äussern Genitalien von der oedematösen Anschwellung derselben, die gewöhnlich allgemeine Schwächekrankheiten, Wassersucht und dergl. begleitet.
Nur in den höhern Graden der Entzündung ist ein Reiz­fieber (voller, etwas beschleunigter Puls) damit verbunden, und die Behandlung braucht bios in einigen Salzgaben, erweichenden Klystieren, nöthigenfalls zertheilenden Einreibungen von Queck­silbersalbe) oder Umschlägen (erweichende, besänftigende, spä­ter aromatische Kräuter) zu bestehen.
Binz empfahl bei starker Anschwellung des Scrotums nach Operationen, Waschungen mit einer Sublimatauflösung, wovon ich jedoch keine merkliche Hülfe sah. Sollte die Entzündung des Schlauchs die Ruthe entweder nicht hervorlassen (Pldmosis) oder die heraushängende Eichel einschnüren (Para-phimosis), so ist nöthigenfalls auf operativem Wege zu helfen. (Hering, Bep. VI.)
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Entzündung der Genitalien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;521
Bei dem Rindvieh, dessen Vorhaut sehr weit ist, aber eine kleine Oeffnung hat, und somit zu Ansammlung von Talg­drüsenschmiere, Urin u. dgl. geneigt ist, entsteht oft eine be­deutende Anschwellung des Schlauchs (böser Nabel, Raum­sehlauch) mit erschwerter Harnentleerung. Die Geschwulst ist fest, schmerzhaft, kalt, und befällt hauptsächlich den Rand der Schlauchöffnung, der sich dabei nach innen kehrt; die den Schlauch innen auskleidende Haut ist wund, schrundig; selten ist Fieber zugegen, dagegen verminderte Fresslust u. dgl. Zur Heilung ist es nöthig, die Ursache zu entfernen; dies geschieht durch Einbringen lauen Fetts in den Schlauch, Ausräumen des­selben mit dem Finger, Ausspritzen mit Seifenauflösung; Ter­pentinöl, Holzessig, zertheilende Einreibungen oder Bäder. In seltenen Fällen entsteht Eiterung oder Verjauchung des Zell-gewebs, welche nach den Regeln der Chirurgie zu behandeln ist (Holzessig, Chlorkalkauflösung); das Aufschlitzen des Schlauchs erleichtert die locale Anwendung der Mittel und die Aufsuchung der Fisteln u.dgl. (Lanotte, G. amp; H. VII. La-fosse Toul. 1849, Bernard, Rec. 1856.) Bei neugeborenen und Saugkälbern soll der böse Nabel in einer oft tödtlichen Entzündung und Vereiterung der Nabelvene bestehen. Kuers Mag. I. (Abfaulen der Ruthe im Schlauche, Klin. Stuttgart Rep. XVI.)
Auch bei Rindvieh kommt die obenangefuhrte metastatische Entzündung des Schlauchs von innern Ursachen vor (mit den Zeichen des falschen Rothlaufs), und erfordert neben der Sorge fiir gehörigen Abfluss des Urins die Behandlung des letzteren. Bei Hammeln und Widdern ist Entzündung des Schlauchs und der Ruthe von der Hitze und ammoniacalischen Ausdün­stung enger Ställe beobachtet. (Rec. 1850.)
b) Entzündung der Ruthe. {Phallitis und Urethritis.)
Die Entzündung trifft entweder die Schleimhaut der Harn­röhre, oder die schwammigen Körper der Ruthe (vielmehr ihren fibrösen Ueberzug.)
Die Entzündung der Harnröhre hängt theils mit Blasenent­zündung zusammen, theils mit Einklemmung eines Harnsteins Veyan Lyon 1847), oder talgartiger Schmiere in der kahn-förmigen Grube der Harnröhre (ReynalRec. 1846), (den Ca­tarrh der Harnröhre [Tripper], s. in der vierten Classe der
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522nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.
Krankheiten); die Entzündung der Ruths überhaupt aber ist ge­wöhnlich Folge einer Verletzung oder Quetschung derselben, und wird bei Hengsten und bei Hunden beobachtet. Die Buthe schwillt dabei an, besonders aber die Eichel, welche hervortritt, und von dem Schlauche eingeschnürt wird, so dass zugleich eine gefährliche Harnverhaltung sich einstellt, (Zink, Rep. X.)
Oertlich antiphlogistische Mittel, besonders aber Scarifica-tionen der Geschwulst sind hier zeitig anzuwenden, weil ausser-dem leicht Stockung des Bluts und Brand in der Eichel eintritt. In diesem Falle ist die Amputation des Penis noch zu versuchen.
(Geschwüre an der Oberfläche der Ruthe kommen in der Beschälkrankheit der Pferde vor, s. diese.)
c) Entzündung der Hoden (und Samenstränge). (Orchitis.)
Die Entzündung trifft selten beide Hoden zugleich; sie rührt meist von einer äussern Ursache, z. B. Quetschung, Verletzung her, und gibt sich durch eine schnell entstehende, schmerzhafte Anschwellung des Hodens, manchmal auch zugleich des Samen­strangs zu erkennen. Auch metastatische Hodenentzüngung wird beobachtet, z.B. bei verschlagener Druse, bei Rotz, Rothlauf­und rheumatischen Fiebern u. s. w. (In einigen Fällen ging die Hodenentzündung dem Rotz voraus, letzterer ist vielleicht durch Resorbtion von in dem Hoden gebildetem Eiter hervorgerufen worden.) Obgleich die Entzündung öfters heftig ist, bleibt doch der Kreislauf ruhig, es wäre denn dass der Schmerz sich sehr steigerte, oder das Thier überhaupt grosse Empfindlichkeit be-sässe; daher reicht man gewöhnlich (ohne Aderlässe) mit Sal­zen und besänftigenden Mitteln innerlich gegeben aus; wesent­lich sind aber warme Breiumschläge um den kranken Theil (aus Gonium oder Hyosciamus und Leinsaamenmehl), oder Einreibungen von Quecksilbersalbe, später mit Zusatz von Am­monium oder Camphor.
Die Hodenentzündung geht ausser der Zertheilung leicht in Verhärtung über, wobei ein Theil des kranken Hodens durch Erguss gerinnbarer Lymphe in sein Gewebe vergrössert wird und es bleibt; seltener ist Eiterung die Folge der Entzündung. Sie erfordert chirurgische Hülfe. Die allmähliche Zunahme der Masse des Hodens oft bis zu einem enormen Gewichte heisst Fleischbruch (Sarcocele); es liegt ihr eine chronische Entzün-
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Entzündung der Genitalien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 523
dnng des Gewebes zu Grande, die jedoch keine merkliche Kfank-heitsausserung hervorzubringen pflegt.
Gegen die Verhärtung des Hodens lässt sich Jod äusser-lich und innerlich versuchen; der Fleischbruch dagegen erfordert die Exstirpation des Hodens, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass meist auch der Samenstrang degenerirt ist und die Blutgefasse des Hodens bedeutend erweitert sind. Oberflächliche Entzündungen des Hodens, oder vielmehr der ihn überziehenden serösen Haut haben gerne Verwachsung desselben mit der ge­genüberliegenden Scheidenhaut des Hodensacks zur Folge. Eine enzootisch bei Stieren vorkommende Hodenvereiterung beschreibt Wallraif im Rep. VII. Die Ursachen derselben sind unbekannt.
Die Entzündung und Verhärtung des Samen­strangs ist weit häufiger als die des Hodens und folgt gern auf Castration; sei es, dass die Operation ungeschickt oder roh vorgenommen, oder die Heilung der Wunde durch unnöthi-ges Touchiren u. dgl. gestört wurde, oder endlich dass die Fol­gen einer Erkältung sich hier fixirten. Meist bleibt eine Fistel längere Zeit zurück. Die Samenstrangverhärtung kann dadurch, dass die Entzündung die in der Bauchhöhle liegende Parthie des Samenstrangs und die benachbarten Organe ergreift, tödt-lich werden. Sie erfordert neben Einreibungen von Quecksilber­salbe (und innerlich antiphlogistischem Verfahren) meist ope­rative Hülfe, die je eher um so sicherer zum Ziele führt.
Die Wasseransammlung im Hodensack (Hydrocele) kann eine solche Spannung der Häute hervorbringen, dass man glaubt, einen sehr vergrösser-ten Hoden vor sich zu haben. Legt man das Tbier auf den Bücken, so ver­schwindet die Geschwulst, weil sich die Flüssigkeit durch den Bauchring in die Bauchhöhle begibt.
Eine Entzündung der Vorsteherdrüse (Prostatitis) kommt bei Hunden vor; sie entsteht meist langsam, die Ver-grösserung und Verhärtung der Drüse drückt die Harnröhre zu­sammen und hindert den Abgang des Harns. Grosse Abspan­nung, Fieber, schnelles Athmen, gespannter, schmerzhafter Bauch, in welchem sich die Harnblase wie eine kopfgrosse Ge­schwulst fühlen lässt, Harnverhaltung, Verstopfung, endlich Entzündung der Baucheingeweide sind die begleitenden Symp­tome. In andern Fällen sah ich blos Abstumpfung der Sinne ohne Fieber. Bei der Untersuchung durch das Rectum findet man
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524nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
die Vorsteherdrüse apfelgross, verhärtet u. dgl., seltener von Abscessen durchzogen. Der Tod tritt meist in wenigen Tagen ein. Die Section zeigt die Harnblase voll dunkeln, sehr con-centrirten und übelriechenden Harns, die Prostata vergrössert und entweder verhärtet (scirrhös), oder mit Eiter (von ver­schiedener Beschaffenheit) angefüllt, oder von Fisteln durchzogen. Auch die Harnblase ist meist in Mitleidenschaft gezogen; ihre Wände sind verdickt, die Schleimhaut geschwürig. (Aehnlicher Fall von Dittrich in Kr. 1852, 2 Fälle von Leblanc Rec. 1855.)
d) Emtzündung des Wurfs und der Scheide. (Kolpitis.)
Die Entzündung der genannten Theile ist, wo sie nicht von mechanischen Ursachen (schwerer Geburt, roher Hülfelei­stung dabei, zufälliger Verletzung) herrührt, meist rothlauf-artiger Natur und erheischt die für beide Fälle schon mehr­mals angefahrte Behandlung. Bei längerer Dauer wird die Schleimhaut verdickt, hart, geschwürig und es kann Abzehrung nachfolgen. (Rep. XI.)
e) Entgü/ndung des Fruchthälters. (Metritis.)
Sie befallt unter den Hausthieren vorzugsweise Kühe, und zwar fast ohne Ausnahme kurze Zeit nach einer (normalen oder abnormen) Geburt. Nach dem Verlaufe ist die acute Fruchthälterentzündung von der chronischen zu unterscheiden.
a) Acute Entzündung des Fruchthälters.
Kurze Zeit nach der Gebart hört das Thier auf zu fressen, wird unruhig, wedelt mit dem Schwänze, trippelt hin und her, legt sich und steht wieder auf, sieht nach den Flanken, drängt auf den Harn (der in geringer Menge und geröthet abgeht) und auf die Geschlechtstheile (den Wehen ähnlich und zu Pro­lapsus Anlass gebend), die Beschaffenheit des Pulses, der Haut­temperatur u. s. w. zeigt ein entzündliches Fieber an; der Mist ist schwärzlich, trocken und geht in geringer Menge mit Schmer­zen ab; die Milch bleibt aus, der Rücken ist steif, in die Höhe gekrümmt, das Kreuz empfindlich, die änssern Geschlechtstheile sind trocken, geröthet, geschwollen und schmerzhaft. Der Gang ist schleppend oder schwankend.
Im weitern Verlauf der rasch zunehmenden Symptome stel-
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rruchtMlterentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;525
len sich Abstumpfung der Sinne, Zähneknirschen, grosse Schwäche, Meteorismus, Ausfluss übelriechender Jauche aus den Genitalien und die Zeichen des Brandes ein, und das Thier stirbt oft schon am zweiten Tage nach dem Beginn der Krankheit. Lang­samer ist der Verlauf (10—12 Tage), wenn das Fieber den torpiden Character angenommen hat; die Krankheit geht in die­sem Falle nicht selten in chronische Entzündung über.
Das Nachlassen des Fiebers, der Schmerzen und des Drangs, die leichtere Beweglichkeit des Thiers, bessere Beschaf­fenheit des Ausflusses, die Erscheinung der Fresslust und der Secretionen, besonders der Milch, zeigen die eingetretene Bes­serung an.
Bei der Section findet man den Frnchthälter entzündet, dunkelroth, blutreich, die Häute aufgelockert, mürbe, stellen­weise Brand; ferner Entzündung der benachbarten Organe, des Bauchfells, der Harnblase u. s. w., brandiges Wasser in der Bauchhöhle, das Fett sulzig, das Blut schmierig.
Ursachen: Quetschungen, Verletzungen, Zerreissungen des Fruchthälters bei Gelegenheit der Geburt, durch das Junge oder die dabei geleistete manuelle Hülfe; Vorfall und Umstül­pung des Fruchthälters. Vom Zurückbleiben der Nachgeburt, besonders nach Frühgeburten, habe ich tödtliche Fruchthälter-entzündung entstehen sehen, ohne dass Hülfeleistung oder Ein­spritzung u. dgl. angewendet worden wären. Erkältung der Haut oder der Eingeweide durch kaltes Saufen wird häufig als einwirkend angesehen. Ob, wie beim Kindbettfieber des Weibes eine Entzündung und Eiterung der Venen des Uterus bei den Hausthieren vorkommt, ist noch nicht durch bestimmte Fälle nachgewiesen.
Prognose: nach dem Stande des Fiebers und der Daner der Krankheit; nicht selten ungünstig.
Therapie: stark antiphlogistisch. Aderlässe, nöthigen-falls wiederholt, innerlich Salpeter, Glaubersalz in schleimigen Abkochungen; schleimige Klystiere und dergleichen Einspritzun­gen in die Genitalien, öfters wiederholt und nur lauwarm. Rychner räth letzteren Milch beizusetzen und die Aderlässe am Schweif und den Schrankadern vorzunehmen. Die Kur un­terstützen Ruhe, warmes Verhalten, reichliche Streu, laues Mehl­wasser zum Getränke. Bei torpidem Character des Fiebers ist
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526nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
dem Salpeter Camphor beizusetzen und als Vehikel ein Infusnm von Valeriana oder Arnica zu nehmen.
Bliggenstorfer sah acute Fruchthälterentzündung bei Kühen zu­gleich mit Wassererguss in die BauchhUble und zwischen die Häute des Uterus. Als Ursachen werden mechanische Verletzungen, das Zurückbleiben der Nachgeburt beschuldigt. Zu den Einspritzungen sollen aromatisch-adstrin-girende Pflanzen genommen werden. Schw. XII.
Gegen zurückbleibende Schwäche der Geschlechtstheile und fortdauernden eiterähnlichen, später serösen Ausfluss aus den­selben dienen gelind adstringirende Injectionen. Unfruchtbarkeit oder Neigung zu Prolapsus bleiben manchmal zurück.
/?) Chronische Entzündung des Fruchthälters.
Die Symptome derselben sind weniger heftig, das ï]ieber ist gelinde oder fehlt, die äussern Genitalien sind etwas höher geröthet, empfindlich; das Kreuz ist steif, der Gang gespannt, schwankend u. s. w., dazu Trägheit, wechselnde Fresslust,, ver­zögerte Secretionen, wenig und schlechte Milch u. s. w.
Da diese Form der Entzündung sich mehr auf die Schleim­haut beschränkt, so entscheidet sie sich meist durch einen vermehrten Ausfluss von Schleim oder fleischbrühähnlichem, röthlichem Serum, der entweder nach einigen Wochen aufhört, oder aber in geringerem Grade fortdauert und dann die Leu-corrhoë in manchen Fällen vielleicht auch die Fruchthälter-Wassersucht, darstellt (s. in der IV. Klasse).
Chouard beobachtete bei einer Stute eine periodisch wiederkehrende Entleerung von eiterartigem Schleim in Folge einer Fruchthälterentzündung. Knoll geschwürige Zerstörung der Schleimhäute mit Abzehrung (Rep. XI.)
Unter den Ursachen steht hier Erkältung oben an, aus-serdem können die obenerwähnten mechanischen Verletzungen, wenn sie in geringem Grade oder wiederholt stattgefunden haben, eine chronische Entzündung des Fruchthälters herbei­führen und unterhalten; dies gilt namentlich von dem Zurück­bleiben der Nachgeburt, oder einzelner Theile des Fötus u. s. w.
Behandlung: Anfangs gelinde entzündungswidrig; zu den schleimigen Einspritzungen wird nach einigen Tagen Essig zu­zusetzen empfohlen; Abkochungen von Weidenrinden, Chamillen, Salbei, Sabina u. dgl., so wie innerlich stärkende und bittere Mittel sind bei längerer Dauer des Uebels am Platze. Wo Symptome der Abzehrung und Phthisis sich einstellen, ist — so weit hier noch von einem Nutzen die Rede sein kann — die bei diesen Krankheiten angeführte Behandlung einzuleiten.
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Entzündung dei Eierstocke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 527
/) Entzündung der Eierstöcke. (Oophoritts.)
Sie wird selten beobachtet und möchte am lebenden Thiere von einer acuten Entzündung des Bauchfells, des'Fruchthälters u. s. w. (mit welcher sie gewöhnlich verbunden ist) schwerlich zu unterscheiden sein; durch die Untersuchung durch den Mast­darm können die vergrösserten und empfindlichen Ovarien ge­fühlt werden.
Eine chronische Entzündung des Eierstocks liegt wahr­scheinlich den nicht so selten vorkommenden Degenerationen dieses Organs zu Grunde; z. B. der Fleischgeschwulst. Die Wasserbildung im Eierstock (ITydrops ovarii), die Balgge­schwülste, welche Haare und dergleichen enthalten, entstehen ohne vorausgegangene, oder gleichzeitige Entzündung, durch Störung der Ernährung oder Missverhältniss der Absonderung und Aufsaugung.
Bonley fand bei Stuten Eierstöcke bis zu 46 Pfund im Gewicht; sie enthielten Höhlen, in denen sich bald eine ungefärbte, geruchlose Flüssigkeit, bald eine hefen- oder hirnähnliche, krümliehe, blutige Materie befand. Die Wände dieser Kysten sind oft häutig, meist aber fester, knorpelig und selbst theilweise verknöchert. (Rec. 1828) Barruel hat in der Kystea-Flüssigkeit Cholestearine in ziemlicher Menge gefunden. (Ebend. 1826) In einem von Men er (Rep. HI) beschriebenen Falle, waren Koliksymptome, Harnver­haltung. Lust zu Schlagen und Beissen, nebst starkem Drang auf den Mast­darm und die Genitalien bemerkt worden. Beynal gibt heftige und lange anhaltende Brunst, Anschwellung des Wurfs und selbst der Hinterfüsse, Em­pfindlichkeit der Lendengegend und des Bauchs u. s. w. als Symptome der acuten Eierstocksentzündung an. (Rec. 1843.) Heckmejer beobachtete eine Stute, welche zugleich an Blennorrhöe litt; der Tod trat nach 5 Wochen ein; die Eierstöcke waren faustgross und enthielten Eiterhöhlen. Holl. 1851.
Durch ihren Druck auf benachbarte Eingeweide können de-generirte Eierstöcke verschiedene (meist kolikähnliche) Krank­heitssymptome hervorbringen, auch durch Zerreissung von Blut-gefassen gefahrlich werden. Durch Arzneimittel lässt sich Nichts dagegen ausrichten, daher bliebe bios die Exstirpation übrig.
Bei jungen Stuten bemerkt man beim Eintritt der Ge­schlechtsreife manchmal periodisch wiederkehrende leichte Ko­liken, welche der Catamenialkolik zu vergleichen sind (s. S. 49.)
Als eine Entzündung der Eihäute des Foetus führt Pauli die sogenannte rothe Blase an; die Eihäute sind stark injicirt, etwas verdickt, mürbe, rauh, das Fruchtwasser röthlich und trübe. Die Fohlen sollen dabei entweder todt zur Welt kommen oder innerhalb 14 Tagen sterben. (G. amp; H. VIII.)
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Entzündungen.
lt;/) Entzündung des Euters. (Mastitis.)
Literatur: Schmid (Woch. 1849), Rychner (Schw. XII, XHI), Heck-meijer (Holl. 1852), Gerlach (G. amp; H. 1854), Eberhard (ebd. 1856), Lafosse (bei Schafen, Toul. 1856), Hering in den klin. Jahresberich­ten, Rep.
Anschwellung, Hitze, Köthe, Sehmerz und gestörte Milch­absonderung bezeichnen die Entzündung des Euters, welche unter nnsern Hausthieren bei den Kühen am häufigsten vor­kommt.
Die Entzündung trifft bald blos einen Theil (Viertheil, Hälfte des Euters) bald das ganze Organ; sie kommt selten vor bei Thieren, die noch nie Milch gegeben haben, dagegen hauptsächlich vor und nach der Geburt, so wie nach dem Ab-stossen der Jungen (bei Stuten). Selten ist Fieber damit ver­bunden, dagegen wechselnde oder ganz mangelnde Fresslust, vermehrter Durst n. dgl. Die Milchsecretion ist vermindert, oder hört ganz auf; die Milch ist gelblich, wässerig oder eiterig, manchmal blutig, geronnen; sie stockt in den Canälen und ver­mehrt dadurch das ursprüngliche Uebel.
Die Krankheit kommt im Sommer und Herbst am häufig­sten vor; sie entwickelt sich rasch, und die Entzündungs­symptome, besonders die Härte und Köthe, der Schmerz und die Ausbreitung der Entzündung auf vorher noch freigebliebene Theile steigern sich zusehends. Wo nicht in wenigen Tagen Zertheilung herbeigeführt wird, ist Verhärtung des erkrankten Theils (Fleischigwerden des Euters) und Bildung von Milch­knoten am häufigsten, Eiterung seltener. Nur beim Schafe ist der Brand des Euters häufig, ohne Zweifel weil in der Heerde der Anfang der Krankheit bei einzelnen Stücken leicht über­sehen wird.
Rychner unterscheidet drei Formen von Enterentzündung beim Rindvieh, nämlich die active (mit heftigem Schmerz, Hitze und Röthe meist eines Viertheils des Euters, Milch mit Blutstreifen oder blos Molken, Appetitlosig­keit und Fieber); sodann die passive Enterentzündung (meist unmittelbar nach der Geburt entstehend, durch eine teigige Geschwulst des ganzen Euters bezeichnet), und die rheumatische Enterentzündung mit Schmerzen im Kreuze oder dem Hinterfusse der kranken Seite, Bildung gelbrother, heisser Molken, gestörter Fresslust und Fieber; sie trifft meist nur ein Viertheil des Euters. Nach Schärg kommt die active Entzündung vorzugsweise bei neu­melkenden Kühen, die passive Entzündung gegen das Ende, die rheumatische Entzündung in jeder Melkperiode vor; er fügt (unnöthigerweise) noch eine typhöse Entzündung hinzu, mit heftigem Fieber und Carhnnkeln (Schw. XIV).
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Euterentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;529
Die catarrhalische Entzündung soll sich auf die Schleimhaut des Milchcanals beschränken, diese verdicken, verschliessen und zuletzt zu Verhärtung der Drüse führen; nach Gerlach richtet diese schleichend verlaufende Form viel Schaden an.
Die Zertheilung gibt sich durch die Abnahme der Symptome und die allmählich eintretende Secretion normal beschaffener Milch zu erkennen.
Milchknoten bilden sich gerne bei der activen und der rheumatischen Euterentzündung, und bestehen in geronnenem Käsestoff, in Form von Klumpen, Cylindern u. dgl,, oder die Gestalt der Milchcanäle nachahmend.
Die Verhärtung des Euters hat bleibend verminderte Milch-production zur Folge, und ist daran kenntlich, dass das Euter fest und derb, dabei geschwollen bleibt, während die Hitze und der Schmerz abgenommen haben. Aus der Verhärtung entwickelt sich weiterhin Scirrhus und selbst Krebs, der bei Hündinnen und Katzen mehrmals beobachtet worden ist. Die Exstirpation des betreffenden Euters ist bei diesen Thieren von keiner besondern Bedeutung. Gurlt fand das angeschwollene Euter einer Hündin von Wasser infiltrirt, das statt des Fetts das Zellgewebe zwischen den geschwundenen Drüsenkörnern einnahm.
Die Eiterung pflegt erst später in einer verhärteten Euter-parthie oder bei Milchknoten einzutreten; ihre Behandlung ge­hört mehr in das Gebiet der Chirurgie.
Der Brand des Euters gibt sich durch die schwarzblaue Farbe und Unempfindlichkeit der Geschwulst zu erkennen; er trifft bald die Hälfte, bald das Ganze des Euters.
Die Ursachen der Euterentzündung sind theils äussere, wie mechanische Schädlichkeiten, Stossen des saugenden Thiers u. dgl., ferner Erkältung der Haut, besonders durch Zugluft, Liegen auf kaltem Roden u. s. w., — theils innere. Hieher ist die durch die Geburt bedingte Congestion des Bluts nach dem Euter zu rechnen; sie beginnt einige Zeit vor dem Ende der Tragzeit und wird in den ersten Tagen nach der Geburt bedeutend verstärkt, da nun das Euter die Function des Frucht-hälters übernimmt und das früher dorthin geleitete Blut nun dem Euter zuströmt. Dieser natürliche Vorgang artet leicht in einen krankhaften aus; es gehört femer hieher die Span­nung des Euters durch Ansammlung von Milch, sei es, dass
Hering, Fathologiraquo;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 34
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Entzündungen.
das Junge nicht saugt oder mechanische Hindernisse den Aus­tritt der Milch hindern; daher entsteht Euterentzündung nach dem Abstossen der Fohlen oder nach dem künstlichen An­schwellen des Euters bei altraelkenden Kühen, die man als neumelkend und milchreich zu Markte bringt (engorgement laiteux), nach unterlassenem oder nachlässigem Ausmelken u. s.w. Die rheumatische Euterentzündung entsteht von schnellem Wit­terungswechsel, Erkältung durch Regen u. dgl.; die passive Euterentzündung hängt mit Atonie des Organs zusammen.
Das schnelle Entstehen der Euterentzündung überrascht oft die Viehbesitzer; daher sie gerne den Biss eines giftigen Thiers, wozu sie die Spitzmäuse und Wiesel rechnen, beschul­digen. Der Münchner Jahresbericht von 1843 führt den Biss der Nattern {Coluber austriacus) an (Rep. IV, S. 316). In Frankreich sollen die Spinnen das Uebel anrichten, daher der Name: Araignée.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; )
Eine in den ersten Tagen nach dem Gebären sich bildende ausgebreitete Geschwulst im Mittelfleisch, gegen das Euter hinab, die manchmal ihre Stelle wechselt, nach vorwärts zieht u. s. w., hat ihren Sitz im Zellgewebe, ist ungefährlich und ohne Einfluss auf die Milch; die Melker nennen sie Kälber­geschwulst.
Die Prognose ist günstig, so lange noch die Entzündung besteht, weniger wenn bereits Verhärtung u. s. w. eingetreten ist.
Behandlung: die active Euterentzündung erfordert inner­lich Salpeter, Glaubersalz in schleimigen oder gelind diaphore­tischen Flüssigkeiten. Ein Aderlass ist sehr selten nöthig; in diesem Falle könnte er an der Bauchhaut-Vene vorgenommen werden. Oertlich sind anfangs Lehmanstriche mit Salz, ein dünner Brei von Roggenmehl und Wasser u. dgl. fleissig an­zubringen. Häufig wird diese Periode versäumt oder geht zu rasch vorüber, und es kommt die Reihe an die zertheilenden Salben. Quecksilbersalbe leistet hier weniger und passt nicht in Fällen, wo die Milch (des noch gesunden Theils) zum Ge-nuss für Menschen bestimmt ist; dasselbe ist mit Bleimitteln der Fall; dagegen ist eine Camphorsalbe (aus 1 Drachme Cam­phor auf 1 Unze Unguent, altheae oder Schweinsfett) zu neh­men. Das flüchtige Liniment wird häufig benützt, reizt aber die feine Haut mehr als die Camphorsalbe; Kaliseife, geschabte Seife in Baumöl mit Zusatz von Aether werden oft empfohlen;
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Enterentzündnng.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 531
The er passt nicht wegen des üblen Geruchs; die Salben müssen lange anhaltend in die verhärtete Parthie eingerieben werden. Manche empfehlen schleimige Bähungen und Bäder; sie sind aber in vielen Wirthschaften zu umständlich und werden bald zu heiss, bald zu kalt angewendet. Ryebner will eine Nieswurzel, vor oder hinter das Euter gesteckt, allen Salben vorziehen; sie muss nach 8—12 Stunden herausgenommen werden, damit nicht Brand eintritt; ich habe ein solches heftiges Mittel noch nie für nöthig gefunden. Wesentlich erforderlich ist das Ausmelken des kranken Strichs und zwar je öfter desto besser, dabei mit Schonung der ohnedies schmerzhaften Theile. Warmes Verhal­ten, laues Getränke, wenig aber leicht verdauliches, kühlendes Futter unterstützen die Behandlung sehr.
Bei der passiven Euterentzündung werden (neben dem Aus­melken) Bähungen mit Eibisch- und Kamillen-Decoct, mit Zusatz von Essig oder Bleiessig; innerlich Schwefel mit Enzian, Enula, Pimpinella oder Fenchel empfohlen.
Die rheumatische Euterentzündung erheischt nach dem Cha­racter des Uebels innerlich antiphlogistische und diaphoretische Mittel; dazu Cataplasmen von Leinsamen und Flor, sambuci, die oft zu erneuern und bis an den Bauch hinauf anzubringen sind; warme Kräutersäcke auf das Kreuz und fleissiges Aus­melken.
Ist ein Theil des Euters in Verhärtung übergegangen, so sind Einreibungen von Camphorsalbe mit Kali carbon., ferner Linim. volat. oder Quecksilbersalbe mit Liq. ammon., oder mit 01. animal. Dipp. (nach Ry ebner, welches aber zlt;i sehr stinkt) am Platze. Erst nach längerer Zeit, und wenn keine Entztindungssymptome mehr zugegen sind, passt eine Jodsalbe oder Jodtinetur, im andern Falle wird die Entzündung wieder gesteigert und die Verhärtung geht in Eiterung über. Bei meh­reren Schafen sah ich durch Verwechslung der für frisch ent­zündete Euter vorgeschriebenen Camphorsalbe mit der für alte Verhärtungen verordneten Jodsalbe Brand am Euter entstehen. Die gleichzeitige innerliche Anwendung des Jods ist in der Regel entbehrlich.
Die Milchknoten erfordern hauptsächlich Entfernung der geronnenen Klumpen auf mechanischem Wege, durch sanftes Kneten und Streichen der Zitzen, und zuletzt Ausmelken des Gerinnsels, Einreibungen von Lin. vol., Kalkliniment u. dgl.,
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Entzündungen.
Kaliseife mit Bähungen. (Youatt hält das Stossen des Kalbs für zuträglich, um dergleichen Knoten zu zertheilen!)
Bilden sich Abscesse im Euter, so sind sie auf die ge­wöhnliche Weise zur Reife zu bringen, möglichst bald zu öffnen und nach den allgemeinen Regeln auszuheilen.
Brand des Euters erfordert tiefe Einschnitte, bis auf den gesunden Theil ouer bis zur Aponeurose des Bauchmuskels; das Einbringen reizender Flüssigkeiten, z. B. Terpentinöl in die Wunde, um schnell Eiterung an der Gränze des Brands herbeizuführen; ferner Bähungen mit aromatischen Decocten und Chlorkalk, um das Abstossen des todten zu beschleunigen und die Resorbtion der Jauche zu hindern. Auf das allgemeine Befinden des Thiers ist die nöthige Rücksicht zu nehmen. Die nach dem Abfallen des Euters zurückbleibende Wundfläche heilt meist bald.
Ist die Euterentzündung bei altmelkenden Thieren durch Anhäufung der Milch im Euter entstanden, so ist zunächst diese Ursache zu beseitigen. Schwillt das Euter bei Thieren, deren Junge entfernt wurden und deren Milch nicht benützt wird, so ist die Secretion zu vermindern oder zu unterdrücken. Dies geschieht bei Stuten am leichtesten durch etliche Tage knappes Futter, dazu ein gelindes Abführungsmittel; auch öf­teres Waschen des Euters mit kaltem Wasser gehört hieher. In dringenden Fällen ist das Euter anszumelken. Um die Milch bei Hündinnen und Katzen zu unterdrücken, ist Extr. conii macul. oder chelidon. maj., zu zwei bis vier Gran pro dosi, täglich zwei- bis dreimal hinreichend. Kühen pflegt man ge­pulvertes Gnaphalium rectum oder Hb. chelidon. zu zwei Ess­löffel voll pro dosi zu geben.
Bei metastatischen Euterentzündungen (z. B. bei Druse) ist neben der örtlichen Behandlung hauptsächlich auf den Cha­racter des Allgemeinleidens Rücksicht zu nehmen; dasselbe ist der Fall, wenn während dem Verlauf eines Rothlauffiebers das Euter ergriffen wird. Die Entzündung des Euters bei den Kuh­pocken ist immer unbedeutend, wenn sie nicht durch nachläs­siges Ausmelken u. dgl. verschlimmert wird.
Die Milch kranker Euter (besonders bei Abscessbildung) sollte nicht zum Genuss für Menschen benützt werden.
Unter dem Namen „gelber Galtquot; ist eine noch dunkle Euterkrankheit in dar Schweiz bekannt, -welche in einer plötzlichen Milchverminderung, ohne
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Hufentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;533
sonstige Krankbeitssymptome, besteht; sie soll auf gewissen Waiden gewöhn-lieh vorkommen, an andern Orten anbekannt sein. Man hält sie für ansteckend und nilheilbar. Das Fleisch und Fett der geschlachteten Thiere soll auffallend gelb sein. Dr. Wier seh behauptet, die Milch solcher Kühe sei nachtheilig, bringe bei Kindern Erbrechen, Durchfall u. s. w. hervor und könne selbst den Tod derselben veranlassen (Schw. XIII.).
R. Entzündung des Hufs. {Paronychia).
(Entzündliche Rebe, Panarilium, Franz.: Fou/rbure.)
Literatur: die zahlreichen Schriften über Hufbeschlag und Hufkrankbeiten überhaupt, auch über Veterinär-Chirurgie: Chabert (Instr. 11, bei Pferd, Rind und Schaf); Gabriel (Vet. 1844); Hunting (ebd. 1854); La-fosse, Panaritium als Veuenentz. (Toni. 1856); Stanley, Hufentz. durch Hinausschlagen, Ausschuhen nach 3 Tagen (Vet. 1856); Gill-raeyer, Ausschuhen an beiden Vorderhüfen, vollständiger Wiederersatz (Wocb. 1856).
Entzündung der Fleischtheile (Gefassnetze), welche in dem Hornschuh (Klaue) eingeschlossen sind, mit Fieber, Schmerz beim Gehen, unbestimmter Dauer des Verlaufs.
Die Hufentzündung betrifft unter unsern Hausthieren das Pferd, vermöge seines Gebrauchs, am häufigsten; beim Rind­vieh kommt sie sowohl auf Märschen, als bei Stallvieh vor; das Schaf hat eine eigenthümliche Form, welche sich durch ihre Ansteckungsföhigkeit auszeichnet (bösartige Klauenseuche).
a) Acute Entzündung des Pferds.
Die Symptome sind folgende: schonendes Auftreten mit der befallenen Gliedmasse oder dem kranken Theile des Hufs (z. B. der Zehe), oder Vorstellen derselben, und Erleichterung durch üebertragung der Last auf die gesunden Gliedmassen, Zucken und öfteres Wechseln mit den Füssen; bei heftiger Entzündung und gleichzeitigem Ergriffensein aller vier Füsse beständiges Liegen. Leiden die Vorderfüsse, so werden sie weit voransgestreckt, die Hinterfüsse dagegen unter den Leib gestellt; leiden die letzteren, so werden die Vorderfüsse zurück­gestellt. Der kranke Huf fühlt sich wärmer an, die Schienbein-und Fessel-Arterien pulsiren stark; dazu ein beschleunigter, voller, oft harter Puls, vermehrtes Athmen, wechselnde Fress­lust, Durst; verzögerte Excretionen; bei heftigen Schmerzen stierer Blick, krampfhaftes Zittern, Schweiss, Zähneknirschen, Betäubung. Manchmal beginnt die Krankheit mit den Sympto-
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Entzündungen.
men einer leichten Colik, sodann fängt das Thier an, schneller zu athmen, und man erwartet eine Lungenentzündung; am 2—3. Tage erst hebt es die Füsse abwechselnd auf, die Hufe werden wärmer und man hat eine Hufeutzündung vor sich.
Die Hufentzündung kann in sehr verschiedenen Graden zugegen sein; die gelinden erfordern kaum mehr als äusser-liche Mittel; die bedeutenderen Grade, von denen hier die Rede ist, steigen oft in wenigen Tagen zu einem unheilbaren Uebel; die Ernährung des Hornschuhs wird durch die Entzündung unter­brochen, plastischer Erguss trennt die Horn- von den Fleisch-blättchen, blutige oder schwärzliche Jauche findet sich unter der Hornsohle, unterhält die Schmerzen und steigert das be­gleitende Fieber (welches bald rein entzündlicher, bald rheu­matischer Art ist); die Symptome einer Lungenentzündung kommen nicht selten hinzu, und das Thier geht innerhalb 5—8 Tagen an Brand oder Erschöpfung zu Grunde.
Bei weniger raschem Verlaufe nimmt die Bildung des Horns gern eine fehlerhafte Richtung; Ringe entstehen an der Krone, welche, statt eine Wulst zu bilden, nun einsinkt; sie wiederholen sich später, auch wenn die Entzündung längst aufgehört hat (Ringhuf); oder das Wachsthum des Horns ist ungleich, die Zehe wirft sich auf, die Sohle dringt hervor, das Hufbein nimmt eine mehr senkrechte Richtung an, es bildet sich Vollhuf, Knollhuf u. s. w. Man kann es (ausser der Zer-theilung) noch günstig nennen, wenn sich Eiter im Huf bildet, dem man durch Einschnitte in die Sohle einen Ausweg verschafft. Geschieht dies nicht, so sucht sich der Eiter nach oben einen Ausgang und richtet auf diesem Wege verschiedene Zerstörun­gen an. Waldinger gibt an, die Eiterung sei durch einen am 3. Tage sich wiederholenden Fieberanfall bezeichnet; mehr Sicherheit bietet für die Diagnose der Schmerz bei Druck auf einzelnen Stellen der Sohle u. s. w. — Das Ausschuhen ist einer der schlimmsten Ausgänge; da es sehr lange dauern würde, bis ein neuer Huf nachwächst und dieser gerne unförmlich wird, so sind die meisten Pferde die auflaufenden Kosten nicht werth und müssen somit beseitigt werden; das leichte Ausgehen der Mähnen- und Schweifhaare, das tiefe Einsenken der Krone, das Aufhören der Pulsation an den Fesselarterien deuten das Ab­trennen des Hornschuhs an.
Die Hufeutzündung kann auf solche Weise Wochen lang
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Hufentzündung,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;535
fortdauern, während welcher das Thier zwar frisst, aber fort­während abmagert, öfter sauft, einen beschleunigten Puls hat, beim Stehen oder Gehen heftige Schmerzen äussert, und dess-halb meist liegt. Hieraus entsteht bald, selbst bei guter Streu, Aufliegen an verschiedenen Stellen des Körpers (an der Hüfte, den Vorderknieen, Fesseln, dem Hinterschenkel, Vorarm u. s. w.), die Haut wird lederartig, stirbt ab, darunter sammelt sich Jauche au, deren Resorbtion das Fieber steigert, und noch be­vor ein eigentlich fauliger Zustand sich ausbildet, stirbt das Thier an Erschöpfung.
Bei der Section findet man die erwähnten Veränderungen im Huf, das Fett resorbirt,. das Fleisch schmutzig-roth und mürbe, die Lunge schlaff oder etwas verdichtet; die Bauch­eingeweide gesund oder stellenweise leicht entzündet, hie und da etwas Wasseransammlung in der Brust- oder Bauchhöhle.
Eine besondere Anlage zu Hufentzündungen haben Thiere, die schon früher daran gelitten haben; ferner solche mit fehler­haften Hufen (Vollhufe, Zwanghufe) und zu spröder Beschaffen­heit des Horns. Bei Marschpferden ist die Krankheit häufiger als bei den östlichen Racen, bei diesen aber heftiger, am häu^ figsten und heftigsten bei sehr veredelten englischen Pferden. Auf die Npurotomie an den Fessel- oder Schienbeinnerven hat man Ausschuhen folgen sehen; Brau e 11 dagegen beobachtete ein stärkeres Wachsthum des Horns.
Als Ursachen der Hufentzündung bei Pferden sind zu betrachten: entweder mechanische Einflüsse, z. B. Quetschun­gen durch Steine, schlecht gerichtete Eisen, Erschütterung durch schnelles Laufen auf harten Strassen, Verletzungen durch Nägel, Scherben u. s. w., oder eine Ablagerung eines rheuma­tischen oder entzündlichen Fiebers nach den geschwächten Fuss-enden; daher kann Erkältung, auch bei massigem Gebrauche und selbst bei im Stalle stehenden Pferden, Hufentzündung veranlassen. Eine seltene Ursache von metastatischer Hufent­zündung beobachtete Tisserand, in dem Fohlen oder Verwer­fen der Stuten; das Leiden befiel vorzugsweise die vordem Hufe (Lyon 1847); ebenso Gloag und Smith (Vet. 1851).
Prognose: nach dem Grade der vorausgegangenen Ur­sachen, der Beschaffenheit der Hufe, der Dauer und Heftigkeit des Leidens zu stellen; häufig ungünstig, wenigstens zweifelhaft für vollständige Wiederherstellung.
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Entzündungen.
Zur Richtigstellung der Diagnose dient das Benehmen des Thiers beim Gehen; tritt es besser auf, nachdem es einige Zeit gegangen (warm geworden), so ist das Leiden eher rheu­matischer Art; geht es mit jedem Schritt schlechter, ist es fast nicht rückwärts zu bringen u. s. w., so leidet es au Huf­entzündung; auch ist beim Rheumatismus das leichte Berühren der kranken Gliedmassen schmerzhafter, als das feste Anfassen derselben.
Therapie: örtlich und allgemein stark entzündungswidrig. Kalte Umschläge von Lehm, mit Salz, Eis, Essig, auch Eisen­vitriol u. dgl. um die Hufe, Stellen in Thontröge, örtliche Blut­entziehung aus den Fesselvenen oder durch Einschnitte in die weisse Linie, oder Anbohren der Sohle oder Wand, besser noch durch Scarificationen an der Krone; nach dem Grade des Fiebers: Aderlass an der Jugularis, nöthigenfalls wiederholt; innerlich Salpeter, Doppelsalz in ziemlich grossen Gaben, oder Glaubersalz im Trinkwasser, dazu erweichende Klystiere; bei rheumatischem Character sind diaphoretische Mittel (Ammoniak­salze, Schwefel, selbst Camphor) nach gebrochener Heftigkeit der Entzündung dem Salpeter beizusetzen, und die Füsse am Schienbein oder dem Schenkel mit reizenden Mitteln einzureiben. Ein besonderes Verfahren gibt Gabriel an: innerlich Aloë bis Pnrgiren eintritt, starke Aderlässe an der Halsvene, ein Eiter-baud durch den Strahl, laue Kleienumschläge um den Huf. Wesentlich ist Ruhe und eine gute Streu; das Aufhängen der Kranken in Gurten ist von geringem Nutzen, weil das Athmen dabei leidet; nach einiger Zeit tritt auch Decubitus am Brust­bein ein. Besondere Aufmerksamkeit erfordern die Vorgänge im kranken Hufe (z. B. das Lostrennen des Saums, die Bildung von Eiter). Bei zu befürchtender Lostrennung des Hufs oder einzelner Theile desselben sind erweichende, schmerzstillende, warme Bäder anzuwenden, nachher aber der Fuss abzutrocknen und in eine wollene Binde einzuhüllen. Die Complication mit Lungenentzündung verlangt wiederholte Aderlässe, scharfe Ein­reibungen an der Brust; innerlich BrechWeinstein mit Salpeter u. sect;. w. Bei längerer Dauer der etwas gemässigten Entzündung ist ein Fontanell (an der Brust oder den Hinterschenkeln) am Platze.
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Hafentzündung..nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 537
b) Chronische Hufentzündung des Pferds.
Sie ist häufig die Folge der acuten Krankheit, wenn diese nicht vollständig durch Zertheilung gehoben oder das Thier in der Reconvalescenz neuen Schädlichkeiten ausgesetzt wurde. Ein klammeriger Gang, Schonen des kranken Fusses, beson­ders auf hartem Boden, Empfindlichkeit des Hufes bei der Untersuchung mit der Zange, allmählig eintretende Abwei­chungen von der normalen Form des Hufs, Huffisteln, Ver­knöcherung der Hufbeinknorpel, Bildung von Leist und Ring­bein, Verwachsung des Hufgelenks sind die Zeichen und Aus­gänge dieser langwierigen Krankheit, welche die Dienstleistungen des Thiers sehr beschränkt.
Behandlung: öftlich antiphlogistische Mittel, längere Zeit fortgesetzt, ableitende Hautreize weiter oben am Fusse, Ein­reibungen von Quecksilbersalbe, später Jodsalbe, auf die sich bildenden Exostosen; zuletzt das Feuer, bei Fisteln aber das Messer.
c) Die acute und chronische Hufentzündung des Rinds, Schafs und Schweins äussert sich auf ähnliche Weise, doch weniger heftig. Die acute Form befällt mehr Treibvieh, und führt bei schweren Mastochsen nicht selten das Ausschuhen ganz unerwartet (auf dem Transport) herbei. Eiterung und Verbiidung der Klauen sind verhältnissmässig sehr selten, weniger der Beinfrass des Hufbeins. Umschläge von Lehm oder Kuhmist (je nachdem das Horn zu weich oder zu spröde ist). Einschnitte in den Saum, nöthigenfalls innerlich Salze und ein Aderlass reichen zur Be­handlung der acuten Form aus.
Fortwährend im Stall gehaltene, grosse und stark gefütterte Stücke Rindvieh leiden eher an einer chronischen Hufentzün­dung (Klauenfäule), die sich anfangs blos durch öfteres Auf­heben der Füsse, schonendes Auftreten, häufiges Liegen und dergl., später aber durch heftigere Schmerzen, Erguss einer raissfarbigen Jauche zwischen die Fleisch- und Horntheile, und Lostrennen der Ballen zu erkennen gibt. Der Schmerz ver­mindert die Milchergiebigkeit der Kühe und hindert das Zu­nehmen der in der Mästung befindlichen Thiere. Ausser dem anhaltenden Druck des Körpers auf die Klauen sind das allzu­lange Anwachsen derselben, so wie die Erweichung des Horns
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538nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
durch den Mist, Mangel an Streu bei schlechtem Pflaster u. s. w. als Ursachen anzusehen.
Die Heilung wird anfangs durch Lehmumschläge, Ein­schnitte in die Sohle, später durch Entfernen des Losgetrenn­ten Horus, Verband mit Harzsalben, bei möglichster Vermeidung der Ursachen herbeigeführt.
(Siehe Chabert in Instr. II., Baumeister in Rep. I., Festal in Rec. 1846; Letzterer macht auf das Vererben der Anlage zu Klauenentzündung von den Zuchtstieren aufmerksam, und räth diejenigen, welche lange Fessel, platte Hufe mit dünnem und weissein Horn haben, von der Zucht anszu-schliessen.)
Entzündungen der Haut zwischen den Klauen, von Ver­letzungen u. dgl., bei Rindern und Schafen, sind wie andere oberflächliche Hautentzündungen zu behandeln. Das daraus entstehende Geschwür nennen die Franzosen: limace, fourchet. Stokfleth hat besonders bei Kühen, die mit Branntwein-schlämpe gefüttert werden, ein dem Träberausschlag oder der ausfällenden Maucke ähnliches Leiden beobachtet, das zuerst als Rothlauf des Unterfusses auftritt, nachher aber die Zer­störung bis in die Gelenke der Klauen u. s. w. fortsetzt; es befallt nur einmal dasselbe Thier, vorzugsweise die Hinterfüsse, und scheint selbst ansteckend zu sein. Zugleich kommen am Euter manchmal brandige Pocken vor (Dan. IV.).
Bei den Schweinen (Treibvieh) endigt die Hufentzündung ebenfalls gern mit Brand und Ausschuhen.
Die Hunde leiden manchmal an einer Entzündung der Ballen und der die Zehen verbindenden Haut {Aggravée, Ar-sure interdigité der französischen Thierärzte), welche im ge­linderen Grade fleissigem Baden mit Bleiwasser oder einer schwachen Zinkvitriolauflösung weicht. Wo die Entzündung aber einen höhern Grad erreicht hat oder mit Lungenentzündung complicirt ist, sind warme, schleimige Bäder von Vortheil. (Huzard in Instr. II., Favre Lyon 1845.)
(Z) Mufseuche des Pfet'ds.
Unter diesem Namen beschreibt Kr e issig folgenden Fall: Von seinen vierzig Pferden, welche mehrere Wochen lang (im Jahre 1820) auf sumpfigem nnd lehmigem Boden waideten, fing die Hälfte an, lahm zu gehen, geschwol­lene Fesseln, heisse und entzündete Hufe zn bekommen; hiezu gesellte sich bei einigen Mangel an Fresslust und heftiges Fieber, worauf bei zweien der Huf (?) abfiel und die Thiere krepirten. Bei den übrigen Kranken wurden Einschnitte in die Köthe nnd das Einlegen einer mit Terpentinöl befeuchteten
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Hufentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;539
Weikwieke in die Wunde angewendet; die Wunden eiterten bald und die Thiere genasen nach acht Tagen, mit Ausnahme von zweien, welche ebenfalls, nachdem der Huf abgefallen war, zu Grunde gingen. Der gesund gebliebenen Hälfte wurden präservativ Fontanelle an die Brust gesetzt. — Das Auffal­lendste ist jedoch, dass eine vorher im Trocknen gehaltene Stute, als sie zu den kranken Pferden gestellt wurde, nach einigen Tagen ebenfalls die Huf­entzündung bekam und durch Verlust des Hufs einging. Krcissig rermnthete, es möchte ein Anstecknngsstoff sich gebildet haben.
(Eben so sonderbar ist die Angabe von Hawkshaw, welcher erzählt: in Nen-Granada habe eine grosse, behaarte Spinne, eine Art Tarantel, ihren Weg in die Ställe der Bergwerke gefunden und daselbst dil Pferde in den untern Theil des Fusses gebissen; davon sei fast immer der Huf abgegangen, wo nicht, so sei doch eine vollständige Cur nicht unter Jahresfrist zu errei­chen gewesen.)
e) Bösartige Klauenseuche des Schafs. (Paronychia ovium contagiosa. Ad. Franz.: Piétin des Moutons.)
Literatur: Morel de Vinde (1812), Albert (1818), Ehrenfels (in Oecon. Neuigk. 1819), Gasparin (1821). Giesker, Rüdiger (1822), Lee (in Vet. 1839), Curdt (G. amp; H. 1844), Kordler (Woch. 1856), Roche-Lubin (Toul. 1852). Bei Rennthieren in Sibirien. J.Ber. 1857.
lieber diese Krankheit haben längere Zeit sehr abweichende Ansichten geherrscht. Waldinger hielt sie für eine Entwick­lungskrankheit, die sich ursprünglich in Spanien und Ungarn bilde; Lezius meinte, das Contagium werde immer eingeführt und die spanischen Schafe können es in unserem Klima nicht erzeugen; Ampach betrachtete die Klauenseuche als eine ein­fache Hufentzündung.
Zum Unterschiede von der (leicht heilbaren Maul- und Klauenseuche des Rinds, Schafs u. s. w.) wird diese Krank­heitsform „bösartige Klauenseuchequot; der Schafe genannt.
Sie ist eine chronische, hauptsächlich durch spanische Schafe (angeblich erst 1816) nach Deutschland gebrachte, von diesen aber auf die Landrace übergegangene, eigenthümliche und ansteckende Entzündung der äussersten Fussenden, meist fieberlos, und die Disposition zu derselben nicht aufhebend. Die Entzündung beginnt an den über und in der Klaue befind­lichen Theilen, das Horn der inneren Klauenwand ist blätterig,. es schwitzt zwischen den Klauen am Saume eine klebrige, stinkende Flüssigkeit aus, die sich auch im Hornschuh selbst bilden kann, dort um sich greift, die Hornwände lostrennt, Fisteln und Caries der Hufknochen erregt und während diesem
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540nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
heftige Schmerzen, Hinken u. s. w. unterhält. Die Klauen stehen mehr als gewöhnlich auseinander.
Die bösartige Klauenseuche befällt blos Schafe und erregt wenig Geschwulst an den Fesseln, Schienbeinen (zum Unter­schied von der gutartigen Klauen- und Maulseuche); sie breitet sich langsam in der Heerde aus, pflegt bei trockener Witte­rung abzunehmen, bei nassem Wetter und Stallaufenthalt da­gegen wieder zuzunehmen; dasselbe Thier leidet bald an die­sem, bald an jenem Fuss, öfters an mehreren zugleich, und wenn es einige Zeit geheilt schien, fangt das Uebel wieder aufs Neue au; auf diese Weise hält sich die Klauenseuche viele Jahre lang in einer Heerde. Sie soll sich bei uns nicht selbst erzeugen können, sondern stets durch Ansteckung ver­breiten und unterhalten, sie kann desshalb durch zweckmässige (polizeiliche oder sonstige Vorsichts-) Massregeln von Heerden entfernt gehalten werden.
(Bei der gutartigen Klanenseuche [richtiger Äphthenseache] werden ver­schiedene Thierspecies ergriffen, und zwar viele Thiere zugleich; sie ist häufig mit Maulseuche verbunden, verlauft rasch und greift nicht leicht die Gelenke und Knochen an. Oass aus vernachlässigter Aphthenseuche die bösartige Klauenseuche der Schafe entstehe, ist behauptet, aber nicht nachgewiesen worden. Die Entzündung der den Schafen eigenthümlichen Zwischeuklauen-drüse hat nichts mit der Klauenseuche gemein, daher auch die ehemals an­empfohlene Exstirpation dieses Drüsensacks wieder in Abgang gekommen ist.)
Die Krankheit ist in den Heerden hauptsächlich desshalb zu fürchten, weil sie die Thiere hindert, der Heerde zu folgen; auf der Waide hinken sie hintendrein, die heftiger ergriffenen rutschen auf den Knieën, oder schleppen und legen sich zum Fressen auf den Boden; der mit der Klauenseuche verbundene Schmerz thut der Ernährung Eintrag, die Thiere magern ab und gehen (obwohl selten) daran zu Grunde. Grobwollige Thiere werden weniger leicht angesteckt, als veredelte Schafe;, die Ansteckung findet durch Zusammenleben, Treten in die Fussstapfen der Kranken u. dgl. statt. Durch Impfung mit der Jauche im Hornschuh lässt sich die Krankheit übertragen (in­dessen haftet sie nicht so leicht); nach einigen Tagen fängt die Entzündung an, sich von der Impfstelle im Klanenspalt aus zu verbreiten; bringt man gesunde Schafe zu Klauenseuch­kranken in den Stall (den Pförch), zo fangen jene am 4. bis 6. Tage an zu hinken. Warme Ställe, Feuchtigkeit der Wit­terung und Nässe des Bodens begünstigen die Ausbreitung;
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Bösartige Klauenseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;541
bei trockenem und warmem Wetter trocknet dagegen die an den-Fassstapfen hängende Materie bald ein und die Gefahr der Ansteckung wird dadurch sehr vermindert.
Bei der Behandlung handelt es sich nicht um einzelne Stücke, sondern um ganze Heerden. Die kranke Heerde muss vorerst in drei Haufen getheilt werden, welche durchaus in keinerlei Verbindung (auf der Waide und den Wegen, die da­hin führen, an den Trinkplätzen u. s. w.) miteinander kommen dürfen. In die erste Abtheilung werden diejenigen Stücke ge­bracht, welche hinken; in die zweite diejenigen, welche im Augenblick davon frei sind; die dritte Abtheilung ist für die Reconvalescenten. Sobald in der ersten Zeit in dem gesnnd-scheinenden Haufen ein Stück zu hinken anfangt oder besser bei der öfters Stück für Stück vorzunehmenden Untersuchung, Hitze in den Klauen eines Fusses zeigt, muss es sogleich dem kranken Haufen einverleibt werden. Nach 8 bis 14 Tagen, oder etwas später, wird dieser Fall nicht mehr vorkommen und der gesunde Haufen, kann als rein betrachtet werden. Inzwi­schen wird die Behandlung der Kranken vorgenommen; sie ist blos örtlich; das Thier wird auf einen Schragen oder Tisch gelegt, die kranke Klaue untersucht, alles losgetrennte Horn rait einem starken Messer weggeschnitten, und die darunter befindliche, stinkende, feuchte Fläche mit einem Aetzmittel be-dupft. Hiezu kann Spiessglanzbutter, Scheidewasser, blauer Vitriol, Sublimat genommen werden. Günther empfiehlt Chlor­kalk. Vergleichende Versuche zwischen der Wirksamkeit des blauen quot;Vitriols und der Spiessglanzbutter gaben mir ganz gleiche (günstige) Resultate. Durch obiges, strenge durchgeführtes Verfahren gelang es mir, die Klauenseuche in einer grossen und ausgezeichneten Heerde, in welcher sie viele Jahre ge­herrscht hatte, für immer auszutilgen. Einige rathen, nach dem Aetzen die Wundfläche mit einer Harzsalbe oder mit 01. C. C. foetid, zu bestreichen, um den Schmerz zu lindern und die Ma­den abzuhalten. Eigentliche Huffisteln, Caries der Knochen er­fordern das hiebei gewöhnliche Verfahren (Aufschlitzen, Bloss-legen, Aetzen) und Verband mit balsamischen Mitteln, ausserdem ist kein Verband nöthig, besonders wenn die Thiere einige Tage trocken gehalten werden können. (Es ist immer besser, eher zu viel wegzuschneiden, als zu wenig, der Wiederersatz ge­schieht beim Schaf verhältnissmässig sehr rasch.) Nach 3 bis
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542nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
4 Tagen \riederholt man die Untersuchung der Operirten; zeigt sich noch Hitze, Schmerz, Aussickern von Jauche, so wird das Verfahren wiederholt, im andern Falle das Thier in die Abthei­lung der Reconvalescenten gebracht, und daselbst 8—14 Tage sorgfaltig beobachtet, ob nicht etwa das Uebel an einer der zuvor freigebliebenen Klauen von Neuem beginnt. Würde dieser Fall eintreten, so müsste das Thier unverzüglich in die Abthei­lung der Kranken zurückgebracht, ansserdem aber kann es, nach überstandener Contumaz, zu dem gesunden Haufen gebracht werden. Bürgermeister empfahl ausser einem Eiterband an dem Schenkel des kranken Fusses, Nichts anzuwenden; er scheint jedoch die bösartige Klauenseuche mit der Aphthen-seuche zu verwechseln. (Oec. Neuigk. 1835.)
Um die Ansteckung zu vermeiden, lässt Günther vor der Stallthüre einen Lehmtrog anbringen, worin der Lehm mit Chlorkalk-Auflösung ange­feuchtet ist; beim Ein- und Austreiben müssen nun die Thiere in diesen Brei treten, wodurch die an ihren Klauen befindliche Materie ihre ansteckende Kraft verliert.
Trockenes Wetter und hinreichende Localität begünstigen die oben an­geführte Methode wesentlich, deren Durchführung blos Ausdauer und Vorsicht erheischt.
Als eine merkwürdige ätiologische Verirrung ist das Schriftchen des Dr. Clesius von Koblenz: das Johanniswürmchen als neu entdeckte Ursache der Mauke, Klauenseuche u. s. w. Neuwied 1821, anzuführen. Auf der Titel­vignette ist das Weibchen zur Paarungszeit, das Männchen sehnsuchtsvoll (?) erwartend, abgebildet.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;x ,
S. Entzündung der Muskeln. {Myositis.)
Mehrere Schriftsteller nehmen Entzündung der Muskeln und Rheumatismus für gleichbedeutend, so z. B. Vatel, Ada-mowicz; die meisten führen sie gar nicht an. Sie ist auch wenig beobachtet, wenn man die Fälle ausnimmt, in welchfn einzelne Muskeln durch äussere Gewalt verletzt wurden oder die Entzündung von einem benachbarten Theile auf sie über­ging ; so bei Anthrax, bei phlegmonösem Rothlauf, bei Entzün­dung des Zeligewebs.
a) Allgemeine Muskelentzündung.
Auboyer beschreibt im Rec. 1833 einen Fall, den er Myosite génerale nennt; es bleibt jedoch zweifelhaft, ob die dabei beobachteten Anschwellungen von der Muskelsubstanz
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Muskelentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;543
oder dem Zellgewebe abhingen, in •welch letzterem nach seiner eigenen Angabe eine Flüssigeit ausgeschwitzt war. Die all­gemeinen Symptome von Entzündung, wie erhöhte Temperatur, Röthe der Schleimhäute, voller, harter Puls waren zugegen, ausserdem aber stand das Pferd steif (wie im Starrkrampf^ auf seinen Füssen, die Ohren hingen herab, die Augenlider schlössen das Auge halb, die Muskeln, besonders der Kruppe und der Gliedmassen, bildeten schmerzhafte Erhöhungen und die Bewegung war sehr beschwerlich. Die Anschwellungen ver­breiteten sich schnell auf den Hals, die vordem Gliedmassen und den Kopf, das Thier zeigte grossen Schmerz bei der Be­rührung und die Füsse erreichten das Doppelte ihres gewöhn­lichen ümfangs. Die Behandlung bestund in wiederholten Ader­lässen, Scarificationen und warmen Bähungen an den schmerz­haftesten Stellen, einer Purganz mit Aloë, Klystiere u. s. w. Am fünften Tage trat Laxiren ein, und unter dem Fortgebrauche der entzündungswidrigen und abführenden Methode war das Thier am 11. Tage ausser Gefahr. Auch Cherry bespricht die Muskelentzündung (Vet. 1847) und glaubt, dass mehrere Fälle, die man als Verkürzung der Beugensehnen, Hahnentritt, Dämpfigkeit, Starrkrampf u. s. w. beschrieben habe, hieher zu zählen seien. Von dem Rheumatismus sei die Muskelentzün­dung ganz verschieden, da jener ein Leiden der Nerven sei, diese dagegen blos in der contractilen Muskelfaser ihren Sitz habe. Nach Hey befällt die Muskelentzündung nur einzelne Körpertheile, z. B. die Muskeln hinter der Schulter, des Rückens, der Kruppe, mit Anschwellung ohne deutliche Gränzen, bei un­veränderter Haut. Auf einen Stich fliesst zuerst schwarzes Blut, dann röthliches Serum aus. Senfumschläge führen Zer-theilung herbei, Aderlässe sind selten nöthig (Lyon 1856). Es fragt sich, ob nicht Quetschungen dieser Art von Muskelent­zündung, die oft mit Rheumatismen verwechselt werden soll, zu Grunde liegen.
St ick er beschreibt eine Entzündung des Muscul. longiss. dorsi bei Füllen, in Zertheilung, Abscessbildung oder in Brand ausgehend; in einem Falle reichte die Geschwulst des genannten Muskels handbreit über die andere Seite hervor. G. amp; H. 1856. Suppl.
Die innige Verwachsung der Muskel durch ein verdichtetes Zellgewebe, mit Verlust ihrer rothen Farbe und ihrer Contrac-
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544nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
tilität scheint Folge einer- schleichenden Entzündung zu sein, die sich jedoch am lebenden Thiere nicht bestimmt er­kennen lässt.
b) Entzündung einzelner Muskeln.
Da die Zungen- und Herzentzündung schon vorgekommen sind, so ist hier blos noch anzuführen:
die Zwerchfell en tzüiidung. {Diaphragmitis.)
Sie ist selten und entsteht (Verletzungen ausgenommen), nicht leicht für sich, sondern consensuell mit der Entzündung der Brust- oder Baucheingeweide. Meist leidet blos der seröse Ueberzug des Zwerchfells.
Die Symptome, welche bei der Zwerchfellentzündung des Pferds angeführt werden, sind dieselben einer Brustentzündung, der Puls soll aber ungleich, aussetzend und häufiges Schluchzen zugegen sein. Börner sah das Schluchzen bei einem an Zwerch­fellentzündung verendeten Pferde, Leisering bei Zwerchfell­bruch, mit dem Niederliegen hörte es in diesem Falle auf (G. amp; H. 1854); der Zürcher Med. Ber. von 1852 erwähnt eines Falls, in welchem ein Pferd an Zuckungen des Halses und Kopfes, Schwäche im Hintertheile litt, das Schluchzen fand 20—25, später 60—65 Mal in der Minute statt, und die Hei­lung durch krampfstillende Mittel.
Hekmeyer beobachtete eine Stute mit den Zeichen einer heftigen Lungenentzündung und gleichzeitiger Affection des Zwerchfells. Ausser den Symptomen, welche bei Entzündungen der Lunge gewöhnlich vorkommen, war sehr beschwerliches Ein-und Ausathmen, krampfartiges Hinaufziehen der Bauchmuskeln, ein beklemmter, krampfartiger Husten, unregelmässiges Flanken­schlagen und sogar Aussetzen im Athmen zugegen. Wenn das Thier aufstand, streckte es den rechten Hinterfuss (wie beim Gähnen) zurück, und blieb einige Minuten in dieser SteHung; es wedelte beständig mit dem Schweife. Das Schluchzen wurde nicht beobachtet.
Durch eine starke antiphlogistische Behandlung erholte sich das Thier innerhalb 14 Tagen allmählich; am 23. Tage aber wurde es von einer Ueberfütterungskolik befallen und starb schnell.
Die Section zeigte eine frisch entstandene Zerreissung des
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Entzündung der Knochen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 545
Zwerchfells; die hintere Seite desselben war mit vielen kleinen Erhabenheiten und Knoten besetzt; die Leber durch ausge­schwitzte Lymphe mit dem Zwerchfell verwachsen; die Muskel­fasern desselben waren von schmutzig bleichrother Farbe und sehr mürbe. Brust- und Baucheingeweide zeigten keine Spur einer früher bestandenen Entzündung. (G. amp; H. VII.)
Ryebner führt als characteristische Symptome der Zwerch­fellentzündung beim Rind eine ungemein grosse Angst, be­schleunigtes Athmen, häufig und stark hörbares Schluchzen und Schmerz beim Druck auf die Anheftungsstellen des Zwerchfells, besonders den Schaufelknorpel an. Die Entzündung soll sehr acut verlaufen und desshalb die Prognose höchst ungünstig sein. Wenn das Zwerchfell nicht allein entzündet ist, sondern zu­gleich mit andern Organen, soll das Schluchzen gewöhnlich fehlen.
Eine chronische und sehr beschränkte Entzündung des Zwerchfells kommt heim Durchbohren desselben durch spitzige Körper von der Haube aus vor (vgl. Herzbeutelentzündung); oben so ist es nicht selten flockige Äusschwitzun-gen auf dem serösen Ueberzug des Zwerchfells zu finden, die wahrscheinlich einer Entzündung der serösen Haut ihren Ursprung verdanken.
T. Entzündung der Knochen, der Bänder und Gelenke. (Periostitis, Arthritis.)
a) Die Entzündung der Knochen
ist gewöhnlich eine locale Krankheit, die meist mechanisch wirkenden Ursachen (Anstossen, Streifen, Fehltritten u. dgl.) ihre Entstehung verdankt. Sie äussert sich durch Schmerz bei der Berührung oder auf Druck, später bildet sich gerne eine Anschwellung, die anfangs knorpeliger Natur ist, allmählich aber knochenhart wird (üeberbein).
Seltener entstehen Knochenentzündungen von einer innern Ursache; sie gehören dann zu einer bestimmten Krankheits­form, so die Auftreibungen der Gelenk-Enden der Knochen in der Lähme der Lämmer, der Füllen, der Nasenknochen beim Rotz u. s. w.
Locale Entzündung der Beinhaut erfordert neben Beseiti­gung der Ursache: Einreibungen von Quecksilbersalbe, kalte Umschläge; wenn aber statt der Zertheilung eine Ausschwit­zung zu Stande gekommen ist — ableitende Mittel, scharfe
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 35
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546nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
Einreibungen, Feuer. Auch die anhaltende Einreibung einer Jodsalbe ist manchmal noch von Nutzen. Gegen den fort­dauernden, von der Exostose herrührenden Schmerz ist das (subcutane) Spalten der Beinhaut, oder endlich die Neurotomie zu versuchen.
Ist die Knochenentzündung in Eiterung übergegangen (Kno­chenfistel), so sind balsamische, harzige Mittel am Platze, oder bei dem langsamen Gange der Eiterung erregende und selbst äzende Mittel, endlich das Feuer.
Ob die Auflockerung der Knochen (Winddorn) mit einer schleichenden Entzündung, etwa der Markhaut, verbunden ist, steht dahin; diese Veränderung der Knochentextur scheint eher mit der Tuberculose verwandt zu sein.
Eben so ist zweifelhaft, ob der Verwandlung der Faser­knorpel (z. B. zwischen den Körpern der Wirbel) in Knochen­materie, wodurch eine Verwachsung der betreffenden Theile entsteht, eine Entzündung zu Grunde liegt, oder ob dieselbe in das Gebiet der fehlerhaften Ernährung (wie die Knochen-brüchigkeit u. s. w.) gehört. Diese Krankheitsformen werden selten im Leben mit Sicherheit erkannt, und wenn auch, so sind sie ziemlich ausser dem Bereiche der Heilkunst.
b) Die Etxtzündwng der Bänder und Gelenke.
Nach den Ursachen lassen sich drei Formen unterscheiden, die rheumatische, die traumatische und die metastatische.
a) Die rheumatische Gelenkentzündung.
Diese Krankheitsform trägt den rheumatischen, Character und wird daher auch von manchen Autoren zu den Rheuma­tismen gerechnet (z. B. Vatel, Rhumatisme articulaire).
Nimmt die Entzündung den acuten Verlauf, so ist das Gelenk wärmer als gewöhnlich, geschwollen, schmerzhaft fur Berührung, noch mehr in der Bewegung; dieser Zustand stei­gert sich mehrere Tage lang, es gesellt sich selbst mehr oder weniger heftiges Fieber hinzu; die Krankheit geht entweder mit Zertheilung aus, oder sie wird chronisch; selten beobachtet man Eiterung.
Die chronische Form der Gelenkentzündung unterscheidet sich durch den geringen Grad der localen und allgemeinen
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Gelenkentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;547
Krankheitssymptome, die dagegen in gleicher Stärke längere Zeit fortdauern und gerne Steifigkeit des Gelenks und endlich Verwachsung zur Folge haben. Die Gelenkentzündung kann ein oder mehrere Gelenke zugleich befallen, auch von einem Gelenk auf das andere übergehen, wodurch der Verlauf sich um so mehr in die Länge zieht.
Die Ursachen der rheumatischen Gelenkentzündung sind hauptsächlich Erkältungen, entweder des befallenen Theiis selbst oder aber der Haut überhaupt; daher muss die Behandlung neben deu localen Mitteln (Scarificationen in der Nähe des kranken Gelenks, erweichende Einreibungen und Bäder, bei der chronischen Form Hautreize und selbst Eiterbänder oder ober­flächliches Brennen) innerlich entzündungswidrig und zugleich diaphoretisch sein (Aderlässe, Salze wie Salmiak, Brechwein-stein, warmes Verhalten, trockenes Reiben). Ruhe ist für die kranken Gliedmassen wesentlich.
Olivier sah die Arthritis mit Entzündung der Nieren und des Herzens complicirt.
ß) Traumatische Gelenkentzündung.
Sie ist Folge entweder einer starken Ausdehnung und Zer­rung, selbst Zerreissung der Bänder und Erschütterung der Ge­lenke u. s. w., mit oder ohne eine penetrirende Wunde. In letzterem Fall pflegt die Entzündung leicht sehr heftig zu wer­den, heftiges Fieber zu erregen und nicht selten in Brand oder Beinfrass überzugehen. Die innere Fläche der Synovialmem-bran wird sammtartig, dunkelroth oder braun, die Gelenk­schmiere hat die Farbe und Consistenz der Weinhefe, die Ge­lenkknorpel werden resorbirt, die Knochenenden rauh u. s. w. Der heftige Schmerz reibt nicht selten die Thiere auf, ehe die Entzündung den höchsten Grad erreicht hat.
Die Ursachen sind mechanische, daher beschränkt sich die Krankheit auf das von ihnen betroffene Gelenk. Die Behand­lung gehört in das Gebiet der Chirurgie.
y) Metastatische Gelenkentzündung.
Unter diesem Namen beschreibt Ryebner eine Entzün­dung des Vorderknies oder des Hinterknies beim Rindvieh, die er früher „entzündlichen Rheumatismusquot; genannt hatte, jetzt
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548nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
aber „Gelenk-Rheumatälgiequot; nennt (Path. S. 564) und auf das Kniescheiben-Gelenk beschränkt.
Sie befällt hauptsächlich die äussere Seite des genannten Gelenks, als eine heisse und äusserst schmerzhafte Anschwel­lung (mit gelind entzündlichem Fieber), meist über Nacht; wahrscheinlich durch Erkältung auf dem nassen Stallboden, oder durch Witterungseinflüsse. Die Entzündung dauert mehrere Tage und hat gerne (am Vorderfuss) Knieschwamm, oder (am Hinterfuss) Verhärtung oder Verknöcherung zur Folge.
Die Behandlung ist local, bald mit kalten, bald mit war­men Umschlägen (letztere bei grossem Schmerz); innerlich ent­zündungswidrig und schweisstreibend, wie bei der rheumatischen Gelenkentzündung, von der sie nicht wesentlich verschieden zu sein scheint.
Hieher scheint noch die von Gelle bei Manlthieren und Ochsen be­obachtete Entwicklung von Balggeschwülsten, hauptsächlich in der Nähe der Gelenke und Sehnen, zu gehören. Sie liegen unter der Haut, sind beweg­lich, von der Grosse einer Nass bis eines Eies, verursachen aber keine Schmerzen. Junge Thiere unter zwei Jahren sind ihnen besonders ausgesetzt, Zertheilende Salben nützen nichts dagegen, sondern bios die Exstirpation der Geschwulst, deren Inhalt von gelblicher Farbe, krümlich und so hart ist, dass man sie nicht durchschneiden kann (mattere tophacée) (vgl. die Entzündung des Zellgewebs).
Symptomatisch kommt endlich die Gelenkentzündung sowohl mit acutem als chronischem Verlauf, bei der Darrsucht der Füllen, der Lähme der Lämmer, der Vergiftung durch Ar­senikdampf (S. 76) vor.
c) Entzündung der Sehnen und Sehnenscheiden.
Der sehnige Theil der Muskeln leidet nicht sehr selten an Entzündung, welche sich durch die bekannten Symptome zu erkennen gibt und meist eine äussere mechanische Einwirkung oder übermässige Ausdehnung der Sehne znr Ursache hat. Schmerz bei der Bewegung ist die nächste Folge; Verdickung, Verkürzung, Erguss zwischen die Faserbündel der Sehne u. s. w., sind die entfernten Folgen. Die Füsse der Pferde, vom Knie­oder Sprunggelenke an abwärts, sind diesen Zufällen am häu­figsten ausgesetzt. In einzelnen seltenen Fällen entsteht Brand; das Schienbein des Pferds ist geschwollen, aber kalt, die Haut löst sich vom Knochen ab, das Zellgewebe ist voll Ecchymosen und brandig zerstört, die Sehne sieht wie zerklopft aus.
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Entzündung dei Sehnenscheiden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 549
Die Entzündung der Sehnenscheiden endigt gewöhnlich mit Wassererguss, sogenannte Sehnengallen, und bei längerer Dauer oder öfterer Wiederholung kann Verdickung des Inhalts der kranken Scheide bis zur Consistenz eines Knorpels statt finden. Starker Gebrauch, Ausdehnung der Theile, selten eine Abla­gerung von innen, geben Veranlassung zur Entzündung der Sehnenscheiden.
Alle diese krankhaften Vorgänge bleiben, mit Ausnahme der S. 76 beschriebenen Form (durch Arsenikdämpfe), in der Regel locale. In neuerer Zeit ist eine
rheumatische Entzündung der Beugesehnen und Scheiden des Hufs
als ein Allgemeinleiden und im Zusammenhange mit der Pferde­influenza öfter beobachtet worden. (Bouley in Rec. 1840, 1846; Lyoner Jahresber. in Rec. 1841 und Journ. Lyon 1847, Hering im Rep. VIL, Klinik von Wien I., Gloag Vet. 1849).
Die Krankheit tritt meist plötzlich ein, ohne besondere Veranlassung und ergreift öfter die Vorderfüsse; die Influenza kann kurze oder längere Zeit (2—6 Wochen) vorüber sein. Die Entzündung betrifft die Sehnenscheide der Hufbeuger, und äussert sich durch eine schmerzhafte, rundliche oder flache heisse Geschwulst, zu beiden Seiten der Schienbeine, etwa handbreit nach aufwärts von derselben Stelle, wo gewöhnlich die sogenannten Flussgallen vorkommen. Anfangs ist die Ge­schwulst weich, später wird sie härter. Das Hinken ist sehr beträchtlich, der Schmerz schon bei bioser Berührung heftig. In der Ruhe wird der kranke Fuss vorgestellt und der Fessel schnappt vor. Ein hoher Grad von Fieber begleitet diese Ent­zündung, und kann, wenn alle vier Füsse zugleich leiden, den Tod des Thiers herbeiführen. Der Appetit ist nicht jedesmal aufgehoben. Ihren rheumatischen Character gibt diese Krank­heit dadurch zu erkennen, dass sie manchmal eben so schnell vergeht, als sie entstund, aber nur, um an einer andern Glied­masse wieder zu kommen. Auch Recidive sind nicht gerade selten.
Die Dauer der Entzündung ist selbst bei passender Be­handlung 2 bis 3 Wochen, sogar 6 bis 8 Wochy^, in welch' letzterem Falle die Ausbreitung der Entzündung nach auf- und abwärts Verkürzung der Beugesehnen und Stelzfuss zur Folge haben kann.
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650nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündungen.
Beim Durchschneiden der erkrankten Theile bilden sie eine gleichartige, weisse, leicht gestreifte Masse, und ihre frühere Textur ist nicht mehr zu erkennen. In einem Falle war die Beugesehne hinter dem Fersenbein abgerissen und es hatte sich die Wiedervereinigung der getrennten Enden vorbereitet. (Rep. VII. S. 360.)
Behandlung: der allgemeine Zustand erfordert Ader­lässe, Salze; örtlich sind erweichende Bäder oder Cataplasmen, im höheren Grade: locale Blutentziehungen und schmerzstil­lende Bähungen, später zertheilende Einreibungen, mit Ausdauer anzuwenden. Ist die Entzündung chronisch geworden, so sind Einreibungen von Cantharidentinctur und Cantharidensalbe, und selbst Brennen am Platze. Dazu Diät, Ruhe, später Bewegung auf weichem Boden, gute Streu u. s. w.
Marheinike empfiehlt innerlich Glaubersalz mit Salmiak und Brech­weinstein, wann Halten, Frottiren, Einreibungen von Quecksilbersalbe mit Camphorliniment, später mit Zusatz von Sal. C. C. — In hartnäckigen Fällen mehrmaliges Einreiben von Cantharidensalbe mit Sal. C. C, sodann acht Tage lang täglich 6—Smal Seifenbäder; nöthigenfalls Wiederholung des ganzen Verfahrens und nachherige Einreibung einer Fottascheauflösung mit Spir. camphor, und com. cervi. (G. amp; H. VH.) Körb er sah in einigen Fällen nach der Influenza statt der Entzündung der Sehnenscheiden, eine Gelenk­entzündung mit bedeutender Anschwellung, grossem Schmerz und Neigung in Eiterung überzugehen, sich ausbilden, (ebd. XII.)
Die Verbindung von Entzündung der Sehnenscheiden mit krankhaften Veränderungen am Herzen und den Nieren ist. (wie beim Menschen in den arthristischen und gichtischen Krank­heitsformen) so auch beim Pferde beobachtet worden.
Renault beschreibt einen solchen Fall als Sinovitis tendinosa: Ein Pferd, das wegen Äderlassfistel längere Zeit sich nicht legen durfte, zeigte Symptome von Hufentzündung mit bedeutendem Fieber — (Aderlass an den Schenkelvenen, reizende Einreibungen an den Schenkeln, vorne und hinten). Den folgenden Tag hatte sich der Schmerz in dem Fesselgelenke des linken Vorderfusses fixirt, hörte aber nach 5 Tagen unter der Anwendung spirituöser Einreibungen mit Camphor beinahe gänzheh auf. Am 9. Tage stellte sich Schmerz und Hinken am rechten Hinterfessel ein — (Liniment mit Camphor, abwechselnd mit Opiumeinreibungen, warme Binden); die Entzündung der Sehnenscheiden nahm aber während acht Tagen fortwährend zu, alle 4 Fttsse fingen an zu leiden, es gesellte sich öfteres Harnen in kleinen Hengen hinzu, Steifheit der Lenden, starkes Herzklopfen und leichtes Ausgehen der Haare; das Fieber #9632;laquo;•de immer heftiger und das Thier unterlag am 18. Tage der Krankheit. Bei der Section fand man den Darmcanal, die Leber und Milz gesund, [eben so die Lunge, die Nieren sind grosser, voll Blut, leicht zer­drückbar ; im Herzen feste Gerinnsel, Ecchymosen und Infiltration der Klappen,
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Zellgewebsentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;551
die grossen Gefässe nicht abweichend. Die Sehnenscheiden der Hufbenger sind.stark entzündet, falsche Membranen darin entstanden, die Bengesehnen sind angeschwollen und von einem gelblichen serösen Ergnss umgeben, die Flüssigkeit der Sehnenscheiden ist von Hefenfarbe, krümlich; die Gelenke da­gegen sind gesund (Rec. 1837). Lafosse sah secnndare.Gelenk-Entzündung nach der Brust-Entzündung, Lungenseuche, Euter-Entzündung, Druse u. s. w.; er vergleicht sie den localen Symptomen nach, mit der Gicht des Menschen. Die Behandlung war innerlich entzündungswidrig, äasserlich Camphorsalbe; erst auf vermehrte Harnsecretion trat Besserung ein (Toul. 1856).
ü. Entzündung des Zellgewebs.
Die Entzündung des Zellgewebs kann acut oder chronisch sein; sie kommt theils durch äussere Ursachen zu Stande, (Quetschung, Verletzung), theils durch Ablagerung eines Krank-heitsstoffes (metastatisch); in den meisten Fällen aber ist das Zellgewebe in den Entzündungsprocess derjenigen Organe ver­wickelt, welche es umgibt oder mit denen es im Zusammen­hang steht. Die Symptome der Zellgewebsentzündung sind die im Allgemeinen angeführten (S. 259).
Der Ausgang solcher Entzündungen ist bald in Zerthei-lung, bald in Wassererguss (Rothlauf, Oedem), bald in Eite­rung oder Verjauchung, in Verhärtung und selbst in Brand. Je nach der Ausdehnung und Heftigkeit der Entzündung ist dieselbe entweder fieberlos oder von einem entzündlichem Fieber begleitet.
a) Phlegmonöse Entzündung des Zellgewebs.
Sie trifft gewöhnlich das zwischen den Muskeln und Aponeurosen der Gliedmassen gelegene Zellgewebe, und ist durch eine merkliche Spannung des Theils, Schmerz auf Druck und bei der Bewegung, geringe, nicht genau begränzte Ge­schwulst, wenig merkbare Hitze u. s. w. bezeichnet. Häufig ist Fieber damit verbunden. Eire Entstehung wird bald von mechanischen Ursachen, bald von Erkältung, Ablagerung u. s. w. hergeleitet.
Der Ausgang in Eiterung ist der gewöhnlichere; die zei­tige Oefihung des Abscesses erfordert oft ziemlich tiefes Ein­schneiden; wo sie versäumt wird, bahnt sich der Eiter Wege zwischen die Muskeln, Sehnen u. s. w., und greift selbst die Beinhaut nahe gelegener Knochen an (vgl. tiefes Rothlauf S. 324).
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Entzündungen.
Die Behandlang ist im Allgemeinen entzündungswidrig und gehört meist in das Gebiet der Chirurgie. Das von Jessen (N. amp; V. XIV.) empfohlene Einreiben eines Pulvers von Kreide, Kohle und Camphor (neben Aderlass und innerlichen entzün­dungswidrigen Mitteln) habe ich mehrmals wirksam gefunden.
Eine acute Entzündung des Zellgewebs mit Anschwellung des Kopfs, dei Ohren und Äugen, seltener längs des Rückens bis zum After sich erstreckend, einem Oedem ähnlich, aber heiss, beobachtete Sauberg im Kreise Clcve bei Rindvieh mehrmals. Wo das meiste Zellgewebe ist, ist auch die Anschwellung am stärksten. Der Verlauf war nur 3 bis 48 Stunden. Die Behandlung be­stund in örtlicher und allgemeiner Blutentziehung. Das Leiden scheint we­niger gefährlich zu sein, als es aussiebt (6. amp; H. X.).
b) Chronische Zellgeweisentzündung.
Sie ist weniger heftig, als die acute Form, der sie oft nachfolgt und geht vorzugsweise in Verhärtung {Scleroma) über. An dem untern Theil der Gliedmassen der Pferde wird sie, nach verwandten Krankheitszuständen (Mauke) oder nach wiederholten scharfen Einreibungen u. dgl., öfters beobachtet. Wenn der Fuss dabei eine unförmliche Gestalt bekommen hat, so nennt man ihn Elephantenfuss. Das Zellgewebe ist hier mit festgewordenem Eiweissstoff infiltrirt und hat seine eigenthüm-liche Beschaffenheit gänzlich verloren. In seltenen Fällen er­weicht die Verhärtung, nachdem sie längere Zeit unverändert bestanden hat; die Abscesse bilden aber einen wässerigen Eiter, welchem krümliche oder faserige Gerinnsel beigemischt sind. Percivall macht darauf aufmerksam, dass dieser Krankheits-zustand mit Hautwurm verwechselt werden kann. (Vet. 1844.)
Die Behandlung der chronischen Zellgewebsentzündung erfordert anfangs länger fortgesetzte Einreibungen von Queck­silbersalbe, später Jod, innerlich und äusserlich; auch sind innerliche, die Resorbtion befördernde Mittel, zum Beispiel Tartarus emeticus in grossen Gaben manchmal von Nutzen. In vielen Fällen widersteht die Verhärtung den angewendeten Arzneimitteln und erfordert entweder Brennen in Streifen oder die Exstirpation, wo sie nämlich zulässig erscheint.
Brandes sah in 2 Fällen von Elephantiasis die Krankheit in ganz kurzer Zeit beinahe vällig verschwinden, während die Thiere an heftiger Darment­zündung litten, an der sie auch zu Grunde gingen.
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Entzündung der Schleimbeutel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;553
c) Metaphloffose des Zellgewebe.
(Fseudo-erysipelas sub-aponcuroticum, Fhlegmonöses Kothlauf. Phlegmon diffus der Franzosen.)
Sie steht zwischen der acuten und chronischen Zellge-websentzündung in der Mitte. Die obere Parthie des Halses, die Ohrspeicheldrüse, der Kehlkopf und Schlundkopf, sind der gewöhnliche Sitz dieser Form; doch habe ich sie auch an den vordem und hintern Gliedmassen und in der Mitte des Halses gesehen. Die Geschwulst zeichnet sich durch ihre oft holz­artige Härte aus; sie ist bald sehr heiss und schmerzhaft, bald aber auch indolent, fast kalt und schmerzlos. Die Entzündung dauert mehrere, selbst 10—14 Tage lang ohne Verminderung fort, und hat eine besondere Tendenz zur jauchigen Zerstörung des Zellgewebs, die nicht selten entweder durch Erstickung oder Entkräftung den Tod des Thiers herbeifuhrt, oder aber ein Zehrfieber zur Folge hat, welches denselben Ausgang nimmt. Das begleitende Fieber ist anfangs entzündlicher, gegen das Ende aber fauliger Art.
Die innerliche Behandlung richtet sich nach der Natur des Fiebers; die locale erfordert längere Zeit fortgesetzte Ein­reibungen von Quecksilbersalbe, später dieselbe mit Ammoniak, endlich Cantharidensalbe. Sobald eine Stelle sich zeigt, wo­runter (oft sehr tief) Flüssigkeit zu fühlen ist, muss der letz-terp Ausfluss verschafft werden. Je früher dies geschieht, um so besser scheint es zu sein. Die ausfliessende, stinkende, missfarbige Jauche enthält Fetzen von Zellgewebe, sehnige Theile u. s. w.; durch Einspritzungen von aromatischen De-cocten mit Chlorkalk sucht man die absondernde Fläche zu einer bessern Secretion zu bringen. Die Fütterung ist dem Zustande des Thiers angemessen zu reguliren. (Vergl. Bau­meister im Rep. H.)
d) Entzündung der Schleimbeutel.
Die Schleimbeutel im Zellgewebe unter der Haut oder zwischen den Muskeln werden durch Quetschung u. s. w. in einen Entzündungszustand versetzt, der bald rasch, bald sehr langsam verlauft. Geschwülste, die in der Thierheilkunde mit verschiedenen Namen belegt werden (Stollbeule, Piphake, Ge-
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554nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündungen.
nickbeule) sind die Folgen davon; beim Rindvieh findet man sie häufig am grossen Umdreher des Oberschenkelbeins, ferner am äussern Winkel des Hüftbeins, am Hinterkiefer. Sie sind an­fangs wärmer und schmerzhaft, später aber werden sie un­schmerzhaft und können lange Zeit unverändert stehen bleiben. Die in ihrem Innern ergossene Flüssigkeit ist anfangs wässerig, später breiig, zuletzt verwandelt sie sich in eine feste, knor­pelige Substanz.
Ihre Behandlung ist bios local und meist operativ, Soiillon beobachtete beim Rindvieh dergleichen faustgrosse, harte, un­schmerzhafte Geschwülste unter der Haut, vorzüglich am Kopf und Hals. Durch erweichende Mittel gelang es, sie innerhalb 6—8 Tagen in Eiterung zu versetzen; ihr Inhalt war hefenartig. Nicht selten entstanden neue Ge­schwülste, sobald die alten beseitigt waren. Gelle sah sie häufig an den Kinnbacken; er empfiehlt die Exstirpation als das sicherste Mittel. Prinz leitet die Geschwülste am Trochanter von Erkältung her; sie waren fluctuirend und sehr schmerzhaft; er zertheilte sie durch Bähungen.
Die auf dem Schulterblatt und an der Bugspitze vom Druck des Kummet entstehenden, indolenten Geschwülste räth Vatel mit Terpentin und Sublimat (15 zu 1) zu bedecken; die Entzündung wird vermehrt, und es bildet sich ein Abscess, der geöffnet wird (vgl. die Entzdg. der Bänder und Gelenke).
[Das Zellgewebe ist zugleich der Aufenthalt krankhaft ergossenen Wassers (beim Oedem, Rothlauf, Hautwassersncht), des Bluts (bei Zersetzung der Säfte, oder Verletzung), ferner, jedoch selten, von Luft (Emphysem). Letz­teres kommt symptomatisch beim Milzbrand und in fauligen Fiebern vor. Kleine Verletzungen der Haut, besonders an sehr beweglichen Stellen können den Eintritt von Luft in das Zellgewebe auf einer bedeutenden Strecke, so­dann Fieber, Entzündung und selbst den Tod zur Folge haben (einen solchen Fall s. Repert. I. Bd. S. 332). Nicht jedesmal jedoch ist die Sache slaquo; ge­fährlich. Im October 1838 wurde ein Fferd mit einer engen, aber ziemlich tiefen Verletzung unten am Halse fibergeben. Die Luft war daselbst einge­drungen und bildete eine knisternde Geschwulst, die vom Genick an bis zum Schulterblatt der rechten Seite, sodann zwischen dem Vorderfuss und der Rippenwand hindurch bis zu den falschen Rippen sich erstreckte. Die Oeff-nnng wurde erweitert, die Wunde mit aromatischen Decocten ausgespritzt und ein Schwamm eingestopft. Das Emphysem verschwand allmählig ohne alle Beihülfe der Kunst (vgl. Rainard über Fnenmatosen. Lyon 1849. Gerlach Hautemphysem bei Rindvieh von der Lunge aus G. amp; H. 1851. Vet. 1857.]
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Blutungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 555
DKITTE OEMÜNG. Blutungen. (Haemorrhagiae, Sanguißuxus.)
(Vgl. das im Allgemeinen hierüber Angeführte S. 264, so wie die Krankheiten des Bluts 8. 112.)
Die Blutungen theilen sich in innere und in änssere; bei den inneren ergiesst sich das Blut entweder in das Pa-renchym der Organe oder in die geschlossenen Höhlen des Körpers. Die sehr blutreichen Organe, z. B. die Lunge, die Milz, die Leber, das Hirn sind solchen parenchymatösen Blu­tungen am meisten ausgesetzt, welche von den Autoren zum Theil zu den Apoplexien gestellt werden; so führt Vatel eine Apoplexie der Milz, des Darmcanals, der Lunge und selbst des Hufs an; auch Rychner hat die Apoplexie des Hirns unter den Blutungen; am lebenden Thiere ist es jedoch schwer oder unmöglich, dergleichen Blut-Apoplexien von den sogenannten serösen zu unterscheiden; auch ist nicht jedesmal Austreten des Bluts aus den Gefassen, sondern manchmal blos über-mässige Anhäufung desselben in diesen Canälen zugegen. — Die Blutungen in die Höhlen deraquo; Körpers sind in der Regel Folge einer mechanischen Zerreissung eines Blutgefässes und je nach dessen Umfang, der Menge des austretenden Bluts, der Beschaffenheit der in der Höhle gelegenen Organe mehr oder weniger gefährlich, meist aber am lebenden Thiere nicht, sondern erst durch die Section zu erkennen; sie treten ge­wöhnlich plötzlich ein, oft in Folge einer mechanischen Ein­wirkung (Sturz, Schlag), oder auch nach bedeutenden Conge-stionen und Entzündungen der betreffenden Organe (so Blut­schlag des Hirns, Blutung im Augapfel, so die von Blut gefärbten Absonderungen in der Bauch- und Brusthöhle bei acuter Bauch­fell- oder Brustfellentzündung, besonders aber im Darm und Fruchthälter nach Entzündung der Schleimhaut dieser Organe). Zerreissung grosser Blutgefasse in der Bauch- und Brusthöhle, seltener der Aneurysmen an der Gekrösarterie, der Lungenarterie, der Hohlvene, selbst des Herzens u. s. w. (Rep. XVII., Daen. TV., Wien VH.) ist beobachtet worden, allein bei dem schnell eintretenden Tode des Thiers kein Gegenstand der Heilung. Kleinere Blutnnterlaufungen sieht man zahlreich bei heftiger
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556nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Blutungen.
Entzündung seröser Häute, seltener der Muskel- oder Schleim­häute (Petech^alfieber), oder der äussern Haut.
Unter äussern Blutungen sind nicht blos diejenigen an der Oberfläche des Körpers zu verstehen, sondern auch solche, bei denen das Blut aus einer der natürlichen Oeffnungen kommt. Es lassen sich hier hauptsächlich die traumatischen von den durch Congestion entstandenen Blutungen unterscheiden; im einzelnen Falle ist es jedoch oft schwer, diese Verschiedenheit zu erkennen.
Symptomatische Blutungen sind solche, welche eine andere Krankheitsform mehr oder weniger bestimmt begleiten; die Blutung ist hier nicht das Wesentliche, meist auch der Menge nach unbedeutend. Sie kommen sowohl bei Entzün­dungen als bei Cachexien u. s. w. vor (z. B. beim Rotz, der brandigen Druse, dem Petechialfieber, bei einigen Anthraxformen, der Ruhr, der Rinderpest u. s. w.).
Die äussern Blutungen (von denen hier allein die Rede ist) werden eingetheilt in l) Blutungen aus den Luftwegen, 2) aus den Verdauungswegen, 3) aus den Harn- und Geschlechtsor­ganen, 4) aus der Haut.
A. Blutungen aus den Luftwegen. a) Nasenbluten. (Wiinorrhagia, Epistaads.)
Es ist beim Pferd, Rind und Hund beobachtet. Das aus der Nase, einer- oder beiderseits, ausfliessende, bald hochrothe, bald schwarze, nicht schäumige Blut tröpfelt in den gelindern Fällen mehr oder weniger anhaltend, und strömt in heftigeren Fällen strohhalmsdick heraus.
Verletzungen der Nasenschleimhaut, starker Blutandrang nach derselben bei heftiger Anstrengung, Rennen u. dgl., hef­tige Reizung durch -Niespulver, starkes Ausbrausen, polypen­artige Auswüchse u. s. w. geben gewöhnlich Veranlassung da­zu. Ist der Blutverlust bedeutend, so wird das Thier traurig, unruhig, und es kann sich entweder eine Lungenentzündung oder aber ein allgemeiner Schwächezustand daraus entwickeln. Bei Pferden mit polypenähnlicher Degeneration der ganzen Riechhaut habe ich durch fortgesetztes Bluten endlich den Tod erfolgen sehen. Die innere Behandlung hat sich hienach zu richten.
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Bluthusten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; * 557
Geringe Blutungen hören von selbst auf; gegen stärkere wendet man kalte Umschläge und Einspritzungen von blutstil­lenden Flüssigkeiten an; bei sehr vollblütigen Thieren und heftigem Klopfen der Arterie ist ein massiger Aderlass indicirt. Möglichste Ruhe und Diät dürfen nicht ausser Acht gelassen werden. Sodann ist auf die Ursache der Blutung (Polyp, Wunde ü. dgl.) zurückzugehen. Bei einem Pferde, welches beim Laufen im Trabe den Athem verlor, so dass es zu ersticken drohte, trat Husten mit Blutung aus der Nase ein. Die Tra-cheotomie brachte sogleich Erleichterung, aber nur palliativ.
Blutende Rotzgeschwüre (wobei übrigens das Blut dem Schleim in Striemen beigemischt zu sein pflegt) sind kein Ge­genstand der Heilung.
Greve will beobachtet haben, dass scheinbar gesunde Pferde, die aus der Käse bluteten, später in Rotz verfielen. Einen solchen Fall beschreibt Junginger im Rep. V. Entzündliches Nasenbluten bei einem Pferde, ohne dass bei der' Section die blutende Stelle aufgefunden werden konnte, ist von Eisele Rep. n. beschrieben.
Manchmal kommt das Blut aus den Stirnhöhlen oder den Luftsäcken, wohin die Einspritzungen nicht reichen; kalte Be-giessung des Kopfs, Essigdämpfe oder ein anhaltender Druck auf die zuleitende Arterie sind hiegegen zu versuchen. Findet die Blutung aus beiden Nasenhöhlen zugleich statt, so kann man, nach zuvor gemachter Tracheotomie, sie tamponiren.
Wenn die Blutung nach einiger Zeit, scheinbar ohne merk­lichen Anlass, wiederkehrt, fuhrt sie meist einen tödtlichen Ausgang herbei; gegen die entstehende Blutleere kann man die Infusion von Blut versuchen.
Der Verlust von arteriösem Blute schwächt die Thiere weit mehr, als der Verlust einer grössem Menge von venösem Blute; Wassersucht folgt oft ganz unerwartet nach 3—4 Wo­chen auf einen solchen Blutverlust.
i) Bluthusten. (Haemoptysis.) (Langenblatstnrz, Pneumorrhagie.)
Der Bluthusten ist beim Pferde mehrmals beobachtet wor­den; er rührt von einem in die Bronchien stattfindenden Blut-erguss her; das Blut sammelt sich in den Bronchien und der Luftröhre, erregt Husten, mit welchem meist schäumendes, hochrothes Blut in grosser Menge ausgeleert wird (Blutsturz);
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558nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Blutungen.
der allgemeine Zustand des Thiers deutet bald auf Vollblütig­keit, bald auf langwierige Cachexie (Lnngenvereiterung). Ent­zündung der Lunge, der Bronchial-Schleimhaut, Abscesse und jauchige Zerstörung des Lungengewebs — oder aber überraäs-siger Blutandrang nach der Lunge bei heftiger Anstrengung, Zerreissung eines Gefasses durch äussere oder innere Gewalt u. s. w. sind die Ursachen der Lungenblntung.
Markham sah tödtliche Blutung aas Maul und Nase bei einer Kuh von Lnngengeschwüren (Vet, 1841), W8rz bei einem Pferde ohne vorausgegangene Veränderung des Lungengewebs (Rep. IX). Hering nach Lungencongestion ebd. VI. Jakob, Bluthusten mit Geschwülsten am Körper, bei Bind und Schwein. Lyon 1850.
Obgleich meist eine erstaunliche Menge Blut ausgeworfen wird, ist der Bluthusten nicht immer tödtlich. Viborg fand in einem solchen Falle Essigdämpfe heilsam, Rogers essig­saures Kupfer (Vet. 1853); Percivall führt einen durch starke Aderlässe geheilten Fall an (Vet. 1840), ich habe grosse Gaben von Eichenrinde-Decoct innerlich mit Nutzen angewendet. Das in den kleinen Verzweigungen der Bronchien zurückbleibende Blut bringt manchmal erst später eine Lungen-Entzündung zuwege.
Ist das Thier kaum im Stande, sich stehend zu erhalten, wird der Puls sehr klein und schnell, der Herzschlag pochend, die Farbe der Schleimhäute bleich, werden die Extremitäten kalt, tritt Schweiss ein, so ist der Tod nahe.
B. Blutungen aus den Verdauungswegen.
a) Blutung aus dem Maule
meist von Verletzungen durch das Gebiss, hervorstehende, spitzige Zähne, durch rauhe oder scharfe Futterbestandtheile u. s. w. Girard sah Blutschwitzen aus dem Gaumen bei einem Pferde; es zeigte sich später, dass die Gaumen-Arterie bei ihrem Durchgang durch das Einschneideloch gerissen war. (Rec. 1844.)
Bei Pferden, die aus Pfützen tranken, in welchen sich Blutegel befanden, hat man manchmal Blutungen aus dem Maul oder der Nase beobachtet, die von daselbst angesaugt gewesenen Blutegeln herrührten. Einspritzungen einer Salzauflösung oder Creosotwasser, 01. C. O. u. dgl. tödten diese Parasiten, und sind
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Mastdannentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 559
innerlich auch da anzuwenden, wo zu vermuthen steht, dass welche hinabgeschluckt worden seien.
Tn Aegypten and Spanien machten diese Blutegel (es ist Sanguisuga ägyptiaea, die schwarz und rosshaardick ist) den Franzosen viel zu schaffen. Fortbomme fand bei einem Pferde, das an einer solchen Blutung Verendet var, 11 Blutegel im Grunde der Maulhöble, 38 am Rachen, 22 im Kehlkopf nnd der Luftröhre. Eine Äthembeschwerde war im Leben nicht bemerkt worden. (Rec. 1827.)
h) Blutbrechen. (Ifaematemesis.)
Es ist beim Hunde, Pferde und Rinde beobachtet; Ver­letzungen der Magenhäute, geschwürige Anfressung derselben, verschluckte Blutegel u. s. w. sind die Ursachen dieser meist unbedeutenden Blutung; adstringirende Auflösungen (z.B. Alaun) können mit besänftigenden und das Brechen stillenden Mitteln verbunden werden.
Verwechslung mit Ausbrechen von zuvor verschlucktem Blute ist schon vorgekommen.
c) Mastdarm-Blutung. (JProctorrhoea, Haemorrhoides.)
Abgesehen von den Fällen, in welchen Entzündung des Dickdarms eine Blutausschwitzung daselbst zur Folge hat (wie bei der Ruhr, der Waldkrankheit, manchen typhösen Fiebern und Anthraxformen), kommt eine fieberlose Blutung aus dem Mastdarm beim Rindvieh, bei Pferden, Schweinen und Hun­den vor.
Rychner beschreibt diese Krankheit bei Ochsen mit fol­genden Symptomen: Abgeschlagenheit, mangelnde Fresslust, hauptsächlich aber eine ünbeweglichkeit in der Nachhand beim Stehen und Liegen, durch Hin- und Hertreten, steife Haltung des Kreuzes, etwas abgestreckten Schweif und Drang, wodurch mit Blut vermengter (doch nicht vertrockneter) Mist entleert wird. In dem Mastdarm fühlt man Wülste der Schleimhaut, die venöses Blut enthalten, so dass man beim Zurückziehen die Haut blutig findet, oder wenn die Geschwülste zerreissen, einige Blutklnmpen herausnehmen kann. Hierauf verliert sich oft schon in 12—24 Stunden das Leiden.
Die Ursachen mögen in Blutanhäufung im Becken, in abschüssigem Boden dés Stalls, Erhitzung, Fütterung von star­kem oder neuem Heu oder Nachheu zu suchen sein.
Durch den Mangel an Entzündung, Fieber u. s. w. unter-
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560nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Blutungen.
scheidet sich diese Krankheit leicht von dem symptomatischen Bluten des Mastdarms (Rückenblut, Lendenblut).
Behandlung: zunächst Vermeidung der muthmasslichen Ursachen; Entfernung des ergossenen Bluts mit der Hand und Aufdrücken der Blutgeschwülste im Mastdarm; sodann schlei­mige Klystiere mit Zusatz von Aq. vuln. Thed. Innerlich em­pfiehlt R. zugleich einen Gersteabsud mit Glaubersalz und Flor, sulphur., später einige Gaben von bittern Mitteln.
Gielen sah bei einem Pferde Blut mit dem Mist ab­gehen; das Thier hatte viele Tannennadeln gefressen, welche die Schleimhaut des Mastdarms verletzt hatten. (G. amp; H. XII.) Wells beschreibt eine eigrosse und mehrere kleinere Ge­schwülste im Mastdarm einer Stute, Vet. 1852, und Hollo-way haselnussgrosse Blutgeschwülste bei einem Pony (ebd. 1856); Einike, periodische Blutung aus dem Mastdärme eines Wal­lachen, je einige Quart betragend (G. amp; H. 1850).
Bei den Hunden sind Hämorrhoiden, d. h. rundliche, Blut oder blutiges Serum enthaltende Geschwülste der Schleim­haut des Mastdarms mehrmals beobachtet worden; sie beste­hen meist ohne eine allgemeine Störung der Gesundheit, und man sieht den abgehenden, oft sehr harten Mist durch ihr Platzen mit Blut gefärbt. Ein Reiz im Rectum veranlasst die Thiere, auf dem Hintern zu rutschen. Dass auch mürrisches Wesen, Lust zu beissen u. dgl. damit verbunden sein kann, zeigt der von Eiselen veröffentlichte Fall (Rep. II). Spitzige Knochenstücke, die im Mastdarm stecken geblieben sind, kön­nen ebenfalls zu Blutung Veranlassung geben.
Einen oft nicht unbedeutenden Vorfall des Mastdarms, durch serösen Erguss zwischen die Muskel- und Schleimhaut desselben, anssen aber dunkelroth aussehend, habe ich öfter, besonders bei jungen Pferden, beobachtet; er erfordert Scarifi­cation oder selbst Ausschneiden der infiltrirten Parthie, allein eine eigentliche Blutung ist damit nicht verbunden. Zwei ähn­liche Fälle beschreibt Lacoste. (Rec. 1841, Rep. H.)
C. Blutungen aus den Harn- und Geschlechtsorganen.
Die Fälle, in welchen Blut mit dem Harn oder aus den (besonders weiblichen) Genitalien abgeht, sind bei weitem häu­figer, als alle übrigen in diese Ordnung gehörigen Formen.
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Blutharnen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5g 1
d) Bluthamen. (Haematuria.)
Literatur: sporad. Bluthamen: Raconnat von einem Blasenpolypen, Lyon 1847. Cartwright bei einer Stute, Hypertrophie beider Nieren (4 und 6 Pfd.), Vet. 1852. Frakke bei einem Fohlen von Schlag auf die Nierengegend, Schwefelsäure dagegen. Hall 1852. Les son a von Canthariden, mit Sträu-chern gefressen, Turin IV. Hering bei einer Stallkuh von Mercurialis, Rep. XVI. Levrier angebornes Blntharnen bei Maulthier-, seltener Pferdefüllen, schnell tödtlich, Rec. 1850. Von Bryonia, Vet. 1855, Niel­sen von Schafthalm, Dan. III. Hering Blutharnen bei einem Dromedar (Blasenblutung), Rep. XVII.
Abgang von Blut mit dem Harn, mit oder ohne Fieber, Entzündung u. s. w. (vgl. Holzkrankheit S. 507 und Albumi-nurie S. 252.)
Man hat das Blutharnen theils vereinzelt, sowohl bei Pfer­den als Rindvieh, theils als Herdekrankheit bei letzterem und Schafen beobachtet. Adamowicz unterscheidet daher spora­disches und epizootisches Blutharnen, und hält letzteres meist für milzbrandiger Natur. Andere unterscheiden blos den sthe-nischen oder asthenischen Character des Blutharnens. Epizoo-tisch kann man das Blntharnen desshalb nicht wohl nennen, weil es, wenn auch viele Thiere zugleich befallen waren, blos in Fütterungsfehlern derselben liegt. Dass Blutharnen manchmal zugleich mit Milzbrandformen, namentlich dem Mastdarmbrand (Rückenblut) und der Blutstaupe der Schafe vorkommt, ist ge­wiss; allein in der Mehrzahl der Fälle hat jene Krankheit nichts mit dem Milzbrand zu schaffen, und kann sogar auf einer ganz entgegengesetzten Beschaffenheit des Bluts, nämlich auf üeber-maass an wässerigen Bestandtheilen (Cachexie) und Auflösung der Blutkörperchen, oder auf chronischem Leberleiden beruhen.
a) Entzündliches Blutharnen.
Es beruht auf einer Aufreizung und Blutanhäufung in den Nieren, die sich selbst bis zur Entzündung steigern kann. Das wesentliche Symptom ist der Abgang eines anfangs hlot dun­kel gefärbten, röthlichen, durchsichtigen, später wirklich blu­tigen Harns, meist in kleiner Menge und riiit Schmerz. Hiezu gesellen sich die Zeichen einer gelinden Nierenentzündung, steifer Gang, empfindlicher Rücken, Sträuben der Haare, Fie­ber, Mangel an Appetit, Abnahme der Milch, anfangs Durch­fall, später verzögerter Mistabgang, Trippeln und Drang beim Harnen u. s. w. Fahren die Ursachen fort zu wirken, so können
Bering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3(J
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562nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;quot;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Blutungen.
das Fieber und die Entzündung sich so steigern, dass die Thiere daran zu Grunde gehen, oder aber es geht in den asthenischen Zustand über und führt den Tod des Thiers unter den Erschei­nungen der Schwäche herbei. Vereiterung der Kieren ist sel­ten. Die Dauer der Krankheit ist von 1—3 Wochen. Bei der Section findet man die Nieren überfüllt mit Blut, entzündet, ebenso die Harnblase, meist auch den dritten Magen und den Darm.
Ursachen: da die Krankheit meist enzootisch erscheint (besonders im Frühjahr, wo es noch an gehöriger Waide fehlt, auch bei grosser Hitze, wo die Waiden ausgebrannt sind und oft Wassermangel eintritt, oder die Thiere genöthigt sind, ste­hendes Wasser aus Pfützen u. dgl. zu saufen), so müssen locale Einflüsse sie erregen. Diese liegen in der Fütterung. Sind die Thiere genöthigt, harzige Sprossen der Nadelhölzer, der in den Hecken wachsenden Gesträuche, die viel adstringirenden Stoff enthaltenden Sprossen der Erlen, Eichen, Elsen, Weissbuchen u. s. w. zu fressen (Rep. IX), (in Frankreich beschuldigt man die häufig auf grossen Strecken wachsende Genista hispanica, daher auch der Name der Krankheit Genestade); bietet die Waide nur Ranunkeln und andei-e scharfe Pflanzen, oder sind die Pflanzen mit Insecten und ihren Excrementen überzogen (namentlich der Processionsranpe, die in Wäldern so grossen Schaden anrichtet), so wird hiedurch eine Reizung der Ham-organe erregt, die zum Blutharnen führt. Dass die Thiere Euphorbien, Maiwürmer, Maikäfer, Canthariden u. dgl. fressen sollten, ist wenig wahrscheinlich. Unter den häufiger vorkom­menden Pflanzen, welche Blutharnen bei Rindvieh erregen, ist das Bingelkraut {Mercurialis annua et perennis), zu nennen, wie die Beobachtungen von Junginger (Rep. IV), Dubois (Belg. 1847), und Schack (J. Lyon 1847), Hering (Rep. XVII) beweisen. Kuers beschuldigte mit Bestimmtheit den Wasser-pfefferquot; {Polygonum Hydropiper), und behauptete, wo Bluthar­nen, später als im ersten Frühjahr sich gezeigt habe, sei diese Pflanze ohne Ausnahme schuld gewesen, es scheint jedoch dass sie blos frisch genossen eine schädliche Schärfe besitzt. Hüb­ner hat die Arnica montana im Verdacht, spricht dagegen den Ginster und die Zeitlose frei (N. amp; V. XHI); Schneider er­zählt, dass in dem Dorf Mulde in Sachsen das von auswärts eingebrachte Vieh, besonders Kühe, am Blutmelken, Blutharnen
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Blntharnen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 563
und daranf folgender Abzehrung zu Grunde gehe, er hält das daselbst häufig wachsende Aconiium gracile für die Ursache. Auch in Holland werden Aconit, Digitalis, Ranunkeln, beson­ders Pedicularis palustris beschuldigt; von Wein mann abge­brochene Rebenzweige und das häufige Vorkommen der Pyrola (Woch. 1856). Andere Beobachter beschuldigen üeberschwem-mung und das Waiden an Bächen (Gregory Vet. 1845), oder an schattigen Abhängen, welche Kies und Letten zum Unter­grund haben (Pettier in Rec. 1841). Vigney beschreibt vier Varietäten des Blutharnens bei Rindvieh, nämlich 1) enzootisch von dem Genuss scharfer und adstringirender Kräuter und Ge­sträuche vorkommend, 2) sehr langwieriges Blutharnen von Destruction der Nieren durch Hydatiden, Eiterung u. dgl., 3) von Verletzungen, Schlägen, Anstrengung im Zuge, und 4) von Nierensteinen. (Rec. 1846.) Schnelle Aenderung der Lebens­weise (von Stall- zu Waidefütterung), Aenderung des Aufent­haltsorts, der gewohnten Waide u. s. w. tragen nicht selten zur Entwicklung der Krankheit bei. Das enzootische Blutharnen mit entzündlichem Character hängt öfters mit Verstopfung des Lösers und Entzündung desselben zusammen.
Die Prognose richtet sich nach dem Grad und der Dauer des Uebels.
Behandlung: sie erfordert im entzündlichen Stadium schleimige Mittel mit Salzen (Glaubersalz, Salpeter), bei gros-sem Schmerz mit Zusatz von Bilsenkraut. Als Hausmittel ist in den gelindern Graden saure Milch zu 8—12 Pfund täglich, nöthigenfalls mit Zusatz von Alaun (1 Unze) zu empfehlen. Auch Abkochungen von Sauerklee mit Milch werden (neben kalten Umschlägen auf die Lenden) gerühmt. Rumex sangui-neus wurde in den Meklenb. Annalen und von Numan in Utrecht empfohlen. Wäre bestimmt der Genuss von Insecten die Ursache, so könnte man von Camphoremulsionen (mit vie­lem. Schleim und etwas Säure) das Meiste erwarten. Tritt allgemeiner Schwächezustand ein, so sind Reizmittel mit Mine­ralsäuren, Adstringentia und dergleichen am Platze.
Dass die Vermeidung der Ursache wesentlich zur Hoffnung eines günstigen Ausgangs gehört, ist kaum zu bemerken nöthig, daher ist Veränderung des Futters oder der Lebensweise über­haupt ein therapeutisches Hauptmoment bei Blutharnen jeder Art.
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564nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Blutungen.
ß) Asthenischos Blutharnen.
Es kommt mehr enzootisch vor und ist bald fieberlos, bald von einem asthenischen Fieber begleitet. Der abgehende Harn ist von aufgelöstem Blut mehr oder weniger intensiv roth bis schwarz gefärbt; die Lendengegend soll sich kühl anfühlen (nach quot;Waldinger). Im Uebrigen sind die Symptome denen des entzündlichen Blutharnens, welches öfter vorausgeht, ähn­lich, abgesehen davon, dass Schwäche und Erschlaffung im Körper vorherrschen. Es leidet hier zunächst das Blut, und die Harnorgane können dabei ganz normal sein. Die Section zeigt die Nieren, Blase u. s. w. erschlafft; die übrigen Organe der Bauchhöhle ebenso, häufig eine kranke Leber, das Blut wässerig, flüssig, zur Entmischung und Ausschwitzung an ver­schiedenen Stellen geneigt.
Als Ursachen sieht man theils dieselben wie bei a) an, be­sonders aber grosse Hitze, Mangel an Futter, saure, sumpfige Waiden, grosse Anstrengung bei Mangel an quot;Wasser u. s. w. Wieners findet nichts Entzündliches; seine Gegend hat Quarz und Thongrund und Waldwaide (Rep. XV). In Holland kommt die Krankheit enzootisch nach Beschaffenheit des Bodens (Torf, Kalkdüngung) aber auch auf fetten WTaiden vor, im heissen Sommer und nach starkem Regen (Holl. 1852), Mathieu be­schuldigt Waldwaide (Rec. 1851), Salome (an der belgischen Gränze, Rec. 1853) bergiges, waldiges Terrain, hartes Wasser, durchlassenden Grund, aber auch adstringirende Pflanzen; die Krankheit kommt im Früh- und Spätjahr vor; dieses periodische Auftreten erklärt Degoix aus dem Gange der Vegetation d. h. dem Treiben der Sprossen (Rec. 1854), er sah das Blutharnen nie im Stalle, blos bei Waide; Gerlach feuchte, moorige Waide, Erlen und Elsengebüsch (G. amp; H. 1854, 55); Spinola verwirft die adstringirenden und die scharfen Pflanzen, will eher den Blüthenstaub der Waldbäume gelten lassen, beschul­digt aber vorzugsweise saure Gräser (Juncus, Carex u. dgl.), selbst ihr Heu und das Trinken aus Pfützen, Fast überall leidet kürzlich eingebrachtes Vieh am meisten unter diesen Schädlichkeiten
Prognose: weniger günstig als bei a).
Behandlung: innerlich adstringirende Pflanzendecocte (Eichenrinde, Weidenrinde u. dgl.), Alaunauflösung, bittere und stärkende Mittel; man rühmt auch die Verbindung von easig-
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BlntharneD.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 565
saurem Blei mit Extr. hyoaciami. Der asthenisch-fieberhafte Zustand erfordert den Zusatz von Camphor, Stahlschwefel, Alaun, Eisenvitriol, Grünspan u. s. w. Klystiere von aromati­schen und adstringireuden Decocten, so wie Einreibungen in der Lendengegend mit Spir. camphor, und Terpentinöl sind als Un­terstützungsmittel anzuempfehlen. Die Schwefelsäure wird von vielen Thierärzten empfohlen; Spinola dagegen zieht Alea­lien (gegen die Säure in dem Futter) vor, und räth bei grosser Schwäche Camphor. Einige wollen von Terpentinöl, Hirsch-hornöl, mit Natron guten Erfolg gesehen haben. Mathieu rühmt sehr die Wirkung einer in den Triel gesetzten Nieswur­zel. Nach Salomé ist der Harn anfangs schwarz oder roth­braun, dann hellroth und gegen das Ende violett; aber auch die gelbe Färbung der Schleimhäute und der Milch gilt für ein schlimmes Zeichen. Die Fütterung muss abgeändert werden, leicht verdaulich, nährend und von untadelhafter Qualität sein. Das Verlassen der Waide wird am meisten nützen.
Mit dem Blutharnen ist manchmal zugleich Blutmelken verbunden, ohne Zweifel durch die gleiche Ursache (Futter) v'er-anlasst. Auch nach dem Kalben will man in England Blut­harnen beobachtet haben (Vet. 1848), allein es wäre auch wohl möglich den blutigen Abgang aus dem Fruchthälter mit dem Blutharnen zu verwechseln.
Waldinger beobachtete in nassen Jahren Bluthamen bei Pferden, die zuvor an Gelbsucht gelitten hatten; es tritt wieder Fieber ein und die Krank­heit endet bei abgetriebenen Thieren manchmal mit Paralyse des Hintertheils. Sie erfordert innerlich stärkende und Reizmittel (Camphor, Baldrian, China n. s. w.), dazu nahrhaftes Futter. Einen Fall von Nierenblutung, mit Zer-reissung des Nierenbeckens, bei einem rotzigen Pferde beschreibt Fischer (J. Belg. 1846). (Die Angabe, dass bei der Nierenblutung das Blut innig mit dem Harn gemischt sei, bei der Harnleiterblutung zwar ebenso, aber schon sich zu trennen geneigt sei und daher einen geringen Bodensatz bilde; bei der Harnblasenblutung das Blut in Form von Klümpchen [zugleich mit Faserstoff oder gar Eiter] dem Harn beigemischt sei — ist zwar öfter wiederholt, aber schwerlich auf eigene Wahrnehmungen an lebenden Thieren.gegründet. Ist das Blut durch Secretion dem Urin beigemischt [sei es in den Nieren oder der Blase], so erscheint der Ham gleichförmig geröthet, wird es dagegen ans grSssern Gefässen [durch Zerreissung, Corrosion u. dgl. j in die Hamwege ergossen, so gerinnt es und bildet Klümpchen, Fasern n. s. w. Aber auch dies ist nicht constant, sobald einmal grosse Neigung zur Zersetzung des Bluts eingetreten ist.)
Bei der Harnröhrenblutung geht das Blut auch ohne den Harn ab und tröpfelt in demselben Maase, als es ergossen wird, ans der Mündung der Harnröhre.
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566nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Blutungen.
In England ist das Blntbarnen bei Rindvieh sehr häufig, man schreibt es hauptsächlich der Waide zu, die entweder zu trocken oder zu nass ist; letzteres ist häufiger. Auch die Beschaffenheit des Bodens (Lehm, Kalk ete.) scheint Einfluss darauf zu haben.
Acntes oder entzündliches Blutbarnen kommt dort bei gutgenährten Kühen bald kurze Zeit vor dem Kalben, bald nach diesem vor; der Urin ist stark mit Blut gefärbt; manchmal wird fast lauteres Blut in kleinen Mengen weggespritzt. Schnelles Treiben der Ochsen, der TJebergang von einer magern auf eine üppige Waide bringt die Krankheit ebenfalls hervor. Gewöhnlich geht Durchfall voraus, sodann folgt Verstopfung und mit dieser der Abgang blutigen Harns.
Chronisches Blutharnen ist in England weit häufiger als acutes, und wird fast allgemein mehr für eine Krankheit der Digestionsorgane, nament­lich der Leber, als für eine Nierenkrankheit angesehen. Der Harn ist braun roth oder gelblichbrann; ein stinkender Durchfall geht meist voraus, sehr hart­näckige Verstopfung folgt nach. Die Symptome einer heftigen Gelbsucht zeigen sich sowohl im Leben als nach dem Tode an der dunklen Färbung der Haut, des Blutserum, der gelblichen Milch, des Zellgewebs u. s. w. Die Leber ist meist mit schwarzem Blut überfüllt, mürbe, die Gallenblase voll dicker, schwärzlicher Galle. In dem letzten Stadium der Krankheit wird der Harn beinahe schwarz.
In Westindien soll Blutharnen an manchen Orten endemisch bei Menschen und Thieren, besonders Pferden herrschen, und von der Schärfe des durch die starke Hantausdünstung concentrirten Harns herrühren.
b) Blutung aus den männlichen Genitalien.
Hofacker führt einen Hengst an, der durch zu häufiges Beschälen Blut harnte; ohne Zweifel kam das Blut nicht sowohl aus den Nieren, als aus der Harnröhre oder den Vorsteher­drüsen u. s. w. Er wurde durch Camphor-Emulsion geheilt.
Bei den Wiederkäuern kommt eine Blutung aus der Glans penis, namentlich bei Widdern, während des Ritts vor; eine seichte Verletzung der Eichel ist die Ursache. Durch Vermei­dung der Ursache (des Bedeckens) und einige adstringirende Waschungen wird das Uebel in kurzer Zeit beseitigt.
c) Blutung aus dem Fruchthälter. (Metrorrhagia.)
Sie kommt bei allen unsern Haus thieren, jedoch —*#9632; Ver­letzungen ausgenommen — nur nach Geburten oder Verwerfen vor.
Ausfluss von theils flüssigem, theils geronnenem Blute, wehenartiger Drang, Unruhe des Thiers, später die Zeichen der Entzündung oder einer durch Blutverlust herbeigeführten Schwäche bezeichnen diese Krankheitsform, welche meist schnell verlauft und durch Brand oder Verblutung tödtet.
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Frachthalterblutung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 567
In der Regel ist eine Verletzung des Fruchthälters durch ungeschickte, manuelle Hülfeleistung bei der Geburt, Heraus-reissen der Nachgeburt, Abkratzen der Cotyledonen-ßeste an der Innern Fläche des Fruchthälters, Veranlassung der Blutung. Indessen entstehen auch (meist penetrirende) Wunden durch die Füsse des Foetus; besonders bei fehlerhafter Lage, heftigen Wehen, Weudungsversuchen u. dgl. Solche Verletzungen sind zwar wegen des leicht in die Bauchhöhle sich ergiessenden Blutes, Fruchtwassers u. dgl. sehr gefährlich, jedoch nicht alle­mal tödtlich.
Eine tSdtlicbe Verblutung ans einer zerrissenen Arterie des Frnchthälten bei einer Kuh beschreibt Gillmeister (Sammlung u. s. w.)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'
Die Hauptsache bei Fruchthälterblutungen ist, dieses Organ zu schneller Contraction zu bestimmen; Einspritzungen von kal­tem Wasser, adstringirenden Decocten und eigentlichen blut­stillenden Mitteln (verdünnte Säuren, Kreosot u. dgl.) stillen zwar die Blutung, können aber bei einer durchdringenden Verletzung des Fruchthälters mehr Nachtheil als Nutzen bringen. Hier wäre die Wirkung des Secale cornutum, innerlich in steigenden Gäben gereicht, zu versuchen, da es bei den Thieren, wie bei Menschen, Contractionen im trächtigen Fruchthälter erregt. Kalte Klystiere und Begiessungen oder Umschläge um den Bauch und an die innere Schenkelfläche werden auch empfohlen.
Bildet sich eine Entzündung des Fruchthälters aus, so ist nach den allgemeinen Regeln zu verfahren; würde aber der Blut­verlust so bedeutend, däss das Thier zu erliegen befürchten Hesse, so könnte die Infusion von Blut angewendet werden. Die gegen die eintretende Schwäche zu richtende Behandlung ist an ihrem Orte angegeben.
Stolz führt einen Fall an, wo bei einer an rheumatischem Fieber 'mit Anschwellung der Füsse leidenden Kuh, wenige Stunden, nachdem ihr ein Haarseil mit Nieswurzel applicirt worden war, ungefähr % Quart venöses, dickflüssiges Blut aus der Scheide ausfloss und dieses sich in den folgenden zwei Tagen noch dreimal wiederholte. Er bezeichnet diesen Blutfluss als kritisch.
Blntabgang in geringer Menge begleitet bei manchen, besonders vollblü­tigen Thieren, die Periode der Brunst; man bat dies ziemlich regelmässig bei Affen, Bündinnen, Ziegen und bei Kühen gesehen, (s. Numan's Beobachtun­gen darüber in Belg. 1843). Gr eve führt eine Ziege an, die sich zu dreien Malen mit einem Schafbock begattete und jedesmal nachher an einer ziem­lich starken Blutung ans der Scheide litt. Ich sah eine Ziege von einem Widder trächtig werden, ohne die angegebene Blutung.
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568nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Blutungen.
d) Blutmelken. (Lac cruentum.)
Es ist blos bei Kühen und Ziegen beobachtet. Starke Con-gestionen oder selbst Entzündung des Euters, ferner specifisch dieses Organ reizende Mittel, Zerreissung von Eutergefassen durch äussere Gewalt, selten aber Erschlaffung der Gefässe, geben Veranlassung zum Blutraelken. Bei Kühen, die nach dem Kal­ben wieder brünstig wurden, ist mir Blutmelken öfters, zugleich mit allgemeiner Aufreizung des Gefasssystems, vorgekommen. Gewöhnlich ist das Blut in geringer Menge der Milch beige­mischt und wird entweder als Streifen oder aber hauptsächlich dann gesehen, wenn man die Milchgefasse ausleert, wo sich als­dann 1—2 Löffel voll geronnenen Blutes auf dem Boden des Gefasses finden. Greve will das Blut aus den Zitzen von selbst auströpfeln oder beim Melken reines Blut zum Vorschein kommen gesehen haben.
Dass Blutmelken öfter zugleich mit Bluthamen vorkommt, ist erklärlich, weil dieselben Ursachen, die einen Blutandrang nach den Nieren erregten, auch in gleicher Weise auf die damit im Consensus stehenden Genitalien wirken können. Man beschuldigt daher auch hier die Waide in Wäldern, das Fressen von harzigen Sprossen, so wie der Zweige von Jtmip. sabina und einiger Cratägus-Arten, von Banunkeln, Wasserpfeffer, Anemone nemorota u. s. w. als Ursachen des Blutmelkens.
Behandlung: Vermeidung der Ursachen; innerlich be­sänftigende, schleimige Mittel mit Salzen bei Blutandrang; zu­sammenziehende Mittel bei Schwäche. Bei Euterentzündung auch locale Mittel; bei innern Verletzungen Vermeidung des Melkens und Auslassen der Milch mittelst einer kleinen Röhre, die in die Zitzenöffnung eingeführt wird. (Rep. IV, Giester's verbesserte Melkröhrchen.)
Mit der röthlich geförbten Milch nach dem Genuss ge­wisser Pflanzen (vgl. Kl. IV.) ist das Blutmelken nicht leicht zu verwechseln.
Die mit Blut verunreinigte Milch sollte nicht zum Genuss für Menschen, besonders nicht für Kinder, benützt werden.
D. Blutung aus der Haut.
Es ist hier nicht von Wunden, Geschwüren u. dgl. die Rede, sondern von dem ohne solche stattfindenden, sogenannten
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BIntschwitzen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;569
- -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;a) BlutacJiwitzen.
(uneigentlich Sudor eruentus. Ad., da das Blut keine Secretion der Haut ist, wie der Sclrweiss).
Sebald führt in seiner Naturgeschichte des Pferds an, dass dasselbe hauptsächlich bei tartarischen Pferden (Schimmeln) beobachtet werde. Es besteht in dem spontanen Aufbrechen kleiner Hautvenen, an der Schulter, dem Halse, auch an andern Stellen des Körpers, woraus etliche Tropfen dunkeln Blutes her­vorquellen. In manchen Fällen mag Kneipen mit den Zähnen u. dgl. zunächst daran Schuld sein; es kommt aber auch an solchen Körpertheilen vor, wohin das Thier nicht reichen kann; es soll sogar manchmal die Jugularvene aufspringen.
Ich habe das Blutschwitzen einigeraal bei Pferden, beson­ders orientalischer Rage, gesehen, aber nur bei einem Pferde die Haut untersuchen können. Es war eine Fuchsstute, Na-tional-Russe, welche wegen Rotz (im Febr. 1834) getödtet wurde. Im Leben waren ihr häufig die Venen vorn an der Brust, an den Vorderschenkeln und den Schultern aufgesprungen; bei der Section fand ich an diesen Stellen die Lederhaut ohne alle Ver­änderung, nicht dünner als sonst; das daselbst liegende Zellge­webe war so fest, dass die Haut fast nicht abzuziehen war; die Venen waren äusserst zahlreich in diesem Zellgewebe und bil­deten ein ausgebreitetes Netz; linsengrosse Blutunterlaufungen waren häufig unter der Haut, als Ueberreste solcher Blutungen, die, wie es scheint, ebenso oft nach innen, als nach aussen stattgefunden hatten; einige fingersdicke Höhlen fanden sich im Zellgewebe der blutenden Hautparthieen, deren Natur mir dun­kel blieb, da sie ganz leer waren.
Bei einem wegen veraltetem Rheumatismus im Sept. 1834 getödteten Schimmel orientalischer Abkunft, fand öfters Blut­schwitzen statt. Die Section geschah in meiner Abwesenheit, und ich erfuhr blos,' dass die Haut sehr fein gewesen sei.
Brunswig erzählt einen Fall von BIntschwitzen bei einem Pferde, wo­bei das aus allen Theilen der Haut hervordringende Blut an den Schenkeln herablief. Der Blutverlust war trotz kalter Bespritzungen so stark, dass das Thier am folgenden Morgen daran verendete (6. éc H. II,) Rossignol fährt eine Stute an, bei welcher am linken Vorderfessel, innen auf einer 4—5 Cen­timeter grossen Stelle hochrothes Blut aus allen Poren in kleiner Menge hervordrang, sobald das Thier im Trab lief (Rec. 1844). Numann bei einem Pferde in Utrecht an beiden Hinterfüssen (N. Magaz, II.).
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570nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Blutungen.
He is führt ein Kalb an mit entzündlichem Fieber, dazu Blutschwitzen an der untern Fläche des Körpers vom Kehlgang bis zum After; es dauerte 4 Stunden und der Blutverlust mochte l'/i Maas betragen haben. Schw. III. Auch Schütz sah Blutschwitzen bei einem Kalbe, das Blut konnte aus der Haut herausgedrückt werden; er beschuldigt starke Fütterung, trotz Säuren und kalter Umschläge starb das Thier an Blutleere am 17. Tag (Mekl. 1852). Tass sah es 1828 bei zwei dreijährigen sonst gesunden Ochsen, bei grosser Hitze; es war Jucken und Neigung zum Lecken zugegen und das hellrothe wässerige Blut drang aus der Haut des ganzen Körpers, die Extremitäten und den Schwanz ausgenommen, hervor (Num. Magaz. II); Gaspard berichtet von einer im 5. Monat trächtigen Kalbin, dass in Zwischenräumen von etlichen Wochen ein etwa zwei Tage dauerndes Blutschwitzen aus der unverletzten Haut stattgefunden habe (Bec. 1844). Dass bei Zersetzung des Bluts im hohen Grade des Faulfiebers (Petechialfiebers) blutiges Serum ausschwitzt, ist an s. Orte angeführt. Dieser Art sind die von Ritzel, Sommer und Meyer erwähnten Fälle gewesen (6. amp; H. XIV u. XVII.)
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DRITTE CLASSE. Krankheiten des Empfindungslebens,
(der Sensibilität).
Literatur: Tscheulin, Nervenkrankheiten (1815), Bouley, sur les maladies de la moëlle épinière (Bee. 1829 et 1830).
(Die Wiener Schule unterscheidet auch bei den Krankheiton des Nerven­systems: functionelle und anatomische Störungen; die ersteren theilen sich in a) Reitzungsformen [hieher Wuth, Fallsucht, Starrsucht, Veitstanz, Schwindel, Stättigkeit, Starrkrampf und Lamm erlab me], und in b) Schwächeformen [Ohn­macht, Schwindel, Kalbefieber, Chankerseuche und Kreuzlahme]. Die anato­mischen Störungen beziehen sich auf den Zustand des Gefässsystems [Con­gestion, Entzündung, Blnterguss], auf die Absonderungen [Wasseransammlung == Koller, Drehkrankheit, Kreuzdrehe] und die Consistenz und Masse des Hirns, Rückenmarks und ihrer Nerven.)
Die Krankheiten dieser Classe sind durch das Vorherrschen der sogenannten nervösen Symptome oder dadurch ausgezeich­net, dass das Nervenleiden das Ursprüngliche oder Wesent­liche ist.
In vielen der früher betrachteten Krankheitsformen sind Störungen in der Verrichtung der Nerven (z. B. Schmerz, Krampf, Lähmung, Abstumpfung der Empfindlichkeit u. s. w.) als Begleiter derselben angeführt worden, und bei dem allge­meinen Einflüsse des Nervensystems auf die Verrichtungen je­des Organs, ist es begreiflich, dass beim Erkranken eines sol­chen die Nerven desselben mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen werden; allein theils ist diese Störung der Nerven-thätigkeit nicht in solchem Grade zugegen, um besonders in die Augen zu fallen, theils ist sie nicht wesentlich oder nur einer gewissen Periode der Krankheit eigen. In den zunächst anzu­führenden Krankheitsformen dagegen ist das Erkranken des Nervensystems das Wesentliche, es ist zuerst zugegen oder fällt wenigstens mehr in die Augen, als das oft damit gleichzeitig
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572nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten des Nervensystems.
verbundene oder nachfolgende Erkranken anderer Systeme; in manchen Fällen weist die Section den Sitz des Leidens in irgend einem Theile des Nervensystems nach, häufig ist dies aber auch nicht der Fall, doch findet man alsdann auch in den übrigen Theilen nichts, woraus sich auf einen Sitz des Leidens in andern Organen als den Nerven schhessen Hesse.
Die Thätigkeit des Nervensystems ist am deutlichsten in der Empfindung und in der willkührlichen Bewegung; und ob­wohl auch die Ernährung und die Absonderung unter demsel­ben Einflüsse vor sich gehen, so ist doch ein directer Einfluss der Nerven auf diese Verrichtungen im gesunden und kranken Zustande weniger bemerklich; selbst das Schwinden (Atrophie), obgleich es durch mangelnden Nerveneinfluss herbeigeführt wer­den kann, scheint doch zunächst durch die abnehmende Zu­leitung des Bluts hervorgebracht zu werden.
Es sind demnach die Störungen in der Verrichtung des Nervensystems zunächst nach den beiden angedeuteten Rich­tungen — Empfindung und willkürliche Bewegung — zu be­trachten. Zwar sind, nach den Lehren der Physiologie, in den Centralorganen des Empfindungslebens besondere Theile für jede dieser beiden Verrichtungen bestimmt (grosses Hirn: klei­nes Hirn, obere Stränge des Rückenmarks: untere Stränge desselben); allein theils die organische Continuität und Juxta­position dieser, für verschiedene Verrichtungen bestimmten Theile, theils die Aufhebung dieser Trennung durch die in den Nervenstämmen und Aesten, besonders aber in den Ganglien herbeigeführte innige Vermengung derselben — bewirken, dass sehr häufig die Störung der einen Verrichtung (z. B. Em­pfindung) eine ähnliche Störung in der andern (der Bewegung) zur Begleiterin oder zur Folge hat. Oft wirkt auch gleichzei­tig dieselbe krankmachende Ursache auf die einen, wie auf die andern Nerven, und führt somit von Anfang an eine paarige Krankheit (der Empfindung und Bewegung) herbei (z. B. eine Hirnerschütterung: eine Verletzung des Rückenmarks).
Die Thätigkeit des Nervensystems kann (wie die des Ge-fässsystems) im Allgemeinen a) erhöht, b) vermindert, c) ver­ändert sein.
Die allgemein erhöhte Sensibilität (Erethismus,*
* In nenerer Zeit wird der Ausdruck erethisch auch für das Gefäss-system gebraucht (z. B. Ton Bychner nach Schönlein), wo man sonst den
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Krankheiten des Nervensystems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 573
Hyperaesthesid) äussert sich durch eine zu grosse Empfäng­lichkeit für normale oder abnorme äussere Eindrücke oder Reize; dagegen
die allgemein verminderte Sensibilität (Torpor, Anaesthesia) durch eine zu geringe oder ganz aufgehobene Empfänglichkeit; dieser Zustand kann vorübergehend sein (die Sensibilität ist unterdrückt durch Einflüsse ausser ihr — Stupor) oder aber bleibend und ohne Rücksicht auf das Vorhandensein oder den Grad der Reize — Lähmung (Paralysis).
Die qualitativ abgeänderte Sensibilität (Paraesthesia) ist, ohne mit einer der beiden quantitativen Störungen zusam­menzuhängen, zwar denkbar, allein bei den Thieren kaum nach­zuweisen. (Fliegenschnappen bei wüthenden Hunden.)
Diese allgemeinen Störungen in den Verrichtungen des Nervensystems äussern sich bald ebenso durch Störung in der Verrichtung mehrerer Organe zugleich, bald beschränkt sich die Aeusserung auf ein einzelnes Organ, ja sie kann, bei dem Mangel der Sprache, der Undeutlichkeit der Symptome u. s. w. bei den Thieren — besonders in den gelindern Graden des Erkrankens — leicht übersehen oder falsch gedeutet werden. Dieser üble Umstand wird einigermassen dadurch wieder aus­geglichen, dass Nervenkrankheiten überhaupt bei den Haus-thieren und insbesondere bei den Pflanzenfressern zu den sel­tenem gehören.'
Krankhafte Störungen im Nervensystem entstehen bald plötzlich (z. B. Apoplexie), bald langsam; im ersten Falle tre­ten sie gerne mit aller Heftigkeit auf, im andern Falle dagegen fast unmerklich, wogegen sie sich allmählig entweder über grössere Parthieen ausbreiten oder an Heftigkeit zunehmen (z. B. manche Lähmungen).
Manche Nervenkrankheiten zeichnen sich durch Periodici-tät ihrer Anfälle aus (Epilepsie, Wuth); einige vererben sich auf die Nachkommen (Traber, Epilepsie), keine derselben ist
Ausdruck sthenisch oder entzündlich brauchte. Ein erethisches Fieber ist nach diesem Sinne ein gelind entzündliches Fieber, während den höhern Grad des­selben der Ausdruck synochös oder hypersthenisch bezeichnen soll. Eigentlich aber bezeichnet Erethismus und Torpor im Nervensystem dasselbe, was im Gefässsystem Sthenie und Asthenie, d. h. erhöhte oder verminderte Thätigkcit. R. zählt zu seiner Klasse der Erethismen den Reizhusten, die Indigestion, die Trommelsucht, das Erbrechen und das Unvermögen den Harn zu halten (viel­mehr die Reitzung der Harnblase).
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574nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten des Nervensystems.
ansteckend, als die Wuth. Ihr Vorkommen ist fast immer blos sporadisch, .eigentlich epizootisch erscheint vielleicht die Wuth.
Der Verlauf der Nervenkrankheiten ist ganz unbestimmt, manche tödten plötzlich, andere dauern Monate und selbst Jahre lang. Die Heilung ist in dem einen wie dem andern Falle schwierig.
Die Anlage zu Nervenkrankheiten ist theils eine gene­rische, theils eine individuelle. Unter unsern Hausthiergattun-gen ist der Hund (und die Katze) am meisten zu solchen Krankheiten geneigt, nach ihm das Schwein; unter den Herbi­voren das Pferd und die Ziege; am wenigsten das Rind und das Schaf. Die individuelle Anlage beruht theils auf dem Bau des Körpers und dem Temperament und ist öfters angeerbt, theils auf dem Lebensalter oder gewissen Entwicklungszustän-den (das jüngste Alter, das Zahnen, das Trächtigsein, Gebären und Säugen, disponiren zu Krankheiten der Sensibilität).
Zu den Ursachen im Allgemeinen sind: heftige Leiden­schaften, besonders Zorn und Geschlechtstrieb, atmosphärische Zustände (feuchte Wärme, geringe electrische Spannung), Feh­ler der Ernährung (Uebermass oder Mangel an Futter, zu rei­zende Beschaffenheit desselben), ungewöhnliche Reize (z. B. von Würmern), Entziehung gewohnter Reize (z. B. Blutverlust), narcotische Mittel, Miasmen, Contagien u. s. w. zu rechnen. In vielen Fällen ist die Ursache unbekannt. Zu den nächsten Ursachen gehören häufig Krankheiten anderer Systeme (Ent­zündung , Wassererguss u. dgl.), welche sodann das Nerven­leiden hervorrufen.
Symptome: die krankhaften Störungen der Sensibilität geben sich zu erkennen: a) durch übermässige Rückwirkung gegen massige Reize oder durch Abstumpfung selbst gegen starke Eindrücke, durch vermehrte Lebhaftigkeit im Muskel-und Gefässsystem, Aufregung der Sinnesorgane; oder b) durch das Gegentheil (Traurigkeit, Unaufmerksamkeit, Bewusstlosig-keit, Schwäche der Muskel, Lähmung); ferner c) durch Stö­rung des Instincts, des Willens (Beissen, Verlangen nach ungewohnter Nahrung, gänzliche Willenlosigkeit), der Regel-mässigkeit und Zweckmässigkeit der Bewegung überhaupt (Schieben, Toben), oder in einzelnen Muskeln (Zittern, Krämpfe, Lähmungen). Der Kreislauf nimmt sehr oft wenig oder geringen Autheil an dem nervösen Leiden, oder wird erst später herein-
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Krankheiten des Nerremyttenu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;575
gezogen; in andern Fällen findet man Veränderungen am Pulse (beschleunigt, veränderlich, unregelmässig u. s. w.); die Tem­peratur des Körpers wechselt, die Haut ist oft trocken und schlaff, oft feucht; die Absonderungen sind bald vermehrt, bald vermindert oder alienirt (wässeriger Harn, vermehrter Speichel, Schweiss n. s. w.).
Complicatioäen sind bei Störungen der Sensibilität häufig. Gesellt sich eine Entzündung zu dem Nervenleiden, so richtet sich ihr Character nach dem des letzteren (erethisch oder torpid).
Die Section gibt wenig Aufschluss über das Wesen der meisten Nervenkrankheiten. Man findet bald Erweichung, bald Verhärtung der Nervensnbstanz im Hirn oder Rückenmark; Schwinden (durch Druck u. dergl.), Desorganisation, Tuberkel, Abscesse, Blut- und Wasserergnss, Wurmbildung a. s. w.; häu­figer deutliche Spuren der Entzündung in den Häuten, welche die Nervensubstanz einschliessen; allein diese Veränderungen sind theils nicht constant in derselben Krankheitsform, theils kommen sie auch vor, ohne Störungen der Sensibilität u. s. w. veranlasst zu haben.
Die Diagnose der Nervenkrankheiten überhaupt ist nicht schwieriger, als die vieler anderer Krankheiten; dagegen sind ihre Ursachen, ihr Verhältniss (ob sie idiopatisch oder sym­pathisch sind) und ihre Compile at ionen schwer zu erkennen; daher auch die Prognose meist sehr zweifelhaft, oft aber entschieden ungünstig zu stellen ist.
Behandlung: sie beruht theils auf Entfernung der Ur­sachen , Berücksichtigung der Complicationen (Entzündungen, Fieber), theils auf der Anwendung reizender oder herabstim­mender, auch umstimmender, speeifisch wirkender, hauptsäch­lich aber ableitender Mittel (Hautreize, Purgir- und Brech­mittel und dergl.). Häufig ist man auf Linderung einzelner hervorstechender oder Gefahr drohender Symptome beschränkt. Zweckmässige Diät, frische Luft, Bewegung nach Belieben u. s. w. müssen die Cur unterstützen. Vorsichtsmassregeln, um Beschädigung von Menschen und Thieren oder des Pa­tienten selbst zu vermeiden, sind nicht zu vernachlässigen (bei Koller, Wuth, Epilepsie).
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576nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Störungen des Bewusstseinlaquo;.
Die Krankheiten des Empfindungslebens zerfallen in zwei Abtheilungen — je nachdem sie sich 1) vorzugsweise durch Störung des höhern Theiis der Nervenverrichtungen (Empfin­dung, Bewusstsein u. s. w.), oder aber 2) durch Symptome in der niedern Sphäre dieser Verrichtungen (der willkürlichen Be­wegung) äussern. Beide sind nicht scharf zu trennen, da in einzelnen Krankheitsformen beiderlei Verrichtungen entweder zugleich oder nach einander leiden; eben so wenig sind die weiteren Unterabtheilungen streng durchzuführen, was indessen von jeder andern Eintheilungsart ebenfalls gilt.
1. Krankhafte Störungen des Bewusstseins und der Empfindlichkeit (im engern Sinne).
Diese Abtheilung der Krankheiten des Empfindungslebens zerfällt in zwei Ordnungen, nämlich: 1) in die Störungen des Bewusstseins, und 2) in die der Sensibilität oder Empfindlich­keit im engeren Sinne.
ERSTE OEMMG. Störungen des Bewusstseins.
Aus den Beobachtungen und Versuchen der Physiologen ergibt sich, dass die Halbkugeln des grossen Hirns die Ver­richtung haben, die von den Nerven geleiteten Eindrücke (mö­gen sie aus dem eigenen Körper herrühren, oder von der Aussenwelt) zum Bewusstsein zu bringen, dass somit das Er­kenntnissvermögen, das Gedächtniss, die Aufmerksamkeit, die ürtheilskraft, der Instinct, der Wille — mit einem Worte die höhere Seelenthätigkeit daselbst ihren Sitz hat. Die Ausbildung und Integrität des grossen Eirns steht jedoch nicht immer in geradem Verhältnisse zu der Vollständigkeit, mit der es seine Verrichtungen erfüllt; denn einestheils sind nicht selten sehr bedeutende Störungen der letzteren zugegen, ohne dass die Untersuchung des Hirns nach dem Tode etwas Erhebliches darüber lieferte, andererseits können Verletzungen, Substanz­verlust des grossen Hirns und dergl. bis auf einen gewissen
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Störungen des Bewusstseins.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; fr^y
Grad stattfinden, ohne Störung des Bewusstseins nothwendig nach- sich zu ziehen.
Ich habe bei Pferden Tuberkel und selbst bedeutende Abscesse im grossen Hirn beobachtet, ohne dass im Leben irgend ein Symptom diesen Befund hätte ahnen lassen. Die sogenannten versteinerten Gehirne (Exostosen in die Schä­delhöhle hinein) verdrängen manchmal einen grossen Theil der Hirnmasse, und brauchen gewiss lange Zeit, um sich zu bilden, während meist erst spät und kurze Zeit vor dem Tode sich die Zeichen eines Himleidens entwickeln. Druck auf das Hirn, sei es durch Congestion, Entzündung, Bluterguss oder Wasseransammlung, Wurmbildung (Drehkrankheit), oder durch Knochensplitter und dergl., ist am ehesten geeignet, das Bewusstsein schnell zu trüben und selbst ganz aufzuheben. Dasselbe geschieht aber auch durch Verminderung des gewohnten Drucks und Reizes, z. B. durch einen sehr starken Blutverlust (Ohnmacht, Scheintod).
Einzelne Verrichtungen der Seelenthätigkeit sind, obwohl in seltenen Fällen, bei den Thieren gestört oder vernichtet worden; so hat man beobachtet, dass nach überstandeneu Hirn­entzündungen das Gedächtniss geschwächt oder das Erinne­rungsvermögen aufgehoben war; Pferde und Hunde hatten das zuvor Erlernte (Dressur) vergessen. So nehmen viele Pferde, welche die haibacute Hirnentzündung überstanden haben, etwas Eigenthümliches, eine Unart oder dergl. an.
Der Instinct leidet ebenfalls theils idiopathisch, tbeils sympathisch. Manche Thiere ziehen ungewohnte, ganz unver­dauliche, selbst schädliche Nahrung dem zuträglichen Futter vor (Lecksucht, Wuth); die natürlichen Triebe arten aus in Leidenschaft; der Erhaltungstrieb schweigt über der Sehnsucht nach dem entfernten Jungen oder nach gewohnter Gesellschaft; die Liebe zu den Jungen verwandelt sich in Gleichgültigkeit, Abneigung, selbst Wuth gegen sie; der übermässige Geschlechts­trieb führt Ausbrüche von Tobsucht oder Abstumpfung der Empfindlichkeit (Koller) herbei. Mehrere Fälle von Angst, Zorn und dergl., auch Heimweh sind bei den Thieren wirklich krank­haft gewesen und haben selbst den Tod derselben veranlasst. Die Scheue zählt Adamowicz unter die Krankheiten des Hirns, die Stätigkeit unter die des Gangliennervensysteras (wofür sich übrigens wenig Gründe werden anführen lassen). Der Wille ist bald verkehrt (Stättigkeit) und nach Unmöglichem gerichtet (z. B. Schieben), oder er fehlt ganz, das Thier ist blos noch eine willenlose Maschine. Die eben angeführten krankhaften Störungen sind indessen meist symptomatisch, d. h. sie gehören einer bestimmten Krankheitsform an und begleiten sie bald
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;37
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578nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.Störungen des Bewnsstseins.
ununterbrochen, bald blos zeitenweise; nur selten stehen sie für sich da. Einige derselben scheinen ohne organische Ver­änderungen zu bestehen und den Seelenkrankheiten des Menschen zu entsprechen.
In vielen Fällen hat eine solche Störung der höhern Ner­venverrichtungen wenig oder keinen Einfluss auf die Ernährung, die Absonderungen, die Resorbtion; solche Thiere halten sich oft, trotz dem, dass sie längere Zeit wenig oder nichts fressen, beinahe unverändert, und magern nicht ab, bis endlich eine Zersetzung der nicht gehörig erneuten Säftemasse eintritt, welche sodann schnelle Resorbtion des Fetts, Abmagerung und den Tod zur Folge hat. Indessen fähren auch manche Nervenkrank­heiten ganz allmählig zur Auszehrung.
A. Schlagfluss. (Apoplexia.)
Literatur: Huzard (Instr. V.), Kelph (Vet. 1840), Percivall (ebd. 1844), Gillmeister Sammlung etc., Delwart (Belg. 1842), Cox plötzlicher Tod eines Pferds, einen Tag nach einem Colikanfall (Vet. 1849); ähn­licher Fall (Woch. 1849); Ritter, bei einem Ochsen (Carlsr. 1850); Schimper bei einer Kuh (Schw. XII.); Apoplexie einer Kuh, die mit einem Schrei todt niederstürzte, Klin, von Stuttgart (Rep. 1856).
Plötzlicher Verlust des Bewusstseins, der Empfindung und willkührlichen Bewegung, mit röchelndem Athmen, unregelmäs-sigem Pulse und Herzschlag. Sehr rascher Verlauf. Bei allen Hausthieren vorkommend (nach Haubner häufiger als man glaubt, besonders bei Wiederkäuern).
Man unterscheidet zwei Formen, den Blutschlag und den nervösen Schlagfluss.
et) Blutschlag. (Apoplexia sanguinea.)
Andrang des Bluts nach dem Hirn, selbst Extravasate in der Schädelhöhle sind die nächsten Ursachen des Blutschlags. Vollblütigkeit überhaupt, Erhitzung des Körpers durch schnelles Laufen, grosse Sonnenhitze, dumpfe Stallluft, schnelle Unter­drückung gewohnter Secretionen, mechanische Hindernisse des freien Abflusses des Bluts vom Hirn (enge Kummete, Kehl­riemen) u. dergl. geben die entferntere Ursache ab; es kommt daher der Blutschlag vorzugsweise bei gutgenährten Thieren, im besten Alter vor und äussert sich durch die höhere Röthe der sichtbaren Schleimhäute, die hervorgetriebenen Augen, An-
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Schlagflnss.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 579
Schwellung der Hautvenen des Kopfes, Bluterguss aus der Nase, dem Maule u. s. w. Thiere, welche vorher Mangel gelitten, und nun schnell in bessere Verhältnisse kommen, wobei sie viel Blut bereiten, sind dem Blutschlag am meisten ausgesetzt (besonders Schafe und mageres Rindvieh, das unvorsichtig ge­mästet wird).
Die Krankheit befällt die Thiere entweder plötzlich (wie der Name „Schlagquot; andeutet) oder aber nachdem schwankender Gang, Schwindel, Aufstützen des Kopfs, Schläfrigkeit, Zuckung einzelner Muskeln und dergl. vorausgegangen sind. Das Thier fällt zu Boden, verliert das Bewusstsein und die Empfindlich­keit, bewegt sich gar nicht, oder zeigt kraftlose Zuckungen, athmet langsam und mit Beschwerde, die Augen sind stier, oder verdreht, die Pupille ist weit und starr. Der Puls ist nnregelmässig, kaum fühlbar, der Herzschlag in der Tiefe zu fühlen, aber unordentlich; nicht selten geht der Harn oder der Mist unwillkürlich ab. Stirbt das Thier nicht auf der Stelle, sondern erholt sich allmählich, so bemerkt man, dass einzelne Parthieen des Körpers mehr oder weniger vollständig gelähmt sind; das eine Ohr und Augenlid hängen herab, die Lippe ist verzogen, oder das Hintertheil ist unfähig, sich zu bewegen u. s. w. Wenn auch das Bewusstsein in solchen Fällen wiederkehrt, gehen die Thiere nach einigen Tagen, Wochen oder selbst später an der Lähmung oder an wiederholten Schlaganfällen zu Grunde. quot;Vollständige Wiederherstellung gelingt selten.
Bei der Section findet man die Blutgelasse des Hirns mit Blut überfüllt, Erguss von Blut oder Ansammlung vielen Wassers in der Schädelhöhle, die Hirnsubstanz manchmal er­weicht, Exostosen und Blutschwämme, Tuberkel in der Schädel­höhle u. s. w.
Prognose: wegen des sehr schnellen Verlaufs ungünstig.
Therapie: neben Beseitigung der Ursache, wenn sie noch fortwirkt (z. B. Druck des Kummets oder Kehlriemens) schleu­nigste Ableitung des Blutandrangs vom Hirn; Aderlass an beiden Jugularvenen, oder Oeffnung der Schläfearterien (eigentlich obere Jochmuskelarterie), Einschneiden in das Gaumengefassnetz (bei Pferden); ferner kalte Umschläge oder Begiessnngen des Kopfes; ableitende Hautreize und Klystiere; später die Secretionen be­fördernde Mittel (Purgantia, Mittelsalze, Brechweinstein u. s. w.). Innere Verblutungen, z. B. durch Bisse in der Leber, Milz, dem Herz
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580nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Störungen des Bewnsstselm.
oder grossen Gefässen, können mit Apoplexie verwechselt werden; die Section gibt Äufschhiss.
b) NervemcMag (Apoplexia nervosa.) (Kalter Schlagflass. A. primitiva.)
Die Symptome sind im Wesentlichen dieselben, wie bei der vorhergehenden Form; doch fehlen diejenigen derselben, welche eine Blutanhäufang im Kopfe andeuten; die Schleim­häute sind daher nicht dunkler, sondern eher blass, die Thiere überhaupt nicht vollblütig oder stark genährt, sondern ge­schwächt, abgemagert. Reizbares Temperament, grosse An­strengung (z. B. beim Gebähren), heftiger Schmerz, Blut- und Säfteverlust, frühere Hirnleiden (wie Koller, Schwindel) u. s. w. disponiren zu dem Nervenschlag, der eine plötzliche Er­schöpfung der Nervenkraft ist. Die Section zeigt nichts Erhebliches.
Gillmeister führt einen Fall von Apopl. nerv, an, welche nach der Operation des Englisirens entstanden and das Thier in wenigen Minuten tödtete. Die Untersnchung des Hirns und der übrigen Organe zeigte nicht die geringste Abweichung. Dergleichen plötzliche Todesfälle nach Operationen sind nicht so selten beobachtet worden; vielleicht ist Eindringen von Luft in geöffnete Venen, oder die Erschütterung des Körpers beim Werfen Ursache des Todes.
Der Tod durch Blitzstrahl ist der reinste Nervenschlag, da hiebei die Nervenkraft durch Ueberreizung plötzlich erschöpft wird. Man findet an den durch den Blitz getödteten Thieren theils gar keine krankhaften Veränderungen, theils oberflächliche Versengung der Haare, Blutunterlaufung in Form eines Streifens (nach dem Verlaufe des Blitzstrahls), das Blut in den Gefässen flüssig, die sämmtlichen Eingeweide aber unverändert.
Fuchs sah bei einem Haufen von 27 durch Blitz erschlagenen Stücken Rindvieh die Haare in Streifen schwach versengt, darunter starke Blnteztra-vasate (bei einem Thier, dem der Blitz in das Maul gefahren, war die ganze Luftröhre an der hintern Wand gespalten). Das kohlschwarze, geronnene oder theerartige Blut, die breiige Beschaffenheit der Milz, die geschwollene Zunge, die dunkle Färbung der Schleimhäute, der Ausfluss von Blnt aus After und Maul mögen grösstentheils cadaverische Erscheinungen sein, da die Section erst 21 Stunden nach dem Tode vorgenommen wurde (rh. Vet.-Ber. von 1835). Äehnliche Fälle von Verletzung und Tödtung durch Blitzstrahl sind von Hering (Rep. VII.) und Curdt (mecklenb. Jahresbericht 18*6/i,, Rep. IX.) mitge-theilt. Auch Hördt hat einen solchen Fall in Weidenkeller's Jahrbuch I. 1830 beschrieben und abgebildet.
Aderlass, Frottiren, kalte Begiessungen, aufregende Mittel,
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SchlagflusR.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5g]
und das Eingraben in feuchte Erde sind für Fälle, wo Heil-versache unternommen werden sollen, zu empfehlen.
Die Behandlung des Nervenschlags beruht auf Ruhe, erregenden Mitteln, sowohl innerlich als äusserlich (Wein, Brannt­wein, Naphtha, Injectionen in die Venen; — Einreibungen mit Terpentinöl, Salmiakgeist, Senfteige, Brennen; reizende Kly-stiere). Die Behandlung der etwa zurückbleibenden Lähmung siehe an ihrem Orte. Recidive sind auch bei dieser Form zu befürchten.
Die apoplectische Form des Milzbrandes, s. S. 340, unterscheidet sich in den Symptomen wenig oder nicht von der gewöhnlichen Apoplexie, indessen kommt erstere mehr seuchenartig vor und geht meist in andere Milzbrand­formen über, oder wechselt mit ihnen ab; die Apoplexie aber ist sporadisch und die Zersetzung des Bluts, welche den Milzbrand characterisirt, mangelt ihr. Die paralytische Form des Gebärfiebers kann mit Apoplexie verwechselt werden; das kurz zuvor stattgefnndene Gebären leitet auf die richtige Be-urtheilung des Falls.
Ryebner zählt den Blutschlag zu den Blutungen, den Nervenschlag zu den Neurosen; allein bei jenem muss nicht gerade ein Extravasat von Blut vorhanden sein, sondern eine Ueberfüllung der Gefässe (ohne Zerreissung) genügt. Der Ner­venschlag ist auch nicht identisch mit der Paralyse, da letztere ganz ohne Störung des Bewusstseins stattfindet, ja selbst die Empfindlichkeit nicht jedesmal aufgehoben ist. Der Nerven­schlag könnte in jenem Sinne eine Paralyse des Hirns genannt werden.
Mehrere Autoren rechnen innere Blutungen überhaupt zu den Apoplexien, so hat Vatel ausser der Apoplexie des Hirns eine solche des Darmcanals, der Milz, der Lunge und selbst des Hufs angeführt. Die Fälle, in denen Pferde plötzlich zu­sammenstürzen und nach wenigen Minuten sterben, und wo die Section einen Bluterguss in das Parenchym ber Milz, der Le­ber, der Lunge u. s. w. zeigen, sind nicht so gar selten, allein sie haben mit der Apoplexie nichts als den raschen Verlauf gemein, und sind eigentlich innere Verblutungen. Daher spricht man von einem Lnngenschlag, Herzschlag u. s. w. Folgender Fall kann als Beispiel dienen:
Apoplexie des Herzens: Ein dreijähriges Stutenfohlen erkrankte an Druse; es bildet sich ein Abscess im Kehlgang, der sich am fünften Tage öffnet and viel Eiter entleert; das Thier frisst wieder und geht der Genesung rasch entgegen. Am achten Tage verzehrt es sein Morgen- und Mittagfutter C/j Bation) rasch und wird sodann im Stalle getränkt; es sanft einige Maas
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582nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Störungen des Bewnsstseint.
Wasser, senkt dabei den Kopf auf die Gölte, stürzt plötzlich zu Boden, und crepirt. Bei der fünf Stunden später vorgenommenen Section findet man die Blutgefässe des Hirns strotzend von Blut, im Herzbeutel ist ein Trinkglas voll rötbliches Serum, worin zwei Klumpen dunkelrothes geronnenes Blut von 1 Zoll dick und l'/s handbreit sich befinden. Die übrigen Organe sind gesund.
Der sogenannte Lung e n schlag (Stickfluss, Apopl. pulmon.) äussert sich unter denselben Erscheinungen -wie der Blutschlag; die Thiere stürzen unvermuthet zusammen, schwitzen, athmen röchelnd, die Hautvenen sind aufgetrieben, die Schleimhäute blei-farb n. s. w., und die Kranken verenden fast unmittelbar nach dem Anfalle, öfters unter Blutausfluss aus der Nase. Bei der Section sind alle Eingeweide gesund, die Lungen aber so überfüllt mit venösem Blut, dass sie beim Durchschneiden der Milz gleichen. Hier wird der Tod durch die Ueberfüllung der Lunge mit Blut, den Austritt desselben aus den Gefässen und die daraus ent­stehende Unmöglichkeit des Lufteintritts in die Lungenbläschen herbeigeführt. — Starke Blutentleerung, Frottiren der Haut u. s. w. sind hier angezeigt.
Stickfluss bei zwei Kühen, durch Streustroh von einem Brande (brenz-licher Dampf) herrührend (G. amp; H. 1855). Aehuliche Fälle von Rey (Lyon 1856) und Griffa (Turin V.).
Albers beobachtete 1834 in Bonn, dass zu einer Zeit, in welcher meh­rere Personen am Schlagfluss starben, auch viele Hühner während des Fressens und Herumlaufens todt zu Boden stürzten. Im Kopf war extravasirtes Blut. Auch Hensinger (Rech.) will Blutschlag bei Vögeln beobachtet haben. — Bei Finken und Sperlingen soll im Frühjahr, vor der Paarungszeit, Apoplexie nicht selten vorkommen.
B. Scheintod. {Asphyxia.)
Vorübergehende Unterbrechung der Lebensverrichtungen, des Athmens, des Bewusstseins, der willkührlichen Bewegung, vielleicht auch des Kreislaufs.
Der Scheintod kommt bei den Thieren meist in Folge von Erstickung vor; das Zusammenschnüren der Luftröhre durch Halfterstricke u. dgl., das Ertrinken, Erfrieren, der Aufenthalt in irrespirabler Luft, in dickem Hauch, der Blitzstrahl u. s. w., ferner grosser Blutverlust, geben Veranlassung hiezu. Nach Vergiftung durch Ranunculus arvensis beobachtete Lipp bei mehreren Schafen Scheintod (Rep. V.).
Anhäufung des Bluts in einzelnen Theilen, z. B. im Kopf, der Lunge, dunkle Färbung der Schleimhäute, Schäumen, Blut-
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Scheintod. . ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;583
erguss in verschiedene Organe, Schlaffheit der Glieder, Auf­hören des Athmens, unfühlbarer oder zitternder Puls und Herz­schlag, unwillkürlicher Abgang des Harns oder der Excremente u. s. w. sind die Symptome der Asphyxie.
Da dieser Zustand, wenn nicht- schleunigst Hülfe geleistet wird, in den wirklichen Tod übergeht, so ist bei asphyctischen Thieren so schnell als möglich die Ursache zu entfernen (z. B. der zusammengeschnürte Strick abzuschneiden; sie sind in frische Luft zu bringen u. dergl.), sodann darch anhaltendes Frottiren des Körpers und der Füsse der Kreislauf in Gang zu bringen, das Athmen durch abwechselndes Drücken und in die Höhe heben der Rippenwände oder des Bauches (bei kleinen Thieren durch Einblasen von Luft) wiederherzustellen, die unterdrückten Kräfte durch flüchtige Reizmittel (Riechen an Salmiakgeist), Kitzeln der Nase und des Schlundkopfs u. s. w. zu erregen. Beim Ertrinken wäre der Luftröhrenschnitt zu machen, um der Luft leichtern Zutritt zu verschaffen, da die Luftwege nicht selten Wasser, Schlamm und dergl. enthalten. Warme Bäder, Aderlässe und reizende Klystiere sind öfters zur Unterstützung der übrigen Mittel nothwendig. Jedenfalls sind die Wieder­belebungsversuche mit Ausdauer fortzusetzen.
Die Asphyxie kommt bei neugebornen Thieren nicht so selten vor, wenn sie (was nur bei Stuten und Fleischfressern beobachtet wird) innerhalb der geschlossenen Eihäute zur Welt kommen, oder wenn die Geburt lange dauert, überhaupt wenn das Junge längere Zeit in dem Becken verweilen muss, nach­dem der Placentalkreislauf aufgehört, das Athmen aber noch nicht angefangen hat.
Die Section asphyctisch gestorbener Thiere zeigt ver­schiedene Abweichungen je nach der Veranlassung des Schein­tods; Ueberfüllung der Lungen und des Hirns mit Blut, selbst Extravasate desselben, das Blut schwarz, dickflüssig, die Mus­keln schmutzigroth, welk, Schaum in den Luftwegen und dem Maule und dergl. m.
C. Ohnmacht. {Syncope.)
Plötzliches Aufhören des Bewusstseins und Sinken der Kräfte, mit Verminderung oder Unordnung im Athmen, dem Kreislauf und der thierischen Wärme.
Die Ohnmacht ist ein der Asphyxie ähnlicher, aber leich-
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StSrungen des Bewusstseins.
ter vorübergehender Zustand, wobei das Athmen und der Kreis­lauf nicht gänzlich unterbrochen, sondern blos vermindert und gestört sind; die Vertheilung der thierischen Wärme ist un­gleich und wechselnd, und die Muskelkräfte sinken so schnell, dass die Thiere sich nicht aufrecht erhalten können. Schwin­del, Schwanken, kalter Schweiss an verschiedenen Stellen des Körpers gehen gewöhnlich dem Eintritt der Ohnmacht voraus.
Als Ursache derselben ist hauptsächlich starker Blutverlust, sei es durch Aderlass oder bei Gelegenheit von Operationen, zufälligen Verletzungen, innerer Blutung u. s. w. anzusehen. (Auffallend ist, um wie viel mehr ein weit geringerer Verlust von arteriösem Blut schwächt, als von venösem Blut.) Rodet beschuldigt ferner langes Hungern und starke Anstrengung, besonders bei jungen Pferden auf forcirten Märschen. Auch bei Wettrennen kommt dieser Zustand vor. Bei Rindvieh von zu schnellem Entleeren der Luft, bei Aufblähen (nach dem Trocariren). Die Narcose mit Aether, Chloroform und dergl. fuhrt eine künstliche Ohnmacht herbei, die bei kleinen Haus-thieren gerne mit dem Tode endigt.
Behandlung: Bespritzen des Kopfs, der Nase und der Maulhöhle mit kaltem Wasser, trockenes Reiben der Haut, Riechen an Ammonium, starkem Essig u. dgl. erregende Mittel in kleiner Gabe (Wein, Branntwein), Aufenthalt in frischer Luft, Entfernung alles dessen, was die Respiration hindern kann (z. B. der Gurten). Bei allzustarkem Blutverlust wäre die Infusion von Blut zu versuchen; bei Hunger und Anstrengung: leicht nährende Flüssigkeiten (Milch, Eier) und Rühe.
D. Koller. (Amentia.)
(Kolderer, stiller, Schlaf-, üummkoller, Sonnen-, Mutter-, Samenkoller u. s. w. Vesania, Fatuitas. Vertige, Immobilite' der Franzosen.)
Literatur: Chabert (Instr. VI.), Röber (1794), Uden (1800), Eckert (1832), Nüsken (1838), Hayne (i, östr. Jahrb. 3. Bd.), Dick (Vet. 1846, Hübner (N. lt;fe V. 1850); die Schriften über Hauptmängel; häu­fige Verwechslung mit Hirnentzündung.
Eine langwierige, fieberlose Störung des Bewusstseins, mit meist verminderter Empfindlichkeit, besonders der Sinnesorgane, Trägheit oder Verkehrtheit der willkürlichen Bewegung, lang­samem Kreislaufe u. s. w., seltener mit gesteigerter Nerven-
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Koller.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 585
thätigkeit. Hauptsächlich die Pferdegattung und die mittlere Lebrehsperiode befallend; als Anlage auf die Jungen übergehend. Die verschiedenen Namen und Beinamen dieser Krankheit rühren theils von den begleitenden Symptomen (Lausch-, Schlaf-, Springkoller), theils von der beschuldigten Ursache (Samen­koller) her. Waldinger setzte den Unterschied zwischen stil­lem und Dummkoller dahin fest, dass bei ersterem der Zustand sich mehr dem entzündlichen, bei letzterem dagegen dem fau­ligen nähere. Dies ist jedoch in der Natur oft schwer auszu-mitteln. Andere nennen stillen Koller den gelindern, Dumm­koller den höhern Grad des Uebels. Zweckmässiger ist, den erethischen Koller von dem torpiden zu trennen; letztere Form ist die bei weitem häufigere. Der Koller ist nicht immer idio-pathisch, sondern manchmal consensuell, d. h. von einer Störung anderer Verrichtungen abhängend (Magenkoller, Samen-, Mutter­koller). Das Wesen des Kollers ist nicht mit Sicherheit aus-gemittelt; die Meinung, dass er in einer schleichenden Entzün­dung der Hirnhäute, und in deren Folge Wassererguss in die Schädelhöhle (Hydrocephalus chronicus) und Druck auf das Hirn bestehe, hat manches für sich; allein sie ist nicht zu erweisen, und jedenfalls wären zahlreiche Ausnahmsfälle nicht zu läugnen. Die Symptome des Kollers sind sehr zahlreich, aber keines derselben ist characteristisch; bei dem einen Thiere fehlen diese, bei dem andern jene Symptome, und nicht selten sind einzelne Kennzeichen des Kollers bei Pferden zugegen, die bei genauerer Untersuchung keineswegs an dieser Krankheit leiden. Der ganze Complex der Erscheinungen muss auf einen Mangel an Bewusstsein oder Störung der dazu beitragenden Verrichtungen hinweisen, dabei fieberlos und langwierig sein, um das Vorhandensein des Kollers zu bestätigen. Ein hoher Grad von phlegmatischem Temperament ist von einem geringen Grade von Koller auf den ersten Anblick kaum zu unterschei­den; doch ist bei jenem — wenn auch Mangel an Reaction auf äussere Eindrücke und Trägheit der Verrichtungen — keine Verkehrtheit der Willenäusserung, kein völliges Sich-Vergessen u. s. w. zugegen. (Die Verschiedenheit des Kollers von andern Hirnkrankheiten s. später.)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,
Nach den Ansichten der Wiener Schale ist chronische oder acute Aus-schwitzong von Serum in die Seitenkammem des Hirns der gewöhnliche Befand bei dammkollerigen Pferden. Die gleichzeitig oft vorhandene Durch-
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586nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.Störungen des Bewusstseins.
feuclitung (Erweichung) der Hirnsubstanz (Hirn-Oedem) wird auch bei Him-entzündung, Schwindel, Fettsucht u. s. w. gefunden, wie auch bei denselben Krankheiten, ferner dem Starrkrampf, der Lähmung, der Staupe, bei Indige­stion u. s. w. Hyperämie des Hirns, Entzündung der Arachnoidea, Wasser-erguss u. dgl. beobachtet werden; es sind somit die genannten pathologischen Veränderungen in der Scbädelhöhle für sich kein Beweis des Kollers.
a) Torpider Koller. (Dummkoller, stiller, Lauschkoller, Schieber.)
Er betaut Pferde jeden Alters, ist jedoch bei sehr jungen und sehr alten selten; ähnliche Zustände bei den ersteren sind mehr acuter Art {Hydrocephalus acutus), bei den letztern da­gegen Folge von Abnahme der Kräfte, Erschöpfung.
Im gelinderen Grade bemerkt man im Stalle wenig oder nichts Abweichendes; die Thiere halten den Kopf etwas tief, zeigen wenig Aufmerksamkeit auf das, was in ihrer Nähe vor­geht, sind wenig empfindlich auf der Haut, stehen manchmal ungeschickt oder wie schläfrig da, fressen langsam, besinnen sich, ehe sie wieder etwas aus der Raufe herab nehmen; ihr Puls ist ruhig, oft etwas langsamer als gewöhnlich (etliche 30, 28, selbst 24 in der Minute), ihre Verdauung ist verzögert, der Mist geht selten, aber in grosser Menge auf einmal ab, ist bald klein geballt und hart, braun, bald locker und hell gefärbt.
Hat das Leiden einen hohem Grad erreicht, so sieht das Thier lange unverwandt in eine Ecke, stützt auch wohl den Kopf in der Krippe auf, hat einen stieren Blick, ein unregel-mässiges Ohrenspiel (studiren, losen, lauschen); lässt sich auf die Krone der Füsse treten, oder in die Ohrmuschel greifen, ohne auszuweichen; frisst sein Krippenfutter mit dummer Hast, vergisst sich dazwischen und behält das Futter eine Zeit lang im Maule, ohne es zu kauen und hinabzuschlucken; es will das Heu nicht aus der Raufe nehmen, überhaupt den Kopf nicht in die Höhe thun, frisst daher lieber Streu, oder reisst grosse Wische aus der Raufe auf den Boden herunter; beim Saufen streckt es den Kopf bis über die Nasenlöcher in das Trink­wasser, setzt manchmal längere Zeit aus und muss gemahnt werden, wo es dann wie aus einem Schlafe auffährt und sich seines Vorhabens erinnert. Verdauung und Puls wie oben; manchmal Zeichen eines Leberleidens (gelbliche Färbung der Schleimhäute, mit zähem Schleim überzogener, blasser, säuer­lich riechender Mist). Nicht selten sind dergleichen Thiere, trotz
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Koller.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 587
ihrer Unaufmerksamkeit, unartig, suchen zu schlagen oder zu beissen, wenn man sich ihnen nähert oder die gewöhnlichen Proben mit ihnen vornehmen will. Nimmt man ein solches Thier aus dem Stalle, um es im Reiten oder am Wagen zu probiren, so geht es im gelindern Grade anfangs ganz gut, bis es müde oder warm wird, alsdann senkt es den Kopf, drängt in die Zügel, lässt sich schwerer leiten, geht von der geraden Linie ab, nach rechts oder links, lauft selbst über Steinhaufen oder in den Chausseegraben, muss bald angetrieben wer­den, bald ist es nicht mehr zu halten und trabt bewusstlos fort, hebt die Füsse unnöthig hoch auf, schafft sich ab, schwitzt bald, geht nicht mehr rückwärts, steigt eher in die Höhe oder wendet um, und wird nun gegen Sporen, Peitsche, Zügel, Tre­ten auf die Füsse u. s. w. ganz unempfindlich, lässt sich die Füsse kreuzen und verharrt längere Zeit in ganz ungeschickter Stellung u. dergl. m. Auch Schwäche im Kreuze und schwan­kender Gang werden manchmal bemerkt. Am Wagen zeigen sich dieselben Symptome; das Thier will bald gar nicht ziehen, bald fährt es in das Zeug hinein, zerreisst die Stränge, steigt und haut mit den Vorderfüssen, oder schlägt hinten aus u. s. w. Jede Erhitzung durch den Gebrauch oder im Stalle (dumpfe, heisse Luft) oder bei heisser Witterung pflegt die Zeichen des Kollers zu vermehren, dagegen kühles Verhalten, die kalte Jahreszeit, oder die Abkühlung der warmen Luft durch Gewitter einen günstigen Einfluss auf die kollerigen Pferde haben. Ge­sellt sich zu dem vorhandenen Leiden eine Reizung des Gehirns, so tritt gerne Tobsucht, Schieben und Drücken gegen den Bar­ren u. s. w. ein.
Der torpide Koller kann Jahre lang dauern; die Kranken befinden sich, je nachdem sie mehr oder weniger zweckmässig gefüttert und benutzt werden, periodisch besser oder schlechter. Ihre Brauchbarkeit ist meist auf den langsamen Zug beschränkt, wo sie im Verein mit mehreren andern Pferden gut zu arbeiten pflegen; zum einzelnen Gebrauche und zum Personentransport sind sie jedoch als gefährlich zu verwerfen. Kollerige Pferde sterben selten direct an dieser Krankheit, sondern an hinzu­getretener Entzündung der Hirnhäute, an Apoplexie, Verjauchung der Lunge, Lungenödem u. s. w. Meist werden sie als un­brauchbar getödtet. Die Section zeigt: Ansammlung von Se­rum in der Schädelhöhle, besonders der Kammern, geschwollenes,
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588nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Stfirnngen des Bewusstseins.
blasses Aussehen des ganzen Hirns, Verstreichen der Windun­gen, plattgedrückte Seh- und Riechhügel, Durchtränkung und Erweichung der Hirnsubstanz; das angesammelte Serum ist klar und blass, beim acuten Erguss dagegen trübe, selbst flockig; Auftreibung der Adergeflechte, Anämie, seltener Hyperämie, Druck irgend einer Art auf das Hirn u. s. w.; Wasserblasen sind selten im Hirn der Pferde. (Schöne will deren 2 von beträchtlicher Grosse im Hirn eines dummkollerigen Pferdes gefunden haben [Oecon. Neuigk. 1829] und Tenneker soll in Dresden einen ähnlichen Fall beobachtet haben.) Häufig sind zugleich Veränderungen in den Verdauungsorganen, namentlich der Leber, zugegen. Der Sectionsbefund allein lässt jedoch nie einen Schluss auf den Zustand des Thiers im Leben zu, da die angeführten Erscheinungen keineswegs constant sind.
Die Entstehung des torpiden Kollers ist sehr verschie­den. Viele kollerige Pferde sind es ganz allmählich und un­bemerkt geworden, durch ungewohnt reizende Fütterung, dum­pfen Stall, Erhitzung beim Gebrauch, besonders während dem Zahnen, unverständiges und übereiltes Dressiren (besonders junger, noch schwacher Pferde) — bei manchen wirken mehrere dieser Ursachen, jede vielleicht zu einem geringen Theile, zu­sammen und bringen so die Krankheit hervor. Ein anderer Theil kolleriger Pferde erlitt zuerst eine förmliche, idiopathische oder consensuelle Hirnentzündung (vgl. diese), kam zwar mit dem Leben davon, behielt aber eine Störung einzelner Hirn-functionen. Ein dritter Theil endlich, aber bei weitem der geringste, wird plötzlich auf eine der Apoplexie ähnliche Weise kollerig, ohne vorausgegangene andere Krankheit.
Eine besondere Disposition zum Koller haben gemeine Pferde phlegmatischen Temperaments, mit schweren Köpfen, schlaffem Faserbau, dicken Bäuchen, oder mit schmalem Schä­del (Rammsköpfe); ferner auf nassen Waiden aufgezogene Thiere; solche, die von einem kollerigen Hengste oder einer solchen Stute abstammen (diese Anlage habe ich selbst bei Enkeln eines solchen Hengstes noch stark beobachtet); früher leberkranke Thiere, besonders aber solche, die während der Entwicklung (Zahnen) schnell ihre Lebensweise ändern, z. B. von dem Bauern- in einen Herrnstall kommen, oder Remontepferde.
Die Ursachen des Kollers liegen theils in der Fütte­rung (zu reizend, nahrhaft, oder erschlaffend und in zu gros-
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KoUer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;589
ser Menge gereicht), theils im Gebrauche, der Wartung, dem Aufenthaltsort (heisse Ställe), der Jahreszeit (schwüle Hitze), in vorausgegangenen entzündlichen Krankheiten oder Conge-stionen nach dem Kopfe, Hindernissen des freien Blutabflusses durch enge Kehlriemen oder Kummete; selten in mechanischer Einwirkung (Erschütterung, Knocheneindrücken), oder in Abla­gerung von Krankheitsstoffen auf das Hirn (z. B. bei der Druse), (In einem mir vorgekommenem Falle wurde durch einen in der Stirnhöhle entwickelten Polypen ein solcher Druck auf das grosse Hirn — nachdem die Knochenplatten des Schädels ganz erweicht worden — ausgeübt, dass das Thièr als kollerig und ganz unbrauchbar getödtet werden mnsste.) Hübner fährt einen Fall von Koller an, der auf das Verschwinden eines habituell ge­wordenen Ausschlags entstanden und nach dem Wiedererscheineu des Exan-thems verschwunden sein soll,
Diagnose. Wesentlich ist beim Koller die Abwesenheit einer Entzündung, daher auch ein chronischer Verlauf; schon Hedurch unterscheidet sich der Koller von der acuten Hirn­entzündung, den Cbngestionen nach dem Kopfe beim Zahnen u. s. w.; diese Zustände pflegen rasch einzutreten und sind vorübergehend, allein sie können Koller zur Folge haben, und dann ist es allerdings schwierig, den Zeitpunkt zu bestimmen, wann das acute Leiden in das chronische und bleibende über­ging. Ebenso kann es vorkommen, dass (z. B. im Laufe der Gewährzeit) ein chronisch-kollerisches Pferd in acute Hirnent­zündung verfallt und daran krepirt; aus der Beobachtung der letzten Krankheit Hesse sich noch nicht mit Bestimmtheit schliessen, dass das Thier frei von Koller gewesen sei, sondern man könnte nur sagen, dass die zuvor etwa bestandene Koller­krankheit nicht bemerkt (und somit nicht nachgewiesen) worden sei. Manche Pferde, die an heftigen Schmerzen leiden, z. B. an Hufifisteln, rheumatischer Hufentzündung, benehmen sich wie kollerig, d. h. sie sind unaufmerksam und wie bewusstlos, ohne Zweifel, weil ihr inneres Leiden sie ganz beschäftigt, üeber-haupt bietet der Koller wegen seiner Häufigkeit, der grossen Veränderlichkeit der Symptome und des Grades, seiner nahen Verwandtschaft mit acuten Hirnkrankheiten viele Schwierigkeit in der (besonders gewahrschaftlichen) Beurtheilung dar.
Prognose: in Beziehung auf Heilung meist ungünstig. Erleichterung und beschränkte Brauchbarkeit sind,wohl zu er­zielen, aber vollständige Heilung sehr selten.
Therapie: es ist nur anfangs oder bei einer eintreten-
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590nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Störungen des Bewusstseins.
den merklichen Verschlimmerung mit Arzneimitteln etwas aus­zurichten; dagegen stets um so mehr auf zweckmässiges diäte­tisches Verhalten zu dringen. Ein kühler Stall, Aufenthalt im Freien (selbst bei Nacht), mit Schutz gegen die Sonnenhitze, grünes Futter, Rüben, unreifes Obst, Kleie, Haberstroh statt des Heues, hinreichend frisches Wasser zum Trinken, sind we­sentliche Bedingungen der Behandlung kolleriger Pferde. Zei­gen sich Symptome von Blutcongestion nach dem Hirn, sind die Thiere gut genährt, wurden sie stark gefüttert u. dgl., so ist eine massige Blutentziehung öfters im Stande, merkliche und schnelle Erleichterung zu verschaffen. Auch kalte Um­schläge auf die Stirne sind zu empfehlen. Eiterbänder zu bei­den Seiten des Genicks, oder ein Fontanell (Nieswurzel) an der Brust, dienen längere Zeit als Ableitungsmittel. Scharfe Einreibungen wirken zwar schneller aber zu bald vorübergehend. Den Darmcanal als ableitendes Organ zu benützen, ist immer und besonders dann nützlich, wenn die Verdauung mit leidet (Verstopfung, blasser Mist u. s. w.); von Zeit zu Zeit wieder­holte Purganzen aus Aloë mit Brechweinstein oder mit Calomel-zusatz, auch Gaben von '/raquo;— 1 ßr- Veratrum alb. erfüllen diesen Zweck. Diese Mittel sind in kleinen Dosen einige Zeit fortzusetzen. In gelindern Fällen (und bei dunklem, festem Mist) sind Salzgaben, bis weiches Misten erfolgt, am Platze.
Bei sehr herabgekommenen Thieren ist dagegen mehr von Ruhe und nährendem Futter, in Verbindung mit bittern und alterirenden Mitteln, selbst gelinden Reizmitteln (Camphor, Ter­pentinöl, aromatischen Pflanzen stoffen) zu erwarten; Blutent­ziehung pflegt hier das Uebel zu verschlimmern, dagegen sind Hautreize gestattet. Sind zugleich Symptome von Lähmung (z. B. Schwäche im Kreuz) mit dem Koller verbunden, so kann man steigende Gaben von Nux vomica (3—5 Dr. des Tags) versuchen (Coculet, Toul. 1851).
Im hohen Grade von Torpor bleiben die innerlichen Mittel fast ganz ohne Wirkung; sie werden theils nicht resorbirt, theils ist der Körper innen so abgestumpft gegen Eindrücke, wie aussen. Hier kann man das directe Einführen der Arznei­mittel in die Venen versuchen; Viborg empfahl Nieswurz-tinetur; sie bringt eine heftige Erschütterung im ganzen Körper hervor; Hertwig empfiehlt 01. C. C. zu 1—2 Drachmen mit Wasser, als Infusion in die Venen bei hohem Grade von Damm-
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Koller.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 591
koller zu versuchen; bei Neigung nach einer Seite zu drehen: Terpentinöl, Belladonna oder Hyosciamus, ebenfalls als Infusion. Einige wollen vom Brennen (auf die Stirne oder am Genick) oder Moxen längs der Wirbelsäule noch günstigen Erfolg ge­sehen haben. Leblanc behauptet, die Neigung nach Einer Seite zu laufen sei ein characterisches Zeichen des Wasser­ergusses in der Schädelhöhle (Clin. 1847). Die Entfernung des Wassers durch Anbohren der Riechnerven nach Hayne hat bald eine Besserung, bald eine Verschlimmerung (acuten Verlauf oder traumatische Hirnentzündung) und den Tod zur Folge. Die Aethernarcose ist gegen Koller (mehr jedoch gegen den consensuellen) von Bouley, Rainard u. A. versucht wor­den; da jedoch meist zugleich ableitende Mittel (z. B. Eiter­bänder, Aloë, Glaubersalz) und Aderlässe angewendet wurden, so ist das Resultat dieser Methode noch ziemlich unsicher. (Rec. 1847, Lyon 1848.)
b) Erethischer Koller. (Käsender, Spring-Koller.)
Die Fälle, in welchen die Störungen des Bewusstseins mit einer erhöhten Empfindlichkeit verbunden sind, gehören zu den seltenen; öfters ist diese krankhaft gesteigerte Empfindlichkeit gegen äussere Eindrücke nur einseitig zugegen, d. h. sie be­schränkt sich nur auf gewisse Eindrücke, während das Nerven­system gegen die übrigen eher abgestumpft ist.
Symptome: während die Thiere im Stalle und sich selbst überlassen geringe Aufmerksamkeit zeigen, werden sie durch Annäherung, Zuruf, leichte Strafen u. s. w. ganz ungewöhnlich aufgeregt, sind ängstlich, fahren zusammen oder schlagen aus, steigen in die Höhe, hängen zurück und zerreissen die Halfter und dergleichen.
Beim Gebrauch oder überhaupt durch Erhitzung werden solche Thiere manchmal ganz rasend, schnauben, fühlen weder Zügel noch Peitsche, gehen durch und rennen bewusstlos an Gegenständen an, fallen in. Gräben u. s. w., oder steigen und überschlagen sich; oder sind nicht von der Stelle zu bringen, häufen fortwährend, schlagen am Wagen Alles zusammen, schwitzen heftig von der Aufreizung und werden am Ende ganz matt und erschöpft. Solche Anfälle kommen zu verschiedenen Zeiten, dauern aber gewöhnlich nicht lange, '/raquo;—'/gt; Stunde,
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Störungen des Bewusstseius.
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worauf Ruhe eintritt; aber selbst dann fangen die Thiere oft von geringen Veranlassungen wieder von vorne an. Dieser Zu­stand ist dem einer peracuten Hirnentzündung höchst ähnlich; es kann sich auch durch das heftige Toben und Rasen ein Congestions- und selbst Entzündungszustand des Hirns wohl bilden.
Ist jedoch der Anfall vorüber, so bietet sich das Bild eines stillkollerigen Thiers dar, und die .Krankheit kann lange Zeit dauern, während welcher einzelne Paroxysmen in sehr ver­schiedenen Zwischenräumen bemerkt werden. Hiedurch unter­scheidet sich der rasende Koller deutlich von der Hirnentzün­dung, mit welcher er sehr oft verwechselt wird; letztere ist eine anhaltende, innerhalb einer gewissen verhältnissmässig kurzen Zeit (acut) verlaufende Krankheit; der rasende Koller aber ein still- oder dummkolleriges Pferd mit periodischer Auf­reizung und Paroxysmen von Tobsucht. Das Ende solcher Thiere wird theils in einem solchen Anfall durch Verletzung oder apoplectisch herbeigeführt, theils müssen die Thiere als unbrauchbar weggeschafft werden.
Die Section gibt im Allgemeinen denselben Erfund, wie beim torpiden Koller; doch wird Blutanhäufung in der Schädel­höhle am häufigsten gefunden.
Prognose: noch ungünstiger, als beim torpiden Koller.
Behandlung: vorzugsweise prophylactisch, um den An­fallen vorzubeugen, besonders wenn sich Vorboten derselben (Schreckhaftigkeit, hervorgetriebene Augen, Schnauben u. dgl.) zeigen. Es gehört hieher kühles Verhalten in Stallung und Fütterung, Abhaltung äusserer Reize überhaupt, z. B. grellen Lichts; kalte Umschläge auf den Kopf, kalte Klystiere; Ader-lass; Salze, besonders Brechweinstein, gesäuertes Trinkwasser. In den Anfällen selbst sucht man den Blutandrang durch OeflF-nung beider Jugular-Venen, der obern Jochmuskel-Arterien, der Gaumen-Arterie, oder wenn vorne nicht beizukommen wäre, durch Abschneiden eines Stücks vom Schweif, oder Aderlass an der mittleren Schweif-Arterie, ziemlich nahe am Schweif­ansatz, zu massigen; Verletzungen des Thiers sind durch Ent­fernung der sie herbeiführenden Gegenstände zu vermeiden (das feste Anbinden und Zwang überhaupt macht solche Thiere nur noch rasender; es ist besser, sie in einem leeren Räume frei gehen zu lassen, oder wenn sie liegen sollten, ihnen die
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KoUer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;593
Füsse so zu fesseln, dass sie nicht aufstehen können). Unter den. innerlichen Mitteln, welche (jedoch erst nach vomberge-gangenem Paroxysmus) auf das Nervensystem deprimirend wir­ken, verdient ein Tabak-Infusum (zu Einschütten und Klystie-ren) den Vorzug.
Der Umgang mit solchen Thieren erheischt grosse Vorsicht; es sollte auch verboten sein, sie anders als an mehrspännigem schwerem Fuhrwerk und auf wenig frequenten Strassen zu benützen.
c) Consensuellev Koller.
Reizzustände in andern Organen (besonders den Genitalien) ziehen nicht selten consensuell eine Reizung des Hirns nach sich, die sich unter den Symptomen des Kollers äussert. Hie­her gehört der sogenannte Samenkoller bei Hengsten, Mutter­koller bei Stuten (vielleicht auch der sogenannte Sonnenkoller, der von zu starkem Lichteindruck auf die Kopfhaut und die Augen erregt werden soll).
Bei Thieren, die früher zur Zucht benützt wurden, wieder­holt sich zur bestimmten Zeit der Andrang der Säfte nach den Zeugungsorgahen um so heftiger, und kehrt — unbefriedigt — öfter zurück. Solche Pferde zeigen ganz allmählig die Sym­ptome des torpiden, manchmal aber auch des erethischen Kol­lers, wozu noch die Aeusserungen des heftigen Geschlechts­triebs kommen.
Rebonl beobachtete 2 Ukltlidie Fälle bei Stuten; die Section liess am Hirn nichts finden, dagegen Auftreibung und Entzünclang der Eierstöcke und fallop. Röhren. In solchen Fällen wäre durch das Rectum zu untersuchen, ob die Orarien vergrössert und empfindlich sind (Toul. 1853).
Die gewöhnlichen Mittel finden auch hier ihre Stelle; wo sie nicht ausreichen, ist theils der erhöhte Geschlechtstrieb durchquot; specifische Mittel zu dämpfen (s. IV. Classe), theils durch Castration (der Hengste) zu vernichten. Für Stuten bleibt es am gerathensten, sie zuzulassen, und damit während der Träch­tigkeit und Säugezeit der Wiederkehr des Uebels vorzubeugen.
Der Koller gilt fast allenthalben als Gewährsmangel; bald ist blos Koller überhaupt angeführt, bald ausdrücklich blos Dummkoller (Preussen,quot; Oesterreich), oder der rasende Koller besonders. Das in Württemberg, Baden und Hohenzollern gül­tige Gesetz sagt „alle Arten von Kollerquot;; ebenso die nassauische und würzburgische Verordnung. Die Gewährzeit ist in Würt-
Hoiing, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3g
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Störungen des Bewusstseins.
temberg u. s. w. 31 Tage, in Oesterreich 30, in Preussen 28, Sachsen-Gotha 42 Tage. Sie ist im Allgemeinen zu lang. Das neue franzöissche Gesetz bestimmt nur 9 Tage, eine Züricher Verordnung (von 1835) 21 Tage. Kein Hauptmangel gibt Ver­anlassung zu so vielen gerichtlichen Untersuchungen, als der Koller. Es ist in manchen Fällen sehr schwierig, über diese Krankheit — in gerichtlicher Beziehung — ein Urtheil abzu­geben. Der torpide Koller stösst nahe mit phlegmatischem Tem­perament, Hirn-Congestion und schleichender Entzündung zu­sammen ; der erethische Koller mit peracuter Hirnentzündung, mit Wuth, besonders mit Stättigkeit. Bei der Untersuchung kollerverdächtiger, zuvor dressirt gewesener Pferde ist besonders zu berücksichtigen, dass sie häufig noch ihrer Dressur sich er­innern und dadurch Veranlassung geben können, sie nicht für kollerig zu halten.
E. Tollheit. (Mania.)
Periodische Anfälle von Verrücktheit, ohne sonstige Zei­chen von Krankheit in den freien Zwischenräumen, fieberlos, langwierig.
laquo;) Stättigkeit. (Mania periodica, s. sine materia.)
Periodische Ausbrüche von Widersetzlichkeit und Eigensinn, manchmal durch eine bestimmte Veranlassung hervorgerufen, meist aber ohne nähere bekannte Ursache entstehend.
Es steht dahin, ob nicht in manchen Fällen wahrer Stät­tigkeit irgend ein organisches Leiden, das nicht gerade im Hirn seinen Sitz haben muss, zugegen ist z. B. Würmer im Darm-canal oder in den Stirnhöhlen (Mania verminosa). Gewiss ist, dass man in vielen Fällen weder bei Lebzeiten, noch durch die Section die wahre Ursache dieser periodischen Anfälle auffindet.
Stättige Pferde äussern im Stall, und selbst mehr oder weniger lang beim Gebrauch, nichts Krankhaftes; unvermuthet aber bleiben sie wie festgebannt stehen, oder gehen rückwärts, steigen, kehren um und sind weder mit Güte noch durch Strafe dahin zu vermögen, dass sie das Verlangte thun, z. B. weiter gehen; im Gegentheil, ihre Widersetzlichkeit wird durch rauhes Verfahren nur noch gesteigert. Steht man von dem Ansinnen ab und sind sie etwas ruhig geworden, so ist in Kurzem wieder Alles beim Alten und dasThier ist so folgsam, als vor dem Anfall.
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ToUheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;596
Die Anfalle kommen ganz unbestimmt, jedoch fast niemals aussei- beim Gebrauche der Thiere; sie wiederholen sich bald öfter, bald nach grossen Zwischenräumen, und scheinen von. äussern Sinneseindrücken unabhängig zu sein, oder es stehen wenigstens diese in keinem Verhältniss zu der Aufregung, die ihnen folgt. Die Krankheit ist meist unheilbar.
Ruhige, aber feste Behandlung ist wohl das einzige, was diesen Zustand lindern und das Thier brauchbarer machen kann. Immerhin bleibt seine Verwendung zum Reiten oder Personen-Fuhrwerk gefährlich.
Es mag oft schwer sein, diese Krankheit (Gemüths- oder Seelenleiden) von bioser Unart oder angeborner Furchtsamkeit zu unterscheiden.
Nachstehender Fall gehört zu den seltenen, weil hier die Ausbrüche im Stalle stattfanden. Das betreffende Pferd, eine Stute im besten Älter, wurde längere Zeit genau beobachtet Im Gebrauche und auch des Tags im Stalle fand sich nichts Abweichendes; gewöhnlich fing es aber des Nachts um 11 Uhr an zu grillen, auszuschlagen und zu toben, so dass es öfters den Stand zusammenschlug, losriss u. dgl.; man beobachtete daher meist die Vorsicht, es ganz allein und so zu stellen, dass es mit den Hinterfüssen nichts be­schädigen konnte. Ein solcher Anfall dauerte */: Stunde bis zu 3 Stunden, alsdann wurde das Thier (aus Müdigkeit oder Erschöpfung) ruhig. Bei Tage kamen dergleichen Anfälle änsserst selten vor; im Gebrauche wurden sie nie bemerkt. Näherte man sich dem Pferde während des Anfalls, 'so wurde es sogleich ruhig; ob aus Furcht vor Strafe oder aus welcher Ursache war nicht zu ermitteln; bei andern Pferden verhielt es sich zwar ruhiger, schlug aber doch während der Zeit des Anfalls öfters und heftig hinten aus.
.Eine versuchte Behandlung mit 01. C. C. (weil ich Wurmreiz vermuthete) #9632;minderte das Uebel, jedoch nicht sogleich, sondern etwa 12—14 Tage später; nach einiger Zeit stellten sich die Anfalle ganz wie früher fast jede Nacht ein, und sie danerten Jahre lang fort. Die Localität konnte nicht beschuldigt werden, denn das Pferd, welches öfter ausgeliehen wurde, benahm sich in fremden Ställen ebenso. Bei einem andern Pferde fanden sich die Parozysmen (Unruhe, Schlagen u. s. w.) auch des Nachts ein; bei Tage arbeitete das Thier ohne alle Störung, in einer Maschine.
Ein ähnlicher Fall kam bei einem Militärpferde vor; es schien jedoch, als wäre demselben die Beleuchtung des Stalls bei Nacht zuwider.
b) Mania pueiyeralis (s. metastatica).
Bei Kühen wurden schon öfter Anfälle von Tobsucht, kurze Zeit nach dem Kalben beobachtet, die vielleicht auf Unter­drückung der Milchsecretion, der Hautausdünstung u. s. w. be­ruhen mochten.
Kr egel oh beschreibt folgenden Fall: eine wohlgenährte
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Störungen des Bewusstselns.
Kuh erkrankte plötzlich am zweiten Tage nach dem Kalben, wurde sehr unruhig, sprang in die Krippe, warf sich mehrmals nieder und blieb endlich nach langem Toben gelähmt liegen. Zähneknirschen, Speicheln, beschleunigte Respiration, geringe Milchsecretion, Verstopfung und gänzliche Appetitlosigkeit be­gleiteten die Krankheit. Auf Aderlass und kühlende Mittel trat, jedoch nur vorübergehende, Besserung ein; das Schlagen mit den Füssen u. s. w. wiederholte sich noch zweimal in 2 Tagen, übrigens war das Thier unfähig aufzustehen. Reizende Ein­reibungen längs der Wirbelsäule, innerlich Baldrian, Arnica und Aether führten nach einigen Tagen vollständige Genesung herbei (rh. Vet.Ber. v. 1835). Einen ähnlichen Anfall, 6 Tage nach dem Kalben, beschreibt L an del im Rep. X.
Bei Hündinnen sind mir ähnliche Fälle vorgekommen. Im August 1833 wurde eine junge Hündin, die seit 6 Wochen Junge hatte und sie noch säugte, unvermuthet ins Wasser geworfen. Nach Hause gekommen zeigte sie keinen Appetit, war sehr unruhig und blieh nur kurze Zeit auf einer Stelle; den folgenden Tag wurde das Thier bissig, biss seine eigenen Jungen, fiel die grössten Hunde und seihst Menschen an; es kannte übrigens seinen Herrn und folgte ihm. Am 3. Tage crepirte es plötzlich, als man ihm eben die erste Arznei eingeben wollte. Bei der Section fand sich sehr wenig Milch in dem durchschnittenen Euter; die Gedärme waren hie und da leicht entzündet; die innere Fläche des Fruchthälters mit einer weissen, käseähnlichen Schichte bedeckt (Milchversetzung?), und die Häute des Hirns waren mit Blut über­füllt. (Dieser von Einigen „Mutterkrankheitquot; genannte Zustand kann leicht zu Wuthverdacht Anlass gehen; er kommt auch bei Hündinnen vor, welchen zu viele Junge zum Säugen oder diese zu lange gelassen werden.) Eine andere Hündin bekam 6 Tage nach dem Werfen, auf eine Erkältung plötzlich Zuckungen, und war hinten so gelähmt, dass sie weder stehen noch gehen konnte. Auf Calomel und Extr. hyoiciam. nebst Klystieren besserte sich der Zustand, den folgenden Tag trat die ausgebliebene Milch wieder ein, allein leichte Zuckungen blieben acht Tage lang zurück, und wichen erst der An­wendung von Zinkoxyd (s. auch hei Paralyse).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;/ . -
F. Starrsucht, (üatalepsia).
Ein Wagenpferd bekam zu unbestimmten Zeiten, gewöhn­lich während des Fahrenraquo;, Anfalle, wobei es ganz bewusstlos, unbeweglich und starr wurde, so dass es nicht von der Stelle zu bringen oder umzuwenden war; man war genöthigt, es aus­zuspannen, obgleich es nie zu Boden fiel. Der Anfall ging nach 5—1.0 Minuten vorüber, selten dauerte er länger; er pflegte einigemal in kurzer Zeit nach einander sich einzustel­len, dann aber 2—3 und mehr Monate lang auszubleiben. In
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Stamucht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;597
der_ Zwischenzeit zeigte das Thier nicht das mindeste Krank­hafte. Ich versuchte Aderlass und äussere Reize, jedoch ohne merklichen Erfolg.
Hofacker beobachtete etwas Aehnliches, nämlich jedes Frühjahr sich wiederholende Anfalle von Starrsucht (Catalepsie) bei einem Pferde, mit Unbeweglichkeit, Auseinanderspreizen der Füsse, Zittern, Wanken; er scheint diesen Zustand für verwandt mit der Epilepsie zu halten.
Leisering hat in G. amp; H. XIV. einen interessanten Fall von Catalepsie bei einem Wolf (Canis latruns) des zoologischen Gartens in Berlin beschrieben. Die Glieder behielten während des Anfalls jede Richtung, die man ihnen gab, später verän­derte sich die Starre in eine ungewöhnliche Beweglichkeit; das Bewusstsein fehlte. Die Section zeigte nichts Erhebliches, als eine Umstülpung des Blinddarms in das Colon, die jedoch schon länger stattzufinden schien, da die serösen Oberflächen des Blinddarms unter sich verwachsen waren.
Lochner führt einen Fall von Catalepsie bei einem Hunde in Msc. Acad. nat. cur. 1686 an.
G. Wuth. (Rabies.)
(Hundswiith, Tollwuth, Wasserscheu. Hydrophobia, Sialodelea. Ad.)
Literatur: ansserordentlich zahlreich (schon von Aristoteles Lib. VIII, Co-lumella und Vegetius erwähnt), die ältere Literatur grossentheils werthlos, wegen häufiger Verwechslung anderer Krankheiten mit der Hundswuth. Chabert (Instr. L); Leroux (Preisschr. 1795); Rouge-mont (1798); Sander (Beiträge 1810); Waldinger (Krankh. der Hunde 1819, und in Ssterr. Jahrbüchern III.); Greve (Erfahrungen u. s. w. 1818—22); Ribbe (1820); St. Martin (übersetzt 1824); Ryebner (1827); Hertwig (Beiträge n. s. w., klassisch, 1829); Youatt (canine madness London 1831 und Vet. 1838); Sauter (1838); Kreutzer (1842); Ecke! (in Mitth. österr. Veterinäre I, 1844); Faber (zahlreiche in Württemberg gemachte Beobachtungen, 1846); Rosenbaum (1848); Pieschel (1847); R811 (Wien I.); Bruckmüller (Prager V.-Schr. 1852); Falke (G. amp; H. 1853); Renault (Rec. 1852); Virchow (Zoonosen, 1854). Wuth . als Seuche und bei Füchsen: C. Viborg (Vet. Skr. III., 1818); Schott (Dissert. 1827); Prinz (1832); Köch-lin (1835); Hering (in G. amp; H. V.); Heusinger (Milzbrand 1856); endlich in den Journalen, besonders 6. amp; H.; Jahresberichte der Alforter und Lyoner Schule, Duluc (in Rec. 1847); Schweizer Archiv VI, X.; Gerlach und Leisering, Mittheilungen aus der Praxis.
Eine ursprünglich bei der Hundegattung entstehende Stö-
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StSrnngen des Bewnsstseins.
rung des Bewusstseins und Instincts, mit Neigung zum Beissen, Krämpfen, Raserei oder Lähmung, Verschlingen unverdaulicher Stoffe u. s. w.; für sich fieberlos; schnell verlaufend, immer tödtlich. Für warmblütige Thiere ansteckend.
Diese Krankheit entwickelt sich ursprünglich bei Thieren der Ilundegattung (Hund, Fuchs, Wolf), vielleicht auch bei der Katze; bei den übrigen Thieren hingegen blos nach statt­gehabter Ansteckung. (Man hat wüthende Dachse und Marder beobachtet; es ist jedoch hier nicht nachzuweisen, ob sie von selbst oder durch Biss von andern wüthenden Thieren die Krank­heit bekamen; ja vielleicht war es eine andere, der Wuth in ihren Symptomen ähnliche Krankheit.) Auch bei der Hunde-Gattung ist die Selbstentwicklung der Wuth selten; dagegen kann letztere durch das Herumstreifen der kranken Thiere, die ihnen dabei eigene Rauflust u. s. w. leicht eine solche Ver­breitung erlangen, dass man — vielleicht mit Unrecht — eine epizootische Wuth angenommen hat.
Wie bei andern ansteckenden Krankheiten ist auch bei der Wuth zu verschiedenen Zeiten die Ansicht ausgesprochen -worden (neuerlich Ton Vir-chow), dass die Wuth nicht spontan entstehe, sondern blos durch Ansteckung sich forterhalte.
Symptome: Manche wollen bei Hunden vor dem Aus­bruche der Krankheit verschiedene Symptome, z. B. ein mür­risches Wesen, eine gewisse Hastigkeit, Unruhe, Vorliebe für dunkle Stellen, Mangel an Appetit, Lust zu raufen u. dgl. be­obachtet haben; allein obwohl solche eben so wohl der Wuth als andern Krankheiten vorausgehen können, sind sie doch weder constant noch characteristisch, und verdienen blos bei Hunden, die von wüthenden gebissen wurden, oder zur Zeit häufigeren Vorkommens der Krankheit Aufmerksamkeit. In den meisten Fällen bemerkt man keine Vorboten, sondern die Wuth ist gleich mit allen wesentlichen Erscheinungen, namentlich der Ansteckungsfahigkeit, zugegen. Daher behaupten einige Schrift­steller, dass Hunde, noch ehe die Krankheit an ihnen ausge­brochen sei, anzustecken vermögen, was jeder Analogie und genauem Beobachtung widerspricht.
Die Wuth äussert sich unter zwei Formen, einer erethi­schen und einer torpiden; jene nennt man rasende oder lau­fende Wuth, diese dagegen uneigentlicher Weise die stille Wuth. Der Unterschied beider beruht hauptsächlich auf dem
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Wuth.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 599
Grade der Erregung oder Aufreizung des Nervensystems; in der rasenden Wuth sind Paroxysmen mit erhöhter Reizbarkeit und Kraftäusserung zugegen, das Benehmen des Thiers ist an­greifend; in der stillen Wuth dagegen verhält es sich mehr passiv, seine Empfindlichkeit ist vermindert und Lähmung tritt frühzeitig ein. üebrigens sind béide Formen nicht scharf zu trennen, sondern gehen in einander über.
Ein wüthender Hund ist anfangs unruhig; er folgt indessen noch dem Rufe des Herrn und zeigt sich dabei bald munter, bald verdriesslich, er beisst gelegentlich und ohne merkliche Veranlassung, besonders Hunde, aber auch Menschen, die ihm in den Weg kommen; sodann sucht er zu entweichen, er wählt hiezu, wenn er z. B. eingeschlossen ist, das Fenster, oder nagt eine Oeffnung durch die Thüre. Er lauft ferner ohne deutlichen Zweck in den Feldern, im Walde u. s. w. herum, geht in an­dere Dörfer, rauft sich mit allen Hunden, denen er begegnet, scheut sich nicht vor stärkeren Thieren, greift Menschen, die sich seiner zu erwehren oder ihn abzutreiben suchen, keck an und äussert dabei eine ungewöhnliche Kraft, Hartnäckigkeit und Unempfindlichkeit gegen Schläge. Nicht selten kehrt das Thier nach einer solchen Excursion nach Hause zurück und legt sich in einen Winkel, wie wenn nichts vorgefallen wäre. Im weitern Verlaufe der Kra,nkheit, d. h. nach etwa 2—3 Tagen, fällt die Veränderung im Habitus des wüthenden Hundes schon mehr auf, sein Blick ist scheu, unruhig, die Augen sind glänzend, roth, die Pupille ist erweitert, das Haar ist unordentlich, strup­pig, und die Abmagerung wird bemerklich; die Stimme ist halb bellend, halb heulend, das Maul ist schmierig, Schleim oder Speichel triefen nicht selten heraus. Verstopfung und seltenes Harnen begleiten häufig den ganzen Verlauf der Krankheit. In den ersten Tagen der Krankheit ist das Thier nicht ganz ohne Fressinst, aber es ist dabei wählig, besinnt sich, versucht einen Bissen zu nehmen und lässt ihn auch wohl wieder fallen; Scheu oder Angst vor Wasser ist selten zugegen, in den meisten Fällen fehlt sie beim Hunde bestimmt; er schlappt gerne in der Flüssigkeit (Wasser, Milch), ohne jedoch viel hinabzu-schlucken; das Schlingen ist offenbar etwas erschwert, und manchmal kehrt das Genossene sogleich durch Erbrechen wie­der zurück, oder es stellt sich Erbrechen schwärzlichen Schleims von selbst ein.
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Störungen des Bewasstseins.
(Das Bespritzen mit Wasser erregt auch den Zorn nicht vttthender Hunde; es ist daher nicht als Zeichen der Wasserscheu anzunehmen, eben so wenig das Zudecken des vorgestellten Trinkwassers mit Stroh u. dgl.; denn dasselbe thun Hunde auch mit Fleisch u. dgl. Eben so wenig ist die Scheu vor glänzenden Dingen (z. B. Spiegeln), vor hellem Lichte u. dgl. ein cha-racteristisches Symptom der Wuth, da es theils fehlt, theils in Krankheiten erethischen Characters überhaupt häufig zugegen ist.)
Eine Störung des Instincts gibt sich durch das Verschlin­gen unverdaulicher Stoffe zu erkennen; Holz, Steine, Erde, Blätter, Leder u. dgl., selbst der eigene Koth und Urin wird verschluckt, während das gewohnte Futter verschmäht wird. Sind dergleichen Thiere angebunden, so benagen sie die Gegen­stände, welche sie erreichen können, besonders Holz, Stricke u. dgl. Selbst am eigenen Körper lecken und kneipen sie sich, wie ich beobachtet habe, bis die Haut wund wird. Wagenfeld erwähnt einen Hund, der über das Cadaver eines andern Hunds herfiel und sich später beide Hoden und den Schlauch abfrass (G. amp; H. 1855, Suppl.). Nach Obermayer zerriss ein Hund die Hündin, mit der er sich hatte begatten wollen, in Stücke (Woch. 1853). Ebenso tödten und zerreissen wüthende Hün­dinnen ihre eigenen Jungen. Nähert man sich solchen Thiereu, so zeigen sie sich freundlich, so bald sie aber meinen, man sei nahe genug, um von ihnen erreicht zu werden, fahren sie blitz­schnell auf Einen zu und suchen zu beissen. Droht man ihnen oder schlägt sie gar, so werden sie so toll, dass sie sich in den Stecken u. dgl. ganz verbeissen, und nicht selten Ketten oder Stricke abzureissen im Stande sind, wozu man ihnen die Kraft nicht zugetraut-hätte.
Die ruhigen Zwischenräume wechseln unbestimmt mit An­fällen von Toben und Beisssucht ab, die meist durch (freilich oft sehr unbedeutende) äussere Veranlassung hervorgerufen werden.
Gegen das Ende der Krankheit tritt Lähmung des Hinter-theils ein; sie gibt sich oft schon ziemlich frühe durch schwan­kenden Gang und hängenden Schweif zu erkennen; später durch das Unvermögen zu stehen, wobei die Thiere die Hinterfüsse nur nachschleppen. In diesem Zustande liegt das Thier fast regungslos da, rafft sich aber, wenn es gereizt wird, nach Vermögen zusammen; die Abmagerung nimmt rasch zu, die Augen sinken zurück, aus dem Maule trielt fadenziehender Schleim, Puls und Atheni bleiben durch den ganzen Verlauf (die Paroxysmen ausgenommen) ruhig, und das Thier verendet.
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Wnth.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;601
ohne auffallenden Todeskampf, meist zwischen dem 5—8. Tage, öfter schon früher.
Eckel gibt nur eine 6tägige Dauer zu; auch er beobachtete keine Fie­bersymptome. Nach Schrader ist 1852—55 in Hamburg von 500 entschie den wüthenden Hunden keiner genesen, die meisten sind am 5—6. Tage, zwei am 7., und einer am 8. Tage verendet (Meld. 1855).
Die unter dem Namen der stillen Wuth bekannte torpide Form der Wuth äussert sich anfangs durch dieselben Erschei­nungen, wie bei der rasenden Wuth; allein die Thiere sind mehr abgestumpft, sie pflegen nicht zu entweichen, noch Men­schen und Thiere in der Absicht, sie zu beissen, anzugreifen, sondern sie werden nur aufgeregt, wenn man sie aus dem dunkeln Orte, wohin sie sich gerne verkriechen, hervortreiben will, oder sie sonst heftig reizt; alsdann aber sind sie nicht weniger geneigt, zu beissen, als an der rasenden Wuth loi-dende Hunde. Schon in den ersten Tagen tritt bei dieser Form die Lähmung des Hinterkiefers ein, der nun, wie auch die ge-röthete Zunge, herabhängt. Hiedurch, so wie durch die ebenfalls baldige Lähmung des Hintertheils, werden die Thiere weniger gefährlich; doch können sie im Aftecte den scheinbar gelähm­ten Kiefer schliessen. Die Abmagerung wird frühzeitig in die Augen fallend, und das Thier lebt bis gegen den 7. Tag, selten länger. Unter 267 von Schrader beobachteten Hunden litten 223 an der rasenden und 44 an der stillen Wuth. Die wesent­lichsten Symptome der Wuth sind somit: die fehlende oder alienirte Fresslust, die Unruhe und Neigung zum Entweichen, die Lust zu beissen, die veränderte Stimme, die Lähmung des Hinterkiefers oder des Kreuzes.
Die Section an der Wuth verendeter Hunde zeigt durch­aus nichts Constantes. Mau hat Entzündung (eigentlich wohl blos Röthe) an verschiedenen Eingeweiden, besonders in der Maulhöhle und dem Schlundkopfe, sodann an den Respirations­organen, dem Magen oder Darmcanal, auch am Hirn, Rücken­mark und selbst an einzelnen Nerven gesehen; das in den Venen angehäufte Blut ist schwarz, dickflüssig; man findet den Darmcanal meist leer oder dunkle Galle und Schleim enthal­tend; ebenso den gerötheteu oder dunkle Platten zeigenden-Magen, in welchem jedoch häufiger unverdauliche Stoffe sich vorfinden. Man hat daher auf letztern Umstand in neuerer Zeit besonders Gewicht gelegt, und er ist allerdings ein sowohl
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602nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Störungen des Bewusstseins.
bei Hunden als Füchsen gewöhnlich vorkommendes Symptom; allein wer viel mit kranken Hunden umgeht, hat Gelegenheit, dasselbe in andern Krankheiten ebenfalls nicht selten zu beob­achten; die Milz ist oft aufgetrieben, und nebst der Leber mit Blut überfüllt; die Galle ist zähe, schwarzgrün; das Fett ist verschwunden oder durch Sülze ersetzt; Nieren und Harnblase manchmal geröthet u. s. w.
Bö 11 fand bei 6 entschieden wüthenden Hunden: Ueberfüllung der Yenen, dunkles, zäbes, flüssiges, die Gewebe färbendes Blut, Hyperämie der Leber, Milz, Nieren, der Respirations- und Dannschleimhaut, bämorrhagische Erosio­nen der Magenschleimhaut, fremde Körper im Magen (nur dreimal, Wien I.). Bruckmüller stellt das Sectionsergebniss von 13 wüthenden Hunden so zu­sammen: 1 Hyperämie aller Organe, 1 Magencatarrb, 1 acuter Darmcatarrh, 1 Typhus, 1 Pneumonie, 4 Hirnödem, 5 Etsudativprocess auf der Darmschleim­haut (Wien IH.). Es gibt somit kein characteristisches Symptom der Wuth, welches durch die Section nachzuweisen wäre.
Wüthende Füchse ändern ihr Naturell in der entgegen­gesetzten Weise; während der gezähmte Haushund entweicht und im Felde herumstreicht, sucht der sonst ängstliche Fuchs die Wohnungen der Menschen auf, läuft dreist in die Dörfer, die Höfe und Häuser; bekümmert sich nichts um das Gebell der Hunde, das Rasseln der Wagen u. s. w., sondern verfolgt wie halb bewusstlos und mit schwankendem Hintertheil seinen Weg. Sucht man ihn zu fangen, so beeilt er sich wenig zu entwischen, und kommt ihm der Verfolger nahe, so setzt er sich zur Wehre und beisst mit grosser Heftigkeit. Schläge, Bisse der Hunde achtet er nicht. Auf der offenen Heersträsse fällt der wüthende Fuchs Pferde am Wagen an, hüpft an ihnen hinauf und sucht sie in die Lippen zu beissen; ebenso in Vieh-heerden und in Pförchen.
Die Krankheit breitet sich unter den Füchsen nicht selten bedeutend aus, dauert Jahre lang fort, und erstreckt sich über ganze Länder. Ob hiezu eine seuchenartige Entwicklung oder blose Uebertragung durch Bisse am meisten beitrage, ist un­entschieden.
Wölfe benehmen sich im Ganzen wie die Füchse, sind aber ihrer grosseren Stärke wegen weit mehr zu fürchten. Sie richten in Heerden nicht selten grosses Unglück an. Nach Delafond sollen in Frankreich in 60 Jahren 437 Menschen von wüthenden Wölfen gebissen worden und 244 an der Wuth gestorben sein.
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Wuth.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;603
_- Die Katze verkriecht sich, wie in sonstigen Krankheiten, ' und kommt selten anders, als wenn sie gereizt wird, zum Vor­schein; alsdann fallt sie besonders Menschen gerne an, sucht sie in das Gesicht zu beissen, kratzt mit den Krallen und zeigt sich äusserst hartnäckig; ihre Stimme ist verändert. Der Tod pflegt schon am 3—4. Tag einzutreten. Die Bisse sind wegen der scharfen und spitzen-Zäline sehr gefährlich. (Ainslie in Vet. 1838, Fab er loc. cit. 3 Fälle S. 90). Biss einer Katze steckt einen Menschen an, Tod nach 6 Monaten (Mail. II.).
Einige (in den Jahren 1825 und 1828) beobachtete wü-thende Dachse und Marder benahmen sich wie die wüthen-. den Füchse. Faber führt aus den Acten des württembergischen Medicinal-Collegiums 9 Fälle von wuthverdächtigen Mardern und 12 von solchen Dachsen an. Ein von einem Dachs ge­bissenes Schwein starb nach 10 Tagen. Die Angriffe dieser Thiere waren besonders bei den Mardern heftig, und geschahen bei Tag, ohne Veranlassung; ein wuthverdächtiger Dachs wurde fast mitten in der Stadt Ulm getödtet.
Bei den übrigen Hausthieren entsteht die Wuth nur, wenn sie von einer der vorhergehenden Thierarten angesteckt wurden.
Die Aeusserung der Wuth bei Schweinen geschieht durch Toben, Wühlen im Boden, Neigung zum Beissen sowohl anderer Schweine (z. B. der Jungen), als auch sonstiger Hausthiere; es geht selbst angriffsweise gegen den Menschen zu Werke; ferner zeigt sich Geifern und Speicheln, heissere Stimme, schnelle Abmagerung, Lähmung des Kreuzes. Der Tod pflegt schon am 4—5. Tage einzutreten. Dass der Biss wüthender Schweine für andere Schweine ansteckend ist, beweisen mehrere Fälle (Gervi Instr. III, Greve II, Viborg).
Die pflanzenfressenden Hausthiere benehmen sich, wenn die Wuth an ihnen zum Ausbruche kommt, verschieden, je nach ihrem Naturell und ihren natürlichen Waffen; sehr oft wird eine Aufreizung des Geschlechtstriebs bei ihnen beobach­tet, welche theils dem Ausbruche der Krankheit vorausgeht, theils ihren Verlauf begleitet. Daher hängen Hengste öfters aus, Stuten zeigen sich wie rossig, Kühe brüllen anhaltend, strecken den Schweif hinaus, steigen auf einander, Stiere und Widder flähmen, Schafe machen possirliche Sprünge u. dgl. Grosse Unruhe oder Aengstlichkeit, wilder Blick, Scharren mit den Füssenquot;, Abreissen der Ketten und Stricke, Speicheln und
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Starungen des Bewusstseins.
Schäumen, veränderte Stimme, Zuckungen und Krämpfe, Man­gel an Appetit, Veränderung der Milcli, keine Scheu vor Was­ser, öfter aber Schwierigkeit im Schlingen, sind in der Regel bei den Pflanzenfressern zugegen; Lähmung des Hintertheils folgt bald. In den Paroxysmen werden die Thiere. äusserst aufgeregt, das Pferd schlägt und haut mit den Vorderfüssen, beisst mit unglaublicher Stärke in den Trog u. dgl., zerfleischt auch wohl seinen eigenen Körper; das Rind brüllt häufig, speichelt stark, ist verstopft, stösst mit den Hörnern, bricht sie dabei gelegentlich ab; Schafe stossen mit dem Kopfe; diese und besonders Ziegen sollen Neigung zum Beissen zeigen.
Die torpide Form kommt auch bei den Pflanzenfressern vor und äussert sich durch grosse Abgeschlagenheit, Unaufmerk­samkeit, baldiges Niederstürzen u. s. w., anstatt der Tobsucht und der Neigung zu schaden. — Die Dauer der Krankheit ist bis zu 7, selbst 9 Tagen, die meisten gehen jedoch früher, ja schon am 2. Tage, zu Grunde.
Vier in Württemberg beobachtete Fälle von Wnthkrankheit bei Pferden finden sich in Faber loc. cit. S. 105; ausserdem Rec. 1841 , Sewell Vet. 1839, Spooner 1840, Braby 1840, Coates 1843, Berger 5 Pferde in G. amp; H. XJ1. Nielsen, ein Pferd, Lichtscheu, Beissen, Zertrümmerung der Krippe, Daen. IV. Lyon, klin. Pferd, soff Wasser, -wie vorhergehends. Puls am ersten Tage ruhig, Tod am 2. Tage. Heckmeijer Pferd, Unruhe, Angst, Lust zu beissen, sauft Wasser, Convnlsionen, Tod am 2. Tage; Holl.' 1851. Knoll, Unruhe, Beissen in die Krippe, Lichtscheu, viel Harnen; Lyon 1851. Müller, 2 Pferde, mit Beisssucht, Schäumen, Wegspritzen des Speichels, Schweiss u. s. w., aber es fehlten die Wasserscheu, der Drang zum Hamen und die Schwäche im Hintertheil; Wien I. L e s s o n a 2 Pferde, geimpft, Ausbruch am 15. Tage, Tod nach 1—2 Tagen, Zucken am Kopf und Rei­ben der Lippen n s. w., Hamen, Baserei: das eine soff, das andere nicht; Turin I. Veter: ein Pferd biss 2 Personen, zerstörte Raufe und Trog, ging auf Jedermann los; 1853. Lyon Klinik: ein Esel biss 2 Pferde und eine Ziege, sodann sich selbst, zeigte Wasserscheu, Erstarrung; 1854. THehrere Fälle bei Rindvieh und Schafen sind ausführlich bei Faber beschrieben. Rosignol, Kuh mit Wasserscheu; Vet. 1841. Eildebrandt, 13 Stücke Rindvieh; G. amp; H. 1849. Heckmeijer, Wasserscheu bei einer Kuh; Holl. 1851. Schwz. Archiv: Kuh erkrankt nach 37 Tagen, keine Wasserscheu, Schwanken, Puls und Athmen rahig; XII. Auch Cnrdt fand bei Rind­vieh Puls und Athem ruhig bis an das Ende; Mecklenb. 1852. Knoll, Ochse nach 12 Wochen erkrankt; Lyon 1851. Lessona impfte von einem wü-thenden Ochsen, auch Pferde und Schafe mit Erfolg; Turin I. Obermuyer, Kuh nach 7 Wochen erkrankt, Flähmen, Brüllen, Raserei, Tod am 6. Tage; Woch. 1853. Longo, fünf Kühe (angeblich durch Verschlucken des Geifers eines $üthenden Hundes), Ausbruch am 1—5. Monate, Dauer 7 Tage; Tu­rin II. Hollmann, Kuh, Dauer 9 Tage; G. amp; H. 1856. Münchner Jahres-
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Wnth.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;605
bericht 1855: Wuth bei einem Ochsen, 7 Wochen nach dem Biss, Vergraben des Thiers sammt den Geräthschaften, Hosen und Stiefeln des Fallmeisters! Ebenso 3 Fälle von Ziegen. Wuth bei einer Ziege, der fast unmittelbar nach dem Biss das verlezte Ohr war abgeschnitten worden; Ausbruch nach 3 Wochen; G. amp; H. 1855. Shenton, Wuth bei Schafen, mit Aufregung des Geschlechts­triebs ; Vet.' 1854. 35 Schafe gingen zwischen dem 19—35. Tage nach dem Bisse zu Grunde, Dauer 5—6 Tage ; Vet. 1853. Hollmann, Dauer 7 Tage; G. amp; H. 1856. Klin. Berlin: 4 Schafe erkrankten zwischen dem 16—26. Tage, 4 Kühe vom 31—57. Tage; G. amp; H. 1854.
Die Section zeigt noch weniger, als bei den Fleisch­fressern, da das Verschlingen unverdaulicher Stoffe bei den Pflanzenfressern nicht oder selten beobachtet wird. Seer fand bei Rindvieh unverdauliche Stoffe, Erde, Haare u. dg), im Ma­gen (G. amp; H. XIII.), Obermayer viel Sand im Pansen (Woch. 1853). Entziindungsspuren in verschiedenen Eingeweiden wer­den gewöhnlich angeführt.
Die von Marochetti als characteristisch bei der Wuth sämmtlicher Thiere und des Menschen angeführten Bläschen nächst dem Zungenbändchen sind von den meisten Beobachtern (neuestens auch von Bruckmäller) um­sonst gesucht worden, und beruhen daher wahrscheinlich auf einer Verwechs­lung mit den Ausführungsgängen der Speicheldrüsen oder zufälligen Verletzungen der Zunge durch die Zähne und dergleichen.
Auch bei Hausgeflügel ist die Wuth beobachtet worden; dasselbe geht, nachdem es tolle Sprünge gemacht, schnell para­lytisch zu Grunde. Bei Hühnern sah man die Wuth sechs Wochen nach dem Bisse eines wüthenden Hunds ausbrechen; sie waren sehr lebhaft, schrieen viel, sprangen in die Höhe, bissen einander und wurden nach 24 Stunden gelähmt (G. amp; H. VI.). Von einer wuthkranken Kuh auf ein Huhn geimpft, brach die Krankheit erst nach 10 Wochen aus und endete an demselben Tage tödtlich (Vet. 1836).
Die Fälle, in welchen wüthende Thiere die Krankheit überstanden haben sollen, sind nicht nur äusserst selten, son­dern auch, bei der leicht möglichen Verwechslung dieser mit andern Krankheiten, unzuverlässig. So führt Greve einen Hund an, der durchgeseucht hatte, und Youatt einen andern, bei dem bereits die Wuth sich auszubilden angefangen hatte, aber wieder rückgängig wurde. Roser verwechselt die Wuth mit der Staupe, daher seine Angaben werthlos sind. (Mehrere Fälle aus der Literatur gesammelt bei F ab er S. 362.)
Eben so wenig Vertrauen verdienen diejenigen Fälle, wo­bei ein sehr gereizter, nachher aber gesund gebliebener Hund durch den Biss Menschen die Wuth mitgetheilt haben soll.
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Hier mögen Starrkrampf-ähnliche Zufälle, die Angst u. s. vr. Anlass zur Verwechslung mit Wasserscheu gegeben haben.
Mir ist ein solcher Fall bekannt, in -welchem ein verfolgter Hund einen Knaben biss; der Hund wurde später eingefangen und beobachtet, dabei aber gesund befunden; während der Knabe nach einiger Zeit angeblich an der Wasserscheu (bei genauer Untersuchung aber an Wundstarrkrampf) starb. Ein seltener Fall von Beisssucht bei 2 Metzgerhunden, welche in Bris sac bei Angers 32 Menschen angefallen hatten, ohne wüthend zu sein, ist in Holl. 1852 erwähnt. Per o sin o fand bei einem wuthverdächtigen Hunde als Ursache der Symptome eine Getreidegranne im mittlern Theile des Ohrs; Turin IV. In Lodi soll ein Knabe, der eine Katze ertränken wollte, von ihr gebissen worden und nach 36 Tagen an der Wasserscheu erkrankt und gestorben sein; Mail. II. Bosetto, wuthäbnliche Symptome bei einer Kuh, die eine stachlige Kastanienschale im Schlund stecken hatte; ebd. bei einer Kuh mit HirnentzUndung; Turin IT.
Es sind ferner folgende, häufig angeführte Kennzeichen der Wuth durch sorgfältige neuere Beobachtungen als unrichtig an­erkannt: 1) dass Hunde (und andere wüthende Hausthiere) Scheu vor Wasser oder Flüssigkeiten äussern; 2) dass weibliche und castrirte männliche Hunde nicht originär wüthend werden (jeden­falls können sie durch Ansteckung die Krankheit bekommen);
3)nbsp; dass dem Ausbruche der Wuth bei einem gebissenen Thiere Empfindlichkeit, Röthung und selbst Aufbrechen der Narben vorausgehen (es ist dies nur in wenigen Fällen bei Thieren beobachtet und selbst beim Menschen nicht jedesmal der Fall);
4)nbsp; dass gesunde Hunde sich vor wüthenden fürchten.
(In Hamburg waren 1852—55 unter 267 wüthenden Hunden 256 männ­liche, 10 weibliche und 1 castrirter.)
Einige Symptome erklären sich ganz natürlich, z. B. das Speicheln, welches nicht Folge der vermehrten Secretion ist, sondern von der Schwierigkeit, den Speichel hinabzuschlucken (wegen entzündlicher Anschwellung oder aber Lähmung der Schlingorgane) herrührt; ferner das Leuchten der Augen, wel­ches bei stark erweiterter Pupille, auch bei nicht wüthenden Thieren, zu sehen ist, und nicht sowohl von Phosphoresciren oder einer electrischen Erscheinung abhängt, als von dem Reflex sehr schief auf die Crystall-Linse treffender Lichtstrahlen.
Der Ansteckungsstoff, welcher sich in der Wuth und zwar sehr frühzeitig, d. h. schon bei den ersten Zeichen des Erkrankens, bildet, ist fix; er haftet, an allen Theilen, Se- und Excretionen des kranken Thiers, ist aber im Speichel am mei­sten concentrlrt. Die Uebertragung der Krankheit geschieht
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daher meist durch eine Art Impfijng, die beim Biss stattfindet, wobei mit dem Zahne der krankhaft veränderte Speichel in dié Wunde gelangt; dasselbe geschieht, wenn Speichel, Blut n. s. w. in wunde, oder von der Oberhaut entblösste, oder mit einer feinen Oberhaut versehene Stellen auf eine andere Weise, als durch Biss (z. B. beim Eingeben von Arzneien, bei Ver­letzung mit besudelten Instrumenten u. dgl.) gelangt. Hieraus mag sich der von Engel mitgetheilte Fall von Ansteckung zweier Personen durch Krallenrisse eines wüthenden Wolfs (ohne Biss) erklären lassen (Oesterr. Jahrb. 43. Bd.). Dass übrigens die Impfung oder zufällige üebertragung häufig wir­kungslos bleibe, zeigen folgende Zahlen: Hertwig sah von 25 gebissenen oder geimpften Hunden nur 10 erkranken; Renault impfte 99 Pferde, Hunde, Schafe, wovon nur 67 angesteckt wurden, von 224 als wuthverdächtig eingelieferten Hunden wur­den nur 74 wüthend. Es sind übrigens einige Fälle bekannt, in welchen alle von einem wüthenden Hunde gebissenen Thiere später in die Krankheit verfallen sind. Ueber die Natur des AnsteckungsstofFs, sein chemisches Verhalten u. s. w. ist nichts Genaues bekannt. Er wird zwar durch die gewöhnlichen Ein­flüsse, z. B. grosse Hitze, Chlorkalk, ätzende Alkalien, conc. Säuren u. dgl. zerstört, scheint aber, bios an der Luft einge­trocknet, lange Zeit eine Wirksamkeit behalten zu können.
Ob der Genuss von Fleisch u. dgl. wüthender Thiere (be­sonders gekocht) noch anstecken könne, ist nicht mit Sicher­heit entschieden; mehrere von F ab er zusammengestellte und mit den in Württemberg beobachteten Fällen vermehrte Erfah­rungen sprechen für die Unschädlichkeit des Genusses sowohl für Menschen als für Thiere; in Lyon frass 1845 ein Schäfer­hund den Kehlkopf und Magen eines wegen Wuth getödteten Hundes, ohne Nachtheil. In Toulouse frassen Hunde von einem wuthkranken Schafe; in Marienwerder wurden 2 wuth-kranke Rindviehstücke ohne Nachtheil verspeist (G. amp; H. 1855, Suppl.); in Dorpat eine Kuh (Russl. 1856); auch Renault behauptet die Unschädlichkeit des Genusses vom Fleisch wüthen­der Thiere. Dagegen ist in den Mem. de Paris 1707 ein Fall erwähnt, in welchem ein Hund wüthend geworden sein soll, nachdem er von dem Blute eines wasserscheuen gefressen hatte; in Lyon erkrankten mehrere Personen an Ekel, Erbrechen, nachdem sie erfahren hatten, dass das von ihnen genossene
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Fleisch von wuthkrankem Vieh herrühre (Lyon 1854). Es scheint somit die Gefahr hiebei weit geringer zu sein, als bei Verletzungen.
Ueber das Wesen der Wuth sind die Ansichten sehr ver­schieden : die Einen halten die Krankheit fur einen Typhus oder für milzbrandartig, die Andern für ein reines Nervenleiden und eine Neurilemmitis, noch Andere gar für eine Unterdrückung der Speichelabsonderung u. s. w. Während hier der Mangel an Samenbläschen beim Hund, dort das Nichtschwitzen u. dgl. be­schuldigt wird, untersucht ein Dritter die Blutkügelchen und findet sie denen des Embryo ähnlich geworden; ein Vierter leitet die ursprüngliche Wuth von zurückgetriebener Krätze ab.
Delafond (Sanitätspolizei, übers, von Dittweiler 1839) hält die stille Wuth nicht für ansteckend. Nach Bruckmüller ist die Wuth keine speci-fisclie, durch einen bestimmten Krankheitsprocess characterisirte Erkrankung; die Erscheinungen der Wuth können die verschiedensten Rrankheitsformen begleiten und seien häufig als secundäre zu, betrachten; die Ansteckung von Menschen wird als zufälliger Wundstarrkrampf bezeichnet. Nach Yirchow #9632;wirkt das Wuthgift wie ein Ferment auf das Blut (bei Ansteckung); er yer-glMcht den Verlauf mit dem der Geisteskrankheiten und unterscheidet das Stadium melanchojiicum, irritationis und paralyseos. Nach Müller (in Wien) ist die von der verletzteu Stelle ausgehende entzündliche Nervenaffection das primäre Leiden, die (ganz unbekannte) Blutalteration das secundäre. Auch Roll betrachtet die Wuth als functionelle Störung (Reizzustand des Hirns und verlängerten Marks), die veränderte Blutmischung als secundär.
Ursachen. Dass die Hunde- und vielleicht Katzengattung eine besondere, generische Anlage zu der Wuth habe, ist bereits angeführt. Ob dieselbe noch andern Fleischfressern zuzuschreiben sei, ist zweifelhaft. Eben so wenig lässt sich mit einiger Be­stimmtheit ermitteln, ob gewisse Hunderacen leichter spontan wüthend werden, als andere; man bezeichnet gewöhnlich die Spitzhunde (Pommer) als besonders zur Wuth geneigt, weil sie in der Regel sehr heftigen Temperaments und bissig sind. Wenn man aber als Beweis hiefür eine Menge wüthend gewor­dener Spitzhunde in einer Gegend anführt, so ist dies doch unstatthaft, da man auf dem Lande, besonders wo viele einzelne Häuser und Höfe stehen, meist diese Hunderace, ihrer beson­deren Brauchbarkeit wegen, hält, dagegen keine Jagd-, Stuben-und Schoosshunde; bei letztern ist in den grossen Städten die spontane Entstehung der Wuth am häufigsten; Eckel fand, dass die Krankheit nicht mir bei den kleinen englischen (Wachtel-) Hunden und Penschern, sondern auch in den wohl-
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labendsten Stadtbezirken am häufigsten vorkam. Einige sind der Meinung, dass sehr verbastardirte Hunde mehr Anlage zu dieser Krankheit besitzen, als solche von reinem Racen. Dass die männlichen Hunde häufiger von selbst wüthend werden, als die weiblichen, rührt ohne Zweifel von der überwiegenden Mehr­zahl jener gegen diese her. Kein Alter schützt vor der mit-getheilten Wuth, dagegen scheinen sehr junge Hunde nicht leicht von selbst wüthend zu werden, und vielleicht sehr alte eben so wenig (Eckel zählt unter 141 wuthkranken Hunden nur 2 von 7*—Va J^11' un^ uur ^ u^er 7 Jahre, Nielsen erwähnt einen 8 Jahre alten Hund, Sehr ad er einen von 14 Tagen); der noch nicht erwachte oder aber bereits erloschene Geschlechtstrieb mag hiebei im Spiele sein.
Unter den äussern Ursachen der Wuthkrankheit findet man: Klima, Lebensart, Hitze, Kälte, mangelnde Pflege, be­sonders Mangel an frischem Wasser und an Reinlichkeit, die (falsche) Meinung, dass die Hunde nicht schwitzen u. dgl. m., angeführt. Während man einerseits annahm, dass heisse Wit­terung (Hundstage, vom 23. Juli bis 23. August) bei den Hun­den die Wuth veranlassen, behauptete man andererseits, dass in heissen Ländern (Türkei, Egypten) die Wuth nicht vorkomme. In dem heissen Jahre 1834 kam in Wien nur 1 Wuthanfall vor; im Jahre 1841 dagegen fielen von 141 Fällen die meisten auf den Februar und Mai, die wenigsten auf den September, November nnd Dezember. Auch Hey beobachtete in Lyon weniger Wuthfölle während der heissen Jahreszeit, da­gegen mehr wenn kalte Regen auf heisse Tage folgten. Dasselbe wiedeiholte sich in den Jahren 1853 und 1854.
Ersterem widerspricht die Erfahrung, da besonders in strengen Wintern, sowie zur Zeit der Brunst (Frühling und Herbst) mehr wüthende Hunde vorkommen; die zweite Behaup­tung hat sich durch ältere und neueste Nachrichten sowohl aus Italien, der Türkei und Algier, als selbst aus Mittelamerika und Ostindien unhaltbar gezeigt. Am meisten Wahrscheinlich­keit hat die Ansicht für sich, dass unbefriedigter Geschlechts­trieb, besonders bei öfterer und heftigerer Erregung desselben, Anlass zum Ausbruche der Wuth gebe, obgleich es Hertwig nicht gelang, durch absichtliche Aufregung die Wuth bei Hun­den hervorzubringen. Für den Zusammenhang der Krankheit mit den Genitalien sprechen ferner die bei den übrigen Haus-thieren erwähnten Symptome regen Begattungstriebs bei der ihnen mitgetheilten Wuth. Die Meinung, dass die Wuth sich
Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;39
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Störungen des Bevusstseins.
blos durch Ansteckung erhalte und nicht mehr spontan entstehe, entbehrt jeden Beweises. Doch ist die Ansteckung entweder nachweisbar oder doch sehr wahrscheinlich die nächste Veran­lassung der bei weitem grosseren Zahl von Wuthtallen, sowohl bei Hunden als Füchsen, und bei den übrigen Ilausthieren darf sie mit Bestimmtheit vorausgesetzt werden, wenn auch nichts Näheres über ihr Zusammentreffen mit wüthenden Thieren er­hoben werden konnte.
Dass quot;Würmer im Darmcanal nervöse Symptome veranlassen können, ist bekannt; so wird in Holl. 1853 ein 6 Wochen dauerndes, wuthälinliches Be­nehmen eines Hunds erwähnt, bei dessen Section viele Bandwürmer gefunden wurden. Dessenungeachtet ist die Ansicht von Kalke (früher von van Swieten, Krügelstein u. A.), dass Bandwürmer die Ursache der Wuth bei Hunden seien, nicht haltbar; Schrader fand auch unter 150 secirten wüthenden Hunden nur bei fünf die Taenia serrata.
Dass die Contagiosität sich in der zweiten Generation nicht verliert, wie man früher behauptete, ist entschieden; dass sie aber nach mehrmaliger Uebertragung selbst bei Fleischfressern an Intensität abnehme, ist ziemlich wahrscheinlich, wie auch durch ihre Uebertragung auf Pflanzenfresser; einige neuere Fälle beweisen, dass der Speichel wüthender Pferde und Wie­derkäuer ansteckt, obgleich zahlreiche Impfversuche mit dem Speichel pflanzenfressender Thiere erfolglos geblieben sind, so dass man annehmen darf, dass bei ihnen das Contagium, wo nicht erlöscht, so doch an Kraft bedeutend verliert.
Key in Lyon gelang es, von Schafeu bis in die fünfte Generation auf Schafe zu impfen; es musste jedoch eine sehr empfindliche Hautstelle (Lippe) dazu gewählt werden; auf Hunde liess sich nicht zurückimpfen. Bourrel übertrug die Wuth durch Impfung, von einem Stier auf ein Schaf; dieses erkrankte am 20. Tage und starb drei Tage später (Journal du Midi 1847). Auch Youatt sah die Krankheit von Pflanzenfressern auf andere Thiere übergehen, und stellt daher den Satz auf, dass jedes Thier, das fähig sei, angesteckt zu werden, auch die Krankheit wieder mittheilen könne (Vet. 1838). Eckel impfte von einem Ziegenbock ein Schaf, Berndt vier Hammel von einem wuthkranken Ochsen (Rust's Mag. 18. Bd.). In Neapel hiss 1844 ein wuthkrankes Pferd einen Mann in den Arm; die Wuth brach am 16. Tage aus (Mail. HI). Lessona impfte Von einem Ochsen 5 Pferde, 2 Schafe, 1 Schwein und 1 Hund; die Ansteckung haftete bei 2 Pferden und einem Schafe (Turin 1852). Magendie und Breschet impften von einem wuth­kranken Manne einen Hund, dieser biss mit Erfolg zwei andere Hunde, die jedoch das Contagium nicht weiter fortpflanzten. Olivier sah ein Maulthier, das von einem Esel gebissen war, wüthend werden; es war nicht wasserscheu, aber so aufgeregt, dass durch das blusse Oeffnen der Stallthüre die Wuth­anfälle erregt wurden (Lyon 1850).
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Die üebertragung des Wuthgifts (durch Biss und dergl.) hat nicht jedesmal den Ausbruch der Krankheit zur Folge, in vielen Fällen mag der ansteckende Stoff durch die Haare, Decken n. dgl. abgehalten worden sein, in die Wunde zu ge­langen, oder durch die Blutung wieder herausgeschwemmt wor­den sein; in andern Fällen mangelt dem gebissenen Thiere die Empfänglichkeit für das Contagium. Daher werden von einer Anzahl gebissener Thiere, selbst ohne alle Vorbeugungsmittel, in der Regel nur wenige wüthend. Dass mancher wüthende Hund ein viel wirksameres Contagium entwickle, als ein anderer, scheint daraus hervorzugehen, dass weit mehrere der von dem Einen gebissenen Thiere später in Wuth verfallen, als von dem Andern. Die Periode der Krankheit, in welcher das Con­tagium übertragen wird, scheint keinen Unterschied in der Wirk­samkeit des Ansteckungsstoffs zu begründen, dagegen sprechen mehrere Erfahrungen dafür, dass die sogenannte stille Wuth ein weniger heftiges Contagium erzeuge als die rasende (Hey Lyon 1845).
Gewöhnlich dauert es einige Zeit, bis angesteckte Thiere wirklich in die Krankheit verfallen; in der Zwischenzeit schei­nen sie, nach der baldigen Heilung der Verletzungen, völlig gesund zu sein. Man nimmt gewöhnlich an, dass inzwischen der ansteckende Stoff unverändert an der Stelle seiner Ein­impfung liegen bleibe, und erst, wenn er resorbirt worden, die Krankheit sich zu äussern beginne. Die erhöhte Empfindlich­keit der Narbe, die sich duich Kratzen, Scheuern ztf erkennen gibt, soll den Zeitpunkt bezeichnen, wo die allgemeine Wirkung des Ansteckungsstoffs eintrete. Ryebner nimmt an, der An­steckungsstoff liege gleichsam als ein heterogener Stoff in der Impfstelle, werde aber allmählich homogenisirt, und die Wieder­entzündung d^er Narbe zeige den Zeitpunkt an, wenn diese Verähnlichung so weit gediehen sei, dass der Stoff nun assimilirt werden könne, womit seine direkte Wirkung eintrete. Allein die Empfindlichkeit der Narbe fehlt, wie schon oben bemerkt wurde, sehr oft; auch tritt die Krankheit manchmal ganz kurze Zeit nach der Impfung ein.
Es ist somit die latente Periode der Wuthkrankheit, oder die Zeit, in welcher diese gleichsam als Keim im Körper ^schlummert, sehr verschieden.
Bei den Hunden pflegt die Krankheit, nach erfolgter An-
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steckung, innerhalb 6—7 Wochen auszubrechen; indessen sind die Fälle nicht sehr selten, in denen es länger anstund, so dass ein bestimmter Endtermin sich nicht angeben lässt. Andern-theils kann das Contagium sehr rasch wirken; Viborg führt einen Fall an, wo der gebissene Hund noch denselben Tag von der Wuth befallen wurde (Vet. Skr. III.); zwei Fälle vom 3. und 8. Tag nach dem Bisse sind in Daen. III. erwähnt. Hey gibt bei Hunden den Ausbruch meist zwischen 30—40 Tagen an; in 2 Fällen fand er erst nach 2 72 Monaten statt; Hertwig bestimmt die Dauer der latenten Periode bei Hun­den auf fünfzig Tage; Schrader durchschnittlich auf 3—4 Wochen (12—56 Tage); in Preussen (1855) variirte die In-cubationszeit zwischen 18 und 104 Tagen. Spooner führt einen Fall von 21 Wochen, Youatt einen von 7 Monaten an; nach den in Württemberg gemachten Erfahrungen fand der Ausbruch unter 40 Hunden, die von wüthenden Hunden gebissen worden waren, bei 5 in der ersten Woche (vom 2—7. Tage), bei 6 in der zweiten, bei 7 in der dritten, bei 6 in der vierten (laquo;der bis zu 30 Tage), bei 4 innerhalb der fünften, bei 4 nach sechs, 2 nach acht, 4 nach 9 Wochen und 2 nach zwei bis drei Monaten statt, unter 11 von Füchsen gebissenen Hunden erkrankte einer schon in 24 Stunden, 7 innerhalb 3 Wochen, 2 nach vier Wochen, 1 nach acht Wochen.
Beim Pferde beobachtete man den Ausbruch der Wuth vom dritten Tage an bis zu 14 Wochen; in zwei mir näher bekannten Fällen fand derselbe in der sechsten Woche statt; bei fünf in Württemberg vorgekommenen Fällen fand der Aus­bruch am 20., 44., 56., 154. und 170. Tage statt. Gnerich sah ein Pferd 9 Monate nach dem Biss von einem Fuchs er­kranken; die Paroxysmen konnten durch blose Berührung des Thiers hervorgerufen werden (G. amp; H. 1849). l^oore: Stute 51 Tage nach dem Bisse eines Hundes in die Lippe erkrankt; der Foetus soll bei der Section dieselben krankhaften Verän­derungen gezeigt haben, wie die Mutter. Vet. 1850.
Beim Rindvieh soll sich der Zeitraum bis zu 2 72 Jah­ren (95 Wochen nach Kalt Schw. Arch. X.) ausdehnen. Der Ausbruch ist selbst bei — von demselben Hunde gebissenem Vieh sehr ungleich. Bei der in Leba (1819) angesteckten Heerde erkrankte das erste Stück 30 Tage nach dem Bisse;, nach 34 Tagen waren 15 Stück, nach 51 Tagen 50 Stück
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nach 67 Tagen 58 Stück erkrankt, und die letzten Ausbrüche fanden erst nach S'/j Monaten statt; im Ganzen waren 70 St. zu Grunde gegangen. Fälle, in denen die Krankheit erst nach 40—42 Wochen ausbrach, führen Köchlin und Michel (Schw. Arch. VI.) an. In Württemberg wurden von 36 Rind­viehstücken 33 von 10—40 Tagen, zwei nach 7 Wochen, eines nach 10 Wochen krank. Unter nahe an 100 Rindviehstücken, die im Jahre 1853—54 in Preussen wuthkrank angezeigt wur­den, erkrankte etwa der vierte Theil innerhalb 3—8 Wochen nach dem Bisse, mehrere aber später und einige selbst nach 6—9 Monaten. (G. amp; H. 1855 Suppl.) Nach dem Berichte von 1853—54 erkrankten 5 gebissene Kühe schon 5—6 Tage nach­her, eine andere, gleichzeitig gebissene Kuh aber erst nach einem Jahre (ebd. 1854). In einem von Pleusner angeführ­ten Falle brach die Wuth bei einer Kuh am neunten Tage nach dem Biss aus, und sie lebte 10 Tage (Woch. 1852.)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;V
Bei Schafen wurde der Ausbruch schon am dritten Tage aber auch erst nach 4 Monaten beobachtet; in Württemberg unter 41 Stücken von 12—68 Tagen; unter 22 Schafen hatten 15 gelammt, während innerhalb 2—3 Wochen die Wuth bei ihnen ausgebrochen war; die Lämmer wurden aufgezogen. (Vet. 1856.); bei einer Ziege am 33. Tage; bei Schweinen von 3 bis zu 13 Wochen und selbst über 4 Monaten.
Die Dauer der Krankheit erstreckt sich nach dem Aus­bruche nicht über 8—10 Tage; häufig sterben die Thiere schon am 2—3. Tage.
Die sogenannte seuchenhafte Wuth der Hunde und
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Füchse haben einige Autoren (Prinz, Franque, Stütz, neuer­dings besonders Heu singer) als eine milzbrandähnliche Krank­heit erklärt, und dabei (zuerst Locher) besondern Werth auf Knoten und Auftreibungen der Milz gelegt. Allein mehrere Be­obachtungen haben gezeigt, dass theils dergleichen zur Wuth-seuche gerechnete Fälle bei. andern Hausthieren und selbst dem Menschen die gewöhnliche Wuth hervorbrachten, theils dass jene Veränderungen an der Milz ganz ohne alle Wutherschei-nungen vorkommen können. Prinz gibt zu, dass die von ihm beschriebene Wuthseuche (Anthrax) sich zur wahren Wuth stei­gern, d. h. ansteckend werden könne. Auch Viborg ist ähn­licher Meinung. So herrschte die Wuth in bedeutender Aus­dehnung (desshalb aber nicht eigentlich seuchenhaft) unter den
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Hunden in Wien 1814 und 1815 (nach Waldinger) und in Kopenhagen 1815 und 1816 (nach Viborg), ferner im Canton St. Gallen, Glarus u. s. w. von 1821 bis 1823, dann mehr unter den Katzen und Füchsen, und von diesen aus unter Rindvieh von 1824 bis 1827, und verlor sich 1828 ganz (nach Dr. Hensler). Die von Prinz beschriebene Wuthseuche fand in Dresden von 1828 bis 1830 statt. In den Jahren 1809 und 1827 herrschte im Württembergischen und den angrenzenden Ländern die Wuth unter den Füchsen in hohem Grade; in den Jahren 1839—1843 kamen viele wüthende Hunde in Baden, Bayern und Württemberg vor und veranlassten geschärfte poli­zeiliche Massregeln; in Wien kamen allein im Jahre 1841 141 wüthende Hunde in das Thierarznei-lnstitut. In Württemberg sind in jenem vierjährigen Zeitraum 242 theils entschieden wüthende, theils höchst verdächtige Hunde zur Anzeige gekom­men. Jm Jahr 1837 war die Wuth nach Adamowicz eine herrschende Krankheit unter den Hunden, Wölfen, Schweinen und dem Rindvieh in Polen. Die letzte grosse Verbreitung der Wuth in Deutschland und den nördlich gelegenen Staaten, aber auch in Oberitalien, dem südlichen Frankreich und Spa­nien fällt in die Jahre 1851—56. Die Ausbreitung ist obne Zweifel der vielfach und in steigendem Verhältniss gegebenen Ansteckung durch Biss zuzuschreiben, allein eine Seuche kann man diess nicht mit Recht nennen; überhaupt ist es unwahr­scheinlich, dass die wirkliche Hundswuth ans allgemein verbrei­teten Ursachen entstehe.
Da die Kenntniss der Handekrankheiten überhaupt noch mangelhaft ist, und die der Hundswuth, als einer sehr gefürchteten Krankheit besondere Schwierigkeiten darbietet, so sind Verwechslungen und falsche Ansichten bei wenigen Krankheiten so häufig, als bei der Wuth. Bereits haben mehrere neuere Beobachter (Hertwig, Prinz, Michel, Youatt, Renault, Key u. A. tn.) sich um die Aufhellung dieses Capitels verdient gemacht und es ist zu wün­schen, dass ferner jede Gelegenheit dazu ron den Thierärzten benützt werde.
Man ist nach beiden Richtungen zu weit gegangen; während z. B. D c-lafond die stille Wuth {rage mue) für nicht ansteckend zu erklären geneigt ist, und Bruckmüller die Wuth als besondere Krankheitsform bestreitet, nimmt man andererseits gar zu oft jeden herrenlos herumlaufenden, durch Verfolgung und Misshandlung ängstlich gewordenen, oder in der Noth sich durch Beissen wehrenden Hund für wütheud. Es ist durch vie'f.lltige Beob­achtungen festgestellt, dass mehrere der ausgezeichnetsten Symptome der Wuth, z. B. Unruhe, Beisslust auch bei andern, besonders nervösen Krankhei­ten des Hunds vorkommen, so z. B. bei Zahnschmerz, Krämpfen, der Staupe, heftiger Kolik, Verstopfung, Hirnentzündung; die Zuckungen und Krämpfe bei
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Wuth.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;615
Gichtern, der Staupe. Epilepsie; das Verschlingen unverdaulicher Stoffe bei dem bösartigen Entzüiidung!.fieber oder Wuthanthrax; die Lähmnng des Kreu­ze's bei der Staupe und dem eben erwähnten Fieber. Eine Reizung des Ma­gens, oder ein entzündlicher Zustand dieses O gans durch scharfe Gegenstände, die verschluckt wurden, bervorgebracVf, erregt — nach den an französischen Thierarzneischulen gemachten Versuchen einen der stillen Wuth sehr ähnlichen Zustand. Ein solches Benehmen ist manchmal bei Hunden, die an Würmern litten, bemerkt worden (namentlich bringt Pentailoma taenioides in der Nasen­höhle der Hunde solche Symptome hervor; auch Strongylus gigas (der in den Nieien vorkommt); die sogenannte Mutterkrankheit säugender Hündinnen kann leicht für Wuth genommen werden und das von C. Viborg beschriebene bösartige Entzündungsfieber (febr. inflammitoria maligna) hat so viele Aehn-lichkeit mit der Wuth, dass nur die genaueste Bf obachtung beide Krankheiten unterscheiden kann. Unruhe im Beginn der Krankheit, Lust zu beissen, Fressen von Holz, Lumpen, Steinen, Stroh u. s. w. begleiteten diese meist am 4. Tage tödtliche Krankheit. Wenn nun zu gleicher Zeit (wie es 1815 in Kopenhagen der Fall war) einige wirklich wüthende Hunde vorkommen, so wird die Schwierigkeit der Unterscheidung noch vergrössert. Es ist wahr­scheinlich , dass sehr häufig, und besonders bei der sogenannten seuchenhaften Wuth andere Krankheiten mit unterlaufen, und mehr als wahrscheinlich, dass viele für wüthend gehaltene Hunde es keineswegs sind; dies ist um der Ge­bissenen #9632;nillen ein grosser üebelstand, der aber um so schwerer zu beseitigen i-t, als es überall Leute gibt, die ein — philanthropisches oder pecuniäres — Interesse dabei haben, die Sache so wichtig als möglich zu machen.
Behandlung: Man hat beim Menschen eine Menge von Mitteln angeführt, die theils den Ausbruch der Wuth (nachnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'
geschehener Impfung) verhindern, theils dieselbe, wenn sie be­reits ausgebrochen war, heilen sollten. Indessen haben diese Mittel wenigstens in letzterer Beziehung die Hoffnung gänzlich getäuscht. Es ist daher hauptsächlich auf die Prophylaxis oder Vorbeugung der Krankheit und insbesondere ihrer weitern Ver­breitung Rücksicht zu nehmen.
Da man die eigentliche Ursache der spontanen Wuth bei den Hunden nicht mit Bestimmtheit kennt, lässt sich auch nur im Allgemeinen rathen, diese Thiere soviel möglich ihrer Na­tur gemäss zu halten, namentlich die Aufreizung des Begat­tungstriebs zu vermeiden, oder demselben Befriedigung zu ver­schaffen. Bei der Seltenheit spontaner Hundswuth ist darauf zu sehen, dass die daran erkrankten Hunde sobald als möglich unschädlich gemacht und damit die Weiterverbreitung der Krank­heit verhindert werde. Das Anbinden, Einsperren und das Tödten wuthverdächtiger Hunde dienen am sichersten hiezu, wo aber irgend ungewiss ist, ob Menschen oder Thiere von dem wuthverdächtigen Hunde verletzt worden sind, ist es rath-
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616
Störungen des Bewnsstseins.
sam, den Hund einzufangen und gut verwahrt zu beobachten (statt ihn ohne weiters zu tödten), um dadurch Sicherheit zu erhalten, ob derselbe an der Wuth oder einer andern Krankheit gelitten. Die Section ist in solchen Fällen durchaus unzu­reichend; sie kann den Verdacht erhöhen oder vermindern aber für sich nie Gewissheit geben. Hundsmusterungen sind eine verwerfliche Einrichtung, da sie auf der absurden Vor­stellung beruhen, man könne einem Hunde sogleich ansehen, ob er etwa geneigt sei, — innerhalb des nächsten Jahrs — wüthend zu werden.
Sind Thiere von wüthenden oder wuthverdächtigen Hunden, Füchsen u. s. w. gebissen worden, so ist an allen auch nur im Geringsten verletzten Stellen so schnell als möglich die Ent­fernung oder Vertilgung des daran etwa haftendem Contagiums zu bewirken. Blutenlassen, Abflössen mit Wasser, Ausschnei­den der Wunde, gänzliches Abschneiden des gebissenen Theils (z. B. Ohrs, Schwanzspitze); ferner Ausbrennen oder Aetzen der Wunde und länger unterhaltene Eiterung erfüllen obige Zwecke. Solche gebissene Thiere sind längere Zeit noch genau zu be­obachten, um sie bei dem Eintritt verdächtiger Krankheitssymp-tpme sogleich unschädlich machen zu können.
Bricht die Wuth an einem solchen Thiere aus, so ist (ab­gesehen von Versuchen im Interesse der Wissenschaft) von Heilmitteln u. dgl. ganz abzustehen, da ihre Anwendung nicht ohne Gefahr für Menschen stattfinden kann.
Die abgelebten Thiere, die jedoch nach dem Erkalten ohne Gefahr der Ansteckung secirt werden können, sind, so wie die Gegenstände, die sie etwa besudelt haben, nach den in jedem Lande bestehenden polizeilichen Vorschriften zu behandeln (tie­fes Verscharren mit Haut und Haar, oder Verbrennen des Ca­davers (besonders bei kleinen Hunden), Desinfection des Stalles, der Utensilien u. s. w.). Milch und Fleisch wüthender Thiere sind zwar in manchen Fällen ohne Schaden von Menschen und Thieren genossen worden, jedoch ist dies zu verhüten. Ebenso zweckmässig ist die Vorschrift, dass von wüthenden oder wuth­verdächtigen Hunden u. s. w. gebissene grössere oder werthvollere Hausthiere längere Zeit nicht ausserhalb des Orts verkauft, oder zur Schlachtbank benützt werden dürfen.
Hunde, die mit wüthenden zusammengetroffen, werden zu desto sicherer Verhütung weitern Unglücks getödtet.
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Störungen des Gemeingefühls.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 617 '
Da insbesondere Thierärzte leicht Verletzungen durch wü-thende oder wuthverdächtige Thiere ausgesetzt sind, so ist es am Platze, zu bemerken, dass jede solche Verletzung, selbst die unbedeutendste, so schleunig als möglich mit Wasser (oder dem eignen Urin) auszuwaschen, die Blutung einige Zeit zu unterhalten, und sodann zu ätzen oder zu brennen ist, um den Uebergang des etwa eingedrungenen Ansteckungsstoffes in das Blut zu verhindern. TJebrigens ist die Gefahr der Ansteckung weit geringer, als bei vielen andern contagiösen Krankheiten (z. B. Milzbrand), da viele verletzte Personen, selbst ohne alle vorbeugende Behandlung, von der Krankheit verschont bleiben; so wurde in Kopenhagen 1815 bis 1816 von 47 Personen, die zum Theil von in der Thierarzneischule an der Wuth kre-pirten Hunden gebissen worden waren, und sich in dem allge­meinen Krankenhaus eingefunden hatten, nicht einer angesteckt; die Wunden waren ausgeschnitten und in Eiterung gehalten worden. Von 104 in den Jahren 1839—43 in Württemberg von wüthenden Hunden gebissenen Personen starben 6 und von 114 im Jahre 1854 in Mailand Gebissenen erlagen 4 der Wuth.
In medicinisch-polizeilicher Hinsicht sind in Württemberg die Verfügungen vom 10. September 1841, vom 2. Januar 1824 und 4. Februar 1828; so wie (die Füchse betreffend) vom 26. Januar 1829 zu beachten. Die neueste kais. öster­reichische Verordnung und Belehrung vom 26. Mai 1854 be­hauptet, dass die Wasserscheu (Wuth) des Menschen weder durch Verletzung noch auf andere Art anstecke (Wien V.).
H. Krankhafte Störungen des Gemeingefühls.
(Mbrositates S.)
Die hieher gehörigen Zustände sind noch wenig bekannt; sie mögen selten vorkommen und noch seltener für sich eine Krankheit darstellen, sondern öfter symptomatisch sein, so z. B. das Verlangen nach ungewöhnlicher Nahrung (Pica) in der Leck­sucht, der Wuth; die gänzliche Unterdrückung des Appetits (Anorexia) in vielen Krankheiten, der sogenannte Wolfshunger, die Wasserscheu, der übermässige oder aber ganz fehlende Durst; eben so der Geschlechtstrieb u. s. w. Tscheulin (Nervenkrankheiten) spricht, von Blödsinn, der Melancholie, der Scheue u. s. w. bei Thieren, als von Seelenkrankheiten. (Vgl. auch Pierquin de la folie des animaux. Paris 1838.)
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618
Störnngen der Empfindlichkeit.
I
Mehrere Fälle von Sehnsucht sind bei Thieren beobachtet, weiche so stark einwirkte, dass das Bewusstsein darübequot;r ge­trübt und über der einen Vorstellung selbst der Erhaltungstrieb unterdrückt wurde.
Von Hunden weiss man mehrere glaubwürdige Fälle, dass sie nach dem Verlust ihres Herrn sich zu dessen Grab gelegt und nichts genossen haben, sondern Hungers starben.
Von einer Kuh erzählt Sticker folgenden interessanten Fall von Heim­weh; sie war neumelkend und gab 13 bis 14 Quart Milch; durch Verkauf kam sie in einen guten Stall, wo noch drei Stücke Rindvieh ausser ihr stan­den. Hier war sie stets unruhig und tewegte sich hin urd her, wie wenn sie getrieben würde. Dies dauerte fort; kein Futter, kein Benehmen war im Stande, sie zu beruhigen; sie frass immer weniger, magerte ab und gab jeden Tag weniger Milch. Nach drei Wochen wurde sie dem Verkäufer, der sie aufgezogen hatte, zurückgegeben; in seinem Stalle wurde sie augenblick­lich ruhig und gab bald ihr früheres Milchquantum wieder (:h. Vet.-Ber. 1836). Einen ähnlichen Fall führt Fass von einer Kuh, unter dem Namen „Bangenquot; ar. (G. amp; H. VII.) Debeaux will gesehen haben, dass bei einem Schwein die Bor.-ten (aus Furcht) weiss geworden seien; diese Färlung dauerte zwei Monate (Lyon Cpt. v. 1816).
Auch andere Leidenschaften steigern sich manchmal bei Thieren so sehr, dass körperliche Leiden sich damit verbinden, oder daraus entstehen. So hat man von heftigem Zorn bei Pferden das Herz zerreissen sehen; Hunde sollen durch fort­gesetztes Reizen und Erzürnen in Wuth verfallen sein, oder im heftigen Zorn gebissen und dadurch die Wuth hervorgebracht haben (?). Die Erregung heftiger Leidenschaften, sowohl de-primirender als excitirender, ist besonders kräftigen, dann aber auch säugenden Thieren, und bei letztern durch eine nicht in die Sinne fallende Veränderung der Milch ihren Jungen nachtheilig.
ZWEITE ORDNUNG.
Störungen der Empfindlichkeit (im engern
Sinne).
Die Fähigkeit der Nerven, Eindrücke aufzunehmen und zu leiten, i:gt;t nicht immer gleich gross: sie hängt theils von dem allgemeinen Zustande des Organismus und des Nervensystems insbesondere, theils von der Beschaffenheit der einzelnen Nerven
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Schmerz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;619
ab. In ersterer Beziehung ist auf das am Eingange der dritten Klasse Gesagte zu verweisen, denn es versteht sich, dass wenn die Thätigkeit des Nervensystems überhaupt erhöht ist (Ere-thismus), dies auch die Empfindlichkeit im engeren Sinne, das Gefdhlvermögcn und die locale Thätigkeit der einzelnen Nerven in sich begreift, ebenso in dem entgegengesetzten Falle (Tor­por), und bei veränderter Thätigkeit des Nervensystems (Pa-raesthesia).
Jischwick führt einen Fall von so ungewöhnlicher Reizbarkeit eines Pferds an, dass schon von dem Auflegen der Hand auf dasselbe oder durch schnelles Oeffnen der Stallthüre, der Puls beschleunigt Tirurde und Schweiss am ganzen Körper ausbrach. (Vet. Reeds 18t6.) Hering beschreibt aus­führlich einen Fall von übermässig gesteigerter Empfindlichkeit bei einem Pferd,-welches z. B. beim Anflügen einer Trense u. dgl. geradezu umfiel; es konnte kein Papier knistern hören, machte aber nichts beim Vorüberfahren eines Eisenbahnzugs. Die Section Hess Verdickung des rechten Stirnbeins. Hyperämie der Häute des Hirns und Rückenmarks, aber wenig,Cerebro-spinal-Flüssigkeit finden. Rep. XVIII. Ein ähnlicher, doch weniger stark ausgebil­deter Fall kam 1857 vor, wurde aber durch Nux vomica uv.d Eiterbänder an der Kruppe hergestellt.
Bei der Hundswuth sind die Thiere manchmal so erregbar, dass sie durch das blose Oeffnen der Stallthüre, das Berühren oder durch die Annäherung eines brennenden Lichts u. dgl. aus ihrem soporösen Znstand in einen Wuth-Paroxismus verfallen. Mit Strychnin vergiftete Thiere bekommen von der blosen Berührung aul's Neue Krampfanfälle.
In der vorhergehenden Ordnung ist bei mehreren daselbst beschriebenen Krankheitsformen, der Störung des Gefühlsver­mögens Erwähnung geschehen, so z. B. im Koller, in der Apo­plexie u. s. w., sei es nun, dass die einzelnen Nerven gleich­zeitig mit den Centralorganen erkrankt sind, oder dass die Verrichtung der Nerven an und für sich ungestört stattfindet, aber die Leitung der Empfindungen, oder endlich ihr üebertritt in's Bewusstsein gehindert oder aufgehoben ist. Eben so wird in der vierten Ordnung dieser Classe von einer Verminderung der Nerventhätigkeit in den gelähmten (paralytischen) Organen die Rede sein.
In die nächste Ordnung werden daher nur solche Krank-keitsformen zu stehen kommen, in welchen das Nervenleiden sich hauptsächlich durch Störung des Gefühls (Schmerz, Unempfind-lichkeit) in einem beschränkten Theile des Körpers (einem Or­gane) äussert, ohne dass dabei das Bewusstsein getrübt (I. Ord­nung dieser Classe), oder die Bewegung beeinträchtigt wäre. (III. und IV. Ordnung.)
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il
I
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Störungen der Empfindlichkeit.
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A. Eine eigenthümlich
erhöhte unangenehme Empfindung,
welche von einem Theile ausgeht und zum Bewusstsein gelangt, nennt man Schmerz (Dolor). Die Aehnlichkeit in der Orga­nisation und dem Benehmen unserer Hausthiere lässt mit Grund annehmen, dass sie angenehme und unangenehme Empfindungen eben so wohl wahrnehmen können, als der Mensch. Das Wesen der Schmerzen soll in einer Aufregung (Reitzung) oder einer Verstimmung der Nerventhätigkeit des schmerzenden Theils bestehen.
Als Ursachen der Schmerzen im Allgemeinen sind bald die Entziehung gewohnter Reize (beim Hunger, Durst, FriBren), bald das üebermaas derselben (grosse Hitze), endlich mecha­nische, chemische u. dgl. Eindrücke anzusehen (Druck, Ver­letzungen, Äetzen). Aus der Allgemeinheit dieser Ursachen lässt sich schon entnehmen, dass die meisten Krankheiten schmerzhaft sind; doch ist dies in sehr verschiedenen Graden der Fall; so sind z. B. die Krankheiten des Bildungslebens grösstentheils weniger schmerzhaft, als die Entzündungen, und unter letztern sind nicht gerade die der bedeutendem Organe die schmerzhaftesten (Hirn-, Leberentzündung — Huf-, Hoden­entzündung n. dgl.).
Der Sitz des Schmerzens ist in den Nerven, seine Be­schaffenheit sehr verschieden (nach der Art: ziehender, bohrender, brennender Schmerz, Stich u. s. w.; nach der Dauer: anhaltend, remittirend; nach dem Orte: bleibend, herumziehend u. dgl.; am meisten nach dem Grade: heftiger Schmerz kann die Thiere zu den grössten Kraftanstrengungen, zur Raserei und zur Erschöpfung bringen). Häufig sind die Schmerzen sympto­matisch (z. B. bei Kolik, Harnverhaltung), selten selbstständig.
Symptome: der Schmerz in einem Theile äussert sich entweder durch gewisse Bewegungen (Umsehen nach dem Theile, Schlagen, Krampf, Unruhe, z. B. bei Kolik), oder durch Ab­stumpfung und Unaufmerksamkeit (besonders bei heftigen und anhaltenden Schmerzen), durch ängstliche Vermeidung des Drucks auf den schmerzhaften Theil (s. B. Vorstellen des Fusses bei Hufleiden), Widersetzlichkeit gegen Berührung derselben u. s. w. Geht der Schmerz von einem Leiden des Gefasssystems (Entzündung) aus, so ist derselbe gewöhnlich mit Turgescenz
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ScUetó.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 621
des Organs und andern Erscheinungen der Entzündung (Wärme, Rötfre) verbunden; ist dagegen das Leiden blos Nervensache, so ist eher Collapsus zugegen, und es folgt bei längerer Dauer gern Schwinden und Lähmung. Deftiger oder anhaltender Schmerz zieht bald einen Reizzustand des Gefässsystems nach sich, Abmagerung tritt ein, selbst bei gutem Futter und regel-mässiger Verdauung, und das Thier wird endlich durch einen schleichenden Entzündungszustand, der insbesondere im Darm-canal Spuren hinterlässt — oder aber schneller durch Erschöpf­ung der Nerventhätigkeit aufgerieben.
Die Section kann an dem schmerzhaften Theile nichts nachweisen, es wäre denn die nähere Erkenntniss der Ursache (Verletzung, innerer Druck, Entzündung). Selten sind schmer­zende Nerven krankhaft verändert, z. B. ihre Nervenscheide
verdickt, geröthet, ihr verletztes Ende aufgetrieben u. dgl.
Il
Die Diagnose der Schmerzen und namentlich die Auf­findung ihres Sitzes und ihrer nächsten Ursache ist bei den Thieren, wegen des Mangels genauer Bezeichnung ihrer subjec-tiven Empfindungen, oft schwierig.
Die Prognose richtet sich nach der Individualität und nach der Krankheit oder der Ursache, die den Schmerz erregt; an und für sich sind die Schmerzen nicht gerade gefährlich.
Behandiungr sie beruht hauptsächlich auf Entfernung der Ursache; daher ist bald die entzündungswidrige, bald (jedoch seltener) die reizende und stärkende Methode anzuwenden; ab­leitende Mittel sind besonders bei Innern Schmerzen am Platze; die im Allgemeinen erhöhte Empfindlichkeit kann man durchnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; :
narcotische Mittel (Opium, Hyosciamus, Blausäure) herabzu­stimmen suchen; örtlich dient trockene oder feuchte Wärme (Breiumschläge mit Zusatz von Hyosciamus, Conium); endlich bleibt an den geeigneten Stellen das Durchschneiden der Ner­ven zwischen der schmerzenden Stelle und dem Centralorgan übrig. Die neuere Zeit hat Mittel kennen gelehrt, welche die Empfindlichkeit und das Bewusstsein aufzuheben geeignet sind, ohne dass dadurch Gefahr für den Patienten entsteht; freilich Wird der Gang der Krankheit dadurch auch nur selten abge­ändert. Das Einathmen von Aetherdämpfen oder von Chlo­roform versetzt die Thiere in einen schlafsüchtigen Zustand, in welchem sie keinen Schmerz empfinden, was besonders bei mehreren (z. B. Augen-. Bruch-) Operationen von grosser Wich-
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622nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Störungen der Empfindlichkeit.
tigkeit ist. Dass bei Koller und Starrkrampf die Aethernarcose versucht worden ist, wurde an seinem Orte berührt, (ßep. VIII., Bulletin de l'Acad. Tome XII., Oestr. med. Wochenschr. 1847; liec. 1847, 1848, 185.3; Belg. 1847, 1848; Lancet 1849; J. Lyon 1847, 1863, 1854; Vet. 1847, 1848, 1850, 1851.
a) Lendenschmerz. {Rhaehialgia.)
(Lendenweh, Lumbago.)
Schmerz in der Lenden- und Kreuzgegend mit Steifheit dieses Theils oder Unvermögen aufzustehen, ohne Entzündung oder Verlust des Gefühls.
Diese Krankheit befällt meist Rindvieh, besonders Kühe, seltener Pferde; sie scheint rheumatischer Natur zu sein und der Kreuzlahme (Paralyse) verwandt, von der sie sich jedoch durch die willkürliche Bewegung der Gliedmassen und die fort­dauernde Empfindlichkeit des Hintertheils unterscheidet.
Symptome: das Lendenweh befällt die Thiere plötzlich; sie können nicht aufstehen, obgleich sie es versuchen; sie zei­gen Schmerz oder Empfindlichkeit in der Lenden- und Kreuz­gegend, die besonders durch Druck (jedoch nicht in allen Fällen) vermehrt wird; die kranke Parthie ist steif, unbiegsam; im Ueb-rigen scheinen die Thiere, wenigstens anfangs, nicht allgemein erkrankt, sie fressen u. s. w. Im höheren Grade des Uebels, oder bei längerer Dauer nimmt die Fresslust ab, der Durst ist vermehrt, der Mistabgang verzögert, der Puls etwas be­schleunigt, das Atbtneu eben.-o, die Milchsecretion vermindert.
Manchmal findet man die Wärme der kranken Parthie er­höht, und es bildet sich eine entzündliche Anschwellung, die in Abscessbildung übergeht. Die Dauer des Uebels ist in den gelindern Fällen nicht über acht Tage; indessen kann das Lei­den auch chronisch werden, Monate lang fortdauern und da­durch Abzehrung u. s. w. herbeiführen. Die Section zeigt nichts Characteristisches.
Als Ursache wird hauptsächlich Erkältung angegeben; Thiere, die schwer ziehen müssen, und alte trächtige oder säugende Kühe sollen zum Lendenweh disponirt sein.
Prognose: meist günstig.
Behandlung: je nach dem allgemeinen Zustande anti-phlogistisch und schweisstreibend (bei Fieber: Nur. oder Tart,
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Traberkrankbeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;623
emei. in einem Infus. fl. sambuci oder rad. valerianae), oder rei-zefïd (warmer Wein nach Rychner); letztere Methode ist erst einige Tage nach dein Beginn der Krankheit anzurathen. We­sentlich ist das örtliche Verfahren: Bedecken der Lenden­gegend mit warmen Teppichen oder Kräuterkissen, oder Kata-plasmen von Heublumen und dergleichen; Einreibungen von Sal­miakgeist, Terpentinöl, Weingeist, Aether; Frottiren der Haut, Klystiere.
So lange die Thiere liegen, ist es gut, sie knapp zu hal­ten und ihnen laues Trinkwasser zu reichen.
Französische Thierärztc empfehlen Scarificationen in der Lendengegend, Aderlass am Schw.if, erweichende Bähungen und Einreibungen; im chroni­schen Zustande aber scharfe und reizende Einreibungen; aromatische Dampfe, kräftiges Futter und innerlich rothen Wein u. dgl.
B. Anfangs erhöhte, später verniiuderte, jedenfalls aber alienirte Empfindlichkeit.
Sie kommt in verschiedenen Krankheiten symptomatisch vor, z. B. in der Lecksucht, der Wuth, der Scheue und Stättig-keit u. dgl. In nachfolgender Krankheitsform scheint diese alie­nirte Empfindlichkeit sowohl im Allgemeinen als örtlich (in der Kreuzgegend) das hervorstechendste Sympton zu sein.
b) Traberkrankheit. {Tabes dor salts).
(Gnubber, Schruckigsein , Wetzkrankheit, (fälschlich Kreuzdrehe ?) Maladie tremblente, Paraplegie des mou'ons, Prurigo lombaire der Franzosen.)
Literatur: Toggia Hydroriwchitis (1810), Störig (1825), Richthofen (1827), Ziller (1833), Kuers (1840), Richter in G. amp; H. VIL, Egan in Kuer's Mag. L, Muskai in östr. Wochenschrift (1845). quot;Roche-Lubin in Rec. (1848), Cauvet (Verwechslung mit Lähme) Toni. 1854. Erdt, G. amp;H. 1856! Suppl.
Eine veränderte Empfindlichkeit, durch Angst und Schreck­haftigkeit und juckendes Gefühl am Kreuze sich äussernd; in Lähmung und Abzehrung übergehend. Langwierig, fiebeilos. Als Anlage erblich. Bei Schafen und Ziegen, selten bei Pferden. Man hat häufig die Traberkrankheit von dem Gnnbbern getrennt, allein beide Krankheiten scheinen in Wesentlichen dieselben zu sein, da nur das Symptom des Benagens der Haut hei den Trabern fehlt. Oefters ist die Tra­berkrankheit mit der Drehkrankheit verwechselt worden, wuzu der Ausdruck Kreuzdrehe Veranlassung gegeben haben mag; in neuerer Zeit wird der letztere Name aber blos für eine dritte, sowohl von der Traber- als Drehkrank-
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Störungen der Empfindliclikeit.
heit verschiedene Form gebraucht, welche durch die Bildung einer Wasser­blase {Coenurus) in den Ruckenmarkscanal characterisirt, und somit der Drehkrankheit nach Ursache, Disposition (im ersten Jahre der Thiere) u. s. w. analog ist, von der sich die Kreuzdrehe in den Symptomen durch die bald eintretende Töllige Lähmung des Hintertheils unterscheidet. (Hagmaier in Rep. XIV.)
Symptome. Die Traberkrankheit entsteht unbemerkt und langsam. Man beobachtet zuerst eine ungewöhnliche Schüchtern­heit, Unruhe, dummen Blick, schlaff herabhängende Ohren, die (besonders bei starkem Sonnenlicht) von einem Zittern befallen werden. Hochhalten und selbst Ueber- oder Zurückbiegen des Kopfs, am meisten, wenn die äusserst schreckhaften Thiere ge­fangen worden waren; allgemeines Zittern und selbst Nieder­stürzen, wenn man sie wieder frei lässt. Roche-Lubin macht auf das Wiederkauen im Stehen, das Liegen auf der Seite (platt), die periodisch sich wiederholenden Anfälle von Zittern, die er für Fieberparoxysmeu hält, aufmerksam.
Nach 1—2 Monaten bemerkt man Blässe der Haut, Tro­ckenheit der Wolle, besonders aber eine Schwäche des Hinter­theils, schwankenden oder steifen, hinten weiten Gang, mit kleinen Schritten (Trippeln), starkes Niederbiegen auf Druck in der Kreuzgegend; bei allmählicher Zunahme dieser Schwäche schleppen die Kranken das Hintertheil nur noch nach, liegen viel, können nicht mehr aufstehen, haben einen missfarbigen übelriechenden Nasenausfluss, magern immer mehr ab und ster­ben unter Zähneknirschen, Zuckungen u. s. w.
Die Gnubber (im engern Sinne) zeigen neben den bereits angeführten Symptomen eine juckende Empfindung in der Ge­gend des Kreuzbeins, später auch an den Hinterschenkeln, raufen die Wolle aus, ^enagen die Haut, welche wund und schorfig wird. Eine wie es scheint gelindere Form dieses Uebels kommt vereinzelt in unsern Bastardheerden vor; die Thiere liegen viel und benagen hauptsächlich die Hinterfüsse; unsere Schäfer nennen sie Reiber, in Oesterreich Wetzkrankheit (Wrana in Wien 1.)
Die Dauer der Krankheit erstreckt sich von zwei bis auf fünf bis sechs Monate; die Gnubber enden meist balder als die Traber. Die Krankheit scheint im Winter langsamere Fort­schritte zu machen, als im Sommer.
Section. Aussei- dem Rückenmark findet man häufig keine krankhaften Veränderungen. Das Rückenmark fand Rudolphi
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Traberkrankheit.
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stets abweichend: zu hart oder zu weich, viel Serum in dem Wirbelcanal; auch Röthung der Häute und Schwinden der Sub­stanz des Rückenmarks oder weisse Erweichung in der Lenden-parthie wird angegeben. Manche Beobachter wollen gar nichts Krankhaftes gefunden haben. In dem Zellgewebe der am stärk­sten benagten Hautstellen kommen nicht selten bohnen-, nuss-grosse Geschwülste vor, die aus einer derben Kapsel bestehen und eine zähe Flüssigkeit enthalten, worin senfkorn-, linsen-grosse (Laenec'sehe Körperchen) schwimmen. Roche-Lubin konnte nie Blasenwürmer finden, dagegen fehlen nach längerer Dauer der Krankheit die Zeichen der Cachexie, des Blutmangels, der quot;Wurmbildung u. s. w. nicht.
Ursachen: Eine besondere Anlage zu dieser Krankheit besitzen die Nachkommen traberkranker Schafe, es scheint zu­gleich, dass die Väter die Krankheit sicherer vererben, als die Mütter; ferner sind die veredelten Schafe dem Uebel häufig ausgesetzt, die groben Landschafe sehr selten; daher ist die Krankheit in Ländern, wo die Veredlung der Schafzucht beson­ders im Schwünge ist, am häufigsten (z. B. in Schlesien, Sach­sen, Preussen); dass aber Klima und Localität hiezu noch be­sonders beitragen, wird dadurch wahrscheinlich, dass z. B. in Württemberg selbst in sehr veredelten Heerden die Traber­krankheit äusserst selten beobachtet wird. Das Lebensalter ist von Einfluss auf die Entwicklung dieser Krankheit; sie zeigt sich im Verlaufe des zweiten und dritten Jahres (nach Girard nicht vor Ablauf des ersten Jahrs und nicht nach Ablauf des dritten, Richter führt ein halbjähriges Lamm und ein sechs­jähriges Mutterschaf, jedoch als Ausnahme, an). Endlich haben die männlichen Thiere (Widder) eine grössere Anlage dazu, als die weiblichen.
Neben dieser theils angeerbten, theils im Laufe einer ge­wissen Altersperiode erworbenen Disposition ist hauptsächlich starke Fütterung (üppige, feuchte Waide, Körnerfiitter) oder der zu grosse Unterschied zwischen der (starken) Winter- und der (mehr erschlaffenden) Sommerfütterung unter den Ursachen der Traberkrankheit hervorzuheben. Wrana beschuldigt nasse Waiden, Moorgrund und einzelne Pflanzen quot;desselben Z.B.Huf­lattich, Ranunkeln, Fingerkraut; auch zu viel Salzlecken. Feh­ler in der Paarung, wie die Verwendung zu hitziger, alter Böcke, zu frühzeitiges Zulassen derselben (z. B. im zweiten Jahre),
Hering, Pathologie.
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Störungen der Empfindlichkeit.
heisse, feuchte Ställe u. s. w. werden ebenfalls beschuldigt, nicht ohne zureichende Gründe.
Wie die Erblidikeit des Uebels (die in neuerer Zeit Lub in zu bestreiten sucht) nachgewiesen ist; so ist auch die Conta-giosität desselben (welche Richthofen behauptete) widerlegt.
Prognose: sehr ungünstig.
Behandlung: neben Vermeidung der (wenn noch fort­dauernden) Ursache, hauptsächlich äussere Reize, z. B. Haar­seile, Brennen (Moxa) in der Kreuzgegend; Richter gibt an, kalte Bäder, Kalibäder und Brennen ohne Erfolg angewendet zu haben; Yvart rühmt die Wirkung von in das Zellgewebe dieses Theils eingebrachtem Terpentinöl. Roche-Lubin hat innerlich Camphor, auch Boraxweinstein, Klystiere mit Terpen­tinölzusatz, äusserlich Punctfeuer und Nieswurzfontanelle ange­wendet. In einem Falle wandte ich Waschungen mit Creosot-wasser bei Gnubbern mit Erfolg an; Quecksilbersalbe nützte nichts. In den meisten Fällen wird es vortheilhaft sein, die erkrankten Thiere zeitig zu schlachten. Die Vorbauung lässt sich nur durch Entfernung der Ursache, namentlich Ausschluss aller der Krankheit verdächtigen Thiere von der Zucht, rich­tiges Verfahren bei der Paarung, zweckmässige Fütterung u. s. w. bewirken.
Berger führt an, der Traberkrankheit ähnliche Fälle seien auch schon bei Pferden und Rindvieh beobachtet worden; es ist jedoch wahrscheinlich, dass er die bei diesen gewöhnliche Kreuzlähme (paraplegie) meint. (Rec. 1829.) Bei der Beschälkrankheit (Chankersenche) ist in manchen Fällen auch ein solches Hautjucken, das zu geschwüriger Zerstörung der Haut führt, als symptomatisch beobachtet worden. Hierher gehört vielleicht der von Eber­hard bei einem Eselshengst beobachtete Fall.
C. Verminderte oder aufgehobene Empfindlichkeit.
Sie ist wie die vorhergehenden Störungen der Empfindlich­keit im engern Sinne häufiger symptomatisch, als ein für sich bestehendes Leiden; laquo;o z. B. im torplden Koller. Manche be­deutende Krankheiten anderer Systeme haben ein consensuelles Sinken der Empfindlichkeit zur Folge (grosser Blutverlust, ner­vöse Fieber, Schwäche und Erschöpfung der Muskelkraft), am häufigsten aber erscheint die Verminderung und selbst Ver­nichtung der Empfindlichkeit, zugleich mit einem ähnlichen Lei­den der Fähigkeit, sich willkührlich zu bewegen und wird dann als Lähmung (Paralyse) bezeichnet.
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Schwarzer Staar.
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Indessen ist Verminderung und Vernichtung der Empfind­lichkeit einzelner Organe, ohne gleichzeitige Lähmung ihrer Muskelthätigkeit nicht blos denkbar, sondern auch (bei Thieren seltener als bei Menschen) wirklich beobachtet. Die eigent­lichen Sinnesnerven können gelähmt werden, ohne dass die zum Bewegungsapparat der Sinnesorgane gehörigen Nerven daran Theil nehmen. So z. B. kann Taubheit durch Lähmung des Hörnerven, Geruchlosigkeit durch Lähmung des Riechnerven entstellen. (Zwei Fälle von Taubheit bei Pferden, entstanden durch Schiessen s. Numan Mag. II, S. 275.) Hierüber sind indessen die Beobachtungen noch zu mangelhaft, und es ge­nügt, diese Krankheitsformen hier angedeutet zu haben; blos die Lähmung der Sehnerven ist hier aufzuführen, da sie genauer bekannt ist, und bei der unbetheiligten Bewegung des Auges sich als eine reine Verminderung der Sensibilität dieses Or­gans darstellt.
Dr. Siebel gibt an, dass Katzen mit ganz #9632;weissem Fell und blaner oder blangrauer Iris jedesmal taub seien, so dass sie selbst das stärkste Ge­räusch, z. B. das Knallen einer Peitsche oder Pistole nicht wahrnehmen. Sobald aber das Fell gefleckt, oder dunkel schattirt, die Iris gelblich oder dunkel melirt, roth oder braun war, zeigte sich auch das Gehör normal. (Fror. Not. J848.)
c) Schwarzer Staar. (Amaurosis.) (Schönblindheit, Gidta serena.)
Verminderte oder aufgehobene Empfindlichkeit des Seh­nerven gegen Lichteindrücke.
Der schwarze Staar kommt bei allen Hausthieren vor, je­doch selten; er wird beim Pferde noch am ehesten wahrgenom­men, da dessen Gebrauch dadurch leidet, was bei Thieren, die stets im Stalle gehalten werden, weniger oder nicht der Fall ist.
Der schwarze Staar ist theils Folge einer vorausgegange­nen anderen Krankheit, z. B. der Mondblindheü (die jedoch weit öfter den grauen Staar nach sich zieht), oder eines acu-ten Hirnleidens, wie der halbacuten Hirnentzündung; ferner des Schwindels u. s. w., — theils entsteht er ^ohne nachweissbare Ursache oder merkliches Erkranken, als eine idiopathische Lähmung der Sehnerven.
Symptome. Ein Thier, das an beiden Äugen staarblind ist, wird sich überhaupt wie jedes Blinde benehmen, d. h. an Gegenständen anstossen, daher schüchtern sein, die Fasse hoch
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528nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Stttrungeu der Empfindlichkeit.
aufheben, die Ohren viel bewegen, mit den Nasenlöchern wit­tern u. s. w. Ist es aber nur an einem Auge blind, so wird es den Kopf mehr als gewöhnlich herüberbiegen müssen, um Gegenstände, die auf der kranken Seite sich befinden, zu sehen, und' wenn man ihm das gesunde Auge mit einem Tuche ver­bindet, wird es anstossen wie ein ganz blindes Pferd. Die Veränderung, welche das Auge selbst erleidet, besteht in Fol­gendem: Die Pupille ist sehr weit, sie bleibt unverändert, ob das Thier ins Dunkle oder in das Sonnenlicht gestellt wird; bei längerer Dauer des Uebels schwindet auch wohl der Aug­apfel, wird kleiner, zieht sich zurück, die Augenlider sind fal­tig ; im Uebrigen ist keine Trübung in irgend einem Theile des Auges zu bemerken.
Secirt man ein am schwarzen Staar leidendes Auge, so findet man gewöhnlich die Netzhaut etwas geröthet, mit äus-serst geringem Zusammenhang; der Sehnerv ist nach längerer Dauer der Krankheit kleiner, dünner, aber fester geworden, sein Mark ist gelblich, wachsähnlich (er gleicht beim Durch­schneiden einem Stängelchen Phosphor); oft ist auch der Glas­körper verflüssigt und gelblich gefärbt. Die krankhafte Ver­änderung der Nerven lässt sich manchmal bis zu den Sehhügeln des Hirns verfolgen.
Die Unbeweglichkeit der Regenbogenhaut scheint beim schwarzen Staar auf einer Erschlaffung der Kreisfasern zu beruhen; indessen bewegt sich die Pupille des kranken Auges, wenn das anderseitige Auge noch gesund ist, consensuell mit diesem, obgleich weniger stark; desshalb ist die Erkenntniss des einseitigen schwarzen Staars schwieriger. Nicht jedesmal ist die Empfind­lichkeit für Lichteindrücke völlig aufgehoben, d. h. complete Lähmung zugegen, und in solchen Fällen ist die Pupille zwar auffallend gross, aber sie verengt sich noch bei stärkerer Beleuchtung (schwache Augen). Ganz anders verhalt es sich oft in den Fällen, in welchen der schwarze Staar Folge der Mond­blindheit ist, weil dann die Verwachsung der Iris mit der Linsenkapsel eine kleine (aber unbewegliche) Pupille darstellt (Hertwig in 6. amp; H. I).
Ursachen. Der schwarze Staar geht entweder vom Auge aus und hat somit heftige äussere oder innere Entzündung des­selben, Schläge, Verletzungen der Augenhöhle u. s. w. zur näch­sten Veranlassung, oder er geht vom Hirn aus und ist dann gewöhnlich apoplectischer Natur. Starke Ueberfüllung der Hirn­häute mit Blut (bei Entzündungen), Wassererguss in die Schä­delhöhle, Druck von Exostosen, Knochenbrüche u. dgl. sind alsdann unter die Ursachen zu zählen. Ob durch starken Licht-
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Schwarzer Staar.
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reiz (als üeberreiznng) oder durch sogenannte zurückgetriebene Hautausschläge und Ausflüsse, schwarzer Staar entstehe, ist bei den Thieren noch zweifelhaft. (Einen Fall von schwarzem Staar bei einem am Strahlkrebs leidenden Hengste, bald nach der völligen Heilung dieses Leidens entstanden, habe ich im Rep. VI. beschrieben; ferner schwarzen Staar nach Hirnent­zündung Rep. XVII.). Dass hinter einer undurchsichtig gewor­denen Hornhaut oder Crystall-Linse sich manchmal schwarzer Staar bildet, mag seinen Grund meist in der längeren ünthä-tigkeit des Sehnerven haben, etwa wie unbenutzte Muskeln nach und nach erlahmen.
Man beschuldigt ausserdem noch theils zu starke Fütte­rung, unterlassene Blutentziehungen, an welche das Thier ge­wöhnt war, Unterdrückung der Hantausdünstung, schwächende Durchfalle u. dgl., — ohne jedoch bestimmte Erfahrungen dar­über anführen zu können.
Noch wenig erklärt ist das plötzliche Vorkommen des schwarzen Staars nach Operationen, besonders nach der Castration. Wenige Tage nachher be­merkt man mit einem Male, dass das Pferd sich wie völlig blind benimmt, ohne dass die Augen im Mindesten entzündet oder getrübt wären. In den meisten Fällen ist diese Art von schwarzem Staar vorübergehend. Spooner sah schwarzen Staar kurze Zeit vor dem Tode eines an Leberzerreissung ver­endeten Pferds eintreten (Vet. 1842).
Wenn schwarzer Staar während oder nach Hirnentzündnng eintritt, ist er gewöhnlich nicht vorübergehend, sondern bleibend, jedoch nicht jedesmal vollständig. Solche Thiere werden nicht selten von unkundigen für kollerig gehalten.
In einem solchen Falle sah ich (1837) die Pupillen zwar ziemlich weit, jedoch nicht in dem Grade, wie man sie häufig trifft, wo die Iris nur noch einen 1—2 Linien breiten Streifen bildet; sie verengten sich im bellen Lichte, jedoch weniger als in gesunden Augen; im Freien lief das Thier an Zäune, Stangen u. dgl., nicht aber an weisse Mauern oder Thttren. Zugleich war das linke Auge schielend (Strabismm)^ denn es war abwärts gerichtet, so dass man stets einen Theil vom Weissen des Auges am oben Bande sehen konnte. Vgl. Straub, über krankhafte Erweiterung der Pupille (Eep. XVIII.).
Bei jungen Pferden entsteht der schwarze Staar manch­mal, vielleicht im Zusammenhang mit dem Zahnwechsel, ohne dass eine Hirnkrankheit oder dergleichen vorausgegangen wäre. Ein solches Pferd schloss die Augenlider, wenn man concen-trirtes Licht (durch einen Spiegel oder ein convexes Glas) auf das Auge fallen Hess, die Iris aber bewegte sich dadurch nicht im Mindesten. Krüger sah dreimal bei neugebornen Füllen schwarzen Staar mit völliger Unbeweglichkeit der Pupille j
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Störungen der Bewegung.
Curdt's angeborner Koller, scheint hieher zu gehören (G. amp; H. I). Einen gleichen Fall führt Baker an (Vet. 1838). Prognose: meist ungünstig.
Behandlung: bei Zeichen eines entzündlichen Zustandes am Auge örtlich und allgemein entzündungswidrig; ausserdem aber hauptsächlich revulsorisch (scharfe Einreibungen, Eiter­bänder in der Nähe des Auges; drastische Pnrgir-Mittel). Das Einpinseln einer Auflösung von Veratrin und von Strychnin versuchte ich ohne Erfolg bei mehreren Pferden. Eletti heilte ein Fohlen durch Ammoniakdärapfe, Strychninsalbe, und starken Lichtreiz durch eine Linse während je 30 Minuten. Mail. III.
Hemeralopie bei einer 4jährigen Stute von Ayraud und Marty wäh­rend i Monaten beobachtet; Abende stiess das Thier allenthalben an, wie blind, bei Tage sah es gut; hing wahrscheinlich mit dem Zahnen zusammen. Toul. 1851.
Bei dem sogenannten grünen Staar (Olaucoma) ist das Auge eben­falls hell und durchsichtig; aber aus der Tiefe des Augapfels leuchtet ein Bouteillen-grüner Schimmer hervor; die Pupille ist erweitert und unbeweglich. Prinz beobachtete Glaucom bei zwei Lämmern als angeboren, zugleich mit mangelhafter Hirnentwicklung; solche Thiere werden gerne als „angeboren drehkrankquot; bezeichnet. (Ammon's Zeitschriften für Ophthalm. VII. Bd.). H ö p f n e r sah den angebornen grünen Staar bei einem Füllen, auf dem einen Auge, während das andere normal war (G. amp; H. II.). Ich halte deß grünen Staar für nicht wesentlich verschieden vom schwarzen Staar.
II. Krankhafte Störung der Bewegung von Seiten des Nervensystems; (öfter zugleich mit Störung der Empfindlichkeit). Diese zweite Hauptabtheilung der Krankheiten des Empfin-dtmgslebens unterscheidet sich von der vorhergehenden dadurch, dass sie hauptsächlich von den zur Leitung der Muskelthätig-keit bestimmten Parthieen des Nervensystems ausgeht, und so­mit dem Beobachter zunächst als ein Leiden der Bewegung erscheint. Störung des Bewusstseins ist hiebei nicht zugegen, oder blos ausnahmsweise (bei der Epilepsie); dagegen leidet oft gleichzeitig das Gefühlsvermögen, indem bald Schmerz, bald Vernichtung der Empfindlichkeit die hieher gehörigen Krankheits­formen begleitet. Diese lassen sich in zwei Ordnungen bringen, deren eine die Krämpfe, die andere die Lähmungen enthält.
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Krämpfe.
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DEITTE OEDNÜNG. Krämpfe. (Spasww.)
ünwillkührliche, meist schmerzhafte, anhaltende oder ab­wechselnde Zusammenziehung der Muskel. Für sich fieberlos, ohne bestimmte Dauer, manchmal periodisch.
Das Wesen der Krämpfe scheint in einem zu starken oder ungeregelten Einfluss der Nerven auf die Muskelfasern' zu be­stehen; diese Störung kann von einzelnen Nervenzweigen, aber auch von grosseren Stämmen und den Centralorganen der Be­wegung ausgehen. (Äehnlichkeit des Einflusses mit dem der electrischen Strömung.)
Nicht selten sind Krämpfe Reflexbewegungen, hervorgebracht durch Rei­zung von Empfindungsnerven, oder vom Gefässsystem aus, wenn das Blut ge­wisse, für das Nervensystem specifische Reizmittel enthält (z. B. Strychnin, Veratrin).
In dem anhaltenden Krämpfe (Spasmus tonicus) bleiben die sonst der Willkür unterworfenen Muskeln, seltener die mus­kulösen Schläuche und Behälter, längere Zeit fest zusammen­gezogen; sie fühlen sich gespannt, steif und hart an, ohne Hitze oder Röthe, aber meist mit Schmerz (der bei den un­willkürlichen Muskeln heftiger zu sein pflegt). Zuckungen (Convulsiones, Spasmi clonici) dagegen nennt man solche un­willkürliche Bewegungen der Muskeln, wobei diese abwechselnd sich contrahiren und wieder erschlaffen, oder wobei die Con­traction abwechselnd die Antagonisten (z. B. Streck- und Beuge­muskeln) befällt. Bei dem tonischen Krampf ist der befallene Theil unbeweglich, bei dem clonischen dagegen ist er während des Anfalls in fortwährender Bewegung; die erstere Art hat meist einen acuten, die andere einen periodischen, langwierigen Verlauf; jene verlangt gewöhnlich eine entschiedene Behand­lung, im Gegentheil gehen Zuckungen oft von selbst vorüber oder trotzen dem Heilverfahren. Die Aufregung im Nerven­system, vermehrt durch die oft heftigen Bewegungen oder die Angst u. s. w., zieht manchmal einen ähnlichen Zustand des Gefässsystems (Fieber) nach sich.
Dass die Krämpfe von dem Nervensystem ausgehen, lässt sich dadurch beweisen, dass man sie durch mechanische oder electrische Reizung der Ner­ven willkürlich hervorbringen kann. . Indessen scheinen weder die Nerven noch
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632nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krämpfe.
die Muskeln materiell dabei zu leiden, da man in den von Krämpfen befal­lenen Organen keine organische Veränderungen nachweisen kann; selbst die Centralorgane (Rückenmark, kleines Gehirn), sind oft nicht oder nicht constant verändert.
Die Krämpfe sind nicht allein dem Grade und der Aus­breitung nach (über mehr oder weniger grosse Muskelparthieen) sehr verschieden, sondern auch nach ihrem Verhältniss zu den übrigen Functionen. Meist sind sie sympathische, symptoma­tische oder secundäre Leiden; selten stellen sie für sich eine Krankheit dar. So sieht man z. B. leise Zuckungen der Mus­keln an den Lippen, dem Halse, der Brustspitze bei Pferden, die an Hirnentzündung und ihren Folgen, oder an nervösen Fiebern u. dgl. leiden; sie sind immer ein ungerne gesehenes Zeichen nervösen Ergriffen sein s; so kommen heftige Krämpfe im Magen und Darmcanal bei Coliken, Vergiftungen, in der Blase bei Harnverhaltungen, vor; dass krampfhafte Zusammen­ziehung der Muskelfasern der Luftröhre und ihrer Verzweigungen zu periodischer Engbrüstigkeit (Dampf) Veranlassung geben können, ist mindestens wahrscheinlich; Krämpfe und Zuckungen begleiten das nervöse Stadium der Staupe, ferner die Hunds-wuth u. s. w. Das Frostgefühl (Zittern) im Anfange eines Fiebers gehört ebenfalls hieher. Der tödtliche Ausgang eines Krampfs wird theils apoplectisch, theils durch Lähmung herbei­geführt, seltener durch Entzündung und ihre Folgen.
Ursachen: zunächst eine Reizung oder Verstimmung der motorischen Nerven (oft zugleich der sensiblen Stränge) des Rückenmarks und Hirns, z. B. durch mechanische Verletzung oder Druck auf die Nerven; entfernte Ursachen sind: eine be­sondere Disposition nach Gattung (z. B. Hunde, Schweine), Alter (früheste Periode), Geschlecht (das weibliche, besonders nach der Geburt und während dem Säugen); Fieber, Entzündungen (besonders nervenreicher Organe), Metastasen, Reizung des Magens oder Darmcanals (z. B. durch Würmer), anhaltende Ruhe oder zu starke Bewegung, specifisch wirkende Mittel (Ve­ratrum, Strychnos), Leidenschaften (Furcht, Schreck) u. dgl.
Prognose: nach dem Grade und der Dauer des Leidens; meist bedenklich.
Therapie: neben Entfernung der Ursachen Mittel, die die erhöhte Empfindlichkeit herab-, die veränderte umstimmen; sogenannte krampfstillende Mittel (Amfoetida, Zinkoxyd, Aether,
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Schielen.
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Chloroform, Valeriana, Chamillen), narcotische oder Reizmittel, vorzugsweise aber die ahleitende Methode.
A. Krampf oder Zuckung einzelner Muskeln oder
Glieder. (Spasmus, Convulsio.) Fälle dieser Art werden nicht so selten beobachtet, ob­gleich über ihre Entstehung wenig oder nichts Zuverlässiges zu erheben ist.
a) Krampf der Augenmuskel. Schielen. (Strabismus.)
Es wird, besonders bei edlen Pferden, ferner bei solchen, welche an Hirnentzündung gelitten hatten, manchmal beobachtet. Loiset in Toul. 1841, Maury bei einem Maulthier, ebd. 1853, bei beiden links; IJafosse nach einem Schlag auf den Kopf [ebd.J; Scholar mit verzogener Pupille [G. amp;H. 1856, Suppl.J; Eletti, Krampf der Augenmuskel, als Anfall blos während der Arbeit, einige Minuten dauernd (Mail. ÖL)
5) Krampf der Füsse.
Ein alter Hengst, englisch-arabischer Abkunft, bekam im Sommer 1836 beim Vorführen plötzlich einen Krampf in dem linken Hinterfuss, wodurch er denselben hinten hinauszustrecken und etliche Schritte weit auf drei Füssen zu hüpfen gezwungen war; von da an wiederholte sich das üebel fast jedesmal, so oft das Thier aus der Ruhe in Bewegung gesetzt wurde.
Ein ungarischer Beschälhengst, Inkey, bekam öfters im Stalle eine solche krampfhafte Contraction der Füsse, dass er zusammenstürzte und sich manchmal (z. B. am Auge) verletzte; diese Anfälle kamen zu Zeiten 2—3mal in einem Tage, setz­ten aber auch Wochen und Monate lang aus. Krampf bei einem Pferde mit Aufregung und anhaltendem Reiz zum Harnen: Klin. von Stuttgart, Rep. XVI.
Rossignol beschreibt zwei Fälle von Krampf des Hinterfasses, welcher mehrere Stunden anhielt, und durch Antreiben des Thiers mit der Peitsche, Einreibungen mit Terpentinöl, Frottiren der Schenkel geheilt wurde (Lyon 1848); Schaak, 2 Fälle von 3 und 6 Tage anhaltendem Krampf des Hin­terschenkels (Lyon 1850); Farravicini, electrische (stossende) Krämpfe vom Schwanz auf die Hinterfüsse übergehend, Tod nach 13 Stunden (Mail. II.); Bell, KrampfzufäUe an den Äugen, Nackenmuskeln, Yorderfüssen, electri-schem Stosse gleichend, bei Kühen, bebandelt mit Chlorwasser, Belladonna-
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Krämpfe.
Extract (Rep. XYII.); Rückcrt beobachtete ein Pferd, das 3/t Jahre lang an periodischen Krämpfen blos der rechten Körperhälfte litt; die Anfälle dauerten 10—15 Minuten nnd wiederholten sich in den letzten Lebenstagen 8—lOmal des Tags; der Kopf wurde nach der rechten Seite gedreht, das rechte Ohr hin und her bewegt, das rechte Auge herrorgetrieben, die Muskeln hart und steif. Die Section zeigte neben Zeichen der Entzündung des Hirns und Rückenmarks, eine Erweichung der rechten Hirnhälfte (Meklenb. 1847). Einseitige Zuckungen bei einem halbjährigen Füllen mit Ausrenkung der Knie­scheibe sah Tombs (Vet. 1842). Halbseitiger Krampf bei einem Pferde, durch Cbamillen und Opium geheilt von Renggli (Schw. X.); ähnlicher Fall bei einem Zebra, Dekker (Hell. 1853). Grosskopf, periodisches, krampf­haftes Aufheben der Vorderfüsse bei einem Pferde (G. amp; H. 1850).
c) Convulsionen, Gichter.
Bei jungen, zahnenden Hunden sieht man öfter Verdrehen der Augen, Zucken mit dem Kiefer, Schäumen und Speicheln, wahrscheinlich mit Bewusstlosigkeit während des Anfalls (den Gichtern der Kinder ganz ähnlich); seltener bei älteren Hun­den, von Würmern oder unterdrückten Secretionen (z. B. der Milch, vgl. die Mania puerperalis); öfters ist anhaltendes Schreien und Winseln damit verbunden.
Bei den Ferkeln werden dergleichen Convulsionen ebenfalls nicht selten beobachtet; Appetitlosigkeit, Zittern, bewusstloses Laufen im Kreise, Schäumen und Speichein, Zähneknirschen, Zuckupgen am Körper begleiten den Anfall, der in etlichen Minuten vorübergeht, aber bald sich wiederholt; manche gehen plötzlich, mit einem Schrei zu Grunde. Ziller beschuldigt schnellen üebergaug von einem Futter (z.B. Branntweinschlempe) zu einem andern. Er empfiehlt Haarseile hinter den Ohren, innerlich Schwefelleber mit Rad. valerian, oder verdünnten Branntwein; auch Brechmittel, kalte Umschläge, Aderlass sind empfohlen; Andere rathen Bäder aus Mistjauche an. Die Katzen verfallen durch Bleivergiftung (bei Anstreichern und Lakirern) gerne in tödtliche ^Convulsionen; auch bei Rindvieh sind solche Fälle beobachtet..
d) Zittern. (Tremor.')
Schöngen beobachtete bei einer, übrigens nicht krank scheinenden Kuh so starkes Zähneklappern, dass man es ausser-halb des Stalls hören konnte. Wiederholte scharfe Einreibungen auf die Backen wurden angewendet; das Thier genass innerhalb 3 Wochen (rh. Vet.Ber. 1834).
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Herzklopfen.
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Tödtliche Krämpfe des Hinterkiefers sah Adamowicz bei Hunden von Bandwürmern (?) entstehen.
Zittern der Muskeln ist theils symptomatisch (im Beginne der Fieber, wenn es sich wiederholt im weitern Verlaufe der­selben gewöhnlich ein übles Zeichen), theils von Angst und dergleichen abhängig.
e) Herzklopfen. (Palpitatio cordis.)
Ein heftiges Klopfen im Körper, gleichzeitig mit dem Pulse, habe ich öfter bei Pferden wahrgenommen:
1)nbsp; nbsp;Im Mai 1839 bei einem Pferde, das schnell und be­schwerlich athmete, der Puls war 70, die Fresslust gering, etwas Unruhe, kein Durst u. s. w.; im Körper sah und fühlte man ein heftiges Klopfen, das den Tact des Pulses hielt; der Herzschlag war an der gewöhnlichen Stelle, jedoch nicht po­chend zu fühlen; legte man die Hand auf die falschen Rippen oder den Rücken, überall konnte man das Klopfen sehr stark fühlen. Da das Thier sich einigemal zum Harnen anstellte, bekam es etliche Gaben Tartar, eniet. ohne Erfolg; sodann eine Gabe JExtr. hyosciam. des Abends. Am andern Morgen war das Klopfen verschwunden.
2)nbsp; nbsp;Der Beschälhengst Czack litt mehrmals an heftigem, von weitem sichtbarem Klopfen im Körper; es war gleichzeitig mit dem Pulse; die Fresslust war wechselnd, sonst nichts Krankhaftes zu bemerken. Digitalis nützte • nichts; Aloë und Crem, tart., überhaupt abführende Mittel, verminderten das Leiden, das sich jedoch erst nach einigen Wochen ganzquot; verlor. Dieser Hengst litt später einigemal an Colik und krepirte 1844 an einem eingeklemmten Bruch. Das Herz und die grossen Gefässe, das Zwerchfell u. s. w. waren nicht abnorm.
3)nbsp; nbsp;Im Nov. 1841 wurde ein, zuvor wegen eines andern (Hirn-) Leidens behandeltes Pferd geheilt zurückgegeben, be­kam aber zu Hause den folgenden Tag (vielleicht von der Haberfütternng) ein so heftiges Pochen im Körper, dass es durch die Decken sichtbar war; der Puls war nicht beschleu­nigt, der Herzschlag nicht stark fühlbar; dagegen schien ein Zucken des Zwerchfells damit verbunden, da das Thier stossend ausathmete; übrigens war es munter, frass u. s. w. Auf einige Pillen mit Asafoetida verlor sich das Pochen in zwei Tagen gänzlich. In späteren Fällen suchte ich durch Salze und Cly-
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636nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krämpfe.
stiere den Hinterleib zu entleeren, liess auch manchmal alle Arzneimittel weg, und die Herstellung fand in 12—24 Stunden statt. Bei einem Müllerpferde (1854) schien der Stoss deut­lich im Hinterleibe zu entstehen, er erschütterte den ganzen Körper, war aber in den Flanken und Bauchmuskeln am stärk­sten zu sehen; das Stossen war gleich schnell wie der Puls (52), setzte aber oft Minuten lange aus. Dass das Zwerchfell mitleide, schien daraus hervorzugehen, dass beim Ausathmen, in welches je 2 Stösse fielen, jeder derselben durch ein stärkeres Ausströmen der Luft etwas hörbar wurde.
Frehr beschreibt einen ähnlichen Fall (rh. Vet.Ber. 1837) und suchte den Grand davon in Blutanhäufung im Herzen und der hintarn Aorta; ebenso Berghuis nach Golik (Holl. 1851).
Fastey sah das Uebel bei einem Fahlen nach vorausgegangener Colik; auf Aderlass, Elystiere, innerlich Digitalis, folgte baldige Wiederherstellung. In England kommt dieses Leiden, besonders bei Vollblutpferden, häufiger vor; Cartwright und Andere beschreiben es als Krampf des Zwerchfells, wogegen das fast ohne Ausnahme mit dem Pulse gleichzeitige Pochen spricht, so dass, wann jener beschleunigt wird, dieses in gleicher Proportion zunimmt. Bei der Section wurde meist entweder gar nichts Auffallendes oder aber nicht mit den Leiden in Verbindung stehende Veränderungen (z. B. Mageuzerreissung, Intussusception des Dünndarms u. dgl.) gefunden (Vet. 1842); Sanson gibt Herzentzündung an; Anker in Bern sah in zwei Fällen neben den Zeichen der Brustentzündung, bei der Section auch Entzündung am Zwerchfell. Nar­cotische Mittel (besonders Digitalis) sind mit Vorsicht anzuwenden.
Goubaux hat, um die Ursache des Stosses kennen zu lernen, den Arm in die Brusthöhle hineingebracht und sich über­zeugt (?), dass das Zucken vom Zwerchfell ausgehe; Delafond fand auf die gleiche Weise nichts Abnonnes am Zwerchfell, behauptet dagegen,'die Bauchmuskel zucken; Bouley hält es für eine Neurose des Herzens (Rec. 1851); Lafosse unter­suchte gleichzeitig die Stösse, den Herzschlag und den Puls, und fand sie ganz übereinstimmend; das Athmen war normal; er ist für Herzklopfen.
Die Ursache dieser auffallenden Krankheit kann, da sie meist rasch und oft von selbst vorübergeht, nicht in einem organischen Fehler des Heizens oder der Aorta bestehen, auch deutet im Leben nichts auf einen Congestions- oder Entzün­dungszustand; es liegt also derselben wahrscheinlich eine nervöse Störung zu Grunde.
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Schluchzen.
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/) Schluchzen.
Das Schluchzen beruht auf einer krampfhaften Contraction des Zwerchfells, die tactförmig (übrigens nicht gleichzeitig mit dem Pulse) sich wiederholt; man hat dasselbe als ein Symptom der Zwerchfellentziindung angeführt. Jedenfalls ist es bei Thie-ren kein constantes, sondern seltenes Symptom.
Börner führt es an bei einer tödtlichen Zwerchfellentzündung., Leise­ring bei einem Zwerchfellriss (G. amp; H. 1854), der Zürcher Med. Bericht von 1852. Renggli sah bei einem Pferde nach Erkältung Zucken an der In-sertionsstelle des Zwerchfells; zugleich Zittern der Brustwand; in 2 Stunden ging der Anfall vorüber. Würz beschreibt Schluchzen, nach kaltem Tranke, besonders heftig während eines Colikanfalls (Rep. XIV.); Bamoser sah es periodisch am 5. oder 6. Tage wiederkehren, es dauerte jedesmal von Mor­gens bis Abends, und hörte auf während dem Laufen des Pferds (Mch. J.B. 1853). Es ist wahrscheinlich, dass vorstehendes Herzklopfen manchmal für Schluchzen genommen wurde, es kann auch wohl die Neurose des Herzens sich auf das Zwerchfell erstreckt haben, oder umgekehrt.
g) Brustkrampf. (Asthma spasmodicum.)
Bei einem stark gebrauchten Pferd beobachtete ich zwei­mal einen sehr schnell entstandenen Anfall von sehr beschleu­nigtem und beschwerlichem Athmen; das Thier war sehr traurig, ohne Appetit u. s. w., aber der Puls fast auf der normalen Zahl. Eine üeberfüllung des Darmcanals vermuthend, wurden Salze und ausleerende Mittel gegeben, aber ohne Erfolg; dagegen verschwand das Leiden auf einige Gaben Eastr. hyosc. schnell.
Einige später vorgekommene ganz ähnliche Fälle wurden durch krampfstillende Mittel schnell beseitigt.
Delwart und Ringoot beobachteten ein Pferd, das einer Ohnmacht ähnliche Zufälle mit Aufhören des Pulses und Athmens, Bewusstlosigkeit u.s. w. zeigte, sobald es geniithigt wurde, eine kleine Strecke weit zu traben. Die versuchten Mittel brachten wenig Nutzen, doch erholte sich das Thier nach längerer Zeit (Belg. 1846). Es scheint dieser Zustand eher von einem Feh­ler der Blutcirculation (Obliteration einer Arterie) als von Brustkrampf abge­hangen zu haben. Dagegen beschreibt Dob son einen Fall von Krampf der Stimmritze mit Erstickungszufällen, bei einem Pferde (Vet. 1856). Messe machte gegen einen Krampf des Schlunds mit Oysphagie, wobei der Schlund sich wie ein Strang anfühlte, den Schlundscbnitt, und laquo;teilte dadurch das Pferd her (Toni. 1850).
A) Krampfhusten der Hunde. (Tussis convulsivaï)
Diese Krankheit besteht in periodischen Anfallen eines heftigen, rauhen und schmerzhaften Hustens; sie dauern '/j bis
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Krämpfe.
mehrere Minuten und gehen in Würgen, Neigung zum Erbrechen oder wirkliches Erbrechen aus; nach dem Anfall ist das Thier zwar etwas matt, allein scheinbar gesund.
Der Krampfhusten der Hunde kommt in manchen Jahren sehr häufig (fast epizootisch), in andern fast gar nicht vor; er dauert unbestimmte Zeit, gewöhnlich Monate lang, und ist sich selbst überlassen bald heftiger, bald gelinder, J£ nach der Wit­terung und dem Verhalten des Thiers. Kälte und besonders Nässe verschlimmern den Zustand oder führen bei kürzlich ge­heilten Thieren Recidive herbei.
Die Section zeigt keine organische Veränderung an der Lunge u. s. w., ich fand sie blos aussen und innen schwarz gedüpfelt, die Bronchialdrüsen waren aufgetrieben und ebenfalls schwarz, wie gewöhnlich bei alten Hunden; es ist übrigens sel­ten, dass ein Hund dem Krampfhusten unterliegt.
Die Ursachen sind nicht genau bekannt; nasskalte Witte­rung mag als Gelegenheitsursache wirken, für sich aber nicht hinreichen, die Krankheit hervorzubringen, da diese oft lange Zeit ausbleibt.
Die Behandlung erfordert trockenes, warmes Verhalten des Thiers; innerlich krampfstillende Mittel, z. B. kleine Gaben von Ipecacuanha, Nicotiana, Eoctr. hyosc. oder belladonnae mit Svlphur. aurat. Als Vehikel bei Pulverform Sachar. lact; bei flüssiger Form ein Decoct Altheae oder Stip. dulcamar. In sehr hartnäckigen Fällen hilft manchmal eine schwache Auf­lösung von salpetersaurem Silber.
i) Blasenkrampf. {Spasmus colli vesicae urinariae.)
Rychner führt diese Krankheitsform als eine Neuralgie des Nieren- und Beckengeflechts an und sagt, sie heisse auch Nieren- oder Blasencolik.
Harnverhaltung ohne mechanisches Hinderniss der Excre­tion wird meist als krampfhaft ausgesprochen, um so mehr, als sie durch dieselben Ursachen, wie gewöhnliche Colik (Erkältung n. dgl.) veranlasst wird (vgl. Harnverhaltung S. 250).
Der Krampf des Magens, Darmcanals (Krampfcolik) ist bei den Krank­heiten der Yerdauung angeführt; die krampfhaften Contractionen des Frucht­halters bei der Geburt (Wehen) sind eigentlich heilsam oder nothwendig (s. bei Krankh. der IV. Klasse).
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Lähme.
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_. B. Lähme. (Tetanus pullorum, s. lactantium.)
Krampfhaftes Zusammenziehen einzelner Muskelparthieen, -in Lähmung (Paralyse) ausgehend; meist zugleich mit einem gastrischen Leiden. Den säugenden Thieren eigen; unbestimm­ter, gewöhnlich sehr rascher Verlauf. Manchmal seuchenartig vorkommend.
Die Lähme steht in der Mitte zwischen Rheumatismus, Starrkrampf und Arthritis. Bei den Lämmern zeigt sie vor­herrschend den nervösen, krampfartigen Character; bei den Kälbern und Füllen mehr den rheumatischen und das Knochen­leiden ; bei den Füllen kommt die Störung der Verdauung (Durchfall) beinahe constant hinzu.
Roll hat die (krampfhafte) Lämmerlähme unter den Krankheiten des Bückenmarks (neben dem Starrkrampf), die arthritische Form beim Kalbe, Füllen und Lamme unter den Krankheiten der Bewegungsorgane. Heusinger will die Krankheit statt arthritisch — als scrophulos bezeichnen.
a) Lähme der Lämmer.
Literatur: Monteton (1833), Haubner (1840), Kuers (1840), Egan, Engelbrecht (in Kuers Mag. I.); Baumann (in C. Ztg. 1846), Ma­ner (im Rep. IX.), Cauvet (Toul. 1854).
Sie kommt unter zwei Formen vor, der spasmodischen und der arthritischen. Zuerst ist 1) die spasmodische oder krampfartige Form anzuführen {Tetanus agnorum Ad.). .
Symptome. Die Krankheit befällt Lämmer in den ersten Monaten ihres Lebens, theils ohne Vorboten, theils nachdem Zeichen von Mattigkeit, Widerwillen gegen Bewegung u. s. w. einige Tage vorausgegangen sind. Der Eintritt der Krankheit gibt sich durch steifen, gespannten Gang, Krümmung dés Rü­ckens, Krampf des Halses (seltener der Kiefer) oder der Füsse zu erkennen; die vom Krampf befallenen Theile sind schwer beweglich, oft verdreht, hindern das Thier am Gehen (es rutscht auf den Knieën, liegt viel) und am Saugen. Der Zustand des Gefasssystems nähert sich öfters dem entzündlichen; bei sehr jungen oder schwächlichen Thieren ist dagegen gleich von vorne herein der Schwächezustand deutlich; ein Fieber (wie Störig angibt) habe ich nicht wahrnehmen können. Im Anfange der Krankheit ist Verstopfung zugegen, später stellt sich Durchfall ein. Im weitern Verlaufe verbreitet sich der Krampf von den ursprünglich befallenen Theilen auf benachbarte; das junge Thier
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Krämpfe.
bleibt fortwährend bald unbeweglich, bald von Zuckungen be­fallen, liegen (das unten befindliche Auge wird von der Streu nicht selten entzündet und selbst zerstört), es gesellt sich Zähneknirschen und Durchfall hinzu, und es endet an Lähmung oft schon in den ersten Tagen der Krankheit, oft erst nach 8—14 Tagen; hie und da zieht sich das Leiden selbst auf mehrere Wochen hinaus und tödtet durch Abzehrung.
Im günstigem Falle erholt sich das Thier fast eben so schnell, als es erkrankte; manchmal bleibt aber längere Zeit eine Steifigkeit der Glieder zurück, die Muskeln schwinden und es folgt Atrophie.
Die Section zeigt gelblichen Ergnss unter der Haut (wahrscheinlich vom Liegen), die Schleimhaut des Darmcanals und besonders des Laabmagens schmutzig geröthet, die Leber mürbe u. s. w., jedoch nicht constant; ich fand meist die Ein­geweide sehr blutleer und das Rückenmark nicht verändert.
Ursachen: Eine besondere Anlage zur Lähme haben die saugenden Thiere, da sie nur sehr selten bei solchen vorkommt, die schon abgesetzt sind. Man sieht daher fehlerhafte Beschaffen­heit der Milch als eine der Ursachen der Lähme an, und be­schuldigt hauptsächlich zu starke oder substantielle Fütterung der Mutterthiere, insbesondere mit rothem Klee (Trifolium pratense), während Wiesenheu unschädlich sein soll; auch die Ungleichheit der Fütterung vor und nach dem Lammen scheint nachtheilig zu sein, mehr jedoch das Verabreichen von Brannt­weinschlempe und Kartoffeln an die Mutterschafe; daher sieht man die Krankheit nicht selten in Schäfereien, die im Uebrigen sorgfältig gehalten werden. Dass von zu alten oder kränklichen Müttern abstammende oder überhaupt schwächliche Lämmer der Lähme mehr ausgesetzt sind, wird ebenfalls behauptet.
Ein zweites wesentliches Moment ist Erkältung; man sieht daher die Lähme oft plötzlich in einer Heerde entstehen und in wenigen Tagen einen grossen Theil der Lämmer erkranken; die Monate Februar, März und April sind es hauptsächlich, in denen die Krankheit vorkommt; das Austreiben der jungen Thiere aus einem warmen Stall, der Aufenthalt auf einer win­digen Waide oder nahe bei der Thüre des Stalls, die Erkäl­tung des Euters der sängenden Mutterschafe u. s. w. führen die ersten Erkrankungen herbei. Bei dem seuchenhaften Er­scheinen der Lähme nimmt man allgemeiner verbreitete, atmo-
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Lähme.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 641
sphärische Einflüsse an (ähnlich denen, die rheumatische Krank­heiten überhaupt hervorrufen).
Prognose: bedenklich, da besonders sehr junge Thiere, wenn sie am Saugen gehindert sind, schon nach 1—2 Tagen in tödtliche Schwäche verfallen, ausserdem die äussern Ver­hältnisse nicht immer erlauben, die Veranlassung zu vermeiden.
Behandlung: Entfernung der Ursachen, durch Aenderung in der Fütterung, Abhaltung des Luftzugs, Vermeidung von Er­kältungen auf der Waide u. s. w. Von eigentlichen Heilmitteln werden anfangs abführende Salze, Klystiere u. dgl., innerlich Schwefel mit Rhabarber, Brechweinstein in einem Chamillen-Infusum empfohlen; ferner kalte Sturzbäder oder Douche, etliche Minuten lang fortgesetzt, bis die Thiere schaudern, sodann Ein­hüllen derselben in warme Decken oder in Streu; Einreibungen der vom Krampf befallenen Gliedmassen mit Branntwein u. dgl., selbst Brennen; Eiterbänder. Von den Begiessungen habe ich wenig Erfolg gesehen, dagegen einen sehr günstigen von Antim. crud. in Butter. Das Lamm bekommt etwa */raquo; Unze Antim. pulv. mit Yj — 1 Unze Butter genau vermengt; die Gabe wird innerhalb 24 Stunden noch 1—2nial repetirt; nach 24—36 Stunden tritt Laxiren ein, bald darauf geht der Spiessglanz wieder ab, was man an dem metallschwarzen Mist sieht, und die Besserung tritt ein; dem Mutterthier wird zu gleicher Zeit eine Dosis (2—4 Unzen) Glaubersalz gereicht. Kuers räth im Anfang der Krankheit (neben dem Spiessglanz) an jedem Fuss ein Eiterband zu ziehen.
Wo die Lähme häufig vorkommt oder in der Localität ge­gründet ist, wird man wohl thun, die Lammzeit so zu richten, dass die Lämmer entweder im Frühjahr schon erstarkt sind,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ;
oder erst nach Ostern fallen. (Sommerlammen).
2) Die arthritische Form der Lämmerlähme (Ar-throcace agniculorum, ungarische Gelonkseuche Ad., Gelenk­krankheit, Knochenkrankheit) äussert sich sehr verschieden von der zuerst betrachteten Form, kommt aber gleichzeitig mit ihr von derselben Ursache und ebenfalls blos bei Sauglämmern vor. Ein allgemeines, fieberhaftes Leiden begleitet gewöhnlich diese Form, deren wesentlichste Erscheinung in der meist schnellen Bildung sehr schmerzhafter, gespannter, entzündlicher Ge­schwülste in der Nähe der Gelenke, an den Gliedmassen, be­steht. Eine Entzündung der das Gelenk bildenden Theile, ver-
Horing, Pathologie,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;41
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642nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krämpfe.
mehrte Absonderung der Synovia, Auftreibung der Knochenenden u. s. w. liegen der Geschwulst zu Grunde. Hinken, beschwer­licher Gang, Steifigkeit der Glieder, Nasenausfluss, Verstopfung oder Durchfall, später grosse Schwäche, Convulsionen u. s. w. begleiten den weitern Verlauf des Uebels, das gewöhnlich inner­halb 14—21 Tagen tödtlich endet; wo die Geschwülste schnell verschwinden, oder sich nicht gehörig ausbilden, ist meist schnel­ler Tod die Folge; sie erscheinen somit als eine (nicht günstige) Krisis eines allgemeinen Leidens. Manchmal wechselt die Ge­schwulst ihren Sitz; ihr Aufbrechen hat Beinfrass zur Folge.
Bei der Section findet man die Zeichen des vorhandenen Entzündungszustandes an den Eingeweiden; die Geschwülste mit gelblichem Wasser, oder mit eiteriger und jaucheartiger Flüssigkeit gefüllt, die Gelenkflächen angefressen u. s. w.
Ursache: wie bei der eigentlichen oder krampfartigen Lähme.
Prognose: ungünstiger als bei der spasmodischen Form, da selbst die durchgeseuchten Thiere meist verkümmern.
Behandlung: innerlich entzündungswidrig (Salze, Salpe­ter) und diaphoretisch (Hollunderblüthe, Brechweinstein, Sal­miak); örtlich: kalte Umschläge von Essig und Wasser, oder Quecksilbersalbe für den Anfang, später mehr reizende Bähun­gen (aromatische Aufgüsse), oder besser Einreibungen von Terpentinöl, Lorbeeröl, scharfe Salbe.
Einen geringeren Grad van Lähme, vielmehr einen Rheumatismus der Gliedmassen, der sich indessen manchmal bis zum Krampf oder zur Paralyse steigert, und hauptsächlich Lämmer, seltener ältere Thiere befällt, hat man Steife oder Steifigkeit genannt. Sie ist nahe mit der krampfhaften Lähme verwandt und erfordert im Ganzen dieselbe Heilmethode.
b) Lähme der Füllen. (Arthrocace pullorum equinorum. Ad.)
Literatur: Strauss (1831), Traeger (1839), Noll (im Rep. L), Roupp (in Rec. 1825), Renard (ebd. 1828), Darreau (ebd. 1842), Anker (Schw.), Jacob (Lyon 1850), Schön gen (G. amp; H. 1856, Snppl.).
Sie erscheint unter der arthritischen Form, d. h. mit Ge­lenkgeschwülsten, und steht meist in innigem Zusammenhang mit der Diarrhöe und Darrsucht der Füllen (vgl. S. 79), so dass die in der Nähe der Gelenke entstehenden Anschwellungen als eine Ablagerung des KrankheitsstoflFes angesehen werden können.
Symptome. Die Lähme befallt Füllen im ersten Alter, besonders solche von veredelter Zucht. Neben dem bei der Darrsucht beschriebenen Leiden der Verdauung und JJlutbe-
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Lahme.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 643
reitung entstehen plötzlich Geschwülste, oft von bedeutendem Uinfange, am Hinterknie, dem Buge, dem Vorderknie und Sprunggelenk, den Fesseln u. s. w.; sie sind schmerzhaft, heiss, gespannt, manchmal fluctuirend. Oeffnet man sie gleich anfangs, so entleert sich zuerst eine der Lymphe oder verdünnter Sy­novia ähnliche Flüssigkeit, später enthalten sie übelbeschaffene Jauche. Der,Schmerz erregt nicht selten Fieber, der Appetit ist gering, die Thiere liegen viel, hinken stark beim Gehen, schwanken mit dem Hintertheil und verfallen in Abzehrung, Viele derselben gehen oft schon in wenigen Tagen, andere erst nach mehreren Wochen zu Grunde; die übrigen erholen sich langsam und behalten nicht selten aufgetriebene Gelenke für immer. Darreau beobachtete die Krankheit häufig im Departe­ment de l'Eure bei Füllen von der Geburt bis zu 1—4 Monaten, die Entzündung der Gelenke führte schon in 12—20 Tagen Eiterung herbei, in manchen Fällen aber erfolgte der Tod schon nach 1—2 Tagen; Abscesse in den Muskeln und das Herum­ziehen des Leidens betrachtet er als weniger schlimm.
Bei der Section findet man ausser den Zeichen des in­neren Leidens die Knochen des kranken Gelenks aufgelockert, die Ueberzugsknorpel der Gelenkflächen angegriffen, die Synovia röthlich, flockig, in den umgebenden Weichtheilen Eiterung und Brand.
Die Ursachen sind dieselben, welche bei der Darrsucht angegeben wurden; die starke Haberfütterung der Mutterstuten kurz vor dem Abfohlen scheint nicht ohne Grund beschuldigt zu werden, weniger das Zurückbleiben von Meconium in den neugebornen Füllen. Erkältung, sei es in Zugluft oder in nass­kalten Ställen ohne genügende trockene Streu, gehört zu den Hauplveranlassungen der Füllenlähme.
Die Prognose ist meist ungünstig zu stellen.
Die Behandlung des allgemeinen Zustands ist am an­geführten Orte nachzusehen; wenn man vor dem Eintritt der Eiterung Laxiren zu Stande bringt (durch Natr. sulphuric, zu 2—3 Unzen nöthigenfalls mit ll2—2 Dr. Aloë) scheint das locale Leiden in seiner weitern Entwicklung gehemmt zu wer­den; Aderlässe und Salpeter u. s. w. werden nur bei besonders kräftigen Füllen und im Anfange der Krankheit, nicht aber wie Traeger angibt, überhaupt am Platze sein. Die geschwollenen Gelenke werden nach Strauss anfangs anhaltend mit Umschlä-
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644nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krämpfe.
gen von kaltem Wasser behandelt; an den tiefer gelegenen Gelenken (Hüfte, Bug) ist jedoch eine Einreibung von scharfer Salbe vorzuziehen. Andere rathen, die Anschwellung mit Cha-millen-, Pfeffermünz-, Bilsenkrautabkochungen zu bähen, des Abends mit Camphorliniment einzureiben; wenn die Entzündung nachlässt und die Geschwulst sich schwappend anfühlt, sie an­zustechen und die Wunde nachher mit balsamischen Mitteln zu heilen. Die Oeffnung der Gelenke ist jedoch, sei sie durch Aufbrechen oder durch Stich zu Stande gekommen, immer ge­fahrlich und somit möglichst zu vermeiden. Zurückbleibende Verhärtung der Weichtheile kann man durch fortgesetzte Ein­reibung von Quecksilbersalbe, später Jodsalbe, oder durch revel-lirende Mittel, wie Cantharidensalbe, und Brennen zu beseitigen versuchen. Wo die Knochen cariös geworden sind, ist keine Hoffnung, das Thier brauchbar zu erhalten.
Ich habe die Lahme unter den Saugfüllen eines Gestüts, mehrere Jahre hintereinander und selbst in dem ausgezeichneten -warmen Sommer 1857, grosse Verluste anrichten gesehen. Die in den Monaten Februar bis Mai gebornen Füllen wurden meist sehr frühzeitig (von 1—14 Tagen nach der Geburt) befallen, die später erkrankten erreichten ein Alter bis zu 8—12 Wochen. Die Formen der Lähme waren bald Durchfall und Darmentzündung, bald Gelenksleiden, im Sommer 1857 aber sehr häufig Verdichtung und Eiter­knoten in der Lunge, wie bei Pyämie, ohne alle Affection der Gelenke; ausserdem kam gleichzeitig mit dieser Form einigemal Darminvagination, Drüsenanschwellung im Gekröse, Exsudat in dem Augapfel vor; das Blut war bei allen dunkel, flüssig, syrupähulich. Dass in diätetischer Hinsicht alles Mögliche vorgekehrt wurde, mag daraus hervorgehen, dass im Jahr 1856—57 bei sämmtlichen erwachsenen (90—100) Stuten und (140) Hengsten kein Todesfall vorgekommen ist.
c) Lähme der Kälber. (Arthrocace mtulorum.)
Sie ist wie die Füllenlähme mehr arthritischer Natur, aber weniger bekannt als diese, obgleich keine neue Krankheit.
(Wirth beschreibt dieselbe im Schw. Archiv IV, er nennt sie wandernde, schnell verlaufende Gicht der Kälber.)
Symptome. Kälber bis zu sechs Wochen werden schnell von einer oder mehreren Geschwülsten vorzugsweise in der Nähe der Gelenke befallen; der damit verbundene Schmerz hindert das Gehen und Stehen, daher die jungen Thiere meist liegen. Mangel an Appetit, Verstopfung oder Durchfall, beschleunigter Puls, pochender Herzschlag, Steifigkeit der Glieder, geringe Temperatur der Haut, beschwerliches Athmen, Röthung der
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Starrkrampf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;645
Nasenschleimhaut, Thränen der Augen, Abstumpfung der Sinne u._s. w. bezeichnen den begleitenden inneren Krankheitszustand, der jedoch in manchen Fällen auch fehlt. Die Geschwülste verändern manchmal ihren Sitz oder verschwinden schnell; das Letztere pflegt tödtllch zu sein. Im günstigeren Falle kann die Gesundheit schnell zurückkehren. Abweichend von dem, was bei Füllen und Lämmern beobachtet wird, öffnen und ent­leeren sich die Geschwülste nicht selten ohne Nachtheil; die Wunde heilt bald. Die Dauer der Krankheit erstreckt sich von einigen bis auf 14 Tage.
Die Section zeigt Entzündung verschiedener Eingeweide, z. B. der Lunge, des Darmcanals, der Milz oder Nieren, des Netzes u. s. w.; die Geschwülste enthalten eine gelbliche Lymphe; sowohl die Gelenkschmiere als die Flüssigkeit der benachbarten Sehnenscheiden ist vermehrt.
Ursachen: neben der durch das Alter bedingten Anlage hauptsächlich schlechtes Futter der Kühe, Entziehung der ersten Milch, und besonders Erkältung jeder Art, Verhütung durch Vermeldung der Ursachen, während und nach der Trächtigkeit. Man hat bemerkt, dass in Ställen, wo die Lungenseuche herrschte oder geimpft worden war, die Kälber von der Lähme befallen wurden.
Therapie: innerlich anfangs eine Mischung von Schwe­fel, Magnesia und Glaubersalz; später Chamilleninfusum mit Zusatz von etwas Weingeist ('/i — 1 Loth), oder Hoffmanns-liquor ('^ — 1 Dr.); Andere ziehen vor, einige Gran Camphor und Salzsäure (zu 20—30 Tropfen) beizusetzen. Die Anschwel­lungen werden mit Terpentinöl, Cantharidentinctur und der­gleichen eingerieben.
C. Starrkrampf. (Tetanus.)
(Hundskrampf, Hirschkrankheit, Klemme, Maulsperre.)
Literatur: Waldinger (spec. Ther. 1813), Bohlmann (1821), C. Viborg (in Vet. Skr. II.), Hayne (in österr. Jahrb. 1843), viele einzelne Fälle in den Zeitschriften; eine Discussion über diese Krankheit in der Brüs­seler Soc. veter. s. in Belg. 1845.
Eine unwillkürliche, anhaltende Zusammenziehung einzelner Muskelparthieen, besonders der Streckmuskeln der Gliedmassen, der Wirbelsäule und der Kaumuskeln, daher ünbeweglichkeit
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Krämpfe.
I
dieser Theile; fieberlos oder consensuell fieberhaft; acuter Ver­lauf; bei allen Hausthieren.
Man beobachtet den Starrkrampf am häufigsten bei Pfer­den, obgleich er auch bei diesen zu den seltenen Krankheiten gehört. Nach Haubner soll er bei Wiederkäuern und dem Schweine keineswegs so selten vorkommen, als man bisher annahm. Ryebner sah idiopathischen Starrkrampf nur einmal bei einem Ochsen, und aus dem Kalbefieber entstanden bei einigen Kühen. Mir kam er, ausser bei Pferden und Fohlen, bei Hunden, Wid­dern, Lämmern, Kühen und Ziegen vor. Die Beobachtung, dass Starrkrampf zu gewissen Zeiten auffallend häufig ist, zu andern wieder ganz fehlt (wie schon Waldinger bemerkt hat), lässt auf ein zu gewissen Zeiten allgemeiner verbreitetes, dazu dis-ponirendes Moment schliessen (vgl. Hertwig, J.B. von 1837 und 1838). Geschlecht und Alter haben keinen Einfluss auf diese Krankheit, die übrigens in den wärmeren Ländern häufiger vorkommt als in den kalten, auch daselbst Esel und Maulthiere öfter befällt als Pferde.
Symptome. Pferde, die vom Starrkrampf befallen sind, stehen mit weit auseinandergestellten Füssen, gerade ausge­strecktem oder etwas zurückgebogenem (Hirsch-) Halse, den Kopf aufgerichtet, den Schweif vom Körper abgestreckt, oft etwas nach einer Seite gebogen, zitternd. Tscheulin ver­gleicht das ganze Thier mit einem Sägebock. Das Gehen ist sehr beschwerlich, weil die Füsse steif sind; die Thiere liegen selten oder gar nicht; das Kauen ist schwierig, oder ganz un­möglich, da die Kiefer fest geschlossen sind. Die ergriffenen Muskelparthien fühlen sich gespannt, hart, holzähnlich an, das Auge ist zurückgezogen, die Blinzhaut desshalb stärker sichtbar, sie tritt ganz hervor, wenn der Kopf des Thiers in die Höhe gehalten wird (wie zum Einschütten); die Zunge ist hart, wie geschwollen, oft zwischen die Laden geklemmt; Schleim und Speichel fliessen aus dem Maule, weil das Schlucken beschwer­lich ist; der Appetit fehlt nicht, aber er kann nicht befriedigt werden; anfangs ist das Kauen nur schwierig, es fällt viel Futter aus dein Maul, später ist es unmöglich; das Saufen geht noch längere Zeit vor sich, die Thiere halten daher gerne das Maul tief in das Wasser, von dem sie jedoch wenig hin­unterbringen; Mist und Harn gehen selten ab; ersterer klein geballt, letzterer entweder wasserhell oder aber sehr dunkel.
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Starrkrampf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;647
beinahe wie blutig; die Haut ist hart, trocken; der Kreislauf leidet anfangs und selbst oft 8—10 Tage lang nicht, der Puls ist ruhig, etwas gespannt, .später aber wird er weich und be­schleunigt; das Athmen wird durch den Krampf der Respira-rationsmuskel schon früher kurz, schnell (oft 60—80 in der Minute bei halbsoviel Pulsen), später röchelnd und beschwerlich. Die Nasenlöcher sind gewaltsam aufgesperrt, die Bauchmuskeln contrahirt. Das Bewusstsein scheint ungetrübt, der Ausdruck des Gesichts deutet Angst, aber keinen Schmerz an; die Thiere sind aber sehr reizbar und werden schon durch blose Annähe­rung oder Berührung aufgeregt (daher oft ihr Puls beschleunigt).
Die Krankheit tritt nicht plötzlich in ihrer ganzen Stärke auf; der Krampf fangt gewöhnlich an irgend einer Parthie (z. B. dem Hintertheil) an, und ergreift allmählig die übrigen; beginnt das Leiden vorne, so lässt die frühzeitig eintretende Maulsperre (Trismus) den Zustand leicht erkennen; geht da­gegen der Krampf vom Hintertheil aus, so wird die Krankheit gewöhnlich mehrere Tage übersehen, da die Thiere blos etwas krattlig gehen, aber regelmässig fressen; indessen ist das Zit­tern mit dem Schwänze gewöhnlich schon sehr frühe zu be­merken.
In einigen Fällen bedarf die Krankheit (besonders bei gutgenährten Thieren) nur 2—3 Tage, um ihre Höhe zu er­reichen, ja selbst tödtlich zu werden, in andern Fällen schreitet sie langsam voran und braucht 8—10 Tage, bis völlige Schlies­sung des Mauls eintritt. Der Zustand des Gefässsystems deutet sodann Schwäche an (mit Zersetzung der Säfte, die aus Mangel an Kahrung nicht erneuert werden), der Herzschlag wird pochend, der Puls sehr klein, es tritt Schweiss oder colliquativer Durch­fall ein, oder das Thier stürzt aus Schwäche zusammen und stirbt schnell an Erstickung. Im Moment des Todes kann es das Maul öffnen. Nach einer Dauer von 14 Tagen sah ich kein davon befallenes Thier verenden. Bei einem günstigem Ausgange lässt der Krampf etwa vom 10—14. Tage an nach, das Thier kann das Maul (welches nie vollständig geschlossen war) wieder mehr öffnen, der Puls bleibt ruhig u. s. w.; die Genesung geht aber sehr langsam voran, so dass das Thier selbst nach vier Wochen noch ziemlich steif und ungelenkig dasteht. Gesellt sich eine Lungenentzündung hinzu, was manch­mal geschieht, wenn das Thier vom Starrkrampf beinahe ge-
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Krämpfe.
#9632; II:
m ill
nesen ist, so geht es gewöhnlich doch noch zu Grunde. Auch Koller- und Lähmungssymptome kommen im Verlauf des Starr­krampfs vor.
Als Ursache solcher Lungenentzündungen habe ich das Eindringen von Futter in die Luftröhre erkannt, und durch die (sogleich ausgeführte) Tracheo-tomie ein solches Pferd gerettet.
Section: sie zeigt nichts Constantes oder Characteristi-sches; meist findet man ziemlich viel Serum in der Schädel-und Rückenmarkshöhle; die Häute des Hirns und des Rücken­marks blutreich, die Substanz desselben bald erweicht, bald härter oder gelblich; Zeichen der Entzündung oder Lähmung an den Lungen, dem Darmcanal; das Blut sehr dunkel, dick­flüssig; ausserdem locale Veränderungen, z. B. Verletzung der Bänder der Wirbelsäule, Beinfrass oder Exostosen an den Wir­beln, Röthung einzelner Nerven u. dgl. Manchmal, und besonders in sehr rasch verlaufenden Fällen, findet man nichts Erhebliches bei der Section.
Ursachen: ein nicht näher gekannter Zustand der Atmo­sphäre hat deutlichen Einfluss auf das Entstehen des Starr­krampfs; Feuchtigkeit und der electrische Zustand der Luft mögen dabei thätig sein. Ausserdem lassen sich die nächsten Ursachen des Starrkrampfs auf zflei zurückführen, nämlich auf Erkältung und auf Verletzung, daher man rheumatischen und Wundstarrkrampf zu unterscheiden pflegt. Ist Starrkrampf zu­gegen, ohne dass eine Verletzung aufzufinden oder erweislich vorausgegangen wäre, so nimmt man an, er sei durch Erkäl­tung hervorgebracht. Ist dagegen eine Verletzung, meist eine unbedeutende, aber an einer empfindlichen Stelle zugegen, so nimmt man jene als die Gelegenheitsursache des Starrkrampfs an; in beiden Fällen kann die Voraussetzung unrichtig sein. Der rheumatische Starrkrampf ist im Allgemeinen weniger ge­fährlich, der Wundstarrkrampf dagegen schlimmer; in letzterem scheint eine eigenthümliche Reizung eines (verletzten) Kerven-zweigs sich nach und nach bis zum Rückenmark verbreitet zu haben und dadurch den Krampf zu veranlassen; man bemerkt wenigstens, dass die verletzte Gliedmasse oder Parthie des Körpers zuerst ergriffen ist, und dass von ihr aus der Krampf weiter söhreitet. Daher kommt Starrkrampf manchmal nach dem Englisiren vor, wenn dabei die Seitennerven des Schweifs angeschnitten worden sind;, auch nach der Castration (beson-
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Starrkrampf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;g49
ders durch Ligatur oder mit Kluppen auf die Scheidenhaut), nach dem Coupiren, Eiterbandziehen, Trokariren, nach Sattel-und Geschirrdrücken, oder Gelenkwunden, am meisten aber nach Hufverletzungen (z. B. Stich beim Beschlagen, Vernageln u. dgl) sieht man Starrkrampf entstehen; manchmal sind keine änssern Verletzungen, dagegen Lungengeschwüre zugegen. Die Verletzung kann längere Zeit zuvor stattgefunden haben, selbst vernarbt sein und doch Loch Wundstarrkrampf zur Folge haben; Webb gibt als latente Periode des Starrkrampfs 14—20 Tage an, Mauclerc 3 Wochen. Ich habe ihn schon 2—3 Tage nach der Verwundung (beim Englisiren und Vernageln), aber auch erst nach vier Wochen (beim Coupiren) entstehen gesehen. Eine Erkältung des verletzten Thiers ist erweislich öfters dem Wundstarrkrampf vorausgegangen. Wilkinson zählt auf 24 Fälle 16 mit Verletzung, Hertwig bei 22 Fällen 7 mit Huf­verletzung und 2 nach dem Coupiren, die übrigen durch Er­kältung oder ohne nachweisbare Ursache erkrankt.
Prognose: so ungünstig, wie in wenigen Krankheiten. Hofacker gibt au, von 20 Pferden komme nur Eines durch; Waldinger dagegen sagt; von fünfen Eines; in seiner Auf­zählung aber hat er unter 65 Kranken nur 46 Todesfälle; Hertwig führt von 22 Kranken die Hälfte, Roll nimmt 10 Procent als geheilt an; Raconnot rettete durch verschiedene Behandlung von 23 nur 2; von 68 mir vorgekommenen Pfer­den sind 50 am Starrkrampf abgelebt, der Rest geheilt (in den letzten Jahren war das Verhältniss 9 todte, 7 geheilte). Bei sehr gutgenährten Thieren endet die Krankheit oft äusserst schnell tödtlich, bei mageren ist mehr Hoffnung.
Behandlung: sie wird. von verschiedenen Autoren sehr abweichend angegeben. Waldinger's Methode: Salpeter (zu 1 Unze pro dosi) mit Camphor (zu 1 Dr.) öfter hintereinander zu geben, dazu Salzklystiere, Einreibungen längs der Wirbel­säule mit Terpentinöl, Camphorliniment, scharfer Salbe u. dgl., scheint noch am meisten Hoffnung zu gewähren. Wird das Athmen sehr beengt, oder zeigen sich Symptome der Lungen­entzündung, so ist Aderlass am Platze (das Blut gerinnt ge­wöhnlich ohne viel Serum, aber auch ohne Faserstoff auszu­scheiden), zur Unterstützung der Cur dient möglichste Ver­meidung von Beunruhigung der Kranken, ein stiller, dunkler Stall, eine Hängegurte, für den Fall, dass dem Thier das Stehen
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Krämpfe.
zu schwer fiele (liegend krepirt es meist schnell); die verletzte Stelle ist nach Entfernung fremder Körper oder eines nach­theiligen Druckes auf die Wunde entweder mit dem glühenden Eisen zu brennen, oder nach umständen zu ätzen, sodann aber mit einem schmerzstillenden Breiumschlag zu bedecken. Ist ein Nerve erweislich verletzt (z. B. bei Englisiren), so muss derselbe unverzüglich ganz durchgeschnitten werden. Das Ab­schneiden des zu dem verletzten Theil gehenden Nervenasts (z. B. des Schienbeinnerven, N. plantaris, bei Hufverletzungen), i.st auch empfohlen worden; Her twig führt an, es sei in einem Falle günstig gewesen; ich habe es zweimal (vielleicht zu spät) ohne Erfolg angewendet. In neuerer Zeit hat Raconnot, welcher bei den an Starrkrampf leidenden Thieren zugleich in-termittirende Fieberanfälle beobachtet haben will, das Chinin versucht und fünf Pferde damit hergestellt (Journ. Lyon 1845, Rep. VIL).
Da das Hinabschlucken der Arzneimittel früher oder spä­ter sehr schwierig oder unmöglich wird, ist auf äussere Reize, auf Dampfbäder u. dgl. zu halten; auch kann durch Klystiere Arznei beigebracht werden. Das Brennen längs des Rückens (nach Brogniez mit dicken Eisenstäben) war einigemal von gutem Erfolg; auch das Scarificiren dieses Theils und nach-heriges Einreiben von scharfer Salbe. Manche empfehlen quot;Waschungen des Körpers mit Lauge, oder mit verdünnter Salzsäure, oder mit kaltem Wasser, Eisumschläge. Die Mei­nung, dass eine Entzündung des Rückenmarks zu Grunde liege (wogegen aber der ruhige Puls spricht), hat starke und wie­derholte Aderlässe (12 Pfd. jeden Tag) versuchen lassen; ich habe keinen günstigen Erfolg davon gesehen, ebensowenig von Blausäure, sowohl in Klystier beigebracht, als durch Infusion in die Venen; eine schnell vorübergehende Erschlaffung der krampftiaft gespannten Muskeln war die Folge; dasselbe findet bei der Anwendung des von Lafosse empfohlenen Cyancaliutn statt (Toul. 1845). Die Infusion von Nieswurzel-, Arnica- und Asafoetidatinctur empfahl Viborg. Die englischen Thierärzte wenden theils Opium in grossen Dosen (Vi—Unze) oft zu­gleich mit Camphor, Valeriana, Tabak, Ganabis indica, Bella­donna u. dgl., theils starke Purgirmittel neben äussern Reizen an; ebenso die französischen, die jedoch gerne Aderlässe, Dampfbäder u. s. w. mit der krampfstillenden Methode verbinden.
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Starrkrampf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 651
Tevenart heilte 5 Pferde durch wiederholte Aderlässe, Opium, Aconitextract und Brechweinstein (Lyon 1854), später durch Terpentinöl zu l Unze innerlich und als Klystier (1856). In der Lyoner Klin. wurde Camphor zu '/a—1 Unze des Tags mit Erfolg gegeben (1851). Bouley und Ledru führen drei Fälle von Heilung durch Aethernarcose an; in dem einen Falle wur­den in 19 Tagen 15 Litres Aether verbraucht (Ree. 1847, 1848). Unmittelbar nach der Narcose konnten die Thiere etwas fressen und saufen.
Dieses Verfahren ist in neuerer Zeit von mehreren Praktikern, jedoch auch mit ungleichem Erfolge, versucht worden; z. B. Brown (Chloroform zu l/, Unze als Klystier, Verbrauch 20 Unzen; Vet. 1851); Sebald, Aether, Heilung (Rep. XII.); Fabry, Aetherinhal., Verbrauch 6 Pfd., Heilung (Belg. 1853); Samson, desgl., Tod (Toul. 1853); Klinik. Brüssel, Aether, täglich i Pfd., 7 Tage, Heilung (Belg. 1854); Anginiard, Chloroform, Heilung (Rec. 1855). In Wien hatte die Narcose (nach Roll) nur ungünstige Resultate.
Tisserand heilte einen jungen, seit acht Tagen vom Starrkrampf befallenen Hengst durch die Castration; dasselbe hatte schon Taffanel (Rec. 1830) empfohlen, auch Prud-homme und Vallat (ebd. 1843, 1847) nachgeahmt; sie wirkte ohne Zweifel wie eine starke Ableitung. In 2 Fällen blieb mir dieses Verfahren ohne Erfolg.
Wo alle Mittel öfters fehlschlagen, hilft sich manchmal die Natur allein; ein werthloses Pferd mit ausgebildetem Starr­krampf überliess ich ganz seinem Schicksale, und es genas wie bei der sorgfältigsten Behandlung (ähnlicher Fall in Wien nach Roll S. 354).
Der Starrkrampf des erwachsenen Pferds macht gewöhnlich nicht, wie der des Menschen, Paroxysmen, in welchen der Körper theils nach hinten, theils nach vorne gebogen wird. Bei einem achttägigen Fohlen, das lebhaft im Freien gesprungen war, und sich dabei wahrscheinlich erhitzt hatte, sah ich Starrkrampf entstehen, wobei sehr heftige Paroxysmen sich bildeten, in denen Zuckungen, wie durch electrische Schläge, und so starke Krämpfe der Wirbelsäule sich einstellten, dass der Kopf ganz nach hinten, bis zum Kreuz gezogen wurde.
Bei einem Hunde (Rattenfänger) äusserte sich der Starrkrampf plötzlich auf folgende Weise: das Thier streckte die Füsse ganz steif hinaus, ebenso den Hals und Kopf, es konnte nicht stehen, hatte das Maul nicht fest ge­schlossen, zitterte stark, athmete sehr angestrengt und bekam von Zeit zu Zeit so heftige innere Stösse, dass der ganze Körper- dadurch erschüttert und das Maul klappernd zusammengeschlagen wurde. Auf einen Anfall, der etwa 10 Minuten dauerte, folgte eine Intermission von etlichen Minuten, in wel­cher die Glieder ganz biegsam waren, das Thier aber unfähig zu stehen und wie gelahmt war. Nach etwa einer Stunde ging es in einem Anfalle schnell
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Krämpfe.
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zu Grnnde. Zehn Tage früher hatte ein Pferd diesem Hunde ein Stückchen Haut, wie ein Dreikrenzerstück, von dem hintern rechten Ballen weggetreten; diese Stelle war aber nun ganz trocken und mit neuer Epidermis bedeckt. Ganz ähnliche Zufälle zeigen mit Strychnin vergiftete Hunde; die Anfälle setzen aus, können aber durch jede Aufregung (z. B. blosses Berühren) er­neuert werden.
Beim Rindvieh verlauft der Starrkrampf gewöhnlich langsamer als bei Pferden; es kann 10—14 Tage anstehen, bis das Maul ganz geschlossen ist; der Puls bleibt lange ruhig, die Milchabsonderung hört nicht ganz auf; im Verlaufe der Krankheit bildet sich gerne Aufblähen, welches den Trokar nöthig machen kann. Ausser den bereits angegebenen Ursachen beschuldigt man das Abbinden des Hodensacks, ferner vorausgegangene Geburt und Kalbe­fieber. (Müller im Schw. TV., Seiler ebd. VI.; Heckmeijer, Landel: Rep. XU.) Das Zurückbleiben der Nachgeburt (vielleicht auch verletzte Stel­len in der Scheide oder dem Uterus) als Ursache von Starrkrampf ist den Kühen eigenthümlich.
Bei Schafen entsteht der Starrkrampf, vorzüglich bei Lämmern, die castrirt wurden; geschieht dies zu einer Zeit, wo gerne Starrkrampf aus noch unbekannten Ursachen entsteht, so werden oft mehrere derselben davon be­fallen; robes Verfahren bei dieser Operation mag auch manchmal dazu bei­tragen.
Starrkrampf, 16 Tage bis 3 Wochen nach der Pockenimpfung, wahr­scheinlich durch Erkältung entstanden, wird in G. amp; H. VI. angeführt.
Am meisten sind Ziegenböcke dem Starrkrampf ausgesetzt, wenn sie bei abwechselnder Witterung — gleichviel, ob durch Unterbindung, Ab­schaben , Kluppen oder Brennen — castrirt werden; die Anwendung der Aethernarcose nützte in einem solchen Falle nichts.
D. Fallende Sucht. (Epilepsia.)
(Wehtag, Fallsucht. Mal cadue der Franzosen.)
Literatur: Tscheulin (Nervenkrankheiten, 1815), Oreve (Erfahr. II. Bd., 1822), Störig (Schafkrankheiten, 1825).
Ein langwieriges, fieberloses und periodisches Nervenleiden, wobei Anfälle von allgemeinem Krämpfe und Zuckungen, mit Bewusstlosigkeit und mangelnder Empfindlichkeit, in unbestimm­ten Zwischenräumen wiederkehren. Bei allen Hausthierarten. Erblich.
Man könnte einen acuten und einen chronischen Verlauf unterscheiden; letzterer ist der gewöhnliche; es gibt aber auch Fälle, in denen die Anfälle so rasch aufeinander folgen, dass das Thier in wenigen Tagen daran zu Grunde geht.
Die Fallsucht gehört zu den seltenen Krankheiten; sie kommt beim Pferde, Rinde, Schafe, der Ziege und Katze, häu­figer bei Hunden und Schweinen vor. Das männliche Geschlecht, das jüngere Alter sind mehr dazu disponirt; bei alten Thieren
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Fallsucht.
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sieht man sie desshalb sehr selten, weil dieselben als unbrauch­bar meist zeitig getödtet werden.
a) Epilepsie des Pferds.
Literatur: Depousier Instr. Tome III, Berger in Rec. (1825), Chaban-neau. Rodet in Journ. prat. (1827), Crepin ebd. (1828), Strube in G. lt;fe H. V, Versen (ebd.), Jacob J. Lyon (1848), Cox (Vet. 1849), Lehwes, Sturm (6. amp;. H. 1854, Suppl.), Dunnewold (Holl. 1854).
Symptome: Pferde, die an der Fallsucht leiden, werden unvermuthet davon hefallen, benehmen sich wie schwindelig, sperren die Füsse auseinander, um sich aufrecht zu erhalten, hängen in die Halfterketten, oder bleiben im Laufe plötzlich stehen, athmen heftig, schütteln oder zucken niit dem Kopfe, Halse und den Gliedmassen, taumeln, verdrehen die Augen, zwitschern mit den Auglidern, schnappen mit dem Maule, knir­schen mit den Zähnen, stürzen zu Boden und schlagen liegend heftig um sich; das Bewusstsein und die Empfindlichkeit sind, während der Paroxysmus seine Höhe erreicht hat, aufgehoben. Der Puls ist unordentlich, oft verlangsamt (20—24 in der Mi­nute), klein, der Herzschlag pochend, die Pupillen sind erweitert. Die, heftigen Zuckungen verursachen Schweiss, das Maul schäumt; allmählig werden die Bewegungen weniger heftig, das Thier lässt gegen das Ende oder nach dem Anfall den Harn, öfters auch Mist gehen, und äussert, nachdem es aufgestanden, blos noch Mattigkeit. Die Dauer eines solchen Anfalls variirt von einigen Minuten l)is zu einer Viertelstunde und darüber. Die Wiederkehr des Anfalls ist ganz unbestimmt; die scheinbar gesunde Zwischenzeit kann mehrere Wochen, selbst Monate betragen, es können aber auch mehrere Anfalle in einem Tage kommen.
Die Epilepsie fängt manchmal mit gelinden Anfällen, die sehr weit auseinander sind, an; diese werden allmählig hef­tiger und häufiger; das Thier kann damit mehrere Jahre zu­bringen. Es scheint aber auch Zufalle zu geben, wo die Krank­heit plötzlich in ihrer ganzen Stärke auftritt und die Paroxys-men sich schnell wiederholen.
So sah Waldinger ein Pferd unter abwechselnden Anfallen innerhalb 24 Stunden, und ein anderes, das zuletzt täglich zwei Anfälle hatte, in 7 Tagen verenden.
Mir ist ein Fall bekannt, wo ein früher Jahre lang gesund scheinendes
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Krämpfe.
Pferd plötzlich an der Fallsucht ähnlichen Symptomen erkrankte, die sich innerhalb 2 Tagen mehrmals wiederholten und das Thier tfidteten. Zahn beobachtete bei einem Hengste, von starker HaberfUtterung u. s. w., jeden Abend sich wiederholende Anfälle (Zuckangen, Niederstürzen, Bewusstlosigkeit), beinahe eine Stunde dauernd; in der Zwischenzeit war das Thier aufgeregt, hatte Erectionen. Heilung durch Castration. (Wien III).
In mehreren Fällen beobachtete man, dass die Anfalle zur Zeit des Vollmonds wiederkehrten. Der Tod erfolgt entweder in einem Anfalle (apoplectisch oder durch gefährliche Ver­letzungen) oder langsam durch Abzehrung.
Die Section zeigt selten etwas Erhebliches; Würmer im Darmcanal, Wasseranhäufung im Hirn, Hydatiden daselbst; bei apoplectischem Tode: Ueberfüllung der Hirngefässe mit Blut u. s. w. werden angeführt, sind aber keineswegs constant. La-fosse beschuldigte gar die Bremsenlarven im Magen, Gaspa-rin wollte Würmer in der Jugularvene gefunden haben.
Ursachen: gänzlich unbekannt; man beschuldigt bald Vollblütigkeit, bald Würmer, Schreck u. s. w., jedoch ohne genügende Beweise dafür anführen zu können; dass Würmer im Darmcanal fallsuchtähnliche Zufälle erregen können, scheint kaum bezweifelt werden zu dürfen. S trüb e führt 5 fallsüch­tige Beschäler an und beschuldigt theils Vollblütigkeit und feu­riges Temperament, theils Ueberreizung der Nerven durch zu häufiges Beschälen. Jacob heilte ein Pferd, das nach Besei--tigung eines Flechtenausschlags epileptische Anfalle bekommen hatte, mit Aderlässe, Purgiren und scharfen Einreibungen. Sicher ist, dass die Fallsucht sich von den Eltern auf die Jungen vererbt, obgleich nicht alle von einem epileptischen Vater oder einer solchen Mutter abstammenden Nachkommen nothwendig die Krankheit erben müssen; sie bricht erst aus, wenn die Jungen nahezu ihre volle Entwicklung erreicht haben; man hat aber auch bei alten Pferden noch Epilepsie entstehen gesehen.
Diagnose: in manchen Fällen unsicher, wegen der nahen Verwandtschaft mit Schwindel, mit Hirncongestion, Apoplexie und Erschöpfung u. dgl., und der seltenen Gelegenheit, die Anfalle genau zu beobachten, so dass man sich öfters blos auf die Zeugenaussagen stützen kann. Ein Fall, in welchem ein Pferd mit der eigen thümlichen Lähmung von Obliteration der Arterien der Hintergliedmassen für epileptisch gehalten worden, kam mir 1848 vor; ähnliche Fälle sind von Zangger Schw. XIU. und
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Falliacht.
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im Zürch. J.B. 1852 — 53 erwähnt. Das wesentliche Unter­scheidungszeichen ist, dass man die von der Obliteration her­rührenden Zufalle durch eine Anstrengung des Thiers (z. B. l/4 Stunde traben) nach Belieben hervorbringen kann, die Epi­lepsie dagegen nicht.
Prognose: ungünstig; doch sind die Fälle nicht selten, in welchen durch eine passende Behandlung die Anfälle längere Zeit, auch wohl ganz ausgeblieben sind.
Behandlung: häufig erfolglos.
Unter der Menge von Mitteln, die dagegen gerühmt wur­den , verdienen die Rad. artemisiae und der Lapis infernalis (innerlich in sehr kleinen Gaben) versucht zu weiden. Bei Vollblütigkeit und örtlicher Blutanhäufung im Kopfe sind Ader­lässe und kalte Begiessungen des Kopfs, auch Purgirmittei am Platze. Ein durch wurmtreibende Mittel geheiltes Füllen ist im rh. Vet.-Ber. 1834 erwähnt; ähnliche Fälle erwähnen La-notte, Lehwes, Cox, Dunnewold (s. oben). Jedenfalls ist dafür zu sorgen, dass die Thiere während des Anfalls sich nicht .beschädigen.
Die Krankheit gilt mit Recht in vielen Ländern als Haupt­mangel; in Württemberg mit 4 Wochen 3 Tagen Gewährzeit.
Der Gebrauch epileptischer Pferde ist gefährlich; er sollte zum Personentransport verboten sein.
fc) Epilepsie heim Rind. Die Krankheit verhält sich hier im Wesentlichen wie beim Pferde. Rychner sah sie nur bei zarten Kühen, nie bei Ochsen, bei letztern dagegen eher den Schwindel; als Unterschiede beider Krankheiten führt er an, dass dem Schwindel meist Vollblütigkeit zu Grunde liege, und der Anfall in der Regel bald nach dem Futtern eintrete, oder auf starkes Sonnenlicht, grosse Hitze u. dgl. folge. Lanotte sah in einer Heerde, welche von 2 epileptischen Bullen ab­stammte , die Krankheit häufig vorkommen (G. amp; H. VII.). Lindenberg gibt an, der Fallsucht ähnliche Zufalle bei einer Kuh von Verletzung der Zunge durch Zahnspitzen beobachtet zu haben (ebd. XII'.). Cartwright heilte eine Kuh durch Aderlässe und scharfe Einreibungen in etlichen Tagen (Vet. 1847); Dunnewold eine Kuh mit täglichen Anfällen durch Aloë, Baldrian und Enzian (Holl. 1854).
Auch beim Rind ist die Epilepsie ein Hauptmangel; Rychner 'will
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Krämpfe.
i ; #9632;
die Gewährzeit auf 6 Wochen festgesetzt wissen: das Fleisch der epilepti­schen Thiere hält er für unschädlich, -während manche Menschenärzte der Meinung sind, es könnte (durch die Einbildung der Menschen) nachtheilig #9632;wirken.
c)nbsp; nbsp;Epilepsie beim Schaf und der Ziege. Sie ist selten und trifl't vorzugsweise junge und vollblütige Thiere (ich sah sie bei einem Widder); manche derselben leiden nicht darunter, andere dagegen zehren aus. Wo Vollblütigkeit als Veranlassung vermuthet wird, soll man nach Störig Laxiren und Blutlassen, bei Würmern im Darmcanal: Wermuth, Tanacetum, 01. C. C. geben, und wo die Krankheit rein nervös ist, ein Infusum von Chamilten und Baldrian mit etwas Branntwein. Die Ziegen sind der Epilepsie noch mehr unterworfen als die Schafe.
d)nbsp; nbsp;Beim Schweine. Haubner führt an, dass die Fall­sucht bei jungen Schweinen häufig vorkomme; er beschuldigt bei jungen Thieren hauptsächlich Würmer und Fehler der Füt­terung; auch Delafond sah die Krankheit bei 6—Tmonat-lichen Schweinen; die Anfalle wiederholten sich nach 1—2 Stunden und führten den Tod nach einigen Tagen herbei (Rec. 1829). Rehrs beobachtete epileptische Anfälle bei Schweinen, die viele Finnen im Gehirn hatten (G. amp; H. VIII.).
Viborg sah ähnliche Zufälle bei Schweinen mit Darmeinschiebung; gegen die Epilepsie derselben empfiehlt er entweder Wurmmittel oder den Saft von Ruta graveolens oder von Sedum acre, ferner essigsaures Blei zu 7, Drachme täglich in saurer Milch.
Hellender sah Epilepsie vorzugsweise in den Ställen der Taglöhner und vermuthete zu starke Kartoffelfütterung als Ursache. Mit Vermeidung dieser und Zusatz von etwas Mehl und bittern, magenstärkenden Mitteln, verschwand das üebel fast jedesmal.
Lappe rühmt die Rad. artemisiae zu 2 Dr. pro dosi, in Fällen, denen kein organischer Fehler zu Grunde lag.
e)nbsp; nbsp;Bei Hunden und Katzen. Die Hunde scheinen vor dem Anfall, der leicht durch Schreck, Angst (Schläge u. dgl.) hervorgerufen wird, ängstlich zu werden, laufen unruhig hin und her oder im Kreise, stöhnen oder schreien, lassen den Schweif hängen, bekommen dann Convulsionen, zappeln auf dem Boden, knirschen mit den Zähnen, schäumen, haben eine unbe­wegliche, weite Pupille n. s. w., lassen den Harn gehen (oder den Mist), stehen dann auf, sehen sich verwundert um, schüt­teln sich und sind wieder munter. Greve sah Stuben- und
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Fallsacht.
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Schoosshunde, besonders Mopse, ich dagegen die Pudel öfter davon befallen werden j als andere Ragen. Ein halbjähriger Pudel, der bei rauher, Witterung geschoren worden, bekam täglich 1 bis 2 epileptische Anfälle, die 2 bis 5 Minuten dauerten. Durch warmes Verhalten wurde er allmählig davon wieder frei. — Ein dressirter Pudel hatte nach längerer Dauer der Epilepsie seine Kunststücke vergessen.
Bei einem Hühnerhande, der seit l'/z Jahren an Epilepsie litt, waren die Anfälle anfangs '/laquo; Jahr aus einander; später kamen sie nach jeder stär­keren Anstrengung beinahe täglich; endlich hörten sie nur Vi—Vj Stunde auf, um wieder auszubrechen. Er starb den folgenden Tag; die Section liess nichts Abweichendes, namentlich keine Eingeweidewürmer finden. In Wien wurde am häufigsten Hirnödem gefunden.
Durch Lap. infernal, in Pillenform (zu 1 Gran pro dosi) gelang es mir, die Anfalle zu verhindern; nach dem Aussetzen des Mittels kamen sie wieder. Stütz empfiehlt Baldrian und Zinkoxyd; Levrat gab einem Hunde 1 Drachme Blausäure, um ihn zu tödten, es misslang, dagegen war er dadurch geheilt worden (Rec. 1841). Maury wollte einen epileptischen Hund ertränken; es gelang ihm nicht, dagegen blieben die Anfälle aus.
Die Epilepsie ist nicht immer so vollständig ausgebildet und die Anfälle sind nicht jedesmal so heftig, dass das Thier bewusstlos zu Boden stürzt, was Einige als das Unterscheidungsmerkmal dieser Krankheit von verwandten — namentlich dem Schwindel — ansehen. In gerichtlicher Hinsicht ist als­dann mehr auf den Grad der Untauglichkeit des Thiers zu dem bestimmten Gebrauche und auf die übrigen Umstände (z. B. den Preis, die Verhältnisse der Contrahenten, Wahrscheinlichkeit betrüglicher Absicht u. s. w.) Bücksicht zu nehmen. Ich beobachtete ein Pferd, dessen Anfälle blos darin bestanden, dass es plötzlich anfing zu zittern, rückwärts zu hängen, bis Kette und Halfter zerrissen, sodann zu Boden stürzen und dann ohne Schweiss u. dgl. ruhig liegen bleiben. Der Verkäufer kannte diesen Fehler wohl, verheimlichte ihn aber dem Käufer. Diese Krankheit wurde als „in die Categorie der Epi­lepsie gehörigquot; und somit als Hauptmangel anerkannt.
Bei einem andern Pferd waren die Anfälle noch geringer; das Thier hielt im Reiten plötzlich still, war nicht mehr vorwärts zu bringen, unempfindlich gegen Schläge, verdrehte die Augen, zackte mit den Augenlidern und Lippen, knirschte mit den Zähnen und senkte den Kopf; der Anfall dauerte 2 Minu­ten, alsdann schüttelte das Thier den Kopf und benahm sich wieder ganz normal. Am folgenden Tage wiederholte sich der Anfall, als das Thier im Freien ging, er dauerte nur eine Hinute; es war nahe daran, umzufallen; am dritten und vierten Tage je ein gelinderer Anfall.
Vier an entschiedener Epilepsie leidende Pferde waren im Alter von 8 bis zu 12 Jahren.
Die sehr schnell (d. h. in 1—3 Tagen) verlaufenden Fälle von Epilepsie haben viel mit Apoplexie und Hirneutzündong gemein. Ciepin beschreibt Hering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 42
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Krämpfe.
a
einen solchen Fall als Affection épilepsiforme im Journ. prat. 1828. Bei den Hunden werden epileptische Anfälle manchmal für Wuth gehalten. Hofacker sah grosse Neigung zum Beissen bei einem Hunde nach beendigtem Anfall.
E. Schwindel. (Vertigo.)
(Die Franzosen verstehen unter „Vettige idiopathiquequot; diejenige Form des Kollers, die wir Schieber nennen, unter „Vertige symptomatiquequot; aber den
Magenkoller.)
Ein fieberloses Nervenleiden mit periodischen Anfallen von Schwanken, Neigung zum Umfallen, Laufen im Kreise u. dgl. Ausser dem Pferde selten beobachtet.
Die Symptome des Schwindels kommen plötzlich, meist kurze Zeit nach dem Füttern und nach, dem Einspannen; sel­ten im Stalle oder beim Reiten. Das Thier hält an, schüttelt den Kopf, zittert, schwankt und taumelt, wie wenn es jeden Augenblick umfallen wollte, lehnt sich an die Deichsel oder das andere Pferd, oder hängt in das Geschirr, drückt nach einer Seite, lauft auch wohl ein paarmal (sammt dem Gefährt) im Kreise herum, zeigt sich ängstlich, schwitzt, senkt den Kopf u. dgl. Nach ein paar Minuten ist der Anfall vorüber und das Pferd ist nun entweder ganz munter oder aber etwas träge; manche sind aufgeregt, wollen unaufhaltsam galoppiren u. dgl. Im höheren Grade des Uebels, oder bei ungünstigen Umständen kann das Thier auch zu Boden fallen und auf dem Boden ungeregelte Bewegungen machen. Die Anfälle kehren zu ganz unbestimmten Zeiten zurück, manchmal in einem Tage 2 bis 3mal, oft aber auch nur 2 bis 3mal in einem ganzen Jahre. Es ist selten, dass ein Thier daran zu Grunde geht; alsdann zeigt die Section Ueberfullung des Hirns mit Blut, Extravasate, alte Desorganisationen der Leber oder der Lunge und dergleichen, i
Ursachen: zunächst Blutandrang nach dem Kopfe; Wal­dinger meint, Schwindel komme hauptsächlich bei schlaffen Pferden, die an der Leber leiden, bei Koppern, bei Anlage zur Dämpfigkeit, enger Brust, gehindertem Abfluss des Bluts vom Hirn (passive Congestion) vor. Indessen sah ich die Krankheit öfters bei Luxus-, auch bei Fiakerpferden, als bei Bauernpfer­den. Gewöhnlich äusserst sie sich zuerst im Frühling, wenn schnell warme Witterung eintritt; auch bei grosser Sommer­hitze; dagegen selten im Winter. Manche Pferde bekommen
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Schwindel.
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regelmässig im Frühling ein paar Scliwindelanfalle und bleiben dann das ganze Jahr frei davon. Ein Pferd bekam den Anfall, wenn ihm die Sonne stark auf den Kopf schien; alsdann-zitterte es stark, schwankte, ging rückwärts und schwitzte; in 5 Minu­ten war der Anfall vorbei; nur bei einem (Fiaker-) Pferde sah ich die Anfalle auch im Stalle kommen, es schwankte, drückte auf eine Seite, hing zurück und schob vorwärts, zitterte, be­kam Zuckungen und schwitzte manchmal; Dauer: nur einige Minuten; einmal aber beinahe drei Stunden. Bei einem andern Pferde, welches früher an halbacuter Hirnentzündung gelitten hatte, konnte man den Schwindelanfall dadurch hervorrufen, dass man es 4 bis 6inal im Kreise ritt; es wurde später amaurotisch. G-elegenheitsursachen: reizende Fütterung (z. B. neues Heu), Erhitzung im Gebrauch, zu enger Kehlriemen oder Kum­met, zu stark angezogener Aufsatzzügel, starke oder unge­wohnte Lichteindrücke (z. B. Mondlicht auf Schnee, schnelle Abwechslung von Licht und Schatten bei Alleen, Zäunen), dumpfer Stall u. dgl.
Einen dem Schwindel verwandten Zustand nennt S t i c k e r: Kollern , es besteht in Kopfschütteln und Drängen nach einer Seite, in der Hitze oder bei längerem Gehen gegen die Sonne (G. amp; H. 1855. Snppl.).
Behandlung: auf die Ursache gerichtet. Bei vollblütigen Pferden Aderlass, einige Tage Kleien und Glaubersalz, oder Waide; bei Leberkranken: BrechWeinstein, Mercur. dulc, Asa-foetida und andere Antispasmodica; bei längerer Dauer und grosser Heftigkeit des Anfalls: Einschnitt in den Gaumen, so­dann Begiessen des Kopfs mit kaltem Wasser, endlich äussere Reize am Genick. Schwache abgetriebene Pferde verlangen mehr Haber und Ruhe.
Rychner trennt den Schwindel nicht genau von der Epilepsie; er sah jenen mehr bei Ochsen nnd beschuldigt starke Fütterung, Hitze der Atmo­sphäre und im Stalle, starken Gebrauch unmittelbar nach dem Fressen, inten­sives Sonnenlicht n. s. w. Er räth dagegen Vermeidung der Ursache', Ader­lässe, Diät, Gegenreize und Klystiere an.
Nach Störig ist die Krankheit bei Schafen nicht so selten, ihre Be­schreibung weicht von der der Kpilepsie nur wenig ab; sie kann lange dauern, und ist nicht gefährlich, ausgenommen sie geht in Apoplexie oder Hirnent­zündung über. Sie befällt mehr junge, wohlgenährte Thiere, nnd hängt mit Vollblütigkeit, Congestion nach dem Hirn, Ausbruch der Backzähne u. dgl. zusammen. Behandlung: Aderlass, kalte Begiessung, Salpeter und Doppel­salz, kühles Verhalten, grünes Futter, Rüben,
Den Bremsenschwindel dei; Schafe s. S. 153.
Der Schwindel der Pferde scheint sich von der Epilepsie noch am sicher-
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Krämpfe.
sten durch das, während des Anfalls nicht verlorengehende Bewusstsein and Gefühlvormöjren zu unterscheiden; es mag indessen immer Fälle geben, wo es schwer sein wird, diese Unterschiede festzustellen.
Damoisean erzählt einen Fall von Seekrankheit bei einem ara­bischen Hengst, der von Syrien nach Frankreich geschifft wurde. Am Abend des ersten Tages wurde das Thier traurig, zeigte leichte Kolikschmerzen, stützte bald den Kopf auf die Brust, bald streckte es ihn gerade hinaus, schrie, zitterte und erbrach sich sodann heftig. Das Erbrechen dauerte vier Tage fort; alles was das Thier schluckte, wurde bald nachher wieder ausgeworfen; erst nach 8 Tagen stellte sich der Appetit wieder gehörig ein, und das Thier wurde auf der 61 Tage dauernden Ueberfahrt mit gekochtem Reis und Kleie erhalten. (Journ. prat. 1830). Ich habe bei Pferden zur See blos Nieder­geschlagenheit beobachtet, allein keine Anstrengung zum Brechen; letzteres dagegen bei Hunden. Mellows führt einen Seeschlag {maritime Apoplexie) an. Recds 1848.
F. Veitstanz. {Chorea St. Viti.)
Periodische, unwillkürliche und zwecklose Wiederholung einer Bewegung sonst willkürlicher Muskelparthieen; langwierig, fieberlos. Bei Pferden und Hunden.
Junge Hunde, besonders solche, welche erst die Staupe überstanden haben, werden hie und da von dem Veitstanz be­fallen, der sich dadurch äussert, dass sie zu unbestimmten Zeiten eine und dieselbe Bewegung, z. B. des Kopfs, der Vor-derfüsse u. s. w. längere Zeit anhaltend wiederholen; manch­mal hört die Bewegung gar nicht auf, sondern wird blos von Zeit zu Zeit gelinder. Es scheint diesem Zustande eine par­tielle Reizung des Hirns oder Rückenmarks zu Grunde zu lie­gen, daher man auch krampfstillende und narkotische Mittel, (Chloroform, Lyon 1849) neben abführenden, auch warme Bä­der u. dgl. dagegen empfiehlt.
Bei Pferden ist diese Krankheit selten, ich beobachtete eines, das Paroxysmen bekam, in denen es '/i—Vj Stunde fortwährend den Hals und Kopf, und zugleich den einen Vor-derfuss auf und nieder bewegte.
Im Juni 1825 untersuchte ich ein, dem Aeussern nach ausgemustertes französisches Cavalleriepferd wegen Epilepsie. Es litt an Anfällen, die bald 3 bis 'Imal in einem Tage (auch bei Nacht), dann wieder mehrere Tage lang nicht erschienen. Das Thier fing alsdann an, nach einer Seite, gewöhn­lich rechts, in grössern oder kleinern Kreisen zu laufen, die Füsse dabei sehr hoch aufhebend und gewaltig schaffend, den Kopf etwas gespannt in die Höhe gerichtet; kam es an eine Schranke oder Wand, so drückte es dagegen und bewegte die Füsse immer gleich fort, wie wenn es laufen müsste. Der Anfall dauerte etliche Minuten lang; während desselben spürte das Thier
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Veitstanz.
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nichts von Nadelstichen und schien bewusstlos; es setzte keinen Harn oder Mist ab; fiel auch nie zu Boden; der Puls war während des Anfalls etwas beschleunigt, nach demselben wurde er allmählig ruhig, das Thier fing an zu fressen, und benahm sich wie gesund. Durch starkes Herumtreiben konnte man keine Anfälle hervorbringen. Dieser Zustand machte das Pferd gänzlich unbrauchbar; es wurde daher die Zurückgabe desselben an den Verkäufer angeordnet.
Bei einem wegen eines ähnlichen Leidens unbrauchbar gewordenen, und desshalb getödteten, alten, polnischen Cavalleriepferd fand ich (1841) die Hirnhäute sehr stark injicirt, ebenso die Substanz des Hirns, die Aderge­flechte aufgetrieben und in den Ventrikeln blutiges Serum.
Bei einem zweijährigen Hengstfohlen, das ein Jahr zuvor an Gehirnent­zündung gelitten hatte, und davon auf einem Auge amaurotisch geblieben war, zeigte sich (1839) oft stundenlange ein unausgesetztes Schwanken und Hin- und Herbewegen des Kopfes, der etwas rechts gehalten wurde. Das Thier war mager, frass aber gut und hatte Spulwürmer; 01. C. C., nachher Rad. valerian, in grosser Gabe hatten keinen Einfluss auf diese Krankheit. Leblanc führt ein Pferd an. das bei jeder Reizung, z. B. beim Putzen, selbst beim Fressen des Habers, Zuckungen einzelner Muskeln oder Körper-theile, wie des Halses, Kopfs u. s.w., bekam; übrigens gesund und brauch­bar war (Clin. 1847).
Einen Fall von Veitstanz bei einem Pferde erzählt de Baux im Journ. prat. 1829. Das Thier war zugleich rotzig und wurde desshalb getödtet, aber nicht secirt. Dick heilte eine Kuh mit regelmässig sich wiederholenden Zuckungen am Halse und Kopfe, vorzugsweise der linken Seite, durch Queck­silbermittel mit stärkenden Pflanzenmitteln, auf welche er metallische Tonica folgen Hess (Vet. 1846). Hekmeier sah die Anfälle bei einem Pferde 20 bis 30 Minuten dauern; sie bestunden in Zucken mit den Muskeln der Augen­lider, der Lippen, des Halses und der Brust; schon das Oefihen der Stall-thüre rief einen Anfall hervor. Heilung durch Nusc vomica. (Holl. 1851.)
VIEETE ORDNUNG. Lähmung. (Paralysis.}
Literatur: Tscheulirk loc. cit., Prinz (Dissert, de paralysi 1826), Bouley in Rec. (1829), Binz in Busch J. I., Hübner in N. amp;. V I., Linden­berg in G. amp; H. XIII., Goubaux in Rec. (1848, 50) allg. Paralyse Rec. 1850; Sauberg dessgl. bei Kühen. G. amp; H. 1855 Suppl. Hurlimann Lähmung bei einer Kuh, plötzliches Niederstürzen, Puls nur 1 — 5 in der Minute. Heilung. Schw. XHI.
Theilweiser oder .gänzlicher Verlust der Fälligkeit willkühr-licher oder unwillkührlicher Muskeln sich zu contrahiren, mit Erschlaffung derselben, ohne änssere Verletzung, ohne Schmerz, häufig mit gleichzeitigem Verlust des Gefühls; fieberlos, ohne bestimmte Dauer.
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Lähmungen.
Dass die Lähmungen zunächst von den Nerven ausgehen, lässt sich leicht dadurch beweisen, dass Unterbinden oder Abschneiden der Nerven eines Muskels ihn in den Zustand der Lähmung versetzt; so haben denn auch Ver­letzungen des Hirns und Rückenmarks (durch Erschütterung, Zerrung, Schnitt, Erweichung, Druck u. s. w.) eine Lähmung derjenigen Parthieen zur Folge, deren Nerven an oder hinter der verletzten Stelle ihren Ursprung haben; das Abschneiden des Rückenmarks am Oberhauptsbeine zieht plötzlich den Tod nach sich, weil hiebei die zum Athmen dienenden Nerven hinter der verletzten Stelle liegen (der Herzschlag und Puls dauern noch einige Zeit fort).
Ursachen: Ausser der . eben erwähnten mechanischen Verletzung können üeberpiaas der Electricität (Blitz), narcotische Mittel (besonders Blausäure) schnelle Lähmung herbeiführen; langsamer wirken andere giftige Substanzen, z. B. Blei, Mutter­korn u. s. w. Aehnlich einer (vorübergehenden) Lähmung wirkt die Narcose mit Aether oder Chloroform. Häufig entsteht die Lähmung in Folge anderer Krankheiten des Nervensystems, z.B. Entzündungen, Apoplexie, Krämpfen, Schmerz oder sonst übermässiger Erregung der Nerveiithätigkeit, welche eine Ab­spannung und Erschöpfung nach sich zieht; aber auch durch längere Unthätigkeit kann ein Organ zuletzt unfähig zu seiner Function werden. Gelegenheitsursachen sind: grosse Hitze und Kälte, Erkältung, Unterdrückung der Hautausdüustung, der Milchsecretion, das Gebären, heftige Leidenschaften, starke An­strengung u. s. w. Die Lähmung ist nicht jedesmal gleich von Anfang an vollständig, sondern öfters zuerst blos eine Schwäche des Theils {Paresis), die jedoch allmählig zum völligen Ver­lust der Beweglichkeit (Contractilität) führt; nicht selten er­greift das Uebel nahe liegende Organe, oder breitet sich nach und nach aus, bis es endlich zum Leben unentbehrliche Theile trifft, und damit den Tod herbeiführt. Daher ist die Wichtig­keit und Dauer einer Paralyse höchst Verschieden; bei unter­geordneten oder entbehrlichen Organen (z. B. Ohrmuskel, Schwanz) hat sie wenig zu bedeuten und kann Jahre lang be­stehen ; bei wichtigen Organen wird das Thier dadurch entwe­der unbrauchbar oder selbst plötzlich getödtet. Zu der Unbe-weglichkeit und Uncmpfindlichkeit, welche in gelähmten Organen häufig beobachtet wird, gesellt sich, bei längerer Dauer, auch unzureichende Ernährung des kranken Theils (Schwinden, Atro­phie); in solchen Fällen pflegt der Kreislauf in demselben schwach, der Puls klein und die thierische Wärme vermindert zu sein.
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Lähmungen.
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Plötzlich entstandene Lähmung ist meist zugleich vollstän­dig ,' aber sie breitet sich selten auf andere, als die zuerst be­fallenen Theile ans.
Man unterscheidet die Lähmungen theils nach ihrem Sitze in innere und äussere (worunter man die Eingeweide, z. B. Lunge, Magen, Harnblase u. s. w. gegenüber von den Muskeln der Gliedmassen^ der Ohren u. s. w. versteht), theils nach der Vollständigkeit und Ausbreitung in allgemeine und partielle; der nächsten Ursache nach in traumatische (von Verletzung, Ausdehnung), rheumatische (von Erkältung) u. s. w.; der Ent­stehung nach in idiopathische oder selbstständige und in symp­tomatische Lähmung, welch' letztere häufiger vorkommt (z. B. in der halbacuten Hirnentzündung der Pferde, dem Kalbefieber der Kühe u. s. w.).
Die Section zeigt in manchen, besonders sehr schnell verlaufenden Fällen nichts Erhebliches; ausserdem die Symp­tome der nächsten Ursachen, z. B. Entzündung des Hirns, Rückenmarks, einzelner Nervenscheiden,-Erweichung des Ner­venmarks, Wasser-, Blut- oder Eitererguss in den Wirbelcanal oder die Schädelhöhle, Exostosen oder andere Geschwülste da­selbst, Entzündung der Eingeweide in der Brust- oder Bauch­höhle, übermässige Ausdehnung hohler Organe (z. B. des Ma­gens, der Harnblase), Verstopfung des Lösers u. s. w.
Prognose: meist ungünstig; bei den rheumatischen Läh­mungen ist noch mehr zu hoffen, als bei den übrigen.
Behandlung: die innerlichen Mittel richten im Allge­meinen wenig aus; man empfiehlt Aufgüsse von Flor, arnicae, Valeriana; Aether, Terpentinöl in grossen Gaben, Rhws toxico-dendron; Nux vomica in steigender Dosis, bis Zuckungen in den gelähmten Theilen entstehen; Arnicatinctur, 01. C C. als Infusion in die Venen. Bei rheumatischer Lähmung sind schweiss-treibende, öfters raquo;auch Purgirmittel von Nutzen. Aeusserliche Reizmittel sind fast nie zu entbehren, sie müssen stark und anhaltend angewendet werden (flüchtige Einreibungen, scharfe Salben, Eiterbänder, Acupunctur, besonders die Electricität, das glühende Eisen, Moxa). Leicht verdauliches Futter, Mehl­tränke, reichliche Streu, Hautpflege, Klystiere, unterstützen das Heilverfahren wesentlich.
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Lähmungen.
A. Paralyse einzelner Theile.
Literatur: Go üb aus hat Tiele hieher gehörige Fälle zusammengestellt, Eec. (1848, 50) besonders die Lähmung des vorderen Sohenkelnerven betref­fend. Label, drei solche Fälle ebd, Wo dg er Lähmung des linken Vor-derfusses, Heilung. (Vet. 1851). Klin. Lyon 2 Fälle von Lähmung des Hinterschenkels. 1851; Fiouley 2 Fälle desgl. durch Zerrung der Ner-stämme (Rec. 1854).
Die Lähmung einzelner Organe, z. B. des Ohrs, Auges, der Zunge, des Schlundkopfs, des Penis ist meist symptoma­tisch und folgt besonders häufig auf Entzündung des Hirns, aber auch auf mechanische Verletzung, übermässige Ausdehnung, Entzündung und Ueberreizung des getrofifenen Organs.
So ist Lähmung beobachtet worden an den Ohren, der Zunge, den Lippen von heftigem Ziehen oder Reissen daran, Lähmung des Hinterkiefers, Lähmung der Sehnerven von zu starkem Lichtreiz (s. Amaurose), Lähmung des Schlundkopfs, Pfeifen von einseitiger Lähmung der Kehlkopfmuskeln, Harn­verhaltung von Lähmung der Blase, und Unvermögen den Harn zu halten von Lähmung des Blasenhalses, Lähmung (oder Vor­fall) der Rutjhe, Lähmung des Afters (bei Hunden, vom Er­frieren des Schliessmuskels) u. s. w.
Sind diese Lähmungen blos symptomatisch, so muss die Behandlung auf die Hauptkrankheit gerichtet sein, ohne jedoch die Paralyse sich ganz zu überlassen; örtliche Mittel (Einrei­bungen mit flüchtigem Liniment, ätherischen Oelen, Canthari-dentinctur und später stärkere Reize) sind um so mehr am Platze, als selbst nach gehobener Krankheit öfter eine Schwäche noch längere Zeit in dem gelähmten Organe zurückbleibt.
Paralyse der Schlingwerkzeuge. (Dysphagia parah/-tica.) Bei dem Hengste Scio wurde im Juli 1837 diese Krank­heit beobachtet; ein schlagähnlicher Anfall ging voraus, von dem sich das Thier schnell erholte; es blieb aber eine Lähmung der Zunge, Backen und Lippen der linken Seite zurück; diese Theile waren auf Nadelstiche ganz unempfindlich, das Ohr und Augenlid derselben Seite waren nicht gelähmt und das Thier aufmerksam; es konnte höchstens Wasser schlucken, speichelte und schäumte stark, und Hess alles Futter, Arznei u. dgl. wie­der aus dem Maul fallen, oder durch die Nase wieder heraus­kommen; sodann trat Schwäche im Kreuze hinzu und das Thier krepirte in wenigen Tagen.
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Halblähmimg.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 665
Gi lira ei st er beobachtete einseitige Lähmung der Ober- und Unterlippe bei, einem Pferde, ohne nachweissbare Ursache, Unempfindlichkeit war damit verbunden; durch Einreibung von 01. phosphorat. wurde das Uebel in 9 Ta­gen gehoben. — Derselbe beschreibt eine tödtliche Lähmung (und Erweite­rung) des Halstheils der Speiseröhre bei einem Ochsen. Delwart Dysphagie bei einem Ochsen durch den Druck einer Tuberkelgeschwulst unter der Ohr­speicheldrüse herbeigeführt. (Rep. XV.) Straub symptomatische Lähmung des Schlunds bei 2 Pferden. Rep. XIX.
Peters beobachtete Lähmung der Unterlippe ohne bekannte Ursache bei einem Pferd. Scarification und Einreibung einer stark reizenden Salbe brachte Entzündung und Heilung zuwege. Stick er sah Lähmung der Unter­lippe durch den Druck der Einnkette entstehen; sie erforderte Scarification, scharfe Einreibungen und spater punktförmige Cauterisation. Die Lähmung mit Schwinden der Erweitemngsmuskeln des Larynx, als Ursache des pfeifen­den Dampfs wurde von Hertwig beschrieben (G. amp; H. Vll.) und Goubauz führt an, dass man durch Abschneiden der Stimmnerven das Schwinden jener Muskeln herbeiführen könne.
B. Halblähmung. (JHemiplegia.)
Man versteht darunter ünbeweglichkeit oder Fühllosigkeit, oder beides, nur eine Seite des Körpers betreffend, die rechte oder linke, ohne Schmerz oder Bewusstlosigkeit.
Sie kommt meist als Folge der halbacuten Hirnentzündung vor, und gibt sich durch verzogenes Aussehen des Angesichts (das eine Ohr und Augenlid schlaff herabhängend, die Lippen auf die andere Seite gezogen) und das Laufen im Kreise, nach der entgegengesetzten Seite, zu erkennen; ist die Krankheit einmal so weit gekommen, so ist änsserst wenig Hoffnung mehr.
Auch bei der Drehkrankheit mag eine halbseitige Läh­mung sich bilden und Veranlassung zu der drehenden Bewe­gung geben.
Spinola erzählt einen Fall, in welchem die Lähmung ihren Grund in der Verschliessung der linken Jugularvene durch eine Aderfistel hatte; kalte Begiessnngen und die Zeit stellten das Thier wieder her (Carls. 1816). Eine halbseitige Lähmung bei einer Stute behandelte Delwart mit steigenden Dosen von Nux vomiea, und stellte das Thier in 15 Tagen wieder her. (Belg. 1844).
Hübner führt einen Fall von Hemiplegie bei einem Pferde an, das durch spirituöse Einreibungen hergestellt wurde (N. amp; V. I.). Fenvrier heilte die Lähmung der rechten Eörperhälfte einer Stute, nach vergeblicher Anwen­dung von Opium u. dgl., durch Chinin (Lyon 1847). Aehnliche Fälle von Arnold, Kersten G. amp; H. 18S5 Suppl. Halbseitige Lähmung bei einem Schwein, mit Unmöglichkeit zu fressen. G. amp; H. 1853.
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Lilhmungen.
C. Kreuzlähmung. {Paraplegia.)
Sie ist bei verschiedenen Hausthieren, besonders dem Pferde und Hunde beobachtet, in vielen Fällen aber symptomatisch; so z. B. als Nachkrankheit der Hundestaupe, in der Hundswuth, nach Hirn- und Rückenmarksentzündung, nach Nieren- und Fruchthälterentzündung, nach Apoplexie, Gnubberkrankheit, im Kalbefieber, der Chankerseuche u. s. w.
Die Paraplegic ist nicht immer so vollständig, dass das Hintertheil ganz unbeweglich erscheint, manche Thiere können, obwohl mit Schwierigkeit, gehen, aber sie schwanken, überköthen oder sinken hinten zusammen. Manchmal ist zugleich der After und die Harnblase gelähmt.
Ein kräftiges Pferd erkältete sich, während es Strengel hatte, der Aus-fluss hörte auf und die Hinterfüsse schwollen an; der Gang war beschwer­lich; es legte sich sogleich, als es in den Stall der Thierarzneischule kam. Es zeigte sich bald, dass es unfähig war, hinten wieder aufzustehen; es wurde in Gurten gehängt, stund aber hinten auf den Fesselgelenken, frass und soff, hatte einen Puls von 60'und athmete schwer; in wenigen Tagen stund es wieder ordentlich auf den linken Hinterfuss, wogegen der rechte fortwährend zuckte. Das Thier krepirte an Erschöpfung. Bei der Section fand man dunkelrothen Erguss im Zellgewebe der Hinterfüsse, viele und grosse Ecchymosen zwischen den Muskeln derselben, röthliches Gerinnsel im Hufgelenke; der N. ischiadicns des rechten Fusses am Oberschenkel ganz dunkelroth, sonst weiss. Die Lunge theilweise hepatisirt (alt.)
Bei einem andern Pferde, das sich im Nebel erkältet haben mochte, be­merkte man ebenfalls Unvermögen zu stehen, und bei Unterstützung stund es auf den Fesselgelenken; es änsserte zugleich Schmerzen im Hinterleib, erholte, sich aber nach etlichen Tagen ganz.
Prehr behandelte 4 Pferde an Kreuzlähmung in Folge von Indigestion. Schleppender Gang, sodann Ueberköthen bald mit dem einen, bald dem an­dern Kusse, endlich Unvermögen zu stehen und sich ohne Hülfe aufzurichten, daher Sitzen wie ein Hund, bezeichnete das Leiden, das auch die Vorder-füsse befiel und von Verstopfung, Schmerz im Bauche, UnempfindUchkeit der Haut, hartem, später fieberhaftem Pulse begleitet war. — Äderlass, Kly-stiere mit einem schwachen Tabaksdecocte, innerlich Aloë mit Doppelsalz, führten bald Besserung herbei; die zurückgebliebene Schwäche der Schenkel­muskel wich reizenden Einreibungen (rh. Vet.-B. 1837). Aehnliche Fälle von Pfannstiel in N. lt;fc V. VIH., Ausset in Eec. 1841, King in Vet. 1843. Flemming plötzliche Paraplegie bei einem Pferde mit Ueberköthen, Nach­schleppen des Hintertheils; in 4 Tagen durch Extr. nucis vomic. geheilt. 6. amp; H. 1849. Jung Paraplegie, zugleich Diarrhöe bei einem Pferde, vor­geblich durch Zeitlose entstanden; auf 1 Gran Strychnin in 1 Pfand Wasser sollen die heftigsten Convulsionen entstanden sein. (Woch. 1850.) Noudin Paraplegie mit Harnverhaltung bei einem Hengste, geheilt. (Toul. 1850.)
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Kreuzlähraung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 667
Olivier Lähmung des Hintertheils von Melanosen im Becken und im linken Hirnventrikel. (Lyon 1853.)
Vollständige Lähmung des Hintertheils sieht man öfter bei Pferden in Folge starker Anstrengung beim Ziehen, oder durch Sturz (Umwerfen), Schläge in die Lendengegend, zu starke Belastung des Rückens u. s. w. entstehen. Sehr interessant ist die Beobachtung von enzootischer Rückenmarkslähmung bei Pferden, welche Stokfleth in Kopenhagen als ansteckend be­schreibt. (Dan. III.) Lindenberg führt eine gänzliche Läh­mung eines Pferdes, zugleich mit Entzündung und Bluterguss in die Harnblase an (G. amp; H. XIII.).
Manche Pferde zeigen erst, wenn sie kurze Zeit in Gang gesetzt wor' den sind, eine solche Schwäche im Hintertheile, dass sie zusammenzubrechen drohen; lässt man sie ruhen, so erholen sie sich bald wieder; dieser Zustand rührt von gestörtem Kreislauf des Blutes her, da die Arterien und Venen des Hintertheils durch feste, faserige Gerinnsel nahezu ausgefüllt sind. (Vgl. Vötsch in Rep. I., Wetzel ebd. Vul., Hess und Sommer in G. amp; H. IX., Goubaux in Eec. 1846, vgl. Epilepsie.
Bei Rindvieh ist Lähmung nicht selten ein Symptom von Indigestion und hartnäckiger Verstopfung des Lösers. Gelle beschreibt als Boeuf legat eine Krankheit, bei der die Muskeln des Rückens und Hintertheils ganz mürbe seien, es ist Läh­mung damit verbunden. Huzard 'der Vater hatte in einem Be­richt diese Krankheit für die Markflüssigkeit erklärt, weil die Knochen beim Durchschneiden viel bräunliche Flüssigkeit ent­hielten. Sticker sah Kreuzlähmung bei Rindvieh auf hartes Rauhfutter entstehen, mit Ueberköthen, Niederstürzen, Schwi­tzen , Unfähigkeit aufzustehen, pochendem Herzschlag; nach 5 Tagep wurde die Krankheit unheilbar (G. amp; H. 1856. Suppl.)
Bei Hunden beobachtete ich einigemal gänzliche Lähmung des Hintertheils, so dass die Hinterfüsse auf dem Boden nach­geschleppt wurden und ganz unempfindlich waren; in zwei Fäl­len war heftiger Coitus Schuld, der eine dieser Fälle wurde versuchsweise mit Nux vomica (in homöopatischer Dosis) be­handelt, der andere sich selbst überlassen, beide in gleicher Zeit hergestellt. Galvanismus bewirkt manchmal schnell Besserung.
Bei jungen Schweinen entsteht Lähmung gerne nach Indi­gestion, wenn sie zuvor Mangel litten, nachher aber schnell kräftiges Futter (besonders Abfälle der Bier- und Stärkefabri­kation erhalten. Von dem Genuss von ungefähr 1 Pfd quot;Werg wurde ein Schwein gelähmt (G. amp; H. XIII.).
Die symptomatische Lähmung des Hintertheils bei hochträchtigen oder
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QQ8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lähmungen.
neumelkenden Kühen s. in der IV. Classe, die der Pferde in der Chanker-seucbe ebendaselbst.
D. Rheumatische Lähmung. {Paralysis rheumatica.)
Literatur: Beyer epizootisches Rückenmarksleiden bei Pferden, Rindvieh und Schweinen, im Bezirke Ärnsberg 1851 vorkommend; Dauer etliche Stun­den bis Monate. (6. amp; H. 1852.). Arnold Lähmung bei Schweinen von gefrorenem Malz. Schw. XIII. Bouley eigenthümliche Lähmung des hintern Backbeinnerven oder des Nerven des Unterschenkels, Muskeln mürbe, Nerven infiltrirt. Rec. 1849.
Sie kommt in verschiedenem Grade bei allen Hausthieren vor, und gibt den rheumatischen Character theils dadurch zu erkennen, dass sie erweislich auf Unterdrückung der Hautaus­dünstung entsteht, theils dadurch, dass sie ihren Sitz manch­mal wechselt; es sind daher auch bald die Symptome eines Rheumatismus (schmerzhafte Bewegung, Steifigkeit, manchmal auch Fieber) zuerst zugegen, und die Lähmung erscheint als höherer Grad desselben, bald tritt das Leiden gleich von vorne herein als Paralyse auf.
Diese Arten von Lähmung, die besonders bei Rindvieh, ferner bei Lämmern und überhaupt jungen Thieren, nicht sel­ten vorkommen, und auf den ersten Anblick sehr gefährlich erscheinen, sind es doch weit weniger, als die andern Arten von Paralyse. Die Besserung tritt meist schon mit einigen Tagen ein.
Ihre Heilung beruht hauptsächlich auf Wiederherstellung der Hautausdünstung, daher warmes Verhalten, Fróttiren der Haut; innerlich abführende Mittel (Glaubersalz u. dgl.) in einem Infusum Flor, sambuci oder Rad. valerian.; äusserlich' Einrei­bungen von Camphorgeist, flüchtigem Liniment, Terpentinöl, selbst Cantharidensalbe u.dgl. Beyer sah \on Ammon. pyro-oleos. innerlich guten Erfolg.
Bei Pferden ist manchmal ein eingreifenderes Verfahren nothwendig; anfangs Aderlass, Abführen, später erregende Mit­tel; äusserlich scharfe Einreibungen, Brennen. Die Heilung kann sich auf mehrere Wochen hinausziehen.
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VIEETE CLASSE.
Krankheiten der Fortpflanzung, der Entwicklung und Zurückbildung des Körpers.
Die hieher gehörigen Krankheiten sind theils für sich be­stehende, theils solche, die von dem allgemeinen Gesundheits­zustand des Körpers und dessen Störungen abhängig sind. Die Geschlechtsverrichtungen beginnen naturgemäss erst in einem gewissen Lebensalter, und hören eben so später wieder auf, während andere Functionen das ganze Leben hindurch fort­dauern; ausser dieser Beschränkung ist noch eine andere, weit häufigere, mit der Zähmung der Hausthiere und ihrer Benütz­ung gegeben. Ein grosser Theil unserer Hausthiere, beiderlei G'eschlechts, wird absichtlich von dem Zeugungsgeschäft entfernt gehalten oder dazu selbst unfähig gemacht (Castration). Nicht minder kommt oft die naturgemässe Entwicklung der Thiere mit unserm öconomischen Vortheile in Conflict, und wird bald über­eilt, bald gewaltsam unterbrochen.
Die bedeutenderen Krankheiten des Systems der Ernäh­rung, Bewegung und Empfindung wirken auf die Geschlechts­verrichtungen und die Entwicklung meist nachtheilig zurück; gegentheils führen manche Störungen der Geschlechtsfunctionen zu Krankheiten der Ernährung, Empfindung, des Kreislaufs u. s. w. Es sind namentlich die fieberhaften Krankheiten, die allzu starken Secretionen, die Abzehrungen, die heftigen Schmer­zen u. s. w., welche auf die Geschlechtsfunctionen in der Art zurückwirken, dass sie während der Dauer jener Krankheiten unterbrochen oder vernichtet sind; die erkrankten Thiere zeigen weder Neigung, noch besitzen sie die Fähigkeit zur Ausübung der Geschlechtsverrichtungen. Eben so nachtheilig wirken jene allgemeineren Krankheiten auf die Entwicklung des Foetus oder
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Krankheiten der Geschlechtsverrichtungen.
des jungen Thiers. Die Vererbung mancher Krankheiten be­weist anderntheils, dass es krankhafte Störungen gibt, welche die Fortpflanzung nicht nothwendig hemmen. Die organischen Fehler der Geschlechtsorgane selbst, sehr häufig eine Folge von Entzündung derselben, stören meist ihre Verrichtung auf entschiedene Weise (z. B. Degeneration der Hoden, der Ova-rien u. dgl.).
Die in dieser Classe. zu betrachtenden Krankheitsformen werden in zwei Abtheilungen zerfallen, nämlich:
1)nbsp; in die Krankheiten der Geschlechtsverrichtungen, und
2)nbsp; in die Krankheiten der Entwicklung und Zurückbildung des Körpers.
BESTE ORDNUNG. Krankheiten der Gesehlechtsverrichtungen.
Hat ein Thfer die gehörige Entwicklung seiner Geschlechts­organe erreicht (Pubertät, Mannbarkeit), so wird der ihm ange-borne Trieb zur Fortpflanzung seiner Art rege werden, und es wird suchen, demselben Befriedigung zu verschaffen. Der Ge­schlechtstrieb ist aber nicht allein an ein gewisses Lebensalter gebunden, sondern auch an eine bestimmte Jahreszeit, und er wiederholt sich ziemlich regelmässig. Die Zähmung und die damit verknüpften Einflüsse (nahrhaftes Futter, Zusammenleben mit Thieren des andern Geschlechts u. s. w.) bringen nicht sel­ten eine Unordnung in diese Functionen, so dass der Geschlechts­trieb und die Brunstzeit theils früher, theils später eintreten, und am Ende die Thiere zu jeder Jahreszeit zur Begattung geneigt sind.. Der Geschlechtstrieb kann ferner, ohne Rück­sicht auf die gewöhnliche Brunstzeit, übermässig erhöht sein, gegentheils aber auch ganz fehlen.
A. üebermässiger Geschlechtstrieb. {Satyriasis, Nympliomania.y
Er erscheint häufiger bei weiblichen Thieren, als bei männ­lichen, weil bei einer grossen Zahl der letztern das Fortpflanzungs­vermögen vernichtet wird, ehe sie in die Periode der Pubertät eintreten.
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üebennassiger Geschlechtstrieb.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 671
Symptome: die gewöhnlichen Aeusserungen regen Ge­schlechtstriebes sind theils heftiger zugegen, theiis wiederholen sie sich öfter, fast unaufhörlich; wird derselbe nicht befriedigt, so kommen auch Störungen der übrigen Verrichtungen hinzu, die Thiere lassen vom Futter ab, werden theils traurig, theils aufgeregt und verfallen bei längerer Dauer des Uebels in andere Krankheiten (z. B. Koller bei Pferden, Stiersucht bei Kühen, Wuth bei Hunden, Traberkrankheit, Abzehrung u. dgl.); auch locale Krankheiten, z. B. Degeneration der Eierstöcke, fehler­hafte Absonderungen in den Genitalien, Tuberculose u. s. w. können aus der Nichtbefriedigung des Geschlechtstriebs hervor­gehen. Dass Kühe zur Zeit der Brunst eine veränderte Milch liefern, ist bekannt.
Ursachen: bei den meisten Thieren, besonders den männ­lichen, regt sich der Geschlechtstrieb wenig oder nicht, so lange sie von weiblichen ganz entfernt gehalten werden; sind aber beide Geschlechter in fortwährender Gemeinschaft (z. B. auf der Waide), so erwacht der Trieb frühzeitig, wird in Aufregung er­halten und sogar übermässig. Starke Fütterung bei wenig Ar­beit, insbesondere aber hitziges Futter (Roggen, Gerste, Erbsen, Bohnen, Hanfsamen u. dgl.) erregen den Geschlechtstrieb theils zur Unzeit, theils zu stark. Ein rasches Temperament, reizbare Constitution, die Angewöhnung an Befriedigung des Triebs, ört­liche Reizung der Genitalien durch Ausschläge, Geschwüre u. dgl., Fehler der Verdauung, tragen ebenfalls dazu bei. Ger­lach sah bei einer Stute mit Fruchthälterkrebs anhaltendes Rossen und kollerähnliche Abstumpfung (G. amp; H. VIIL). Eletti beschreibt als „Hysteriequot; einen Fall bei einer Stute, welche während der Brunst zuerst Mangel an Appetit, Hitze, Traurig­keit, dann Raserei, Ausschlagen und Beissen, tetanische Krämpfe, Zähneknirschen, Stöhnen, Schlingbeschwerde, Herzklopfen u. dgl. zeigte, nach drei Tagen aber wieder im normalen Zustande war. (Mail. II.) Es gibt indessen auch Fälle, besonders bei Stuten und Kühen, in welchen selbst bei Vermeidung alles dessen, was den Begattungstrieb erregen konnte, oder bei na­türlicher, jedoch meist erfolgloser Befriedigung desselben, er sich immer wieder aufs Heftigste äussert. Unfruchtbarkeit ist bei weiblichen Thieren gewöhnlich damit verbunden.
Prognose: meist günstigj da es allgemeine und specifische Mittel gibt, diese abnorme Thätigkeit zu beschränken.
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
Behandlung: sie muss zunächst gegen die Ursachen ge­richtet sein. Allgemeine oder örtlich erhöhte Reizbarkeit, durch starke Fütterung erzeugte Vollblütigkeit und Congestionen nach den Genitalien erfordern knappes, kühlendes Futter, Aderlass und kühlende Salze (Salpeter, Weinstein, Glaubersalz). .Fehler der Verdauung, Anschoppungen im Hinterleib, machen ein Ab­führungsmittel, aus Salzen oder Rhabarber (nach Rychner), nothwendig. Oertlich können kalte quot;Waschungen an den Geni­talien von Nutzen sein. Sehr geschwächte Thiere erfordern bessere Nahrung. — Alle diese Mittel haben aber meist blos vorübergehenden Erfolg; daher ist männlichen Thieren Gelegen­heit zur Begattung zu geben, weibliche aber sind wo möglich dahin zu bringen, dass sie aufnehmen, worauf der Geschlechts­trieb für längere Zeit schweigt. Oefteres Zulassen der Stuten (mit einem Maulthierhengst, wenn man durchaus keine Nach­zucht haben will), daneben Aderlass, Salze und selbst Camphor in grösserer Gabe, sind angezeigt; letzteres Mittel unterdrückt bei den meisten Thieren den Geschlechtstrieb oft für längere Zeit, es muss aber in grösserer Dosis (täglich ili—l Unze bei Pferden, nöthigenfalls mit Salpeter) gereicht werden. Auch Digitalis und trockenes Amylum, letzteres dreimal täglich zu 2 Löffel voll auf Häksei gegeben, werden empfohlen. (Holl. 1853, 54.)
Da die weiblichen, an dieser Krankheit leidenden Thiere sehr schwer aufnehmen, so sind die bekannten Mittel zu ver­suchen, um sie dazu zu disponiren (vgl. S. 157).
Endlich bleibt die Vernichtung des Geschlechtstriebs durch Castration der männlichen Thiere und, jedoch seltener, der weiblichen (Kühe, Mutterschweine, Hündinnen) übrig. Die Kühe werden dadurch zur Mästung geschickt; Stuten zu castriren ist nicht rathsam, da fast unausbleiblich eine tödtliche Bauchent­zündung auf die Operation folgt.
Bei der Stiersucht der Kühe scheint der unbefriedigte Geschlechtstrieb mit der Bildung der Tuberkeln in ursächlichem Verhältnisse zu stehen; dass bei andern Hausthieren diese Verbindung zweier Krankheiten, deren jede auch für sich vorkommen kann, nicht stattfindet, beweist noch nicht, wie By ebner annimmt, dass Perlsucht und übermässiger Begattungstrieb keine andere Gemeinschaft mit einander haben, als dass sie zufällig in einem In­dividuum zusammentreffen.
Essmann hat unter dem Namen „Brüllenquot; eine solche Aufregung des Geschlechtstriebs bei Kühen die erst gekalbt hatten, beschrieben; sie nehmen nicht auf, brüllen viel, stossen mit den Hörnern, magern später ab, allein
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Unfruchtbarkeit.,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 673
ohne dass Tuberkel in der Brusthöhle sich bildeten, dagegen fand er die Eierstöcke vergrössert und grosse Wasserblasen enthaltend (G. amp; H. XIV.)-Schmid beschuldigt reizende Nahrung, warme Ställe, das Nichtsaugenlassen der Kälber als Ursachen des Brüllens. Die organischen Veränderungen der Eierstöcke fand Mecke nicht; Prehr erst nach längerer Dauer der Krank­heit (G. amp; H. 1853, 54).
Schneider beschreibt eine Krankheit der Kühe als „Stillöchs igkeitquot; wobei die Thiere alle 4—6 Wochen rinderten, manchmal aber dabei in we­nigen Stunden bis zu 3 Tagen unter Convnlsionen zu Grunde gegangen sein sollen. Bei der Section fand er Bluterguss in den Fruchthälter und selbst in die breiten Bänder desselben, Ueberfüllung der Eierstöcke mit Blut u. s. w. (Bartels Organ L).
B. Mangelnder Geschlechtstrieb. (Anaphrodisia.)
Im Jüngern Alter, so wie im eigentlich hohen Alter, welche Periode unsere Hausthiere selten erleben, fehlt der Geschlechts­trieb naturgemäss.
Es gibt jedoch Beispiele genug, dass derselbe theils früher als gewöhn­lich sich entwickelte, theils bis in das hohe Alter sich erhielt. Ich sah eine 21/jährige Stute, welche bereits ein Fohlen aufgetragen hatte; sie war auf der Waide von einem Vijährigen Hengstfohlen belegt worden. Walch führt eine Stute an, die im 28. Jahre ein Fohlen hatte. Hengste sind oft mit 25 und selbst 30 Jahren noch zeugungsfähig.
Wenn der Geschlechtstrieb zur gewöhnlichen Zeit nicht eintritt oder allzu frühe wieder aufhört, so ist dies meist krankhaft.
Die Symptome sind negativer Art; ausserdem Widerwille und selbst thatiger Widerstand gegen versuchte Begattung.
Ursachen: theils allgemeiner Art, z. B. grosse Schwäche des Thiers, durch Mangel an Nahrung, Säfteverlust, schmerz­hafte und fieberhafte Krankheiten veranlasst; phlegmatisches Temperament, öfters mit grosser Neigung zu Fettansatz — theils localer Art, wie geringe Ausbildung, Missbildung, selbst Mangel oder Degeneration der Geschlechtsorgane (z. B. der Eier­stöcke, Hoden).
Behandlung: sie beruht auf Entfernung der Ursachen; zu fette Thiere müssen mager gehalten, sehr herabgekommene dagegen durch bessere Fütterung, Ruhe u. dgl. wieder zu Kräf­ten gebracht werden ; Missbildungen der äussern Genitalien (z. B. Verschliessung des Muttermunds u. dgl.) können manchmal auf operativem Wege beseitigt werden. (Professor Böhm hat 1844 das Verfahren von Jos. Pfohler zur Eröffnung des Mutter­munds beschrieben s. Rep. V.). Dasselbe ist überhaupt schon in Schw. I (1816 S. 279) und ebd. Bd. IV. (1829 von Meyer)
Hertnf, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 43
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erwähnt. Wo dergleichen Ursachen nicht aufzufinden sind, bringt man solche Thiere in die Nähe begattnngslustiger Thiere des andern Geschlechts; man gibt den Kühen Leinsamen, Hanf­samen, Sabina, Canthariden, Parelaquo; quadrifolia (nach Woch. 1855), Milch einer riuderigen Kuh u. dgl,; den Hündinnen me­tallisches Kupfer. Dresse empfiehlt Schweinen Hb. sabinae Rad. zinziber, je zwei Theelöffel voll auf jedes Futter zu geben. (G. amp; H. 1855 Suppl.)
C. Unfruchtbarkeit. (Sterüitas, Impotentie.) Literatur: Fuchs in Luzern. Abh. Schw. XIV.
Sie ist meist von mangelhafter Entwicklung der Geschlechts-Organe abhängig (Fehler der ersten Bildung, der Lage, Grosse, Structur), kommt aber auch bei vollkommen ausgebildeten Ge­nitalien und selbst regem Geschlechtstriebe vor; so sind z. B. manche äusserlich ganz gesund scheinende Hengste sehr wenig fruchtbar oder ganz unfruchtbar; dies kann sogar periodisch oder vorübergehend der Fall sein (wie Gillmeister in seiner „Sammlung wichtiger Erfahrungen, Leipzig 1841quot; anführt). Zu häufige Benützung der männlichen Zuchtthiere ist eine gewöhn­liche Ursache verminderter Fruchtbarkeit; bei den weiblichen Thieren können zu sehr gesteigerter Reiz (Stiersucht) oder Mangel desselben, überhaupt mehrere der oben unter A. und B. angeführten Ursachen, Schuld sein, dass die Empfängniss aus­bleibt, was man daran bemerkt, dass nach einiger Zeit der Geschlechstrieb sich wieder aufs Neue äussert. Fuchs be-• schuldigt die reine Stallfütterung, die Ueberzahl der Kühe für den Farren, Kühe, die keinen sogenannten Putztrank (Sabina) nach dem Kalben erhalten hätten. Er gibt Pfeffer und Can­thariden, mit Terpentin zur Pille gemacht.
Da es häufig ungewiss ist, welches der beiden zeugenden Individuen an der Erfolglosigkeit der Begattung die Schuld trägt, so versucht man es mit einem andern Thiere, unc( nimmt zugleich auf den allgemeinen Zustapd, die Wahl des passenden Zeitpunkts u. s. w. Rücksicht. Stuten, die von dem einen Hengste längere Zeit nicht trächtig wurden, empfangen manch­mal sogleich, wenn ihnen ein anderer Hengst zugetheilt wird oder wenn man sie ein paar Mal hinter einander belegen lässt. Zu grosse Ungleichheit des Paars nach Alter, Ra^e, Grosse, Farbe, Temperament u. s. w. ist öfters der Befruchtung hinderlich.
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Tripper.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 675
Oertliche oder allgemeine Krankheiten, welche die Begat­tung theils überhaupt hindern, theils erfolglos machen, sind nach ihrer Beschaffenheit zu behandeln. Die Mittel, welche den Geschlechtstrieb unterdrücken, sind bereits oben angeführt.
Auffallend ist es, dass die Maulthiere, welche doch so starken Begat­tungstrieb äussern, bei völlig ausgebildeten Organen nahezu ganz unfruchtbar sind, nm so mehr, als die meisten andern Bastardthiere, sowohl unter Säugethieren als Vögeln, sich fortzupflanzen vermögen. Auch die Cryptor-chiden unter den Pferden (sog. Spitzhengste) sind meist unfruchtbar. Bei den Zwillingskälbern verschiedenen Geschlechts (Stier- und Kuhkalb) ist letzteres durch eine angeborene Missbildung der inneren Organe beinahe jedesmal un­fruchtbar.
Ueber zu grosse Fruchtbarkeit wird man sich bei den zur Zucht bestimmten männlichen Thieren nicht leicht zu beklagen haben; dagegen ist bei weiblichen Thieren die Neigung, eine zu grosse Zahl von Jungen auf ein­mal zu gebären [z. B. Zwillinge und Drillinge bei Stuten, selbst Vierlinge bei Kühen und Schafen, 24—26 Junge auf einen Wurf von einem Schwein, 12—21 von einer Hündin], in economischer Hinsicht nicht erwünscht, da dieselben gewöhnlich sehr klein ausfallen und meist bald nach der Geburt zu Grunde gehen. Die Wahl eines andern männlichen Thiers wäre versuchsweise zu empfehlen. Es gibt auch weibliche Thiere mit entschiedener Neigung, Missbildungen zu liefern. (Hofacker dissert. 1828. Bellingeri sulla fecon-dita. Torino 1840).
D. Oertliche Krankheiten der Genitalien (bei Zuchtthieren). Es würden zunächst die Entzündungen derselben hier aufzuführen sein, welche aber theils wegen der Uebereinstimmnng mit andern localen Entzün­dungen , theils weil sie auch bei nicht zur Zucht benützten Thieren vor­kommen können, in der zweiten Ordnung der zweiten Classe beschrieben worden sind.
a) Tripper. Blennorrhoea. {Oonorrhoea, Edulivm? Ad.)
Literatur: Greve (Erfahr. I), Rodet (im Jonrn. prat. 1828), Delwart (in Belg. 1842). Baumann Carlsr. 1850. Lehwes G. amp; H. 1853.
Ein fieberloser, langwieriger Schleim- oder Eiterausfluss aus der Harnröhre männlicher oder weiblicher Thiere.
Man beobachtet den Tripper am häufigsten bei Hunden, seltener bei alten Beschälhengsten, nach Huzard auch bei Stieren (von zu vielem Bespringen; sei ansteckend); es scheint jedoch dass diese Krankheitsform manchmal mit Blasencatarrh, Leucorrhoe und selbst mit der gutartigen Beschälkrankheit der Pferde verwechselt worden ist.
Der Ausfluss findet aus der Harnröhre statt, und ist nicht
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
mit einer zu starken Absonderung in dem Schlauche, dem so­genannten Eicheitripper (d. h. Entzündung der Talgdrüsen an der Eichel) zu verwechseln; bei Pferden scheint der Ausfluss manchmal eher aus der Vorsteherdrüse, als von der Harn-rührenschleimhaut herzukommen. Die Flüssigkeit ist gelblich, selbst grüngelblich, rahmartig; anfangs geruchlos, später widrig riechend; sie tröpfelt von selbst aus und sammelt sich theils im Schlauche, theils an Stellen, wo die Thiere stehen oder liegen, auf dem Boden; das Harnen ist im höhern Grade des Uebels beschwerlich, schmerzhaft; Entzündung des Penis, des Schlauchs, Bildung von flachen, fressenden Geschwüren und von warzenartigen (blumenkohl-ähnlichen) Anwüchsen an den Geni­talien (bei Hunden auch an der Lippe, im Maule und selbst an den Augen, Ohren u. s. vv.) begleiten die Krankheit. Bei den Hengsten schuppt sich die den Penis überziehende Oberhaut öfter ab, und es entstehen Schrunden in dem fibrösen Ueber-zuge der schwammigen Körper.
Der Schmerz, die Harnbeschwerde, die Degeneration der erkrankten Theile, die hinzutretende Verhärtung der Vorsteher­drüse, der Hoden und Leistendrüsen, selbst der Milz, Gekrös-drüsen u. s. w. sind im Stande, das Tliier aufzureiben.
Bei der Section findet man die Harnröhre entzündet, die Blase eben so, oder mit dunkeln Flecken besetzt, Pusteln und Auswüchse im Schlauche; auch Entzündung an den Eingeweiden der Becken- und Bauchhöhle.
Ursachen: ausser der Ansteckung unbekannt; diese ist bei verschiedenen Thierarten (Hengsten, Stieren, Hunden) be­obachtet worden, die Krankheit scheint jedoch nicht jedesmal intensiv genug, um einen Ansteckungsstoff zu bilden. Ist die­ses aber der Fall gewesen, so wird durch die Begattung die Krankheit leicht auf die weiblichen Thiere übertragen, die als­dann von einem ähnlichen Ausfluss aus den Genitalien und Geschwüren betallen werden. Die Selbstentwicklung des Trip­pers männlicher Thiere wird meist der allzu häufigen Benützung derselben zur Zucht zugeschrieben, was jedoch nicht ganz wahr­scheinlich ist. Eben so ungewiss ist, ob eine zufallige Ent­zündung der äussern Genitalien Tripper nach sich ziehen könne. Hurtel d'Arboval führt einen Fall an, wo viele Hengste durch den (innerlichen?) Missbrauch der Canthariden am Tripper zu Grunde gegangen sein sollen.
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Scheidencatarrh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 677
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Die Ansteckung äussert sich meist schon wenige Tage nach der unreinen Begattung, durch Entzündung und Ausfluss aus der Vagina; wird ein solches weibliches Thier von einem gesunden männlichen belegt, so findet eben so gut Uebertragung statt, wie im umgekehrten Falle.
Grere impfte einen Hund am Präputium; schon nach 6 Tagen bildete sich ein fressendes Geschwür an der Impfstelle, aus welchem eine grünliche, käsige Materie sickerte; die ganze Vorhaut schwoll stark an, der Penis war fast beständig erigirt, die Ham-Excretion schwierig, und das Thier krepirte am 23. Tag nach der Impfung. Schneider sah einen Hund, welcher seit Jahren an Tripper und Condylomen litt, das Uebel durch Begattung auf Hündinnen übertragen. (Med. Annalen 1840.) Baum ami, Tripper, zugleich Markschwamm der Milz bei einem Hunde.
Die Behandlung erfordert im Anfange des Uebels ein gelinde entzündungswidriges Verfahren, dazu erweichende Bäh­ungen und Einspritzungen in den Schlauch und die Harnröhre; bei längerer Dauer sind örtlich adstringirende iMitteJ (Decocte zusammenziehender Pflanzenstoffe, Auflösungen von Alaun, weis-sem oder blauem Vitriol u. s. w.) angezeigt. Rodet behandelte die Krankheit bei einem Hunde örtlich mit Blutegeln und Bädern; innerlich mit Sassaparille und Balsam, copaivae; letzteres Mittel hat auch Del wart theils allein, theils mit Terpentin (zu 1—2 Unzen täglich für Pferüe und Rindvieh) empfohlen.
Dr. Blumröder machte Versuche mit dem Tripperstoff der Hunde, in der Hoffnung, dadurch einen Stoff zur Ausrottung der menschlichen Lustseuche zu bekommen [ähnlich wie Kuhpocken vor Variola schützen]. Prof. Frid-reich in Würzburg sah Geschwüre an den Genitalien eines Hundes, die den menschlichen Chankern auf das Täuschendste glichen. Isis 1826. Deconde impfte Trippermaterie von Menschen auf die Bindehaut von Hunden und brachte dadurch dieselbe entzündliche Granulation wie bei der Ophthalmia militaris (blennorrhoica) des Menschen hervor. Chlorkalk oder Salpetersilber unmittelbar nachher auf die Impfstelle gebracht, hinderte die Ansteckung. (Fror. N. Not. XXI).
b) Scheidencatarrh, (Catarrhus vaffindeJ)
. Unter diesem Namen wird ein, besonders bei Kühen einige Wochen nach dem Kalben beobachteter Ausfluss aus der Scheide beschrieben, dem ein gelinder Fieberanfall (Frösteln, mangeln­der Appetit u. s. w.) vorausgeht; biezu kommt Unruhe des Thiers, Wedeln mit dem Schweif, beschwerliches Harnen, Nach­lassen - der Milch u. dgl. Nach 1—2 Tagen stellt sich Auf­lockerung und Röthe der Scheiden-Schleimhaut und ein dünner,
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
durchsichtiger Schleimausfluss aus der Scheide ein, der bald etwas zähe, dicklich, grünlich oder weiss wird, aber durchsich­tig und geruchlos bleibt: die Fresslust kehrt zurück, das Thier wird ruhig, aber die Milch bleibt vermindert, die Haut trocken u. s. w. Allmählig verschwindet der Ausfluss, so dass nach 14 Tagen bis 3 Wochen das Thier hergestellt erscheint; bei länge­rer Dauer kann wuisser Fluss daraus entstehen. Der Scheiden-catarrh könnte mit den unmittelbar nach der Geburt eintreten­den Lochien, später mit dem Ausfluss aufgelöster Ueberreste der zurückgebliebenen Nachgeburt (welcher höchst übelriechend ist) verwechselt werden.
Ursache: neben der durch das vorangegangene Gebähren herbeigeführten Disposition, hauptsächlich Erkältung, theils der Haut, theils der Eingeweide (durch kaltes Getränk und Futter).
Behandlung. Vor dem Eintritt der Secretion kann man einige Galten Nitr. oder Natr. sulphur, geben; nach demselben aber Schwefel in Verbindung mit bittern, gewürzhaften Mitteln und Kochsalz. Dazu Erregung der Hautausdünstung durch warmes Bedecken, Frottiren der Haut u. s. w.
c) Weisser Fluss. (LeucowJwea.) (JJlceratio genital, simpl. s. Pauläcium Ad.)
Literatur: Rehrs (G. amp; H. VIII), Fitter (Vet. 1849), Hinze (Holl. 1854).
Ein langwieriger, fieberloser Ausfluss von Schleim aus der Scheide und dem laquo;Fruchthälter, mit Zeichen örtlicher Schwäche und Erschlaffung; endlich zur Cachexie führend. Bei Kühen und Stuten am häufigsten vorkommend.
Der Anfang der Krankheit wird gewöhnlich übersehen und derselben erst nach einiger Zeit Aufmerksamkeit geschenkt.
Der Ausfluss ist anfangs geruchlos, zähe, undurchsichtig, schmutzigweiss, auch- seifenartig, oder aber gelblich, grünlich eiterähnlich; die Genitalien und der Schweif sind damit be­schmiert, seine Menge varirt periodisch und ist oft ziemlich bedeutend (I—5 Pfund auf einmal); die Schleimhäute der Ge­nitalien sind blass, schlaff, ohne erhöhte Empfindlichkeit; das Harnen ist nicht schmerzhaft; kein Fieber; fortdauernde Fress­lust, bei verminderter Milchsecretion und später deutlicher Ab­magerung. Der Geschlechtstrieb fehlt oder ist wenigstens nicht erhöht; die Thiere nehmen selbst auf, verwerfen jedoch gerne
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Beschälkrankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 679
wieder. Im weitern Verlauf wird der Ausfluss übelriechend, flöcldg, der Buttermilch ähnlich, manchmal röthlich, die Milch zähe, geringhaltig, die Haut hart, das Haar struppig; die Schwäche nimmt allgemein Überhand, es zeigt sich Abmagerung und Husten; Durchfall beschleunigt die Abzehrung.
Der chronische Verlauf, die üble Beschaffenheit der Se­cretion, der örtliche und allgemeine Schwächezustand unter­scheiden den weissen Fluss von dem blossen Scheidencatarrh, der jedoch öfter nur der Anfang des weissen Flusses ist.
Der nach der Geburt stattfindende normale Ausfluss (Lochien), sowie der Abgang eines im Mutterleib abgestorbenen Foetus, sind nicht mit der Leucorrhoe zu verwechseln.
Ursachen: allgemeine Schlaffheit; heftiger Geschlechts­trieb, Erhitzung vor der Befriedigung desselben, Erkältung nach der Geburt, — Entzündungen der Genitalien nach schweren Geburten, allzustarkes antiphlogistisches Verfahren gegen die­selben u. s. w.
Behandlung. Vor allem allgemeine Kräftigung des Thiers durch bessere Fütterung und Wartung. Innerlich specifische Mittel (balsamische, harzige; Hb. mülefolii und Sabinae, 01. tereb.) mit aromatischen und adstringirenden Pflanzenstoffen. Oertlich fleissige Injectionen von denselben Pflanzentheilen, Aq. Calcis, Auflösung von Alaun, weissem Vitriol, Creosot u. dgl.
(Bei Stuten, die an Rotz leiden, kommt ein ähnlicher Ausfluss aus den Genitalien symptomatisch vor.)
d) Beschälhrankheit. (Ulceratio genit. contagiosa Ad.)
(Venerische Krankheit, Chankerseache, ven. Nervenkrankheit; hannöver'sche
Krankheit, Äphthenkrankheit. Paulacium, Edrtlium Hippiatr. graec.
Syphilis — Framboesia Erd.)
Literatur; Ammon (Gestütskunde 1833); Wirth (Seuchen 1838), Haxt-hausen (1839), Hertw.ig in G. amp; H. VIII); ausführliche Zusammen­stellung zugleich mit neuen Beobachtungen und Abbildungen ebend. XIII. Strauss (in östr. Vet. I), Erdelyi (in östr. Jahrbüchern 15. Band.) Bodleff Abhdlg beide Formen betr. 1853. Wit (histor.) in Hell. 1854. Jessen Abhdlg 1850. Busse 1857.
Unter den oben bezeichneten Namen sind zwei verschie­dene Krankheitsformen bekannt geworden, welche nur den Sitz in den Genitalien, und das Ansteckungsvermögen mit einander gemein haben. Es ist ohne Zweifel zweckmässiger, die leich­tere Form als Aphthen der Geschlechtstheile von der schwere-
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680nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Geschlechtsorgane.
ren Form (der eigentlichen Chankerseuche) ganz zu trennen, um so mehr als erstere Form in gleicher Weise auch beim Rindvieh vorkommt, die letztere dagegen nicht. Hertwig hat die Geschichte des Leidens, von 1796 bis auf die neuere Zeit mitgetheilt.
Es herrscht noch einige Verwirrung in diesen beiden Krankheitsformen; so nennt z. B. Roll die Aphthen der Genitalien, welche bei Pferden und Schafen (? Kühen) am häufigsten Torkommen sollen: Chankerseuche und ver­sichert , dass sie manchmal in Rotz und Wurm, aber nicht in die Lähmungs­krankheit (d. h. die bösartige Beschälkrankheit) übergehe. — Die Impfver-suche von Toulouse (Rep. XVI) scheinen zu beweisen, dass die gutartige und die bösartige Form beim Pferde nicht specifisch, sondern blos gradweise ver­schieden seien; denn von 15 absichtlich angesteckten Stuten erkrankten 5 gar nicht, 5 leicht, von selbst wieder heilend, und fast ganz local, 5 aber schwer, worunter*, zum ïheil erst nach l'/z Jahren an Lähmung verendeten. Rodleff will nie die gutartige Form (Aphthen) in die bösartige übergehen gesehen haben. Endlich ist locale Infection mit Rotz an den Genitalien auch hieher gezogen worden; Anginiard führt 38 Stuten an, die von einem rotzkranken Hengst an den Genitalien angesteckt wurden, der Hengst hatte Geschwüre an der Ruthe und in der Harnröhre. In Preussen wurden 32 Stuten durch einen Privatbeschäler theils an den Genitalien, theils am Widerrist (vom Beissen) angesteckt. G. amp; H. 1856. Suppl.
et) Aphthenkrankheit, Phlyctänenausschlag der Genitalien. Gutartige Beschälkrankheit (vgl. Rep. II, V, VIII).
Besondere Literatur: Kaiser in Schw. IV (1829), Numan Abhdl. in s. Mag. V. 1845, Straub (Rep. V),.Balardini (Gaz. Lomb. 1849), Dayot, Eczema; 5 Hengste steckten 300 Stuten an; er impfte sein Pferd drei­mal mit Erfolg (Rec. 1850), Schilling bei 2 Farren und 10 Kühen, Kr. 1852. Werner, Meer bei Pferden (G. amp; H. 1855. Suppl.) bei Rindvieh ebd. Hering in Rep. XVII.
Ein bei Stuten und Kühen von selbst entstehendes und durch Ansteckung auf die männlichen Thiere übergehendes bla­senartiges Exanthera an den Genitalien, mit ganz fehlendem oder gelinde catarrhalischem Fieber und raschem Verlauf (8 bis 14 Tage). Man beobachtet bei den Stuten und Kühen zur Zeit der Brunst oder aber, kürzere oder längere Zeit nach­dem sie belegt worden, eine leichte oedematöse Anschwellung am Wurfe und zwischen den Hinterschenkeln, die Schleimhaut der Scheide stellenweise leicht gerüthet, und vermehrte Ab­sonderung eines eiweissartigen, milden und klebrigen Schleims, der später dickflüssig und röthlichgelb wird, und an den Rän­dern des Wurfs durchsichtige gelbe oder bräunliche Krusten bildet. Der Schleim fliesst theils anhaltend aus und besudelt.
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Aphthenkranklieit der Genitalien.
den Schweif, die Schenkel u. dgl.; theils sammelt er sich in der Scheide an und wird von Zeit zu Zeit in grösserer Menge ausgestossen. Nach wenigen Tagen wird die Schleimhaut der Scheide schlaff und gelblich gefunden, am Wurfe zeigen sich kleine Bläschen, die aufbrechen, in der Scheide meist flache, mit dünnen Schorfen bedeckte (aphthöse und diphtheritische) Geschwüre, von bald rothem, bald blassem und speckigem Aussehen, welche in 6—8 Tagen zu heilen anfangen und platte, weissliche Flecken, oder wenn die Bläschen auch auf der be­haarten Haut (z. B. der Schenkel) erschienen waren, weisse haarlose Stellen hinterlassen. Das zu diesem localen Leiden manchmal hinzutretende Allgemeinleiden, äussert sich durch eine unbedeutende Vermehrung der Pulse, Sträuben der Haare, Mat­tigkeit, Abnahme des Appetits; es verliert sich meist schon in der ersten Hälfte der Krankheitsdauer ganz. Bei Hengsten, welche durch eine kranke Stute angesteckt worden sind, (und dann die Krankheit weiter unter den Stuten ausbreiten) wird die Entzündung und Anschwellung des Schlauchs und der Ruthe ziemlich bedeutend, nimmt aber mit dem Ausbruche der Bläs­chen an der Oberfläche der Ruthe und selbst der Eichel, wie­der ab und die Heilung geht auf gleiche Weise und in der­selben Zeit vor sich wie bei den Stuten. Die letztere Periode der Krankheit ist meist nur 2—10 Tagen, in seltenen Fällen scheint sie'sich auf 20—30 Tage zu erstrecken.
Die Aphthenkrankheit zeigt sich noch häufiger bei Kühen und Zuchtstieren, und zwar mit ziemlich starken örtlichen Ent-zündungszuföllen, im Uebrigen aber eben so gefahrlos, wie bei den Pferden. Mersiwa sah die Krankheit bei Schweinen, von einem Eber ausgehend. (G. amp; H. 1854. Suppl.)
Die Ursachen des Leidens sind mit Ausnahme der An­steckung nicht näher bekannt; eine fehlerhafte Absonderung in den weiblichen Genitalien mag die erste Veranlassung geben, hievon wird ein männliches Thier angesteckt, welches sofort die Krankheit auf viele weibliche überträgt, worauf erst die Sache zur Kenntniss kommt. Die erforderlichen Vorsichts­massregeln können sich auf die Absonderung der kranken Thiere von den gesunden, und Verhütung der Begattung, so lange als die Krankheit dauert, beschränken. Die Behandlung ist theils eine örtliche mit schleimigen und schmerzstillenden, später gelinde adstringirenden Einspritzungen und Waschungen,
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
theils eine innerliche durch entzündungswidrige Mittel (Glauber­salz, Salmiak) in vielen Fällen scheint jedoch das Leiden von selbst vorüberzugehen.
ß) Chankerseuche, bösartige Beschälkrankheit der Pferde. Literatur: ausser den bereits oben angegebenen; Göppert (G. amp; H. 1849), Ebers (J.B. 1849), Hayne (Wien II), Pillwax (Wien 1853—56); Beobachtungen der Chankerseuche im südlichen Frankreich, ausführlich in Rec. 1852—54, Toul. 1855. Signol (in Algier Ree. 1854.), Erdt in G. amp; H. 1854. Snppl.), Busse, in Rnss. Memorabil. II. 1857.
Ausser der Ansteckung ist nichts über die Entstehung die­ser Krankheit bekannt; sie kam zur oder kurz nach der Be­schälzeit bei Stuten und Hengsten verschiedenen Alters vor.
Entwickelte sich die Chankerseuche bei Hengsten, so wurden diese, bei fortdauernder Fresslust, gleichgültig, mager­ten besonders hinten ab, zeigten sich schwach im Kreuz, gingen steif und hinkten periodisch, wurden gelähmt, während zugleich Geschwulst des Hodensacks und der Hoden, Geschwüre am Penis, ein flacher Beulenausschlag auf der Haut, und endlich missfarbiger Nasenausfluss das Leiden begleiteten.
Wird dagegen ein Hengst von einer Stute angesteckt, s'o bildet sich das örtliche Leiden der Geschlechtstheile zuerst aus. Es entstehen hirsekorn grosse Bläschen und Erosionen in der Isähe der Harnröhrenmündung und am Penis, selten tief gehende Geschwüre; ferner Anschwellung der Hoden, der Leistendrüsen, und sodann das allgemeine Leiden des Lymphsystems, die Knoten und Geschwüre in der Haut u. s. w.
Die Krankheit ist von einem merklichen Sinken der Kräfte und der Sinnesthätigkeit (schwankender oder steifer Gang, Un­aufmerksamkeit u. dgl.) begleitet, und zwar ist bald dieses het-vöse Leiden vorwaltend über die krankhafte Secretion, bald scheint letztere das Haupt- oder alleinige Leiden darzustellen, welches fieberlos bleibt und nur allmählig die Ernährung be­einträchtigt.
Nachdem der Ausschlag und die Geschwüre der Haut län­gere Zeit (Wochen, Monate) gedauert haben, gesellen sich die Zeichen einer Lähmung (des Kreuzes, der Hinterfüsse, der Ohren, Lippen) hinzu, mit welcher das Thier noch Monate lang leben kann, bis es endlich an Abzehrung zu Grunde geht. In manchen Fällen entwickeln sich im Laufe der Kraftkheit Rotz oder Wurm unter den gewöhnlichen Symptomen.
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Chankerseuche.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 683
Bei der Stute besteht das locale Leiden in einer schlaffen ödematösen Anschwellung des Wurfs, Ausfluss von zähem, weisslichem geruchlosem Schleim aus der Scheide, deren Schleim­haut blass oder gelblich, oder gefleckt erscheint; die an den Genitalien entstehenden (manchmal aber auch fehlenden) Bläs­chen, bilden nach dem Aufbrechen runde, oberflächliche Erosio­nen, catarrhalische oder diphtheritlsche Geschwüre, welche bald heilen, bald aber auch fortdauern oder nur heilen, um neuen Platz zu machen. Es tritt alsdann das allgemeine Leiden, mit Abmagerung^ Stumpfsinn, Lähmung u. s. w. hinzu. Wenn die Krankheit bei einer Stute durch Infection entsteht, so ist an­fangs einige Aufrsgung der Genitalien mit Röthung, Geschwulst der Clitoris u. s. w. zugegen.
Die Dauer der Chankerseuche ist sehr langwierig und va-rirt von 4—5 bis zu 12—15 Monaten; man will diesen Verlauf in ein entzündliches Reizstadium, ein lymphatisch-nervöses und in ein paralytisches Stadium eintheilen, welche jedoch ohne be­stimmte Gränzen in einander übergehen. Es kommen aber auch Fälle vor, in welchen die Krankheit mit der Lähmung be­ginnt, und die örtlichen Symptome an den Genitalien ganz fehlen (so z. B. die von Signol in Algier beobachtete Form).
Die Section zeigt ausser den örtlichen und oberflächlichen Symptomen der Krankheit (Geschwüre u. dgl.) die Schleimhäute der Genitalien, der Harnwege, der Nase und Lunge aufgelockert; meist blass, mit krankhaftem Schleim, seltener mit Geschwüren bedeckt; die Lymphdrüsen in und ausser der Bauchhöhle mehr oder weniger angeschwollen; die Hoden braun, weich, das Blut schwarz, dick, schmierig; das Fett in eine sulzige Masse ver­wandelt; in seltenen Fällen entzündliche Röthung der Rücken­markshäute-, häufiger wässerigen oder sulzigen Erguss in den Wirbelcanal, die Nervenmasse erweicht, besonders in der Len­dengegend u. s. w. Hayne legte auf den fibrösen Erguss in das Hüftgelenk und die umgebenden Muskeln besondern Werth. Lafosse untersuchte die- Producte der beschälkranken Thiere (Sperma, Vaginalschleim, Blut, Synovia u. s. w.) genau, fand aber keine characteristischen Abweichungen, bios die Cerebro-spinal-Flüssigkeit war sehr arm an gerinnbaren Bestandtheilen. (Toul. 1855.)
Ursachen. Dass die Krankheit ursprünglich von den Ge-schlechtstheilen und ihrer Thätigkeit herrühre, geht daraus her-
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
vor, dass selten oder nie Wallachen oder Fohlen von ihr be­fallen wurden; dagegen hat man sie bei Stuten gesehen, die nicht bedeckt worden sind. Manche beschuldigen das zu häufige Beschälen der Hengste. (Fall von Panizza, Mail. III; dagegen die Beobachtungen von Jessen.) Ebers hält das primäre Leiden bei den Hengsten für ein allgemeines, das sich in den Genitalien localisire; bei den Stuten dagegen (und bei den durch diese angesteckten Hengsten) sei das locale Leiden zuerst vor­handen und es gehe aus diesem das allgemeine Leiden hervor. Die entfernteren Ursachen sind bisher nicht zu ermitteln ge­wesen; meist lässt sich Ansteckung nachweisen und zwar wer­den mehr Stuten von Hengsten angestecktf als umgekehrt; von einem inficirten Hengst aber werden nicht alle Stuten an­gesteckt, die er belegt, sondern mehrere derselben scheinen keine Disposition zu der Krankheit zu besitzen. Das Contagium ist fixer Natur und scheint blos durch die Begattung, nicht aber durch Zusammenleben u. dgl. übertragen zu werden, selbst zufallige Besudelung mit der krankhaften Secretion der Hant­geschwüre u. s. w. hatte weder bei Thieren noch Menschen nachtheilige Folgen. Die Incubationszeit des Contagiums ist höchst unbestimmt; manche Stuten zeigen erst mehrere Mo­nate nach der Begattung die ersten Symptome der Ansteckung. Absichtliche Impfung von Thieren haftete, jedoch nicht jedes­mal. Da bei den Hengsten der Ueberzug des Penis mit einer dicken Epidermis versehen ist, so erklärt es sich wohl, wie einzelne solche Thiere das Contagium von einer kranken Stute auf eine gesunde übertragen konnten, ohne selbst davon ange­steckt worden zu sein.
Pill wax behauptet, dass man 4 Krankheitsformen unter dem Namen Beschälkrankheit zusammenfasse und verwechsle; nämlich das Eczem der Buthe und des Wurfs, eczematöse Geschwüre der Buthe nnd catarrh. Fclli-culargeschwüre des Wurfs, Catarrh der Scheide und des Uterus, endlich die Lähmungskrankheit; letztere sei Rückenmarksdarre, stehe mit dem Eczem in keinem Zusammenhang und sei auch nicht ansteckend. Erdt hat eine „mo-dificirte Beschälkrankheitquot; beschrieben, die vielleicht auf Botz und Wurm zu reduciren ist. Nach Simon steckte ein rotzkranker Hengst 12 Stuten an, darunter eine mit der Beschälkrankheit, die er selbst nicht hatte.
Prognose meist bedenklich. Wird das Leiden frühzeitig erkannt, so ist die Heilung eher noch herbeizuführen, ja sie kommt manchmal ohne Zuthun der Kunst zu Stande. Dies ist aber im Voraus, selbst unter günstigen Verhältnissen, nicht
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Chankerseuche.
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zu bestimmen, daher Vorsicht nothig. Sobald die Krankheit in das zweite Stadium (Leiden des Lyraphsystems) übergegan­gen ist, wird ihre Heilung schwierig und ungewiss; im dritten Stadium (allgemeine Cachexie aué Lähmung) ist wenig oder keine Hoffnung der Wiederherstellung.
Therapie. Im Beginne der Krankheit: Frottiren der Haut, Diät, Mehlwasser, grosse Reinlichkeit, Vermeiden des Reibens der Genitalien durch den Schweif, durch Vorwärts­binden desselben; innerlich diaphoretische Mittel, z. B. Salmiak in einem Infus. ßor. sambuc. oder rad. valerian.; kleine Ga­ben von Camphor; örtlich Einspritzungen in die Scheide oder Bähungen der Geschwüre am Penis mit einem aromatischen Decoct, unter Zusatz von Eichenrinde oder selbst Bleiessig. Im zweiten Stadium der Krankheit sind die Spiessglanz- und Schwefelpräparate mit bittern und gewürzhaften Pflanzenstoflfen innerlich zu reichen, die Einspritzungen fortzusetzen, die pustu-lösen Hautstellen mit einer Auflösung von schwefelsaurem Kupfer oder Zink zu waschen. In der dritten Periode kann man noch starke äussere Reize (Brennen der gelähmten Theile, Canthariden- oder Brechweinsteinsalbe u. dgl.), innerlich Herb, sabinae oder Arnica mit Tart. emet, Salmiak mit Terpentinöl, schwefelsaures Eisen u. s. w. versuchen. Manche empfehlen das ver-süsste Quecksilber im Anfang der Krankheit bis zum Eintritt einer merklichen Affection der Maulschleimhaut zu geben, die Wirbelsäule mit kaltem Wasser zu begiessen, innerlich Arnica, Bacc. juniper., Rad. senegae u. dgl. zu reichen.
Polizeiliche Maassregeln sind zur Verhütung der Aus­breitung der Krankheit anzuordnen; sie bestehen in sorglaltiger Untersuchung des Gesundheitszustandes der zur Paarung be­stimmten Thiere, Abhaltung der verdächtigen oder angesteckten, nöthigenfalls Unterbrechung des Beschälgeschäfts in inficirten Gegenden für längere Zeit.
Diese Krankheit ist in manchen Ländern noch sehr venig beobachtet; in Württemberg sind nnr einzelne und sehr gutartige Fälle vorgekommen; in andern Gegenden scheint sie sich öfters ziemlich Terbreitet' und einen bös­artigen Character angenommen zu haben, z. B in Hannover, in Schlesien, Steyermark, Ungarn, Bussland; auch in Frankreich und der Schweiz hat man sie gesehen. Debrigens weichen die verschiedenen Beobachter in wesentlichen Dingen von einander ab; so z. B. führen Einige im Beginn des zweiten Sta­diums ein entzündliches Fieber, trockenen Hasten, Kurzathmigkeit u. dgl., and hei der Section: Entzündung, Geschwüre and selbst Brand der Lunge,
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
Entztindnng des Frnchthälters u. s. w. an; Andere halten die Chankerseuehe für nächst verwandt mit dem Rotz; noch Andere nehmen das Nervenleiden (die Abgeschlagenheit, das Sinken der Kräfte und die Lahmung) für die Hauptsache.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,.
* Angebliche Syphilis bei Thieren.
Auch bei Rindvieh, Hunden und vielleicht andern Hausthieren kommen Geschwüre und Condylome an den Genitalien vor.
Pauli von Landau beobachtete einen Stier, der am Penis eine nuss-grosse Feigwarze hatte, die er für ein venerisches Cendylom hielt; alle in letzter Zeit von ihm besprungenen Kühe bekamen einen krankhaften Schleim-ausfluss aus den Genitalien, der aber bei den meisten von selbst, oder auf adstringirende Einspritzungen heilte.
Greve hält die am Penis der Hunde nicht selten vorkommenden blumen-kohlähnlichen Auswüchse ebenfalls für syphilitischer Art. Indessen ist die Identität aller dieser Krankheitsformen mit der Syphilis des Henschen höchst zweifelhaft. Absichtliche, an Pferden und Hunden hier angestellte Impfver­suche mit Eiter von Chankergeschwüren und Bubonen hatten durchaus ein negatives Resultat. Dagegen hatte Turenne der Pariser Academie eine Reihe von Versuchen vorgelegt, nach welchen die üebertragung der Syphilis auf Affen, Katzen, Hunde und Kaninchen gelungen sein soll (Fror. N. Not. 32. Bd.).
Diday zeigte durch Versuche, dass die auf Thiere geimpfte Syphilis sich wieder auf Menschen zurückimpfen lässt. Indessen scheint das Erkranken der Thiere durch Impfung mit syphilitischem Eiter immer local geblieben
e) Samenßuss. (Gonorrhoea.')
Bei Hengsten und Stieren beobachtet; als Folge zu häu­figen Beschälens und daraus entstandener localer Schwäche. Der Samen geht ausser dem Beschälen und ohne Erection des Penis ab. Behandlung: Vermeidung der Ursache; örtliche stärkende Waschungen und Einreibungen; Huzard heilte einen spanischen Hengst, nachdem 8 Monate die verschiedensten Mittel versucht worden waren, durch Punctfeuer vom After bis zum Schlauch (Instr. VI.); Prange durch Stellen in kaltes Wasser (Rec. 1855).
ƒ) iFruchthälterwassersucht. (Hydrometra.)
Der Frnchthälter von nicht trächtigen Stuten, Kühen, Hündinnen und Katzen ist manchmal von einer bedeutenden Menge einer schleim- oder eiterähnlichen, geruchlosen Flüssig­keit angefüllt; diese sammelt sich daselbst an und wird von Zeit zu Zeit durch den Muttermund, entweder nur portionen-
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Fruchthälterwassersucht.
weise, oder ganz entleert. Diesem üebel scheint ein lang­wieriger, fieberloser, catarrhalischer Zustand der Schleimhaut des Fruchthälters zu Grunde zu liegen, und ist daher der Aus­druck Wassersucht ebensowenig richtig, als wenn man ihn für eine ungewöhnlich grosse Ansammlung von Fruchtwasser (Li­quor amnios) bei trächtigen Thieren gebraucht.
Die an lebenden Thieren wahrgenommenen Symptome sind ausser einer, gewöhnlich mit Trächtigkeit oder Bauchwasser­sucht verwechselten Zunahme des Bauchs, öfteres Misten und Harnen mit Drang, gespannter oder schwankender Gang, Schwäche des Hintertheils; später Abmagerung, Niedergeschla­genheit,, wechselnder Appetit, schwacher, beschleunigter Puls u. s. w. Hiezu kommt in manchen Fällen der Abgang einer krankhaften Flüssigkeit aus den Genitalien, in solcher Menge, dass auf eine Ansammlung derselben irgendwo zu schliessen ist. Die manuelle Untersuchung durch die Vagina oder den Mastdarm, zeigt den Fruchthälter schwappelnd und angefüllt.
Helph hält Entzündung des Fruchthälters oder eine grosse Aufreizung der Genitalien bei der Begattung für die nächste Ursache der Wassersucht des Uterus. Er sah sie in drei Fällen nach dem Zulassen der Ealbinnen folgen (Vet. 1840).
Go hi er fand hei einer alten Stute acht Litres einer, gutem Eiter ähn­lichen Flüssigkeit in dem Fruchthälter; in einem andern Fall entleerte das Thier alle 3—4 Wochen 15—18 Litres weissen, übelriechenden Schleims aus dem Uterus und verfiel darüber in Abzehrung. Auch Gurlt beobachtete solche Ansammlungen bei Stuten und Hündinnen. Die Menge der im Frucht­hälter sich anhäufenden Flüssigkeit ist manchmal unglaublich; Haycock fand bei einem Schwein 3 Gallonen (Vet. 1847); Schell 75—90 preuss. Quart zwischen dem Uterus und den Eihänten (G. amp; H. 1849), Singer 2 schweizer Eimer klare, geruchlose Flüssigkeit (Schw. XI.); in der Beschreibung der Berliner zootomischen Sammlung ist der Fruchthälter einer Kuh angeführt, welcher 200 Quart weissgelblichen Schleim enthalten hatte (ähnliche Fälle von Garr e au in Rec. 1846).
Im October 1839 erhielt ich eine Katze mit sehr grossem und schwap-pelndem Bauche zum Tödteh. Die Section zeigte etwa ein Pfund dünne, gelbliche Flüssigkeit im Fruchthälter, dessen Häute ebenfalls aufgelockert waren. Aehnlicbes kam bei einer Wacbtelhündin (1845) vor; die Flüssigkeit war eiterähnlich, die Schleimhaut des Uterus sah rosenroth aus.
Bei einer zwanzigjährigen Stute, die seit mehreren Monaten ziemliche Mengen blassgelblichen, übelriechenden Eiters aus den Genitalien entleerte, und wegen Abzehrung getödtet wurde, fanden sich, ausser einem Eimer voll jener •Flüssigkeit, Geschwüre in grosser Zahl auf der innern i'läche des Uterus; die übrigen Organe waren blos erschlafft und mürbe (rh. Vet.-Ber. 1836).
Bei der Behandlung ist zunächst auf die kranke Schleim-
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
haut des Fmchthälters zu wirken; man sucht den Muttennund mit dem Finger zu öffnen, oder eine elastische Röhre einzu­bringen, den Fruchthälter zu entleeren und durch laue Injectio-nen zu reinigen. Erlaubt der contrahirte Zustand der Vagina und des Os uteri nicht hinein zu kommen, so sucht man durch Einspritzungen von Belladonnainfusum, oder durch Belladonna­salbe die Contraction zu heben. Cartwright wandte bei einer Kuh den Trocar zwischen den Rippen und dem Hinterknie, rechterseits, mit Erfolg an; ebenso trocarirte M er rik in einem Falle von Wassersucht der Eihäute (Vet. 1851).
Hierauf müssen täglich wiederholte Injectionen in den Fruchthälter mit einem Infus. hb. sabinae, dem man bei üblem Geruch des Schleims noch Chlorkalk zusetzen kann, gemacht werden; bessert sich die Beschaffenheit der Absonderung, so können adstringirende Decocte oder schwache Auflösungen von Alaun, Blei u. dgl. genommen werden. Wäre ein entzündlicher Zustand der Schleimhaut der Vagina und des Fruchthälters zu­gegen, so sind zuerst erweichende, schleimige und besänftigende Mittel anzuwenden. Der innere Zustand des Thiers erheischt neben gutem und leicht verdaulichem Futter innerliche, die Secretionen befördernde Mittel (Salmiak, Schwefel- und Spiess-glanzpräparate, Juniperus), in Verbindung mit solchen, welche die 'Verdauung beleben.
Dieser Ausfluss ans den Genitalien kann mit dem weissen Fluss, dem Zurückbleiben der Kachgekart oder eines abgestorbenen Foetus nnd der Chan-kerseuche verwechselt werden; mit der erstgenannten Krankheit ist er übrigens nahe verwandt. Eine Wassersucht des Eies ist manchmal bei trächtigen Stuten mit sehr grossem Bauche vorhanden; sie verwerfen gewöhnlich im 4—5. Monate und es geht eine sehr grosse Menge Fruchtwasser ab. Bei einer Kuh sah Lindenberg die Bauchmuskel dadurch zerrissen werden; die Menge des Fruchtwassers betrug 120 Maas (G. amp; H. XL). Aehnliche Fälle theilte Eisele (Rep. 11.) und Schutt (G. amp; H. IX.) mit. Auch Hydatiden lind im Fruchthälter bei Kühen vorgekommen.
ff) Luftansammlung im Fruchthälter. (Physometra.)
Dieser Zustand kommt selten vor und rührt theils davon her, dass Luft von aussen durch die erschlafften Genitalien eingedrungen ist (z. B. während oder nach der Geburt), theils davon, dass sich Luft im Fruchthälter entwickelt hat.
Der Fruchthälter ist aufgetrieben von Luft, die von Zeit zu Zeit auf dem natürlichen Wege entweicht.
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Fehlgeburt.
Bei der Section einer Stute mit angeborner Vereinigung der Vagina und des Mastdarms, welche nach aussen nur eine grosse Oeffnung bildeten, fand ich den Fruchthälter stark von Luft ausgedehnt. In einem andern Falle ähnlicher Missbildnng war der Fruchthälter normal.
Eine State, die beim Fohlen einen Dammriss bekommen, entleerte beim Reiten öfter Luft aus den Genitalien. — Eine zehnjährige Schimmelstute, die vor einigen Jahren ein Fohlen gehabt, stellte sich besonders beim Bergabreiten öfter an, wie wenn sie hamen wollte, machte das Kreuz steif, äusserte Schmerz, und drückte dann eine Menge Luft aus den Genitalien; dies konnte sich in einem Tage wiederholen, aber auch Monate lang ausbleiben. Uebrigens war das Thier munter, obwohl mager, der After war tief eingezogen, die Va­ginalschleimhaut blass und schmutzig, jedoch ohne Ausfluss. Durch den länger fortgesetzten innerlichen Gebranch von Hb. sabinae mit adstringirenden Mitteln hörte die mehr widrige als nachtheilige Krankheit auf.
h) Fehlgehurt. {Abortus.) (Verwerfen, Verfehlen, Verkalben u. s. w.) Literatur: Die Schriften über die Zucht und Geburtshülfe der Hausthiere. Flandrin (Instr. VI.), Toegl (in Vet. Skr. III.), Fischer (in Belg. 1845), Discussion bei der Vers, deutscher Thierärzte (Carlsr. 1848), Obermayer (Woch. 1849), Sempastour (Rec. 1850), Gloag, Smith (Vet. 1851), enzootisch (Daen. V).
Austreiben des Foetus aus dem Fruchthälter, bevor derselbe selbständig fortzuleben im Stande ist. Bei .allen Hausthieren.
Wenn Thiere selbst nur kurze Zeit vor Ablauf der mitt­leren Tragzeit gebären, pflegen die Jungen auffallend schwäch­lich zu sein, obwohl es einzelne Beispiele gibt, dass solche (bei Kühen um vier und mehr Wochen) zu früh geborne Junge am Leben erhalten worden sind. Meist stirbt das Junge ent­weder kurze Zeit nach der Geburt, oder auch wohl während derselben; sehr häufig ist aber dasselbe zuerst todt und das Verwerfen ist die nothwendige Folge davon.
Symptome. Die Zeichen, welche Fehlgeburt ankündigen, sind dieselben, welche einer normalen Geburt vorausgehen, nämlich Unruhe, Drängen, Anschwellen der äussern Genitalien, (bei weit vorgerückter Tragzeit auch des Euters), Ausfluss von Schleim aus denselben, manchmal Vorfall der Scheide, Einfallen der Flanken u. s. w., worauf dann das Junge allmählig und meist todt zur Welt kommt, und zwar in der Regel um so leichter, je weniger ausgebildet es war. Bei sehr frühzeitigem Abortus (z. B. bei Stuten in den ersten 2—3 Monaten) wird derselbe öfters kaum bemerkt, weil das Thier sehr wenig da-
lleriug, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;44
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
durch leidet. Dessen ungeachtet ist eine Fehlgeburt sowohl für das Mutterthier als in öconomischer Hinsicht nachtheiliger als eine Geburt zu rechter Zeit.
In weit vorangeschrittener Tragzeit können • sehr heftige Bewegungen des Foetus, nachheriges gänzliches Ausbleiben derselben, plötzliche Verminderung der Milch (bei Kühen), Niedergeschlagenheit u. s. w. auf eine bevorstehende Fehlgeburt schliessen lassen.
Bartels will als Vorläufer schleimige Milch, Verdauungsfehler, Übeln Geruch aus dem Maul und des Mists beobachtet haben.
Ursachen. Sie bestehen theils in nachtheiligen Einflüs­sen, die durch das Mutterthier auf den Foetus wirken, theils in Krankheiten des letztem, die auf die Mutter wirken, endlich in allgemeinen Einflüssen. Zu den erstem gehören: allgemeine fieberhafte Krankheiten des Mutterthiers (Rinderpest, Schaf­pocken, Maul- und Klauenseuche, heftige Entzündungen über­haupt, und der Baucheingeweide und Genitalien insbesondere), starker Säfteverlust, Aufblähen, Vorfall, unzureichende Ernäh­rung, schneller Uebergang von Mangel zu Ueberfluss, starke Malz- und Träberfütterung, saure Zuckerrübenrückstände, Heu von Wässerungs- oder von neu in Cultur genommenen Wiesen (bei Kühen), locale Schwäche (z. B. von früheren schweren Geburten), habituell gewordene Neigung zu Abortus, erhitzende Arzneien, manche Pflanzen (z. B. Pilze, Schimmel, Seeale cor-nutum, Equisetum (für Schafe), Typha latifolia (für Stuten), Oelkuchen (für Kühe), auch Seifenwasser u. s. w.; Erkältung (besonders durch Trunk), Erhitzung beim Gebrauch; mecha­nische Einwirkungen (Sturz, Stösse). Der Foetus kann durch Erkranken und Absterben, mangelhafte Entwicklung, Missbildung u. s. w. Anlass zur Fehlgeburt geben. Die allgemeinen Einflüsse sind nicht näher bekannt; es gibt Jahrgänge, in welchen das Verwerfen bei einer oder mehreren Thiergattungen besonders häufig und so verbreitet vorkommt, dass es sich nicht wohl durch zufällige und locale Ursachen erklären lässt.
Tögl und Tessier schrieben über das epizootische Verwerfen, und letzterer nennt es sogar contagiös. Fischer sah im Luxemburgischen en-zootisches Verwerfen bei Stuten in Folge geringhaltiger Fütterung entstehen. Das Equisetum hat schon Schulz (Act. Acad. N. C. Vol. I.) als Ursache des Verwerfens bei einer Heerde Kühe und Schafe beschuldigt; auch Nielsen beobachtete diess, während die Stuten frei blieben (Daen. III.).
Ausser dem Angegebenen beschuldigt man auch die Ver-
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Fehlgeburt.
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bastardlrung der Racen, die Stallfütterung, zu weites Becken oder zu horizontale Lage desselben bei Kühen, hinten abschüs­sigen Stall, das Riechen der Nachgeburt eines andern Thiers u. dgl. In letzterer Beziehung ist es richtig, dass nicht selten in einem stark besetzten Stalle mehrere Mutterthiere nachein­ander verwerfen, obgleich eine zu beschuldigende Ursache bei den spätem nicht gewirkt hat. Hier könnte die Nachahmung thätig sein, welche die Thiere oft veranlasst, sobald eines der­selben z. B. stallt oder mistet, es ebenfalls zu thun.
Behandlung. Um das Verwerfen zu hindern, müssen die Thiere, welche dessen verdächtig sind, möglichst ruhig ge­lassen, ihnen gute, hinten höhere Streu, wenig und gutes Futter gegeben, nöthigenfalls ein kleiner Aderlass gemacht und küh­lende, beruhigende oder krampfstillende Mittel (jedoch ohne Zwang) gereicht werden. Die manuelle Untersuchung der Geni­talien ist zu vermeiden. Lässt sich jedoch das Verwerfen hiedurch nicht hindern, ist etwa der Foetus abgestorben, fliesst Fruchtwasser u. dgl. aus der Scheide, so sind nöthigenfalls die Kräfte des Thiers durch stärkende Mittel (Wein mit Zimmt u. dgl., Chamillenbrühe) zu heben, denselben ist überschlagenes Mehhvasser zu reichen, endlich beim Nachlassen der Wehen und zu langer Dauer des Vorgangs theils durch manuelle Hülfe, theils durch laue Einspritzungen in die Scheide, innerlich durch Seeale cornutum (zu 2—4 Drachmen in Chamilleninfusum) der Austritt des Foetus zu beschleunigen.
Bliebe der Fruchthältermund hartnäckig geschlossen, so kann man ihn mit Ungt belladonnae einreiben, oder mit dem Finger zu erweitern suchen; bei knorpeliger Entartung dessel­ben bleibt das Einschneiden desselben übrig.
Nach vollbrachtem Verwerfen sind die Thiere vor Erkäl­tung zu bewahren (Suppe, warmes Bier, Mehlwasser; gute Streu und Decken), wodurch zugleich die Verzögerung des Ab­gangs der Nachgeburt, welche beim Abortus sehr häufig vor­kommt, vermieden wird. Verstopfung und fester Mist erfordern ölige und schleimige Klystiere, Auftreiben des Bauchs einige Gaben von Senf und Kümmel. Gloag und Smith führen Stuten an, die nach dem Verwerfen von Hufentzündung be­fallen wurden.
Mutterthiere, die schon ein- oder zweimal verworfen haben, sind besser zu einem andern Zweck zu verwenden.
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
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i) Zurückbleiben der Nachgeburt.
(Retentio secundinarum.)
Es kommt hauptsächlich bei Wiederkäuern vor, da bei den übrigen Hausthieren die Verbindung der Eihäute mit dem Fruchthälter nicht besonders innig ist; bei Stuten, Hündinnen und Schweinen kommen öfters die Eihäute unmittelbar nach dem Foetus und manchmal selbst der letztere noch in jene eingeschlossen zur Welt. Dagegen bestehen die Cotyledonen der Wiederkäuer ans so langen Gefässbüscheln, dass nach der Geburt es meist 1—2mal 24 Stunden ansteht, bis die Nach­geburt sich trennt und abgeht. Verschiedene Umstände ver­zögern die Entfernung der Nachgeburt; z. B. grosse Schwäche des Mutterthiers, mangelnde Contraction des Fruchthälters, ungewöhnliche innige Verbindfing, selbst Verwachsung der Ei­häute mit demselben; wenn nach einigen Tagen die Nachgeburt nicht abgegangen ist, so schliesst sich das Orißcium uteri, und sie kann alsdann nur noch stückweise oder aufgelöst her­auskommen. In letzterem Falle geht sie in Fäulniss über und ein höchst übelriechender Ausfluss aus der Scheide, welcher Fetzen der abgestorbenen Eihäute enthält, stellt sich ein; die Resorbtion dieser Jauche erregt nicht selten einen gelinden Fieberzustand, entweder hectischer oder aber fauliger Art, wei­cher das Thier allmählig zu Grunde richtet (ähnl. Fall von Foelen in. Belg. 1854).
Nach Verwerfen in der spätem Tragzeit bleibt die Nach­geburt ebenfalls oft länger als gewöhnlich zurück. Kaltes Saufen nach der Geburt verursacht gerne Zurückbleiben der Nachgeburt.
Bei einer Kalbin, -welche 13 Tage nach der Geburt geschlachtet wurde, fand ich den Fruchthälter beinahe auf sein gewöhnliches Volum zusammen­gezogen; der Mund war sehr faltig und drei Finger weit offen; die Beste der Cotyledonen nur noch bohnengross.
Die Be-handlung muss theils gegen den allgemeinen Zu­stand des Thiers (grosse Schwäche), theils gegen das örtliche Uebel gerichtet sein. In letzterer Beziehung sind sowohl me­chanisch wirkende, als innerliche Mittel nöthig. Die vorliegende Parthie der Eihäute (der Nabelstrang) muss vorsichtig ange­zogen, oder mit einem massigen Gewicht belastet werden (hef­tiges Ziehen ist schädlich); wo dies nicht zureicht, kann man
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Zurückbleiben der Nachgeburt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 693
einige Tage nach der Geburt die Hand in den Fruchthälter einbringen und die Eihäute schonend abzulösen versuchen; schleimige, reinigende Einspritzungen in den Fruchthälter be­günstigen die Ablösung der Nachgeburt; wo aber dieselbe zu faulen anfinge, sind aromatische Brühen mit Chlorkalk zu den Einspr;'.Tngen zu nehmen. Innerlich lasse ich Kühen täglich dreimal */, Unze Kali carbon, crud. (Potasche) in einem Pfund Chamillenthee, oder in eben so viel Infusum hb. sabinae geben, worauf die Nachgeburt in der Regel in 2—3 Tagen abgeht. Rychner empfiehlt Kühen täglich zweimal Leinkuchenmehl-Aufguss zu reichen, und versichert, die Nachgeburt gehe ge­wöhnlich am neunten Tage ab. Dross e reicht Hb. sabinae und Rad. zingib. in 1 Schoppen Bier (G. amp; H. 1855, Suppl.), Schrader Mutterkorn (zu 1 Unze!) mit Baldrian (ebd.); We­ber will kaltes Wasser in die Nabelstrangvenen einspritzen und diess alle Viertelstunden wiederholen; nach 6 Stunden gehe die Nachgeburt ab; es sei dieses Verfahren jedoch nur bei frischen Fällen von Nutzen (bei diesen kann man in der Regel den spontanen Abgang abwarten).
Entwickelt sich ein fauliges oder ein Zehrfieber, so ist es (wie bereits angegeben) zu behandeln, insbesondere aber auf die Entfernung der Ursache zu dringen. Auch Starrkrampf ist beim Zurückbleiben der Nachgeburt beobachtet worden.
Manchmal bleibt der Foetus sammt den Eihänten zurück und vertrocknet entweder (wonach er Jahre lang im mütterlichen Körper verweilen kann), oder er verfault und geht stückweise theils durch 'die Scheide, theils aber auch auf ungewöhnlichen Wegen, z. B. durch den After, die Bauchwand u. s. w. ab; dies dauert gewöhnlich sehr lange, die Thiere kommen dabei sehr von Fleisch und Kräften, sie erholen sich aber später wieder, und zwar manchmal soweit, dass sie selbst wieder trächtig werden. Letzteres war bei einem Schaf, welchem hier die Knochen des Foetus stückweise ausgezogen worden, der Fall.
k) Kalbefieber. (Febris puerperalis.)
(Wurffieber, Gebärfieber, fälschlich Milchfieber; Adynamia nervosa generalis Er.)
Literatur: zahlreich jind mit nicht seltener Verwechslung mit dem eigentlichen Milcbfieber (vgl. Rainard 1845), oder mit Kreuzlähmung (z. B. Blaser in Schw. X.), Garreau (in Rec. 1848), Gregory (in Vet. 1846), in den Werken über Geburtshülfe; ferner einzelne Abhandlungen und Fälle von C. Viborg (Vet. Skr. III., 1818), von Michel und Ernst, Kün­dig, Blaser, Bliggenstorfer (im Schw. II, VI, X, XI); von Uowald, Stohrer, Ruchte (im Bep. I, III, VI); Eisele (über Kälber- oder
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
fcl
Milchfieber. 1842); Bell (in Carls, 1844); Gierer (in Kr. 1844); Van dem Eide, Breulet, Clement (in Belg. 1843, 44); Fischer, De-neubonrg Preis-Abh., Lecouturier(Belg. 1851,54); Heckmeijer(Holl-1852); Krogmann(Meckl. 1854); Kähne, Monographie (G. amp;H. 1855); Pavese (Turin 111); Rijnders, Nnman (in N.Mag. Ill, V); Hering, Klin. (Rep. XIV); Fischer, Kniebusch (in G. amp; H. IX, XIII); viele Fälle im Veter, von Friend (1838); King, Read (1839); Dickens, Rogerson (1840); Hughes (1841); Tounghnsband, Sarginson, Beeson (1843); Barton (1845); Gregory (1846); Draper (1848); Carter (1849); Gijard, Renault (Rec. 1848); Festal (Ree. 1849); Noquet (Rec. 1853); Schaak (Lyon 1849); Sanson (Toul. 1854).
Ein besonders bei Kühen, seltener bei Stuten, Schafen, Ziegen und Schweinen, bald nach der Geburt eintretendes, in Symptomen und Verlauf sehr verschieden vorkommendes, bald mehr entzündliches, bald mehr paralytisches Leiden. Sehr acut; manchmal enzootisch, aber nicht ansteckend.-
Das Kalbefieber kommt unter so abweichenden Erschei­nungen vor, dass fast jede Beschreibung desselben eine andere Krankheitsform zu meinen scheint; es folgt in der Regel in den ersten, selten erst nach 6—8 Tagen auf das normale Ge­bähren (oder Abortus), sei es, dass dieses leicht oder mit be­sonderer Anstrengung (künstlicher Hülfe) vor sich gegangen. Der allgemeine Zustand der kalbenden Thiere hat wenig Ein-fluss darauf, sehr fette werden ebensowohl befallen, als sehr magere; milchreiche, zarte Kühe eher als andere; die voraus­gegangene (Waide- oder Stall-) Fütterung bringt keine bestimmte Anlage dazu hervor.
Kniebusch sieht die Fütterung von Kartoffelschlempe und Trabern als disponirend an; Krogmann zu kräftiges Futter, ebenso Kühne; Niebuhr sah das Kalbefieber nie in Eungerwirthschaften.
Die nächste Disposition zu dem Kalbefieber gibt unstreitig der Vorgang der Geburt, die schnelle Veränderung in dem ganzen Zustande des Mutterthiers, die Erschlaffung der Bauch­wände und Eingeweide, die Anstrengung bei der Geburt, der Druck und die Dehnung der Weichtheile (besonders Nerven) in der Lenden- und Kreuzparthie u. s. w. Gelegenheitsursachen sind: Erkältung der Haut und Eingeweide, üeüerfütterung, be­sonders mit schlechtem Futter, hieraus Indigestion. Die Störung der Reinigung des Fruchthälters (Lochien), die Unterdrückung der Milchsecretion und das Zurückbleiben der Nachgeburt schei­nen ebensowohl blos Folgen, als Ursache des Kalbefiebers sein zu können. Ob allgemein verbreitete Ursachen zugegen sind.
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Kalbefieber.
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wenn das Kalbefieber zu Zeiten fast enzootisch erscheint, muss weitere Beobachtung lehren. Es ist ferner noch zu untersuchen, ob, wie beim Menschen, eine- Venenentzündung (Phlebitis ute-rina) bei dieser Krankheit vorkommt.
Wir unterscheiden eine entzündliche Form (welche mit Metritis, Peritonitis verbunden und dem Kindbettfieber der Menschen analog 1st), und eine paralytische Form, welch letz­tere weit häufiger vorkommt. Beide können in einander über­gehen, besonders aber die erstere in die zweite.
o) Entzündliche Form des Kalbefiebers (Metro-peritonitis Clem. Metritis puerperalit)
(auch unächtes Kalbefieber und Milchfieber, Milchversetzung genannt).
Symptome. Die Krankheit tritt oft fast unmittelbar nach dem Kalben, meist in den nächsten 2—3 Tagen, in seltenen Fällen aber auch erst am 10—14. Tage ein; heftiges Fieber, erhöhte Temperatur der Haut, Unruhe, beschleunigtes Athmen, wildes Aussehen, grosse Aufregung, abwechselnd mit Stumpf­sinn, Neigung zum Stossen, Zähneknirschen, trocknes Flotzmaul u. s. w. bezeichnen den Eintritt des Uebels; der Puls ist klein, schnell, härtlich; der Mist härter, schwärzlich, oft ist Ver­stopfung, später Aufblähen zugegen, der Urin von rothbrauner Farbe, das Euter ist entweder schlaff und leer, oder aber hart, geschwollen und empfindlich; die Milchsecretion tritt nicht ein, oder lässt wieder nach (bei grosser Aufregung des Nerven­systems ist dieser Zustand der Mania puerperalis zu verglei­chen). Im weitern Verlaufe' bilden sich nun die Zeichen einer Entzündung des Fruchthälters und der Scheide, oder des Bauch­fells, selbst des Brustfells und Herzbeutels aus (vergl. diese), oder aber häufiger tritt plötzlich grosse Schwäche und Lähmung ein, welch letztere besonders das Hintertheil betrifft und sodann die paralytische Form des Kalbefiebers darstellt.
Die Krankheit endigt schon in 2—3 Tagen mit Brand der Baucheingeweide, besonders des Fruchthälters, und trübem Wassererguss in die Bauchhöhle, welche die Section, neben Brandflecken am Darmcanal und Netz, trockenem Futter in den Mägen und im Mastdarm, auch Entzündung in den Brustein­geweiden u. s. w. nachweist.
Eine milcbäbnliche Flüssigkeit findet sich selten; St ohrer gibt an, eine solche im Zellgewebe unter der Haut, im Mittelfell und in der Schädelhöhle
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g96nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krankheiten der Geschlechtsorgane.
gefunden zu haben; auch Viborg sagt, dass sich manchmal Beulen unter der Haut bilden, die eine weissliche Materie enthalten (Milch Metastase?), und dass solche Thiere an Abzehrung zu Grunde gehen. Wieners beschreibt unter dem Namen Milchmetastase vier solche Fälle in N. amp; V. XI. Heck-meijer beobachtete eine Anthrax-ähnliche Entzündung des Uterus, die leicht mit dem Kalbefieber soll verwechselt werden können (Holl. 1832).
Die Ursachen sind die im Allgemeinen angegebenen, hauptsächlich aber Erkältung nach dem Kalben, Ueberfütterung (namentlich mit Körnern) und daraus entstandene Indigestion.
Behandlung. Ein stark entzündungswidriges Verfahren ist so frühzeitig als möglich einzuleiten; ein ergiebiger Ader-lass (kleine Blutentziehungen nützen nichts, zu spät angewen­dete schaden), innerlich Salze in grossen Gaben, um baldiges Laxiren hervorzubringen, unterstützt durch fleissige Klystiere, mit Salz, Taback, Terpentinöl u. dergl.; Frottiren der Haut, warmes Verhalten, öfteres Melken, um die Milchabsonderung zu unterhalten oder wieder herzustellen. Durch diese Mittel gelingt es oft, die Heftigkeit der Krankheit schnell zu brechen; ginge sie aber in Lähmung des Hintertheils über, so wäre die Behandlung, wie bei ß) angegeben wird, einzurichten.
Am besten ist es freilich, die nächste Veranlassung zur Krankheit, besonders bei erstgebährenden Kühen, zu meiden, diesen, wenn sie in der letzten Periode der Tragzeit schnell zugenommen hatten, vor dem Kalben eine Blutentziehung oder mehr Bewegung im Freien zu machen und sie etwas knapper zu füttern.
Haubner führt an, dass das Benehmen solcher Thiere zu Verwechslung mit der Wuth Veranlassung geben könne; dass ein kalter, klebriger Schweiss von molkenartigem Geruch dabei vorkomme, ferner erschwertes Schlingen, Kauen bei leerem Maule, Colikschmerzen, Durchfall nach Verstopfung n. s. w. Frenzel räth kalte Umschläge um den Bauch oder Begiessen mit kaltem Wasser.
Story gibt an, die Krankheit auch bei Schweinen beobachtet zu haben (Vet. 1846), ebenso Schlechter (Mekl. 1851), und Walder beschreibt ein Milch- oder Ferkelfieber in Schw. X.
(3) Paralytische Form des Kalbefiebers. Sie ist häufiger als die entzündliche Form und beinahe ausschliesslich den Kühen eigenthümlich, was eine wenigstens den Wiederkäuern generische Anlage vermuthen lässt; sie tritt meist plötzlich mit einem heftigen Fieberschauer, 2—5 Tage nach dem Kalben, selten später ein; einige Beobachter wollen Steifigkeit des Hintertheils, Empfindlichkeit der Lenden, perio-
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Kalbefieber.
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disclies Hinken, Schwanken u. s. w. vorausgehen gesehen haben; GTarreau, welcher die Krankheit Kreuzlähme nennt, macht besonders auf die Schlaffheit und Unempfindlichkeit des Schwan­zes aufmerksam, Kniebusch auf den eigenthümlich schüchter­nen Blick. Das Thier liegt ausgestreckt, den Kopf gewöhnlich in die linke Seite zurückgebogen; die Augen sind matt, einge­fallen, die Oberfläche des Körpers ist kalt, die Schleimhäute sind blass, der Puls klain, schwach, oft unregelmässig, das Athmen langsam, stöhnend. Einige bezeichnen diese Form des Kalbefiebers als fieberlos, und Kuers macht mit Recht darauf aufmerksam, dass hochträchtige und erst gekalbt habende Kühe im normalen Zustande 70—80 (in heissen Ställen noch mehr) Pulse haben; die Fresslust und das Wiederkauen hören auf, der Mist ist trocken, schwärzlich, das Euter ist welk, die Milch bleibt aus, öfters auch bleibt die Nachgeburt zurück. Die hin­tern Gliedmassen sind gelähmt, das Thier kann nicht aufstehen; öfters ist zugleich die Empfindlichkeit des Hintertheils vernichtet. Während diese Symptome anhalten, wird das Thier bewusstlos, Zähneknirschen, Aufblähen, Zuckungen u. s. w. gesellen sich hinzu und es verendet schon innerhalb 24—48 Stunden.
Bliggenstorfer sah eine Kuh nach 12stündiger Krankheit wie vom Schlag gerührt, mit einem Schrei verenden; auch Gregory und Draper (Vet. 1846, 1848) beschreiben eine Apoplexie nach dem Kalben, ebenso Herrmann eine Apoplexie neumelkender Kühe (in Ännal. der Heilkunde II, 1825); Breulet, Gabler und Fes tal führen amaarotisches Erblinden nach dem Kalbefieber an.
Die Section zeigt, wie bei Paralysen überhaupt, nichts Erhebliches; die Zeichen einer Entzündung fehlen oft ganz, oder sind wenigstens nicht erheblich; dagegen findet man ge­wöhnlich das Futter im Löser angehäuft, sehr hart und trocken; in der Gallenblase viel wässerige Galle. St ohrer gibt an, das Herz werde meist leer gefunden, und die Krankheit im gemeinen Leben mit dem Ausdrucke „herzleerquot; bezeichnet. Blaser führt die Bezeichnung „Ueberrittquot; (von Hexenreiten) an.
Wenn dagegen Besserung eintritt, so zeigt das Thier etwas Aufmerksamkeit, der Puls hebt sich, die Wärme der Haut und die Milchabsonderung stellen sich ein, und die übrigen Symptome verschwinden allmählig im Laufe der nächsten zwei bis drei Tage; nicht selten sieht man plötzlich die vermeintliche Läh­mung gehoben, und die Kuh steht auf, um nach Futter zu greifen.
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
Ursachen: die oben angeführten (S. 694); besonders be­schuldigt man die leichte, rasch vor sich gehende Geburt. Als das Wesen der Krankheit wird bald eine Congestion oder selbst Entzündung des Rückenmarks und seiner Häute (Rainard, Deneubourg, Noquet), bald der zu rasche Abfluss des Bluts vom Uterus (Sanson), ferner das Austrocknen des Lösers (Michel), endlich Lähmung des Gangliensystems sich auf das Rückenmark verbreitend (Köhne), Lähmung der Spinalnerven (Heckmeijer) und Apoplexie des Hirns (Festal, Carter) bezeichnet. Der rasche Eintritt der Genesung lässt keine Ent­zündung annehmen,, welche auch bei der Section ganz fehlt, die Indigestion und Verstopfung des dritten Magens ist eher secun-där, und die Lähmung des Hintertheils mehr scheinbar als wirklich; d. h. die Thiere könnten aufstehen, allein es fehlt ihnen der Wille dazu (das Bewusstsein). Dennoch kann ich die Ansicht von Haubner, dass das Kalbefieber keine besondre Krankheit sei, sondern eben ein Hinterleibsleiden mit Fieber und Schwäche, gleichsam zufallig nach dem Kalben eintretend, nicht theilen.
Behandlung: sie wird sehr verschieden angegeben; wäh­rend einige Beobachter auch hier im Anfang entzündungswidrig verfahren und besonders auf Ausleerungen (durch Laxirmittel, Klystiere u. s. w.) dringen, behandeln Andere diese Form als reines Nervenleiden gleich von vorne herein mit Reizmitteln, z. B. Aether, Camphor, mit Infusum von Baldrian, Calmus, Cascarill u. dgl. Wieder Andere verbinden jene Mittel mit Salpeter, Calomel und dergl. Nach den neueren Erfahrungen dürfte ein eingreifendes entzündungswidriges Verfahren (Blut­entziehen, starke Gaben von Nitrum u. dgl.) in der paralyti­schen Form des Kalbefiebers selten nützlich sein; weit eher die schnelle Entleerung der Mägen und des Darmcanals durch Purgirmittel (Aloë mit Salzen, Croton, unterstützt durch Kly­stiere mit Tabak, Terpentinöl) und die Anwendung äusserer Reizmittel auf die Wirbelsäule und das Hintertheil. Von den innerlichen Reizmitteln sind die Weingeist- und ätherhaltigen vorzuziehen (z. B. Spir. nitrico-aethereus. Aether vitrioli, nach Rychner auch die Tinct. valerian, aetherea und das Elixir vitrioli Mj/ns.).
Unter den neuern Behandlungsmethoden sind, um die grosse Verschie­denheit derselben zu zeigen, folgende zu erwähnen: Festal: Aderlast am
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Kalbefieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 699
Schweif, kalte Begiessungen des Kopfs, scharfe Einreibungen; Deneubourg: Aäerlass am Schweif, Camphor, Asafoetida, Tabaksklystiere; Carter nicht Aderlassen, stark abführen; Michel viel Schleim und Salze; Fischer Camphoremulsion, prophyl. Ausmelken vor dem Kalben, welches Heckmeijer für nachtheilig hält; Noquet hat eine gemischte Behandlung, dazu Ausräu­men des Rectum, Terpentinöl-Klystiere; Heckmeijer Hefe mit Syrup, äussere Reize, Nux vomica mit Valeriana: S a n s o n Aderlass, Salze, Frot-tiren; Schutt Croton nnd Salze ; K ö h n e Brechweinstein, Glaubersalz und Nux vom., bei Verstopfung Croton-Oel, äussere Reize. Ich lasse Sal. mirah. in Infus. valerian, geben, äusserlich Terpentinöl und Salmiakgeist einreiben, dazu fleissig klystieren; das Einschütten flüssiger Arzneien fordert besondere Vorsicht, damit nichts davon in die Luttrohre gelangt.
Viborg versuchte auch Infusion von Arnica- und Nies-wurztinctur, auch Naphtha in die Venen. — Terpentinöl in grossen Gaben (3—4 ü.) ist, wie beim Menschen, auch bei den Thieren empfohlen worden. Zwei Fälle von günstiger Wirkung des Galvanismus (s. Vet. 1848, 1855, Rep. IX, XVI).
Frottiren der Haut, warme Umschläge auf den Rücken, reichliche, trockene Streu u. s. w., sind wesentliche Unter­stützungsmittel jeder Methode. Das Bestürmen der Kranken mit Arznei, Futter u. dgl. schadet mehr, als es nützt. Zeigt sich Besserung, so muss vorsichtig Futter und Getränke ge­reicht und die Milch durch öfteres Melken wieder herbeigelockt werden. Sollte starker Durchfall sich eingestellt haben, so ist Kamillen- oder Pfeffermünze-lnfusum mit Schleim und Opium zu geben; beim Aufblähen: Chlorkalkauflösung.
Während Cartwright gesteht, mehr als 100 Fälle von Kalbefieber behandelt und kein Thier gerettet zlaquo; haben, sollen nach Köline's Verfahren 50—75 Procent genesen sein. Unter 64 sind in meiner Behandlung 40 ge­heilt und 2A geschlachtet worden. Sehr häufig veranlassen die scheinbar schlimmen Symptome den Besitzer des Thiers, dasselbe zu schlachten, wäh­rend noch Hoffnung zu seiner Herstellung -ist. Dass das Kalbefieber im Sommerhalbjahr häufiger als im Winter vorkommt, und in erstorem leichter zu heilen ist, kann ich bestätigen. Ebenso, dass manche Kühe eine bleibende Disposition dazu behalten; ich sah dieselbe Kuh dreimal daran erkranken.
Das Kalbefieber kommt zu Zeiten sehr bösartig, zu andern Zeiten sehr gelinde vor; daher die vielerlei Kurmethoden, deren Erfolg Jeder rühmt. Viborg spricht sich hierüber ganz richtig so aus: „manchmal hilft Alles, manchmal Nichts!quot;
Nicht gar selten kommt statt des Kalhefiebers eine blose Schwäche des Hintertheils vor; die Kühe bleiben liegen, sind unvermögend hinten aufzu­stehen, fressen aber und geben Milch; dies dauert oft 8—14 Tage, und sie stehen dann vorr selbst wieder auf. In diesem Falle sind Einreibungen von Salmiakgeist und Terpentinöl längs der Wirbelsäule, innerlich aber abführende Salze am Platze, um die Anhäufung des Futters im Körper zu verhindern.
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
Auch einige Tage und selbst Wochen vor dem Kalben beobachtet man diese Schwäche, die, wenn das Thier nicht bald kalbt, ihm alsdann das Liegen fast unerträglich macht. (Verwechslung mit Knochenbrüchigkeit ist schon vorge­kommen.)
E. Milchfehler.
Literatur: Haubner (ausführlich, 6. amp; H. 1852), Hering (Rep. XIV. und klin. Berichte), Vallot (Rec. 1826), Doyere (vgl. Analysen, Rep. XiV), Schweitzer (Unters. Schw. XIV), Ithen (in Imthums Thierarzt 1834), Blaser (in Schw. VI).
Die Milchabsonderung steht — einzelne Ausnahmen äh-gerechnet — in dynamischer Beziehung zu der Thätigkeit des Uterinsystems; sie ist aber zugleich materiell von dem Zustande der Drüsen und dem Blutzuflusse abhängig; auf Quantität und Qualität der Milch hat daher das Futter den grössten Einfluss. Menge oder Güte der Milch, so wie das Gegentheil, ist öfter erblich in einer Thierfamilie; auf diese Vererbung scheint der Vater mehr Einfluss zu haben, als die Mutter, und hierauf wird im Allgemeinen viel zu wenig Rücksicht genommen.
Die Krankheiten der Milchabsonderung sind entweder solche, welche die Menge, oder solche, welche die Beschaffenheit der Milch betreffen; fast immer sind mit einer Störung der ersten Art auch Veränderungen der zweiten Art verbunden; so ist z. B. bei allzustarker Milchproduction die Milch weniger gehalt­reich (vgl. auch Euterentzündung S. 528).
a) Zu starke Milchabsonderung ist bei denjenigen Thie-ren, welche ihre Jungen säugen, schwer wahrzunehmen; bei Melkvieh ist sie nur dann zu stark, wenn die Ernährung des Körpers darunter leidet, oder wenn sie Abzehrung, Lungenver­eiterung u. dgl. herbeiführt; öconomischer Vortheil kommt hier mit den Grundsätzen der Diätetik in Widerspruch. Relativ zu stark ist die Milchabsonderung z. B. bei Thieren, deren Junge gestorben oder entfernt worden sind; weniger Futter, abführende und harntreibende Mittel oder solche, welche die Milchabson­derung specifisch vermindern (Gonium, Onaphalium, Chelido-nium, Petroselinum, Imperatoria, Nussblätter, Kraut von Möh­ren), wären hier angezeigt; Ausmelken hilft vorübergehend gegen zu grosse Anhäufung der Milch im Euter. Ausfliessen der Milch (Oalactirhoed) ist nicht jedesmal ein Beweis zu starker Milchabsonderung, sondern oft blos vorübergehender Anhäufung oder aber der Erschlaffung der Zitze zuzuschreiben.
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Milchfehler.
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b) Verminderte Milchabsonderung (Agalactid) hat ihren Grand in sehr verschiedenen Umständen. Wenig oder gehalt­loses Futter, schwache Verdauung, Entzündungen des Euters, allgemeine, zumal fieberhafte Krankheiten, ferner zu starker anderweitiger Säfteverlust (Durchfall, Schweiss, Harnruhr, Blu­tung u. s. w.), starke Anstrengung, Schmerz, specifische (bei a angegebene) Mittel, kalte Waschungen des Euters u. dgl., ver­mindern die Absonderung der Milch oder machen sie ganz auf­hören. Im normalen Zustande dauert die Milchabsonderung nur eine gewisse Zeit lang (bis zur gehörigen Entwicklung des Jungen) fort und hört — wenn sie auch künstlich länger un­terhalten wurde — allmählig auf, wenn der (hochträchtige) Fruchthälter eines grössern Blutzuflusses bedarf. Auf vermin­derte Milchabsonderung folgt oft Fettansatz; so bei castrirten Kühen. Nicht selten bringt sehr substantielle Fütterung railch-gebender Thiere (z. B. mit Wicken, Bohnen) statt der erwar­teten Vermehrung der Milch eine Verminderung hervor, wogegen die Thiere an Fleisch und Fett zunehmen. Schnelle Verminde­rung oder Unterdrückung der Milchsecretion kann verschiedene Krankheiten nach sich ziehen (Milchversetzung, Kalbefieber, Manie). Bei Thieren, die nicht gemolken werden, gibt die Schlaffheit des Euters, wo es nicht krankhaft geschwollen ist, das fortwährende Probiren und Absetzen des Säuglings, und später dessen Zurückbleiben im Wachsthum und Gedeihen, An-lass zur näheren Untersuchung der Milchsecretion.
Dass Leidenschaften (Zorn, Sehnsucht) die Milch nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ abändern, ist auch bei Thieren au'sser Zweifel.
Hindernisse des Ausflusses der Milch, z. B. durch Knoten in den Zitzen, oder Gerinnen der Milch im Euter, sind von verminderter Absonderung wohl zu unterscheiden; auch Selbst­aussaugen oder Aussaugen durch nahestehende Thiere kann damit verwechselt werden.
Gegen die plötzliche Abnahme der Milch bei Kühen, die sonst nichts Krankhaftes zeigen, wird eine Mischung von Sul­phur, aurat. mit den Samen der Umbelliferen (Fenchel, Anis, Anethum, Phellandrium) empfohlen, auch Schafgarbe und Dip­tam stehen in diesem Rufe (Busch I.). Ausserdem muss bei krankhaft verminderter Milchabsonderung die Ursache aufge­sucht und entfernt werden.
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Y02nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krankheiten der Geschlechtsorgane.
Die qualitativen Abänderungen der Milch beruhen theils auf Störung des normalen Verhältnisses ihrer gewöhnlichen Bestandtheile (zu wässerige, zu concentrirte Milch), theils auf der Beimischung fremdartiger Stoffe, die sich durch Geruch, Geschmack, Farbe u. dgl. zu erkennen geben.
unter den letztern sind in der Milch durch Analyse nachgewiesen wor­den : Arsenik, salpetersaures Wismuth- und Zinkoxyd, Bleioxyd, schwefelsaures Natron und Bittererde, Jodkali, die Farbestoffe von gelben Rüben, Bheum, Anchusa, Galium, Polygonum, die riechenden Stoffe von Asafoetida, Knob­lauch, der bittere Eztractivstoff vieler Pflanzen.
c)nbsp; Wässerige Milch ist an ihrer grosseren specifischen Schwere, ihrer Dünnflüssigkeit, der geringen Ausbeute an Rahm und Käse, so wie an einer bläulichen Färbung zu erkennen. Sie rührt meist von zu gehaltlosem, schlecht eingebrachtem oder wässerigem Futter her (Gras von nassen Stellen, Kartof­feln und andere Knollengewächse in nassen Jahrgängen, sehr verdünnte Traber von Bier oder Branntweinbereitung); dieses hat übrigens eine Erschlaffung der Digestionsorgane zur Folge. Die Behandlung beruht auf Stärkung und Hebung der Ver­dauung, neben Vermeidung der Ursache.
Die wässerige Milch wird oft in grosser Menge abgeson­dert und bekommt den saugenden Jungen nicht gut.
Milch von Schlempe enthält weniger Butter und Zucker, mehr Käse und Salze, sie gerinnt später als andre Milch und soll den Kindern nachtheilig sein. In der Maul- und Klauenseuche fand Lessona die Milch wässeriger und salziger, die organischen Bestandtheile Termindert, keinen Schleim oder Eiter, auch keine nachtheiligen Folgen vom Genuss.
d)nbsp; Zu gehaltreiche Milch. Sie enthält mehr Fett und gerinnbare Stoffe, als gewöhnlich, und entsteht bei kräftigen, gutgenährten Thieren. Die Vermehrung einer andern wässerigen Secretion, z. B. der Haut oder der Harnorgane, kann die Milch concentrirter machen. In der Rinderpest ist die Milch anfangs besonders reich an Rahm. In öconomischer Beziehung ist solche Milch schwerlich fehlerhaft, allein auf die Jungen wirkt sie nachtheiliger, als Milch von geringerer Qualität; sie disponirt zu entzündlichen Krankheiten, zu Durchfall, Lähme u. s. w. Wässerige, kühlende Nahrung wird leicht eine Verdünnung der Milch bewirken.
e)nbsp; nbsp;Ein zu grosser Gehalt an Kalksalzen soll sich in der Milch der Kühe, welche an der Stiersucht und Lungen­vereiterung leiden, befinden; zuweilen zeigt er sich als ein
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Milchfehler.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 703
sandartiger Bodensatz. Diese Milch soll den Menschen nicht zuträglich sein.
f)nbsp; Zu grosse Neigung zum Gerinnen und Sauerwerden der Milch wird öfter beobachtet. Sie gerinnt zum Theil im Euter selbst (bei Entzündung desselben, aber auch ohne diese), zum Theil sehr bald nach dem Ausmelken. Verdauungsstörun­gen, die nicht genau bekannt sind, tragen das Meiste dazu bei; in manchen Fällen sollen innerlich gegebene Säuren (Weinstein, Salzsäure) diese Wirkung hervorbringen (nach Haübner nicht). Wenn man sich überzeugt hat, dass die Säuerung nicht von den MHchgeschirren herrührt, mache man einen Versuch mit Aenderung der Fütterung. Innerlich gebe ich bittere und ge­würzhafte Mittel mit Nair. carbon.
Die Milch neumelkender Kühe reagirt sauer, später neutral und bei altmelkenden alkalisch; auch das Colostrum reagirt alkalisch. Waide, Heu, Stroh, Körnerfutter geben eher alka­lische oder neutrale Milch, Knollenfutter eher eine sauer reagi-rende. Das normale Sauerwerden der Milch geschieht durch Zersetzung des Milchzuckers in Milchsäure, wobei der KäsestofF die Rolle des Ferments spielt.
Das Gerinnen der Milch kommt am häufigsten im Sommer­halbjahr (Mai bis September) vor, sie ist ausserdem ein ge­wöhnliches Symptom der Euterentzündung.
g)nbsp; nbsp;Zähe Milch oder Schlickern ist diejenige Beschaf­fenheit der Milch, wobei sie schleimig ist, bald sauer wird und keinen Rahm absondert, oder nicht buttern will. Girardin fand in solcher Milch 5—11 Procent Albumin (statt % Proc), dagegen weniger KäsestofF und Butter. Dies stellt sich auf das Füttern von Laub (z. B. Linden-, Erlenblätter, Rebenlaub, Kartoffelkraut) ein, es begleitet ferner öfters die Lecksucht, die Stiersucht und Schwäche der Verdauung überhaupt. Manche beschuldigen auch gewisse Pflanzen, z. B. saure Gräser, Ampfer (Ttumex), Labkraut, Hippuris, Pilze u. dgl. welche meist nasse Stellen lieben. Mercurialis perennis und annua machen die Milch schleimig und bitter. Man empfiehlt dagegen: Futter­wechsel, salzige Abführungsmittel, Kochsalz und bittere, auch alkalinische Mittel.
Eine Mischung von Sauerampfer, Maruhium album, Schafgarbe und Brennesseln mit Zusatz von Schwefel in Bieressig einzugeben, wurde in Oco-nomuchen Schriften angerathen. Zirkel gab Alaun, Rad. earyoph. und
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
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torment, von jedem '/j Unze, Natr. iulphur. 2 Unzen in Vj Maas Bier ge­kocht, täglich Morgens vor dem Füttern, 2 bis 3 Tage lang.
Gegen das Niehtbuttem des Rahms empfiehlt man, den­selben nicht so lange stehen zu lassen, oder ihn vor dem But­tern etwas zu erwärmen; bei schwüler Witterung muss man dagegen das Butterfass in kaltes Wasser stellen. Einige empfehlen Schwefelsäure, Andre kohlensaures Natron zuzu­setzen, und Mayer Hess innerlich Brechweinstein geben; Köhne empfiehlt Viehsalz. Einige Schnitten von Zwiebeln dem Rahm im Butterfass beigemischt, fuhren oft zum Zweck.
h) Bittere Milch rührt von dem üebergang bitter oder adstringirend schmeckender Pflanzenstoffe in die Milch her; diese sind daher bei Kühen, deren Milch zum Verkauf bestimmt ist, möglichst zu vermeiden. Wermuth, Rainfarn, Aloë, Bitter­klee, Enzian, Kastanien u. dgl. bringen, in grosseren Gaben oder anhaltend gegeben, manchmal einen bittern Geschmack der Milch hervor. Es ist jedoch individuell, namentlich scheint bei Thieren, deren Verdauung geschwächt ist, der bittere Ex-tractivstoff eher unzersetzt in die Milch überzugehen.
Bittere Milch kommt am häufigsten vom November bis Januar vor und hängt mit der Herbstfütternng (Laub von Bäumen und Beben unter Heu und Oehmd) zusammen, und erstreckt sich desshalb, wenn bei spätem Eintritt der Gränfütterung alle Beste des Dürrfutters zusammengerafft werden, bis in den April und Mai. Neben Acnderung des Futters wird Kochsalz mit Gentian und Baee. jtmiper. gerathen.
Thiere, die an der Gallenbereitnng (Gelbsucht und dgl.) leiden, sondern manchmal auch eine bittere, zugleich gelblich gefärbte- Milch ab.
i) Ein auffallender fremder Geschmack oder Geruch wird der Milch durch manche Arzneien und Futterstoffe beige­bracht, so z. B. durch Camphor, Terpentinöl, Asafoetida, Chamil-len, Knoblauch und Zwiebeln, Gel und Oelkuchen, schimmliches Stroh, Maisstengel (getrocknet). Geschmacklose Milch mit blei­grauem Butter soll von Schafthalm herrühren. Am Meeresufer wachsende Tange (Fucus-Arten) geben der Milch einen Geruch nach Mist. Aeltlich (rase) schmeckende Milch kommt durch das Winterhalbjahr (November bis April) gleichmässig vor; ich verordne dagegen bittere Mittel mit Kochsalz, und nöthigenfalls etwas Schwefel (Rep. XVI).
k) Gelbe Milch rührt theils von übergetretenem Gallen­farbstoff, theils von Arzneien oder Futterstoffen, z. B. Saffran,
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Milchfehler.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;quot;705
Rhabarber, gelben Rüben, blühenden Ranunkelarten her. Auch das Colostrum hat in der Regel eine gelbliche Farbe.
Fuchs hat als Ursache dieser Färbung, wo sie sich wie die blaue ver­hält, ein eigenthümliches Infusionsthierchen der Milch, das er Vibrio xantho-genus nennt, erkannt Gelbe Milch ist manchmal neben blauer zugegen.
1) Blaue Milch. Sie kommt öfter vor und unter so ver­schiedenen umständen, dass man über ihre Ursache manchmal nicht ins Klare kommt. Den Genuss blau blühender oder blaues Pigment enthaltender Pflanzen beschuldigte man schon lange (Esparsette, Wicken und ewigen Klee, Anchusa officinalis, Hyacinthus comosus, Butomus umbellatus, Rec. 1826). Andre glauben, dass verdorbenes Futter (z. B. Schlempe und Heu, gefrorne Rüben und dergl.) blaue Milch hervorbringen; wieder Andere beschuldigen atmosphärische Einflüsse, den Aufbewah­rungsort der Milch, krankhafte Zustände der Kuh (Woch. 1854). Die frische Milch ist nie blau, sondern erst nach 24 und mehr Stunden zeigt sich diese Farbe beim Gestehen der Milch auf ihrer Oberfläche (sehr selten in der Tiefe) als sehr deutliche Smalte- oder Indigo-blaue Tropfen; sie wird von Säuren nicht geröthet und scheint überhaupt nicht leicht zerstört zu werden, theilt sich gern den Milchgefässen mit und wiederholt sich dann in der später darin aufbewahrten Milch; Butter und Käse, von solcher Milch bereitet, sind in der Regel ungefärbt.
Unter sonst gleichen Umständen gibt oft nur eine Kuh, unter mehreren desselben Stalls, blaue Milch; manchmal befällt diese Krankheit den ganzen Stall, und oft sind fast alle Mittel dagegen ohne Erfolg (Gierer, Woch. 1850).
Fuchs glaubte, das die blaue Färbung der Milch von einem Infusorium herrühre, das sich unter nicht näher bekannten Um­ständen in der Milch entwickelt und sodann fortpflanzt. Er nennt es Vibrio cyanogenus, es besteht aus 2, 3 und mehr rundlichen Gliedern, und ist so klein, dass 40,000 den Raum einer Quadratlinie einnehmen. Dieses Thierchen lässt sich in gesunde Milch übertragen, und bringt dort bald (durch seine Vermehrung) die Erscheinungen des Blauwerdens hervor. Da diese Geschöpfe sich wie ein fixer Ansteckungsstoff verhalten und selbst durch Austrocknen, Einfrieren und dergleichen nicht getödtet werden, so ist es nöthig, da wo sie sich entwickelt haben, durch Ausbrühen der Milchgefässe mit Kalklauge und
Bering, Pathologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 45
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
Entfernung dei- Seihetücher sich ihrer zu entledigen. Kalk­wasser oder Chlor der Milch zugesetzt, tödtet sie sogleich (G amp; H. VII). Neuere Untersuchungen haben gelehrt (Rep. X), dass Monaden-ähnliche Infusorien auch in normaler Milch vor­kommen, und dass das Blauwerden der Milch vielmehr auf einer eigenthümlichen Gährung beruht, welche allerdings auf gesunde Milch übertragen werden kann, so dass die Milchgeschirre die­sen Milchfehler unbestimmt lange fortpflanzen können. Es scheint, dass dumpfige Milchstuben, Unreinlichkeit u. dgl. jene Gährung, deren Beginn aber schon im Euter stattfinden kann, begünstigen; Auslüften, grosse Reinlichkeit, neben Aenderung des Futters, sind die Hauptmittel gegen Milchfehler, die von einem gestörten Umsetzungsprocess der Milch abhängen.
Die früher gegen blaue Milch empfohlenen Mittel sind (ausser Vermeidung der vermeintlichen Ursache): Futterwechsel, adstringirende Mittel, wie Tormentill, Eichenblätter; ferner Essig, Bad. helladonnae u. s. w. Haubner führt an, dass in vielen Fällen der Zusatz von etwas Buttermilch zu der frisch gemolkenen Milch das Blauwerden verhüte (ebenso Born er, Giel^n, Kühne U.A.). Dasselbe versichert Groth von etwas saurer Milch (G. amp; H. XIV). Nach Fuchs wäre aber gerade die Buttermilch das eigentliche Element der blauen Infusorien. Quidde sah das Uebel erst aufhören, als das Futter geändert wurde; Wagenfeld beseitigte es in wenigen Tagen durch Kochsalz und Kümmel; Stolz empfiehlt Nux vomiea, Baldrian, Glaubersalz (G. amp; H. 1855, Gielen und Wieners haben Chlorwasser und Reinigung der Gefasse mit einer Auflösung von kohlensaurem Natron (neben Futterveränderung) nützlich gefunden (G. amp; H. VIII). Delafond, Drouard und Leclerc in Rec. 1846, Chabert 1805, Forke (Num. Mag. II.), Hüb­ner, Lüpke (N. amp; V. II, III), Steinhof 1838. Die grüne Milch, welche Paulini anführt, ist wohl nicht verschieden von der blauen. Mathieu erzählt von einer Kuh, deren Milch blau wurde, zugleich sollen sich die Haare der einzigen weissen Stelle, auf der Kruppe der Kuh, blau gefärbt haben! (Rec. 1851.)
m) Rothe Milch. Es ist hier nicht von Beimischung von Blut die Rede (vgl. Blutmelken), sondern von einer röth-lichen Färbung, welche die Milch durch den Genuss gewisser Pflanzen {Galimn rubioides, verum, boreale, Rubia tinctorum)
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Milchfehler.
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erhält. Ein rother, nicht blutiger Bodensatz in der Milch soll von Verdauungsfehlern herrühren. Eine leichte Purpurröthe sah Fuchs auf der Oberfläche sonst normaler Milch sich bilden; sie Hess sich nicht auf andere Milch tibertragen, und schien ihm von, den Blutkügelchen der Amphibien ähnlichen Körper­chen herzurtihren (Carls. L). Payen untersuchte das rothe Serum der Milch einer Kuh, und behauptet, diese Färbung rühre von der Modification eines Stoffs her, der sonst ungefärbt in der Milch existire (Gaz. med. 1853).
n) Ausser den normalen Veränderungen, welche die Milch in jeder Milchperiode (d. h. von dem Eintritt derselben nach der Geburt bis zum Versiegen) erleidet, so wie ausser den zahlreichen Abänderungen ihrer Beschaffenheit und Menge, die vom Futter herrtihren, kommen noch mancherlei, wonig genau bekannte Abweichungen vor, wie z. B. bei starker Erregung des Geschlechtstriebs, bei der Maul- und Klauenseuche, Ab-scessen im Euter, bei fauligen Fiebern, nach heftigen Leiden­schaften, wie Schreck u. s. w. Dergleichen Milch hat sowohl für Thiere, als auch für Menschen (besonders Kinder) nicht selten Nachtheile gehabt, und sollte daher nicht genossen wer­den. Dr. Kl enk e hat die Milch tuberculöser Kühe als Ur­sache des häufigen Vorkommens der Scropheln bei Kindern beschuldigt, wogegen sich Seh rader mit Recht ausgespro­chen hat.
o) Giftige Milch. Im Westen der nordamerikanischen Staaten kommt auf gewissen Landstrichen, die ausserdem gün­stiges Klima, guten Boden n. s. w. besitzen können, die sog. Milchkrankheit (milk-disease) unabhängig von Jahreszeit, Wit­terung u. s. w. bei Pferden, Rindvieh, Schafen und Ziegen vor; die Milch der Thiere soll für den Menschen und die Hunde (nicht für Schweine?) sehr gefährliche Eigenschaften annehmen, ehe man an den Thieren etwas Krankhaftes bemerkt; wenn man aber solche verdächtige Thiere anstrengt, so wird die Krankheit zum Ausbruch gebracht und äussert sich dann durch zweckloses Hin- und Herlaufen, Mangel an Fresslust, Störung des Sehens mit Glanz und Röthe der Augen, wozu heftiges Zittern und Convulsionen kommen. Der Tod tritt in drei bis zehn Tagen, manchmal aber auch plötzlich ein. Die Section zeigt üeberfüllung der Blutgefässe des Hirns. Die Milch der
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Krankheiten der Geschlechtsorgane.
I!
erkrankten Thiere soll, wie die daraus bereitete Butter, Käse, ferner das Fleisch, dem Menschen die Krankheit mittheilen; impfen lässt sie sich nicht. Am stärksten wirkt der Genuss des Fleisches; das Sieden, die Erhitzung der Butter zerstörten den schädlichen Stoff nicht, eben so wenig Chlorkalk, Säuren. Weder die Fleischbrühe noch die isolirten Bestandtheile der Milch sollen giftig sein (?). Die Krankheit äussert sich beim Menschen als ein schleichendes nervöses Fieber und ist im höhern Grad fast jedesmal tödtlich, die Reconvalescenz lang­wierig. Um die Krankheit zu bekommen, reicht so viel Rahm hin, als man zu einer Tasse Kaffee braucht, oder ein paar Unzen Fleisch. Der Geschmack dieser Stoffe ist nicht abwei­chend (Graff in Amerika med. Journ., daraus in G. amp; H. VIII, Schw. X, Froriep's n. Kot. XXI). Nach einer spätem Nach­richt von Dr. Engelman in Set. Louis ist die Krankheit streng enzootisch und kommt blos bei Vieh auf freier Waide vor; sie theilt sich dem Menschen und Kalb durch Milch und Butter, den Menschen, Hunden und Schweinen durch das Fleisch mit. Der Genuss einer Giftpflanze scheint die Veranlassung dazu zu geben (Carls. I.). In Neuholland soll eine ähnliche Krankheit des Viehs durch den Genuss einiger giftigen Leguminosen (wahrscheinlich Gompholobium) hervorgebracht werden (Hoo­ker's Journ. of Botany). In Malta kamen Cholera-ähnliche Symptome auf den Genuss von Ziegenmilch vor; die Thiere sollen „Sauerkleequot; gefressen haben (Vet. 1856). Es ist wahr­scheinlich, dass hier eine fehlerhafte Uebersetzung des Namens der Pflanze vorliegt.
ZWEITE 0EDNUN6.
Krankheiten der Entwicklung und Zurückbildung des
Körpers.
Gewisse Perioden des Lebens disponiren zu besondern Krankheiten, ja manche der letztern sind nur in einem gewis­sen Lebensalter möglich (z. B. Krankheiten der Brustdrüse, des Nabels, des Zahnens). Die meisten dieser Krankheiten sind entweder am passenden Orte vorgekommen. oder blos
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Krankheiten der Entwicklung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;709
nach allgemeinen Grundsätzen zu behandeln, daher ist in die­ser Ordnung nicht sowohl von einzelnen Krankheitsformeu, als vielmehr von einer Zusammenstellung der jeder Lebensperiode eigenen krankhaften Zustände die Rede.
A. Krankheiten des Fötus.
Die Missbildungen des Körpers, welche theils die Zahl, die Grosse, die Lage, den Mangel, theils die mehr oder we­niger gestörte Entwicklung und Structur der Organe betreffen, sind in der Mehrzahl der Fälle angeboren. Manche derselben benehmen dem Foetus die Fähigkeit, selbstständig zu leben, andere sind der ferneren Entwicklung oder der Benützung des­selben für unsere Zwecke hinderlich, und noch andere können ohne merklichen Nachtheil bestehen oder leicht geheilt werdem So entfernt man überzählige Zehen beim Hunde, der Nabel­bruch wird operirt oder verschwindet von selbst u. s. w. Gegen die meisten Missbildungen ist aber weder in curativer noch in vorbeugender Hinsicht etwas auszurichten, da die zu ihrer Bil­dung nothwendigen Einflüsse fast nie bekannt sind. Eine erb­liche Neigung zu gewissen Abnormitäten ist manchen Thieren eigen und kann sie zur Nachzucht untauglich machen.
Aussei- den Missbildungen sind die Krankheiten zu erwäh­nen, welche der Foetus als ein Ganzes mit der Mutter durch­macht; dies ist mit den meisten allgemeinen, fieberhaften und ansteckenden Krankheiten der Fall. Von Rinderpest und Schaf­pocken ist es durch zahlreiche Beobachtungen festgestellt, dass die Jungen in Mutterleib mit der Mutter davon befallen und dadurch für die Zukunft davor gesichert werden. Manche an­dere Krankheiten bringt das Junge als anererbte, nicht gerade in die Augen fallende Disposition mit auf die Welt und verfällt später darein, sobald sich eine Gelegenheitsursache findet, die den Keim zur Entwicklung bringt (so: Rotz, Mondblindheit, Epilepsie, Kreuzdrehe u. dgl.).
fieberhafte Krankheiten des Mutterthiers unterbrechen, wie die Ernährung der Mutter, so auch die des Foetus, der dess-halb nicht selten abstirbt. Er wird entweder durch Abortus entfernt, oder bleibt in seltenen Fällen im Fruchthälter zurück und fault oder vertrocknet; diess ist auch bei ausser dem Ute­rus liegenden Früchten (Extrauterinträchtigkeit) der Fall.
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Krankheiten der Entwicklung und Zurückbildung.
Auch die Eihäute des Foetus, die ihn umgebenden Flüs­sigkeiten u. s. w. sind krankhaft verändert gefunden worden (Verwachsung der Eihäute mit dem Uterus oder mit dem Foe­tus, Biasenwiirmer, allzugrosse Menge des Schafwassers, Ent­zündung des Nabelstrangs u. dgl. Adamowicz führt auch Melanose des Hippomanes an).
Fast alle diese krankhaften Umstände sind zwar in anato­misch-pathologischer Hinsicht sehr interessant, aber aussei- dem Bereiche der Therapie.
B. Krankheiten der ersten Lebensperiode (der Entwicklung).
Literatur: Träger Füllenkrankheiten 1839. Haubner Krankheiten der Läm­mer 1840. Kuers desgl. 1840. Monteton desgl. 1833, 1848. Stö­rig 1825.
Dem jugentlichen Alter — von der Geburt bis zur Puber­tät — liegt besonders die vollständige Entwicklung des Körpers nach allen seinen Theilen ob. Diese wird durch mancherlei Einflüsse bald gestört, bald übereilt, wozu der pecuniäre Kutzen, den wir von den Thieren ziehen wollen, das Meiste beiträgt. So werden Kälber durch übennässigen Milchgenuss gemästet; so einjährige Stiere und zweijährige Kühe zur Nachzucht ver­wendet und damit der normale Entwicklungsgang gestört.
Neugeborene Thiere sind öfters sehr schwach, was theils von allgemeinen Zuständen (Mangel an Nahrung, Krankheit des Mutterthieres), theils von zu früher oder schwerer und verzö­gerter Geburt u. dgl. herrührt; sie erfordern sehr sorgfältige Pflege, vorsichtiges Eingeben von Milch, Eiern u. dgl., um sie dahin zu bringen, dass sie selbst saugen. Alle sehr jungen Thiere können nur kurze Zeit ohne Nahrung sein; selbst kräf­tige Säuglinge sterben an Entkräftung, wenn sie aus irgend einer Ursache 2 bis 3 Tage ohne Milch oder sonstige ihnen zusagende Nahrung bleiben.
Eine entzündliche Anschwellung des Nabels, welche sich theils auf die äussern Theile desselben beschränkt, theils aber mehr eine Entzündung der Nabelvene darstellt, befällt Kälber und Füllen in den ersteh Tagen ihres Lebens, und kann, wenn sie übersehen wird, leicht ihren Tod zur Folge haben. Die Behandlung besteht in Bähungen mit Bleiwasser
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Krankheiten der Entwicklung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 711
und dergleichen. — Mehrere Fälle von schnellem Absterben scheinbar kräftiger Kälber haben mir gezeigt, dass bei ihnen die abgerissenen Nabel-Arterien sich weit in den Bauch hinein­gezogen und dort eine ünterlaufung von ein paar Esslöffeln voll Blut gebildet hatten.
Aus dem erweiterten ürachus läuft manchmal der Harn noch einige Wochen nach der Geburt durch den Nabel aus. Dagegen dient Unterbindung des Nabelrests.
Die Nabelwunde gibt bei neugeborenen Thieren manchmal Veranlassung zu Wundstarrkrampf. Der zu frühzeitige Genuss rauhen Futters ist den Saugkälbern und Lämmern öfters schäd­lich, selbst tödtlich.
Der wichtigste, der Jugendperiode eigene Vorgang ist das Zahnen. Der mit der Bildung und dem Ausbruch der Zähne verbundene Blutzufluss erstreckt sich nicht selten weiter, als er sollte. Statt dass blos das Zahnfleisch, der Gaumen u. s. w. etwas röther, empfindlicher und aufgetriebener erscheinen sollte, bilden sich Congestionen nach dem Hirn, den Augen u. s. w. und aus diesen: Neigung zu Hiruentzündung, Augenentzündung, Mondblindheit, Drehkrankheit, Convulsionen, Krämpfen u. s. w. Schon der Durchbruch der Zähne ist nicht selten schmerzhaft, die Thiere lassen vom Fressen ab, werden traurig, magern ab u. s. w. Während des Zahnens sind die meisten Thiere empfind­licher gegen krankmachende Einflüsse und müssen daher mehr vor ihnen bewahrt werden.
Bei 3 bis 4jährigen Pferden beobachtete ich während dem Zahnen eine Veränderung in den Gelenken der Füsse, die ihre Richtung änderten, so dass sie in den Fesseln ganz gerade stunden oder sogar überkötheten (Zahnen durch die Glieder); bei Hunden und beim Schaf biegen sich manchmal die Röh­renknochen {Rhachitis). Träger bemerkte einen verzögernden Einfluss auf den Zahnwechsel bei 3—4jährigen trächtigen Stu­ten (G. amp; H. XI.).
Zu den Krankheiten zu welchen das jugendliche Alter be­sonders disponirt ist, gehören ausser den bereits erwähnten: der Durchfall, die Druse, die Staupe, die Wurmbildung, die Atrophie, die Lähme; die noch wenig bekannten Krankheiten der Brustdrüse (Thymus) wären auch hieher zu zählen.
Bei der Behandlung sehr junger Thiere muss man sich er-
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Krankheiten der Entwicklung.
innern, dass sie sehr reizbar sind, und daher auf minder be­deutende Veranlassung oft sehr heftige Erscheinungen äussern, welche nicht zu stürmischem Eingreifen mit Arzneien u. dgl. veranlassen dürfen. Aderlässe sind meist zu vermeiden und durch kühlende und besänftigende Mittel (Salze, Aconit) zu ersetzen.
Die volle Geschlechtsreife, welche erst mit der vollstän­digen Ausbildung des Körpers, also erst nach vollendetem Zahnen eintreten sollte, wird bei den meisten unserer Hausthiere durch ihre vom Naturzustand abweichende Lebensart viel frü­her herbeigeführt. Sie gibt selten zu Krankheiten Veranlassung wenn der Fortpflanzungstrieb gehörige Befriedigung findet; aus-serdem leitet man davon manche Fälle von Koller, Stiersucht und die spontane Hundswuth her.
Auf gleiche Weise, wie die Fortpflanzung, werden auch die Kräfte junger Thiere zur Arbeit zu frühzeitig und zum Schaden derselben benützt.
C. Krankheiten der zweiten (mittleren) Lebensperiode.
Diese Periode reicht bis zur merklichen Abnahme der Zeu­gungskraft, deren volle Entwicklung sie umfasst. Auch hier wi(d durch öconomischen Vortheil die eigentliche Dauer des mittleren Lebensalters häufig verkürzt; die Zeugungsfähigkeit wird vernichtet (durch Castration) und das Thier zur Mästung bestimmt, so lange noch sein Fleisch weich und sein Zellgewebe zur Fettaufnahme geneigt ist.
Das mittlere Alter besitzt eine grössere Widerstandsfähig­keit gegen krankmachende äussere Einflüsse, als die Periode vor ihm und nach ihm; daher müssen diese Einflüsse mit grösserer Heftigkeit oder anhaltender einwirken, um ihre nach­theilige Wirkung hervorzubringen. Die Benützung der Thiere, sei es zur Arbeit oder zur Milchnutzung, Woll- und Fettpro-duction, oder zur Fortpflanzung, wird in dieser Periode so häufig ohne Bücksicht auf die Erhaltung der Gesundheit und des Lebens des Thiers betrieben, dass sich Krankheiten in grosser Zahl und Stärke einstellen.
Ihre Behandlung erfordert, abgesehen von individuellen
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Krankheiten der Zurückbildung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;713
Gegenanzeigen, ein entschiedenes und wirksames Verfahren, und die schwächende Methode (besonders Aderlass) wird weit eher ertragen, als im Jüngern und hohem Alter. Neben diesem kräf­tigen Einwirken, das die Heftigkeit der Krankheitsform verlangt, ist besonders in gelinderen Fällen und bei nicht zuvor zerrüt­teter Gesundheit den Heilbestrebungen der Natur hinreichender Spielraum zu lassen und muss eine Störung derselben durch zu oft gereichte Gaben meist wenig wirksamer Mittel oder öftern Wechsel derselben möglichst vermieden werden.
D. Krankheiten der dritten (letzten) Lebensperiode (der Zurückbildung).
Das höhere Alter, welches durch das Erlöschen der Zeu­gungskraft und die Abnahme der meisten Functionen des Kör­pers bezeichnet ist, erreichen nur wenige unserer Hausthiere; sobald sie aufhören, mehr zu leisten, als ihr Unterhalt kostet, werden sie in der Regel getödtet.
Bei manchen Individuen, besonders solchen, die sich (je­doch nicht wegen Krankheit u. dgl.) langsam entwickelten, in der Jugend und dem mittlern Alter geschont, oder doch wenig­stens nicht übermässig angestrengt wurden, erhalten sich die Kräfte, die Thätigkeit, das frühere Aussehen u. s. w. sehr lange. Bei andern treten die Gebrechen des hohen Alters sehr früh­zeitig ein. Abmagerung bei gutem Futter, mangelhaftes Kauen (durch Fehlen der Zähne), Trockenheit der Haut, träger Kreis­lauf, Mangel an Ausdauer in der Bewegung, Steifheit der Glie­der, Nachlassen oder Aufhören der Zeugungskraft, Sinken der Empfindlichkeit, namentlich der Sinnesorgane (Blindheit, Taub­heit) bezeichnen den Zustand der Altersschwäche (Marasmus senilis), der noch am häufigsten bei Lieblingshunden beobachtet wird. Eine schleichende Entzündung des Gehirns oder Darm-canals, schneller aber apoplectische und paralytische Zufalle führen das Ende herbei.
Die Behandlung alter Thiere erfordert Berücksichtigung ihres allgemeinen Zustandes. Direct schwächendes Verfahren stimmt oft weit mehr herab, als man vermuthen durfte; die Unempfindlichkeit des Körpers gegen äussere Eindrücke zeigt sich durch die Unwirksamkeit selbst kräftiger Arzneimittel, und
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Krankheiten der Zurückbildung.
nur selten ist eine erhöhte Reizbarkeit zugegen, die sich über­dies gerne mit Schwäche verbindet. Daher ist in der Regel selbst bei entzündlichen Krankheiten nur massig entzündungs­widrig zu verfahren und bald auf rein bittere, stärkende Mittel überzugehen, auch die Verdauung durch leicht assimilirbares Futter zu unterstützen.
Thiere, die sehr alt geworden, und dabei immer gesund gewesen sind, werden endlich um so schneller von Krankheiten hinweggerafft.
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Register.
A.
Abdominaltyphus 407.
Abortus 689.
Absonderungen, vermehrte 186.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;verminderte 187.
Abzehrung 123. Adenitis 83. Adynamia nervosa 693. Aetherdampf 621. Agalactia 701. Albuminurie 252. Amaurosis 627. Amentia 584. Anaemia 115. Anaesthesia 573. Anaphrodisia 673. Anasarca 129. 288. Anbruch 66. 222. Angina 458.
carbuncularis 345.
memhranacca 462. ^nore^a 17. Anthraxfieber 328. ^antóraa; haemorrhoidalis 347. Aphonia 185. Aphthae epizooticae 360. „ quot; sporadicae 367. genitalium 678. Apoplescia 578. — maritima 660. Apoplexie, Milzbrand- 340. 578. Appetit, Fehler desselben 16. Araigne'e 466. Argas, eine Milbenart 198. Arsenicdampf, giftig 76. Arterienentzündung (^rtm'lt;2s) 494. Arteriosität, erhöhte 256. Arthritis 139. 545. Arthrocaee agnorum 571.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;pullorum equin, 572.
.4rtArocaclaquo; vituloram 674. Arzneimittel im Allgemeinen 10.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ihre Form 11.
Asphyxia 582. Asthma 177.
spasmodicum 567. Athmen, Krankheiten dess. 166. 461. Atrophia 125.
lactantium 79. Aufblähen 49.
Augenentzündung 283. 301. 445. Augenseuche 283. Auscultation 466. Aussatz 244. Auszehrung 123.
B.
Bangen 618. Bauchfellentzündung 509. Bauchspeicheldrüse, Krankheiten der­selben 68.
„ -Entzündung 515. Beschälkrankheit 679. Beulenfieber 201. Beulensenche, sibirische 355. Bewusstsein, Störungen dess. 576. Blasenseuche 360.
„ -Entzündung 515.
„ -Krampf 638. Bleichsucht der Schafe 616. Bleivergiftung, enzootische 74. Blennorrhoea 675. Blepharitis 446. Blitzstrahl, Tod durch 580. Blut, Krankheiten dess. 113. „ -Bewegung, Krankh. ders. 256. „ -Brechen 559. Blntharnert 561. „ hasten 557.
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Register.
Bintmangel 115.
„ melken 568.
„ nase der Schweine 166.
„ schlag, Blutstaupe 340. 578.
„ schwitzen 569. Blutungen im Allgemeinen 264. 555. Borste, weise 354. Borstenfäule 164. Brand, rauschender 347. Bräune 458.
häutige 462. „ der Schweine 345. Brechruhr, asiatische 421. Bremsenlarven, in der Haut 196.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Magen 97. 197.
Bremsenschwindel 153. Brennseuche der Schweine 345. Brüllen 672.
Brustentzündung 465. 475. Brustfellentzündung 487. Brustkrampf 637. Buchweizenausschlag 204. Bulimia 18.
Congestion 258. Conjunctivitis 283. 446. Convulsio 631. 634. Coriago 136. Cornage 183. Coryza 280.
gangraenosa 288.
virulenta 90. Cronp 462. Crusta labialis 237. Cynanehe 458.
carbuncularis 345. Cysticercus cellulosae 153. Cystitis 518.
1). Dämpfigkeit 177. Dampf pfeifender 183. Darmentzündung 497. Darmgicht 34. Darrsucht 79. 123. Darrhöfe 142. Dasselbealen 196. Dermcmyssus 196. 220. Dermatodectes 217. Diabetes 247. #9632; Diaphragmitis 544. Diarhe'mie 119. Diarrhoea 54. Diastashemie 118. Dippel 147.
Dissolutio sanguinis 119. Drehkrankheit 147. Druse der Pferde 83. n des Rinds 90, „ brandige 288. Drüsenkrebs 128. Durchfall 54.
„ falscher 59. Dyscrasia 128. Dysenteria enzootica 607.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;epizootica 504.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;neonatorum 503.
Dysphagia 22.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;paralytiea 664.
Dyspnoea 183. Dysuria 250.
E.
Ebullitio benigna 200. Ecedermia 136. Eczema'20i. 207. 209. Eduliwm 675. 679.
Cachezien im Allgemeinen 128. Cache,via aquosa 132.
arthritica 138.
boum tuberculosa 157.
cellulosae hydatigena 155.
ictero-verminosa 66.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; lymphat. farciminosa 106.
ossifraga 142.
seorbutica 162. Cacoehymia serosa 118. Cancer, Krebs 126. Carditit 490.
Caries vertebr. eaudae 303. Catamenialkolik 49. Catalepsia 596. Catarrh, einfacher 280.
„ chronischer 281.
Catarrhfieber, bösartiges 284.
Catarrhus eonjunctivae 283.
intestinalis 276.
nasalis 280.
sin. front. 281. 284. „ vaginae 677. Cephalitis 431. Chankersenche 682. Chlorosis 132. Cholera, asiatische 421. Chorea St. Viti 660. Colik, verschiedene Arten 34.
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Register.
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Egelkrankheit 66. Eierstöcke, Entzündung ders. 527. Eingeweidewürmer 59. EintbeiluDg der Krankheiten 9. Eiterinfection 426. Elephantiasis 164. 241. 244. Empfindungsleben, Krankheiten des­selben 571. Emphysem, Milzbrand 347.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Zellgewebs 654.
Engbrüstigkeit 177. Enteritis 497.
Entwicklungskrankheiten 669. Entzündung im Allgemeinen 259. Entzündungen 428. Entzündungsfieber, bösartiges 615. Enuresis 251. Ephemera 272. Epilepsia 652. Epistaxis 556. Equine 240. Erbrechen 23. Erethismus 573.
Ernährung, Krankheiten ders. 121. Erschöpfung, Kolik von, 48. Erysipelas carbunculosum 343.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;carb. ignis sacer 347.
B faciei der Katzen 328.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;oedematodes 325.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;phlegmonoswm 324.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;simplex s, verum 322.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sub-aponeuroiie. 488.
Erythema 321. Eschara 236. Euterblutung 568. Enterentzündung' 528. Exanthemata 198. Ezsndat 260.
F.
FalJre, Schafkrankheit 54. Fallende Sucht 652. Fallenlassen des Bissens 27. Farein 106. 111.
Faserstoff, Uebermaas im Blut 117. Fatuitas 524. Faulfieber, nervöses 395. Fäule der Schafe 132.
„ der Seideraupen 136. Favus 210. Febris 266.
n aphthosa 360.
„ #9632; biliosa 318.
carbunculata 328. 838.
Febris catarrh, epizootic. 278. 291. 302. „ erysipel. 321. 327. exanthematica 359. „ gastrica 312. „ hectica 423. B infiammatoria 270. n intermittens 276. „ mucosa s. pituitosa 312. 317. „ nervosa 395. „ petechialis 371. „ phthisiea 423. „ puerperalis 693. „ putrida 273. „ rheumatica 306. „ scarlatinosa 369. , variolosa 373. Fehlgeburt 689. Fettsucht 121. Feuer, Biegendes 347. .Flaquo;laquo; d'Äerfrlaquo; 394. Fieber, im Allgemeinen 266. „ aussetzendes 276. „ Hautausschlag- 359.
bösartiges des Binds 412. catarrhalisches 278. 302. catarrh., bösartiges 284.
„ lymphat. 83. 278. complicirte 278. Eiterungs- 423. entzündliches 270.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bösartiges 615.
fauliges 273. Gallen- 318. gastrisches 312. gastrisch-nervöses 315. , gelbes 320. „ Milzbrand- 328. 338. „ Nerven- 396. „ Nessel- 202. „ Petechial- 371. „ reine 269. „ rheumatisches 306. , Bothlauf- 321. 327. , Scharlach- 369. „ schleichendes 423. „ Schleim- 312. 315. 317. „ Wechsel- 276. „ Wund- 272. „ Zehr- 423. Finnen 155. Flechten 207.
Flug, eine Milzbrandform 343, Fluxion lunatique s. period. 449. Fluxus i. proßuvia 186.
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Register.
Fortpflanzung, Krankli. ders. 669. Fourbure 333. Framboesia 679. Franzosenkrankheit 157. Froschgeschwulst 19. Fruchthälterblutung 566.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;entzündung 524.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wassersucht 687.
Frtthlingsausschlag 200. Füllenlähme 642. Fusskrätze des Rinds 241. 243.
Haemoptysis 557.
Eaemorrhagia 264. 555.
Eaemorrhoides 559.
Halblähmung 665.
Halsanthrax 345.
Halsentzündung 458.
Harnabsonderung, Krankheiten dersel­ben 246.
Harnblasenentzündung 518.
Harnorgane, Blutung aus dens. 561.
Harnruhr 247.
Harnsteine 519.
Harnverhaltung 48. 260.
Harthäutigkeit 136.
Hartschlägigkeit 177.
Hartschnaufen 183.
Hautausschläge, chronische 198.
Hautausschlagsfieber 359.
Hautbrand, trockener 205.
Hautfunction, Störungen derselben 188.
Hautjucken 199.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Schweife 214.
Hauttalgabsonderung 189.
Hautwurm 106.
Heilmethode im Allgemeinen 7.
Heilung im Allgemeinen 4.
Heimweh 618.
Eelcosis 106.
Hemeralopie 630.
Eemiplegia 665.
Hepatitis 512.
Herpes 207.
eircinnatus 209. 237. „ phlyctänodes 203. 455.
Herzbentelwassersucht 492.
Herzentzündung 490.
Herzklopfen 635.
Herzschlächtigkeit 177.
Hinterbrand der Schweine 343.
Hippobosca 198. 228.
Hirnentzündung 431. 435. 441.
Hirschkrankheit 645.
Hitzbeulen 201.
Hodenentzündung 522.
Holzkrankheit 507.
Homwurmkrankheit 163.
Hufentzündung 533.
Hühner, Krankheiten derselben 176. 282. 355. 394.
Hundeseuche 302.
Hundskrampf 646.
Hundspocken 392.
Hundswuth 697.
Husten, chronischer 172.
Hydrocephalue aeut. d. Pferde 436.686.
G.
Galaetirhoea 700.
Gallenabsonderung, gestörte 61. „ Seher 318.
Gallensteine 65.
Ganglientyphus der Rinder 410.
Qangraena caudae eqiz. 349.
Gaatro-cephalite 441.
Gastritis 497.
Gastro-enteritis 403. 497. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; emootica 507.
Gebärfieber 693.
Gedärmseuche der Lämmer 503.
Gelbsucht 62.
Gelenkentzündung 546.
Gemeingefühl, Störungen dess. 617.
Genestade 562.
Genitalien, Krankh. ders. 49. 675.
Genius epidemicus 6.
Gerinnen der Milch 703.
Geschlechtsorgane, Blutung aus den­selben 566.
Geschlechtstbeile, Entzündung dersel­ben 520.
Geschlechtstrieb, Krankheiten dersel­ben 670.
Gicht der Kälber 574.
Gichter 634.
Glaucoma 630.
Glossanthrax 352.
Glossitis 455.
Glycosuria 247.
Gnubber 623.
Gonorrhoea 675. 686.
Grüner Staar 630.
Gutta serena 627.
H.
Haare, Krankheiten derselben 191. Haematemesis 559. Haemaluria 661.
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Register.
719
Hydroeepkälus ehronie. 440. 586.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; hydalideus 147.
Hydrohämie 118. Hydrametra 686. Bydropericarditis 492. Hydrophobia 597. Hydrope 129.
ovarii 527. Hyperämie 258. Hyperaestheiia 573. 619. Hypertrophie 123. Hysterie 671.
I.
letero-Ophthalmie 454. Icterus 62. Immobilité 584. Impetigo 237. 238. Impotentia 674. Indigestion 28.
n des Laabmagens 31. Infiammatio 269. Inflammationes 428. Influenza der Pferde 291. Influenza oder Nervenfieber 403. Injection 258. Insolation, Kolik von, 41. Instinct, Störungen dess. 577. /rifts recidiva 449. Ischuria 250. Ixodes 194.
Koller, fälschl. sogen. 436.
„ rasender oder Springk. 431, 591. Kollern 659. Kolpitis 524.
Kopfkrankheit der Pferde 435. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Bindraquo; 284.
Krätze 214.
Krampf im Allgemeinen 631. der FOsse u. s. w. 633. „ husten 637. Kranken-Examen 3. Krankheit, Definition derselben 2. Krankheiten des Foetus 709.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der mittleren Lebenspe-
riode 712. nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Znrückbildnng 713.
Krankheits-Character 6.
„ Formen im Allgem. 8. „ Ursachen im Allg. 2. Krebs, Bildung desselben 126. Krenzdrehe 623.
„ Lähmung 666. Kropf, eine Milzbrandform 354.
der Pferde 280. Kropfbrandbeule 354. Krustengrind 236. Kuhpocken 373.
falsche 378. Kupferdampf-Vergiftung 76.
L.
Lähme {Tetanus) 639. Lähmung überhaupt 572. 661. „ einzelner Theile 664. n rheumatische 668. Lämmerruhr 603. Laryngitis 456. 461. Läuse (Pediculus) 194, Läusesucht 195. Leberentzündung 512.
„ typhus der Pferde 406.
„ „ der Schafe 320. Lecksucht 139. Lendenblut 347. Lendenschmerz 622. Leprosis 164. 241. Leucorrhoea 678. Liehen 211. Lienitis 514. Lienieria 503. Literatur der Pathologie 12. Löserdürre 410.
Luftansammlung im Fruchthälter 688. Luftröhren-Entzündung 462.
K.
Kalbefieber 693.
Karbunkel 361.
Kauen, Krankheiten desselben 19.
Kehlbrand 345.
Kehlkopf-Entzündung 461.
Kehlsucht 280.
Klauenseuche 360.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bösartige 539.
Kleien-Ausschlag 212.
* Grind 214. Knochenbrüchigkeit 142. raquo; entzündung 546. raquo; weiche 146. Knopf, gelber 350. Knütz, bei Schafen 66. Kochsalzvergiftnng 77. Kolik, verschiedene Arten 34. Koller 584.
„ consensneller 693.
„ Dumm- oder stiller 684.
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720
Register.
Lumbago 622. Lungenblutsturz 557.
„ eotzündung 465.
„ faule 167.
„ schlag 582.
„ seuehe des Rindviehs 476.
„ sucht 167.
„ steiger 183.
„ -Wnrmhusten 174. Lymphdrüsen, Krankh. ders. 78. Lyinpligefäss-Entzündung 496.
M.
Macies 123. Magenentzündung 497. Magenkoller 441. Magenseuche des Rinds 411.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Schweine 316.
Magenwurmkrankheit 176. Malacia 139. Mal caduc 652. Mal de tête de contagion 288. Maladie de bois 507. „ de sang 340. „ rouge ou de Sologne 119. „ tremblante 623. Malis arthritica 401. Malleus humidus 90. Mania 594.
puerperalis 595. Marasmus senilis 713. Markflüssigkeit 138. Masern 368. Mattdannblutung 559. „ brand 347. „ entzündung 509. Mastitis 628. Mauke 240.
„ des Rindviehs 243.
„ ausfallende 239.
„ trockene 211. Maulgrind 237.
„ Schwämmchen 367. Maulseuche 360. Maulsperre (Trismus) 645. Meningitis 431. 435. 441. Mercurialflechte 209. Metaphlogose des Zellgewebs 553. Metritis 524. Metroperitonitis 695. Metrorrhagia 566. Milben der Krätze 215.
„ in der Mauke 241. Milch, blutige 568.
Milch, giftige 707. Milchfehler, versch. 700. „ fieber 693. „ knoten 531. , Versetzung 695. Milzbrandkarbunkel 351. „ Apoplexie 340. „ fieber 328. 338. „ Emphysem 347. Milzbrand, ödematöser 350.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; unächter 342.
Milzentzündung 514.
„ faule 357. Monatblindheit, Mondblindheit 449. Morbilli 368. Morbus Brightii 252.
ruber ovium 119. Morositates 617. Morve 90.
gangréneuse 288. Muscardine 193. Muskelentzündung 542. Myelitis 444. Myositis 542.
N.
Nabel, Anschwellung desselben 710. Nagen des Rindviehs 139. Nasenbluten 556.
„ entzündung 455. Nephritis 515. Nervenfieber 395.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; fälschl. sog. 435.
Nervenentzündung 445. Nervenkrankheit 435.
Bnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; venerische 679.
Nervenschlag 580. Nesselausschlag 201. Neuritis 445. Nierenentzündung 615. Nymphomania 670.
0,
Oedema 130.
Oesophagus ventricosus 23.
Oestrus desRindsl96. desPferds97.197.
des Schafs 153. Ohnmacht 583. Ohrenentzündung 455. Oophoritis 527. Ophthalmia 445.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; period, 449.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; epizootiea 283.
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721
Orchitis 522. Osteomalacia 145. osteoporose 19. 145. Otitis 455. Ozaena 90.
Scrophulosa 163.
Pöckelbrühe, giftig 77. Polypen, Bildung derselben 126. Polysarcia 121'. Porrigo 210. Pourriture 66. 132. Proctorrhoea 559. Prostatitis 523. Prurigo 199. 214. 623. Psoriasis 213. 238. -FWa 214. Pulmonaltyphus 401. Purpura 371. Pyaemie 426. Pyrexia 266.
Q.
Quecksilber-Ausschlag 209. „ -Vergiftung 73.
ß.
.RaWftj 597.
iïape raquo;imlaquo; 601. 614.
Rahe oder Harthäutigkeit 136. .
Rankkorn der Schweine 353.
Raspe 238.
Räude 214.
Speck 232.
„ rothe 233. Regenfäule 222. Rebe, entzündliche 533.
„ Stall, Futter 312. Reizfieber 272. Retentiones 187. Retentio secundin. 692. Rhachialgia 622. Rhachitis 145.
scrophulosa 163. Rheumatismus, acuter 308. 546. bnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; chronischer 311.
Rhinitis 203. 455. Rhinocarcinoma 90. Rhinorrhagia 556. Rhumatisme articulaire 546. Rinderpest 410. Roaring 183. Rothlauffieber 321.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bSsart. d. Schw. 327.
Rothlauf, brandiges 343.
„ einfaches 322.
,lt; teigiges 325. tiefes 324. Röthein 368. Rotzkrankheit 90.
46quot;
Palpitatio cordis 635. Panaritimn 240. 533. Paralysis 573. 661.
laquo; rheumatica 668. Paraplegia 666.
Paraplegie des moutons 623.
Paraesthesia 573.
Paresis 662.
Paronychia 240. 533.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ovium contag. 539.
Parotitis 457.
Paulacium 679.
Pelohaemie 118.
Percussion 466. 477.
Pericarditis 490.
Periostitis 545.
Peripneumonia 465.
Peritonitis 509.
Perlsucht 157.
-FWas anticardia 352.
Petechialfieber 371.
Phallitis 521.
Pharyngitis 458.
Phlebitis 495.
Phlegmasia 259.
Phlegmasiae s. Phlogoses 428.
Phlegmon diffus 553.
Phlyctänenausschlag 680.
Phrenitis 431. 435. 441.
Phthiriasis 195.
Phthisis pulm. verminalis 174.
tuberculosa 167. Physometra 688. Pica 18.
Piétin des moutons 539. Pillenform 13. Pilze auf der Haat 193. Pityriasis 212. Plethora 113. Pleuritis 487. Pleuro-pneumonia 465. -FWca polonica 191. Pneumonia 465.
raquo;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;exsudatoria 475.
Pneumorrhagie 557. Pocken, verschiedene 373. Horing, Pathologie.
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722
Register!
Rotzkrankheit der Schafe 284.
Rubeola 368.
Rückenblut 347.
Rückenmarksentzündung 444.
Ruhr 504. SOT.
Russ der Schweine 237.
Ruthe, Entzündung desselben 521.
s.
Samenfluss 686. Sang de rate 340. Sanguißuxus 555. Sanguisuga 559. Sarcopies 215. 217. 241. Satyriasis 670, Scabies 214. Schafpocken 379.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; tuberculose 388.
Schafrotz 284.
„ -raude 222. Scharlachfieber 369. Schärfen, sog. 120. Scheidencatarrh 677. Scheidenentzündung 524. Scheintod 582. Schlagfluss 578.
Schleimbeutel, Entz. ders. 553. . Schleimfieber 312. 315. 317. Schlecksucht 139. Schlickern der Milch 703. Schlingen, gestörtes 22. Schluchzen 637. Schlundentzündung 460. Schmarotzer auf der Haut 193. Schmerz, überhaupt 620. Schnuffelkrankheit 165. Schnupfenfieber, brandiges 284. Schönblindheit 627. Schwachefieber 273. Schwarzer Staar 627. Schweinspocken 390. Schwielentuberkel 201. Schwindel 658.
„ Bremsen- 153. Schwinden 125. Schwindsucht 123. 167. Schwitzen 189. Seirrhus, Bildung desselben 126.
„ des Eaabmagens 127. Scleroma 552. Scorbut 19. 145. 162. Scrophula equorum 83.
farcimen 106. Seekrankheit 660.
Seeschlag 660. Sehnenentzündung 548. Sehnsucht 618.
Seidenraupen, Krankh. ders. 136. 193. Sensibilität, abgeänderte 573. erhöhte 572. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; verminderte 572.
Sepsis 119.
Seuche, franz. 403, russ. 402, sib. 355 Soie oder pique 354. Spasmus 631. Speckhaut des Bluts 117. Speckraude 208. 232. Speichel, Krankh. desselben 20. Speicheldrüsen, Entz. ders. 457. Spinitis 444. Spissitudo sanguinis 118. Staar, schwarzer 627.
„ grüner 630. Stättigkeit 594. Starrkrampf 645. Starrsncht 596. Stase 258.
Staupe der Hunde 302. der Schafe 340. Steinpocken 378. 388. Sterilitas 674. Sterzwurm 349. Stiersucht 157. Stickfluss 582. Stillochsigkeit 673. Stimme, Krankheiten derselben 185. Stomanthrax hordeolmn 353. Strabismus 628. 633. Straubfuss, trockener 213, 241. Strengel 280. — brandiger 288. Stupor 573.
Symptome im Allgera. 4. Syncope 583. Synocha 270. Synochus putris 273. Synovitis 550. Symbiotes 217. 241. Syphilis 686. 692.
Tabes 123. — dorsalis 623. Taubheit 627. Teigmaul 237.
Tetanus 645. — pullorum 639. Tollheit 594. 597. Tollkrankheit der Pferde 315. Tonsillen-Entzündung 457. Torpor 573. Traberkrankheit 623.
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723
Träberausschlag 243. 394. Tracheitis exgudatoria 462. Traubenkammkraiiklieit 394. Tremor 634. Trichoma 191. Tripper 675. Trismus 645. Trommelsucht 49. Truthühner, Catarrh ders. 282. Tuberkel, ihre Entstehung 159. 168.
- „ der Nase 165. Tuberkelansschläge 200. Tussis chronica 172. convulsiva 637. Typhohämie 338. Typhus 395. abdominalis 407.
apopleelicus 340.
carbimculosus 328.
contagiosus houm. 410.
petechialis 371. Typhus bei Hunden, Katzen 420. bei Schafen 320. „ bei Schweinen 420. Tympanitis 49.
u.
üebelsäftigkeit, im Allg. 128. üebergälle 410. Ulceraiio genitalium 678. Unfruchtbarkeit 674. Unvermögen d. Harn zu halten 251. Urethritis 521. Urticaria 201, 204.
v.
Varicella bourn 394. ovinm 388. Variolae 373. Veitstanz 660. Venenentzündung 495. Venerische Krankheit 679. 686. Venosität, erhöhte 257. Verdauung,Krankh. ders. 15. - träge28. Vergiftung 53. 69. — Kolik 49. Verstopfung 31. falsche 34. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Lösers 30.
Vertige 584. abdominal 441.
idiopathique4amp;\. symptomSbS. Vertigo (Schwindel) .658. Verwerfen 689. Vetania 584. Vibrionen in der Milch 705.
Viehseuche 410.
Vögel, Pocken ders. 394. Apoplexie 582.
„ Augenentzündung ders. 444 Vollblütigkeit 113. Vomitus 23. Vorsteherdrüse, Entz. 523.
w.
Waldkrankheit 507.
Walz'sche Brühe, ihre Bereit. 225.
Warzen, Bildung ders. 123.
Wasserscheu 597.
Wassersucht 129. des Uterus 686.
des Eies 688. Wehtag 652. Weichselzopf 191. Weisse Borste 354. Weisser Fluss 678. Wetzkrankheit 623. Wiederkauen, Aufhören dess. 27. Wolfshunger 18. Wundfieber 272. Wurffieber 693. Wurf am Ohr, Schweif 233.
„ der Pferde 106.
„ des Rindviehs 111. Wurmbeulen von Bremsen 196.
„ husten 174. Wurmkolik 47. Wurmleiden 61. Würmer im Auge 448. Wuth 597. seuchenhafte 613.
z.
Zähne, Fehler ders. 19. Zäpfig 157.
Zabnangenentzündung 449. Zahnen 711. Zecken (Ixodes) 194.
d. Schafs (Hippobosca) 198. 228. Zehrfieber 423. Zellgewebsentzündung 551. Ziegenpocken 389. Zittern 634. Zuckungen 631. Zungenentzündung 455. Zungenkrebs 352.
Zurückbleiben der Nachgeburt 692. Zwerchfellentzündung 549.
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