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^iblior.htek der
Uijksuniversir^t tc Utroc!*
Afd. Dicrgenecskunde
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BIBUOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT
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2856 694 5
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MC
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#9632;v/j c^ ^4-
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Praktisches Handbuch
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der
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CHIRURGIE
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für
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Thierärzte.
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Von
Dr. C. H. Hertwig,
Professor an der Königlichen Thierarzneischule zu Berlin.
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Zweite verbesserte Auflage.
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Berlin, 1859.
Verlag von August Hirsch w aid.
69 unter den Linden, Ecke der Schadov.strasse.
Ei^iuUicc*. atz RSktunivcrsiteit te Utiodit
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Inhalt.
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XI
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Seile
Drittes Capitel. Verwachsune der Pupille..........nbsp; nbsp; 692
Viertes Capitel. Verwachsung des Afters...........nbsp; nbsp; 693
Fünftes Capitel. Verwachsung der Mutterscheide........nbsp; nbsp; 695
Sechstes Capitel. Verschliessung der Schenkelarterien......nbsp; nbsp; 697
Siebentes Capitel. Verwachsung der Gelenke.........nbsp; nbsp; 699
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Zwölfte Classe. Erster Abschnitt.
Fremde Körper und Zurückhaltung von Säften im Allgemeinen . . .nbsp; nbsp; 701
Zweiter Abschnitt.
Von diesen Zuständen im Speciellen............nbsp; nbsp; 704
Erstes Capitel. Dasselbeulen oder Engerlinge unter der Haut . . .nbsp; nbsp; 704 Zweites Capitel. Bremsenlarven in den Stirnhöhlen der Schaafe und
Ziegen.......... ........nbsp; nbsp; 705
Drittes Capitel. Anhäufung von Schleim in den Luftsäcken der Pferdenbsp; nbsp; 707
Viertes Capitel. Fremde Körper in der Maul- und Rachenhühle . . .nbsp; nbsp; 715
Fünftes Capitel. Fremde Körper im Schlünde........ .nbsp; nbsp; 716
Sechstes Capitel. Die Wassergeschwulst...........nbsp; nbsp; 727
Siebentes Capitel. Die Wassersucht des Augapfels.......nbsp; nbsp; 730
Achtes Capitel. Der Wasserbruch.............nbsp; nbsp; 731
Neuntes Capitel. Die Urinverhaltung............nbsp; nbsp; 733
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Dreizehnte Classe.
Krankhafte Zustünde von abnormer, quantitativer Bildung (Dismorphen)nbsp; nbsp; 744
Erstes Capitel. Uebermässige Ernährung (Hypertrophia).....nbsp; nbsp; 744
Zweites Capitel. Das Schwinden (Atrophia)..........nbsp; nbsp; 747
Drittes Capitel. Missbildungen in der Form, in Ueberzahl oder in Mangel einzelner Theile..............nbsp; nbsp; 749
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Vierzehnte Classe. Erster Abschnitt.
Qualitative abnorme Bildungen, krankhafte Neubildungen im Allgemeinennbsp; nbsp; 753
Zweiter Abschnitt.
Afterbildungen im Speciellen...............nbsp; nbsp; 757
Erstes Capitel. Die Fettgeschwulst.............nbsp; nbsp; 757
Zweites Capitel. Die Fasergeschwulst............nbsp; nbsp; 75S
Drittes Capitel. Die Fleischgeschwulst............nbsp; nbsp; 760
Viertes Capitel. Die Knorpelgeschwulst und die Knochengeschwulst .nbsp; nbsp; 761
Fünftes Capitel. Die Melanosen..............nbsp; nbsp; 763
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XIInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Inhalt.
Seile
Sechstes Capitel. Die Balggeschwülste...........765
Siebentes Capitel. Die Polypen.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 7(59
Achtes Capitel. Der Krebs...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;778
Dritter Abschnitt.
Die Degenerationen.............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^oc
Erstes Capitel. Die Warzen..........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; quot; 7Kr
Zweites Capitel. Der Kropf.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;n-o
Drittes Capitel. Der Fleischbruch.......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^^q
quot;Viertes Capitel. Der Knollhuf, Khehehuf oder Vollhuf . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ' 791
Vierter Abschnitt.
Die Steine oder Concrcinente...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;70laquo;
Erstes Capitel Die Speichelstcine.........'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;795
Zweites Capitel. Die Milchsteine.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;' 795
Drittes Capitel. Die Harnblasensteine........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 797
Viertes Cupitel. Die liarnröhrensteine.......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^,94
Fünftes Capitel. Die Vorhautsteine...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;31Q
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Fünfzehnte Classe.
Erster Abschnitt.
Die Geschwüre im Allgemeinen...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;8J2
Zweiter Abschnitt.
Geschwüre im Speciellen..........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ooe
Erstes Capitel. Die Ohrfistel.......! ! ! !nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;826
Zweites Capitel. Die 'i'bränenfistel........'. . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;, 827
Drittes Capitel. Die Zahnfistel.........'.'.#9632;#9632;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 829
Viertes Capitel. Die After-, Mastdarm- und Beckenfistel . . .nbsp; nbsp; . . 835 Fünftes Capitel. Das Krebsgeschwür am mannlichen Gliede .... 838
Sechstes Capitel. Die llufknorpclfistel..........nbsp; nbsp; [ ' 841
Siebentes Capitel. Die Strahlfiinlc und der Strahlkrebs . . . .'nbsp; nbsp; ' . 850 Achtes Capitel. Das bösartige Elauengeschwflr der Schaafe .... 858
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Vorwort zur ersten Auflage.
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Ich habe an der hiesigen Königl. Thierarzneischule von dem Jahre 1823 bis zum Herbst 1842 und dann wieder vom Frühjahr 1846 bis jetzt die Veterinär-Chirurgie gelehrt und bin in dieser langen Zeit von meinen zahlreichen Schülern fortwährend aufgefordert worden, den Inhalt meiner Vorträge in einem Handbuche der thierärztlichen Chirurgie zu veröffentlichen. Dies hätte ich allerdings, sowohl im Interesse meiner Schüler, wie auch aus anderen Gründen, längst thun müssen; aber die Unterlassung wird gewiss von Jedem entschuldigt werden, der meine vielen, bis zum vorigen Herbst bestandenen anderweitigen dienstlichen Beschäftigungen kennt. Nun haben mich aber meine vorgesetzte Behörden seit dem October v. J. von dem klinischen Unterricht in den Rrankenställen der grösseren Hausthiere, den ich fast 25 Jahre geleitet und der stets den grössten Theil meiner Zeit in Anspruch nahm, auf mein Ersuchen entbunden und ich konnte daher die Herausgabe des vorliegenden Handhuchs besorgen.
Ueber dasselbe habe ich nur wenig zu sagen. Es soll für den Unterricht und für den praktischen Thierarzt brauchbar sein, und deshalb sind die wichtigeren Gegenstände, namentlich die verschiedenen Heilarten, etwas ausführlicher angegeben worden, als,es in einem blossen Lehrbuche erforderlich wäre; doch habe ich von den Operationen nur das Wesentliche, Praktische angeführt, was zur Heilung der abgehandelten Krankheiten gehört, und verweise hinsichllich des Uebrigen auf das „Handbuch der Akiurgie von Dieterichsquot;, oder auf das von Gurlt und von mir herausgegebene Werk: „Chirurgische Anatomie und Operationslehre für Thierärzte. Berlin 1847. Fol. Mit 10 Kupfertafeln.quot; — Die wirklichen Vervollkommnungen der praktischen Chirurgie auch von den ausländischen Thierärzten, sind überall, so weit sie mir bekannt geworden, benutzt, nebst Angabe der Personen oder der Schriften, von denen die Fortschritte ausgegangen sind. Die Literatur habe ich überhaupt fast nur da angegeben, wo es auf Begründung eines Ausspruchs, auf Berichtigung einer Maxime u. s. w. ankam; denn bei denjenigen chirurgischen Grundsätzen
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A
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IVnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorwort.
und Verfahrungsarten, welche bereits seit längerer Zeit als Gemeingut der Thierheilkunde gelten, und eben so bei denen, welche nicht zweifelhaft sind, bedurfte es keines literarischen Nachweises. — Die von mir benutzte Eintheilung der chirurgischen Krankheiten ist eine natürliche und leicht übersichtliche, in welche sich fast alle in das Gebiet der Chirurgie zu zählenden Krankheiten ohne Zwang einreihen lassen. Doch gestehe ich gern, dass ich selbst noch ein besseres System wünsche, dasselbe aber noch nicht gefunden habe. Jedes nosologische System zeigt Mängel an einer oder der andern Stelle.
Ich könnte noch Einiges zum Vortheile des Buches anführen; ich unterlasse dies aber, weil (wie das Sprichwort sagt:) Selbstlob stinkt, und weil ich hoffe, class competente Sachverständige wohl das Gute wie das Mangelhafte meiner Arbeit finden werden.
Demnach möge das Buch der freundlichen Aufnahme des thierärztlichen Publikums empfohlen sein.
Berlin, den 7. August 1850.
Dr. Hertwig.
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Vorwort zur zweiten Auflage.
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JLn der nothwendig gewordenen zweiten Auflage meines Handbuchs der Chirurgie für Thierärzle habe ich überall die für nützlich gehaltenen Zusätze gemacht, übrigens aber die frühere Einrichtung desselben im Wesentlichen beibehalten; nur der Anhang über die Hornspalten, die Uornklüfte und die getrennte Wand ist von den Knochenbrüchen zu den Zerreissungen gestellt worden, weil diese Trennungen den Letzteren ähnlicher sind als dea Frakturen; und der in der ersten Auflage am Ende befindliche Anhang über Aderlassen, Fontanell- und Haarseil-Applicalion ist weggeblieben, weil die Beschreibung dieser Operationen mehr in die Akiurgie gehört und dort vollständiger gegeben werden wird. Berlin, im October 1858.
Dr. Hertwig.
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Inhalt.
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1nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Seile
Einleitung .....................nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;;
Kurze Geschichte und Literatur der Veterinär-Chirurgie .....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4
Erste Classe. Erster Abschnitt.
Von den Entzündungen und deren Folgukrankheitcn im Allgeineincn .nbsp; nbsp; nbsp; 14
Erstes Capitel. Begriff von Entzündung...........nbsp; nbsp; nbsp; 14
Symptome.................nbsp; nbsp; nbsp; 15
Ursachen.................nbsp; nbsp; nbsp; 21
Verlauf, Dauer und Ausgänge..........nbsp; nbsp; nbsp; 23
Verschiedenheiten..............nbsp; nbsp; nbsp; 26
Behandlung................nbsp; nbsp; nbsp; 33
Zweites Capitel. Von der entzündlichen Ausscliwitzunjr ....nbsp; nbsp; nbsp; 47
und ihren nächsten Folgen...........nbsp; nbsp; nbsp; 47
Drittes Capitel. Von der Eiterung.............nbsp; nbsp; nbsp; 53
Viertes Capilel. Vom Brande..............nbsp; nbsp; nbsp; 69
Anhang. Verhrennungen................nbsp; nbsp; nbsp; 76
Aetzungen.................nbsp; nbsp; nbsp; 79
Erfrierungen...... .........nbsp; nbsp; nbsp; 8^
ßothlauf.................nbsp; nbsp; nbsp; 83
Rheumatisnius............. #9632; •nbsp; nbsp; nbsp; 8lt;
Zweiter Abschnitt.
Von den wichtigsten äusserlichen Entzündungen und deren Folgekrankheiten im Speciellen............•#9632;#9632;;#9632;-'•nbsp; nbsp; nbsp; 98
Erstes Capitel. Entzündungen der Ohren und des äusseren Gehörganges...................nbsp; nbsp; nbsp; 98
Zweites Capitel. Augenentzündungen (Ophlhalmiae) und die FolgeUrank-
krankheiten derselhen..............nbsp; nbsp; 101
Traumatische Augenentzündung.........nbsp; nbsp; 102
Katarrhalische Augenentzündung.........nbsp; nbsp; 110
Rheumatische Augenentzündung.........nbsp; nbsp; 112
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VI
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Inhalt.
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Periodische Augenentzündungnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; f.quot;'
Augenentzündung von Würmern . .......nbsp; nbsp; ll,
Augenentzündung bei den Pocken . . !.....nbsp; nbsp; },,
raquo;taphylom ... .....nbsp; nbsp; 'ii
Augenfell ....'..'.........nbsp; nbsp; 125
Grauer Staar .....[...........nbsp; nbsp; ^^
Grüner Staar.....J..........nbsp; nbsp; *27
Schwarzer Staar. ...quot;.#9632;' .....nbsp; nbsp; ^ **
Bläschen und Geschwüre der Hornhaut .'......nbsp; nbsp; H,
titerauge . .....nbsp; nbsp; 1quot;gt;'
Virnet r?quot;.6!- Entzöndun? der'Ohrspeicheldrüse' quot;. ! ! ' ' quot; 'nbsp; nbsp; u?
VerteS ^^ Kntzündungjer^phdrüsen im Keh.gange hei' P..
nf,eS ^äeSr^SdUngen d-U—S- -d der Unterkie^nbsp; nbsp; 144
Sechstes Capital. Entzündung de; Zunge '. '. '.........nbsp; nbsp; '^
ActTr CfT^ Entzaquot;draquo;deg;g der Schilddrüse : ' ' * 'nbsp; nbsp; \\l
Achtes Cap.tel Entzündung der Drosselvene . . .....nbsp; nbsp; nbsp; ^
Neuntes Cap.tel. Die Nabelenlzündung ... .......nbsp; nbsp; Jquot;
Zehntes Capitel. Die Hodenentzündung ... ' quot; quot; ' quot; ^ 'nbsp; nbsp; }?q
SÄ* eÄ^^nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;:
S^ette^cS. ^ta^^ heiSSe ^-^^-raquo;wul. ! ! !nbsp; nbsp;!?3
Siebzehntes Capitel. Entzündung der Beugesehnen' '. '. . . ^nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;igo Achtzehntes Cap.tel. Die Huf- und Klauenentzündung (traumatische' rheumatische, Panaritium) ... . * Vlt;,umaquot;scne' Neunzehntes Capitel. Entzündapg der Beinhaut und 'der Knochen 'und
heit S 'f. nRCP ehberbeüne' ^t' chronischlaquo; Hufgelenkslahm-
ne.t, amp;patt, Rehbein, Hasenhacke)......- . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 204
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Zweite Classe.
Erster Abschnitt.
Von den Quetschungen im Allgemeinen.......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 237
Zweiter Abschnitt.
Von den Quetschungen im Besonderen . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,,,
Wes CPapit'l DDieGstk,beUire' Mau,-^chwuls't und'Genickö'steinbsp; nbsp; 24
^tl'undDiaemSRal'nKUmmt- Und ^^quot;^^ - WiderDrittes Capitel. Die Brustbeule '..............nbsp; nbsp; S*^
Viertes Capitel Die Stollbeulen und Stollschwämme .'......nbsp; nbsp; or?
Fünftes Cap.te, J ^iebe^ „„d der Knieschwamm (A.'bei Pferien,nbsp; nbsp; ^
c , . „ quot;.quot;r aem Kmdvieh).......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;oti
Sechstes Cap.tel. Die Piephacken ...nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ........nbsp; nbsp; E*
Siebentes Capitel.^Qu.schungen der Küsse von dem'üebe'r.reten übe^
Achtes Capitel. Quetschungen der Füsse'durch'St'reifen' quot;. ! ! '. '. 278
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Inhalt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;yji
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Neuntes Capitel. Das Verhallen ....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; iT,
Zehntes Capitel. Die Steingallen.............90*
Eilftes Capitel. Das Durchliegen oder Wundliegen '.......291
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Dritte Classe.
Erster Abschnitt.
Zerreissungen im Allgemeinen.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,01
Zweiter Abschuitt.
Von den Zerreissungen im Besondern . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9t,,
Erstes Capitel. Das Blutohr der Hundenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;........0,19
Zweites CapUel. Zerreissung der schwammigen Körper'im männlichen
Drittes Capitel. Zerreissung der Beugesehnen 'an 'den vorder;laquo; Glied:nbsp; nbsp; ^
maassen bei Pferden . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,.n.
Viertes Capitel Zerreissung der Zvvillingsmuskel undquot; der Achillessehnenbsp; nbsp; 307
Fünftes Cap.tel Zerreissung des Beugers des Schienbeins und des drä!
ten Wadenbeinmuskels ...nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3fr
Anhang. Die Hornspalten, Hornklüfle und getrennte Wand '.'.'.'.nbsp; nbsp; 312
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Vierte Classe. Erster Abschnitt. Wunden im Allgemeinen . . .
Erstes Capitel. Begriff, allgemeine Zufälle, Ursachen, y^cÜedU^ 1 •. ^ .', ria.uf und Ausgange, Beurtheilung, Behandlunenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Vtl
Cap.teL D.laquo; Wunden nach ihrer ursächltchen VeSedenkeil (Schnittwunden, Hiebwunden u. s. w.).......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;362
Zweiter Abschnitt. Von den Wunden im Speciellen .
Erstes Capitel. Wunden am Schädel '.'.''.......nbsp; nbsp; ,If
Zweites Capitel. Verletzungen des äussern Ohrs '. '........nbsp; nbsp; nbsp;4,1
Dnttes Capitel Verletzungen der Augenlider ........nbsp; nbsp; %%
Viertes Capitel Verwundungen des Blinzknorpels .'..'.''nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^ Fünftes Capitel Verwundungen des Auges und besonders der dur'ch-'
sichligen Hornhaut ...nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 00,
Sechstes Capitel. Verwundungen der Nase '.'''''nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^
Siebentes Capitel. Verwundungen am Maule ..........nbsp; nbsp; ^Sfi
Kntes Cauftel Vquot;WUndraquo;ngen **} Ohrdrüse und ihres Spdchelgan'gesnbsp; nbsp; 388
Zehn tes Can . ' ^^f^^ des Zahnfleisches und der Laden % .nbsp; nbsp; 394
^ehntes Capitel. Verwundungen der Zunge.....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;tat
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tilftes Capitel. Verwundungen des harten Gaum^ ^wolftes Capitel. Verwundungen in der Räch
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ns......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;39g
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onie ....
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401
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Dreizehntes Cap.tel. Verwundungen der Luftröhre und des Kehlkopfs
von aussen her........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; r 4(1fi
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VIII
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Inhalt.
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Vierzehntes Capitel. Verwundungen der Drosselvene und der Drosselarterie ...................408
Fünfzehntes Capitel. Verwundungen des Schlundes.......412
Sechszehntes Capitel. Bruslwunden.............415
Siehzehntes Capitel. Verwundungen am Hinterleibc oder am Bauche . 423
Achtzehntes Capitel. Verwundungen des Mastdarms.......438
Neunzehntes Capitel. Verwundungen der Mutterscheide und der Scham-
lefzcn...................441
Zwanzigstes Capitel. Verletzungen der männlichen Ruthc.....443
Einundzwanzigstes Capitel. Verwundungen des Hodensacks und der
Hoden...................445
Zweiundzwanzigstes Capitel. Verwundungen des Euters und der Zitzen. 451 Dreiundzwanzigstes Capitel. Verwundungen der Schweifrübe .... 452 Vicrundzwanzigstes Capitel. Verwundungen an den Gliedmaassen (A. der sehnigen Ausbreitungen und der Muskeln, B. der Sehnen und Sehnenscheiden, C. der Gelenke, der Fleischwand, der Fleischsohle ....................457
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Fünfte Classe.
Erster Abschnitt.
Knochenbrüche im Allgemeinen..............nbsp; nbsp; 481
Zweiter Abschnitt.
Knochenbrüche im Speciellen.....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.........nbsp; nbsp; 498
Erstes Capitel. Brüche des Hirnschädels...........nbsp; nbsp; 4lt;.I8
Zweites Capitel. Brüche und Eindrücke des Stirnbeins und seiner Fortsätze ....................nbsp; nbsp; 5111
Drittes Capitel. Brüche des Jochbeins und des .lochbogens ....nbsp; nbsp; 503
Viertes Capitel. Brüche der Nasenbeine...........nbsp; nbsp; 505
Fünftes Capitel. Brüche der kleinen Vorderkieferbeine......nbsp; nbsp; 507
Sechstes Capitel. Brüche des Unter- oder Hinterkiefes......nbsp; nbsp; 508
Siebentes Capitel. Brüche des Zungenbeins..........nbsp; nbsp; 510
Achtes Capitel. Brüche der Hals-, Rücken- und Lendenwirbelnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. .nbsp; nbsp; 512
Neuntes Capitel. Brüche der Bippen............nbsp; nbsp; 514
Zehntes Capitel. Brüche der Beckenknochen.........nbsp; nbsp; 516
Eilftes Capitel. Brüche der Schwanzwirbel..........nbsp; nbsp; 518
Zwölftes Capitel. Brüche des Schulterblattes.........nbsp; nbsp; 519
Dreizehntes Capitel. Brüche des Arm- und Querbeins......nbsp; nbsp; 520
Vierzehntes Capitel. Brüche der Knochen des Vorarms......nbsp; nbsp; 522
Fünfzehntes Capitel. Brüche der Knochen des Vorderknies ....nbsp; nbsp; 525
Secbszehntes Capitel. Brüche des Schienbeins und der Griffelbeine . .nbsp; nbsp; 525
Siebzehntes Capitel. Brüche des Fesselbeins.........nbsp; nbsp; 527
Achtzehntes Capitel. Brüche des Kronenbeins.........nbsp; nbsp; 52J
Neunzehntes Capitel. Brüche des Huf- und Strahlbeins bei Pferden und
Rindern und des Zehengliedes bei Hunden.......nbsp; nbsp; 531
Zwanzigstes Capitel. Brüche des Backenbeins.........nbsp; nbsp; 534
Einundzwanzigstes Capitel. Brüche der Kniescheibe.......nbsp; nbsp; 536
Zweiundzwanzigsles Capitel. Bräche des Unterschenkelbeins ....nbsp; nbsp; 537
Dreiundzwanzigstes Capitel. Brüche der Knochen des Sprunggelenks .nbsp; nbsp; 538
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Inhalt. #9632;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; IX
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Sechste Classe.
Erster Abschnitt.
Verrenkungen im Allgemeinen..............nbsp; nbsp; 540
Zweiter Abschnitt.
Verrenkungen im Speciellen...............nbsp; nbsp; 548
Erstes Capitel. Verrenkungen des Hinterkiefers........nbsp; nbsp; 54S
Zweites Capitel. Verrenkungen der Wirbel..........nbsp; nbsp; 552
Drittes Capitel. Verrenkungen oder Verschiebungen der Beckenknochennbsp; nbsp; 555
Viertes Capitel. Verrenkungen des Schulter- und Armbeingelenks . .nbsp; nbsp; 556
Fünftes Capitel. Verrenkungen des Vorarms mit dem Armlieine . . .nbsp; nbsp; 563 Sechstes Capitel. Verrenkungen des Vorderknies oder der vorderen
Fusswurzel..................nbsp; nbsp; 564
Siebentes Capitel. Verrenkungen im Fessel- oder Köthenijelenk . . .nbsp; nbsp; 565
Achtes Capitel. Verrenkungen des Oberschenkels oder fiackenbeins .nbsp; nbsp; 570
Neuntes Capitel. Verrenkungen der Kniescheibe........nbsp; nbsp; 574
Zehntes Capitel. Verrenkungen des Unterschenkelbeins......nbsp; nbsp; nbsp;580
Eilftes Capitel. Verrenkungen im Sprunggelenk........nbsp; nbsp; 580
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Siebente Classe. Erster Abschnitt.
Vorfälle im Allgemeinen.................nbsp; nbsp; 582
Zweiter Abschnitt,
Vorfälle im Speciellen.................nbsp; nbsp; 585
Erstes Capitel. Vorfall des Augapfels............nbsp; nbsp; 585
Zweites Capitel. Vorfall der Zunge............nbsp; nbsp; 589
Drittes Capitel. Vorfall des Mastdarms...........nbsp; nbsp; nbsp;593
Viertes Capitel. Vorfall der Mutteischeide..........nbsp; nbsp; 599
Fünftes Capitel. Vorfall der Gebärmutter...........nbsp; nbsp; 602
Sechstes Capitel. Vorfall der Harnblase...........nbsp; nbsp; nbsp;608
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Achte Classe.
Erster Abschnitt.
Brüche (Herniae) im Allgemeinen.............611
Zweiter Abschnitt.
Brüche im Speciellen..................nbsp; nbsp; 623
Erstes Capitel. Vom Nabelbruch..............nbsp; nbsp; 623
Zweites Capitel. Vom Leistenbruch.............nbsp; nbsp; nbsp;628
Drittes Capitel. Vom Schenkelbruch............nbsp; nbsp; 637
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m
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Inhalt.
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Viertes Capitel. Fünftes Capitel.
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Von dem Bauch oder Flankenbruch .... Von dem Innern Bauch- oder Bauchfellsbruch
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Stillaquo;
639 641
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Neunte Classe.
Erster Abschnitt.
Krankhafte Ausdehnungen und Erweiterungen im Allgemeinen....nbsp; nbsp; nbsp;648
Zweiter Abschnitt.
Ausdehnungen und Erweiterungen im Speciellen........nbsp; nbsp; 650
Erstes Capitel. Ausdehnungen der Muskeln und Sehnen.....nbsp; nbsp; 650
Zweites Capitel. Ausdehnungen der Sehnenscheiden, der Schleimbeutel
und der Gelenkkapseln oder von don Gallen......nbsp; nbsp; nbsp;652
Drittes Capitel. Ausdehnung der Blutgefässe.........nbsp; nbsp; nbsp;660
Viertes Capitel. Erweiterung des Kanals der Speicheldrüse ....nbsp; nbsp; 664
Fünftes Capitel. Erweiterung des Schlundes.........nbsp; nbsp; 665
Sechstes Capitel. Erweiterung des Mastdarms.........nbsp; nbsp; 667
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Zehnte Classe. Erster Abschnitt.
Von den Verengerungen und Verkürzungen im Allgemeinen ....nbsp; nbsp; 668
Zweiter Abschnitt.
Verengerungen und Verkürzungen im Speciellen........nbsp; nbsp; 671
Erstes Capitel. Verengerung des äussern Gehörganges......nbsp; nbsp; 671
Zweites Capitel. Verengerung der Luftröhre.........nbsp; nbsp; nbsp;672
Drittes Capiel. Verengerung des Schlundes..........nbsp; nbsp; 673
Viertes Capitel. Verengerung des Mastdarms........nbsp; nbsp; 674
Fünftes Capitel. Verengerung der Harnröhre.........nbsp; nbsp; 675
Sechstes Capitel. Verengerung der Vorhaut ....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.....nbsp; nbsp; 676
Siebentes Capitel. Verengerung der Muskel und Sehnen.....nbsp; nbsp; 679
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Eilfte Classe.
Erster Abschnitt.
Verwachsungen und VerSchliessungen im Allgemeinen......688
Zweiter Abschnitt.
Verwachsungen im Speciellen...............nbsp; nbsp; 689
Erstes Capitel. Verwachsungen des aussein Gehörganges ...nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;/nbsp; nbsp; 689
Zweites Capitel. Verwachsung der Augenlider mit einander und mit
Augapfel..................nbsp; nbsp; 690
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Einleitung.
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-Ln der Menschenheilkunde ist es seit alten Zeiten gebräuchlich, die gesammte Krankheits- und Heilungslehre in zwei Hauptabtheilungen zu scheiden; nämlich: A. in die Pathologie und Therapie, und ß. in die Chirurgie '). Die erstcre beschäftigt sich mit den sogenannten innerlichen Krankheiten und ihrer ärztlichen Behandlung, die andere mit den sogenannten äusserlichen, örtlichen oder chirurgischen Krankheiten und deren Kur.
Diese Trennung ist (aus nahe liegenden Gründen) nicht in die praktische Thierheilkunde, wie dies in der Menschenheilkunde geschehen, übergegangen, und sie ist auch theoretisch nicht gründlich durchzuführen. Denn einestheils ist es oft schwer, bei den einzelnen Krankheiten selbst dem Orte nach zu bestimmen, ob sie zu den innerlichen oder zu den äusserlichen gehören, z. B. bei den Entzündungen und Verletzungen im Maule, in der Nasenhöhle u. s. w.; und an-derentheils steht die Annahme rein äusserlicher oder örtlicher Krankheiten im Widerspruch mit der physiologischen Ansicht von der Einheit des Organismus lebender Thiere, #9632;— nach welcher jede krankhafte Veränderung eines Theiles auch Folgen und Veränderungen in anderen Theilen und somit eine Störung in dem ganzen Organismus herbeiführt.
Es giebt demnach auch nur eine ungetheilte, gesammte Thier-heilkunst, und der vollständig ausgebildete Thierarzt muss deshalb, aussei1 den Vorbereitungs- und Hilfswissenschaften, mit dem ganzen Umfange der Kraukheitslehre und ebenso mit der Kcnntniss und geschickten Anwendung aller Hilfsmittel zur Heilung der sämmtlichen krankhaften Zustände vertraut sein.
Dennoch aber erscheint theoretisch und für das Studium der Thierheilkunst eine bedingte (relative) Trennung derselben in die genannten zwei Abtheilungen zweckmässig zu spin, weil dadurch der
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') Von /fio Hand und tqyov Werk, Geschäft, also gleich einem Geschäft oder einer Verrichtung mit den Händen, hier in Beziehung auf das Heilgeschäft.
1
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Einleitung.
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in
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zu grosso Umfang der
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zwei besser übersiclilliche (iebietc gebracht wird, indem jedes derselben mehrere Gruppen von solchen abnormen Zuständen amfasst, welche entweder in ihren ursächlichen und palhologischeu Verhältnissen oder in der Ihieräiztlicheu Beliandiung eine Cebereiuslinimung zeigen.
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Demgemäss
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stellt man in das Gebiet der thierärztlichen
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o d er Vet €
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när - Chirurgie alle diejenigen Krankheiten
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und a b n ormen Zustände, w c
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Iche vorzugsweise in einer Yer-
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änderung der organischen Struktur (der Form, Grosse, Lage, Cohäsion und Zahl der Gebilde) oder in dem Vorhandensein fremder Körper beruhen und zu deren Untersuchung und ärztlichen Beliandiung die geschickte Anwendung der Hände oder änsserlicher (örtlicher) Heiliniltel erforder-I ich ist.
Hierzu rechnet mau:
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I.
11. DI, IV.
V. VI. VII.
vm. ix.
X.
XI.
XII.
XIII.
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Die Entzündungen und ihre l
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ebergähj
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e (Ausschwitzungen,
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Verhärtungen, Eiterung, Brand.)
Quetschungen.
Zerreissüngen unter der Haut.
Wunden.
Knochenbrüche.
Verrenkungen.
Vorfälle und IJmstülpungen.
Brüche.
Krankhafte Ansdehnongen und Erweiterungen.
Krankhafte Verengerungen und Verkürzungen;
Verwachsungen.
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von Säften.
Uebermaass
und C in
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Fremde Körper, Zurückhailung und A
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o
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Abnorme quantitative Bildungsthätigkcit:
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./.
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im
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der Ernährung, B. in mangelhafter
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Ernähiung^
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iViissbildungen. XIV7. Qualitative abnorme Bildungen: A. Aflcrbilduugen, B. After-
produetionen, C. Degenerationen. XV. Geschwüre.
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Diese verschiedenen Zustände bilden eben
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viele Classen von näher betrachtet
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chirurgischen Krankheiten, welche im
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Folgenden
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werden sollen.
Die Veterinär-Chirurgie ist also derjenige Theil der Thier-arzneikunst, welcher sich mit der theoretischen und praktischen Kenntniss der bezeichneten Krankheilen und Abnormitäten unserer Hausthiere und ebenso mit der Kenntniss und geschickten Anwendung der Mittel zur Beseitigung oder Heilung dieser Zustände befasst.
Dieselbe ist wieder in Unter'-Abtheilungen geschieden worden, und zwar:
A. nach den Haupt-Verschiedenheiten der chirurgischen Hilfsleistungen
1)nbsp; nbsp;in die Manual-Chirurgie, oder die Lehre von den Hilfsleistungen durch geschickten Gebrauch der Häude;
2)nbsp; nbsp;in die lust rumen tal-Chirurgie, •— die Lehre A'on der Be-
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Kilileitnng.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3
schaffenheil und dem geschickten Gebrauch der Instrumente zu
chimrgischen Operationen (Akologic1) und Akiurgie2), der Schienen und Bandagen (Desmologie'), — und 3) in die medizinische (therapeutische) Chii-urgie,— die Lehre von der richtigen Anwendung der pharmaceutischen, physika-lischen und diätetischen Ileilniillel hei den chirurgischen Krankheiten. B. Nach doctrinären Grundsätzen
1)nbsp; nbsp;in die allgemeine oder generelle Chirurgie,
2)nbsp; nbsp;in'die besondere oder sjjczicllc Chirurgie, und
S) in die operative Chirurgie oder die Operalionslehre.
Die allgemeine Chirurgie enthält eine Zusammenstellung der allgemeinen Grundsätze, welche sich aus der Wissenschaft und Erfahrung über ganze Gruppen oder Classen und Ordnungen der chirurgischen Krankheiten hinsichtlich der wesentUchen Krankheitszu-ständc, der gemeinschaftlichen Symptome, des Verlaufs, des Ausganges, der Ursachen und des Heilverfahrens im Allgemeinen entnehmen lassen. Sie ist ein Product des menschlichen Geistes, führt fast allein zur wissenschafliicheu üebersicht über das ganze (xcblet der Chirurgie, und bildet die eigentliche theoretische Gruudlage derselben.
Die spezielle Chirurgie bcschäfligl sich mit der Darstellung der einzelnen chirurgischen Krankheiten, wie dieselben an den verschiedenen Thieren wirklich vorkommen. Sie beschreibt diese Krankheiten nach deren speziellen Syniptonien, nach den besonderen Ursachen und nach dem, durch die Eigenthümlichkeiten der leidenden Organe bedingten Verlaufe und Ausgange derselben ; und ebenso lehrt sie die gegen diese spezidBe Krankheiten durch die Erfahrung bewährten Heilmethoden und Mittel kennen. Sie ist daher die Grundlage der praktischen Chirurgie. .
Die operative Chirurgie lehrt die kilnstmässige Anwendung der chirurgischen Instininente zur Beseitigung krankhafter Zustände oder zur Vermehrung der Brauchbarkeit und des Werthes der Hausthiere. .fede solche knnstmässige Anwendung der Instrumente nach bestimmten Kegeln heisst eine chirurgische Operation^ und daher die Zusammenstellung dieser Hegeln die Operationslehre. Man unterscheidet unblutige und blutige Operalionen und nennt die Lehre von den letzteren die Akiurgie. — Die Operationslehre steht mit der speziellen Chirurgie im innigen Zusammenhange, indem sie einerseits nur die Kenntniss einer Art der chirurgischen Ileilniillel begreift, andererseits aber auf der Kenntniss der chirurgischen Pathologie beruht und die durch die Operationen entstandenen Verletzungen bei ihrer Heilung die Kenntniss und Benutzung der therapeutischen Chirurgie voraussetzen.
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') Aus cixog, Heilmittel, und Xdyog, Lehre.
2)nbsp; Von äxf] die Spitze und i'oyov das Werk.
3)nbsp; Von äcG/iüg, Band, imd ktiyoc. Lehie.
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Kurze Geschichte und Literatur der Veterinär-Chirurgie.
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Die Thiei'heilkunde hat mit der Mcuschenheilkunde in den iilte-steu Zeiten gemeinschaftlich ') ihren Anfang dadurch erhalten, dass man zur Heilung von Krankheiten und Verletzungen zuerst einzelne Mittel anwendete, welche eben der Zufall an die lland gab oder auch welche man, nach ihren bereits bekannten anderweitigen Eigenschaften für entsprechend hielt. Die Erfolge von diesen Anwendungen bewahrte man im Gedächtniss und übertrug die so erlangten Kenntnisse durch mündliche Mittheilnng auch auf Andere. Hinsichtlich der Krankheiten der Menschen wurden später diese Traditionen mehren-theils von den Priestern gesammelt, hin und wieder schriftlich aufgezeichnet und selbst weiter eultivirt, so dass hieraus wirkliche Aerzte hervorgingen. In Betreff der Heilmittel bei den Krankheiten der Hausthiere sammelten sich, aus nahe liegenden Gründen, die Kenntnisse besonders bei Hirten und Landwirthen, bis in spätere Zeiten einzelne Personen sich ausschliesslich mit dein Kuriren kranker Thiere beschäftigten und so die eigentlichen Thierärzte entstanden2).
Bei diesem Entwickelnngsgange der Thicrheilkunst bestand aber dieselbe, auch selbst bei den am meisten eultivirten Völkern, durch viele Jahrhunderte nur in einer blosseu Aufzählung von, oft ganz unpassenden und selbst widersinnigen, Heilmitteln gegen innerliche und äusserliche Krankheiten neben einander; Alles war ohne Empirie, ohne Einsicht in den pathologischen I'rozess, weil den Thierärzten, bis zu Carlo Kuini (Ende des l(i. Jahrhunderts), fast alle anatomische- Kenntnisse und daher auch die Physiologie fehlte. Obgleich später manche richtige Beobachtung gemacht wurde, so ist doch erst seit der Errichtung der Thierarzneischule (seit 1762) die Thierheil-kunde wissenschaftlich eultivirt worden und man hat auch seit jener Zeit erst angefangen, die Chirurgie als einen besonderen Theil der Thiei'heilkunde darzustellen.
Die ersten Angaben über einige Krankheiten der Hausthiere und deren Heilung finden sich in den landwirthschaftlichen Schriften der
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') Nach griechischer Mythe hat der Centaur Chiron, der Lehrer des Aesculap, die Heilkunst an Menschen und Pferden, besonders auch mittelst chirurgischer Operationen ausgeübt; auch Aesculap und Hippocrales und viele spätere Aer/.te in Griechenland haben sich mit Menschen- und Thicrheilkunst beschäftigt. (Hecker, Geschichte der Medizin. 1. Theil.)
2) Die früheste Andeutung über das Bestehen eigenllicher Thierärzte bei den Römern ist von Celsus (um die Mitte des ersten Jahrhunderts n. Chr.) gemacht, indem er sagte: Nam et ii, cjui pecoribus ac jumentis medentur, cum propria cujusque ex mulls animalibus nossc non possint, communibus tantummodo insistunt etc. (Corn. Celsi Mcdicinae, Liber octo ex rec. Lion. Tardi. Lugd. Batay. 1785. Lib. !. p. 13).
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Geschichte und Literatur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 5
Römer Calo1), Varro'), Columella8) und Palladius'). Der Ersteve nennt als chirurgische Gegenstände nur den Vipeinbiss und die Verrenkung, nebst einigen unpassenden Mitteln dagegen; — der Andere empfiehlt das Aderlässen am Kopie der Pferde gegen das Fieber; er spricht von der Castration der iniiunlichen Tliiere und der. Säue und von der Heilung der Wunden durch ein Pech enthaltendes Pflaster. — Colninclla ist weit reichhaltiger; er will bei jungen Thiereu die Castration durch einfaches Ausschneiden der Hoden, bei alten durch Abreisseu derselben bewirken; das Brenneisen empfiehlt er gegen mehrerlei Krankheiten und zum Erölluen der Abzesse, — den Rinderharn und eine Zusammenschmelzung von Pech und Oel zum Verbinden der Wunden; bei den Beinbrüchen der Schafe empfiehlt er einen regelmässigeu V erband und bei schweren Geburten giebt er einige Hilfsmittel an, namentlich bei Querlagen die Zerstückelung des Foetus u. s. w. Er scheint die A orsclirifteu des Celsus gekannt zu haben, hat aber auch schlechte und abergläubische Mittel aufgenommen, wie das Abschneiden der sogenannten Hungerzitzen unter der Zunge. — Palladius wiederholt nur nothdürftig das, was Colummella gesagt.
Nach diesen Autoren sind thierärztliche Schriftsteller bis in das 4. Jahrhundert nicht aufgetreten; aber um jene Zeit wurden griechische Pferdeärzte (Hippiater) vielfältig und selbst in Rom bekannt, und mehrere derselben (21) haben Abhandlungen über Pferdekrankheiten hinterlassen, welche im lOten Jahrhundert auf Veranlassung des Kaisers Constantin Porphyrogenetes in eine Sammlung gebracht worden sind 5).
Unter diesen Hippiateru ist Absyrtus oder Apsyrtus der reichhaltigste, auch in ^chirurgischer Hinsicht. Er spricht ziemlich weitläufig über die schon von Columella aufgeführten Operationen, namentlich über das Aderlässen an fast allen Körpertheilen, wobei er die Beinerkung macht, dass er nach dein Aderlass an den Schenkeln fast immer Lahmheit entstehen sah; die Anwendung des Brenneisens empfiehlt er bei vielen Gebrechen an verschiedenen Thei-len; das Castriren bewirkte er durch das Abbrennen der Saamen-stränge; er handelt von der Hilfe bei schweren Gebarten, nennt aber dabei die Zerstückelung des Foelus nicht; er handelt von dem Verbände bei Knochenbrüchcn, von der Hülfe bei Nasenpolypen, bei der Verrenkung der Halswirbel und bei dem Vorfall des Mastdarms und
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') Columella de re rustica. In der Scriptor. rei rusticae veter. latin, curante J. G. Schneider. 2 Tom. Lips. 1791. (Colutnella lebte vom Jahre *234 bis 149 v. Chr.)
raquo;) Varro de agricultura. Ebendas. (Er lebte im Anfange des I.Jahrhunderts.)
raquo;) Columella. De re rustica. Ebendas. (Er schrieb nach der Mitte des 1. Jahrhunderts.)
*) Palladius. Ebendas.
5) Nach Erfindung der Büchdruckerkunst wurde von dieser Sammlung eine griechische und eine lateinische Ausgabe gemacht: Twv InniUTQiuuJV ßißkKX. dvw. — Veterinariae medicinae libri 2. Basil, 1537. 8.
Veterinariae medicinae libri 2. Jos. RueIIio interprete. Parisii, 1530.
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6nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Geschichte und Literatur;
der (Jcbiirmuller, von der W uudualh, von der Pai-accntesc bei Was-sei-Michlcu, \on dem Slciiisehaill, {ler AdcrlMel u. s. w. Apsyr-tus zeigt mehi'eutkeils richtige Ansichten und empfiehlt nicht solche abei'gläubische Mittel wie Columella; aber er und die übrigen Jlip-piatei' ratheu die roiie ISeliaudluug der Ohrdiüse durch Einschneiden und Kneiien derselben bei der Entzündung dieser Drüse, so dass sie gewissermasseu als die Begründer der berüchtigten V eifelopeiationen zu betrachten sind.
Aus dem Ende des vierten oder der ersten Hälfte des fünften .lahihundei'ts rührt auch das Werk des Vegetius ') her. Dasselbe handelt in ehirmgischer Hinsicht niehienthcils über dieselben Gegenstände wie Apsyrtus; jedoch bei dem Aderlässen au der Drosselvene empfiehlt er den Gebrauch der Schnur zur Compression derselben, und warnt gegen zu tiefes Einstechen des Instrumentes, wreil sonst die unter der Vene liegende Arterie verletzt werden konnte; er kannte viele Augenkrankheiten, auch die Mondblindheit; bei der Bauchwassersueht empfiehlt er die Päracentesis mittelst der Lanzette; zum Brennen zieht er kupferne Instrumente den eisernen vor; er beschreibt die llarnverhallung von Steinen und die Beseitigung der letzteren, ebenso das \\ nndlleber, VN uiiden an verschiedenen Körpcr-theilen, die Druckschäden, die (jeniek- und Zahnfistel u. s. w.. aber er sagt nichts über Castration, über Geburtshilfe, über Brüche und Vorfälle, — was um so mehr auffallt, da er oll'enbar die Schriften der llippiater gekannt hat.
\ om 5tcn bis zum l:Ucn Jahrhundert ist über die Thierhellkunde nichts bekannt. In dem letzteren schrieb Jordanus Huffus, der Ober-Stallmeister des, um die V\ iodererweckung der V\ issensehalteu hochverdienten Kaisers Friedrich Jl. (von 1212—1250j, ein Werk über llip-piatrik ^j, welches viele gute und damals neue'Bcmerkuugen enthält, obgleich seine Therapie die Mängel der damals herrschenden arabischen Medicin an sich trägt, indem zu vielerlei zusammengesetzte Mittel und das Blutlassen und das Brenneisen übermässig häufig empfohlen sind. In Hinsicht aidquot; Chirurgie verdient hervorgehoben zu werden, dass Huffus über die Brustbeule und deren Exstirpafion spricht und bei dieser (Gelegenheit die Ligatur der blutenden Gelasse (lange vor Pare) vorschreibt, — dass er die Behandlung der Hornspalten durch einen Querschnitt mit dem Biimmesser u. s. w., ganz so wie jetzt üblich ist, bewirkt, — dass er Spalt, Hasenhacke, Schale, Ueber-beine, Kronentritte, überhaupt die Gebrechen der Füsse und die verschiedenen Lahmheiten vollständig abhandelt, — den Hängegurt bei schmerzhaften Leiden der Füsse empfiehlt, und dass er unter sämmt-lichen Schriftstellern zuerst 'von dem (zwar elwas früher schon gekannten) Ilufbeschlage spricht.
Aus diesem V\ erke haben viele Autoreu bis gegen die Witte des 18ten Jahrhunderts geschöpft, und dasselbe oft grösstehtheils wört-
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') Vegctli Rcnati artis veterinariae sive Mulomedicinae Libri quatuor. Curantc Jo. Math, (jesnero. Manheimii 17SI.
3quot;) Jordan! Rnffi, Calabriensis, Htppiatria nunc primum cd. Hieron. Molin. Patavii MDCCCXVIII. 8.
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Geschichte und Literatur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7
lieh abgeschrieben, wie namentlich Peler Crescentins, dessen Werk über Landwiithscliafl ') gegen 50 Jahre später nach Ku/Tus bekannt wui'de, und La ure n tins Husus, welcher im 14. Jahrhundert über Pierdehcilkunde schrieb *). Letzterer hat jedoch einige Zusätze gemacht, z. 1}. über die Castration durch Zerklopfen des Saa-menstranges und der Hoden u. dgl.
Von Wichtigkeit für die Chirurgie konnte die von Carlo Kuini herausgegebene Anatomie des Pferdes •,) werden, indem sie trotz ihrer damaligen Unvollkommenheit, doch die erste Crundlage für die Kenut-niss des Baues des Pfcrdekörpers bildete. Sie wurde jedoch wenig benutzt.
Erst nach mehr als einem halben Jahrhundert trat der Stallmeister J)e So Hey sei auf, der in seinem Werke über die Pferde-kenntniss, die Pflege und die Krankheiten der Pferde 4J neben andern auch eine grossc Anzahl der änsscrlichen Krankheiten abhandelt, und dabei in den meisten Cegcustäuden weit mehr praktische Kenntnisse zeigt, als seine Vorgänger. Er scheint jedoch sehr wenig von der Anatomie verstanden zuhaben, und hat eine Menge alter Vorurtheile ohne Kritik aufgenommen, so z. 15. über das Feivelbrechcu bei der Ohrdrüseneutzündung, das Cauincnbrennen bei dem sogenannten Frosch, das Abschneiden der sogenannten Calle unter der Zunge, das Kitzen des Gäomeus bei Appetitlosigkeit, die Unterbindung der Schläfeuarterie und die Durchsclineidang der Allgesichtsnerven bei Augenentzüudungen, das Ausschneiden des BUuzknorpels im abnehmenden Mond gegen sogenannte Fettaugen, das sogenannte Schwimmen der buglahmen Pferde auf dem trockenen Lande u. dgl. Ausser-dem sind seine Mittel häufig sehr complizii't oder auf eine unpassende Weise zusammengesetzt.
Von ganz ähnlichem \Verth sind auch die später von mehreren anderen Stallmeistern herausgegebenen Schriften, unter denen die von de la Gaeriniere 5), de Saunier6) und Carsault') den meisten Ruf erlangt haben.
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') De agricnltura. Basil. 1584 (im 9. Buch, de ciira animahtium).
#9632;) Uippiatria sive Uarescallia. Parisii 1531.
') Analomia del Cavallo, infnmita e snoi reincdii. Bologna 1591 u. KilS. Deutsch von D. Pet. Uffcnhach. Frankfurt a. M., 1603, unter dem Titel: Anatomia et medicina equorum nova, d. i. Neu Rossbuch, oder, von d. Pferde-Anatomy, Natur u. s. w.
') Le veritable parfait Marechal. Paris 1(154 und noch mehrere Auflagen daselbst und zu Genf. Von der letzteren sind seit 1(177 einige mit deutscher Uebersetzung unter dem Titel: „Der wahrhaftig vollkommene Stallmeisterquot; u. s. w. erschienen.
^ Eccole de cavalerie, contenant l'osteologie, les traites des maladies, celui des operations chirurgicales, qtti se pratiquent sur les chevaux. Paris, 1730. (Mehrere Ausgaben mit zum Tbeil verändertem Titel.)
•) La parfaite connoissance des chevaux, leur anatomie, leurs bonnes et mauvaises qualites, leurs maladies et les remedes etc. A la Haye, 1734. (Sichrere Aufl.) Deutsch Unter dem Titel: Vollständige Erkenntniss von Pferden, deren Zergliederung, guten und bösen Eigenschaften, Krankheiten u. s. vv. Aus dem Französ. von Chr. Heinr. Wilken. Leipzig, 1767.
') Le nouveau parfait Marechal etc. Paris, 1741. Mehrere Aufl.
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Geschichte und IJteratur.
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Dagegen erhielt die Chirurgie gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts einige gute Beiträge in den Schriften der Kossärzte Robertson, Lafosse (Vater) und Bartict. •— Der Erstere handelt im zweiten Theile seiner Pferdearzneikunst ,) sechszehn äusser-liche Pferdekrankheiten ab, und giebt Anweisung zur Applikation der Fontanelle und der Haarseile. Die Beschreibung jener Krankbeiten ist zwar mehrentheils unvollständig, aber doch nach guten Beobachtungen und häufig mit ganz richtiger Beurtheilung des pathologischen Zustandes. Seine Heilmittel sind zum Theil zweckmässig, hin und wieder aber noch sehr complizirt. #9632;— Lafosse gab in seinen Observations et Decouvcrts faites sur les Chevaux, Paris 1754 2) eine zwar nur kurze aber doch bessere Anatomie des Pferdefusses als sie bis dahin bestand, dann neunzehn Beobachtungen über Brüche des Kronen-, Huf- und Strahlbeins, über Wunden an den Füssen der Pferde und über den Bovist als Blutstillungsmittel. Bartlet in seiner Phar-macopoea hippiatrica, or the Gentleman Farriers Repository etc., London 1765 ') gab eine für jene Zeit recht gute Sammlung von thierärztlicheu Heilmitteln, die sich grösstenthcils durch ihre mehr als bis dahin gebräuchlich gewesene einfachere Zusammensetzung auszeichnen. Sie sind von richtigen Bemerkungen über mehrere Krankheiten, auch über Wunden, Blutungen n. s. w. begleitet.
Um diese Zeit trat auch J. B. v. Sind mit mehreren Schriften •) über Pferdearzneikunde auf, in denen man wohl die Benutzung früherer Autoren, jedoch auch eigene richtige Erfahrungen erkennt. Die Beschreibung der wichtigsten äusserlichen Krankheiten ist nur kurz, aber grösstenthcils in der Hauptsache richtig. Es ist dabei (in dem vollständigen Unterricht) die Staaroperation, die Trepanation, die Operation des Dannbruchs und der Steinschnitt beschrieben und die dazu gehörigen Instrumente sind in damaliger Form abgebildet. Eben so der Verband und die Stellung eines mit Beinbruch behafteten Pferdes in einer hierzu bestimmten Standmaschine. #9632;— Uebrigens waren die Arzneimittel sehr complizirt.
In den ersten Thicrarzneischulen zu Lyon und Alfort wurde zwar die Chirurgie als ein besonderer Untemchtsgegenstand eultivirt, und zwar mit gutem Erfolge, wie aus den operativen Unternehmun-
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l) Dioysii Robertsons, Hochfürstl. VViirtemberg. Eng). Bereiter und Pferdearzt, Pferdearzneikunst; Oder: Gründlicher Unterricht u. s. w. Frankfurt 1753.
•) Deutsch unter dem Titel: Anmerkungen und Entdeckungen an Pferden, sammt einer neuen Art, Pferde zu beschlagen. Aus dem Französ. von Schreber. Halle 1709. (Auch in Schrebers Samml. 1765).
*) Deutsch: Bartlet, Pharmakopöe oder Apotheke eines Rossarztes, welche auserlesene und erprobte Mittel für die Krankheiten der Pferde enthält, u. s. w. Herausgeg. von D. H. Sebast. Buchholz. Weimar, 1778.
*) a. Sicher und geschwind heilender Pferdearzt. Frankfurt a. M., 1768. 10. Aufl. 1837 völlig umgearb. von C. W. A mm on.
b.nbsp; nbsp;Vollständige Abhandlung von der Rotzkrankheit der Pferde. Mit Kupfern. Frankfurt, 1768 (auch 1780).
c.nbsp; Vollständiger Unterricht in den Wissenschaften eines Stallmeisters. Mit Kupfern n. einer Vorrede. A. v. Hall er. Göttingen, 1770 (auch 1775).
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Geschichte und Literatur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9
gen der aus ihnen hervorgegangenen Thierärzte, namentlich eines Chabert, Barre, Henou, Flandrin u. A. zu ersehen ist; es fehlten aber eigentliche chirurgische Lehrbücher gänzlich. Das erste der Art über einen besonderen chirurgischen Gegenstand, uärnlich über die Bandagen, erschien 1770 von Bourgelat, unter dem Titel: Essai sur les appareils et sur les bandages prilpres aux Quadrupedes. A l'usage des eleves des ecoles royales veterinahes. Par M. Bourgelat, Paris 1770 '). Diese Schrift ist jedoch, trotz der vielen Abbildungen, nur von sehr geringer Bedeutung, da in ihr nur das Material der Bandagen, und zwar zuerst im Allgemeinen, dann der Verbände der einzelnen Theile, und zuletzt die Construction des Noth-stalls lur Pferde und Rindvieh beschrieben ist, ohne Kegeln über die Anwendung dieser Hülfsmittel.
Weit mehr leistete der jüngere Lafosse in seinem Prachtwerke: Cours d'Hippiatrique, Paris 1772 '#9632;'), in dessen dritten Theil in einem besonderen Abschnitte auch die äusserlichen Krankheiten und die chi-rurgischen Operationen abgehandelt sind. Bei den letzteren ist namentlich die von Lafosse (so viel mir bekannt) zuerst empfohlene Ausschälung des Hufknorpels bei der sogenannten Knorpelfistel an-znfiihren.
Einen grossen Fortschritt machte die Veterinär-Chirnrgie durch .1. G. Wolstein, welcher ihr besondere Schriften3) widmete und sie hierdurch nicht allein als einen besonderen Zweig der Thierheilkunde darstellte, sondern auch die Lehre von der Entzündung, der Eiterung, dem Brande, von den Geschwülsten, Geschwüren, Kriochenkraukhei-ten, Brüchen und von den Wunden durch gute Beobachtungen, und selbst durch angeslelltc Versuche #9632;wirklich vervollständigte.
Fast zu derselben Zeit waren auch von J, N. Rphlwes #9830;) und .1. W. Kersting 5) Abhandlungen über die äusserlichen Krankheiten der Pferde erschienen, in welchen zwar verständigere Ansichten als als bei den Pferdeärzten der früheren Zeilen, aber keine eigeuthüm-liche Fortschritte enthalten sind.
Ebenso gab damals K. A. Ochlmann quot;) ein chirurgisches Iland-
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') Deutsch: Versuch übei' die Bandagen und über die bei den äusserlichen Krankheiten der Pferde und der vierfiissigen Thiere überhaupt schicklichsten chirurgischen Verrichtungen. Berlin, 1801. Mit Kupfern.
2) Deutsch: Lehrbegriff der Pferdearzneikunst. A. d. Franz. von Knobloch. Mit Vorrede von J. G. Wolstein. 4 Bde. mit Kpfrn. Prag, 1797.
•) u. Unterricht für Fahnenschmiede über die Verletzungen, die, den Pferden durch Waffen zugefügt werden. Wien, 1779.
h. Bücher der Wundarznei der Thiere. Wien, 17S7. e. Das Buch für Thierärzte im Kriege, über die Verletzungen, die den Pferden durch Waffen zugefügt werden. Wien, 1788. (Eine Umarbeitung und Vermehrung der ersten Schrift.)
•) Abhandlung von den äusserlichen Krankheiten der Pferde zur Bildung für angehende Thierärzte. Lüneburg, (785.
s) Nachgelassene Manuscripte über die Pferdearzneiwissenschaft. Herausgegeben von Otto v. Sothen. Braunschweig, 17^9. Mit Kupfern.
•) Versuch eines chicurg. Handbuchs für neuangehende Hufschmiede und Thierärzte. 2 Theile. Leipzig, 1789 u. 1790.
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Geschichte und Literatur.
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buch, das erste, welches als solches auf dem Titel bezeichnet worden ist, heraus. Dasselbe ist jedoch sehr unvollständig und bietet weder in theoretischer noch in praktischer Hinsicht etwas Besonderes dar.
Eine von S. v. Tennecker um jene Zeit herausgegebene Schrift: „Der Fahnenschniied im Kriegequot; u. s. w. ist nur ein Plagiat von der oben sub C. genannten Schrift Wolsteiu's.
Einiges Brauchbare enthält der im Jahre 1803 erschienene zweite Band von l\I. 11. Pilger's systematisch ein Handbnche der theoretisch -praktischen Veterinärwisseuschaf'i, Giessen, in dessen vierter Abtheilnng die Zoochirurgie ziemlich gut abgehandelt ist, #9632;— wenngleich man an vielen Stelleu fühlt, dass der Ver
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Wichtiger war die in demselben
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fasscr selbst nicht Chirurg v u
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Jahre von Chr. Heinr. Schregcr herausgegebene „Operationslehre für Thierärztc, Fürth 1830quot;, welche fast alles bis zu jeuer Zeit über die Veterinär-chirurgischen Operationen Bekannte gesammelt enthält.
S. v. Tenuecker's „Lehrbuch der Veterinärwnnda rz-neikunst, zu Vorlesungen und auch zum Selbstunterrichte für Land-wirthe, Offizierequot; u. s. w. 2 Thcile, Prag 1819 und 1820, ist unvollendet geblieben und hat zur Förderung der Veterinärchirurgie nichts beigetragen.
Dies ist aber durch das gleich darauf von J. F. C. Dieterichs herausgegebene „Handbuch der \ ctcrinärchirurgic, oder: die Kunst, die ausseien Krankheiten der Pferde und anderer liansthiere zu erkennen und zu heilenquot;, Berlin 1822. Mit Abbild. (6. Auflage 1845) geschehen, indem durch dieses Werk die thierärztliche Chirurgie zuest in eine den neueren Ansichten angemessene wissenschaftliche Form gebracht worden ist. Das hierbei zum Grunde gelegte System war zwar iü der IMonschenheilkundc von Beil, von v. Gräfc u. A. schon gebraucht worden, Dieterichs bleibt aber das Verdienst, es mit Sachkeontniss in die Thierhcilkunde übertragen und angewendet zu haben. Ausserdem ist die Delinition, die Beschreibung und Beurtheilung der pathologischen Zustände in der allgemeinen und speziellen Chirurgie fast durchaus Irctrend und die Behandlung zweckmässig. In den fünf ersten Ausgaben sind auch die meisten Operationen besser beschrieben als von anderen Autoren vor ihm; in der sechsten und siebenten Ausgabe fehlt die Operationslehre, da der Verfasser dieselbe im Jahre 1842 in einem besonderen Werke J) bearbeitet hat. Ausserdem hat derselbe noch Beiträge zur Veteriuärcliirurgie und Akiurgie, Berlin l.SM, herausgegeben.
In dem von J. N. Bohlwes angefangenen und von S. v. Teu-necker beendeten Werke: „das Ganze der Thierheilkundc nebst allen damit verbundenen Wissenschaften, oder: Bücher der Thicrarzneiwissenschaft für handwirthequot; u. s. w. 4 Bde. Leipzig 1822—25, finden sich die meisten äusscren Krank-
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') Handbuch der Vetcrinär-Akiurgic. Von J.-K. C. Dieterichs. Berlin: 1842. Mit Abbildg.
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Geschichte und Literatur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;11
heilen im dritten und vierten ISandc richtig aber grösstentheils mit vielen überflüssigen Worten besciniebeii. Doch tritt überall praktische Kenntniss der Kraukhcitszustände, der lleilmiltcl mit ihrer Anwendung hervor.
llurtrcl d'Arboval hat in seinem Dictionuaire de Aledecine et de Chirurgie veteriuaire. 4 Vol. Paris 1820 — 28, (Wörterbuch der Thicrheilkunde von II. d'Arboval, übersetzt und mit Zusiitzeii versehen von Dr. Th. Renner, 4 JJdc, \\ eimar 18;3U—32j, auch die Chh'urgie nach dem Standpunkte der französischen Thierheilkunde in einzelnen Artikeln abgehandelt.
Gewissermaassen als zu diesem Werke gehörend betrachten die französischen Thicrarzte den Atlas du Dictionuaire de iMcdecine et de Chirurgie veteriuaire de M. M. J^eblanc et Trousseau, Paris 1828, in welchem anatomische Abbildungen', besonders der bei Operationen -wichtigeren Theile enthalten sind.
P. Vatel hat in seinen Klemcns de Pathologie veteriuaire, ou precis theoretique et praeiique de la Aledecine et de la Chirurgie des prineipaux aniinanx domestiques, Paris 1828 '), im ersten Rande neben der übrigen auch die chirurgische Pathologie und Therapie nach einem sehr vielschichtigen System bearbellet, und im zweiten Rande die Operalionslehre dargestellt.
In der Pathologie ist er dabei den Ansichten von Roche und LSanson2) (zweier berühmter Menschenärzte) gefolgt, indem er die Krankheiten nach der Art der pathologischen Veränderungen, aus welchen sie entstehen, klassifizirt. Die Operationen sind nach ihren ilauptuklcn in Stichoperationen, Schniltoperationen, Ausschneidnngeu, JSangopcraliouen u. s. w. ciugetheilt. Dabei ist auch die Geburts-hfilfe und ausserdem der llufbeschlag und die Randagenlehre abgehandelt. Das Ganze ist wissenschaftlich gehalten und in der französischen thierärztlicheu Literatur ein wichtiges Werk, an dem es ihr bis dahin noch fehlte.
Ein später erschienenes iiandbnch der Vetorinärchirurgie von G. C. With3) ist noch nicht beendet. Dasselbe' beginnt mit den chirurgischen llilfs- und lleilmilteln und deren Anwendung, und mit den allgemeinen Operationen, worauf die chirurgischen Krankheiten, Entzündungen und deren Folgekrankheiten, z. R. Ceschwülste, Aus-schwitzuugen, •— dann die \\ unden u. s. w. folgen. Das Werk ist mit Abbildungen versehen und verdient sowohl in theoretischer wie in praktischer Hinsicht gerechte Anerkennung.
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1 ) Handbuch der Thierarzneikunde, oder theoret. und prakt. Darstellun;; aller Krankheiten der vorzüglichsten Hausthiere und deren mediz. und chirnrg. Bdiandlung. Von P. Vatel. Aus d. Kranz, von Pcstel. 2 Bde. in 3 Thln. Leipzig, löS'J. Es sind darin viele Zusäize aus deut-chen Schriften.
2) Nouv. Elemens de Pathologie medico-chirurgicalc. Paris, 18'25.
laquo;) Haandbog i Vetcrinairchirurgien af G. C. With. Kjöbenhavn, 1S37. Handbuch der Veterinär-Chirurgie von G. C. With. Mit Erlaubniss des Herrn Verfassers aus dem Dänischen (ibersetzt und mit Zusätzen versehen von ür. Job. Mart. Kreutzer. 1. Thcil. Augsburg, 1S43. — Die Zusätze sind sehr zahlreich und umfassend.
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Geschichte und Literatur.
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A. J. Broguiez, Professor au der Thierarzueischule in CWegham bei Brüssel, hat die Veterinärchirurgie in Verbindung mit dem Huf-beschlage nach einem -wenig übersichtlichen Plane, iu einem mit vielen Abbildungen gezierten Werke ') bearbeitet. Die Letztem sind zahlreicher und schöner als in allen andern Schriften, und es befinden sich dabei auch die von mehreren Instrumenten, welche Broguiez selbst erfunden hat.
Die „Veterinär-Chirurgiequot;. Ein Handbuch zu seineu Vorlesungen von J. Schussele, Karlsruhe 1841 u. 42, enthält im ersten Theile die allgemeine und im zweiten Theiie die spezielle Chirurgie, — zum grossen Theil nach meinen Vorlesungen.
J, J. Rychner hat in dem ersten Theile seiner „Hippiatrik oder systematisches Handbuch der äusserlichen und innerlichen Krankheiten des Pferdes und ihrer Heilung, Bern 1842quot;, — die hippiatrische Chirurgie als Instrumentallehre, Verbandlehre, üperationslere, chirurgische Pathologie und Therapie übersichtlich und gut dargestellt.
Der „Corso complete di Chirurgia veterinariaquot; von Vine. M^assa, Fiorenza 1843, — und die „Lezioni elementari di chirurgia veterinariaquot; von N, de Angelis, Homa 1843, stehen den genannten deutschen Werken weit nach.
Noch mehr aber dem „Systematischen Handbuch der Veterinär-Chirurgie von G. Straussquot;, Wien 1845, welches dieselbe in zwei Theilen vortrelflich bearbeitet enthält.
Die „chirurgische Anatomie und Operationslehre für Thierärztequot; von E. F. Gurlt und C. H. Hertwig, mit Abbildungen, Berlin 1847, enthält eine anatomische Darstellung der bei den wichtigsten Veterinär-chirurgischen Operationen betrolfenen Gebilde und eine ausführliche Beschreibung dieser Operationen selbst.
Einen sehr werthvolleu Beitrag hat i\l. Anker in seinem Werke: „die Fusskraukheiten der Pferde und des Rindviehes, ihre Erkenutniss, Ursachen, Heilung und Verhütung, 2 Bände, Bern, Zürich 1854, mit Abbildungen gegeben.
Sehr reichhaltig sind J. Gourdon's Elemens de Chirurgie vete-rinaire, 2 Vol. Paris 1854—1857; — und
Ed. Hering hat in dem von ihm herausgegebenen „Handbuch der thierärztlichen Operationslehre, Stuttgart 1856 und 57, mit vielen Abbildungenquot; den genannten Zweig der Chirurgie sein1 anschaulich und gut dargestellt.
Ausserdem haben viele Thierärzte in einzelnen Abhandlungen (welche sich grösstentheils in den verschiedenen Zeitschriften befinden), oder auch als Lehrer zur jetzigen Ausbildung der Veterinär-Chirurgie beigetragen, so namentlich: Abildgaard, Ammon, Anker, Barthelemy, Binz, Bouley, Bracy-Clark, Braueil, Brugnone, Cherry, Coleman, Delafond, Dik, Field, Gi-
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') Traite de Chirurgie veterinaire; per A. J. Brogniez, Ouvrage conte-nant, comme accessoire le Resume du Cours de Siderotechnie v6terinairc. Orne de Planches par Meulenbergh. Brüxelles, 1839.
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Geschichte und Literatur.
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rard, Godine, Goodwine, Gohier, Greve, J. H. Günther, Hartmann, U. F. Hausmann, Havemann, Hayne, Jessen, Langenbacher, Leblanc, Lccoq, Morton, Numaun, VV. und Ch. Percival, Piehl, Prinz, Renault, Renner, Rey, Rigot, Schwab, Sewell, El. Veith, C. Viborg, Vix, J. und Th. Tur-n er, Youatt u. A.
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Erste Classe.
E n t z ü n d u n g e n. Erster Abschnitt.
Von den Entzündungen und deren Folgekrankheiten im
Allgemeinen.
Erstes Ca|iitel.
Begriff von Entzündung, Symptome, Verlauf, Ausgänge, Ursachen, Verschiedenheit. Behandlung.
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B e g r i f f.
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Als Entzündung (Inflammatio, PHogosis) bezeiclmet mau denjenigen kiankliaften organischen Prozess, welcher sich in einem Gebilde lt;1es Thierkörpers tlureli andauernden Schmerz, erhöhtes Wärmegefühl, Gesclnvulsi, dunkle Röthung, dmch stärkeres Pulsiren der nächsten Arterien und durcli gestörte Funktionen zu erkennen giebt. Sein- oll ist damit, wenigstens wahrend einiger Zeit, ein Fieber (Entzündungsfieber, Febris intlainmatoria verbunden, und das ßlul zeigt gewöhnlich eine grössere Gerinnbarkeit.
Mit den genannten Erscheinungen sind jedoch nur die allgemeinen Krankheitsmerkmale der Entzündung angegeben, keiuesweges ist aber damit der wesentliche krankhafte Zustand selbst erklärt. Dieser besteht, nach mikroskopischen und andern Untersuchungen, in einer durch Reizung (irrilatio) des afficirten Theils bedingten, über-mässigen Anströmung des arteriellen Blutes, in Üeberfüllung (Hyperämie) und Stockung (Stasis) des Blutes iu den Capillar- oder llaai-eefässen, und in einem abnormen Bildungsprozesse.
Durch die Vereinigung dieser abnormen Vorgänge unterscheidet sicli die Entzündung von der vorübergehenden Heizung, von der Con-quot;eslion und von der einfachen zu reichlichen Ernährung (Hypertrophie).
Vorkommen der Entzündungen.
Entzündungen kommen bei allen Säugethiereu und Vögeln vor, und bilden nicht nur für sieh sehr häufige und zahlreiche Kraukhei-
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Entzündung im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;15
Ich, sondern sie begleiten, compliciren und erzeugen auch viele andere krankhafte Zustände; aber ciilgegciigesetzt, vermittelii sie auch oft die Heilung derselben. Deshalb muss die Kennliiiss der Eiilzün-dungeu der Kennliiiss aller übrigeu chirurgischen kraiikheilcn vorausgeben. — Sie fiuden sich in allen Gebilden des Thierkörpers, und zwar,in denjenigen Theilen am häufigsten, welche ein recht reichliches llaargefässnetz besitzen.
Nähere Betrachtung der Krschein ungen.
Die oben genannten allgemeinen Merkmale (Symptome) der Entzündung treten in (leu einzelnen Füllen nicht immer in ganz gleichem Grade und in gleichem Umfange hervor, sondern sie erscheinen bald mehr bald weniger modifizirt, je nach dem leidenden Organ, nach der in demselben und im Körper überhaupt bestehenden Energie und Heizbarkeit, und nach der Art, dem Grade und der Dauer der einwirkenden Ursachen.
1. Der Schmerz ist bei den Entzündungen ein sehr constan-( les und bei den äusserlichen Entzündungen auch meistens das l'rüheste Symptom, jedoch ist er nach der Periode, nach dem Charakter, nach dem Grade und nach dem Sitze derselben sehr verschieden. Fast jede Entzündung beginnt mit dem Gefühle einer gesteigerlcn nervösen Erregung (Reizung), welches in den Organen, die mit Empfin-(Inngsnerven versehen sind, gewöhnlich als wirklicher Schmerz, im , Anfange und bei geringeren Graden, und ebenso wenn die Entzündung bedeutend nachliisst, oft, auch nur als ein Jucken, Brennen u. dgl. auftritt. In denjenigen Organen, welche nur von den Ganglien-:- nerven mit Zweigen versehen werden, ist im Anfange der Enlzün-dung gewöhnlich kein cigentliiimlichcr Schmerz vorhanden', wob! aber | ein drückendes und spannendes Gefühl, und später entsteht auch Schmerz dadurch, dass die fortdauernde krankhaft gesteigerte Erregung dieser Nerven sich bis über die nächsten Ganglien hinaus zum Rückenmarke und zum (ichirn erstreckt. Die graue Substanz des Gehims'j das Zellgewebe, die eigentliche Muskclsubslanz, die Sehnen, die Knochen und Knorpel, die Häute der Ulutgefässe, die serösen Häute, die Leber und andere drüsige Organe, die sämmtlich.im gesunden Zustande sehr wenig Empfindlichkeit besitzen, zeigen dennoch im entzündeten Zustande zuweilen sehr heftigen Schmerz.
.le reicher ein Theil an Empfindungsnerven, um desto schmerzhafter ist er bei Entzündungen; je mehr ein Gebilde weich und frei \ ausdehnbar ist, um desto weniger heftig ist der Schmerz; entgegen-i gesetzt, je weniger das entzündete Gewebe nachgiebig, oder je mehr I es in seiner Nachgiebigkeit durch die umliegenden Theile gehemmt , und gedrückt ist, um desto heftiger tritt er hervor.
Der Schmerz ist eine subjective Empfindung, welche hur von |dem kranken Thiere selbst vollständig wahrgenommen wird. Indess
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isl es doch sehr wahrscheinlich, class, so wie bei Menschen; auch bei Thieren im Anfange der Entzündung (seltener auch späterhin) der Schmerz sich in verschiedener Art fühlbar macht, dass er zuweilen brennend oder stechend, bohrend oder reissend ist; denn man sieht ,die Thiere in einem Falle mehr als im andern den entzündelcu Theil
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\ßnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung im Allgemeinen.
an kalte Gegenstände halten; — oder man bemerkt, dass sie ruck-weis mehr wimmern, stöhnen und klagen. #9632;— Mehr deutlich lassen sich die verschiedenen Grade des Schmerzes erkennen, indem die Thierc bei einem gelinden Grade erst bei dem stärkereu Berühren oder Drücken des entzündeten Theils durch Zurückziehen desselben oder durch Stöhnen deu Schmerz zeigen, — bei hohen Graden des Schmerzes aber jede Berührung des Theiles fürchten, deshalb auch jede Bewegung desselben vermeiden; dabei stöhnen, ächzen und mit den Zähnen knirschen.
Gewöhnlich nimmt der Schmerz mit der immer mehr steigenden Congestion und Gefäss-Injection, so wie mit der IVleuge des Exsudates oder des sich bildenden Eiters immer mehr zu; wenn aber der höchste Grad der Spannung der Theile eingetreten ist, kann er aus zwei ganz verschiedenen Ursachen wieder nachlassen, nämlich: weil entweder nun die Entzündung selbst sich zurückbildet (zur Zertheilung neigt), oder, weil eine Lähmung der Nerven beginnt (der Brand eintritt).
2.nbsp; nbsp; Die andauernd erhöhte Wärme des entzündeten Theiles und seiner Umgebung ist eigentlich nur eine Steigerung der thieri-schen Wärme, und entsteht aus derselben Quelle, wie die letztere, nämlich einerseits aus dein Stoffwechsel zwischen dem zuströmenden Blut und dem Parenchym, und andererseits aus der Erregung der Nervenenergic. Beides findet bei Enizündungen in einem höheren Grade statt, zugleich wird bei dem längeren Verweilen des Blutes im Parenchym mehr Sauerstoli' des Blutes verbraucht und mehr Kohlensäure gebildet, und es muss daher auch die Temperatur gesteigert werden. Bei einer clntrelcndeu Lähmung der Nerven, ebenso bei gänzlich gehindertem Blutzufluss, und bei dem eutstandeueu kalten Brande hört die Wärmebildimg in dem bisher entzündet gewesenen Theile auf.
Die erhöhetc Temperatur ist in den einzelnen Fällen, je nach dem Grade, dem Charakter und dem oberflächlicheren oder tieferen Sitz der Entzündung etwas verschieden.
Je höher die Entzündung steigt, um so stärker ist im Allgemeinen die Wärme - Entwickelung. Doch findet man sie selten über 3 Gr. C. über der Blutwärinc. Sie giebt sich durch das Gefühl für den Untersuchenden zu erkeuneu, vorzüglich wenn man die Oberfläche des übrigen Körpers, und besonders die gleichuamigeu Theile mit dem entzündeten vergleicht. Sie scheint im höheren Grade von dem kranken Thierc selbst cmplnuden zu werden. — In manchen Fällen, wo die übrigen Symptome der Entzündung nicht vollständig und deutlich genug wahrzunehmen sind, z. B. bei Entzündung im Innern des Hufes, bei Knochenentziindung u. dgl., wo Röthe und Geschwulst wegen der tiefen und eingeschlossenen Lage des entzündeten Theiles sehr häufig gar nicht zu bemerken sind, ist die vermehrte Wärme in Verbindung mit dem Schmerz das sicherste Zeichen von der Gegenwart einer Entzündung.
3.nbsp; nbsp; nbsp;Die Geschwulst oder Anschwellung des entzündeten Theiles hat ihren Grund zunächst in dem, iu deu Gefässen aufgehäuften Blute; dann aber grösstentheils auch in der durch Ausschwitzung und Ergiessung von Serum, Faserstoff oder selbst von Blut bedingten
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Entzündung im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;17
\usdehnung des Gewebes. Sie zeigt, im Allgemeinen eine zweifache Verschiedenheit, je nachdem die Stolle, durch welche sie hervorgebracht wird, elastisch oder mehr konsistent sind, und je nach der Dauer der Entzündung: In der ersten Entwiekelungszeit ist die Anschwellung in der Hegel elastisch gespannt und schmerzhaft; sie entsteht durch die Injection der llaargerässe mit Blut und zugleich durch die von der stärkeren Wärme-Entwickelung abhängige Ausdehnung der Weichgebilde.
Eine zweite Art der Eiitzüudungsgeschwulst entsteht, wenn die ausbauchenden Arterien anstatt des normalen serösen Dunstes, Blutwasser, Blut oder Faserstoir ins Zellengewebe ergiessen; sie bildet eine derbe, unelastische Geschwulst, die (wo die Farbe der Haut zu sehen ist) entweder blass oder dunkelroth, aber nicht sehr schmerzhaft ist, und entweder nach Druck Gruben zurücklässt (wie bei entzündlichem Oedem) oder weit häufiger eine mehr feste Beschaffenheit zeigt, dem Drucke nur wenig nachgiebt und Neigung besitzt, in Verhärtung überzugehen, wie man dies besonders bei asthenischen und chronischen Eutzünd inigen häufig wahrnimmt.
IMan findet jedoch nur selten eine von diesen Formen rein bestehend und allein ausgebildet; sondern in den meisten Fällen ist die Kntzündungsgeschwnlst aus diesen beiden Arten zusammengesetzt.
Die schnellere oder langsamere Entwickelung einer Entzündungsgeschwulst bis zu einer gewissen Grosse ist theils von der Heftigkeit der Ursachen, theils von der Heizbarkeit und der Textur des be-Irollencn Organs abhängig. Denn je dichter und härter ein Theil, desto geringer wird im Allgemeinen die Entzündungsgeschwulst, je weicher aber derselbe ist, um so grosser bildet sie sich aus. So ist sie z. B. bei Entzündung der Knochen, Knorpel, Bänder und Sehnen, und bei der der fibrösen Häute gewöhnlich sehr gering, dagegen bei der Entzündung des lockern Zellgewebes und der damit reichlich begabten Theile sehr stark entwickelt. — Bei Entzündungen innerer oder sehr tief liegender und in den Hornsclmhen eingeschlossener Theile bemerkt man sie nicht.
Die Geschwulst ist daher nicht bei allen Entzündungen ein so sicheres Keimzeichen, wie der anhaltende Schmerz und die vermehrte Wärme. Sie giebt sich bei äusserlicher Entzündung und an behaarten Stellen durch das Ansehen und Befühlen, und ausserdem auch noch durch ein Sträuben der Ilaare zu erkennen; und sie unterscheidet sich durch die übrigen mit ihr verbundenen Zeichen der Entzündungen sehr leicht von anderen Geschwülsten und Verhärtungen.
4. Die ungewöhnliche Höthe des entzündeten Theiles entsteht nach Wal ding er's Ansicht durch das längere Verweilen und die grössere Anhäufung des Blutes in den Venen, welche, da sie mehr nach Aussen und oberflächlich liegen, um so mehr zu sehen sind; ausserdem und vorzüglich aber durch das Eindringen des rothen Blutes in die feineren serösen und Haargefässe, welche im normalen Zustande kein rothes, sondern uugefarbtes Blut und Serum führen. Dieses Eindringen des rothen Blutes in die feineren Gefasse erfolgt im Allgemeinen auf jede Heizung eines Theiles; der Grad der Entzün-dungsröthe hängt jedoch nicht allein von der Grosse der Heize, son-
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18nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung im Allgemeinen.
dem auch von der Dauer ihrer Einwirkung und besonders von der Zahl der Haavgelasse und Nerven, und von der derben oder lockeren Textur der leidenden Theile ab; je empfindlicher, je gefässreicber und je weicher ein Theil, um so grosser und dunkler pflegt die Enteün-dungsröthe zu sein, und sie steht dann fast immer in gleichem Verhältnisse mit der vorhandenen Geschwulst. — Im Mittelpunkte der Entzündung oder an der Stelle, von welcher die Entzündung sich verbreitet, ist die Röthe am stärksten, und nimmt nach dem Umkreise zu immer mehr und mehr ab. Ausserdem ist die Röthe weder in allen Gattungen der Entzündungen noch bei den verschieden entzündeten Gebilden von gleicher Beschaffenheit, zuweilen blässer (an schwachen Thieren), zuweilen sehr dunkel (bei starken), und in sehr vielen Fällen ist sie wegen der schwärzlichen Oberhaut des Thier-körpers gar nicht zu bemerken. Man nimmt sie deutlich wahr an der Haut der weissgebornen Schimmel, der Isabellen und Schecken, bei weissen, gelben und scheckigen (bunten) Kühen, bei Schaafen, Hunden und Katzen, ferner an allen mit Schleimhaut bekleideten Stellen, z. B. an der Bindehaut des Auges, in den iNasenlöchern, im Maule, am Euter, After, an der Scheide und bei Pferden am Saume und an der weissen Linie des Hufes.
Bei Entzündungen an solchen Theilen, wo die Haut dunkel gefärbt und wenig oder gav nicht behaart ist, wie z. B. an der äussern Kläche der Augenlider, an den Lippen, am Schlauche, Hodensacke, am After und am untern Theil des Schweifes bei Pferden u. dgl. bemerkt man statt der Röthe einen grössern Glanz der Epidermis.
Aussei- diesen Hauptsymptomen bei den Entzündungen entstehen noch folgende, welche aber weniger bestimmt und nicht immer sichtbar werden:
5.nbsp; nbsp; nbsp;Das stärkere Pulsiren der Arterien in der Nähe des entzündeten Theiles findet sich bei allen Entzündungen festweicher Gebilde, je nach dem Grade der Entzündung, bald mehr bald weniger stark, und es kann als ein charakteristisches Merkmal der Entzündung dieser Gebilde gelten. Bei Kuochenentzündungen fehlt es fast immer. Zur Erklärung dieser Erscheinung nimmt Hausmann an: dass bei Entzündung die Nervenkraft eine Anziehung auf das Blut dergestalt ausübe, dass Letzteres in den Uebergangsorganen (Ca-pillarien) und in den Venen des leidenden Theiles angezogen, zurückgehalten und hierdurch dem arteriellen Blute der Durchgang verwehrt wird. Die Arterien werden hierdurch erweitert und stärker pulsi-rend. Da nun die Knochen nur eine sehr unbedeutende Quantität Bluts aufnehmen, so kann bei deren Entzündung auch hierdurch keine merkliche Anhäufung und ein Zurückhalten des Blutes verursacht werden, folglich auch kein Grund vorhanden sein, warum der Puls fühlbarer werden müsste.
6.nbsp; nbsp; Die gestörte Verrichtung des entzündeten Theiles. Da die Haargefässe der eigentliche Sitz der Entzündung sind, und da sie in allen Organen mit der eigenthümlichen Verrichtung derselben in naher Beziehung stehen, so müssen die letzteren bei Entzündungen nothwendig mancherlei Störung erleiden. Diese Störungen geben sich nach der Verschiedenheit der Organe und ihren Verrichtun-
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gen durch besondere Zeichen zu erkennen, und sind in Verbindung mit einigen anderen Symptomen für die Eikenntuiss mancher Entzündungen, besonders in tief liegenden oder inneren Theilen sehr wichtig. Die Hauptvcrschiedenbeit dieser Störungen beruht in den einzelnen Fällen auf der spezifischen Verrichtung des leidenden Organs, ausserdem aber auf dem Grade und dem Charakter der Ent
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!#9632;
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zündung. Empfindungsorganc (besonders Sinnesorgane) zeigen im Anfange und bei geringem Graden der Entzündung einen hohemnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;\
Grad von Empfindlichkeit und unregelmässige Acusserungen dersel-
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ben; bei dem höchsten Grade des Leidens verschwindet oft die Empfindlichkeit gänzlich. Entzündete Bewegungswerkzeuge bedingen stets eine verminderte Beweglichkeit. Absonderungsorgane scheiden im Anfange der Entzündungen eine grössere Menge, aber von weniger verarbeiteten Stoffen, ab; bei heftigen Entzündungen sind die Sekrete zuweilen mit Blut gemengt, und im höchsten Grade stockt die Sekretion gänzlich.
Aussei- den örtlichen Störungen im entzündeten Theile selbst finden sich bei heftigen, bei weit verbreiteten Entzündungen und bei solchen, welche ein für das Leben wichtiges Organ ergriffen haben, auch häufig noch consensnelle und antagonistische Funktionsstörungen in anderen Organen, je nachdem die entzündeten Gebilde mit anderen in materiellen oder dynamischen Verbindungen stehen.
Durch die Funküousstörniigen wird die Brauchbarkeit der Thierenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '
verhältnissmässig vermindert oder ganz aufgehoben, und oft wird selbst das Leben hierdurch vernichtet.
7. Fieber bei Entzündungen. Eine der wichtigsten und • häufigsten unter den consensuellen Störungen bei Entzündungen ist das sogenannte Eutzündungsfieber. Dasselbe fehlt gewöhnlich
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bei geringen Entzündungen, aber es tritt fast zu allen heftigen und weit verbreiteten Entzündungen, besonders wenn sie sehr empfindliche Organe, oder Thiere mit grosser Reizbarkeit betreffen, und es äussert sich durch Veränderungen im Gemeingefuhl, Traurigkeit, Störung des Appetits, Frostschauder oder wenigstens Sträuben dej- Haare, durch hiernach folgende Hitze, schnelleren, harten, oft kleinen Puls und schnelleren Herzschlag, beschleunigtes Athmen, während des Frostes durch Blässe der Schcimhäute, später durch dunklere Färbung derselben, durch Störungen in den Ab- und Aussonderungen u. dgl. Es stellt sich zuweilen bald nach dem Beginn der Entzündung, zuweilen erst später ein, und dauert bald nur einige Stunden, bald wieder einige Tage fort. Mit der eintretenden Verminderung der Entzündung, oft schon mit der Entfernung des Entzündungsreizes (der Ursache) mindert sich oder verschwindet in der Regel auch das Fieber von selbst; zuweilen aber, wenn das Nervensystem durch die entstandene Reizung zu sehr geschwächt ist, wird hierdurch das Fieber andauernd, jedoch dann stets wesentlich geändert, indem es den Charakter eines schleichenden, asthenischen, oder selbst eines hektischen Fiebers (Zehrfiebers) annimmt. Wenn Eiterung entsteht, pflegt das oft schon verschwundene Fieber einen neuen Anfall zu machen oder sich, wenn es noch fortbestand, in grösserer Heftigkeit zu äussern. Es wird dann als Eiterungsfieber bezeichnet. Je länger und je
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20nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung im Allgemeinen.
heftiger bei dem Entziindungs- uml bei dem Eiterungsfieber das Frosl-stadium ist, um desto gefährlicher ist gewöhnlich auch die Eutziin-dung, uud desto mein' ausgebreitet die Eiterung.
Das in Folge einer örtlichen Eiitziindung entstandene Fieber ist grösstentheils ein sympathisches Leiden, welches hauptsächlich als Keflexwirkuug der von der peripherischeu Reizung auf das Rückenmark übertragenen Verstimmung entsteht. Diese Verstimmung wird auf die sympathischen Nerven übertragen, hierdurch die Thätigkeil des Herzens und der Arterien, so wie die der übrigen Organe herbeigeführt. Doch scheint auch nicht selten eine direkte Fortpflanzung der krankhaften Erregung der JUutgefässe von dem entzündeten Organe aus stattzufinden, •— wie man dies aus dem von dem letzteren her allmälig weiter nach dem Herzen sich verbreitenden stärkeren Pulsiren der Arterien schliessen kann. In wie weit auch die, bei Entzündungen fast immer veränderte, Blutbeschaffenheit zur Entstehung des sympathischen Entzündungsfiebers beiträgt? #9632;— ist mit Sicherheit nicht nachzuweisen, obgleich die durch Blutentziehuugen und durch vollständige kritische Ausleerungen bewirkte Verminderung des Fiebers dafür spricht, dass das mit rohen plastischen Stollen überladene Blut einen Antheil an der Fiebererregung haben muss.
In manchen Fällen tritt ein Fieber mit den Charakteren des Entzündungsfiebers zuerst auf, und die örtliche Entzündung des einen oder des andern Organs folgt ihm nach. Dieses Fieber, welches hier als das wahre oder wese ntliche (essentielle) Entzündungs-fieber bezeichnet wird, entstellt in der Kegel zunächst durch plötzliche Ueberladuug des Blutes mit plastischen Stollen und mit Kohlen-stofl', und es verhält sich, wenn die Entzündung einmal ausgebildet^ ist, fast in jeder Hinsicht wie das sympathische Entzündungsfieber.
Jedes Entziiiuluugsfieber kann sich mit anderen Krankheltszu-ständen verbinden und dadurch einen complizirten Charakter annehmen, z. B. den gastrischen, den biliösen, den rheumatischen u. s. w.
8) Verändrung des Blutes bei Entzündungen. !)a der Sitz der Entzündung in dem Theile des Cefässsystems ist, in welchem die wichtigsten physiologischen Prozesse, die Ernährung der festen Theile, die Absonderungen der verschiedenen Thiersäfte u. s. w. aus dem Blute vor sich gehen, so muss nothwendiger Weise bei abnormen Zuständen der Haargefässe das Rlut sowohl durch die unmittelbare veränderte Einwirkung der Gelasse und Nerven als auch durch die aus demselben geschehenden, hierdurch veränderten Absonderungen, sehr verändert weiden. Man findet daher bei jeder Entzündung diese Veränderung, jedoch nach Verhältniss ihres Grades und ihrer Art mehr oder weniger deutlich, und zwar nicht allein in dem entzündeten Theile, sondern in allen mit einem concensuellen Fieber verbundenen Fällen, auch im ganzen Körper (oder in der ganzen Masse des Bluts). Sie sind aber nicht allein dem Grade der Entzündung nach, sondern vorzüglich nach dem Charakter derselben und nach der uatürlichen Verschiedenheit des gesunden Rlutes bei den verschiedenen Hausthiergattungen sehr verschieden, und bis jetzt noch nicht genügend erforscht.
Im Allgemeinen bemerkt man, dass bei wahren Entzündungen
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Entzündung im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;21
das aus der Ader gelassene Blut um !*•—2 Gr. C. heisser ist, dass es 1 — 8 pCt. mehr Faserstodquot;, zuweilen etwas mehr Kalksalze und fast immer weniger Serum enthält als das Blut von gesunden Thie-ren; es gerinnt schneller und fester zu einer gleichmässigeu Masse und scheidet weniger, bei hohen Graden aber gar kein Blutwasser aus, sondern behält dasselbe in dem Blutkuchen eingeschlossen. In manchen Fällen, nameutlich da, wo eine Blutentleerung nicht gleich im Anfange einer heftigen Entzündung, sondern in einem späteren Zeiträume derselben unternominen worden ist, trennen sich beim ruhigen Stehen des Bluies die Blutkörperchen, als der schwerste nä-bere Bcstandtheil desselben, von dem Faserstoff und dem Serum, und sie senken sich auf den Boden des Gefässes, der Faserstoff aber bleibt an der Oberfläche und bildet beim Gerinnen eine weissgelbliche oder etwas grünliche zusammenhängende Schicht, welche man die Speckhaut oder Entznndungsliaut (Ciusta inflammatoria) nennt. Dieselbe ist bald dicker, bald dünner, mehr oder weniger zähe, zuweilen an der Überfläche etwas stvahlig oder in der iMitte vertieft.
Dagegen bemerkt man bei sogenannten asthenischen Entzündungen und wo das Fieber nicht rein entzündlich ist, diese Speckhaut immer, und zwar nach dem iMaasse der gesunkenen Lebensenergie und nach der Stärke und ßcschaffenheit der Complication oft sehr stark. — Sie ist also bei den reinen Entzündungen gar kein sicheres Zeichen derselben, wie man sie früher allgemein dafür gehalten, und deswegen selbst mit dem Namen der Entzündn ngshaut oder Entzündungskruste belegt hat, — sondern sie ist im Gegeutheil mehr ein Zeichen des Schwächezustandes; sie findet sich aber auch bei verschiedenen Umständen des gesunden Zustandes, z. B. bei trächtigen Thieren, auch bei einein bald nach der Verdauung gemachten Aderlass u. dgl. Wichtiger als das Vorhandensein oder Nichtvorhan-densein dieser Haut scheint das schnellere oder langsamere Entstehen derselben, ihre Dicke, Farbe und Consistenz zu sein, weil diese Um-, stände in verschiedeneu Krankheiten beständiger vorkommen, aber bis jetzt auch bei Weitem noch nicht gehörig beobachtet sind. Auf ' die schneller oder langsamer vor sich gehende Gerinnung des ausgelassenen Blutes und auf die verschiedeneu Arten dieser Gerinnung haben aber auch mehrere zufällige und äussere Verhältnisse Einfluss; so z. B. bei einer trockenen Luft, im Winter, ferner, wenn weder das Blut noch das Gefäss, in welchem mau dasselbe aufgefangen hat, bewegt werden, gerinnt es schneller und gleichmässiger als unter entgegengesetzten Verhältnissen. Die Gerinnung verhält sich auch anders in einem engen und tiefen als in einem weiten und flachen Gefässe; anders da, wo es in sehr dünnem oder in sehr dickem Strome und auf einem kurzem oder längern Wege durch die Luft fliesst.
Ursachen der Entzündungen.
Die Ursachen der Entzündung sind, wie bei jedem anderen krankhaften Zustande, von dreifacher Art:
1) solche, in denen der innere (raquo;rund der vorhandenen wesentlichen Symptome zu finden ist, welche also mit dem Wesen der Ent-
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22nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung im Allgemeinen.
zundung selbst übereinkommen, und welche man daher auch die nächsteu Ursachen nennt. Als die nächste Ursache der Entzündung kennt man bis jetzt nur den, S. 12 angedeuteten, von einer Reizung entstandenen, mit Stockung des Blutes in den Capillargefässen u. s. w. veibunilenen krankhaften Prozess. Zur Erklärung desselben giebt es mehrere Theorien;
2)nbsp; solche Ursachen, -welche zu dein Entstehen der Entzündung die Veranlassung geben, derselben unmittelbar vorausgehen und sie eigentlich hervorrufen. Man nennt diese Ursachen auch die veranlassenden oder (.'elegenheits Ursachen. Sie sind im Allgemeinen äusserlich auf den Körper wirkende, zuweilen aber auch in demselben erzeugte. Hire Anzahl ist sehr gross, denn es können alle inechaiiische, chemische und selbst dynamische oder physikalische Einflüsse, wenn sie im aussergewöhnlichen Grade reizend auf den Organismus einwirken, Entzündung veranlassen und zu ihnen gerechnet werden.
Zu den mechanischen Ursachen gehören starkes anhaltendes Reiben, alle durch stumpfe, spitzige oder scharfe Körper verursachte Verletzungen, •— fremde in den Thierkörper gedrungene, oder in demselben erzeugte Köper, Kugeln, Splitter, Dornen, Nägel, Knochensplitter etc., Knochenbrüche, Verrenkungen, Erschütterungen, zu heftige Ausdehnung eines Theiles u. s. w.
Unter den chemischen und dynamischen Einwirkungen sind besonders zu grosse Hitze und Kälte, zu heftiges und zu schnell mit Dunkelheit abwechselndes Licht, schnell bewegte Luft (besonders die sogenannte Zugluft), die concentrirten Säuren, reine Alkalien, die Metalloxyde, die mehrsten Salze in grossen Gaben, und im concentrirten Zustande, scharfe Thier- und Pflanzenstoffe zu nennen.
Zu den im Körper erzeugten Ursachen rechnet man: Metastasen (Ablagerungen von Krankheitsstolfen) auf gewisse Theile, zu scharfe Sekrete, im Körper selbst erzeugte KrankheitsstolFe, besonders einige Kontagien (z. B. das der Pocken), und besonders zurückgehaltene thierische Aussondcrungsstoire. Letztere werde als eine der häufigsten Eutzündungsursachen angesehen und haben zur Annahme einer eigenen Art von Entzündungen, welche man die skorischen *) nennt, Gelegenheit gegeben.
3)nbsp; Die Erfahrung zeigt aber, dass die verschiedeneu reizenden Ursachen nicht gleichartig auf alle Thiere wirken, und dass sie nicht in jedem Thiere eine Entzündung, sondern bei reizbaren Thieren ohne diese Wirkung bleiben, während dieselben Einflüsse bei anderen sehr heftige Entzündungen erregen.
Diese Verschiedenheiten hängen zum Theil vorn Zustande der allgemeinen Lebenskräfte, von dem Grade der Empfindlichkeit des Thieres, von dessen Alter, und in manchen Fällen von einer eigen-thümlichen Empfindlichkeit oder Unempfindlichkeit für manche Einflüsse, welche letztere besonders durch Gewöhnung an dieselben herbeigeführt werden können, ab.
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') Von gxwqiu, Schlacke, — Hautschlarke.
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Auch werden nicht alle Theile des Thierkörpers von einem und demselben Reize in gleicher Art afllzirt, denn das Licht erregt nur das Auge, das Kraut des rothen Fingerhutes vorzüglich nur den Darmkanal und das Herz; andere erregen die Leber, die Drüsen etc. In manchen Fällen erfolgt die Entzündung nicht an den vom Reize betroffenen, sondern in einem entfernteren Theile.
Hieraus folgt:
a.nbsp; nbsp;dass der krankmachende Reiz mit der besonderen lieschaffen-heit der Theile und mit der Empfindlichkeit derselben in einem bestimmten Verhältnisse stehen müsse, wenn die zum Entstehen einer Entzündung erforderliche Reaktion und Umstimmung erfolgen soll; •—
b.nbsp; nbsp;dass aber auch hierzu im ganzen Körper oder in einzelnen Organen eine gesteigerte Empfindlichkeit und Reizbarkeit des periphe-rischen Nerven- und Haargefäss-Systems für jene Einflüsse, also eine Geneigtheit oder Anlage zur Entstehung der Entzündung vorhanden sein müsse. Diese Aidage, welche man daher auch die vorbereitende oder prädisponirende Ursache nennt, kann angeboren sein (in einer zu grossen Reizbarkeit bestehen), oder zum Theil durch (he Gattung, die Rage, das Geschlecht und Alter bedingt, oder durch Klima, Witterung, durch Art der Nahrung und des Dienstgebrauchs u. s. w. erworben sein. So hat z. B. unter unsern Hans-thieren das Pferd die grösste Anlage zu Entzündungen; edlere feinere Ragen, das männliche Geschlecht, völlig ausgewachsene junge Thiere und solche von mittlerem Alter besitzen eine stärkere Aidage als andere, und im kalten und gemässigten Klima, bei reiner, trockener, besonders trocken - kalter Witterung, bei vieler und guter Nahrung, bei weniger oder mit anhaltender Ruhe schnell abwechselnder Anstrengung wird diese Anlage sehr vermehrt.
Im Allgemeinen ist die Anlage zu Entzündungen bei allen gutgenährten, lebenskräftigen, mit einem straffen Faserbau und mit faserstoffreichem Blut begabten Thieren vorherrschend.
Verlauf, Dauer und Ausgang der Entzündungen.
Der Eutzündungsprozess zeigt sowohl in satter Ausbreitung wie in seinem Innern Vorgange Veränderungen. ^(1 erst^R- Minsicht sieht man ihn mehrentheils auf der Stelle entstehen und begrenzt, Welche deren Umfange und der Stärke der daselbst eingewirkten Ursache entspricht; aber oft verbreitet er sich in der Continuität des ergriffenen Gewebes weiter oder ergreift angrenzende Gebilde, und zuweilen wird er entweder durch Aufsaugung und Fortleitung schädlicher Stoffe durch Venen oder Lymphgefässe, oder auch sympathisch auf entferntere Theile übertragen.
Der pathologische Prozess bei den Entzündungen besteht aus mehreren auf einander folgenden Vorgängen, von denen jeder eine verschiedene Dauer haben kann. Diese Vorgänge bilden gleichsam Stadien, und ihre Dauer, so wie ihr richtiges Verhältniss zu einander bedingt in den einzelnen Fällen die Dauer und den Verlauf der Krankheit.
Man pflegt vier Stadien zu unterscheiden, und zwar: 1) das Stadium des Entzündungsanfanges, das Krampf- oder Froist-
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stadium. Es beginnt gleich nach der Einwirkung der Enlziindungs-ursache mit der Reizung (Irritation) und es zeigt sich durch Blässe des Theils, oft auch durch Frostschauder, und bei mikroskopischer Untersuchung durch Contraction und Blutverminderung der Haarge-fiissc. Gewöhnlich ist es nur sehr kurz oder wird wohl gar nicht wahrgenommen, besonders wenn entweder der leidende Thell wenig reich an Nerven ist oder wenn eine sehr heilige Reizung stattfand; denn im ersten Falle ist die Erregung so schwach, dass sie für sich nicht als Störung bemerkt wird und im anderen Falle folgen nach der reizenden Einwirkung zu schnell und heftig die Erscheinungen des Blutandranges, namentlich Röthe und Geschwulst. #9632;— Das zweite Stadium, das der Congestion, beginnt darnach sehr schnell, bald (bei schleichenden astheuischeu Entzündungen) etwas später, und äussert sich durch Röthe und Geschwulst. Durch das Mikroskop sieht man vermehrten Blutandrang mit Anhäufung vieler Blutkörperchen in den HaargeJassen und das Sichtbarwerden solcher Gefasse an Stellen, wo man sie vorher nicht sähe. •— Das dritte Stadium, das der Entzündungshöhe, zeigt äusserlich die Symptome in höchster Ausbildung. Es beginnt mit der wirklichen Stockung des Blutes (Stasis) in den Haargefässeu, und ist mit Ausschwitzuug von rothem Serum, von Faserstoff oder selbst von Blut aus diesen Gelassen in die Zwischenräume des Gewebes der entzündeten Organe begleitet; doch zeigen die eigenen Theile des Gewebes keine wirkliche Veränderung. •— Das vierte Stadium kann als laquo;das der Krise oder der Entzüudungsausgänge bezeichnet werden, indem sich nun die Entzündung entweder mindert oder allmälig verliert, oder indem sie in Ausschwitzung, Eiterung oder in Brand übergeht. Die mikroskopische Untersuchung zeigt in diesem Stadium stets eine bald grössere, bald kleinere Menge von neu gebildeten feinen Blütgefässen in dem Gewebe des entzündeten Theilcs, und in der Regel wird auch, wenn Zertheilung eintritt, in den durch die Blutstockung verstopft gewesenen Gelassen die Circulation wieder hergestellt; beim erfolgenden Brande hört alle Circulation für immer auf, und bei Eiterung und bei Ausschwitzunj^finden sich auch die Gewebe verändert.
Wiennrdiese SRBien schnell auf einander folgen, hat die Entzündung eine schnellen (acuten) Verlauf, entgegengesetzt aber einen langwierigen (chronischen). Letzteren nimmt man an, wenn die Dauer der Entzündung über vier Wochen beträgt;
Sowohl die acuten als die chronischen Entzündungen können auf dreifach verschiedene Weise ein Ende en-cichen, oder, wie man es gewöhnlich bezeichnet, ihre Ausgänge machen, nämlich:
A.nbsp; nbsp;durch die Rückbildung in den gesunden Zustand;
B.nbsp; nbsp;durch den Uebergang in einen anderen krankhaften Zustand, namentlich: 1) in Ausschwitzung von Serum, Faserstoff oder Blut, 2) in Wassersucht, 3) in Verwachsung, 4) in Verhärtung und 5) in Eiterbildung;
C.nbsp; nbsp;in das örtliche Absterben des Gewebes oder den Brand; und manche Pathologen rechnen hierzu auch noch den durch die Entzündung oft herbeigeführten Tod der Thiere. Letzteres geschieht jedoch unpassend, da der Tod in der Regel vielmehr eine Folge der
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Entzündung im Aligemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;25
durch die Entzündung oder ihre andern Ausgänge bewirkten orgalt; nischen Störungen oder auch die Folge der heftigen Aufregung und endlichen Deberreizung der Centralthcile des Nervensystems ist. Die Entzündung selbst kann dabei in einem gewissen Grade bis zum Aufhören des Lebens fortbestanden haben.
A. Die Umbildung der Entzündung in den gesunden Zustand heisst die Zerthcilung (Kesolutio). Sie kann in jedem Stadium der Entzündung erfolgen, wenn es möglich ist, die noch fortdauernde Reizung und das vermehrte Zuströmen des JJlutes aufzuheben, die Circulation in den Haargefässen wieder herzustellen, und die entstandenen Ausschwitzungen zu beseitigen. Weil aber bei Entzündungen, welche sehr heftig aufgetreten sind, oder schon einige Zeit gedauert haben, nicht allein grössere und öfters wiederholte Ausschwitzungen erfolgt, sondern die ausgeschwitzten Säfte auch schon geronnen und in verschiedenen Graden fest geworden sind, so gelingt die Zerthei-lung bei gelinden und frisch eiitstandenen Entzündungen immer leichter als bei jenen. Wo die reizende Ursache nicht zu beseitigen ist, z. B. bei fremden Körpern in Wanden, gelingt auch gewöhnlich nicht die Zertheilung. Sie tritt häufig von selbst ein, ohne Zuthun der Kunst, in anderen Fällen erfolgt sie selbst bei fleissiger Anwendung zweckmässig scheinender iUittel nicht, selbst da, wo die äusseren Bedingungen günstig dafür zu sein scheinen. In den ersteren Fällen wird entweder durch den Blutandrang selbst eine solche Erweiterung der Haargefasse erzeugt, dass die Circulation in ihnen wieder frei von statten gehen kann, oder die Empfindlichkeit und Reizbarkeit wird nach und nach so abgestumpft, dass die Entzündungsursache ihre Wirkung verliert; oder auch, das Blut verliert durch die Ausschwitzungen und durch kritische Ausleerungen (Schweiss, vermehrtes Uriniren, Durchfall, vermehrte und veränderte Schlehnabsonde-rung) seine reizende Beschaffenheit. In den Fällen der anderen Art ist man genöthigt, eine eigenthümliche Disposition oder Anlage zu anderen Ausgängen der Entzündung, zu Ausschwitzungen (zur Eiterung, Verjauchung oder zum Brande) anzunehmen.
Die Zertheilung ist nach ihrem Verlaufe entweder regelmassig oder unregelmassig, und nach ihrem Erfolge entweder vollständig oder unvollständig.
Bei der regelmässigen Zertheilung nehmen die Entzündungszufälle alhnälig und gleichmässig ab, bis zum gänzlichen Verschwinden derselben, und häufig sind die bezeichneten kritischen Ausleerungen dabei oder vorher zu bemerken. Unrcgelmässig geschieht die Zertheilung, wenn die Symptome entweder sehr langsam und ungleich abnehmen, oder wenn die Krankheit plötzlich an ihrem bisherigen Sitze verschwindet und eine neue Entzündung oder eine andere Krankheit unmittelbar hiernach an einem andern Orte wieder zum Vorschein kommt. Letzteres hat man das Zurücktreten oder das Wandern der Entzündung genannt.
Bei der vollständigen Zertheilung bleibt weder von der Enfzün-dung selbst noch von ihren Folgen eine Spur übrig, während bei der unvollständigen noch einzelne Symptome, wie namentlich die Röthe oder die Geschwulst, oder zuweilen auch die vermehrte Wärme
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26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündung im Allgemeinen.
noch durch lange Zeit fortbestehen, nachdem die übrigen Symptome verschwunden sind. Die fortdauernden Erscheinungen beruhen meist auf einer krankhaften Erweiterung der Haargefasse, zum Theil auch auf einer neuen Bildung derselben, auf Schwäche, oder auf einer in dein Theil zurückgebliebenen erhöhten Reizbarkeit.
Die regelmässige und vollkommene Zertheilung ist in den meisten Fällen der beste und kürzeste Ausgang, namentlich bei den durch mechanische, chemisch irritirende und physikalische Einflüsse entstandenen Entzündungen; dagegen ist sie in der Kegel nicht zweckmässig bei sogenannten kritischen Entzündungen, welche bei oder nach fieberhaften Krankheiten, bei im Abheilen begriffenen Exanthemen und bei Dyskrasien als Folge derselben entstanden sind; ebenso bei den Entzündungen, welche sich zu gequetschten, gerissenen oder mit einem Krankheitsstoffe verunreinigten Wunden finden, und ebenso nach manchen Operationen, bei denen es zum Zweck gehört, entweder mittelst plastischer Ausschwitzung die Verwachsung getrennter Theile, oder die Vernarbung mittelst Granulation, oder auch die Abstossung kranker Gebilde durch Eiterung herbeizuführen.
B.nbsp; nbsp; nbsp;Der Uebergang in andere (S. 24 sub B. genannte) krankhafte Zustände ist eigentlich kein wirklicher Ansgang der Entzündung, da die letztere gewöhnlich nicht aufhört, wenn diese krankhafte Zustände eingetreten sind, sondern auch, bald mein- bald weniger vollständig, durch einige Zeit neben denselben fortbesteht. Diese anderen Krankheitszustände sind als die nächsten Folgekrankheiten der Entzündungen zu betrachten und in ihren Zufallen, in ihrer Bedeutung und in der kurativen Behandlung sehr abweichend von denselben Momenten bei den Entzündungen. Ebenso ist es
C.nbsp; nbsp;mit dem Brande. Diese Zustände verlangen daher eine abgesonderte Darstellung. (Siehe Kapitel 2—4.)
Verschiedenheiten der Entzündungen.
Obgleich der Entzüudungsprozess seinem Wesen nach sich in den einzelnen Fällen gleichartig verhält, d. h. überall mit Reizung, Congestion, Stasis und Exsudatiou in den Haargefässen besteht, so wird doch durch die verschiedene Organisation und Funktion der speziell ergriffenen Theile, durch die individuelle Empfindlichkeit und Reizbarkeit derselben oder des erkrankten Thieres, durch die Kräfte (Energie), die Beschaffenheit des Blutes der leidenden Thiere, durch die Stärke und die Art der Ursachen u. s. w. nicht allein das Krankheitsbild in den einzelnen Fällen dem Grade nach verändert, sondern die Entzündungen erhalten auch in ihrer Qualität oder in ihrem Charakter besondere Eigenthümlichkeiten, die sich durch Abweichungen im Verlaufe, durch die vorwaltende Neigung zu dem einen oder dem andern Ausgange u. dergl. kund geben.
Man hat nach diesen Verschiedenheiten die Entzündungen verschiedentlich benannt und eingetheilt:
A. Nach den Ursachen: a) in traumatische (Wundentzün-dungen), welche durch mechanische Einwirkungen, und ft) in spezifische, welche durch eigenthümliche Ursachen, z. B. hohe Grade von Hitze oder Kälte, durch Krankheitsgifte, durch scharfe oder
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Verschiedenheiten.
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ätzende Stoffe u. dgl. erzeugt werden. Beruhet der spezifische Charakter auf einer krankhaften Mischung der Säfte, so heisst die Entzündung eine dyskratische. Dieselben sind als complizirt zu betrachten. Die traumatischen Entzündungen dagegen erscheinen am häufigsten als einfache, obwohl sie auch mit anderen Kvankheitszu-ständen sich compliziren können.
B. Nach dem Orte bezeichnet man die Entzündungen a) hinsichtlich des ergriffenen Organs, z. 15. als Augcneutzündungen, Ohren-entzünduugen u. s. w.; J)) hinsichtlich des affizirten Gewebes, als: 1) Hautentzündung. Nur die Lederhaut entzündet sich, die Oberhaut wird aber dabei mit verändert, trocken, gespannt, zuweilen rissig, oft durch unter ihr ausgeschwitztes Serum in Form von Bläschen (Phlyctaenae, Bullae) erhoben und abgestossen oder zum trocknen Abstossen (Abschuppen) gebracht, und sehr oft fallen die Haare dabei aus. In manchen Fällen leidet das auf der Lederhaut liegende lymphatische Gefassnetz besonders mit, und zuweilen ejistreckt sich die Entzündung auch auf das unter ihr liegende Zellgewebe. In beiden Fällen pflegt man diese Entzündungen als die Rose oder den Rothlauf (Erysipelas) zu bezeichnen. Die Hautentzündungen sind zuweilen sehr schmerzhaft; sie gehen in Zertheilung, in Ausschwiz-zung, hierdurch in Verdichtung, (zuweilen in hornartige) Verdickung, Eiterung oder Brand über. Gewisse Reize, z. B. die Canthariden, sind als spezifische Ursachen zu betrachten.
2)nbsp; Entzündungen des Zellgewebes (Phlegmone). Sie kommen häufig vor und erreichen oft eine bedeutende Ausdehnung; das Zellgewebe wird durch Ausschwitzung schnell verändert, ödematös oder verdickt und das Fett wird dabei aus ihm bald mehr bald weniger verdrängt; oft entstehen abnorme Verwachsungen und Verhärtungen, oder Eiterung mit schneller Auflösung des Zellgewebes und mit weiter Verbreitung der Eiterung, oder auch Verjauchung, besonders bei chronischen Entzündungen. Auch der Brand verbreitet sich in ihm schnell.
3)nbsp; Entzündungen der Schleimhäute sind ebenfalls sehr häufig, und stellen auch einige chirurgische Krankheitsformen dar. Ihre wichtigste Eigenthümlichkeit ist die veränderte Absonderung, die jedoch nach dem Grade und dem Stadium variirt, wie dies bereits oben bei den Symptomen angedeutet ist. Zuweilen tritt zu dem eiweissartig verdickten Schleim noch Faserstoff, und es bilden sich dann auf der Oberfläche der Schleimhaut falsche Häute. Auch Bläschen entstehen, wie bei Hautentzündung, und die Ausgänge sind wie bei dieser. •— Wenn die Entzündung der Schleimhäute durch Erkältung entstanden ist, trägt sie einen dyskratischen Charakter an sich und wird als katarrhalische bezeichnet.
4)nbsp; Entzündung der serösen Häute. Sie kommen im Gebiete der Chirurgie seltener vor, bilden aber sowohl für sich wie auch in ihren Folgen besondere Krankheitsformen an den Gelenken, Sehnenscheiden und in den grossen Höhleu (die Gallen- und akuten Wassersüchten). Sie entstehen zuweilen direkt, häufiger aber durch antagonistische oder metastatische Uebertragung einer Reizung; ihr Verlauf ist mehrentheils sehr akut, der Ausgang häufiger als an an-
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Entzündung.
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dern Gebilden in röthliche seröse und in fibrinöse Exsudation und in Ver^vachsung.
5)nbsp; Entzündung der fibrösen Gebilde, der Sehnen, sehnigen Ausbreitungen, der Sehnen- und Muskelscheiden, der Bänder, der Bcinhaut etc., sind häufige und mehrentheils sehr schmerzhafte Leiden, besonders oft die Ursache der Lahmheiten, indem die entzündeten Sehnenfasern sich verdicken und verkürzen. — Sie entstehen traumatisch, häufig aber durch Erkältungen, und tragen im letztern Falle den Charakter einer Dyskrasie, nämlich den rheumatischen Krankheits-Charakter an sich; ihre Ausgänge sind: Zertheilung, Exsudat von Blut oder Fascrstolf, Verdickung des Gewebes, knorpelartige Verhärtung, selten Eiterung und Brand. Sie neigen mehr als andere zu Rückfällen.
6)nbsp; Entzündung des Muskelgewebes. Sie hat ihren Sitz in den Haargefässen des, die rothe Muskelfaser umkleidenden Zellgewebes, äussert sich besonders durch grösscre Derbheit, Dicke, Verkürzung und durch bald mehr bald weniger Unbeweglichkeit der Muskeln, und entsteht durch traumatische, chemische und physikalische Einwirkungen. Sie trägt daher auch zuweilen den rheumatischen Charakter au sich.1 Im erstem Stadium kann sie sich zcitheilen; im zweiten Stadium, wo um die Muskelfasern Ausschwitzung und selbst Eiterung besteht, gelingt die Zertheilung nur unvollständig, und später entsteht gewöhnlich Erweichung, Verjauchung oder selbst Brand.
7)nbsp; nbsp;Knochenentzündungen entstehen sowohl traumatisch wie auch häufig durch Dyskrasien. Sie entwickeln sich langsamer als andere, sind aber gewöhnlich sehr hartnäckig, meist chronisch und immer, wenigstens in der ersten Zeit, sehr schmerzhaft: Oft erfolgt Zertheilung, noch öfter Ausschwitzung einer plastischen Materie, die beim Starrwerden Verdicknug der Knochen, Auswüchse, und an verletzten oder gebrocheneu Knochen die Verwachsung durch eine Beinnarbe (Callus) erzeugt. Zuweilen entsteht Auflockerung der Knochensubstanz, oder auch Eiterung, Verjauchung (Caries) und Brand (Necrosis). Nach diesen verschiedenen Ausgängen nehmen Manche noch besondere Arten von Knochenentzündungeu an. (Siehe Knocheneutzündung im Speziellen.)
8)nbsp; Entzündungen in den Knorpeln bilden sich im Allgemeinen sein- unvollständig, jedoch nach den physiologischen Verschiedenheiten derselben, auch verschieden aus, und sind noch nicht vollständig bekannt.
9)nbsp; Entzündungen der Blutge fasse können durch mechanische Verletzungen und durch andere spezifische Einwirkungen an Arterien und Venen entstehen. Sie beginnen am gewöhnlichsten von der aussein (Zellgewcbs-) Haut, zuweilen aber auch von der innern, und dringen bald mehr bald weniger in die andern Häute ein, verdicken dieselben, machen sie mürb, und verengen das Lumen der Gefässe; oder es erfolgt von der inneren Haut Ausschwitzung von Faserstoff, der entweder in Form von Schichten gerinnt, oder mit dem Blute Pfropfe bildet, und hierdurch die Circulation in den kranken Theilen der Gefässe aufhebt. Zuweilen entsteht auch wirkliche Eiterung, mehrentheils in Form von Fisteln, seltener in begrenzten Abscessen.
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10)nbsp; Die Eulziinduiigen der Lymphgefasse koimneu selir o(l bei Pferden, selten bei den übrigen Thieren vor, und werden gewöhnlich durch spezifische, besonders dyskrasische, Ursachen erzeugt. Sie sind stets mit sehr bedeutender Anschwellung dieser (.'eHisse, gewöhnlich auch mit ödematöser Anschwellung, oft auch mit grosser Empfindlichkeit begleitet und gehen in Zcrtheilung, in Ausschwiz-zung, Verhärtung und Verwachsung, oder auch in Eiterung über. Fast immer leiden die nächsten Eymphdrüseu mit, — wahrscheinlich durch die ihnen zugeführte veränderte Lymphe.
11)nbsp; Die Nerven und deren Scheiden leiden durch die in den letzteren befindlichen Haargefässe auch an Entzündungen, jedoch sind sie selten allein affizirt. Die örtlichen Zeichen dieser Entzündungen sind die allgemeinen, ausserdem aber je nach der Function der be-trpffenen Nerven, durch Stärkung derselben, in den einzelnen Fällen sehr verschieden. Es erfolgt oft Zertheilung, zuweilen Ausschwitzung und Verdickung, Erweichung und Eiterung.
12)nbsp; Entzündungen drüsiger Organe entstehen seltener durch örtliche, besonders mechanische Einwirkungen, häufiger durch spezifische Ursachen, und haben sehr oft eine Neigung zum chronischen Verlauf und zur Verhärtung, Aussei' den gewöhnlichen Symptomen findet man auch die Absonderung in der leidenden Drüse gestört. Die Ausgänge sind Zeitheilung, Verhärtung, Eiterung, wobei oft der Eiter sehr dünn ist. Zuweilen tritt auch Verjauchung und lirand ein.
G. Nach dem Verhältniss ihrer Entstehung und ihrer Beziehung zu anderen Krankheiten bezeichnet man die Entzündungen als primäre und sekundäre, als idiopathische, sympathische oder consensuelle und als symptomatische, als p rotopathische und deuteropathische, ganz nach den Begriil'en dieser Worte in der allgemeinen Pathologie.
D.nbsp; nbsp; Nach dem Verlaufe sind sie: akute, chronische, wiederkehrende, intermittirende (periodische), festsitzende und wandernde, regelmässige und unregelmässige Entzündungen.
E.nbsp; nbsp; nbsp;Nach der Tendenz zu einem bestimmten Ausgange werden sie (nach Hunter) als Zertheilungs-Entzündungen, als adhaesive oder V erwachsungs-Entzündungen, als exsuda-live oder Ausschwitzungs-Eutzündungen, als umändernde oder degenerirende Entzündungen, als suppurative oder Eiterungs-Entzündungen, als schwärende oder exuleerative Entzündungen, und als gangränöse und sphacelöse oder brandige Entzündungen bezeichnet.
F.nbsp; nbsp; nbsp;Die für die Therapie wichtigste Unterscheidung der Entzündungen ist die nach ihrem Vitalitäts-Charakter. Man findet nämlich: 1) Entzündungen, bei welchen die Symptome auf eine zugleich erhöhte Thätigkeit des lt;Jelass- und Nervensystems, namentlich aber der Arterien hindeuten; — 2) in anderen sieht man die arterielle Thätigkeit und die Energie überhaupt vermindert; #9632;— und bei der letzteren ist die Empfindlichkeit über die anderen Symptome bald sehr vorwaltend, bald auch unverhältnissmassig zu gering. Hiernach un-
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Entzündung.
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terscheidct man zwei Gattungen von. Entzündungen, und bei der zweiten Gattung noch Varietäten, nämlich:
1)nbsp; synochöse1), sthenische 2), hypersthenische 3), active, arterielle Entzündungen. Sie scheinen hauptsächlich auf einer Reizung des arteriellen Theiles der Haargefasse zu beruhen. Die Reizbarkeit und die Energie ist krankhaft in dem entzündeten Theile (zuweilen auch im ganzen Gefasssysteme) gesteigert; die Entzündungsgeschwulst ist sehr gespannt und derb, der Schmerz und die Hitze ist im richtigen Verhältniss hierzu, letztere macht zuweilen in der untersuchenden Hand ein brennendes, aber kein stechendes Gefühl; die Arterien in der Nähe pulsiren sehr stark, im übrigen Körper sind sie hart und gespannt; die weisse unbehaarte Haut ist dunkelroth, die schwarze sehr glänzend; die Schleimhäute sind lebhaft geröthet (bei Entzündungen innerer Organe aber, wegen der Blutanhäufung in denselben, oft ganz blass). Die Sekretionen werden vermindert, bei den höheren Graden auch ganz unterdrückt. Besteht Fieber, so tritt es mit Heftigkeit auf. Das dem Thiere entzogene Blut gerinnt schnell und gleichmässig, ohne viel Serum oder Faserstoff auszuscheiden, und wenn sich in einzelnen Fällen eine sogenannte Speckhaut bildet, ist dieselbe dünn und sehr zähe. Reizende Einflüsse steigern die Zulallc, schwächende vermiudern sie. Der Verlauf dieser Entzündungen ist akut; sie können aber ihren Charakter ändern, und dann auch chronisch werden. Ihre Ausgänge sind Zertheilung, welche nach Entfernung der Ursachen und bei zweckmässiger Behandlung leicht gelingt, #9632;— sonst aber plastische Ausschwitzung, gutartige Eiterung, oder auch Brand. Sie kommen bei kräftigen Thieren, welche einen straffen Faserbau haben, bei reiner, kalter Luft und nach stark reizenden Einreibungen vor.
2)nbsp; Asthenische *), atonische5), adynamische6), passive, venöse Entzündungen. Sie bestehen mit einem gesunkenen Tonus der Blutgeiasse und des Herzens, mit mehr sichtbarer passiver Anhäufung des Blutes in den Venen, und mit vermindeter Energie in den Wirkungsäusserungen der irritablen Fasern. Die Entzündungs-geschwulst ist mehr ausgedehnt, weich, wenig gespannt, die Röthe dunkel, bräunlich oder bläulich, zuweilen marmorirt, mehr oder weniger mit sichtbaren Gefässen versehen; der Schmerz und die Hitze sind zuweilen sehr gross, letztere selbst stechend, in anderen Fällen ist bald der Schmerz, bald die Hitze wieder nur gering. Ueberhaupt ist oft keine Uebereinstimmung der Symptome zu bemerken. In Absonderungsorganen, welche an diesen Entzündungen leiden, wird das Sekret reichlicher und in veränderter Beschalfenheit, consistenter, zuweilen mit Blut gemengt, ausgeschieden. Der Herzschlag ist stark
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') Von Synocha, anhaltendes Entzündungsfleber (von Gvvfyfw, zusammenhalten).
') Von Sthenia, erhöhte Lebensthätigkeit (von Gamp;ivog, Kraft).
3) Von vtisq, übermässig, und Sthenia.
') Von Gamp;ivog und dem verneinenden laquo;.
s) Von ToVoc, Spannkraft, u. u. = Mangel daran.
') Von ävvafMg, Kraft, u. u. = Mangel daran.
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Verschiedenheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;31
fühlbar, die Arterien sind weich und pulsiren schwach; die Schleimhäute sind blassroth oder schmutzig roth; die Bindehaut ist oft mit ungleich röthlichen, gleichsam verwachsenen Flecken versehen. Das Blut gerinnt langsam, trennt sich dabei in seine Bestandtbeilc, bildet eine dicke, weiche, oft gallertartige Speckhaut, und der Blutkuchen ist mit vielem Serum umgeben. Die Zertheilung erfolgt schwieliger als bei den sthenischen; sie bilden eher Verhärtungen, und bei einem hohen Grade entsteht leicht zerstörende Eiterung oder Brand. 'Sie entwickeln sich entweder unmittelbar in schlallen, lebensschwachen Körpern, und bei schwächenden Einwirkungen, z. B. feuchtwarmer Witterung, verdorbener Luft u. dgl., oder sie entstehen mittelbar aus sthenischen Entzündungen durch Erschöpfung in Folge von Ueberrei-zung, oder wenn zu sehr schwächende Einflüsse auf das Thier wirken, z. B. zu reichliche Blutentziehungen, der zu reichliche Gebrauch des Calomels u. s. w.
In denjenigen Fällen, wo die Aeusserungen der verminderten Lebensthätigkeit in den Gefässen und Nerven glcichmässig in einem massigen Grade bemerkbar sind, heissen die Entzündungen schlechthin asthenische. Wenn aber bei diesen Entzündungen, wie im Vorstehenden angedeutet worden, die Empfindlichkeit und das Reac-tionsvermögen sehr gesunken sind, so pflegt man sie als Entzündungen mit Torpor') (torpide Entzündungen) zu bezeichnen; und wenn, entgegengesetzt, die Sensibilität unverhiiltnissmässig gesteigert über die andern Symptome hervortritt, heissen diese Entzündungen erethische2). Solche asthenische Entzündungen, welche mit Auflösung und fauliger Zersetzung des Bluts, mit Extravasateu, und mit einem asthenisch-fieberhaflen Zustande complicirt sind, heissen faulige (putride) oder typhöse '^
Vorhersagung (Prognosis), bei Entzündungen im Allgemeinen.
Die Beurtheilung einer Entzündung nach ihrer Bedeutung für das afficirte Organ und fiir das Leben des Thieres, nach ihrer Dauer und ihren Ausgängen stützt sich auf die genaue Kenntniss der Gelegenheitsursachen, nach der Art, nach dem Grade, dem Umfange und der Dauer ihrer Einwirkung, und auf die IMöglichkeit und Unmöglichkeit, dieselben zu entfernen; ebenso auf die Kenntniss der Eigenthüm-lichkeit des kranken Thieres nach Gattung, Alter, Ra^e, Constitution, Entzündungsanlage u. s. w.; auf die Eigenthümlichkeit des entzündeten Organs hinsichtlich des Baues, des Gefass- und Nervenreichthums, der Funktion und Wichtigkeit für die Erhaltung des Körpers; auf den herrschenden Krankheits-Charakter, so wie auf den Charakter, den Grad, den Sitz, die Ausbreitung, die Dauer und den einfachen oder complicirten Zustand der Entzündung selbst; auf die zeitige und zweickmässige oder die verspätete und unzweckmässige Hilfe; auf die
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'#9632;) Von Torpor, Erstarrung, Gefühtlosigkcit. raquo;) Von iqsamp;i^w, reizen, nervös reizen. s) Von Tvcpoio, Betäubung machen.
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Vorhersagung.
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schou eingetretenen Veränderungen und #9632;— auf etwa bestehende au-derwcilige Krankheitsverhiiltnisse.
llinsichtlii'U der Letzteren muss hier zunächst erinnert werden: dass die Chirurgie nicht jede Eutzüuduug für eine schädliche Krankheit, sondern sehr oft für einen Vermittelungsprozess zur Heilung von Verletzungen betrachtet, und deshalb nicht überall die Entzündung unterdrückt, sondern sie oll künstlich erregt oder befördert, weAn sie fehlt oder zu gering erscheint. Dies ist der Fall 1) wenn getrennte Theile sich wieder vereinigeu sollen; — 2) wo Substanz-verlust durch neue Uilduug von Fleischwärzchen ersetzt und für-diesen Zweck ein Eiterungsprozess eingeleitet werden soll, und #9632;— 3) wenn bei wichtigen Krankheiten, besonders innerer Organe, sich äusserlichc (kritische) Entzündungen unvollständig entwickeln, oder wenn man bei iuneru Entzündungen, iMetastasen u. s. w. durch eine künstlich erzeugte äusserc Entzündung eine Ableitung von den inneren oder tief liegenden Theilcn, oder Auflösung und Zertheilung von Verhärtungen u. s. w. bewirken will.
Dagegen sind alle Entzündungen, welche nicht für solche Heilzwecke dienen, als nachtheilig zu betrachten.
Im Allgemeinen sind die Entzündungen ohne Fieber verhältniss-mässig gutartiger, als solche mit Fieber, und je heftiger und andauernder der Fieberfrost war, um so eher ist ein übler Ausgang zu befürchten; sthenische und einfache Entzündungen sind schneller und leichter zu heilen als astheuische und complicirte, traumatische besser als dyskratische. In zarten, ge/liss- und nervenreichen Organen sind üble Ausgänge sehr zu fürchten, besonders bei hohen Graden der Entzündung. — Wenn man die Ursachen leicht beseitigen kann, ist gewöhnlich die Zertheilung zu holl'en, entgegengesetzt steigert sich gewöhnlich die Entzündung bis zum höchsten Grade, und führt andere Ausgänge herbei. #9632;— Je neuer die Entzündung entstanden, und je früher die zweckmässige Behandlung eingeleitet ist, um so eher gelingt die Zertheilung. Den Eintritt derselben erkennt man an dem Nachlassen der Entzündungszufälle, an dem Freiwerden der gestörten Funktion, an der Abnahme oder dem Verschwinden des Fiebers, und oft auch an dem Eintritt kritischer Erscheinungen; namentlich wird die Haut wieder feuchter, der Urin reichlich und mehr mit Schleim und Salzen gesättigt, und der Koth weicher.
Dass Eiterung erfolgen werde, ist zu vermuthen: wenn bei Entzündungen äusserlicher Theile die Geschwulst mehr rundlich hervortritt, oder selbst eine fast spitzige Erhöhung bildet; wenn in derselben ein klopfendes Gefühl zu bemerken ist; wenn die Entzündung in gleicher Heftigkeit in ö'—7 Tage fortdauert, oder selbst noch zunimmt, und wenn das Fieber zwar nachgelassen hat, dafür aber von Zeit zu Zeit wiederholte Frostschauer eintreten. Bei dem wirklich erfolgten Uebergange in Eiterung wird die Geschwulst in der Mitte weich (fluktuirend), daselbst werden die Haare locker und die Haut gelblich oder weiss. —#9632; Die Bedeutung der Eiterung ist je nach dem Organ, nach der Beschaffenheit, Dauer u. s. w. sehr verschieden. (Siehe das Capitel von der Eiterung.)
Der Uebergang in Ausschwitzungen und in die Folgekrankheifen
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Entzündung.
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derselben ist besonders bei Eiitzünduugeii seröser Häute zu füi-chten, namentlich wenn sie während mehrerer Tage in gleichem Grade fortbestehen. Ihr erster Anfang ist aber durch keine besonderen Merkmale bezeichnet, sondern man erkennt sie gewöhnlich erst dann, •wenn durch die exsudiite Flüssigkeit entweder der Umfang, die Form und die Cohäsion der leidenden Theile geändert, z. B. eine Wasser-geschwulst (üedein) oder eine (Jalle gebildet, oder wenn die Function gestört ist (siebe zweites Capitel), und wo die Flüssigkeit in einer Höhle liegt, auch an dein Gefiihl von Fluctuation.
In den Brand gehen am öftersten diejenigen Entzündungen über, welche nach heftigen Einwirkungen entstehen, z. B. nach heftigen Verbrennungen, Erfrieren, hohen Graden von Quetschung u. dgl., überhaupt diejenigen, welche schnell einen sehr hohen Grad erreichen, oder wenn das Blut zur Zersetzung neigt, wie z. B. bei Faul-fieber oder Typhus, ferner bei verdorbener Stallluft u. s. w.
Einen tödtlichen Ausgang muss man befürchten, wenn bei einem hoben Grade der Entzündung die Kräfte des Thieres schnell sinken, wenn die Funktion eines zur Erhaltung des Lebens wichtigen Organs sehr gestört. Der Puls klein, schwach und zitternd ist, .— oder wenn bei bestellendem Brande sich derselbe immer weiter verbreitet.
Behandlung der Entzündungen im Allgemeinen.
Bei der Behamilnug der Enlzündungen hat man in der Regel die Absicht, die Zerthciluiig zu bewirken, und nur da, wo dieselbe schädlich werden könnte (wie z. B. bei den kritischen Entzündungen) oder wenn bereits andere Ausgänge erfolgt sind, findet eine denselben entsprechende andere Beiiandlnng statt.
Um die Zerthciluiig herbeizuführen, müssen folgende Heilanzeigen erfüllt werden:
1. sind die Gclegenlieitsursachen zu entfernen; IT. ist die Entzündung selbst nach ihrem Charakter umzustimmen und nach ihrem Grade zu reguliren, •— und
Hl. ist die VViedergenesnng zu befördern.
Ha die Entzündungen so verschiedenartig hinsichtlich der Ursachen, des Charakters, des Grades, des Ortes u. s. w. erscheinen, so können auch hiernach diese Heilanzeigen bald nur einfach, eine jede für sich, genügen, und bald wieder müssen sie sümmtlich in Betracht kommen. Eben so dienen zu ihrer Erfüllung in den einzelnen Fällen, nach jenen Verschiedenheiten auch verschiedene Mittel.
Die Behandlungsweise ist entweder nur örtlich, oder allgemein, oder beides zugleich. Erstere ist ausreichend, wo örtliche Ursachen noch fortwirken, wo nur örtliche Entzündungszufälle im unbedeutenden Grade bestehen und wo das leidende Organ weder von grosser Zartheit noch von besonderer Wichtigkeit für die Erhaltung des Lebens ist; aber unter entgegengesetzten Umständen, und wo Dyskrasien mitwirkend sind, ist stets auch eine allgemeine Behandlung nöthig.
I. Die Entfernung der Ursachen geschieht, je nach der Art derselben. Sogenannte fremde Körper, z. B. eingetretene Nägel, Glassplitter, Kugeln u. dgl. müssen vorsichtig ausgezogen, drückendes Geschirr oder ein drückendes Hufeisen müssen abgenommen, einge-
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bogene Homränder, einschnürende Selmenfasem durchschnitten, chemisch eingreifende Stoffe müssen mit schleimigen Mitteln, mit Ketten oder fetten Oelen eingehüllt und abgewaschen, grelles Licht und Zugluft abgehalten -werden. Da, wo Mischungsfchler des Blutes bestehen, müssen dieselben durch innere umändernde Mittel und durch eine entsprechende Diät beseitigt werden.
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der
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gcuhcitsursachen
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Oft gelingt es, blos
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durch lieseitigung
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und durch ein zweckmässiges diätetisches \ erhalten
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die Entzündung
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zu mindern oder ganz zum Verschwinden zu bringen, namentlich
wenn sie nur in einem gelinden Grade besteht. In der Kegel darf
mau aber hierauf allein nicht vertrauen, weil dabei eben so oft die
einmal entstandene Reizwirkung fortdauert, die Entzündung zu einem
höheren Grade sich entwickelt, und somit die zur anderweitigen ße-
haudlung günstige Zeit ungenützt verfliessen würde. Nicht selten ist
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aber auch eine
gar nicht anwe
schnell vorüber
mehr in den
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ic Ursachen gerichtete Behandlung ganz unbekannt oder bad meisten Fällen die Erfüllung der zweiten Heilanzeige
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nöthig.
II. Die Ganzen wird
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dieser Indication entsprechende Behandlungsweise im mit dem Namen entzündungswidrige oder anti-
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phlogistische Methode bezeichnet, und die dabei gebräuchlichen Mittel heissen entzündungswidrige oder autiphlogisti sehe '').
Die hierher gerechneten Mittel stehen im Allgemeinen hinsichtlich ihrer Wirkungen den pathologischen Verhältnissen der Entzündungen direkt entgegen; dennoch aber besitzen sie nicht eine durchaus gleiche Wirkungsweise, und sie müssen daher sorgfältig dem qualitativen Entzündungs - Charakter entsprechend ausgewählt werden. Sie wirken entweder auf Verminderung der Blutmenge im Körper, oder auf #9632;wirkliche Ableitung des Blutes von dem entzündeten Theile, oder auf Veränderung der entzündlichen Blutmischnng, namentlich auf Verminderung der gerinnbaren Bestandtheile des Blutes, oder auf Herabstinnnung der krankhaft erhöhten Nerventhätigkeit., oder auf Beförderung der Resorption. Manche dieser Mittel vereinigen mehrere Wirkungen und oft genügt eins von ilinen zur Erfüllung der Anzeige; oft aber muss man einige von ilinen mit einander verbinden, um den Zweck zu erreichen. Dabei müssen sie mit Rücksicht auf den Grad der Entzündung, so wie auf die Art, Grosse und Constitution des betreffenden Thieres, und mit Rücksicht, auf die eintretenden Wirkungen in entsprechender Gabe und Dauer angewendet -werden.
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A. Bei synochösen oder
Hier ist die Aufgabe: die kr
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sthenisehen Entzündungen.
geregte Lebensthäligkeit
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im Geföss- und Nervensystem und im Blute bis zu dem normalen Grade, oder selbst noch unter denselben, herabzustimmen. Das wirk-
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') Von Phlogiston, Brennstoff, den man ehemals für dienbsp; innere Ursache
der Entzündungen hielt. Streng genommen kann man alsonbsp; nur diejenigen
Mittel für antiphlogistische halten, welche gegen die activenbsp; Aufregung des Blutes wirken.
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Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 35
samste und wichtigste IMittel für diesen Zweck ist die allgemeine Blutentziehung oder das Aderlässen. Durch einen allgemeinen Aderlass wird nicht allein die iVTenge des Blutes vermindert, sondern auch das Blut dünner gemacht, indem hiernach die Resorption des Serums aus dem Zellgewebe u. s. w. reichlicher erfolgt, daher das Blut mehr serös, mit vielem unvollständigen Faserstoff, aber mit wc-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
uigcr Blutkörperchen versehen, erscheint; dadurch wird aber die Zer-Iheiluug befördert, indem die. Ausschwitzungen wieder aufgesogen, und dann auch die stockenden Blutkügelchcn eher in Bewegung gesetzt werden; ausserdem wird mit der Verminderung der Blutmasse auch der Andrang des Blutes zu dem Entzündungsheerde, und somit die Entzündung in allen ihren hiervon abhängigen Erscheinungen gemindert; und endlich, es wird auch die Nervenreizung örtlich und iu den Ccntraltheileu herabgestimmt, und dadurch der Schmerz und das Entzündungsfieber vermindert. Man erklärt Letzteres auch daraus, dass angeblich durch den Blutverlust die Reizbarkeit des Herzens vermindert werden soll; allein nach mehrfältigen Versuchen ist dies nicht richtig, sondern nur die Coutractionskraft oder die Spannkraft der Fasern nimmt verhältnissmässig ab ').
Der Aderlass ist demnach bei allen synochösen Entzündungen angezeigt, welche mit Heftigkeit auftreten, oder in kurzer Zeit einen hohen (Jrad erreicht haben, besonders aber, wenn sie in jungen, kralligen, vollblütigen Thieren und in zarten, für das Leben wichtigen Organen entstanden, oder wenn sie mit einem Entzündungsfiebernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i ] verbunden sind. Er nutzt in diesen Fällen stets um so mehr, je früher er in angemessener (irösse gemacht wird, und je schneller aus einer gi'ossen Oeffnung das Blut fliesst. Alan wählt deshalb hierzu die grösscreu Venen, namentlich die Drosselvene. Ehemals glaubte man, der Aderlass iu der Nähe des entzündeten Organs sei viel wirksamer als der an entfernteren Stellen; dies ist aber hinsichtlich der allgemeinen Wirkungen dieser Blntcntleemngen nicht erwiesen, da dieselben sich von jeder Stelle her gleichmässig über den ganzen Körper verbreiten. Eben so sind auch, der Erfahrung zufolge, die Blutent-leerungeu aus Arterien nicht erkennbar nützlicher als die aus Venen.
Die Orössc des Aderlasses oder die Menge des zu entleerenden Blutes ist im Allgemeinen nur annähernd als eine mittlere Menge zu bestimmen, nämlich: bei Zierden und Rindvieh von mittlerer Grosse auf S—12 Pfund, bei Schaafen 8-—12 Unzen, bei Schweinen 12 bis 16 Unzen, bei Hunden etwa so viel Unzen als sie Pfunde schwer sind, bei Katzen !•—4 Unzen. Richtiger ist es, mit Berücksichtigung der Grosse und Constitution des Thieres und des Grades der Entzündung so viel Blut zu entleeren, dass die Wirkungen hiervon zu erkennen sind, d. h. bis der Puls etwas von seiner Härte und Spannung verliert, der Herzschlag mehr fühlbar, das Athmen etwas freier, die Nasen- und Maulschleimhaut (auch wohl die äusscre Haut) mehr
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') Ich will mich hier nicht auf einen Streit darüber einlassen, aber es ist sicher nicht richtig, wenn man behauptet, der Aderlass bewirke einen stärkeren Tonus in den Capillarien und dadurch Zertheilung der Entzündung.
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Entzündung.
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feucht, der Blick etwas munterer, der Kopf mehr aufgerichtet wird. Auf alle diese Erscheinungen ist freilich nicht immer zu warten, aber die eine oder die andere tritt doch gewöhnlich ein.
Sehr oft nehmen nach einem entsprechend reichlichen Aderlass die Entzündungszufalle bald ab, und die Zertheilnng erfolgt; in anderen Fällen dauern aber die Erscheinungen gleichmässig fort und zuweilen nebmen sie sogar noch zu. In den beiden letzteren Fällen muss, wenn übrigens der stheuische Charakter fortbesteht, der Ader-ass wiederholt werden. Dies kann zu jeder Zeit nach dem ersten Aderlass gescliehen; gewöhnlich aber wartet man einige Stunden nach demselben, um die Wirkungen sowohl der Ulutcntleerung wie auch der übrigen angewendeten Wiltel um desto sicherer zu beobachten, und nur da, wo bald nach dem ersten Aderlass die Zufälle mit Heftigkeit zunehmen, geschieht auch die Wiederholung desselben bald. Die Beschaffenheit des entleerten Blutes nach dem erfolgten Gerinnen desselben (siehe S. 21) verdient zwar viele IMitboachtung, kann aber für sich allein nicht entscheiden, ob eine Blutentleerung wiederholt werden soll, oder nicht.
h) Oerlliche Blutentleerungen. Als solche (obgleich streng genommen nicht ganz richtig) betrachtet man die Blutung aus Einschnitten (Scarificationen), welche in das entzündete Gewebe oder in dessen Nähe gemacht werden und die durch Blutegel erzeugten '). Die Einschnitte werden mittelst einer Lanzette oder eines Messers tnehrfältig und mehr oder weniger tief in den entzündeten Theil gemacht, so dass mehrere der kleineren Gefässe desselben geöffnet werden, und ihr zum Theil stockendes Blut entleeren. Den Ausfluss beiordert man dann durch wiederholtes Bestreichen der Wunden mit einem feuchten Schwamm. Es wird dadurch der Stok-kung entgegengewirkt oder dieselbe, wo sie bereits besteht, beseitigt, und die Wechselwirkung des stockenden Blutes mit den Nerven verhindert, und hierdurch die Spannung, die Hitze und der Schmerz sehr bald gemindert; allein, da jede Verletzung eine Heizung mit sich führt, so tritt dieselbe auch nach den Scarificationen ein und es werden hierdurch nach einiger Zeit die Entzünduugsfalle wieder etwas verstärkt, — was besonders dann bemerkbar wird, wenn die allgemeine entzündliche Aufregung noch in einem hohen Grade fortbesteht, und wenn das Lokalleiden von einer allgemeinen Erkrankung abhängt. Dieser Reizung wegen erscheint es theoretisch als besser, wenn die Einschnitte nicht in den entzündeten Theil selbst, sondern in dessen Nähe, jedoch an solchen Stellen gemacht werden, wo die Gefässe mit denen des entzündeten Organs noch in direkter Verbindung stehen; praktisch hat sich aber der Nutzen dieser Einschnitte in den leidenden Theil selbst bei Entzündungen der Bindehaut, der Zunge und der Euter sehr bewährt. Nur müssen sie stets gehörig
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') In der Menschenheilkunde benutzt man auch noch das Schröpfen mit Application der sogenannten Schröpf köpfe; in der Thierheilkunde ist dasselbe wegen der Behaarung des Thierkörpers, wegen der störenden Wirkung des Hautmuskels und wegen der Unruhe der Thiere nicht gebräuchlich.
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Behandlung.
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lief und lang gemacht werden. Bei Entzündungen mit massigem Grade sind sie nicht erforderlich, wohl aber da, wo die Geschwulst und Spannung sehr gross, die Röthung sehr dunkel und bläulich, und der Schmerz hellig ist, wo sich Bläschen auf solchen heftig entzündeten Theilen zeigen und wo Brand einzutreten droht. #9632;— In der Regel werden von den lokalen Blutentleerungen die allgemeinen angewendet.
Die Blutegel wirken durch ihren Biss und durch ihr Sangen ähnlich den Scarificationen, erzeugen jedoch gewöhnlich eine etwas reichlichere Blutung und dadurch sichtliche Minderung der Entzündung, aber als Nebenwirkung auch oft eine stärkere Reizung und daher eine Zunahme der Entzündungszufälle nach einiger Zeit. Man applicirt sie deshalb ebenCalls besser neben dem entzündeten Theile als an ihm selbst, und wenn ein allgemeines Leiden besteht, erst nach einem allgemeinen Aderlass, — in anderen Fällen aber ohne diesen. Sie sind in der Thierheilkuiide wenig gebräuchlich, (etwa nur an Hunden, Katzen und Vögeln und an edlen Organen), weil sie, in geringer Zahl angewendet, wenig nutzen, in grösserer Zahl aber zu theuer sind; und weil die behaarte, gewöhnlich mit salzigem Schweiss verunreinigte Haut der Thiere die Anwendung dieser Würmer auf bestimmte Orte oft sehr erschwert. Es müssen deshalb die Haare an der Applicationsstelle abrasirt und die Haut muss mit warmem Wasser gründlich gereinigt; und das Ansaugen ausserdem noch durch Bestreichen der Stelle mit etwas Blut, Zucker oder Milch befördert werden. #9632;— Die Zahl der anzuwendenden Blutegel richtet sich nach dem Umfange der entzündeten Theile und nach der Grosse der kranken Thiere; z. B. im Umfange eines entzündeten Auges lässt man 3'—5, am Euter einer mittelmässig grossen Hündin 4-—8 Blutegel ansaugen.
c) Innere antiphlogistische Mittel, und zwar: a) die alkalischen Neutral- und Mittelsalze. Sie wirken zum Theil direkt kühlend, indem sie auf physikalische Weise bei ihrer Auflösung Wärme binden, andererseits aber mittelbar dadurch, dass sie leicht in das Blut übergehen und es verdünnen, indem sie den Faserstolf und dadurch die Plastizität desselben vermindern; ausserdem beiordern sie die Absonderungen im Darmkanal, in den Nieren, in den Schleimhäuten und in der Haut, vermindern dadurch die Säftemasse, leiten das Blut von dem entzündeten Organe ab, und mindern die-Reizbarkeit im Herzen, in den Gelassen und Muskeln. Bei massigen Entzündungen sind diese Mittel ausreichend ohne den Aderlass. Als das Hauptmittel der Art gilt der Salpeter (Kali nitric), welchen mau im Anfange und bis zur Höhe der heftigeren sthenischen Entzündungen giebt, besonders wenn dabei ein Fieber mit hartem Pulse, sehr gestörtem Athmen, grosser Hitze und dunkler Röthung der Schleimhäute besteht. Die Gabe ist für Pferde und Rindvieh ?/?•—Ziß, für Schweine und Schaafe 3ij—%ß, für Hunde gr. v.—9J, alle 2—3 Stunden wiederholt, und gewöhnlich in Verbindung mit anderen abführenden Salzen, seltener mit narkotischen Mitteln (z. B. bei helligen Lungenentzündungen) oder mit Kampher (z. B. bei milzbrandigen Entzündungen).
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Als eigentlich abführende kühlende Salze giebt man das Glaubersalz (Natrum sulphuricum), das Doppel salz (Kali sulphuricum), das Bittersalz (Magnesia sulphurica), und den Weinstein (Kali tartaricum), in Fällen, wo man kühlen und zugleich durch reichlichere Absonderungen im Darmkanale mehr ableiten will, als dies durch den Salpeter allein geschehen kann. Die Gaben sind fur die grossen Hausthiere ^ij—Jvj, für Schaafe f/i—gij, für Schweine desgleichen, für Hunde 5j—%], für Katzen 9j — 3j, in denselben Zeiten, wie der Salpeter. Von ähnlicher Wirkung ist auch der Weinstein (Kali tartaricum), jedoch weniger abführend, und wegen seiner vorwaltenden Säure nicht gut brauchbar bei Pferden. — Wenn man mit der entzündungswidrigen Wirkung zugleich eine stärkere Ableitung durch den Darmkanal hervorrufen will, verbindet man diese Salze auch wohl mit der Aloe oder selbst mit Croton-Oel oder Croton-Saamen.
ß. Das versüsste Quecksilber oder Calomel (Hydrargyrum chloratum mite) wirkt weniger kühlend, aber spezifisch die Plastizität des Blutes vermindernd, die Absonderungen in der Leber und in der Darinschleirnhaut und in den entzündeten Theilen die Aufsaugung befördernd. Es eignet sich besonders zur' Anwendung bei Entzündungen drüsiger, seröser und fibröser Gebilde, und wenn Neigung zu plastischen Ausschwitzungen bemerkbar ist. Man giebt es den Pferden 5ß—5]ß, den Rindern 9j —3/?, den Schaafen 8 bis 12 Gr., den Schweinen Qß—Z'}, den Hunden 5 Gr. — 9j in 24 Stunden 3—4mal, so lange, bis die Exkremente anfangen weich zu werden, worauf mau sogleich mit der Anwendung aufhört, weil sonst leicht ein übermässiges Purgiren entsteht. Es wird oft mit den im Vorhergehenden genannten abrührenden Salzen, zuweilen auch mit betäubenden Mitteln, besonders mit dem rothen Fingerlmtkraut verbunden.
y) Der Brechweinstein (Tartarus stibiatus) steht in seiner abfuhrenden Wirkung den obigen Mitteln nach, mindert aber die Plastizität des Blutes und die Erregung des Gefäss- und Nervensystems, befördert die Absonderungen, und eignet sich deshalb besonders gegen rheumatische und katarrhalische Entzündungen. Die Gabe ist bei Pferden und Rindern 5ß—5ij, bei Schaafen und Schweinen gr. v—x, bei Hunden gr. ^ — gr. ij, jede 2—4 Stunden wiederholt, mehrentheils in Verbindung mit den schwefelsauren JNeutralsal-zen, zuweilen mit Calomel oder mit betäubenden Mitteln.
dquot;) Die betäubenden oder narkotischen Mittel. Sie können nicht eigentlich als autiphlogistische betrachtet werden, sondern nur als die Reizung mindernde; sie dienen jedoch dem Heilzwecke, indem sie die Sensibilität überhaupt herabstimmen, dadurch die Empfänglichkeit für die Entzündungsreize, den Schmerz und die krampfhafte Zusammenziehung der kleineren Gefässe vermindern, und somit auch eine Veranlassung zur weiteren Congestion des Blutes beseitigen. Man wendet diese Mittel in der Regel erst nach dem Aderlassen und den übrigen antiphlogistischen Mitteln an, und wählt diejenigen von ihnen, welche am wenigsten das Blut erregen, wie namentlich Blausäure (x\.cidum hydroeyanicum), den Pferden und Rindern zu 3/S—3j, den Schaafen und Schweinen 5—10 Gr., den Hun-
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Behandlung.
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den 1—4 Gr.; Bilsenkraut (Ilerba hyoscyami), Pferden und Rindern %ß—5ijgt; Schaafen und Scliweiiien 3j—Sh Hunden 10 Gr. — 3/5; und rothes Fingerhutkraut (Ilerba Digitalis pupurea.), Pferden und Kindern 9j—3j, Schaafen und Schweinen 4 Gr. — 9j, Hunden 2—10 Gr.; täglich 3—4nial in Verbindung mit iNitrum, Calomel und anderen Salzen.
d) Aeusscrliche entzüiulungswidrige iMittcl. Das wichtigste äusserlich angewendete Alittel gegen sthenische Entzündungen ist:
a) die Kälte, indem sie auf zweifache Weise dem Entzündungs-prozesse entgegenwirkt; nämlich dadurch: dass sie dem betrefl'enden Theile die V\ arme entzieht und dass sie die krankhaft ausgedehnten Capillargefässe zusainmeuzieht und das Blut ans ihnen treibt. Durch diese Wirkungen wird das lästige Gefühl der Hitze, die Spannung, der Schinerz und der Blutzufluss zu dem entzündeten Theil vermindert, die Circulation freier, die Neigung zu Ausschwitzungen aufgehoben und die Zerthcilung beiordert. Diese Erfolge treten aber nur dann ein, wenn die Kälte gleichinässig andauernd und ohne reizende oder erschütternde Nebenwirkungen angewendet wird; denn nach jeder zeitweiligen Unterbrechung tritt eine Reaction mit vermehrtem Blutandrange und mit grüsserem Schmerz ein, und ähnlich ist auch die Wirkung, wenn die Anwendung der Kälte mit einer Erschütte-i'ung verbunden ist, z. B. wenn man kalte Flüssigkeiten auf den entzündeten Theil giesst oder spritzt.
Die Kälte ist bei jedem Grade der sthenischen Entzündungen nützlich, besonders wenn dieselbe durch mechanische oder chemische Ursachen erzeugt und frisch entstanden sind; sie passt nicht bei katarrhalischen und dyskratischen Entzündungen, auch nicht da, wo Verhärtung schon entstanden ist; bei manchen rheumatischen und rothlaufartigeu Entzündungen ist ihr iVutzen zweifelhart.
Die Kälte ist au manche Substanzen gebunden, z. B. an frisches Wasser, Schnee, Eis, feuchten Lehm, feuchte Erde, oder — sie wird aus anderen Körpern durch deren schnelles Verdunsten oder Auflösen entwickelt, z. B. aus Weingeist, Aether und einigen Salzen. Gewöhnlich benutzt man die ersteren Substanzen, weil sie überall leicht und ohne Kosten zu haben sind, und bei richtiger Anwendung keine reizende Nebenwirkung erzeugen. Das kalte Wasser wird, je nach dem Orte der Entzündung, bald als beständig wiederholtes Befeuchten des leidenden Theiles mittelst eines Schwammes oder eines weichen Lappens, — bald als kalter Umschlag (sogenannte kalte F o -mentationen) mittelst drei- bis vierfach zusammengelegter Leinwand, und — bald als Fussbad in Flüssen, Seen, Pfützen u. s. w. oder in Eimern angewendet. Schnee und klein zerklopftes Eis legt man zwischen Leinwand auf den Theil, oder füllt eine Blase damit zum Theil an, und legt sie auf denselben. Lehm und Erde werden mit Wasser zum dünnen Brei gemacht, entweder in Lappen oder Beuteln auf den Theil gelegt oder fingerdick auf denselben gestrichen (die sogenannten Anstriche). In Ermangelung anderer Mittel kann man auf nicht wunde Stellen den Schlamm aus Sümpfen oder auch ein
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etwa zwei Zoll dickes Stück glatten Rasens, mit Wasser befeuchtet, auflegen.
Bei der Anwendung dieser Mittel beginnt man mit einem solchen Kältegrade, welcher nicht zu sehr unter der Temperatur des Thierkörpcrs stellt, vermehrt ihn aber, wenn die Jahreszeit und die vorhandenen Mittel es erlauben, bis auf 2—4 Grad R. über 0. Die wirkliche Frostkälte während längerer Zeit fortgesetzt anzuwenden, ist nicht zweckmässig, weil sie Lähmung, Brand und wirkliches Erfrieren erzeugen kann. Deshalb ist es nöthig, wenn man Eis oder Schnee benutzt, diese Substanzen nicht unmittelbar auf den Körper selbst, sondern auf einer Unterlage von Leinwand etc. anzubringen. Sobald die Temperatm- in den Umschlägen, im Fussbade u. s. w. steigt, müssen dieselben stets erneuert werden, um einen gleichmäs-sig niedrigen Temperaturgrad zu erhalten, bis die Entzündung beseitigt ist oder ihren Charakter geändert hat. 1st dies der Fall, so wendet man jene Mittel in allmälig steigender Temperatur bis zur lauen Wärme, das ist gegen 12—20 lt;Jr. R. an.
Von dem Weingeist und Aether, welche durch ihr Verdunsten Kälte erzeugen, macht man gegen Entzündungen wenig Gebrauch, weil diese Mittel im concentrirten Zustande eine reizende Nebenwirkung äussern. Doch ist eine Mischung von einem Theil rcctificirtcm Weingeist und fünf Theilen Wasser sein- nützlich, wenn die Haut nicht eine zu grosse Empfindlichkeit besitzt. Dasselbe gilt von Auflösungen des Salmiaks, des Salpeters, des Glaubersalzes, welche eben im .Moment des Lösens eine Menge VVärme binden und dadurch Kälte erzeugen. Will man diese Salze hierzu benutzen, so legt man sie in kleinen Stückchen zwisefien Leinwandlappen auf den entzündeten Theil und begiesst sie mit Wasser. Leichter anwendbar ist eine frisch bereitete Auflösung dieser Salze (gewöhnlich im Verhältniss von S/S—fj zu 1 Pfund Flüssigkeit) in Wasser oder in Wasser und Essig, z.B. in der Form der sogenannten Schmuckerscheu Fomcn-tationen und des Oxykrats '); jene bestehen aus 16 Unzen Salpeter, 8 Unzen Salmiak, 4 Pfund Essig und 40 Pfund Wasser; das einfache Oxykrat bereitet man aus gj Salmiak, 1|- Pfund Essig und eben so viel Wasser; und das sogenannte zusammengesetzte Oxykrat durch Hinzuthun von Jij Kamphergeist.
ß) Die Bleimittel. Man benutzt Auflösungen von Bleizuk-ker, von Bleiextrakt, oder von Bleiessig, oder auch Bleisalben bei Entzündungen mit sthenischem Charakter sehr häufig und mit dem besten Erfolge, um die Zertheilung zu befördern. Sie wirken, abgesehen von dem Temperaturgrade, in welchem sie angewendet werden, auf die Gewebe kontrahirend, verdichtend, die gerinnbaren Flüssigkeiten gerinnend, die Secretioneu und Ausschwitzungen vermindernd (selbst austrocknend), die aufgeregte Nerventhätigkeit beruhigend, daher schmerzlindernd. Der Erfahrung gemäss leisten sie besonders bei traumatischen, so wie durch Verbrennungen und
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') Oxycratum CO'gvxqawv}, Saure Mischung, d. i. Essig mit Wasser gemischt. .
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chemische Ursachen entstarulenen Enlzünduugen gute Dienste, sind aber bei katarrhalischen, kritischen und nietastatischen Entzündungen, und da, wo plastische Ansschwitzmigcn oder Verhärtungen sich bilden, mehr uachtheilig als nützlich, indem sie den letzteren Ausgang befordern. Wo die Haut fehlt, und diese Mittel auf grösserc Wunden der Geschwüre trellen, muss man bei fortgesetzter Anwendung auf die etwa eintretenden allgemeinen Wirkungen des Hleies aufmerksam sein. Die Auflösungen macht man in verschiedener Concentration,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;• |
je nach der Zartheit des entzündeten Tlieiles und nach dem Grade der Entzündung, z. B. bei Augeiientzündiingen von Uleizuckcr 1 Gran, bei Entzündungen der Sehnen 5 —10 Gran auf 1 Unze Wasser, und ähnlich von den beiden anderen Präparaten. Im Anfange der Entzündungen wendet man sie kalt und einfach an, später, und wenn die Entzündung sich entweder schon zu einem Ausgange oder zur Umwandlung des Charakters neigt, wendet man die Auflösungen lauwarm an, oder man setzt ihnen auch etwas Weingeist oder Kampferspiritus (auf das Pfund Flüssigkeit circa !•—2 Unzen) zu. Diese Mischung heisst Goulardsches Bleiwasser (Aqua vegeto-minera-lis Goulardi); sie wirkt etwas erregend, die Resorption befördernd. — Bei grosseu Schmerzen wendet man die Bleirnittel auch mit Abkochungen von narkotischen Pflanzen sowohl kalt wie auch warm zum Befeuchten, oder auch mit einem Brei von narkotischen oder erweichenden Substanzen an.
Von den Bleisalben braucht man vorzugsweise das Blei-Cerat (Ceratom saturni s. Unguentum plumbi acetici), indem man es etwas dick auf den entzündeten Theil streicht, und dies täglich '2 — 3mal wiederholt. Bei heftigen Schmerzen wendet man es in Verbindung mit einem narkotischen Extrakt (z. B. Extractum Belladonnae 3/^ zu 1 Unze Salbe) und bei Neigung zur Verhärtung mit Zusatz von etwas Kampher Qj—3jS zu 5j Salbe) an. — Die Bleiweisssalbe (Unguentum Cerussae) ist weniger wirksam. Die Salben sind gewiss weniger wirksam, als die Waschungen oder Umschläge von den Blei-salzlusungen; aber sie werden benutzt in den Fällen, wo aus irgend einem Grunde jene Mittel nicht passend erscheinen, wie z. B. bei grosser Kälte oder wo ein Wärter zur ilcissigen Wiederholung der Umschläge fehlt.
y) Schleimige, erweichende und narkotische Mittel finden ihre Anwendung, wenn eine sthenische Entzündung schon durch einige Zeit bestanden hat, und ihre Hitze oder Röthe uachlässt, aber der Schmerz, die Spannung, Geschwulst und Derbheit noch fortbesteht; — oder, wenn bei Entzündung der Schleimhäute dieselben ganz trocken erscheinen; ferner bei metastalischen, kritischen und dyskrasischen Entzündungen, und bei solchen, welche zum Ueber-gange in Verhärtung oder Eiterung neigen. — Der Zweck ist hier, zu erweichen, zu erschlaffen, dadurch Stockungen, Spannung und Schmerz zu beseitigen, und die Secretioneu frei zu machen. Man wählt als solche Mittel Althee- und Malvenkraut, Wollkraut, Leiusaa-men, Leinkuchen, Quittensaaameu, Hafergrütze, Mehl, Weissbrot, Kleie, Rindermist, — bei grossem Schmerz — Bilsenkraut, Belladonnakraut, Stechapfel-, Schierling- und Nachtschattenkraut, auch
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Mohnköpfc, und wendet sie bald einzeln, bald als Verbindung der schleiinigen und narkotischen Mittel, stets mit Feuchtigkeit, zuweilen kalt, geu-ühnlich aber auch in Verbindung mit Wärme an, und zwar in Form von Duustbädern, Befeuchtungen (Fomenten), von Fussbä-dern und von Breiumschlägen (Cataplasmen). In diesen verschiedeneu Formen wirkt daher neben den Bestandthcilen der angewendeten Mittel auch die Feuchtigkeit und die Wärme. Waren vorher kalte iMitlel angewendet worden, so geht mau auch nur allmälig zur Erwärmung der schleimigen und narkotischen Mittel über; doch darf die Wärme immer nur in einem gelinden Grade, (lauwarm, d. i. gegen 15#9632;—30 Gr. R.) dem angewendeten Mittel adhäriren, und muss immer ziemlich gleichmässig unterhalten werden, — weshalb ein wiederholtes Wärmen eines Theiles der Mittel über Feuer, und ein Wechseln der Umschläge, oder ein öfteres Begiesscn derselben mit warmem Wasser nöthig ist. Lässt man die Breiumschläge auf den kranken Theilen zu sehr (d. i. bis unter 8 Gr. R.) abkühlen, so wird dadurch oft der Uebergang in Verhärtung befördert. Die Umschläge müssen den entzündeten Theil vollständig überdecken; an sehr empfindlichen Theilen dürfen sie nicht zu schwer sein, weil sie sonst durch ihren Druck belästigen und die Schmerzen vermehren. Man bereitet sie deshalb unter solchen Umständen nicht aus Leinsamen oder Leinkuchen, sondern aus Kräutern, oder man setzt diesen Substanzen ein weiches Kraut zu.
d)nbsp; Die graue Quecksilbersalbe (Ungt. Hydrargyri cinereum), wirkt spezifisch auflockernd, den Resorptionsprozess anregend, und sie findet daher ihre Anwendung bei solchen Entzündungen, wo die Kälte und Bleimittel nicht passend sind, wie bei rheumatischen und bei rothlaufartigen, auch bei Entzündungen der Drüsen. Man versetzt sie bei heftigen Schmerzen mit Belladonna- oder Bilsenkrautextrakt, bei plastischen Ausschwitzungen mit Pottasche oder Jodkali, und reibt sie täglich 1^—3mal gelinde in die Oberfläche des entzündeten Theiles ein.
e)nbsp; Aeusserliche Ableitungsmittel. Bei heftigen Entzündungen, besonders wichtiger Theile und in Knochen, Sehnen und Bändern, wo sie oft hartnäckig durch lange Zeit festsitzen, hat die Erfahrung den grossen Nutzen der sogenannten äusseren Ableitungsmittel vielfältig erwiesen. Es gehören dazu die Scnfsaameu, das Senf-Oel, das Aetz-Ammoniak, das Terpentin-, das Stein- und das Crotou-Oel, die schwarze und weisse iS'iesswurz, die Canthariden und ihre Präparate, das chromsaure Kali in Salbenform, Brechweinsteinsalbe, Fontanelle, Ilaarseile, das Glüheisen u. dgl. Dieselben bewirken an den Stellen ihrer Anwendung eine Reizung, Blutzufluss, oberflächlichere oder tiefere Entzündung, oft mit Bildung von Bläschen, mit Eiterung oder selbst, mit Schorfen, und hierdurch wird ebensowohl eine Ableitung der Reizung wie des Blutstromes von dem ursprünglich entzündeten Theil erzeugt. Wenu diese Heilwirkung sicher erzielt werden soll, ist es nöthig: 1) die künstliche Reizung immer in einem, der Stärke und Ausbreitung der Entzündung entsprechendem Grade zu erregen, und deshalb ist in jedem besondern Falle das Reizmittel von solcher Wirksamkeit und in einer solchen
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Ausbreitung anzuwenden, dass durch seine Wirkung die mit der Eut-zündungskrankheit verbundene Reizung übertroflen werde; und 2) die künstliche Reizung in der Nähe des entzündeten Theils hervorzurufen, jedoch nicht so nahe, dass sie mit der Entzüuduug gleichsam sich vereinige und dieselbe verstärken könne '). Ausserdem ist es zweckmässig, bei heftigen und mit einem sthenischen Fieber verbundenen Entzündungen, die äusserlichen Reizmittel immer erst nach Anwendung der Blutentleerungen und der übrigen antiphlogistischen .Mittel zu applizireu, weil sonst durch sie die allgemeine Aufregung vermehrt, uud dadurch auch die Entzündung um so eher zu einem üblen Ausgange gebracht werden kann.
f) Das diätetische Verhalten der kranken Thiere muss der therapeutischen Behandlung genau entsprechen, also hier auf Vermeidung von Reizungen, so wie auf Verminderung der Blutbereitung gerichtet sein. Demgemäss muss tier Patient ruhig stehen oder liegen, nur mageres, wenig nahrhaftes Futter, und auch dieses nur in geringer Menge erhalten (Pflanzenfressern gebe man Kleie, Kleientrank, dünnen Leinkuchentrank, reines Wasser, Gras, Heu, Stroh, aber nicht Klee oder Kleeheu u. dgl.), — den Fleischfressern dünne iMilch, Molken, eine dünne Leimabkochung, Zuckerwasser, Kartoll'elsuppe, Haferschleim u. dgl.); der Stall muss mehr kühl gehalten, zwar mit reiner Luft versehen, aber gegen Zugluft geschützt sein.
B. Die Kur der asthenischen Entzündungen.
Sie ist nach Entfernung der Ursachen im Allgemeinen auf Beseitigung der passiven Blutanhäufung zugleich aber auf Erhöhung des Tonus und der Energie in den entzündeten Theilen und, wenn diese Entzündungen mit krankhaft gesteigerter Sensibilität verbunden sind, — auf Herabstimmung derselben gerichtet.
Zur Beseitigung der passiven Blutanhäufung dient bei einem hohen Grade der Entzündung in gut genährten vollblütigen Thiercn ein massiger allgemeiner Aderlass, und bei grosser derber Anschwellung und dunkler Rüthe der Theile kann man auch eine örtliche Blutentleerung mittelst Scarificationen bewirken. Dagegen erfordern diese Entzündungen, wenn sie in einem massigen Grade bestehen, und bei mageren Thiereu, bei weichem, schwachen Pulse, stark fühlbarem Herzschlage und bei blasser Röthe der Schleimhäute keinen Aderlass. Sehr nützlich ist es aber in jedem Ealle, (mit Ausnahme von Darmentzündungen) eine Ableitung des Blutstromes von dem entzündeten Theile durch Purgirmittcl (Aloe, Cioton, Jalappenharz u. dgl.) zu bewirken, und dabei zugleich mittelst der im Darmkanal hervorgerufenen vermehrten Absonderung eine verstärkte Resorption zu erregen. Diese Mittel müssen bei fortdauernder Entzündung von Zeit zu Zeit (d. i. etwa nach 5 — 6 Tagen) wiederholt werden, — so lange der Kräftezustaud der Thiere es erlaubt.
Hinsichtlich der örtlichen Behandlung ist eine genaue Beurthei-
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') Bei asthenischen, torpiden, chronischen Entziimlungen und da, wo man die Eiterung oder die Resorption hefördern will, wendet man diese Mittel auch oft auf den leidenden Theil selbst an.
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lung des Grades der örtlichen Erschlailiing und des Grades der Reizbarkeil und der Enipfmdliclikeit nöthig. In denjenigen Fällen, wo die Eutzündung gleichsam an der Grenze zwischen den slhenischen und asthenischen steht, wo die Geschwulst und Spannung gross aber weich, die Röthc bläulich, die Hitze und der Schmerz massig sind, wendet man das Goulardische ßleiwasser lauwarm an, oder man macht warme Breiumschläge von erweichenden Mitteln, z. B. von VVeissbrot, von Leinkuchenmchl u. dgl. mit Bleiwasser. — Ist aber unter solchen Umständen Neigung zu Ausschwitzungeii und Verhärtungen vorhanden, so sind Waschungen mit Seifcnwasser (3j weisse oder eben so viel grüne Seile auf 3 Pfund Wasser), oder mit einer Auflösung von Pottasche (in ähnlicher Stärke), oder für die Extremitäten Fussbäder von diesen Flüssigkeiten, Einreibungen der grauen Quecksilbersalbe oder der grünen Seife nützlich.
Je mehr aber die Empfindlichkeit und das VN irkuugsvermögen im Verhältniss zu den übrigen Symptomen gering erscheinen und wohl selbst unter den Grad gesunken sind, welchen die leidenden Theile an diesen Eigenschaften im gesunden Zustande besitzen, um desto mehr muss man erregende, reizende und tonische iMittel in Auwen-dnng bringen, wie namentlich: Fliederblumen, Kamilleublumeu, La-chenkuoblauch, Isop, Salbei, Lavendel, Quendelkraut und Blumen, Pfeflermflnz und andere Münzarten, Dostenkraut, Arnikablumen, Baldrian, Kalmus, Alant, Liebstöckel, Angelika, Kaiserwurzel u. dgl., Wacholderbeeren, Kümmelsaameu u. dgl., Wachholder-, Kiefern-, Tannen- und Fichteunadeln, — Hirschhornsalz (kohlensaures Ammoniak), Jod und Jodkali, Kochsalz, Salmiak, flüchtiges Ammoniak, Kampher, stinkendes Thieröl, Terpentinöl, Steinöl, Kieuöl, Wachholderholzöl,
—nbsp; Harze und Gummiharze, — Branntwein, Wein, Kampher- und Seifengeist, — Weidenrinde, Eichenrinde, Tormentillwurzel, Chinarinde (nur bei werthvollen Thieren), Alaun, Zink-, Kupfer- und Eisenvitriol, Essig-, Salz- und Schwefelsäure im sein- verdünntem Zustande und dgl. m. Diese Mittel müssen, sowohl nach ihrer speziellen Wirkungsweise wie auch nach dem Grade ihrer reizenden oder tonischen Kraft dem Grade des Torpors entsprechend ausgewählt werden. Die Anwendung der aromatischen Blumen und Pflanzen geschieht entweder in Aufgüssen (Infusionen, gewöhnlich 3j zu 1 Pfund kochenden Wassers), als Duustbad, Augenwasser, Waschung, Fussbad, — oder in Form von Breiumschlägen, — oder als trockene Kräuterkissen. Letztere Form gewöhnlich nur bei katarrhalischen torpideu Augenentzündungen mit reichlicher Schleimabsonderung. — Die aromatischen Wurzeln, Beeren etc. verwendet man in Infusionen wie die Pflanzen.
—nbsp; Von den adstringirenden Wurzeln und Rinden werden Abkochungen (5j zu 1 Pfund) bereitet und die durchgeseiheteu Flüssigkeiten zu Befeuchtungen, Umschlägen und Fussbädern verwendet. Sie passen aber nicht bei Entzündungen drüsiger Theile, und dürfen nicht angewendet werden, wo Neigung zu Verhärtungen besteht, und über-haupt werden sie am besten in Verbindung mit aromatischen und Spirituosen Mitteln benutzt. Die Salze werden in Wasser oder in aromatischen Flüssigkeiten (5/S — 3j zu 1 Pfund), bei Augenentzündungen weit schwächer), gelöst, auch in Verbindung mit Essig (z. B.)
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Oxykrat) und Weingeist eben so gebraucht. Die Säuren ebenso, indem man von ihnen ^ß—5jß zu 1 Pfund Wassers oder aromatischen lufusums, oder auch eines adstringirenden Dekokts setzt. — Das Ammoniak wird mit Wasser verdünnt oder mit einem letten Oel (1 Theii zu 4—8 Theilen) verbunden (als Ammoniak-Liniment), oder auch, bei grosser Reizlosigkeit für sich allein als Einreibung benutzt. Der Kani-pher findet seine mildeste Anwendung auf die Art, das mau wollene Lappen oder Binden mit ihm bestreicht, oder mit gepulvertem Kain-pher bestreut, und dieselben auf den leidenden Theil legt; mehr eindringend ist er in der Verbindung mit Oel als Liniment, oder mit Fett in Salbenform; und noch stärker reizend Kampherspiritus. #9632;— Die ätherischen Oele, ebenso die Harze (Fichtenharz, Terpentin) werden in Verbindung mit Fetten oder fetten Oelen als Salben und Li-nimente auf die entzündeten Theile gestrichen oder gelind in sie eingerieben, zuweilen auch, bei grosser Reizlosigkeit, für sich allein angewendet, und dann der Theil mit Wolle u. gl. bedeckt. Der Weingeist wird gewöhnlich mit Wasser verdünnt, oft auch als Zusatz zu aromatischen oder adstringirenden Flüssigkeiten u. s. w. zum Waschen und Einreiben an der Haut der entzündeten Theile applizirt. — Wo Ausschwitzungen und Verhärtungen drohen, benutzt mau auch die graue Salbe mit Kampher. Je grosser die Torpidität der leidenden Theile ist, um so mehr kann man die Mittel massig erwärmt anwenden. Hinsichtlich der Wärme gilt hierbei Alles, was darüber bei den erweichenden, schmerzlindernden Mitteln (S. 42) gesagt worden ist.
Bei dem Gebrauch aller dieser Mittel muss man die \\ irkung derselben stets sorgfältig beachten, und entweder mit denselben nachlassen oder mildere an die Stelle der bisher benutzten bringen, wenn die Entzündung nachlässt, oder wenn einseitig die Empfindlichkeit über den normalen Grad steigt, - oder man muss stärker erregende iMittel anwenden, wenn bei den bisher gebrauchten milderen IMitteln die Erregbarkeit immer mehr sinkt. — Im Allgemeinen ist es zweck-mässig, mit den gelinderen Mitteln die Kur anzufangen.
Die Seite 41 und 42 genannten ableitenden Heizmittel werden bei den torpiden Entzündungen aller Grade mit Nutzen gebraucht; allein sie verursachen zuweilen, wenn diese Entzündungen mit dem typhösen Zustande verbunden sind. Absterbung oder Verjauchung der Haut und des Zellgewebes an den von ihnen betroffenen Stellen. Alan darf deshalb in solchen Fällen diese Mittel nur in geringer Ausbreitung anwenden, und muss sie, wenn die Wirkung eingetreten ist, bald wieder entfernen. Bei sclileichenden (chronischen) astheuischen Entzündungen solcher Gebilde, die unter der Haut liegen, kann man die ableitenden Reizmittel auf die Haut dieser Theile selbst applizi-ren, um somit durch die Nähe der Anwendung ihre Wirkung zu verstärken. Sie führen dann, je nachdem die Entzündung zu dem einen oder dem anderen Ausgange neigt, sehr oft die Zertheilung, zuweilen aber auch die Eiterung schell herbei, und verwandeln gleichsam die schleichende Entzündung in eine akute.
Wenn bei den torpiden Entzündungen auch eine allgemeine Schwäche und Reizlosigkeit besteht, müssen aussei- stärkender Diät, auch innerlich bittere, aromatische und adstringirende Mittel, selbst
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laquo;lie Säuren, die ätherischen Oele und der Kampher augewendet werden.
Bei den mit Ere this müs verbundenen asthenisehcu Entznudun-gen wendet man zur Herabstimmung der übermässig gesteigerten Sensibilität, in denjenigen Fällen, wo zugleich grosse Auflockerung in der Geschwulst besteht, laquo;las Bleiwasser in Verbindung mit einem narkotischen Extrakt an, z. B. Bleiessig 1 Unze in 2 Pfund Wasser gelöst, und dies mit 1 Drachme Bilsenkraut- oder Belladonna-Extrakt zusammengerieben; oder: eine Abkochung von Bilsenkraut oder Belladonnakraut n. dgl. (5j zu 1 Pfnnd Colatur) mit Zusatz von Hleiessig, Bleiextrakl oder Bleizucker (2—4 Drachmen zu 1 Pfund); — oder mau macht Bi'eiumsRhlamp;ge von narkotischen Pllanzen uud begiesst dieselben ölters mit warmem Bleiwasser.
Wenn in solchen Fällen die !gt;littel nicht in gehöriger Ordnung angewendet, namentlich nicht in gleichmässiger Wärme erhalten werden können, ist es zweckmässig: eine schwache Bleisalbc mit Zusatz eines narkotischen Extrakts (z. B. Gerat. Saturn. Jj, Extract. Hyos-cyami 3j M-) etwas dick auf den Thcil zu streichen, und dann denselben mit einem wollenen weichen Lappen oder mit einem Stück eines weichen Felles, oder mit Werg oder Watte zu bedecken.
Besteht in den entzündeten Thcilcn eine grosse Straffheit, — die Geschwulst mag übrigens dabei gross oder gering sein, so wendet man narkotische Mittel allein oder in Verbindung mit schleimigen lauwarm an, in Form von Fomentationen, Fussbädcrn, oder: man bestreicht den Thcil etwas dick mit einem milden Fett, Oel oder man verbindet solche Fette mit Bilsenkraut- oder Belladonna-Extrakt oder mit Opium (in den angedeuteten Proportionen) uud bestreicht damit die leidenden Theile.
Bei sehr heftigen und andauernden Schmerzen kann man die narkotischen Mittel auch innerlich anwenden; es muss jedoch die etwa bestehende allgemeine fieberhafte Anlregung laquo;les Geiasssystems vorher durch Neutralsalze gemildert worden sein.
Das diätetische Verhallen der Thiere ist bei den asthenischen Entzündungen einigermassen darnach verschieden: ob der asthenische Znstand blos örtlich an den entzündeten Theilen, wie z. B. bei Quel-schungen, Zerreissungen u. dgl., oder allgemein im ganzen Körper besteht? — Im ersteren Falle ist, wie bei den sthenischen Entzündungen, eine magere Ernährung, im anderen Falle aber die Verabreichung eines kräftigen Futters in hinreichender Menge nöthig. Ausscrdem sorgt man für reine trockene, mehr kühle als warme Luft, für gehörige Reinlichkeit und Ruhe, und für Abhaltung neuer Gele-genheitsnrsacheu.
III. Die Erfüllung der dritten Indication ist in den meisten Fällen auf die Fortsetzung des, den verschiedenen Entzündungen entsprechenden diätetischen Verhaltens während der ersten Zeit nach laquo;ler Zertheilung der Entzündung, so wie auf Verhütung neuer Gcle-genheitsursachen und auf allmälige Wiederbenutzung zum Dienst, beschränkt. Ist jedoch, wie man es nicht selten findet, eine erhöhte Reizbarkeit in dem Theile zurückgeblieben, so sind noch öfters wiederholte Waschungen oder Begiessungcn oder Bäder von kaltem Was-
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Ausschwitzung, akutes Oedem.
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ser, oder Waschungen mit verdünntem Branntwein, mit aromalisehen oder adstringireuden IMittelu nützlich.
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Literatur.
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Virchow, allgein. Pathologie.
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Zneites Capitel.
Von der entzündlichen Ausschwitzung (Exsudatio) und ihren nächsten Folgen.
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Begriff und Verschiedenheiten.
Ausschwitzungen von Serum, von Faserstoff und selbst von Blut entstehen, bald mehr bald weniger, bei jeder vollständigen Entzündung. Sie gehören eigentlich zum wesentlichen pathologischen Zustande des Entzüudungsprozesses selbst, und es dürfte deshalb keine besondere Erwähnung von ihnen zu machen sein, wenn sie stets mit den Entzünduugs-Symptomen im richtigen Verhältniss ständen, und mit denselben wieder verschwänden; allein die Menge der ausgeschwitzten Flüssigkeiten ist oft viel zu gross, und dieselben bleiben auch nach der Entzündung noch zurück, in solchen Fällen stehen diese Ausschwitzungen einen eigeuthümlichen Uebergang der Entzündung und besondere Folgekrankheiten derselben dar.
Die Exsudationen von Serum und Faserstoff erfolgen bald einzeln, bald zusammen, durch die geschwächten aber uoch unverletzten Wände der Capillarien; die Austretungen von wirklichem Blut scheinen aber oft durch die, von dem heftigen Blutandrange zerrissenen Gefässcheu zu erfolgen. Die ersteren Stoffe sieht man daher
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Ausschwitxung, akutes Ocdem.
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in der Regel im Aufauge und bei den massigen Graden der Eulziiu-dung, die letzteren aber bei sehr heftigen Entzihuluugcn in den Zwischenräumen der Gewebe. ludess gilt dies nicht für alle Fälle, sondern es trägt zu dem schnelleren oder langsameren Entslehen der Ausschwilzungen überhaupt, so wie zum Entstehen der serösen, der plastischen iaserstoffhalligen) und blutigen Exsudate im Besonderen noch die IJeschaHenhcil des Blutes, der Grad und Charakter der Le-bensthätigkeit in den erkrankten Thieren, und der eigeuthümliche (zuweilen epizootische) Charakter der Entzündung in deu einzelnen Fällen sehr viel bei.
A. Das bei Entzündungen ausgeschwitzte Serum ist gewöhnlich röthlich und trübe, selten klar oder weiss; es ist reich au Salzen, auch an Eiweiss oder an Faserstoff. Diese entzündlichen Ausschwiz-znngen kommen in allen Geweben und au der Oberfläche der serösen Häute in den Höhlen vor. Sie erzeugen im Zellgewebe und im Parenchym der Organe das akute, entzündliche Oedem (enl-züudliche Wassergeschwulst), und in den Höhlen die akuten VA as-sersuchteu, die akuten Gelenk- und Sehnenscheidengalle u. (Von diesen siehe XII. Klasse).
a. Das akute Oedem ist ein sehr häufiger Begleiter innerlicher und äusserlichcr Entzündungen. Es giebt sich zu erkennen als eine, neben, und nach den Entzündimgssyinptomen eintretende, gröss-teutheils flache Geschwulst, welche massig heiss ist, sich wie Teig anfühlt und nach dem Drücken mit den Fingerspitzen Gruben behält, welche sich erst allmälig wieder verlieren. Fast immer senkt sich das Serum im Zellgewebe und hiermit auch die Anschwellung nach und nach zu den niederen Stellen herab. Es vermehrt die Spannung in den Theilen, und macht zuweilen die eigentlichen Entzünduugs-symptome weniger deutlich erkennbar. #9632;— Geringe Anschwellungen verlieren sich von selbst durch allmälige Resorption; grössere Er-giessungen erfordern aber, nachdem die Entzündung beseitigt ist, öii-lich die Anwendung erregender, tonischer Mittel, wie z. B. der Dunstbäder, oder Fomeutationen, Fussbäder u. s. w. von Karailleublumen. von Quendel, Arnika, Waschungen mit Arnika-Tinktur, mit Branntwein, Wein, Ameisengcist, Kamphergeist, gelinde Reibungen mit -wollenen Lappen, welche mit Kampher bestrichen sind, Waschungen mit Abkochungen von Weiden- oder Eichenrinde, Auflösungen von Kupfervitriol u. dgl. Sehr wirksam ist ein gleichmässiger Druck inittelsl. einer um den Theil gelegten Binde von Flanell; und in sehr hartnäckigen Fällen haben sich auch Scarificationen bis ins Zellgewebe sehr nützlich gezeigt; man darf dieselben jedoch nicht zu nahe neben einander machen, weil sonst zuweilen die nachfolgende Entzündung zu heftig und dadurch eine zerstörende Eiterung oder Verjauchung, selbst yVusfallen von Hautstücken herbeigeführt wird. #9632;— Innerlich giebt man bei grossen und sehr hartnäckigen Oedemen, um die Resorption zu befördern, abführende, diuretische und diaphoretische Mittel, und bei den Thieren, welche sich erbrechen können, auch von Zeit zu Zeit (d. i. in 5—8 Tagen) wiederholt, ein Brechmittel. Aus-serdem inuss die Nahrung massig gereicht und dem Thiere gelinde Beweguiig gemacht werden.
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Plastische Ausschwitzung.
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6. Die serösen Ausschwitzungeu iu die Gewebe bewirken bei längerer Dauer sehr häufig eine sogenannte Erweichung (Malaria) des Pareuchyms der Orgaue. Dieselbe besteht in einer, mit der Anhäufung von Serum verbundenen mangelhaften Ernährung, Erschlaffung und Auflösung der Gewebe. Sie entwickelt sich in verschiedenen Graden, ifnd giebt sich kund durch Auflockerung, Weichheit, Schlaffheit und Blutanhäulüng in erweiterten GeJ'ässen, ohne Hitze und ohne Schmerz. — Dieser Zustand ist mit Schwäche des Zusammenhanges und mit mangelhafter Verrichtung der betroffenen Theile begleitet, und dauert gewöhnlich sehr lange; er disponirt zu neuen Entzündungen, welche dann last immer den asthenischen Charakter an sich tragen, und im höchsten Grade kann er zu Lähmungen und zu Zerreissungen führen. Aussei' der Entzündung trägt auch eine mangelhafte ßlutbereitung, Faulfieber, Typhus u. s. w. zur Erweiterung bei. — Zirr Beseitigung der Erweichung ist die Anwendung adstringirender, aromatischer und spirituöser Mittel, kalter ße-giessungen oder liesprützungen, die Einwickelung mit Binden, massige Bewegung und gute, kräftige Diät erforderlich.
B. Die plastische Ausschwitzung oder die Ausschwiz-zung von Faserstoff (früher sogenannte gerinnbare Lymphe) kommen auch fast in allen entzündeten Geweben vor. Der exsudirte Faserstoff ist gelblich oder blassröthlich und bald mehr bald weniger zum Gerinnen geneigt; oft erscheint er mit Serum gemengt, und bildet dann Flocken, welche auf dem letztern schwimmen. Er kann sowohl im noch flüssigen, wie auch im geronnenen Zustande nach und nach durch die resorbirenden Gelasse wieder aufgesogen, oder auch, nachdem er zuerst geronnen ist, organisirt werden. Das Letztere geschieht, je nach dein Orte und nach der eigenthümlichen Neigung des Entzündungs - und Bilduugsprozesses iu den betreffenden Theilen, auf vierfach verschiedene Weise, nämlich 1) als eihfache entzündliche Verhärtung (luduratio inflammatoria s. exsuda-tiva), wenn der Faserstoff im Zellgewebe oder in den Zwischenräumen des Pareuchyms der Orgaue gerinnt, fest wird, sich mit den umgebenden Theilen vedbiydet, dieselben bald mehr bald weniger verdrängt, mit neuen GenTssen versehen, aber nicht anderweitig verändert wird; #9632;— 2) als Verwachsung (Adhaesio, Conglulinatio) und Narbe (Cicatrix), wenn der Faserstoff auf den Flächen einer Wunde oder auch an der Oberfläche anderer, nicht verwundeter Theile gerinnt, dieselben mit einander vereiniget und durch Gelasse und Nerven belebt wird; #9632;— 3) als After haut (Pseudomembrana), wenn die plastische Ausschwitzung auf der Oberfläche einer Haut gerinnt, und dieselbe in einer bald mehr bald weniger dicken Schicht überzieht; diese häutigeu Schichten von Faserstoff sind zuerst ohne Gefässe und Nerven, und manche bleiben auch ohne sie, andere aber erhalten dieselben in kurzer Zeit^ und stellen dann die organisir-teu Afterhäute dar; — 4) als entzündliche Hypertrophie, wenn die plastische Ausschwitzung nach und nach in solche Substanz umgebildet wird, welche dem Gewebe des kranken Organs ähnlich oder gleich ist. — Einigermaassen sind hierher auch die krankhaften Neubildungen, die Fett- und Speckgeschwülste, die Kno-
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Verhärtung.
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cbengescliwulst u. s. w., so wie die Regeneration verloren gegangener Theilc zu rechnen, wenigstens in so weit, als eine plastische Ausschwitzung den StofT zu diesen Bildungen giebt; da jedoch hierbei ein spezifischer Bildungsprozess thätig ist, so müssen dieselben hiernach als besondere Zustände später betrachtet werden.
Die plastischen Ausschwitzungen an Knochen und an der Beiu-haut bewirken bei Verwundungen und Knochenbrüchen die Verwachsung, indem sie die Beinnarbe, Beinschwiele (Callus) bilden; an der Oberfläche der Knochen aber erzeugen sie Verdickungen und Ku ochenauswüchse (Exostoseu, llyperexostosen).
1. Die einfach entzündliche1) Verhärtung bildet sich gewöhnlich allmälig, zum Theil noch während des Vorhandenseins der Entzündungs-Symptome (heisse Induration): nimmt aber gewöhnlich später noch an Intensität zu. Sie kommt in allen entzündeten VVeich-gebilden vor, entsteht besonders bei geringeren Graden der Entzündung, bei asthenischen und schleichenden Entzündungen, auch da, wo die Kälte, die Bleimittel und die adstrlngirendcu Mittel unzeitig oder zu lange angewendet worden sind, und zeigt verschiedene Grade. Bei den höheren Graden ist der Theil ganz derb, selbst knorpelähnlich hart, die Gefässe in ihm sind grösstentbeils durch Verwachsung oder durch Zusammendrückung verschlossen und daher auch die Absonderungen grösstentbeils aufgehoben; auch das Gefühl und die Bewegung sind vermindert. Gewöhnlich ist der Umfang der mit entzündlicher Verhärtung behafteten Tbeile etwas vermehrt und ebenso iu der ersten Zeit auch die Temperatur etwas erhöht; später vermindern sich aber beide Eigenschaften oft unter dem normalen Grad (kalte Induration), ja es schrumpfen sogar zuweilen die verhärteten Gebilde bedeutend zusammen, und verursachen hierdurch an der Haut, an Muskeln und Sehnen eine Verkürzung (Contractio, Con-tractura) und in Folge derselben Lahmheit, in höhern Graden auch unregelmässige Stellung und Richtung der betreffenden Tbeile.
Die Verhärtungen können sich mit der Zeit durch die eigene Resorptionsthätigkeit der Gefässe allmälig vermindern, und eben so können sie, wenn sie noch nicht sehr -t^jdtet oder nicht kuorpel-artig geworden sind, #9632;— durch angewendete Heilmittel zum Theil oder gänzlich wieder aufgelöst oder beseitigt werden. Sich selbst überlassen sind sie jedoch fast immer sehr hartnäckig und sie dispo-tiiren den Theil zu neuen Entzündungen, zuweilen auch zur Erzeugung des Scirrbus. Die wiederholten Entzündungen haben gewöhnlich einen schleichenden Verlauf, enden mit neuen plastischen Aus-sebwitzungen, und tragen dadurch zur Vermehrung der Verhärtung bei; sehr heftige Entzündungen in verhärteten Gebilden geben oft in Verjauchung oder Brand über.
Die Kur der Verhärtungen ist im Allgemeinen auf die Auf-
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1) Es giebt nocU eine atrophische und eine scirrhöse Verhärlung. Die erstere entsteht aus Mangel an Flüssigkeit in den Gebilden, und ist mit Abmagerung verbunden; die letztere besteht in der Bildung einer neuen Substanz. (Siehe Classe XIII. u. XIV.)
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Verhärtung.
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lösung und Aufsaugung des verhärteten Faserstoffs gerichtet, aber die hierzu dienenden auflösenden und die Resorption befordernden Mittel sollen dem Grade der in dem Theile etwa noch bestehenden entzündlichen Reizung, oder dem Grade des Torpors, so wie dem Grade der Verhärtung entsprechend, ausgewählt werden. #9632;— Bei sogenannten heisseu, mehr oder weniger schmerzhaften Induratiouen sind warme Dampfbäder, oder Fomentationen, Umschläge oder Fussbäder von narkotischen IMittcln, für sich allein oder in Verbindung mit Seifeirwasser oder mit einer Auflösung von Pottasche, oder die letzteren JVIittel für sich allein (^j Pottasche zu Hij Wasser), die graue Quecksilbersalbe allein oder in Verbindung mit Pottasche oder mil grüner Seife zu empfehlen.
Bei den kalten, chronischen Induratiouen im geringeren Grade sind Reibungen mit der Hand oder mit einem glatten Körper, so wie ein gelinder l^ruck durch eine Binde, oft nützlich; oder, man wäscht, fomentirt oder badet den kranken Theil mit einer warmen Auflösung von Salmiak oder Kochsalz (sect;^—oj zu ttj) mit aromatischen Kräuteraufgüssen, oder mau macht Breiumschläge von den letz-teren, oder von Sauerteig und pulverisirtem Senfsamen; oder man reibt die grüne Seife mit Zusatz von Pottasche, oder von kaustischem Ammoniak, von Kampher, Terpentinöl, die graue Quecksilbersalbe mit diesen Mitteln, oder das Kampher- oder das Ammoniak-Liniment in den Theil, oder mau bedeckt ihn mit einem Pflaster von Terpentin und Aetz-Sublimat (8—12 Theile und 1 Theil), oder mit dem sogenannten scharfen Pflaster (Emplastrum acre) oder scharfen englischen Pflaster '); oder man reibt auch die Spanisch-Fliegensalbe, das Spanisch-Fliegenöl oder die Tinktur, ein. Spirituöse Mittel sind von zweifelhafter, Bleimittel, Eisenmittel, Adstringentia und die Kälte von schädlicher Wirkung. Die Anwendung der empfohlenen milderen Mittel geschieht täglich mehrmals, #9632;— die der Umschläge immer gleichmässig fortgesetzt, so dass ein gleichmässiger Grad von Wärme und gelinder Heizung unterhalten wird; die stänkeren Reizmittel werden täglich 2 mal bis zum Entstehen einer gelinden Hautentzündung wiederholt; die Pflaster bleiben 4-—^14 Tage liegen, bis sie von selbst abfallen, und die Kantharidensalbe wird nach Zwischenzeiten von G-—18 Tagen wiederholt, je nachdem die Ausschwitzung und Schorfbildung nach ihrer Anwendung forfdauert, und je nachdem man die Wirkung mehr oder weniger intensiv machen will. Diese schärferen Mittel wirken hier auf eine dreifache
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') Dieses Pflaster wird bereitet durch Zusammenschmelzen von 13 Unzen Spanisch-Fliegenpulver, 11 Unzen Burgunderharz, 3 Unzen Euphorbium-gummi, 6 Unzen Mastix, ebensoviel von Colophonium, von schwarzem Pech, Terpentin, Saffranpflaster und rothem Bolus. — Trotz dieser eigenthümlichen Zusammensetzung klebt das Pflaster sehr fest, und wirkt zwar milder als die Spanisch-Fliegensalbe, aber auch anhaltender als sie und es wirkt mehr auflösend dadurch, dass es eine gleichmässige Decke auf dem Theile bildet. Bei der Anwendung muss es in einem Gefiiss über Feuer geschmolzen, heiss aufgestrichen und dann mit kurz geschnittenem Werg bestreut werden, damit es einen festeren Zusammenhang erhält.
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Verhärtung.
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Weise zertheilend, nämlicli: a) durch ihre Reizkraft die resorbiren-den Gefässe sehr anregend; /gt;) durch die von ihnen erzeugte seröse Ausschwitzung im Zellgewebe und unter der Haut die Verflüssigung des verhärteten Faserstoffes bewirkend, und c) indem die Ansschwiz-zung auf der Haut sich zu Schorfen verhärtet, dadurch den Theil mit einer festen Hülle bedeckt, ihn warm hält, und einen gelinden Druck auf ihn ausübt. Weil diese Wirkungen sich besonders deutlich nach Anwendung der Kantharidensalbe zeigen, und weil man sie von derselben, #9632;— je nachdem die Salbe mehr oder weniger concentrirt bereitet, und in kurzer oder längerei- Zeit wiederholt aufstreicht, — fast in beliebigem Grade hervorrufen kann, so ist diese Salbe mit Recht das gebräuchlichste Mittel. Ich habe sie selbst gegen heissc Indurationeu, mit Uebergehung der milderen Mittel, sehr oft. mit dem besten Erfolge angewendet.
Gegen kalte Verhärtungen, besonders in drüsigen Organen, haben sich auch die Jod-Präparate vielfältig als spezifisch wirksam gezeigt. Man lässt das Kali (Kali hydrojodatnm) in Wasser oder in einem aromatischen Infusum gelöst (3)^—3ij zu 1 Pfund) als Waschmittel, oder in Salben, mit Fett oder grüner Seife, oder mit der grauen Mer-kurialsalbe (Sß1-—3j zu fj) zusammengerieben, anwenden. Diese Salben sind noch wirksamer, wenn man ihnen noch eine halbe Drachme reines Jod zusetzt. Auch die Jod-Qnccksllber-Präparatc sind kräftig zertheilend. Sehr oft verbietet jedoch in der thierärzllichen Praxis der hohe Preis der Jodmittcl deren Anwendung.
Als ein ausseist kräftiges Heilmittel gegen A erhärtungen benutzen wir auch das glühende Eisen, und zwar auf die Weise: dass man auf die ganze Anssenflächc des verhärteten Theils Punkte oder Striche (einer vom andern i — 1 Zoll entfernt) mit einem hierzu entsprechend geformten, rothglühenden Brenneisen langsam, d. h. mit leichter, kurzer Berührung, jede Stelle so oft wiederholt brennt, bis eine serös-plastische Ausschwitzung daselbst erfolgt.
Auch Haarseile und Fontanelle neben die Verhärtung applizirt, lösen dieselbe bald mehr, bald weniger auf.
Innerlich giebt man bei der Kur grösserer Verhärtungen Purgir-und diuretische Mittel, dabei mageres Futter, •— wenn es zu haben ist, Grünfulter, und hält die Thiere so lange in Ruhe, wie eben noch Entzündungs-Symptome oder die entzündlichen Reizungen der angewendeten Mittel bestehen; aber nach dem gänzlichen Verschwinden der Entzündung lässt man sie nach und nach in stärkere Bewegung bringen.
2. Die Verwachsung entsteht zuerst durch blosses Zusammenkleben der mit plastischer Ausschwitzung bedeckten Flächen an verwundeten und anderen Theilen, worauf sie durch Umwandlung des Faserstoffs in Bindegewebe und durch Entwickeluug von Gefäss-chen und Nervenfasern völlig organisirt wird. Diese Vorgänge erfolgen zuweilen sehr schnell, d. i. in 1 •—3 Tagen. An der Oberfläche der Wunden und bei Verwachsungen der natürlichen Oeffnun-gen bildet sich auf dieselbe Weise die sogenannte Narbe. Sowohl die Zwischenschicht an verwachsenen Flächen, wie auch die Narbe, sind bald sehr fein und dünn, bald mehr dick.
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Verwachsung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 53
Der Ausgang in Verwachsungen wird durch einen gelinden Grad der Entzündung herbeigeführt, und scheint oft von einer besondern BeschafTenheit des Blutes und der Bildungsthiitigkeit im Organismus begünstigt zu sein, indem er bei manchen Entzündungen und Verlez-zungen sehr leicht, bei anderen sehr selten oder gar nicht erfolgt. Manche Aerzte haben deshalb (mit J. Hunt er) die sogenannte ad-haesive oder Verwachsungs-Entzündung als eine besondere Art der Entzündungen angenommen. Es verwachsen fast alle Gewebe mit einander, jedoch die serösen Häute am leichtesten, die Schleimhäute am wenigsten leicht.
Dieser Ausgang gilt bei Verwundungen der verschiedenen Theile, bei Knochenbrüchen, Brüchen u. s. w. als quot;der wünschenswertheste Jleilprozess, in anderen Fällen aber als eine üble Folge, durch welche mancherlei Störungen, z. B. andauernde Spannung, Schmerz, gehinderte Bewegung, Störung der Ab - und Aussonderungen, daher Anhäufung von Flüssigkeiten u. s. w. entstehen.
Die Zufälle und die Bedeutung der Verwachsungen sind nach den betreffenden Organen sehr verschieden, und ebenso ist es die Behandlung. (Siehe Classe XI.)
Die Blutaustretungen bei Entzündungen verhalten sich sehr ähnlich den plastischen Ausschwitzungen; sie werden ganz oder theil-weis wieder resorbirt, und können im letztern Falle zu Verhärtungen, Verwachsungen und Brand beitragen. Ihre Kur ist wie bei Verhärtungen.
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Urittes Capitel.
Von der Eiterung.
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Die Eiterung, Eiterbildung (Suppuratio, Pyogenia, Pyosis) ist ein in den entzündeten Theilen neu eintretender eigenihümlicher krankhafter Sekretionsprozess, durch welchen eine Flüssigkeit erzeugt wird, welche man Eiter (Pus) nennt.
Der vollkommene Eiter hat die Consistenz des Milchrahms, ist gelblich-weiss, im warmen Zustande mit einem faden, thierischen Geruch versehen, im kalten ohne Geruch und von fadem Geschmack; er ist ein wenig schwerer als Wasser (1,030—1,035), er sinkt daher in demselben unter, und mischt sich durch Zusammenschütteln mit ihm nur unvollständig; in der Hitze und im Feuer brennt er mit einer stark russenden Flamme. Er besteht hauptsächlich aus dem Eiter-Serum und aus den Eiter-Kügelchen, ausserdem aus mehreren Nebenbestandtheilen, namentlich kleinen Theilchen der eiternden Gewebe, Fetttröpfchen, Epitheliumzellen, Salzkrystalle u. dgl.
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Eiterung.
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Die Eiterkügelchen sind im Allgemeinen grosser als die Blutkügelchen des Thieres, von welchem der Eiter genommen ist, zuweilen selbst zwei- bis dreimal so gross; sie sind gebildet aus einer zelligen Hülle und aus einem, oft auch aus zwei und mehreren Kernen oder Körperchen, welche in den Hüllen enthalten sind und erst bei dem Platzen der letztern sichtbar -werden. Unter dem Mikroskop kann man dieses Zersprengen der Hüllen durch Essigsäure oder durch warmes Wasser herbeiführen.
Die Menge der Eiterkügelchen in dem Eiter ist in den einzelnen Fällen sehr verschieden; je zahlreicher sie vorhanden sind, um desto consistenter ist der Eiter. Beim ruhigen Stehen des Eiters in einem tiefen Glase sinken sie allmälig mehr und mehr zum Boden des Ge-fässes herunter, und das Eiter-Serum schwimmt über ihnen. Das Letztere ist im reinen Zustande eine dünne, helle, klare Flüssigkeit, welche sich von selbst und durch Filtriren leicht von den Eiterkügelchen trennt. Es enthält aussei- diesen auch die Salze, Faserstoff, Eiweiss und andere Bestandtheile, namentlich zuweilen einen eigenen Eiterstoff (Pyine nach Güterbock, Puruline nach Miche-lotti, Purium nach Koch), der nur eine besondere Proteüiverbin-dung ist.
Der frische Eiter zeigt gewöhnlich eine alkalische Reaktion; wenn aber derselbe in Gälirung versetzt wird, reagirt er allmälig immer mehr und mehr sauer, und bei eintretender Fäulniss entwickelt sich aus ihm Schwefelwasserstoff und Ammoniak,.— wovon der üble Geruch des faulenden Eiters und wahrscheinlich auch die üble Rückwirkung desselben auf das Blut abhängt. Solcher faulender Eiter reagirt wieder alkalisch, und es finden sich in ihm zuweilen Infusorien und Conferven ähnliche Gebilde.
Der Eiter hat nach seinem Ursprünge von verschiedenen Thie-ren und von verschiedenen Gebilden eine verschiedene Beschaffenheit. Bei Pferden ist er im Allgemeinen mehr eiweissartig zähe, beim Rindvieh mehr rahmartig dick, bei SchaaCen und Hunden mehr wässerig; von den Muskeln erscheint er graugelb und consistent, von fibrösen Theilen ist er entweder gelblich, der verdickten Synovia ähnlich, oder dünnflüssig ins Graue spielend und wie faulender Käse stinkend; von Knochen erscheint er gewöhnlich noch mehr ins Graue spielend, nach Phosphor riechend, und oft schwärzt er die silbernen Sonden; von Lymph-Drüsen ist er dickflüssig, gleichsam schleimig, vom Gehirn sehr salzig schmeckend, und mit gerinnbaren weissen Kliimpchen vermischt.
Man pflegt den Eiter in gutartigen und in schlechten zu unterscheiden. Der Erstere enthält stets viele Eiterkügelchen, ist daher von mehr dickflüssiger Consistenz, ohne auffallenden Geruch und leicht gerinnbar; der schlechte Eiter ist arm an Eiterkügelchen, daher mehr dünnflüssig, oft auch übelriechend, und von mehr röth-lich-gelblicher oder ins Graue spielender Farbe. Ehedem wurde der schlechte Eiter auch fast allgemein als Jauche (Ichor, Sanies) bezeichnet, jetzt pflegt man aber mit dem Namen Jauche nur das flüssige Produkt, welches bei dem Absterben oder bei einem fauligen, oder auflösenden Zerstörungsprozess der organischen Substanz, z. B.
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Eiterung.
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bei dem Brande, bei dem offenen Krebs u. dgl. entsteht, m bezeichnen.
Eine bemerkenswerthe Eigenschaft besitzt zuweilen sowohl der gute wie der schlechte Eiter noch dadurch: dass er der Träger oder das Vehikel eines Ansteckungsstoffes ist. Diese Eigenschaft ist nur durch ihre Wirkung an andern Thieren zu erkenueu.
Diese Verschiedenheiten des Eiters sind abhängig von der Art, dem Alter, der Constitution, dem gesunden oder kranken allgemeinen Zustande der Thiere, namentlich von etwa bestehenden Dyskra-sien, ferner: von dem Sitze, dem Grade und dem vitalen Charakter der Entzündung, von der Dauer des Eiterungsprozesses, von dem offenen oder lauge Zeit bedeckten Zustande des Eiterheerdes u. s. w. Durch diese Verschiedenheit wird zuweilen die Bestimmung: ob eine dem Eiter ähnliche Flüssigkeit wirklich Eiter sei? sehr erschwert, besonders bei solchen Flüssigkeiten von Schleimhäuten oder von Organen, die mit Schleimhäuten in Verbindung stehen, weil ein consi-stenter Schleim dem Eiter im Ansehen sehr ähnlich sein kann. Die sicherste Entscheidung hierüber gewährt das Mikroskop, durch -welches man die Eiterkügelcheu von den Schleirnkügelchen dadurch unterscheidet, dass die erstereu vier- bis sechsmal kleiner sind, als die letzteren, dass sie schwärzlich punktirt und (wenigstens die älteren Kügelchen) au den Rändern uneben erscheinen; ausserdem werden sie bei der Berührung mit Essig durchsichtig und zerplatzen in Hülle und Kerne, #9632;— was die Schleirnkügelchen nicht thun. Die reinen und die kohlensauren Alkalien bilden mit dem Eiter eine Art Gallerte, aber die Bleisalze präzipitiren seinen Faserstoff. Diese Veränderungen treten aber auch in anderen faserstoff- und eiweisshaltigen Flüssigkeiten ein, und deshalb sind die Untersuchungen einer thieri-schen Flüssigkeit über ihren Gehalt an Eiter vermittelst chemischer Reagentien (die sogenannten Eiterproben von Grassmeyer und Anderen) von keinem besonderen VVerth.
Der Eiter findet sich stets nur als Produkt der Entzündungen, und bildet sich in der Regel nur, wenn dieselben einen gewissen hohen Grad erreicht haben, in seltenen Fällen jedoch auch bei sehr gelinden Entzündungen, deren Zufälle äusscrlich kaum wahrnehmbar sind. #9632;— Bei Vögeln entsteht Eiterung nur äusserst selten.
Erscheinungen bei der Eiterbildung. Abscess.
Die Erscheinungen, welche bei der Eiterbildung bestehen, sind zum Theil darnach verschieden: ob die Eiterbildung an einer freien, offenen Fläche, z. B. in einer Wunde oder einem Geschwür, oder ob sie in dem Parenchym eines Organs stattfindet. Im erstereu Falle bemerkt man auf der entzündeten Fläche zunächst eine serös-plastische Ausschwitzung, in der sich sehr bald kleine Kernchen bilden, welche den Eiterkernen ähnlich aussehen, sich schnell vermehren und vergrössern. Hierdurch wird die Flüssigkeit allmälig weniger durchsichtig, mehr weiss, und in einigen Stunden zu wirklichem Eiter.
Wenn die Eiterbildung in dem Parenchym eines Organs geschieht, so steigern sich die Entzündungs - Symptome, der Schmerz
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Entstehung des Eilers.
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wird heftiger und klopfend, die Geschwulst, welche sich bis dahin immer mehr vergrösserte, begrenzt sich nun im Unifange, erhebt sich aber mehr über die nachbarlichen Theile, und bildet, wenn die Ent-ziinduiig in weichen Gebilden, besonders nahe unter der Haut ist, in der iMitte eine bald mehr bald weniger deutliche Spitze. Dieser mittlere Theil wird etwas weicher, und weiterhin kann man beim vorsichtigen Drucken mit den Fingern ein Geliihl von Flüssigkeit oder von Schwappung (Fluctuatio) wahrnehmen. Au dieser Stelle wird die Farbe der Haut mehr bleich, oder die vorher dunkelrothe Farbe erscheint weiss-gelblich; die Haut selbst wird allmälig dünner, es fallen die Haare daselbst aus, und es schwitzt an einzelnen Punkten eine klebrige Flüssigkeit aus. Es ist nun Eiter in einer entstandenen Höhle des leidenden Organs gebildet und angehäuft. Dieser Zustand wird mit dem Namen: Eiterbeule, Eitergeschwulst, Abscess (Abscessus, Apostema) bezeichnet, und zwar hier wegen der deutlich wahrnehmbaren Entzündungszufalle als he is s er Abscess. Liegt der Eiter nahe unter der Haut, so ölfnet sich der Abscess bald früher bald später von selbst, indem sich an der weichsten Stelle der Geschwulst durch den Druck des Eiters die Haut immer mehr verdünnt und auflöst, und hierdurch eine Oeffirang bildet, durch welche der Eiter abfliesst. Eben so können sich Abscesse nach innen ölfueu. #9632;— Entsteht Eiterung im Zellgewebe zwischen festen Gebilden, z. ß. unter Sehnen und sehnigen Häuten, so breitet er sich, durch den Druck und die Bewegung derselben, mehr aus, und es kommt hier keine Abscessgeschwulst zu Stande. Hierbei und oft auch durch Senkung des Eiters im lockern Zellgewebe entstehen oft umfangreiche Zerstörungen oder Fisteln.
Wenn die Eiterung in sehr empfindlichen Theilen oder im gros-sen Umfange stattfindet, wird das etwa bestehende Fieber bei dem Eintritt der Eiterung heftiger oder es tritt ein neues Fieber mit bald mehr bald weniger heftigem Frostschauder hinzu. Man nennt dieses Fieber das Eiterungs- oder iMaturationsfieber. Dasselbe pflegt zu verschwinden, wenn der Eiter fertig gebildet oder wenn er ausgeleert worden ist. Bei geringen Eiterungen fehlt es in der Hegel gänzlich.
Wie oben bereits angedeutet ist, kommt es zuweilen, jedoch im Ganzen nur selten vor, dass Eiterung auch ohne deutlich wahrnehmbare Entzündung entsteht. Die hierbei sich bildenden Abscesse pflegt man mit dem Namen: kalte oder Lymph-Abscesse zu bezeichnen. Dieselben werden zuweilen bei Pferden beobachtet, besonders bei solchen, welche bereits kränklich, namentlich mit bösartiger Druse behaftet sind. Sie geben sich zu erkennen durch eine Anschwellung, welche ziemlich deutlich begrenzt ist, ein fluetuirendes Gefühl erzeugt, dabei aber fast ohne Schmerz, ohne Röthe und ohne vermehrte Wärme ist. Sie öffnen sich in der Regel nicht von selbst, und wenn man sie ansticht, geben sie einen gelblichen, sehr zähen Eiter von sich. In wiefern diese Abscesse mit den Lymphgefässen und mit einer wirklichen Krankheit derselben in Verbindung stehen? ist noch nicht genügend ermittelt. In der neuern Zeit hat man eine übermässige Menge von unverarbeitetem Eiweissstoff im Blute und
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Entstellung des Eiters.
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eine hierdurch bedingte grossc Neigung zur Eiterbildung (Diathesis puruleuta, Pyaemia) als IJrsache angenommen.
Es ist viel darüber gestritten worden: wie der Eiter sich bildet, namentlich ob durch Auflösung der organischen Substanz an der Stelle des Abscesses, oder ob er aus dem Blute erzeugt werde? Beides ist iür sich allein nicht richtig, sondern es ist anzunehmen.: dass er (obgleich das Blut und zuerst auch etwas von der organischen Substanz den StolT liefern), durch eine, in Folge der Entzündung neu entstandene krankhafte Bildungsthätigkeit in den Zwischenräumen des organischen Gewebes erzeugt werde. Denn, wenngleich bei der ersten Eiterbildung Höhlen entslchen und ein Theil des Zellgewebes aufgelöst wird, so zeigt doch die Untersuchung, dass die Höhlen grösstentheils nur durch mechanisches Auseinanderdrängeu der Gewebe vermittelst des Eiters entstehen, und dass die Substanz unter der eiternden Fläche in der Regel völlig vorhanden, oft aber etwas geschwunden ist. Ausserdem sieht man häufig die Eiterung sehr lange und reichlich an einem Theile bestehen, ohne dass dessen Masse vermindert wird; es ist sogar entgegengesetzt ganz gewöhnlich, dass mit der Eiterung eine neue Bildung von organischer Substanz in der Form der sogenannten Fleis chwärzchen (Granulationen) stattfindet. Allerdings sieht man auch den ausgeschwitzten Faserstoff durch den Eiternngsprozcss schmelzen und in Eiter umgewandelt werden, und eben so sieht man auch, dass Veränderungen in der Beschaffenheit des Blutes, z. B. bei veränderter Ernährung, bei Krankheiten, namentlich bei Dyskrasien, selbst durch innerlich gegebene Arzneien u. s. w. herbeigeführt, eine quantitative und qualitative Veränderung des Eiters und der Granulation zur Folge haben, und dass somit der Eiterungsprozess, wie die Entzündung, von dem Zustande und von der Energie der Lebensthätigkeit im Organismus abhängig ist.
Wenn die Eiterung mit Zerstörung der organischen Substanz verbunden ist, gilt der Prozess nicht mehr als einfache Suppuration, sondern als Verschwärung (Ulceration) oder als ein Geschwür. Nach Hunter's Angabe entstellt an der Oberfläche des Abscesses ein neues Gewebe in Form einer Haut, welche man die Abscesshaut nennt, und dieselbe für das Sekretionsorgan des Eiters hält. Sie ist jedoch im Anfange nicht vorhanden, und bildet sich nur bei solchen Abscessen (eiternden Wunden und Geschwüren), in deren Umgebung eine schleichende Entzündung fortbesteht, und wo also wahrscheinlich eine geringe Ausschwitzung und Verdickung von Fa-serstoif stattfindet. Zuweilen wird sie, besonders in Fisteln, sehr dick und hindert dann die Heilung.
Granulations-Bildung.
Während der Eiterung auf offenen Flächen erzeugen sich nach einigen Tagen die schon angedeuteten kleinen, rothen Wärzchen, welche man Fleischwärzchen oder Granulationen nennt. Es wird hierzu ein Theil des an der eiternden Fläche ausgeschwitzten Faserstoffes verwendet, während ein anderer Theil desselben noch fortgesetzt in Eiter umgewandelt und ausgestossen wird. Die Fleisch-
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Granulationsbildung.
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Wärzchen bilden sich auf und neben einander in verschiedenen Schichten allmälig weiter von den Abscesswänden nach aussen hin fort, und gehen zuletzt in eine dem Gewebe des Theils ähnliche Masse und äusserlich in die Narbe über. Die fortgesetzte Erzeugung der Fleischwärzchen findet immer au der Oberfläche statt (so dass sich hier die jüngsten und am wenigsten ausgebildeten Wärzchen befinden), bis die ganze Abscesshöhle oder die Wunde mit der neu gebildeten Masse erfüllt ist. Die Wärzchen sind gleich vom Anfange an mit zahlreichen kleinen Blutgefässen versehen, und besitzen auch eine ziemlich lebhafte Empfindlichkeit, zeigen aber übrigens oft bedeutende Verschiedenheiten, und zwar sind sie 1) entweder frisch roth, derb, kleinkörnig, massig empfindlich, und wachsen nicht sehr schnell aber gleichmiissig hervor; sie stellen in dieser Beschaffenheit die sogenannten guten Oranulationen dar; oder 2) sie wachsen sehr schnell in die Höhe, treten aber ungleich, walzenförmig hervor, und sind dabei bald dunkelroth, bald sehr blass und weich, bei der Berührung leicht blutend und in verschiedenem Grade empfindlich. In dieser Bcschalfenheit heissen sie üppige Granulation oder wildes Fleisch (Caro luxurians); oder 3) die Fleischwärzchen wachsen sehr langsam, sind blass und bilden bald eine weiche, bald eine fast schwielige derbe Schicht von kleineu Wärzchen, man nennt sie träge Granulation.
Die Beschaffenheit der Granulation stimmt gewöhnlich mit der Beschaffenheit des Eiters übereiu, so dass bei consistentem Eiter auch die Granulation als gut erscheint, und entgegengesetzt bei schlechter Eiterung auch schlechte Granulation sich findet. Auch ist die Granulation ebenso wie die Eiterung abhängig von dem Grade und der qualitativen Art der noch in der Umgegend fortbestehenden Entzündung, von den noch einwirkenden Reizen, daher auch von der Art der angewendeten Behandlung, von der Beschaffenheit des Blutes, von der Art der Ernährung und von etwa vorhandenen Krankheiten.
Gute Eiterung und gute Granulation sind in sehr vielen Fällen ein Yermittelungs-Prozess zur Heilung, und zwar hauptsächlich: 1) solcher Entzündungen, bei welchen die Ergiessung von plastischen Stoffen mit einem hohen Grade der Entzündung verbunden, die Zer-theilung aber nicht mehr möglich ist; 2) bei sogenannten kritischen und metastatischen Entzündungen; 3) wenn in das Gewebe eines Organs fremde Körper irgend einer Art eingedrungen und sitzen geblieben sind; #9632;— und 4) überall da, wo durch Verwundung oder Absterben ein Substanzverlust entstanden ist. •— Ausserdem dient 5) die Eiterung auch noch zur Ableitung einer abnormen Reizung, z. B. bei Rheumatismus u. s. w. und sie wird deshalb oft künstlich hervorgerufen, z. B. durch Fontanelle, Haarscile etc.
In andern Fällen ist die Eiterung fast durchaus ein ungünstiger Ausgang der Entzündungen, indem durch sie der Heilungsprozess mehr in die Länge gezogen und complicirt wird. Bei langwierigen Eiterungen erleidet der Organismus oft einen sehr bedeutenden Säfte-verlust, und wird hierdurch geschwächt oder in einen allgemeinen krankhaften Zustand, namentlich in Kachexien und Zehrfieber ver-
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Granulationsbildung.
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setzt. Zuweilen wird auch ein Theil des Eiters wieder resorbirt, und dadurch ebenfalls Zehrfieber, Ablagerung des Eiters auf andere Organe, namentlich auf die Lungen (sogenannte sekundäre Abscesse) und Dyskrasie erzeugt. Ausserdem können auch durch die mechanische oder chemische Einwirkung des Eiters auf die nahe liegenden Theile mancherlei üble Folgen entstehen, wie besonders durch Senkungen desselben zwischen Muskeln u. s. w., Zerstörungen des Zellgewebes, sogenannte Senkuugs-Abscesse, Fisteln, Geschwüre u. dgl.
Die Beurtheilung der Nützlichkeit oder der Schädlichkeit einer Eiterung ist hiernach mit Berücksichtigung des Ortes, des leidenden Organs, der Ausbreitung der Eiterfläche, der Qualität des Eiters und der Granulation, der Dauer der Eiterung, der etwa noch fortwirkenden Ursachen, des blos örtlichen oder auch des gleichzeitigen allgemeinen Krankheitszustandes, des Ernährungs- und Kräftezustandes des Thieres u. s. w. zu machen. Eiterung in zarten, wichtigen Organen (z. B. im Auge), oder wo der Eiter keinen guten Abfluss haben kann (z. B. im Hufe), auf grossen Flächen, bei sehr jungen, sehr schwachen, bei mit Dyskrasien behafteten Thieren ist häufig mit Gefahr verbunden, besonders bei langer Dauer des Leidens, oder wo durch den Eiter Knochen, Knorpel, Sehnen etc. leiden können.
In Fällen der eben bezeichneten Art muss man daher suchen, die Eiterung zu verhüten, durch kräftig fortgesetzte Antiphlogose oder bei asthenischeu Entzündungen durch die Cantharidensalbe oder selbst durch das glühende Eisen.
Behandlung.
Wenn eine Entzündung diejenigen Veränderungen zeigt, welche das Eintreten der Eiterung andeuten, und wenn bei ihr die vorhin unter 1 bis 4 bezeichneten Verhältnisse bestehen, unter welchen die Eiterung als nützlicher Hcilprozess erscheint, hat man die Aufgabe: 1) den Uebergang der Entzündung in Eiterung zu befordern; 2) den Eitei' zur gehörigen Zeit und geschickt zu entleeren; und 3) hiernach die Heilung der eiternden Stellen, den speciellen Umständen gemäss, zu leiten.
Die erste Indication wird mit Berücksichtigung des noch vorhandenen Entzündungszustandes im Allgemeinen auf eine zweifach verschiedene Weise erfüllt.
sl. Besteht ein massiger Grad von Entzündung, und trägt dieselbe den sthenischen Charakter an sich, so kommt gewöhnlich die Eiterung schnell zu Stande, wenn man die etwa bis dahin angewendete antiphlogistische Behandlung aufgiebt, und dafür Dämpfe von warmem Wasser an den kranken Theil gehen lässt, #9632;— oder warme Fomentationen von milden Flüssigkeiten, von Wasser, Milch, schleimigen Abkochungen applicirt, oder milde Fette oder Oele lauwarm aufstreicht, und darüber einen wollenen Lappen oder ein Stück Fell legt; — oder wenn man lauwarme Breiumschläge von schleimigen Mitteln anwendet. #9632;— Bei heftigen Entzündungen an vollblütigen Thieren kann man mit denraquo; Gebrauch dieser örtlichen Mittel selbst noch einen allgemeinen Aderlass verbinden.
B. Wenn aber die Entzündung nur in einem geringen Grade
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Eiterimg.
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besteht, oder den torpiden Charakter an sich trägt, d. h. wenn im (anfange der zur Eiterung neigenden Stelle noch viel harte Anschwellung, mit wenig Wärme und mit wenig Empfindlichkeit besteht, erfolgt fast immer die Eiterbildung sehr langsam und unvollständig, und es ist deshalb nöthig, den Entzündungsprozess durch reizende Mittel mehr anzuregen und zu demjenigen Grade zu führen, bei welchem die Eiterbildung schneller und gleichmässiger geschieht. Die hierzu passenden IMittel, welche man ehedem mit dem unrichtigen Namen: Eiter erzeugende Mittel (Suppuranüa) bezeichnete, und die man richtiger den Abscess reifmachende iMittel (.Maturantia) nennen kann, müssen nach dem Grade ihrer Wirksamkeit und nach dem Grade des bestehenden Torpors für den besondern Fall passend ausgewählt werden. Es gehören hierher: die ranzigen Fette und Oele, die grüne Seife, Honig, Sauerteig, die einen scharfen Stoll' enthaltenden Pflanzen, z. ß. Senf, Zwiebeln, Terpenthin, Fichtenharz u. dgl. Diese Mittel werden theils für sich allein, theils aber auf verschiedene Weise mit einander verbunden oder als Zusatz zu den Breiumschlägen von erweichenden Mitteln und mit diesen in Verbindung augewendet. So z. B. in der Form der sogenannten Althee-Salbe (Unguentum Althaeae), oder gelbe Harzsalbe (Unguentum fla-vurn), oder Königssalbe (Unguentum basilicum), der Terpenthinsalbe (Unguentum terebinthinatum) oder eines Gemenges von gleichen Theilen Honig und Terpenthin, oder eines Gemenges von grüner Seife und pulverisirtem Senfsaamen, oder eines Breiumschlages aus Leinsamen und gequetschten Zwiebeln u. dgl. In jedem Falle muss die Anwendung dieser Büttel in Verbindung mit Wärine geschehen, und zwar so, dass die letztere möglichst gleichmässig in einem massigen Grade erhalten wird. Dies geschieht durch fleissige Erneuerung der Breiumschläge oder durch Auflegen eines Felles, wollenen Lappen u. s. w. über die genannten Mittel. Bei grosser Torpidität ist selbst das Ungt. Cantharidum eiu vortreffliches Mittel zur Beförderung der Eiterung. Dagegen sind Kälte und alle zusammenziehend wirkende Mittel hierbei nachtheilig.
Wenn der Abscess bei der Anwendung dieser Mittel seine Reife erlaugt hat, d. h. wenn er deutliche Fluctuation zeigt, und dabei in seinem Umfange nur noch wenig oder gar keine entzündliche Härte zu fühlen ist, so tritt die Erfüllung der zweiten Indication, die Eröffnung des Abscesses ein. Sehr häufig bildet sich jedoch eine Oeff-nung von selbst, wenn der Abscess nahe unter der Haut liegt, und man kann daher in diesem Falle, besonders aber, wenn er in drüsigen Theilen seinen Sitz hat, oder wenn er nur iu einem kleinen Umfange besteht, diese Selbsthilfe der Natur abwarten. Oeffnet man einen Abscess zu früh, während noch viel Härte im Umfange desselben besteht, so wird dadurch nicht selten die weitere Eiterbildung unterdrückt und eine stärkere Verhärtung begünstigt. Werden dagegen Abscesse zu spät geöffnet, so wird hierdurch die Resorption des Eiters, die Zerstörung der umliegenden Theile, die Bildung von Versenkungen und Fisteln, begünstigt. Es gehört daher eine genaue Beachtung der Ausbildung des Abscesses und die Berücksichtigung der neben ihm bestehenden Verhältnisse dazu. Man wird aber stets die
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Behandlung.
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künstliche Eröffnung und Entleerung der Abscesse, sobald dieselben reif sind, in folgenden Fällen bewirken müssen: 1) wenn durch die Ansammlung des Eiters in sehr empfindlichen oder unter sehr gespannten Theilen heftige Schinerzen erzeugt werden; — 2) wenn sich der Eiter unter dicken Muskeln und unter sehnigen Häuten ansammelt, wo durch sein Verweilen im lockern Zellgewebe leicht Senkungen entstehen; — 3) bei Eiterungen unter hornigen Decken im Hufe und in den l^auen; #9632;— 4) wenn der Eiter in der Nähe von Höhlen und Gelenken liegt, und der Abscess nach innen aufbrechen oder durch den Druck auf innere Orgaue üble Zufalle erzeugen könnte; und — 5) wenn er in der Nähe von Knochen oder Sehnen liegt, und eine Zerstörung dieser Gebilde verursachen könnte. Wenn dagegen ein Abscess seine Lage unter grossen Blutgelassen und Nerven hat, welche man bei der künstlichen Eröffnung leicht verletzen kann, so lange diese Theile noch mit entzündlich verdichtetem Zellgewebe umgeben sind, schiebt mau die Eröffnung gern für einige Tage auf, weil dann, der Erfahrung zufolge, durch die stärkere Ansammlung des Eiters sich die Haut von den übrigen Theilen mehr entfernt, und diese somit bei der künstlichen Eröffnung mehr gegen Verletzungen gesichert werden.
Die Oeffnung eines Abscesses macht man immer an der Stelle derselben, wo die Haut am dünnsten und die Fluctuation am deutlichsten zu fühlen ist; ist aber dies in einem grösseren Umfange der Fall, so wählt man hierzu die niedrigste Stelle. Bei grossen Absces-sen muss man überhaupt die Eröffuungs-Stelle immer so wählen, dass der Eiter einen möglichst freien Abfluss erhält, und deshalb muss mau zuweilen entweder die Oeffnung von dem dünnsten Theile der Abscesswand anfangend bis zu einer mit dem Innern der Abscess-hühle gleichmässig niedrigen Stelle verlängern, oder man muss noch eine zweite Oeffnung in der Gegend dieser niedrigen Stelle machen. Die Grosse der zu machenden Oeffnung muss sich nach dem Umfange und nach der Tiefe des Abscesses richten, bei dicken Abscess-wänden aber stets lieber etwas zu gross als zu klein sein, damit der Eiter immer grösstentheils freiwillig ablliessen kann, und der Thier-arzt nicht nöthig hat, ihn gewaltsam herauszudrücken oder auch die Oeffnung bald wieder zu erweitern, wenn sich dieselbe schliesst, während die Eiterung in der Tiefe noch fortbesteht. Ein bestimmtes Maass für die Grosse der Oeffnungen bei den verschiedenen Ab-scessen lässt sich jedoch im Allgemeinen nicht angeben; für kleine Abscesse genügt eine Oeffnung in der Grosse, dass man mit der Spitze eines Fingers in die Höhle eindringen kann, und für grosse Abscesse ist eine Oeffnung von circa 3 bis 4 Zoll Länge ausreichend.
Die von selbst entstandenen Oeffnungen der Abscesse haben und erhalten sehr olt nicht die verhältnissmässige Weite und müssen dabei' gewöhnlich noch kuustmässig vergrössert werden.
Die künstliche Oeffnung kann auf dreierlei Weise bewirkt werden, nämlich: 1) mittelst Stehneideader und stechender Instrumente; 2) durch Aetzmittel; und ?gt;) durch glühende Eisen.
I. Für die erste Art der Eröffnung benutzt man entweder die
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Eiterung.
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Lanzette oder das Bistouri, oder auch bisweilen deu Troikar. Die Lanzette gebraucht mau vorzüglich, wenn der Abscess oberflächlich liegt, und nicht mit zu dicker, harter Haut bedeckt ist. Man operirt mit ihr folgendcrmaassen: man nimmt die Klingle zwischen die Spiz-zen des Daumens und ZeigeGngers der rechten Hand, soweit von der Spitze entfernt, als man zum Eindringen des Instrumentes bis zum Eiterheerde fiir nothwendig hält. Nachdem man mit den Fingern der linken Hand die Haut auf dem Abscjsse noch etwas mehr angespannt hat, sticht man das Instrument an dem ausgewählten Orte schnell und kräftig in die Wand des Abscesses ein, bis neben der Klinge der Eiter herausquillt. Letzteres zeigt, dass man die Eiterhöhle wirklich erreicht hat. Nun zieht man das Instrument zurück, und vcrgrössert dabei die durch den Stich gemachte Oeflhung, indem man die Spitze vorher ein wenig gegen die Wand gehoben, oder entgegengesetzt gesenkt hat.
Das spitze Bistouri ist in den meisten Fällen der Lanzette vorzuziehen, besonders da, wo der Abscess sehr tief liegt, oder die ihn bedeckenden Theile sehr derb oder hart sind. Man hält dasselbe beim Einstechen entweder ebenso wie die Lanzette, oder noch besser, wie eine Schreibfeder, so dass das Heft in der hohlen Hand, der Daumen und Mittelfinger an den beiden Flächen der Klinge, der Zeigefinger aber auf dem Kücken derselben liegt. Mau kann auf diese Weise bei dem Einstich mehr Kraft anwenden. Der Einstich und die Erweiterung werden übrigens ganz auf dieselbe Weise gemacht, wie mit der Lanzette.
Liegt der Abscess sehr tief und in der Nähe wichtiger Theile, so kann man, um Verletzungen derselben zu verhüten, die Haut und die nächsten Schichten der Abscesswaud durch einzelne seichte Schnitte trennen, und dann in der Wunde die Fluctuation, so wie die ferner zu schonenden Theile durch vorsichtiges Fühlen zu erforschen suchen. Diese Vorsicht ist besonders bei tief liegenden Ab-scessen an den Brust- und Bauchwänden und am Halse zu beachten. Zur Entleerung des Eiters unter hornigen Theilen ist es noting, dieselben mit einem Hufmesser, oder mit einem Rinnmesser, oder mit einem Hufbohrer zu durchschneiden und dann sogleich alles völlig getrennte Horn der Sohle oder des Strahls völlig zu entfernen.
Den Troikar benutzt man ausnahmsweise in solchen Fällen zur Erölfnung eines Abscesses, wenn derselbe unter wichtigen Gefassen liegt, die letzteren aber in der stark geschwollenen und entarteten Abscesswand weder durch das Gefühl noch durch das Gesicht zu erkennen sind. Ein schneidendes Instrument führt hierbei leicht sehr bedeutende Verletzungen und Blutungen herbei, während der Troikar neben den Gefassen vorbeigleitet und dieselben nicht verletzt. Das Instrument führt aber den Mangel mit sich, dass die von ihm gemachten Oeffnungen zu klein sind, sich bald wieder schliessen, und deshalb nach kurzer Zeit wiederholt gemacht werden müssen.
11. Die Eröffnung der Abscesse durch Aetzmittel ist in der Thierheilkunde höchst wenig im Gebrauch, und fast allein auf sogenannte kritische, metastatische und dyskratische Abscesse beschränkt. Man wendet die Aetzmittel bei diesen Abscesscn zuweilen
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Behandlung.
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aus dem Grunde an, weil die Letztern gewöhnlich theils einen sehr uiederu Grad von Thätigkeit, und ausserdem eine spezifische krankhalte Thätigkeit besitzen, welche man durch das Aetzmittel uinstim-inen will. Es wird bei diesem Verfahren auf die von Haaren ent-blösste Haut auf die Spitze der Eiterbeule ein Stückchen Aetzkali, oder Höllenstein, oder Chlorzink, oder Aelz-Sublimat gelegt, oder diese Substanzen werden mit Mehl und Wasser zum Teige gemacht, etwa 2'—3 Linien dick in einem solchen Umfange, wie die Abscess-ötfhuug gross werden soll, aufgestrichen, und dann wird zum Festhalten und zum Schutz des Mittels ein Klebepflaster oder sogenanntes Heftpflaster (Einplastrum adhaesivum, Empl. Lithargyri composi-tum) darüber gelegt.
Das Aetzmittel bewirkt nun, je nach der Dicke der Haut, in Zeit von 24 bis 48 Stunden eine Zerstörung derselben und die Bildung eines Schorfes. Den Letzteren kann man mit einem Messer durchstechen und dann den darunter befindlichen Eiter entleeren; oder man kann den Schorf durch warme Breiumschläge und durch den dadurch vervollständigten Eiterungsprozess zum Abfallen bringen. Immer ist also dieses Verfahren langsam zum Ziele führend, und mit mehr Umständen verbunden, als die Eröffimng der Abscesse mit Instrumenten.
IH. Die Eröffnung mit dem glühendeu Eisen findet unter denselben Umständen, wie die Anwendung der Aetzmittel, statt, fuhrt aber schneller, als die Letztere zum Ziele, ist leicht ausführbar, und verdient deshalb den Vorzug.
Man benutzt hierzu ein spitzes weissglühendes Brenneisen, mit welchem man an der geeigneten Stelle des Abscesses die äussere Wand desselben bis zum Eiterheerde durchbrennt. Es erzeugt sich auch liier ein Schorf, welcher jedoch nur au den Rändern der Ab-scessöffuung sitzt, und bald früher, bald später durch die Eiterung wieder entfernt wird.
Nach der Oeffnung auf die eine oder auf die andere Weise entleert sich der grösste Theil des Eiters gewöhnlich von selbst, und man darf daher nur einen gelinden Druck auf die seitlich neben dem Abscess befindlichen Theile anbringen, um diese Entleerung zu vervollständigen. Hierauf untersucht man mit einer Sonde, oder noch besser mit einem Finger die Abscesshöhlc, ob Seitengänge vorhanden sind, ob Knochen oder andere Theile im Abscess blossliegen oder bereits angegriffen sind u. s. w., um hiernach die weitere Behandlung einzurichten. Diese ist zum Theil von der Form und Ausbreitung der Abscesshöhlc, zum Theil von der Beschaffenheit der in derselben befindlichen Theile, und ausserdem von der Bildungsthätigkeit in der Oberfläche des Abscesses abhängig.
In ersterer Hinsicht ist nichts Besonderes zu thun, wenn die Abscesshöhlc in einem massigen Umfange besteht, eine nicht zu ungleiche Oberfläche besitzt, und wenn die Oeffnung sich an einer niedrigen Stelle vorfindet, so dass ihr Eiter beständig einen guten Ablluss hat.
Wenn aber ungleiche Vertiefungen, oder röhrenförmige Gänge (Fisteln) bestehen, oder wenn die Oeffnung sicli nicht an der abhän-
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Eiterung.
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gigsleu Stelle des Abscesses befindet, so verlangen diese Formver-scliicdeuheiten auch eine besondere Berücksichtigung. Hinsichtlich des Letzteren ist bereits angedeutet worden, dass man die Oeffnuug entweder nach unten zu angemessen erweitern oder an einer schicklichen Stelle eine Gegenoffnung machen müsse. Um diese zu bewirken, führt man in die Abscesshöhle eine dicke Sonde, oder eine ilaarseilnadel ein, drückt die Spitze des Instruments an der niedrigsten Stelle der Höhle von innen nach ausseu gegen die Wand des Abscesses, macht dadurch diese Stelle äusserlich bemerkbar, und schneidet dann an derselben die VVeichgebilde durch, bis mau in die Höhle des Abscesses gelangt. Die so gemachte Oeiliiung muss dieselbe Grosse haben, wie die zuerst gemachte Oeffnuug. Bei Fistel-gängeu verfährt man ganz auf dieselbe Weise, oder man führt in die Höhle des Abscesses und in den Fistelgang eine Troikar-Nadel, oder die scharfe englische Uaarscil-Nadel, und durchbohrt mit diesen Instrumenten die Abscesswaud von innen nach aussen, und erweitert dann die so gebildete üelfiiung mittelst einer in sie eingebrachten Hohlsoude und eines Bistouii's bis zur hinreichenden Grosse.
Um das zu schnelle Zuwachsen der Oeffimngen bei grossen Ab-scessen und bei Fistelgüngcn zu verhüten, kann man ein Band durch die beiden üeffnungcu und den Abscess oder die Fisteln ziehen, dasselbe täglich ein -wenig hin- und herbewegen, und es bis zur eingetretenen Ausfüllung der Höhlen mit guter Granulation liegen lassen. Uebrigeus hat man bei einfachen Ahscessen täglich den Eiter geliud aus der Oeffnuug herauszudrücken, und die Umgebung mittelst eines Schwammes und lauwarmen Wassers zu reinigen. Wenn aber der Eiter aus den tiefern Stellen nicht ablliesst, kann man diese mit lauwarmem Wasser sanft ausspritzen. Eine zu gründliche Entfernung des Eiters ist mehr schädlich als nützlich. — Bei reichlichem Aus-Iluss oder bei scharfer Beschaffenheit des Eiters ist es gut, unter die Oell'nungen auf die Haut etwas Fett, oder die einfache Wachssalbe zu streichen, um die Haut und die Haare gegen die chemischen Wirkungen des Eiters zu schützeu.
Finden sich aber in einem Abscess sehr gespannte Sehnen, welche gegen andere Weichgebilde Druck und Reibung verursachen, so ist es zweckmässig, dieselben au der dünnsten Stelle zu durchschneiden. Dagegen müssen Gelasse und Nerven und biossliegende Knochen möglichst gegen Verletzungen und Reizungen geschützt werdeu.
Hinsichtlich des Zustandes der Lebensthätigkeit in dem Abscess und in seiner Umgebung hat man den Grad der nach der Eröffnung desselben noch fortbestehenden Entzündung, so wie die Qualität des Eiters und der Granulation zu berücksichtigen. Ist im Umfange des Abscesses noch viel Geschwulst, Härte, dunkle Röthe und Schmerz, so ist die Anwendung der erweichenden, lauwarmen Breiumschläge noch noting bis zur Beseitigung dieser Zufälle. Besteht aber noch viel Härte mit wenig vermehrter Wärme, mit wenig Empfindlichkeit, und ist die Haut oder die innere Fläche des Abscesses blass, so müssen die erregenden Bleiumschläge, die harzigen Salben und ein recht
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Behandlung.
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warmes Bedecken des Abscesses in Anwendung kommen, bis der grösste Theil der Härte sich verloren hat.
Bei dem Gebrauch dieser Mittel kann sich gute Eiterung und gute Granulation bilden und die Heilung des Abscesses erfolgen. Dieselbe ist ganz das Werk der organischen Bildungsthätigkeit, und es darf dieselbe nur geregelt und unterstützt werden. Findet man daher den Eiter von gutartiger Beschaffenheit, so darf der Abscess nur mit lockerm Werg oder mit Charpie bedeckt, oder mit einem indifferenten vegetabilischen Pulver, z. B. Bärlapp-Samen (Semen Lycopodii) oder IVlehl, oder mit fein gepulverter Holzkohle bestreut, und gegen die Einwirkung der Atmosphäre geschützt werden. 1st aber der Eiler dünnflüssig, die Granulation blass und sehr langsam wachsend, so fehlt es in dem Abscess an einem genügenden Grade der Bildungsthätigkeit, und man muss deshalb dieselbe mehr anregen. Dies geschieht dadurch, dass man in den Abscess die sogenannten Digestivmittel, als Eiterung befördernde Mittel bringt, wie z. B. die Allhee-Salbe, die Königs-Salbe, die Terpenthin-Salbe, ein Gemenge von Terpenthin und Eigelb in verschiedenen Verhältnissen, oder auch die Elcmi-Salbc. In Abscesse mit Fistelgängen oder mit Nebenhöhlen kann man unter solchen Umständen auch das sogenannte Digestivwasser') einspritzen, oder Werg oder Charpie damit befeuchtet in die Höhle bringen. Diese Mittel werden täglich zwei Mal angewendet, bis der Eiter sich von besserer Beschaffenheit zeigt.
Findet sich aber eine sehr reichliche Eiterung und sogenannte üppige Granulation ein, so ist in der Regel ein zu reichlicher Zu-fluss von Blut zur eiternden Stelle der physiologische Grund hiervon, aber die veranlassenden Ursachen dieses Zustandes finden sich entweder 1) in einem örtlichen Beize im Abscesse selbst, oder 2) in einer zu reichlichen Plaslicität des Blutes, in einer zu regen allgemeinen Bildungsthätigkeit.
In ersterer Hinsicht sind als specielle Ursache zuweilen fremde Körper, z. B. Dornen, Knochensplitter, halb aufgelöste Knorpel, Sehnen - und Bandfasern u. dgl. — oder eine zu reizende Behandlung, namentlich die zu lange fortgesetzte Anwendung der Harz-Salben, der ätherischen Gele, der wannen Breiumschläge u. s. w., — und in letzterer Hinsicht ist eine zu reichliche Ernährung und der Aufenthalt in einem zu warmen Stall zu beschuldigen. Diese Ursachen der zu reichlichen Eiterung müssen nach ihrer Art beseitigt werden, und ausserdem benutzt man Einstreupulvev von Holzkohle, von schwach bittern oder von gelind adstringirenden Mitteln; oder man lässt den Abscess ganz unbedeckt und der Einwirkung der Luft ausgesetzt, welche hier immer gelind austrocknend wirkt. Bei gutem Ernährungszustande ist ausserdem magere Diät und von Zeit zu Zeit wiederholt ein Abführungsmittel nützlich.
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') Dasselbe besteht aus Terpenthin sect;j, abgerieben mit dem Gelben von 2 Eiern und mit 1 Pl'und Kalkwasser. Wolstein Hess auch noch 1 bis % Quentchen Peru-Balsam zusetzen, — was jedoch nicht nüthig ist.
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Eiterung.
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Wie mit der ßescliafTeuheit und Menge des Eiters sich auch gewöhnlich die Beschaffenheit und das \gt; achsthum der (irauulatioii iibereiustiiniuend findet, so werden daher auch die Abweichungen der Granulation in der ersten Zeit, und wenn sie nur in einem geringen Grade hervortreten, mehrentheils durch dieselben iVlittel regu-lirt, durch welche die Eiterung verbessert wird; allein nicht immer gelingt dies, und deshalb ist es zuweilen nöthig, auf die üppige Granulation eine besondere Rücksicht zu nehmen. Weicht die üppige Granulation nicht bei der gegen die zu reichliche Eiterung angegebeneu Behandlung, und wenn die vorhin bezeichneten Ursachen dieser zu reichlichen Absonderung beseitigt sind, und findet sich in dem Abscess kein krankhafter Zustand an Knochen, Knorpeln oder fibrösen Theilen, so kann man bei einem gelinden Grade der Wucherung die stärker- austrocknenden Mittel anwenden, wie z. B. Pulver von Eichenrinde, von Tormentillwurzel, von Galläpfel, weissen Zucker, Tabacksasche, oder eine Auflösung von Zinkvitriol (1—-2 Drachmen auf G Unzen Wasser), von Kupfervitriol in gleicher Concentration, von Höllenstein Q Drachme auf 6 Duzen destillirtes Wasser) u. dgl. Bei sehr üppiger Granulation müssen aber die wirklichen Aetzmittel (der Höllenstein in Substanz, der Zink- und Kupfer-Vitriol, der gebrannte Alaun, der Aetzkalk, das Aelzkali, das aus beiden erzeugte Wiener Aetzpulver, die Spicssglanzl)uttcgt;-, das Chlorziuk, die Schwefel-, Salz- und Salpetersäure), oder das glühende Eisen zur Zerstörung der üppigen Massen bis auf den Grund derselben, angewendet werden. Es ist aber stets die Vorsicht zu beachten, dass diese Mittel nicht zu reichlich auf die kranken Gebilde gebracht, und mit diesen zugleich die darunter befindlichen gesunden Thcile zerstört werden. — Das Brenneisen verdient vor den meisten der genannten Mittel den Vorzug, weil man seine Wirkungen ziemlich sicher abmessen und begrenzen kann, weil es augenblicklich wirkt, und weil der von ihm erzeugte Schorf sich eher ablöst, als der von dem chemischen Aetzmittel erzeugte. In denjenigen Fällen, wo grosse Granulations - Massen an einzelnen Stellen ungleich hervorwachsen, ist das kürzeste Verfahren zur Beseitigung derselben, dass man sie mit einem Messer oder mit einer Scheere abschneidet und dann die Wundfläche mit dem glühenden Eisen massig brennt. Die Brand-und Aetzschorfe lässt man ruhig sitzen, bis sie von selbst abfallen. Erweichende Mittel sind hier unzweckmässig.
Als besondere Verfahren, um den üppigen Wachsthum einer übrigens gesunden Granulation und bei gesundem Grunde zu beschränken, sind noch Einreibungen der Cantharidensalbe auf die Umgegend des Abscesses, und die Anwendung eines gleichinässigen Druckes auf die Granulationen vermittelst eines fest angelegten Verbandes, zu nennen.
Nicht selten finden sich in Abscessen, in eiternden Wunden und Geschwüren einzelne Fleischwärzchen, welche schnell in einer ungewöhnlichen Grosse über die Oberfläche des Geschwürs hervorwachsen, und gewöhnlich ein dunkelrothes Ansehen haben. Bei genauerer Untersuchung findet sich mehrentheils an ihrer Spitze eine
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kleine Oeffuung, in welche mau mit einer Sonde bald mehr bald weniger tief eindiingen kann, und am Grunde dieses Ganges in der Kegel einen von der Beinhaut ganz entblössten, oder einen kranken, rauhen Kuochentheil, oder eben solche Theile au Knorpeln, Bändern oder Sehnen lühlt. Jn solchen Fällen sind jene üppigen Granulationen nur die Folge des eben bezeichneten örtlichen Leidens, und sie sind daher auch durch alle die genannten lUittel nicht griiudlich zu beseitigen, so lange als dieser kranke Zustand fortbesteht. Deshalb müssen diese Fleischwärzchen entweder bis auf den kranken Grund abgetragen, oder sie müssen von den Gängen her mittelst der Hohl-sonde und des Bistouris gespalten, und die-kranken Stellen blossge-legt werden, — worauf Mittel, welche die Abblätterung befördern (das glühende Eisen, ätherische Gele u. dgl.) ihre Anwendung finden.
Die zu träge Granulation ist ebenfalls entweder in bloss örtlichen, oder auch in allgemeinen Missvcrhällnissen des plastischen Prozesses begründet. Als örtliche, den Bildungsprozess störende Ursachen kann man betrachten: einen zu geringen Grad und einen sehr lorpiden Charakter der vorausgegangenen Entzündung, die während der Abscessbildung oder nach derselben noch fortgesetzte Anwendung der Kälte, daher auch die mangclhafle Erwärmung der etwa angewendeten Breiumschläge, und die unpassende oder zu lange fortgesetzte Anwendung der adstringirenden und der Bleimittel.
Als allgemeine Ursachen der mangclhaflcn Bildungsthätigkeit gellen: ein zu jugendliches und entgegengesetzt ein zu hohes Alter, mangelhafte Ernährung, grosser Blutverlust, zu reichliche Ausleerungen, dabei- auch eine zu schwächende Behandlung bei der vorausgegangenen Entzündung, vorausgegangene oder noch fortbestehende dyskrasische Krankheiten u. dgl. — Diese Ursachen müssen beseitigt, die Kräfte des Thiercs durch gute INahrnngsniillcl in hinreichender Menge, durch bittere oder bitter-aromatische Arzneimittel, durch Ruhe, reine Luft und gelinde Wärme gehoben werden; und örtlich sind die bereits oben genannten Digestivmiltel, und bei diesen ganz besonders die rothe Präcipitat-Salbe Q — 1 Drachme rothen Queck-silber-Präripitat zu einer Unze Wachssalbe oder Terpenthiusalbe gemengt) und warme Breiumschläge in Anwendung zu bringen. Hat sich auf der Eiterlläche bereits eine schwielige Haut gebildet, so muss diese durch Betupfen mit einem Aetzmittel oder mit dem glühenden Eisen zerstört werden, bevor man die Digestivmittel anwendet.
Sind die Thiere in Folge einer langwierigen und reichlichen Eiterung abgemagert oder gar mit Zehrfieber behaftet, so muss mau den Sälieverlust durch reichliche Verabreichung der kräftigsten Nahrungsmittel zu ersetzen suchen, und ausserdem die Thiere durch Ruhe, reine Luft, und durch bittere, gelind aromatische und adstrin-girende Mittel unterstützen.
Finden sich während eines Eiteruugsprozesses plötzlich Störungen in einem wichtigen inneren Organe und fieberhafte Zufalle ein, namentlich Zeichen einer empfindlichen Reizung in der Lunge, so ist zu befürchten, dass Eiter resorbirt, und in das Gewebe eines Or-
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Eiterung.
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gans abgelagert worden ist. Ein solcher Zustand ist stets mit grosser Gefahr verbunden, da man der weitern Resorption des Eiters ebenso wenig wie der weitern Ablagerung desselben und der Ent-wickelung der Wirkungen hiervon, auf eine sichere Weise entgegenwirken kann. Es bleibt in therapeutischer Hinsicht hierbei nur übrig: 1) den im Abscess (oder in der Wunde) etwa in Vertiefungen eingeschlossen oder lange Zeit zurückgebliebenen Eiter durch grosse OclTnungeu baldigst und vollständig zu entleeren; 2) die ganze Eiterfläche, und namentlich auch die Wandflächen von den etwa gemachten Kunstschuittcn mit Lapis infernalis zu kauterisiren und dann dieselben mit erweichenden lauwarmen Breiumschlägen zu bedecken, und 3) die Entzündungszufalle in den Organen, in welche der Eiter deponirt ist, durch eine kräftige Antiphlogose zu beseitigen.
Ist endlich in irgend einem Falle die Granulation bis zu den Hautränderu hervorgewachsen, so mindert sich in der Regel auch die AI enge des Eiters, und der Letztere wird zugleich allmälig mehr und mehr eiweisshaltig und zähe, so dass er sich in dünne Fäden ziehen lässt. Bei dieser Beschaffenheit vertrocknet er an der Oberfläche der Granulation zu gelblichen oder bräunlichen Krusten, welche einige Zeit, d. i. gewöhnlich länger als 24 Stunden, sitzen bleiben, und unter -welchen sich die Haut von den Rändern her allmälig mehr und mehr über die Granulation verlängert. Zugleich schrumpft nun die Granulation immer mehr zusammen, und auf diese Weise bildet sich an der Oberfläche derselben eine derbe Schicht oder die Narbe.
Die oben erwähnten kalten oder Lymph-Abscesse öffnet man auf dieselbe Weise, wie die übrigen. Nach der Entleerung ihres zähen Eiters reibt man die Haut sogleich mit Cantharidensalbe ein, und wiederholt dies nöthigenfalls nach Zwischenzeiten von 8 zu 8 Tagen ein- oder zweimal. Sie gelangen hierdurch gewöhnlich bald zur Heilung, während sie bei einer mildern Behandlung stets chronisch werden, und sehr oft örtlich Verhärtungen und eine allgemeine Dyskrasie herbeiführen. In Betreff der letztern muss man bei Pferden während der Kur solcher Absccsse immer sehr aufmerksam sein, und bei eintretenden Störungen im Verdauungsprozess, oder an den Lymphgefässen die geeigneten Mittel, wie namentlich bitter-aromatische, Kupfer- und Spiessglanz-Präparate anwenden, — und wohl auch aus Vorsicht die Patienten abgesondert von andern Pferden halten.
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Behandlung.
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Literatur.
J. G. Wolstein, die Bücher der Wundarzuei u. s. w.
Grasmeyer, Abhaudl. vom Eiter und den Mitteln, ihn von ähnlichen Flüssigkeiten zu unterscheiden. Göttingen 1790.
Gruithuisen, naturhistor. Untersuchung über den Unterschied zwischen Eiter und Schleim durch das Mikroskop. München 1809.
Ginge, anatomisch-mikroskop. Unters, zur allg. u. spez. Pathologie. Hel't 1 u. 2.
Vogel, physiolog.-patholog. Unters, über Eiter und Eiterung. Erlangen 1838.
v. ßibra, chemische Untersuchung über verschiedene Eiterarten und einige andere krankhafte Substanzen. Berlin 1842.
Engel, über Eitergährung des Blutes. Schmidt's Jahrb. 1843. (Bd. 39, Heft 1.)
Renault, de la resorption du pus consideree comme cause du farcin et de la morve. Kccueil de med. vet. 1834. p. 393. 1835. p. 1 und 169.
Tessier, sur la diathese purulente. Im Journ. l'Experience, an. 1838.
Günther, J. M. F., Wie lange bedürfen Entzündungsknoten n. Eiter-heerde in den Lungen (sogen. Lungenknoten) zu ihrer Erzeugung ? Zeitschr. f. Thierheilkunde u. Viehzucht. 2. Bd.
Spinola, Dr. W. T. J. Ueber das Vorkommen von Eiterknoten-Ab-scessen (Vomicis) in den Lungen der Pferde. Giesseu 1839. Zeitschrift f. Thierheilkunde. Bd.
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Viertes Capitel.
Vom Brande.
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Als Brand, Absterbung (Gangraena, IVIortificalio, Mumificatio, Sphacelus, Necrosis) bezeichnet man das Absterben eines Theils des Thierkörpers, wenn es mit chemischer Zersetzung (Fäulniss) der organischen Substanz verbunden ist.
Diese Absterbung kann a) durch Entzündungen und b) durch alle anderen Ursachen herbeigelührt werden, welche in einem organischen Gebilde die Nerventhätigkeit oder den Kreislauf des Blutes (oder beide Einflüsse zugleich) aufheben und dadurch einen Stillstand im Stoffwechsel (in der örtlichen Ernährung) bewirken', wie z. B. durch andauernden Druck, durch das feste Einschnüren mit Binden durch gänzliche Trennung der Jlauptnerven oder Gefassstämine eines Gliedes vor ihrer Theilung, durch hohe Hitzegrade oder strenge Kälte,
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Brand.
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(lurch die Einwirkung tier Actzmittel, der Brandjanche uud einiger Gifte u. dgl. Gcwühnlich wirken mehrere solche Ursachen zugleich: zuweilen sind dieselben nicht zu erkennen 1).
Bei Entzündungen entsteht der Brand entweder dadurch, dass die Reizung in den pcripherlschen Nerven und in den Ilaargefassen bis zur Uebci'reizung steigt, die Lebensthätigkeit erschöpft wird, dadurch Lähmung, Aufhören der Reproduction und hiernach örtlicher Tod entsteht, #9632;—#9632; odet- dadurch: dass in Eolge der Blutstockung in den Haargeiassen die Ernährung des Theils ebenso aufhört, als ob die Gefasse säininüich unterbunden wären.
Man unterscheidet nach dem nur theilweisen oder dem gänzlichen Aufhören der Lebensthätigkeit in den betroll'enen Theilen zwei verschiedene Grade des Brandes, nämlich: a) den sogenannten heissen Brand (d'angraena), und b) den kalten Brand (Sphace-lraquo;s). '— Der Brand in den Knochen wird als Necrosis bezeichnet.
Bei dem heissen Brande bestellen in dem leidenden Theile noch Aeusserungcu des Lebens, und zwar in den Symptomen des höchsten Grades der Entzündung, jedoch in Verbindung mit theilwci-ser Lähmung und mangelhafter Reaction. Bei dem kalten Brande ist aber gänzliche Vbsterbuug des Gewebes zugegen und die Entzün-dungs-Symptome sind vollständig verschwunden, so weit der Brand sich erstreckt, obgleich sie an der Umgebung desselben noch fortbestehen können.
Der heisse sowohl wie auch der kalte Brand können in allen der Entzündung unterworfenen anatomischen Geweben entstehen, und zwar findet man sie einzeln oder beide in einem gegebenen Falle bald nur an einem Gewebe, z. B. allein der Haut, oder im Zellgewebe, oder in den Muskeln u. s. w.. oder es leiden verschiedene (Je-webe des entzündeten Theils gleichzeitig. Im letztern Falle ist es bemerkensvverth, dass gewöhnlich die grössern Gcfässe und Nerven in dem brandigen Theile sich am längsten in ihrer Integrität erhalten.
Der heisse Brand kann natürlich nur in den Fällen vorkommen, in welchen der Brand aus einer Entzündung entsteht; in allen anderen Fällen, wo die Abstcrbuug aus irgend einer Ursache direkt entsteht, bildet sich sogleich der kalte Brand.
In jenen ers leren Fällen ist der heisse Brand gleichsam das erste Stadium oder der Anfang der Abslerbung, und der kalte Brand das zweite Stadium oder die vollendete Absterbung.
Die Erscheinungen, welche den heissen Brand begleiten, sind folgende: die Entzündung steigert sich schnell zu einem bedeutenden Grade; die Farbe der Haut, wenn dieselbe von Natur weiss ist, wird
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1quot;) Eigentliumliche und noch nicht genügend erforschte Ursachen des Brandes sind z. B. das Mutterkorn und die mit Blattläusen, mit Honig- und jUehl-thau verunreinigten Futterpflanzen. Das Erstere hat nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Thieren, wenn es in grosser Menge genossen worden war, ausser andern üblen Zufällen auch das brandige Absterben der Glieder bewirkt: — und durch jene Pflanzen scheint in manchen Jahren das Absterben der weissen Hautstellen hei Pferden erzeugt worden zu sein. Magazin für Thierheilk. 1843. S. 53, 479.
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Brand.
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bläulich, die Hitze wird brennend, aber die .Schmerzen lassen nach, und zwar mitunter plötzlich; dann sinkt auch die Wärme etwas, und die Oberhaut erhebt sich in Bläschen (Brandblasen, Phlyctaena) welche mit blutigem Serum angefüllt sind, und Ijald früher, bald später platzen.
Der kalte Brand äussert sich dadurch, dass die Wärme des Thei-les bis unter die normale Temperatur herabsinkt und die Empfindlichkeit und das Bewegungsvermögen gänzlich erlöschen, und dass hierbei aus oll'cnen Verletzungen eine röthliche oder schmutzig-graubraune stinkende Jauche flicsst.
Der kalte Brand kann jedoch in zweierlei Formen auftreten, und dadurch neben jenen Erscheinungen noch ein verschiedenes Ansehen erhallen. Er erscheint nämlich: a) als Irockucr Brand (Mumifi-catio), wenn die Haut lederartig hart und trocken, schwarz, das Zellgewebe zusanunengeschnnnpft, und der Theil mit wenig flüssigen Säften überhaupt versehen ist: oder b) als feuchter Brand, wenn eine röthliche oder bräunliche, stinkende Jauche in reichlicher Menge das ganze Gewebe erfüllt, und die von ihr berührten Theile auflöst und erweicht, so dass man zuweilen die Haut, das Zellgewebe u. s. w. in Stücken abfallen oder die Ilaare ausfallen sieht. Zuweilen finden sich beide Formen des Brandes zugleich in dem entzündet gewesenen Theile, jedoch in verschiedenen Geweben oder an verschiedenen Stellen vor, wie z. B. bei heftigen Druckschäden am VVidcrrüst, wo zuweilen die Haut lederartig hart (trockener llantbrand, Brandfleck), die darunter befindlichen Theile aber durch Brandjauche erweicht sind.
Die Diagnosis des Brandes ist aus den oben angegebenen Symptomen zu entnehmen, jedoch nicht immer gleichmässig leicht, weil an der behaarten, oft sehr dicken und von Natur dunkelfarbigen Haut unserer Hausthiere die Erscheinungen nicht immer deutlich hervortreten, namentlich aber dann nicht, wenn die Haut nicht selbst vom Brande mit leidet. Es giebt Fülle, wo hierbei der kalte Brand in den Muskeln und im Zellgewebe schon wirklich eingetreten, die veränderte Färbung der Haut aber nicht wahrzunehmen ist, auch die angegebenen Bläschen nicht entstanden sind, und wo auch selbst die Empfindlichkeit der Haut in der ersten Zeit, des Brandes noch nicht gänzlich erloschen ist. In solchen Fällen kann man sich nur allein nach dem plötzlichen Nachlassen der Entzündungs-Symptome bei gleichzeitigem Fortbestehen der Geschwulst mit den Erscheinungen des Emphysems richten, und von dem Zustande der unter der Haut befindlichen Gebilde kann man sich in zweifelhaften Fällen nur durch einen durch die Haut gemachten Einschnitt belehren. Dergleichen Einschnitte können unter diesen Umständen niemals schaden, sondern selbst noch zur Kur nützlich sein. Man findet dann unter der Haut beim feuchten Brande viel Jauche, oft auch Luft (Gase), das Zellgewebe weich, selbst zerfliessend, oft grünlich, die Muskeln weich, schmierig, in eine röthliche oder graue Masse umgewandelt, die Sehnen theilweis in aschgraue Fasern getrennt und erweicht; feste Knochen sind zuerst weiss, später werden sie durch Eindringen der Brandjauche schwärzlich; schwammige Knochen -werden gleich vom Anfange an schwarz.
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Brand.
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In mauclicu Fällen steigert sich beim eintretenden Brande das die Entzündung begleitende Fieber, wenigstens wird die Zahl der Herzschläge und der Pulse dabei vermehrt, aber die Kräftigkeit der Pulse nimmt dabei bedeutend ab, und gewöhnlich sinken dann auch über-liaupt die Kräfte des Tliieies. Zuweilen entsteht beim Eintritt des Brandes ein Fieber, wo während der Eulzüudung es nicht zugegen war. JMan pflegt es als Bra ndfieb er zu bezeichnen. Je mehr die Bildung von Brandjauche stattfindet, um desto mehr wird der Puls klein und weich, die Kräfte sinken immer tiefer, das Alhmen wird beschwerlicher, die Schleimhäute werden schmutzig röthlich, oder selbst bläulich, der Appetit verändert sich oder verliert sich gänzlich, der Blick wird stier, und unter diesen Erscheinungen sterben die Thiere zuletzt an Erschöpfung und Lähmung, — wenn nicht an der brandigen Stelle bei Zeiten eine günstige Veränderung stattfindet. Es ist höchst wahrscheinlich, dass das Fieber und die bezeichneten Folgen desselben zum grossen Theile von der Resorption und dem Ueber-gange der Brandjauche ins Blut entstellen; denn beim trocknen Brande treten diese Zufälle nur selten ein, und ausserdem kann man dieselben auch bei gesunden Thiereu durch Einspritzen der Brandjauche in die Blutadern künstlich erzeugen. Zum Theil sind aber jene Zufalle wohl auch abhängig von der mit dem Brande erfolgenden Verstimmung der Nerventhätigkeit des leidenden Theiles und von der con-sensuellen Uebertragung dieser Verstimmung auf die Central - Organe des Nervensystems.
Die Brandjauchc besitzt eine speeidsche Schärfe, die man fast als ein scharfes Contagium betrachten kann; denn sie ätzt nicht nur an der Oberfläche des Körpers die Epidermis und die Ilaare weg, sondern sie erzeugt auch, wenn man sie in reine Wunden bei völlig gesunden Thiereu bringt, in den betroffenen (Gebilden brandige Zerstörung in einen bald mindern, bald grösseru Umfange '). Und eben so wirkt sie weiter zerstörend an dem Orte ihrer Erzeugung, wenn ihr nicht hier durch einen Eiterungsprozess in den noch lebendigen Theilen eine Grenze gesetzt wird.
Verlauf und Ausgang.
Der heisse Brand ist häufig noch zur Zurückbildung und Zer-theilung geeignet, und dieselbe erfolgt unter günstigen Umständen so wie bei Entzündungen. Der kalte Brand dagegen gestattet keine Zurückbildung; sondern die abgestorbene Substanz trennt sich entweder von der lebendigen ab, und wird durch ueugebildete Masse, soweit wie dies möglich ist, wieder ersetzt, oder die Zerstörung verbreitet sich allmiilig -weiter, und führt den Tod herbei. Das Letztere geschieht entweder durch die mit der organischen Zerstörung ver-
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') Wegen dieser gifligen Eigenschaft der Brandjauche muss man stets die grösste Vorsicht hei ihr anwenden, namentlich jede Einwirkung auf verletzte Stellen an den Händen u. s. w. vermeiden, und die an brandigen Theilen gebrauchten Instrumente gründlich mit Chlorkalk oder Essig reinigen, ehe man sie anderweitig benützt, weil sonst höchst gefährliche Infectionen ent-slehen können. Siehe Magaz. f. Thierheilk. 1846. S. 424 u. f.
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Brand, Behandlung,
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buudene Vernichtung einer oder mehrerer für das Leben wichtiger Fuuctioneu, oder durch allgemeine pulride Umwandlung des Blutes und dadurch bedingte Lähmung der Ccntral-Ürgane des Nervensystems und des Herzeus. 'Die Abscheidung der abgestorbenen Substanz geschieht durch eine an ihrer Grenze entstaudeue stärkere Entzündung und Eiterung. IMau nennt diese Abgrenzung 1) em area tie nslinie. Die Heilung erfolgt dann durch Eiterung und Granulation.
Die Prognosis bei dem heissen Brande ist in den meisten Fällen so lange zweifelhaft zu stellen, bis eine Abnahme seiner .Symptome bemerkbar ist, wo dann die ilofliiung auf Erhaltung des Theils grosser wird; docli hängt sie im specielleii Falle noch von der Wichtigkeit des leidenden Theils, von dem Umfange des Leidens, von dem Gesundheitszustände des Thieres ab. Hinsichtlich des eisten Punktes ist die Beurtheilung beim heissen Brand der Haut und des Zellgewebes günstiger, als wenn das Uebel in tiefer liegenden Theilen seinen Sitz hat; Brand in einem kleinen Umfange hat eine geringere Bedeutung, als wenn grosse Flächen oder ein ganzes Gebilde von ihm ergriffen sind; ist aber Brand nur aus örtlichen-Ursachen entstanden, übrigens das Thier gesund und kräftig, und sind diese Ursachen zu beseitigen, so hat er eine viel geringere Bedeutung, als wenn er die Folge eines allgemeinen krankhaften Zustandes, oder wenn er mit einem solchen Zustande verbunden ist. — Bei der Prognosis des kalten Brandes kommen die eben erwähnten Momente auch in Betracht; da aber die Wiederbelebung des Abgestorbenen nicht möglich ist, so kann es sich hier stets nur um die baldige Entfernung desselben, um Erhaltung des Thieres und um die .Wöglichkeit eines guten Heiluugs-nnd Vernarbungsprozesses handeln.
Die Behandlung des heissen Brandes gründet sich darauf: die Ursache zu beseitigen, die Zeithcilung der Entzündung oder die Eiterung herbeizuführen und den Uebergang in den kalten Brand möglichst zu verhüten.
Demgemäss entfernt man die Ursachen ihrer Art nach, wie z. B. ein zu fester Verband muss gelüftet oder ganz entfernt werden, fremde Körper und ätzende StolTe müssen beseitigt, einschnürende Sehnen oder Wundränder, die Händer von Bruchöli'nungen u. s. w. müssen durchschnitten, und Theile, welche aus ihren Höhlen hervorgetreten sind, müssen in dieselben zurückgebracht -werden. — Besteht in den mit heissem Brand behafteten Theilen grosse Spannung und Infiltration von Blut oder anderen Säften, so sind kräftige Einschnitte das wichtigste Mittel, um durch Entleerung dieser Flüssigkeiten die Spannung und alle Zufälle zu mindern. Brandblasen üllnet und entleert man. Ausserdem wendet man bei sthenischen Entzündungen kalte Umschläge von Wasser, oder noch besser von einer Auflösung des Salmiaks, oder des Kochsalzes, oder des Chlorwassers, oder eine Auflösung von Chlorkalk recht fleissig an. Zeigt sich slel-lenweis eine Spur von Eiterung, so geht man zu lauwarmen Umschlägen von schleimigen Mitteln über. In mehreren Fällen hat. das Auflegen dünner Scheiben von Speck, oder das Bestreichen der leidenden Theile mit einer dicken Schicht Talg, sehr nützlich gewirkt. — Trägt aber die zum Brande neigende Entzündung den Charakter des
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Brand, Behandlung.
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Torpors an sicli. so sind aromatische, spirituöse und adstringirende Mittel in Form von Waschungen oder von Breiumschlägen angeacigt. limerlicli verabreicht man, #9632;wenn die brandige EiitKiindnng einen sthe-nischen Charakter an sich trägt, kühlende Salxe, — bei entgegengesetzter Beschaffenheit des Leidens aber tonische und aromatische Mittel.
Igt;ci der Kur des kallcn Brandes sind iblgeude ludicatioueu zu erfüllen: 1) das Fortschreiten der Absterbung muss man zu verhindern suchen; 2) das Brandige mnss von dem Lebenden durch eine Oemarcationslinic getrennt und dann entfernt werden-, o) die Brandjauche mnss auf dem kürzesten Wege entfernt, und ihre •Vufsaugung muss verhütet werden; und 4) der Eeilungsprozess muss örtlich und im Allgemeinen mit Rücksicht auf den Kräftezustand des Thieres geleitet werden.
Die Erlulluug dieser indicationeu Irilll in mehreren Funkten mit einander zusammen. Hinsichtlich der ersten und zweiten Aufgabe ist es nöthig, im Umfange des bereits Abgestorbeneu die etwa noch vorhandenen Ursachen zu entfernen, und die Entzündung so zu regeln, dass sie in Eiterung übergeht; denn nur dadurch, dass sich au der Grenze der lebendigen Gebilde eine Eiterfläche erzeugt, wird der Brand mit Sicherheit begrenzt. Demgemäss macht man bei grossen Schmerzen auf die kranken Theile lauwarme Umschläge von schleimigen, bei Torpor aber von gelind aromatischen Mitteln, von einem Brei aus Roggenmchl und Bierhefen, oder von Amikablumen u. dgl.
Die zweite Indication wird zuweilen, namentlich bei feuchtem Brande, gewissermassen von selbst erfüllt, indem die erweichten Massen sich theilweise aus ihrem Zusammenhange lösen und abfallen: in den meisten Fällen mnss man aber mittelst schneidender Instrumente und der Pinzette diese Iblösung und Entfernung bewirken. Es ist dabei im Allgemeinen die Regel zu beobachten, dass das \b-schneiden stets nur vorsichtig bis zur Grenze der abgestorbenen Theile und mit Schonung der grösseren Blutgefässe und Nerven bewirkt werde. Durch dieses Ablösen der- brandigen Substanz wird gewöhnlich auch zugleich die dritte indication, die Entfernung der Brand-jauchc, grösstcntheils erfüllt.
Dieses Verfahren ist jedoch nicht in jedem Falle und besonderraquo; nicht immer gleich nach denn Eintritt des Brandes gut auszuführen, #9632;weil man nicht an jeder Stelle die Grenze der abgestorbenen Theile von anssen her deutlich erkennen, und daher auch dieselben nicht überall so vollständig ablösen kann. Man muss sich deshalb gewöhnlich damit begnügen. Einschnitte in die abgestorbenen Theile zu machen und die Brandjauche auszuleeren. Diese Einschnitte werden mit einem Bistouri oder mit einer Lanzette durch die Haut und das Unterhaut-Zellgewebe in die Muskeln oder auch in drüsige Organe, bald mehr, bald weniger tief, und in der Länge von 3—4 Zoll, je nach der Ausdehnung des Brandes, gemacht. Es ist dabei die Vorsicht zu beobachten, dass die Schnitte nicht bis in die gesunden Theile geftihrt werden, weil sonst eine Uebertragung der Brandjauche auf diese bewirkt werden würde. Um die Ausleerung der Jauche zu beifördern, die BeschalFenheit derselben zu ändern und zugleich um-
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Brand, Behandlung.
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iiiiistiminenii auf die angreiiz,eii(leii lebendigen Tlicilc zu wirken, spüll man ilie Schuitlwiirnien mit Seitenwasser, ocier mit einem aromatischen Inlusum, oder mit einer Auflösung von Chlorkalk, oder auch mit Chlorwasser oft wiederholt aus; oder mau legt mit diesen Flüssigkeiten befeuchtetes Werg in die Wunden. Am folgenden Tage macht man die oben angegebenen I'mschlage von Roggcnmehl und ilefeu, oder mau befeuchtet die Wunde mit Holzessig, oder mit einer Auflösung von Kreosot (3j in 1 Pfund aromat. Inlusum), oder mit kampherspiritus: und wo die Absonderung von Jauche sich ferncr-hin noch sehr reichlich zeigt, streut man ein Gemenge von drei Thei-len Kohlenpulver mit einem Theil Chlorkalk, oder mit gleichen Thei-len Kamillcnpulver in die W nnden. I ;cber die ganze kranke Fläche und die angrenzenden Theile macht mau die bereits erwähnten Umschläge von schleimigen oder aromatischen Mitteln.
Zeigt sich bei dieser Behandlung nach ein oder zwei Tagen an der (jirenze oder im Grunde der brandigen Theile eine Spur von Eiterung, so befördert man dieselbe durch Verbinden mit einer gelind reizenden Harzsalbe, welche jedoch nur so lange gebraucht werden darf, bis gute Eiterung eingetreten ist. Durch die Eiterung wird alles Brandige völlig von dem Lebendigen abgelöst, und die Bildung einer guten Granulation begünstigt. Diese wächst nach brandiger Zerstörung gewöhnlich mit grosser Lebhaftigkeit hervor, so dass die Vusfnllung einer Lücke hiernach schneller als bei Wunden mit Substanzverlust zu erfolgen pflegt. Allerdings hat diese Regeneration auch hier ihre Grenzen, und es bleibt nicht selten ein grosser Theil der durch den Brand zerstörten Substanz nnersetzt. Die Leitung des Heilprozesses, wenn erst gute Granulation eingetreten ist, geschieht dann ganz so, wie bei ein lachen Abscessen.
Wenn an tlen Gliedmaassen, an den Ohren oder am Schwänze eines Thieres das äussere Ende dieser Theile durch den Brand zerstört, oder seiner Weichgebilde ganz oder grösstentheils beraubt ist, so kann man ein so verstümmeltes Ende an der Grenze der lebendigen Theile ablösen (ampulireii) und dann die Ueberheilung und \ ernarbung des Stumpfes durch die Eiterung und Granulation zu bewirken suchen, doch muss man mit der Amputation stets so lauge warten, bis der Brand einen .Stillstand gemacht hat, und die Demar-•#9632;ationslinie gebildet ist, weil sie sonst of| vergeblich gemacht werden würde.
Während der örtlichen Behandlung der mit kaltem Brand behafteten Theile muss auch häufig eine innerliche Behandlung der Thiere stattfinden. Dieselbe muss auf Unterstützung der Kräfte und Erregung einer guten Verdauung, so wie auf Beförderung kritischer Ausleerungen abzwecken. Alan giebt deshalb bei mangelhaftem Appetit und gelblicher Färbung der Schleimhäute zuerst bittere Mittel mit massigen Gaben von schwefelsaurem Kali oder Natron oder von Kochsalz, und weiterhin, wenn der pulridc Charakter des Fiebers hervortritt, bitter-aromatische Mittel, in Verbindung mit Arnika oder adstringirenden Mitteln und mit Mineralsäuren, — bei starken Sinken der Kräfte auch in Verbindung mit Kampher oder mit Terpen-
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Verbrennungen.
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tiuöl. Die Diät muss ebenfalls auf Kräftigung und gute Ernährung gerichtet sein, daher in guter, kräftiger Nahrung, in frischer reiner Luft, in Reinlichkeit überhaupt und in einem ruhigen Verhalten bestehen.
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Literatur.
Hancke, Ueber den heissen und kalten Brand. Breslau 1840. Jäger, Artik. Gaugraena, im Berlin, encyclopäd. VVörterb. d. mediz.
Wissenschaften. Renault, de la gangrene traumatique. Paris 1840.
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A n li a ii g.
Verbrennungen, Aetzungen, Erfrierungen, Rothlauf und Rheumatismus.
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A. Verbrennungen. Ambustiones, Combustiones.
Wenn Feuer, schmelzendes Metall, oder glühende, oder bis zum Sieden erhitzte Substanzen auf den Thieikörper einwirken, so entstehen hierdurch sehr schnell Entzündungen von verschiedenen Graden, oder selbst brandige Zerstörungen, je nach dem Erhitzuugsgrade der verletzenden Substanz und nach der Dauer ihrer Berührung mit den betrollenen Theilen. Wan nennt diese Einwirkungen vom oll'enen Feuer und von trockenen heissen Substanzen Verbrennungen, von flüssigen Substanzen aber Verbrühungen.
Verbrennungen und Verbrühungen kommen bei verschiedenen Gelegenheiten (erstere auch als Heilmittel absichtlich erzeugt) und in verschiedener Ausdehnung vor. Nach dem Grade ihrer Einwirkung und der entstandenen Reaktion pflegt man gewöhnlich vier Grade der Verbrennungen zu unterscheiden; nämlich:
Der erste Grad ist eine oberflächliche Reizung der Haut (Erythema). Ist die letztere mit Haaren besetzt, so findet man dieselben nach der Einwirkung von Feuer angesengt, sonst wohl auch strup-pigt, ohne Glanz, sie bleiben aber sitzen oder fallen erst nach einiger Zeil aus; ist sie ohne Haare, so wird sie etwas heisser und empfindlicher, und wenn sie von Natur weiss war, wird sie auch röther. Diese Zufälle verlieren sich in kurzer Zeit von selbst.
Bei dem zweiten Grade treten wirkliche Entzündungszufälle hervor; die Haare sind bis auf die Haut abgesengt, oder sie fallen bald aus; die Haut schwillt an, wird sehr empfindlich, und wo sie
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Verbrennungen.
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sonst weiss war, wird sie roth. Wenn die Hitze auf eine grössere Fläche einwirkte oder sehr empfindliche Theile betraf, findet sich hierzu oft auch ein Reizfieber.
Bei dem dritten Grade besteht heftige Entzündung mit schnell folgender Ausschwilzung und oft auch Eiterung. Durch die Hitze ist die Oberhaut ertödtet und wird entweder gänzlich zerstört oder durch eine unter ihr auf der Cutis ausgeschwitzte seröse Flüssigkeil in Blasen erhoben. Letzteres geschieht bald mehr bald weniger schnell, je nach dem Grade der eingewirkten Hitze und nach dem Säflereichthum des betroffenen Theiles. l'ebrigens sind die Zufälle des vorigen Grades zugegen. Jene Blasen sind von verschiedener Grosse; manche platzen und vertrocknen, in anderen wird die seröse Flüssigkeit nach einigen Tagen eiterartig und jauchig und es bilden sich Geschwüre von verschiedenem Umfange und verschiedener Tiefe.
Der vierte Grad der Verbrennung ist eine wirkliche Zerstörung der betrolfenen Theile bis durch die Haut, oder der kalte Brand, — und zwar gewöhnlich nach dem Verbrennen der trockene, nach dem Verbrühen der feuchte Brand. Doch erscheint die Absterbung auch im letzteren Falle zuweilen als trockener Brand. Nach dieser Verschiedenheit ist die Haut bald pergamentarüg, trocken, selbst in einem Schorf verwandelt, bald weich, feucht, aufgelöst, ohne Zusammenhang in sich und mit der Umgebung. — So weit die Absterbung besteht, fehlt natürlich die Empfindlichkeit; im Umfange jener ist dieselbe aber gewöhnlich sehr gross, und eben so findet sich hier Geschwulst und (an weisser Haut) auch Röthe. Je nach der Ausbreitung und nach dem mehr oder weniger tiefen Eindringen der Zerstörung ist hier auch die allgemeine Erregung und das Fieber bald sehr bedeutend, bald auch nur gering.
Wenn Verbrennungen bei Gelegenheit einer in einem Stalle aus-brochenen Feuersbrunst entstehen, wird gewöhnlich auch in Folge des Einathmens des scharf empyreumatischen Rauches eine heftige Reizung der Respirationsorgane, oft auch eine wirkliche Entzündung der Schleimhaut in der Nase, der Rachenhöhle u. s. w. bis in die Lungen erzeugt. In solchen Füllen stehen die Thierc traurig, senken den Kopf, haben einen stieren Blick, heftiges Fieber mit kleinem unterdrückten Pulse, das Athmen ist beschleunigt, aber die Züge geschehen kurz und unvollständig, die Schleimhaut der Nase und des Maules ist dunkelroth, selbst livide, die erstere zuweilen auch mit Blasen oder mit Excorationen besetzt, und aus der Nase lliesst eine schaumige Flüssigkeit; bei manchen Thieren besteht ein kurzer, schmerzhafter Husten; der Appetit ist sehr gering und die Patienten werden in kurzer Zeit sehr matt. •— In denjenigen Füllen, wo ein Theil der Bauchdecken zerstört worden ist, entstehen zuweilen Ko-likschmerzeu, und zwar bald gleich nach der Verbrennung, bald erst später, wenn die Eiterung eintritt und die Haut sich ablöst. Gewöhnlich liegt diesen Zufällen eine Bauchfell- oder Darmentzündung zum Grunde.
Die Prognosis ist in den einzelnen Fällen sehr verschieden, nach den verschiedenen Graden der Verbrennungen, nach der Ausbreitung derselben, nach der Wichtigkeit der Zartheit und Empfind-
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Bcliandlung.
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liclikeil dor verletzten Theile und nach den angedeuteten Complica-lloncii. 15ei dem ersten Grade der Verbrennungen verliert sich die Entzüiiilung inuner schnell und leicht; auch bei dem zweiten Grade besieh! keine eigentliche (ielahr, und die Entzündung ist leicht zu beseitigen; dieselbe kann daher dann, wenn sie eine weite Ausbreitung besitzt, (lurch die heftige Keizung eine Bedeutung erhalten. Der dritte lt;j'ra(l bedingt stets eine Absterbung der Oberhaut, und oll auch Eiterung, ßei kleinen Flächen ist die Heizung gering, bei grossen Flächen aber leiden die Thiere durch das Keizfieber, die Schmerzen und den Säfteverlust, und die Zeit der Heilung erstreckt sich zuwei-len auf Monate; auch bleiben in manchen Fällen haarlose Flecke und Narben, selbst Veidickungen der Haut, zurück, und durch die letzteren entsteht bei Verbrennungen der Gliedmaassen mitunter eine Lahm-lieit. — Uci dem vierten Grade bcslehl inuner dieselbe Gefahr wie bei dem heissen und kalten Brande in anderen Fällen; je tiefer die Zerstörung eingedrungen, und je weiter sie verbreitet ist, um desto grosser ist die Gefahr; die Ausbreitung bedingt; auch bauptlich die zur Heilung erforderliche Zeit, da der Erfahrung zufolge weit eher ein Theil der verloren gegangenen Substanz aus der Tiefe heilt, als
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sich ein Theil der Haut wieder ersetzt. N
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^ erdickungen und Durch Ueberreizung, hefti-
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Lähmungen wie bei dem drittel) Grade.
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ges andauerndes Fieber, durch grossen Säfteverlust bei langwieriger ausgebreiteter Eileruug, so wie durch lt;li'! zuweilen eintretenden Koliken, noch mehr aber durch die Lungenentzündungen wird oft der Tod herbeigeführt.
Die Behaiullung der Verbrennungen kommt in den beiden ersten Graden durchaus mit der Behandlung der einfachen Entzündungen nbereiu. Man macht Befeuchtungen, Waschungen oder Umschläge von Wasser, von schwachem Bleiwasser, oder bei Ere Ihismus, von Bleiwasser mit Zusatz von et.was Opium oder Bilsenkraut-Extrakt, oder man streicht ein Liniment aus einem Theil Eiweiss und zwei Theilen Baumöl (oder Leinöl), oder aus gleichen Theilen Eiweiss, Leinöl und iMilchrahm auf die entzündeten Stellen. — Sind bei dem dritten Grade nur kleine Blasen vorhanden, so beachtet man dieselben nicht besonders, aber grosse und sehr gespannte Blasen ötVnet man durch kleine Einstiche, um ihre Flüssigkeit auszuleeren. Hiernach, und ebenso in den übrigen Fallen, wo dies nicht geschehen ist, bestreicht man die verbrannten Stelleu über und über mit irgend einem milden Ocl oder Fell, oder mit der Bleisalbe, und macht dann fleissig kalte Umschläge so lange, bis entweder die Entzündung beseitigt, oder, wie. es mehrentheils geschieht, bis Eiterung eingetreten ist. In manchen Fällen hat man, wenn die Blasen geöflnet waren und grössere Slellen ihre Oberhaut verloren hatten, dieselben mit einer fingerdicken Lage von gleichmässig gekämmler Baumwolle (Watte) bedeckt, und dann ohne sonstige Behandlung das Abtrocknen oder die Eiterung abgewartel. Die beobachtete Ueilsamkeit dieses Mittels scheint nur in dem Abhalten der Luft von den entblöss-ten Stellen begründet zu sein, und deshalb verdient bei einem hohen Grade! von Entzündung das erstere Verfahren den Vorzug. 1st bei der einen oder der anderen liehand lungs weise die Eiterung eingetre-
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Entzündungen durch chemische Substanzen.
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teu, dabei gutartig und massig, so ist das Bestreichen der eiternden Stellen mit einem Gemenge von Baumöl oder Leinöl (1 Theil) und kalkvvasser (ü Theile), oder von diesen üelen und Blcicssig in ähnlichen Verhältnissen oder das Blei-Cerat nützlich; bei au reichlicher oder bei schlechter Eiterung wendet man das reine Kalkwasser oder auch eine Auflösung von Höllenstein (2—5 Gran auf 5j dest. Wasser), oder eine Abkochung von adstringireiideu ;Vlitleln täglich ein-bis zweimal an; oder man streut ein adstriugirendes Pulver (z. B. Fulv. cort. Quere. Jjraquo; Pulv. carb. lign. f/S M.) auf die jauchenden Stelleu. Ceppige (Granulation erfordert die Anwendung der Aelzmil-Icl in Substanz oder in conceutrirter Auflösung.
Bei dem durch Verbrcimuiigen entstandenen kalten Brande findet im Wesentlichen die örtliche Behandlung wie bei dein Brande in anderen Fällen nach Entzündungen statt.
Die Lungenentzündimgen und die Entzündungskoliken verlangen zuerst eine energische autiphlogistische Behandlung. Auch bei dem Entzündungsfieber ohne solche Complicationen ist dieselbe erfordert, obgleich mehrentheils nicht in gleicher Strenge; bei grossen Schmerzen kann man in Verbindung mit den kühlenden Salzen auch Opium und Bilsenkraut geben.
Sollten bei der Anwendung der Bleimittel auf grossen von der Epidermis beraubten Flächen Symptome von Kolik eintreten, so ist es nöthig, diese Mittel sogleich auszusetzen, und innerlich die schwefelsauren Salze in Verbindung mit schleimigen Mitteln und mit Opium und Bilsenkraut zu geben.
Bei langwieriger reichlicher Eiterung, beim kalten Brande, bei Verjauchung und bei aslhcnisclicm Fieber müssen die Kräfte des Thieres durch kräftigende Diät und durch stärkende (bittere, tonische) und erregende Mittel, wie sie bei Eiterung und Brand angegeben sind, unterstützt werden.
B. Entzündungen durch chemisch einwirkende Substanzen. Anätzungen.
Die reinen (kaustischen) Alkalien und einige alkalische Erden, die couceutrirten Säuren, melirere iWetalloxydc und Salze, und mehrere Pflanzen, welche einen scharfen Stoff oder ätherisches Oel enthalten, und ebenso die Spanische Fliegen, die Maiwürmcr (Meloe und Pro-scarabaeus majal.), die Ameisen und einige Baupen erzeugen bei ihrer Einwirkung bald mehr bald weniger heftige Entzündungen und selbst Zerstörungen. Diese Verschiedenheiten sind bedingt: 1) von der speeifischen Wirkungskraft der einzelnen Substanzen: 2) von der Concentration der wirksamen Bestandtheile, und 3) von der Dauer der Berührung des Thierkörpers. In ersterer Hinsicht gilt die Erfahrung, dass die einen scharfen, Stoff oder ein äther. Oel enthaltenden vegetabilischen Substanzen verhältuissmässig am mildesten wirken, und mehrentheils nur eine massige Ilauteutzündung veranlassen, und erst bei langer Dauer der Einwirkung Blasen erzeugen können — mit Ausnahme des heftig wirkenden Croton-Oels. Fast in ähnlicher Weise wirken auch die Ameisen, die giftigen Raupen (z. B. die Pro-cessionsraupe) und die sogenannten Maiwürmer, etwas stärker die
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Entzündungen durch chemische Substanzen.
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Cauthaiiden; am heiligsten wirken aber die concentriiten Kalien und Samen, mehrere Metalioxyde und Aletailsalze, namentlich die meisten metallischen Chlorsalze. Sie bewirken in kurzer Zeit Entzündung, und bei etwas längerer Dauer der licruhrung auch Zerstörung (Er-weiohiuig und Brand) durch iibermässige chemische Affinität zur thie-risclieii Substanz, welche sie, so weit der StolF reicht, vollständig durcluiringt, auflöst, und die Vitalität vernichtet. Wenn Thiere in Gruben mit frisch gelöschtem Kalk fallen, so erfolgen diese Wirkungen zum Thcil auch durch die Siedehitze des Kalkes.
Durch die oben sub 2 und 3 geuannten beiden Hedinguugen kann die ')N irkung von einer und derselben Ursache sehr verändert werden. Demi je concentrirter eine Substanz ist, und je länger sie mit dem Thierkörper in Verbindung bleibt, um desto heftiger ist ihre Wirkung; so z. B. erzeugt eine massig concentrirte Auflösung von Brechweiustein nur eine oberflächliche Entzündung, — eine stärkere Auflösung aber eine Entzündung mit Blasenbildung, und in ganz cou-centrirtem Zustande wirkt diese Substanz ätzend.
Ausserdem wird die Schnelligkeit und die Helligkeit der Wirkung noch durch die Zartheit der Oberhaut und durch den JMangel an Haaren au der Stelle der Einwirkung und bei den trockenen Substanzen noch durch die zufällig hinzukommenden l\littel zu ihrer Auflösung begünstigt.
Die genannten Subslanzen kommen zuweilen bei zufälligen Veranlassungen auf den Thierkörper, in anderen Eällen werden sie absichtlich als Heilmittel für verschiedene Zwecke angewendet. Geschieht Letzteres nach richtiger Indication und mit der erforderlichen Vorsicht, so bedürfen die hiernach eintretenden W irkungen hier keiner besonderen Erwähnung; allein sehr oft ist die Anwendung uu-zeitig, am unrechten Orte und ungeschickt, so dass die V\ irkungen unnöthig, zu ausgebreitet oder zu heilig eintreten, und deshalb eben so wie diejenigen, welche durch unglücklichen Zufall entstanden sind, einen (regenstand der Ihierärztliclien Behandlung darstellen. So wird z. B. von Kutschern zuweilen den Pferden bei Kolik Pfeiler, Senf, Steinöl u. dgl. in die Vorhaut oder in die Scheide gebracht, und dadurch Entzündung an diesen Theilcn erregt; scharfe Salben und Aetz-miltel werden auf einen Thcil dick aufgestrichen, ohne dass die nö-thigen Schutzmittel für die umgebenden Theile angewendet, selbst ohne dass die Thiere kurz und hoch angebunden, ohne dass sie von einander entfernt sind u. s. w. Es entsteht in solchen Fällen durch das Herabfliessen der durch die Wärme des Thierkörpers dünnflüssig gewordenen Salben, — oder durch das Ablecken und Abreiben derselben leicht eine Entzündung oder Anätzung an andern Stellen u. dgl. m.
Die nach solchen Einwirkungen entstandenen Zufälle sind örtlich: entweder blos vermehrte Wärme, llölhung, Spannung, Geschwulst, Jucken und Schmerz in der Haut; #9632;— oder es sind auch Blasen zugegen; — oder die Oberhaut und selbst die Haut ist mehr oder weniger zerstört, d. h. in ganz frischem Zustande erweicht, nach einigen Stunden aber mit einem Schorf bedeckt; oder die Aetzung und Zerstörung erstreckt sich auch in die Tiefe der Theile.
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Behandlung.
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Uei grosser Ausbreitung imd Tiefe der Eutzünduug oder der Zer-störuug und bei grosser Empfiudlichkeit der beirotleneu Theile entsteht auch gewöhulich ein Entzündungsfieber; und in manchen Fällen werden selbst uoch eigenthümliche allgemeiue Wirkuugeu nach der Art der Substanz (Vergiftungszulalle), z. U. Eibrechen, Kolik, vermehrtes Uriuireu u. dgl. wahrgenommen.
Die lieurtheiluug ist nach dem Grade und der Ausbreitung der Wirkung, nach der Wichtigkcil des betroll'encn Theiles, nach der Empfindlichkeit desselben und des Thieres überhaupt, und nach den etwa eingetretenen allgemeinen Zufällen verschieden. Mit Ausnahme der letzteren, welche sowohl nach ihrer Art, nach ihrem Grade wie auch nach der Menge und der spccifischcn Nator der wirkenden Substanz zu bcurtheilen sind, ist die Prognosis last ganz so auszusprechen, wie bei den Verbrennungen von ähnlichem Grade der Wirkung und von ähnlicher Ausbreitung.
Bei der Behandlung dieser ZuCälle sind zwei Indicatiouen zu er-iiillen, nämlich: 1) muss der noch am Thierkörper befindliche, als Ursache wirksame Sloll' entfernt oder unwirksam gemacht werden; und 2) die entstandenen W irkuugen müssen ihrer Art nach beseitigt und die \ erletzuugen geheilt werden.
1)nbsp; nbsp;Die erste Indication muss immer möglichst schnell erfüllt werden, weil sonst die Wirkung mit der Zeit stets heftiger wird. Im Allgemeinen ist zur Entfernung der reizenden oder ätzenden Substanz die Anwendung schleimiger Flüssigkeiten zu empfehlen, wreil durch dieselben jene Substanzen vom Körper abgespült und zugleich eingehüllt werden, z. B. Abkochungen von Leiusaamen, oder von Al-theewurzcl, oder man nimmt Hchlwasser, Milch, ein Gemenge von Kiweiss und Milch oder W asscr u. dgl. Kennt man in einem gegebenen Falle die Art der wirkenden Substanz, so kann man auch ganz gut die entsprechenden chemischen (jcgenmittel zum Entfernen und zugleich zum Unwirksammachen benutzen, wie z. B. bei Anätzungen mit Kalien oder Kalk die verdünnten Säuren, — bei den Säuren die schwachen Auflösungen der Kalien, Aschenlauge, Kalkwasser, spe-ciell bei Schwefelsäure auch Bleiwasser, bei Brechweinstein eine Abkochung von Eichenrinde, — bei Arsenik die Auflösung von Eiscn-oxyd-Hydrat, — bei Sublimat das Kalkwasser u. dgl.
2)nbsp; nbsp;Die zweite Indication erfordert, je nachdem nur obei'fläch-liche Entzündung, oder Entzündung mit Blasenbildung, oder Eiterung, oder Absterbung zugegen ist, eine diesen Zufällen entsprechende örtliche Behandlung mit schleimigen Mitteln, mit Bleiinitteln, oder mit Digestivmitteln, ganz wie bei den Verbrennungen; die Aetzschorfe müssen durch Eiterung abgestossen, oder, wenn dies zu lange dauert, oder wenn sich Jauche unter ihnen sammelt, müssen sie ,mit Hülle des Messers entfernt werden. Das Entzündungsfieber wird mit kühlenden Salzen, das etwa, später eintretende asthenische Fieber mit tonischen Mitteln und guter Diät beseitigt, und gegen die besondern Zufälle wendet man schleimige Mittel und Opium an.
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82nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Erfrierungen.
C. Erfrierungen.
Obgleich unsere Hausthiere (mit Ausnahme des Esels) einen ziemlich hohen Grad von Kälte ohne erkennbaren grossen Schaden ertragen können, so geschieht es doch zuweilen, bei andauernder Einwirkung eines sehr hohen Kältegrades, dass einzelne, vom Herzen entfernte Theile, namentlich die Ohren, die Schwanzspitze, die Haut au den unteren Theilen der Füsse ') und am Hodensacke hier-duich leiden 2). Die durch dieKälte an den Theilen erzeugten Wirkungen sind je nach dem Zeiträume ihres ßestehens und nach dem Grade etwas verschieden.
Zuerst bemerkt man in dem afficirten Theile eine Verminderung der Empfindlichkeit und des JBewegiiugsverinögens, und nach hierauf geschehener Wiedererwärmung entstehen asthenische Entzündungen, zuweilen mit Bläschen auf der Haut. — Dauert nach jener ersten Wirkung die Einwirkung der heftigen Kälte noch länger fort, so werden alle Lebensäusserungen ganz unterdrückt, die Arterien pulsi-ren nicht mehr, die Haut schrurnpll zusammen, und die Theile frieren zuletzt so hart, dass man sie leicht zerbrechen kann. Nach dem vorsichtigen Wiederaufthauen derselben tritt in günstigen Fällen völ-' lige Wiederbelebung ein, aber es entsteht dann gewöhnlich eine asthenische Eulzünduug, und in Folge derselben Eiterung; in anderen Fällen werden die Theile breiartig weich, sterben gänzlich ab (kalter Brand) und sie lösen sich von den lebenden Gebilden ab. Zuweilen findet sich auch ein Reizfieber hinzu.
Die Beurtheilung ist bei dem ersten, gelinderen Grade der Erfrierung günstig zu machen, da die Heilung bei einer zweckmässigen Behandlung sicher erfolgt; bei dein zweiten Grade ist die Prognosis sehr unsicher, da man hier im Voraus nie wissen kann, ob völlige oder theilweise, oder gar keine Wiederbelebung eintreten werde.
Bei der Behandlung der Erfrierungen inuss man zuerst das allgemeine Wiederaufthauen der gefrorenen Theile bewirken. Dies geschieht dadurch, dass man dieselben in ganz kaltes, öJler erneuertes Wasser so lange hält, oder mit Schnee gelinde so lange reibt, bis Empfindung und Bewegung sich wieder einstellen. Nachdem dies geschehen, muss man den gehörigen Grad des Tonus, und oft auch den der Empfindlichkeit wieder herstellen. Für diesen Zweck sind Waschungen mit einer Auflösung von Alaun (fj zu 1 Pfuud Wasser), Abkochungen von Weiden- oder Eichenrinde u. dgl., bei gerin-
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') Sehr häußg hört man die Ansicht aussprechen: dass die, gewöhnlich nach schneereichen Wintern in grosser Anzahl auftretende Brandmauke eine Folge des Erfrierens der Füsse sei. Ich muss dies bestreiten, weil die Krankheit nicht im Winter selbst, sondern erst nach eingetretenem Thauwetter erscheint.
J) Kleine Hausthiere, wenn sie während längerer Zeit, z. B. durch eine ganze IVacht, in strenger Kälte ohne Schutz aushalten müssen, erstarren auch am ganzen Körper und erfrieren völlig. Von den grossen Thieren habe ich bisher nur Esel durch strenge Kälte sterben sehen.
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Rothlauf.
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ger Empfindlichkeit mit Zusatz von Branntwein oder mit Infusionen von aromatischen Mitteln zu benutzen; ist aber die Empfindlichkeit ubermüssig gesteigert, so wendet man Waschungen mit narkotischen Dekokten, oder das dicke Bestreichen mit geschmolzenem Talg oder Fett, oder mit dem Blei-Cerat an.
Ist aber bereits eine Entzündung eingetreten, so muss man die Mittel gegen sie mit Rücksicht auf die dabei sich äussernde Sensibilität auswählen, und bei grosser Empfindlichkeit das Bleiwasser allein oder mit Opium oder Bilsenkraut-Extrakt, oder bei geringer Empfindlichkeit dasselbe mit Branntwein oder mit Kamphergeist, oder bei grössercr Torpidität letztere Mittel allein, oder Terpentinöl, Steinöl u. dgl. und di.e vorhin genannten tonischeu Mittel anwenden.
Sind Blasen entstanden, so öffnet man dieselben, und wendet dann schleimige Mittel oder reines Fett zum Schutz der entblössten Stellen au.
Die nach den Erfrierungen zuweilen eintretende Eiterung ist zuerst immer mehr eine Verjauchung, und verlangt deshalb die Anwendung der Digestivmittel, der tonischen Mittel, und selbst des Höllensteins, um sie zu verbessern.
Dem Brande muss mit Rücksicht auf seine Beschaffenheit nach allgemeinen Regeln entgegengewirkt werden.
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1). Der Rothlauf. Die Rose. (Erysipelas.)
Der Rothlauf oder die Rose ist (wie bereits S. 27 angedeutet) eine speeifische Entzündung der Lederhaut mit besonderem Mitleiden des hier liegenden Netzes der Lymphgel'ässe. Der eigenthüm-liche Charakter, den man eben als den rosenartigen oder den rothlaÄamp;irtigen (erysipelatöseu) bezeichnet, ist in einer von den
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Verdauongseiugeweiden und, wie es scheint, besonders von der Pfortader ausgehenden Veränderung des Blutes begründet.
Diese Entzündung kommt bei allen Ilausthiereu und an allen Körpergegenden vor, zeigt sich jedoch am häufigsten an den Theilen, welche mit dünner, feiner Haut und wenig mit Haaren besetzt sind, wie z. B. au den Augeidideru, den Lippen, an der innern Seite der Schenkel, an der hintern Seite i€r Fessel und an den Geschlechts-theilen. Die so an den verschiedenen Theilen entstehenden rothlauf-artigen Entzündungen haben vom Volke und von Thierärzten verschiedene Namen erhalten, wie z.B. Kopfrose, Scharlach, heiliges Feuer, Einschuss, Mauke, Brandmauke u. dgl. — Sie kommen oft einzeln (sporadisch), oft aber auch bei vielen Thieren zugleich, seuchenartig (epizootisch) vor.
Die Kennzeichen der rothlaufartigeu Entzündungen sind an der behaarten und oft von Natur dunkelfarbigen Haut der Hausthiere nicht immer recht deutlich wahrnehmbar; im Allgemeinen charakterisiren sie sich aber dadurch, dass die eigenthümliche Entzündungsgeschwulst nicht über die Hautfläche frei hervortritt, sondern flach und ausgebreitet erscheint, und dass sehr oft eine teigartig anzufühlende (wässerige, ödematöse) Anschwellung hinzutritt, welche vom Druck mit
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Rothlauf.
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tleu Fingern (irubeu erhält, und sich immer mehr und mehr nach den tieferen Stellen heruuteiscnkt (sogenannter ödematöser Rothlauf). Dabei sind die eigiilVeneu Hautparfhien vermeint warm, im Anfange mit gelind vermeinter Empflndliclikeit, zuweilen mit einem juckenden Geföhl behallet, spätei- aber werden sie wirklich schmerz-liaft. VVeisse oder rotlie Haut erscheint rosemoth, zuweilen ins Gelbliche oder Bläuliche schillernd! drückt man mit einem Finger auf die kranke Haut, so verschwindet au der gedrückten Stelle die Köthe; dieselbe kehrt aber bald darauf wieder zurück. — Zuweilen bilden sich an der Oberfläche Blasen, welche eine gelbliche, lymphatische Flüssigkeit enthalten, bald früher, bald später bersten, und dann entweder zu Schorfen vertrocknen oder auch nässende, oft sogar zerstörende Geschwüre bilden, die gewöhnlich eine ungleiche Oberfläche besitzen, heftig schmerzen und eine dünne Jauche aussickern (blasenartiger und ulce rirender Rothlanf). In manchen Fällen schwitzt, ohne dass Blasen entstanden sind, au der ganzen Oberhaut eine klebrige Flüssigkeit aus. — Zuweilen tritt die Entzündung mit grosser Heftigkeit auf und geht in Brand über, wobei dann die demselben eigenen Erscheinungen bemerkbar'werden (brandiger Kolh
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auch auf Oebilde
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erstörung
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lauf). Dabei kann sich die
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unter der Haut erstrecken.
Ausser diesen örtlichen Symptomen
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besteht bei dem Kothlauf
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sehr häufig ein Fieber, welches je nach der Constitution und dem
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Alter der Thiere und
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je nach den Lrsi
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ichcn den Charakter- des asthe-
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oder des milzbrandigen (Anthrax-) Fiebers an sieh trägt; nur seh
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selten hat es die Eisenschaften des wirklichen
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Entzündungsfiebers.
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— Ausserdem ist die Function der ergriffenen Theile gestört, die Thiere sind matt, abgeschlagen, zuweilen betäubt, der Appetit vermindert, die Bindehaut der Augen und der IMaulschleimhaigggelblich gefärbt, und bei Hunden und Schweinen findet sich in manTOen Fällen auch Erbrechen hinzu.
Als nächste Ursache des Rothlaofs betrachtet man a) eine vom Pfortaderblut ausgehende Anhäufung von solchen Bestandtheilen in der Blutmasse, welche sonst zur Bildung der Galle verwendet werden, oder wohl auch zu reichliche Absonderung und Resorption
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der Galle selbst. Hierin
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liegt
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die quot;grossc Verwandtschaft, welche die
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erysipelatössn Entzündungen und die Anthraxkrankheiten in Beziehnng auf die Beschairenheit des Blutes, und die oberflächlichen Formen der letztereu auch hinsichtlich des Sitzes zeigen. — Als Gelegenheitsursach eu wirken alle Einflüsse, welche die Haut und Lungenaus-düustung stören, und dadurch zum Zurückbleiben der hier auszuscheidenden Stoffe Veranlassung geben; 6) welche einen vermehrten Blutandrang zu den Baucheingeweideu, specicll zur Leber veranlassen; c) welche eine zu schnelle Blutbildung begünstigen, und f/) welche an KohlenstofF zu reiche Bestandtheile ins Blut bringen. Dergleichen Kinflüssc sind: Erkältungen, besonders nasskalte Witterung, öfterer und plötzlicher Wechsel zwischen Wärme und Kälte, z. B. nach Gewittern, bei sehr heissen Tagen und kalten Nächten, — zu reichlicher Geuuss von-stark nährendem, schwer verdaulichem oder zu
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Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;85
fettem Futter, besonders ohne vorherige (jewöhnung au dasselbe, auch manche Arten von Futter, z. Ji. der Wicken, des Buchweizens, — verdorbenes Futter, besonders mit ,Mehlthau befallenes, mit Rost und Brand verunreinigtes Futter 1). Heftige Reizung zum Zorn (wenigstens bei Hunden beobachtet). Sehr oft trügt auch eine eigen-thümliche Wilterungs-Constitution hauptsächlich zum Entstehen des Uebels bei. — Zuweilen findet sich der Hothlauf auch zu äusserlichen Verletzungen und Reizungen, z. JJ. zu Verwundungen durch das sogenannte Streifen oder Streichen der Füsse u. s. w., wo dann diese Verletzungen für sich allein wohl nicht die eigentliche Ursache des Leidens sind 2).
Der Rothlauf geht unter günstigen Ihnständen, d. h. bei einem massigen Grade der örtlichen Fntziindung und bei einer zweckmässi-gen Behandlung am häufigsten in Zertheilung über, wobei in der Regel kritische Ausleerungen stattfinden; wirkliche Eiterung entsteht nicht, sondern eher Verjauchung; hei einem hohen Grade des Uebels, und zuweilen durch eine eigcnthümliche Bösartigkeit bedingt, entsteht auch Brand. Ausscrdein haben die rothlaufartigen Entzündungen die Eigenthüinlichkeit, dass sie leicht ihren Ort veräudern, und selbst auf innere Theile zurücktreten. In solchen Fällen und bei sehr ausgebreiteter Verjauchung und bei Brand wichtiger Theile kann auch der Tod erfolgen.
Behandlung. Man muss l) die (ielegcnlieitsursachen entfernen: 2) die venöse Blutanhäufung, die übermässige Gallensecretion und die derselben zum Grunde liegende Beizung der Leber beseitigen; 3) die Entzündung zerlheilen; und 4) üble Ausgänge verhüten, oder, wo sie schon eingetreten sind, dieselben richtig behandeln.
Hinsichtlich des ersteren Punktes muss der Thierarzt nach dem Ergebniss der Untersuchung über die Ursachen des speciellen Falles die nüthigen Anordnungen tiellen, im Allgemeinen aber dafür sorgen, dass Kälte, Nässe und zu reichliche, schwer verdauliche oder verdorbene Nahrungsmittel vermieden werden.
Der zweiten Anzeige entsprechend, giebt man solchen Thieren, die sich erbrechen können, ein Brechmittel, hiernach aber, #9632;— und den übrigen Thiereu sogleich, — abführende Mittel, namentlich Glaubersalz, J)oppelsalz, Weinstein und Kalomel, so lauge bis Laxiren erfolgt ist. Diese Mittel finden ihre Anwendung ebensowohl bei fieber-
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') Beobachtungen über rothlaufarlige Entziimlungen bei weissen und welssfleckigen Schweinen und Schaafen nach dem Genuss von Buchweizen siehe Mödin. Annal. d. Landwirthsch. Bd. V. S. 278. VI. 331. VII. 264. VIII. 533. XX. 366. — Oek. Neulgk. 1825. S. 5G1. — Desgl. über das Absterben weisshaariger Hautstellen bei Kühen nach dem Gennss von kranken Pflanzen, siehe Magazin f. Thicrbeilk. von Gurlt u. Hertwig Bd. XI. 53. 17fl. X. 112.
') Man hat den Rothlanf bei Verletzungen als den traumatischen bezeichnet, und ausserdem noch den falschen Rothlanf (Pseudo-Erysipelasquot;) unterschieden. Letzterer ist diejenige Hautentzündung, welche in Folge einer örtlichen Reizung der Haut, z. B. nach Verbrennung, nach Einwirkung scharfer Stoffe, nach Ansammlung von Jauche unter der Haut u. s. w. entstanden ist.
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losem wie bei dem fieberhaften Rothlauf, bei dem letztern aber nach dem Grade des Fiebers verhältnissmässig dringender. #9632;— Wo grosse Schwäche, Appetitlosigkeit und mangelhafte Verdauung besteht, geht man zeitig zu den bittern Mitteln über und verbindet sie nöthigen-falls mit den Salzen.
Die dritte Anzeige wird zum Theil durch die genannten innerlichen Mittel erfüllt, zum andern Theil aber geschieht dies durch die äussere Behandlung, die hier schwieriger ist, als bei gewöhnlichen Entzündungen, weil kalte Nässe nicht gut ertragen wird. — Bei den leichteren Graden der Krankheit genügt, wenn eine zweckmässige Diät gehalten, und die innerlichen iMittcl gegeben sind, das blosse Warmhalten des leidenden Theils. Zu diesem Zwecke wird derselbe mit Werg (von Flachs oder Hanf), oder mit Baumwolle, mit wollenem Zeug, oder im Nothfalle mit weichem Stroh umwickelt, oder mit Kissen (Beuteln) umgeben, welche locker mit Kleie, mit Flieder-,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; oder Kamillenblumen gefüllt sind. Bei grosser Spannung und
Schmerzhaftigkeit kann man lauwarme Bähungen, Waschungen oder Fussbäder von Kleienwasser, von Milch, von einer Abkochung des Altheekrautes, oder der Fliederblumen oft wiederholt anwenden; bei geringerer Empfindlichkeit auch Infusionen von Kamillenblumen, Quendel u. dgl., oder eine schwache Auflösung von Pottasche, etwa 3ß zu ttj Wasser (oder Aschenlauge). Da jedoch manche Thiere auch diese Mittel nicht vertragen, so muss man, wenn sich bei ihrer Anwendung eine Zunahme der Schmerzen zeigt, sie weglassen und den leidenden Theil bloss mit reinem milden Oel oder Fett, oder
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mit verdünnter grauer Merkurialsalbe sanft bestreichen und dies bis
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zur Beseitigung der Zufälle fortsetzen.
Bei der Blatterrose hat sich, nachdem die fieberhafte Reizung durch innerliche Mittel gemildert, in mehreren Fällen eine etwas concentrirte Auflösung des Höllensteins (3j zu sect;j/S destillirten Wassers) nützlich gezeigt, wenn man damit den leidenden Theil mittelst einer Feder einmal reichlich bestreicht.
Bilden sich bei dem Rothlauf fluetuirende Stellen, so müssen dieselben zeitig durch grosse Einschnitte geöffnet, dann aber mit lauwarmen Umschlägen von Flieder- oder Kamillenblumen, oder von Heublumen bedeckt werden, bis gute Eiterung eingetreten ist.
Die erysipelatösen Geschwüre werden zuerst ebenso behandelt; findet sich aber nicht bald gute Eiterung, so ist es zweckmässig, bei dem Gebrauch der warmen Umschläge das Geschwür täglich zweimal während einiger Tage mit einer Auflösung von Quecksilber-Sublimat O/S in g/9 destillirtcm Wasser), oder mit dem gelben phage-dänischen Wasser, oder mit einer Auflösung von Chlorkalk (%ji in gv destillirtcm Wasser) zu befeuchten, oder den Geschwürsgruud einmal mit Lapis infernalis zu betupfen oder ihn oberflächlich mit dem glühenden Eisen zu berühren. Digestivsalben leisten mehrentheils nicht die gewünschte Wirkung.
Bei Verdickungen der Haut, die nach solchen Geschwüren zuweilen zurückbleiben, hat in den meisten Fällen die graue Quecksilbersalbe, täglich ein- bis zweimal gelind eingerieben, gute Dienste geleistet.
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Rheumatismus.
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Entsteht bei dem Rothlauf Brand, so ist die örtliche Behandlung wie beim Brande überhaupt, während innerlich zuerst die oben bezeichneten Mittel, aber beim Sinken der Kräfte auch tonische, erregende Mittel und Säuren gegeben werden.
E. Rheumatismus.
Der Rheumatismus ist eine eigenthiimiiche, durch Unterdrückung der Haut- und Lungenausdüustung heibeigelührte entzündliche Reizung der fibrösen Gebilde und der Muskeln. Diese Reizung kommt bei allen llausthieren vor, am häufigsten jedoch bei Pferden, Rindvieh und Hunden, welche als Arbeitsthiere einer Erhitzung und darauf folgenden Erkältung am meisten ausgesetzt sind. Sie kommt am ganzen Körper, an den sehnigen Ausbreitungen, den fibrösen und serösen Häuten, au Bändern, Sehnen und Sehnenscheiden, an den Hirn- und Rückenmarkshäuteu, den Nervenscheiden, der Beinhaut und den iWuskeln vor, und sie ist die innere Ursache mancher schmerz-halten Zustände, sehr vieler Lahmheiten und wirklicher Lähmungen, und deshalb ein sehr häufiger (iegenstaud der thierärztlichen Behandlung. Bei einem hohen Grade oder längerer Daner des Rheumatismus bildet sich in den Säften, besonders im Blute, eine eigenthiimiiche krankhafte Beschalfenheit aus, welche man als die rheumatische Dyskrasie bezeichnet. Dieselbe entwickelt sich zuweilen sehr schnell, und zwar zuerst wohl dadurch, dass eine Ueberladung des Blutes mit den Stoffen, welche sonst durch Ausdünstung entfernt werden (nach Dzondi die Hautschl acke, gxooqiu), entsteht. Bei einem hohen Grade der rheumatischen Reizung entstehen in den fibrösen und fibro-serösen Gebilden, und in den Muskeln oft wirkliche Entzündungen mit dem rheumatischen Charakter.
Als Gelegenheitsnrsachen des Rheumatismus kann man alle Einwirkungen betrachten, durch welche eine schnelle Abkühlung des Körpers oder auch nur eines Körpertheils und dabei Unterdrückung der Haut- und Lungenansdünstung herbeigeführt wird, wie z. B. Zugluft, rauher Ost- und Nordwind, kalter Regen nach warmer Luft, das Beregnen oder das Waschen und Baden des vorher durch Arbeiten warm gewordenen Körpers u. dgl. In manchen Zeiten, besonders bei kalter reiner Luft und bei einem hohen Stande des Barometers scheint der Rheumatismus leichter zu entstehen, als in andern Zeiten; und bei kräftigen, blutreichen Thieren bildet er sich schneller zu einem hohen Grade aus, als bei magern und schlaffen Thieren.
Das Wesentliche des Rheumatismus ist noch nicht erforscht, was auch um so schwieriger ist, da derselbe unmittelbar keine pathologische Veränderung der afficirten Theile erkennen lässt. Eben deshalb wird er auch als eine Reizung betrachtet, bei welcher sehr wahrscheinlich auch das Nervensystem afficirt und die organische Elektricität abgeändert sein mag.
Der Rheumatismus erscheint in zwei Formen, nämlich: 1) als akuter und 2) als chronischer, und bei beiden in verschiedenem Grade und in verschiedener Ausbreitung. In letzterer Hinsicht sieht
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Rheumatismiiä, akuter.
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man zuweilen nur eine sehr begrenzte Stelle, in andern Fällen einen ganzen Theil, und zuweilen sogar den ganzen Körper afficirt.
1) Der akute Klie iiinatisinus tritt gewöhnlich bald nach einer Erkältung mit heiligen Schmerzen in dem aflicirten Theile auf; das Thier äusscrt dieselben sowohl bei der Bewegung wie auch bei der Berührung, und bei einem hohen Grade des Leidens äussert es dieselben auch olme diese V cranlassnngeii durch plötzliches Zucken und durch Stöhnen; in einzelnen recht heftigen Fällen schwillt der Theil auch etwas an; bei den Bewegungen hört man ein kurzes, knackendes Geräusch '); muss das Tbier gehen, so wird die Bewegung allmälig freier; llunde schreien gewöhnlich laut auf, wenn sie plötzlich eine Bewegung machen, während sie nachher selbst heftige Sprünge machen können, ohne Schmerz zu zeigen. Zuweilen wird ein Körpertheil, wenn mehrere Muskeln desselben vom Rheumatismus ergrifl'en sind, ganz steif gehalten, oder nach einer Seite verzogen, so dass die Bewegungen fast ganz unmöglich werden. Sind die Häute des Rückenmarks mitleidend, so tritt Lähmung (sogenannte rheumatische Kreuzlähmung) ein, und die Thieie liegen dann andauernd. — Mit diesen Zufällen ist ein Fieber verbunden, welches sich durch Frostschauder von verschiedener Dauer, durch schnellen harten, vollen Puls, dunkler geröthete Schleimhäute und meistens auch durch beschleunigles Athmen kund glcbl. Zuweilen ist auch Appetitlosigkeit zugegen, doch gehört sie nicht zu den constanten Symptomen. Die Fieberzufalle nehmen gewöhnlich gegen Abend an Heftigkeit zu. In den speciellen Fällen sind übrigens die Symptome nach der Verschiedenheit des Sitzes, der gestörten Function, des Grades und der Ausbreitung des Leidens etwas verschieden und sogar wechselnd. Denn das örtliche Leiden besteht nicht in allen Fällen während der ganzen Krankheil in denselben Theilen andauernd fort, sondern es geht oft plötzlich von einer Stelle zur andern und selbst von äusseren Theilen auf innere über. Ausserdem wird das Krankheitsbild sehr oft durch Complication getrübt, indem entweder mit dem Rheumatismus zugleich durch dieselbe Ursache in einem andern Organe eine Entzündung, oder Katarrh, oder Kolik entstanden ist, oder vorher schon gastrische, nervöse oder katarrhalische Leiden, wie Druse, bei Hunden die Staupe u. dgl., bestanden haben.
Die Diagnosis des akuten Rheumatismus ist trotz dieser \ev-schiedenheiten in den meisten Fällen nicht schwierig, wenn man die Symptome, das plötzliche Entstehen und den A erlauf gehörig berücksichtiget und dabei den Mangel der eigentlichen Entzündungszufälle erwägt. Im hohen Grade besteheud hat allerdings der akute Rheumatismus mit einer wirklichen Entzündung eine so grosse Aehnlich-keit, dass die diagnostische Untersuchung beider Zustände oft kaum
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') Es ist bis jetzt noch niclit erwiesen, oh dieses Geräusch innbsp; den Gelenken oder in den Sehnen seinen Ursprung hat, und wodurch esnbsp; entsteht, namentlich ob durch zu starke Spannung der Sehnen und Bänder,nbsp; zu zähe Gelenkfeuohtiglieif, Elektricität? u. s. \v.
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Rheumatismus, akuter.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;89
möglich isi. Ein irrthmn in solclien Källen hat aber glücklicherweise keinen Naclitheil, da der Erfahrung zufolge für beide Zustände im VV esentlichen einerlei Heilverfahren noting ist.
Der Verlauf des akuten Hheuinatismus ist schnell, auf circa 6 bis 12 Tage beschränkt; doch könneraquo; wiederholte Einwirkungen der l rsacheu in dieser Zeit auch neue Anfälle hervorrufen und dadurch die Dauer des Leidens verlängern, während entgegengesetzt durch zweckmässige Behandlung das Uebel oft schnell beseitigt wird. Bei warmer, gleichmässiger Witterung ist gewöhnlich das Uebel milder, und sein Verlauf schneller als unter entgegengesetzten Verhältnissen.
Die Ausgänge des akuten Rheumatismus sind: entweder der Uebergang in Gesundheit (die Zertheilung), oder in eine rheumatische Entzündung, oder in den chronischen Rheumatismus. — In manchen Fällen hat man bei dem akuten Rheumatismus auch Aus-schwitzung von Serum und von Faserstoff, Verdickung, Verwachsung und Erweichung der afficirten (lebilde eintreten sehen; ich bezweifle jedoch gänzlich die Richtigkeit dieser Beobachtungen, und glaube vielmehr, dass in den betreffenden Fällen eine wirkliche Entzündung bestanden hat. Denn ich habe selbst bei sehr heftigem Rheumatismus weder die genannten Ausgänge, noch wirkliche Eiterung und Brand gesehen.
Prognosis. Der akule Rheumatismus ist im Allgemeinen mehr eine lästige als gefährliche Krankheit; doch kann er durch den Uebergang in Entzündungen, durch Versetzung auf wichtige innere Organe und durch Lähmungen auch gefährliche Zufälle und selbst den Tod herbeiführen. .An den Gliedmaassen vcranlasst er oft eine andauernde Contractor der Muskeln und Sehnen, und hierdurch un-regelmässige Stellungen, Lahmheiten und Verminderung der Brauchbarkeit. Jeder Rheumaiismus lässt eine Disposition zur Wiederkehr zurück.
Der Ausgang in Zertheilung ist immer der günsligsle. JMan kann ihn holfen, wenn die Zufälle sich allmälig mindern, wenn sich kritische Ausleerungen einfinden, und wenn das Thier einer zweckmäs-sigen Behandlung unterworfen bleibt.
Bei plötzlichem \ erschwinden der rheumatischen Zufälle und bei der Einwirkung wiederholter Erkältungen entstehen leicht Verletzungen auf innere Theile, namentlich auf das Herz, den Herzbeutel und die Lungen, Den Uebergang in Entzündungen muss man unter solchen Umständen ebenfalls befürchten, besonders wenn dabei das Fieber heftiger wird und örtlich die Geschwulst und die Hitze mehr hervortreten. Die Beurthcilung der Entzündung richtet sich, wie sonst, nach der Wichtigkeit des ergriffenen Organs, nach dem Grade der Entzündung u. s. w, Bemerkenswerth erscheint es, dass die rheumatischen Entzündungen sehr gern plastische Ausschwitzungen machen und seltener in Eiterung und Brand enden, als andere Entzündungen. — Die bei rheumatischen Entzündungen entstehenden Lähmungen sind im Allgemeinen eher zu heilen als die rein nervösen Paralysen. Dagegen erfolgt der Uebergang in den chronischen Rheumatismus, wenn das Fieber, örtlich die etwa bestandene An-
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sch-vrellung und vermehrte Wärme sich verlieren, aber die rheumatische Spannung und der Schmerz noch fortbestehen.
J)ic Kur des akuten Rhemnalismus soll daraufgerichtet sein: die Uautansdünstung wieder herzustellen und die rheumatisch-entzündliche Reizung und die Dyskrasie zu beseitigen.
Die Erfüllung der ersten Aufgabe verlangt die innerliche und äusserliche Anwendung der diaphoretischen Heilmittel. Die Auswahl derselben muss jedoch, nach ihrer mehr oder weniger reizendien Wirkung und mit Beachtung des Fiebers und der Neigung der Patienten zu wirklichen Entzündungen, geschehen. Denn die Erfahrung zeigt: dass die ehemals viel zu allgemein gebräuchlich gewesenen erhitzenden diaphoretischen JMittel, wie Kampher, Terpenthinöl, Bibergeil, warmer Wein u. del., nur dann mit Nutzen gebraucht werden, wenn entweder kein Fieber eingetreten ist, oder wenn dasselbe nur in einem gelinden Grade zugegen ist, und wenn keine wirkliche Entzündung besteht.
In solchen Fällen giebt man denjenigen Thieren, welche sich ei;T brechen können, ein Brechmittel und wiederholt dies am folgenden Tage, und wenn der Zustand nicht gehoben ist, -wohl auch am dritraquo; ten Tage. Hiernach, und den übrigen Thieren gleich bei dem Anfange der Kur, giebt man Aufgüsse von Flieder-, von Kamillen- oder Arnikablumen mit Zusatz von Kampher oder Terpenthinöl, oder Stinkasand, und bei grosseu Schmerzen diese Aufgüsse mit Zusatz von Opium, mit Bilsenkraut-, Belladonna- oder Stechapfel-Extrakt, oder ein Dekokt von den letztern Pflanzen. Dagegen macht man bei entzündlicher Beschafl'enheit des Fiebers einen Aderlass und giebt innerlich den Salpeter in Verbindung mit kleinen Gaben von Kampher, oder den Brechweinstein mit Flieder- oder Kamülenblumen. — Aeusserlich macht man bei massigen Schmerzen trockene Heibuugen mit wollenen Lappen oder mit Strohwischen, und nachher Einwik-kelungeu der leidenden Thcile mit wollenen Binden oder mit wollenen Decken. — Der zweiten Aufgabe wird schon durch die oben genannten Mittel genügt; ausserdem aber wendet man bei grossen Schmerzen heisse Dunstbäder von Wasser oder von aromatischen Kräutern, im Nothl'alle von Heusamenbrühe an; und in sehr heftigen Fällen müssen Ableitungsmittel: Einreibungen von Kampher- oder Ammoniak-Liniment, Kamphergeist, Terpenthinöl u. dgl. oder selbst von der Kantharidensalbe gemacht, oder Fontanelle oder Haarseile angebracht werden.
Diejenigen Ableitungsmittel, welche Ausschvützung oder Eiterung zur Folge haben, sind immer am wirksamsten. Bei akutem Rheumatismus der Rückenmarkshäute und dadurch erzeugter Lähmung hat sich auch die Akupunktur und das glühende Eisen, letzteres in Punkten und Strichen längs der Wirbelsäule applizirt, nützlich gezeigt.
Zur Nachkur kann man von Zeit zu Zeit, ein Abführungs- oder ein diuretisches Mittel anwenden, um die Dyskrasie vollständig zu tilgen.
Die Diät bei akutem Hheumatismus muss sehr mager, das Getränk überschlagen, der Aufenthaltsort warm und ohne Zugluft sein;
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Rheumatismus, chronischer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 91
die Thiere müssen auf trockener Streu und wohl bedeckt stehen. Xach der Kur sind noch durch einige Zeit Anstrengungen bis zum Schweiss und Erkältungen jeder Art zu vermeiden, um Rückliille zu verhüten.
Bei rheumatischen Entzündungen ist in der Hauptsache wie bei andern Entzündungen zu verfahren, dabei aber auch für Beförderung der Hautausdünstung und für Ableitung durch aussere Reizmittel zu sorgen. Au zarten Theilen wird Kälte nicht immer gut vertragen, und man muss deshalb in solchen Fällen schleimige und narkotische Mittel lauwarm, in flüssiger Form, in Breiumschlägen oder zuweilen selbst nur als Kräuterkisseii applizireu.
2) Der chronische Rheumatismus entsteht entweder aus dem akuten oder direkt durch Erkältungen geringeren Grades. Er iiussert sich in den ergriffenen Theilen durch krankhafte Spannung, Steifigkeit, gestörte Beweglichkeit, an den (Jliedmaasseu durch Lahmheit, ohne dabei bestehendes Fieber und örtlich ohne erhöhte Wärme. Wegen letzterer Eigenschaft heisst das Leiden auch kalter Rheumatismus. Die Schmerzen sind weit geringer als bei dem akuten Leidelaquo; und aussein sich wie bei diesem hauptsächlich, wenn man die affizirten Theile drückt, oder wenn das Thier eine Bewegung beginnt. Bei längerer Bewegung bis zum Schweiss verlieren sich gewöhnlich die rheumatischen Zufälle selbst gänzlich, keinen aber nach dem Abkühlen des Körpers bald mehr bald weniger stark wieder zurück. Geschwulst in den affizirten Theilen ist bei dem chronischen Rheumatismus gewöhnlich nur dann zugegen, wenn dieselbe durch eineii vorhergegangenen akuten Rheumatismus entstanden war; auch findet man sie dann fast ausschliesslich nur an den Gelenken.
Die Dauer des chronischen Rheumatismus ist sehr unbestimmt, auf Wochen, oft auf viele Monate ausgedehnt. Nicht selten ändern sich die Zufälle im Grade der Stärke, und zuweilen verschwinden sie, besonders bei warmer Witterung, für einige Zeit gänzlich, oder sie wechseln den Ort; doch findet ein Zurücktreten auf innere Organe weit seltener statt, als bei dem akuten Leiden.
Die Diagnosis des chronischen Rheumatismus ist aus den angegebenen Symptomen, so wie aus dem Fehlen solcher Erscheinungen, welche auf wirkliche Entzündung und auf mechanische Verletzungen deuten, zum Theil auch aus der Art des Entstehens und aus dem Verlauf des Leidens, in den meisten Fällen mit Sicherheit zu erlangen; aber bei den rheumatischen Affectioncn an den Glicdmaassen, namentlich bei den sogenannten rheumatischen Brust- oder Bug-lahmheiten und Hüftlahmheiten, d. h. denjenigen Rheumatismen, welche an dem Bug- oder dem Hüftgelenk und in den angrenzenden Theilen ihren Sitz haben und die Bewegung dieser Theile stören, — ist die Erkennung des Zustandes doch auch zuweilen schwierig, theils weil manchmal ein oder das andere Merkmal des Rheumatismus nicht deutlich hervortritt, theils weil es noch andere pathologische Zustände giebt, welche wegen ihres tiefen, verborgenen Sitzes äusserlich wenig erkennbar sind, und doch ähnliche Func-tionsstörungen, d. h. Lahmheiten erzeugen, wie der Rheumatismus;
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Klienniatisiims. chroniächer; Lahmheiten.
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so z. H. Quetschungen einer kleinen Stelle des Kapselbandes am Huggclenk, wenn sich daselbst bei heftigen Bewegungen eine Falte gebildet hatte. In diesem Falle ist keine Spur einer äusserlicheu Entzündung oder Verletzung vorhanden, und selbst das Drücken des Gelenkes mit der Hand bringt zuweilen keinen Schmerz hervor. Aber auch vielerlei krankhafte Zustände an andern Stellen (z. L. die sogenannte chronische Hufgelenkslahmheit) können eine Täuschung verursachen; und deshalb beobachten selbst recht erlahrcne Praktiker die Vorsicht, das Dasein des chronischen Rheumatismus als Ursache
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einer Bug- ode
andere Veranlassung /.um Lahmgehen au irgend eine
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, wenn keine
andern Stelle
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aufzufinden ist. Es scheint deshalb nöthig, hier die zweckmässige Art der Untersuchung lahmer Pferde im Allgemeinen anzudeuten, um zur sichern Diagnosis der in j{e(lc stehenden Lahmheiten zu gelangen.
Zunächst sucht man Islens von dem Wärter eiues lahmen Thie-res die Art des Entstehens der Lahmheil, die Dauer derselben und die etwa erfolgten A eränderungen zu erforschen. Dann beobachtet man 2tens das Thier beim Stehen und sieht zu, ob es einen Fuss vor- oder zurückstellt. Hierauf lässt man es 'itens unbedeckt am lang gehaltenen Zügel im Schritt, dann im Trabe, in gerader Richtung und im Kreise nach rechts und links, und wo möglich auf hartem und auf weichem Boden herumführen und achtet dabei o) auf die Bewegung der Gliedmaassen unter einander, — ft) auf die Schonung der einzelnen Theile einer Gliedmaasse, und r) auf die iMitbp-wegung des Kopfes und der Kruppe. Die Erfahrung lehrt: dass gesunde und kräftige Pferde fast anhaltend auf den vier Beinen glcich-mässig stehen, malle, kranke und lahme aber mit der Stellung der einzelnen Beine oll wechseln, und namentlich den lahmen Fuss vor oder zurück setzen, und dass sie ihn zuweilen auf einen Punkt, z. B. auf die Zehe, auf eine Wand, auf die Ballen, allein oder doch mehr
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als auf die übrigen Theile, aufstützen.
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len meisten Fällen hal
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das Leiden seinen Sitz in den obevn Theilen der Gliedmaasse, wenn das Thier den Fuss vorsetzt und mit' der ganzen Sohle auftritt, dagegen aber im Hufe, wenn es nur auf der Zehe oder überhaupt auf einem einzelnen Punkte desselben ruhet.
Gesunde Pferde bewegen beim Gehen in gerader Richtung die vier Gliedmaassen ganz glcichmässig, und die vier .Momente der Bewegung an jeder Gliedmaasse: das Heben, das Schweben, das Niedersetzen und Durchtreten erfolgen ebenfalls glcichmässig. Man hörl deshalb den Hufschlag von allen vier Füssen in gleichen Zwischenzeiten und glcichmässig stark; dagegen treten lahme Thicre auf den, der lahmen Gliedmaasse gegenüber befindlichen Fuss schneller und stärker auf, als auf die übrigen, und man hört dabei einen ungleichen
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Hufschlag.
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Bei bug- lt;i(!cr
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brustlabinen Thieren geschieht das Auf-
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heben geschwinder, das Schweben dauert länger, und dabei bringen sie doch den Vorarm nicht so hoch und nicht so weit hervor, wie am gesunden Fussc; das Niedersetzen erfolgt langsamer, aber gewöhnlich mit vollständigem Durchtreten im Fesselgeleuk. Huflahinc Pferde setzen auch beim Gehen den Huf mehr auf einen einzelnen
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Rheumatismus, chronischer; Lahmheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 93
Punkt und treten iiielit so vollständig im Fesselgelenk durch, wie mit dem gesunden Fussc. Bei einem Leiden im Fesselgelenk selbst wird dasselbe entweder ganz steif gehalten, oder es macht eine fast zitternde Bewegung mit unvollständigem Durchtreten. Jede Lahmheit tritt stärker hervor, wenn man die Thierc nach der Seite des leidenden Fusses zu im Kreise herumgehen iässt. Bei Lahmheit in den Hufen, überhaupt in den untern Theilen der Gliedmaassen, gehen die Thiere auf weichem Boden besser als auf hartem, aber buglahme zeigen gewöhnlich hierbei keine Verschiedenheit;1) die letztern gehen im Anfange schlecht, und allmälig besser, wenn das l'ebel im Rheumatismus beruht; aber im umgekehrten V erhältniss, wenn es in einer Gelenkentzündung begründet ist. Jluflahmheiten machen mehr Flinken, wenn die Thiere bergab gehen, Buglahmheiten mehr beim Bergangehen. Ausserdem sollen die letztem noch, wie sehr häufig behauptet wird, sich dadurch charakterisireu: dass die Thiere beim Gehen den lahmen Fuss nicht geradeaus nach vorn, sondern im Halbkreis von der Seite nach vorn bewegen und dass sie, vvenn man sie zum Zurücktreten zwingt, den lahmen Fuss auf dem lgt;odeu hinschleppen.
Die Erfahrung zeigt aber, dass diese letzteren iiierkmale nicht in jedem Falle zugegen sind, sondern nur da, wo hauptsächlich der gemeinschaftliche Kopf-, Hals- und Armbeinmuskel, oder die Sehne des langen Beugers des Vorarms, oder die vordere Fläche des Buggelenkes selbst affizirt ist. (Jeberhanpt ist die Art des Lahmgehens selbst in den einzelnen Fällen verschieden darnach: welche Theile am obern Ende der (laquo;lledinaasse von dem Uheumatismus ergriffen sind, namentlich: ob die IVIuskeln vor dem, auf dem oder hinter dem Schulterblatt, oder die an der Brust, am Arm und Vorarm befindlichen, die Gelenkbänder u. s. w.
Mau darf deshalb auf die Art des Gehens allein, so wichtig die iieachtung desselben auch ist, die Diagnosis nicht gründen, sondern man rnuss auch 4tens die örtliche Untersuchung der ganzen Glied-maasse hierzu noch zu Hilfe nehmen. Dieselbe beginnt mit einer genauen Betrachtung der (^liedmaassc von ihrem obersten Theile anlangend (und selbst ihre Aiiheltungen an dem Halse und dem \\ i-derrüst eingeschlossen) bis zum Hufe hinunter, um hierdurch jede sichtbare Abweichung von der normalen Form und Stärke der einzelnen Theile wahrzunehmen. Dabei ist eine Vergleichung mit denselben Theilen des gegenüberstehenden gesunden F'usses zu machen und in zweifelhaften Fällen selbst eine Messung an ihnen vorzunehmen, namentlich so am Hufe. Hierauf fühlt man an den Schienbeins- und Fesselarterien des kranken und fies gesunden Fusses nach der Stärke des Pulsirens und zugleich nach der Temperatur der bei-
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' ) Es ist nur zu beachten, dass das stärkere Auftreten des dein lahnien Kusse gegenuherstehenden gesunden Kusses auf dem harten Boden lauter klingt, und dass man deshalb auf ihm das Laiinigehen auch deutlicher lieiuerkl, ohne dass es eigentlich stärker ist.
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94nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rheumatismus, chronischer; Lahmheiten.
den Hufe. ') Dann lässt man den lahmen Fuss aufheben, beachtet die Grüsse, Form und BeschalFenheit der untern Fläche des Hufes und das etwa vorhandene Hufeisen hinsichtlich seiner Form, Grosse, Richtung, I^age, Abnutzung, der ganzen oder unganzen Beschaffenheit, so wie nach der Vollzähligkeit und dem Stande seiner Nägel. Um Schmerzen im Hufe zu erforschen, klopil man mit einem Hammer auf verschiedene Stellen des Hufeisens, an die Hufwände, die Sohle und den Strahl, oder noch besser, man drückt den Huf in verschiedenen Richtungen mit einer Zange (sehr zweckmässig mit einer hierzu gemachten sogenannten Untcrsuchuugszange), indem man den einen Schenkel des Zangenmauls auf die Sohle au der Zehe, seitlich neben dem Strahl, an den Eckstrebewinkeln, und auf den Strahl, den anderen Schenkel aber auf die gegenüber liegenden Punkte der Wände ansetzt; zuletzt drückt man den Huf von beiden Seiteuwänden her zusammen. Dabei achtet man darauf, ob das Thier an einer oder der andern Stelle zuckt, und wo dies geschehen, wiederholt mau den Druck, um sich von dem wirklichen Dasein des Schmerzes zu überzeugen, da die Pferde zuweilen bloss aus Unruhe und andern Ursachen eine zuckende Bewegung machen. Zweckmässig ist es, das Drücken und Klopfen mit geringer Kraft zu beginnen und es allmälig zu verstärken, und in der Nähe von verletzten Stellen den Druck erst zuletzt anzubringen, weil diese Stellen die schmerzhaftesten sind, und deshalb, wenn man sie zuerst drückt, die Thiere zu sehr beunruhigt werden. Bei vorhandenem Schmerz lässt man das etwa vorhandene Hufeisen vorsichtig abnehmen, wobei die Nieten der Nägel vollständig gcolfnet, und die letztern einzeln herausgezogen und besehen werden müssen, ob sie ganz oder gesplittert, trocken oder mit Blut oder Eiter befeuchtet sind. Der Huf selbst wird an den schmerzhaftesten Stellen der weissen Linie, der Sohle, der Eckstreben oder des Strahls mit einem geeigneten Instrumente (Huftnesser, Uufbohrer, Rinnmesser) bis auf die Fleischsohle vorsichtig durchschnitten, um etwa vorhandene Abtrennungen, fremde Körper, extravasirtes Blut oder Eiler zu entdecken.
Nach dem Hufe untersucht man durch Befühlen, selbst durch gelindes und stärkeres Drücken die Krone, den Fessel, das Fesselgelenk, tlas Schienbein (besonders dessen inwendige Seite), die Beugesehnen, das sogenannte Knie (die vordere Fusswurzel), den Vorann und Ellbogen, das Buggejeuk, die Schulter bis zum VViderrüst und selbst die IMuskeln am Halse. Die Gelenke biegt und streckt man nach verschiedenen Seiten und achtet dabei auf den Grad des Widerstandes und auf Schmerz. Bei dem Drücken der Theile unter dem Knie heben gutmüthige und sehr empfindliche Pferde fast immer den Fuss auf, selbst wenn sie keine Schmerzen an denselben haben, und es ist deshalb zweckmässig, zu diesem Theil der Untersuchung den Fuss aufgehoben halten zu lassen, weil dabei die Thiere ruhiger sind.
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') Ueber die Bedeutung dieser Symptome siehe Capitef 18., die Entzündung der Hufe.
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Rheumatismus, chronischer; Lahmheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;95
An delaquo; Hinterbeinen geschieht die Untersuchung im Wesentlichen auf dieselbe Weise, indem man durch Drücken die Empfindlichkeit vom Ilufc bis zum Kreuz, und selbst bis an die Lendengegend, besonders aber in der Umgegend des Hüftgelenks, prüft.
Wenn man nun bei der Untersuchung eines lahmen Pferdes findet:
1)nbsp; dass dasselbe beim ruhigen Stehen den kranken Fuss mit der ganzen Sohle des Hufes auf den üoden fest aufsetzt, ihn wohl auch etwas vor den andern Fuss stellt;
2)nbsp; dass es beim Gehen den lahmen Fuss zuckend, aber unvollständig aufhebt, ihn unvollständig und mit etwas steifer Haltung der Schulter, zuweilen auch in seitlicher Richtung vorwärts bringt;
3)nbsp; dass es (in manchen Fällen) beim Zurücktreten den lahmen F'uss auf dem Erdboden zurückschleppt;
4)nbsp; nbsp;dass an den Schienbein- und Fesselbein-Arterien kein stärkeres Pulsiren, am Hufe keine erhöhte Wärme und kein Schmerz, und eben so an allen übrigen Theilen keine Zeichen einer Entzündimg, einer Verletzung oder einer andern Abnormität bestehen; dass dabei aber
5)nbsp; das Thier Spannung der IVluskelu in der Umgegend des Bug-gelcnks und bei kurzem Drücken der Schulter ruckende Erschütterungen und Schmerz, und (in manchen Fällen) bei den ersten Bewegungen ein knackendes Geräusch wahrnehmen lässt; — und
6)nbsp; dass bei fortgesetzter Bewegung die Lahmheit sich mindert, und überhaupt das Thier von Zeit zu Zeit, namentlich bei gutem Wetter, sich bessert,
so kann mau sicher sein, dass das Leiden in Rheumatismus des Buggelenks oder dessen Umgegend, namentlich der Schulter, und an den hintern Gliedmaassen in Rheumatismus der Umgegend des Hüllgelenks begründet ist.
Die Beurtheilung dieser Lahmheiten und des chronischen Rheumatismus überhaupt ist stets nur vorsichtig zu machen; denn diese Leiden sind zwar in dem Grade oft veränderlich, in der Dauer aber gewöhnlich sehr hartnäckig, und es bleibt selbt nach ihrer Beseitigung sehr oft eine Neigung zu ihrer Wiederkehr im Körper zurück.
Unter günstigen äussern Verhältnissenj bei dem Aufenthalt des Thieres in warmer trockener Luft u. s. w. kann der chronische Kheumatismus sich von selbst verlieren oder doch durch eine zweck-mässige Behandlung vollständig geheilt werden; unter ungünstigen Verhältnissen wird er zuweilen zum akuten Rheumatismus oder selbst bis zur Entzündung gesteigert, aber in den meisten Fällen dauert er lange Zeit fort, dabei werden .Muskeln und Sehnen verkürzt, die er-steren magern ab (es tritt' der Schwund oder das Schwinden, Atro-phia, ein), die Sehnen und Gelenkbänder werden stellenweis verdickt und die Beweglichkeit immer mehr gestört.
Bei der Kur des chronischen Rheumatismus sind innerliche Heilmittel nur gelind und langsam wirkend, äusserliche dagegen von
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9Gnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rheiiinatismus, chronischer^ Behandlung.
grossem Nutzen. Die Behandlung ist deshalb hauptsächlich eine örtliche , eine reizende und ableitende. Bei gelinderen Graden des Uebels sind oft wiederholte Reibungen mit wollenen Lappen, mit Stroh oiler Bürsten, und Warmhalten des Theiles ausreichend. Bei einem höhern Grade kann man die Akupunktur anwenden; oder man macht Einreibungen von kampher- und Animouiak-Liniinent, von Kamphcr- und .Seifengeisl, von Terpenthiu-, oder Kiehn-, oder Tan-nenzapfen-, oder Wacholderholz-, oder Steinöl, oder von Kanthari-den-Tinktur, oder man wendet Spritzbäder (Douche-Bäder) auf den leidenden Thcil oder auch folgendes Veiiahren an: der mit Rheumatismus behaftete Thcil wird (ein bug- oder brustlahines Pferd um das Buggelenk, an und unter dem Schulterblatt, eine Handbreit hinter demselben, und an dem gemeinschaftlichen Muskel, — ein hüfl-lahmes auf dein Kreuz und an der ganzen Backe und Keule des lahmen Fusses) mit einem Gemenge von Liq. Aminon. caust. und OL Terebinthin. iüi 5j und Spirit, camphor, und spirit, sapouat. ää gj/i reichlich und stark eingerieben, so dass daselbst Schaum entsteht. Dabei wird das Thier sehr unruhig und gewöhnlich schwillt die Haut sogleich etwas an, wird faltig, heiss uud schmerzhaft. Gleich nach dem Einreiben lässt man das Pferd so lange massig stark reiten oder an einer Longe herumtreiben, bis es in gelinde Transpiration gekommen ist. Letzteres kann man befördern, wenn man das Thier mit wollenen doppelten Decken bedeckt laufen lässt; — in-dess ist dies nur da zu empfehlen, wo der Stall recht warm ist. Das Pferd wird nun in den Stall zurückgebracht, hoch und kurz angebunden, und ihm auf die vorher eingeriebene Stelle ein in recht kaltes Wasser eingeweichter, dann wieder massig ausgedrückter, drei- oder vielfach zusammengefalteter Sack gelegt, derselbe mit den Händen recht glcichmässig-au den Körper gedrückt, und mit Stroh-bänderu oder mit Stricken in der Lage erhalten. Hierauf wird der Hals und der ganze Körper mit wollenen Decken bedeckt. Nach zwei bis drei Stunden findet man die Haut unter den Sack sehr heiss; man nimmt nun den letzteren ab, und ersetzt ihn durch einen andern, in kaltes Wasser getauchten Sack und wiederholt dies alle zwei Stunden, im Ganzen fünf bis sechs Mal. Der zuletzt aufgelegte Sack bleibt sechs bis acht Stunden (gewöhnlich über Nacht) liegen, bis er ganz trocken geworden ist, und nachdem er entfernt worden, bleibt der betreffende Thcil noch zwei bis drei Tage mit Decken bekleidet, um die verstärkte Transpiration daselbst, sanft zu unterhalten, wenigstens Erkältung zu vermeiden. Die meisten Pferde schwiz-zen bei der obigen Prozedur auch am ganzen Körper und man muss deshalb während derselben jede Erkältung, Zugluft im Stalle u. s. w. vermeiden, und den Thieren nur überschlagenes Getränk geben. — An den eingeriebenen Stellen entsteht Ausschwitzung und später Abschuppung der Haut. Die Praktiker sind darüber verschiedener Ansicht: ob man die zu dieser Zeit bestehende Spannung der Haut durch Aufstreichen von Oel oder Fett mildern soll? Ich halte es für zweekinässig. — Nach vier Tagen werden die Pferde zuerst uur während einer halben Stunde im Schritt, später allmälig länger und auch im Trabe bewegt. — In manchen Fällen jst nach einer einma-
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Rheumatismus, chronischer, Behandlung.
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ligen Anwendung dieses Verfahrens der Rheumatismus beseitiget, in anderen muss dasselbe nach zwei bis drei Wochen wiederholt werden.
Fruchtet diese Behandlung nichts oder erscheint dieselbe wegen eines andern Grundes nicht anwendbar, so kann man auch die Kan-tharideusalbe, vorzüglich aber Fontanelle und Haarseile anwenden. Diese, mit einer materiellen Ausscheidung begleiteten Reizungen gewähren in hartnäckigen Fällen noch die beste (obgleich auch keine absolut sichere) HilCe; es ist jedoch bei denselben das Ausfallen der Haare und das Zurückbleiben sichtbarer Narben zuweilen ihrer Anwendung bei theuren i'ferden hinderlich.
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Zweiter Abschnitt.
Von den wichtigsten äusserlichen Entzündungen und deren Folgekrankheiten im Speciellen.
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Erstes Caiiitel.
Entzündungen der Ohren.
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(. Die Entzündung der Ohrmuscheln bei Hunden oder der sogenannte äussere Ohrwurm.
Bei langohrigen Hunden (Pudeln, Dachshunden und llühncrhun-
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den, kommt eine Entzündung der Haut und des Knorpels der Ohr-
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muschel ziemlich hiiufig vor. Dieselbe äussert sich dadurch, dass die Thiere oft mit dem Kopie schütteln und mit den Pfoten oft an dem leidenden Ohr kratzen und dabei zuweilen klagend winseln. Bei der Untersuchung findel^sich das Ohr stellenweis heiss, etwas geschwollen und beim Druck mit den Fingern vermehrt empfindlich; wo die Haut von Natur weiss oder röthlich ist, findet sie sich jetzt dunkler geröthet, und ihre Adern sind sehr angeschwollen. Wenn diese Entzündung, wie es gewöhnlich der Fall ist, einige Wochen gedauert hat, wird die Haut an den vorherrschend leidenden Theilen spröde und platzt in kleinen Hissen aus einander, was besonders an den Händern und gegen die Spitze hin geschieht. Die geborstenen Stellen fangen bald schneller, bald langsamer an eine serös - eitrige Flüssigkeit auszusickern und bilden sich in fressende Geschwüre um, welche jederzeit den Knorpel mit ergreifen, und denselben theilweis zerstören. Es entstehen auf diese Weise eine oder mehrere Lücken am Rande der Ohrmuschel, zuweilen 3 bis 6'quot; tief, und 2 bis 3'quot; breit. Bei diesen Geschwüren dauert das Benehmen der Hunde, wie angegeben ist, fort.
Die Ursachen dieser Entzündung sind bis jetzt noch nicht genügend bekannt; es scheint aber, dass in den langen hängenden Ohren die Gefässe mit Blut auf passive Weise überfüllt werden, dass Stockungen in ihnen entstehen und so die Entzündung vorbereitet,
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Entzündung des äussern Gehörganges.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 99
durch das starke Schütteln mit dem Kopfe aber eigentlich hervorgerufen wird.
Die Beui'theiluug ist im Allgemeinen günstig zu machen, da der Erfahrung zufolge sowohl die Entzündung, wie auch die Geschwüre geheilt werden können; allein das Uebel ist gewöhnlich sehr langwierig, und die einmal in der Ohrmuschel entstandenen Lücken sind nicht wieder zu beseitigen.
Die Behandlung besteht in der ersten Zeit darin: a) dass man vermittelst einer mit Taschen für die Ohrmuscheln bestehenden Binde dieselben nach dem Genick zu in der Höhe bindet und dadurch die passive Anhäufung des Blutes in dem leidenden Theile, so wie neue Reizungen beim Schütteln mit dem Kopfe, beim Kratzen mit der Pfote ü. s, w. verhütet; und 6) in der fleissigen Anwendung des Bleiwassers (2 Drachmen Uleizncker oder Bleiessig zu 6 Cfnzen Wasser) oder in dem täglich zweimal wiederholten Bestreichen der Innern und äussern Fläche der Ohrmuskel mit Bleicerat oder mit der Bleiwcissalbe. — 1st aber das Uebel bereits bis zum Bersten der Maut gedielten, so ist das täglich zweimal wiederholte Bestreichen mit der grauen Mcrkurialsalbe zweckmässiger.
Bei wirklichen Geschwüren hat sich folgende Salbe stets sehr nützlich gezeigt: Man nimmt graue Quecksilbersalbe ^ Unze, fein zerriebenen rotheil Quecksilbcr-I'räcipitat | Drachme und reibt Beides gut zusammen. IVlit dieser Salbe wird täglich zweimal das Geschwür und die Umgegend desselben bestrichen. Wenn Knorpelrän-der eulblösst und grau oder grünlich gefärbt an einzelnen Stellen des Geschwürs sichtbar sind, muss man diese Stellen mit Lapis in-fernalis oder mit dem glühenden Eisen betupfen, oder auch solche kranke Ränder ausschneiden. Sollten hierdurch zu grossc Lücken im Ohr entstehen, oder sollte durch mehrere tief eingefressene Geschwüre die Spitze der Ohrmuschel grösstcntheils zerstört sein, so ist es am besten, dieselbe mittelst der Scheere so zu beschneiden, dass alles Kranke enlfernl werde, und zugleich doch die Ohrmuschel eine der natürlichen Form ähnliche Gestalt wieder enthält. Die hierbei entstehende Blutung wird durch stiptische Mittel, oder durch Berühren der blutenden Stellen mit dem weissglühenden Eisen, oder auch durch die Unterbindung gestillt.' Die lleihmg erfolgt übrigens fast ganz ohne Kunsthilfe.
II. Die Eutzündung des äussern Gehörganges (Otitis) bei Hunden, oder der sogenannte innere Ohrwurm.
Uei Hunden von jeder Ralaquo;;e und in jedem Alter, am meisten aber bei den mit langen, hängenden Ohrmuscheln, kommt die Entzündung des äussern Gehörganges ziemlich oft vor. Das Uebel hat seinen Sitz in der Haut, welche dieses Gebilde auskleidet, ergreift aber zuweilen auch die unter derselben liegenden Knorpel und £eigt sich auf folgende Weise: Die Hunde tragen den Kopf mehr oder weniger schief, und zwar gewöhnlich so, dass das leidende Ohr iiaoh abwärts gehalten wird; sie schütteln auch oft mit dem Kopfe, futschen mit dem leidenden Ohr zuweilen auf dem Hoden hin dder kratzen dasselbe mit den Pfoten; hierbei äussern sie zivweile* dureh
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nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Winseln oder durch kurzes Schreien eine schmerzhafte Empfindung;
dasselbe thun sie auch, wenn man das leidende Ohr nahe am Kopfe gelind zusammendrückt, und zugleich suchen sie sich dieser Berührung zu entziehen. Das Ohr findet mau vermehrt warm, und die Haut im äussern Gehörgange etwas geschwollen und dunkler gerö-thet. Im Anfange, d. h. in den ersten 3'—6 Tagen, ist der äussere Gehörgang trocken, nach dieser Zeit aber schwitzt aus der Haut daselbst eine gelbliche klebrige Flüssigkeit, welche mau oft deutlich sieht, und die sich ausserdem durch ein quatschendes Geräusch zu erkennen giebt, wenn man den äussern Gehörgang mehrmals nach einander kurz zusammendrückt. Diese Feuchtigkeit trocknet am Rande des Gehörganges zu gelblichen Borken ein, die zuweilen den ganzen Gehörgang verschliessen. Im weitern Verlauf wird die Flüssigkeit zuweilen dem Eiter ähnlich, in den meisten Fällen aber zu einer röthlichen, sehr stinkenden Jauche umgewandelt, und in der inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Haut des Gehürganges bilden sich Geschwüre, Verdickungeu und zu-
weilen auch warzenähnliche Auswüchse.
Der Verlauf dieses Leidens ist stets, wenn nicht die erste Entzündung unterdrückt wird, sehv- langwierig, oft auf viele Monate ausgedehnt. Das Uebel ist hartnäckig und kehrt oft nach kürzerer oder längerer Zeit wieder.
Als Ursache betrachtet man eine eigenthümliche Disposition der langohrigen Hunde zu dieser Entzündung, bedingt durch die Abhaltung der Luft von dem äussern Gchörgangc, — das Eindringen fremder Körper in denselben, — Metastasen bei dem Bestehen von Dys-krasieen, namentlich von Flechten und Räude, und ausserdem vielleicht auch noch Erkältungen.
Die Kur beginnt man am besten mit einem kräftigen Abfüh-rungsmittel, welches auch später von Zeit zu Zeit wiederholt wer-.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;den kann; und wo Dyskrasieen bestehen, sucht man dieselben durch
umstimmende und spezifische Mittel, wie namentlich Schwefel, Spicssglauz, Merkur und Arsenik zu tilgen. Die Diät muss stets mager sein.
Oertlich bindet man die Ohren nach dem Genick zusammen, um die Luft freier auf den Gehörgang einwirken zu lassen, und die Anhäufung von Wärme zu verhindern. In den Gehörgang bringt man, wenn das Uebel noch frisch entstanden ist, täglich 4'—6 ftial eine ganz schwache Auflösung von Bleiessig (2—5 Gr. auf 1 Unze Wasser) und setzt derselben, wenn dabei sehr grosse Empfindlichkeit besteht, ein narkotisches Extrakt zu, z. B. auf die Unze Flüssigkeit 1.—3 Gr. Bilsenkraut-Extrakt, oder Belladonna-Extrakt, oder auch Opium; oder man wendet ein narkotisches Infusum kalt in das Ohr an, oder man tröpfelt das Bilsenkrautöl, oder ein anderes mildes Oel mit Zusatz von Opium in den Gehörgang. In Ermangelung dieser Arzneimittel kann man auch süsse Milch hierzu benutzen.
Wenn die vorhin bezeichnete klebrige Absonderung in dem Gehörgange eingetreten ist, können dieselben Mittel noch fortgebraucht werden, aber zugleich muss der Gehörgang täglich einmal mit einem schwachen lauwarmen Seifenwasser gereinigt werden. Wird die Absonderung sehr reichlich, so kann man mehr austrocknende Mittel
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Augenentzündungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 101
anwenden, namentlich eine schwache Auflösung von Ziukvitriol (5 bis 10 Gr. auf eine Unze Wasser) oder von Kupfervitriol, oder von Höllenstein (2'—4 Gr. auf 1 Unze destillirtes Wasser). Wird die Flüssigkeit jauchig und stinkend, so dienen dieselben Mittel, jedoch mehr concentrirt, z. B. Zinkvitriol oder Kupfervitriol 10—20 Gr. zu 1 Unze Wasser, oder ein Gemenge von 5 Gr. Zinkvitriol und 20 Gr. Bleizucker mit 1 Unze Wasser, ebenso das Kalkwasser, oder eine Auflösung von Chlorkalk in Wasser oder in einem aromatischen lu-fusuni u. dgl. Sehr wirksam haben sich hierbei auch eine schwache Auflösung von Kreosot (!•—2 Gr. auf 1 Unze Wasser) und Einstreu-pulver von Kohle und Bleiweiss, oder von Kohle und' Chlorkalk gezeigt. Es ist aber dabei das tägliche Reinigen des Ohrs nöthig. In hartnäckigen und veralteten Fallen ist es zur Kur nothwendig, am Genick ein Haarseil zu ziehen oder die Kanthariden- oder Brech-weinsteinsalbe einzureiben; und wo das Leiden immer wiederkehrt, ist diese Ableitung auch nach erfolgter Heilung sehr nützlich.
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Zweites Capitel.
Augenentzündungen (Inflammationes Oculi, Ophthalmiae) und die Folgekrankheiten derselben.
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Die Augen der sämmtlichen Hausthiere, besonders aber die der Pferde und Hunde, sind sehr häufig den Entzündungen unterworfen.
Diese Entzündungen charakterisiren sich im Allgemeinen durch Schmerz, erhöhte Wärme, Anschwellung, Röthung der Conjunctiva, Lichtscheu oder vermehrtes Sehvermögen und gestörte Sekretionen. Zuweilen besteht auch Fieber dabei. In den einzelnen Fällen sind jedoch die Symptome sehr modifizirt, je nach dem Sitze, der Ausbreitung und Art der Entzündung und nach den Ursachen.
Es leiden dabei oft nur einzelne Gebilde, wie z. B. die Augenlider, die Bindehaut, die Thränen-Karunkel, die durchsichtige oder die undurchsichtige Hornhaut, die Regenbogenhaut, die Gefässhaut, die Crystallinse und deren Kapsel, während in andern Fällen mehrere Gebilde leiden, oder das ganze Sehorgan ergriffen ist. Diese Verschiedenheit hinsichtlich des Umfanges der Entzündung hängt hauptsächlich von der Art und Stärke der Ursachen und von der Disposition der einzelnen Thiere zu Augenentzündungen ab. Eine solche Disposition ist entweder angeboren oder erst erworben. Im erstem Falle ist sie oft durch eine besondere Formation der Augen, oder auch des ganzen Kopfes angedeutet, wie namentlich durch einen schweren, dicken, stark fleischigen Kopf, durch dicke, fette, eng gespaltene Augenlider, und durch kleine, tief liegende Augen; allein es
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102nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Augenentzunilung, traumatische.
finden sich hiervon sehr viele Ausnahmen, indem einerseits sehr oll Thiere mit solchen Bildungen nicht mehr als andere an Augenent-zündungen leiden, andererseits aber auch oft eine grosse Anlage zu ^diesen Entzündungen wirklich besteht, ohne äusserlich erkennbar zu sein. Die erworbene Anlage zu Augenentzüudungen ist mehreutheils nicht anders, als aus dein öftern Wiederkehren einer solchen Entzündung nach geringen Ursachen wahrzunehmen. Sie beruht auf krankhaft vermehrter Empfindlichkeit der Augen, auf zu sehr entwickelten Sympathiecu derselben mit andern Organen und auf Vollblütigkeit.
Die Ursachen der Augenentziindungen sind entweder von mechanischer VVii'kungsart, oder von chemischer Natur, oft Erkältungen, zuweilen innere Krankheitsprozessc, und in manchen Fällen sind sie unbekannt. Es ist zuweilen sehr schwierig, die wirklichen Ursachen zu erforschen, und überhaupt den Zustand eines entzündeten Auges kennen zu lernen, weil die Thiere hierbei nicht selten sehr kopfscheu und widersetzlich sind, die Augenlider mit aller Kraft zusammendrücken, den Augapfel möglichst tief in die Höhle zurückziehen und so die Untersuchung fast unmöglich machen. Besteht .dabei noch Anschwellung der Augenlider, Auflockerung der Bindehaut und vermehrte Schleimsckrction, so wird dieselbe noch mehr erschwert. Um sie jedoch so vollständig wie möglich auszuführen, muss man die Thiere bremsen, sie von starken fichilfen am Kopfe festhalten lassen, die Augenlider äusserlich ganz trocken abwischen, und sie dann mit trockenen Fingern aus einander ziehen. Letzteres gelingt noch besser, wenn man hierzu die sogenannten Augcnlidhalter (Instrumente von einer fingerbreiten und S-förmig gekrümmten llessing-platte oder von eben so gebogenem doppeltem Metalldraht} oder in Ermangelung derselben einen hakenförmig gebogenen Stiel eines kleinen Löffels benutzt. Bei nicht zu bezwingender Widersetzlichkeif der Thiere muss rnan dieselben sogar zu dieser Untersuchung niederlegen und stark bremsen. Nachdem die Augenlider auseinaudergezo-gen sind, wischt man mit einem Schwämme oder einem weichen Leinwandläppchen den überflüssigen Schleim weg, und besieht dann die einzelnen Theile recht genau. Die ganze Untersuchung muss übrigens mit möglichster Schonung geschehen.
Bei den Augenentzündungen finden sich oft die S. 29 - öl angegebenen Verschiedenheiten der Entzündungen, und man bat sie deshalb verschiedentlich eingetheilt und benannt. Es ist aber hinreichend, wenn man sie in traumatische und spezifische scheidet, und dabei in den einzelnen Fällen jene'Verschiedenheiten, besonders aber den Charakter der Vitalität berücksichtigt.
1. Traumatische Augenentzündung. Ophthalmia traumatica.
Die Augenlider, der Blinzknorpel und die Thränen-Carunkel, die Bindehaut und der Augapfel in seineu verschiedenen Theilen können durch mannigfaltige Veranlassungen mechanisch und chemisch gereizt und hierdurch in Entzündung versetzt werden, wie namentlich durch fremde Körper (z. B. Staub, Sand, Grannen und Hülsen von Getraide, Grashalme, Haare, Kalk u. dgl.), welche zwischen die
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Augenentzümiung, traumatische.
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Augenlider und den Augapfel eingedrungen sind, durch Stösse, Schläge, Reiben, Quetschungen bei dem gewaltsamen Ueberstreifen (Abziehen) der Halfter, durch einwärts gebogene und gekrümmte Augenlidränder u. s. w.
Die auf solche Art erzeugten Entzündungen bestehen oft für sich allein, oft aber auch mit Quetschungen oder mit Verwundungen, und hiernach, so wie nach dem Sitz, der Ausbreitung, dem Grade und der Dauer der Heizung und Entzündung sind die Symptome in den einzelnen Fallen etwas verschieden.
Leiden nur die Augenlider (Inflammatio palpebrarum), so findet man auch nur sie allein geschwollen, vermehrt warm, bei der Berührung schmerzhaft, ihre äussere Fläche (besonders am freien Rande) glänzend, und ihre innere Fläche dunkler geröthet. Zuweilen besteht in Folge einer consensuellen Reizung der Thränendrüse ein Thräncnfluss aus dem kranken Auge, und eben so sind, wenn die am Rande der Augenlider liegenden IMeibomsehen Drüsen mitleiden, oft eine reichliche Absondernug der sogenannten Augenbutler, Krusten an den Augenlidrändern und Zusammenkleben der letztern zu bemerken; und oft finden sich an der äussern Fläche der Augenlider, namentlich des obern und am Augenbogen als Spuren der eingewirkten Ursache, kahle Stellen oder Verletzungen. Die Rö-Ihung an der inneru Fläche der Augenlider ist gewöhnlich gleich-massig; doch sieht man auch nicht selten eine netzartige Verzweigung von stark injicirten Oefässen, oder auch dunklere Flecke von kleinen Extravasateu herrührend. Die Anschwellung ist in verschiedenem Grade ausgebildet, elastisch gespannt.
1st die Bindehaut der Sitz der Entzündung (Conjunctivitis), so findet man mehrentheils die Augen geschlossen, aber die Augenlider wenig oder gar nicht geschwollen, die Absonderung der Thränen und des Schleims vermehrt; die Bindehaut dunkler geröthet, mit stark angefüllten Gelassen und zuweilen mit rothen Flecken versehen, auch mehr oder weniger angeschwollen, so dass sie in manchen Fällen wie eine rothe Wulst unter dem Rande des obern Augenlides hervortritt. Der Schmerz ist grosser als bei dem Leiden der Augenlider. Oft findet man nach dem vollständigen Auseinanderziehen derselben einen fremden Gegenstand (z. ß. Sand, Getraidegrannen u. dgl.), oder eine Verwundung, welche beide als Ursachen dieser Art von Augenentzündung und zugleich als ein sicheres Erkennungsmerkmal derselben zu betrachten sind.
Bei traumatischen Entzündungen der Nickhaut (des Blinzknorpels) und der Thränenkarunkel findet man an diesen Theilen und an der mit ihnen zusammenhängenden Bindehaut die oben angeführten Zufälle. Doch ist bei Entzündungen am Blinzknorpel wegen des Mitleidens der Harderschen Drüse immer die Absonderung eines zähen Schleims ungewöhnlich gross.
Auch wenn der Augapfel selbst von der traumatischen Entzündung ergriffen ist, bestehen dieselben Symptome; zu ihnen tritt aber 1) bei oberflächlicher Reizung oder Verletzung dieses Organs noch eine sich schnell über einen Theil der durchsichtigen Hornhaut verbreitende, blassblaue, weissliche oder ins Graue spielende Trübung,
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104nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Augenentzündung, traumatische.
so dass hierdurch diese Haut oft in einigen Stunden ihre Durchsichtigkeit bald mehr bald weniger verliert, das Auge ein ganz anderes Ansehen erhält und das Sehen gestört oder ganz aufgehoben wird, in demselben Verhültniss, wie durch die Trübung der Eintritt der Lichtstrahlen in das Auge gehindert ist. Diese Trübung entsteht aus einer Ergiessuug von Serum und Faserstoff unter das Bindehautblätt-chen, welches die durchsichtige Hornhaut überzieht; sie ist deshalb oft mit einer wulstigen Erhöhung au ihrer Grenze verbunden und senkt sich, wie die ödematöseu Anschwellungen, allmälig von den höheren zu den niederen Stellen. — 2) Wenn die entzündliche Reizung tiefer, bis in die durchsichtige Hornhaut eingedrungen ist (Ce-ratitis), entwickeln sich die oben genannten Symptome allmälig zu einer grossen Heftigkeit, namentlich wird der Schmerz sehr gross und nicht blos durch mechanische Berührung, sondern auch durch die Einwirkung des Lichtes vermehrt (Lichtscheu, Photophobia). Die Hornhaut nimmt stellenweis oder ganz ein mattes, ins Graue spielende Ansehen an, wie wenn sie mit Staub bestreut wäre, und in dem Verhältniss der Stärke und des Umfauges dieser Trübung ist auch das Sehen undeutlich; aber die Trübung ist nie so auffallend, und entsteht niemals so schnell, wie bei dem vorigen (oberflächlichen) Leiden. Zuweilen erscheint die durchsichtige Hornhaut etwas verdickt, und um ihren Rand findet sich an der undurchsichtigen Hornhaut ein blassrother schmaler Streif. Die Blutgefasse sind in der Richtung nach der Stelle, wo die Reizung oder die Verletzung stattgefunden, von der undurchsichtigen Hornhaut her mehr sichtbar und erstrecken sich zuweilen über eine Linie weit in die Cornea. Zuweilen sind auch Blutflecke (Ecchymosen) in der Bindehaut und Hornhaut vorhanden •). — 3) Sind die inneren Theile des Augapfels mit afilzirt, so treten zu den obigen Erscheinungen noch, je nach den Umständen, Trübung der wässerigen Feuchtigkeit, Blutergiessung in die vordere und hintere Augeiikammer, und zuweilen Verengerung oder gänzliche VerSchliessung der Pupille. — Zu den heftigen Entzündungen der durchsichtigen Hornhaut und der inneren Theile des Augapfels findet sich in den meisten Fällen eine fieberhafte Aufregung des Pulses, Traurigkeit, zuweilen auch Appetitlosigkeit.
Oft kommen diese Entzündungen an mehreren Theilen des Auges zugleich vor, und die Symptome erscheinen deshalb auch gewöhnlich nicht so gesondert, wie hier angegeben.
Der Charakter dieser Entzündungen ist in den meisten Fällen der sthenische, nur selten der erethische und noch seltener der asthe-nische. Der erstere besteht in der Regel vom Anfange der Entzündung an, und bleibt häufig so bis zum Verschwinden derselben, besonders bei den Entzündungen der Hornhaut und der inneren Tlieile des Augapfels; der asthenische Charakter entwickelt sich nur bei schwachen, kranken Thieren und unter schwächenden Einflüssen, z. B. in sehr warmen, dunstigen Ställen u. dgl. Der sthenische Cha-
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') Diese Blutflecken sind von denen bei typhösen Krankheiten wohl zu unterscheiden.
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Augenentziindiing, traumatische.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;105
rakter äussert sicli laquo;lurch lebbal'le Röthe, grosso Hitae, sehr heisse Thräneu, zuweilen durch Trockenheit des Augapfels, durch heftigen Schmerz, entsprechende Geschwulst, dabei kralligen Puls und dun-kelrothe Färbung der Schleimhäute. — Bei dein erethischen Charakter äussert sich der Schmerz und die Lichtscheu sehr heftig, während nur wenig Geschwulst, wenig Röthe und geringe Wärme besteht. Oft ist die Thränenabsonderung sehr reichlich, und zuweilen ist die Pupille zusammengezogen. — Bei dem asthenischen Charakter besteht entgegengesetzt im Verhältniss zu den übrigen Zufällen nur geringe Empfindlichkeit, daher die Tbiere auch häufig die Augen selbst im hellen Licht ollen halteu; die Anschwellung ist mehr schlalf; die Köthung zuweilen recht dunkel, in arideren Fällen mehr blass, ins Gelbliche spielend; die Absonderung reichlich, die Thränen oft mit Schleim gemengt, der letztere zähe, fadenziehend oder in Klümp-chen zusammenhängend. Aiisserdem spricht sicli auch gewöhnlich der asthenische Charakter im Allgemeinen durch stark fühlbaren Herzschlag, weichen Puls, blasse und feuchte Schleimhäute u. s. w. aus.
Der Verlauf und die Ausgänge der traumatischen Augenentzündungen sind je nach dem Sitze und der Ausbreitung, nach der veranlassenden, schon entl'ernten oder noch fortwirkenden Ursache, nach dem Grade der etwa bestehenden Verletzung, nach dem Grade, der Dauer und dem Charakter der Entzündung selbst verschieden, und die Prognosis ist deshalb in den einzelnen Fällen ebenfalls verschieden, bei den Entzündungen des Augapfels aber stets mit Vorsicht auszusprechen.
Im Allgemeinen gelten die traumatischen Augenentznndungen, weil sie idiopathisch entstanden sind, für leichter heilbar, als die sogenannten sympathischen und symptomatischen Entzündungen von gleicher Heftigkeit; doch ist dies nur in denjenigen Fällen richtig, wo kein fremder Körper im Auge verweilt, keine tiefe Anätzung, keine eindringende Verletzung und keine Erschütterung der inneren Theile ties Augapfels stattgefunden hat. Denn da, wo solche Com-plicatiouen bestehen, ist durch sie die Entzündung stets zu einer bösartigen gemacht. Die Reizung von fremden Körpern steigert trotz der augewendetcu Mittel die Entzündung zu plastischen Ansschwiz-zuugen, durch welche oft bleibende Verdunkelungen oder Verwachsungen, Verdickungen und Wucherungen entstehen; oder es bildet sich Eiterung, welche auf der durchsichtigen Hornhaut undurchsichtige Narben, im Augapfel mehrentheils gänzliche Zerstörung desselben herbeiführt. Verwundungen haben oll ähnliche Folgen, — und selbst Brand kann eintreten. Erschütterungen können Lähmung (schwarzen Staar) herbeiführen. Die Heilung kann aber erfolgen, wenn die fremden Substanzen entfernt werden, wenn die Verletzung in einem massigen Grade besteht und eine zweckmässige Behandlung stattfindet. Der allein gute Ausgang bei Augenentzündungen ist die Zertheilung.
Entzündungen in den äusseren Theilen der Augenlider sind in der Regel leicht und vollständig zu zertheilen; in der Bindehaut der Augenlider sind sie ebenfalls im Allgemeinen als leicht heilbar zu betrachten; am Bliuzknorpel und an der Thränenkarunkel sind sie hartnäckiger, zu Wucherung und Verdickung geneigt; an der Binde-
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1U6nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Augenentzündnng, (raumatische, Kur.
haut des Augapfels verursacheu sie durch die Trübungen der Cornea einige Gefahr, die jedoch bei zeitiger und zweckmässiger Kur fast sicher zu beseitigen ist. Je mehr' die Trübung bläulich erscheint und je mehr sie einen abgesetzten Rand zeigt, um desto weniger hartnäckig pflegt sie zu sein. — Entzündungen der durchsichtigen Hornhaut sind in den meisten Fällen länger dauernd, als die der Bindehaut; sie hinterlassen oft tief in der Substanz sitzende hartnäckige Trübungen und Yerdickungen. #9632;— Entzündungen im Innern des Auges ist stets ein Gefahr drohendes Uebel, weil durch plastische Ausschwitzung eine Trübung der wässerigen Feuchtigkeit oder der Krystalllinse und ihrer Kapsel, oder eine Verwachsung der Pupille, •— oder Eiterung, und hierdurch theilweise Auflösung und Zerstörung der inneren Gebilde, oder auch Berstung der Hornhaut und dadurch Verlust des Augapfels entstehen kann. (Siehe Eiterauge.) Aussei- der Entzündung selbst ist bei solchen traumatischen Augenent-zündungen, welche durch gewallige Einwirkungen entstanden sind, Quetschung und Erschütterung der inneren Theile zu berücksichtigen, da diese Zustände oft Trennungen, Lähmung, Blutergicssung und hierdurch unheilbare Erblindung herbeigeführt haben.
In manchen Fällen, namentlich wo dje Behandlung nicht gleich nach dem Entstehen oder wo sie zu schwach eingeleitet, und ebenso da, wo die veranlassende Ursache nicht entfernt worden ist, oder auch wo neue Schädlichkeiten, wie z. B. Erkältungen, starker Stalldunst u. dgl, einwirken, wird die Entzündung chronisch, und in anderen Fällen bleibt Auflockerung der Bindehaut und eine chronische, vermehrte Schleimabsonderung (Blennoirhoea) zurück.
Die Kur der traumatischen Augeueutzündungen verlangt zunächst die Entfernung der noch fortwirkenden so wie die Abhaltung neuer Gclegenheitsursachen.
Demgemäss werden drückende und verletzende Gegenstände, z. B. zu enge und verbogene Schauklappen beseitigt, — die Thiere werden so angebunden, dass sie sich nicht reiben können, —' fremde Körper zwischen dem Augapfel und den Augenlidern werden, nachdem die letzteren, wie Seite 102 angegeben, geüflhct worden, mittelst eines feuchten Schwamines, oder eines Läppchens, eines leinen Haarpinsels, oder einer feuchten Federfahne weggestrichen, oder, wenn sie festsitzen, mittelst der Pinzette, oder einer feinen Sonde (oder des Da wie Ischen Löflels ') aufgehoben und entfernt.
V\ enn der fremde Körper cigeuthümlich reizende oder ätzende Eigenschaften besitzt, sucht man ihn nach Eröllnung der Augenlider durch eine schleimige Flüssigkeit, z. ß. Leinsaamenschleim, Quittenschleim, Auflösung von arabischem Gummi, Milchrahm oder Eiweiss, Fett oder fettes Oel ganz einzuhüllen und dadurch unwirksam zu machen und zugleich ihn aus dem Auge zu entfernen. — Scharfen
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'quot;) Ein löffelförniiges Inätruiuenl von Silber oder Messing mit einem Stiel von Holz oder Bein. Der Löffel ist circa 1—1^ Linien breit, 3 Linien lang, das vordere Ende ein wenig r.m hohlen Seite gebogen, das hintere geht in einen 1—3 Zoll langen drahtförmigen Theil und dieser in den Stiel über.
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Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;107
Dunst im Stalle sucht man durch möglichste Heinlichkeit, durch gründlichen Abfluss des Urins, durch Wegschaffen der leuchten Streu, daher auch durch Beseitigung der sogenannten Streuklappen unter den Krippen, und durch Oeffnen eines oberen Fensterflügels (ireuii keine Dunströhre besteht) zu beseitigen. — Zugluft und helles Licht sind abzuhalten, letzteres durch Verliängen der Fenster.
Dabei ist aber der Stall nur massig wann zu halten, die Thiere dürfen nur wenig, schwach nährendes und leicht zu kauendes Futter bekommen, und sie müssen jede Aufregung, daher starkes Laufen und schweres Ziehen vermeiden. In der Befolgung dieser Vorschriften besteht auch die diätetische Behandlung der Thiere während und gleich nach der Kur.
Die chirurgische Behandlung der Entzündung selbst muss stets auf die Zertheilung gerichtet, aber dem Grade und Charakter des Leidens angemessen sein.
Hat eine traumatische Ursache sehr heftig ein Auge betroffen, so kann man, noch ehe die Entzündung sich entwickelt, einen Ader-lass machen, ein Ablnhrungsmittel geben und das Auge kühlen.
Bei den leichteren Graden der Entzündung der Augenlider, der Bindehaut und des Blinzknorpels ist in der ersten Zeit und bei dem sthenischen Charakter es hinreichend, wenn man das Auge recht fleissig mit kaltem Wasser oder mit einem ganz schwachen Bleiwasser (2 - 4 Gran Bleizucker auf 1 Unze Wasser) unausgesetzt kühlt. Das letztere Mittel, und überhaupt Blcimittel dürfen aber in keinem Falle angewendet werden, wenn bereits eine Trübung der durchsichtigen Hornhaut, und besonders wenn mit der Trübung eine Verletzung dieser Haut besteht. Denn die Erfahrung zeigt: dass durch die Bleimittel der exsudirte Faserstolf, welcher die Trübungen erzeugt, zum Gerinnen gebracht und hierdurch sehr schwer auflösbar gemacht wird. Viele Hornhaut-Hecke verdanken ihre Hartnäckigkeit oder Unheilbarkeit der Behandlung mit Bleimitteln '). Dagegen hat sich bei den Entzündungen mit Trübung der Hornhaut eine schwache Auflösung von Kali carbon, depurat. (Gr. j auf gj kalten Wassers) sehr nützlich gezeigt.
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1st bei solchen leichten Entzündungen das Auge trocken, oder
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haben chemische Reizungen oder Anätzungen stattgefunden, so verdienen schleimige Augenwässer den Vorzug, wie z. B. Quittenschleini (von Zß Quittensaamen mit Jvj — Jviij) Wasser während etwa 5 bis 8 Minuten geschüttelt und durchgeseihet 2), oder eine Abkochung von Leinsaämen (go' und Wasser gviij), von Malven- oder Althäekrau) (ebenso), eine Auflösung von arab. Gummi (1 Theil zu 12 Theilen Wasser), oder von Eiweiss (das Weisse von einem Hühnerei mit
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') Ich weiss wohl, dass nicht in jedem Falle eine unheilbare Verdunkelung der Hornhaut zurückgeblieben ist, wo man unter den bezeichneten Umständen Bleimittel angewendet hat. Die Erklärung hierzu findet sich aber darin: dass in diesen Füllen durch die geschlossenen Augenlider glücklicherweise von dem Mittel wenig oder gar nichts auf die Hornhaut gelangt ist.
') Alle Augenwässer sollen durchgeseihet werden.
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Jviij Wasser tüchtig zusammengeschlagen oder geschüttelt; und wenn die Anwendung von ßleimitteln nach vorstehender Andeutung als passend erscheint, kann man dieselben mit den schleimigen verbinden, indem man z. B. zu 8 Unzen Quittenschleim oder arab. Gummiauflösung 10—20 Gran ßleiessig setzt.
Bei dein erethischen Charakter finden ebenfalls die genannten sclüeimigen Mittel, ausserdein die narkotischen ihre Anwendung; z. B. eine Abkochung von Bilsenkraut, oder von Tollkirschenkraut oder von Stechapfelkraut (sect;/S zu Jviij Colatur), oder ein Gemenge von Leinsaamenschleim mit der Abkochung von einer der genannten narkotischen Pflanzen, oder eine Auflösung von Opium oder von Bilsenkraut- oder Belladonnakraut-Extrakt in Wasser oder in einer Abkochung von Leinsaameu (Opium oder Extrakt Qfi auf sect;viij). Dieee Mittel werden kalt applizirt, wenn die Entzündung mit viel Hitze begleitet ist; wo aber diese fehlt und die Entzündung mehr zum astheuischen Charakter neigt, kann man die Augeuwässer lauwarm anwenden oder selbst lauwarme Breiumschläge von narkotischen oder von narkotischen und schleimigen Mitteln machen. Für diesen Zweck werden z. B. 4 Unzen Bilsenkraut und eben so viel Malvenkraut, beide klein geschnitten und ohne Stiele mit der hinreichenden Menge kochenden Wassers zum Brei zusammengemengt, dieser in einen Beutel von weicher Leinwand gethan und mit demselben lauwarm auf das Auge gelegt. Der Beutel darf nur locker angelullt sein, damit er sich überall gleichmässig anlegt und er muss das ganze Auge an allen Seiten gegen zwei Finger breit überragen; er wird mit Bändern au den obern Theil der Halfter, beim Rindvieh an die llörner, und bei den übrigen Thieren mittelst einer besondern Kopf bandage befestigt. So oft er kalt wird, muss er mit warmem Wasser begossem oder durch einen unterdessen gehörig erwärmten andern Brei ersetzt werden ').
Trägt die Entzündung den asthenischen Charakter an sich, so leisten gelind erregende und schwache tonische Mittel gute Dienste, namentlich ein Infusum von Arnikablumeu (von 3 bis 4 Drachmen 8 Unzen), oder von Kamillenblumen, von Quendel- oder Lavendelkraut u. dgl., oder ein Gemenge von Aruika-Tinktur und Wasser (1 bis 2 Loth zu 1 Pfund), oder eine schwache Auflösung von Zinkoder Kupfervitriol oder von Augenstein (Lapis ophthalmicus, Lapis divinus, Cuprum aluminatum) (Gr. ^—ij auf 3j Wasser oder aromat. Infusum), oder wo die Trübung der Hornhaut auffallend ist, ein Augen-wasser von einem arom. Infusum mit Zusatz von Opium (10 bis 20 Gr. zu 8 Unzen), oder von Opiunitinktur (3j—3ij zu Jviij), oder auch von gereinigter Pottasche (Zß—3j zu Jviij). Die Mittel werden mit Rücksicht auf die Temperatur am Auge kalt oder lauwarm angewendet und in letzterer Temperatur mehrentheils sehr gut ertragen.
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') Manche Thierärzte benutzen zu den ßreiumschlägcn statt der Beutel eine Augenbandage mit Taschen; dieselbe erscheint aber wenig zvveckmiissig, weil die Kräuter leicht aus den Taschen herausfallen.
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Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 109
Hat eine traumatische Augenentzuudung einen hohen Grad erreicht oder hat sie ihren Sitz in der durchsichtigen Hornhaut oder in den innern Theileu des Augapfels, so inuss ohne Zeitverlust ein kräftiger Adßrlass aus der Drosselveue oder aus der Gesichtsvene gemacht, und derselbe nach 6 — 8 Stunden wiederholt werden, wenn bis dahin nicht eine Minderung der Zufälle bemerkbar ist. Dies inuss, wenn die Thiere nicht durch die schon stattgefundene Behandlung oder durch andere Ursachen zu sehr geschwächt sind, ohne Rücksicht auf den Charakter geschehen. Bei recht heiligen Entzündungen kann mau auch örtliche Blutentziehungen bewirken, durch Blutegel oder Skarificationen der Bindehaut der Augenlider. Die Letzteren sind leicht ausführbar und besonders wirksam, wenn diese Haut wulstig angeschwollen ist. Man macht für diesen Zweck in dieselbe an jedem Augenlide zwei Einschnitte, und zwar einen vom andern f Zoll entfernt, in senkrechter Richtung gegen 1 Linie tief und 3 — 4 Linien laug, auf die Weise, dass man ein Kopf-Bistouri flach unter das Augenlid schiebt, dann die Schneide des Messers gegen das Letztere kehrt und nun das Messer sanft gegen die Bindehaut drückend zurückzieht. — Die Blutegel werden äusserst selten benutzt; bei grossen Thieren lässt mau 8—12, bei kleinen 4 bis 6 im Umfange der Augenlider ansaugen.
Auch giebl mau salzige Abführungsmittel in hinreichend grossen und fortgesetzten Gaben, bis Laxiren erfolgt, und ausserdem erzeugt man äusserliche Ableitungen auf die Backen (unter dem kranken Auge), auf die Seite des Halses oder auf die vordere Parthie der Brust mittelst Fontanelle, Haarseile oder der Cantharidensalbe.
Die örtliche Behandlung des Auges geschieht auch bei diesen heftigeren Entzündungen, ihrem Charakter entsprechend, mit den bereits oben genannten Mitteln so lange, bis die Entzündung zertheilt ist, — oder bis bestimmte andere Ausgänge eingetreten sind.
Wird eine solche Entzündung chronisch, so muss man zunächst nochmals eine gründliche Untersuchung des leidenden Auges wegen etwa noch in oder au demselben vorhandener Ursachen unternehmen. Zuweilen findet sich dann noch in einer Falte der Bindehaut irgend ein fremder Körper, oder es sind einzelne Haare der Augenwimpern nach einwärts gerichtet u. dgl. Man entfernt diese Ursachen je nach ihrer Art, die Haare durch Ausziehen mittelst der Pinzette u. s. w. Ebenso muss man auch den Aufenthalt, die Nahrung und sonstige Pflege des Thieres nochmals prüfen und dabei gefundene Unregel-mässigkeiten beseitigen. Finden sich keine äusserlichen Veranlassungen, so beruht der chronische Zustand entweder auf einer unrichtigen Behandlung, besonders auf nicht gehöriger Berücksichtigung des Charakters der Entzündung, oder auf grosser Reizbarkeit und Schwäche der Gefässe, und demgemäss muss die weitere Kur geleitet werden. Im letzteren Falle ist aussei- den bei der asthenischen Augenentzündung angegebenen Mitteln noch besonders ein Augenwasser von Quecksilber-Sublimat und Chamillen-Infusum (2—4 Gran zu 8 Unzen), mit Zusatz von etwas \\ eingeist (3ij—5/S), oder die rothe Präzipitat-salbe (3/S fein pulv. rothes Quecksilberoxyd mit sect;/? Fett zusammen-
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110nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Augenentzundung, katarrhalische.
gerieben, auch wohl 6 — 8 Gr. Opium zugesetzt), zu benutzen; und die Vbleitungsmittel sind fast überall nöthig.
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II. Katarrhalische Augcueutzünduiig, katarrhalische
Bindehautentzündung. Inflammatio s. Ophthalmia ca-
tarrhalis, Conjunctivitis catarrhalisJ
Die katarrhalische Augeuentzündung hat ihren Sitz in der Binde-liaut und entsteht durch Erkältungen der verschiedensten Art, welche entweder die Augen allein, oder den ganzen Körper betrelFen. Sie kommt bei allen Hausthicren häufig vor, am häufigsten bei Pferden und Hunden, und beim Rindvieh zuweilen seuchenartig. In letzterem Falle nennt man sie die Augen seuche, Augen stäupe (Ophthalmia catarrhalis epizootica). Die katarrhalische Augenentzündnug befällt besonders junge Thicre, doch auch alte, und erscheint zu allen Jahreszeiten, am häufigsten aber im Frühjahr und Jlerbst, dagegen die seuchenartige gewöhnlich im Sommer. Sie ergreift eiu oder auch beide Augen und bestellt auch für sich allein, sehr oft ist aber auch noch eiu anderes katarrhalisches oder auch ein rheumatisches Leiden zugegen, als: Druse, Strengel, Staupe, Bräune, Katarrhalfieber, auch Rheumatismus u. s. w., und oft ist sie mit rheumatischer Augenentzündung complicirt.
Bei dem Eintritt machen sich die katarrhalischen Augenentzün-dungen durch ein oft abwechselndes Oefl'nen und Schliessen der Augenlider bemerkbar. Dabei ist, je nach dem Grade und Charakter der Entzündung, das Auge zuerst entweder trocken oder' die Thrä-nen und die Schleimabsondcrung ist vermehrtquot;', die Bindehaut etwas aufgelockert und geröthet und ihre Gefässc am Augapfel, wo sie die undurchsichtige Hornhaut überzieht, zweig- und büschelartig aufgetrieben. Die Lichtscheu ist in der Regel nur massig, aber bei der Berührung zeigt sich mehr Empfindlichkeit und erhöhte Wärme; häufig sind auch die Augenlider aufgeschwollen. Späterhin wird die Schleiinsecretion sehr bedeutend und die Augenlider kleben zusammen. Die Bindehaut lockeil immer mehr auf und' nimmt bei den höheren Graden eine blasse lleischrothe Färbung an. Zuweilen ist die katarrhalische mit der rheumatischen Augenentzündung verbunden und es sind dann die Symptome der letzteren auch mit zugegen. In manchen Fällen wird die Cornea trübe, oder es entstehen kleine Bläschen auf ihr (Phlyctaenen), welche mit einer gelblichen, seltener mit einer- weisslicherr Flüssigkeit gefüllt sind, nach kurzer Zeit sich öffnen und dadurch kleine Geschwüre bilden, deren Ränder gewöhnlich zuerst verdickt und weisslich, später mehr flach und mehr grau erscheinen. Nur bei sehr heftigen Entzündungen oder wenn eine andere Krankheit, z. ß. Staupe oder Druse mit diesen Entzündungen verbunden ist, besteht Fieber dabei.
Die Ursachen der katarrhalischen Augenentzündung sind, wie oben schon angedeutet worden, Erkältungen, wie namentlich: das Einwirken kalter Regen und kalter Winde, das Durchwaten tiefer Wässer, das Baden, Waschen und Tränken bei erhitztem Körper, das Waschen und Schceren der Schaafe bei rauher' Witterung, das Wei-
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Augenentzündung, katarrhalische.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hl
den in kühlen Nächten u. dgl. Zuweilen besteht eine eigenthümliche Constitution der Atmosphäre, welche man zwar nicht näher kennt, die aber oflenbar das Entstehen dieser Entzündung begünstigt und wohl hauptsächlich der Augenseuche zum Grunde liegt.
Die Diagnosis dieser Entzündungen ist aus den angegebenen Symptomen, aus dem plötzlichen Eintritt der Krankheit nach Erkältungen und in manchen Fällen auch aus dein Vorhandensein anderer katarrhalischer oder rheumatischer Krankheiten zu machen.
Prognosis. Die Krankheit gehört zu den gutartigsten Entzündungen, denn sie zertheilt sich in den meisten Fällen, und zwar: bei guter Behandlung ol't schon in 3—5 Tagen; gewöhnlich aber dauert sie 8—10 Tage. Es nehmen dann alle Zulalle ab, und der Schleim wird consistenter. Zuweilen bleiben Flecke und von den Geschwürchen auch Narben auf der Hornhaut zurück, oft verschwinden aber auch sie gänzlich. Eiterung im Auge entsteht niemals, und Brand der Bindehaut ist nur äusserst selten beobachtet worden, wohl aber Verdickuug derselben. In manchen Fällen wird die Entzündung chronisch und dann ist sie gewöhnlich sehr hartnäckig. Die Complicatio-nen, Katarrh, Druse, Staupe u, s. w. haben oll auf die Dauer und den Verlauf der Eutzüudting einen grossen Einllnss; doch wird die letztere sehr oft beseitigt, wenngleich jene Complicationen noch fortbestehen.
Die Kur muss mit Beseitigung der etwa noch fortwirkenden Ursachen beginnen; jede Gelegenheit zu Erkältungen, auch mit den örtlichen Heilmitteln, muss vermieden werden; die Thiere müssen in einen massig warmen Stall ohne Zugluft gestellt, geschont, nur mit geringem Futter erhaltei! und kurz angebunden werden, damit sie sich die Augen nicht reiben.
Bei stheuischem Charakter und bei hohem Grade der Entzündung ist ein massiger Adeiiass nöthig.
In der ersten Zeit wendet mau örtlich (bei heiligen Eutzündun-geu) schleimige 3Iittel, Quittenschleiin, Leiusaanieu oder Malvenkraut-l)ekokt u. dgl. au. Hiermit wird so lange fortgefahren, bis die reichliche Schleimsecretion eingetreten ist. Dann gebraucht'man ein In-fusum von Flicdcrblmuen (1 Unze in li Pfund Wasser), durchgeseiht und täglich G—Smal die Augen damit lauwarm gewaschen. 1st die Schleimsecretion reichlich, so wendet man trockene Kräuterkissen an, die von alter weicher Lemwaud gemacht, und mit Flieder- oder Ka-millenblumen, oder mit blosser Baumwolle gelullt sind. Diese Kissen müssen so oft sie feucht geworden sind, mit trockenen gewechselt werden. Die Wirkung, die hieraus entsteht, ist wohl um- von der gleichmässigen \\ arme abhängig. Es mindert sich gewöhnlich hierauf bald die Schleiiuabsomieruug und die Entzündung. — Fruchten jedoch diese Mittel nichts, oder trägt diese Eutziindung mehr den asthenischen Charakter an sich, besteht bei starker Auflockerung wenig Empfindlichkeit, so wendet man schwache Auflösungen von Zinkvitriol, von Kupfervitriol oder von Augenstein, oder von Höllenstein an; und wenn der erethische Charakter besteht, benutzt man Opium und andere narkotische !Uittel. Nicht selten zeigt sich Er-schlallung mit grosser Empfindlichkeit verbunden und man muss dann auch die geeigneten Mittel mit einander verbunden anwenden, z. B.
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112nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Augenentzündung, rheumatische.
Zuikvitriol 6 Grau, Wasser 6 L'uzeu, einfache Opiumtiuktur 'j- Drachme, zusauinieugemischt, täglich 6-—12 mal damit das Auge zu befeuchten. Oder Kamilleu-lufusum 6 Unzen; Augenstein 6—10 Gran, oder statt des Letzteren 6—10 Gran reines Opium damit abgerieben u. dgl.
Wenn die Krankheit mit einem allgemeinen Leiden verbunden ist, verdient dies besondere ßeriieksichtigung. Mau giebt z. B. den iirechweiusteiu, Salmiak, Schwefel, mit gelinden aromatischen Mitteln, oder auch bei acliven Entzündungen Tartar, stib. mit anderen abführenden Salzen, oder mit süssen Mitteln u. s. tv.
Wenn die katarrhalische Augenentzüuduug chronisch wird. Verdickung und Auflockerung der ßindcliaut und eben so chronische Schleimabsonderung eintritt, so kommt mau mit den angegebenen Mitteln nicht aus. Hier ist es noting, auch sogenannte örtliche und allgemeine Ableitungsmittel anzuwenden, letztere z. B. alle G—8 Tage wiederholte Purganzen, Aloe oder Crotou, Gummi-Gutti oder Jalape n. s. w. An die Backe unter dem kranken Auge legt man ein Fon-tanell von schwarzer Niesswurz (2 — 3 Linien dicke, 1 Zoll lange, zusamraeugebundeue Stückchen), so lange, bis gelbliche, seröse Flüssigkeit sich zeigt, (d. i. gewöhnlich nicht länger als 24 Stunden). Die iNachwirkung dauert bis 8 Tage. — Oertlich auf die Augen wen-drt man bei chrqjiisch-katarrhalischen Entzündungen die graue Mer-kurialsalbe, und je nach dem Charakter mit verschiedenen Zusätzen an. 1st das Uebel noch nicht sehr veraltet, so ist die einfache Salbe hinreichend, täglich 2—3 mal eine Quantität in der Grosse einer Erbse ins Auge gestrichen. 1st die Absonderung übermässig und die Empfindlichkeit vermehrt, so dient diese Salbe mit Zusatz von Bleizuk-ker oder Bleiessig, und bei Lichtscheu Opium (1 Unze Salbe, 20 Tro pfen Bleiessig oder 20 Gran Bleizucker oder 10 — 20 Grau Opium). — 1st aber die Erschlalfung sehr gross, die Lichtscheu gering, so setzt man zu der grauen Salbe den rothen Quecksilber-Präcipitat (1 Scrup. bis ^ Drachme feinen rothen Präcipitat zu % Unze Fett). Aussei' den örtlichen und ableitenden Mitteln ist auch hier magere Diät, ein massig warmer, nicht dunstiger Stall, Kühe und Vermeidung vou Nässe und Kälte noting.
111. Die rheumatische Augenentzündung. (Ophthalmia
rheumatica.
Sie entsteht, gleich tier katarrhalischen, durch Erkältungen der verschiedensten Art; sie hat aber einen andern Sitz und einen andern, eigenthümlichen pathologischen, gewissermassen einen dyskra-tischen Charakter. Sie ergreift hauptsächlich die undurchsichtige, zuweilen auch die durchsichtige Hornhaut und selbst die Regenbogenhaut (Selerotitis, Ceratitis und Iritis). Die Bindehaut ist dabei nicht wesentlich mit crgrillen, dieselbe kann aber, da sie denselben Ursachen ausgesetzt ist, mitleiden, so class der Zustand dann als eine Verbindung von rheumatischer und katarrhalischer Entzündung erscheint. V^ ie bei der katarrhalischen Augenentzündung, so sind au ch häufig andere, katarrhalische und rheumatische Krankheiten hier zugegen, wie katarrhalisches Fieber, Druse, Bräune, Staupe, Rheuma-
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Augenentzündung, rheumatische.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 113
lismus, Influenza u. s. w. Bald ist ein Auge, bald sind beide ergriffen; Es scheiut dies von der einseitig allein oder stärker stattgetun-denen Einwirkung der Kälte und Nässe abhängig zu sein, ausserdem rührt es auch von der in dem einen oder anderen Auge mehr ausgebildeten Anlage her, dass ein Auge mehr leidet als das andere. Denn die rheumatische Augenentzündung hat die Eigenthümlichkeit, dass, wo sie schon einmal war, sie eine Anlage zur leichten \\ie-derentstehung begründet. Zuweilen kommt diese Entzündung bei vielen Thicren gleichzeitig als rheumatische Augenseuche oder Augenstaupe vor.
Die Symptome dieser Entzündung sind folgende: die Augen sind mehr wie bei der katarrhalischen Augeneutzündung geschlossen, und wenn sie von Zeit zu Zeit geölfnet werden, stürzt eine Menge Thrä-nen hervor, die heiss und scharf salzig sind. Das anhaltende (ie-schlossensein deutet auf eine grossc Empfindlichkeit für Licht und Luft. Das Auge ist heiss und schmerzhaft, die Augenlider sind nicht oder doch nur sehr wenig geschwollen, und ihre Bindehaut ist nicht besonders geröthet; der AugapJ'el scheint sich zurückgezogen zu haben; die durchsichtige Hornhaut ist matt wie angehaucht, zuweilen ins Graue spielend, die undurchsichtige Hornhaut ist ziegelfarbig geröthet und mit feinen dichten Gefässen überzogen, und diese Färbung ist durch die Bindehaut durchschimmernd. Die Bindehaut ist, wenn nur einfache rheumatische Augeneutzündung zugegen ist, nicht geschwollen, und nicht aulTallend reicher an Gefässen als sonst; ist dagegen das Üebel mit katarrhalischen Affectionen zusammengesetzt, so sind auch ihre Gefässe zweigartig verlaufend und vollgefüllt zu sehen. Bei heftigen Augenentzündungen, wenngleich die Thräneu reichlich hervortreten, ist doch das Auge trocken, die Schleimabsonderung vermindert; ist jedoch katarrhalische Affection zugegen, so ist der Schleim vermehrt. Leidet die Regenbogenhaut mit, so sieht man die Pupille verengt, und es besteht grosse Lichtscheu, zuweilen auch Trübung der wässerigen Feuchtigkeit. In manchen Fällen finden sich, nachdem die Entzündung 2—4 Tage gedauert, an der durchsichtigen Hornhaut kleine Bläschen, die mit gelber und röthlicher Flüssigkeit gefüllt sind. Hund herum um die Bläschen ist die undurchsichtige Hornhaut aufgelockert und trübe, diese Bläschen eröffnen sich und bilden Geschwürchen. Der Zustand ist dann gewöhnlich äussersl schmerzhall. Aus den Geschwürchen sickert röthliche, später weisse und citerähnliche Flüssigkeit. In günstigen Fällen verwachsen sie glatt, oder mit Hinterlassung einer blauweissen, das Sehen störenden Narbe; zuweilen finden sich üppige Granulationen ein und die Heilung erfolgt schwer, ebenfalls mit solcher Narbenbildung.
Die rheumatische Augeuentzündung den- leichteren Grade ist ohne Fieber, die heftige gewöhnlich mit Fieber und oft auch mit Störung des Appetits begleitet, selbst wenn sie ohne andere Krankheiten besteht. — Sie hat, grosse Neigung, chronisch zu werden, ist dann hartnäckiger als die katarrhalische und dauert bis vier Wochen, ja Monate lang. Hierbei tritt immer mangelhafte Ernährung des Augapfels ein, und derselbe verkleinert sich. — Das Sehen ist bei den geringeren Graden nicht gestört, besonders im Anfange des Uebels; wenn
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114nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Augenentzündung, rheumatische.
aber die durchsichtige Hornhaut oder die Iris mitleidet und wenn die Eutziladuug schon einige Zeit gedauert hat, sehen die Thiere nicht mehr deutlich, sind scheu, und zuweilen tritt nach heftigen Anfallen der graue und schwarze Staar ein.
Die Prognosis ist im Allgemeinen weniger günstig als bei gleiebmässig heiligen katarrhalischen Augcueulzündungen zu machen. In den bcsondeicn Fällen richtet sie sich tlieils nach dem Grade und der Ausbreitung der Entzündung und naeh ihrer Dauer, theils danach, ob die Entzündung zum ersteu Mal oder ob sie schon öfter zugegen, wie dabei das Thier gepflegt wird und welche Complicatiouen bestehen.
Frisch entstandene rheumatische Augenentzündungen (2—3 Tage alte) dauern bei zweckmässiger Behandlung 8—14 Tage, wo dann in der Kegel Zertheilnug erfolgt; ist die Krankheit schon von einiger Dauer, sind schon Bläschen zugegen, war die Krankheit schon mehrmals zugegen, und werden die Thiere nicht gehörig gepflegt, so ist .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; sie sehr hartnäckig und ihr Ende nicht leicht zu bestimmen. Iritis
kann leicht die oben angedeuteten Folgen haben, und selbst bei Hornhautentzündung sind Flecke und Störung des Sehens nicht immer zu vermeiden; auch kehrt eine zum zweiten Male dagewesene Augenentzündung leicht zurück. Innere Eiterung und Brand entstehen sehr selten.
Behandlung. Die Thiere müssen vor allem Andern unter geeignete äussere Verhältnisse gebracht werden; dazu gehören: Abhaltung neuer Gelegenheitsursachen, Ruhe, massig warme und trockene Ställe, weiches und massiges Futter, bei Lichtscheu ein dunkler Stall, Vermeidung der Zuglull. — Die Therapie muss viel mehr energisch antiphlogistisch sein als bei der katarrhalischen Entzündung. Man macht, je nach der Constitution des Thieres und dem Grade des Hebels einen Aderlass (was bei allen nur einigermassen kräftigen Thieren und bei heftigen Entzündungen nothig ist) und der, wenn nach zwei Tagen keine Besserung eintritt, wiederholt wird. Innerliche Ableitungen, purgirende, Urin treibende und diaphoretische ftlit-tel, besonders wenn allgemeine rheumatische oder katarrhalische Zustände zugegen sind. Wichtiger noch sind die äusserlich ableitende Mittel, Fontanelle am Unterkinnbacken, auch Haarseile, scharfe Einreibungen daselbst von Ung. Cautharidum.
Die örtliche Behandlung des kranken Auges selbst geschieht nach alter Erfahrung am zweckmässigsten mit Weglassung der Kälte, doch kann man bei recht heftiger Entzündung, bei starkem Blutandrang in der ersten Zeit durch 24 Stunden kalte Waschungen von blossem Wasser oder von schleimigen ftlitteln anwenden; dies muss aber ununterbrochen geschehen, lit das nicht ausführbar, so lässt man diese Behandlung weg, und macht Befeuchtungen des Auges und Augapfels von lauen schleimigen und narkotischen Mitteln, z. B. von einem Dekokt des Belladonnakrautes oder des Stcchaplelkrautes (3,tf zu Jviij (Jolatur). Sehr zweckmässig ist ausserdem die Anwendung eines Liniments aus 4- Drachme Calomel, ^ Drachme Bilsenkraut- oder Belladonna-Extrakt und 1 Unze mildes Oel. Von demselben wird, täglich zweimal etwas mit einem Federbari zwischen die Augenlider
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Augenentzündung, periodische.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;115
gestrichen, so lange wie die Empfindlichkeit sehr gesteigert ist. Sind Bläschen entstanden, so kann man die grössten mit der Lanzette öffnen, und dann ein Augeuwasser gebrauchen von Flieder- und Kamil-leninfusum, oder dasselbe mit Zusatz der Opiumtlnktur, oder Opium in Wasser gelöst (Wasser ^j, Opium 9j im Mörser abgerieben und filtrirt), lauwarm eingestrichen. Bei den Geschwüren sind dieselben Mittel nützlich, ebenso die früher bezeichnete Praecipitatsalbe, oder eine Auflösung des Lapis divinus, oder von Höllenstein; von jedem 1—2 Grau auf destillirtes Wasser jj. Mit diesen Mitteln kommt man gewöhnlich aus. Die ganz torpiden Geschwüre und die zu üppige Granulation werden mit Höllenstein betupft. — Hornhautflecken werbehandelt, wie es weiterhin angegeben ist.
IV. Die periodische oder intermittirende, oder speci-fische Augenentzündung, oder die Mondblindheit. Ophthalmia periodica •hitermittens spccüica, Ophthalmia lunatica.
Mit diesen verschiedenen iNamen bezeichnet man eine dem Pferde, dem Esel und den Bastarden von beiden eigenthümliche, im Innern des Augapfels sich entwickelnde, in unregelmässig wiederholten Anfällen auftretende Entzündung, bei welcher die Iris am deutlichsten erkennbar leidet, aber auch die Gefasshaut, die Linse und ihre Kapsel, und selbst der Glaskörper und die Netzhaut mit afficirt sind. Sie führt stets in kurzer Zeit eine Ausschwitzung von Faserstoff und Eiweissstoff, hierdurch Trübungen und Verwachsungen der inneren Theile und als Folge hiervon Blindheit herbei, geht aber niemals in Eiterung oder Brand über.
Man kann sie hiernach als eine exsudative, unregelmässig intermittirende Iritis und Choroideitis bezeichnen. Bei dem in der neueren Zeit angenommenen Namen: „periodische Augenentzündungquot;, darf man an regelmässige Perioden der Wiederkehr nicht denken. DerNarne: „Mondblindheitquot; ist zwar veraltet und auf die unrichtige Vorstellung von dem Einfluss des Mondes auf die Entstehung der Krankheit und auf die Wiederkehr ihrer einzelnen Anfälle gegründet, aber überall gekannt und gebräuchlich ').
Die periodische Augenentzündung ist wegen der durch sie sehr häufig erzeugten Blindheit die wichtigste Augenkrankheit der Pferde und sowohl wegen dieser Wirkung wie auch wegen der Schwierigkeit, sie zu erkennen (besonders aussei' der Zeit des Anfalles) und
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') Wie verbreitet die Ansicht über die Mitwirkung des Mondes zur Erzeugung der Krankheit war, geht auch aus den Benennungen der letzteren in anderen Sprachen hervor, z. B. im Französischen: Fluxion lunatique, Oph-thalmie lunatique, im Englischen: Moon-blindness u. s. w. Dass aber die Krankheit nicht vom Monde abhängig ist, ergiebt sich daraus: 1) dass ein Thier in der Regel nicht gerade in vier Wochen und bei derselben Mondphase die neuen Anfälle der Krankheit erleidet; und 2) dass nicht alle mit ihr behafteten Pferde gleichzeitig, sondern bei sehr verschiedenen Mondphasen die Anfälle bekommen.
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Augenentzündung, periodische.
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zu heilen, ist sie fast in alleu europäischen Staaten als ein sogenannter Gewährsfehler in die Handelsgesetze aufgenommen worden ')•
Die Krankheit befällt Pferde von jeder Rage, von jedem Alter und Geschlecht, am häufigsten aber in dem Alter von 2—S Jahren; sie ist in manchen Pferdestäinineu oder Familien sehr heimisch und in manchen Gegenden ein weit verbreitetes Hebel, während sie in anderen Gegenden nur sehr selten vorkommt. Pferde mit dicken schweren Köpfen und mit kleinen tief liegenden Augen sind ihr mehr unterworfen als andere, doch finden sich auch sehr viele Ausnahmen, und sie ergreift auch solche, welche schön markirte trockene Köpfe und grosse Augen besitzen. Gewöhnlich wird nur ein Auge von ihr ergriffen, sehr selten beide zugleich, zuweilen aber abwechselnd das eine und das andere. Sie äussert sich durch folgende Erscheinungen:
Das von der Entzündung ergriffene Auge ist zuerst gegen das Licht etwas empfindlicher und wird deshalb geschlossen; öffnet man es, so zeigt sich die Pupille verengt, und im Dunklen erweitert sie sich laugsanier als am gesunden Auge; die Thränenabsonderung ist vermehrt, die Bindehaut etwas geröthet, die Augenlider sind nicht geschwollen, die Wärme am ganzen Auge nur unbedeutend vermehrt. Dieser Zustand ist als das erste Stadium zu bezeichnen; dasselbe dauert bald nur einen Tag, bald 2—3 Tage. — Bei jungen Landpferden ist letzteres gewöhnlich der Fall. — Nach dieser ersten Periode werden die Zufälle stärker, namentlich wird die Lichtscheu und die Verengung der Pupille grosser, die Thränenabsonderung vermehrt, die wässerige Feuchtigkeit erhält ein blassgrünliches Ansehen, die Pupille häufig ebenso, oder sie erscheint auch blassbläulich; die Regenbogenhaut wird an der vorderen Fläche ein wenig uneben, zuweilen wie mit Sammet bedeckt und bald mehr, bald weniger grünlich gefärbt. Als hauptsächlichste Erscheinung tritt aber die Bildung von kleinen gelblichen Punkten von ausgeschwitztem Faserstoff in der wässerigen Feuchtigkeit hinzu. Bei der weiteren Ausbildung der Krankheit wird dieses Exsudat gewöhnlich so vermehrt, dass es in der wässerigen Feuchtigkeit gelbliche Flocken bildet, die sich beim ruhigen Halten des Kopfes au die niedrigste Stelle der Augenkam-mer, d. i. hinter dem unteren Rande der durchsichtigen Hornhaut ablagern, beim Schütteln des Kopfes aber in die Höhe steigen und in der Flüssigkeit schwimmen 2). Die gebildeten Flocken erscheinen zuweilen in der Menge, dass sie sich bis über die Pupille in die Höhe anhäufen und dadurch das Eindiingeu der' Lichtstrahlen und das Sehen hindern, — insofern letzteres nicht schon durch die Ver-schliessung der Pupille gehindert ist; in anderen Fällen ist jedoch
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') Die Gewährszeit für die Mondbiindheit ist in Preusscn auf 28 Tage, in Sachsen desgteichen, in Oesterreich und Frankreich auf 30 Tage festgesteltt.
2) Durch diese Beweglichkeit des Exsudates unterscheidet sich dasselbe von dem Eiter, mit welchem es hinsichtlich der Färbung und Consistenz einige Aelmllchkeit zeigt.
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Angenontzündung, periodische.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ] ] 7
ihre Menge so gering, dass sie nur am unteren Rande der durchsichtigen Hornhaut einen halbmondförmigen schmalen Streifen bildet; und zuweilen setzen sich einzelne Flocken in die Pupille und bleiben daselbst während der Dauer der Krankheit sichtbar. Die Pupille verengt sich häufig bis zu dem Grade., dass die Thiere nicht mehr sehen können. Diese Merkmale sind die #9632;wesentlichen der Krankheit. Mit ihnen treten Symptome einer Entzündung der Conjunctiva in verschiedenem Grade, und bald vom Anfange her, bald erst im weiteren Verlaufe, ein; dieselben sind aber durchaus nicht constant. Ausserdem wird auch die durchsichtige Hornhaut fast immer etwas trübe, jedoch ebenfalls in den einzelnen Fällen nicht gleich-massig; und zuweilen erhält sie einen bläulich-grünlichen Schimmer und ein fettiges Ansehen. Endlich findet sich auch noch in manchen Fällen ein schmaler, bläulicher Streif um die durchsichtige Hornhaut, jedoch ebenfalls ohne Gleichartigkeit in den einzelnen Fällen. Die Krankheit ist in der Regel ohne Fieber und nur bei den höheren Graden ihrer Ausbildung, namentlich in sehr reizbaren jungen Pferden, besteht in manchen Fällen eine fieberhafte Aufregung im Pulse, Traurigkeit und Appetitlosigkeit.
Die beschriebenen Zustände bezeichnen das zweite Stadium und die Höhe der Krankheit. Sie bestehen etwa 4—8 Tage und mindern sich dann allmälig wieder, bis sie nach etwa abermals 8 Tagen gänzlich oder nur bis auf geringe Spuren verschwunden sind. Zuerst nimmt die Menge der gelblichen Flocken mehr und mehr ab, die durchsichtige Hornhaut wird klarer, die Empfindlichkeit gegen das Licht und die reichliche Thränenabsonderung mindern sich immer mehr, und die Pupille erweitert sich. Bestand die Krankheit nur in einem geringen Grade und war sie zum ersten Male zugegen, so erscheint das Auge gewöhnlich nach circa drei Wochen dem nicht Sachverständigen als völlig gesund, aber für den Kenner bleibt gewöhnlich doch in der nicht völlig zur normalen Grosse erweiterten Pupille und in einem noch fortbestehenden schwach-grünlichen Schimmer im Innern des Auges ein Merkmal, aus -welchem er mit ziemlicher Sicherheit auf die vor Kurzem bestandene Krankheit schliessen kann. Hat aber die Krankheit einen hohen Grad erreicht oder war sie schon in mehreren Anfallen zugegen gewesen, so ist auch nach dem Verschwinden des Etitzündungsanfalles die Pupille stets etwas kleiner als im gesunden Auge, und zuweilen erscheint sie auch an einer oder der andern Stelle etwas winkelig verzogen, der erwähnte grüriMche Schimmer tritt deutlicher hervor, der Äugapfel erscheint etwas verkleinert und das obere Augenlid erhält auf seiner Oberfläche eine Falte, welche in der Mitte einen stumpfen Winkel bildet.
Zwischen den einzelnen Anfällen der Entzündung vergehen bei den meisten Pferden, selbst bei ein und demselben Pferde, sehr verschiedene Zeiträume. Man hat in einzelnen Fällen beobachtet, dass der zweite Anfall erfolgte, -während die Spuren des vorhergehenden Anfalles noch nicht gänzlich verschwunden waren; in anderen Fällen fand sich ein neuer Aufall in 3—4 Wochen, in den meisten Fällen nach 6—8 Wochen, und in noch anderen Fällen erst nach 2, 3 bis
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118nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Augenentzündung, |ieriodische.
9 .Monaten. In der Regel wiederholen sich dieselben so lauge, bis das Sehvermögen durch grauen, schwarzen oder grünen Staar vernichtet ist, worauf dann gewöhnlich die Entzündung nicht mehr wiederkehrt; doch giebt es hiervon in beiderlei Hinsicht Ausnahmen, indem zuweilen die Entzündung auch an noch nicht erblindeten Augen ausbleibt und in anderen Fällen dagegen noch ein- oder zweimal wiederkehrt, nachdem bereits Staar entstanden ist. Doch sind solche Fälle im Ganzen nur selten. — Die Staarbildung erfolgt bald früher, bald später, je nachdem die einzelnen Anfälle mehr oder minder heftig sind, und schneller oder langsamer sich wiederholen.
Bei recht heftiger Entzündung bilden sich zuweilen schon während des ersten Anfalles einzelne Staarpuukte, bei massigen Entzündungen finden sich dieselben gewöhnlich erst in dem fünften, sechsten Anfalle und zuweilen erst nach mehr als zwölf Anfallen. In den meisten Fällen entsteht grauer Staar allein, oft jedoch auch in Verbindung mit schwarzem Staar, sehr selten entwickelt sich nur der letztere oder auch der grüne Staar. Sehr häufig bleibt auch nach dem Erblinden auf die eine oder andere Weise die Pupille verengt,
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wahrscheinlich deshalb, weil die hintere Fläche der Regenbogenhaut
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(die Traubenhaut) während eines Entzündungsanfalles mit der Linsenkapsel verwachsen ist.
Die Diagnosis der periodischen Augenentzündung ist aus den angegebenen Symptomen in den allermeisten Fällen mit Sicherheit tnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;zu machen, namentlich aus der constanten Verengerung der Pupille,
der grünlichen Färbung der wässerigen Feuchtigkeit und aus den gelblichen Flocken in der vorderen Augenkammer, da sich diese Erscheinungen bei keiner anderen Augenkrankheit in diesem Zusammenhange vorfinden. Manche Thierärzte ]) halten es jedoch in gerichtlichen Fällen zur Constatirung des Leidens für nothwendig, noch einen zweiten Anfall der Krankheit abzuwarten, weil die rheumatische Augenentzündung, besonders wenn dieselbe als symptomati
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sches Leiden oder als Folgekrankheit der sogenannten Influenza auf-
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tritt, zuweilen eine grosse Aehnlichkeit mit der periodischen Augeu-entzünduug zeigt, und wo bei fortgesetzter Beobachtung doch weitere Anfälle nicht stattfinden. Diese Vorsicht ist jedoch, wegen der langen Zwischenräume, oft kaum ausführbar, ausserdem aber bei genauer Beachtung der angedeuteten wesentlichen Zufälle und der übrigen Verhältnisse auch nicht erforderlich; denn bei der rheumatischen Iritis besteht niemals der grüne Schimmer im Auge, und die Symptome der Influenza oder eines gastrisch-rheumatischen Leidens sind dagegen vorhanden.
Die Ursachen der periodischen Augenentzündung sind nicht in allen Fällen mit Bestimmtheit nachzuweisen, doch steht Folgendes erfahrungsmässig fest: die Krankheit kommt in niedrigen feuchten Gegenden, ferner bei dem schweren Futter von Körnern und Hülsenfrüchten, in nassen Jahren und bei lange heixschenden rauhen
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') Z.B. Bouley jeune (Bullet, de la Sog. veter. de Paris, Recueull vet. 1845 p. 701.)
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Winden weit häufiger vor, als unter entgegengesetzten Verhältnissen. Man kann daher annehmen, dass Erkältung und' rohe, lymphatische Plasticität des Blutes eine grossc Mitwirkung zur Erzeugung der Krankheit haben. Besonders nachtheilig hat sich zu reichliche Körnernahrung bei solchen jungen Pferden gezeigt, welche vorher durch längere Zeit nur mageres Futter erhalten hatten. Da die Krankheit während der ersten Lebensjahre und bis zum 6. Jahre am häufigsten entsteht, so hat man auch der Backenzahnbildung und dem Zahn-wechsel, namentlich dem damit verbundenen reichlichen Blutaudiange zum Kopfe, einen wesentlichen Theil an dem Entstehen der Krankheit zugeschrieben und besonders hat Dupuy ') hierzu den Grund darin finden wollen, dass die Wurzeln der Backenzähne des Oberkiefers um das vierte Jahr sich verlängert, dabei gegen den Nervus ma-xillaris drücken und ihn erst allmälig zur Seite drängen; bis letzteres geschehen ist, wird der Nerv gereizt und in Folge dessen soll die Iritis entstehen. Bei ßa^epferden soll der genannte Nerv sich von Natur vor und nicht über dem Backenzahn befinden, und in Folge dessen seine Heizung und daher auch die Augenentzündung nicht stattfinden. Dies alles ist nicht erwiesen und es würde daraus auch nicht zu erklären sein, warum in manchen Gegenden die Krankheit bei Pferden von den verschiedensten Ragen fast gar nicht, in anderen dagegen so äusserst zahlreich vorkommt, dass man sie fast als enzootisch herrschend betrachten kann. Die Versuche, die hierüber mit Pferden von einerlei Rage des Gestüts zu Pompadour gemacht worden sind, haben auf das Bestimmteste erwiesen, dass die Einflüsse der Lokalitäten dabei von grösster Wichtigkeit sind.2)
Eine sehr wichtige Ursache ist noch die von den Eltern, welche mit dieser Krankheit behaftet sind, auf die Nachkommen übertragene Disposition zu derselben. Diese Ursache wird von manchen Pferde-züclitern geläugnct, aber wohl nur in ihrem Interesse, da die Erfahrung durch die in manchen Familien (z. B. in den Nachkommen des Hengstes Turkmaiuatti) durch viele Generationen fortbestehende Krankheit, selbst bei dem Aufenthalte in sehr verschiedenen Gegenden und bei der regelmässigsten Pflege, den Beweis für die Existenz der Vererbung geliefert hat. 3)
Die Prognosis ist in der Hegel ungünstig zu macheu, da die Krankheit bis jetzt durch keine Methode sicher geheilt werden kann, und sich selbst überlassen, wie schon oben angeführt, in den meisten Fällen das Erblinden der mit ihr behafteten Thiere. zur Folge hat. Hiervon finden sich zwar einzelne Ausnahmen^ wo die Krankheit nach einem oder selbst nach einigen Anfällen nicht wieder erscheint, und das Auge erhalten wird; allein dies ist aus bestimmten Symptomen nicht zu erkennen, sondern nur zu vermuthen, wenn
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') De la fluxion vulgairement appelce periodiijue etc. Toulouse 18291 2) Recueil de med. veter. I. Annee p. 247.
s) Man sollte deshalb alle mit der Krankheit behafteten oder an ihr erblindeten Pferde von der Zucht gänzlich ausschliessen.
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1) die Pferde bereits über das jugendliche Alter hinaus sind; 2) wenn die Anfälle der Entzündung nur in geringem Grade und nach grös-sern Zwischenzeiten eingetreten sind; und 3) wenn die Thiere aus einer niedrigen, feuchten Gegend in eine höher liegende und trok-kene versetzt und während wenigstens eines halben Jahres gegen übermässige Anstrengungen, Erhitzungen und Erkältungen geschützt und recht mager ernährt werden künncn.
Die Kur muss bei einem Anfall dieser Entzündung zunächst in der Anwendung der antiphlogistischen und ableitenden Methode bestehen. Man giebt den Thieren eine Purganz aus (quot;alomel und Na-trum sulphuricum bis zum Eintritt einer kräftigen Wirkung, und wiederholt dieselbe nach 3—6 Tagen. Gut genährten, vollblütigen Pferden macht man einen reichlichen Aderlass. ') Aeusserlich wendet man in der ersten Zeit kalte Infusionen von Uelladonna- oder Bilsenkraut mit Zusatz von Kali carbonicum (von letzterem %ß zu 1 Pfd. Colatur) an, und nach etwa 3 Tagen, wenn das zweite Stadium eingetreten ist, streicht man täglich 2—3 IMal ein Liniment, bestehend aus Calomel und Extr. Belladonnae aä 3/^ und 01. Rapamm oder Olivarum 5j? gut umgeschüttelt, mittelst eines Federbartes zwischen die Augenlider. Auf die Backe unter das leidende Auge reibt man Ungt. (Jantharidum, oder man applizirt daselbst ein Setaceum, oder ein Fontanell. In mehreren Fällen habe ich Ungt. Cantharidum, in einem 3 Finger breiten Streifen um die Augenlider und ausserdem in der Schläfengegend angewendet, und ganz vorzüglichen Erfolg davon gesehen.
Französische Thierärzte haben die Anwendung des Glüheisens in Punkten oder Strichen um die Augenlider, — Lafosse und Chabert die Ausleerung der wässerigen Flüssigkeit vermittelst des Hornhautstichs u. a. Mittel empfohlen und in neuerer Zeit hat man nach der Idee, dass die Krankheit eine intermittirende sei, dieselbe durch Chinin und Chinarinde innerlich gereicht, heilen wollen. Alle diese Mittel haben sich aber nicht bewährt.
In jedem Falle ist während der Kur recht magere Diät, ruhiges Verhalten des Thieres und ein dunkler, massig warmer, von Zugluft und scharfen Dünsten freier Stall erforderlich.
Um Recidive zu verhüten, beobachtet man das oben bei der Prognosis angegebene diätetische Verhalten der Pferde und versetzt dieselben, besonders Füllen, in höher liegende, trockene Gegenden. Ausserdem kann man den Thieren von Zeit zu Zeit (etwa alle sechs Wochen einmal) eine Purganz geben und die Augen mit einem In-fusum von Baldrian oder einem andern gcliiid aroinatischen Mittel täglich 2 Mal befeuchten.
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') Englische Thierärzte hahen den Aderlass an der Art. lemporal. empfohlen, derselbe leistet aber, wie dies Versuche gezeigt hahen, um nichts mehr als der aus der Drosselvene.
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Augenentzündung von Würmern im Auire.
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V. Augeneutzuudung von Würmern im Auge.
Man hat bei Pferden und bei Kindvieh nicht selten einen Fadenwurm (Filaria papilosa Rudolphi) in den Augenkammern bei einer gleichzeitig bestehenden Entzündung des Augapfels beobachtet und diesen Wurm dann für die Ursache der Entzündung gehalten. Diese Entzündungen bestehen gewöhnlich nur in einem gelinden Grade und sprechen sich durch eine schwache Trübung der Hornhaut und der wässerigen Feuchtigkeit, so wie durch massig vermehrte Röthung der Conjunctiva aus, die Wärme im Augapfel ist wenig vermehrt und das Sehen nur in soweit gestört, wie die Trübung der Hornhaut dies veranlasst. Die Entzündung ist von Zeit zu Zeit abwechselnd etwas stärker und dann wieder schwächer zugegen, oder verschwindet wold auch für einige Zeit gänzlich. Sowohl während der Entzündung, wie auch zu andern Zeiten sieht man den genannten Wurm von der Dicke eines Zwirnfadens, weiss und gegen l^- Zoll lang in der wässeriger. Feuchtigkeit herumschwimmen, wobei er sich bald der Hornhaut, bald der Pupille nähert und sich auch wohl gänzlich in der hintern Augenkammer verliert.
Die Ursachen der Erzeugung der genannten Würmer in den Augen der Thiere sind bis jetzt eben so dunkel, wie die Erzeugung der Würmer überhaupt. Die Thiere, welche bis jetzt Gegenstand solcher Beobachtungen waren, zeigten sich in jeder andern Hinsicht als völlig gesund.
Der Verlauf der im Vorstehenden bezeichneten Augenentzündung ist sehr unregelmässig und die Ausgänge derselben sind unbestimmt. In den meisten Fällen bleiben die Thiere durch lange Zeit mit dem Ucbel nur in einem gelinden Grade behaftet und dabei zu jeder Arbeit brauchbar; in einzelnen Fällen wird aber bald früher bald später durch Trübung der Hornhaut oder auch durch grauen Staar das Sehen gestört; in noch andern Fällen verschwand mit der Zeit der Wurm aus dem Auge, und das letztere wurde fernerhin nicht mehr gestört.
Die Behandlung muss auf Beseiligung des \\ urms gerichtet sein und kann nur in einer durch eine Operation bewirkten Entfernung desselben bestehen. Will'und Andere haben zu diesem Zwecke die mit dem üebel behalteten Pferde niedergelegt, den Hornhautschnitt, wie zur Staarexlraction, gemacht und den Wurm durch die OefTnung mittelst einer feinen Pinzette herausgeholt. Soll dies Unternehmen geschehen, so muss man hierzu eine solche Zeit wählen, in welcher der Wurm sich in der vordem Augenkammer in der Nähe der durchsichtigen Hornhaut zeigt, und die Operation selbst muss mit Schnelligkeit ausgeführt werden, weil der Wurm, wenn derselbe die Einwirkung der atmosphärischen Luft fühlt, sich sogleich tiefer ins Auge zurückzieht und dann schwer oder gar nicht zu ergreifen ist. Mach der Operation muss das Thicr möglichst ruhig gehalten und streng entzündungswidrig, sowold allgemein wie örtlich, behandelt werden, ganz so, wie dies bei den traumatischen Augenentzündungen angegeben ist.
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VI. Augeuentzündung bei der Pockeukraiikheit der
S c li a a f e.
Bei der Pockeukranklieit der Schaafe wird aucli die Bindebaut zuweilen mit eiuer Pocke besetzt und dadurch das Auge symptomatisch entzündet. Diese Pocken im Auge entstehen ganz so wie die an der übrigen Haut, zuerst als kleine, rothe Kuöthcheu, welche all-mälig grosser und dunkler geröthet werden und mit 8 Tagen ihre vollständige Euhvickeluug erreichen. Sie bilden einen stumpfen Kegel von der Grosse einer Linse bis zu der einer grossen Erbse, die Bindehaut ist um sie herum bedeutend aulgelockert und mit vielen stark injicirten Gefässen versehen, die Thränen- und Schleimabsonderung ist vermehrt und die Thierc zeigen bei der Berührung des Auges grosse Empfindlichkeit. Mit 8'—10 Tagen bildet sieh an der Spitze eine weisse mit durchsichtiger Lymphe gefüllte Stelle, welche bald früher bald später berstet und ein kleines Geschwürchen darstellt, auf dem sich ein gelblicher oder bräunlicher Schorf bildet. 1st die Pocke der durchsichtigen Hornhaut nahe, so erscheint diese schon vom Anfang her trüb und undurchsichtig und das Sehen ist dadurch gestört.
Die Diagnosis ist in der Kegel sehr leicht, indem theils die Beschaffenheit des Auges selbst, theils die an den andern Thcilen des Körpers befindlichen Pocken, das allgemeine fieberhafte Kranksein der Thiere und der Verlauf der ganzen Krankheit das Leiden deutlich charakterisiren.
Der Verlauf der Augenentzündung ist mit dem Verlaufe der Pockenkrankheit ziemlich übereinstimmend auf circa 3 Wochen ausgedehnt. Die Heilung der Entzündung erfolgt grösstentheils von selbst, allein es bleiben von der Pocke an der betreffenden Stelle gewöhnlich undurchsichtige Flecke und selbst Narben zurück, die sich schwer beseitigen lassen.
Die Kur ist in der ersten Zeit darauf gelichtet, die Entwickelang der Pocke im Auge möglichst zu beschränken. Zu diesem Zwecke kann man in das Pockenknöthchen mit einer Lanzette einen kleinen Einschnitt machen und denselben mit einem zugespitzten Stückchen Höllenstein bestreichen, hiernach aber schleimige Augenwässer, z. B. Quittenschleim u. dgl. llcissig anwenden. Auch ein Augenwasser von Bleizucker mit Zusatz von Opium hat gute Dienste geleistet. Auch die schon reife Pocke scarifizirt man und behandelt sie auf gleiche Weise. Ist bereits ein Geschwür gebildet, so benutzt man Augenwasser von Augenstein mit Opiumtinktur und gegen die Verdunkelung und Narben wendet man am besten die graue 31erku-rialsalbc an.
All. Flecke und Verdunkelung der durchsichtigen Hornhaut.
Sowohl in dem Gewebe der durchsichtigen Hornhaut, wie auch in dem an ihrer Oberfläche liegenden Bindehautblältcheu entstehen bei Entzündungen und Verletzungen sehr häufig Ergiessungen und Ausschwitzungen von gerinnbarem Faserstoff. Durch diese Ausschwiz-
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Flecke und Verdunkelung der durchsichtigen Hornhaut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;123
zungen wird die Durchsichtigkeit der Hornhaut vermindert oder ganz aufgehoben, je nachdem die ausgeschwitzte Masse nur kleine Stellen oder die ganze Hornhaut bedeckt, und je nachdem die Masse selbst nur ganz dünn, in einzelnen kleinen Pünktchen zerstreut, oder entgegengesetzt dick und zusammenhängend ist. Man pflegt begrenzte und trüb gewordene Stellen der Hornhaut mit dem Nameu Horn-hautflecke (maculae corneae), und die ganz trüb gewordene Hornhaut als Verdunkelung derselben (obtusio corneae) zu bezeichnen. Ansserdem bezeichnet man auch noch die Flecke nach ihrer Farbe und Dichtheit 1) als Nebelflecke oder Wölkchen (nebula oder nubecula), wenn der Fleck matt, grau und zum Theil noch durchsichtig erscheint; 2) als Milchfleck (m. lactea), wenn derselbe ein blass - bläuliches Ansehen besitzt; 3) als Kreidefleck (Albugo, m. cretacea), wenn er mattweiss erscheint und 4) als Pcrlmutter-fleck (m. margaritacea, Leucoma), -wenn er gclbweiss und glänzend ist.')
Die verschiedenen Flecke sind an ihrer Farbe und durch ihren Sitz an der Oberfläche der Hornhaut, letzteres bei seitlicher Betrachtung des Auges, deutlich zu erkennen. Ihre Form, ihre Grosse und ihr Sitz sind in den einzelnen Fällen verschieden und nach dieser Verschiedenheit ist auch das Sehen des Thieres bald mehr bald weniger gestört. Kleine Flecke, und namentlich solche, welche gegen den Rand der Hornhaut zu sitzen, bringen nur unbedeutende Störungen im Sehen hervor, während grössere und solche, die in der Mitte der Hornhaut, der Pupille gegenüber sitzen, weit grössere Störungen im Sehen veranlassen. Völlige Verdunkelung der Hornhaut macht das betreffende Auge grösstentheils oder ganz blind, je nach der Dichtheit der Ausschwitzung. Denn Nebelllecke gestatten, auch selbst wenn sie einen grossen Umfang haben, immer noch das Durchgehen einzelner Lichtstrahlen und somit auch in einem gewissen Grade das Sehen, während bei den übrigen genannten Arten der Flecke dasselbe unmöglich ist. In manchen Fällen findet man bei den Hornhautflecken und Verdunkelungen auch Symptome der Entzündung sowohl in dem verdunkelten Theile der Hornhaut selbst, oder auch in der Conjunctiva und Sclerotica. Diese Entzündung ist entweder eine akute, und dann ist die Verdunkelung der Hornhaut gewöhnlich die unmittelbare Folge dieser Entzündung, oder sie ist eine chronische und steht dann nicht immer- mit der Verdunkelung in dem eben bezeichneten Verhältniss.
Mit den Hornhautentzündungen haben die von Wunden oder Geschwüren zurückgebliebenen Narben der Hornhaut eine grosse Aehnlichkeit, indem die letzteren ebenfalls weiss oder bläulichweiss gefärbt und undurchsichtig sind; sie unterscheiden sich aber von den blossen Flecken dadurch, dass sie zugleich vertiefl und uneben sind.
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') Ausser diesen, mehr oder weniger weissen Flecken habe ich mehrmals dunkelbraune und schwarze Flecke auf der Hornhaut, ganz ähnlich dem schwarzen Pigment in der Bindehaut der Sclerolica beobachtet. Dieselben waren stets durch Verletzungen entstanden und unheilbar.
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Flecke und Verdunkeliing der durchsichtigen Hornhaut.
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Die Beurtheilung der Flecken und Verdunkelungen der Hornhaut ist in einer zweifachen Richtung zu machen, nämlich: a) nach ihrer Bedeutung fttr das Sehorgan und b) hinsichtlich ihrer Heilbarkeit. In ersterer Hinsieht gilt das im Vorstehenden über die bei den verschiedenen Flecken noch vorhandene Möglichkeit des Durchgehens der Lichtstrahlen durch die theilweise oder gänzlich verdunkelte Hornhaut bereits Angegebene, in Beziehung auf die Heilbarkeit lehrt die Erfahrung 1) dass alle frisch entstandenen graue und niilchweisse Flecke leicht und vollständig zu beseitigen sind, wenn sie einer zweckmässigen Behandlung unterworfen werden; 2) dass dagegen veraltete Hornhautllecke und Narben immer schwer zu entfernen sind; 3) dass kreideweisse Flecke stets hartnäckig, die perlmutterfar-bigen Flecke aber in der Regel unheilbar sind, und 4) dass solche Flecke und Narben, welche früher mit Bleimitteln behandelt worden sind, stets weit hartnäckiger sind, als ähnliche Flecke, welche mit diesen Alitteln nicht behandelt weiden sind.
Die Kur der Hornhautflecke and Verdunkelungen bezweckt die Auflösung der ausgeschwitzten gerinnbaren Stolle und die Entfernung derselben durch gestärkte Resorption. — Die erstere Aufgabe ist gewöhnlich bei frisch entstandenen Verdunkelungen nicht nöthig zu erfüllen, weil bei solchen Verdunkelungen der ausgeschwitzte Faserstoff noch flüssig und weich ist. Die Behandlung ist hiernach verschieden bei den frischen und bei den veralteten Hornhautflecken. Bei den ersteren reicht sehr häufig die eutziimiungswidrige Behandlung, so lange eben noch Entzündung besteht, vollkommen aus, doch müssen Bleimittcl gänzlich vermieden werden. Nachdem die Entzündung beseitigt ist, wählt man zur Beförderung der Resorption die Heilmittel nach dem Grade der im Auge bestehenden Empfindlichkeit aus. Ist dieselbe in einem etwas erhöhten Grade zugegen, so dient eine Auflösung von Opium in Wasser (gr. x auf 3j), oder eine schwache Calornelsalbe Oj fein pulverisirtes Calomel zu | Unze Schweinefett) am besten; ist aber die Empfindlichkeit nicht über den normalen Grad erhöht, so kann man irgend ein aromatisches Inl'u-sum, fur sich allein oder mit Zusatz von etwas Kali carbonicum (gr. x auf 3jX 0lt;ler cine Auflösung von Kochsalz in gleicher Stärke, oder die graue Quecksilbersalbe mit Opium anwenden.
Gegen die veralteten Verdunkelungen benutzt man zur Auflösung des ergossenen Faserstoffs dieselben Mittel, am besten aber eine Solution von Kali carbonicum, oder Natrum carbonicum, oder Kali causticum, oder auch das Jodkali. Von letzterem nimmt mau nur %—| Gran auf die Unze Wasser, von dein Kali causticum i—1 Gran, und von den ersteren beiden Salzen !()#9632;—15 Gran auf eine Unze Wasser, und befeuchtet mit diesen Mitteln das leidende Auge täglich 3—4 Mal. Dieselben Mittel sind auch in Salbenform, und zwar die angegebenen Quantitäten zu einer Drachme Fett gerechnet, zu benutzen. Ebenso die graue Quecksilbersalbe, oder eine Verbindung derselben mit Opium oder mit rothem Quecksilberoxyd (gr. x zu 5/S), oder auch mit Kampher in demselben Verhältniss. Ausser diesen Mitteln sind theils zur Auflösung, theils zur Beförderung der Resorption noch verschiedene Fette und fette Oele empfohlen, wie
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Das Staphylom.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;125
namentlich das iNussöI, das Quappen- und Aalfett, Fischthran u. dgl. Ehedem benutzte man auch verschiedene Arzneimittel in Pulverform, vermittelst des Einblaseus in das Auge, z. B. fein geriebenen Zucker, Ziukvitriol, Calomel, selbst leingeriebenes (ilas; diese Mittel sind jedoch schwer zu appliziren und durch die zuerst genannten entbehrlich. Wenn Ilornhautflecke sich hartnäckig zeigen, ist es stets zweck-mässig, mit den gegen sie angewendeten Arzneimitteln zu wechseln, weil, wie es scheint, die Empfindlichkeit der resorbirenden Gelasse bei der durch längere Zeit fortgesetzten Anwendung eines Mittels für dasselbe gleichsam abgestumpft wird und letzteres dann seine Wirkung verliert.
Neben dieser örtlichen Behandlung ist eine von Zeit zu Zeit wiederholt gegebene Purganz, dabei recht magere Diät und massige Bewegung in freier Luft zur Unterstützung der Kur sehr förderlich.
VTT1. Das Staphylom oder die kegelförmige Verdickung
der Hornhaut.
In Folge von schleichenden, chronischen Augenentzündungen wird zuweilen die Substanz der Hornhaut verdichtet und so verdickt, dass dieselbe in der Mitte ihrer vordem Fläche in Form eines stampfen Kegels hervortritt. Dieser Zustand ist durch Besehen und durch Beflihleu leicht erkennbar, und ausserdem äussert sich derselbe auch noch in der Kegel durch völliges Blindsein des betreffenden Auges, da die Hornhaut ihre Durchsichtigkeit völlig verloren hat. Während der Entwickclung dieses abnonneu Bildungszustandes findet man an der Bindehaut und mm Theil an der Hornhaut selbst eine Gefässinjection und am Auge etwas vermehrte Wärme.
Die Beurthcilung des Staphyloms ist in der Regel ganz ungünstig, weil nach bisheriger Erfahrung die Verdickung der Hornhaut weder durch therapeutische, noch durch chirurgische Mittel zu beseitigen und auch ihre Durchsichtigkeit nur sehr wenig zu verbessern ist.
Die Behandlung ist sehr beschränkt. in der ersten Zeit, d. h. während der Entwickclung des Staphyloms, kann man durch eine antiphlogistischc Behaudlung des Auges, durch ableitende Mittel und eine recht magere Diät die Ausbildung des Uebels zu einem höhern Grade verhindern. Bei dem vollständig ausgebildeten Staphylom kann man nur versuchen durch täglich 2 Mal wiederholte Anwendung der grauen Merkurialsalbe, oder einer aus 2 Gran Jodkali und einer halben Unze Fett bestehenden Salbe die Resorption möglichst zu bethä-tigen. oder auch die kegelförmige Spitze dadurch wegzuschaffen, dass mau dieselbe vorsichtig mit verdünnter Schwefelsäure bestreicht, hierdurch die äussere Schicht der Hornhaut auflöst und nach etwa 10 ftii-nuten die aufgelöste Schicht mit einem stumpfen Messer abschabt. Dies Verfahren kann in der Zwischenzeit von einigen Tagen 3—4 Mal wiederholt werden. Wenn dasselbe auch ganz gut gelingt, so bleibt doch die Hornhaut völlig undurchsichtig und das Sehen an dem betreffenden Auge wird dadurch nicht verbessert.
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IX. Das Augenfell, Paunus und Pterygium.
Es erzeugt sich zuweilen, im Ganzen aber äusserst selten, von der Bindehaut der Scierotica ausgehend, eine hautähnliche Substanz auf der durchsichtigen Hornhaut. Ein solches Häutchen -wird im Allgemeinen als Augenfell bezeichnet, und wenn es die Form eines länglichen Dreiecks hat, dessen Spitze gegen den Hand der Hornhaut gerichtet ist, heisst es ein Flügelfell, Pterygium. Das soge-nauute Fell hat entweder eine weissliche, oder eine fleischähnliche, röthliche Farbe; im erstem Falle nennt man es Fettfell und im letztern Falle Fleischfcll. Das Fleischfell ist immer viel gefassrei-cher als das Fettfell. Heide Varietäten sind ausserdem in den einzelnen Fällen von verschiedener Grosse, von verschiedener Dicke und bald auf der Hornhaut ganz unbeweglich oder ein wenig verschiebbar. Die Bindehaut erscheint bei den Augenfellen in der Regel aufgelockert und dunkler gerüthet als im normalen Zustande, und das Sehen ist, je nachdem das Fell mehr oder weniger gegen die Mitte der Hornhaut zu sich erstreckt, auch bald mehr, bald weniger gestört.
Die Ursachen der Augenfelle bestehen in schleichenden Entzündungen der Bindehaut, besonders wenn fremde Körper in der letztern festsitzen und die Reizung beständig unterhalten. Zuweilen ist auch eine Verwundung der Bindehaut und der Hornhaut die Veranlassung.
Die Prognosis ist in BetreH' der gründlichen Heilung eines Augenfells stets zweifelhaft auszusprechen; denn an und für sich ist die Beseitigung desselben schwierig, und wenn sie auch gelingt, so bleibt doch zuweilen an der Stelle des Fells eine Trübung der Hornhaut zurück. Sich selbst überlassen, wachsen die Augenfelle zuweilen immer weiter vorwärts und stören dadurch mit der Zeit das Sehen immer mehr.
Die Behandlung des Augenfclls hat die Aufgabe, dasselbe entweder nur zum Absterben zu bringen und dadurch sein weiteres Wachsen zu verhindern, oder auch dasselbe gründlich wegzuschad'en. Die erstere Aufgabe kann man erfülleu, wenn man die Bindehaut an der Gränze der durchsichtigen Hornhaut an derjenigen Stelle, welche mit dem Fell auf der durchsichtigen Hornhaut zusammenhängt, entweder mit einer feinen Nadel umsticht und mit einem Seidenfadeu abbindet, oder indem man sie an dieser Stelle 2—3 Mal wiederholt mit Höllenstein ätzt, oder auch eine mittelst einer Pinzette gebildete Falte aus ihr herausschneidet. Zu diesen Operationen müssen die Thiere niedergelegt, gut gebremst oder betäubt und die Augenlider müssen mit den Augenlidhaltern zurückgezogen werden. Hierauf ergreift man für den ersten und dritten Zweck die Bindehaut an der bezeichneten Stelle und hebt sie, so weit es geht, in einer Falte in die Höhe, worauf man diese Falte entweder, wie bereits angedeutet, an ihrer Basis mit einer Nadel in der Richtung des Hornhautrandes durchsticht und dann die Enden des Fadens in eine Schlinge bringt und dieselbe fest zusammenzieht, so dass die Ernährung des Felles von der Hornhaut dadurch unmöglich gemacht wird; .— oder man
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schneidet die Falte an der Basis in derselben Richtung ab. Das Abschneiden ist mit weniger dauernder Reizung verbunden und verdient deshalb den Vorzug vor dem Unterbinden. Das Aetzen gewährt ver-häitnissmässig die wenigste Sicherheit. Nach Anwendung einer dieser Verfahrungsarten schrumpft das Fell zusammen und vertrocknet uach und nach gänzlich. In einzelnen Fällen löst es sich in Form von Schuppen ab, in anderen hinterlässt es eine weissliche verdickte Stelle. Um letzteres zu vermeiden, hat mau empfohlen, das Fell vermittelst eines Staarmessers von der durchsichtigen Hornhaut abzulösen, eine Operation, die in der Regel schwierig auszuführen ist und doch dem Zwecke nicht immer ganz entspricht. Um sie auszuführen, muss das betreffende Thier niedergelegt und die Augenlider müssen gehörig zurückgehalten werden. Man ergreift dann das Fell mit einem feinen Häkchen o(Jer mit einer Pinzette und löst es mittelst eines Staarmessers bis zum Rande der durchsichtigen Hornhaut von derselben gänzlich ab. Die entstandene Blutung wird mit kaltem Wasser gestillt, und auch nach der Operation dasselbe durch quot;2 Tage angewendet, um die Entwickelung einer heftigen Augenentzündung zu verhüten.
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X. Der graue Staar, Cataracta.
Der graue Staar besteht darin, dass die Crystallliuse und ihre Kapsel trüb oder undurchsichtig geworden ist. In manchen Fällen leidet nur die Linse allein, in andern nur die Kapsel allein, und in nach anderen leiden beide Theile zugleich. Man unterscheidet hiernach a) den eigentlichen Linsenstaar (C. lentis), b) den Kapsel-staar (C. capsulae lentis) und c) den Linsenkapselstaar (C. cap-sulo-lenticülaris). Ausser diesen Verschiedenheiten hinsichtlich des Sitzes in den beiden Theilen erscheint der graue Staar auch noch verschieden hinsichtlich des Ortes in der Linse oder in der Kapsel, so wie hinsichtlich der Form und hinsietlich der Farbe. In ersterer Hinsicht findet sich die Trübung in der Linse oder in der Kapsel zuweilen im Mittelpunkt (C. ceutralis), in andern Fällen ist der Rand der Linse oder der Kapsel undurchsichtig (C. annularis s. orbicula-ris). Hinsichtlich der Form zeigt sich der Staar häufig nur in einzelnen kleinen Punkten, welche man Staarpunkte zu nennen pflegt, zuweilen in Strichen, welche man ßalkeustaar nennt, und nicht selten ist die ganze Linse oder die ganze Kapsel von ihm ergriffen. Hinsichtlich der Farbe zeigt sich der graue Staar im Anfange seiner Bildung gewöhnlich bläulich weiss (Milchstaar), später entweder blass grau oder matt weiss, glänzend weiss, oder auch ins Gelbliche spielend und zuweilen findet man mehrere Farben an ihm zugleich.
Der graue Staar bestellt entweder einfach als solcher, oder er ist zugleich mit andern Krankheiten verbunden, namentlich mit periodischer Augenentzündung, mit schwarzem oder grünem Staar, und zuweilen ist die Crystalllinse aus ihrer Lage gebracht, selbst in die Pupill^ getreten oder durch dieselbe in die vordere Augenkammer gefallen und zuweilen auch verkleinert.
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Die anatomische Betrachtung der Linse und ihrer Kapsel bei dem grauen Staar zeigt: dass beide Theile bei dem noch in der Ent-#9632;mckelung begriffenen grauen Staar nach Augenentzündungeu durch gerinnbaren Faserstoff auCgelockcrt, zuweilen erweicht, immer aber dadurch stelleuweis oder ganz ihrer Durchsichtigkeit beraubt sind. Bei dem bereits vollständig seit längerer Zeit ausgebildeten Staar ist die Liusenkapsel oft bis zu einer Linie stark verdickt, lederartig fest, die Cry stalllinse knorpelig hart, sogar zuweilen mit Knochenkernen versehen. Wenn der graue Staar- in Folge des hohen Alters entstanden ist, findet mau in der Linse und in der Kapsel Ablagerungen von einer kreideähnlicheu weisscu Substanz. In einzelnen Fällen fand man die Linse theilweise geborsten, und häuGg die Linse mit der Kapsel fest verwachsen. ]5ei grauem Staar in Folge der periodischen Augenentzündung findet sich nicht selten die vordere Fläche der Liusenkapsel mit der Traubenhaut fest verwachsen. Ausserdem ist zuweilen der Glaskörper aufgelöst, wässerig dünn und theilweise geschwunden und bei veraltetem grauen Staar ist gewöhnlich auch der Augapfel im Ganzen etwas kleiner.
Die Symptome des grauen Slaars sind in den einzelnen Fällen nach den vorhin angedeuteten Verschiedenheiten zuweilen sehr verschieden von einander. Wenn die ganze Linse oder die ganze Liusenkapsel trüb geworden ist, sieht man statt der schwarzblauen Färbung der Pupille eine milchweisse, graue, weisse oder gelblich weisse Färbung derselben; man kann nicht mehr in die hintere Augenkammer bis auf den Grund sehen, und das Thier kann mit dem Auge keinen Gegenstand mehr wahrnehmen, oder es ist völlig blind. Man erkennt dies daran: dass das Thier, nachdem das etwa noch vorhandene gesunde Auge mit einem Tuch zugebunden ist, mit den Ohren ungewöhnlich lebhaft spielt und beim Gehen die Beine höher aufhebt, als im normalen Zustande, dass es dabei mit der Zehe des Hufes mehr vorsichtig auf den Boden tritt, über in den Weg gelegte Gegenstände leicht slolpcrt, mit dem Kopfe au Wände und andere Gegenstände läuft, und (lass es beim Drohen mit einem Stock keine Furcht zeigt, besonders wenn das Drohen in der Art ausgeführt wird, als ob man das Thier gegen die llinlcriüsse oder gegen den Hintertheil des Leibes schlagen wollte. ist die Linsenkapsel mitleidend, so erscheint die weisse u. s. w. Farbe unmittelbar hinter dem Rande der Pupille und sie hat. einen seidenartigen Glanz; leidet die Linse allein, so erscheint die weisse Farbe bald mehr, bald weniger weit hinter dein Rande der Pupille, und jener Glanz des Staars ist nicht vorhanden, das Sehvermögen fehlt auch hier, dabei ist jedoch die Iris noch reizbar und die Pupille verengt sich im hellem und erweitert sich im dunklem Licht, wenn der graue Staar nur allein besteht. Staarpnnkte geben sich in der übrigens dunkel gefärbten Pupille als kleine weisse, graue oder bläuliche Fleckchen von verschiedener Grosse und Form zu erkennen; zuweilen ist nur ein Punkt, zuweilen sind mehrere zugegen und sie sitzen bald in der Linsenkapsel, bald in der vordem Fläche der Linse, bald tiefer in derselben und erscheinen daher auch bald an der Oberfläche in der Pupille, bald tiefer in der hintern Augenkammer, Die Erkennung
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der Staarpuukle ist zuweilen sehr schwierig, namentlicli wenn dieselben sehr klein, blass und tielsitzend sind, weil man dann dieselben nicht bei jedem Lichte deutlich sehen kann, und ausserdem weil häufig im Auge Lichtrellexe in Form von weissen Punkten entstehen, welche mit den Staarpunkteu einige Aehidichkeit besitzen. Die letztem unterscheiden sich jedoch von jenen Lichtreflexen dadurch, dass sie bei verschiedenen Stellungen des kranken Auges oder bei verschiedenen Stellungen des Beschauers vor demselben stets einen und denselben Sitz behalten, während die Lichtreflexe unter den bezeichneten Umständen sich von einer Stelle zur andern fortbewegen. Diejenigen Verdunkelungen, welche am Rande der Linse oder der Kapsel entstanden sind, können nur gesehen werden, wenn die Pupille möglichst vollständig erweitert ist. Dieser Umstände wegen ist es nöthig, die Untersuchung der kranken oder des Staars verdächtigen Augen auf die Weise zu unternehmeu, dass man das betrefleude Thier an einen solchen Ort stellt, wo das Licht nur von vornher auf die Augen fällt und wo man zugleich die Beleuchtung nach Belieben heller oder dunkler machen kann. Es eignet sich hierzu sehr zweckmässig ein Stallflur, auf welchen man das Thier mit dem Kopfe gegen den Ausgang gerichtet stellt und es dann nach der zueist ausgeführten Besichtigung nahe an der Thür einige Schritte zurückschiebt, um es hierauf im dunkleren Räume wiederholt zu untersuchen. Auch kann man einige Minuten vor der Untersuchung eine Auflösung von Extr. Belladonnae (gr. v in 3^ Wasser) zwischen die Augenlider und dein Augapfel streichen und durch die Wirkung dieses Mittels die Pupille künstlich erweitern, um hiernach eine freiere Ansicht der ganzen Linse zu erhalten. Wenn man dieses iMittel anwenden will, muss jedoch vorher schon die Untersuchung über das Vorhandensein des schwarzen Staars geschehen sein, oder diese Untersuchung muss zu einer andern Zeit statlfinden, weil dieselbe bei der durch narkotische Wirkung cntstandeueii kunstlichen Erweiterung der Pupille nicht möglich ist. Denn das gleichzeitige Vorhandensein des schwarzen Staars bei dem grauen Slaar giebt sich nur dadurch kund, dass in diesem Falle die Pupille sich bei hellerm Licht nicht verkleinert und bei geringem Licht sich nicht erweitert, wenn man das kranke Auge allein einer verschiedenen Beleuchtung abwechselnd aussetzt. Bei der Untersuchung über diesen Punkt ist es daher nöthig, ein Auge mit einem dichten Tuch zu verbinden, während das andere auf die eben erwähnte Weise untersucht wird. Das Sehen des Thiers ist bei Staarpunkteu in der Regel nur unbedeutend gestört, am meisten noch bei solchen, welche in der Älitte der Linse ihren Sitz haben, doch zeigen Pferde bei Staarpunkteu oft ein scheues Benehmen vor Gegenständen^ die ein weisses oder glänzendes Ansehen haben.
Das gleichzeitige Vorhandensein der periodischen Augenentzün-dung bei dem grauen Staar giebt sich durch die eigenthümlichen Symptome dieser Entzündung deutlich zu erkennen, ja es ist sehr häufig nur eben diese Entzündung, aber nicht der schon vorhandene graue Staar wahrzunehmen, weil bei jeuer Krankheit die Pupille immer verengt ist. Gleichzeitig vorhandener grüner Staar ist nur mit
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Sicherheit zu erkennen, wenn der graue Staar in Staarpunkten besteht; man sieht dann die Pupille meergrün gefärbt und in ihr die weissen oder grauen Punkte. Bel Cataract in der ganzen Linse oder in der ganzen Kapsel ist der etwa vorhandene grüne Staar unkenntlich.
Die Ursachen des grauen Staars sind 1) innere Augenentzündungen, namentlich bei Pferden die iVlondblindheit, 2) grobe Verletzungen des Auges, namentlich Stichwunden, welche bis in die hintere Augenkaminer eingedrungen sind, wie auch Quetschungen und Erschütterungen des Augapfels, durch welche eine Trennung der Linse von den umgebenden Theilen mehr oder weniger bewirkt worden ist; 3) Metastasen, namentlich von plötzlich unterdrückten Geschwüren u. s. w.; 4) das hohe Alter. ') In einzelnen Fällen hat man auch den grauen Staar zur Zeit der Geburt in jungen Thieren gefunden , so dass man ihn in diesen Fällen als angeboren betrachten kann.
Die Entzündungen erzeugen ihn dadurch, dass in der Linse oder in ihrer Kapsel Ausschwilzungen von gerinnbarem Faserstoff entstehen, welche sich verdichten und dadurch die Linse oder die Kapsel undurchsichtig machen. Ebenso erzeugen ihn Verwundungen, welche eine Entzündung der genannten Theile und Ausschwitzung im Umfang der verletzten Stelle veranlassen. Quetschungen und Erschütterungen, die mit Trennung der Linse oder deren Kapsel verbunden sind, scheinen das Trübwerden dieser Theile dadurch hervorzurufen, dass der regelmässige Stoffwechsel in denselben nicht mehr stattfindet. In diesen Fällen tritt dann gewöhnlich das allmälige Schwinden der Linse zu dem Staar hinzu. Ob bei IMetastasen wirklich eine trübe Flüssigkeit in die Linse und ihre Kapsel abgelagert werde, ist bis jetzt nicht genügend erwiesen, aus dem plötzlichen Entstehen des Uebels ist dies als wahrscheinlich anzunehmen. Im hohen Alter scheint die Säftemasse reicher an kalkigen und erdigen Bestandthei-len zu werden, und durch Ablagerung dieser Stoffe an verschiedenen Stellen, z. B. in den Gefässhäuten, wirkliche Verirrungen der Gewebe herbeizuführen, — und so auch in der Linse. Wie im Foetus die Staarbildung stattfindet? ist bis jetzt nicht zu ermitteln gewesen.
Der graue Staar entwickelt sich nach Verletzungen und bei traumatischen Entzündungen zuweilen sehr schnell, d. i. in 8—14 Tagen, bei der periodischen Augenentzündung aber, wie dort angegeben, gewöhnlich erst nach mehreren Anfällen dieser Krankheit in der Zeit von 1 selbst bis zu 2 Jahren und darüber, doch ist er zuweilen schon nach dem ersten Anfalle entstanden. Bei .Metastasen
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'1 Pferde erblinden am Staar in Folge des Alters nur sehr selten und gewöhnlich nicht vor dem 3fi. Jahre, bei Rindern, Schaafen, Ziegen und Schweinen sind Beobachtungen hierüber nicht bekannt, weil man diese Thiere nicht bis ins hohe Alter erhält; Hunde bekommen den grauen Staar fast allgemein mit dem 14; bis ltgt;. Jahre, Katzen mit 12 - 15 Jahren und Vögel häufig mit 10—15 Jahren.
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entsteht er iminei- plötzlich, zuweilen innerhalb 2 Tagen. Bei alten Thieren geht seine Bildung immer langsam von Statten, so dass er zuweilen im Verlaufe eines Jahres erst als vollkommen ausgebildet
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Die Prognosis ist bei dem grauen Staar im Allgemeinen schlecht, jedoch in den einzelnen Fällen etwas verschieden. Nach vorangegangener periodischer Augenentzündung ist das Uebel stets unheilbar, ebenso nach Erschütterungen und Verwundungen und bei Thieren im hohen Alter, dagegen gewähren diejenigen Fälle, wo der Staar durch Metastasis entstanden ist, noch immer eine Hoffnung zur Heilung, besonders wenn das Uebel noch neu ist und die Thiere jung sind. Vei'hältnissmassig erscheint der sogenannte Milchstaar eher heilbar, als der ganz weisse und gelblich weisse Staar. — Die in der IVlenschenheilkunde in den meisten Fällen mit dem besten Erfolge benutzte Staaroperation gewährt bei den Thieren fast durchaus wenig oder gar keinen Nutzen, und zwar dies aus dem Grunde, weil man den Thieren keine Staarbrillen aufsetzen kann und weil die Thiere ohne dieselben stets sehr undeutlich sehen, sich fast vor allen Gegenständen scheuen und hierdurch ihr Gebrauch zur Arbeit oft mehr gestört wird, als durch das vorher völlig blinde Auge.
Die Kur des grauen Staars besteht in der Erregung einer recht lebhaften Resorption im Innern des Auges, um hierdurch die Weg-sehaffung der trüben undurchsichtigen Stoffe aus der Linsn und ihrer Kapsel zu bewirken. Hierbei ist zu berücksichtigen, ob mit dein Cataract noch Entzündung verbunden ist oder nicht. Im ersteren Falle findet im Wesentlichen eine allgemeine und örtliche entzündungswidrige Behandlung statt durch Aderlassen, Laxir- und Purgir-mittel, örtlich durch Anwendung kühlender, schleimiger oder schleimig-narkotischer Mittel, je nach dem Charakter der Entzündung. Zugleich wendet mau an der Backe der leidenden Seite oder an der
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selben Seite des Halses örtliche Reizmittel an und hält das Thier in
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ganz magerer Diät. Diese Behandlung wird selbst noch 8—-14 Tage nach vollständig beseitigter Entzündung fortgesetzt.
Besteht der Staar ohne Entzimdungs - Symptome, so kann man bei gut genährten, vollblütigen Thieren von Zeit zu Zeit wiederholtnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '
einen massigen Aderlass machen, und ohne Ausnahme den Patienten Abführungsmittel von Calomel, Aloe, selbst Crotonöl oder Croton-samen geben. Auf das Auge wendet man bei Tage Breiumschläge von Arnicablumeu, oder von Kamillenblumen, oder Waschungen mit einem Infusum von diesen Mitteln mit Zusatz von Kali carbonicum, oder Natrum carbonicum, oder von Jodkali (gr. j auf gj Wasser) lauwarm an; zum Abende reibt man die graue Quecksilbersalbe auf die Augenlider und im Umfange derselben ein und streicht auch etwas von ihr zwischen die Augenlider, oder man benutzt zum Einstreichen zwischen die Augenlider eine Salbe aus Calomel und Fett (3/* zu 5^) oder die Jodsalbe (Jodkali 2—4 gr. zu Eß Fett). In der Schläfengegend und in der Augengrube macht man Einreibungen von Campher- oder Ammoniakliniment, späterhin selbst von Canthariden-salbe, oder man brennt daselbst mehrere Punkte.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; quot;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;J
In Fällen, wo das Aeusserste versucht werden soll, kann auch
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die Staaroperation ausgeführt werden; man muss aber den Eigenthü-mer des Thieres stets darauf aufmerksam macheu, dass dieselbe nur als ein Versuch dienen kann, da sie aus den oben angegebenen Gründen wenig leistet, ja in manchen Füllen durch Erregung einer heftigen Entzündung und Eiterung im Auge den Verlust des letztem herbeiführt.
Die Operation ist auch nur in denjenigen Fällen zu unternehmen, wo der graue Staar nur allein besteht und wo namentlich neben ihm weder schwarzer, noch grüner vorhanden ist, weil sie bei den letztern keinen Nutzen gewähren kann. ')
Die Staaroperation besteht im Allgemeinen darin, dass die verdunkelte Linse mit der Kapsel aus der Sehaxe durch chirurgische Mittel entfernt und hiernach das Eintreten der Lichtstrahlen bis zur Netzhaut wieder möglich gemacht wird. Dies geschieht in 3 verschiedenen Methoden, nämlich 1) durch die einfache Niederdrückung oder Umlegung der Linse (Oepressio s. Heclinatio), 2) durch Zerstückelung der Linse (Keratonyxis) und 3) durch die Ausziehung der Linse (Extractio). Von diesen 3 Methoden eignet sich bei Thieren die erstere am besten, weil sie am einfachsten und schnellsten ausführbar ist, dem Zwecke genügt und am wenigsten üble Zufalle mit sich führt. Die Extraction ist dagegen mit der Gefahr verbunden, dass ein Ausfliessen des Glaskörpers stattfindet und dadurch der Bul-bus in seinen Häuten zusammenfaUl und das Auge ganz vernichtet ist. Dies ist besonders bei Pferden der Fall, weil diese Thiere vermöge des ihnen eigenthümlichen Grundmuskels den Augapfel heftig zusammendrücken und dadurch die bezeichnete Wirkung mehr als die übrigen Thiere erzeugen können.
Zur Operation muss das betrefl'ende Thier während 2-—3 Tagen durch magere Diät und ein Abführungsmittel vorbereitet und dann niedergelegt werden, und zwar so, dass das zur Operation bestimmte Auge an der obern Seite liegt.
Das Thier muss stark gebremst und, namentlich am Kopfe, fest gehalten werden.
Der Operateur placirt sich, wenn das rechte Auge operirt werden soll, vor den Kopf, bei der Operation des linken Auges aber zwischen den Kopf und den Hals des Thieres. Zunächst werden mittelst der Augenlidhalter die Augenlider zurückgezogen und dann sucht man den Augapfel zu fixiren. Letzteres geschieht entweder durch Betäubung des Thieres mittelst Einathmens von Aether oder Chloroform oder auf chirurgische Weise vermittelst des dreiarmigen Augenhalters von Leblanc, oder des Augenhalters von Brogniez, oder durch einen in der Augengrube gemachten Einschnitt mittelst
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') Selbst für den Pferdehandel gewährt die Staaroperation in solchen Fällen keinen Vortheil; denn wenngleich durch sie das üble Ansehen, welches der graue Staar mit sich führt, beseitigt wird, so ist doch damit nichts gewonnen, weil hiernach der schwarze Staar deutlich erkennbar besteht und der Verkäufer für diesen Fehler Gewähr leisten muss, für den grauen Staar aber nicht.
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eines Fingers, oder am besten auf die Weise, dass man durch oft wiederholtes Berühren des Augapfels denselben ermüdet, bis er bei fernerer Berührung unbeweglich bleibt, worauf man den Zeigefinger der linken Hand am innern Augenwinkel gegen den Bulbus legt und denselben sanft gegen den äussern Winkel drückt, und nun ohne Zeitverlust die Operation selbst ausführt..— Diese geschieht in dreien Methoden, welche oben bereits genannt, hier einer nähern Schilderung unterworfen werden sollen.
1)nbsp; Die Niederdrückung oder Umlegung der Linse (Depressio s. Reclinatio). •— Nachdem man die cylindrische Staarnadel in die rechte Hand genommen (und zwar so, dass sie fast um die ganze L;inge den Mittelfinger überragt) und diese mit dem kleinen Finger unterhalb des äussern Augenwinkels auf die Backe gestützt, nähert man die Spitze der Staarnadel dem Augapfel und sticht, sie, sobald letzterer bei der Berührung mit dem Finger nicht mehr zuckt, dem äussern Winkel der Pupille gegenüber und 2 Linien hinter dem Rande der durchsichtigen Hornhaut in die undurchsichtige schnell und kräftig ein. Dann führt man die Spitze der Nadel zwischen Iris und Linsenkapsel vorsichtig vorwärts bis ungefähr auf die Mitte der letztem, bis sie hinter der Pupille gesehen wird. Von hier aus wird die Spitze des Instruments flach auf den obern Rand der Linse geführt, in den Glaskörper nach dem Grunde des Auges zu hineinge-drückt, einige Sekunden in dieser Lage erhalten und endlich sanft herausgezogen. Gebraucht man die zweischneidige, lanzenförmige Staarnadel statt der cylindrischen, so erleidet diese Operations-Methode keine wesentliche Aenderung; dass man, um Verletzungen der Iris zu vermeiden, die zweischneidige Staarnadel mit der einen Fläche gegen die Iris, mit der andern gegen die Linse gekehrt einführen muss, versteht sich von selbst. #9632;— Was die Reclination betrifft, so schiebt man, wenn die Nadel, wie eben angegeben, bereits bis zur Mitte der Linse geführt, die Spitze des Instruments gegen den obern Rand der Linse und drückt diese nach rückwärts und unten in den Glaskörper, wobei ihre vprdere Fläche nach oben, ihre hintere nach unten zu liegen kommt; auch hier wird der Druck der Nadel durch einige Sekunden fortgesetzt, und dieselbe dann in der eingebrachten Richtung sanft entfernt.
2)nbsp; Die Zerstückelung der Linse (Keratonyxis). •— Sie geschieht, wo sie möglich, am besten mit der Scarpasehen Nadel (lanzenför-mig und nach der einen Fläche gebogen), welche man, wie bei der ersten Operationsmethode, in den Augapfel einführt, jedoch muss man wegen der Krümmung der Spitze der Scarpasehen Nadel bei dem Einstich in die Sclerotica und Aderhaut den Handgriff des Instruments sehr schräg gegen die Backe neigen und bei dem Vorwärtsschieben desselben die Spitze gegen die Linse richten. Ist die Nadel hinter der Pupille sichtbar, so durchschneidet man, indem die Nadel mit dem einen scharfen Rande nach dem obern, mit dem andern nach dem untern Augenlide zukehrt, mit sanftem Druck auf der Mittellinie der Linse auf- und abgeführt wird, die Linsenkapsel und die Linse senkrecht in 2 Theile, welche dann mit dem Instrument nach abwärts in den Glaskörper gedrückt werden. Nach einige Sekunden
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fortgesetztem Druck wird die Nadel vorsichtig entfernt. #9632;— Diese beiden Methoden können auch vermittelst eines Einstichs in die durchsichtige Hornhaut — etwa 2 Linien von deren Rande und am vortheilhaftesten 2'—3 Linien unter dem äusseru Augenwinkel — auf dem Wege durch die vordere Augenkammer und durch die Pupille ausgeführt werden; sie sind jedoch einerseits schwieriger, andererseits rufen sie in den meisten Fällen eine grössere Reizung der Iris, eine heftigere Entzündung und eine stärkere Verdunkelung der Hornhaut hervor, als die auf dem Wege durch die Sclerotica unternommenen.
3) Die Ausziehung der Linse (Extractio). #9632;— Nachdem ein, immer der Grosse der Linse entsprechender Horuhautschnitt mit dem Staarmesser gemacht, wird die Linse oft nach dem Ausflusse der wässerigen Feuchtigkeit durch die eigene Zusammenziehuug des Auges hervorgedrängt und entleert; geschieht dies nicht, so versucht man es durch einen gelinden Druck #9632;— um nicht den Glaskörper zugleich herauszupressen •— zu bewirken. Giebt dieser Versuch auch nicht das gewünschte Resultat, so führt man den Davielschen Löffel durch die Wunde und die Pupille ein, löst durch allmäliges, sanftes Bewegen desselben die zwischen der Uvea und der Linseukapsel etwa vorhandenen Adhäsionen, erfasst den Staar an irgend einer Stelle seines Randes und drängt ihn durch die Pupille hervor. Oft löst sich zwar der Cataract, bleibt jedoch entweder in der Pupille oder in der Hornhautwunde hangen; in diesem Falle kann auch eine feine Pinzette statt des Löffels zur weitern Hinausbeförderung des Staars dienen. .— Vor der Operation ist es vortheilhaft, ja wohl nö-thig, eine Auflösung von Extr. Belladounae (gr. x auf 3j dest. Wassers) einige Male auf den Augapfel und zwischen die Augenlider zu streichen, um die Pupille künstlich zu erweitern und hierdurch das Hervortreten der Linse in die vordere Augenkammer zu erleichtern. •— In Bezug auf die therapeutische Würdigung dieser Operatious-methoden, so wie überhaupt der Staaroperation bei Thieren, und namentlich bei Pferden, ist oben bereits das Notlüge erörtert worden.
Nach geschehener Operation lässt man nach der einen wie nach der andern Methode sogleich die Augenlider sanft über den Augapfel gleiten, und das Thier, ohne dass dabei eine starke Bewegung des Kopfes entsteht, aufstehen. Mau stellt es in einen dunkeln, von Zugluft und scharfen Dünsten freien Stall, lasst es ruhig und bei weichem und magerm Futter stehen, macht durch 48 Stunden kalte Umschläge über das leidende Auge, und wendet überhaupt ein anti-phlogistisches Verfahren an. Nach drei Tagen kann man das Auge vorsichtig bei nicht zu hellem Licht untersuchen, und wenn eine Entzündung in ihm noch erkennbar fortbesteht, die weitere Behandlung, wie bei den traumatischen Augenentzündungen angegeben ist, ausführen; ist aber keine Entzündung mehr wahrzunehmen, so ist ein ruhiges Verhalten des Thieres bei magerer Diät und bei Vermeidung grellen Lichtes durch noch etwa 6—8 Tage fortgesetzt ausreichend.
Die Thiere sehen auch nach einer gut gelungenen Staaroperation nicht in der Weise, wie mit den Augen im normalen Zustande,
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Der grüne Staar.
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sondern es erscheinen ihnen die Gegenstände, da wegen Mangels der Linse die Strahlenbrechung zur Mittelaxe des Auges nicht mehr gehörig stattfindet, immer viel grosser, und in Folge dessen scheuen sie sich vor allen ihnen nahe kommenden Gegenständen und müssen daher in der ersten Zeil sehr vorsichtig geführt werden. Nach und nach verliert sich aber dieses scheue Benehmen, und damit nimmt die Brauchbarkeit der Thiere wieder zu.
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XI. Der grüne Staar. (Glaucoma.)
Der grüne Staar bestellt, so weit man bis jetzt den anatomischpathologischen Zustand desselben kennt, in einer Auflösung und gründlichen Färbung des Glaskörpers, in manchen Fällen auch in einer Verminderung oder heilem Färbung des Pigments der Aderhaut. Derselbe kommt bei allen Ilaussäugethieren und bei einigen Vögeln vor und giebt sich dadurch zu erkennen, dass die Pupille und der Grund der hintern Augeukammer eine hellgrüne (meergrüne) Färbung zeigen und dabei das Thier völlig blind ist. Die Blindheit erkennt man, nachdem das andere, etwa noch gesunde Auge verbunden ist, daran, dass das Thier beim Gehen die Beine ungewöhnlich hoch aufhebt und sich vorsichtig, gleichsam steigend, vorwärts bewegt, dass es aber dennoch über Gegenstände, die man ihm in den Weg legt, stolpert, dass es mit der Nase gegen Bäume, Wände u. s. w. anstösst, wenn man es auf diese Gegenstände führt, und dass es Drohungen mit einem Stocke nicht beachtet, namentlich wenn man dabei Bewegungen, wie zum Schlagen gegen den Leib oder die Ilin-terfüsse des Thieres, ausführt.
Der grüne Staar ist gewöhnlich die Folge von heftigen innern Entzündungen und namentlich von der periodischen und rheumati-tischen Augenentzündungen, in einigen Fällen aber hat man ihn bei Füllen und bei Lämmern angeboren gefunden.
Die Beurtheilung dieses Fehlers ist stets ganz ungünstig, da bis jetzt keine Beobachtungen vorliegen, nach welchen der oben bezeichnete pathologische Zustand des Auges zum normalen umgewandelt worden ist und auch keine Heilmethode bekannt ist, durch welche dies bewirkt werden könnte.
Lieber die Kur ist daher Nichts zu sagen.
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XU. Der schwarze Staar. (Amaurosis, Gutta serena.)
Der schwarze Staar, bei Pferden auch hin und wieder die Schönblindheit genannt, besteht in einer Lähmung der Netzhaut nnd des Sehnerven, wobei, wenn das Leiden ohne Complication besteht, eine materielle Veränderung im Auge nicht wahrzunehmen ist. Er kommt bei allen Ilaussäugethieren und bei Vögeln vor und zwar bald nur an einem bald an beiden Augen, und sowohl einfach wie auch complicirt mit grauem Staar und mit mancherlei andern Augenleiden. Das mit dem schwarzen Staar behaftete Auge erscheint bei oberflächlicher Betrachtung gesund, es hat jedoch nicht den lebendigen Ausdruck eines gesunden Auges, sondern etwas Mattes und Stie-
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136nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Der schwarze Staar.
res, dabei ist in der Regel die Pupille bedeutend erweitert, und sie bleibt auch so, wenn das Auge abwechselnd hellerem und dunklerem Licht ausgesetzt wird. Diese Erscheinung ist constant, wenn beide Augen leiden; besteht aber Staar nur an einem Auge, so kann, da beide Augen durch Reflexwirkung in einem lebhaiten Consensus zu einander stehen, auch ein völlig staarblindes Auge noch eine Veränderung der Pupille bei verschiedenem Lichte wahrnehmen lassen, wenn das andere, gesunde Auge zugleich dem wechselnden Lichte ausgesetzt ist. Daher ist es nöthig, um sich gegen Täuschungen zu sichern, bei dieser Untersuchung dem Thierc verlier das gesunde Auge mit einem dichten Tuche zuzubinden. Man stellt dann das Thier auf einem Haus- oder Stallflur zuerst ins Dunkle und betrachtet die Grosse und Form der Pupille, worauf man es an die Thür, in helles Licht fuhrt und die Betrachtung des Auges wiederholt. 1st schwarzer Staar vorhanden, so behält die Pupille im hellen Lichte dieselbe Weite wie vorher in dein dunklem Räume. Man prüft aus-serdem noch das Sehvermögen des Thiers auf die bei dem grauen und grünen Staar bereits angegebene Art. Beide Momente, nämlich die Unbeweglichkeit der Pupille und die Blindheit des Thieres, müssen nothwendig zugleich vorhanden sein, wenn man die Existenz des schwarzen Staars als wirklich vorhanden annehmen will, weil die Erweiterung und Unbeweglichkeit der Pupille auch künstlich durch Anwendung narkotischer Mittel (sowohl innerlich wie auch örtlich aufs Auge) erzeugt werden kann. Wenngleich, wie oben angegeben, in der Mehrzahl der Fälle bei der beim schwarzen Staar in Rede stehenden Krankheit die Pupille abnorm erweitert ist, so giebt es doch auch bei Pferden Ausnahmen hiervon, welche namentlich nach der periodischen Augenentzündung bemerkt werden. Man findet nämlich zuweilen nach derselben die Thiere völlig blind und dabei doch die Pupille verengt und unbeweglich, ohne dass andere Abnormitäten, besonders Trübungen der Ciystalllinse zu entdecken sind. In diesen Fällen ist die hintere Fläche der Iris mit der Linsenkapsel verwachsen und kann sich deshalb nicht gegen die Peripherie zurückziehen. In solchen Fällen ist man berechtigt, aus der Blindheit und bei übrigens klarem Auge trotz der kleineren Pupille doch auf das Dasein des schwarzen Staars zu schliessen.
Die Ursachen des schwarzen Staars sind sehr verschieden. Er entsteht 1) in Folge heftiger Entzündungen, besonders der periodischen Augenentzündungen; 2) durch Metastasen, besonders bei der sogenannten Influenza der Pferde, und durch Erkältungen; 3) in Folge von Lähmungen und Gehirnerschütterungen; 4) in Folge von organischen Veränderungen in der Augenhöhle, durch Verengerung des Sehlochs, durch Melanosen und Hydatiden im Gehirn u. dgl., und 5) vorübergehend entsteht er auch durch narkotische Vergiftungen, wie z. B. durch den Genuss eines mit Klatschrosen übermässig reichlich gemengten Grünfutters. In einzelnen Fällen hat man auch neu-geborne Thiere mit dem Uebel behaftet gefunden, ohne dass man in diesen Fällen im Innern des Auges oder im Sehnerven die Ursache dazu entdecken konnte. Bei Metastasen, bei Gehirnerschütterung und bei narkotischen Vergiftungen sind in der Regel beide Augen mit den
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Die Bläschen und Geschwüre der Hornhaut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;137
Erscheinungen des schwarzen Staars behaftet, nach örtlichen Veranlassungen leidet aber gewöhnlich nur ein Auge an diesem üebel.
Die Beurtheilung des schwarzen Staares ist in den meisten Fällen ungünstig zu machen, da die Heilung sehr schwer und in denjenigen Fällen, wo örtliche organische Veränderungen ihn bedingen, sogar unmöglich ist. Man kann einige IIolFnung in denjenigen Fällen haben, wo das Uebel eine Folge Von Hirnerschütterung, von Metastasen und von kürzlich bestandenen Entzündungen ist. Nach narkotischen Vergiftungen verliert sich der schwarze Staar gewöhnlich binnen kurzer Zeit und mit den Vergiftungszuliilleu selbst.
Die Kur ist bei dem schwarzem Staar nach Gehirnerschütterungen und Lähmungen innerlich und äusserlich mit erregenden Mitteln zu versuchen. Man giebt innerlich aromatische Mittel, Kampher und Opium in kleinen Gaben, wäscht das Auge und dessen Umgebung mit einem Infusum von Arnica, oder von Angelica mit verdünntem Weingeist, später lässt man mittelst eines in die INähe des Auges gebrachten Glüheisens Hitze in das Auge strömen, oder man brennt wohl auch in der Augengrube und in der Schläfengegend der leidenden Seite einzelne Funkte; man macht Einreibuirgen in diese Theile von Kampherspiritus oder Salmiakgeist, Terpentinöl u. dgl. — Bei schwarzem Staar von Metastasen sucht man zunächst eine etwa unterdrückte Absonderung, namentlich eine unterdrückte Krisis wieder herzustellen, oder in anderen Fällen erregt man reichliche Absonderungen in der Darmschleimhaut und in den Nieren durch Purgantia und Diu-retica, und später macht man Ableitungen durch Haarseile, Fontanelle und Ungt. Cantharidum an den Seiten des Halses oder an der vorderen Fläche der Brust. — Ist der Staar Folge einer kürzlich vorausgegangenen Entzündung, so sind in der ersten Zeit innerlich Ab-führungsmittel und äusserlich nur ganz schwache Reizmittel und re-sorbirende Mittel zu versuchen, wie z. B. öfters wiederholte Bespritzungen des Auges mit kaltem Wasser, gelind aromatische Infusionen , die graue Merkurialsalbe, Auflösungen von Kali carbonieuni für sich oder mit aromatischen Infusionen, und später die bei dem schwärzen Staar nach Lähmungen empfohlenen äusserlichen Mittel. — Bei narkotischen Vergiftungen sind salzige Abführungsmittel, massige Aderlässe und äusserlich kalte Waschungen in Anwendung zu bringen. ')
XIII. Die Bläschen und Geschwüre der Hornhaut.
Bei Augeuentzündungen entstehen auf der durchsichtigen Hornhaut oft kleine Bläschen (Wilyctenae), welche eine dünne, jauchige, gelbliche oder röthliche Flüssigkeit enthalten und gewöhnlich mit einem trüben, undurchsichtigen Bande umgeben sind. Diese Bläschen bersten nach kurzer Zeit und wandeln sich in Geschwürchen
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') Der schwarze Staar ist in vielen Ländern als ein sogenannter Gewährsfehler angenommen und die Gewährszeit für ihn in Preussen auf 28 Tage, in Oesterreich auf 30 Tage festgesetzt.
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138nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Der schwarze Staar, Amaurosis.
um, welche bald flache, bald etwas erhöhte Ränder besitzen. In anderen Fällen bilden sich in der Hornhaut wirkliche Abscesse, welche sich dadurch zu erkenneu geben, dass die Hornhaut an einer Stelle allmälig dicker wird, sich rundlich an der Oberfläche erhebt und dadurch eine weissgelbliche Farbe annimmt-, im Umfange dieser Stelle ist die Hornhaut grau oder bläulich gefärbt und mit stark itijicirten Gefässen versehen; dabei ist der Seil merz und die Wärme sehr gross. Nach etwa 3—4 Tagen, zuweilen auch noch später, pflegt der Mittelpunkt fast in der Form eines Nadelknoples über die Oberfläche hervorzutreten und dann zu bersten, wobei eine kleine Quantität von wirklichem Eiter entleert wird, und ein kleines Geschwür mit dicken undurchsichtigen Rändern zurückbleibt. In einzelnen. Fällen öllhet sich der Abscess nicht, sondern ein Theil seines Eiters wird resor-birt, der Rest bleibt und bildet einen gelblichen, oft halbmondförmigen Fleck in der Hornhaut, welchen man ehedem den Nagelfleck nannte.
Die von den Bläschen und Abscessen entstandenen Geschwürchen heilen, je nachdem sie oberfläclilich oder tiefer liegend sind, und je nachdem die ihnen zu Grunde liegende Entzündung schneller oder langsamer beseitigt wird, bald sehr leicht, bald aber auch sehr schwer; in den meisten Fällen (vorzüglich bei Hunden) erfolgt die Heilung mit glatter und durchsichtiger Wiederherstellung der Hornhaut, aber oft bleiben auch undurchsichtige Stellen und rauhe undurchsichtige Narben zurück, welche beide gewöhnlich schwer oder gar nicht zu beseitigen sind.
Die Behandlung der Bläschen und der Abscesse muss im Anfange derselben stets kräftig eutzündungswidrig sein, um hierdurch ihre Entwickelung möglichst zu beschränken. Für diesen Zweck dienen die bei den Augeiientziindungen angegebenen Mittel. Sind aber die Bläschen und Abscesse bereits bis zu einem gewissen Grade ausgebildet, so kann man sie mittelst der Lanzette öffnen, ihren Inhalt ausleeren und dann die Resorption befördern. In letzterer Absicht wendet man, wenn noch grosse Empfindlichkeit besteht, schleimige Augenwässer, selbst wohl in Verbindung mit narkotischen Mitteln an, z. B. Quittenschleim mit Zusatz von etwas Opium (zu Jviij 4 bis 8 Gran), oder eine Abkochung von Malvenkraut und Belladonnakraut (von dem erstereu sect;/?, von dem letzteren 3ij zu Jvüj Colatur); aus-serdem, besonders des Abends, die graue Merkurialsalbe auf die Augenlider.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gt;
Sind wirkliche Geschwüre entstanden, so können in der ersten Zeit die eben genannten Mittel angewendet werden, nachdem aber der Eretbismus beseitigt ist, benutzt mau aromatische Augenwässer, und bei grosser Torpidität, bei Schlaffheit des Geschwürsgrundes bestreicht man denselben und die Ränder sanft mit Lapis infernalis, oder man streicht von der rotheu Präcipitatsalbe (Hydrarg. oxy. rubr. Gr. x. zu einer halben Unze Fett) täglich zweimal eine kleine Quantität zwischen die Augenlider.
Die nach den Geschwüren zurückbleibenden Flecken und Narben der Hornhaut werden behandelt, wie dies im Vorhergehenden sub Nr. VIII. angegeben ist.
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Das Eiterauge, Hypopion.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 139
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XIV. Das Eiterauge, llypopion.
Bei heftigen inneren Augeueiitziindungen, besonders wenn dieselben nach mechanischen Verletzungen entstanden sind, bildet sich in der vorderen und zuweilen auch in der hinteren Augenkammer Eiter, und man nennt dann das Leiden das Eiterauge. In solchen Fällen steigern sich die Symptome der Entzündung trotz den angewendeten entzündungswidrigen Mitteln allmülig immer mehr, die durchsichtige Hornhaut wird trübe und hinter- derselben erscheint eine weisse oder gelblichweisse Flüssigkeit, welche von dem untern Rande allmälig höher steigt und zuletzt die ganze Kammer ausfüllt. Im Verhältuiss der Menge dieser Flüssigkeit kann man auch nur einen Tbeil der Pupille und der Iris nach oben zu sehen, und zuletzt erscheint das ganze Auge wie eine gelblichweisse Halbkugel. So lauge nur ein Theil der vorderen Augenkammer mit dem Eiter angefüllt ist, sieht man den letzteren sich immer nach der unteren Seite im Auge hinwenden, wenn man dem Kopfe des Thieres abwechselnd verschiedene Stellungen giebt, und bei heftigen Bewegungen des letzteren steigt der Eiter in der wässerigen Flüssigkeit nicht in die Höhe, sondern behält stets die niedrigste Stelle. Hierdurch unterscheidet sich der Eiter von den plastischen Ausschwitzungen, wie dieselben bei der periodischen Augenentzündung vorkommen. Mit der Eiterbildung wird auch das Allgemeinbefinden der Thiere gewöhnlich mehr gestört als durch die Augenentzündung allein; die Thiere stehen traurig, senken den Kopf, versagen das Futter und ihr Puls ist sehr beschleunigt. — Das Eiterauge ist je nach dem Grade seiner Ausbildung ein bald mehr bald weniger gefahrloses Leiden; beschränkt sich die Eiterbildung nur auf eine kleine Quantität, so kann dieselbe vollständig resorbirt werden, ohne dass Störung des Sehvermögens oder andere üble Folgen zurückbleiben; ist aber die Eiterbildung so reichlich, dass die ganze vordere und die hintere Augenkammer von Eiter vollgefüllt wird, und dauert dabei noch die Entzündung fort, so erfolgt in den meisten Fällen Berstung der durchsichtigen Hornhaut, dabei zuweilen Vorfall der Iris und Ausfliessen der Linse und des Glaskörpers; aber auch wenn dieser übelste Ausgang nicht eintritt, ist doch bei so reichlicher Eiterbildung der Zusammenhang der Theile in der hinteren Augenkammer gewöhnlich so vollständig aufgelöst, und die Beschaffenheit dieser Theile und der Netzhaut so sehr verändert, dass völlige Erblindung des Thieres die Folge davon ist.
Die Behandlung des Eiterauges beruht durchaus auf einer strengelaquo; Antiphlogose, auf Beförderung der Resorption, und selbst auf der künstlichen Ausleerung des Eiters. Für den ersten Zweck müssen Blutentleerungeii, allgemein und örtlich, recht reichlich, nöthigenfalls, wenn die Zufalle sich nicht mindern, selbst wiederholt gemacht werden. Ausserdem giebt man Abfiihrungsmittel bis zu starker Wirkung und örtlich applicirt man die Kälte, recht zweckmässig in Form von schleimigen Augenwässern, unter welchen sicli besonders die Abkochung von Malvenkraut einigen Ruf erworben hat. Dabei ist die strengste Ruhe und gänzliche Entziehung der Nahrungsmittel während
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der Dauer der heftigen Zufälle nöthig. Sind diese heftigen Zufalle beseitigt, so kann man Befeuchtuiigen des Auges mit Auflösungen von Kali cai-bon. machen, später Infusionen von Flor. Arnicae und die graue Merkurialsalbe auf die Augenlider und die Umgebung, selbst zwischen die Augenlider appliciren, und am Halse der leidenden Seite ableitende Reize anwenden.
Die Ausleerung des Eiters vermittelst des Ilornhautschnitts kann ihre Anwendung sowohl bei den bezeichneten heftigen Zufällen finden, um einer ßerstung der Hornhaut hierdurch vorzubeugen, wie auch später, wenn die eben genannten resorbirenden Mittel durch einige Zeit vergebens oder mit zu geringem Erfolge angewendet worden sind. Die Operation hat sich unter beiden Verhältnissen in mehreren Fällen sehr nützlich gezeigt, um sie auszufuhren, muss das Thier auf eine recht hohe und weiche Streu niedergelegt und übrigens ganz so au ihm verfahren werden, wie dies hinsichtlich des Hornhautschnittes bei der Staarextractiou angegeben worden ist. Doch ist es nicht nöthig, den Schnitt in dem dort angegebenen Umfange zu machen, sondern es ist beim Eilerauge hinreichend, wenn bei Pferden eine circa 4 Linien lange Wunde cutsteht. Nach der Operation muss das Thier in der ersten Zeit so behandelt werden, wie nach einer Staaroperation.
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Ohrdrüsenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 141
sophic. Soc. Vol. II. 383. — Michaelis, medizin. prakt. Bi-blioth. Bd. 2. S. 241. — Hanyet in Wolsteiu, das Bueh v. d. inuerliehen Ki-aukbeiten der Füllen. S. 241. — Hudoiphi, Bemerkungen aus dem Gebiete der iNaturgcschichte u. s. w. Th. 1. S. 14. — Sick, ebendaselbst. — Will, im IVIagaz. fiir theor. u. prakt. Thierheilkuude v. Teuffel, Bd. I. Heft 3, S. 278. — Gohier, IVlem. et Observ. T. 11. p. 345. — Atkinson, in Loud. med. and phyric. Journ. 1S2(), August. — Kennedy, in Edinburg Philosophie. Transact. Vol. IX. p. 107. — Kantler, in Teiinecker's Zeitung f. Pferdezucht, Bd. 11. S. 136. — Greve, Erfahrungen und Beobacht. I. 173. — Boudyourd, in Proces verbal a l'ecole vet. de Lyon, 1823, u. Recueil de med. vet. 1824, p. 119. — Deguillome, Proces verbal a l'ecole de Lyon, 1814, p. 32. — Santin (lluzard pere), in Mem. de la Soc. Roy. de Tagric. 1822. — Cbaignaud, in Recueil de med. vct. 1827. 573. — Twinning, Percivall, Desmarets, Gibb, Moli-neux, in The Veterinarian, 1828, p. 114, 74, 79, 194, 309. — Busch, Magaz. f. d. gcs. Thierheilk. I. 28. •— Gcscheidt, in v. Ammon's Zeitschr. f. d. Ophthalmologie, III. 440. — Asiat. Journ. 1825, Agust, p. 212 u. Journ. de med. vet. et compas. 1826 (3 Ann.) p. 167. — Will u. Schwab, Taschenbuch, 4ter Jahrg. S. 407, 5ter Jahrg. S. 290. — Magaz. f. d. ges. Thier-heilkuiide, Bd. 1. S. 28, mit Abbild. — iNumann, in de Tyd-schrift voor iNat. Gesch. en Physiol. 7 Deel. Leiden, 1840; dasselbe von Verheyen im Journ. Belgique 1842.
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JMrittes Capitel.
Entzündung der Ohrspeicheklrüse (die Feitel- oder Fibelgeschwulst, der Mumps). Parotitis, Inflammatio parotidis.
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Eine Entzündung des (iewebes der Ohrdrüse und des unter derselben befindlichen Zellgewebes kommt bei allen unseren llaussäugc-thiereu vor, am häufigsten beim Pferde, der Ziege, dem Hunde und der Katze, selten beim Rindvieh. Da die Krankheit bei Katzen und bei Ziegen häufig und im hohen Grade ausgebildet vorkommt, so heisst sie auch in manchen Gegenden der Katzen- oder Ziegenpeter (welchen Namen sie auch hin und wieder beim Menschen hat). Sie befällt am häufigsten junge Thiere und entsteht in der Regel durch Erkältung, in manchen Fällen auch durch Verletzung, besonders bei dem uusimiigen sogenannten Feifeibrechen oder Feifel-stecheu, zuweilen ist sie die Folge von Speichelsteinen, welche den Abfuhrungskanal der Drüse verstopfen. Man findet die Krankheit bald für sich allein, bald mit katarrhalischen AHectionen verbunden, oder auch nach diesen, daher bei Pferden bei und nach der Druse,
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142nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ohrdrüsenentzündung.
Limgcueutzünduug, luiluenza, bei Hunden bei und nach der Staupe. Mitunter kommt sie auch seuchenartig bei Menschen und Thieren vor, ohne dass gerade andere katarrhalisehe Krankheiten in auffallender Weise mit ilir verbunden sind, und ihr Entstehen scheint daher zu gewissen Zeiten von einem specifischen IMiasma der Atmosphäre bedingt zu sein. Bei Menschen hat man sie öfters mit Anschwellung der Hoden, was bei Thieren noch nicht beobachtet worden, begleitet gesehen.
Die Erscheinungen der Ohrdriiseneiitzündung sind, die eine oder auch beide Ohrdrüsen sind bald mehr bald weniger stark angeschwollen, derb gespannt und vermehrt warm; der Schmerz ist in der ersten Zeit gering, später auffallender. Die Thicre können den Kopf nicht an den Hals beugen und stehen deshalb mit vorwärts gestrecktem Hals und Kopf; gewöhnlich ist die Speichelabsonderung in der ersten Zeit vermehrt, bei hoher Ausbildung der Entzündung aber vermindert; auch das Atlunen und Schlucken wird bei hohem (Jrade gestört. In diesem Grade stellt die Krankheit eine Art Bräune: „Ohrspeicheldrüsenbräun equot; (Angina parotidea) dar. Leidet die Drüse mehr oberflächlich, so sind die Erscheinungen der Bräune am wenigsten zugegen. Zuweilen ist auch Fieber als katarrhalisches, rheumatisches oder entzündliches zugegen und bei Complicationen mit anderen Krankheiten findet man die Symptome derselben.
Der Verlauf der Entzündung ist in den meisten Fällen ein massig akuter. Die Krankheit entwickelt sich allmälig bis zu ihrer Höhe in 8—-10 Tagen; dann erfolgt Zertheilung und in, 14 Tagen verlieren sich alle Zufälle; doch erreicht die Krankheit in akuten Fällen ihre Höhe schon in 5 — 6 Tagen und in chronischen Fällen zieht sie sich durch 3—4 Wochen. Die Ausgänge sind häufig Zertheilung, bei akuten F'ällen oft Eiterung, und bei chronischen theil-weise oder gänzliche Verhärtung, oder auch vollständige Eiterung, und in recht akuten Fällen nach mechanischen Verletzungen tritt, obgleich sehr selten, auch Brand ein.
Zertheilung ist der beste Ausgang; die Eiterung ist oft nicht übel, doch kommt es auf deren Sitz an, namentlich ob sie in der Drüse selbst oder im Zellgewebe unter ihr entstanden ist. Bilden sich in der ersteren die Abscesse, so öffnen sich dieselben leicht von selbst und sind auch leichter heilbar. Oelfnet man sie mit einem Messer zu zeitig, so schneidet man leicht Speichelkanäle durch, besonders am unteren Ende der Drüse, die Ränder werden dann leicht callös, die Heilung erfolgt schwerer und zuweilen bleibt eine Fistel zurück. 1st die Entzündung unter der Drüse, so dauert es lange, ehe sich dör Eiter eine Bahn nach aussei) bricht; er senkt sieli dann zuweilen im Zellgewebe, daher muss man den Abscess, wenn er reif ist, mit der hier nöthigen Vorsicht öffnen. Die Verhärtung ist in der Hegel hier kein grosser Nachtheil, denn sie löst sich allmälig wieder auf. In seltenen Fällen wird die Verhärtung krebsartig, so dass hierdurch üble Zufalle und selbst der Tod herbeigeführt werden können, welche man nur durch eine sehr eingreifende und schwer zu machende Ex-stirpation der Drüse möglicherweise abwenden kann. Der Brand in der .Ohrdrüse ist gewöhnlich mit grosser Zerstörung in derselben ver-
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Ohrdrüsenentzündung.
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bunden und hiuterlässt schwer heilende Geschwüre; zuweilen endet er mit dem Tode des Thieres.
Die Prognosis ist in den meisten Fällen günstig zu macheu, richtet sich aber bei den besonderen Füllen nach diesen.
Behandlung. Die Thiere müssen ruhig und -warm gehalten werden und weiches Futter in geringer Menge erhalten. Sind andere katarrhalische Zufalle zugegen, so verlangen diese noch ihre besondere Behandlung. Besteht Fieber, so sind gelinde salzige Laxir-mittel nöthig, und bei Schweinen, llumleu und Katzen ist stets ein Brechmittel nützlich. Auf die entzündete Drüse legt man bei grossen Schmerzen Breiumschläge von schleimigen und narkotischen IVlitteln, bestreicht bei Nachtzeit (und wo es an der gehörigen Besorgung fehlt, statt der Umschläge auch bei Tage) die Drüsengegend mit warmem Fett oder Oel oder mit der verdünnten grauen Merkurialsalbe und bedeckt sie mit einem Stück weichen Flanell oder mit einem wollenen Lappen. Bei asthenischem Zustande macht man Breiumschläge von aromatischen Pflanzen, reibt die graue Merkurialsalbe mit grüner Seife oder üng. Althaeae, oder bei sehr geringer Empfindlichkeit selbst Liniment, camphorum oder L. ammoniatum ein und bedeckt den Theil mit Wolle u. s. w.
Die Salben werden täglich zweimal auf der Stelle eingerieben und dann der Breiumschlag darauf gelegt. 1st die erste Entzündung nach 3—5 Tagen schon vorüber oder neigt die Entzündung zur Härte, so reibe man die Cantharidensalbc auf die Ohrdrüse, und wenn nach 6 Tagen noch keine Zertheilung oder Eiterung erfolgt, noch einmal wiederholt. Hat sich nun Eiter gebildet, ist die Geschwulst spitz, fluktuirend, so mache man einen Einstich in sie, mit einer Lanzette oder mit einem Messer so gross, dass man mit einem Finger eingehen und mit demselben die im Innern etwa noch bestehenden zel-Hgen Scheidewände trennen kann. Ist die Geschwulst am oberen Ende der Drüse, so ist ihre Eröffnung mit dem Messer oder der Lanzette, wie oben angegeben, nicht gefährlich; ist der Abscess hingegen mehr am unteren Ende, so muss man vorher die Vene am Halse mit dem Finger comprimiren und hierdurch ihren \'erlauf unter der Drüse mehr sichtbar machen, damit man sie nicht ansticht; und bei tiefer Lage des Eiters in dem unteren Ende der Drüse macht man ausserdem noch die Oeffnung am besten mittelst des Troikars, weil diesem die etwa an der Operationsstelle liegenden Gefässe etwas ausweichen und dadurch noch mehr- die Blutung vermieden werden kann. - In den meisten Fällen spritzt aus diesen Abscessen ein sehr stinkender Eiter in einem Bogen heraus, weshalb man vorher eine passende Stellung nehmen muss. Nach der Eiterung macht man durch einige Tage noch fortgesetzt warme Breiumschläge von Hafergrütze, Leinkuchen u. s. w., damit durch die Eiterung das angegriffene Zellgewebe vollständig abgestossen werde. Dann besteht die Behandlung blos in Reinigung und die Heilung erfolgt bald.
Ist aber nach dem Oeflnen an einzelnen Stellen noch Härte mit sehr geringer Entzündung verbunden, so reibe man die scharfe Salbe ein. Bleibt nach erfolgter Heilung des Abscesses noch Härte zurück, so kann man warme Breiumschläge von narkotischen und schleimi-
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144nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündung der Lymphdrüsen im Kehl gange.
gen iVlittehi, und Eiureibuug von Ungt. Althaeae, der Jodsalbe mit Seife, Liniraeut. camphorat. s. L. annnouiat. machen, und wenn diese Mittel nicht IVuchteu, die scharfe Salbe zu wiederholten igt;1aleu einreiben, oder auch die verhärtete Stelle über und über mit dem knopl-rürmigeu Brenneisen puuktireu.
Wenn die Verhärtung eine krebsartige Beschaflenheit annimmt, was glücklicherweise äusserst selten geschieht, sucht man die aufgebrochenen wuchernden Stellen durch Aetzen mit Chlorzink zu zerstören und umzustimmen, oder man exstirpirt die Drüse. (S. Krebs.)
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Wertes Capitel.
Entzündung der Lymphdrüsen im Kehlgange.
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Diese Entzündung findet sich bei Pferden, Eseln und deren Bastarden ohne Unterschied des Geschlechts und der Ra(;e, jedoch am häufigsten im jngendlichen Alter derselben. Sie kommt sporadisch, aber oft auch seuchenartig unter den Pferden einer Gegend vor, und hat dann zuweilen ein Luft-Miasma, wechselnde Witterung, schlechte Nahrungsmittel u. dgl. zur Ursache. Das örtliche Leiden ist in den allermeisten Fällen mit einer ciitziindlich-katanhalischen Heizung der Schleimhaut der Respiratiousorgane, besonders der Nase verbunden, und deshalb auch oft mit Bräune, Bronchitis, katarrhalischer Lungenentzündung, Influenza und Uheumalismus complicirt. Diese Drüsenentzündung entsteht in den meisten Fällen nach Erkältungen, jedoch mehr seeundär als direkt, und in manchen Fällen auch metastatisch. Es scheint, als ob die Lymphgefässe in der afficirten Schleimhaut den kranken Stoff aufnehmen und in die Drüsen iiihren, wo er abgelagert, diese reizt und krank macht, und eine bald active, vollkommene, bald eine unvollständige Entzündung veranlasst. Im Ganzen herrschen zwei Ansichten, wie die Lyinphdriisenentzündungen sich entwickeln. Die eine ist die schon .angedeutete, wo durch den zugeführten krankhaften Stolf die Drüsen gereizt, aufgelockert, und entzündet werden. Nach der anderen, älteren, welche aber durch llaub-ner '), wieder in Aufnahme gekommen ist, entwickelt, sicli im Blute ein kranker Stoff, Drüseiistolf, der sich im Kelilgange metastatisch ablagert und dadurch die Druse erzeugt. Bei der Entzündung leidet nicht allein das Drüseugewebe, sondern auch das Zellgewebe im Umfange derselben bald mehr bald weniger. Die Drüsenentzündung trägt die Symptome der Entzündung überhaupt. Die Drüsen lockern sich auf, die einzelnen Körper werden grosser, heiss und schmerzhaft, endlich fühlt man nicht mehr die Drüsenkörner, sondern nur
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') Magazin für die gesammte ThierheilUunde. 1843, S. 227 u. 295.
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Entzündung der Lymphdrüsen im Kehlgange.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;145
Läppchen und später die ganze Dnisenmasse mit dem Zellgewebe angeschwollen. Zuweilen ist nur die Drüse der einen Seite ergriffen, oft leiden beide Seiten.
Die Entzündung dauert gewöhnlich 8 —14 Tage; sie steigt bis zu 5—8 Tagen und bleibt dann entweder durch mehrere Tage stehen, ohne dass wesentliche Veränderungen eintreten, oder es erfolgt Minderung und Zertheilung, oft selbst ohne künstliche Hülfe. Zuweilen verliert sich die Entzündung, aber Geschwulst und Härte besieht fort, oder in den meisten Fällen geht die Entzündung in Eiterung über und bildet bald einen, bald mehrere Abscesse, — letzteres dadurch, dass entweder die Drüse jeder Seite für sich in Eiterung übergeht, oder auch dadurch, dass nach und nach die einzelnen Läppchen einer Drüse in Eiterung versetzt werden. Bei der Eiterung leidet nicht allein das Drüsengewebe, sondern auch das Zellgewebe. Die Eiterung tritt zuweilen schon mit sechs, gewöhnlich aber nicht vor zehn Tagen ein. Die Abscesse heilen leicht, wenn sie nur nicht zu früh geöffnet werden, und die meisten Pferde werden dann gesunder und munterer, als in den Fällen, wo die Entzündung zertheilt wurde. Doch stehen die katanhalischen Zufälle hinsichtlich ihres Verlaufs nicht immer in einem Znsammenhange mit dem Verlauf der Drüsen-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i
entzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;|
Die Prognosis ist günstig, wenn nur bei Zeiten eine zweck-mässige Behandlung stattfindet. Bleisalbe und Kälte dürfen nicht angewendet werden, weil dann leicht Verhärtungen entstehen, die oft für immer zurückbleiben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i^l
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Behandlung. Sie ist der bei der Ohrdrüsenentzündung fast
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ganz gleich. In der ersten Zeit sucht man die Zertheilung zu befördern, durch graue IVlerkurialsalbe, bei astheuischem Charakter durchnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;I Althäensalbe; bei Entzündung mit erethischem Charakter durch blos-ses Bestreichen mit Fett und Bedecken mit schlechten Wärmeleitern, z. B. Schaaffell, wollene Lappen u. s. w. Ist die Entzündung mehr zur Eiterung geneigt, so bestreiche man die Stelle mit Ungt. Althaeae, oder bei torpidem Charakter mit diesem und Lorbeeröl oder mit ranzigem Fett, ausserdem macht man warme Breiumschläge. Hat sich ein Abscess gebildet, so soll er nicht zu früh geöffnet werden, sondern man warte, wenn es geht, lieber, bis er von selbst aufbricht. Ist er dagegen In der Tiefe und nach acht Tagen noch nicht aufgebrochen, so kann man ihn mit einem Einstich in der Längenrichtung des Kehlganges öffnen, dann geht man mit dem Finger ein, um etwa noch vorhandene einzelne Scheidewände zu durchtrennen. Nach dem Oeflhen setzt man die Behandlung noch einige Tage so fort, wie vorher, bis die Eiterung aufhört. —#9632; In unglücklichen Fällen bilden sich Fisteln; diese werden mit einer Auflösung von Höllenstein (10 Gr. zu 5j destil. Wasser ausgespritzt, oder mit Cantharidentink-tur bestrichen, oder mit dem glühendem Eisen gebrannt.
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146nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündung der Unterkiefer-Speicheldrüsen.
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Fünftes Capitel.
Entzündung der Unterzungen — und der Unterkiefer-Speicheldrüsen.
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Die genannten Drüsen entzünden sich zuweilen bei Pferden und beim Rindvieh und bilden sowohl im Kehlgange, wie auch im Maule massig heisse und schmerzhafte Anschwellungen, welche jedoch stets flacher bleiben, als die Anschwellung von den entzündeten Lymphdrüsen im Kehlgange. Wenn die Unterzungendrüseu leiden, findet sich die Anschwellung im Kehlgange last gegenüber dem Zungen-bändchen und bei der Entzündung der Unterkieferdrüse hat die Geschwulst ihren Sitz weiter oben neben dem Kehlkopfe und der inneren Fläche des Unterkiefers. Ausserdem bemerkt man, dass die leidenden Thiere beschwerlich kauen und Auslluss von Speichel und Schleim aus dem Maule reichlich stattfindet. Die Thiere zeigen auch vermehrte Wärme im l\Iaule, und beim Hervorziehen der Zunge Schmerz. Wenn Eiterung entsteht, findet sich auch übler Geruch aus dem Waule hinzu. In diesem Falle nimmt äusserlich die (Geschwulst durch 6 — S Tage allmälig mehr zu, eine Stelle erweicht und es tritt eine weissgelbliche oder graue Flüssigkeit aus derselben hervor, welche im höchsten Grade stinkt. Die Oeflhuug vergrössert sich allmälig und es gehen auch Thcile der ! rüsen und des umliegenden Zellgewebes durch Auflösung und Verjauchung verloren. In manchen Fällen öffnet sich der Abscess der Unterzuugeudi-üsen im Maule zwischen dem Zungenbändchen und den Aesien des Unterkiefers und es Jliesst dann eine ebenso stinkende, weissgraue Flüssigkeit aus ihm in das Maul.
Die Ursachen sind in vielen Fällen nicht sicher bekannt; in manchen Fällen ist offenbar Erkältung die Veranlassung, in anderen scheint aber Druck und Quetschung, z. 1$. durch den Knebel der Halfterketten oder der Kiunkette an dem Entstehen des Uebels Schuld zu haben.
Die Prognosis ist zwar in der Regel insofern günstig, als fast in allen Fällen eine Heilung erfolgt; allein nur in seltenen Fällen tritt Zertheilung ein, in den meisten entsteht Eiterung und theilweise Zerstörung der Drüsen und des um sie liegenden Zellgewebes, ohne dass jedoch üble Folgen davon zurückbleiben. In seltenen Fällen entstehen Speichelfisteln, welche jedoch, obgleich langsam, vollständig geheilt werden.
Die Km' ist in der ersten Zeit auf die Zertheilung gerichtet, weshalb man die graue IMerkurialsalbc im Kehlgange, im Umfange der leidenden Parthie, täglich 2—Sinai gelind einreibt und dabei Einspritzungen in das IMaul von Chlorwasser oder von verdünnter Salzsäure mit Honig, oder mit iMehlwasser macht. Man nimmt z. 13. 3ß concentiirter Salzsäure, 2 Quart Wasser und Jiv Honig, oder statt des Wassers eben so viel Mehlwasser, und spritzt davon täglich 4 bis
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Entzündung der Zunge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;147
6 mal, jedesmal ^ Pfund, in das IMaul unter die Zunge ein. Bei gros-sen Schmerzen kann man auch äusserlich Umschläge von Leiusaamen, von Bilsenkraut u. dgl. Mitteln machen. Man giebt den Thieren dabei weiches Futter und Mehltrauk oder Kleientrank. Erfolgt in 5 bis 6 Tagen weder Zertheilung, noch raquo;der Anfang zur Eiterbildung, so reibt man die scharfe Salbe an der leidenden Stelle im Kehlgange ein. Findet sich eine Spur von Eiterung, so öffnet man bei Zeiten und setzt dann die Breiumschläge fort; bei schlechter Eiterung pinselt man das Geschwür mit Aloe oder ftlyrrhentinktur oder mit Terpentinöl aus und wiederholt dies täglich, bis gute Eiterung entstanden ist, worauf man weiterhin nur für die nöthige Reinigung zu sorgen hat. Sickert aber aus der Granulation Speichel, so betupft man dieselbe mit Lapis infernalis, oder man spritzt eine Auflösung von diesem Mittel (5/? zu 5iij Wasser) täglich 1-—2 mal und durch 3 bis 4 Tage fortgesetzt in das Geschwür, worauf gewöhnlich bald eine feste Vernarbung erfolgt.
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Reellstes Capitel.
Entzündung der Zunge.
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Die Zunge ist bei den sämmtlichen Haussäugethieren und zuweilen auch bei Vögeln, namentlich bei den Hühnern, der Entzündung unterworfen; im Ganzen ist jedoch diese Krankheit selten. Ihre Symptome sind: Die Zunge ist mehr oder weniger stark angeschwollen, derb, vermehrt warm, dunkelroth, zuweilen selbst bläulich, dabei wenig beweglich, so dass die Thiere wenig oder gar kein Futter
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in das Maul nehmen oder dasselbe kauen können. In manchen Fäl-
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len ist die Anschwellung so bedeutend, dass die Zungenspitze einen ganzen Zoll über die Schneidezähne hervorsteht und von den letzteren tiefe Eindrücke erhält; dabei entstehen Blutextravasate im Umfange der gedrückten Stellen und selbst Exeoriationen; zuweilen finden sich auch dunkelrothe oder blaue Stelleu, auch gelbe Bläschen, welche bald früher bald später platzen und eine gelbliche Jauche aussickern. In anderen Fällen entstehen gelbliche sulzige und lym-pathische Anschwellungen neben dem Zungenbändchcn, und fast immer fliesst den Thieren zäher Speichel aus dem Maule, der zuweilen sehr übelriechend ist.
Die Ursachen sind in den einzelnen Fällen verschieden, häufig entsteht die Entzündung durch mechanische Verletzungen, wie z. B. durch zu scharfe Zahnspitzen, durch fremde Körper, welche mit dem Futter sind, Glas, Nägel, Dornen u. s. w., zuweilen beissen sich die Thiere auch beim ungeschickten Kauen grob auf die Zunge, oder dieselbe wird durch scharfe, gedrehte Gebisse, besonders durch so-
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148nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung der Zunge.
genannte Doppelgebisse gequetscht, oder auch durch das Anbinden an das Gebiss, bei Pferden, welche die Gewohnheit haben, die Zunge hervorzustrecken, zusammeugeschuürt und dadurch zur Entzündung gebracht. In manchen Fällen entsteht die letztere auch durch scharfe Stoffe, wie z. B. wenn die Thieie an irisch getünchten Wänden den Kalk ablecken, oder wenu sie die au arideren Stellen des Körpers angewendete Cantharidensalbe, Sublimatsalbe u. s. w. ablecken, wie auch: wenn ihnen bei dem Eingeben von Brechweinstein, Aetz- und Chlorkalk, Crotonsäamen, Schwelelleber u. dgl. ein Theil des Mittels im Maule sitzen bleibt u. s. w. Ausserdem kommt auch eine eigene Form des Milzbrandes unter den Erscheinungen einer Entzündung in der Zunge und deren uingebendea Theilen vor (Glossanthrax), bei welchem die oben erwähnten blauen oder dunkelrothen Flecke, die gelblichen Bläschen und die sulzigeu Anschwellungen unter der Zunge entstehen.
Der Verlauf der Zungenentzünduug ist je nach den angedeuteten verschiedenen Ursachen und nach deren oberflächlicher oder tieferer Einwirkung bald sehr kurz, bald auf eine längere Zeit von 8 bis 14 Tagen ausgedehnt.
Die Beurtheilung ist ebenfalls nach den verschiedenen Ursachen nach dem Grade und der Dauer der Enlzündung verschieden. 1st die Zungeuentzüudung durch oberflächliche Verletzungen erzeugt und sind die verletzenden Ursachen nicht mehr vorhanden, oder leicht zu beseitigen, so erfolgt die Heilung gewöhnlich sehr leicht, ist aber die Entzündung tief in die Muskelsubstanz der Zunge eingedrungen oder dauern die Entzündungen noch fort, so ist auch die Krankheit zuweilen sehr hartnäckig, wie dies besonders der Fall ist, wenn die Zungenspitze über die Schneidezähne hervorragt und von denselben beständig gedrückt und gereizt wird. In diesem Falle entsteht sehr leicht Brand an der Zungenspitze, in Folge dessen gewöhnlich dieselbe auf eine Strecke von 2—3 Fingersbreite verloren geht. Dabei können jedoch die Thiere erhalten werden, dieselben erleiden für einige Zeit, d. h. bis sie sich an den Verlust der Zungenspitze gewöhnt haben, beim Kauen eine Störung. Die Einwirkungen scharfer Stoffe veranlassen gewöhnlich nur oberflächliche und leicht heilbare Entzündungen, bei welchen aber fast immer ein Theil der Zungenschleimhaut verloren geht und die Ernährung ebenfalls durch einige Zeit gestört wird. Die gefahrlichsten Zungenentzündungen sind die vom Milzbrand, oder auch wenn sich Geschwüre bilden und sich Futterstoffe in dieselbe einsetzen; denn im ersten Falle besteht die Entzündung mit einer bösartigen Veränderung des Blutes, bei #9632;welcher der Tod durch Lähmung des Herzens, der Lungen u. s. w. plötzlich eintreten kann. Dies ist jedoch nicht 'in jedem Falle absolut nöthig, denn die Erfahrung zeigt im Gegentheil, dass der Glossanthrax in den meisten Fällen geheilt wird; wenn jedoch dabei ein sehr kleiner und beschleunigter Puls, beschwerliches Athmen, stierer Blick und kalter Schweiss hinzutreten, ist stets grosse Gefahr vorhanden '),
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*) Bei dieser Form der Zungenentzündung muss man, wie bei den An-
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Entzündung der Zunge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 149
Die Behandlung hat zuerst die Aufgabe: die etwa noch fortwirkenden Ursachen wegzuschaffen, was je nach Art derselben, durch das Ausspülen und Reinigen des Maules mit schleimigen Flüssigkeiten, mit Mehlwasser oder mit iMilch, durch Entfernung fremder Körper, durch das Abfeilen oder Abhobeln der scharfen Zahnspitzen, und selbst durch das Herausnehmen der zu langen, der krummgewachsenen u. s. w. losen Zähne, durch das Weglassen der scharfen Mundstücke u. s. w. bewirkt wird. Gegen die Entzündung selbst macht man, wenn dieselbe in einem hohen Grade besteht, einen reichlichen Aderlass und örtliche Blutentleerungen durch Scarificatio-nen. Die letzteren sind bei helliger Entzündung von der grössten Wirksamkeit. Sie werden an der oberen Fläche der Zunge neben der Mittellinie derselben gegen 1—2 Zoll lang und 3—4 Linien tief, an der unteren Fläche ebenfalls an beiden Seiten neben der Mittellinie, aber nur in der Hälfte der bezeichneten Länge gemacht. Die Blutung aus ihnen dauert oft ziemlich lange, so dass die Thiere zuletzt dadurch geschwächt werden und dass man sie durch Befeuchten der Wunden mit Essig stillen muss. Erscheint die Zungenspitze durch den Druck der Zähne bläulich oder schwärzlich gefärbt, so macht man die Einschnitte, einen vom anderen einen Finger breit entfernt, rund um die Spitze herum. Nach den Scarificationen wäscht man die Zunge fleissig mit recht verdünnter Salzsäure (sect;/S zu 2 bis 3 Quart Wasser), oder mit Chlorwasser, oder mit einem Gemenge von Wasser und Essig mit Zusatz von etwas Honig. Bestehen Ex-coriationeu au der Zunge, so benutzt man zum Befeuchten des Maules eine Abkochung von schleimigen Mitteln. Ausserdem kann man bei recht heftiger Entzündung, besonders wenn Milzbrand die Veranlassung dazu ist, im Getränk eine Auflösung von Glaubersalz verabreichen, oder wenn die Thiere kein Getränk zu sich nehmen, eine solche Auflösug täglich ein- bis zweimal vorsichtig einschütten. Die Bläschen oder Geschwiirchen bei der milzbrandigen Zungenentzündung befeuchtet man mittelst eines sogenannten Pinselstockes täglich 4—6 mal mit einem Gemenge von einem Theil Salzsäure oder Schwefelsäure mit vier bis fünf Theilen Wasser und in der Gegend des Kehlkopfes applicirt man äusserlich am Halse das Ungt. Canthari-dum, oder ein Haarseil, 'oder das glühende Eisen, indem man mit letzterem vier bis sechs Punkte neben einander brennt. Bilden sich nach einer Zungenentzündung Geschwüre in irgend einem Punkte der Zunge, so muss man dieselben nach jeder Futterzeit gründlich reinigen und mit einem aromatischen Infusum, zu welchem man bei grosser Torpidität noch etwas .4106- und Myrrhentinktur hiuzuthun
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thraxkrankheiten überhaupt, alle Vorsichtsmaassregeln anwenden, um sich selbst und die Gehülfen oder Wärter des Thieres, sowie auch andere Thiere, gegen eine Infection zu sichern. laquo;Man vermeide namentlich die Einwirkung der Jauche aus den Bläschen oder des etwa beim Aderlass entleerten Blutes auf die Haut des menschlichen Körpers, und man lasse das Blut auch nicht an solche Orte schütten, wo andere Thiere dasselbe lecken oder fressen können.
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150nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündung der Schilddrüse.
kann, reichlich befeuchten. •—#9632; Die Ernährung sucht man mehren-theils durch weiche oder flüssige Nahrung, Grasquot;, gekochte Kartoffeln, Mehl- oder Kleientrank u. dgl. zu bewirken.
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Siebentes Caiiltel.
Die Entzündung der Schilddrüse.
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Diese Entzündung kommt im Ganzen nur selten bei Pferden, Rindern und Hunden vor; zuweilen leidet nur eine, in anderen Fällen leiden beide Drüsen. Die Erscheiimugen bei dieser Entzündung sind die gewöhnlichen, nämlich eine vermehrt warme, massig schmerzhafte, derbe Anschwellung an einer oder an beiden Seiten drr Luftröhre in der Gegend des Kehlkopfes. Die Geschwulst vergrössert sich bald schneller, bald langsamer, bei Pferden oft bis zur Grosse einer Faust, bei Hunden bis zur Grosse einer grossen Wallnuss. Nach etwa 3'—4 Wochen verlieren sich die vermehrte Wärme und die Schmerzhaftigkeit, während die Geschwulst zurückbleibt und zuweilen noch derber wird, als sie in der ersten Zeit war. Die Drüse ist dann verhärtet und bleibt so in den meisten Fällen fiir immer, ohne dass hierdurch anderweitige Störungen entstehen. Bei einer zweckmässigen und zeitigen Behandlung erfolgt oft Zertheilung, bei verspäteter und unpassender Behandlung tritt die bezeichnete Verhärtung ein. Bei Hunden findet sich zuweilen, wenn die Entzündung einen akuten Charakter an sich trägt, Eiterung ein. Es bildet sich dabei unter den gewöhnlichen Erscheinungen ein Abscess, der sich in etwa 8 — 10 Tagen nach der Entstehung reif zeigt und sich entweder selbst öffnet oder leicht geöffnet werden kann. — Als Ursachen sind oft mechanische Verletzungen durch die Halfter, den Koppelriemen, und bei Hunden durch das Halsband (namentlich durch metallene Halsbänder) zu beschuldigen; in manchen Fällen, besonders in Gebirgsgegenden scheint der Genuss von kalk- und gypshal-tigem Wasser die Veranlassung zu sein, ähnlich wie bei dem Kropf des Menschen; in einzelnen Fällen waren die Ursachen nicht zu entdecken.
Die Behandlung. Wenn die Entzündung frisch entstanden ist, giebt man innerlich kühlende und abführende-Salze und bei Hunden von Zeit zu Zeit wiederholt ein Brechmittel, und hält dabei die Thiere in recht magerer Diät. Die etwa entdeckten Ursachen beseitigt man, und wo Verdacht auf die Mitwirkung {}es Wassers besteht, lässt man ein anderes Trinkwasser besorgen, oder, wenn dies nicht zu beschaffen ist, lässt man das bisherige Trinkwasser vor der Anwendung abkochen, oder mit einem glühenden Holzbrande ablöschen. Aeusser-
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Entzündung der Schilddrüse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;151
lieh reibt man taglieh 2 — 3mal die graue Queeksilbersalbe ein und macht darüber Umschläge von Schieriingskraut oder Belladonna- oder Bilsenkraut u. dgl. Zeigt aber die Entzündung einen torpiden Charakter und nimmt sie einen chronischen Verlauf, so kann man scharfe Einreibungen, etwa alle fS Tage wiederholt anwenden. Hierzu muss man bei Hunden an der betrelienden Stelle die Haare abscheeren und über die Salbe eine Binde um den Hals legen, damit sie die Salbe nicht abschütteln oder abkratzen.
Ist bei Hunden ein Abscess in der Drüse entstanden und völlig reif, so öffnet mau ihn mit einem schmalen Bistouri, mit der Schneide gegen den Unterkiefer und mit dem Rücken gegen die Brust gekehrt, worauf gewöhnlich blutiger Eiter ausfliesst. Hierauf geht mau mit der Fingerspilze oder Sonde ein und sieht zu, wie weit sich die Höhle gegen die Brust hin erstreckt. Ist sie tiefer wie einen Finger breit, so schneidet man den unteren Rand mit einem einfachen Bistouri auf; Gefahr ist dabei nicht vorhanden. Der Eiter ist nämlich meistens schon aus der Drüse ausgetreten und die Höhle befindet sich nur unter der Haut. — Mau macht dann durch einige Tage lauwarme Bähungen von geliud aromatischen Mitteln, Kamilleninfusum u. s. w., und die Heilung erfolgt leicht. Ist die Haut an der inneren Seite torpide und will sie sich nicht mit dem Halse vereinigen, so bestreiche man die innere Fläche mit Hölleusteinauflösuug oder mit Cantharideutinktur.
Geht die Entzündung in Verhärtung über, so lässt man die Jodsalbe (5/S Jod, 3j Jodkali und 5j grüne Seife) täglich zweimal einreiben, aber nach drei bis vier Tagen immer einmal hiermit aussetzen. Hunden kann man auch das Jod innerlich geben, je nach der Grosse der Thiere ^ Gr. bis 2 Gr. täglich ein- bis zweimal in Latwergen, Pillen oder auch in Auflösung. Auch mit dieser Anwendung darf immer nur zwei bis drei Tage fortgefahren werden, worauf man eine Pause durch 24-—48 Stunden macht und dann wieder mit dem Mittel fortfährt. Kann man durch diese Mittel die Auflösung und Zer-theilung der Kropfgeschwulst nicht bewirken, und wünscht der Eigen-thümer dennoch, dass dieselbe beseitigt werde, so kann man das verhärtete Organ exstirpiren, was jedoch mit grosser Vorsicht geschehen muss, weil die Drüse mit starken Blutgefässen unmittelbar von der Carotis her reichlich versehen ist; und ferner weil ihre Arterien und Venen mit denen der anderen anastoinosiren. Bei entstehenden Verletzungen dieser Gefasse müssen deshalb aber auch immer beide Eu-den derselben unterbunden werden. #9632;— Die Thiere werden, nachdem man die Unterbindungsmittel besorgt, niedergelegt. Man macht über die Mitte der Geschwulst, (das Thier stehend gedacht) in der Län-genrichtung des Halses, mittelst Bildung einer queren Hautfalte, einen grossen Hautschuilt. Man durchschneidet den Halshautmuskel, prä-parirt diesen und die Haut von der Geschwulst ab, umgeht dieselbe mit dem Finger oder Scalpellstiel, so dass man die Gefässe fühlt, zieht sie etwas hervor, und unterbindet die Gefässe, nachdem man dieselben umgangen, so dass von der unteren Schilddrflsenarterie wenigstens ^ Zoll langes Ende an der Carotis verbleibt und schneidet sie dann durch. Eben so von der obern Schilddrüseuarterie und von
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152nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündnng der Drosselvene.
den Venen, bei letzteren eher noch vorsichtiger. Darauf sucht man an der vorderen Seite des Halses die Anastomosen, deren gewöhnlich vier bis acht sind, auf, unterbindet sie alle doppelt und durchschneidet sie. Zuletzt durchschneidet man das Querband zwischen den beiden Drüsen und entfernt die Geschwulst. In Folge dessen bleibt eine grosse Höhle, in welcher die Luftröhre und die Gefässe frei liegen; daher muss man einen schützenden Verband umlegen und die Eiterung erwarten, ohne welche die Wunde nicht heilt. Man macht zu diesem Zwecke ein gegen 1| Finger dickes VVergpolster, legt es in die Wunde, heftet mit drei einzelnen Heften die Wund-ränder wieder zusammen und wartet die Eiterung ab; das unterste Heft darf nicht zu nahe am untersten VVundwinkel sein. Erst mit zwei bis drei Tagen, wenn der Eiter sich in Tropfen am unteren VVundwinkel gezeigt hat, öifnet man den Verband, nimmmt das Werg heraus, reinigt die Wunde mit lauwarmem Wasser und legt frisches Werg hinein. Dies setzt man drei Tage fort; unterdessen ist guter Eiter und Granulation eingetreten, man lässt nun das Werg weg, zieht die Wundränder locker zusammen, so dass sie sich berühren, und die Heilung erfolgt in vierzehn Tagen bis drei Wochen. Die Unterbindungsfaden lösen sich in vier bis acht Tagen los; doch darf man nicht an ihnen zupfen.
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Aclites Capitel.
Die Entzündung der Drosselvene (Phlebitis venae Jugularis), die Thrombusbildung (Thrombosis) und die Aderfistel.
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Wenn die seit Hunter bestandene Ansicht richtig wäre: dass alle durch schnelle Vereinigung entstandene Heilungen verwundeter Thiere nur durch sogenannte adhäsive Entzündung vermittelt wäre, — so müsste die Entzündung der Drosselvenen (und anderer zum Aderlassen benutzter Venen) ungemein häufig entstehen, da bei dieser Operation stets eine Verwundung der Venenwände unvermeid-meidlich ist und hiernach die Heilung in der Regel durch schnelle Vereinigung der Wundränder in sehr kurzer Zeit (gewöhnlich binnen 24 Stunden) erfolgt. Neuere Untersuchungen haben jedoch diese Ansicht nicht bestätigt, sondern gelehrt, dass solche schnelle Zusammenheilungen zuerst durch Zusammenkleben und durch Zusammenwachsen der in gegenseitiger Berührung stehenden Wundränder vermittelst eines aus denselben exsudirten plastischen Stoffes erfolgen, jedoch ohne dass dabei Entzündung stattfindet. In der That bemerkt man auch gewöhnlich von der Letzteren kein Symptom.
Doch kommen auch wirkliche Entzündungen der Drosselvene bei Pferden und Rindvieh nach dem Aderlassen nicht selten vor, beson-
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Entzündung der Drosselvene.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;153
ders nach wiederholten Infusionen von Medikamenten in die Vene, zuweilen auch nach Quetschungen und andern Verletzungen, und in seltenen Fällen ist sie ohne nachweisbare mechanische Ursachen entstanden. ')
Die Erscheinungen bei der Drosselvenenentzündung sind im Verlaufe derselben zusammengesetzt: a) aus delaquo; Symptomen der Verletzung und der örtlichen Entzündung; b) aus denen der Verstopfung des Lumens der Vene durch einen Blutpl'ropf (Thrombus), c) aus denen der Eiterung, d) oft aus denen einer allgemeinen Reizung und e) zuweilen aus denen der Eitervergiftung.
Wenn eine Entzündung der Drosselvene nach dem Aderlassen entsteht, schwillt nach etwa 24'—48 Stunden die Haut, das Zellgewebe und zuweilen auch die Vene an der üperationsstelle ein wenig an; die Geschwulst ist gewöhnlich im Umfange rundlich, an der Wundstelle am meisten erhöht, dabei etwas derb, heiss und bei der Berühruug schmerzhaft. Wenn man nacli 24 Stunden die Nadel wegnimmt, welche zum Vcrschlicssen der Hautwunde diente, so gehen die VVundränder oft sogleich oder erst nach 2 #9632;— 3 Tagen aus einander und es sickert aus der Wunde etwas zersetztes, schwarzes Blut, nach einigen Tagen wohl auch ein wenig Eiter. Diese Merkmale können auch bei dem Blutextravasat unter der Haut und bei Entzündung des Zellgewebes an der Aderlassstclle vorhanden sein und deshalb beweisen sie aber noch nicht mit Sicherheit die Existenz einer Entzündung im Innern der Vene, und man kann dieselbe so lange bezweifeln, als noch die Ader in ihrer ganzen Länge und bis über die Aderlassstelle hinaus gleichmässig vom Blute ausgedehnt wird, wenn ftian sie an ihrem untern Ende mit den Fingern zusammendrückt; füllt sie sich aber hierbei unter der Operationsstelle nur sehr langsam und unvollständig an oder bleibt sie ganz leer, so ist
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sicher die Entzündung mit plastischer Ausschwitzung an der innern
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Flache der Vene, mit Verdickung der Häute derselben, oder die Bildung eines Blutpfropfes in der Ader vorhanden. iNach etwa 5 bis 6 Tagen tritt Eiter aus der Aderlasswunde und man kann mit einernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;j I
Sonde in dieselbe horizontal 1 Zoll tief und oit noch tieier eindrin-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . M
gen. 2) Es besteht nun eine Aderlassfistel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (|
Zuweilen bleibt die Entzündung auf einen geringen Grad und auf den ersten Umfang beschränkt, in den meisten Fällen wird sie aber, bald schnell bald langsam, heftiger und breitet sich weiter aus. Dieses geschieht in der Regel nach dem Kopfe zu, sehr selten nach abwärts. Die Vene tritt strangförmig hervor, oft bis unter die Ohr-drüse, so dass auch diese hervorgedrängt wird; die Zweige der Vene sind von Blut erfüllt, oft ist die ganze Seite des Halses ödematös augeschwollen, bald mehr bald weniger schmerzhaft, dabei die Bewegung desselben und das Kauen erschwert. Oft besteht auch ein
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') Beobacht. von Peters, im Magaz. f. d. ge.s. Thierheilk. VI. 318.
21 Das Sondiren darf aber nur selten und so vorsichtig geschehen, dass Reizung und die Zerstörung des Thrombus und heftige Blutung vermieden werden.
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154nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung der Drosselvene.
Reizfieber. #9632;— An der Aderlassstelle ist die Anschwellung grosser, derber, heisser, schmerzhafter geworden; die Wundründer werden dicker, oft schwielig derb (calloes), sie biegen sich um, oft wachsen grosse Fleichwarzen hervor und die Eiterung ist reichlicher. Doch ist die Menge des Eiters nicht immer der übrigen Grosse des Uebels entsprechend; derselbe ist in der ersten Zeit mehr dünnflüssig, später mehr consistent und oft mit Flocken oder Stückchen von geronnenem Faserstoff oder auch von Blut gemengt.
In manchen Fällen finden sich, bald früher bald später, Blutungen aus der Fistel, besonders beim Kauen der Nahrungsmittel. Diese Blutungen wiederholen sich oft und sind zuweilen so reichlich, dass sie die Thiere sehr schwächen; bei ganz ruhigem Verhalten der letztein hören sie aber gewöhnlich bald auf.
Zuweilen schliesst sich die Fistelölfnung, aber nach einiger Zeit entsteht an ihr eine neue Entzündungsgeschwulst und ein Abscess, welcher wieder bis in die Ader fuhrt und im weitern Verlaufe sich ganz wie andere Aderfisteln verhält.
In noch anderen Fällen bildet sich ein (zuweilen auch ein zweiter) Abscess im Verlauf der kranken Vene über der alten Fistelöffnung. Diese Abscesse erhalten gewöhnlich sehr grosse Oelfnungen, so dass man einen Finger durch dieselben bis in das Lumen der Vene einführen und letzteres untersuchen kann.
Wenn bei der Venenentzündung sich der Blutpfropf schnell bis zu dem Umfange vergrössert, dass er die ganze Ader verschliesst und den Durchgang des Blutes hindert, — sei es gleich vom Anfange an oder im weitern Verlaufe, — so entsteht wegen der Anhäufung des Blutes im Gehirn fast in jedem Falle ein Stumpfsinniger Zustand, sich äussernd durch Niedrighalten des Kopfes, geringe Aufmerksamkeit u. s. it., oft wie bei dem Dummkoller. Bei langsamer Bildung des Thrombus bemerkt man diese Zufälle nicht, — weil hier die Seitenzweige der Vene sich allmälig erweitern und den Rückfluss des Blutes vermitteln können.
In einzelnen (aber bei Thieren sehr seltenen) Fällen finden sich bei der Aderfistel auch Zufälle einer asthenischen Lungenentzündung in Begleitung eines bald mehr bald .weniger heftigen Fiebers ein. Diese, immer sehr gefährlichen Zufälle entstehen entweder durch Resorption des Eiters an der eiternden Stelle oder durch direktes Einfliessen in den untern Theil der Drosselvene und von hier durch das Herz in die Lungen.
Der anatomisch-pathologische Befund bei der Entzündung der Drosselvene ist verschieden nach der Dauer und nach der Heftigkeit des Leidens. In der ganz ersten Zeit scheint die Entzündung nur in den Wandrändern der Venenhäutc an der Aderlassstelle zu bestehen, da man nur sie etwas verdickt und geröthet findet. Nach 2 bis 3 Tagen sind diese Häute in grösscrer Ausbreitung verdickt, zum Theil von Serum und Faserstoff' infiltrirt, mehr derb und die innere Haut ist um die Wunde von einer dünnen Schicht Faserstoff bedeckt und etwas rauh. Von dieser rauhen Stelle an der Wunde aus bildet sich ein Pfropf von geronnenem Blut (Thrombus), der allmälig länger und dicker wird und zuletzt die ganze Vene verstopft. Das
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Entzündung der Drosselvene,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;155
Wachsen in die Länge und die Verschliessung der Vene geschieht immer vorwärts, dem Blutstrome entgegen, bis zum nächsten grös-sern Seitenaste, und das Wachsen in die Dicke erfolgt durch neue Schichten von Blut und Faserstoff im äussern Umfange des Blutpfropfs. Man erkennt diesen Gang der Ausbildung daran: dass das vordere (obere) Ende des Thrombus stets ganz so roth und weich ist wie frisch geronnenes Blut, wogegen das hintere oder untere Ende weiss und derb erscheint wie alt geronnener Faserstoff; und bei Querschnitten zeigen sich die einzelnen Schichten wie Ringe auf einander liegend. #9632;— Bei schon eingetretener Eiterung findet man den Thrombus stellenweis geschwunden, nicht mehr überall fest mit die innern Venenhaut zusammenhängend, die Letztere mehr rauh, mit kleinen Bläschen oder mit Geschwürchen besetzt. — Wenn bei einer nur kurze Zeit bestandenen Entzündung Heilung durch Resorption erfolgt ist, bleibt die Vene vollständig olfen; bei der Heilung nach schon eingetretener Eiterung verwächst sie aber gewöhnlich nach oben und nach unten bis zum nächsten grossen Seitenast.
Nach der Ansicht einiger französischer Thierärzte liegt allen diesen Veränderungen und den Erscheinungen am lebenden Thiere keine primitive Entzündung zum Grunde, sondern es wird in der Regel
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zuerst an der Aderlassstelle der Thrombus durch einfache Blutgerin-
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nung erzeugt; derselbe ruft dann, indem er drückend und reizend als fremder Körper auf die Venenwände wirkt und den Blutlauf hemmt, die erwähnten Symptome hervor, wobei in der spätem Zeit auch örtliche Entzündung besteht, und namentlich bei reichlicher Eiterung mitwirkend ist. ')nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; |i
Die Ursachen der Venenentzündung sind zum Theil in einer zu grossen Reizung der Aderlasswunde zu suchen, jedoch nicht darin
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allein, weil sonst diese Entzündung viel häufiger vorkommen müsste, als es wirklich der Fall ist; man beschuldigt besonders den Gebrauch
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nicht recht scharfer, oder unreiner, verrosteter Instrumente, so wie auch die Verletzung der Vencnklappen, aber ebenfalls ohne Grund.2) Wichtiger ist das zuweilen zu starke Schlagen auf die Ader und deren Umgebung bei dem Aderlassen mit der Fliete und mit einem harten Schlägel, noch mehr das Reiben und Scheuern der Aderlasswunde, welches die Thiere sich selbst an Krippen u. s. w. zufügen, oder welches ihnen durch umgelegte Stricke oder Ketten zugefügt wird. Vielleicht auch das Einbinden von Haaren in die Wunde. Oft, scheint auch eine besondere, der rheumatischen verwandte Krank-heitsconstitution, und wahrscheinlich eine hierbei bestehende zu plastische Beschaffenheit des Blutes an dem Entstehen des Uebels An-theil zu haben, da die Venenentzündung in manchen Perioden selbst unter den Händen geschickter Thierärzte häufig entsteht, während sie zu andern Zeiten, selbst bei der Einwirkung jener äusserlichen Gelegenheitsursachen, nicht beobachtet wird.
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') St. Simon, im Journ. de Mcd. veter. de Lyon. 1855. T. IX. 247. Gourd im, Elements de Chirurg, vet. T. II. p. 483.
raquo;) S. Magazin für die ges. Thierheilk. Bd. XII. S. 500.
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156nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündung der Drosselvene.
Der Verlauf der Venenentzündung ist, sich selbst überlassen, stets chronisch. Es dauert oft die Entzündung und die Fistel durch 3—4 Monate, ehe gänzliche Verwachsung der Vene und dadurch die Schliessung der Fistelöffuung erfolgt.
Wenn Abscesse über der Aderlassstelle entstehen, erfolgt in der Regel bald Heilung. In unglücklichen Fällen erstreckt sich zuweilen die Entzündung der Vene und die Eiterung bis in oder an den Schädel und es entsteht dann Dummkoller, oder Schlagfluss und Lähmung, und wo sich Eiter in den untern Theil der Vene senkt, erzeugt er Stockung und Reizung im Luugengewebe, Abscesse, Zehrfieber und den Tod. Zuweilen werden die Thiere aucli durch den oft wiederholten Blutverlust sehr geschwächt, oder selbst in Lebensgefahr versetzt. — Durch zweckmässige Behandlung ist die Venenentzündung stets schneller und besser zu heilen, namentlich wenn das Uebel noch neu ist, und in einem solchen massigen Grade besteht, dass der Durchgang des Blutes durch die Vene noch theil-weise stattfindet.
Die Behandlung. •— Thiere mit beginnender Aderfistel müssen möglichst ruhig gehalten, dabei hoch und so angebunden werden, dass sie sich an der Aderlassstelle nicht reiben können; ebenso muss man alle andern Veranlassungen hierzu, wie z. B. durch Geschirre, durch die Zügel oder die Führungsleine, so wie auch alles, was den Rückfluss des Blutes stört oder ihn übermässig stark zur Aderlassstelle erregt, z. B. enge Kummtgcschirre, zu hoch liegende Brustblätter und dergl. vermeiden, und die Thiere dürfen nur weiches, leicht zu kauendes Futter in geringer Menge erhalten. Die entzündete Stelle am Halse befeuchtet man in den ersten 4—5 Tageraquo; recht oft wiederholt mit kaltem Wasser, oder mit Wasser und Essig, oder wenn ein rheumatisches Leiden im Thiere besteht, mit einer Auflösung von Kali carbonienm lauwarm. Des Abends bestreicht man die Stelle mit Ung. Hygrargyri cinereum oder mit grüner Seife recht reichlich. •— Sind die Entzündungszufälle heftig oder nehmen sie zu, steigern sich namentlich die Schmerzen und erscheint die Vene bereits derb, so macht man warme Breiumschläge von schleimigen und narkotischen Mitteln und benutzt des Abends ebenfalls die graue Mer-kuiialsalbe oder die grüne Seife. Diese Mittel wendet man so lange an, bis die Vene #9632;wieder mehr weich erscheint und die Eiterung gutartig ist. Sehr oft schliesst sich dann die Oelliiung ohne weitere künstliche Behandlung; geschieht dies aber nicht, so ist gewöhnlich ein örtliches Ilinderniss, und zwar verdickte, kailöse Beschaffenheit der Wundränder vorhanden. In diesem Falle betupft man die Ränder einen Tag um den andern mit Lapis infernalis, im Ganzen etwa 2 bis 3 Mal und wartet dann durch etwa 8 Tage die weitere Vernarbung ab; erfolgt dieselbe aber nicht, so spaltet man auf einer vorher angebrachten Hohlsonde die verdickten Ränder, besonders den obern, von innen nach aussei) durch. Es ist genügend^raquo;wenn man nur einen Einschnitt, und zwar so lang, wie die verdickte oder verengte Stelle in der Vene besteht, macht, und es ist unnöthig, ja selbst gefährlich, tlas Aufspalten durch die ganze Wand der Vene so weit, wie die Höhle besteht, zu bewirken, weil bei der Locke-
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Entzündung der Urosselvene.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;157
rung des Blutplropfs am bberu Ende der Höhle odei1 der Fistel leicht eine heftige Blutung eintreten kann.
Ist eine Aderfistel schon seit einiger Zeit bestehend und ist die kranke A'ene durch die Haut als völlig derb zu fiihlen, so fruchtet gewöhnlich die im Vorstehenden angegebeue Behandlung nichts, und es ist daher am besten, mit derselben keine Zeit zu verlieren, sondern sogleich zur Anwendung der kräftigsten Heizmittel überzugehen. Der Erfahrung zufolge leisten öfters wiederholte Einreibungen von Ung. Caniharidmn, oder das glühende Eisen auf die Haut längs der kranken Vene applizirt bei diesem Zustande fast immer die besten Wirkungen. Jene Salbe wird, nachdem die Ilaare auf der kranken Stelle etwa 3 Querfiuger breit und so lang, als eine Spur der Verhärtung sich fühlen lässt, abgeschoren sind, in der Dicke eines Strohhalms aufgestrichen, und die Anwendung nach Zwischenzeiten von 5—8 Tagen noch 2—3 Mal wiederholt. Zuweilen bilden sich hiernach ebenfalls noch die. bereits oben angedeuteten Abscesse, in an-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;!l dem Fällen bleiben dieselben aus, aber die Heilung erfolgt in einem, wie im andern Falle durch allmäligc Resorption der ausgeschwitzten plastischen StoiTe und zuletzt durch gänzliche feste Verwachsung der Vene. #9632;— l)as Gliiheisen wird auf die Haut im Verlaufe der kranken Vene entweder in 2'—3 langen Strichen, oder in nabe zusammenstehenden Punkten applizirt und wirkt auf dieselbe Weise.
In denjenigen Fällen, wo aus der Fistelöffnung, trotz der im Vorstellenden bezeichneten energischen, Behandlung oft wiederholt Blutungen erfolgen, bleibt gewöhnlich nichts Anderes übrig, als die Vene über der oifenen Stelle zu unterbinden. iMan wählt hierzu, wenn sich eine noch nicht entartete Partbie der \ene unterhalb der Theilung derselben vorfindet, diese Stelle, im iNothfall aber legt man die Ligatur auch auf die entartete Vene selbst. Zur Unterbindung benutzt man immer ein halbfingcrbreites Band und schneidet unter der unterbiuuleiien Stelle die Vene vollständig durch, um jede Spannung und Zerrung an der Untcrbindungsstelle zu ver-meideu. Die Thierc müssen nach der Operation während der ersten (5 — 8 Tage andauernd stehen, dürfen in den ersten Tagen nur Getränk und in den letzten Tagen nur angenetzte Kleie zur Nahrung erhalten, um das Kauen und den damit verbundenen starken Blutandrang zur Untcrbindungsstelle möglichst zu vermeiden. Auch ist es zweckmässig, die Thierc fortwahrend unter Aufsicht zu lassen, damit bei einer vielleicht an der [Jnterbimlungsstelle erfolgenden Zer-reissung und Blutung sogleich die nöthige Hilfe durch Compression der Vene über dieser Stelle geleistet werde, bis der Thierarzt hinzugerufen ist und eine neue (Jnterbindung macht. Die Untcrbindungsstelle selbst wird bis zum Abgange der Ligatur unberührt gelassen und dann nur von Zeit zu Zeit einmal oberflächlich gereinigt, bis die Heilung erfolgt ist.
Französische Thierärzte ') haben mebrfältig die Heilung der
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') Hey, im Journ. de mod. vet. de Lyon. 1856. T. X. p. 242. Journ. des Veter. du midi. T. XVIII. p. 347.
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158nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Nabelentzündung.
Aderfistel durch Unterbindung und Ausschälung der entarteten Vene zu bewirken gesucht, •— ein sehr eingreifendes und nicht immer gefahrloses Unternehmen, welches nicht nöthig ist.
Wenn bei der Entzündung der Drosselvene grosse Eingenommenheit des Kopfes oder Schwindel entsteht, ist ein Aderlass das augenblickliche Hilfsmittel. Die hierbei von Cauvet vorgeschlagene Unterbindung der Carotis au der andern Seite des Halses ist zu eingreifend und unnöthig.
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Menntes Capitel.
Die Nabelentzündung. (Nabelgeschwulst.) Omphalitis.
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Bei neugebornen Füllen und Kälbeiu, höchst selten bei anderen Thieren, findet sich zuweilen am Nabel eine Geschwulst, welche vermehrt warm und schmerzhaft ist, bei Thieren mit weisser Haut auch dunkel geröthet erscheint, an der Oberfläche elastisch weich, in der Mitte aber mehr derb ist. Das äusscre Ende der Geschwulst erscheint blutrünstig, zuweilen mit Eiter bedeckt und in seltenen Fällen auch von Harn befeuchtet. Bei genauerer Untersuchung erkennt man, dass innerhalb der Haut das beim Abeeissen der Nabelschnur zurückgebliebene Ende derselben, bestehend aus olfeneu Gefässmün-dungeu und der umhülleudeu Haut, die Geschwulst bildet. Ist das Uebel bereits 8 — 14 Tage alt, so zeigen sich die genannten Theile mehr hart und wulstig verdickt, und aus ihrer IMittc tröpfelt von Zeit zu Zeit Eiter hervor. In diesem Zustande bezeichnet mau das Leiden als Nabelgcschwür oder Eitcrnabcl. Bei diesen örtlichen Zufällen zeigen sich manche junge Thicre übrigens ganz munter, während andere traurig sind, zuweilen mit den Fassen nach dem Leibe schlagen, öfters mit dem Schweif wedeln, sich auch zuweilen niederwerfen, wie bei Kolikschmerzen. Finden sich unter diesen Umständen Fieberzufälle hinzu, oder kehren die Kolikschmerzen öfters wieder und dauert der Ausfluss des Eiters längere Zeit fort, so gehen die Thiere fast immer, bald früher bald später, zu Gruude.
Die Ursache dieser Entzündung und Schwärung am Nabel beruht in der nicht erfolgten Verschliessung der Nabelgefässe, besonders der Nabclvene, zur Zeit der Geburt oder unmittelbar nach dem Abreis-sen des Nabelstrangcs zu dieser Zeit. In wie weit das gewöhnlich erfolgende Abreisscn selbst eine iMitveranlassung zum Entstehen der schleichenden Entzündung ist? lässt sich nicht genau nachweisen; allein es steht fest, dass nach dem Abbinden des Nabclstranges nahe am Leibe die bezeichneten Zufälle nicht entstehen. Die Ursache der Kolikzufälle und des später erfolgenden Todes scheinen in der fort-
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Nabelentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;159
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schleichenden Entzündung der Nabelvene bis zur Leber, — welche man bei Sectionen der gestorbenen Thiere oft gefunden hat, begründet zu sein.
Die Beurtheilung ist stets nur mit Vorsicht zu machen, da die jungen Thiere von der Entzündung sehr leiden und die fortschleichende Entzündung an der Vene sich äusserlich nicht wahrnehmen lässt; indess ist die HolFuung zur Erhaltung der Thiere und zur Beseitigung des Uebels in denjenigen Fällen vorwaltend, wo keine Eiterung und weder Kolikzufälle, noch Fieber bestehen; unter entgegengesetzten Umständen ist, wo oben angedeutet, ein übler Ausgang, und zwar zuweilen sehr schnell, zu erwarten.
Die Behandlung wird am besten durch Bestreichen der ganzen entzündeten Stelle mit Lapis infernalis eingeleitet, um hierdurch eine adhäsive Entzündung in den offenen Gefässen und Verwachsung derselben zu erregen. Hiernach kann die Geschwulst in der Umgebung der geätzten Stelle mit schleimigen Mitteln, oder bei grosser Hitze auch mit Bleiwasser oft befeuchtet werden. Ist bereits Eiterung in der Geschwulst zu bemerken, so ist ebenfalls der Lapis infernalis, oder ein Gemenge von einer Auflösung des Zinkvitriols (3j) und desnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,
Bleizuckers (3ij) in Wasser ('iij) zum Bestreichen der eiternden Stellen zu benutzen. Sclüiesst sich hierbei die Vene nicht, so kann man, nachdem das Thier auf den Bücken gelegt ist, ihre untere Wand auf einer Hohlsonde bis au den Nabelring aufspalten, und dann die blossgelegte Fläche mit Lapis infernalis bestreichen und weiter verfahren, wie angegeben ist. Bestehen bereits Kolikzufälle, so macht man in einem grösseren Umfange um den Nabel Einreibungen von Linim. ammoniatum, oder von Brechweinsteinsalbe (Tart. stib. 3jS, • Adip. suil. |j). Dabei giebt man innerlich Calomel, oder Salpeter und Glaubersalz in schleimigen Abkochungen oder Emulsionen, und applizirt Clystiere von schleimigen Mitteln. 'Das diätetische Verhalten muss dabei neben der Muttermilch in einem massig warmen Stalle und in recht reiner und reichlicher Streu bestehen.
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raquo;L.
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J Zehntes Capitel.
Die Hodenentzündung. Orchitis.
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Die Entzündung der Hoden kommt bei den Haussäugethieren nur selten vor, verschont jedoch keine Gattung derselben. Sie ergreift entweder nur einen oder beide Hoden und äussert sich durch folgende Symptome: die Thiere gehen etwas gespannt mit den Hinter-füssen und bei den höheren Graden des Uebels lahmen sie mit dem Hinterfusse der leidenden Stelle sehr heftig; dabei findet man aber an ihm keinen krankhaften Zustand. Bei der Untersuchung des Ho-
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X50nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hodenentzündung.
densackes findet mau den einen Hoden oder beide vergrössert, vermehrt warm, sehr derb, bei der Uerührung schmerzhatt, ausserdem ist er in der Regel mehr in die Höhe gezogen. In manchen Fällen ist das Scrotum unter dem kranken Hoden ödematüs angeschwollen, so dass mau Fingereindrücke in dasselbe macheu kann. Leiden beide Hoden, so ist diese Anschwellung immer sehr bedeutend und zuweilen bis zur Vorhaut ausgedehnt, und in den meisten Fällen besteht Fieber.
Die Ursachen der Hodcncutziinduug bestehen in den meisten Fällen in mechanischen Verletzungen durch Hulschläge, Stösse und Schläge mit Ruthen u. dgl.; in manchen Fällen sind aber offenbar Erkältnugeu als Ursacheu zu beschuldigen, und in noch andern Fällen scheint eine lymphatische Dyskrasie dem Uebel zum Grunde zu liegen; denn mehrmals hat mau bei Pferden nach der Hodenentzüu-dung den Rotz und Wurm ohne weitere Veranlassung entstehen sehen.
Der Verlauf der Hodeuentziindung ist in den meisten Fällen chronisch und der Ausgang häufig Verhärtung oder neischähnliche Entartung; in manchen Fällen ist der Verlauf aber auch mein- akut und das Uebel geht dann gewöhnlich in Verwachsung mit der besondern Scheidenhaut über. Zuweilen scheint auch die letztere selbst au der Entzündung wesentlichen Antheil zu nehmen, da man sie bei Castrationen nicht selten bedeutend verdickt findet. In einzelnen Fällen geht die Entzündung auch in Eiterung über.
Die Prognosis ist in denjenigen Fällen günstig zu machen, wo die Hodeneutzündung von mechanischen Verletzungen allein entstanden, zeitig erkannt ist und einer zweckmässigen Behandlung unterworfen wird; dagegen muss man einen üblen Ausgang, Entartung des Hodens und Störung oder Aufhebung der Zeugungsluhigkeit befürchten, wenn beide Hoden in hohem Grade an der Krankheit leiden, wenn diese in Folge rheumatischer oder anderer dyskratischer Einwirkungen entstanden und wenn das Hebel nicht zeitig zweck-mässig behandelt worden ist. In denjenigen Fällen, in welchen man Veranlassung hat, auf eine im Körper bestehende lymphatische Dyskrasie zu schliessen, wie z. B. bei* oft wechselndem Appetit, bei stellenweis schlechtem, glanzlosem Haar, bei olt entstehenden öde-matösen Anschwellungen der Füssc u. s. w. muss man fürchten, dass bei oder nach der Hodeneutzündung sich die Rotz- oder VVurmkrank-heit entwickeln werde.
Die Behandlung ist in denjenigen Fällen, vwff mechanische Verletzungen die Ursache der Hodeucntzüudung sind, eine streng anti-phlogistische. iMan macht einen der Constitution entsprechenden reichlichen Aderlass und giebt innerlich grosse Gaben von Calomel und Glaubersalz oder, bei grosser Hitze, von Salpeter und Glauberoder Bittersalz, bis Laxiren entsteht. Dabei darf das Thier nur kleine Quantitäten von wenig nährendem Futter erhalten. Oertlich macht man fleissig wiederholte Waschungen des Scrotums bis zum ßauchringe mit Oxycrat, oder mit einer Auflösung von Pottasche in Wasser; bei grossen Schmerzen wendet man letzteres Mittel in einem Dekokt von narkotischen Pflanzen an, bei einem mehr asthenischeu
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Entzündung der Vorhaut.
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Zustande aber kann man ein gelind aromatisches Iiifusum dazu benutzen. Man kann auch narkotische und schleimige Pflanzen in Form von Breiumschlägen mittelst eines sogenannten Tragebeutels aul' den Modensack appliziren. Verlieren sich die Eutzüudungszut'älle zum grössten Theile, während noch Härte und Geschwulst zurückbleiben, so kann man die graue Quecksilbersalbe und später die Jodsalbe mit grüner Seife täglich zwei- bis dreimal in das Scrotum einreiben lassen.
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Eilftes Capitel.
Die Entzündung der Vorhaut und des mamilichen Gliedes. Inflammatio praeputii et penis.
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A. Die Entzündung der Vorhaut kommt, obgleich nicht häufig, bei männlichen Thieren von säimutlicheu Gattungen der Haussäuge-thiere vor, und zwar in Folge von mechanischen Verletzungen, durch Schläge, Stössc, Reibungen, durch eingedrungene fremde Körper und Insekten, durch Anhäufung und Verhärtung von Hautschmiere, und durch Ergiessung von Urin. Auf letztere Weise entsteht die Entzündung zuweilen bei Pferden, beim Rindvieh und bei Schweinen, wenn das männliche Glied in Folge von Verletzungen oder Entzündungen oder Lähmungen bei dem Uriniren nicht aus der Vorhaut herausge streckt wird, und wo sich daher der Urin in die Vorhaut ergiesst, sich in derselben anhäuft, ihre innere Haut reizt oder selbst anätzt. Bei Schweinen ist in solchen Fällen das Uebel zuweilen mit Harnsteinen, die sich in Falten der Vorhaut aus dem hier verhaltenen Urin bilden, verbunden. Zuweilen ist eine von Natur bestehende, oder durch vorausgegangene Entzündungen und Verletzungen erzeugte Verengerung der Vorhautm'ündung (Phimosis) an dem Entstehen des Uebels schuld, indem die Thiere hierbei ebenfalls an dem Hervorstrecken des Gliedes bei dem Uriniren gehindert sind. Oft sind, besonders bei Hunden, Erkältungen und in der Atmosphäre enthaltene Miasmen hier, wie bei dem Entstehen anderer katarrhalischer Entzündungen, mitwirkend, denn mau sieht zu manchen Zeiten die Entzündung der J orhaut bei vielen Thieren fast gleichzeitig entstehen und in Verbindung mit andern katarrhalischen Leiden auftreten. So z. B. bei Pferden die sogenannte gutartige Beschälkraukheit und bei Hunden der sogenannte Tripper.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'
Die Entzündung betrifft entweder, und zwar in den meisten Fällen, nur die innere Haut der Vorhaut und einen Theil der äussern Fläche des männlichen Gliedes, oder sie betrifft die Vorhaut in ihrer ganzen Dicke. Letzteres ist gewöhnlich nach mechanischen Verlez-zungeu der Fall. Sie äussert sich hier durch Anschwellung der gan-
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#9632;
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162nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung der Vorhaut.
zen Vorhaut, durch Schmerz und vermehrte Wärme und zuweilen auch durch gespannten fiang mit den Hinterlussen und durch etwas kürzeres Athmen. In den Fällen der erstem Art ist gewöhnlich die Anschwellung nur unbedeutend, aber es ist vermehrte Wärme und etwas Schmerz bei der Berührung wahrnehmbar, und zuweilen bemerkt man, dass die Thiere seltener als sonst uriuiren, dass sie dabei das männliche Glied nur mit Mühe, unvollständig oder gar nicht hervorstreckeu. Nach 2 —-3 Tagen findet sich Auslluss von einer schleimigen, weissen oder gelblichen Flüssigkeit, namentlich so bei Hunden, bei welchen förmlich ein Schleimfluss (Blenuorrhoe), gewöhnlich Tripper genannt, längere Zeit andauernd bemerkt wird. Bei dem Rindvieh entstehen späterhin plastische Ausschwitzungen, welche in der Wärme des Theils bald trocknen und einzelne Schichten bilden, welche durch die nachfolgenden Ausschwitzungeu mit neuen, eben solchen Schichten bedeckt werden und sich auf solche Weise immer mehr anhäufen, so dass zuletzt das männliche Glied von diesen Massen ganz zusammengedrängt und mehr oder weniger zum Schwinden gebracht wird, während der Schlauch nach aussen au Umfang immer mehr zunimmt. Beim Aufschneiden einer solchen Vorhaut findet man zuweilen das (Jlicd nur mit Mühe in diesen krankhaft erzeugten Massen. Durch dieselben wird das Uriniren all-mälig immer mehr erschwert, so dass es zuletzt nur in einzelnen Tropfen erfolgt. ') Oft besteht Ausfluss einer stinkenden Materie. Beim weitern Verlauf entstehen beim Rindvieh fast immer, bei Pferden zuweilen, bei Hunden selten Geschwüre oder auch warzenähnliche Auswüchse, oder auch Verdickungen und Zusammenschnürungen an verschiedenen Stellen der iimeru Fläche der Vorlaut und dabei Ausfluss von Eiter, oder Jauche mit Blut gemengt. Hierdurch wird bei Stubenhunden gewöhnlich der Fussboden an allen Stellen, an welchen die Thiere liegen, besudelt und dadurch der Eigenthümer auf das wichtige Leiden aufmerksam. Bei diesem Grade des Uebels pflanzt sich die Entzündung und Ulceration zuweilen auf das männliche Glied und auf das Zellgewebe in der Hornhaut fort; ersteres wird mehr oder weniger zerstört, die Vorhaut wird verdickt und zuweilen bilden sich Fisteln in derselben. Die Thiere zeigen bei diesem höhern Grade des Uebels oft schon beim Stillstehen ihren Schmerz durch in die Höhe Biegen des Rückens oder durch Auseinanderstellen der Füsse, beim Uriniren strengen sie sich sehr an und stöhnen, sie liegen viel, verlieren den Appetit, magern ab und in den meisten Fällen ist ihr Puls fieberhaft. #9632;— Die Diagnosis der verschiedenen örtlichen Zustände ist im Anfange und bei einem geringeren Grade des Uebels zuweilen sehr schwierig. Gewöhnlich muss man hierzu die Thiere auf den Rücken legen und die Vorhaut mit Gewalt umstülpen oder sie sogar aufspalten.
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') Rohlwess, der diesen Zustand zuerst beschrieben, bezeichnet ihn als eine Art von Fäulniss der Ruthe, wobei letztere in kleine Stücke, wie mulmichtes Holi, zerfällt (Vieharzneibuch, 9te Aufl. S. 194). Diese Stücke sind aber nur die vertrockneten ausgeschwitzten Stoffe.
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Entzündung der Vorhaut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 163
B. Die Entzündung des männlichen Gliedes kommt bei dem Pferde äusserst selten, und bei den übrigen Thiereu weit seltener vor als die Entzündung der Vorhaut. Sie entsteht durch mechanische Verletzungen, welche die Thiere zuweilen durch Schläge, oder bei ungeschickter oder zu vieler Ausübung des Begattungsaktes erleiden, zuweilen auch durch einen Stein in die Harnröhre, oder durch Infiltration des Urins nach Verletzungen der Harnröhre, zuweilen auch dadurch, dass die Vorhaut sich über das aus derselben hervor-gestrecktc Glied stark zusammenzieht und dasselbe einschnürt (Para-phimosis), namentlich so bei Hunden. Zuweilen scheint ein Luftmiasma die Entstehung zu begünstigen (namentlich bei Zuchthengsten), und oft beschuldigt man die Ansteckung durch die Begattung mit weiblichen Thieren, welche an chronischer Entzündung und an Schleimfluss der Genitalien leiden.
Die Symptome dieser Entzündung sind: Anschwellung des Gliedes mit vermehrter Wärme, mit Schmerz und dunkler Röthung oder mit starkem Glanz der Oberfläche, wobei das Glied gewöhnlich zum Theil aus der Vorhaut hervorragt und nicht in dieselbe zurückgezogen werden kann. Zuweilen ist auch das Uriniren mehr oder weniger erschwert, so dass die Thiere bei demselben unruhig werden, hin und her trippeln oder mit den Füssen kratzen. Selten ist auch Fieber mit zugegen. In manchen Fällen hängt bei Hengsten das Glied scldair aus der Vorhaut, in andern hängt es straff, nach hinten gekrümmt aus derselben und bei Hunden steht es oft dunkelroth und angeschwollen hervor. — In denjenigen Fällen, wo die Entzündung des Gliedes in Folge der Reizung bei der Begattung entstanden (bei der sogenannten gutartigen Beschälkrankheit), finden sich zu den übrigen Entzüudungssyinptomeu noch weisse oder gelbliche Bläschen, welche an verschiedenen Stellen des Penis an einem Tage oder während mehrerer Tage entstehen, nach kurzer Zeit bersten und mit braunen Schorfen betrocknen oder auch kleine Geschwfirchen mit dunkelrothem Grunde bilden, welche auch nach kurzer Zeit sich mit Schorfen bedecken. Nach dem Abfallen der Schorfe bleiben fur lange Zeit weisse Flecke zurück. Oft besteht dabei ein gelindes Fieber. ') Diese Entzündung ist oft mit der Entzündung der Vorhaut verbunden und es sind dann die im Vorstehenden angegebenen Symptome zugleich wahrzunehmen.
Verlauf und Ausgänge der Vorhautentzündung sind in dem Vorhergehenden zum Theil angedeutet. Nach leichten mechanischen Verletzungen verliert sich die Entzündung gewöhnlich sowohl an der Vorhaut wie auch am Gliede in wenigen Tagen, und bei der mit Bläschen verbundenen Entzündung erfolgt die Heilung in 14 Tagen, höchstens 3 Wochen. Bei heftigen Entzündungen des Gliedes kann, besonders in Folge von andauernder Einschnürung oder grober Ver-
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') Diese mit Bläschenbildung begleitete Entzündung der Haut des Penis sollte man nicht als Beschälkrankheit, sondern als Bläschenausschlag der Geschlechtstheile bezeichnen. Siehe Magazin für d. gesammte Thierheilknnde Bd. XHI. S. 373.
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letzung auch Brand eintreten, und man muss dies um so mehr be-Jürchten, wenn das Glied stark angeschwollen, missfarbig und kalt, dabei vielleicht noch mit Bläschen besetzt erscheint. Es kann dann ein Theil der Ruthe verloren gehen, das Thier zur Zucht unbrauchbar werden oder selbst an dem brandigen Fieber und an Harnverhaltung sterben. Die chronisch gewordenen Entzündungen sind immer hartnäckig, besonders wenn die Hindernisse des Hervorstreckens des (iliedes und die wiederholte Verunreinigung der Vorhaut durch den Urin nicht gehoben werden. Dies ist gewohnlich nur mit Spaltung der Vorhaut möglich, und ebenso können Warzen und Geschwüre, sowie die verhärteten Ausschwitzungen im Schlauche der Ochsen, nur auf operative Weise entlernt und zur Heilung geführt werden. Letztere gelingt in der Regel, wenngleich zuweilen der ulcerirte Penis theilweis entfernt werden muss.
Die Behandlung der bezeichneten Uebel muss theils nach dem Grade und nach der Natur der angedeuteten verschiedenen Folgen derselben verschiedentlich ausgeführt werden. In jedem Falle hat man aber zunächst die Ursachen, insofern dieselben noch fortwirken, zu beseitigen. In letzterer Hinsicht muss man im Anfange des Uebels bei solchen Thieren, welche Erkältungen häufig ausgesetzt sind, die Patienten in einen warmen trocknen Stall bringen und stets für reine trockne Streu sorgen; wenn die Thiere auf saurer, sumpfiger Weide ihre Nahrung suchen mussten, ändert mau dies durch Stallfiitterung, oder durch eine bessere Weide. Besteht Verengerung der Vorhaut, so muss diese bei Zeiten an der abhängigsten Stelle so weit aufgeschnitten werden, dass einerseits der Urin beständig frei ausgeleert, andererseits die nöthigen Reiniguugs- und Heilmittel leicht applizirt werden können. Anhäufungen von Talgscbmiere, sowie fremde Körper müssen entfernt, die Einschnürung der \ orhaut auf dem männlichen Gliede muss entweder durch einfache Znrückbringung des letztern oder nöthigenfalls durch einen Einschnitt in die Vorhaut gehoben werden. Man hält die Kranken entfernt von brünstigen weiblichen Thieren, weil sie durch die letztein aufgeregt und zu Reibungen au den entzündeten Theilen veranlasst werden. Die Ausübung der Begattung hindert man gänzlich, theils wegen der durch sie erzeugten Reizung, theils auch wegen der möglichen Ansteckungsgefahr für die weiblichen Thiere.
Bei Pferden, welche mit dieser Entzündung im ersten Stadium behaftet sind, wendet man nach Beseitigung der Ursachen Waschungen und Einspritzungen in den Schlauch von kaltem Wasser, von schwachem Bleiwasser, von einer recht verdünnten Auflösung von Zinkvitriol, oder bei heftigen Schmerzen und grosser Trockenheit der Theile von schleimigen Flüssigkeiten an. 1st es Sommer und erlaubt die Gelegenheit es, so kann man sehr einfach die Thiere in kaltes Wasser bis an die Hälfte des Leibes stellen und dies durch einige Tage fortsetzen. Bei grosser Anschwellung der Vorhaut kann man dieselbe scarifiziren. — 1st das Uebel bereits bis zur vermehrten Absonderung von Schleim gediehen, so kann man Injectionjn von einer Auflösung des Bleizuckers in Verbindung mit einer Auflösung von schwefelsaurem Zink anwenden. Bilden sich Geschwüre und besteht
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Entzündung der Vorhaut. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 165
Ausfluss von wirklichem Eiter oder Jauche, so benutzt man Auflösungen von Kupfervitriol (%ß zu 1 W), oder von Lapis divinus (3ij auf ^-tt Flüssigkeit), oder von Chlorkalk {%ß zu gvj) in Wasser oder in aromatischen Infusionen. Kann man die (beschwüre einzeln erreichen und berühren, so ist es zweckmassig, sie mit Aloe- oder Myrrhentinktur zu betupfen, oder sie mit Lapis infernalis oder mit dem Glüheisen oberflächlich zu kautcrisiren; sind sie ohne Weiteres nicht zu erreichen, so spaltet man die Vorhaut bis zu der kranken Stelle auf. Sind Strikturen, Schwielen oder warzige Auswüchse in der Vorhaut, so ist das Aufspalten der letztern bis über die kranken Stellen hinauf wesentlich nöthig, worauf man die Warzen mit der Scheere wegschneidet und die Stellen, wo sie wurzelten, mit dem glühenden Eisen berührt, die Schwielen aber von Zeit zu Zeit mit grauer iMerkurialsalbe oder mit grüner Seife bestreicht. Die weitere Behandlung der eingetretenen Eiterung oder Schwärung muss, je nach den Umständen, mit umstimmenden austrocknenden oder selbst mit ätzenden Mitteln bewirkt weiden.
Bei dem Rindvieh muss die Behandlung nach Entfernung der etwa entdeckten Ursachen und nach Verbesserung der Nahrungsmittel in der Regel mit dem Aufspalten der von Natur sehr engen Vorhaut beginnen. Dieses Aufspalten geschieht so weit, wie die Spitze des Gliedes zurückgezogen ist, damit auch hier der Urin stets einen freien Abfluss erhält. Hierauf wendet man Einspritzungen von kaltem Wasser, oder wenn bereits schleimig-eitrige Absonderung besteht, Einspritzungen von lauwarmem Wasser an; finden sich bereits hautähnliche verdickte Ausschwitzungstnaterien, so müssen fleissig wiederholte Einspritzungen von lauwarmem Seifenwasser oder von einer Auflösung von Pottasche gemacht werden, um diese krankhaften Massen zu erweichen und von der gesunden Substanz zu entfernen. Hierauf wendet man Goulard'sches Bleiwasser, oder eine Auflösung von Zincum oder Cuprum sulphuricum durch einige Tage fortgesetzt an und wiederholt bei neuen Ansamminngen der exsudirten Stoffe die Reinigung mit Seifenwasser u. s. w. Bei vorhandenen Ulcera-tionen linden die bei diesem Zustande der Pferde bereits genannten Mittel ihre Anwendung; Lanotte empfiehlt ausserdem noch hierbei das 01. Terebinth, oder ein Gemenge von demselben und dem 01. Betulinum (Birkentheer), oder auch den Holzessig. Die Wundränder nach dem Aufspalten muss man mit concentrirter Bleisalbe verbinden, damit sie bald verhärten und nicht wieder zusammenwachsen, wozu sie immer eine grosse Neigung besitzen.
Bei Schweinen hat man zunächst auf etwa vorhandene Harnsteine in der Vorhaut zu achten und dieselben zu entfernen, hierauf die Vorhaut beim Anfange des Uebels mit schleimigen Flüssigkeiten öfters zu befeuchten, später aber Injectionen von Bleiwasser zu machen. Erreicht das Ucbel einen höhern Grad und findet sich Eiterung, so muss man die Vorhaut bis zur Spitze des männlichen Gliedes aufspalten und übrigens in ähnlicher Weise verfahren, wie vorstehend angezeigt ist. Eine innerliche Behandlung ist bei diesen Thieren gewöhnlich nicht erforderlich.
Bei den Hunden wendet man Injectionen von Bleiwasser oder
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166nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung der Vorhaut. Behandlung.
einer schwachen Zinkvitriollösung, oder auch von einem Gemenge von beiden so lange an, als das Uebel noch ft-isch erscheint. Besteht Einschnürung des männlichen Gliedes durch die über dasselbe zurück-gestreifte Vorhaut, so kühlt man die letztere und das Glied etwa durch 8—10 Minuten lang mit eiskaltem Wasser, drückt dann das Glied mit den Fingerspitzen etwas zusammen und zieht die Vorhaut kräftig über dasselbe hervor. Gelingt dies bei wiederholten Versuchen nicht, so sucht man die Spitze einer Hohlsonde entweder auf dem Rücken des Gliedes oder an dessen unterer Seite zwischen beide Theile zu schieben und spaltet dann mit einem Bistouri auf der Sonde die Vorhaut 2—4 Linien tief ein, worauf die Zurückbringung des Gliedes leicht geschehen wird. #9632;— Ist die Entzündung und die schleimeitrigc Absonderung bereits chronisch geworden, so macht man Injcctionen in die Vorhaut von Cuprum sulphuricum (2'—5 gr. auf oj Wasser), oder von Lapis divinus (eben so stark), oder von Lapis infernalis (^—2 gr. auf sect;j destillirteu Wassers). Findet man im Innern der Vorhaut warzeuähnlichc Auswüchse in der Höhle der Vorhaut, so müssen dieselben von der Schleimhaut abgeschnitten werden. Zu diesem Zwecke kann man die Vorhaut entweder bis über die zwiebelartige Verdickung des männlichen Gliedes zurückstreifen und die Operation ausführen, oder auch, weil das Zurückstreifen in manchen Fällen nicht ausführbar ist, die Vorhaut an ihrer untern Seite, in der Gegend, wo die Warzen sich befinden, durch einen Längenschuitt von circa einem Zoll Länge spalten und die Exstirpa-tion dann durch die nach beiden Seiten auseinandergezogene Wunde ausführen, darauf aber die Wunde durch die blutige Naht wieder vereinigen. In der Regel dauert aus den kleinen Wunden nach der Entfernung der Warzen noch durch einige Zeit die Absonderung von Eiter und Jauche fort, und es ist deshalb nach der Operation noch nöthig, öfters wiederholte Injectionen von geliud aromatischen oder auch von adstriugirenden Mitteln zu machen.
Wenn bei einem Thiere das männliche Glied brandig oder gelähmt oder durch Geschwüre in hohem Grade zerstört worden ist, so muss der entartete Theil amputirt werden. Dies geschieht, nachdem das Thier niedergelegt und gehörig gefesselt ist, an dem hervorgezogenen gesunden. Theile des Gliedes durch Abschneiden mit einem Bistouri oder mit einem messerförmigen Brenneisen und gehörige Blutstillung. (Siehe Krebs des Gliedes.)
Neben der örtlichen Behandlung ist es in vielen Fällen auch nöthig, innerliche Mittel, dem verschiedenen Zustande entsprechend, anzuwenden, wie z. B. bei heftiger Entzündung antiphlogistische Salze, bei chronischer Entzündung von Zeit zu Zeit wiederholte Purgirmit-tel, bei katarrhalischen Zuständen der Hunde Brechmittel, in denjenigen Fällen, wo saure Nahrungsmittel vorausgegangen sind, bittere und alkalische Mittel, und da, wo allgemeine Schwäche und Cache-xie sich zeigt, bittere und aromatische Mittel, Eisenmittel u. dgl.
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Zwölftes Capitel.
Die Entzündung der Milchdrüsen oder des Euters. Mastitis.
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Diese Krankheit kommt bei den weiblichen Thieren von uusern sämmtlichen llausthieren vor, am häufigsten jedoch bei dem Rindvieh und ausserdem bei Schaalen, bei welchen letzteren sie auch seuchenarüg auftritt. In der Kegel befällt sie die Thiere zur Zeit der reichlich vermehrten IMilchsecretiou, sehr selten in der Zeit, wo diese Secretion schweigt und die Function der Euter nicht in erregtem Zustande besteht. Sie ergreift zuweilen nur eine iVlilchdriise, zuweilen aber auch beide, und bei Hunden und Schweinen leidet zuweilen die gauze Reihe dieser Drüsen au einer Seite des Körpers. Oft ist die Entzündung auf das Euter beschränkt, in anderen Fällen leiden die Zitzen (Striche) mit und nicht selten sind diese allein ergriffen. Ausserdem entwickelt sich die Entzündung zuweilen an dernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i Oberfläche der Drüsen und in der sie bedeckenden Haut, aus oberflächlichen mechanischen oder aus anderen Ursachen, so dass sie einen traumatischen, oft einen lothlaufartigen oder auch einen exan-thematischen Charakter besitzt; in anderen Fällen ergreift sie mehr oder weniger das ganze Drüsengewebe und hat dabei bald einen phlogistischcn, aktiven, bald mehr einen erethischen, und häufig einen asthenischen Charakter. Endlich tritt sie noch entweder einfach, oder in Verbindung mit rheumatischen und gastischen Krankheiten, und zuweilen auch mit dem sogenannten Einschuss an den Hinter-schenkcln auf. Hiernach ist das Krankheitsbild in den einzelnen Fällen etwas verschiedenartig. •—#9632;
1)nbsp; Besteht nur eine oberflächliche, erysipelatöse oder exanthe-matische Enterentzüng, so erscheint' das Euter wenig geschwollen, dabei aber, wenn sonst die Haul weiss ist, dunkel geröthet, zuweilen selbst bläulich roth und an einzelnen Stellen zuerst mit kleinen Knöt-chen, später wohl auch mit Pusteln besetzt. In letzterem Falle pflegt man den Zustand mit dem Namen Euterausschlag zu bezeichnen. Derselbe erscheint bei Rindvieh und Schaafen oft in Verbindung mit dem sogenannten IMaulweh oder auch mit dem epizootischen Klauenweh. I)ie Bläschen bersten nach einigen Tagen und vertrocknen zu gelblichen oder bräunlichen Schorfen, welche mit ungefähr 10 bis 14 Tage nach dem Entstehen der Entzündung wieder abfallen. Die Entzündung verschwindet gewöhnlich mit dem Eintritt der Bläschen, selbst wenn keine Heilmittel angewendet worden sind. Die Milchabsonderung wird dabei in den meisten Fällen sehr wenig gestört, doch zeigen manche Thiere beim Melken Schmerz und suchen die Milch an sich zu halten.
2)nbsp; Bei der tiefer gehenden Euterentzündung bemerkt man bald nur an einem Theile eines Euters oder einer Milchdrüse, zuweilen aber auch in deren ganzen Umfange eine dunklere Röthung der Haut, heisse und schmerzhafte Anschwellung und Fieber. In den meisten
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Fällen leidet der Theil des Euters unmittelbar über den Zitzen am heftigsten, und oft sind die letzteren auch selbst bedeutend angeschwollen. Dabei stehen und gehen die Thiere mit breit auseinandergehenden Füssen, zuweilen lahmen sie auch mit dem Fuss der leidenden Seite mehr oder weniger stark. Beim Melken oder beim Säugen ihrer Jungen zeigen die Alutterthiere grossen Schmerz, krümmen sich mit dem Leibe von einer Seite zur anderen, schlagen mit den Füssen und suchen sich überhaupt jenen Geschäften zu entziehen; dabei bemerkt man, dass eine mit röthlichem Serum und mit gelblichen geronnenen Flocken gemengte iMilch ausgeleert wird und zuweilen geht auch Blut mit derselben ab. Beim weiteren Verlauf con-centriren sich gewöhnlich die Entzündungssymptome an einem oder dem anderen Funkte des Euters, derselbe wird allmälig härter, tritt begrenzt an der Oberfläche hervor, und bald schneller, bald langsamer bildet sich in ihm Fluctuation. In allen Fällen nehmen die Entzündungssymptome allmälig an Heftigkeit ab und es erfolgt Zerthei-lung oder auch Verhärtung. Bei einem sehr hohen Grade der Entzündung hört die Milchsecretion gänzlich auf. Das Uebcl tritt oft plötzlich mit grosser Heftigkeit auf und wird dann vom Volke hin und wieder als Eiuschuss bezeichnet.
Bei säugenden JVlutterschaafen findet sich zuweilen, wie oben augedeutet, die Euterentzünduug in einer Heerde seuchenartig ein und besitzt dann einen eigenthümlichen, zum Brande disponirenden Charakter und höchst akuten Verlauf. Dieselbe nimmt gewöhnlich ihren Anfang um eine Zitze und verbreitet sich von liier aus nach allen Richtungen über die ganze Milchdrüse der einen Seite. Sie äussert sich an der Haut durch leichte Köthe und unter derselben durch massig harte Geschwulst, aber sehr heftigen Schmerz. Dabei tröpfelt in der ersten Zeit aus der kranken Zitze ein dünnes Milchwasser und beim angebrachten Druck kommt auch der käsige Theil der zersetzten Milch zum Vorschein. Dabei stehen die Thiere traurig mit gesenktem Kopfe, hängenden Ohren, gekrümmtem Rücken und weit auseinander gespreizten Hinterfüssen; sie sind nur mit Mühe in Bewegung zu bringen und gehen mit den Hinterfüissen gespannt oder selbst hinkend. Versuchen die Lämmer an dem entzündeten Euter zu saugen, so sinken die Mütter von Schmerz überwältigt zu Boden und können dann ohne Hülfe nicht aufstehen. Wenn, wie oft, nur ein Euter leidet, so giebt trotz dieser heftigen Zufälle das andere Euter in der Regel noch gute Milch. Zuweilen bildet sich ein Abscess; in den meisten Fällen aber fliesst nach etwa 16—24 Stunden aus der Zitze der leidenden Seite eine röthliche oder bräunliche, stinkende Flüssigkeit, welche man als Zeichen des in der Tiefe bereits eingetretenen kalten Brandes betrachten kann. Denn obgleich die leidende Hälfte des Euters an der Oberfläche noch warm erscheint, so erfolgt doch nicht selten der Tod der Thiere nach 2 — 5 Tagen, und man findet dann bei der Section die Milchdrüse an ihrer oberen Fläche vom Brande mehr oder weniger zerstört.
6) Wenn die Zitzen von der Entzündung ergriffen sind, schwellen sie an, werden sehr gespannt, derb, oft sogar steif, die Haut ist
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Entzündung der Milchdrüsen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;169
dunkelroth, meist glänzend, ti-ocken, rissig oder schrundig, zuweilen in den Schrunden feucht; die Schmerzen sind gross, weshalb die Thiere das Melken und das Saugen nicht dulden wollen, sondern sich widersetzen. In Folge dessen bleibt die Milch zurück, die Euter schwellen an und die Schmerzen werden vermehrt, so dass die Thiere auch hier zuweilen mit den Füssen breit uud lahm gehen.
J)ie Ursachen der Euterentzündung bestehen häufig in mechanischen Verletzungen, welcho die Thiere durch Stösse, Schläge, Insektenstiche , durch Quetschungen beim ungeschickten Melken oder oder auch durch ein heftiges Zerren und Stossen der jungen Thiere beim Saugen erleiden; in anderen Fällen sind Erkältungen, besonders durch Zuglull im Stalle und durch Nässe und durch Ulireinlichkeit des Fussbodens erzeugt, an dem Uebel Schuld. Sehr oft entsteht dasselbe in Folge einer zu grossen iMilchanhäufung im Euter, nach mangelhaftem Ausmelken, oder wenn die Jungen erkrankt oder abgesetzt sind. Beim Rindvieh trägt auch zu reichliches Futter, besonders durch Getreide und ohne allmälige Angewöhnung eines solchen Futters zum Entstehen des Uebels bei. Die seuchenartige Euterentzündung ist durch ein nicht näher zu bezeichnendes Miasma innbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ! der Atmosphäre bedingt.
Die Ausgänge sind 1) Zcrtheilung, welche bei der oberflächlichen Euterentzündung gewöhnlich und bei der tiefer sitzenden Entzündung in den meisten solchen Fällen eintritt, wo' die Krankheit nur in einem gelinden Grade besteht, aus mechanischen und rheumatischen Ursachen entstanden ist uud zweckmässig behandelt wird. #9632;-- 2) Eiterung, welche in denjenigen Fällen entsteht, wo grobe mechanische Verletzungen stattgefunden haben und wo die Krankheit nicht in den ersten zwei bis drei Tagen zweckmässig behandelt worden ist. — 3) Ausschwitzung und Verhärtung, die in sehr vielen Fällen, bei gelinden und bei heftigen Entzündungen, entsteht und bald auf kleine begrenzte Stellen, bald auf einen grösseren Umfang des Drflsengewebes sich erstreckt. Im erstereu Falle bilden sich sogenannte IMilchknoten, im letzteren Falle aber entsteht ein sogenanntes Fleischeuter; die Milchknoten können in verschiedener Anzahl vorhanden sein, und in ihrer Umgebung das Drüsengewebe eine weichenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Itj
Beschaffenheit besitzen, wobei gewöhnlich auch die Milchsecretion noch fortbesteht, wenngleich in manchen Fällen -weniger reichlich als vor der Entzündung. Bei der fleischartigen Verhärtung hört dagegen die Milchabsonderung in dem betreffenden Theile des Euters gänzlich auf und in Folge dessen wird die Milchergiebigkeit einesnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 11.
Thieres bedeutend vermindert oder auch gänzlich unterdrückt. — ' 4) Verwachsung der Zitzen. Dieselbe entsteht durch Ausschwitzung von Faserstoff an der serösen Haut, welche den Ausführungskaual in der Zitze auskleidet; ausserdem wird diese Verwachsung auch durchnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; U,
die geronnenen Bestandtheile, welche in dem Kanal stocken und sichnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; f
mit dem ausgeschwitzten Faserstoff verbinden, begünstigend und da-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '
her durch das unvollständige Ausmelken während der Krankheit sehr befördert. Die Verwachsung des Kanals erfolgt oft nur an einer kleinen Strecke, zuweilen aber auch an dem ganzen Kanal. Sie giebt sich dadurch zu erkennen, dass man die Zitze, so weit die Verwach-
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Entzündung der Milchdrüsen, Behandlung.
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sung sich erstreckt, in ihrer Mitte mit einem harten Bindfaden ver sehen fühlt, und ausserdein durch die fluetuirende Anschwellung des Euters unmittelbar über der Zitze. — 5) Brand. Dieser ist bei der Euterentzündung im Allgemeinen, und beim Rindvieh besonders, ein nicht häufiger Ausgang; dagegen kommt er bei der akuten Entzündung des Euters der SchaaCc sehr häufig vor.
Die Beurtheilung ist in denjenigen Fällen, wo Zertheilung zu hoffen ist, günstig; bei Eiterung erfolgt zwar ebenfalls die Heilung in vielen Fällen mit Erhaltung einer ungestörten Function der Milchdrüse, da sehr oft die Absccsse sich nach innen in den Milchkanal entleeren, oder auch leicht geöffnet werden können; in manchen Fällen jedoch bilden sich hartnäckige Geschwüre mit mehr oder weniger callösen Rändern öder mit wuchernder Granulation; oder es bleiben Fisteln zurück, und in allen diesen Fällen erfolgt die Heilung nur schwer und die Milchsecretion oder auch das Säugen der Jungen wird dadurch gestört. Bei entstandenen Milchknoten hängt die Störung von der grösseren oder geringeren Zahl derselben und von der Beschaffenheit der übrigen Masse des Euters ab. Die Heilbarkeit der Knoten ist, wenn dieselben frisch eiiistanden und der Haut nahe liegend sind, zu hoffen, aber nicht mit Sicherheit zu versprechen. Fleischähnliche Verdickungen der Drüsensubstanz sind nur im frischen Zustande möglicherweise noch heilbar, im Allgemeinen aber weit hartnäckiger als die Milchkuoten. Verwachsungen der Auslührungs-gänge in den Zitzen können durch operative Hülfe in den meisten Fällen wieder gelöst und beseitigt weiden; man wird bei ihrer Beurtheilung aber jeder Zeit den Znstand des Euters selbst berücksichtigen müssen. Brand ist, wie in -anderen Organen, so auch hier, stets der übelste Ausgang; jedoch ist die Beurtheilung verhälnissmäs-sig noch am günstigsten zu machen, wenn derselbe bei grossen Haus thieren in Folge von mechanischen Verletzungen entstanden, oberflächlich und auf einen kleinen Theil beschränkt ist; bei kleinen Thieren, und namentlich bei der oben bemerkten akuten Euterentzünduug der Schaale fuhrt der Brand stets Lebensgefahr mit sich. In dem Verhältniss, wie beide Milchdrüsen nur zum Theil oder ganz durch den Brand zerstört sind, ist das betreffende Thiere fernerhin zur Zucht oder zur iVlilchnutzung möglicherweise noch brauchbar oder völlig unbrauchbar.
Die Behandlung. Bei der oberflächlichen, exanthematischen Euterentzündung ist in den leichteren Fällen kaum etwas anderes zu thun, als die Thiere ruhig und bei wenigem und leichtem Futter zu halten und die Euter täglich zwei- bis dreimal gründlich auszumel-ken. Letzteres muss überhaupt bei jeder Euterentzündung geschehen, nöthigenfalls mit Hülfe von Zwangsmitteln, aber mit möglichster Schonung des Euters; bei den höheren Graden dieser Entzündung befeuchtet man das Euter mit lauwarmen, schleimigen Flüssigkeiten, oder mit lauwarmer Milch, bis die Spannung und die Schmerzen nachlassen. Dabei muss man innerlich geliud ablührende Salze verabreichen und die Thiere auf magere Diät setzen, und das Melken muss regelmässig fortgesetzt werden.
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Trägt die oberflächliche Entzündung einen erysipelatösen Charakter an sich, ist sie mit dem sogenannten Einschuss der Hintcr-schenkel verbunden, so muss die Hauptbehandlung durch innerliche Mittel in der Art geschehen, wie dies bei dem Kothlauf (S. 85, 86) angegeben ist; namentlich giebt man Abführungsmittel, bis hinreichendes Laxiren erfolgt ist, bei Hunden und Schweinen auch Brechmittel. Oertlich vermeidet man Kälte und Nässe und macht Umschläge von trocknen Kräuterkissen. Gut genährten Thieren und wenn ein Fieber mit entzündlichem Charakter zugegen ist, kann man auch einen Aderlass machen.
Bei der traumatischen und tiefer in das Parenchym der Drüsenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i
eingreifenden Entzündungen hat man, je nach dem synochösen oder anderweitigen Charakter und nach dem Grade derselben zu verfahren. Zunächst macht man bei dem synochösen Charakter einen reichlichen Aderlass (bei Kühen ebenfalls aus der sogenannten Mlchader), giebt innerlich laxirende und kühlende Salze in hinreichend grossen Gaben, und, wenn Erkältungen die Ursachen sind, verabreicht man nach eingetretenem Laxiren den Brechweinstein mit einem Infusum von Fliederblumen und Kamillenblumpn. Oertlich kann man, wenn die Entzündung sehr heftig ist, einige Scarificationen machen, oder bei kleinen Thieren auch 3-—6 Blutegel appliciren. Hierauf befeuchtet man das Euter recht fleissig mit einer Auflösung von Kali car-bonicum oder von weisscr Seife in Wasser oder iUilch (Jj auf 4 Pfd. Flüssigkeit) oder mit einer Auflösung von Salmiak (Jj zu 2 Pfund). Blcimittel, überhaupt adstringirende Mittel sind uuzweckmässig. 1st die Hitze sehr gross, so kann man auch Umschläge oder einen Anstrich von einem dünnen Lehmbrei inachen. Bei mehr- erethischem Charakter benutzt man Breiumschläge, Befeuchtungen oder Dunstbäder von schleimigen und narkotischen Pflanzen; die ersteren werden von manchen Thieren nicht geduldet, wo sie aber anzubringen sind, leisten sie immer mehr als die Waschungen. Man wendet sie entweder in locker gefüllten Beuteln an, welche mit Bändern sowohl von vornher an den Seiten des Leibes zum Rücken geführt und hier zusammengebunden, wie auch an ihrem hinteren Ende zwischen den Hinterbacken in die Höhe geführt und mit den ersteren vereinigt werden; oder mau legt den Kräuterbrei auf ein vierzipfliges Tuch und befestigt den vorderen Zipfel desselben unter dem Bauche an einen umgelegten Bauchgurt, führt das hintere Ende nach rückwärls in die Höhe und befestigt es an einen mit dem Bauchgurt verbundenen Schwanzriemen, die beiden seitlichen Zipfel werden an den Flanken in die Höhe geführt und über den Lendenwirbel zusammengebunden. — Bei torpidem Charakter der Entzündung applicirt man Umschläge von aromatischen Mitteln und befeuchtet dieselbe mit Aschenlauge. In denjenigen Fällen, wo Umschläge nicht angewendet werden können, macht man Einreibungen, bei dem synochösen Charakter von warmem Fett oder Oel, bei dem erethischen Charakter von Oleum Hyoscyami coct., oder von einem Gemenge von einem milden Oel mit Extract. Hyoscyami oder Extract. Belladonnae, — und bei asthenischem Charakter von Ung. Althaeae, grüner Seife
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oder grauer Merkurialsalbe ') allein oder noch besser in Verbindung mit Kampherliniment. Diese Behandlung der Entzündung bei ververschiedenen Charakteren derselben wird so lauge fortgesetzt, bis Zertheilung eingetreten ist, oder bis eine bestimmte Tendenz zu einem anderen Ausgange wahrzunehmen ist.
Zeigen sich Spuren von Abscessbildung, so sucht man dieselbe dadurch zu befördern, dass man Ung. Althaeae oder geschmolzene Butter oder Fett in recht warmer Temperatur von Zeit zu Zeit wiederholt auf die zur Eiterung neigende Stelle streicht und dabei warme Breiumschläge von schleimigen Mitteln anwendet. Ist aber die Tor-pidität sehr gross, so kann mau selbst die Cantharidensalbe aufstreichen. Ist der Abscess reif, und liegt er nicht nahe unter der Haut, so öffnet man ihn baldigst durch einen grosseu Einschnitt, um Senkungen und Fistelgänge zu verhüten. Den geöffneten Abscess reinigt mau täglich ein- bis zweimal mit lauwarmem Wasser und setzt die Breiumschläge, wie vorher, fort, bis die Höhle grösstentheils mit guter Granulation ausgefüllt ist. 1st der Eiter dünn und jauchig, so kann man den Abscess an seiner inneren Fläche mit Lapis inlernalis bestreichen oder ganz leicht mit dem Glüheisen betupfen, und dann Umschläge oder öftere Befeuchtungen von aromalischen Mitteln anwenden, worauf gewöhnlich der Zustand sich bald bessert und die Heilung erfolgt. Fette und Salben scheinen von der blossgclegten Drüsensubstanz in diesen Abscessen nicht gut ertragen zu werden, da nach ihrer Anwendung unter den bezeichneten Umständen die Eiterung nicht gebessert, dagegen aber die Verjauchung befördert worden ist. Zuweilen sind mehrere Abscessc auf einem kleinen Räume und nur durch dünne Wände von einander getrennt. In die-Falle ist es zweckmässig, ihre Oeffnungen durch ein Paar grössere Schnitte zu vereinigen. Jeder nur einigermassen tiefe Abscess muss mit der Sonde untersucht, und wo sich Eitergänge finden, müssen dieselben vollständig aufgespalten werden.
Sind Knoten im Euter nach Beseitigung der Entzündung zurückgeblieben, so sucht man dieselben aufzulösen und zu zertheilen. Hierzu benutzt man, so lange grosse Empfindlichkeit noch am Euter wahrzunehmen ist, das täglich zweimal wiederholte Einreiben der grauen Merkurialsalbe mit Zusatz von Extr. Hyoscyami oder Exlr. ßelladonnae, oder einen Brei von weisser Seife und Wasser mit Zusatz von diesen Extrakten und streicht denselben etwa 2 Linien dick auf die knotigen Stellen. Oder man macht Umschläge von erweichtem Brot mit Safran. Ist die Empfindlichkeit im Euter gering, so ist die Jodsalbe, für sich oder abwechselnd in Verbindung mit grüner Seife, oder mit Zusatz von Kali carbonicum oder mit Kampher zu benutzen. Bei recht, hartnäckigen Knoten hat sich auch das Ung. oder das Empl. Cantharidum sehr wirksam gezeigt, indem in manchen Fällen baldige Zertheilung, zuweilen aber auch Eiterbildung in
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') Bei Wiederkäuern mit Vorsicht d. h. in massiger Menge und nicht lange fortgesetzt.
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Entzündung der Milchdrüsen, Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;173
dem Knoten und hierdurch die Auflösung desselben und dann die Heilung des Abscesses stattland.
Bei sogenannter lleischartiger Verhärtung der Milchdrüsen benutzt man dieselben Mittel, welche soeben gegen die Knoten angegeben worden sind. Entsteheraquo; Verwachsungen der Ausführungskanäle in den Zitzen, so sucht man dieselben zuerst mittelst einer Sonde
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zu trennen und legt dann eine mit Blei-Cerat bestrichene Darmsaite
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in sie; die Saite -wird mit ihrem äusseren Ende durch ein Stückchen Heftpllaster an das Euter befestigt uad in ihrer Lage erhalten. Ist aber die Verwachsung bereits vollständig geschehen, und zwar entweder au einem kleinen Theil oder an dem ganzen Kanal, so bleibt nichts anderes übrig, als denselben von dem Ende der Zitze her bis zur sogenannten Milchkaminer mit einem dünnen Troikar zu durchbohren. Zu diesem Zwecke zieht man die Zitze in gerader Richtung von dem Euter nach abwärts herunter, um sie anzuspannen, drückt dann den Troikar mit seiner Spitze in die Mündung des Ausführungsganges und schiebt ihn in der Mittellinie der Zitze allmälig immer tiefer vorwärts bis zu dem bezeichneten Punkt, hält dann die Röhre fest, entfernt das Stilet und befestigt die Röhre mittelst Bänder, welche durch die Oeffnungen an ihrem Qucrblatt gezogen sind, * und mittelst Heftpflaster an das Euter. Nach drei Tagen entfernt mau die Röhre und bringt mittelst einer Eeder oder mittelst einer Saite etwas Bleisalbe in den Kanal. Dies kann durch fünf bis acht Tage fortgesetzt werden, und dabei muss immer fleissiges Ausmelken stattfinden.
Droht Brand, besonders bei der oben bezeichneten Euterentzündung der Schaafc, so macht man zeitig die Einschnitte in der Eän-genrichtung des kranken Eutertheils, und zwar so tief, bis die Thiere lebhallen Schmerz zeigen. Die entstandene Blutung befördert man durch Befeuchten der Schnittwunden mit lauwarmem Wasser. Hierwendet man eine Auflösung von Chlorkalk in '^ assec oder in einem aromatischen Infusum oft wiederholt an; und wenn wirkliche Abster-bung besteht, befeuchtet man die Schnittwunden mit Kampherspiritus, oder mit Terpentinöl, oder mit Holzessig und wiederholt dies, bis Abstossung des Brandigen erfolgt ist. Wo sich der grösstc Theil der Milchdrüse vom Brande ergriffen zeigt, ist es am besten, dieselbe bis auf den Grund zu exstirpireu und dann die Wunde auf dem Wege der Eiterung zur Heilung zu bringen. —#9632; Eben so muss in manchen Fällen die Wegnahme des Euters theilweise oder ganz geschehen, wenn dasselbe durch tiefe Fistelgänge in verschiedenen Richtungen durchbohrt und ausserdem in seiner i\Iassc callös ist, oder wenn die Verhärtung eine krebsartige Beschaffenheil angenommen hat.
Die Operation kann in der Exstirpation oder in der Amputation bestehen und die ganze Drüse oder nur einen Theil derselben betreffen. Im letzteren Falle muss die Trennung immer in völlig gesunder Substanz geschehen und ausserdem muss man mit dem zurückbleibenden Theil der Milchdrüse wenigstens eine Zitze in Verbindung erhalten, wenn man bei IVlilch- oder Zuchthieren noch einen Nutzen haben will. Das zur Operation bestimmte Thier wird auf den Rük-ken gelegt und mit zusammengebundenen Füssen von Gehülfen ge-
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174nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündung der Schamlefzen.
halten. Das Euter und die Umgebung wird mit wamem Wasser gereinigt, und wenn Ilaare sicli auf der Haut befinden, so werden diese auf der ganzen Fläche abgeschoren. 1st bei einer Stute oder bei einer Kuh eine iMilchdrüse nur zum Theil entartet, so führt man mit einem geballten Bistouri einen Schnitt durch die Haut in der ganzen Länge des entarteten Theils, löst die Hautränder von der Drüse ab, zieht dann die letztere mit einem Haken von dem Zellgewebe am Becken ab und durchtrenut dasselbe mit dem Messer, trennt dann auch die Ränder der Drüse von dem umgebenden Zellgewebe bis zu dem gesunden Theil derselben und schneidet sie nun in diesem gesunden Theil, etwa einen Zoll von der kranken Grenze, quer ab. Man untersucht hiernach die Wunde, ob nichts Krankes zurückgeblieben ist, entfernt die etwa aufgefundenen harten oder bandartig aussehenden Fasern, stillt die Blutung durch Zudrehen oder Unterbindung der Gefässe und hellet endlich die Hautränder mittelst der Kuopfnaht. Findet sich hierbei Ueberlluss von Haut, so nimmt mau von den Rändern den überflüssigen Theil fort und heftet sie dann zusammen. Die Heilung wird, wenigstens so viel wie möglich, durch schnelle Vereinigung zu bewirken gesucht, und die Thiere müssen * desshalb in den ersten Tagen ganz ruhig gehalten werden.
Die Amputation eines Theils der Drüse wählt man, wenn die Haut zugleich grösstentheils mit entartet ist. Man macht dann einen Zirkelschnitt rund um den entarteten Theil der Drüse, ergreift denselben, zieht ihn recht stark hervor und führt dann am vorderen Ende des Hautschnittes denselben tiefer bis in das über der Drüse liegende Zellgewebe zwischen ihr und dem Bauche oder Becken, und so löst man von hieraus -weiter den kranken Theil der Drüse von allen Umgebungen. Die Blutung wird mit den gewöhnlichen Mitteln gestillt, hiernach die Wunde mit trockenem Werg und mit einigen Streifen von Heftpflaster oder mit einer passenden Binde bedeckt. Der Verband bleibt liegen, bis Eiterung eintritt, — worauf dann die weitere Behandlung nach dem Charakter Eiterung und Granulation bis zur Heilung besorgt wird. — Bei der Ausschälung einer ganzen iVIilchdrüse macht man über dieselbe zwei an den Enden mit einander vorbundene ovale Hautschnitte und verfahrt übrigens mit der ganzen Drüse so, wie im Vorstehenden hinsichtlich eines Theils derselben angedeutet ist.
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nreizelmtes Capitel.
Entzündung der Schamlefzen und der Mutterscheide.
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Die Entzündung dieser Theile entsteht zuweilen durch zu gewaltsame oder in kurzer Zeit zu oft wiederholte Ausübung des Begattungsaktes, — durch Reiben der Genitalien an verschiedenen Ge-
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Entzündung der Schamlefzen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;175
genstünden zur Zeit der Brunst, besonders durch Pfeffer u. dergl. Substanzen, wenn Niehtsachverständige hierdurch die Thierc zum Harnen reizen wollen, #9632;— bei Geburten durch zu gewaltsam in die IMutterscheide gedrängte und in ihr sich feststützende Theile des Foetus, wie auch zuweilen durch geburtshiilfliche Instrumente u. s. w. Gewiss trägt aber, wenigstens als Anlage, die mit der Brunst verbundene Aufregung etwas dazu bei. Bei Stuten findet sich zuweilen eine Entzündung der Schamlefzeu und selbst eines Theils der IMutterscheide zur Zeit der Begattung ein, selbst wenn die letztere nur in gewöhnlicher Weise und ohne Anstrengung stattgefunden hat. Da diese Entzündung gewöhnlich bei mehreren Stuten in einer Gegend vorkommt, so hat mau das Uebel als ein seuchenartiges betrachtet, und mit dem Namen Beschälkrankheit, Chankerseuche oder auch venerische Krankheit bezeichnet, und häufig eine Anstek-kung durch die Zuchthengste, oder auch in anderen Fällen eine in der Atmosphäre begründete eigenthümlichc Krankheitsconstitution, als Ursache angenommen.
Die Symptome im Allgemeinen sind: Anschwellung und Glanz der Schamlefzeu, vermehrte Wärme, dunkle Höthung der Schleimhaut, massiger Schmerz bei der Berührung. In denjenigen Fällen, wo mechanische Verletzungen stattgefunden haben, findet man dieselben entweder schon äusserlich an den Schamlefzen, oder wenn mau dieselben auseinanderzieht, und zwar entweder dunkelrothe Flek-keu von Ecchymosen, oder Bisse in der Sclüeirahaut, oder selbst noch tiefer gehende Wunden. Da, wo Pfeffer und ähnliche scharfe Substanzen eingewirkt haben, finden sich gewöhnlich noch Beste derselben vor, oder es bestehen an einzelnen Stellen dunkelrothe erhöhte Punkte oder selbst Anätzungen; und in den Fällen, wo die Entzündung in Folge des Begattungsreizes und anderer nicht näher gekannter Beize entstanden ist, finden sich dazu bald an der äussern Fläche der Schamlefzen, bald an der Schleimhaut derselben kleine Bläschen mit weisser oder gelblicher Flüssigkeit gefüllt, und im weiteren Verlauf entstehen aus diesen Bliischen kleine Geschwüre, welche sich nach kurzem Bestehen mit einem braunen Schorf bedecken und dann mit einer, für längere Zeit weiss bleibenden Narbe heilen '). In der ersten Zeit des Bestehens einer heftigen Entzündung ist die Schleimhaut der Schamlefzeu, und zuweilen auch der Vagina trocken, nach etwa zwei Tagen, und bei minder heftigen oder asthenischen Entzündungen vom Anfange an, zeigt sich vermehrte Schleimsecre-tion. Unter der Scham bildet sich gewöhnlich ein Oedem, welches sich allmälig tiefer am IMittelileisch beruntersenkt. Bei heftigen Entzündungen stehen die Thiere traurig, mit gesenktem Kopfe und mangelndem Appetit, zuweilen besteht auch Fieber. Die Thiere halten
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1) Diese Entzündung stimmt bei Stuten mit der sogenannten Beschälkrankheit bei Hengsten (siehe Capitel X.) überein, und da oft beide zu gleicher Zeit bei Thicren vorkommen, die sich mit einander begattet haben, hält man sie ebenfalls für ansteckend. In vielen Fällen ist jedoch der Beweis hierüber sehr zweifelhaft.
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176nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündung der Schamlefzen.
den Schweif von den entzündeten Theileu ab, stellen wohl auch die Hinterbeine breit auseinander und zeigen bei der Koth- und Urinentleerung bald mehr bald weniger Unruhe. — Zuweilen ist diese Entzündung mit einer Entzündung der Gebärmutter, zuweilen aueb mit Entzündung oder Verletzung des Afters und des Mastdarms verbunden. Im ersteren Falle besteht Auftreibung des Leibes, olleres Drängen, zuweilen auch Kolikschmerz und die Thiere sind im Allgemeinen vielmehr angegriffen; bei den Verletzungen des Alters und Mastdarms findet man die Spuren dieser Verletzungen an den genannten Theilen.
Die Prognosis ist in den meisten Fällen bei diesen Entzündungen sehr günstig zu machen, da fast nirgends am Körper Entzündungen und Verletzungen so leicht heilen, als an diesen Theile. Einfache Entzündungen nach oberflächlichen mechanischen Verletzungen, nach Auätzuugen zcrtheilen sich gewöhnlich in 4-—-8 Tage und die miasmatische oder epizootische, mit Bläschenbildung verbundene Entzündung heilt in den meisten Fällen in Zeit von 8—14 Tagen. Nur bei gleichzeitig vorhandenen grösseren Verletzungen oder bei Com-plicationeu mit Gebärmutter-Entzündung wird der Zustand mehr gefährlich.
Die Behandlung. Bei oberflächlichen Entzündungen der Schamlefzen und der Scheide reinigt man diese Theile zuerst mit lauwarmem Wasser, oder bei vorhandenen scharfen Substanzen mit einer schleimigen Flüssigkeit und wendet dann Waschungen mit lauwarmem Bleiwasser, oder mit einem schwachen aromatischen Infusum täglich einige mal an. Bei heiligen Entzündungen macht man einen massig starken Aderlass, giebt salzige AbJiihrungsmittel, beiordert die Kothentlcerungeu durch schleimige Clysticrc, und wenn durch zu starke Anschwellung der Schleimhaut in der Scheide die Urinentleerung gehindert ist, führt man dieselbe vermittelst des Katheters herbei. Oertlich wendet man kalte Umschläge von blossem Wasser, von Bleiwasser, oder von Wasser und Essig, bei heiligen Schmerzen aber von Infusionen narkotischer ftlittel an. Bei mehr asthenischem Charakter der Entzündung dienen Infusionen von aromatischen Kräutern mit Zusatz von Branntwein oder mit Zusatz von Kupfervitriol oder Alaun. — Ist die Entzündung durch miasmatische Einflüsse erzeugt, so genügt in der Kegel die Anwendung innerlicher entzün-duugswidrigcr Mittel, zu denen man namentlich auch das Calomel und den Brechweinstein rechnen muss; äusserlich wendet man entweder gar nichts an, oder mau bestreicht die Schamlefzen blos mit verdünnter grauer Merkurialsalbe täglich einmal.
Die Diät muss mager sein und ausserdem ist dafür zu sorgen, dass die Thiere die entzündeten Theile an andern Gegenständen nicht reiben.
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Entzündung der Lymphgefässe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 177
Vierzehntes Capltel.
Die Entzündung der Lymphgefässe.
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Bei Pferden und zuweilen auch bei dem Rindvieh findet sich die Entzündung der Lymphgefässe au verschiedenen Körpertheileu, namentlich in und uuter der Haut der Vorderfüsse und der Brust, und an der Innern Fläche der Hinterschenkel. Diese Entzündung äussert sich durch Anschwellung der Lymphgefässe, welche bald mehr bald weniger lange bindfaden- oder schnurförmige Stränge bilden, die in der Richtung nach den Lymphdrüsen, z. B. den Bugdrüsen oder Leistendrüsen concentrisch hinlaufen und mit vermehrter Wärme, so wie fast immer mit giossem Schmerz begleitet sind. Die betreffenden Lymphdrüsen zeigen sich dabei bald vom Anfange her, bald erst später angeschwollen, vermehrt warm und schmerzhaft. In der Umgegend der Lymphgefässe uud besonders an den niedrigen Stellen der Glieder oder des Leibes bilden sich ödematöse Anschwellungen. Dabei ist die Bewegung des Theiles sehr erschwert, so dass die Thiere die betrelFende Gliedmaasse schleppend, halbsteif und unvollstäudig vorwärts bringen. Oft ist mit diesem Zustande Fieber verbunden. Im weiteren Verlaufe des üebels bilden sich zuweilen au mehreren Stellen der Lymphgefässe Knoten, welche bald früher bald später entweder in Zertheilung oder in Abscesse übergehen. Das ganze Ansehen ist dem des Wurms der Pferde sehr ähnlich, weshalb das Leiden zuweilen als der gutartige Wurm bezeichnet wird.
Die Ursachen bestehen in Unterdrückung der Hautausdünstung, in Störung des Verdauuugsprozesses, und in dem Genuss verdorbeneu oder zu reichlich nährenden Futters; in verdorbener dunstiger Stallluft, am meisten aber in örtlicher Reizung der Lymphgefässe durch öfters wiederholte oberflächliche Verletzungen, z. B. bei den sogenannten Streifen oder Streichen mit dem Hufeisen, — durch Aufnahme von Eiter oder Jauche bei vorhandenen Abscessen oder Geschwüren u. dgl.
Der Verlauf dieser Lymphgelässentzündung ist gewöhnlich auf 8-—14 Tage beschränkt, zuweilen aber auch bis vier Wochen ausgedehnt. In den meisten Fällen tritt Zertheilung ein, zuweilen bildet sich, wie bereits angedeutet, Eiterung, und die hierdurch eutstande-neu Geschwüre nehmen leicht einen bösartigen Charakter an, indem entweder verjauchende Zerstörung des Zellgewebes und der Haut zuweilen in bedeutendem Umfange dabei entsteht, oder auch schwielige Verhärtung und Fistelbildung die Folge davon ist.
Die Krankheit unterscheidet sich von der V\ urmkrankheit nur dadurch, dass keine Dyskrasie bei ihr nachzuweisen ist, während dieselbe bei dem Wurm immer besteht, und dass bei ihr der Eiter
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178nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung der Lymphgefasse.
in der Regel keinen AnsteckungsstolF in sieh trügt, während dies bei dem Wurm der Fall ist. Allein beide Eigenschaften sind äusserlich durch bestimmte Symptome nicht ausgesprochen, und es ist deshalb die Dutersclieiduug beider Zustände in der Praxis sehr schwer, ja zuweilen gar nicht möglich. Es muss dabei immer der Habitus des Thieres im Allgemeinen, die Beschailcnheit des Ilaares der Thiere, der bisherige Verlauf des Uebels und die Ausbreitung desselben und die etwa bestandene Gelegenheit zur Ansteckung berücksichtigt wer-den. Jedenlalls ist es zweckmässig, ein mit der Lymphgefässentzün-dung behaftetes Pferd von anderen Pferden abzusondern, ihm einen besonderen Wärter geben und überhaupt so betrachten, als ob es an einer ansteckenden Krankheit litte. Zuweilen scheint sich aus der einfachen Lymphgefässentzündung das dyskratische Leiden der sogenannten Wurmkrankheit wirklich zu entwickeln.
Die Behandlung ist auf Beseitigung der Ursachen und auf Zer-theilung der Entzündung gerichtet. In erster Hinsicht giebt man dem Thiere einen warmen, von Zugluft freien und mit reiner Luft versehenen Stall, dazu gesundes Futter in massiger IMenge und von leichter Qualität, wenn es zu haben ist, am besten Grünfutter; ausserdem sucht man durch fleissiges Putzen und warmes Bedecken die Hautausdünstung zu beiordern. Innerlich verabreicht man schwefelsaure Salze und Calomel in angemessenen Gaben, bis Laxiren erfolgt, und äusserlich wendet man bei frischer Entzündung lauwarme Waschungen von schleimigen und narkotischen Mitteln an, später macht man Einreibungen von grauer Merkurialsalbc, weicher mau bei grosser Empfindlichkeit der Theile Extr. Beiiadonnae oder Extr. Hyoscyaini (1 Theil zu 16 bis 20 Theiien) hinzufügen kann; ist der Zustand mehr torpider Art, so kann man diese Salbe mit Kali carbonicum oder mit grüner Seife verbinden; und wenn der Zustand chronisch wird, kann man selbst Ung. Cantharidum auf die Haut im Verlaufe der angeschwollenen Lymphgefässe und auf die Gegend der Lymphdrüsen streichen. Bilden sich an einzelnen Stellen Knoten, so kann man auch diese schon bei Zeiten mit der Cantharidensalbe bestreichen, oder auch mit dem glühenden Eisen oberilächiieh brennen, und wenn ein Abscess entstanden ist, denselben zeitig öffnen und ebenfalls seine Umgegend mit Cantharidensalbe zu wiederholten Malen bestreichen. Sind grössere Geschwüre entstanden, so wendet man auf dieselben von Zeit zu Zeit wiederholt den Lapis infernalis, oder bei grosser Torpidität auch wohl das glühende Eisen an und sucht dann durch warme Umschläge, oder dergleichen Fbssbäder von gelind aromatischen Mitteln gutartige Eiterung herbei zu führen. Zuletzt befördert man die Vernarbung durch Bestreichen der Geschwürsflächen mit einer Auflösung von Cuprum sulphuricum oder durch Aufstreuen von Eichenrinden- oder Tormentillwurzelpulver.
Breitet sich das Leiden der Lymphgefässe von dem zuerst affi-cirten Theil auch auf andere Theile des Körpers aus, bilden sich an den Lymphgefässen immer neue Knoten oder Beulen und Abscesse, finden sieh dazu noch Symptome von gestörter Verdauung und Ernährung u. s. w., so muss man den Zustand als die wirkliche, bös-
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Die Entzündung der Lymphgefasse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 179
artige Wurmkrankheit betrachten und die weitere Kur mit specifisch umstimmenden Mitteln, namentlich mit Sublimat, mit Antimonium, Conium und dergleichen nach den Regeln der speciellen Therapie zu bewirken suchen.
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Funfxelintes Capitel.
Der Einschuss oder die heisse Schenkelgeschwulst. Erysipelas
phlegmonosum ?
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Mit dem Namen Einschuss oder heisse Schenkelgeschwulst bezeichnet man eine bei Pferden häufig vorkommende cigenthümliche Entzündung der Schenkelvenen und der Lymphgefasse an der innernnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,!
Fläche der Hinterschenkel. Diese Entzündung findet sich am häufigsten bei Arbeitspferden von gemeiner Ra^e und bei solchen, welche leicht schwitzen, verschont aber auch Pferde von edleren Ra^en nicht. Die Krankheit tritt in der Regel plötzlich, meistens über Nacht hervor und äussert sich auf folgende Weise: die Thiere schonen selbst beim Stillstehen einen oder den anderen Hinterfuss, indem sie denselben mehrentheils nur mit der Zehe auf den Boden setzen, und beim Gehen bewegen sie denselben steif und unvollständig nach vorwärts; sie neigen dabei gewöhnlich mit dem Körper nach der entgegengesetzten Seite und vermeiden jede starke Dehnung im Knie-und Hüftgelenk. Bei der örtlichen Untersuchung findet man den leidenden Fuss an seiner inneren Fläche in der Leistengegend bald mehr bald weniger geschwollen, vermehrt warm und bei der Berührung sehr schmerzhaft, so dass bei stärkerem Druck das Glied rückwärts und nach aussei! in die Höhe geworfen wiid. Die Geschwulst ist unmittelbar unter der Haut von ödematöser Beschaffenheit, mehr in der Tiefe aber mehr gespannt und man fühlt hier dienbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; l|l Vene angeschwollen und derb, und zuweilen auch vor und hinter der Vene einzelne Lymphgefasse ebenso angeschwollen. Fast immer erstreckt sich die Geschwulst auch auf den Hodensack oder auf das Euter der leidenden Seite, so dass diese Theile zuweilen um das Doppelte ihres normalen Umfanges vergrössert werden; diese Anschwellung ist jedoch fast ganz ödematös und wenig schmerzhaft, sehr oll aber findet sich, selbst bei nicht trächtigen Stuten, in dem Euter eine lymphatische, gelbliche Flüssigkeit, welche ausgemolken werden kann und zuweilen auch von selbst auströpfelt. Sehr häufig besteht aussei- der Geschwulst an der inneren Seite des Dickbeins auch an den unteren Theileu der Gliedmaassen, und zwar bald nur unmittelbar über dem Fussgelenk, zuweilen auch bis über das Sprunggelenk hinauf eine ödematöse Anschwellung, in den meisten Fällen ist die Krankheit mit Fieber, zuweilen auch mit Gelbfärbung der
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Einschuss oder heisse Schenkelgeschwulst.
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Coujuuctiva und der Alaulscbleimhaut und mit Störung des Appetits begleitet.
Bei der Euterentzündung der Kühe findet sich zuweilen eine ähidiche Anschwellung an der inneren Fläche des Dickbeius, jedoch stets im minderen Grade als bei Pferden.
Der Verlauf der Entzündung bei dem sogenannten Einschuss ist in der Regel akut, so dass in 8—14 Tagen Zertheiluug und Heilung erfolgt; in eiuzeluen Fällen neigt jedoch die Krankheit mehr zu einem chronischen Verlauf und erstreckt sich auf 3—4 Wochen. Zuweilen bilden sich Abscesse, welche leicht Senkungen des Euters unter der sehnigen Ausbreitung und hierdurch bedeutende Zerstörungen erzeugen und durch dieselben ein anhaltendes Reizfieber und selbst den Tod herbeiführen können. Eben so hat man in einzelnen Fällen beobachtet, dass die Entzündung von der Scheukelvene sich selbst in das Becken auf die hier liegenden Venen verbreitet und eine tödt-liche Bauchfellentzündung herbeigeführt hat. In solchen Fällen, wo Abscesse, weit verbreitete Ausschwitzung oder Eiterung unter der sehnigen Ausbreitung oder auch die bezeichnete tiefere Entzündung in der Beckenhühle entstanden ist, besteht das Fieber in gleicher Heftigkeit fort oder es steigert sich noch von Zeit zu Zeit; die Thiere zeigen ausserordentliche Schmerzen, schwitzen Angstschweiss, versagen das Futter, kratzen mit den Füssen, werfen sich auf die Streu und stöhnen fast wie die an heftiger Kolik leidenden Pferde. Der Schenkel ist unter diesen Umständen über und über geschwollen, die Geschwulst au der inneren Seite des Fusses sehr gespannt und schmerzhaft, und bei genauer Untersuchung findet sich auch zuweilen eine fluktuirende Stelle, welche beim Einschneiden eine lymphatisch-eitrige Flüssigkeit entleert. Unter diesen Erscheinungen erfolgt zuweilen in 8—14 Tagen der Tod. #9632;—#9632; In anderen Fällen verliert sich nur ein Theil der Eutzünduugszufälle, während ein geringer Grad von entzündlicher Reizung und die Anschwellung fortdauern. Die Thiere gehen dabei allmälig weniger gespannt und lahm, aber die Geschwulst wird immer derber und das Zellgewebe verdichtet sich, so dass es in manchen Fällen eine speckartige Derbheit erhält; in einzelnen Fällen nimmt auch die Haut an dieser Verdickung Antheil. — In denjenigen Fällen, wo die Lymphgefässe vorherrschend ergriffen sind, kann vollständige Zertheiluug eintreten oder es können sich auch, wie im vorhergehenden Capitel angedeutet ist, einzelne Knoten oder Beulen und Abscesse bilden, welche mitunter gut vernarben, in anderen Fällen aber die Beschaffenheit der VVurmgeschwüre annehmen. In diesem Falle tritt die Krankheit ganz in die Kategorie der VVurmkrankheit und erzeugt in dem Eiter der Geschwüre den dieser Krankheit eigenthümlichen Ansteckungsstolf.
Die Ursachen des Einschusses sind fast genau dieselben, wie die Ursachen der Lymphge/assentzündung. Am häufigsten entsteht das Uebel durch Erkältung, und es findet sich daher nicht selten bei mehreren Pferden fast gleichzeitig, wenn eine nasskalte Wittemng besteht oder ein oftmaliger Wechsel der Temperatur stattfindet. Aus-serdem scheint die Krankheit durch schlechtes Futter, namentlich
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Einschuss oder heisse Schenkelgeschwulst. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 181
durch verdorbenes Heu oder mnltrigen Hafer vorbereitet zu werden. Sehr häufig nimmt das Uebel seine Entstehung von einer kleinen verletzten Stelle, welche an der inneren Seite des Fesselgelenks durch das gegenseitige Streifen der Füssc entstanden ist. Strauss hielt das Uebel für eine Anthraxentzündung und in einer eigenthümlichen Entartung der Blutinasse begründet.
Die Kur. Zuerst sucht man die etwa noch fortdauernden Ursachen zu beseitigen und unwirksam zu machen und giebt deinge-mäss den Thieren einen warmen, reinen Stall mit guter trockener Streu; zur Nahrung giebt man blos Kleie und Gras. Innerlich verabreicht man Calomel mit Natrum sulphuricum oder Kali sulphuri-cum, und wo Gelbfärbung besteht, auch mit Znsatz von kleinen Gaben der Aloe, bis reichliches Laxiren eingetreten ist. Oertlich macht man bei grossen Schmerzen Waschungen mit schleimigen oder narkotischen Flüssigkeiten, oder wo diese nicht mit dem gehörigen Fleiss fortgesetzt werden können, bestreicht man die innere Fläche des Oberschenkels mit einem Gemenge von graner Merkurialsalbe (1 Theil und gekochten ßilscnkrautöls 2 Theilen), oder mit einem Gemenge von grauer Merkurialsalbe 5j, Rüböl oij unfl Bilsenkraut- oder Belladonna-Extrakt 3ij. Mindern sich hierbei die Zufalle nicht und sind die Thiere kräftig und vollblütig, so kann man auch einen Aderlass machen. Ist die Empfindlichkeit massig, so sind Waschungen mit einer Auflösung von Kali carbonicum, oder mit warmem SeÖenwas-ser, oder Einreibungen von grauer Salbe mit grüner Seife oder mit Kampherliniment nützlich, eben so kann man hierbei Waschungen mit aromatischen Kräuterinfusionen fur sich allein oder mit Zusatz von Pottasche, und bei noch mehr asthenischem Charakter des Uebels auch Waschungen mit zusammengesetztem Oxykrat oder mit verdünntem Weingeist täglich mehrmals wiederholt anwenden lassen. Entsteht an einer Stelle Fluctuation, so muss hier bei Zeiten an dem niedrigsten Punkte derselben ein Einschnitt durch die Haut und selbst durch die sehnige Ausbreitung gemacht und die Flüssigkeit ausgeleert werden, worauf mau die Geschwürshöhle mit einer Auflösung von Cuprum sulphuricum oder mit Digestivwasser (aus Terpentin, Eigelb und Kalkwasser bestehend) einige Male befeuchtet, und wenn hiernach nicht in wenigen Tagen gute Eiterung entsteht, muss man eine Einreibung von Cantharidensalbe in der ganzen Umgegend der eiternden Stelle machen. — Knoten oder Beulen an den entzündeten Lymphgefassen bestreicht man ebenfalls mit Cantharidensalbe, oder man berührt sie mit dem Glüheisen, und wenn sie in Abscesse übergehen, öffnet man sie zeitig und brennt dann die Höhle dieser Abscesse, oder man kauterisirt sie mit Lapis infernalis. •— Wo die Entzündung einen chronischen Charakter annimmt, sind von Zeit zu Zeit gegebene Purgirmittel abwechselnd mit diuretischen Mitteln zu benutzen; äusserlich wendet mau die grüne Seife für sich oder mit Zusatz von Jodkali, oder auch mit Zusatz von kleinen Quantitäten des Aetzsublimats (3/? zu ^iij Seife), oder ein Liniment aus grüner Seife (5iij), Pottasche (sect;;?) und Terpentinöl (Jj) auf die verdickten Hautstellen an und umwickelt ausserdem dieselben noch, wenn die Thiere im Stall steheu, mit massig fest angelegten wollenen Binden. Da-
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Mauke der Pferde.
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bei lässl man den Thieren taglich mehr und mehr Bewegung machen.
Wegen des möglichen Uebergauges der Krankheit in die Wurm-krankheit muss man die Thiere beständig in strenger Aufsicht halten und sie bei dem Entstehen von Beulen von den übrigen Pferden absondern.
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^ecliszeluites Capitel.
Die Mauke, Paronychia erysipelatbsa serosa et herpetica.
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Mit dem Namen Mauke bezeichnet man bei Pferden und bei dem Rindvieh rothlaufartige Entzündungen, welche ihren Sitz an dem unteren Ende der Gliedmaassen, vorzüglich an den Fesseln haben, und bei beiden, Thieren einige Verschiedenheit zeigen.
1. Bei dem Pferde tritt die Krankheit in zwei Hauptformen, A. als exanthematische oder Ausschlagsinauke und B. als brandige Mauke auf, und die erstere unterscheidet sich wieder a. in die Schutzmauke und b. in die Schruudenmauke.
a. Die Schutzmauke, (von Jenner und E. \ iborg zuerst so genannt, weil die bei ihr ausgeschwitzte Lymphe, (welche Jenner als Equine bezeichnete), wie die Lymphe der Kuhpocken, durch Einimpfung bei Menschen und bei Rindvieh eine, der wahren Vaccine ganz analoge, Ausschlagskrankheit zu erzeugen und dadurch die Anlage zu den echten Menschenpocken zu vernichten oder doch bedeutend zu vermindern vermag), findet sich gewöhnlich mit einem gelinden Fieber ein, welches den Charakter eines gewöhnlichen Reizfiebers, zuweilen mit bilioser Complication, zeigt. Dabei schwellen ein oder mehrere Füsse am Fessel, namentlich au der hinteren Seite desselben, massig an, die Geschwulst ist wärmer, als die umgebende Haut, und wo sie von Natur weiss ist, findet sich dunklere Röthung hinzu, die Haut wird gespannt und bei der Berührung schmerzhaft. Die Geschwulst setzt sich in kurzer Zeit sowohl nach der Krone, wie auch bis auf das Schienbein, ja oft noch bis über das nächste Gelenk desselben hinauf fort. JVlit der Zunahme der Geschwulst vermindert sich die Spannung und die Schmerzhaftigkeit immer mehr, doch gehen die Pferde dabei bedeutend lahm, indem sie den Fuss im Fessel- oder Kronengclenk steif halten. — Nach etwa 24 Stunden sträuben sich die Haare an der hinteren Seite des Fesseis, es bilden sich kleine Bläschen von gelblichweisscr Färbung, welche schnell bersten und an ihrer Stelle rosenrothe Wärzchen erscheinen lassen, aus denen kleine Tropfen einer klebrigen weissen oder gelblichen Flüssigkeit ausschwitzen. Die ausgeschwitzte Flüssigkeit hat einen
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Mauke der Pferde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 183
eigenthümlichen faden, etwas süsslichen Geruch und vertrocknet zu braunen Krusten, unter denen sich entweder nach kurzer Zeit eine neue Epidermis #9632;wiederbildet und somit die Heilung in etwa 10 bis 14 Tagen erfolgt, oder es bilden sich unter den Schorfen tiefere und breitere Geschwüre, welche eine übelriechende weissliche oder mit Blut vermengte Jauche absondern, im weiteren Verlauf verdickte schwielige Ränder bekommen und sehr lange dauern können. Zuletzt erfolgt die Heilung gewöhnlich mit Verdickung der umliegenden Haut oder mit Bildung einer hornigen Oberfläche auf der Granulation der Geschwüre. Zuweilen entstehen auch warzenähnliche Auswüshse oder auch Fisteln.
Die oben bezeichneten Bläschen werden von den meisten Schriftstellern über diesen Gegenstand beschrieben; ich habe aber dieselben bei sehr sorgfältiger und oft wiederholter Untersuchung bisher in keinem Falle entdecken können, obgleich ich Gelegenheit hatte, die IMauke gewissermassen unter meinen Augen entstehen zu sehen und sie somit vom Anfange zu beobachten; wohl aber habe ich Ablösung der Oberhaut durch Ausschwitzung unter derselben und dann (wie schon E. Viborg) die Anschwellung der Hautwärzcheu in Form von kleinen Pocken erfolgen sehen, jedoch waren dieselben niemals bläschenartig hohl. Die Ausschwitzung und die Ablösung der Oberhaut erfolgte last regelmässig zuerst und immer am stärksten in den kleinen Querfalten an der hinteren Fläche des Fesseis, sie findet jedoch auch an jeder anderen Stelle statt, soweit die erysipelatöse Anschwellung reicht. Neben dieser Anschwellung besteht häufig ein Oedem in bedeutendem Umfange, zuweilen bis zum Leibe hinauf, und oft bleibt dasselbe noch für einige Zeit nach der Heilung der Tilauke zurück.
6, Die Schrundenmauke entsteht auf ganz ähnliche Weise, wie die Schutzmauke, und ist auch oft vom Fieber begleitet. Die örtlichen Symptome zeigen sich von der Schutzmauke nur darin verschieden, dass bei ihr die Bläschen fehlen, die Oberhaut abgelöst, die Lederhaut stark gereizt, stellenweise fleischroth gefärbt und die ausgeschwitzte Flüssigkeit nicht klare Lymphe, sondern dünn, eiweiss-haltig und schmierig ist. Im weiteren Verlaufe bilden sich auch hier stellenweise tiefer gehende Geschwüre, mehrentheils in den Falten an der hinteren Seite des Fesseis und unter demselben nach dem Ballen zu. Die Geschwüre verhalten sicli in ihrem Verlaufe und in ihren Zufallen ganz ähnlich denen bei der Schutzmauke. Bei diesen Formen der exanthematischen IMauke setzt sich die Entzündung zuweilen auch über das {quot;esselgelenk hinauf fort, verändert hier wie am Fessel die Haut durch Verdickung und Bildung von Schwielen, dadurch werden die Haare gleichsam auseinander gespreizt und in die Höhe gerichtet, und in diesem Zustande pflegt man das Leiden mit dem Namen Straubfuss oder Igelfuss zu bezeichnen. In dieser Beschaffenheit wird die Mauke sehr oft chronisch ').
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') Icli bin in der Annahme zweier Varietäten der exanthematischen Mauke den Autoren, namentlich Veith und Strauss, gefolgt, obgleich ich selbst.
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Mauke, der Pferde.
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Eine in manchen Fällen, besonders bei der chronischen Mauke bemerkbare eigenthümliche Erscheinung ist eine grosse schmerzhafte Empfuidlichkeit der ganzen Gliedmasse, namentlich der Hinterfiisse, welche beim Anlange der Bewegung sich durch ein krampfartiges Sclüeudern nach der äussern Seite äussert.
ß. Bei der Brandmauke treten plötzlich an dem Fessel eines Fusses, oder auch an mehreren Füssen zugleich die Erscheinungen einer begränzten aber heftigen Entzündung der Haut ein, worauf gewöhnlich schon bald nach 24 Stunden an der am meisten leidenden Stelle die Haut bläulich oder bleifarbig wird, sich in einem gewissen Umfange erweicht und sich hier von den übrigen Theilen unter Bildung von faulig stinkendem Eiter, bis auf das Zellgewebe mit einem scharf begränzten Rande ablöst. Dies geschieht meistens um den 3. bis 6. Tag. Die Trennung geht mitunter erst an einer Seite des abgestorbenen Stückes von Statten, und es vergehen zuweilen 2 bis 3 Tage, ehe die ganze Ablösung des Stückes geschieht; hierauf bleibt ein unreines, viel stinkende Jauche produzirendes Geschwür zurück. Während dieses Prozesses ist in der Kegel, aber doch nicht in jedem Falle vom Anfange an bis zum Herausfallen des Ilautstückes ein Fieber zugegen, welches meist den Charakter der Synocha an sich trägt. Die Entzündung und Absterbung kommt, wieder wie bei der Schutzmauke, meistens au der hintern Seite des Fesseis vor, in manchen Fällen aber auch an der vordem oder an den Seitenflächen dieses Theils, zuweilen auch an der Krone, sehr selten über dem Fesselgelenk; sie bildet sich in sehr verschiedenem Umfange aus, so dass zuweilen das absterbende Hautstück nur gegen einen halben Quadratzoll, in manchen Fällen aber auch entgegengesetzt bis gegen 2 Quadratzoll gross ist. Die Absterbung dringt immer bis in das Zellgewebe unter der Cutis, in manchen Fällen aber auch bis auf die hier liegenden Sehnen und Bänder, selbst bis auf die Hufknorpel und die Knochen. Im Verhältniss zu dem Umfange und dem Orte der Entzündung zeigen die Thiere auch bald mehr bald weniger heftigen Schmerz und Lahmheit, welche beide fast immer sehr nachlassen, wenn das abgestorbene Stück abgestossen ist und wenn gute Eiterung sich einstellt. Die Letztere findet sich bei einer zweckmässigen Behandlung zuweilen schon nach 2—3 Tagen. Zu der Zeit tritt dann auch gewöhnlich ein reineres Aussehen des Geschwürs und gute Granulation ein, welche, wie gewöhnlich nach Brand, in kurzer Zeit sehr lebhaft -wird und an einzelnen Stellen in üppige Granulation ausartet. In einzelnen Fällen entstehen cariöse Geschwüre an den Hufknorpeln (Knorpelfisteln), zuweilen Fisteln unter der Haut und
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wie aus dem Vorstehenden zu ersehen, den Unterschied der Schutz- und der ^hrundenmauke eigentlich nicht anerkenne. Denn Fieber und Ansteckungs-stoll' kann bei jeder Mauke sein und die Existenz der Bläschen bei der Schutzmauke ist mir noch zweifelhaft. Uebrigens sind die Schriftsteller aus jener Zeit, wo die Schutzmauke zuerst bekannt wurde, in ihrer Beschreibung höchst unsicher, und selbst aus Jenners Abhandlung ist schwer zu ersehen, welchen Krankheitszustand er eigentlich gemeint hat.
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Mauke, der Pferde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 185
bis unter die Krone des Hufes. In den meisten Fällen erfolgt die Heilung mit Zurücklassung einer haarlosen Narbe, die nicht selten einen horuartigen Ueberzug erhält.
Die Ursachen der IMauke sind speciell nicht recht bekannt; man weiss nur, dass die Krankheit in niedrig gelegenen, feuchten Gegenden und in nassen Jahren, so wie bei gemeinen Landpferden häufiger vorkommt, als in trockenen, hohen Gegenden, bei trockener VVitte-terung und bei edlen Pferden. Am häufigsten erscheint die Krankheit nach langem schnecreichen Winter, bei und bald nach dem Auf-thauen des Schnees, wo sie nicht selten in einer Gegend während 3—4 Wochen seuchenartig herrscht und dann wieder gänzlich verschwindet. Es scheint also, dass Unterdrückung der Hautausdunstuug, die Anhäufung wässeriger Excretionsstolle im Blute, und örtlich die Einwirkung des Schneewassers und des Strassenkothes wesentliche Ursachen sind. Ob noch eine eigene atmosphärische Constitution die Entstellung einer besonderen Krankheitsanlage, wie z. B. nach Strauss die Aulhraxanlage, und dadurch die Krankheit erzeuge, ist noch nicht recht erwiesen, aber auch nicht unwahrscheinlich, da man zuweilen auch Thiere von dem Ucbel beCallen sieht, welche gar nicht der iNässe und dem Strassenschmutz ausgesetzt, sondern beständig im Stall geblieben sind, und da mau andererseits sehr viele Pferde täglich diesen örtlichen Einwirkungen ausgesetzt, aber dennoch von der Krankheit frei bleiben sieht. Sehr oft wird auch das Abschneiden der Haare an dem Köthengelcnk als Ursache der IMauke betrachtet, weil hiernach die dünne Haut an der hintern Seite des Fesseis ihren Schutz verloren hat; indess ist diese Ansicht eben so wenig wie die entgegengesetzte erfahrungsmässig erwiesen.
Die Bcurtheiluug der Mauke des Pferdes ist in den einzelnen Fällen nach den angedeuteten Verschiedenheiten sehr verschieden zu machen. Oberflächliche Entzündungen im gelindern Grade, sowohl bei der Schutz- wie auch bei der Schrundenmauke, heilen oft in 8 bis 10 Tagen, während die tiefer gehenden und mehr ausgebreiteten Entzündungen zuweilen 4—6 Wochen Zeit zur Heilung bedürfen. 1st das Uebel chronisch geworden, so dauert es auch selbst bei einer chronischen Behandlung zuweilen bis 3 Monate und führt dann auch gewöhnlich die oben bezeichneten Veränderungen der Haut herbei. Bei der Brandmauke sind die leichteren Fälle in etwa 14 Tagen zur Heilung zu bringen, wo aber grosse Hautstücke ausgefallen sind, vergehen in der Regel 4 Wochen, ehe die Vernarbung erfolgt, und zuweilen findet sich, namentlich wo Fistelgänge oder Callositäten der Hautränder entstanden sind, ein wirkliches Vernarben mit Haut in 2 bis 3 Monaten nicht. Wo die Gelenkbänder, die Hufknorpel oder selbst Knochen mit angegriffen sind, kann die Heilung erst nach erfolgter Abblätterung dieser Theile erfolgen. In einzelnen Fällen der Art magern die Thiere bei dem andauernden Reizfieber bedeutend ab und gehen wohl selbst daran zu Grunde.
Die Behandlung ist bei der Schutz- und Schrundenmauke auf Minderung der Reizung und Beschränkung der Entzündung gerichtet. Es muss deshalb zuerst der leidende Fuss mit lauwarmem Wasser oder mit schwachem Seifenwasser sanft gereinigt und dann das Thier
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Iggnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Mauke, der Pferde.
in einen reinen trocknen Stand auf weiche Streu gestellt werden. Ausserdem befeuchtet man den leidenden Theii mit lauwarmen schleimigen Flüssigkeiten und umwickelt ihn in der Zwischenzeit mit lok-kerem Werg oder mit Watte. Mit dieser Behandlung kann man in den leichteren Fällen bis zu dem Abtrocknen der ausgeschwitzten Flüssigkeit fortfahren. Bei heftiger Entzündung sind Fussbäder von schleimigen oder von narkotischen Mitteln und zur Abendzeit gelinde Einreibungen der verdünnten grauen Merkurialsalbc zu machen. Dabei giebt man innerlich Abfuhrungsmittel und hält die Thiere in magerem Futter und unter Decken. Ist bereits Jaucheabsonderung eingetreten, so sind Fussbäder oder Waschungen von starkem Seifenwasser, oder von einer schwachen Auflösung des Chlorkalks, oder auch des Alauns, des Kupfer- oder Zinkvitriols täglich 2 Mal in Anwendung zu bringen; ist dagegen bloss Schrundenbildung mit geringer Absonderung zu bemerken, so bestreicht man die Schrunden mit Terpenthinsalbe, Königssalbc oder einer andern Harzsalbe, oder bei grosser Reizlosigkeit selbst mit Terpenthinöl. Nach eingetretener guter Eiterung und guter Granulation kann man gelind austrocknende Mittel, wie vorstehend schon genannt, ebenfalls anwenden. Finden sich starke Oedeme, so verabreicht man innerlich diuretische Mittel. — In einzelnen Fällen ist die Empfindlichkeit und Spannung in der Haut und vielleicht selbst in den Sehnen so bedeutend, dass die Thiere bei jeder Berührung und im Anfange des Gehens ihre Füssc heftig zuckend nach aussen werfen, so dass sie zuweilen nach der entgegengesetzten Seite umzufallen drohen. In diesen Fällen sind Fussbäder von narkotischen Mitteln, oder Einreibungen mit Fett oder Oel im erwärmten Zustande, oder mit Zusatz von narkotischen Extrakten zu benutzen.
Bei der chronischen Mauke giebt man innerlich abwechselnd Purgirmittel und diuretische Mittel und macht örtlich fleissig Fussbäder von Seifenwasser, Waschungen mit dem phagedänischen Wasser, Einreibungen mit der grauen iMerkurialsalbe, und wenn diese Mittel nichts fruchten, kann man selbst mit Terpenthinöl in die leidenden Theilc einreiben, um eine Ueberrcizung und Umstiminung herbeizuführen. — Bei der Brandmauke macht man nach geschehener Reinigung des Fusses Breiumschläge um denselben von schleimigen und fetten Substanzen, wie z. B. von Leinsaamen, von Leinkuchen, von Weissbrod mit Zusatz von Butter, Fett oder Oel u. dgl. 1st erst die Trennung des brandigen Hautstücks zu bemerken, so kann man Fussbäder von warmer Heusaamenbrühe, oder Umschläge von Heusaamen oder, wie es häufig vom Volke geschieht, Umschläge von Sauerkohl appliziren, bis die Abstossung des Ilautstückes geschehen ist, worauf Digestivsalben, Aloe- oder Myrrhentinktur, oder Holzessig und dergleichen Mittel angewendet werden, bis gute Granulation entstanden ist, worauf die weitere Heilung wie bei einem einfachen Eitergeschwür geleitet wird. Nach erfolgter Ausfüllung des Geschwürs mit guter Granulation sucht man die Bilduugsthätigkeit der Hautränder dadurch mehr anzuregen, dass man dieselben von Zeit zu Zeit wiederholt, d. i. etwa jeden vierten Tag einmal gelind mit Lapis infernalis und in der Zwischenzeit mit gelinden Digestivsalben
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bestreicht. Wo die Granulation zu üppig ist, nimmt man Alaun, oder Lapis infernalis und dergleichen iMittel. Fisteln werden aufgespalten und dann je nach ihrem Charakter mit Fussbädern von Sei-l'enwasser, oder mit Aloetinktur, oder selbst mit Aetzmitteln weiter behandelt.
Da sich in den JMaukegeschwüren ein Austcckungsstoff erzeugt, der auf dünner oder verletzter Haut in dem menschlichen Körper eine Impfung, und in Folge dessen heftige Entzündung der Lymph-gefässe, zuweilen einen den Kuhpocken ähnlichen Ausschlag und ein bald mehr bald weniger heftiges lieizfieber erzeugt, so muss der Thierarzt sich vor Besudelung mit der Maukenmaterie möglichst in Acht nehmen und auch die Wärter der Thiere mit dieser Eigenschaft bekannt machen, damit sie sich ebenl'alls vor der Anstek-kung schützen. Auf Pferde scheint die Materie nicht ansteckend zu wirken.
2. Bei dem Rindvieh findet sich an den Hinterfüssen, zuweilen auch an den Vorderfüssen eine eiysipelatöse Entzündung, welche der Mauke der Pferde in mancher Hinsicht sehr ähnlich ist und mit dem Namen Mauke, Fussräude, Träberausschlag des Kindviehes bezeichnet wird. Sie beginnt gewöhnlich in der Haut des Fesseis der Hinterfüsse, bleibt aber hier in den seltensten Fällen beschränkt, sondern verbreitet sich mchreniheils bis über das Schienbein zum Unterschenkel, ja selbst bis über diesen hinauf an den Leib, das Euter, das Kreuz etc. Zuweilen nimmt das Ucbel seineu Anfang an der Krone, oder am Sprunggelenk; viel seltener beginnt es an den Vorderfüssen und breitet sich an diesen allmälig höher bis zu dem Leibe und bis zu den Schultern. — Die Thiere zeigen zuerst in den betreffenden Fiisseu Schmerz durch abwechselndes Aufheben und Niedersetzen derselben, die Bewegung der Füsse geschieht mit Spannung, oft zuckend; dabei lassen die Thiere während einiger Tage im Fressen nach, wiederkäuen nicht regelmässig und zeigen Fieber mit wechselnder Temperatur an den Hörnern, Ohren und am Maule. Oertlich findet man die Haut am Fessel oder über dem Ballen und am vordem Ende des Klauenspaltes geschwollen und vermehrt warm, bald darauf finden sich die Erscheinungen auch über dem Fessel. Wo die Haut von Natur weiss ist, erscheint dieselbe geröthet, zuweilen sträuben sich auch die Haare. Nach einigen Tagen bilden sich an den angeschwollenen Stellen Bläschen, welche eine gelbliche, klebrige Flüssigkeit aussickern und wonach häufig das Haar ausfällt. Die ausgeschwitzte Materie vertrocknet zu Borkeu. Die Thiere sind dabei an den Füssen sehr empfindlich und so steif, dass sie sich entweder nicht niederlegen, oder sich mit dem ganzen Körper umwerfen und dann von selbst nur schwer oder nicht wieder aufstehen können. Nach 6—8 Tagen wird die Haut allmälig dicker, hart und spröde, es entstehen Hisse und Schrunden in ihr, aus denen eine stinkende Jauche sickert. Bei Kühen bildet sich oft zugleich am Euter eine #9632; ähnliche Entzündung mit Bläschen; andere Kranke bekommen auch einen Ausschlag von zuerst klebriger Ausschwitzung und dann von trocknen Schuppen am Kopfe, am Halse, oder auch am Rücken.
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Mauke, des Rindviehes. Behandlung.
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Beim weitern Verlauf verdickt sich die Haut zuweilen bis zu einem unglaublichen Grade, so dass die Thiere wie mit Elephanten-fussen begabt erscheinen; in andern Fällen bilden sich in den Schrunden Fisteln, die sich mehr oder weniger unter der Haut verbreiten und zuweilen Absterbungen des Zellgewebes herbeifuhren. Die Thiere magern dabei sehr ab, verlieren auch an der Menge und Qualität der Milch, und einzelne, besonders alte und magere Thiere, gehen dabei durch Abzehrung oder Lähmung zu Grunde. Die Dauer des Uebels ist in der Regel auf mehrere Monate ausgedehnt.
Die Ursachen dieser Entzündung finden sich hauptsächlich in dem fortgesetzten Genuss von Branntweiuschlempe aus Kartoffeln, namentlich aus gekeimten und verdorbenen Kartoffeln, wenn neben denselben nicht eine hinreichende Quantität von gutem Rauffutter verabreicht wird. Die Krankheit ist in manchen Gegenden noch unbekannt, in der neuern Zeit aber mit der Verbreitung der Kartoffelbranntwein-Brennereien viel häufiger zum Vorschein gekommen. Ob das Solanin in den gekeimten Kartoffeln zu einer Veränderung des Blutes, oder ob die Art der Nahrung überhaupt zur übermässigen Säurebildung und hierdurch zum Entstehen der Krankheit beiträgt? ist noch nicht entschieden. Zuweilen trügt auch die grosse Nässe in solchen Ställen, wo Branntweinschlempe gefuttert wird, und wo es an hinreichender Streu fehlt, zum Entstehen und zur Verschlimmerung des Uebels mit bei. Ausserdem sind auch nasse, sumpfige und saure Weiden zuweilen am Entstehen des Uebels schuld. Ansteckung hat man bisher niemals beobachtet.
Die Beurtheilung des Uebels ist im Allgemeinen günstig zu machen, da dasselbe, wenngleich langsam, doch in den meisten Fällen sicher zur Heilung zu bringen ist; nur in den Fällen, wo die Thiere sehr entkräftet sind, wo das Uebel mit Fisteln und mit ulce-rativer Zerstörung im Zellgewebe complicirt ist, und wo es an den Mitteln zur Abänderung der Ernährung fehlt, gehen einzelne Stücke an Zehrfieber und Erschöpfung zu Grunde.
Die Behandlung muss zunächst auf Abänderung des bisherigen Futters, namentlich auf Verminderung oder gänzliche VVeglassung der Schlempe und Ersatz derselben durch Gras oder Heu, Kleie u. dgl. gerichtet sein. Dabei sorgt man für Reinlichkeit im Stalle durch reichliche Streu, oder durch Einstreuen von Sand oder Gerberlohe u. dgl. Bei gut genährten Thieren macht man einen massigen Ader-lass. Innerlich giebt man Glaubersalz mit bittern Mitteln, oder auch mit Schwefel, bis gelindes Laxiren erfolgt, hiernach aber lässt man, um die überflüssige Säure des Urins zu binden, Kalkwasser mit dem Getränk verabreichen und zwar von klarem Kalkwasser täglich 2 bis 3 Quart. Aeusserlich wendet man nach geschehener Reinigung der mit Ausschwitzung oder mit Borken bedecktenquot; Theile das Bleiwasser an, oder bei reichlicher Absonderung das Kalkwasser, oder eine Auflösung von Schwefelleber (3ij zu Wj Wasser). Sind harte Krusten entstanden, so kann man dieselben mit einer Schwefelsalbe bestreichen (Schwefelblumen f j, Schweineschmalz Jiij). Zur Nachkur giebt man den Thieren von Zeit zu Zeit ein Abführungsmittel, abwechselnd mit bittern und gelind aromatischen Mitteln; und wo die Urinsecre-
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Entzündung der Beugesehnen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 189
tion übermüssig reichlich besteht, verabreicht man kleine Gaben von BleiKucker mit Campher und bittein Mitteln. Vorhandene Fisteln spaltet man auf und sucht dann ihren Grund durch Aloe- oder Myr-rheutiuktur, Kalkwasser u. s. w. umzustimmen.
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Siebzclintes Capitel.
Die Entzündung der Beugeseimen.
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Die an der hintern Seite des Schienbeins und des Fesseis der Pferde liegenden Beugesehnen (die Sehne des Kronen- und Hufbein-beugemuskels und der sogenannte Fesselbeiubeuger oder das Auf-häugebaud der Sesamsbciuc) und deren Scheiden sind der Entzündung sehr häufig und mehr als alle übrigen Sehneu unterworfen. Die Krankheit entstellt hier oft in Folge zu starker Anstrengung, namentlich beim heftigen Springen unter dem R eiter und bei übermäs-siger Anstrengung vor schwcrbeladcneu Wagen, ferner durch ungleiche Tritte auf unebenem Boden, wobei das Durchtreten im Fes-selgeleuk zu stark geschieht, oft auch bei dem Uebertreten über die Halfterkette oder auch in Folge von Stössen und Schlägen (daher die alte Benennung des Leidens Sehnenklapp), in andern Fällen durch Rheumatismus, und bei der sogenannten Influenza durch eine Metastasis. Wenn die Krankheit durch mechanische Einwirkung entstanden ist, entwickeln sich ihre Symptome in der Regel sehr all-mälig und bleiben fast immer nur auf einen Fuss beschränkt, wenn aber das Uebel auf die zuletzt erwähnte Weise erzeugt wird, tritt es immer sehr plötzlich ein, ergreift oft mein- als einen Fuss oder wechselt auch eben so oll von einem Fuss auf den andern. Die Erscheinungen im erstem Falle sind: Das Thier tritt beim Stillstehen nicht gehörig im Fessclgeleuke durch, sondern es hebt den Fessel bald mehr bald weniger steil, und eben so beim Gehen; dabei schwellen die genannten Sehnen, bald nur eine, bald zwei, oder alle drei an irgend einer Stelle von den Ballen bis zu dem Knie- oder Sprunggelenk etwas an, die Wärme an der betreffenden Stelle ist im Anfange nur unbedeutend vermehrt, aber beim Drücken mit den Fingern auf die Sehne zucken die Thiere und zeigen Schmerz. Im weitern Verlauf nehmen die Zufalle allmälig an Heftigkeit mehr zu, so dass die Thiere dann stark lahmen, fast gar nicht mehr im Fessel durchtreten und die Geschwulst im Verlaufe der Sehnen, ebenso die vermehrte Wärme und der Schmerz einen hohen Grad erreichen. In manchen Fällen findet sich ein heftiges Reizfieber hinzu. Die Seh-neiientzunduug hat stets eine Neigung zum chronischen Verlauf, und es bilden sich dabei leicht Ausschwitzungen, Verdickungen, kuorpel-
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190nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung der Beugesehnen. Kur.
artige Verhärtungen und in einzelnen Fällen selbst Verknöcherungen. Die Verdickungen erstrecken sich bald nur auf kleine Strecken der Sehnenscheide oder der Sehnen, in andern Fällen auf die ganze Länge derselben. Oft entstehen auch Verwachsungen der Sehnen unter einander, so dass sie stclleuweis oder ganz eine zusammenhängende dicke Masse darstellen. Eiterung und Brand finden sich als Ausgänge der Entzündung ausserordentlich selten. Wenn die Entzündung durch längere Zeit gedauert hat, und besonders wenn dabei die eben angedeuteten Veränderungen eingetreten sind, verkürzen sich gewöhnlich die Sehnen, und das oben bezeichnete unvollständige Durchtreten im Fcsselgelcnk, so wie die zu steile Stellung des Fesseis werden dauernd. Man bezeichnet dann das Leiden in Beziehung auf die verkürzten Sehnen als Contractur der Sehnen, und in Beziehung auf die fehlerhafte Stellung des Fesseis mit dem Namen Stelzfuss und zwar speciell Sehnenstelzfuss.
Die Sehnencntzüudung als Metastasis bei der Influenza entsteht gewöhnlich zu der Zeit, wenn die letztere Krankheit grösstcntheils oder gänzlich vorüber ist. Die Thiere schonen dann plötzlich den einen oder den andern Fuss, so dass sie nur mit der Zehe den Boden berühren, durchaus nicht durchtreten und selbst den Fuss oft zuckend in die Höhe heben. Bei der Untersuchung des Fusses findet sich am Hufe und am untern Ende des Fesseis nichts Krankhaftes, aber am Fesselgelenk und unmittelbar unter demselben besteht an der hintern Seite vermehrte Wärme, etwas Anschwellung und Spannung, und bei jeder Berührung zeigen die Thiere heftigen Schmerz. Die Beugesehnen sind zwar dabei mitleidend, am meisten aber sind ihre Scheiden ergriffen. Wenn mehr als ein Fuss afßcirt ist, zeigen sich die Thiere fast immer sehr' angegriflen, sie liegen sehr viel, stöhnen laut und ihr Puls ist bald mehr bald weniger fieberhaft beschleunigt. Die Erkennung dieses Zustandes und seines Ursprunges ist aus dem Bestehen der Influenza bis zum Hervortreten der Schnenentzündung, oder aus der kürzlich erst erfolgten Reconvalcscenz von dieser Krankheit, sowie aus dem Mangel anderer Gclegcnheitsursachen immer mit Sicherheit zu erlangen. Auch diese Sehnenentzündung neigt immer zum chronischen Verlauf, ist schwerer zu beseitigen als die durch mechanische Ursachen erzeugte und führt nicht selten für längere Zeit Unbrauchbarkeit oder Verkrüppelung der Thiere durch Verkürzung und Verwachsung der Sehnen herbei.
Die Prognosis ist bei den Sehnenentzündungen überhaupt nach dem mindern oder höhern Grade des Uebels, nach der Dauer desselben und nach den etwa schon bemerkbaren organischen Veränderungen der leidenden Theile, so wie nach der zu erwartenden guten Pflege des Thieres bei der Kur nach allgemeinen Regeln zu machen. Zu bemerken ist noch, dass Sehnenentzündungen oft eine Anlage zur Wiederkehr desselben Uebels hinterlassen.
Die Kur ist bei solchen Sehnenentzündungen, welche durch mechanische Einwirkungen entstanden und noch frisch sind, einfach an-tiphlogistisch. Man giebt den Thieren Ruhe, legt auf den Huf ein Eisen mit etwas erhöhten Stollen, macht unausgesetzt Umschläge oder Fussbäder von kaltem Wasser, von Bleiwasser, von Oxykrat,
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Hufentzundung, traumatische.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 191
oder am besten von Ascheulauge, uud bei heftigen Entaündungen entzieht man Blut uud giebt innerlich kühlende Salze bis zum Abführen. Dabei ist mageres Futter durchaus noting. Ist auf diese Weise die Entzündung In 8 Tagen nicht zu beseitigen, so kann man zu warmen Fussbädern von llcusaamenbrühe mit Asche oder mit Pottasche, oder zu warmen Breiumschlägen von narkotischen IMitteln übergehen und des Abends Einreibungen der Merkurialsalbe in Verbindung mit grüner Seile anwenden. Wird die Entzündung chronisch, oder sind bereits Verdickmigen, Verhärtungen, Verwachsungen oder Verkürzungen der Sehnen entstanden, so ist nur entweder die von Zeit zu Zeit wiederholte Anwendung der Kantharidensalbe oder die Application des Glüheisens in Strichen oder Punkten über die kranken Sehnen noch Hilfe zu bringen im Stande. Auch nach der Anwendung dieser Mittel, uud selbst wenn Besserung eingetreten ist, müssen die Thiere noch sehr geschont und in magerer Diät gehalten werden, bis alle Spuren der Krankheit verschwunden sind.
Bei der in Folge der Influenza entstandenen Sehneuentzündung hat die Anwendung der Kälte stets geschadet und die Anwendung der mildern Zertheilungsinittel sehr wenig genutzt. IVIan giebt auch hier, wenn der allgemeine Zustand des Thieres es gestattet, von Zeit zu Zeit wiederholt eine Purgauz und hält die Thiere in magerer Diät. Oertlich kann man, wenn das Uebel in einem gelinden Grade besteht, die graue Merkurialsalbe mit Zusatz von Jodkali (3/S auf sect;j) anwenden, am besten aber ist es in allen Fällen der Art, sogleich die Kantharidensalbe auf die leidenden Theilc zu streichen und dies nach etwa 8 Tagen zu wiederholen. (Ueber Sehnenverkürzung und Stelzl'uss siehe in der zehnten und eilften Classe.)
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i^clitzeiintesi Capitel.
Die Huf- und Klauenentzündung. Inflammatio ungularum, Paronychia s. Panaritium.
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Die VVeichgebilde in den Endgliedern der Extremitäten, nämlich das Gewebe der Fleischblättchen in der Fleischwand und das der Fleischsohle sind bei den verschiedenen Haussäugethieren der Entzündung häufiger unterworfen, namentlich aber bei Arbeitsthieren und ganz besonders bei Pferden. Die Entzündung dieser Theile erscheint hinsichtlich ihres Entstehens entweder a) als eine traumatische, oder 6) als eine rheumatische, oder r) als eine metastatische, und hinsichtlich ihres Verlaufs als sehr akute, massig akute und als chronische.
a) Die traumatische Huf- und Klaueutzündung kommt bei sämmtlichen Haussäugethieren vor. Sie entsteht durch andauern-
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192nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ilufentzundung, traumatische.
des und schnelles Laufen auf hartem, unebenem Boden, durch Druck von zu trockenem und übermüssig dick bewachsenem Horn, durch Druck von ungleichen, zu engen, zu sehr auf der Sohle liegenden Hufeisen, durch Einklemmen von Steinen und andern harten Körpern zwischen das Hufeisen und die Sohle, oder in die Furchen des Strahls u. s. w. Sie befällt in den meisten Fällen nur einen Fuss, zuweilen aber auch mehrere Füsse, und sie betrifft zuweilen die ganze Sohle, oft aber auch nur einzelne Theile derselben. Leidet nur ein Fuss, so zeigt dies das Thier dadurch an, dass es diesen Fuss öfter von einer Stelle zur andern auf den Boden setzt, dabei, je nach dem vorherrschenden Sitze der Entzündung, bald die Zehe, bald den Ballen, bald die eine oder die andere Seite des Hufes schont und nicht so fest mit diesen Theileu gegen den Boden tritt wie mit den übrigen. Beim Gehen tritt es auf den dem kranken Fusse gegenüberstehenden Fuss kräftiger und schneller auf, als auf den kranken, welchen es nur langsam und mehr oder weniger vorsichtig gegen den Boden setzt; dies geschieht auf hartem Boden deutlicher bemerkbar, als auf weichem, und man sieht auch hier, dass die eine oder die andere Seite des Hufes mehr geschont wird als die übrigen Theile. Zuweilen treten die Thiere im Fesselgelenk nicht gehörig nach unten durch, sondern sie halten den Fessel senkrecht wie bei einer Verrenkung desselben. Bei der örtlichen Untersuchung findet sich stärkeres Pulsiren der Fessel- und Schienbeinarterien, vermehrte Wärme im Hufe, und zwar je nach der Ausdehnung der Entzündung bald an der ganzen Sohle und der Wand, bald auch nur begräuzt an einer kleineu Stelle. Zuweilen ist die Krone oder es sind die Ballen augeschwollen. Beim Druck mit einer Zange an verschiedenen Punkten rund um die Wand und die Sohle zeigen die Thiere bald nur an einer Stelle, bald auch im ganzen Umfange des Hufes Schmerz. Ist das Horn von Natur weiss oder gelblich, so zeigt sich dasselbe geröthet oder mit rothen Flecken versehen, und selbst bei dunkelfarbigem Horn findet sich die Röthung wenigstens an der sogenannten weissen Linie in der entzündeten Umgegend. Bei heftigen Entzündungen besteht gewöhnlich ein Reizfieber, bei welchem die Thiere häufig zugleich an Appetitlosigkeit leiden.
Der Verlauf der traumatischen Hufentzündung ist bald nur sehr kurz, auf 3—6 Tage beschränkt, bald auch wieder auf 14 Tage und darüber ausgedehnt; ersteres ist der Fall bei oberflächlichen und be-gränzten Entzündungen, wenn die Ursachen beseitigt werden und das Thier einer zweckmässigen Behandlung unterworfen wird; dagegen ist die Krankheit immer mehr langwierig, wenn sie im ganzen Hufe verbreitet und tief eingedrungen ist, so dass aussei- den Weichgebilden selbst auch die Knochen an der Entzündung Theil nehmen. Traumatische Hufeutzündungen können sich zertheilen oder sie gehen in Ausschwitzung, häufig in Eiterung und zuweilen auch in Brand über. Durch die erstere können, wenn der Eiter nicht bei Zeiten entleert wird, Lostrennungeu der Ilorugebilde von den Fleischgebilden im weiten Umfange und mehr oder weniger bösartige Fistelgeschwüre erzengt werden, und durch den Brand erfolgt oft ein Aus-schuheu der Hornkapsel, theilweis oder ganz, und in Folge dessen
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Hufentzündung, traumatische. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 193
gehen die Pferde in den meisten Fällen theils durch das heftige Reizfieber, theils durch die örtlichen Zerstörungen zu Grunde; bei einzel-zelneu hat sich jedoch unter sehr günstigen Umständen die Horukap #9632; sei wieder ersetzt.
Die Kur verlangt die Beseitigung der Ursachen nach ihrer ver. schiedenen Art. Ausserdem müssen die Thiere ruhen und wenig Futter erhalten. Bei heftiger Entzündung und bestehendem Reizfieber macht man einen Aderlass aus der Drosselvene oder auch aus den Fesselvenen, oder an der Fleischsohle selbst. Letzteres hat in vielen Fällen eine starke Anschwellung und das Hervorquellen der verletzten Fleischsohle zur Folge gehabt, wodurch im weitern Verlauf der Krankheit die Heilung sehr gestört und die Thiere ausserordentlich belästigt worden sind, daher dies Verfahren nicht besonders empfohlen werden kann. Dagegen ist das tiefe Ausschneiden der Sohle überall da, wo das Horn sehr dick und trocken in derselben ist, uö-thig. Ausserdem macht man Umschläge oder Fussbäder von kaltem Wasser unausgesetzt bei Tage und bei Nacht, so lange bis die Zeitheilung erfolgt oder ein anderer Ausgang zu erkennen ist. Die Zer-theilung giebt sich, wie immer, durch das Verschwinden der Entzündungszufälle kund. Tritt sie bei der bezeichneten Behandlung in Zeit von 3 bis höchstens 4 Tagen nicht ein, nehmen sogar vielleicht die Zufälle an Heftigkeit noch zu, pulsiren namentlich die Fesselar-tericu stärker, oder treibt die Krone an einer Stelle stärker auf, so muss man au der schmerzhaften Stelle der Solde oder der weissen Linie das Horn bis auf die Fleischsohle wegnehmen, um entstandene Ausschwitzungen oder den Eiter zu entleeren. Die Oellnung muss immer vollständig so gross gemacht werden, wie weit die Horusohle von der Fleischsolde getrennt ist, so dass nirgends hohle Stellen zwischen beiden bleiben, denn nur hierdurch wird die weitere Trennung und das Hervorquellen der Fleischsohle verhütet. Der Eiter im Hufe der Pferde findet sich von zweierlei Beschaffenheit, nämlich entweder von dunkelgrauer, oder von weisser Farbe. Der erstere erhält seine Färbung durch die Auflösung des Epitheliums, welches sich zwischen der Hornsohle und der Fleischsohle auf der letztern befindet, und deutet hierdurch immer auf einen nur oberflächlichen Sitz und auf eine gutartige Natur des Uebels, während der weisse Eiter stets durch eine Auflösung des Gewebes der Fleischsohle selbst entsteht und somit durch seine Farbe auf eine tiefere Zerstörung und eine grössere Bösartigkeit des Uebels deutet. Zuweilen kann man im letztem Falle mit der Sonde in die Fleischsohle, oder auch an der Fleischwaud mehr in die Tiefe eindringen und im Grunde selbst das Hufbein stellenweis entblösst oder rauh fühlen. Die Behandlung nach dem Biossiegen der eiterigen Stellen ist in der ersten Zeit ganz ohne Rücksicht auf den Eiterungsprozess noch einfach entzündungswidrig durch kalte Fussbäder oder Umschläge zu bewirken, dies ist dringend nöthig, wenn das Hufbein entblösst und überhaupt mitleidend ist; und erst nachdem die Schmerzen grösstentheils verschwunden sind, kann man zu lauwarmen Fussbädern oder Umschlägen von Heusaamenbrühe, oder von aromatischen Kräuterinfusionen übergehen, um den Eiterungs- und Granulationsprozess zu be-
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fördern. Uebrigens leitet man die Heilung hierbei ganz nach allgemeinen Regeln, mit Berücksichtigung der vitalen Thätigkeit an den leidenden Stellen. Ist die Granulation bis zu der Oeffnung im Horn hervorgewacbsen, so sucht mau die Veruarbung durch austrocknende und geliud adstriugirende Mittel zu beiordern, wie namentlich durch Auflösungen von Ziukvitriol, Kupfervitriol, Aloetiuktur, Kreosot und dergleichen.
Wenn bei der traumatischen Hufentzündung Brand entsteht, so ist dies an der bis zu einem hohen Grade fortschreitenden Steigerung der Zulalle und dabei eintretenden Ablösung des Saums an der Krone, so wie durch Ausschwitzung einer blutigen, sehr stinkenden Feuchtigkeit und an dein Einsinken der Krone zu erkennen. Die Trennung geht vom Saume aus im \ erlaufe der Fleischblättchen gewöhnlich in kurzer Zeit tiefer und breitet sich auch nach den Seiten mehr aus. Dabei lässt in vielen Fällen der Schmerz auffallend nach. Die Kur besteht hier in der baldigen Entfernung der abgetrennten Horntheile, und in der Belebung der VVeichgebilde im Umfange der abgestorbenen Theile durch aromatische Infusionen, durch Chlorkalkauflösung, Holzessig und dergleichen Mittel, bis gute Eiterung und Abstossung der abgestorbenen Theile eingetreten ist, worauf die weitere Behandlung wie bei der Eiterung zu besorgen ist. Bei diesem Zustande muss man den Thieren stets eine reichliche, weiche Streu geben und beim Stehen sie mittelst eines Hängegurtes unterstützen.
Bei dem Rindvieh und den übrigen mit Klauen versehenen Thieren kommen traumatische Entziiudungen dieser Theile weit seltener vor und sie erreichen auch gewöhnlich nicht den hohen Grad, wie bei dem Pferde; doch erfolgt zuweilen Ausschwitzung, Eiterung oder Brand, uud in Folge dieser Ausgänge findet in einzelnen Fällen das Ausschuhen der Klauen Statt. Die Erscheinungen dieser Entzündungen stimmen im Wesentlichen mit denen der Hufentzündung bei Pferden überein. Die Beurtheilung und die Behandlung der in den einzelnen Fällen dem Grade und der Ausbreitung, so wie den Ausgängen nach verschiedeneu Zufälle ist wie bei der traumatischen Hufentzündung der Pferde einzurichten.
6) Die rheumatische Hufentzündung entsteht durch Erkältungen jeder Art, besonders bei heisser Witterung, wo die Thiere stark ausdünsten, und bei einer zu reichlichen Ernährung mit sehr nahrhaftem Körnerlutter, besonders wenn die Thiere an dasselbe nicht gewöhnt sind. In dieser Hinsicht ist namentlich das Futtern der Pferde mit Koggen, und wieder ganz besonders nach der Ernte, und fast ebenso das Futtern mit Gerste uud Weizen, und ciniger-maasseu auch mit frischem Klee oder mit andern sattreichen Pflanzen zu beschuldigen. Längeres Stehen im Stalle ohne Bewegung disponirt die Thiere auch sehr zu dieser Krankheit und scheint sie in manchen Fällen auch ohne Mitwirkung anderer Ursachen erzeugen zu können. Zuweilen entsteht die Krankheit noch durch Metastasen von andern Krankheiten, namentlich von Darmentzündungen, Brustfell- und Lungenentzündungen und von akutem Rheumatismus. Die rheumatische Hufentzündung, vom Volke mit dem Namen Rhehe, Verschlag, Verfangen belegt, hat nach den angedeuteten ver-
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schiedenen Ursachen in den einzelnen Fällen auch specielie Benennungen erhalten, wie z. B. Windrhehe, wenn das Laufen gegen kalten Wind, Wasserrhehe oder das Vertränken, wenn der Genuss von kaltem Wasser bei erhitztem Körper, Futterrhehe oder das Verfuttern, wenn ungewohnte Nahrungsmittel in zu reichlicher Menge, und Stallrhehe, wenn träge Ruhe die Veranlassung dazu gewesen sein soll.
Die Krankheit besteht zuweilen einfach, ohne Complicationen, zuweilen aber auch mit akutem Rheumatismus, mit Lungenentzündung u. dgl. verbunden. Sie befällt in den meisten Fällen die beiden Vorderfüsse, oft auch die Hinterfiüsse zugleich, selten die letzteren allein. Je nachdem die vorderen Füsse allein, oder die hinteren allein, oder auch alle 4 Füsse leiden, ist das Benehmen und die Stellung des Thieres in den einzelneu Fällen etwas abweichend. Leiden nur die Vorderfüsse, so stellt das Pferd dieselben etwas mehr gestreckt nach vorwärts, so dass es hauptsächlich auf den Ballen ruht, die tlintcrfüsse stellt es dagegen weiter nach vorn unter den Leib, um hierdurch die Last des Körpers mein' auf diese Gliedmaassen zu nehmen; sind die Hiuterfusse allein ergriffen, so setzt es zwar dieselben auch mehr nach vorn und ruht mehr auf den Ballen derselben als auf der Zehe, die Vorderfüsse aber setzt es weiter nach rückwärts unter die Brust und hängt mit dem Halse und Kopf vorn über; leiden alle 4 Füsse, so sind die vorderen möglichst weit vorwärts gestreckt und die hinteren ebenso recht weit unter den Leib gesetzt. Müssen die Thiere gehen, so ist die Bewegung äusserst gespannt, die Gliedmaasseu werden nur mit grosser Mühe von dem Boden in die Höhe genommen, und die Füsse werden mit in die Höhe gehaltener Zehe fast nur allein oder hauptsächlich auf die Ballen und auf die Trachtenwand aufgesetzt, — was besonders deutlich beim Gehen im Trabe zu bemerken ist und ganz deutlich zeigt, dass die Thiere den grössten Schmerz am vordem Theil des Hufes fühlen und deshalb diesen Theil schonen wollen. üertlich findet man starkes Pulsiren und oft grosse Anfüllung der Fessel- und Schien-beinsarterien, vermehrte Wärme am Hufe, und bei angebrachtem Druck mit einer Zange an der Sohle, besonders im Umfange des Zehentheils des Hufbeins grossen Schmerz, während dagegen am Strahl und an den Trachtpnwänden kein Schmerz wahrzunehmen ist. Dabei besteht mehr oder weniger heftiges Fieber, wobei es der Krankheit eigenthümlich ist, dass alle Arterien sehr ausgedehnt und gespannt zu fühlen sind. Zugleich ist das Athmen etwas vermehrt, kurz und angestrengt, besonders auffallend, wenn die Hinterfiisse mitleiden. Die Schleimhäute sind dunkler geröthet, die Ohren vermehrt warm, dabei zeigen aber die Thiere fast durchgehends guten Appetit. Nach 3—5 Tagen, je nach der Heftigkeit der Entzündung, senkt sich sehr oft die Krone etwas ein, so dass rund um sie, namentlich über der Zehe, hinter dem Saume eine Rinne entsteht; noch später findet sich oft Trennung des Saums und etwas Ausschwitzung von lymphatisch seröser Flüssigkeit. Während der Krankheit liegen die meisten Pferde andauernd, bis Besserung eintritt, andere legen sich abwechselnd nieder und stehen wieder auf, wonach sie gewöhnlich
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mit den Beiueu zittern und schneller athmen als während des ruhigen Stehens oder Liegens. Bei recht heftiger- Entzündung, namentlich wenn die Hinterfüsse mitleiden, schieben die Thiere beim Stehen beständig ungeschickt nach vorn, so dass sie sich den Hals oder die Brust an der Krippe quetschen, das Athmen durch Druck auf die Luftröhre erschweren und, wo ein Aderlass gemacht ist, durch Comprimirung der Drosselvenen Nachblutungen au der Aderlassstelle hervorrufen. Solche schwerkranke Pferde geben ihren Schmerz durch lautes Stöhnen, und ihre Angst gewöhnlich durch andauernden Schweiss zu erkennen.
Ist die Krankheit mit Rheumatismus compllcirt, so zeigen die Thiere neben jenen Symptomen auch grosse Spannung in den Muskeln an verschiedenen Theilen, steife Haltung des Halses, und Knak-ken in den Sehnen und Gelenken beim Gehen. Ist Lungenentzündung gleichzeitig vorhanden, so athmen die Thiere weit mehr beschwerlich, legen sich nicht nieder, zeigen beim Druck gegen die Brust Schmerz und ausserdem hört man bei dem Auskultiren an einer oder der andern Stelle der Brust kein Bläschengeräusch.
Der Verlauf der rheumatischen Hufeutzündung ist gewöhnlich akut auf 5 — 14 Tage beschränkt, indessen hat die Krankheit auch eine grosse Neigung zum Chronischwerden, und dehnt sich dann zuweilen auf mehrere Monate aus. Auch hinterlässt sie immer eine Anlage zur leicht erfolgenden Wiederkehr.
Die Ausgänge sind Zertheilung, plastische und seröse Ausschwiz-zung und Brand. Eiterung habe ich bisher noch niemals bei dieser Entzündung entstehen sehen, wenn dieselbe nicht mit mechanischen Verletzungen complicirt worden war; letztere können in verschiedener Weise, namentlich aber mittelst des örtlichen Aderlassens an der Fleischsohle herbeigeführt werden, und nur in solchen Fällen tritt dann auch zuweilen Eiterung ein. Die Zertheilung ist zu hofl'eu, wenn die^Eufälle allmälig nachlassen; die Ausschwitzung ist immer als wahrscheinlich schon vorhanden zu betrachten, wenn die oben bemerkte Einsenkung der Krone hinter dem Saume erscheint, — und Brand äussert sich, wie bei der traumatischen Hufentzünduug, durch Abtrennung des Saumes und Ausschwitzung einer stinkenden, röthlichen Jauche. Die baldige Zertheilung entsteht bei einem massigen Grade der Krankheit, bei mageren Thieren und wenn zeitig zweckmässige Hilfe gebracht wird. Dagegen ist die Krankheit immer mehr zu andern Ausgängen geneigt, oder die Zertheilung erfolgt sehr langsam, wenn die kranken Thiere recht gut bei Leibe und von schwerem Körperbau, wenn alle vier Füsse ergrilTen sind und wenn die Krankheit entweder schon mehrere Tage gedauert hat, ehe die Behandlung eingeleitet wurde, oder wenn sie nicht zum ersten Male vorhanden ist, und wenn die Hufe durch andere Krankheiten oder fehlerhafte Bildung verkrüppelt oder entartet sind. Unter solchen Umständen erfolgt gewöhnlich eine sehr reichliche plastische Ausschwitzung zwischen der Fleisch- und Hornwand, besonders in der Umgegend des Zehentheils des Hufbeins. Diese ausgeschwitzte Materie verdichtet sich und verdickt die Hornwand sehr bedeutend, so dass sie zuweilen an der Zehe mehr wie einen Zoll dick wird und
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hierdurch das Hufbein allmälig mehr nach unten und hinten verdrängt, während die Wand allmälig mehr nach vorn und oben steigt. Auf solche Weise wird durch den Druck des Hufbeins nach unten die Fleischsohle und die Hornwaud ebenfalls nach abwärts gedrückt, die Fleischsohle an der gedrückten Stelle durch Resorption verdünnt und die Hornsohle in Form eines Kugelabschnittes über den Tragerand der Hornwand hervorgedrängt. Der so entartete Huf wird als Vollhuf bezeichnet. (Siehe denselben.) In andern Fällen bilden sich in Folge der Einsenkung der Krone ringförmige Erhöhungen und Vertiefungen rund um die Hufwand. Diese Ringe beginnen immer an dem Saume, wachsen allmälig mehr nach abwärts und werden mit der Zeit durch neue am Saume gebildete Ringe mehr und mehr heruntergedrängt. Sehr oft bemerkt man bei der Bildung eines neuen Ringes gelinde Entzündung und Lahmheit, welche wieder verschwinden, wenn der Ring eine gewisse Breite erreicht hat und vom Saume gleichsam abgewachsen ist. Die Bildung neuer Ringe ist in manchen Fällen durch fortgesetzte entzündungswidrige Behandlung, magere Diät und Ruhe zu verhindern, in andern Fällen aber fruchten alle diese ftlittel nichts, sondern die abnorme Bildung dauert fort, so lange das Thier lebt. — Durch wiederholte Hufentzündungen entsteht bei manchen Pferden auch Zwanghuf, bei anderen grosse Mürbigkeit und Brüchigkeit des Horns, Anlage zu Hornspalten u. s. w. — Wenn die Thiere in Folge der heftigen Schmerzen in der ersten Zeit der Entzündung andauernd liegen, und besonders wenn sie dabei sehr unruhig sind, erfolgt an den hervoistehendsten Punkten ihres Körpers, durch Druck auf den Erdboden, sehr leicht das Durch- oder Wundliegen, besonders au den Hüften, auf den Rippen u. s. w. Es bilden sich Quetschungen der Haut, der Muskeln und Bänder und selbst der Knochen, weiterhin Brand und jauchende Geschwüre, und die Thiere gehen zuweilen an diesen Complicationen zu Grunde. Diese üblen Zufälle sind immer um so mehr zu befürchten, je schwerer die Thiere sind und je weniger eine sorgfältige Wartung derselben durch Umwenden des Körpers von einer Seite zur anderen und durch Erneuerung der Streu angewendet wird. '#9632;— Auch durch Brand, Lungenentzündung und heftiges Fieber kann der Tod erfolgen.
Die Behandlung. Kaum eine andere Entzündung verlangt so allgemein, wie die eben in Rede stehende, die streng antiphlogisti-sche Methode. Man macht demgemäss einen der Constitution des Thieres entsprechenden reichlichen Aderlass (d. i. bei Pferden von mittlerer Grosse und Stärke 10 — 12 Pfund) aus der Drosselvene, oder auch aus den Fesselvenen oder Vorarmsvenen der leidenden Füsse. Die älteren Praktiker wählten hierzu auch die Fleischsohle; allein es entstehen hierbei dieselben Nachtheile, welche bereits im Vorhergehenden bei der traumatischen Hufentzündung angedeutet worden sind, ohne dass gerade ein besonderer Vortheil aus diesem örtlichen Aderlass entsteht; ich halte denselben nach meiner vieljährigen Erfahrung für völlig unnütz. Man hat auch die Arteriotomie an den Fesselarterien ausgeführt, allein ebenfalls ohne besondern Nutzen. Mindern sich die Zufälle nach dem ersten Aderlass in Zeit
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von etwa 8 —12 Stunden nicht, so muss die Blutentleerung wiederholt werden, und nöthigenfalls so auch zum dritten Mal nach etwa 24 Stunden. Innerlich giebt man bei recht kräftigen Thieren den Salpeter mit Glaubersalz oder Doppelsalz in grosseu Gaben, bei weniger kräftigen Thieren, oder wo zugleich allgemeiner Rheumatismus besteht, den Brechweinstein mit jenen Salzen, bis Minderung in der Fülle der Arterien und bis Laxiren erfolgt. Oertlich schneidet man die Hufsohle recht dünn aus, und macht Fussbäder von kaltem Wasser, oder applizirt Umschläge von Kleie und Wasser, oder von Lehm und Wasser, oder auch von Kuhmist. Letzterer eignet sich hierzu weniger gut als jene Substanzen, weil er eine zu sehr gebundene Masse darstellt und das Eindringen des kalten Wassers auf den Huf nicht gut gestattet, daher die kühlende Wirkung desselben hemmt; es ist deswegen zweckmässig, den Kuhmist mit Lehm oder Erde gemengt zu den Breiumschlägen zu benutzen. 1st die Entzündung nur in einem massigen Grade zugegen, und können die Thiere anhaltend stehen, so sind Fussbäder bis über die Fcsselgelenke hinauf den Umschlägen an Wirksamkeit vorzuziehen. Man stellt die Thiere für diesen Zweck in Eimer oder Wannen mit kaltem Wasser, oder wo es zu haben ist, in einen Fluss, oder einen Teich, eine Piütze u. dgl. Besitzt ein Thier einen vorher schon kranken Huf, namentlich einen Vollhuf, oder einen Huf mit ansgebrochenen schwachen Wänden, so legt man unter diesen Umständen nach dem etwa geschehenen Ausschneiden des Hufes ein gut passendes und hohlgcrichtetes Hufeisen auf denselben und wendet dann (he kühlenden Mittel au. — Sind bei dieser Behandlung fünf bis acht Tage verflossen, ohne dass Besserung eingetreten ist, so kann man nun den Salpeter und den Brechweinstein weglassen, dafür aber die Aloe mit dem Glaubersalz in Verbindung anwenden, um Purgiren und hierdurch eine Ableitung von den Füssen zu bewirken. Hierdurch muss man unter diesen Umständen, wenn die Krone stark einsinkt, die Sohle an der weissen Linie im Umfange der Zehe bis auf die Fleischsohle vorsichtig durchschneiden, um etwa ergossene Flüssigkeiten zu entleeren, worauf die kalten Umschläge oder Fussbäder noch fortgesetzt werden können, bis die Entzündung vollständig beseitigt ist. — Trennt sich der Saum nur in einem geringen Umfange, so verlangt dies keine besondere Behandlung. Erstreckt sich aber die Trennung mehr in die Tiefe und ist sie von reichlicher Ausschwitzung begleitet, so muss man die getrennte Parthie der Wand gründlich wegnehmen und zur Minderung der entzündlichen Ausschwitzung das Bleiwasser anwenden. — Entsteht Brand, so ist ebenfalls die baldige Entfernung des abgetrennten Horns in seinem ganzen Umfange nöthig, ausserdem macht man Scarificationen an der Krone und wendet aromatische Fussbäder, Auflösung von Chlorkalk u. s. w. an, wie bei dem Brande im Allgemeinen angegeben ist.
Zeigt die Entzündung eine Neigung zum chronischen Verlauf, so ist neben der fortgesetzten Anwendung der Purgirmittel in den gelinderen Fällen äusserlich der Gebrauch von Fussbädern aus Aschenlauge oder einer Auflösung von Pottasche, und des Abends die Eimeibung der grauen Merkurialsalbe in die Krone nützlich; be-
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steht aber die Krankheit in einem hohen Grade über die gewöhnliche Zeit fort, so ist die Einreibung der Cantharidensalbe am untern Ende des Fesseis und an der Krone, etwa alle 6 Tage einmal wiederholt, allen anderen Mitteln vorzuziehen. Zur Nachkur kann man dann noch die Jodsalbe oder die graue Merkurialsalbe um die Krone einreiben.
In diätetischer Hinsicht verlangen diese Patienten während der ganzen Kur recht mageres und weniges Futter, dabei eine weiche und reichliche Streu und massig warme Bedeckung des Körpers. Liegen die Thiere viel, so muss ganz besonders darauf gesehen werden, dass die Streu mehr als gewöhnlich reichlich unter dem Körper erhalten wird, und täglich wenigstens 5 •—-6 Mal müssen die Thiere von einer Seite zur andern umgewendet werden.
c) Das eigentliche Panaritium oder die metastatische Hufentzündung besteht in einer speeifischen Entzündung entweder 1) bloss in der Haut der Krone, oder 2) in der Fleischkrone oder Fleischwand, oder 3) der Sehneu des Kronen- und des Hufbeinbeugers, oder 4) auch in der Knochenhaut des Hufbeins und des Kronenbeins. Diese Entzündung hat immer eine vorwaltende Neigung zum Uebcrgang in Eiterung, nimmt gern einen langwierigen Verlauf und entsteht in Folge eines biliösen, anthraxartigen Zustan-des des Blutes. Sie kommt zu manchen Zeiten bei mehreren Thie-ren fast gleichzeitig, in andern Zeiten äusserst selten vor. Die Erscheinungen sind, je nach den verschiedeneu Orten der Entzündung, in den einzelnen Fällen etwas verschieden, im Allgemeinen aber darin charakteristisch, dass das Uebel stets an der Krone beginnt und sich hier zuerst durch einen tiefen Schmerz äussert, den das Thier durch vorsichtiges Auftreten auf die Erde und Lahmgehen mit sehr kleinen Schritten zeigt, während mau durch Druck mit den Händen auf den ganzen Huf und auch auf die Krone in der Regel keine auffallende Empfindlichkeit erzeugt. Nach 2—3 Tagen schwillt die Krone an der affizirteu Stelle etwas an, wird vermehrt warm und selbst bei massiger Berührung sehr schmerzhaft. — Wenn der Sitz des Uebels bloss in der Haut ist, so tritt auch der Schmerz bei jeder Berührung heftig hervor; dagegen stellt-das Thier beim ruhigen Stehen den Fuss noch ziemlich fest auf den Boden. Nach 5 bis 6 Tagen schwitzt zwischen der Ober- und Lederhaut ein gelblicher Eiter aus, die Oberhaut trennt sich au einer oder mehreren Stellen, und die bezeichnete Flüssigkeit entleert sich. Wird jetzt eine zweck-mässige Behandlung eingeleitet, so trocknet die Fläche bald wieder ab, die Entzündung lässt nach und ebenso verliert sich die Lahmheit; wird aber das Leiden vernachlässigt, so löst sich der Saum immer mehr und mehr von der Fleischkrone, der Eiter senkt sich in die Tiefe, entartet, das Horn trennt sich immer weiter und die Entzündung pflanzt sich auf die Fleischwand und die Fleischkrone fort.
Ist der Sitz der Entzündung in der Fleischkrone und in der Fleischwand, so hebt das Thier beim Stehen den kranken Fuss öfter auf, aber man kann erst durch stärkeres Drücken auf die kranke Stelle Schmerz hervorrufen. Die Fesselarterien pulsiren stärker, und
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nach etwa 5—8 Tagen findet sich an der geschwollenen Krone eine weiche Stelle, die sich bald darauf öffnet und ein Geschwür mit blauen zerrissenen Rändern, %—2 Zoll Tiefe und verschiedener Richtung hinteilässt, aus welchem mehr oder weniger mit Blut vermischter Eiter lliesst. Auch diese Form des Panaritiums kann bei zweck-mässiger Behandlung in 3 — 4 Wochen heilen, indem dabei die Zufälle sich mindern, der Eiter reiner und der Menge nach weniger wird, die OefTnung des Geschwürs eine gesunde Farbe annimmt und das Geschwür sieh endlich schliesst; bei unzweckmässiger Behandlung verbreitet sich die Eiterung immer weiter, die VV eichgebilde lösen sich immer mehr von der lloruwand und der Eiter dringt an andern Stellen der Krone hervor, wobei die letztere immer mehr anschwillt und sich über die Saumwand hinweglegt, und so dauert das Uebel fort, gewöhnlich bis der Huf gänzlich getrennt ist und abfällt. Zuweilen gehen auch die Thiere au dein zugetretenen Zehrfieber zu Grunde.
Entsteht das Panaritium in den Sehnen, so berührt das Thier in der ersten Zeit kaum mit der Zehenspitze den Boden und zeigt auch beim Druck auf die Sehnen über den Ballen des Hufes sehr heftigen Schmerz; zuweilen ist der ganze Fessel ödematös angeschwollen. Die Entzündung verläuft hier langsamer und es vergehen gegen 14 Tage, ehe Eiterung stattfindet; es tritt immer erst Entzündung der Krone hinzu und dann bildet sich an den Ballen eine weiche Stelle, an welcher das Geschwür, wie in dem vorigen Falle, durchbricht; zuweilen bildet sich aber auch zuerst an einer Seitenfläche der Krone ein Geschwür, durch welches man aber gewöhnlich mit der Sonde tief und selbst bis zu den Sehnen eindringen kann, während in andern Fällen dies nicht möglich ist, sondern erst späterhin Geschwüre an den Ballen hinzukommen. Im weitern Verlaufe heilen einzelne Geschwüre zu, während neue an andern Stellen wieder hervorbrechen, bis die Entzündung der Sehnen ganz gehoben ist. Da das Thier während der Dauer der Entzündung den Fuss immer stark nach hinten gebogen hält, so verkürzen sich die Beugesehnen hierbei sehr leicht, und ausserdem werden dieselben durch die Entzündung verdickt, verhärtet und selbst stellenweis verknöchert, oder auch durch die Eiterung angegriffen. Im letztern Fall nimmt der Eiter eine schlechte Beschaffenheit an,, das Geschwür wird kailös, und die Heilung erfolgt äusserst langwierig; in anderen Fällen entsteht üppige Granulation an den Seimen selbst und die Heilung erfolgt ebenfalls sehr schwer. Zuweilen pflanzt sich die Entzündung über den Fessel hinauf bis zum Kniegelenk fort und es bilden sich dort einzelne Geschwüre, die jedoch leichter heilen.
Hat die Entzündung ihren Sitz in der Knochenhaut, so giebt sie sich zuerst durch dieselben Symptome kund, wie die vorhergehenden Formen, und verläuft auch eben so langsam. Die Geschwüre kommen hier mehr im Umfange der Krone vor und scheinen zuerst nicht ganz bis auf den Knochen zu dringen, doch kann man sie all-mälig bis auf denselben verfolgen. Zuweilen heilt das zuerst entstandene Geschwür bald wieder zu, aber es bildet sich bald ein neues, und so fort, dass zuweilen 3, 4 und mehrere Geschwüre ent-
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stehen, von denen einzelne heilen, andere noch fortbestehen, während sich neue entwickeln. Ist die Entzündung bloss auf die Beinhaut an einer Seitenfläche des Hufbeins beschränkt, so ist auch die Lahmheit nach entstandener OeSbung des Geschwürs vermindert, setzt sich aber die Entzündung auch auf.die Gelenkiläche fort, so bleibt dieselbe während der Eiterung eben so bedeutend wie vorher, das Thier setzt oft den Fuss gar nicht auf die Erde und zeigt bei jeder Berührung und beim Bewegen desselben die grössten Schmerzen; die Krone nimmt immer mehr an Umfang zu, wird gespannter und härter und der Huf trocknet gewissermaassen zusammen. Obgleich hier, wie angedeutet, die Geschwüre in der Regel an der Krone sich zuerst zeigen, so kann doch auch der Eiter in der Fleischsohle zuerst entstehen und allmälig bis zum Durchbruch an der Krone emporsteigen.
In diesen Fällen zeigt das Thier schon früh beim Druck auf die kranke Stelle der Sohle sehr heftigen Schmerz, und man findet beim Wegnehmen des oberflächlichen Horns in den tiefern Schichten desselben rothe Streifen und Flecke, und beim Durchschneiden bis auf die Fleischsohle findet man gelblich seröse oder lymphatische Ausschwitzung. Die entstandenen Geschwüre werden hier zuweilen kallös und geben wenig Eiter; leidet aber der Knochen selbst mit, so nimmt der Eiter ganz die Beschaffenheit des Knocheneiters an, der Knochen zeigt mit der Sonde eine rauhe Oberfläche, und die Heilung erfolgt erst, nachdem die kranke Stelle des Knochens abge-stossen ist. Leidet die Gelenkfläche des Hufbeins durch Entzündung oder Eiterung mit, so verwachsen die Gelenkflächen allmälig und der Fuss wird steif und gerade nach unten gerichtet.
In Folge des heftigen Schmerzes bei dem Panaritium fressen die Thicre fast gar nicht, magern bedeutend ab und haben bis zur IMinderung der Schmerzen ein geringes Fieber; in den meisten Fällen ist consensuell vermehrtes Athmen, Gelbfärbung der Schleimhäute, dunkelgefärbter Koth und eben so sehr gesättigter Urin zugegen.
Die Dauer des Panaritiums ist bei der ersten und zweiten Form und bei zweckmässiger Behandlung 2 — 3 Wochen, bei der dritten Form gewöhnlich 4 — 6 Wochen und bei der vierten gegen 3 IVlo-nate. Bei unzweckmässiger oder vernachlässigter Behandlung können die leichteren Formen in die schwereren übergehen und dadurch das Uebel bedeutend verlängert werden, und bei der dritten und vierten Form dauert es unter solchen Verhältnissen zuweilen bis über ein Jahr.
Bei der ersten Form verliert sich die Entzündung und Eiterung bloss durch Nachlassen der aufgeregten Thätigkeit, ohne dass weitere Veränderungen der Theile eintreten, bei der zweiten Form bleibt zuweilen das Horn vom Saume ab etwas uneben, oder selbst mit ringförmigen Erhabenheiten versehen; in der dritten Form kann durch gutartige Eiterung und Granulation eine einfache Vernarbung erfolgen, bei ungünstigem Verlauf aber können auf die oben angegebene Weise die Sehnen verändert und verkürzt werden und dadurch das Thier für immer lahm bleiben. In der vierten Form degenerirt die
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Krone und der Saum des Hufes jedes Mal und es dauert deshalb selbst bei erfolgender Heilung lange, bis das nachwachsende Horn sich -wieder regelmässig bildet und das Thier wieder zur Arbeit benutzt werden kann. Bei Caries des Hufbeins kann letzteres völlig zerstört werden, oder theilwcise verloren gehen, und dadurch die Brauchbarkeit des Thieres in den meisten Fällen für immer aufgehoben werden, — obgleich es einzelne Fälle giebt, wo das Hufbein, wenn auch nicht in normaler Form, wieder ersetzt und das Thier nach erfolgter Heilung wieder gangbar wird.
Die Kur des Panaritiums muss in allen Fällen mit einer Ablei-leitung durch den Darmkanal mittelst Aloe und Glaubersalz beginnen und das Thier muss in massigem Futter und auf guter, weicher Streu erhalten werden. Die örtliche Behandlung ist bei allen Formen des Leidens zuerst auf die Minderung der Entzündung und Beförderung der Eiterung gerichtet, weil eine streng antiphlogistische Behandlung, den bisherigen Erfahrungen zufolge, nichts genutzt, sondern den Verlauf verzögert hat. Man macht daher warme Umschläge von Lein-saamenbrei oder von Kleie, oder bei übergrossen Schmerzen, oder bei deutlich ausgesprochenem asthenischem Zustande, von Kamillen, oder Quendel, Heusaamen u. dgl.; wo die Thiere den Umschlag nicht didden, macht man Fussbäder oder begiesst den Fessel und die Krone mit lauwarmen Flüssigkeiten von den bezeichneten Alitteln, zu welchem Zwecke man auch vorher eine Binde locker um den Fessel und die Krone gelegt haben kann. — Hat sich bereits Eiter gebildet, so entfernt man die bei der ersten Form des Leidens losgetrennte Oberhaut und wendet täglich 5—C Mal ein Kamilleninfusum mit einem schwachen Zusatz von Zinkvitriol oder von Kupfervitriol an und reinigt ausserdem das Geschwür täglich 2 Mal. Durch diese Mittel wird die Entzündung vollständig gehoben, die eiternde Fläche trocknen und die Wiederbildung der Oberhaut und des Homs am Saume erfolgt schnell. Hat sich aber der Eiter tiefer gesenkt, so muss das losgetrennte Horn des Saums mit dem Messer weggenommen und dann sogleich das Kamilleninfusum mit Zinkvitriol angewendet werden. Bei entstandenen Eiterkanälen nimmt man das Horn der Wand bis auf die Fleischwand am untersten Ende des Kauais weg, reinigt das Geschwür mit der bezeichneten Flüssigkeit und füllt die gemachte Furche mit Werg dergestalt aus, dass ein gelinder gleich-massiger Druck auf die Fleischblättchen entsteht und diese nicht hervorquellen. Die Mittel können dann bis zur neuen Hornbildung fortgesetzt werden. Bei Abweichungen der Eiterung und Granulation vom normalen Zustande verfährt man nach allgemeinen Regeln.
Bei der zweiten Form ist die Behandlung im Anfange während der Entzündung so, wie eben angedeutet. Hat sich Eiter gebildet, so öffnet man den Abscess recht bald; hiernach, oder wenn er von selbst geöffnet ist, wendet man umstimmende, gelind erregende Mittel an, wie namentlich eine Auflösung von Chlorkalk, oder von Kupfervitriol, oder von Höllenstein, und macht Fussbäder von aromatischen Mitteln, bis gute Granulation eingetreten ist, wo dann gewöhnlich das Geschwür sich von selbst schliesst. Sind bereits mehrere Ge-
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Eigentliches Panaritium. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;203
schwäre entstanden, so ist deren Behandlung im Einzelnen, mit Rücksicht auf die BeschafTenheit der Ränder und des Grundes eben so zu leiten. Nach Eberhards Empfehlung kann man auch hier die graue Quecksilbersalbe mit narkotischen Extrakten einreiben; ich habe jedoch von der wiederholten Einreibung der Kantharidensalbe bessern Erfolg gesehen. Trennungen des Horns beseitigt man überall, so weit sie sich erstrecken, mit dem Messer, schützt die bloss-gelegten Theile durch eiuen Verband mit Werg und bestreicht sie von Zeit zu Zeit mit einer Auflösung von Zinkvitriol, oder mit einer Abkochung-von Eichenrinde, nm hierdurch die Hornbildung zu befördern. Andere Complicationeu, namentlich durch VV eiterverbreitung der Geschwüre bis auf den Knochen, behandelt man nach ihrer Art. — Bei dem Sehnenpanaritiuni ist die erste Behandlung die oben angegebene, doch kann mau hier auch durch Einreiben der Kantharidensalbe oder durch Brennen einiger Punkte über den Ballen eine Ableitung der Entzündung zu bewirken suchen. Oeflhet sich der Abscess, so spaltet man die hintere Wand desselben bis auf ihren Grund und wiederholt dann die scharfe Einreibung, während das Geschwür nur mit einem einfachen aromatischen Infusum täglich 2 Mal gereinigt wird. Leiden die Sehnen von der Eiterung, so wendet man Chlorkalkauflösung, Kreosotauflösung oder auch die harzigen Tinkturen an, um die Abblätterung zu befördern. — Bei der vierten Form ist während der Entzündungsperiode wieder die Behandlung, wie bei der ersten Form, ausserdem aber sind Blutentzie-huugen sowohl örtlich an der Fleischsohle, wie auch im Allgemeinen zu machen. Mindert sich die Entzündung hiernach nicht in kurzer Zeit, so reibt man die Kantharidensalbe um den Fessel ein, bleibt damit jedoch einen Finger breit von dem Saume entfernt und streicht auf diesen freigelassenen Theil zum Schutz des Saumes Fett oder einfaches Gerat. Ist ein Geschwür entstanden, so wird es in der oben angegebenen Weise mit gelind aromatischen Mitteln behandelt und bei entstandener Caries das Kreosot, oder das Terpenthinöl oder die harzigen Tinkturen, oder auch selbst das glühende Eisen angewendet. Zeigt sich das Uebel an der Sohle, so öffnet man hier recht zeitig und schneidet selbst die Fleischsohle durch, um etwa vorhandenen Eiter zu entleeren. Leidet das Gelenk, so zieht man ein Haarseil durch den Strahl. Im Uebrigen richtet sich die Behandlung nach der Form und Eigenthümlichkeit der Complication.
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204nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Knochenentzündung.
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Memizelintes Capitel.
Die Entzündung der Beinhaut und der Knochen (Periostitis und Osteitis) und ihre Folgen.
Die ßeinhaut und die Knoclien sind der Entzündung ebenso unterworfen, wie die VVeichgebilde. Die Veranlassungen hierzu sind ebenfalls dieselben, welche bei den Entzündungen überhaupt als Ursachen beschuldigt werden können, also namentlich mechanische Verletzungen aller Art, welche bis auf die Knochen durch Druck oder Erschütterung einwirken, chemische Substanzen, welche die Beinhaul zerstören oder nach Entfernung derselben die Kuochensubstanz berühren, und unter diesen auch die atmosphärische Luft, ranzige Fette und verdorbener Eiter oder scharfe Jauche; ebenso Erkältungen, Metastasen und Dyskrasien, wie namentlich die rheumatische. Oft besteht eine besondere Anlage zu Knochenentzündungen, welche angeboren oder auf mancherlei erworben sein kann, wie namentlich durch schweres Körnerfutter, saure Nahrung, öftere Erkältungen.
Die Entzündung kann entweder blos die Beiuhaut, oder die Kuochensubstanz in verschiedenen Schichten, oder auch beide Gebilde ergreifen und ebenso können an den Gelenken die Knorpel und in den Röhrenkochen die Alarkhaut mitleiden. Es sind, nach ihrer sichtbaren Wirkung, (h-ei Formen der Knochenentzündung zu unterscheiden, nämlich: a) die condensirende, bei welcher das Gewebe dichter, der Knochen schwerer und zuweilen elfenbeinartig hart wird (Osteosclerosis), b) die rarificirende, welche das Gewebe auflok-kert, die üeffnungen, Furchen und Kanäle erweitert und die Knochen leichter macht (Osteoporosis) '), und c) die ulcerirende, welche mit Schwärung und reichlicher Eiterung begleitet is^.
Die Symptome dieser Entzündungen in beiden Gebilden sind im Wesentlichen dieselben, welche die Entzündungen überhaupt charak-terisiren; dieselben entwickeln sich gewöhnlich weit langsamer, aber einmal entstanden, sind sie weit hartnäckiger und in der Regel auch weit heftiger, als bei einem gleichen Grade der Entzündung in den Weichgebilden, und namentlich ist der Schmerz immer sehr heftig. Da die Knochen durch die Weichgebilde bedeckt sind, treten die Erscheinungen der Entzündung in den meisten F'ällen, namentlich beim Beginnen des Leidens nicht recht deutlich hervor, so dass es zu der Zeit zuweilen schwer wird, die richtige Diagnosis zu machen. iVlan kann jedoch immer auf das Vorhandensein einer Knochenentzüudung
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') Die Osteoporosis kommt auch ohne Entzündung vor. Siehe Haubn er, im Magazin für d. ges. Thierheilk. Bd. XV. S. 239 und Bd. XX. S. 199. — Rychner, im Archiv Schweizer. Thierärzte, Neue Folge Bd. XI. S. 131. — Kreutzer, die Königlich Bayer. Central-Thierarzneischule zu München im Jahre 1853, S. 132.
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Knochenentzündung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;205
schliessen, wenn bei dem Bestehen von vermehrter Wärme die Weich-gebilde an der leidenden Stelle wenig oder gar nicht angeschwollen oder gespannt sind, sich über dem Knochen verschieben lassen, und wenn beim Druck auf den letzteren der Schmerz deutlich hervortritt. Bei nahe unter Haut liegenden Knochen, wenn die Beinhaut hauptsächlich mitleidet und wenu schon Exsudate entstanden sind, kann man zuweilen ein Anschwellen des kranken Knochens fühlen. Im weiteren Verlaufe der Knochenentzündungen findet sich eine solche Anschwellung nicht blos in der Beinhaut, sondern auch häufig der Knochensubstanz selbst. Aussei' diesen örtlichen Erscheinungen sieht man in den meisten Fällen auch die Bewegung des mit Knochenentzündung behafteten Theils erschwert, daher bei dem Leiden in den Knochen der Gliedmaassen die Thiere mehr oder weniger heftig lahmen, und oft besteht auch Fieber. Jst ein entzündeter Knochen blossliegend, wie z. B. bei Wunden oder Geschwüren, so sieht man denselben auch, und ebenso die ßeinhaut, dunkel geröthet und die letztere durch Exsudate verdeckt und mit Gefässen reichlich versehen.
Die Ausgänge dieser Entzündungen sind Zertheilung, Ausschwiz-zung, Eiterung, Ulceration (Caries) und Absterbung (Brand, Necrosis).
Die Zertheilung erfolgt, wenn die Entzündung noch neu und nicht in einem zu hohen Grade ausgebildet ist, in den meisten Fällen; sehr heftige Knochenentzündungen, und wo die erste günstige Zeit zur Zertheilung nicht benutzt worden ist, oder wo die Beinhaut zerstört und der Knochen entblösst ist, oder wo öfters wiederholte neue Heizungen auf den schon entzündeten Knochen einwirken, gehen eher in einen anderen Ausgang über. Ebenso sind Knochenentzündungen, welche mit grossen Quetschungen der Weichgebilde, mit Zerreissung der Sehnen oder Gelenkbänder, oder mit Brand der Weichgebilde complicirt sind, in den meisten Fällen schwer zur Zertheilung zuführen; und in porösen Knochen, namentlich an den Gelenkenden sind die Entzündungen immer hartnäckiger, als in den mehr kompakten Knochen.
Plastische Ausschwilzungcn kommen sowohl bei traumatischen, wie auch bei auf andere Weise entstandenen Knochenentzündungen sehr häufig vor. Die ausgeschwitzte plastische Flüssigkeit verdickt oft die ganze Beinhaut, und wenn sie unter derselben sich befindet, wird sie in kurzer Zeit gallertartig, dann knorpelartig und zuletzt knochenhart und steht in der Regel mit der entzündeten Fläche des Knochens in festem Zusammenhange, so dass auf diese Weise Knochenauswüchse in verschiedener Grosse und Form entstehen. IVlan nennt dieselben im Allgemeinen „Osteophytenquot;, und wenn davon der ganze Umfang eines Knochens oder der grösste Theil desselben bedeckt ist, Periostosis, wenn aber die Wucherung nur einen begrenzten Umfang besitzt, heisst sie Ueberbein (Exostosis oder Hyperostosis). An Gelenkflächen entsteht hierdurch oft Verwachsung der Gelenke (Anchylosis) und in Knochenwundeu und in Kuo-chenbrüchen wird durch dieselbe Substanz die Wiedervereinigung der getrennten Theile durch die iNatur bewirkt. Zuweilen ist die Ausschwitzung zugleich mit Auflockerung des entzündeten Knochens,
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206nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Knochenentzündung.
weit häufiger aber entgegengesetzt mit Verdichtung seiner Substanz verbunden.
Eiterung entsteht bei Knochenentzündungen im Ganzen weit seltener als die Ausschwitzuug und mehrentheils findet sie sich nur bei blossgelegten und verletzten Knochen. Sie entsteht ganz in derselben Weise, wie in den VVeichtheilen und zeigt auch dieselben Verschiedenheiten hinsichtlich der guten und schlechten Beschaffenheit. Mit ihr ist auch der Granulationsprozess wie in den VVeichgebilden verbunden, aber am Grunde der neugebildeten Masse geht fast immer ein Theil derselben in Knochensubstanz über, so dass zuweilen Lük-ken von verlorengegangener Knochensubstanz aufquot; diese Weise allinä-lig ausgefüllt und regenerirt werden.
Die Ulceration oder Schwärung der Knochen, Beinfrass, Kuo-chenfrass (Caries) findet sich sehr häufig, namentlich bei und nach solchen Entzündungen, wo das Gewebe der Beinhaut oder des Knochens auf mechanische oder chemische Weise zerstört, der Knochen der Luft exponirt oder wo eine krankhafte Ernährung und Säftebildung zugegen ist. Es wird dabei eine scharfe, stinkende, bräunliche oder schwärzliche Jauche abgesondert, welche reich an Phosphorsäure ist und hierdurch silberne Instrumente schwarz färbt; zuweilen sind in dieser Jauche eine Menge kleiner Knochenkörnchen enthalten. Die Knochensubstanz selbst wird dabei allmälig mehr und mehr aufgelöst und zerstört, was mau beim Berühren mit der Sonde an der rauhen, unebenen, porösen Oberfläche, so wie an dem allmäligen Tieferwerden des Geschwürs erkennt. Nicht selten ist die kranke Stelle des Knochens mit üppiger Granulation bedeckt. Nicht selten besteht mit der Ulceration und dem Beinfrass zugleich an anderen Punkten des leidenden Knochens Eiterung und gute Granulation, und durch eine verbesserte Thätigkeit in dem Geschwür kann der cariöse Zustand in ein gutartiges eiterndes Geschwür umgewandelt werden. Hierbei muss aber immer der vom Beinfrass bereits ergriffene Theil des Knochens durch die gute Granulation von dem übrigen Knochen abgestossen und entfernt werden, was als die Abblätterung (Ex-foliatio) oder als der Abblätterungsprozess bezeichnet wird.
Der Brand in den Knochen (Necrosis, Osteonecrosis, Osteogan-graena) besteht in dem Absterben eines Knochenstückes oder auch eines ganzen Knochens in Folge aufgehobener Ernährung an den betreffenden Stellen. Dieser Zustand ist ganz analog dem trockenen Brande der Weichthcile und ist in der säftearmen Beschaffenheit der Knochen hauptsächlich begründet. Nur äusserst selten findet sich auch ein dem feuchten Brande ähnlicher Znstand in den Knochen (Osteolyosis). Der erstere entsteht gewöhnlich auf die Weise, dass die Beinhaut sich von einem Knochen theilweise oder ganz lostrennt, sich verdickt und dabei gewöhnlich eine neue Knochenschicht über den abgetrennten Theil des Knochens bildet, so dass derselbe von der neuen Masse, wie von einer Kapsel oder einer Scheide umgeben wird. Man nennt den abgestorbenen Knochen oder Knochentheil den Sequester (Sequestrum), und die umgebende neue Masse die Kapsel oder Scheide des Sequesters (Capsula s. Vagina sequestri). In der Scheide befinden sich immer mehrere Oeffnungen (Cloacae),
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Knorbenentzündnng.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;207
durch welche theils die Beinhaut nach einwärts dringt und bei Röhrenknochen mit der iVlarkhaut in Verbindung tritt, theils aber auch die durch alhnülige Auflösung des alten Knochens entstehende Flüssigkeit nach aussen dringt und hier gewöhnlich Fistelgänge erzeugt. In manchen Fällen erfolgt aber die trockene Absterbung eines Knochenstückes auch ohne dass sich eine Scheide über ihn bildet. In diesem Falle erhält das absterbende Kuochenstück gewöhnlich ein ganz weisses, mattes Ansehen, wird ganz trocken, mürbe und sehr leicht. Die weiche Absterbung des Knochens findet sich fast nur in den schwammigen Kuochenenden und giebt sich durch eine schnelle Auflösung der Knochensubstanz mit vieler Jaucheerzeugung kund.
Eine eigenthümliclie krankhafte Bildung in Folge von Knochenentzündung ist noch der sogenannte VVinddorn (Spina ventosa) oder Knochenwurm, eine Auflreibung des Knochens mit Auflok-' kei'ung seines Gewebes, so dass eine Menge erweiterter blasenartiger Zellen bestehen, in welchen Eiter und Jauche enthalten sind. Die Überfläche des aufgetriebenen Knochens ist rauh, selbst mit Spitzen und anderen Auswüchsen versehen, und im Innern finden sich aussei-den Zellen Fistelgäuge und selbst grössere Höhlen; zuweilen ist auch an einer oder der andereu Stelle die Substanz knorpelartig erweicht oder auch von Caries oder Necrosis ergrilfen. Das Ganze stellt also gleichsam eine Complication der verschiedenen Ausgänge der Kno-cheucutzündung mit gleichzeitiger unregelmässiger Bildungsthätigkeit und mit schleichender Knochenentzündung dar.
Die Prognosis ist bei den Knochenentzündungcn in den einzelnen Fällen, je nach dem bestehenden specielleu Zustande, sehr verschieden. Die Zerlheilung kann unter den bereits oben angedeuteten Umständen in Zeit von acht Tagen bis drei Wochen erfolgen; wenn aber die angezeigten ungünstigen Verhältnisse bestehen und die Entzündung einen akuten Charakter besitzt, so ist Eiterung oder Ausschwitzung sehr zu furchten, und es können dann die übrigen augedeuteten Folgekrankheiten, wie Exostosen in verschiedener Form, Grosse und Ausdehnung oder Verwachsung, selbst Eiterung und Brand nicht immer vermieden werden. Sowohl die Exostosen, wie auch theilweise oder gänzliche Verwachsungen erzeugen Lahmheiten und macheu die Patienten, je nach dem Orte der Entzündung und nach dem Dienstgebräuche des Thieres, für einige Zeit oder für immer zum schnellen Laufen und zu schwerer Arbeit untüchtig. Eiterung, Caries und Brand in den Knochen sind zwar heilbar, machen aber fast immer langwierige und schwer zu heilende Uebel, bei welchen die Thiere einerseits durch den täglichen und lange Zeit fortdauernden Verlust von Säften, anderntheils durch die leicht entstehende Aufsaugung von cariöser und brandiger Jauche sehr bald abmagern und zuweilen in Zehrfieber oder auch in Dyskrasien verfallen, welche beim Pferde oft den Rotz und Wurm zur Folge haben. — Chronische Entzündungen der Knochen führen die verschiedenen Ausgänge zwar seltener herbei, sind aber immer an und für sich sehr hartnäckig.
Die Kur der Knochenentzündungen beruht auf der Erfüllung der bei der Behandlung der Entzündungen überhaupt (S. 33) aufgestellten Indicationen; doch muss hier noch mehr als bei der Entzün-
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208nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Knochenentzündung.
dung der Weichgebilde im Allgemeinen der Ernährungsprozess herabgestimmt und örtlich in der ersten Zeit die Kälte recht fleissig und intensiv angewendet werden. Demgemäss macht man, nachdem die Ursachen beseitigt sind, in allen Fällen einen der Constitution eut-sprecheudcn Aderlass, giebt innerlich abführende Mittel und unter diesen besonders das Calomel, und wendet äusserlich Umschläge, oder Waschungen, oder Fussbäder (je nach dem Orte) von eiskaltem Wasser, von Schnee oder klein zerklopftem Eis, oder auch von recht kaltem Bleiwasscr, oder von einer Auflösung der Pottasche an. Diese Behandlung findet auch selbst bei den rheumatischen Knochenentzün-dungen ihre Anwendung, Liegen die entzündeten Knochen nahe unter der Haut, so kann man auch bei sehr heftiger Entzündung, namentlich an kleinen Thieren, einige Blutegel auf die Haut daselbst ansetzen, oder bei fortdauernd sehr heftigen Schmerzen auch die Beinhaut auf der leidenden Stelle subcutan aufspalten. Dabei findet ruhiges Verhalten und sehr magere Diät statt. Mindert sich die Intensität der Entzündung, so kann man Einreibungen der grauen Quecksilbersalbe, täglich zwei- bis dreimal, oder der Jodsalbe eben so oft machen. J)auei't die Entzündung bei solcher Behandlung über acht Tage fort, so ist es am besten, zu Einreibungen mit Canthari-densalbe überzugehen und dieselben in Zwischenzeiten von fünf bis sechs Tagen mehrmals zu wiederholen, bis die Entzündung gänzlich beseitigt ist. Bei wirklich chronischen Entzündungen ist nur allein von dem letzteren Mittel oder von der Application des Glüheiseus in Form von Strichen oder von zaldreichcn Punkten in der ganzen Umgegend der entzündeten Knoten noch Hülfe zu erwarten. Wenn durch Zunahme des Umlänges des entzündeten Knochens auf eine Ausschwitzung an dessen Oberfläche zu schliesseu ist, so ist die Behandlung in der Hauptsache noch eben so wie bei der Entzündung selbst fortzusetzen und dann die graue Quecksilbersalbe, die Jod. oder Cantharidensaibe in Verbindung mit starker Reibung oder mit einem andauernden Druck auf die ausschwitzende Stelle, so wie durch das Glüheisen und den Beinhautschnitt die Resorption so viel wie möglich anzuregen. Bei schon verhärteten Exostosen kann man dieselben !\littel anwenden, oder wenn die Form der Auswüchse es gestattet, auch die operative Abtragung derselben bewirken. (Siehe Ueberbeine.)
Eiterung wird nach allgemeinen Regeln behandelt, aber man vermeidet fetthaltige Digestivsalben und sucht lieber den Eiterungspro-zess durch warme Breiumschläge anzuregen, wenn dies für nöthig erachtet wird. Knochengeschwüre verlangen vor Allem einen möglichst freien Abfluss der Knochenjauche, die Entfernung der bereits von Beinfrass ergrilfenen Knochentheile und die Umwandlung der Ulceratiou iu gute Suppuration. Der erste Zweck ist nur durch geschickten Gebrauch des Messers, mit Berücksichtigung der Lage und Beschaffenheit des Theils, zu erreichen. Für den zweiten Zweck dienen alle Mittel, welche die Vitalität in dsn Geschwüren anregen, wie namentlich ätherische Ocle, warme aromatische Breiumschläge, die Aloe-, oder Myrrhen-, oder Asa foetida-Tiuctur, der rectificirte Weingeist und vor allen das glühende Eisen. Diese Mittel genügen
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Ueberbeine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 209
auch oft der dritten Anforderung, doch kann man neben dem Gebrauch des einen oder des andern Mittels auch noch warme Breiumschläge von schleimigen Mitteln benutzen. Zuweilen, namentlich da, wo bereits in den VVeichgebilden neben dem kranken Knochen gutartige Eiterung besteht, kann man auch durch das Messer den ca-riösen Knochentheil entfernen und hierdurch das Geschwür schneller in einen reinen Zustand versetzen. — Bei der Necrosis mus man im Wesentlichen nach den eben angedeuteten Grundsätzen verfahren und dann, wenn das abgestorbene Knochenstück sich abgetrennt hat, dasselbe nöthigeufalls durch angemessene Schnitte in den Weichgebilden, oder auch durch Anbohicu oder Aufmeisseln der Sequesterscheide künstlich zu entfernen suchen.
Ist Winddörn entstanden, so muss zunächst untersucht werden, ob nicht im Innern der aufgeblähten Massen ein abgetrenntes Knochenstück, eine lockere Zahnwurzel u. dgl. besteht, was dann durch Anbohruug mit dem Trepan entfernt werden muss. Ist kein solcher fremder Körper zugegen, so genügt es, die Fistelgänge von aussen her mit einem spitzigen Glüheisen zu erweitern und an ihren Wänden zur Abblätterung zu bringen, worauf in den meisten Fällen die Heilung erfolgt; doch kann man ausserdem noch Einspritzungen oder Einpinseluugen von harzigen Tinkturen, oder von dem sogenannten Digestivwasser machen.
1. Die Ueberbeine. Exostoses.
Ueberbeine sind Auswüchse aus der Substanz eines Knochens und mit der Beinhaut desselben bedeckt. Sie entstehen, wie im Vorhergehenden angedeutet, durch entzündliche Ausschwitzuug von zuerst flüssiger Knochenmaterie, welche allmälig dichter und bald schneller, bald langsamer kuochenhait wird. Sie kommen an allen Knochen vor und erlangen eine verschiedene Grosse und Form, mitunter eine pyramidalische, so dass sie mit einer breiten Basis und nach aussen mit einer Spitze versehen sind, zuweilen sind mehrere Spitzen vorhanden und nicht selten bildet sich auch an der Spitze ein mehr oder weniger breiter oder runder Knopf, so dass das Ucber-bein gestielt erscheint; zuweilen wächst ein Uebeibeiu über naheliegende Sehnen, Gelasse oder Nerven in schiefer Richtung oder hakenförmig gebogen hinweg, so dass diese Gebilde gleichsam in einer Furche oder in einem Ilalbkanal liegen. In anderen Fällen berühren sie diese Theile mehr oder weniger mit ihrer Spitze. Durch den Druck auf die umgebenden Theile erzeugen die Ueberbeine Reizung, Schmerz, Entzündung und hierdurch Störung in der Function der betreffenden Theile; diese Zufalle sind jedoch gewöhnlich in der ersten Zeit des Bestehens eines Ueberbeins grosser als nach einiger Dauer desselben. Obgleich die.Ueberbeine au allen Knochen entstehen können, so sind sie doch besonders am Unterkiefer und an den Füssen der Pferde häufig bemerkbar.
a) Am Unterkiefer finden sich die Exostosen am häufigsten am hinteren Rande in der Gegend von dem Ilakenzahn bis zum zweiten Backenzahn. Sie entstehen hier wahrscheinlich durch oft wiederhof-
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ten Druck des Randes der Krippe auf den Kinnbacken bei dem Fressen des Futters, haben zuweilen eine kuopfiormige, in anderen Fällen eine pyramidalische Gestalt, und verursachen während ihrer Entwicklung an der betrelTenden Stelle grossen Schmerz, nach ihrer Ausbildung aber gar keine üblen Zufälle, so tlass sie nur als sogenannte Schönheitsfehler gelten. Man erkennt sie an ihrer Form, an ihrer Härte und an ihrem festen Zusammenhange mit dem Kiefer.
Ihre Beurtheilung ist günstig zu macheu, da sie sich selbst überlassen, niemals Störungen erzeugen, sondern nur zuweilen Veranlassung zum Reiben der Haut geben, und da ihre Entfernung durch Operation leicht zu bewirken ist.
I)ie Behandlung dieser Ueberbeine kann -während des Entstehens derselben auf Resorption der ausgeschwitzten Knochenmaterie gerichtet sein, während bei den vollkommen entwickelten Ueberbeinen nur allein die operative Eutfeinung derselben übrig bleibt. Für den ersteren Zweck wendet man die graue Quecksilbersalbe, die grüne Seife, die Jodsalbe, oder auch die Cantharidensalbe an. — Die Operation kann, je nach der Form des Ueberbeins auf verschiedene Weise ausgeführt werden. Ist dasselbe gestielt, so schneidet man dicht am Rande des Kinnbackens die Haut und die ßeinhaut rund um die Wurzel des Ueberbeins durch und sägt dann dasselbe mit einer feinen Säge ab oder man setzt dann in den Hautschnitt einen scharfen IMeissel, oder ein Hufmesser und treibt diese Instruinente durch einen kurzen Schlag mit einem Hammer durch das Ueberbein hindurch, so dass dasselbe mit der auf ihm sitzenden Haut amputirt wird. Hat aber das Ueberbein eine breite Basis, so macht man in seiner Län-genrichtnug über das ganze Ueberbein in der Mittellinie einen Hautschnitt, präparirt die Hautränder von beiden Seiten bis auf den Kinnbacken an der Basis des Ueberbeins los, durchschneidet hier mit einem Kreisschnitt die Beinhaut und meissclt dann das Ueberbein von dem Kinnbacken ab. Hierauf wird die Haut in diesem Falle mit ein Paar Heften der Kuopfnaht möglichst genau vereinigt und das Thier im Stalle so gestellt, dass es sich nicht reiben kann. Die etwa eintretenden Eutznndungszulalle werden durch Anwendung des kalten Wassers beseitigt. Die Heilung erfolgt dann gewöhnlich mit Zurücklassung einer nur sehr unbedeutenden Hautnarbe.
6) Die Ueberbeine an den (iliedmaassen (Exostoses, und unrichtig auch mit dem in der Menschenheilkunde für einen ganz anderen Zustand gebräuchlichen Namen Ganglion bezeichnet, franz.: Suros) finden sich hauptsächlich an der inneren Seite der Schienbeine der vorderen Gliedmaassen, seltener an der änsseren Seite derselben und noch seltener an den Schienbeinen der Hinterfüsse; zuweilen auch am Vorderknie des Rindviehes bei dem harten Knieschwamm. Sie haben bei Pferden ihren Sitz vorzüglich an der Grenze zwischen den Schien- und Grillelbeinen in der Gegend von der Mitte der Länge der Schienbeine bis zum Kniegelenk, -weit weniger unter der Mitte des Schienbeins1), und erscheinen bald läng-
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') Man hüte sich, das untere Köpfchen des Griffelbeins, wenn es ein
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Ueberbeine.
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lieh, bald rundlich, kuopfförmig oder häufiger mit einer oder auch mit mehreren Spitzen versehen; dabei stehen sie zuweilen nur gegen eine Linie weit über die Oberfläche des Schienbeins hervor, während sie in anderen Fällen bis zu einer Länge von sechs Linien hervorragen. Ihre Richtung ist ebenso verschieden, bald mehr nach vorn, bald mehr nach hinten, so dass sie im letzteren Falle die Beugesehnen bei gewissen Stellungen des Fusses bald mehr bald weniger berühren und drücken. Sie sind ferner noch hinsichtlich der Dauer ihres Bestehens sehr verschieden, bald eben noch in der Entwicklung begriffen, bald eben ausgebildet, aber noch mehr oder weniger weich und mit Entzündungssymptomen versehen, und in anderen Fällen sind sie veraltet, hart und ohne Entzündung.
Die Erkennung der Ueberbeine ist, wenn dieselben bereits ausgebildet sind, ziemlich leicht. Ulan sieht, nachdem man die Haare an der inneren und äusseren Fläche beider Schienbeine ganz glatt gestrichen hat und sich dann etwa zwei Schritte weit vor das Thier stellt, an der inneren Fläche des mit einem üeberbein behafteten Schienbeins eine Erhöhung, welche beim Befühlen knochenhart ist und mit dem Schienbein oder Griffelbein in fester Verbindung steht. Bei recht kleinen Ueberbcincn kann man das Dasein derselben durch das Befühlen dann am besten bemerken, wenn dem Thiere der Vor-derfuss im Knie aufgehoben (gebeugt) ist und dadurch die Beugesehnen erschlafft sind; man kann dann mit den Fingerspitzen gleichsam zwischen den Sehnen und dem Griffelbein eindringen und eben dadurch kleine Erhöhungen an demselben erforschen, während dieselben bei angespannten Sehnen durch die letzteren verdeckt und unzugänglich sind. Die frisch entstandenen und noch mit Entzündung begleiteten, oft auch die mit scharfen Spitzen versehenen Ueberbeine veranlassen beim Druck mit den Fingern dem Thiere Schmerz, so dass es mit dem Fusse zuckt; doch ist auch diese Untersuehung mit einiger Sicherheit des Resultates nur bei aufgehobenem Fuss zu unternehmen, weil sowohl sehr gutmüthige, willfährige, wie auch sehr empfindliche und widersetzliche Pferde den Fuss zuckend in die Höhe heben, wenn man sie nur massig stark an irgend einer Stelle desselben drückt, während sie mit dem Fuss frei auf dem Boden stehen; sie thun dies aber nicht, wenn ihnen der Fuss aufgehoben ist, sondern sie zucken bei dieser letzteren Stellung nur dann in Folge des Drucks, wenn sie an der gedrückten Stelle wirklich Schmerzen erleiden. Zuweilen findet sich auch die Haut an der Stelle, wo das Üeberbein sitzt, vermehrt warm, ohne dass eine Verletzung an derselben besteht, und man kann dann um so mehr auf das Vorhandensein einer Knochen- oder Beinhautentzündung an der Stelle des Ueber-beins schliessen. —
Die eben noch in der Entwickeluug begriffenen Ueberbeine lassen entweder an der betreffenden Stelle keine oder nur eine ganz unbedeutende Erhöhung, die in diesen Fällen auch nur flach und
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wenig über die gewöhnliche Grosse entwickelt oder vom Schienbein abstehend ist für ein Üeberbein zu halten.
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Ueberbeine.
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gleichsam eine Auflockeruug der Beinliaut ist, erkennen; aber erhöhte Wärme und beim Druck grössere Empfindlichkeit ist -wahrzunehmen. #9632;— Einzelne Ueberbeine bilden in der ersten Zeit ihres Bestehens zwar eine bald kleinere bald grössere Erhöhung, aber dieselbe ist noch nicht knochenhart, sondern gleichsam schnenartig anzufühlen, so dass man das eigentliche üeberbein aus dieser Beschallenheit nicht erkennen könnte, wenn nicht der Ort, der feste Zusammenhang mit dem Knochen und die in der Tiefe bestehende Entzündung darauf deutete, und die Erfahrung nicht diesen Entwickelungsgang mancher Ueberbeine nachgewiesen hätte.
Die meisten Ueberbeine sind zur Zeit ihrer Entwickelung und in der ersten Zeit ihres Bestehens, manche auch in späterer Zeit noch öfters wiederholt mit Lahmheit begleitet, diese Lahmheit trägt jedoch nur zu wenig Eigenthümliches an sich, um aus ihr das Vorhandensein eines Ueberbeins erkennen zu können, und ist deshalb die Diagnosis dieser Lahmheit hinsichtlich ihrer wirklichen Ursache zuweilen sehr schwierig, besonders so lange das Üeberbein noch gar nicht als eine Erhöhung bemerkbar hervorgetreten ist. Alan bemerkt nur, dass die Thiere beim Aufheben des Fusses, und ebenso bei dem festen Niedertreten denselben bald mehr bald weniger schonen, dass sie auf hartem Boden stärker lahmen, als auf weichem, und dass sie mitunter plötzlich während einiger Miauten weit stärker lahmen. Bei der örtlichen Untersuchung des Fusses findet sich an keiner anderen Stelle ein krankhafter Zustand, der eine Veranlassung des Lahmgehens sein könnte, aber bei dem Drucken gegen das Grilfelbeiu und den zunächst desselben liegenden Theil des Schienbeins, bald nahe am Kniegelenk, bald weiter nach abwärts, zeigen die Thiere Schmerz und vermehrte Wärme; zuweilen sind au der schmerzhalten Stelle einige Haare abgestossen, oder es ist wohl auch die Haut selbst etwas mit verletzt. Die Art des Lahingehens, so wie der negative Befund am ganzen übrigen Fusse bis auf die afficirte Stelle am Schienbein, und die hier vorgefundenen, wenn auch nur geringen Symptome müssen die Diagnosis begründen und die Lahmheit als eine von dein Üeberbein abhängige erklären lassen. Man hat hierzu um so mehr Grund, wenn ein schon ausgebildetes üeberbein mit scharfen Spitzen versehen und gegen die Beugesehue gerichtet ist, oder wenn, wie im Vorstehenden angedeutet, an der afficirten Stelle die Haare oder die Haut verletzt sind. Der Schmerz und die Lahmheit entstehen nämlich bei den Ueberbeinen aus einer dreifachen Quelle, und zwar: 1) aus der Entzündung der Knochensubstanz und der Beinhant bei und unmittelbar nach der Entwickelung eines Ueberbeins, was man als die akute Periode des Ueberbeins betrachten kann; 2) aus dem Druck des Ueberbeins auf die naheliegenden VVeichtheile, was ein bald längere bald kürzere Zeit dauerndes Lahmgehen erzeugt, und 3) aus momentanen Verletzungen, welche sich die Pferde durch das sogenannte Streifen oder Streichen von Zeit zu Zeit wiederholt, an der Stelle des Ueberbeins zuziehen. Das Lahmgehen aus der ersten Ursache ist bei manchen Pferden ausserordentlich heftig, bei anderen nur unbedeutend und verschwindet bei allen zur Zeit des Hartwerdens des Ueberbeins. In Folge der zweiten Ursache lahmen bei Wei-
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Ueberbeine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;213
tern nicht alle mit Ueberbeinen behaftete Pferde, sondern nur diejenigen, bei welchen das Ueberbein entweder sehr spitz und scharf, oder zu stark gegen die Sehnen gerichtet ist; die Lahmheit verliert sich hier gewöhnlich nach einiger Zeit, wenn entweder die Ueberbeine durch Resorption ihre scharfen Spitzen verloren, oder wenn die naheliegenden Theile sich an den Druck gewöhnt haben. In Folge der dritten Ursache findet sich die Lahmheit bei Ueberbeinen nur von Zeit zu Zeit, wenn die Thiere durch übermässige Anstrengungen oder in Folge von Krankheiten u. s. w. matt geworden sind und in Folge dessen einen wackeligen, unregelmässigen Gang annehmen, oder wenn sie zu schnell laufen müssen und hierbei ebenfalls unregelmässig gehen, und zuweilen wenn ihnen der Huf zu gross gewachsen ist, oder wenn sie zu breite Hufeisen tragen müssen.
Die Ursachen der Ueberbeine sind im Wesentlichen, wie oben schon angedeutet, in einer Entzündung der Beinhaut und der Schienbeine und Grillelbeine zu suchen, als veranlassende Ursachen aber muss man mechanische Verletzungen, besonders durch das Streifen mit den Hufen, durch das Koppeln der VVeidepferde, durch Stösse und Schläge betrachten, da man nach solchen Einwirkungen sehr häufig die Ueberbeine entstehen sieht und ihre Entwickelung verfolgen, ja sie sogar künstlich erzeugen kann. Havemann •) bestreitet zwar diese Art des Entstehens der Ueberbeine und erklärt sie aus-schliesslich als Folge des ungleichen Drucks bei Fehltritten, wo das kleine keilförmige üein von oben her mit der ganzen Körperlast auf dem Kopie des innern Grilfelbeins ruht und die zwischen dem Schien-und Giiffelbein befindliche Baudfasern zerrcisst und dadurch eine Er-giessung von Kuocheumaterie herbeiführt. Obgleich oft auch auf solche Weise ein Ueberbein an der innern Seite des Schienbeins entstehen kann, so passt doch für die meisten Fälle und an anderen Stellen diese Erklärung nicht. Ausserdem sind zuweilen akute Rheumatismen als Ursachen zu bezeichnen. Sehr häufig haben die Pferde eine grosse Anlage zum Entstehen dieser Exostosen; denn man sieht sehr oft, dass dieselben nach ausserordentlich geringen Veranlassungen, selbst bei Füllen, welche noch nicht zur Arbeit benutzt werden, an mehreren Füssen fast gleichzeitig zum Vorschein kommen. Diese Anlage ist in vielen Fällen, wie dies durch mehrere Generationen mancher Pferdefamilien beobachtet worden ist, angeboren, in anderen Fällen durch Erkältungen und schlechte, saure Grasnahrung u. s. w. erworben. Pferde von gemeiner Ra(;e mit lockerem Knochengewebe sind deshalb den Ueberbeinen weit mehr unterworfen, als Pferde von edler Rage.
Die Beurtheilung. Die meisten Ueberbeine an den Schienbeinen sind als blosse Schönheitsfehler zu betrachten, namentlich diejenigen, welche an der äusseren Seite der Schienbeine liegen, so wie auch diejenigen, welche an der inneren Seite vor den Grilfelbeinen ihren Sitz haben, klein, rund und glatt sind und ohne Entzündungssymptome
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1) Anleitung zur Beurtheilung des äussern Pferdes. Hannover 1805, S. 93.
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214nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; üeberbeine.
bestehen; dagegen sind die an der inneren Seite nach den Sehneu zu liegenden, rauhen, spitzen und noch mit Entzündung begleiteten Üeberbeine, ebenso die sehr stark hervorstehenden, oft die Veranlassung zum Lahmgehen. Die Lahmheit verliert sich jedoch, wie bereits im Vorhergehenden angedeutet, mit der vollständigen Ausbildung der Üeberbeine und mit dein Verschwinden der Beinhautentzündung in der Kegel gänzlich und sie kehrt nur bei den sehr grossen Ueber-beinen leicht wieder, wenn die Thiere sich au dieselbe stossen. Frisch entstandene kleine Üeberbeine sind zuweilen gänzlich zu beseitigen, alle aber sind durch geeignete Mittel zu verkleinern, und die meisten vermindern sich mit der Zeit von selbst.
Die Kur. Etwa noch bestehende Ursachen werden beseitigt und so lange eine wirkliche Entzündung der Beinhaut und des Knochens noch zu bemerken ist, gewährt man den Thieren Ruhe; späterhin ist dieselbe jedoch, so wie überhaupt eine besondere Diät nicht erforderlich, sondern die Thiere können in jeder Hinsicht wie gesunde Pferde gehalten und benutzt werden. Die eigentliche Kur besteht während der Entzündungsperiode in der anhaltenden Anwendung kalter Fussbäder oder Umschläge von Wasser, oder Bleiwasser, oder Oxykrat, oder Aschenlauge. Sind die Schmerzen etwas gemindert, so kann man die graue Quecksilbersalbe, oder die Jodsalbe täglich zweimal auf das Ueberbein streichen. Als von ganz vorzüglicher W irksamkeit in jeder Periode der Üeberbeine ist die Cantharidensalbe, auch das Cantharidenpflaster (das sogenannte scharfe Pflaster) und das glühende Eisen zu betrachten. Die Salbe kann einfach aus Can-tharidenpulver und Fett oder Theer bestehen, und es ist nicht nöthig, die in früheren Zeiten (v. B. von Kcrsting) empfohlenen Zusätze von Arsenik oder Sublimat zu machen oder die aus diesen Substanzen Oj) und Fett (f/?) bestehenden Salben anzuwenden, besonders bei theuren Pferden, weil durch diese scharfen Substanzen leicht haarlose Stellen und selbst hässliche Narben entstehen. Man bestreicht die Haut auf dem Ueberbein, allenfalls nachdem die Haare vorher abgeschoren sind, jeden sechsten oder achten Tag wiederholt mit der Cantharidensalbe, bis die Lahmheit verschwunden, oder das Ueberbein selbst bedeutend verkleinert ist. Man legt auch sehr zweckmässig das sogenannte scharfe Pflaster (Seite 51) im frisch geschmolzenen Zustande in der Dicke eines Messerrückens auf die Haut an dem Ueberbein und drückt eine Schicht kurz geschnittenes Werg auf die äussere Fläche des Pflasters, um demselben mehr Haltung zu geben. Das Glüheisen wendet man auf kleine Üeberbeine in einem Punkte, auf grössere mit mehreren Punkten oder mit 1 bis 3 Strichen au, wobei man jede Stelle mit leiser Berührung so oft wiederholt, bis Ausschwitzung an allen Punkten entstanden ist. #9632;— Ist das Ueberbein wenig oder gar nicht schmerzhaft, so kann man auch durch täglich wiederholte Reibungen desselben mit einem harten, aber glatten Körper, oder durch festes Aufbinden einer Bleiplatte oder eines ähnlichen harten Körpers eine verstärkte Resorption und hierdurch die Zertheilung des Auswuchses zu bewirken suchen. Eine vorzüglich wirksame Behandlung aller, besonders aber sehr
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Schale.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;215
schmerzhafter Ueberbeine und solcher, welche nahe am Fusswurzel-gelenk liegen, ist noch vermittelst des von Sewell empfohlenen Beinhautschnittes (Periostotomie).
Diese Operation besteht darin, dass man an dem hierzu niedergelegten Pferde die Ilaare au und unter dem Ueberbein abscheert, am unteren Ende des Ueberbeins einen etwa vier bis fünf Linien langen Schnitt durch die Haut bis auf die ßcinhaut macht, die sehnige Ausbreitung von der letzteren mittelst einer Hohlsonde oder schmalen Haarseiluadel von dem Ueberbein trennt, dann ein für diesen Zweck von Sewell angegebenes, convexes Knopfbistouri (Periosto-tom) in die Holde einführt und die Beinhaut auf der Mittellinie des Ueberbeins in der Läiigenrichtung des Knochens bis auf den leteteren durchschneidet. Ob dieses vollständig geschehen sei, davon überzeugt man sich durch eine in die Beinhautwunde geführte Sonde, und trennt hierauf die etwa noch unzerschnittenen Stellen nachträglich vollständig durch. Hierauf schiebt mau mittelst der Sonde eine etwa zwei bis drei Linien dicke Wieke von Werg oder Charpie in den Kanal, lässt das Thier aufstehen und wartet das Eintreten der Eiterung ab, wo dann die Wieke entfernt wird und die Heilung bei blosser Reinigung erfolgt. Oder mau macht, nachdem die Beinhaut gespalten, über dem Ueberbeine eine zweite kleine Hautwunde und zieht ein dünnes Band durch beide Oelfnungen, bestreicht es mit Digestivsalbe, lässt es acht Tage liegen und behandelt es wie ein Haarseil. Durch das Spalten der Beinhant wird die übermässige Spannung derselben augenblicklich gehoben, hierdurch der Schmerz sehr vermindert und die fernere Ernährung des Ueberbeins gestört, so dass hiernach nicht nur die Lahmheit sich bald verliert, sondern auch das Ueberbein nach und nach verkleinert wird.
Sehr grosse und gestielte Ueberbeine kann man auch hier auf dieselbe Weise, wie am Unterkiefer, amputiren, doch geschieht dies äusserst selten, weil man zuweilen weit üblere Folgen als dort, namentlich verjauchende Eiterung und langwierige Lahmheit davon sieht.
H. Die Schale, der Leist und das Ringbein. (Franz. Forme.)
Mit den vorstehenden Namen bezeichnet man Knochenauswüchse und Wucherungen der Knochenmasse an dem Kronenbein und am Fesselbein, namentlich an dem unteren Ende des letzten. Diese Auswüchse finden sich bei .alten und jungen Pferden, besonders bei den letzteren und am meisten bei'Pferden von gemeiner Rage; doch sind auch edle Pferde von ihnen nicht ausgenommen. Die Auswüchse kommen bald nur an einem Fusse, bald an mehreren zugleich und häufiger an den Ilinterfüssen als an den vorderen vor. Häufig erscheinen sie blos als ein einzelner Auswuchs (Leist genannt), ganz ähnlich einem Ueberbein am Schienbein, und sind bald mit einer scharfen Spitze, bald mit einem Knöpfchen versehen; in anderen Fällen bilden sie eine ringförmige Erhöhung in der Mitte der vorderen Fläche des Fesseis von einem Seitenrande bis zum anderen und beissen dann Ringbeine; und in noch anderen Fällen breitet sich die ringförmige Erhöhung mehr breit nach unten bis über das
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Schale.
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Kronengelenk aus und treibt die Krone mehr oder weniger stark in die Höhe, oder entgegengesetzt der Auswuchs beginnt vom Kronen-beiu und steigt nach aufwärts über das Fesselkronengelenk, so dass er diese Theilc wie eine Schale oder Kinde bedeckt, #9632;— daher der Name Schale.
Die Erkennung dieser Auswüchse ist, wenn dieselben vollkommen ausgebildet sind, ziemlich leicht, besonders bei Pferden im ausgewachsenen Zustande und bei trockenen mageren Füssen. Man findet dann an einer oder der anderen Stelle am Fesselbein, besonders au dem scharfen Rande, der die Seiten von der hinteren Fläche scheidet, oder an der vorderen Fläche des Fesselbeins, oder auch an der Krone ungleiche Erhöhungen von verschiedener Ausdehnung, aber mit dem Knochen in fester Verbindung, dabei knochenhart und die Haut auf der Erhöhung verschiebbar. Zuweilen ist auch vermehrte Wärme, beim gelinden Druck Schmerz und Lahmheit zugegen. Die letztere trägt keinen besonderen Charakter an sich und ist daher mehr durch den negativen Befund hinsichtlich des Älangels anderer pathologischer Zustände, welche sonst Lahmheiten bedingen können, als von diesen Auswüchsen entstehend zu betrachten. 1st jedoch die Entwickelung der Auswüchse noch nicht vollendet, sind die Thiere jung oder haben sie dicke, aufgelockerte Haut, ödematöse und andere Anschwellungen an den Füssen, so ist die Erkennung der Schale, des Ringbeins oder des Leists sehr schwer; man kann dann nur eine an den Knochen hin und wieder vorkommende Verdik-kung der Beinhaut oder eine Auflockerung eines Knochens selbst, dabei wohl auch Schmerz beim Druck und Lahmgehen finden, aber daraus noch nicht mit völliger Sicherheit das Entstehen der Schale diagnosticiren.
Die Ursachen dieser Auswüchse sind weit seltener als bei den Ueberbeinen am Schienbein in mechanischen Verletzungen zu suchen, doch tragen diese in einzelnen Fällen, besonders bei ausgewachsenen Pferden, zu ihrer Entstehung mit bei, wie namentlich unvollständige Verrenkungen, Hufschläge und dergleichen. Bei jungen Pferden ist in den meisten Fällen eine eigenthümliche Anlage zu Knochenauswüchsen bedingt durch zu reichliche Ernährung mit schwerem Körnerfutter, so wie durch die Gewächse auf sumpfigen und sauren Weiden zu beschuldigen. Ob hierdurch eine Dyskrasie, ähnlich den Skropheln, oder der Gicht und dergleichen entsteht? •— ist nicht entschieden, aber sehr wahrscheinlich. . Zuweilen ist auch akuter Rheumatismus, und in einzelnen Fällen tief gehende iMauke die Veranlassung zum Entstellen des Uebels.
Die Prognosis ist bei der Schale im Ganzen weniger günstig, als bei Ueberbeinen am Schienbein, da sie, und auch die einzelnen Auswüchse, weit mehr Lahmheit veranlassen und unterhalten und selbst durch die dem Thierarzt zu Gebote stehenden Mittel schwerer zu beseitigen sind, als jene Ueberbeine. Dies gilt besonders von solchen Auswüchsen, welche sich an oder unter der Krone befinden, indem dieselben der Einwirkung kräftiger Heilmittel entzogen sind. Je mehr ausgebreitet die Auswüchse erscheinen, und je mehr sie das Gelenk bedecken, um desto übler sind sie zu beurtheilen. Im
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letzteren Falle erfolgt häufig Vewachsung des Fesselbeius mit dem Kronenbeiu, wonach zwar liiiußg das schmerzhafte Hinken aufhört, allein der Fuss steif bleibt und daher die Bewegung doch nicht re-gelmässig wird.
Die Behandlung der noch in der Entwickelung bcgiiffenen und mit Entzüudnng begleiteten Schale und Ringbeine geschieht durch anhaltende Fussbäder von kaltem Wasser oder Bleiwasser; und hiernach durch Einreiben der grauen .Merkurialsalbe; ist aber der Zustand ohne Entzündung, so fruchtet nur die Cantharideusalbe oder das glühende Eisen. Die 8albe muss in der Regel mehrmals in Zwischenzeiten tou etwTa sechs oder acht Tagen wiederholt werden und man hat bei ihrer Anwendung die Haut unmittelbar am Saume etwa einen halben Zoll breit vorher mit Gerat oder mit Fett zu bestreichen. Auch bei der Anwendung des Glüheisens muss dieser Theil der Haut gänzlich verschont werden, weil sonst sehr leicht Abtrennung des Saumes und tiefer gehende Ulceration erfolgt. Cebrigens kann man ganz gleichmassig entweder Punkte oder senkrechte Striche, einen vom andern einen halben Zoll entfernt, auf der kranken Fläche brennen, und zwar mit einem nur rothglühend erhitzten Eisen und mit der Vorsicht, dass man jede Stelle in einzelnen Momenten so oft wiederholt berührt, bis Ausschwitzung einer serösen Flüssigkeit an den gebrannten Stellen stattfindet.
Bleiben die genannten Mittel fruchtlos, haben die Auswüchse eine ungewöhnliche Grosse erreicht, oder leidet selbst das Fesselkronengelenk mit, so kann man gegen die fortdauernde Lahmheit noch den Nervenschnitt in Anwendung bringen, um durch denselben die Leitung der schmerzhaften Empfindung zu dem Sensorium zu unterbrechen. In vielen Fällen solcher, sonst völlig unheilbaren Knochenauswüchse hat die Operation ganz vortrefTliche Dienste geleistet. Dieselbe kann an dem Schienbein, über dem Fesselgeleuk oder unter demselben unternommen werden, je nachdem man die Aufhebung der Empfindlichkeit am ganzen Fusse, oder nur an einer Seite desselben bewirken will. Erstercs ist nöthig, wenn die Knochenauswüchse rund um den Fessel oder um die Krone herum verbreitet sind, während das Durchschneiden nur eines Zweiges des Mittelner-ven an oder unter dem Fesselgelenk genügt, wenn nur eine Seite des Fesselbeins oder der Krone durch die Auswüchse leidet. Das Thier muss zur Operation niedergelegt werden, und zwar so, dass die zur Operation bestimmte Stelle am Schienbein oder am Fesselgelenk, oder am Fesselbein nach oben zu liegen kommt; der Fuss wird entweder entsprechend auf die übrigen Füsse festgebunden, oder mittelst eines sogenannten Spannstocks über die übrigen auf einen Punkt zusammengezogenen Füsse hervorgestreckt gehalten. Man scheert dann an der Opcrationsstelle auf einer Fläche von circa zwei Quadratzoll gross die Haare rein ab und entfernt sie, macht dann auf dem Nerven einen circa einen Zoll langen Hautschnitt, nimmt das den Nerven etwa bedeckende Zellgewebe von demselben mittelst Messer und Pinzette rein weg, führt nun unter den Nerven eine Hohlsonde quer durch und durchschneidet mittelst eines schmalen Bistouris, in der Rinne der Hohlsonde geleitet, den Nerven. Hier-
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218nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hufgelenkslahmheit, chronische.
auf präparirt man das untere Ende desselben gegen vier bis sechs Linien lang von den umgebenden Thcileu ab und schueidet es dann vollständig heraus. Die Wunde wird mit etwas lockerem Werg bedeckt und der Theil mit einer Cirkelbinde umgeben. Bei der nach zwei Tagen eintretenden Eiterung löst mau diesen ersten Verband, reinigt die Wunde und führt mit dieser Behandlung bis zur erfolgten Heilung fort. (Siehe Chirurg. Auat. u. s. w. von Gurlt u. llert-wig S. 194.)
111. Die llufgelenks- und chronische Hufgelenks - Lahmheit, oder Strahlbeins-Lahmheit, Strahlbcinslähme.
Unter dem Namen: chronische Hufgelenks - Lahmheit, Hufgelcukslähme versteht man eine dem Pferde eigenthümliche, in Entzündung und weiterer Entartung des Hufgelenks und der an unteren und hinteren Seite dieses Gelenks befindlichen Theile, des Strahlbeins, des hier liegenden Schleimbeutels und der Hufbeinbeugesehne begründete Lahmheit. Wegen des beständigen und in den meisten Fällen hauptsächlichen Mitleidens des Strahlbeins oder schiif-förmigen Beins bezeichnen die englischen und französischen Thier-ärzte das Leiden als die Krankheit des schiffförmigeu Beins, Navicular-disease, Navicular lameness, Maladie naviculaire; Brauell ') nennt es, da das Strahlbein gleichsam eine Rolle für die Huibein-beugesehue ist, chronische Fussrollen - Entzündung (Podo-trochilitis chronica), und Percivall z) hat es ebenfalls zur Bezeichnung des entzündlichen Leidens des Strahlbeingelenks Navicularthritis genannt.
Dieser krankhafte Zustand des schifflormigen Beins ist zwar einzelnen Thierärzten schon in früherer Zeit zum Theil bekannt gewesen #9632;,), allein die wirkliche Kenntniss des Uebels und namentlich der hieraus entstehenden chronischen und eigenthümlichen Lahmheit haben wir seit 1816 erst durch James Turner*) erhalten, worauf Sewell5), Goodwinee), Renner7), Brauell, W. Percivall u. A. den Gegenstand weiter bearbeiteten.
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') Mag. f. d. ges. Thierheilk. von Gurlt u. Hcrtwig, Jahrg. 1845, S. 1.
gt;) The Veterinarian, Vol. XX., p. 121.
s) Z. B. Bridges, in seiner Schrift „No Foot no Horsequot;. Lond. 1752.
—nbsp; Gibson, Treatise on the diseases of horse. Lond. 1751, Vol. II., p. 372.
—nbsp; Lafosse, Dictionnaire d'Hippiatrique, Vol. II., p. 226 und Cours d'Hip-piatrique. Paris 1772, p. 167 u. 234 rait Abbild. (Auch die deutsche Ueber-setmng des letzteren Werkes von Knobloch. Prag 1797.) — Moorcroft im Veterinarian, Vol. XIX., p. 449.
') In einer kurzen Abhandlung, welche er der Thierarzneischule in London übergab, und später im Bande XX. des Veterinarian Seite 125 veröffentlicht worden ist.
5) In seinen Vorlesungen.
•) The Veterinarian, Vol. III., p. 145.
'1 Abhandlungen für Pferdeliebhaber und Thierärzte. Mit einer Steindrucktafel. Weimar 1844, S. 267 u. f. — und Veterinär-Atlas, Heft I. Weimar 1828.
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Hufgelenkslahmheit, chronische.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;219
Sämmtliche Schriftsteller haben bis auf Renner das Leiden in dem ganzen Ilufstrahlbeiugelenk für einerlei gehalten, obgleich sie wussten, dass der Anfang an verschiedenen Punkten desselben geschehen kann; aber Kenner unterscheidet (a. a. 0.) ausdrücklich a) die eigentliche oder vordere llufgelcnkslahinheit und — 6) die Strahlbeins- oder hintere llufgelenkslahmheit.
a.nbsp; nbsp; nbsp;Die erstere ist eine durch Verstauchung hervorgebrachte Entzündung des Kronenbeinhufgeleuks, welche an den Vorderfiissen selten, an den HinterJiissen häufiger vorkommt, weil in dieser die steilere Richtung der kürzeren, stärkeren Hintcrfessel die Stauchung des Kronbeins nach vorn auf das Huf bein bei Fehltritten begünstigt. Die Krankheit äussert sich dadurch, dass das Pferd nicht ordentlich durchtritt, mehr die Zehe gebraucht, ja im veralteten Zustande nur allein mit ihr auftritt; dabei ist an der Krone, oft auch am ganzen Hufe etwas erhöhte Wärme bemerklich; Druck mit der Untersuchungszange auf die dünn geschnittene Sohle erzeugt Schmerz, aber an den Wänden nicht. Später zeigen sich in manchen Fällen Knochenauf-treibungen an der Krone, die am Gelenkrande des Kronbeins oder auch an der Anheftungsslelle der Ilufbeiubeugesehue ihren Ursprung nehmen. In diesem Zustande gehen die Pferde zuweilen im Anfange schlechter, als wenn sie erst ordentlich im Gange sind.
Veranlassung zum Entstehen dieser Lahmheit geben Fehltritte, besonders wenn dabei die Trachten höher zu stehen komtnen als die Zehe, da hierbei die ganze Last nach vorne fällt und gleichsam gegen den vorderen Theil des Hulgelenks geschoben wird. Dabei kann zugleich die Fleischsohle gequetscht, oder selbst das Kronbein oder das Huf bein zerbrochen werden, und, indem das Pferd sich im nächsten Moment bemüht, schnell und mit Kraft eine entgegengesetzte Stellung einzunehmen, — selbst eine Zerrung der Beugesehne und Quetschung des Strahlbeins erfolgen, somit eine Complication mit Strahlbeinlahmheit entstehen.
Der Ausgang kann, wenn die Verstauchung einfach besteht, bei Ruhe und zweckmässiger Behandlung die Zertheilung, sonst aber Abglättung der Gelenkilächen oder auch Verwachsung derselben (Stelz-fuss) oder Auftreibung der Knochen sein. Im ersteren Falle verliert sich die Lahmheit bald, bei den letzteren Ausgängen aber gewöhnlich nie mehr gänzlich.
Die Behandlung besteht in strenger Ruhe bei magerem Futter, und in der Anwendung zuerst der antiphlogistischen, später der ableitenden Mittel.
b.nbsp; nbsp; Die Strahlbeinslahmheit besteht in einer plötzlichen Ausdehnung, oder Quetschung, oder Entzündung der Hufbeinbeugc-sehne an ihrem untersten Ende, in Quetschung oder Entzündung der untersten Fläche des Strahlbeins und des hier liegenden Sehneuschei-denbeutels, tvozu in späterer Zeit eine winddornartige Auftreibung des Strahlbeins und oft auch krankhafte Knochenbildung in der Sehne u. s. w. kommt.
Das Uebel entsteht fast nur an den Vorderfüssen, und zwar bald nur an einem, bald an beiden, und in letzterem Falle entweder zu-
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gleich oder nach einander; es kommt auch hauptsächlich nur bei Reitpferden vor.
Dasselbe ist in den meisten Fällen im Anfange schwer zu erkennen, -weil gewöhnlich der pathologische Zustand in der Sehne und im Strahlbein zuerst nur in einem geringen Grade ausgebildet ist und deshalb auch die Symptome nur sehr gelind hervortreten; doch giebt es auch ausnahmsweise solche Fülle, wo z. B. nach der heftigen Einwirkung der Ursachen bei sehr reizbaren Pferden das Uebel mit mehr akuten Zufällen auftreten kann. Es kommt aber im Ganzen nur selten vor, dass ein Pferd nach einem Sprunge, nach einem heftigen Auftreten auf harten, unebenen Boden plötzlich so stark lahmt, als ob es sich einen Nagel eingetreten oder sich die Ballen gequetscht hätte; die Thiere stehen dann mehr auf der Zehe, treten mit dem Ballen nicht fest auf, richten auch wohl das Fessel-beiu mit dem Kroneugeleuk nach vorn, heben aber beim Gehen die Gliedmaasse gehörig auf; dabei ist der Huf unverändert, bei dein Drücken, besonders der Ballen, nicht schmerzhaft, und die Fessel-artcrien pulsiren nicht stärker, als an einem gcsuudeu Fusse '); nur dann findet sich ein stärkeres Pulsiren dieser Arterien, wenn aussei-dem Gelenk noch andere Theile, z. B. bei einem iVageltritt der Fleischstrahl u. s. w. verletzt und leidend sind, oder wenn das Pferd eben kurz vor der Untersuchung in Bewegung war. — Die bezeichneten Zufälle dauern einige Zeit, verlieren sich dann, kehren aber nach Anstrengungen leicht wieder. Gewöhnlich ist aber der eigentlich erste Anfall des Uebels so gelind, dass er mehrentheils übersehen wird; denn man bemerkt nur, dass die Pferde beim Traben auf hartem Boden bald mehr, bald weniger hinken, oder auch nur blöde gehen, oder dass sie auch beim Stillstehen im Stalle mit dem afficirten Fuss eine andere Stellung annehmen, nämlich in der Art, dass der gesunde Schenkel perpendicular auf dem Boden fest aufgesetzt ist und der kranke Schenkel mehr vorwärts gestellt und mit mehr erschlafften Muskeln zwischen Beugung und Streckung gehalten wird; oft wechseln auch die Thiere mit dieser Stellung, setzen dabei aber den kranken Fuss stets vorsichtig auf den Boden und vermeiden ein festes Auftreten. Beim Gehen des Thieres im Schritt oder Trabe bemerkt man ebenfalls, dass die Ballen und Trachten beim Auftreten geschont, das Knie- und Fesselgelenk nicht gehörig angestrengt werden. Bei der Untersuchung des Fusses selbst findet sich in dieser Periode keine vermehrte Wärme. Weiterhin zeigen die Thiere beim Gehen im Anfange eine gewisse Spannung oder Gebundenheit in den sämmtlichen IVluskeln der Gliedmaasse, so dass
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l) Ueber das stärkere Pulsiren der Fesselarterien sind die Beobachtungen sehr verschieden; z. B. Hausmann (Ueber Entzündung, Seite 8) sagt: „Dieser Mangel der Pulsalion bei Schale und Hufgelenkslahmheit ist so constant, dass er dein Thierarzt zum diagnostischen Kennzeichen dientquot;, und nach J. Turner ist aber das Pulsiren dieser Arterien ein wichtigeres Merkmal, als die erhöhte Wärme. (The Veterinarian, Vol. III. p. 34.) Ich habe in beiderlei Hinsicht Beobachtungen gemacht.
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man sie wohl für rheumatisch affizirt halten könnte; allein das vorsichtige und unvollständige Niedertreten mit den Hallen, den Trachten und dem Strahl spricht sich noch mehr aus, als zuerst angegeben, dabei stolpern die Thiere leicht und ermüden selbst nach kleinen Anstrengungen. Lässt man das Thier nach einer kleinen Bewegung anhalten, so stellt es den Schenkel ganz lax mit gebogenem Knie und mit steilem Fessel vorwärts auf die Zehe, zittert mit demselben und zieht ihn von Zeit zu Zeit zurück, um ihn bald nachher wieder vorzustrecken. Gönnt man dem Thiere eine längere Ruhe von 1 bis 2 Wochen, so vermindert sich die Lahmheit bis auf undeutliche Spuren, sie kehrt aber nach einiger Zeit wieder und unter diesem Wechsel von Zu- und Abnahme kann eine Zeit von mehr als einem Jahre veriliessen, bis der Huf sich in seiner äussern Beschaffenheit verändert und dann auch gewöhnlich das Uebel gleichmässig dauernd wird; doch erreichen die Entzündungssymptome niemals die Höhe, wie bei der Entzündung der Fleischtheile oder bei der sogenannten Rhehe. — In einzelnen Fällen findet man beide VorderJüsse zugleich mit dem Uebel behaftet, und der Gang des Pferdes leidet dann noch weit mehr, jedoch sind die Erscheinungen abwechselnd an dem einen und dem andern Fusse die nämlichen, wie im Vorstehenden angedeutet.
An dem Hufe befindet sich, wie bereits erwähnt, während einiger Zeit in der Regel keine erhöhte Temperatur und erst lange nachher, nach vielen l\lonaten, oft erst nach Jahresfrist bemerkt man zuweilen an der Krone eine geringe, mit erhöhter Empfindlichkeit und Temperatur begleitete Anschwellung. Der Huf wird allmälig kleiner und zieht sich besonders an den Scitenwänden mehr zusammen, besonders an der inneru; zuweilen entstehen auch kleine ringförmige Erhöhungen au der Wand, und darüber oder darunter kleine Furchen. Beim Zusammendrücken des aufgehobenen Fusses giebt das Pferd etwas Schmerz zu erkennen, wenn der Druck vom Strahl gegen das llufbein zu, oder im Verlaufe der Beugesehne stattfindet. In Gemeinschaft mit diesen krankhaften Veränderungen tritt zuletzt auch eine massige Abmagerung der Schultermuskeln ein.
Die Diagnose der chronischen Hufgelenkslahmheit ist nach den angeführten Erscheinungen oft und besonders im Anfange des Leidens sehr schwierig. Um einigermaassen sicherer zu Werke zu gehen, ist folgendes von-Braueil vorgeschlagene Verfahren zu benuz-zen: „Hat man Grund, aus der beobachteten Stellung des Schenkels im Stalle, aus der eigenthümlichen Bewegung in den verschiedenen Gangarten, aus etwa vorhandenen örtlichen Symptomen, so wie auch aus anderweitigen negativen Kennzeichen und aus dem anamnesti-schen Berichte zu schliessen, dass man es mit Fussrollenentzündung zu thun habe, so lasse man, wenn das Pferd beschlagen ist, von dem leidenden Fusse das Eisen abnehmen und den Huf auswirken, die Sohle und den Strahl so viel wie möglich niederschneiden und, nachdem man sich durch nochmalige genaue Untersuchung des Hufes mittelst der Zange Gewissheit darüber verschallt hat, dass Fleischwand, Fleischsohle und Strahl unschmerzhaft sind, so lasse man einen anhaltenden Druck auf den Strahl wirken und beobachte, ob bei die-
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222nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hufgelenkslahmheit, chronische.
sem fortdauernden Druck die Lahmheit zunimmt oder nicht. Um einen solchen anhaltenden Druck auf den Strahl zu bewirken, schlage man auf den kranken Fuss ein in seinen Stollenden geschlossenes Hufeisen, welches so aufgerichtet werden muss, dass der Querarm desselben auf den Strahlpfcileru aufliege und hier einen Druck ausüben könne. Der Querarm muss in seiner IMitte mit einem Stück angenieteten Filz versehen sein und nach vorn, nach der Spitze des Strahls zu, in einen Schnabel auslaufen, dessen Spitze gegen die Vereinigungsstellen der Strahlschenkel gelichtet ist. Die Lähme pflegt in Folge dieses anhaltenden Druckes, wenn Fussrollenentzündung zugegen ist, zuzunehmen; man erwarte aber nicht, dass diese Folge immer sogleich eintrete; es geschieht oft erst im Verlaufe einiger Zeit, was darin seinen Grund hat, dass die hornigen Theile nicht immer gleich so weit nachgeben, als es nöthig ist, um den Druck höher hinauf fortzupflanzen. Man lasse daher das Pferd mehrere Tage lang mit dem angegebenen Eisen gehen und beobachte es wo möglich täglich, um auch den kleinsten Unterschied, der sich in der Bewegung des affizirten Schenkels zeigt, zu entdecken. Während dieser Zeit kann man, um doch etwas zu thun und Zeit zu gewinnen, Umschläge von Lehmbrei anwenden, welche in jedem Falle, es möge nun Fussrollenentzünduug zugegen sein oder nicht, Nutzen schaffen. Anstatt des eben besprochenen geschlossenen Eisens kann man sich in gleicher Absicht auch einer Zange von der Form eines Papageieuschnabels bedienen, deren ein vorderer Arm A nicht wie bei der gewöhnlichen Visitirzange in einem Bogen gegen den andern, sondern in einer geringen Biegung von demselben abwärts gerichtet, nicht rund ist, sondern eine Breite von einem halben Zoll besitzt, und kürzer sein muss, als bei der gewöhnlichen Visitirzange, während der andere vordere Ann B, entsprechend der obern Hälfte des Papageienschnabels und daher in einer massigen Biegung gegen den andern A gerichtet, noch ein halbmal so lang wie bei der gewöhnlichen Visitirzange und in demselben Verhältniss stärker sein, an seinem Ende aber eine einen halben Zoll breite und eben so lange ebene Fläche haben muss. Die hintern Arme, nämlich diejenigen, welche den Druck der Hand aufnehmen, müssen länger als bei der gewöhnlichen Visitirzange, stärker und gut gehärtet sein. Diese Zange setzt man nun so an, dass der Arm A seinen Stützpunkt auf der Zehenwand findet, während der andere B mit seiner Endfläche auf der Stelle angesetzt wird, wo sich die Strahlschenkel vereinigen, und nun -wird, während man dafür sorgt, dass der Schenkel im Fesselgelenk nicht gebeugt wird, ein ziemlich starker, anhaltender Druck, welcher nach und nach zunehmen muss, auf die hinteren Schenkel der Zange ausgeübt, wobei das fussrollenlahme Pferd Schmerz zu erkennen geben wird. Zuweilen ereignet es sich aber, dass dies nicht geschieht, obgleich Fussrollenentzünduug zugegen ist, was dann der Fall zu sein pflegt, wenn eine zu harte Hornsohle, ein harter, zusammengezwängter Strahl dem Druck der Zange nicht erlauben, bis zur affizirten Stelle hinzuwirken, ein Umstand, welcher jenem Eisen den Vorzug vor dieser Zange giebt.
In der letzten, mehr entwickelten Periode der Krankheit ist die
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Hufgelenkslahinheit, chronische.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;223
oft auflallende Verkleinerung des Hufes neben den übrigen Merkmalen fur die Diagnosis der in Rede stehenden Krankheit sehr entscheidend, für sich allein aber ohne besondern Worth, da es auch Fälle giebt, wo ein Huf von Natur kleiner ist^ als es die übrigen sind. In der ersten Periode der Krankheit fehlt natürlich dieses IMerkmal gänzlich. Um die abweichende Grosse des verdächtigen Hufes sicher kennen zu lernen, kann man mittelst eines um die Krone, und einen Zoll unter der Krone um die Wand angelegten Randes messen, oder auch hierzu den von Sticker empfohlenen Podometer benutzen, indem mau dieselben Messungen auch an dem gegenüberstehenden Fuss, genau an den nämlichen Stellen, unternimmt.
Die Ursachen der chronischen llufgclcnkslahmheit sind fl) in vielen Fällen eine Anlage zu dem Uebcl, welche oft in zu grosser Härte, Trockenheit und Mangel an Elasticität des Hufes beruht und dadurch entsteht, dass die Pferde oft iu zu langer Ruhe auf trockuer Streu im Stalle stehen; in andern Fällen auch darin, dass die Sohle und der Strahl zu stark ausgeschnitten und die Eckstreben durchgeschnitten werden, so dass die Hufwände sich zusammenziehen und auf die Acstc des Hufbeins drücken, während der Strahl von unten und die ßeugcscluie bei dein Niedertreten keine Unterstützung finden und daher ruckweis Prellungen der Sehne gegen das Strahlbein entstehen. Pferde mit hohen Wänden und mit Zwanghuf haben deshalb eine Wehranlage zu diesem Uebel als andere, b) Gelegenheitsursachen können alle diejenigen Umstände werden, durch welche die auf das Strahlbein fallende Last abnorm vergrössert, die Friction des Strahlbeius und der Reugcsehne auf einander, oder der Druck der Sohle von unten übennässig verstärkt wird, z. R. heftige Anstrengungen, besonders unter dem Reiter, Sprünge über Gräben, Hecken uud dergleichen, plötzliches Pariren aus schnellem Lauf, Traben auf unebenem, hartem Roden, besonders auf neu aufgeschütteten Chausseen, gefrornem, holperigem Wege; Fehltritte, bei denen nur die Ze-heriwand einen Stützpunkt findet, uud die Trachten sich zu tief senken müssen u. dgl. Grobe mechanische Verletzungen des Strahls, namentlich das Eintreten von Nägeln, können auch Veranlassung zu dem Uebel geben. In manchfcn Fällen scheinen auch innere krankhafte Zustände, #9632;wie Rheumatismus, Druse u. dgl. durch Metastasen eine Veranlassung gegeben zu haben.
Die Prognosis ist bei diesem Uebel im Ganzen wenig günstig zu machen, weil die meisten Patienten dem Thicrarzt erst in der spätem Periode der Krankheit zugeführt werden, wo bereits organische Veränderungen im Hufe entstanden sind, namentlich Auflockerung des Strahlbeins, Ausschwitzungen von Knochensubstanz und Exosto-senbildung am Strahlbein, am Schlcirnbcutel, oder an der Reugcsehne, Absorption der Gelenkknorpel oder selbst Verwaclisung des Hufgelenks. Die Erfahrung zeigt, dass unter diesen Umständen eine radikale Heilung gewöhnlich nicht mehr, sondern nur eine Minderung des Uebels zu bewirken ist, oder dass das Uebel in bald kürzerer bald längerer Zeit wieder Recidive macht, und dass tue Lahmheit nur mit Palliativmitteln, namentlich durch die Neurotomie, beseitigt werden kann, wobei aber leicht andere Nachtheile für den leidenden
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Fuss entstehen. Eiuigermaasscu günstig ist die Prognosis, wenn die Krankheit noch neu ist und man daher yennuthen kann, dass man es nur mit der Entzündung selbst noch zu thuu habe, und wenn dabei die äussern Verhältnisse von der Art sind, dass sie den guten Erfolg einer zweckmässigeu Behaudlung unterstützen, z. ß. wenn das Thier für längere Zeit anhaltend in Ruhe bleiben, oder auf weichem Boden langsam herumgehen kann u. s. w.
Die Prognosis ist auch in denjenigen Fällen ungünstig, wo der Huf schon von früher her sehr eng, schief oder ein sogenannter Zwanghuf ist, ferner sehr schlecht in denjenigen Fällen, wo das Uebel an beiden Vorderfusseu zugleich besteht, weil dann das Pferd die leidenden Theile nicht gehörig schonen kann, sondern dieselben unvermeidlich in beständiger Anstrengung erhalten muss.
Die Behandlung ist 1) auf die Beseitigung und Abhaltung der Ursachen, 2) auf die Beseitigung der Entzündung, 3) auf Erregung der Resorption der ausgeschwitzten Knochcnmatcrie gerichtet, und, wo durch Erfüllung dieser Indicationen das Uebel selbst nicht gehoben werden kann, suchl man 4) seine \\ irkungen und die davon abhängende Lahmheit zu beseitigen und dadurch das Thier so lange, wie noch möglich, brauchbar zu machen.
Zur Erfüllung der ersten Indication gehört anhaltende Ruhe des Thieres bei massigem und leichtem Futter; zugleich nimmt man etwa noch vorhandene drückende Hufeisen ab, schneidet das übermässige Horn au der Sohle und dem Strahl weg und legt dann ein recht gut passendes, recht hohl gerichtetes, nicht zu kurzes Hufeisen mit massig hohen Stollen auf, letzteres, um das starke Durchtreten des Thieres im Fcsselgelenk und die hiermit verbundene Spannung der Huf-beinsbeugesehne zu vermeiden. Der zweiten Indication entsprechend macht man bei gut genährten Thieren einen allgemeinei) Aderlass und zugleich einen örtlichen an der Zehe; die gemachte Oeffnung bedeckt man mit Werg und wendet kalte Fussbäder, oder eben solche Umschläge von Lehmbrei oder Kleie mit Wasser an und begiesst dieselben wenigstens alle halbe Stunde ein Mal mit kaltem Wasser. Innerlich giebt man Laxirmittel, später Purgirmittel, etwa alle 8 Tage ein Mal. Diese Behandlung wird 3—4'Wochen fortgesetzt. Nach dieser Zeit kann man entweder ein Haarseil unter dem leidenden Gelenk hinweg durch den Strahl ziehen, oder auch über der Krone am Fessel und an dem Ballen das Uug. Canthariduin einreiben, und letzteres nach Zwischenzeiten von 6—10 Tagen 2 — 3 Mal wiederholen. Bei diesen Einreibungen muss jedoch die Vorsicht beobachtet werden, dass die Haut am Saume etwa einen Finger breit von der scharfen Salbe frei bleibt, weil sonst Ablösung des Saumes zu furchten ist; es ist deraquo;',ialb zweckmässig, diesen Theil der Haut zuerst mit einfacher Wachssalbe etwas dick zu bestreichen. Das Haarseil applizirt man mit einer hierzu von Sewell vorgeschriebenen gekrümmten und mit scharfer Spitze versehenen Haarseilnadel auf folgende Weise: Man scheert unmittelbar über dem Ballen an der Stelle, wo die Bengesehncn eben hinter dieselben treten, in der Mitte die Haare kurz ab, durchschneidet dann die Haut, entweder mit oder ohne eine vorher gebildete Längcufalte gerade in der Mitte zwischen
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den Ballen, so dass eine fast eineu Zoll lauge Querwunde entsteht. Hierauf giebt mau dem Fuss im Krongeleuk eine möglichst gestreckte Stellung und erhält ihn in derselben mit der linken Hand, mit welcher er an der Zehe gehalten wird; mit der andern Hand führt man die Haarseiluadel, ihre konvexe Fläche gegen die Beugesehneu gerichtet, in die Hautwände und drückt sie in der Richtung des Verlaufs der Hufbeinsbeiigesehnc in gerader Linie vorwärts. Wenn man mit der Spitze der Nadel bis gegen die Mitte des Strahls gekommen ist, erhebt man ihren Handgriff ein wenig gegen die Beugesehneu, drückt dadurch die Spitze mehr gegen die äusserc Fläche des Strahls und führt sie ungefähr am vordem Drittel des letztern aus demselben hervor. Das Hell der Aadel wird nun entfernt, das mit Ter-penthinöl getränkte l}aud eingezogen, und darauf die Nadel an ihrer Spitze erfasst und vollständig aus dem Strahl gezogen, so dass das Band daselbst zum Vorschein kommt; die Enden des Bandes werden hierauf so zusammengebumleu, dass zwischen dem Bande und dem Hufe ein circa zwei bis drei Zoll breiter Raum bleibt. Der Horn-rand um die Oelfnung kann noch etwas beschnitten werden. Das Band bleibt 10 —14 Tage liegen, wird täglich ein Wenig weiter bewegt und gereinigt.
Für die dritte Indication dienen zum Theil die eben genannten Mittel, ausserdem aber kann man nach Entfernung des Haarseils noch die graue Merkorialsalbe, oder .lodsalbe, oder grüne Seife mit Kali carbonicum versetzt, täglich 2 Mal über der Krone an den Ballen und am Fessel einreiben und Fussbäder von Kali carbonicum, bei den Pferden armer Leute von blosser Ascheidauge machen und damit durch 3—4 Wochen lang fortfahren.
Die PalliativbehaiHiluug der chronischen Hufgelenkslahmheit besteht hauptsächlich in der von Sew eil hierzu empfohlenen Neuroto-mic an den Fesselncrvcii, von denen man die hinteren Zweige unter dem Fesselgelcuk durch- und etwa ein 4 Linien langes Stückchen von dem untern Ende selbst herausschneidet. Es verschwindet hiernach für das Thier der Schmerz von den gereizten Stellen aus, indem die Fortleitung der Reizung an der verletzten Nervenstelle unterbrochen ist; allein nach einiger Zeit, zuweilen erst nach einem Jahre kehrt die Ernpfiiullichkeit alhnälig theilweis wieder und mit ihr auch die Lahmheit. Da durch die Operation überhaupt die Empfindlichkeit in dein hintern Theile des Hufes verloren geht, so fühlt das Thier auch zufällige Veilclzungeu, z. B. das Eintreten eines Nagels in den Huf nicht, weshalb bei solchen Verletzungen zuweilen durch die Eiterung bedeutende Zerstörungen erfolgen, ohne dass das Thier dies durch bestimmte Merkmale kund giebt. Ausserdem treten so operirte Pferde wegen Maugel des Gefühls gewöhnlich zu ungeschickt und hart auf und ziehen sieh dadurch zuweilen Brüche des Huf beins zu. Dieser üblen Folgen wegen unternimmt man die Neu-rotomie bei dem in Rede stehenden I/ebel nicht gern, so lange noch von den entzündungswidrigea Mitteln etwas zu hoffen ist; es bleibt jedoch in manchen Fällen das einzige Mittel, um Pferde noch für einige Zeit brauchbar zu erhalten. Nach ihrer Anwendung ist es immer noch zweckmässig, den Huf, wie oben angegeben, fortgesetzt
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Spat.
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init kiilileudeu uud erweichenden, Mitteln zu behandeln und das Thier nur auf weichem Boden arbeiten zu lassen.
IV. Der Spat oder Späth. Spavanus.
Als Spat bezeichnet man jeden Knochenauswuchs au der inneren Seite des Sprunggelenks der Pferde. ') Solche Auswüchse kommen sehr häufig vor, mehreutheils nur an einem Iliuterfusse, oft aber auch an beiden. Sie betreffen am häufigsten zuerst das grosse und kleine schiffförmige Bein, erstrecken sich aber sehr häufig nach allen Richtungen weiter, so dass nach unten gewöhnlich das obere Ende des Schienbeins, nach hinten auch oft der Kopf des Griffelbeins und nach vorn der vordere Rand der erst genannten Knochen davon ergriffen wird; zuweilen setzt sich das üebel auch bis auf das Rollbeiu u. s. w. fort. Die Auswüchse können auch sogar an andern Stelleu stärker entwickelt werden, als an den schiflförmigen Beinen. Mit diesen Auswüchsen entsteht auch zugleich, oder doch nach einiger Zeit eine Verwachsung der betreffenden Knochen an ihren Gelenk-llächen, und sowohl hierdurch, so wie durch den Druck, welchen die Exostosen auf die mit ihnen in Berührung kommenden Bänder und Sehnen ausüben, und hauptsächlich durch den mit der ursprünglich vorhandenen Knochenentzündung verbundenen Schmerz lahmen die mitquot; dem Spat behafteten Pferde in eigenthümlicher Weise. In einzelnen, aber seltenen Fällen weiden auch die Gelenkflächen der Sprunggelenksknocheu unter sich oder auch gegen das Schienbein zu rauh und verwachsen, ohne dass Exostosen an der Oberfläche der Knochen hervortreten; und auch in diesen Fällen besteht die eigen-thümliche Lahmheit. Man hat den Spat, je nachdem er mit Exostosen, oder ohne dieselben auftritt, mit den Namen sichtbarer und unsichtbarer Spat bezeichnet. Auch der erstere ist in der Regel während seines Entstehens, bald kürzere bald längere Zeit als unsichtbarer Spat zu betraöhten, indem zwar während dieser Zeit die Spatlahmheit vorhanden ist, aber die Auswüchse noch nicht wahrnehmbar sind. In diesem Umstände liegt es, dass der noch in der Entwickelung begriffene Spat sehr häufig nicht erkannt wird. Um die Diagnosis dieses wichtigen Gebrechens möglichst richtig zu machen, ist es nöthig: 1) die Entzündung des Sprunggelenks, welche der Spatbildung zum Grunde liegt, 2) die Spatlahmheit und 3) die Spaterhöhungen einzeln zu betrachten.
1) Die Entzündung des Sprunggelenks besteht entweder in einer akuten Entzündung der Gelenkbänder, besonders des Kapselbandes, und der Knochen selbst, oder sie ist eine chronische Entzündung hauptsächlich der letzteren. Die akute Entzündung kommt nur in den selteneren Fällen vor, entsteht gewöhnlich durch äussere Verletzungen, welche das Sprunggelenk betreffen, wie z. B. durch Hufschläge, durch das Sitzenbleiben mit einem Fuss auf dem Latierbaum
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') Ich habe ihn in einzelnen Fällen auch bei Arbeitsochsen gesehen.
H.
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und dergleichen und giebt sich durch Anschwellung im Umfange des Sprunggelenks, sehr vermehrte Wärme, heftigen Schmerz und zuweilen selbst durch ein consensuelles Fieber zu erkennen. In den allermeisten Fällen ist jedoch die Entzündung nur eine sehr geringe und chronisch verlaufende, so dass man nur aus der Schonung des Gelenkes bei dem Stehen und Gehen des Thieres, aus der nur etwas vermehrten Wärme und aus geringem Schmerz bei stärkerem Druck auf die innere Seite des Gelenks auf das Vorhandensein der Entzündung schliessen kann. Hat mau Gelegenheit, ein solches Sprunggelenk anatomisch zu untersuchen, so findet man beim Vergleich mit dem andern gesunden Sprunggelenk die Knochen in jenem mehr ge-röthet, mehr blutreich und mehr porös, die Beinhaut etwas verdickt und zwischen ihr und dem Knochen etwas gerinnbare Flüssigkeit. Diese Entzündung dauert zuweilen 1—5 Monate, bald etwas stärker werdend, bald etwas nachlassend, bis endlich die Spatauswüchse an der innern Fläche des Sprunggelenks fühlbar werden, wo sie dann in manchen Fällen ganz verschwindet, in andern Fällen aber noch während einer unbestimmten Zeit fortbesteht.
2) Die vorhin erwähnte Stellung des leidenden Fusses ist so, dass das Thier längere Zeit, während es im Stalle steht, abwechselnd oder fortwährend den Huf nur auf die Zehe aufsetzt, mit der Zehenwand, auch wohl mit der Krone uud dem Fesselbein ein wenig nach vorn neigt, das Fesselgclenk und das Sprunggelenk in halber Beugung hält uud die Hüfte ein wenig heruntersenkt, — alles, wie es scheint, um durch die Erschlaiftmg der Muskeln und Sehnen den gegenseitigen Druck der Knochen im Sprunggelenk und die Schmerzen zu mindern. Manche Pferde heben auch den Fuss während einiger Minuten in die Höhe. Lässt mau ein solches Pferd von einer Seite zur andern herumtrelen, so bemerkt man, dass dies nach dem kranken Fusse zu leicht und fast regelmässig geschieht, während das Herumtreten nach der gesunden Seite zu mit einem deutlichen Zuk-ken des leidenden Hinterfusses geschieht. — Beim Gehen im Schritt zeigen die mit Spat behafteten Pferde sehr wenig oder gar kein Lahmgehen; lässt man aber ein solches Thier im Trabe von der Stelle gerade aus laufen, so lahmt es mit dem betreflenden ITinterfuss während etwa 100 — 200 Schritt in der Art, dass es den Fuss mit etwas steifgehaltenem Sprunggelenk zuckend in die Höhe zieht (ähnlich wie bei dem sogenannten Hahnentritt #9632;), und dabei die Hüfte der leidenden Seite ebenfalls stärker, als es gesunde Pferde thun, bei jedem Schritt nach auf- und abwärts bewegt. Ist das Thier eine Strecke gegangen, so verliert sich in der Regel das Lahmgehen all-mälig immer mehr und mehr, so dass es für den Nichtkenner zuweilen gänzlich verschwindet; doch finden sich hiervon auch einzelne Ausnahmen, namentlich wenn die Entzündung im Gelenk einiger-
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') Der Hahnentritt oder Zuckfuss kann bei verschiedenen pathologischen Zuständen entstehen, namentlich bei Caries des Sprungbeins an der Stelle, wo der lange Zehenbeuger sich ansetzt; zuweilen ist nur ungleiche zu heftige Muskelwirkung schuld.
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maassen heftig ist, wo das Lahmgehen gleichmässig fortdauert, sogar bei fortgesetztem Gehen noch zunimmt, oder auch selbst beim Gehen im Schritt bemerkbar wird. Ist das Lähmen nur sehr gering und nicht charakteristisch genug für die Diagnosis hervortretend, so kann man es auf folgende Weise mehr sichtbar machen: Man lässt den betreffenden Fuss (oder auch einen nach dem andern) entweder wie zum Beschlagen aufheben und während 2 — 3 Minuten halten, oder mau lässt ihn mit stark gebogenem Sprunggelenk in die Höhe halten und dann das Pferd im Trabe wegführen. Hierbei lahmt es in der oben bezeichneten Art sehr stark, kann oft kaum mit dem lahmen Fuss den Boden erreichen, springt mehrere Schritte auf drei Beinen u. s. w.
3) Die Kuochenauswiichse bei dem Spat sind zuweilen sehr schwer zu erkennen, weil a) das Sprunggelenk bei den einzelnen Pferden selbst im gesunden Zustande eine sehr abweichende Form besitzt, indem es bald von dem Innern Knorrn des Unterschenkerbeius bis zum Kopfe des innern Griffelbeins eine schlage, aber glatte Fläche darstellt, bald von jenem Punkte fast senkrecht heruntersteigt und dann einen mehr oder -weniger dicken Absatz nach dem Schienbein zu bildet, bald auch massig abgerundet und voll erscheint, oder auch entgegengesetzt ausgeschnitten und hohl ist; und 6) weil die Exoslo-sen selbst in den einzelnen Fällen weder eine gleiche Grosse, noch eine übereinstimmende Form, noch einen bestimmten Sitz haben; und c) weil zuweilen noch andere krankhafte Zustände, z. B. sogenannte Gallen, Narben und Verdickungen der Haut u. dgl. zugegen sind, durch welche das Ansehen des Gelenks verändert wird. Kleine Exostoseu, namentlich solche, die ein wenig weit nach vorn an quot;der Beugesehue des Gelenks ihren Sitz haben, sind am allerschwcrsten zu erkennen. Um die Untersuchung hier recht genau zu machen, lässt man das Thier auf ebenem Boden, mit dem Kopf gegen das Licht gekehrt, so stellen, dass die innere Fläche beider Sprunggelenke gleichmässig beleuchtet ist; den Sclnveif bindet man entweder in die Höhe oder man lässt ihn von einein Gehilfen nach der Seite in die Höhe halten und dann streicht man an beiden Sprunggelenken die Haare glciclnnässig an die Haut. Hierauf stellt man sich etwa zwei Schritte weit gerade hinter das Pferd und betrachtet und vergleicht beide Sprunggelenke an der Mitte der innern Fläche, dann wechselt mau den Standpunkt, indem man sich in derselben Entfernung zuerst hinter den rechten und dann hinter den linken Hinterfuss stellt und beide Sprunggelenke in schräger Richlung an dem hintern und vordem Ende der innern Fläche betrachtet. Hiernach unternimmt man diese Betrachtung auch von vorn, indem man sich etwa 2 Schritte von dem Kopfe entfernt in die Mittellinie des Thieres und dann abwechselnd vor den rechten und linken Vorderfuss stellt und beide Sprunggelenke von diesen verschiedenen Standpunkten aus genau betrachtet und vergleicht. Die Vcrgleichung lässt. jede an dem einen Sprunggelenk etwa vorhandene sichtbare Erhöhung, welche an demselben Orte des andern Sprunggelenks nicht vorhanden ist, wahrnehmen. Um aber bestimmt zu erkennen, dass eine solche Erhöhung eine Spatexostosc, aber nicht eine Galle, eine verdickte Narbe oder
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die stark ausgedehnte Vene sei, muss man die Erhöhung noch befühlen, wobei die Exostose durch ihre Härte und durch ihren Zusammenhang mit dein Knochen sich charakterisirt. Etwa vorhandene Gallen fühlen sich elastisch weich an, sind sogar in manchen Füllen theilweis zu verdrängen, — und die über das Sprunggelenk verlaufende Vene ist deutlich als solche durch ihren Verlauf, so wie auch dadurch zu erkennen, dass man sie durch einen starken Druck auf sie über dem Sprunggelenk zum stärkern Anschwellen, durch einen Druck unter dem Sprunggelenk aber zum Verkleinern, ja selbst zum Verschwinden bringen kann.
Bei dem sogenannten unsichtbaren Spat findet man, wie oben schon bemerkt, keine Exostosen, sondern nur die Spatlahmheit, und zwar entweder für immer oder nur für einige Zeit. Denn in manchen Fällen entwickeln sich die Exostosen erst dann, nachdem die Pferde schon lange Zeit an der Lahmheit gelitten haben. In solchen Fällen hat das Uebel an den Gelenkflächen oderaquo; selbst im Gewebe der Knochen seinen Anfang genommen.
Wo Kuochenauswüchse entstehen, erreichen dieselben gewöhnlich in sehr kurzer Zeit diejenige Grosse und Anwendung, welche sie durch die eben vorhandene Entzündung erhalten können, und sie bleiben dann, wenn nicht neue Entzündungen eintreten, für immer in gleicher BeschafTenheit, oder sie vermindern sich sogar nach längerer Zeit, jedoch nur in einem geringen Maasse; wenn aber neue Entzündungen von Zeit zu Zeit entstehen, wie dies in Folge. grosser Anstrengungen oft der Fall ist, so vergrössern und vermehren sich die Auswüchse nicht selten, so dass zuletzt ein grosser Theil der Spiung-gelenksknochen von ihnen bedeckt #9632;wird, oder dass die kranken Knochen mit einander verwachsen. Zu welcher Zeit und in welcher Ausdehnung dies geschieht? ist äusscrlich an keinen bestimmten Merkmalen zu erkennen. Gewöhnlich nimmt man an, dass die Verwachsung eingetreten sei, wenn die oben bezeichnete Lahmheit nach-lässt oder gänzlich verschwindet, und Haveman, und nach ihm Dieterichs u. A. glauben, auf diese Ansicht gestützt, dass durch künstliche Herbeiführung der Verwachsung die alleinige Hilfe bei diesem Uebel gebracht werden könne; allein dies ist nicht genügend erwiesen, da auch durch das Aufheben der schleichenden Entzündung und durch die Beseitigung oder Verminderung der scharfen Spitzen an den Auswüchsen der Schmerz beseitigt und dadurch die Lahmheit gehoben werden kann, ohne dass gerade eine Verwachsung der einzelnen Knochen dabei nothwendig erfolgen muss. Es ist überhaupt noch nicht ermittelt, in wie weit die Auflösung der dünnen Knorpel-schichten auf den Gelenkflächen und das Rauhwerden der letztem zur Erzeugung der Lahmheit beiträgt, da ich bei vielen Sectionen in den Sprunggelenken solcher Pferde, welche niemals spatlahm gingen, die Gelenkknorpel, besonders am Rollbein und Unterschenkelbeiu, theilweise aufgelöst oder abgerieben und dadurch die Gelenkfläche rauh geworden, gefunden habe. ')
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') Ich berufe mich hierbei auf das sachkundige Zeugniss meines Colle-gen, des Herrn Geheimrath Dr. Gurlt.
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Wenn die Spatlahmheit durch einige Zeit gedauert hat, tritt an der Kruppe der leidenden Seite ein Schwindeu ein, ohne Rücksicht darauf, ob Spatauswüchse vorhanden sind oder nicht. Ueberhaupt sind die Erscheinungen auch hinsichtlich der Lahmheit bei Weitem nicht immer im Verhältniss zu der Grosse der vorhandenen Auswüchse, so dass oft bei kleinen Auswüchsen die Lahmheit sehr gross, und umgekehrt in manchen Fällen bei grosseu Exostoseu die Lahmheit nur gering ist. Mehr scheint der Sitz der Auswüchse hierauf von Einfluss zu sein; denn man sieht gewöhnlich bei denjenigen Exostosen, welche weit nach vorn gegen die ßeugeseite des Sprunggelenks zu sitzen, die Lahmheit weit heiliger als in den Fällen, wo sie sich an der Innern Fläche weit nach hinten zu befinden.
Die Ursachen des Spates sind sehr oft heftige Anstrengungen bei dem Ziehen schwerer Lasten, bei dem Springen, dem Galoppiren und ähnlichen Gangarten, bei welchen die Ilinterfiisse die Last des Pferdes und zugleich noch oft die des Reiters allein zu Iragen haben, ferner heftige Prellungen bei dem plötzlichen Pariren, so wie starke Dehnungen der Sprunggelenksbändcr bei plötzlichen und heftigen Wendungen, bei dem Uebersteigen mit eiuem Hinterfuss über die Deichsel oder über den Latierbaum u. dgl., dann Hufschlage und ähnliche Verletzungen des Sprunggelenks; eben so heftige Rheumatismen, und ausserdem auch eine eigenthümliche Anlage zu Krankheiten der Knochen, bedingt durch eine eigenthümliche Ernährung und Säftebildung und oft auch durch zu lockeres Knochengewebe eines Thieres, welche auch von den Eltern ererbt sein kann. In diesem Sinne kann man allerdings den Spat als eine erbliche Krankheit bezeichnen, wie dies häufig geschehen ist, keinesweges aber ist die Erblichkeit in einem sogenannten schwachen Sprunggelenk begründet; denn man findet sehr häufig Pferde mit einem dünnen, schwachen, selbst ausgeschnittenen Sprunggelenk bei schwerer Arbeit bis in das hohe Alter mit spatfreien Füssen, während entgegengesetzt eben so häufig Pferde mit starkem Knochenbau selbst bei massiger Arbeit und bei guter Behandlung den Spat sehr leicht auf einem, ja selbst auf beiden Füssen erhalten. J)
Die Beurtheilung des Spates kann 1) hinsichtlich der augenblicklichen oder der in Zukunft zu befürchtenden Störung der Dienstbrauchbarkeit und 2) hinsichtlich der Heilbarkeit des Uebels sowohl in Betreff der Lahmheit, wie auch in Betreff der Knochenauswüchse nöthig werden. Hinsichtlich der Störung der Dienstbrauchbarkeit eines Pferdes durch den Spat ist ein bestimmtes Urtheil in den meisten Fällen gar nicht oder nur dann zu geben, wenn man das Thier, seitdem es mit dem Spat behaftet ist, bei und nach verschiedenartigen Leistungen beobachten konnte; denn die Erfahrung zeigt, a) dass
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') Solche Pferde, welche den Spat bei kaum bemerkbarer äusserlicher Veranlassung bekommen, sollten von der Zucht ausgeschlossen bleiben, während diejenigen, bei welchen das Uebel in Folge bestimmter örtlicher Verletzungen am Sprunggelenk entstanden ist, unbedenklich dazu verwendet werden können.
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das Uebel bei manchen Pferden, bei denen es nur in einem gelinden Grade zu bemerken ist, so lange sie leichte Arbeit verrichten, sehr bedeutend zunimmt, wenn sie einmal über diesen massigen Grad hinaus angestrengt werden; 6) dass es dagegen andere Pferde giebt, welche selbst schweren Dienst durch längere Zeit. fortgesetzt verrichten können, ohne dass die Lahmheit grosser wird; und c) dass entgegengesetzt manche Pferde, besonders in der ersten Zeit des Bestehens des Uebels so stark lahmen, dass sie kaum zu irgend einem leichten Dienst verwendet werden können. An den örtlichen Erscheinungen des Spates ist, wie bereits oben angedeutet, kein Merkmal, #9632;welches diese verschiedenen Abstufungen der Lahmheit oder die Dauer derselben andeutet, und es bleibt deswegen nur die Beobachtung über den durch einige Zeit fortdauernden oder von Zeit zu Zeit wandelbaren Grad des Uebels übrig. .— Bei jungen Pferden ist gewöhnlich die Spatlahmheit heftiger und mehr andauernd, als bei alten. •— Hinsichtlich der Heilbarkeit des Uebels ist die Prognosis ebenfalls nicht mit Sicherheit zu machen. Eine gründliche Heilung ist nicht möglich, da die Knochenauswüchse und die Verwachsungen der Sprunggelenksknocheu auf keine Weise gänzlich wieder zu beseitigen; aber doch zeigt die Erfahrung, dass in einer Menge von Fällen viele Pferde den spatlahmen Gang durch eine zweckmässige Behandlung wieder verlieren, viele andere bedeutende Besserung hiernach zeigen und nur etwa die kleinere Hälfte von ileii mit dem Uebel behafteten Pferden ganz ohne Besserung bleibt. Bei manchen ist die Besserung dauernd, so dass die Thiere selbst Strapazen ertragen können, ohne dass Rückfälle entstehen, bei andern aber treten diese nach starken Anstrengungen und Fehltritten ein. Die Besserung des Ganges findet sogar oft von selbst statt, wenn die Thiere Ruhe geniessen und wenn sie alt geworden sind. Auch in dieser Hinsicht ist der Sitz der Exostosen zu berücksichtigen, wie vorhin angedeutet worden.
Behandlung. Obgleich man nicht im Stande ist, die schon ausgebildeten Spatexostosen vollständig zu beseitigen oder die rauhen Gelenkflächen mit Sicherheit zur festen Verwachsung zu bringen, so lässt sich doch in beiderlei Hinsicht bis zu einem gewissen Grade Hilfe schaffen und ausserdem kann man die Entzündung hier, wie in andern Fällen, mindern oder beseitigen. In der ersten Zeit, und so lange noch vermehrte Wärme an dem Sprunggelenk wahrzunehmen ist, ist die Einreibung der grauen Quecksilbersalbe mit Kali carboni-cum oder mit Jodkali täglich 2 Mal gemacht, bei ganz ruhigem Stehen der Pferde in mehreren Fällen binnen 3—4 Wochen zur Beseitigung der Entzündung und Lahmheit hinreichend gewesen. Ist aber die erste Zeit unbenutzt vorübergegangen, oder hat das eben genannte Mittel nicht gefruchtet, so ist die Einreibung der Kantharidcn-salbe in Zwischenzeit von etwa 6 oder 8 Tagen einige Male wiederholt zu benutzen. Man hat diese Salbe mit Sublimat, mit Brechweinstein, mit Auripigment und mit Euphorbiumharz verstärkt, allein durch diese Zusätze werden die* Haarzwiebeln an den betreffenden Stellen zerstört und es bleiben dann oft haarlose Flecke übrig, ohne dass gerade die Heilwirkung bedeutend vermehrt ist. Auch das Kan-
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232nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Spat. Behandlung.
tharidenpflaster oder schwarze scharfe Pflaster ist in den leichteren Fällen mit gutem Erfolge angewendet worden, bei heftiger Lahmheit leistet es aber au wenig. Seine Application muss, nachdem die einmal aufgetragene Schicht von der Haut abgel'alleu ist, noch mehrmals wiederholt werden. Zweckmässiger und daher auch mehr im allgemeinen Vertrauen stehend ist das (i'liiheisen. iMau wendet dasselbe in den leichteren Fällen in Punkten, welche möglichst nahe an einander über die ganze inwendige Fläche auf die Haut ties Sprunggelenks applizirt werden, an, oder iu Strichen, welche bald senkrecht, bald schräg oder selbst quer u. s. w. angebracht werden. Ich betrachte nach einer sehr zahlreichen Erfahrung die senkrechten oder Längenstriche als die zweckmässigsteu, weil sie am besten mit Haaren überwachsen und somit am wenigsten sichtbare Narben hinterlassen und doch dem Zwecke eben so gut wie iu anderer Richtung entsprechen. Die Querstriche platzen bei Bewegungen der Füsse leicht vollständig durch, veranlassen dann tiefgehende Eiterung und hässliche Narben, auch bedecken sie sich weniger vollständig mit Haaren. Uebrigens ist es unwesentlich, in welcher Richtung oder Form die Striche gebrannt werden, aber weseutlich und wichtig ist es, a) dass man die Striche in der entsprechenden Entfernung, d. h. |- —1^ Zoll einen vom andern anbringt; b) dass die ganze kranke Fläche, so weit eine Spur von Auftreibung der Knochen oder von Auswüchsen wahrzunehmen ist, mit den Strichen überdeckt werde, und dass deshalb die letzteren nicht nur in einer hinreichen Anzahl, sondern auch in der gehörigen Länge gebrannt werden; c) dass in den Fällen, wo man irgend eine Figur mit kouvergirenden Strichen erzeugen will, die Striche nirgends in einander übergehen dürfen, dürfen, sondern wenigstens 2'—3 Linien weit von einander entfernt bleiben müssen, weil sonst bei eintretender Eiterung zuweilen ganze Hautlappen aus dem Zusammenhange mit den übrigen Theilen getrennt werden und absterben; rf) dass mau die über die innere Fläche des Sprunggelenks verlaufende Hautvene mit dem Glüheisen verschont, weil sonst eine Venenentzündung entstehen kann, und e) dass das Brennen nur mit dem rothglühenden Brenneisen, mit leiser Berührung der Haut und in einzelnen Intervallen auf jeder Stelle so oft wiederholt geschieht, bis daselbst eine seröse Ausschwitzung stattfindet. Ein Verbrennen der Haut bis zur Verkohlung und ein völliges Durchbrennen derselben darf niemals geschehen. l)
Zweckmässiger als die im Vorstehenden genannten Mittel ist für die meisten Fälle ein Eiterband an der inneru Seite des Sprunggelenks, und wo möglich gerade über die hier vorhandenen Exostosen
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') Einige französische Thieiärzte haben, um sichtbare Narben nach der Application des Glüheisens zu vermeiden, empfohlen: dass man eine von allem Fett befreite Speckschwarte mit der Narbenseite auf das Sprunggelenk legen oder binden und das Brenneisen-in beliebiger Gestalt auf die Schwarte appliziren soll, wie man es ohne sie auf die Haut anwendet. Die Erfahrung hat gezeigt, dass auf solche Weise eine genügende Wirkung des Brenneisens nicht herbeigeführt wird.
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Spat. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;233
gezogen. Das Thier mnss zur Application dieses Ilaarscils so niedergelegt werden, dass der kranke Fuss der untere wird; der oben liegende gesunde Fuss wird auf den Vorderfuss aurgebunden. Darauf macht man mit Berücksichtigung der Sprunggelenksvcne am Anfange des Schienbeins unter dem kranken Sprunggelenk einen Einschnitt durch die Haut gegen einen Zoll lang und einen zweiten solchen Schnitt neben dem innern Knorrn des Unterschenkelbeins über dem Sprunggelenk und führt dann durch die Oeflrmngen mit einer gewöhnlichen Uaarseilnadel ein entsprechend breites, mit Terpeuthinöl getränktes Band, dessen Enden man entweder mit Knebeln versieht oder auch mit einander zu einer Schleife vereinigt. Das Band bleibt durch 10—14 Tage liegen, wird täglich gereinigt und ein wenig hin-und hergezogen. Im Uebrigen müssen die Thicre hier und nach dem Brennen wenigstens durch 14 Tage Ruhe erhalten. Die Heilung erfolgt nach der Entfernung des Bandes in kurzer Zeit und rnit Zurücklassung von 2 kleinen unbedeutenden Narben, so dass geringere Spu-. ren als nach dem Glüheisen zurückbleiben. Die Heilwirkung hat sich in sehr vielen Fällen als ganz vorzüglich bewährt und scheint ausnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;•
dem Grunde günstiger zu sein, als bei den übrigen JMitteln, weil das Eiterband den kranken Gebilden näher liegt.
In der neuern Zeit hat man auch versucht, mittelst Durchschneidung der zum Sprunggelenk gehenden Nerven die schmerzhafte Empfindlichkeit dieses Theiles aufzuheben und hat zu diesem Zwecke den innern und aussein Sohlennerv an der innern Seite des Unterschenkels, etwa eine Hand breit über der Spitze des Sprungbeins, an der äussern Seite daselbst aber den langen Hautnerv durchschnitten, — jedoch bis jetzt mit nur wenig gutem Erfolge. — Abildgaard hat die innere Sehne des Schieubeinbeugers unniittelbar am Sprunggelenk durchschnitten, um die zuckende Bewegung zu beseitigen, und Sewell hat die an der innern Seite des Sprunggelenks auf den Exo-stosen liegenden Bänder und die Beinhaut durchschnitten, aber ebenfalls ohne die Heilung besser, als durch die oben genannten Mittel, zu erreichen.
V. Das Rehbein.
Unter dem Namen Rehbein versteht, man denselben krankhaften Zustand an der auswendigen Seite des Sprunggelenks, wie derselbe bei dem Spat an der inwendigen Seite dieses (ieleuks besteht. Die Knochenauswüchse haben bei dem Rehbein ihren Sitz hauptsächlich an dem Würfelbein, am Kopfe des äussern Grilfelbeins, des Schienbeins, oder auch an den beiden schiffformigen Beinen; sie sind auch hier zuweilen mit kranken Gelenkflächen verbunden, häufig aber ohne dieselben und entstehen durch Entzündungen ganz nach denselben Ursachen, welche auch den Spat erzeugen. Im Ganzen ist jedoch das Rehbein eine seltenere Krankheit als der Spat. Zuweilen ist es mit dem letztern, oder auch mit Hasenhacke complicirt.
Man erkennt das Rehbein an einer flach gewölbten Erhöhung, welche an irgend einem Punkte der auswendigen Seite des Sprunggelenks in abnormer Weise hervortritt und dabei knochenhart und
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Rehbein.
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unbeweglich ist. Dass die Erhöhung eine abnorme ist, kann man nur durch Vergleichung mit der auswendigen Seite des andern Sprunggelenks bestimmen; denn hier wie an der inwendigen Seite finden sich bei verschiedenen Pferden auch verschiedene Formen des Gelenkes, und man kann daher nur, wie bei dem Spat, aus der Ungleichheit beider Sprunggelenke an ihrer äusseru Seite auf einen krankhaften Zustand desjenigen Gelenks schliessen, welches mit einer Erhöhung versehen ist. Zur Untersuchung hierbei stellt man sich zuerst etwa 2 Schritt gerade hinter das eine Sprunggelenk und dann eben so hinter das andere und betrachtet dann noch beide Gelenke von voruher. Gewöhnlich ist mit dem Rehbein ein ähnliches zuk-kendes Lahmgehen verbunden, wie mit dem Spat, jedoch äussert sich dasselbe in einem weit geringem Grade, als bei dem letztern, es hat aber dieselbe Eigenthümlichkeit, wie bei dem Spat, dass es nur bei den ersten Schritten auflallend hervortritt und beim VVeitergeheu sich fast gänzlich verliert, wie auch dass es stärker erscheint, wenn man den kranken Fuss aufheben, durch einige Minuten balten und dann das Thier im Trabe von der Stelle weggehen lässt.
Das Rehbein stört den Dienstgebrauch eines Pferdes im Ganzen weit weniger als der Spat, so dass men in den meisten Fällen die damit behafteten Thiere fortwährend gebrauchen kann; doch giebt es auch einzelne Ausnahmen, in welchen die Störung durch diesen Fehler eben so wie bei jenem ist.
Die Eehandlung ist eben so wie bei dem Spat, indem man an der äussern Seite des Sprunggelenks in der ersten Periode des Hebels die graue Salbe, später die Kantharideusalbe, oder das Glüheisen, oder auch das Haarseil benutzt.
VI, Die Hasenhacke, Courbe.
Die Hasenhacke ist, der äussern Erscheinung nach, eine Anschwellung an der hintern Seite des Sprunggelenks und unmittelbar unter demselben, so dass man bei der Betrachtung der damit behafteten Hinterfüsse nicht wie im normalen Zustande derselben eine gerade Linie von der Spitze des Fersenbeins zu den Beugesehnen an der hinlern Seite des Schienbeins die hintere Fläche dieser Parthie be-gränzen sieht, sondern statt derselben eine konvexe Linie, daher der französische Name Courbe. Dem eigentlich pathologischen Zustande nach ist die Hasenhacke entweder 1) eine Ausdehnung und Auflockerung des auf der hintern Fläche des Sprunggelenks liegenden Theils der Sehne des Hufbeinbeugers oder auch des grosseu Sprungbandes, welches am Kopfe des Sprungbeins beginnt und bis zum Kopfe des äussern Griflelbeins herabsteigt und alle Theile zwischen diesen beiden Knochen verbindet und ausfüllt, — und gewöhnlich auch zugleich ein solcher Zustand in den übrigen Bändern an der hintern Seite des Sprunggelenks; oder 2) der Zustand ist eine Wucherung von Knochenmasse auf der hintern Seite des Sprungbeins, des pyramidenförmigen und würfelförmigen Beins, herbeigeführt durch Entzündung der Beinhaut dieser Knochen.
Die erstere Art von Hasenhacke kommt nicht selten vor und
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Hasenhacke.
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entsteht bei Reitpferden, besonders bei Jagdpferden durch heftige Anstrengungen beim Springen über Gräben, beim Galloppireu und Courbetiren, beim iNiederstürzen mit unter den Leib gebogenen Fiis-sen, unter andern Umständen beim Ziehen schwerer Lasten u. s. w. Die so betrofTenen Pferde gehen gewöhnlich gleich nach stattgefundener Verletzung lahm, und zwar so, dass sie vermeiden, im Fesselgelenk stark durchzutreten, und dass sie beim Aufheben des Fusses das Sprunggelenk mehr steif halten und jede starke Dehnung an der hintern Seite desselben vermeiden. Zuweilen lahmen sie auch zuk-kend mit der Hüfte, ähnlich wie bei dem Spat. Beugt man das Schienbein stark unter den Leib, so widersetzen sich die Thierc. Einige Stunden nach geschehener Verletzung entwickelt sich auch Entzündung, das Gelenk schwillt mehr und mehr an, wird heiss und beim Druck in der Gegend des Kopfs der Griffelbeine zeigt das Thier in der Tiefe einen gelinden Schmerz. Zuweilen setzt sich die Geschwulst auch weiter fort bis auf die Beogesehne des Hufbeins und Kronenbeins. Erhält ein solches Thier die erforderliche Ruhe, so verlieren sich die geringen Enlzündungssymptome nach 8—14 Tagen, und die Lahmheit zeigt sich beim Schrittgehen nicht mehr, aber beim Trabgehen findet sie sich bei den ersten Schritten in den meisten Fällen noch wieder ein. Die Geschwulst mindert sich im Laufe der Zeit ebenfalls, aber sie verschwindet nie gänzlich.
Die mit einer Knochenwucherung verbundene Ilasenhacke kommt weit seltener vor als die erste und über ihr Entstehen ist etwas Bestimmtes nicht bekannt. Die Geschwulst tritt hier zuerst ebenfalls an der oben bezeichneten Stelle ein, wird aber allmälig grosser und härter und man kann in der spätem Zeit die Knochenwucherungen neben dem Sprungfortsatz bald mehr bald weniger deutlich sehen und noch mehr fühlen; dabei besteht vom Anfange her eine deutlich erkennbare Entzündung mit starkem Lahmgehen, welches letztere dem bei dem Spat völlig ähnlich ist.
Die Prognosis ist bei der erstem Art von Hasenhacke günstig, wenn bei Zeiten eine zweckmässige Behandlung eingeleitet und dem Pferde während derselben eine andauernde Ruhe gegeben wird; bei der zweiten Art der Hasenhacke ist dagegen die Vorhersagung ungünstig, selbst weit ungünstiger als bei dem Spat in schweren Fällen.
Die Behandlung muss in der ersten Zeit eine antiphlogistische sein. Man stallt die Thiere auf gute Streu, giebt ihnen weiches und weniges Futter, jeden 4ten, 5ten Tag eine Aloepille, und macht äus-serlich fleissig kalte Umschläge, Waschungen oder Fussbäder von kaltem Wasser oder Bleiwasser. Ist die Entzündung hierdurch gemindert, so sucht man durch Einreibungen der grauen Salbe mit Kampherliniment, oder der grünen Seife mit Kampherliniment mit Terpenthinöl oder Steinöl versetzt, später durch wiederholte Einreibungen der Kantharidensalbe, oder durch Waschungen mit einer Auflösung des Quecksilberätzsublimats (3j in Weingeist g^) die Resorption möglichst anzuregen. Das letztere Mittel soll vorsichtig so angewendet werden, dass man die Auflösung bloss mit einem Kork in geringer Menge auf die kranke Stelle bringen, eine Minute lang einreiben und dies den dritten Tag einmal wiederholen lässt. Es ent-
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Hasenhacke.
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steht hiernach eine intensive Eutzündung der Haut, nach welcher die Haare ausfallen, aber später wieder wachsen, #9632;— Ausserdem ist auch hier das Brennen von Punkten oder Strichen auf veralteten Hasenhacken mit gutem Erfolge angewendet worden. Die Punkte werden, ähnlich wie bei dem Spat, einer vom andern J- Zoll entfernt auf der ganzen Fläche zerstreut gebrannt, die Striche aber einer bis zwei an jeder Seite neben der Beugesehne und, so lang wie die Geschwulst ist, angebracht.
(Instruct, veterinaires Bd. V. p. 289, mit Abbild. — Renner, Abhandlungen für Pferdeliebhaber und Thierärzte etc. Jena 1841. S. 325. Mit Abbild. gt;)
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'#9632;) Ich besitze ein Sprunggelenk, welches die Knochenhasenhackc in ganz gleicher Beschaffenheit wie das abgebildete zeigt.
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Zweite Classe.
Quetschungen, Contusiones s. Conquassationes.
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Erster Abschnitt.
Von den Quetschungen im Allgemeinen.
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Als Quetschungen bezeichnet mau diejenigen mechanischen Verletzungen, welche durch die Einwirkung eines stumpfen Körpers mit bald mehr bald weniger starker Gewalt auf den Thierkörper entstehen. Diese Verletzungen sind, je nach dein Grade der Gewalt und andererseits nach dem Grade des Widerstandes, welchen der Thierkörper dabei leistet, sehr verschieden, indem a) bei einem gelinden Grade der einwirkenden Kraft und des Widerstandes die be-troffenen Gebilde nur oberflächlich gedrückt, die Haut u. s. w. massig ausgedehnt und die Blutgefässe in ihrem Zusammenhange geschwächt werden. In Folge dieser Reizung entsteht Entzündung, welche je nach der Disposition des Körpers einen oder den anderen der bekannten Charaktere annehmen kann und sich im Wesentlichen von anderen Entzündungen nicht unterscheidet. — b) Bei einer mehr heftigen Gewalt oder bei starkem Wiederstande des Thierkörpers werden die betroffenen Gebilde sehr stark ausgedehnt und durch die Ausdehnung geschwächt, ihr Zusammenhang wird theilweise aufgehoben, und in Folgquot; 'Vssen sickert durch die Gefässwände Blut oder Blutserum, und aus den Lymphgefassen Lymphe in die umgebenden Theile aus. Auf solche Weise entstehen im Zellgewebe unter der Haut und in der letzteren selbst kleine Ergiessungen von Blut, Serum u. s. w. in den Zwischenräumen dieser Gebilde. Diese Blut-ergiessungen geben sich äusserlich durch röthliche oder bläuliche Flecken zu erkennen und werden mit dem Namen Ecchymosen oder Sugillatione n bezeichnet. •— c) Bei einem noch stärkeren Grade der gewaltsamen Einwirkung werden die betroffenen Gebilde
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Quetschungen im Allgemeinen.
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wirklich zermalmt und zerrissen, iu Folge dessen sie zum Theil oder vollständig gelähmt erscheinen und aus deu mitbetrolFeuen Blutgelassen Ergiessuugen von Blut in grösseren Massen stattfinden. Man nennt solche massenhafte Blutergiessuugen Extravasate. In manchen Fallen sind bei diesen höheren Graden der quetschenden Einwirkungen auch Erschütterungen innerer Orgaue und dadurch bewirkte Läh-mungeu oder auch selbst Zerreissuugeu und an den Knochen Brüche derselben vorhanden.
Nach diesen Verschiedenheiten im Grade der Verletzungen bei den Quetschungen sind auch die Erscheinungen in den einzelnen Fällen sehr verschieden. Bei den Quetschungen des ersteren Grades findet man im frischen Zustande derselben nur die Erscheinungen einer oberflächlichen Reizung und später die Zufalle der Entzündung mit verschiedenem Charkter je nach der Disposition des Thierkör-pers. Bei deu Quetschungen des zweiten Grades bemerkt man im Irischen Zustande derselben eine nach der veranlassenden Gewaltthä-tigkeit plötzlich eingetretene Anschwellung, jedoch ohne die eigentlichen Entzündungssymptome; die letzteren bilden sich erst allmälig aus und tragen deutlich den Charakter der asthenischeu Entzündung. Sehr häufig finden sich auch in der Haut die Sugillationen, welche an weisser Haut und an weissem Horn nacb und nach eine Veränderung der Farbe iu der Art zeigen, dass sie aus dem Rotheu ins Bläuliehe und später in das Gelbliche übergehen uud sich zuletzt wieder verlieren. Bei dem dritten oder höchsten Grade der Quetschungen erscheinen die betreirendcn Gebilde an der Überfläche noch im gehörigen Zusammenhange, in der Tiefe aber, besonders in der Nähe von Knochen, mehr oder weniger erweicht, zerrissen und ohne die gehörige Beweglichkeit; zuweilen fehlt auch der normale Grad der Empfindlichkeit, in anderen Fällen besteht eine elastische Geschwulst von dem ergossenen Blut und die Function der Theile ist im hohen Grade gestört oder gänzlich aufgehoben. Hatte der Druck durch längere Zeit auf eine Stelle eingewirkt, so stirbt an derselben die Haut trocken ab uud bildet einen sogenannten Brandfleck, der sich dadurch charakterisirt, dass die Haare auf ihm ganz trocken und mehr oder weniger an die Haut augedrückt erscheinen und die Haut selbst lederartig hart und ohne Empfindlichkeit ist. Im weiteren Verlauf entsteht unter dem Brandfleck Eiterung oder Verjauchung, und zuweilen ist schon vom Anfange an kalter Brand unter ihm entstanden. Der letztere tritt überhaupt bei heftigen Quetschungen, wenn dieselben durch einige Zeit andauern, leicht ein, und verschont selbst die Knochen, Knorpel und Bänder uicht, so dass in Folge dieser pathologischen Veränderung der Gebilde nach Quetschungen sehr oft bedeutender Substanzverlust und langwierige Geschwüre mit Beinfrass und langwieriger Exfoliation entstehen. In denjenigen Fällen von Quetschungen eines höheren Grades, wo die Verletzung mit grosser Kraft und Schnelligkeit in der Bewegung des verletzenden Körpers entstanden ist, findet man durch die hierbei erzeugte Erschütterung Lähmungen des Gehirns, des Rückenmarks und anderer Organe, wobei mangelhafte Empfindlichkeit und mehr oder weniger aufgehörte Beweglichkeit die Haupterscheiuungen sind. Bei Quetschungen des
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Quetschungen im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 239
höheren Grades findet sich häufig eine entzündliche Reizung des Ge-fass-Systems ein.
Zuweilen wird bei Quetschungen auch die Haut getrennt, so dass offene Wunden entstehen; man bezeichnet dann die Verletzungen als Quetschwunden oder gequetschte Wunden. In an-dereu Fällen entstehen Zcrreissungen von Muskeln, Seimen, lilutge-tassen und anderen Theilen unter der Haut; diese Verletzungen gelten als Zcrreissungen oder Rupturen; und in noch anderen Fällen entstehen Kuochenbrüche, die dann als die Hauptverletzungen betrachtet werden, und wovon bei den Knochenbriichen das Nöthige gesagt wird.
Die Ursachen der Quetschungen können alle Einwirkungen sein, welche vermittelst einer gewissen Kraft und durch stumpfe Körper den Thierkörper treffen, wie z, B. Schläge und Stösse mit Knitteln, mit den Hufen, Stösse mit den Hörnern, mit der Deichsel, das Gegenlaufen gegen Mauern, Räume u. dgl., das Niederstürzen auf harten Boden, das anhaltende Liegen auf demselben, die Einwirkung von nicht passenden Satteln und Geschirren, der Druck von ungleich geschmiedeten und nicht passenden Hufeisen u. dgl.
Die Ausgänge der Quetschungen sind in den einzelnen Fällen, je nach ihrem Grade und der Disposition der Thiere, sehr verschieden. Die gelindereu Quetschungen enden in der* Regel mit Zerthei-lung der Eutzünduugszufälle und ohne Hinterlassung irgend eines Nachtheils. Bei den Quetschungen des zweiten Grades erfolgt zwar auch häufig Zerthcilung, eben so häufig entsteht aber auch Eiterung, welche bei der Schwächung und der Ausdehnung der Theile nicht selten einen zerstörenden Charakter an sich trägt, und zuweilen schwer zu begränzen ist. Bei den Quetschungen des dritten Grades besteht iu den meisten Fällen eine grössere Gefahr, weil Lähmung, verjauchende Eiterung und selbst Brand schwer zu beseitigen sind. Doch ist in den einzelnen Fällen noch einige Verschiedenheit, je nach dem Umfange der Quetschung, nach der Dauer ihres Bestehens und nach den bereits eingetretenen Zufällen zu bemerken; denn es können auch solche heftige Quetschungen, die nur in einem geringen Umfange oder nur auf die Haut beschränkt sind, in kurzer Zeit und vollständig heilen, selbst wenn ein Theil der Haut und des Zellgewebes durch brandige oder ulcerative Zerstörung verloren gegangen ist; erstreckt sich aber die Zerstörung bis auf die Knochen, Knorpel und Sehnen, müssen die Thiere anhaltend liegen, oder sind sie den quetschenden Einwirkungen überhaupt beständig von Neuem ausgesetzt, sind sie sehr jung oder entgegengesetzt sehr alt und dabei durch Nahrungsmangel, durch Strapatzen oder Krankheiten schon sehr geschwächt, so erfolgt zuweilen durch Säfteverlust, fortdauernde Reizung und Zehrfieber der Tod. — Erschütterungen und Lähmungen wichtiger Organe sind stets sehr gefährliche Zustände. Zcrreissungen von Blutgefassen können in sehr kurzer Zeit durch innere Verblutung den Tod herbeiführen.
Die Kur der Quetschungen muss den angedeuteten Verschiedenheiten entsprechend seip. In jedem Falle muss man die etwa noch fortwirkenden quetschenden und drückenden Ursachen entfernen.
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240nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Quetschungen im Allgemeinen.
Bei frisch entstandenen Quetschungen, besonders des ersten Grades, wendet man kühlende IWitlel, Wasser, Wasser mit Essig, Bleiwasser u. dgl. ganz wie bei Entzüuduiigen an.
Bei den Quetschungen des zweiten Grades ist in den ersten 24 bis 48 Stunden ebenfalls eine kühlende und entzündungswidrige Behandlung sowohl örtlich wie auch oft im Allgemeinen durch magere Diät, Laxinnittel und selbst Blutentziehungen nöthig; — wenn örtlich aber die Symptome der Entzündung sichtbar vermindert erscheinen, muss man die Resorption der eutstanileueu Ergicssuegcn uud den Tonus iu den geschwächten Gelassen und Fasern zu befördern suchen. Für diese Zwecke benutzt man an den verletzten Theilen ileissig wiederholte Waschungen mit dem sogenannten zusammengesetzten Oxykrat (S. 40), oder mit verdünntem Branntwein, oder mit einem aromatischen Inlusum, nameutlich von Arnicablumen, von Baldrian, Kalmuswurzel, Angelica u. dgl. Diese lulusioueu kann man bei bedeutenden Blutaustietungen mit Essig oder mit Alaun verstärken, bei Verdickungcu der Theilc durch ausgeschwitzten Faserstoff und Pot-asche oder in Ermangelung derselben mit Holzasche versetzen, und bei grosser Torpidität durch Zusatz von Spiritus rectificatus #9632;wirksamer machen. Ebenso ist liier die Arnica-Tinctur, bei grossem Torpor für sich allein, bei mehr Empfindlichkeit durch Zusatz von 6 bis 12 Theilen WasserT — Bei den Quetschungen des dritten Grades sind zuerst die eben genannten Mittel zu benutzen; ausserdem macht man bei bedeutenden BJ.utextravasaten zu der Zeit, wenn man ver-vermuthen kann, dass sich bereits ein Blutpiroplquot; in dem verletzten Gelass gebildet hat, und dass daher keine Blutung mehr stattfindet, d. i. gewöhnlich nach 2 — 3 Tagen, kleine Einschnitte durch die Wände der von dem Extravasat gebildeten Höhlen und entleert das ergossene Blut nach uud nach; wo dies jedoch wegen grossen Ge-fässen, welche auf der Blutbeulc liegen, oder aus anderen Ursachen nicht angeht, sucht man das Blut durch warme aromalische Breium-umschlägc, durch Einreibungen mit Kamplierliniment, Ammomiaklini-ment, oder Cantharidensalbe zur Kesoiption zu bringen. Dieselben Mittel benutzt man auch bei Lähmungen, gegen welche man auch innerlich gelind aromatische Mittel, und bei solchen Thieren, die sich erbrechen können, auch Brechmittel anwendet. — Wo Brandflecke entstanden sind, löst man dieselben entweder sogleich entweder mittelst des Messers und der Pinzette ab, oder man sucht sie durch reizende Salben, oder durch warme lireiuinschläge vermittelst der unter ihnen entstandenen Eiterung zur Abstossung zu bringen, und bei tiefer gehendem Brande macht man Scarificationen und verfährt übrigens so, wie dies beim Brande angegebeu ist.
Geschwüre und Fisteln, welche sich nach tiefer gehenden Quetschungen oft bilden, müssen theils nach ihrem Charakter, theils nach der Lokalität des Leidens in den einzelnen Fällen mit deu geeigneten Mitteln behandelt werden. (Siehe Absccsse, S.. 59 u. f. und Geschwüre, XV. Classe.)
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II
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Zweiter Abschnitt.
Von den Quetschungen im Besonderen.
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*nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Erstes Ctapitel.
Die Genickbeule, Maulwurfsgeschwulst und die Genickfistei (Talpa, Franz. Mal de taupe, Engl. Pol-£vil).
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Die Maulwurfsgeseliwulst oder Geuickbeule ist eine im Umfange des Genicks, zwischen und hinter den Ohren und am obersten Theile des Halses sitzende Geschwulst. Das Uebel kommt fast ausschliess-lich bei Pferden vor, soll aber auch nach Chamberts1) Angabe zuweilen bei dem Rindvieh beobachtet worden sein. Die Geschwulst befindet sich entweder in der Mittellinie auf dem Genick und erstreckt sich gleichmässig nach beiden Seiten, oder sie nimmt nur eine Seite des Genicks ein und sie sitzt entweder oberflächlich unter der Haut oder tiefer zwischen den Muskeln im Zellgewebe und unter den Muskeln und den Bändern, namentlich unter dem Nackenband. De-labere Blaine 2) hat zuerst nachgewiesen, dass der Sitz dieser tiefen Genickbeuleu in dem daselbst liegenden Schleimbeutel ist.
Diese Geschwülste sind in manchen Fällen sehr schnell entstanden und dann gewöhnlich fluctuirend und in der ersten Zeit wenig schmerzhaft; im weiteren Verlauf tritt aber Entzündung hinzu, das Zellgewebe verdickt sich und die ganze Geschwulst erhält ein derberes Ansehen, grössere Empfindlichkeit und vermehrte Wärme. In anderen Fällen bildet sich die Geschwulst sehr langsam aus, die Ent-zündungsznfalle finden sich dann erst nach sechs bis acht Tagen ein. In diesen Fällen zeigen die Thiere zuerst nur eine geringe Spannung
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') Von der Behandlung der Krankheit der Pferde, welche die Maulwurfsgeschwulst genannt wird. In den „Auserlesenen Beiträgen zur Thierarünei-kunstquot;, III. Stück. Leipzig 1788, S. 210.
') Grundlinien der Thierarzneikunde. A. d. Englischen von Domeier. 2. Th. Leipzig 1805, S. 463.
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Genickbeule.
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im Genick, bei welcher die Bewegung desselben erschwert wird. Die Pferde halten den Kopf niedrig, zuweilen schief nach einer Seite, lassen den Kopf ungern in die Höhe heben, zeigen aber bei dem Druck auf das angeschwollene Genick sehr wenig Empfindlichkeit.
Ist in dem einen oder anderen Falle die Entzündung wirklich ausgebildet, so ist die Bewegung im Genick und Halse, und zuweilen selbst das Kauen sehr erschwert und der Schmerz bei der Berührung bald mehr bald weniger heftig, so dass die Thiere selbst bei leiser Berührung gewaltsam ausweichen, nach rückwärts drängen und laut stöhnen. Einzelne Pferde scheinen dabei selbst im Seuso-rium ergritlen zu sein, indem sie mit halbgeschlossenen Augen, den mit Dummkoller behafteten Pferden ähnlich, fast unbeweglich stehen, die Ohren breit auseinander halten, das Futter versagen und in manchen Fällen selbst Fieber zeigen. Oeffnet man in der ersten Zeit eine schnell entstandene Geschwulst, so sickert aus dem Zellgewebe und aus den Muskeln Serum; später und bei den langsam entstand(S neu Geschwülsten ist dies gewöhnlich nicht der Fall, ab^j- das Gewebe der Muskeln ist durch geronnenen Faserstoff mehr weisslich und derb geworden. Noch später, jedoch in völlig unbestimmter Zeit, zuweilen erst nach drei bis vier Wochen, bildet sich bald oberflächlich, bald in der Tiefe Eiter, welcher nach einiger Zeit sich durch kleine üeffnungen der Haut entleert und dann den Zustand der sogenannten Genickfisteln darstellt. In den spät zum Durchbruch gelangten Genickfisteln und in veralteten Genickbeulen findet man nicht selten in dem kranken Nackenbande, so wie in der häutigen Scheidewand unter demselben und in dem Sehnenbeutel Verdickungen des Gewebes und Ablagerungen von Kuochenerde, in Form von Körnern und Blättchen, welche an der Oberfläche der genannten Theile ziendich lose anliegen; zuweilen ist auch die Oberfläche des ersten Halswirbels, besonders am vorderen Rande mit Knochenauswüchsen besetzt und der bandig - faserige Ueberzug daselbst ist mehr oder weniger verdickt. Zuweilen findet sich das Nackeuband stellenweise eingerissen und ungleich verdickt. Die Fisteln erstrecken sich in verschiedenen Richtungen bis auf das Nackenband, oder auch bis in den Sehnenbeutel darunter, oder auch bis auf den ersten und zweiten Halswirbel, oder nach oben nach dem Hinterhauptsbein zu.
Die Ursachen. Zunächst muss man bei Pferden eine in dem Bau des Genicks begründete Anlage zu diesem Uebel erkennen, wie dies besonders Blaine und Prinz1) nachgewiesen haben. Diese Anlage beruht in der Beschatfenheit des strickförmigen Theiles des Nackenbandes, in dessen Ansatz an den Sehnenhautbeutel auf dem Genick und in der grossen Spannung der hier liegenden Muskeln, ausserdem auch zuweilen in wiederholt bestandenen rheumatischen Alfeclionen und einer hierdurch bedingten rheumatischen Dyskrasie. Die veranlassenden Ursachen bestehen in Gewaltthätigkeiten und dadurch herbeigeführten Quetschungen und Zerrungen des Nackenbau-
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') Die Maulwurfsgeschwulst u. s. w. In der Zeitschrift für Thierheil-kunde. Bd. IV. S. 171.
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Genickbeule, Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;243
des mit den benachbarten Muskeln, z. B. die Anstrengung der Nak-kenparthie des Halses durch das Weiden, besonders bei solchen Pferden, die dasselbe nicht gewöhnt sind; reiner durch zu starke Biegungen des Genicks bei forcirter Dressur, durch Zerrungen mit der llallter, wenn Pferde sich dieselbe mit Gewalt abstreifen wollen, eben so wenn Pferde im Stehen schlafen und sich dabei mit der ganzen Last ihres Körpers in die Halfter legen, wo dann der Druck des Nackenriemens Quetschungen und Entzündungen des Nackenban-bandes erzeugt. Sehr oft sind auch direkte Quetschungen durch Schläge mit dem Peitschenstocke, durch Gegenstossen des Genicks gegen die Krippe u. s. w. die Veranlassung. Endlich hat man auch die Genickbeule noch metastatisch bei und nach der Druse, nach Rheumatismen, nach plötzlich unterdrückten Hautausschlägen u. s. w. entstehen sehen.
Die Beurtheilung der Geuickbeulen ist nur mit grosser Vorsicht zu machen, da dieses Uebel, nach allen Beobachtungen, mit zu den langwierigsten und hartnäckigsten gehört, besonders wenn es bereits über acht Tage gedauert hat; indess gelingt bei einer zweckmässigen Behandlung doch die Heilung zuweÜen in drei bis sechs Wochen. Ist Eiterung entstanden, so sind auch Fisteln gewöhnlich nicht zu vermeiden und die Heilung ist dann ebenfalls sehr schwierig; zuweilen entsteht sogar für die Thiere Lebensgefahr, indem der Eiter entweder die Halswirbel und deren Bänder zerstört, sich in den Wir-belkanal ergiesst und dann das Thier plötzlich unter Convulsionen lödtet, oder indem durch laugdauernde Eiterung ein Zehrfieber, oder ein dyskratischer Zustand entsteht, welchem das Thier endlich unterliegt. In einzelnen Fällen hat man auch Verwachsung der Halswirbel unter einander oder mit dem Hinterhauptsbein und dadurch bald mehr bald weniger Steifigkeit des Halses entstehen sehen. In Folge der bei den Fisteln nothwendigen Schnitte bleiben zuweilen bedeutende Narben am Genick und am Halse zurück.
Behandlung. Zuerst müssen die etwa noch vorhandenen Ursachen beseitigt werden, indem man die mit dem Uebel behafteten Pferde nicht mehr auf die Weide schickt, sondern im Stall futtert, sie im Stalle nicht an die Halfter, sondern an einen Halsriemen bindet und sie so stellt, dass sie das Genick nicht reiben oder scheuern können u. s. w. •— Die frisch entstandenen Genickbeulen behandelt man kühlend und zertheilend, indem man Waschungen mit Bleiwasser oder Oxykrat, oder mit einer Auflösung von Potasche, und bei geringer Empfindlichkeit mit einem Infusum von aromatischen JMitteln mit Zusatz von Potasche oder Salmiak fleissig befeuchtet, bis die Entzündungszufalle und die Geschwulst beseitigt sind. Gelingt dies nicht innerhalb acht Tagen, oder ist die erste Zeit unbenutzt verflossen, so applicirt man die Cantharidensalbe auf den ganzen Umfang der Geschwulst und wiederholt das Mittel, je nach dem Grade seiner Wirkung und nach dem Grade des Uebels, nach zwei bis sechs Tagen, so dass entweder Eiterung oder Zertheiluug entsteht.
War die Geschwulst schnell entstanden, ist sie erhaben, rundlich und elastisch, so kann man ohne Zeitverlust einen bis zwei Einschnitte in senkrechter Richtung in die Mitte der Geschwulst durch
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die Haut und bis in den durchfloclitenen Muskel machen, um die ergossenen Flüssigkeiten zu entleeren, -worauf die kühlenden IVlittel und weiterhin die Cantharidensalbe angewendet werden können.
Zeigt sich in dem einen oder in dem anderen Falle eine fluc-tuirende Stelle, so öll'uet man dieselbe, ohne dass man die völlige Ausbildung eines Abscesses abwartet, weil, wenn letzteres geschehen sollte, eine grössere Zertörung in der Tiefe des Genicks unvermeidlich sein würde. IMan kann den Einschnitt selbst dann schon unternehmen, wenn nach einem Fieberanfallc irgend ein Punkt der Geschwulst nur etwas stärker hervorgetreten ist. Die Einschnitte müssen in solchen Füllen an dem betreffenden Punkt sich bis auf das Nackeubaud erstrecken und stets gegen zwei Zoll lang gemacht werden, ohne Rücksicht und ohne Furcht vor den daselbst etwa liegenden Blutgefässen', die hier niemals sehr bedeutend sind '). Nach solchen Einschnitten kann man dann die scharfen Einreibungen einmal oder wiederholt, wie im Vorhergehenden angedeutet ist, anwenden.
Bilden sich bei dieser Behandlung dennoch tiefer eingehende Fisteln, oder waren sie schon vor der gesuchten Hülfe entstanden, so erweitert man dieselben vom Grunde aus, so dass der Eiter überall einen freien Abfluss erhält. Es ist dabei durchaus nöthig, die Schnitte vollständig zu machen, und selbst wenn dieselben im Laufe des Nackenbandes sich auf mehrere Zoll #9632;weit erstrecken sollten. Findet sich in den Fistelkanälen blos entartetes Zellgewebe, ohne dass das Nackenband, der Sehnenbeutel oder die Halswirbel irgendwie mitleidend sind, so bestreicht man die Geschwürsflächen mit einer schwachen Auflösung von Höllenstein (10 Gran auf Jij destil. Wassers) oder mit einer Auflösung von Chlorkalk (3/S auf ^vj Wassers), oder mit Aloetinktur, oder mit dem Digestivwasser (S. 65), füllt die V\ unden mit Werg locker aus und erwartet hiernach das Eintreten guter Eiterung und guter Granulation, bei welcher dann die Heilung, wie bei den Abscessen angegeben ist, erfolgt. •—#9632; Finden sich aber am Nackenband erweichte Theile, oder Ablagerungen von erdigen Substanzen an ihm oder in dem Sehnenbeutel, oder biossliegende rauhe Stellen an den Wirbeln, so nimmt man die erdigen Substanzen und die aufgelösten Theile des Bandes mit dem Messer weg und betupft die zurückbleibenden kranken Stellen mit dem glühenden Eisen, oder mit Höllenstein, und macht dann warme Breiumschläge von erweichenden oder von aromatischen Mitteln, je nach der Empfindlichkeit der verwundeten Theile, bis die kranken Theile
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'quot;) Es sind vorzüglich Zweige der Oberhauptsarterie (Arteria occipitalis) und der Oberhauptsvene (Vena occipitalis); erstere treten durch das vordere äussere Loch des Trägers zur oberen Flache und geben den stärkeren Ast zur ausseien Haut des Sehnenbeutels und zu der häutigen Scheidewand unter dem Nackenbande, so wie zu den hier liegenden Muskeln; die Venen kommen durch das Oberhauptsloch und nehmen die Zweige, welche von den Streckmuskeln des Kopfes und vom oberen Theil des Nackenbandes entspringen, in sich auf. Die hier liegenden Nerven gehören zum oberen Ast des ersten Halsnerven, zum Theil auch zum oberen Ast des zweiten Halsnerven.
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Genickbeuie, Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;245
sich abgestossen haben und das Geschwür einen reinen Grund und gute Eiterung darbietet; zuweilen findet sich diese gute Umänderung nur an einzelneu Steilen, und mau ist dann geiiöthigt, die übrigen, noch jauchenden oder mit schlechter Granulation versehenen Stellen mit den geuauuten Mitteln weiter zu behaudelu, bis auch an ihnen eine gute Umstimmuiig entstanden ist. — Bei veralteten Fisteln mit torpidem Charakter und mit ungleich schwärenden Stelleu hat sich die täglich ein- bis zweimal wiederholte Einspritzung des Mittels von Villate 1), durch 8 bis 14 Tage fortgesetzt, sehr nützlich gezeigt. — Will an einer Stelle trotz der eingetretenen guten Granulation dennoch die Verwachsung des iNackenbandes mit den umliegenden Theilen und die Schliessung nicht erfolgen, so muss mau auuehmen, dass hier das Nackenband, wie ein fremder Körper, gleich einem Strange bei jeder Bewegung Reibung und Abglättung erzeugt uud dadurch eben die Heilung hindert. In diesen Fällen ist das quere Durchschneiden des freiliegenden Nackenbandes in der Regel das geeignetste Mittel, um die Heilung der Fistel schnell zu Staude zu bringen. Dieses von Langeubaclier in seinen Vorlesungen zuerst empfohlene Verfahren kann bei ruhigen Pferden im Stehen, bei anderen aber sicherer im Liegen ausgeführt werden.
Das Pferd wird auf die gesunde Seite niedergelegt und gehörig an den Füssen befestigt; die an dem Nackeubande bestehende Fistel wird bis zu ihrem niedrigsten Punkte vollständig mittelst Durch-schneiduug der sie bedeckenden Muskeln u. s. w. blossgelegt, dann unter das Nackenband der Zeigefinger der linken Hand oder eine Hohlsonde in querer Richtung untergeschoben und hierauf das Band mit einem Knopf-Bistouri quer durchschnitten. Geschieht diese Durchschneidung am Genick selbst, so bleibt man so weit als möglich von dem Oberhauptsbein entfernt, und in jedem Falle vermeidet man das Durchschneiden der Haut an dem Nackenbande so wie der Muskeln an der entgegengesetzten Seite desselben; auch muss man genau darauf sehen, dass das Band vollständig durchschnitten werde, damit nicht einzelne Seimenbündel die Spannung, welche früher das ganze Band auszuhalten hatte, ertragen dürfen. Die entstandene Wunde wird mit kaltem Wasser gereinigt und mit Werg locker ausgefüllt. Letzteres bleibt etwa 2 Tage lau^ iu der Wunde, wird dann entfernt und diese fernerhin, wie eine einfache eiternde Wunde behandelt. Die Heilung erfolgt in Zeit von 3 — 5 Wochen. Die Bewegung und Haltung des Kopfes und Halses erleidet keine dauernde Störung durch dieses Durchschneiden des Nackenbandes,
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1) Die von Villate in neuerer Zeit zuerst öffentlich empfohlene, übrigens aber auch schon früher in Gebrauch gewesene „Mixture adstringente et escarotiquequot; wird bereitet aus: Bleiessig ViO Grammen oder ziemlich 4 Unzen, Zinkvitriol oder Kupfervitriol von jedem 64 Grammen oder 2 Unzen und Weinessig 1 Liter oder 2 Pfund. Die pulverisirten Vitriole werden in Essig kalt aufgelöst, dann der Bleiessig hinzugethan und die Flüssigkeit vor jedem Gebrauch gut umgeschüttelt. Beim Einspritzen verdient eine Spritze von Holz oder Glas den Vorzug vor einer zinnernen, weil letztere bald corro-dirt wird.
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Drnekschäden.
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aber zuweilen bleiben Einsenkungen und kleine Narben an der betreffenden Stelle zurück.
Literatur: Hertwig, Ueber Genickfisteln ü. s. w., Magazin für Thierheilkunde, I., S. 71.
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Die Sattel-
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Zweltes Cafiltel.
Kummt- und Geschindrücke dem Rücken.
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am Widerrüst und
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Es kommen im ganzen Umfange des Kückens, besonders aber am Widerrüst sehr häufig Quetschungen und deren Folgen vor, die man im Allgemeinen mit dem Namen: „Druckschädenquot;, oder nach der sie gewöhnlich veranlassenden Ursache mit dem Namen: „Sattel-, Kummt- und Geschirrdruckquot;, und wenn sie sich am Widerrüst befinden, mit dem Namen: „Widerrüstschädenquot; bezeichnet. Diese Verletzungen sind bald oberflächlich, so dass sie nur die Haut betreffen, oder Sie dringen tiefer bis auf die Muskeln, oder bis auf das Nackenband am Widerrüst und an den übrigen Wirbeln, oder endlich selbst bis auf die Stachellbrtsätze. Dem pathologischen Zustande nach sind diese Verletzungen entweder: 1) Quetschungen in verschiedenem Grade und Entzündung der betroffenen Theile, oder 2) es ist feuchter oder trockener Brand, 3) es sind Ab-scesse, oder 4) Fisteln, oder 5) Caries zugegen. In manchen Fällen, und namentlich in der ersten Zeit nach dein Entstehen eines solchen Druckschadens ist blos einer der drei zuerst genannten Zustände zugegen, in 4len meisten Fällen aber ist das Leiden complicirt, indem mehrere der genannten pathologischen Zustände gleichzeitig neben einander bestehen.
1) Ist blos oberflächliche Quetschung, mit oder ohne offene Verletzung der Haut von dem sogenannten Durchscheuern derselben und Entzündung entstanden, so finden sich folgende Symptome: Gleich nach dem Abnehmen des Sattels oder des Geschirres zeigt sich das Thier an den betreffenden Stellen etwas vermehrt empfindlich und sucht sich in den meisten Fällen durch Reiben an anderen Gegenständen oder auch mit den eigenen Zähnen das gelind schmerzhafte Gefühl zu beseitigen. Gewöhnlich ist aber Geschwulst und vermehrte Wärme in dieser ersten Zeit noch nicht wahrzunehmen und deshalb gewährte die bei Kavallerieregimentern hin und wieder bestehende Vorsicht: die Pferde gleich nach Beendigung des Marsches hinsichtlich entstandener Druckschäden zu untersuchen, nicht für alle Fälle genügende Sicherheit, sondern es ist nöthig, die Untersuchung nach einigen Stunden und selbst am anderen Tage vor dem Wieder-auflegen des Sattels oder des Geschirres noch einmal zu wiederholen, da erst gewöhnlich nach 6 bis 12 Stunden die Entzündungsfälle
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Druckschäden.
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deutlich erkennbar hervortreten. Die Entzündung kann, je nach dem Grade des stattgefuudenen Druckes oberflächlich oder mehr in die Tiefe gehend sein, und sie giebt sich hiernach, so wie auch hinsichtlich ihres Grades, durch eine bald geringere, bald grössere, weniger oder mehr schmerzhafte heisse Geschwulst zu erkennen. Die Geschwulst ist in manchen Fällen gleichmässig derb, zuweilen fluctui-rend (von extravasirtem Blut oder Serum), und in den meisten Fällen ist sie an dem unteren Rande oedematös. Das Oedem senkt sich allmälig tiefer herab und kommt so von dem Widerrüst auf die Schulterblätter u. s. w., während die eigentliche Entzündungsgeschwulst ihren Ort behält und sich allenfalls nur bei zunehmender Heftigkeit noch vergrössert. Man kann aus der Stärke der derben Anschwellung in den Muskeln einigermassen auf die Tiefe der eingedrungenen Quetschung schliessen, mit Sicherheit hierüber aber nicht urtheilen. Wenn jedoch am zweiten, dritten oder den folgenden Tagen schnur-förmig angeschwollene Lymphgefasse von der gedrückten Stelle aus nach der Buggegend verlaufend, sich in der Haut zeigen, so deutet dies stets auf ein sehr tiefes Eindringen der Verletzung hin. An dem oberen Rande des Widerrüstes zeigt sich die Geschwulst in der ersten Zeit immer weit geringer, als an den darunter befindlichen Parthieen, obgleich auch an diesen obersten Punkten des Widerrüstes die Quetschung sehr stark eingewirkt haben kann; später jedoch treibt auch das Nackenband, so wie der die Spitze der Stachelfortsätze bedeckende Knorpel allmälig immer mehr auf und die Entzündung entwickelt sich in diesen Theilen, so wie in den Stachelfortsätzen selbst eben so heftig, wie in den Weichgebilden. — Aussei-diesen Zufallen sieht man zuweilen, namentlich wenn der Sattel zu locker gelegen hat, die Haare und wohl auch die Haut abgescheuert. — Die Entzündung verliert sich bei oberflächlichen Quetschungen, und wenn der Druck nicht erneuert wird, nach einigen Tagen gewöhnlich von selbst; aber bei tieferen Quetschungen entsteht leicht Eiterung oder Verjauchung, oder selbst Brand, -wenn nicht eine energische Behandlung diese Ausgänge verhütet. Solche heftige Entzündungen dauern circa 8 —14 Tage, und an einzelnen Stellen selbst noch länger, ehe es zu einem Ausgange kommt, weil durch die Quetschung die Fasern und Gelasse theilweis gelähmt und daher nicht mit der zu einem akuten Verlauf erforderlichen Energie versehen sind. #9632;— Wenn das Durchscheuern vom Kummt oder Geschirr am oberen Rande des Kammes entstanden ist, findet sich hierzu oft noch eine ansserordentlich grosse Empfindlichkeit der leidenden Theile, so dass die Thiere sich nicht an dieselben kommen lassen, sondern sich selbst widersetzlich benehmen.
2) Feuchter Brand und in Folge dessen unmittelbare Zerstörung oder auch nachfolgende Verjauchung finden sich bei Druckschäden nicht selten, wie es scheint, dadurch bedingt, dass deij^drückende Körper die betroffenen Gebilde lähmte und den Rückfluse des venösen Blutes hinderte. Die Säfte stocken in Folge dessen in den gelähmten Fasern und Gelassen, und es entsteht dadurch Auflösung des Gewebes. Man erkennt diesen Zustand au der breiweichen Beschaffenheit der Theile, welche oft dem gekochten Fleisch und ohne Em-
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Druckschäden.
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pfindung sind. Die Absterbung ist bald nur obeflächlich, bald auch in die Tiefe gehend. In eiuaelnen Fällen entsteht aber der Brand bei den Druckschäden auch mittelbar in Folge der heftigen Entaün-dung. #9632;— Der trockene Brand ist fast durchaus auf tue Oberfläche beschränkt und wird in diesem Falle mit dem Namen Brandfleck bezeichnet. Derselbe ist zu erkennen au der dem Sohlenleder ähnlichen Härte und an der gänzlichen Uiieinpfindlichkeit eines Hautstückes, auf -welchem die Haare ihren Glanz verloren haben und in verworrener Richtung stehen, oder vielmehr an die Haut anliegen. Im Umfange dieses Hautstuckes ist in der ersten Zeit eine geringe Entzündung zu bemerken, später fehlt dieselbe; dafür zeigt sich aber am Rande des abgestorbenen Hautstückes an einzelnen Stellen Trennung und etwas Eiterung, während jedoch das Hautstück mit seiner unteren Fläche mit dem darunterliegenden Zellgewebe sehr Jest verbunden ist. Ein solches Hautstück wird durch die eigene iNaturthä-tigkeit immer nur sehr spät abgestossen (zuweilen erst nach zwei bis drei Monaten), und hinterlässt dann ein Eitergeschwür, welches meistens gut vernarbt, aber sehr oft auf der bedeckenden Haut weisse Haare mit sich bringt. — Wenn der tiefergeheude Brand durch eine heftige Entzündung entsteht, bildet sich die letztere etwa in 24 Stunden nach der stattgefundenen Einwirkung zu einem hohen Grade aus, die Schmerzen werden sehr heftig, die Lymphgefasse der Haut schwellen an, die Haut selbst wird oedematös und bricht an einer Stelle auf, wonach eine stinkende braune Jauche aussickert und Stücke des Zellgewebes und der Muskeln herausfallen. Die letzteren sind erweicht, bläulich, völlig uucmpfindlich und faulig stinkend. Mit der Sonde kann man leicht in verschiedenen Richtungen eindringen und zuweilen selbst bis auf die Knochen gelangen. Bei dem durch Druck unmittelbar veranlassten Brande findet man dieselbe Beschaffenheit der Theile bald nach der stattgelündenen Veranlassung. Dieser Brand begränzt sich gewöhnlich da, wo der Druck aufgehört hat, so dass das Leiden oft ein rein örtliches bleibt; aber es gehen Muskelpar-thieen, Stücke vom Nackenbande, selbst Theile von Knochen bald mehr bald weniger verloren; es entstehen durch unvollständiges Absterben dieser Theile sehr oft langwierige Ulceration und Fisteln, so dass diese Folgeleiden nicht selten während 5—6 Monaten und noch länger fortdauern und hierdurch die Druckschäden in solchen Fällen sehr langwierige Uebel werden. Während dieser langwierigen Dauer verlieren die Thiere so viel Säfte durch die fortdauernde Eiterung und quot;V erjauchung, dass sie gewöhnlich abmagern, zuweilen in Cachexie oder auch in Dyskrasie, namentlich in Rotz und Wurm verfallen und dann oft verloren gehen. Wahrscheinlich wird ein solcher übler Ausgang durch Aufsaugung des Eiters befördert. In denjenigen Fällen, wo sich Fisteln bilden, welche sich zwischen die Wirbel oder zwischen das Schulterblatt und die Rippen erstrecken, kann auch durch Verfenkung des Eiters in den Wirbelkanal oder zwischen die Rippen noch Entzündung der Rückennjarkshäute, des Kippenfelles u. s. w., Lähmung, Brustwassersucht und der Tod herbeigeführt werden.
3) und 4) Eiterung, Abscess- und Fistelbildung entsteht bei den
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Dnickschnden.
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Drackschaden häufig, uud zwar nach dem verschiedenen Charakter und dem verschiedenen Grade der durch den Druck erzeugten Entzündung bald schneller, bald langsamer. Oberflächliche Abscesse geben sich durch die den Abscessen überhaupt zukommenden Symptome kund und sind leicht zu erkennen. Sie ölhien sich in der Regel von selbst und hinterlassen Geschwüre, welche bei einer zweckmässigen Behandlung in der Kegel leicht heilen, doch machen die an der Spitze der Stachelfortsätze befindlichen Abscesse hiervon zuweilen eine Ausnahme, weil hier die Knorpel, Bänder und Knochen mitleiden. Die tiefer entstehenden Abscesse sind in ihrer ersten Zeit #9632;weniger leicht zu erkennen und werden daher während dieser Zeit in den meisten Fällen nicht zweckmässig behandelt. Man kann auf Eiterbildung in der Tiefe der Muskeln schliessen, wenn trotz der entzündungswidrigen Behandlung nach 6-—8 Tagen die Geschwulst beständig zunimmt, mehr rundlich hervontritt, die Wanne, die Spannung und die Schmerzen grosser werden, die Lymphgefässe in der Haut stärker anschwellen oder nun erst sichtbar werden, und das Thier einen oder mehrere Frostschauer zeigt. Die tieferen Abscesse öirnen sich in der Regel sehr spät und mehreutheils durch einzelne kleine Oeflunngen, in deren Umgebung das Zellgewebe und die Muskeln durch plastische Ansschwitzungen sehr bald verdichtet werden. Die entstandenen Oelfnungen führen oll direkt zu dem Eiterheerde, aber auch nach verschiedenen anderen Richtungen, so dass man gewöhnlich ein llohlgeschwür im Grunde und verschiedene Fistelgänge findet. Zuweilen besteht und erhält sich die Eiterung nur an einer Seite des Widerrüstes oder des Rückens, in anderen Fällen erstreckt sie sich aber auch auf die andere Seite und zwar entweder wegen ursprünglichen Druckes beider Seiten oder dadurch, dass die Entzündung oder auch nur die Eiterung sich auf die andere Seite verbreitet. Letzteres kann hinsichtlich des Eiters an mehreren Stellen des W iderrüstes auf mechanische Weise durch die Zusammenpressung der hier befindlichen Muskeln geschehen, namentlich so am oberen Rande, im Verlaufe des grossen Stachelbandes, in welchem der Eiter beständig nach vorwärts (in recht bösen Fällen zuweilen mehrere Zoll weit) am Halse in die Höhe getrieben wird. In den Abscesshöhlen und Fistelgängen findet sich gewöhnlich alles verbindende Zellgewebe zwischen den Muskeln und Bändern oder den Knochen zerstört, die letzteren, so wie die Bänder, sehr oft theilweise ulcerirt oder cariös, und daher die Eiterung an verschiedenen Stellen von verschiedener Beschaffenheit.
Der Zustand wird nun im gewöhnlichen Leben schlechthin als V\ iderrüstfistel bezeichnet. Derselbe ist in der Regel sehr hartnäckig und langwierig, und es können dabei durch Verlust der Säfte, durch Resorption oder Senkung des Eiters alle üble Folgen entstehen, welche im V orgehenden bei dem Brande angedeutet worden sind. Ueberhaupt haben die nach dem Brande entstehenden oder zurückbleibenden Ulcerationen in ihrer späteren Periode mit den VVider-rüstfisteln völlige Uebereinstimmung.
5) Caries entsteht bei den Druckschäden zuweilen an den Spitzen oder an dem unteren Ende der Stachelfortsätze, oder auch selbst an
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Druckschällen.
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der äussern Fläche des oberen Endes der Rippen, zuweilen anmittelbar durch Druck des Sattels, in den meisten Fällen aber durch ulce-rative Eiterung oder durch Brand der Weichtheile als eine häufige Complication bei den Widerrüstschäden und macht dieselben stets langwierig, da in der Regel die Heilung nicht eher stattfindet, bis vollständige Abstossung der cariösen Theile stattgefunden hat. Man erkennt den Beinfrass an der rauhen Oberfläche der Knochen und alaquo; der stinkenden, mit Knochenkörnchen versehenen Jauche des Geschwürs, In den späteren Perioden desselben sieht man sehr oft, dass, wenn gute Granulation in dem ganzen Geschwür erfolgt, plötzlich einige Fleischwärzchen dunkler geröthet und bedeutend grosser werden, als die übrigen, und dass nach 12 — 24 Stunden an der Spitze des grössten Wärzchens Eiter von schlechter Beschatfenheit und in grösserer Menge erscheint, als in der Umgebung; wenn man dann mit einer Sonde die Spitze des Wärzchens untersucht, findet man einen kleinen Kanal und an dessen Grunde den Knochen auf einer kleinen Fläche rauh. Dies kann sich an einer und derselben Stelle mehrmals wiederholen.
Die Ursachen dieser verschiedenen Verletzungen können zwar auch Bisse von anderen Pferden, Stösse und Schläge u. dgl. auf den Widerrüst oder auf den Rücken und die Seitentheile desselben sein; in der Regel entstehen dieselben aber durch Druck von Sätteln, Geschirren, oder vom Gepäck. Die Veranlassung zum Druck durch diese Gegenstände ist darin zu suchen: dass 1) entweder die Sättel und Geschirre nicht für die Grosse und den Bau des Rückens u. s. w. passend oder schlecht gearbeitet oder durch verschiedene andere Umstände fehlerhaft geworden sind *); 2) oder darin, dass diese Gegen-
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') Der deutsche, englische und französische Sattel besteht aus dem Gerüst, dem Kissen und der oberen Bekleidung. Letztere ist hinsichtlich der Druckschäden ohne wesenlliohe Bedeutung. Das erstere ist aus dem vordem Sattelbaum oder dem Kopfe, dem hintern Sattelbaum oder dem Aefter und seitlich aus den beiden Stegen zusammengesetzt. Die zwei Hälften des vordem Baums heissen auch die Trachten. Diese Theile müssen aus gut ausgetrocknetem Holz gehauen, an den äussern Enden oder Flügeln etwas schiff-förmig, an den Rändern gewölbt, auswärts gerichtet, an den Flächen glatt gearbeitet sein. Die Entfernung der beiden äussern Enden von einander giebt die Weite des Sattels. Jeder vordere Baum besteht aus einer rechten und linken Hälfte, welche in der Mitte möglichst genau mit einander verbunden und laquo;n ihrem untern Rande mit einem über die Verbindungsstelle gehenden eisernen Bande bekleidet sind. Ausserdem ist noch das ganze Gerüst bebautet (mit Leinwand oder dünnem Leder überklebt). Das Kissen soll von Leinwand oder noch besser von Flanell und mit Rosshaaren gleichmässig gepolstert sein. Zwischen der rechten und linken Hälfte des Sattelkissens ist oben, am vorderen und hinteren Ende, ein schon durch die Wölbung der Bäume gebildeter hohler Raum, welchen man als die vordere Und hintere Kammer des Sattels bezeichnet. Die vordere Kammer soll dem Widerrüst entsprechen und daher stets höher sein als die hintere, welche für die Aufnahme des Rückens bestimmt ist. — Der ungarische oder Bocksattel hat weder Kissen noch Ueberzug, sondern besteht nur aus den beiden Sattel bäumen, den Stegen (hier Schaufeln genannt) und aus dem Grundsitz von Leder und Gur-
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Druckschäden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;251
stände und das Gepäck fehlerhaft auf den Körper der Thiere aufgelegt worden, oder 3) dass der Reiter fehlerhaft auf- und absteigt oder schlecht sitzt.
In ersterer Hinsicht findet man a) oft den Sattel für das Wider rüst und den Rücken eines Pferdes zu eng, und es entstehen dadurch Quetschungen an der Seite des letzteren, an den Schultern und hinter denselben, wobei die Haut, der Schulterhautmuskel, die tiefer liegenden Muskeln und zuweilen auch der Knorpel des Schulterblattes leiden; in anderen Fällen ist der Sattel zu weit oder zu flach für ein schmales, mageres oder hohes VViderrüst, wodurch die Haut auf dem letzteren, das Stachelband und die Spitzen der Stachellbrtsätze selbst gequetscht werden. Beachteuswerth in dieser Hinsicht ist es, dass sehr oft der Sattel für ein Pferd vortrefflich passend ist, so lange dasselbe sich in einem gut genährten Körperzustande befindet, aber nicht passend wird, wenn das Thier abmagert. Dies ist sehr häufig der Fall bei Militärpferden, welche in der Garnison musterhaft gepflegt, plötzlich angestrengte Märsche machen müssen. Manche Pferde haben in ihrem Baue eine grössere Disposition zu solchen Beschädigungen, namentlich diejenigen, welche ein sehr hohes VViderrüst, ent-
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ten. Die Bäume sind höher, von sogenannten Zwieseln oder von krumm gebogenem Holz und müssen mit noch grösserer Accuratesse gearbeitet sein als bei dem deutschen und-französischen Sattel.
Jeder Sattel ist als brauchbar zu betrachten, wenn er: 1) in allen Thei-len stark gebaut und fest verbunden ist, so dass er die Last des Reiters und des Gepäcks tragen kann, ohne sich zu verbiegen; 2) wenn er genau auf das Pferd passt, so dass die untere Fläche der Bäume gleichmässig auf den Seitentheilen des Rückens aufliegen und sich unter ihnen die Schulter- und Rückenmuskein gewissermassen nach und nach verlieren; ferner, dass die Kammern so hoch sind, dass sie, wenn der Sattel fest gegurtet ist und der Reiter darauf sitzt, einen freien Raum von circa 1 Zoll zwischen dem Wider-rüst, und eben so am Rücken lassen, so dass sie selbst bei heftigen Bewegungen diese Theile nicht berühren, reiben oder drücken; und 3) wenn die untere Fläche des Sattels eben gleichmässig gepolstert, die Bäume ohne Erhöhungen, ohne Kanten und ohne Vertiefungen sind.
Das deutsche Kummt ist aus dem Gerüst und dem Kissen zusammengesetzt. Ersteres besteht aus den beiden hölzernen Kummtleisten, oder Gerüsl-säulen, welche gut gewachsen oder gehörig zngehauen und am oberen Ende fest mit einander verbunden, mit starken, gut in einander versteckten Schüttstroh, besonders am vorderen Rande bekleidet sein müssen. Das so gebildete Gerüst wird mit gutem Rossleder überzogen und mit dem sogenannten Dächel versehen, der das Kummt an seinem oberen Theile schliesst und die beiden Gerüstsäulen fest mit einander verbindet. Darüber liegt der Kummt-deckel. Das Kissen soll aus Leinwand oder Zwillich bestehen, mit Rosshaaren gleichmässig gefüllt sein und die innere Seite des Kummts auskleiden. Das englische Kummt besteht nur aus fest zusammengelegtem und gebundenem Stroh, welches mit glattem Leder überzogen ist. Jedes gute Kummt muss die dem Baue des Halses, der Brust, des Widerrüstes und der Schultern entsprechende Weite und Länge, auch eine gute Kammer haben, an seinem hinteren Rande gut abgerundet und ausgeschweift sein, und es muss eigentlich nur auf den Schultermuskeln aufliegen. Das englische Kummt entspricht diesen Anforderungen weniger als das deutsche.
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-weder eine sehr schmale oder entgegengesetzt eine sehr breite Brust, oder auch einen Karpfenrückeu, oder entgegengesetzt einen eingesenkten Rücken besitzen, und die, welche mit Narben von früheren Wunden oder Druckschäden auf dem Widerrüst oder Kücken versehen sind; ferner diejenigen, welche beim Gehen von einer Seite zur anderen eine wiegende Bewegung machen. — Oder b) der Sattel ist fehlerhaft in seiner BeschaUenheit, z. B. nicht gleichmässig gepolstert, oder mit schlechtem Material gepolstert (mit Kälberhaaren, mit Werg, mit Seegras, Heu u. dgl.), welche Materialien sich leicht, besonders wenn sie feucht werden, zusammenballen, Knoten bilden und dann drücken; oder der Sattelbaum ist ungleich und nicht glatt behauen, oder das eiserne Band, welches die beiden Stücke des Sattelbaums au der Zusainmenfügung unterstützt, ist schwach, verbogen oder gebrochen '). — Eben so können die Kuminte zu eng, die Kissen unter dem Geschirr ungleich und sonst schlecht gepolstert sein, das Siehlenzeug kann geflickt, von ungleicher Dicke, mit groben Nähten oder Knoten versehen, und sonst das Geschirr, soweit es von Leder ist, hart getrocknet und dadurch drückend sein.
In Betreff des zweiten Punktes, des schlechten Auflegens der Sättel und Geschirre findet sich der Fehler sehr oft darin, dass entweder die unter den Sattel gelegte Decke ungleich zusammengelegt, mit Falten versehen ist, oder dass der Sattel zu weit nach vor- oder rückwärts, oder dass er nicht gehörig fest aufgelegt worden ist. In Betreff dieses letzteren Punktes kann das Versehen entweder aus Un-kenntniss, Schwäche oder Trägheit geschehen sein, oder es entsteht dadurch, dass manche Pferde sich beim Zuschnallen des Sattelgurtes durch Zurückhalten des Athems künstlich aufblähen und dann später bei dem dünn gewordenen Leibe der Sattel zu locker wird und rutscht, wodurch Falten in der Decke oder in der Haut entstehen und hierdurch Druck bereitet wird. Manche Pferde werden auch, wenn sie einige Meilen hintereinander gehen müssen, theils durch öfters wiederholte Ausleerungen des Kothes, theils durch die Arbeit schnell dünn im Leibe, und ihnen dann der Sattelgurt zu weit, wodurch ebenfalls Verschiebung des Sattels und Druck entsteht. In beiden Fällen kann dieser Nachtheil durch ein gehöriges Nachgurten vermieden werden.
Als dritte Veranlassung ist häufig der Reiter selbst zu betrachten, nämlich wenn derselbe keinen festen Sitz hat, daher namentlich wenn er auf dem Pferde sitzend schläft und dabei seine Körper-schwere ungleich auf dem Sattel vertheilt, sich von einer Seite zur anderen wiegt und dadurch ungleichen Druck und Quetschungen erzeugt; ferner wenn der Reiter beim Auf- und Absteigen den Sattel durch zu heftiges Gegenziehen nach einer Seite verschiebt und so in
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') Man erkennt einen entstandenen Bruch des Sattels am leichtesten, wenn man den Sattel umgewendet, d. h. mit dem Sitz nach unten, auf einen Tisch legt, dann mit beiden Händen die Sattelbäume ergreift und sie stark auseinander biegt; es wird dann, wenn die Sattelbleche oder Bäume zerbrochen sind, ein Knarren und Voneinandergehen der Bäume zu bemerken sein.
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der Decke oder in der Haut Falten erzeugt und dergleichen. In diesen Fällen tritt jedoch mehrentheils eine der vorhin erwähnten Veranlassungen gleichzeitig in Verbindung, namentlich zu lockeres Satteln. Unter allen Umständen entsteht der Druck eher, wenn die Pferde stark schwitzen oder überhaupt nass geworden sind.
Die Druckschäden lassen sich durch genaue Kenntniss ihrer Veranlassungen und durch Vermeidung derselben in den meisten Fällen verhüten. Um diesen Zweck möglichst sicher zu erreichen, ist vor allen Dingen der Sattel und das Geschirr von passender und guter Beschaffenheit zu wählen, und die gehörige Vorsicht bei dem Auflegen desselben, mit Rücksicht auf den Bau des Widerrüstes, des Rückens und der Brust, so wie öftere Untersuchung dieser Verhältnisse, besonders bei fortgesetzten Märschen erforderlich.
Behandlung. Wie immer, so müssen auch hier zuerst die veranlassenden Ursachen entweder gänzlich entfernt, oder wo dies nicht möglich ist, wenigstens unwirksam gemacht werden. Ks ist dabei nicht immer nöthig, dass Pferde, welche nur massig gedrückt sind, ganz aussei- Thätigkeit gesetzt werden, sondern dieselben können, wenn der Sattel oder das Geschirr in der Weise abgeändert sind, dass diese Gegenstände die gedrückte Stelle ferner nicht berühren, sehr gut noch zur Arbeit benutzt werden; IMan lässt daher statt des bisherigen drückenden Sattels und Geschirres einen gehörig passenden und gut gearbeiteten Sattel auflegen, oder man lässt den bisher gebrauchten dadurch unschädlich machen, dass man, je nach seiner Weite und Beschaffenheit, entweder a) an der Stelle des Sattelpolsters, welche auf die gedrückte Stelle des Körpers trifft, die Füllung herausnehmen, die hohl gemachte Stelle rund herum mit einem feinen Faden annähen und dadurch eine sogenannte künstliche Kammer bilden lässt, oder b) dass man die übrigen Theile des Sattelpolstevs neu auffüllen lässt; oder c) man lässt flache Kissen im Umfange der gedrückten Stelle unter den Sattel legen, oder endlich d) man legt eine dicke Filzdecke unter den ganzen Sattel, nachdem man dieselbe an der Stelle, welche auf den Druckschadcn trifft, mit einem entsprechend grossen Ausschnitt versehen hat. —- In ähnlicher Weise muss auch das Geschirr, wenn das Thier noch fortarbeiten soll, verbessert werden, indem man vor und hinter der gedrückten Stelle an die betreffenden Theile des Geschirres Kissen von weichem Leder oder von Leinwand mit Rosshaaren gefüttert anbringt, um so durch llohllegen des Geschirres an der gedrückten Stelle den Drück zu verhüten. Das gewöhnlich gebräuchliche Bekleiden der drückenden Ge-schirrstücke mit Flanell oder mit behaartem Rehfell nutzt wenig oder gar nichts. — Stark gedrückte Pferde dürfen nicht weiter zur Arbeit benutzt werden.
Die eigentlich chirurgische Behandlung muss sich nach den oben angedeuteten pathologischen Zuständen richten. Besteht nur die sehr massige Entzündung, so ist das Befeuchten der gedrückten Stellen mit Wasser, Essigwasser, Oxykrat, Bleiwasser oder mit einer Auflösung von Potasche, das Auflegen eines Stückes nassen Rasens oder das fingerdicke Aufstreichen eines Lehmbreies und das oft wiederholte Befeuchten desselben zur Zertheilung fast immer ausreichend.
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Bei tiefem Druck und sehr heiliger, zum Brande neigenden Entzündung kann man in der ersten Zeit dieselben Mittel benutzen; mindert sich dabei aber in 48 Stunden die Entzündung nicht bedeutend, so muss mau Einschnitte in die am meisten geschwollenen Stellen durch die Haut bis an die obersten Muskelschichten machen und das Ausbluten durch oft wiederholtes Abwischen der Scarificationswunden befördern und dann Umschläge von jenen Mitteln fleissig appliciren. Mindert sich hierbei die Entzündung, verschwindet sie aber nicht gänzlich, oder nimmt sie einen asthenischen Charakter an, so ist das Gou-lard'sche ßleiwasser, oder eine Auflösung des Wund- oder Heilsteins •) zum fleissigeu .Befeuchten der leidenden Stellen nützlich. Neigt die Entzündung zum chronischen Verlauf, so ist das Bestreichen der leidenden Stellen mit grauer Merkurialsalbe oder mit grüner Seife, welche mit dieser Salbe, oder bei geringerer Empfindlichkeit mit Kampherliuimeut, oder selbst mit Terpentinöl versetzt ist, zu empfehlen. Sowohl bei solchem asthenischen Entzündungszustande, wie auch da, wo Eiterung im Beginne ist, und wo mau die letztere entweder noch verhüten oder schnell zu einer vollkommenen Ausbildung eines Abscesses führen will, ist nach der Erfahrung von Rohlwess, Schrader 2) u. a. Thierärzten als das beste Verfahren die Anwendung der Cantharidensalbe zu benutzen. Die Einreibung muss gewöhnlich, wenn sie nicht recht stark wirkt, am andern und dritten Tage wiederholt werden. Nach solcher Einreibung der ganzen Quetschuugsgeschwulst wird sehr häufig die Entzündung in der Art inodificirt, dass Auflösung und Zertheilung der ausgetretenen Säfte und in kurzer Zeit Beseitigung aller Zufälle erfolgt. In anderen Fällen bildet sich nach der Einreibung in kurzer Zeit Eiterung im ganzen Umfange der Quetschungsbeule, jedoch in vielen Fällen ohne dass OetTnung an der Haut hinzutritt, sondern der entstandene Eiter wird resorbirt, die Geschwulst mindert sich und verschwindet in etwa 14 Tagen gänzlich. Man darf sich daher niemals mit der künstlichen Eröii'nung eines auf diese Weise zur Reife beförderten Abscesses übereilen, selbst wenn vollständige Fluctuation unter der Haut wahrzunehmen ist. Hält man vielleicht bei übermässiger Anhäufung von Eiter die Eröllhung für nöthig, so mache man sie nur mittelst eines kleinen Einstichs an der niedrigsten Stelle des Abscesses. Ist jedoch eine Oelfnung bereits an einer höheren Stelle vorhanden, so führe man von ihr durch einen niedrigen Punkt der Abscesswände ein Haarseil. Uebrigens ist der Abscess ganz einfach wie ein gewöhnlicher zu behandeln und zur Heilung zu führen. In ähnlicher Weise wirksam, jedoch weniger zweckmässig hat sich bei schleichenden und tiefsitzenden Entzündungen die Anwendung des glühenden
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') Man bereitet denselben nach verschiedenen Vorschriften, am einfachsten nach Kersting aus blauem Vitriol und Alaun, von jedem ein halbes Pfund, Salmiak Jiij, pulverisirt und in einem irdenen Topfe über Feuer zusammengeschmolzen und dann mit %ß pulverisirtem Kampher versetzt. Nach dem Erkalten der Masse nimmt man *ß — Jj auf 1 Quart Wasser oder eines aromalischen Infusum.
*) S. Busch, Teutsche Zeitschr. f. Thierheilkunde. Bd. I. Heft I. S. l'J.
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Eisens gezeigt, -wenn man mit demselben Punkte oder Stricke, einen vom anderen gegen 1 Zoll entfernt und so oft wiederholt gebraunt hat, bis Ausschwitzung entstanden ist.
Die Behandlung des feuchten Brandes verlangt zunächst Ausleerung der Braudjauche durch gehörig tiefe Einschnitte, und dann sucht mau durch tonische und erregende Mittel die Vitalität zu erhöhen und dadurch der weiteren Auflösung entgegen zu wirken. In dieser Absicht wendet man Waschungen und Befeuchtungen der leidenden Theile mit einer Abkochung von Weiden- oder Eichenrinde oder Tor-mentiilenwurzel mit Zusatz von Spirituosen Mitteln, oder von animalischen Infusionen, oder von Chlorkalk u. dgl. (S. 44). Besteht dabei reichliche Erzeugung einer stinkenden Jauche, so kann man auch Pulver von aromatischen und adstringirenden Pilauzenmitteln mit Zusatz von Kohleupulver, oder auch von Chlorkalk, einstreuen, wobei übrigens eine fleissige Reinigung nicht fehlen darf. Mit solcher Behandlung fährt man fort, bis entweder gute Eiterung eingetreten ist, oder bis eine andere Form des Schadens, welche eine anderweitige Behandlung verlangt, entstanden ist.
Bei dem trockenen Ilautbrande muss man sich durch die Beschaffenheit der umgebenden Theile, durch die Art und Menge der in vielen Fällen unter dem Brandfleck hervorkommenden Feuchtigkeit und durch das Sondiren unterrichten: ob der Brandfleck allein besteht, oder ob auch unter ihm Abscesse, Fisteln oder Brand vorhanden sind. Im ersteren Falle kann man den Brandfleck durch Bestreichen mit Fett und durch Einreibungen der umgebenden Haut mit ge-liud reizenden Salben, z. B. der Althaesalbe, der Terpentinsalbe, der Elemisalbe u. dgl., zur Erweichung und das darunter befindliche Zellgewebe zur Eiterung bringen, oder man macht für diesen Zweck auch, wo es ausführbar ist, warme Breiumschläge von erweichenden Mitteln. Da aber bei dieser Behandlung sich der Brandschorf gewöhnlich nur sehr langsam ablöst, zuweilen erst nach mehreren Wochen, und da unterdessen durch den unter dem Schorf befindlichen Eiter eine weitere Zerstörung erfolgen kann, so ist daher immer am gcrathensten, den Brandfleck sogleich mittelst des Messers und der Pinzette von den umgebenden Theilen zu lösen, und dann die darunter befindliche Ceschwürsflache ihrer Beschaffenheit gemäss weiter zu behandeln. — Ist die Zerstörung nur bilaquo; in das Zellgewebe vorgedrungen, und zeigt sich dasselbe nach Ablösung des Schorles von gesunder Beschaffenheit, so ist es hinreichend, die entblösste Steile mit einfachem Cerat zu bestreichen und dies später, etwa jeden zweiten Tag einmal zu wiederholen. 1st aber die Fläche unter dem Schorf callös, so ist das Bestreichen mit Lapis infernalis zweck-mässig, und nach dem Ablösen des hierdurch entstandenen Aetzschor-fes benutzt man die sogenannten Digestivsalben, z. B. Ung. flavum. Finden sich Fisteln, so spaltet man diese auf und verfahrt, wie weiter uuten angegeben werden wird, und bei Brand nach allgemeinen Regeln.
Haben sich bereits Abscesse gebildet, wenn man zur Behandlung eines Druckschadens gerufen wird, so sucht man, je nach ihrer Beschaffenheit, die vollständige Reife derselben herbeizuführen, ehe man
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an die Eröffnung geht. Für diesen Zweck kann man entweder nach allgemeinen Regeln die erweichenden Mittel in Form von warmen Breiumschlägen anwenden, oder, wie bereits oben bei der Behandlung der Entbindung angegeben, das üng. Cautharidum einmal oder wiederholt auf die Haut streichen und dann abwarten, ob der Abscess sich von selbst öffnet, oder ob noch Resorption des Eiters stattfinden wird.
Im ersteren Falle hat man hauptsächlich darauf zu sehen, dass der Eiter guten Abfluss erhält. Man erweitert deshalb die etwa zu kleine üefliiung oder man macht eine Gegenöffuung an der niedrigsten Stelle der Abscesshöhle, und übrigens verfahrt man nach der Beschaifeuheit der Eiterung und der Granulation. Ist die letztere nur einigermassen gutartig, so vermeide man es, zu viel zu thun, namentlich mit fetten Salben und mit reizenden Einspritzungen zu fleissig zu verbinden, weil hierdurch leicht üppige Granulation und anderweitige Entartung herbeigeführt wird. Dagegen kann man sehr zweckmässig das von Lund empfohlene Verfahren (Veterinär Selskab. Skrifter, 2 Deel, S. 362) benutzen, nämlich: man reinigt das Geschwür, füllt es mit Werg gleichmässig bis zu den Hauträndern aus und bedeckt es mit einem auf weiches Leder gestrichenen Pflaster, welches aus schwarzem Pech mit dickem Terpentin zusammeuge schmolzen ist. Das Pflaster muss rund herum 1 bis 1J- Zoll über die Ränder des Geschwürs hinwegreichen, und letztere müssen von Haaren beireit sein; es bleibt 5 bis 6 Tage liegen, wird dann behutsam vom unteren Rande her, wo es sich gewöhnlich durch den Eiter schon etwas von der Haut getrennt hat, abgenommen, wieder neu mit der Pflastermasse bestrichen und dann wieder aufgelegt, nachdem das Geschwür gereinigt und zum grössten Theile mit neuem Werg ausgefüllt ist. Nach etwa 14 Tagen wird dieser Verband in derselben Weise erneuert und ebenso weiter bis zur gänzlichen Heilung fortgefahren. Bei dieser Behandlung können die Pferde, wenn übrigens der Sattel in der oben angedeuteten Weise entsprechend eingerichtet worden ist, so dass er auf die kranke Stelle keinen Druck macht, selbst massig gebraucht werden. Das Pflaster wird in dem Verhältniss, wie die Geschwürsöffnung allmälig kleiner wird, durch Beschneiden der Ränder ebenfalls allmälig verkleinert.
Fisteln werden stets bis auf ihren Grund aufgespalten und dabei besonders diejenigen Theile durchschnitten, welche eine Spannung oder Strictur bilden; und ausserdem werden alle entarteten Theile, z. B. callöse Massen, halbaufgelöste Theile des Nackenbandes u. dgl. mit dem Messer weggenommen, hierauf das Ganze mit Werg ausgefüllt und die nachfolgende Eiterung abgewartet. Zeigen sich dann noch cariöse Stellen, welche schlecht eitern, so kann man dieselben entweder mit dem Glüheisen oberflächlich brennen, oder von Zeit zu Zeit wiederholt mit einer harzigen Tinktur, z. B. Aloe- oder Myrrhentinktur, mit Terpentinöl oder Creosot, oder auch mit dem Villate-schen Wrasser (S. 245) befeuchten oder ausspritzen, und übrigens nach dem Charakter der Vitalität, so wie nach dem Grade der Bil-dungsthätigkeit Breiumschläge von schleimigen oder entgegengesetzt
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von aromatischen Mitteln anwenden, überhaupt nach den bei der Eiterung im Allgemeinen angegebenen Grundsätzen verfahren.
Bei den Fisteln, welche sich vom Widerrüst bis weit herunter aufquot; oder unter das Schulterblatt erstrecken, und wo man nicht die ganze Wand durchschneiden kann, macht man, wenn der Ort es gestattet, eine Gegenölliiung, und zieht auch wohl ein Eiterband durch den Kanal; wo aber eine Gegenöfluung nicht anzubringen ist, sucht man die Geschwürshaut zu zerstören und umzustimmen, indem man eiu bis auf den Grund der Fistel reichendes Aetz-Bougie ') in dieselbe legt oder durch 3—6 Tage Einspritzungen von Cupr. sulphuri-cum (%ß zu |vj Wasser), von dem Arillateschen Wasser, oder von Quecksilber-Sublimat copy;ij zu Jvj Wasser), oder von Höllenstein (3j zu gvj Wasser) macht; und wenn dann gute Eiterung herbeigeführt ist, wendet man das Ung. Cantharidum auf die Haut über dem Verlaufe der Fisteln und deren Umgegend an, und wiederholt dies so oft, als die Ausschwitzung auf der Haut abtrocknet. Hierbei ist es stets sehr zweckmässig, den Thieren nur mageres und weniges Futter zu reichen und ihnen etwa jeden fünften, sechsten Tag eine Pur-ganz zu geben, damit durch Ableitung die Eiterbildung in der Fistel so beschränkt wie nur möglich werde.
Die Heilung erfolgt bei dieser Behandlung mit Kantharidensalbe in manchen Fisteln weit schneller, als bei den zu oft wiederholten Einspritzungen reizender Mittel.
Während der ganzen Kur muss man dafür sorgen, dass die Pferde sich die kranken Stellen nicht selbst reiben, wozu sie immer, besonders aber wenn die Granulation bis gegen die Haut hervorgewachsen ist, eine grosse Neigung besitzen. Es ist deshalb zweckmässig, den Thieren jetzt oft wiederholt Bewegung zu machen, sie im Stall hoch und kurz anzubinden, so dass sie sich nicht zu jeder Zeit niederlegen und mit dem Rücken keinen Gegenstand erreichen können. Das Niederlegen gestattet man ihnen nur jeden zweiten oder dritten Tag einmal. Dabei kann man, um die Empfindlichkeit und die Spannung der Theile zu vermindern, die Hautränder im Umfange des Druckschadeus mit einfachem oder mit Bleicerat bestreichen. Ausserdem sorgt man für Reinigung des Thieres, besonders im Umfange der gedrückten Stelle.
Bleiben nach Widerrüstschäden Verdickungen der Haut, ungleiche Narben oder schwammige Geschwülste zurück, so kann man auf die zwei ersten pathologischen Folgen die graue Merkurialsalbe oder die .Todsalbe anwenden, um die Resorption und Zertheilung auf milde Weise zu bewirken; aber die schwammigen Geschwülste reibe man
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l) Diese Bougies werden bereitet, indem man Bindfäden von verschiedener Dicke, je nach der Weite der Fisteln, mit Gummischleim, oder Mehloder Stärkemehlkleister befeuchtet, dann in fein pulverisirtem Höllenstein, oder Kupfervitriol, rothen Präcipitat, Aetz-Sublimat oder Chlorzink rollt, sie hiernach trocknet und in Stücke nach der Länge der Fisteln theilt. Oder, man beslreicht die Bindfäden mit einem Gemenge von arabischem Gummi oder Mehl und Wasser und diesen Mitteln in beliebiger Concentration, trocknet sie u. s. w. Sie bleiben 2—3 Tage in der Fistel.
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Die Brustbeule.
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sogleich und wiederholt mit Uug. Caiitharidum ein. Man hüte sich, diese schwammigen Verdickungen, welche nicht selten auf dem Riik-ken, besonders am hintern Ende desselben nach Druckschäden sich vorfinden, mit dem Messer zu öffnen, oder zu exstirpireu; denn es entstehen hierdurch in der Regel sehr schwer heilende Wunden und bei der Heilung derselben mehr oder weniger dicke Narben.
Nach erfolgter Heilung eines Druckschadens muss jeder neue Druck durch den Sattel oder das Geschirr mit noch grösserer Vorsicht vermieden werden, als dies im Allgemeinen schon erforderlich ist; und müssen die Thiere dennoch mit demselben Sattel oder Geschirr wieder arbeiten, so hat man auch hier die Hilfsmittel, welche oben zur Verhütung des wiederholten Drucks bei schon bestehender Quetschung empfohlen sind, in Anwendung zu bringen.
Eck will die Widerrüstschäden durch innerliche Anwendung der Nux vomica (täglich einmal 5j) und dabei höchstens noch Einreiben der Kantharidensalbe ohne Operation heilen. 1)
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Drittes Capitel.
Die Brustbeule (Anticoeur *).
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Als Brustbeule bezeichnen die Schriftsteller eigentlich zwei ihrem Sitz und ihrer Beschaffenheit nach verschiedene Leiden der Zugpferde, nämlich: 1) als oberflächliche Brustbeule eine mehr als oberflächliche Geschwulst an der vordem Fläche der Brust, die von mehr oder weniger bedeutendem Umfange ist und sich oft bis zwischen den Vorderbeinen unter die Brust, ja bis an den Bauch erstreckt, dabei anfänglich an. einem Theil gespannt, am untern Theil ödematös ist, grösstentheils aus ergossenem Blut und Blutwasser besteht, und in Zertheilung oder in Eiter- und Jauchebildung übergeht. Oft ist die Geschwulst sehr schmerzhaft und im Verhältnisse zum Schmerz ist auch gewöhnlich mehr oder weniger Hitze und zuweilen auch Fieber zugegen; und
2) als eigentliche oder scirrhöse Brustbeule eine über und neben dem Buggelenk, in und unter dem gemeinschaftlichen Kopf-, Hals- und Armbeinmuskel sitzende Geschwulst, die anfänglich von geringem Umfange ist, auch in späterer Zeit sich nicht so weit ausbreitet als die erstere, aber in der Tiefe als eine harte, begränzte,
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') Magazin für die ges. Thierheilk. Bd. XVII. S. 305.
2) Mit dem ganz unpassenden Namen „Anticoeurquot; bezeichnen die französischen Thierärzte fast allgemein eine Form des Milzbrandes oder des Anthrax, bei welcher Carbunkeln an der Brust zum Vorschein kommen. In diesem Sinne ist der Name hier nicht angewendet.
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laquo;w
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Die Brustbeule.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;259
knotenartige Masse sich darstellt. Auch bei dieser Geschwulst ist aussei' dem Schmerz mehr oder weniger Wärme zu bemerken, sehr selten ist aber, selbst bei hohen Graden dieser Symptome, auch Fieber zugegen. Die letztere Geschwulst entwickelt sich in der Regel nur sehr langsam bis zu einem Durchmesser von circa 4 — 5 Zoll, während die erstere Geschwulst gewöhnlich schnell entsteht; bei beiden gehen die Thierc gespannt und bei der zweiten Form oft bedeutend lahm mit dem Fasse der leidenden Seite, fast wie bei Buglahmheit; auch wollen sie bei beiden Foimeu nicht gern im Geschirr anziehen. — Der Sitz dieser Geschwülste ist bei der ersten Form mehrentheils nur in der Haut selbst, im Zellgewebe unter ihr und, jedoch weniger, in den Muskeln; bei der zweiten ist er immer in dem gemeinschaftlichen Kopf-, Hals- und Armbeinmuskel, oder auch zugleich in einer der neben dem Buge liegenden Lymphdrüsen.
Die Ursachen dieser Geschwülste sind solche Einwirkungen, welche Quetschungen an der Brust hervorbringen können; daher entsteht die Brustbeule am leichtesten bei solchen Pferden, die eine stark hervorstehende Brustbeinspitze, eine sogenannte Habichtsbrust, haben, weil bei diesen, wenn sie mit der Brust an einen harten Gegenstand laufen oder von einem solchen getroffen werden, das Brustbein entweder, oder die hier liegenden weichen Theile weit leichter gequetscht werden, als bei anderen, deren Brustbeinspitze mehr zurücksteht. Die erstere Form der Brustbeule entsteht gewöhnlich durch oberflächliche plötzliche Einwirkungen, während die zweite Form mehr durch den dauernden Druck zu hoch liegender Seitenblätter oder Brustblätter und zu enger Kummete entsteht. In manchen Fällen scheint die letztere zugleich eine Folge innerer Ursachen zu sein; ich sah sie z. ß. metastatisch nach schnell geheilter Hodeu-entzüudung hervortreten.
Ausgänge und Prognosis. Die Brustgeschwülstc der ersten Art gehen meistens in gutartige Zertheilung und Heilung über, wenn nicht etwa das Brustbein mitgelitten hat, und wenn zur rechten Zeit ein zweckmässiges Heilverfahren eingeleitet wird. Geschieht Letzteres aber nicht, hat das Uebel schon seit einiger Zeit bestanden, oder haben die Ursachen sehr stark eingewirkt, so ist oft Eiterung und Verjauchung unvermeidlich. Ohne genaue Aufsicht und künstliche Hilfe tritt dann zuweilen Ergiessung und Senkung des Eiters ins Zellgewebe zwischen die Muskeln, selbst bis in die Bmsthöhle ein, wodurch üble Hohl- und Fistelgeschwüre, die sehr lange dauern und auch gefahrlich werden können, entstehen. Dies ist vornämlich der Fall, wenn das Brustbein durch die ergossene Flüssigkeit in Mitleidenschaft und in Ulceration versetzt worden ist, weil die Textur dieses Knochens sehr locker und schwammig ist und in allen solchen Knochen die einmal entstandene Caries sehr schnell um sich greift und schwerer zu heilen ist, als in mehr compakten und festen Knochen. — Die Brustbeule der zweiten Art lässt sich sehr selten zertheilen, sondern geht in ihrer Mitte fast immer in Eiterung über, während die übrige Masse rund herum, und besonders im gemeinschaftlichen Muskel, speckartig derb bleibt, den gewöhnlichen Zer-theilungsmitteln hartnäckig widersteht, und wobei die Thiere bald
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Die Brustbeule.
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mehr bald weniger lahm gehen. Zuweilen bilden sich dabei Senkungen des Eiters und der Fisteln. Bei einem zeitig in die Eiterhöhle gemachten Einstich und weiterer zweckiniissiger Behandlung kann die Heilung in 3 •— 4 Wochen erfolgen, bei Vernachlässigung dauert das Uebel 4—6 Monate. Verhärtete Beulen verlangen die schärl'sten Reizmittel und selbst die Exstirpation.
Die Behandlung der Brustbeulcn richtet sich zunächt nach ihrem Zustande, und zum Theil auch nach ihren Ursachen. Ist bei der oberflächlichen Beule die Geschwulst noch in frischem Zustande, ohne bedeutende Ergiessung von Blut oder Serum und ist sie in Folge äusserer Ursachen entstanden, so ist immer die Anzeige zur Zertheilung derselben vorhanden. Um dieser Anzeige zu genügen, macht man in den ersten 2 — 3 Tagen Umschläge von kaltem Wasser, Oxykrat, Bleiwasser u. dgl., aber nach dieser Zeit warme Bähungen von diesen Mitteln oder von zertheileuden Kräutern, die in Essig gebrüht sind. — Haben Ergicssnngcn von Blut oder von Blutwasser stattgefunden, so müssen diese durch gemachte Einstiche sofort entleert werden, um die Entartung dieser Säfte und die dadurch leicht mögliche Zerstörung der benachbarten Theile, besonders des Brustbeins, zu verhüten. Ist die Geschwulst von bedeutendem Umfange und herabhängend, so muss man an der tiefsten Stelle derselben förmliche GegenölFnuiigen machen. Auch nach dem Entleeren der ausgetretenen Flüssigkeiten müssen die Bähungen mit warmen Infusen aromatischer Kräuter noch fleissig fortgesetzt werden. Bei grosser Empfindlichkeit kann man zu diesen Mitteln noch schleimige, bei grosser Erschlaffung aber adstringirende oder auch weingeistige Mittel fügen.
Ist aber der erste Zeitraum solcher Geschwulst schon vorüber und die Eiterbildung im Beginne, was man aus den diesen Zustand begleitenden Symptomen wahrnimmt •— so befördere man diesen Uebergang durch das Einreiben milder Fette oder Salben, oder durch fleissig fortgesetzte warme Bähungen mit schleimigen Abkochungen, bis man an irgend einer Stelle den schon gebildeten Eiter bemerkt. Ist dieses der Fall, so säume man nicht mit der Entfernung desselben durch eine hinreichend grosse Ücffnung, welche man dann mittelst einer in sie gelegten lockern Wergwiecke einige Zeit offen erhält, bis die Eiterung sehr vermindert ist und die Oelfnung sich zusammenzieht und von Innen ausfüllt. Durch lauwarme Bähungen mit gelind aromatischen Kräuteraufgüsseu bewirkt man dann noch die Reinigung und Heilung des Geschwürs. Sind jedoch in Folge von Vernachlässigung Fisteln und Hohlgeschwüre entstanden, so müssen diese bis auf den Grund gespalten oder wenigstens nach Möglichkeit erweitert und dann je nach der Beschaffenheit ihrer Oberfläche und nach dem Grade ihrer Thätigkeit weiter behandelt werden, — in der Art, wie dies bei der Eiterung im Allgemeinen angegeben ist.
Ist das Brustbein angegriffen, so muss dieses, so weit die Muskeln getrennt von ihm sind, blossgelegt, dann der schadhafte Theil mit einem starken Skalpell entfernt, oder gebrannt und dann die Heilung durch gute Eiterung befordert werden.
Die Brustbeule der zweiten Art behandelt man in der ersten
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Die Brustbenle.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;261
Zeil ihres Bestehens, wenn die Entzündung heftig ist, ebenfalls entzündungswidrig, jedoch nicht durch Umschläge von kaltem Wasser, Essigwasser, Bleiwasser, sondern durch Bähungen mit Salmiak, Kochsalz oder Pottasche und durch Einreiben der grauen Merkurialsalbe, um die Zertheilung der Geschwulst zu bewirken. Doch halte man sich nicht lange damit auf, wenn nicht grosse Besserung sichtbar wird, da man durch diese milde Mittel den Zweck doch kaum noch erreicht, wenn die Geschwulst hartnäckig in gleichem Grade fortdauert. In diesem Falle kann die Zertheilung möglicherweise nur noch durch das Ung. Cantharidum, zwei- bis dreimal, nach Zwischenzeiten von 5 — 6 Tagen auf die Beule gestrichen, oder durch ein Pflaster aus 12 Th. Terpenthin und 1 Th. Sublimat, — oder durch folgendes Mittel bewirkt werden: man nimmt Quecksilbersublimat 5j, pulv. Kanthariden und Euphorbiumharz, von jedem 3ij, rauchende Salpetersäure 3iij, und concentrirte Schwefelsäure 5vj; die Pulver werden in ein trocknes irdenes oder gläsernes Gefass ') gethan, dann die beiden mit einander gemengten Säuren tropfenweis hinzugegossen, das Ganze gut umgerührt und hierauf die, einer dünnen Salbe ähnliche Masse mit einem Span oder einem Spatel etwa in der Dicke eines Strohhalms auf die Beule gestrichen. Sind daselbst die Haare sehr lang, so schneidet man sie vorher dicht an der Haut ab, und unter die Beule kann man vorher etwas Gerat oder Fett auf die Haut streichen, obgleich die Masse nicht von der Applicationsstelle abfliesst. •— Es entsteht daselbst in der Regel nur eine schwache Entzündung und oft kaum bemerkbare Ausschwitzung, aber die Ober haut stirbt ab, wird ganz trocken, löst sich nach etwa 8 Tagen vom Rande her allmälig mehr und mehr ab und kann nach und nach abgeschnitten werden. Zuweilen entsteht mit etwa 3—4 Tagen nach der Anwendung ein starkes Oedem unter der Applicationsstelle. Die Beule verkleinert sich langsam und verliert sich zuweilen erst nach 4 Wochen; ist in einem Falle die Wirkung des Mittels nur gering und besteht nach 3 Wochen noch eine bedeutende Härte an der Geschwulst, so kann man dasselbe noch einmal wiederholen. Die Thiere können bei dieser Behandlung, wenn die erregte Entzündung vorüber ist, in einem passenden Geschirr arbeiten.
Wird die Zertheilung nicht erreicht, oder zeigt die Geschwulst schon von selbst eine Neigung zur Eiterung, so bewirke man dieselbe so schnell als möglich. Dies geschieht sehr zweckmässig, wenn man die Geschwulst täglich einmal mit Althaeensalbe oder mit Fett, zu welchen beiden IMitteln man, um sie etwas erregender zu machen, den dritten Theil Lorbeeröl, oder Terpenthinöl oder Terpenthin zusetzt, bestreicht, und dann, um sie immer in einer etwas erhöhten Temperatur zu erhalten, mit warmen Breiumschlägen oder mit einem wollenen Lappen oder mit einem Stück Fell bedeckt. Geht nun die
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') Bei dem Zusammenrühren der Säuren mit den Pulvern erhitzt sich die Masse, steigt in die Höhe und fliesst aus dem Gefäss, wenn letzteres nicht noch einmal so gross ist, wie das Volumen der Mittel, — was daher bei der Wahl des Gefässes zu beachten ist.
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Geschwulst in Eiterung über, so darf man nicht die Oeffnung derselben so lange aufschieben, bis die gewöhnlichen Zeichen der Reife der Abscesse äusserlich deutlich wahrnehmbar sind; — denn wegen der tiefen Lage der Geschwulst treten diese Zeichen nur sehr undeutlich, zuweilen gar nicht ein und nur in den wenigsten Fällen kann man den Eiter durch gegenseitigen Druck beider Hände in der Tiefe wirklich fühlen. — Ist die Geschwulst über ?#9632;—12 Tage deutlich vorhanden, hat sie im Umfange und in ihrer Spannung zugenommen, so dass keine Eindrücke von den Fingern mehr auf derselben bleiben, ist die Wärme und der Schmerz zugleich vermehrt, ist vielleicht ein Fieberanfall vorausgegangen, so kann man früher schon das Vorhandensein des Eiters vermuthen, und muss deshalb zu einer baldigen Entleerung schreiten. #9632;— Zu diesem Behufe muss das Pferd in den meisten Fällen gut gebremst und niedergelegt werden. Ist dies geschehen, so scheert mau zuerst auf der Geschwulst die Haare so weit weg, als man den Schnitt machen will; dann spaltet man die Haut mit einem über die grösste Hälfte der Geschwulst reichenden Schnitte von oben nach unten, geht darauf mit dem Finger in die gemachte Oeffnung, um sich von der eigentlichen Lage und Beschaffenheit der Geschwulst und der etwa über ihr liegenden Theile nochmals deutlich zu unterrichten und schneidet dann neben oder durch den gemeinschaftlichen Kopf-, Hals- und Armbeinmuskel immer nach den Fasern desselben auf die Geschwidst dreist ein, bis man auf den Eitersack selbst kommt, welchen man durch das nachgebende, fluetuirende Gefühl bei der Untersuchung mit dem Finger erkennt. Diesen öffnet man durch einen Stich mit dem Skalpell oder mit der Lanzette, so dass der Eiter frei ablliesst. Hierbei darf man sich durch die bedeutende Tiefe des Schnittes nicht abschrecken lassen, in welcher man zuweilen denselben machen muss, ehe man auf den Eiter kommt. Die fast immer ganz glatte und feste Oberfläche der Eiterhöhle kann mit einem knopliormigeu Eisen gelind gebrannt oder mit einem Aetzmittel bestrichen, äusserlich ein warmer Breiumschlag angewendet werden, bis die Härte der Beule verschwunden ist. Geschieht Letzteres nicht innerhalb 14 Tagen, so muss man das Ung. Cantharidum ein- oder zweimal anwenden.
In denjenigen Fällen, wo die Brustbeule in eine ganz harte, scirrhöse Masse entartet ist, — es mag dies nach stattgefundener unvollständiger Eröffnung der Beule oder ohne dieselbe geschehen sein, •— gelingt die Auflösung und Zertheilung dieser Masse gewöhnlich auf keine Weise und es bleibt deshalb hierbei nichts anderes übrig, als die Ausschälung des krankhaften Theils des gemeinschaftlichen Muskels. Die Operation ist aber wegen der Nähe der Carotis und der Drosselvene und einiger kurzer, starker Zweige derselben etwas schwierig und verlangt grosse Vorsicht. Das Pferd muss hierzu niedergelegt werden. Nachdem die Haare an der Operationsstelle abgeschoren sind, sucht man zuerst die Lage der genannten Gefässe durch das Befühlen und durch den Druck auf das unterste Ende der Vene (um sie sichtbar zu machen) zu erforschen, und führt dann über die Mitte der Beule in ihrer ganzen Länge von oben nach unten einen Schnitt durch die Haut und die Hautmuskel, dann präparirt man die
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Stollbeulen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;263
Hautränder von dem entarteten geineiuschaftlichen Muskel, so weit wie die Verhärtung reicht, — trennt darauf den vordem Rand dieses Muskels und zugleich die etwa verhärtete Bugdrüse von den angrän-zenden Theilen, führt von diesem Rande um die verhärtete Masse einen fast halbkreisförmigen Schnitt durch die ganze Dicke des Muskels, zieht nun die Masse vermittelst eines durch sie gezogenen Fadens hervor und löst sie theils mit dem Finger, theils mit dem Messer von den darunter liegenden Theilen. Entstellende Blutungen müssen immer sogleich durch die Unterbindung der verletzten Gefässe gestillt werden. Bleibt an einer Stelle noch etwas von der verhärteten Masse zurück, so kann man dieselbe mit dem Glüheisen brennen. Die Wundhöhle wird mit massig festen Tampons (Ballen) von Werg ausgefüllt und geheftet. Man lässt das Thiei- vorsichtig aufstehen, stellt es umgekehrt in den Stand, giebt ihm bis zur eingetretenen Eiterung einen Wächter, nimmt den ersten Verband nach 3 Tagen ab und heilt die Wunde durch Eiterung.
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Viertes Capitel.
Die Stollbeulen und Stollschwämme. l,)
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Mit diesen Namen belegt man Geschwülste, die ihren Sitz an der hintern Seite und auf der Spitze des Ellenbogens haben und von verschiedener Grosse, Form und Beschafl'enheit sind. Die Grosse derselben kann sich von der einer Haselnuss bis zum Umfange eines Kindeskopfs erstrecken. Die Form ist oft nicht genau begräuzt, sondern mehr ausgebreitet unter den allgemeinen Decken im ganzen Umfange des Ellenbogengelenks; eben so oft aber ist sie vollkommen begränzt und dann flach aufsitzend, halbrund, ganz rund, birnförmig u. s. w. Die BeschalFenheit der Stollbeulen ist grösstenthcils nach der Zeit ihres Bestehens verschieden; hiernach sind sie entweder frisch entstanden oder veraltet. Erstere sind immer mehr odef weniger stark entzündet und zuweilen mit Ergiessuug von Blut oder Blutwasser verbunden; letztere aber sind meist sogenannte kalte Geschwülste ohne deutlich bemerkbare Entzündung (wenigstens ist keine reine aktive Entzündung in ihnen zugegen), obgleich sie im Innern mit einer sehr geringen chronischen Entzündung verbunden sind. Daher findet man bei den schon seit einiger Zeit bestehenden
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') Da die hier abzuhandelnden Beulen und Geschwülste, die mit diesen Namen belegt werden, eben so oft von anderen Ursachen als von den Stoffen der Hufeisen erzeugt werden, wie weiter unten gelehrt werden wird, so ist diese Benennung nicht ganz richtig, und es wäre besser, dafür diese Geschwülste, nach ihrem beständigen Sitze, Ellenbogenbeulen zu nennen.
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264nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Stollbenlen.
Stollbeulen meistens krankhafte Erzeugnisse solcher chronischen Entzündungen (Pseudo - Organisationen) und zwar von der verschiedensten Art, indem sie entweder weich und schwammigt, oder fest, speckartig, zuweilen sogar knorpelartig, ja selbst knochenartig sind, mit oder ohne Balg bestehen und in demselben Lymphe, Eiter, eine breiige, käsige Materie,; auch sogar Haare enthalten. Ausserdem sind diese Beulen entweder fest mit der Haut verbunden oder auch an den Ellenbogen gewachsen, oder sie hängen frei und beweglich, gleichsam gestielt, im Zellgewebe, und lassen sich dann hin und her bewegen. Endlich sind die Stollbeulen auch in ihrem Entstehen und Verlaufe verschiedenartig, denn manche entstehen sehr schnell, binnen wenigen Stunden, in einer Nacht, andere entwickeln sich all-mälig, erst in mehreren Tagen, und weiter in Wochen und Monaten.
Die Diagnosis der Stollbeulen ist demnach im Allgemeinen durch eine Geschwulst am Ellenbogen, — im Speciellen durch die Beschaffenheit und die Zeit des Bestehens dieser Geschwulst bedingt.
Die Ursachen. Alle Pferde haben gewissermaassen eine Anlage zu Stollbeulen in einem, am Ellbogen unter der Haut und der sehnigen Ausbreitung sitzenden Sehnenscheidenbeutel, welcher, durch äus-sere Einwirkungen gedrückt, sich entzündet und dann in verschiedener Weise entartet. Doch muss ausdrücklich bemerkt werden, dass nicht bei jeder Stollbeule dieser Schleimbeutel leidet, sondern die Quetschung und deren Folgen oft bloss auf die Haut und das Zellgewebe beschränkt sind. Die wichtigsten Veranlassungen zum Entstehen der Stollbeulen bestehen in äussern Veranlassungen, namentlich Quetschungen. Am gewöhnlichsten entstehen sie bei Pferden, die in engen Kastenständen, auf schlechtem, holperichtem Boden ohne hinreichende Streu stehen und liegen müssen, so wie bei denen, welche zu kurz angebunden sind, zu kurze Nachtketten haben, so dass sie sich beim Niederlegen nicht gehörig ausstrecken können, and bei solchen, welche die üble Gewohnheit haben, sich wie die Kühe niederzulegen, so dass der Ellenbogen auf den einen Stollen des Hufeisens zu liegen kommt. Haut, Schleimbeutel und Ellenbogen oft wiederholt gedrückt, entzündet und zur Bildung eines After-Products gestimmt werden, was dann die allmälig entstandene Geschwulst ist. Doch muss der Druck nicht gerade vom Stollen herrühren, denn bei Pferden, die sich so niederlegen, entstehen Stollbeulen, auch wenn ihre Hufe nicht beschlagen sind; — der Druck des harten Hufes ist somit allein hinreichend zur Erzeugung derselben.
Nicht selten entstehen hierbei die Beulen aus einer Innern Disposition und Waldinger sagt mit vollem Recht, dass bei Pferden, die häufig an Stollbeulen leiden, gewöhnlich die Lunge und die Leber nicht gesund sind und daher schlechte Säfte im Körper bereitet werden; — schon das Liegen der Thiere auf der Brust deutet auf ein Leiden dieser Art hin. ') Ausserdem spricht noch fiir diese in-
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') Ich glaube nicht, dass sie direkte Folge eines Lungenleidens etc. sind, sondern sie entstehen mittelbar aus der Art des Liegens, weil lungenkranke Pferde mit untergeschlagenen Fassen liegen.
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Stollbeulen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 265
nere Disposition der Umstand, dass man die Stollbeulen bei Pferden mit starken Knochen und schlaffem Bau, und die auf fettem, wässerigem Boden erzogen worden sind, weit häufiger findet; weshalb man auch das Uebel.vorzüglich nur bei Holsteinischen, Holländischen und anderen Pferden aus niedrigen Gegenden antrifft, sehr wenig aber bei Thieren aus trockenen Gegenden, z. ß. bei den Türken, Arabern u. s. w. Aus den angeführten Ursachen findet man sie im Allgemeinen häufiger bei grossen Pferden, bei den Kürassierpferden, als bei den kleinen, bei Stadtpferden mehr als bei Landpferden. Man hat auch bemerkt, dass Wallachen mehr als Stuten, und diese mehr als Hengste Aidage dazu haben. #9632;— In manchen Fällen entstanden die Stollbeulen nach innern Krankheiten förmlich metastatisch und kritisch, mit auffallender Besserung des primären Leidens. In manchen Jahren kamen sie fast epizootisch, plötzlich, oft nach Druse oder mit derselben zugleich, auch mit biliösen Leiden vor und ihr Sekret war gelblich.
Die Vorhersagung ist bei diesen Geschwülsten sehr unbestimmt in Hinsicht ihrer Entfernung und Heilung, — indem in vielen Fällen selbst bei den erst neu entstandenen doch alle Mittel zur Zertheilung vergeblich sind, sondern die Geschwülste in Eiterung oder in Verhärtung übergehen und chronisch werden, wo dann oft ihre Entfernung sehr schwierig ist und sie auch bei der besten Pflege dennoch wiederkommen. In Hinsicht ihres Einflusses auf das Wohlsein der Thiere und deren Gang ist aber die Prognosis günstig, weil nur manche Stollbeulen beim ersten Entstehen das Thier etwas lahm machen, in der Folge sind sie aber fast ganz ohne Einfluss und gelten nur als bedeutende Schönheitsfehler.
Die Behandlung der Stollbeulen ist verschieden nach ihrer Beschaffenheit und hiernach kann man also für die Praxis folgende verschiedene Arten von Stoll- oder Ellenbogenbeulen unterscheiden und darnach die jeder Art entsprechende Behandlung einleiten:
1)nbsp; nbsp;die frisch entstandenen Stollbeulen, die als Form eine mehr oder weniger ausgebreitete Entzündungsgeschwulst mit gleichmässiger Spannung und Härte erscheinen, oder die auch nebenbei ergossenes Blut oder Serum und späterhin Eiter enthalten, zuweilen sogar in Folge des zu heftigen oder zu andauernden Drucks theilweis brandige Absterbung zeigen;
2)nbsp; diejenigen, welche ohne frische Entzündungszufälle bestehen, aber entweder ergossene Flüssigkeit in sich fühlbar enthalten, oder wo die Geschwulst wie ein lockerer, gleichmässiger Schwamm ohne bedeutende Höhlen und Abtheilungen im Innern zu fühlen ist;
3)nbsp; sackartige und deutlich umgränzte Stollbeulen, die fest oder locker mit dem Knochen und den übrigen Theilen zusammenhängen und irgend eine Flüssigkeit in ihrem Sacke enthalten;
4)nbsp; sehr harte und in ihrem ganzen Continuum fest anzufühlende speckartige Geschwülste.
Aus diesen angegebenen Unterschieden der Stollbeuleu wird man sehr leicht einsehen, dass es keine speeifischen Mittel zur Heilung derselben geben könne, wie manche Leute dies glauben; doch aber haben auch hier die angezeigten Mittel immer mehr oder weniger
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Stollbeulen.
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Vorzüge vor einander, die jedoch so bedeutend nicht sind. Mehr als durch die geringen Vorzüge des einen oder des andern einzelnen Mittels einer und derselben Art kann man durch ihre geschickte Anwendung und durch einzelne kleine Vortheile J)ei der Behandlung dieser Geschwülste überhaupt erreichen. Die Praxis giebt dazu die beste Anleitung. Bei allen Arten der Stollbeulen kommt es bei der Behandlung vorzüglich darauf an, dass man die veranlassenden Ursachen aufsuche und beseitige und zunächst alle fernere, drückende, quetschende Einwirkung vermeide. Kann man dies nicht bewirken, so gelingt es auch höchst selten, eine baldige und völlige Heilung herbeizufiihren, indem das Uebel sich immer wieder erneuert und somit oft während der Anwendung der zweckmässigsten Heilmittel täglich vergrössert, anstatt sich zu verkleinern. Dies ist auch der Grund, dass manche Thierärzte bei übrigens gleicher Behandlung dennoch einen so ungleichen Erfolg ihrer Behandlung sehen, indem der eine, der auf die Ursachen und überhaupt auf alle Umstände Rücksicht nimmt, recht glücklich in diesen Kuren ist, dahingegen der andere, der dies nicht thut, gewöhnlich auch nicht von der Stelle kommt.
Um also diesen Zweck, die Verhinderung des Drucks für die Zukunft, zu erreichen, muss man zunächst das Hufeisen des leidenden Fusses untersuchen und hierbei besonders sehen, ob die Stollen zu hoch oder zu spitzig sind, oder ob sie zu sehr nach der Innern Seite stehen. Ist einer dieser Zustände zugegen, so muss er zweck-mässig abgeändert und wenn es die Umstände erlauben, muss das Eisen, während der Heilung wenigstens, abgenommen werden. #9632;— Findet man am Hufeisen keine Schuld, so erforsche man die Art, wie das Thier des Nachts liegt, und wenn man es mit untergeschlagenen Füssen liegend findet, so sehe man zunächst, ob das Thier durch einen engen Stand zu dieser Lage gezwungen ist, oder ob es freiwillig dieselbe wählt. Hiernach richtet sich die Abhülfe: im erste-ren Falle durch einen grösseren Stand und im letzteren durch ein ledernes Band, das mit vielen ^ Zoll langen spitzigen Nägeln versehen ist und dem Pferde um den Fessel oder um den untern Theil des Schienbeins in der Art bei Nachtzeit angeschnallt wird, dass die Spitzen der Nägel auswendig am Bande, an der hintern oder innern Seite des Fusses zu liegen kommen, damit das Pferd die Lage mit unter den Leib geschlagenen Füssen nicht aushalten kann, weil die Nägel in die Brust stechen. Wo die Thieie wegen kranker innerer Organe diese Lage haben, da nutzt solches Band nichts, sondern quält das Thier. Will oder kann man ein solches Band nicht anwenden, so muss man einen Lederschuh, dessen hinterer Theil rund um die Ballen mit Rosshaaren gefüttert und mit weichem Leder überzogen ist, jede Nacht anschnallen oder den Huf und Fessel alle Abende mit Stroh oder Heu gut umwinden lassen, um somit wenigstens die Härte des Hufes zu mindern. Dieses Mittel ist auch nach der Heilung als Präservativmittel gegen die Stollbeulen so lange als möglich anzuwenden. Ist von diesen Mitteln keins wegen Mangel an Fleiss und gehöriger Aufmerksamkeit von Seiten der Pferdewärter anzuwenden, so ist das sicherste Mittel zur Erreichung des genann-
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Stollbeulen. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;267
ten Zweckes, dass man -während der Heilung das Thier so lange als möglich gar nicht niederlegen, sondern immer kurz angebunden stehen lässt. Aber auch dieses Mittel wird der Thicraramp;t nicht immer nach seinem Wunsche in Anwendung bringen können, weil die Pferdeeigcnthümer und die Kutscher aus Liebe für ihre Pferde es nicht leicht thun werden, ein Pferd durch 8 oder mehrere Tage gar nicht niederlegen zu lassen, in dem Glauben, das Thier hält es so lange ohne Liegen nicht aus.
Was die Behandlung der Geschwülste selbst betrilFt, so ist bei denjenigen, welche frisch entstanden und noch entzündet sind — bei welchen öfters ein Theil des Vorarms mit angeschwollen ist — die Anzeige zur Herbeiführung der Zertheilung vorhanden. Dieser sucht man zu genügen durch kalte Anstriche von Thon, Lehm oder Bolus, durch Umschläge von Oxykrat, von Seifensiederlauge mit Kochsalz, oder wenn die Geschwulst etwas ödematös ist, durch warme Bähungen mit Aufgüssen von aromatischen Kräutern in Verbindung mit Salz oder Salmiak u. dgl. Die kühlende Behandlung darf nur so lange geschehen, als wirklich aktive Entzündung besteht, weil sonst leicht Verhärtungen sich bilden.
Geht aber die Entzündung einer solchen Stollbeule mit Zurücklassung einer kalten, schmerzlosen Geschwulst vorüber, so ist sie wie die folgende Art zu behandeln; geht sie in Eiterung über, so behandelt man sie wie einen gewöhnlichen Abscess. Der letztere Uebergang ist oft recht günstig, weil er häufig die gründliche Heilung bewirkt.
Kalte, schwammige Stollbeulen ohne Höhlen in denselben sind ebenfalls noch oft zur Zertheilung zu bringen. Man wendet zu diesem Zwecke Einreibungen von stark erregenden Mitteln, z. B. jn der ersten Zeit täglich ein Paar Mal von grüner Seife oder von einem Liniment aus Wasser und gemeiner Seife, später von Kanthariden-tinktur mit Lorbeeröl oder für sich, oder von Stein- oder Terpen-thinöl, von Ammoniumliniment mit oder ohne Kampher, Merkurial-salbe mit Kampher oder mit Terpenthinöl, Terpenthin mit Kali- oder Ammoniumverbindungen u. dgl. an. Besser als alle diese Mittel ist eine Zusammensetzung von schwarzer oder eigentlich grüner Seife mit Salmiak, Steinöl und Kantharidentinktur in folgendem Verhältnisse: schwarze Seife 5jv, Salmiak 3j5 Steinöl und Kantharidentinktur ää JjS—5vj. Dies giebt ein mittelmässig consistentes Liniment, welches von ausserordentlich kräftiger Wirkung ist und dennoch die Haare nicht zerstört. Ganz ähnlich ist folgende Zusammensetzung: Kali carbon, gij, 01. terebiuthin. gjv, Liq. ammon. caust. ijiij, wozu man allenfalls noch etwas Kantharidentinktur oder Branntwein (Jvj) hinzusetzt. Man wendet es täglich einmal durch tüchtiges Einreiben in die Geschwulst an und setzt jeden dritten oder vierten Tag damit aus, nnd an dem folgenden Tage wäscht man vor dem Einreiben das in den Haaren sitzende Liniment mit lauwarmem Seifenwasser ab. Die Geschwulst wird bei dem Gebrauche dieses Mittels massig entzündet, warm und schwitzt täglich etwas Lymphe in Gestalt eines Dunstes aus; wird jedoch das Ausschwitzen sehr stark, so dass die Haare auf der Geschwulst zusammenkleben, so muss man das Abwa-
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268nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Stollbenlen. Behandlung.
sehen mit warmem Seifenwasser noch öfters wiederholen. Das Ausschwitzen ist übrigens ein günstiges Zeichen von der beginnenden Zertheilung. Ist aber die Geschwulst zu alt und sehr hartnäckig, so kann man die Salbe durch stärkeren Zusatz von Salmiak, Steinöl und Kanthariden in ihrer Wirkung noch erhöhen. Sicherer und schneller bewirkt man die Zertheilung durch von Zeit zu Zeit wiederholte Einreibung der Kantharidensalbe, — oder durch das in einzelnen Streifen erfolgende Bestreichen der Haut auf der Beule mit Acidum nitricum oder Acidum sulphuricum, — oder durch das Aufstreichen des im vorigen Capitel (S. 261) angegebenen Gemenges aus Sublimat, Kanthariden, Euphorbium, Schwefel- und Salpetersäure. Letzteres Mittel ist hier ein wahres Spezifikum und verdient um so mehr Beachtung, weil die Thiere in etwa 6 Stunden nach der Anwendung wieder arbeiten können und die Anwendung gewöhnlich nur einmal nöthig ist. — Zuletzt bleibt eine schlaffe, oft beuteiförmige Haut zurück, die man durch stärkende Mittel, Kampher-, Salmiakgeist, Eichenrinden-dekokt mit Alaun und ähnliche Mittel behandelt, um sie zu stärken und zu verengern.
Bei der dritten Art der Stollbeulen (die gleich vom Anfange ihres Bestehens oder erst nach einigen Tagen irgend eine Flüssigkeit, gewöhnlich eine Art Blutwasser mit Lymphe gemischt enthalten, die mehr oder weniger deutlich begränzt und mit Wärme und Empfindung verbunden sind) darf man sich trotz ihres frischen Zustandes und ihrer entzündlichen Symptome dennoch keine Hoffnung auf Zertheilung machen, sondern man muss sie baldigst durch einen Einstich, welchen man massig erweitert, öffnen und ihren Inhalt entleeren. Gewöhnlich findet man nach dem Oeffnen eine Höhle, deren Wände sich etwas derb anfühlen und die in den meisten Fällen durch quer verlaufende sehnenartige oder gefässartige Fäden mit einander in Verbindung stehen. Diese Fäden schneidet oder reisst man heraus, und reibt dann äusserlich die Kantharidensalbe einige Male ein, um dadurch gutartige Eiterung und Verminderung der in der Umgebung der Höhle noch übrigen Härte zu bewirken. Fette Salben sind schädlich, weil sie die Erzeugung von schwammigem Fleische begünstigen. Bei guter Eiterung erfolgt die Heilung bald. Am Ende wendet man austrocknende Pulver von Enzianwurzcl, Eichenrinde u. dgl. mit Alaun an.
Die vierte Art der Stollbeulen sind die -wirklich veralteten Balggeschwülste. Die Behandlung derselben ist nach der Beschaffenheit des Balges und seines Inhalts verschieden. Zertheilung ist hier nicht mehr möglich, sondern es ist die Indication laquo;zur Entfernung der Beule gegeben. Diesem Zwecke entsprechen viererlei Heilmethoden, nämlich 1) das Abbinden der Geschwulst; 2) die Ausschälung derselben durch das Messer; 3) die Zerstörung durch eine in ihr erregte heftige Entzündung und Eiterung; oder 4) die Tödtung derselben durch eingebrachte spezifische Zerstörungsmittel.
Das Abbinden kann nur bei solchen Stollbeulen stattfinden, welche locker in einem langen Beutel herabhängen oder wie auf einem langen Stiele sitzen. Zum Abbinden bedient man sich zweierlei Methoden, o) indem man vor dem Anlegen der Ligatur die Haut
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Stollbeulen. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;269
um den Gruud der Geschwulst durchschneidet; b) indem das Anlegen der Ligatur ohne vorhergegangene Hauttreunung erfolgt; das erstere Verfahren hat den Vortheil, dass ein schnelleres Absterben der Geschwulst dadurch herbeigeführt wird. In beiden Fällen legt man die Ligatur am Grunde der Geschwulst an, um alles Krankhafte mit zu eutfernen, und zwar so fest^ bis das Thier keinen Schmerz mehr empfindet. Zur Unterbindung gebraucht man am besten einen recht biegsamen, zähen und nicht zu dicken Messingdrath oder eine seidene gut gewichste Schnur; die Enden beider müssen nach aussen zu liegen kommen, nach 24 Stunden fester zugezogen werden und so täglich, bis die Geschwulst abfällt. In der ersten Zeit nach der Unterbindung schwillt gewöhnlich die ganze Umgebung bedeutend an; das Thier hat mehr oder weniger Schmerzen, welche sich jedoch bald wieder rerlieren. Die Geschwulst wird immer kleiner, stirbt zuletzt ganz ab und fällt von dem Ellenbogen los; vortheilhafter ist es, dieselbe, wenn sie halb abgeeitert, wegzuschneiden. Dieser endliche Eintritt der Heilung richtet sich nach der Dicke des Stieles der Geschwulst, der Stärke und Zahl der in denselben gehenden Gefässe, nach dem Anlegen der Ligatur und nach mehreren andern Umständen.
Die Entfernung der Stollbeulen durch das Messer geschieht nach dreierlei Variationen: 1) indem man von oben nach unten einen einfachen Schnitt über die Geschwulst durch die Haut macht, die Hautlefzen von einander zieht und die Geschwulst mit gänzlicher Schonung der Haut von den sie umgebenden Theilen los-praparirt und ausschält; 2) indem man einen Kreuzschnitt macht und so wie vorher verfährt; 3) indem man einen eiförmigen oder Zirkelschnitt mehr oder weniger nach dem Grunde der Geschwulst zu um dieselbe durch die Haut führt, dann die Geschwulst von allen unter oder neben ihr liegenden Theilen lostrennt und sie so zugleich mit einem auf ihr sitzenden Hautstiick entfernt. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht zu viel Haut mit entfernt werde, weil sonst diese durch ihr Zusammenziehen nach der Operation zur Bedeckung und Veruarbung nicht hinreicht und die Heilung dadurch unnöthig in die Länge gezogen wird.
Die erstere Methode verdient wegen der darnach entstehenden weniger grossen VVundlläche den Vorzug in denjenigen Fällen, wo der Umfang der Geschwulst nicht zu gross und diese nicht mit ihrer ganzen Umgebung sehr verwachsen ist. Bemerkt man bei dem Ausschälen der Stollbeule, dass dieselbe mit breiter Basis fest auf dein Ellenbogen sitzt, so muss die ganze Beule entfernt werden, doch mit grosser Sorgfalt, um nicht die da liegenden sehnigen Theile und grossen Gefässe zu verletzen. Gelingt das reine Ausschälen nicht, so ätzt man die Ueberreste mit Kali causticum, Höllenstein, oder brennt sie mit dem Glüheisen, um sie theils durch das Brennen selbst, theils durch die darnach erfolgende Entzündung gänzlich zu zerstören. Dies ist um so mehr nothwendig, da die Erfahrung uns täglich lehrt, dass solche zurückbleibenden krankhaften Theile in einiger Zeit wieder zu einem grossen Schwämme anwachsen. Entstehen bei dem Ausschälen heftige Blutungen, so unterbindet man die blutenden Ge-
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270nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Stollbeulen. Behandlung.
fasse, weuu sie gross uud leicht zu erreiclieu sind, oder man brennt sie mit dem Glüheisen. — Nach der Operation verbindet man die Wunde mit lockerem Werg, das mit einer gelinden Digestivsalbe bestrichen ist, und legt einen passenden Arerband an. Nach eingetre-leuer Eiterung ist es zweckmässig, bloss austrocknende Pulver in die Wunde zu streuen und vorher dieselbe jedes Mal mit warmem Wasser zu reinigen; hierdurch wird jeder beschwerliche Verband erspart, Wucherung und Eiterung beschränkt und das Zusammenziehen der Wunde befördert.
Die Zerstörung der Stollbeule durch eine in ihr hervorgerufene Eiterung erfolgt nach dem Einbringen heftig reizender Mittel in die Höhle derselben. Man brennt entweder das Innere der Höhle oder man zieht ein Haarseil durch und bestreicht nöthi-genl'alls dasselbe mit reizenden Mitteln, Terpenthinöl, Kanthariden-salbe u. dgl. Zugleich macht man täglich mehrmals Bähungen mit schleimigen Abkochungen und sorgt für die grösste Reinlichkeit. Die Heilung erfolgt hierbei langsam uud selten gründlich.
Die Tödtung der Stollbculen kann durch spezifische Mittel, durch Arsenik oder durch andere Säuren und durch Kupfervitriol geschehen. Sie gründet sich auf die Beobachtung, dass die mit einem Balge oder Sacke versehenen Geschwülste, und somit auch die Stollbeulen dieser Art, sich nach Anwendung der Säuren allmälig in ihrem ganzen Umfange lostrennen und zuletzt völlig absterben und ausfallen. Um dies zu bewirken, sticht man bis in die Mitte einer solchen Geschwulst mit einem Messer oder einer Lanzette eine massige Oelfnung, oder man brennt eine solche mit einem spitzigen Glüheisen bis in die Mitte der Geschwulst so gross, dass man mit dem Finger in dieselbe kommen kann, bringt auf einem Myrthenblatte ohngefähr 5j weissen Arsenik in das Innere der Geschwulst und legt in die Oelfnung derselben eine Wergwiecke, um das Herausfallen des Arseniks zu verhindern. Hierauf entsteht in der Geschwulst ein spezifischer Entzündungsprozess, die Beule wird müssig warm, vergrüssert sich bedeutend und eitert. Etwa nach 8 oder 10 Tagen bemerkt man am Rande der sehr gross gewordenen Oelfnung ein Lostrennen der Geschwulst, welches in 14—20 Tagen vollständig erfolgt und die Geschwulst darauf ausfällt. Auch die Schwefelsäure, Salpetersäure und selbst der concentrirte Essig bewirken das Absterben der Stollbeulen, und als eins der allerbesteu Mittel dieser Art kenne ich die Zusammenmischung von Kanthariden-pulver mit der Schwefel- uud Salpetersäure zu gleichen Theilen. l) Etwas von dieser Mixtur wird auf ein Stückchen Holz gestrichen uud dann dasselbe, wie bei dem Anlegen eiues Fontanells, in die Oelfnung der Geschwulst gebracht. Bei alten Thieren erfolgt auf diese Weise weit seltener die Entfernung der Beulen, als bei jungen, weil ersteren die gehörige Kraft zur Erzeugung eines passenden Ent-
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') Diese Mixtur muss unmittelbar vor der Anwenduni: bereitet werden, wenn sie wirksam sein soll; daher braucht man niemals grosse Quantitäten zu bereiten.
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Knieheule.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 271
Zündungsgrades fehlt. Zur Verkürzung der Kur kann die Beule, wenn die Trennung derselben bereits im ganzen Umfange geschehen ist, und sie nur noch im Grunde der Höhle wie an einem Stiele hängt, mit dem Messer losgetrennt und dann der Ort, wo dies geschehen, mit einem knopfförmigen Eisen gebrannt werden. Darauf wird die Höhle täglich einmal mit Seifenwasser gereinigt und mit einem austrocknenden Pulver, zu dem^man nach Bedürfniss selbst etwas Alaun, Vitriol u. dgl. reizende, zusammenziehende Mittel hinzufügen kann, ausgefüllt, bis die gänzliche Heilung erfolgt.
Die metastatischen Stollbeulen ändern die Behandlung im Wesentlichen nicht, sondern dieselbe richtet sich nach der Beschaffenheit der Geschwülste. Da diese Art meist von dem Ergüsse einer Flüssigkeit begleitet sind, so ist von Anfang an auf die Entleerung derselben mehr, als auf Zertheilung Rücksicht zu nehmen.
Im Allgemeinen kann bei allen Arten von Stollbeulen während der Behandlung das Pferd anhaltend gebraucht werden, wenn nicht ausserordentliche Zufalle, wie z. B. nach dem Ausschälen heftiges Fieber, zu starke Eiterung u. s. w. eintreten, wo bis zur Beseitigung derselben das Thier geschont werden muss.
Bei Ochsen kommen zuweilen verschiedene Arten von Elleubo-genbeulen vor, welche denen der Pferde ifhnlich sind und ihrer Beschaffenheit gemäss auf dieselbe Weise behandelt werden müssen, wie die Stollbeulen der Pferde.
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Fünftes Capitel.
Die Kniebeule und der Knieschwamm.
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Bei Pferden und oft auch bei Rindern kommen auf dem sogenannten Knie- (oder Fusswurzel) der Vorderfüsse Geschwülste vor, welche man als Kuiebeulen bezeichnet. Sie entstehen nur aus Quetschungen der am Knie liegenden Theile und vorzüglich bei solchen Pferden, die oft stolpern und auf die Kniee niederstürzen, welche sich wie das Rindvieh beim Niederlegen auf die Knie stützen, und eben so wieder aufstehen, bei Pferden und Rindern, welche auf unebenem, mit spitzigen Feldsteinen gepflasterten Boden ohne gehörige Streu liegen müssen u. s. w.
A. Bei Pferden sind diese Beulen entweder frische Quetschuu-gen in verschiedener Tiefe, entweder nur in und unter der Haut, oder tiefer zwischen den Sehnenscheiden, in diesen selbst, namentlich in der Scheide des Schienbeinstreckers oder zwischen den Bändern, und hängen dann mit diesen Theilen, ja selbst bis auf die Knochen. — Ihrer Beschaffenheit nach sind sie entweder noch im frischen Zustande und dann mit den Zufällen der Entzündung, vorzüglich mit Schmerz verbunden, oder sie sind veraltet und dann fehlen
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272nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kniebeule.
diese Zufalle. In beideu Fällen bestehen zuweilen Ergiessungeu von Blut und Serum, zuweilen auch Eiterung, plastische Ausschwitzung; es bestehen zuweilen Höhlen mit glatten Flächen, oft schwammige oder speckartige Yerdickuugen der Weichgebilde und in einzelnen Fällen Exostosen, Yergrösserung und Verwachsung der Knochen.
Beurtheilung. Die Kuiebeulen stören zwar nicht in jedem Falle, aber doch weit öfter und stärker die freie Bewegung des Fusses, als dies bei den Stollbculeu geschieht; und da, wo die Knochen mitleiden, ist gewöhnlich eine wirkliche Lahmheit oder Steifigkeit andauernd zugegen.
Auch hinsichtlich der gründlichen Heilung ist die Prognosis weniger günstig, als bei den Ellenbogenbeulen, da die oberflächliche Lage des Gelenks bei ersteren die Anwendung der bei den letzteren angeführten kräftigen und eingreifenden iMittel (das Brennen, Vereitern, Ausrotten der Geschwulst durch das Messer) nur mit der grössten Vorsicht gestattet, und weil wegen der grössern Bewegung der leidenden Theile, wegen der strafl' anliegenden Haut die bei der Operation gemachten Wunden schwerer heilen.
Die Behandlung dieser Geschwülste richtet sich nach der Beschaffenheit und den damit verbundenen Umständen. Sind die Beulen frisch entstanden, noth sehr warm und schmerzhaft, so sucht man sie durch anhaltende Anwendung von Infusionen aromatischer Kräuter oder von aromatischen Breiumschlägen, oder von einer Auflösung des Kochsalzes oder des Salmiaks in Essig zu zertheilen. Erfolgt die Zertheiluug der Geschwulst nur unvollkommen, d. h. verlieren sich die Eutzuiiduugszufälle, während die Anschwellung noch zurückbleibt, so wendet man die bei der zweiten Art der Stollbeulen und bei den Verhärtungen empfohlenen Mittel an. Gelingt es auch dadurch noch nicht, so kann mau auf die Geschwulst die Kanthari-densalbe streichen und dies nach 5—5 Tagen wiederholen, oder man brennt die Haut auf ihr, jedoch nur ganz oberflächlich mit vielen Punkten, immer einen von dem andern einen Zoll weit entfernt. Zuweilen ist Blut oder Blutwasser in beträchtlicher Menge in die Beule ergossen, und wenn diese Flüssigkeiten beim Gebrauche zer-theilender Mittel in einigen Tagen durch Resorption nicht entfernt werden, muss die Beule mittelst eines Einstiches von denselben entleert werden. Durch die gemachte Oeffuung untersucht man das Innere der Geschwulst, ob blosse Trennung der Theile oder auch krankhafte organische Veränderung derselben schon vorhanden ist. Im erstem Falle behandelt man dann die Beulen wie eine gequetschte Wunde, indem mau sie durch warme Breiumschläge oder Bähungen von schleimigen, später aromatischen Pflanzen zur Eiterung und Heilung bringt. Im zweiten Falle muss man stärkere Reizmittel in die Wunde und äusserlich auf die kranken Theile bringen, wie die rothe Quecksilbersalbe, Einspritzungen einer Auflösung von Kali causticum u. dgl., um kräftige Eiterung in ihnen und hierdurch ihre Entfernung zu bewirken. Am wirksamsten ist auch hier die Kantharidensalbe. #9632;— Dem Thier muss während der Behandlung durchaus Ruhe gegeben werden.
B. Beim Rindvieh kommt, ausser denselben Quetschuugszufallen
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Die Piephacken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 273
wie am Knie der Pferde, noch der Knieschwainiii in zwei Formen von Geschwülsten vor, uümlich: a) als weicher, und b) als verhärteter Kniesehwamni.
Das Leiden findet sich, nach Uaubucr's') Beobachtungen, i'ast immer nur an einem \ orderi'usse als eine Geschwulst von verschiedenem Umlange an der Vorderfläche des Kuiees und Schienbeins. Je grosser sie sind, desto mehr erstreckt sie sich nach unten und erlangt dadurch eine längliche, eiförmige Gestalt. Die Geschwulst ist ursprünglich eine mit Flüssigkeit erfüllte Höhle, kann in diesem Zustande durch Monate, selbst Jahr und Tag verbleiben und stellt dann den weichen Knieschwamm dar. In der Regel wird aber mit der Zeit die Flüssigkeit vermindert, die Consistenz dichter, die Wände verdicken sich, die Masse im Ganzen wird schwamniartig oder speck-arlig derb und somit zum harten Knieschwamm. Im VVesentlicheii ist der pathologische Zustand, nach Rychner2) und Haubner3) eine Balggeschwulst, nach Gurlt') und Rosenbaum5) eine Wassersucht der Sehnenscheiden am Vorderknie und Schienbein. Unbe-zvveifelt kommen beide Zustände vor, ihre unterscheidende Merkmale am lebenden Thiere sind jedoch noch nicht gehörig festgestellt, — was jedenfalls für die richtige Behandlung eine dringeude Nothwen-digkeit und daher von den Thierärzten zu erwarten ist, denen der Knieschwamm öfters vorkommt.
Die Geschwulst ist in einzelnen Fällen in der ganz ersten Zeit ihres Bestehens beseitigt worden durch Anwendung der bei der Brustbeule (S. 251) angegebenen Gemenges von Cauthariden, Euphorbiuin, Sublimat, Schwefel- und Salpetersäure. Bei völliger Ausbildung fruchtet kein Arzneimittel, sondern nur, nach Rosen baurn, die Eröfl'nung der Beule und Entleerung der Flüssigkeit, (wogegen Dieterichs warnt), •— nach Haubner durch Exstirpation der Geschwulst, — worauf in jedem Falle eine entsprechende Nachbehandlung stattfinden muss.
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Reellstes Capitel.
Die P i e p h a c k e n. Capelets.
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Geschwülste von verschiedener Beschaflenheit und Grosse, die über dem hinteren Theile der Fusswurzel oder dein sogenannten
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Mnbsp; Magaz. f. (1. gcs. Thierlieilk. Bd. XXI. S. 414.
gt;)nbsp; Bujalrik, Bern 1641. S. 375.
s)nbsp; A. a. 0.
*)nbsp; Magaz. f. d. ges. Thierheilk. Bd. XVII. S. 345.
5)nbsp; Ebendas. Bd. XXI. S. 215.
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274nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Piephacken.
Sprunggelenk und zwar auf der Spitze oder ßeule des Sprungbeins ihren Sitz haben, nennt man im Allgemeinen Piephacken. Man bemerkt dieselben am besten, wenn man sich zur Seite des Pferdes stellt und den bezeichneten Ort betrachtet; denn hier kann man vornämlich erkennen, ob die über das Sprunggelenk verlaufenden Sehneu, wie die Sehne der Zwillingsmuskeln und des Kronbeinbeugers nur stärker entwickelt sind (was zuweilen der Fall ist), oder ob wirklich eine Piephacke vorhanden ist.
Piephacken kommen bei Stuten häufiger vor als bei Wallachen und Hengsten. Sie bestehen entweder nur in einer Verdickung der Haut, oder in wässeriger Infiltration, oder in einer Verdickung des Zellgewebes, oder der Scheide der Achillessehne, oder auch des hie
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liegenden Schleimbeutels. Im letzten Falle, (welcher der seltenere ist), zeigt die Piephacke beim Befühlen etwas Fluctuation, in den übrigen Fällen nur etwas mehr oder weniger Derbheit der verdickten Theile. Die Geschwulst ist in der Regel wenig begränzt, länglich, zuweilen nur an der hinteren Fläche der Sehne, zuweilen auch auf die Seiten derselben ausgedehnt. Frisch entstandene Piepliacken sind gewöbnlich mit vermehrter Wärme und Empfindlichkeit, selten mit Lahmheit begleitet und zuweilen zeigt die Haut noch Spuren von Quetschung, vom Reiben u. dgl.; im veralteten Zustande fehlen diese Nebenzul'älle und die Pferde gehen an alten Piephacken niemals lahm.
Die Ursachen dieser Geschwülste sind: äussere Veranlassungen, welche Druck und Quetschungen der Haut über dem Sprunggelenke oder der hier liegenden Sehnen, Sehnenscheiden und Sehnenschei-denbeutel bewirken; daher bemerkt man sie besonders oft bei solchen Pferden, welche die schlechte Gewohnheit haben, sich am Hiu-tertheil zu reiben, wobei sie sich oft zugleich das Sprunggelenk drük-ken und quetschen, —#9632; bei kitzlichen und tückischen Pferden, die häufig mit den Hinterfüssen schnei] ausschlagen und dabei mit dem Sprunggelenk an harte Gegenstände kommen. Pferde, die in Schilfen über's Meer gefahren werden, zeigen oft nebst Quetschungen anderer Theile auch frisch entstandene Piephacken. — Aussei- diesen äusseren Ursachen besteht in manchen Pferden eine innere Anlage zum leichteren Entstehen dieser Geschwülste, denn man findet sie viel häufiger bei schlaflen Pferden, als bei edlen und denen von trockener Constitution. In vielen Fällen, besonders während und nach über-staudenen fieberhaften Krankheiten sah man Piephacken ohne jede äussere Veranlassung gleichsam metastatisch entstehen.
Beurthcilung. Wie oben erwähnt, verursachen nur manche Piepliacken, wenn sie noch mit Entziiiidnng verbunden sind, dem Thiere Schmerzen und Hinken; die schon einige Zeit bestehenden schaden wenig oder gar nichts und gelten daher nur als Schönheitsfehler. Die völlige Beseitigung ist oft sehr schwierig, ja unmöglich, weil ihre Zertheilung wegen der Eigenthüinlichkeit der Geschwulst selbst und wegen der geringen Lebenskraft der sehnigen Theile, in denen sie ihren Sitz haben, gewöhnlich nicht leicht zu erfolgen pflegt, — ausserdem aber auch, weil diese Theile in einer beständigen Spannung bleiben und weil die Gelegenheit zu neuen Quetschungen nicht ganz vermieden werden kann. — Ist die Geschwulst schon sehr ver-
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Piephacken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;275
altet und verhärtet, so ist sie gewöhnlich nicht zu heilen, besonders bei sehr um-uhigen und alten Pferden.
Die Behandlung der Piephackeu ist nach der Dauer und Be-schaßeuheit derselben verschieden. Die noch mit Entzündung verbundenen Geschwülste behandelt man im Allgemeinen wie Irische Quetschungen, mit zertheilenden Mitteln, z. B. mit dem einfachen oder zusammengesetzten Oxykrat, mit dem Bleiwasser u. dgl. Verliert sie aber ihre Wärme und Empfindlichkeit, und bleibt nur noch eine kalte, wässerige oder schwammige Geschwulst zurück, so wende man, um die Resorption zu befördern, Waschungen und Einreibungen mit Kamphergeist oder Seifengeist, grüne Seife, Jodsalbe, flüchtigem Liniment, mit Terpentinöl, überhaupt mit reizenden Mitteln fleissig an. Von ausgezeichnetem Erfolge war auch hier das bei den Stoll-beulen beschriebene Liniment von grüner Seife, Salmiak, Cantharideu-tinktur und Steinöl, eben so das von Binz sogenannte Linim. am-mon. alkol. aether. (Kali carbon, gij, 01. terebinth, ^iv, Spir. sal. am-mon. ,^iij, Spir. vin. oviij)- Zuweilen ist eine blosse Erglessung von Lymphe ins Zellgewebe unter der Haut zugegen, mit wenig Entzündung, aber viel Spannung; hier soll nach Binz mit einer krummen Nadel ein Seidenfadcu durchgezogen werden. Vergeht jedoch die Piephacke auf die Anwendung dieser Mittel auch nicht, so sind Einreibungen von noch mehr reizenden Mitteln, den sogenanuten scharfen, und das Brennen anzuwenden. Von den scharfen Mitteln sind von den praktischen Thierürzten verschiedene Pilaster und Salben vorgeschlagen worden, so das scharfe englische Pilaster, welches im frisch geschmolzenen Zustande auf die Piephacke, nachdem die Haare abgeschoren sind, aufgetragen wird. Es erfolgt hierauf Entzündung an der Oberiläche der Geschwulst, Ausschwilzung von Lymphe, welche sich zu einem Schorf verdichtet und nach einiger Zeit mit dem Pilaster zugleich abfällt. Oft muss dieses Pflaster nach einiger Zwischenzeit zum zweiten oder auch selbst zum dritten Mal angewendet werden, ehe man diesen Zweck erreicht. In den Fällen, wo die scharren ftlittel nöthig sind, kann man mit diesem Pflaster allein ausreichen; hat man dasselbe aber nicht vorräthig, so können Einreibungen mit einer einfachen Cautharidensalbe, welche jedoch öfters wiederholt werden müssen, seine Stelle vertreten. Bei sehr grossen, schwammigen und hartnäckigen Piephackeu wird zuweilen auch das Brennen, oder auch die Spicssglanzbutter (Butyrum anti-monii) als Einreibung angewendet; die ganze Piephacke entzündet sich darauf heftig und schwitzt an ihrer Oberfläche viel Lymphe aus, welche zu einem Schorf eintrocknet und dann mit der zum Theil zei'-störten und abgestorbenen Haut zugleich in Form von Schuppen abfällt. Ich sah jedoch nach der Anwendung dieses Mittels jedesmal kahle Flecken zurückbleiben, die gewöhnlich erst nach vielen Monaten , zuweilen auch gar nicht wieder mit Haaren bedeckt wurden. Ich kann daher dieses Mittel nicht empfehlen.
Das Brennen der Piephacken mit dem Glühcisen muss so geschehen, dass seine Wirkung nicht zerstörend, sondern mehr der Wirkung der scharfen Mittel ähnlich sei; es muss daher in Punkten über die ganze Piephacke verbreitet, zwar nur oberflächlich, aber doch
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276nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; O116180'1- der Füäse von dem Uebertreten der Halfterkette.
so auhalteud und ehulriugeiul augewciulel werden, dass au den ge-braimten Stellen Entzündung mit vieler Aussehwitzuug erfolgt.
Hin und wieder ist auch das Ausschälen der grosseu schwam-uiigeu Piephackeu empfohlen, dasselbe ist jedoch nicht zweckmässig, weil wegen der grosseu Spannung der Haut anquot;quot;dieser Stelle und wegen der nicht zu verhindernden Beugung des Gelenkes, wobei die Wunde jedesmal auseinander gezogen wird, die Heilung nach der Operation sehr schwer und langsam erfolgt.
Eben so ist das Eröffnen und das Scarificiieu der fluetuirendeu Piephacken am besten zu unterlassen, da es oft böse Wunden, häss-liche Narben und Verhärtungen giebt, und durch die Wirkung der reizenden und scharfen Mittel fast ganz entbehrlich gemacht wird, (ilaubt man in einem Falle ohne die Eröffnung eine grosse, fluetui-rende Piephacke nicht beseitigen zu können, so wende man gleich nach dem Einstich die Cantharidensalbe an, und wenn die Entzündung zu heftig wird, wiederhole man die Einreibung noch ein oder mehrere IMale.
Nach der Heilung der Piepbacken bleiben zuweilen bemerkbare Spuren derselben, als Schwielen, einzelne verhärtete Stellen, Narben u. s. w. zurück, welche mau zwar nur sehr langsam, am besten durch öfters wiederholte Einreibungen mit aufgelöster Seife, oder mit warmem Oel oder Thran, zu denen man noch etwas .Todkali zusetzt, beseitigt.
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Siebentes Capltel.
Quetschungen der Füsse von dem Uebertreten über die Halfterkette.
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Es kommt häufig vor, dass Pferde aus Muthwillen, Spielerei, oder um sich mit den Hniterfüssen am Halse und Kopfe zu kratzen, — über die Halfterkette oder den Ilalfterstrick treten, durch einige Zeit über diesen Ciegenständeu mit den Füssen sitzen bleiben und sich dabei bald mehr bald weniger quetschen und anderweitig beschädigen. An den Vorderfüssen bleiben die Pferde entweder nur einfach mit der hinteren Seite des Fesseis oder der Beugesehnen bis zum Knie auf dem Strick u. s. w. sitzen, oder sie umwickeln sich bei diesen Veranlassungen zuweilen den Fuss gänzlich, und schnüren sich, um loszukommen, die genannten Theile förmlich ein. Im ersteren Falle finden sich die Symptome der Quetschung, der Entzündung oder auch selbst oberflächliche Hautverletzung nur an der hintern Seite des Fesseis, der Beugesehnen oder des Kniees, im letzteren Falle aber erstrecken sich die Zufälle mehr oder weniger rund um
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Quetsch, der Fasse von dem llebertreten der Halfterkette.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 277
den betrolTenen Theil. An den Ftinterfüissen verhält es sich im Allgemeinen ebenso. Bei diesen Verletzungen an den Vorderfiissen findet sich ausserdem in einzelnen Fällen eine starke Zerrung im Ellenbogengelenk, wenn die Pferde bei dein Bemühen, ans dem Stricke zu kommen, grosse Anstrengungen gemacht haben; an den llinter-Rissen findet sich häufiger eine starke Ausdehnung der inneren Seite des Sprunggelenks und in manchen Fällen entwickelt sich hiernach der Spat. Zuweilen geschieht es noch, dass Pferde mit einem Hin-teriuss sich dermassen in dem Jlalfterstrick verwickeln, dass der Kopf und Hals nach der betreffenden Seite mit Gewalt hingezogen wird, dass die Pferde niederstürzen, mit dem eingeschnürten Fuss hellige Bewegungen machen und sich dadurch die Muskeln oder Bänder am Genick und Hals übermässig ausdehnen, Ja sogar unvollständige Verrenkungen der Halswirbel und hierdurch lähmungsartige Zufälle herbeiführen.
Die Erkennung dieser verschiedenen Verletzungen ist an den sie begleitenden Symptomen der Entzündung, der entzündlichen und der oedematösen Anschwellung, oft auch an den fehlenden, abgescheuerten Haaren, an der verletzten überhaut, so wie an der gestörten Function der Theile leicht zu machen.
Die Beurtheilung ist je nach der oberflächlichen oder tiefer gehenden Quetschung, nach der Ausbreitung derselben, nach den anderweitigen Zufällen u. s. w., in den einzelnen Fällen verschieden zu machen. Oberflächliche Quetschungen am Fessel oder an den Beuge-selmen heilen gewöhnlich in 4 bis 6 Tagen; sind aber die Sehnen bedeutend mit betrolFen, oder ist die Haut durchrissen, ist Absterbung der Haut durch andauernden Druck entstanden, besteht Lähmung der Halsmuskeln u. s. w., so ist die Prognosis weniger günstig, denn unter diesen Umständen erfordert die Heilung eine Zeit von 14 Tagen bis 4 Wochen und zuweilen bleiben für längere Zeit Verdickungen der Haut oder selbst der Sehnen, haarlose Stellen oder weisshaarige Flecke, selbst dicke Narben übrig, und wenn die Quetschung bis auf die Beinhaut gedrungen ist, entstehen hiernach zuweilen auch üeber-beine.
Behandlung. Im frischen Zustande ist die Anwendung des kalten Wassers, des Bleiwassers, oder, bei nicht offenen Hautwunden, des einfachen Oxykrats am zweckmässigsten. Ist durch diese Mittel die erste Entzündung gemindert, so kann man hei grosser Empfindlichkeit lauwarme Bähungen oder Waschungen von narkotischen iMit-leln mit Zusatz von Asche oder Potasche, bei sehr geringer Empfindlichkeit . aber von aromatischen Kräuteranfgnssen mit Potasche anwenden. iVlit diesen Mitteln ist man gewöhnlich im Stande, die asthenische Entzündung und die gleichzeitigen Ergiessungen von Serum im Zellgewebe und in den Sehnenscheiden zu beseitigen. In manchen Fällen bleibt aber auf der Haut ein Schorf zurück, welchen man mit Fett, oder bei bestehender Auflockerung mit Bleisalbe täglich ein- bis zweimal bestreicht und ihn so zum Abheilen bringt. Bleiben einzelne Parthieen verdickt, so macht man Fussbäder oder Umschläge von lauwarmem Seifenwasser und reibt des Abends die
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Quetschungen der Füsse durch das Streifen.
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graue JMerkurialsalbe ein. #9632;— Besteht iu einem Theile nach Beseitigung der Entzündung noch Schwäche und ErschlafTung, so sind hiergegen Abkochungen von adstringirenden Mitteln in Verbindung mit aromatischen Pflanzen-Infusionen oder mit Spiritus zu benutzen. Sowohl hier, wie auch bei den zurückbleibenden Verdickungen und immer wiederkehrenden oedematösen Anschwellungen kann man aus-serdem noch mit besonderem Nutzen die leidenden Theile mit Binden einwickeln.
Sind Schrunden entstanden, so macht man lauwarme Fussbäder von Heusaamenbrühe, oder bei grosser Empfindlichkeit der Theile von schleimigen IMitteln, bis gutartige Eiterung eingetreten ist, wo dann blos die Eiterung mittelst lauwarmen Wassers bewirkt wird. Will aber gute Eiterung nicht erfolgen, so kann man die Quetschwunde mit einer Digestivsalbe während etwa 2 bis 3 Tagen bestreichen und mit einem Wergpolster bedecken, wo dann gewöhnlich guter Eiter sich bald zeigt. Bilden sich hierbei weiterhin Verdickungen der VVundränder, so ist das Bestreichen der Umgegend derselben mit grauer Quecksilbersalbe nützlich.
Die etwa bei diesen Verletzungen entstandenen Ausdehnungen am Ellenbogcugclenk, am Genick u. s. w. werden in der ersten Zeit am zweckmässigsten mit Blciwasser, späterhin, wenn örtlich keine erhöhte Reizbarkeit mehr besteht, mit aromatischen Infusionen oder mit Spirituosen Mitteln, oder mit Kampher — oder Ammoniaklinimenl behandelt.
In diätetischer Hinsicht ist nur zu bemerken, dass die Thiere, so lauge die Schmerzen bedeutend sind, Ruhe erhalten müssen, dass dieselbe in den Fällen, wo offene Schrunden bestehen, wo möglich bis zur eingetretenen Vernarbung fortgesetzt werden muss, dass aber in den Fällen, wo blos Quetschung bestanden hat, die Thiere nach Beseitigung der Entzündungsanfalle gelinde Bewegung erhalten können.
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Achtes Capitel.
Quetschungen der Füsse durch das Streifen oder Streichen.
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Viele Pferde verletzen sich bei dem Gehen, namentlich bei dem Trabgeheu das untere Ende ihrer Gliedmaasscn dadurch, dass sie mit flem Hufe des einen Fusses gegen die innere Seite des anderen Fus-Se^ thehr-oder weniger heftig gegenschlagen und sich dadurch Quetschungen uild selbst öflene Verwundungen zuziehen. Dies geschieht an den Hiutferfusseri häufiger, als an den vorderen, und es wird dabei besonders'die innere Seite des Fesselgelenks, zuweilen aber auch die vittiete Seite ^es Schienbeins, öder dei' #9632;Beugesehnen, oder auch unter dem Fesselgelenk der Fessel oder die Krone beschädigt.
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Quetschungen der Küsse durch das Streifen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 279
In Folge dieser yuclschuugcu eutsteheu au deu betrollcncn Stellen entzündliche Anscliwellungen, Blutcxtravasate, oberflächliche oder tiefer gehende Querwunden, Entzündungen der Beinhaut, der Sehnen und der Gelenkbänder; dabei ist die EmpGudlichkeit dieser Theile in der Regel sehr gross, zuweilen bis zu dem Grade, dass ein Reizfieber hinzutritt und die Pferde bald mehr bald weniger heftig lahm gehen. Zuwcileu schwillt von der verletzten Stelle aus die ganze innere Seite des leidenden Fusses oedematös an, die Lymphgefässe treten in dicken Strängen im Zellgewebe hervor und selbst die Leistendrüsen und bei Stuten das Euter nehmen an der Anschwellung Theil.
Die Erkennung dieser verschiedenen Zustände ist im Allgemeinen leicht. Im frischen Zustande findet man an der verletzten Stelle entweder nur die Haare gesträubt oder auch fehlend, die Haut ist dabei etwas angeschwollen, vermehrt warm und beim gelinden Druck schmerzhaft. In anderen Fällen ist die betrolfene Stelle blutig, und im veralteten Zustande ist dieselbe entweder etwas feucht von Eiter oder sie ist mit einem Schorf bedeckt. Die vorhin bezeichnete Anschwellung ist durch das Gesicht und durch das Befühlen zu erkennen; sie erstreckt sich zuweilen nur einige Zoll hoch über die verletzte Stelle, in anderen Fällen bis über das Knie- oder Sprunggelenk u. s. w., ist aber fast immer nur auf die innere Seite des Fusses beschränkt. In seltenen Fällen entwickelt sich an der gequetschten Stelle an der inneren Seite des Fesselgelenkes ein wirklicher Abscess, bei welchem die Thiere ausscrordentlich heftige Schmerzen zeigen, selbst auf der Streu wenig stehen, sondern mehr liegen, beim Gehen Angstschweiss schwitzen, selbst das Futter versagen und dabei ein gelindes Fieber zeigen. — Die Lahmheit bei diesen Verletzungen spricht sich selbst bei dem Gehen im Schritt durch gespannte und steile Haltung des betreffenden Gliedes aus, noch mehr aber bei dem Gehen im Trabe, doch ist die Lahmheit dem Grade nach in den einzelnen Fällen sehr verschieden und nicht immer mit der Grosse der örtlichen Verletzung im richtigen Verhältniss; denn manche Pferde lahmen selbst bei grossen Quctschbeulen oder Quetschwunden sehr unbedeutend, andere dagegen bei nur geringen örtlichen Zufällen sehr heftig. Ob diese Verschiedenheit darin begründet ist, dass in manchen Füllen einzelne Hautnerven besonders betroffen und entzündet werden, oder ob sich in manchen Fällen durch die bei dem fortgesetzten Laufen des Thieres unzählige Male wiederholte Verletzung und Reizung derselben Stelle ein hoher Grad von Erethismus in der Umgegend tier verletzten Theile ausbildet? — ist noch nicht gründlich ermittelt, die letztere Ansicht aber die wahrscheinlichste. In manchen Fällen ist es bei kleinen Verletzungen dieser Art sehr schwer, das Lahmgehen eines Pferdes gerade nur als Folge derselben zu erkennen; mau kann aber dies als sicher annehmen, wenn man 1) an dem aufgehobenen Fusse x) bei gelindem Druck an der
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') Es ist bei dieser Untersuchung, mittelst Drückens den Schmerz und das Zucken des Thieres zu erregen, durchaus nothwendig, dass der Fuss liier/.u durch einen Gehülfen aufgehoben gehalten werde, weil gutmüthige
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Quetschungen der Füssc durch das Streifen.
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verletzten Stelle den Sclunera in dein Grade erregt, dass das Pferd mit dem Fusse zuckt und dies jederzeit wiederholt, so oft man den Druck daselbst erneuert, -während bei dem Drücken mit derselben Kraft an anderen Stellen kein Zucken vcranlasst wird; und 2) wenn dabei überhaupt au einer anderen Stelle des Fusses keine Ursache des Lahiugehens zu entdecken ist.
Die Ursachen des Streifens sind: a) zu grossc, nanicntlich zu breite Hufe, besonders mit ungleichen zerbrochenen Wänden; b) zu breite, über den Huf hervorstehende Huleisen, zerbrochene oder tlieil-weis abgelöste Hufeisen, zu stark hervorstehende Stolleu, und auch eben solche Nieten der Hufnägel; c) fehlerhafte Stellung der Gliedmaiassen; d) fehlerhafte Bewegung derselben.
Die Beurtheilung des Streifens ist zum Theil auf die eben vor-bandenen Verletzungen wie auch auf die Beseitigung der dem Streifen zum Grunde liegenden Ursachen und somit auf die mögliche oder nicht mögliche radikale Beseitigung dieses Fehlers zu richten. Was nun zunächst die oben bezeichneten Verletzungen betrilll, so sind dieselben bei einer zweckmässigen Behandlung sämmtlich heilbar, jedoch nach ihrer Grosse und nach ihrer Dauer ist die Heilung bald leichter bald schwieriger zu bewirken. Oberflächliche Verletzungen sind gewöhnlich in 4 bis 8 Tagen zu beseitigen, tiefer gehende und ältere bedürfen gewöhnlich einer Zeit von 10 bis 14 Tagen. Zuweilen bleiben dicke Hautnarben zurück, sehr häufig entstehen Ueber-beine, in manchen Fällen auch Verdickungen der Sehnen. — Hinsichtlich des zweiten Punktes der ßeurtheiluug ist zu bemerken: dass zu grosse Hufe sich bis auf einen gewissen Grad durch das Beschneiden des überflüssigen Horns verkleinern lassen und dass daher, wenn der Huf nur eben durch Verwahrlosung zu gross geworden, dieser Fehler und das durch ihn verantasste Streifen beseitigt werden kann, dass aber wirklich zu gross gebildete Hufe eine solche künstliche Verkleinerung nicht gestatten und deshalb bei ihnen das Streifen gewöhnlich für immer bleibend ist. Liegt der Fehler nur im Hufbe-schlage, so ist er am leichtesten und gründlichsten zu beseitigen. Fehlerhafte Stellungen der Gliedmaassen liegen oft schon in dem Bau der Brust, in anderen Fällen in der Richtung des Armbeins, oder des Vorarms, der Kniee oder auch des Fesseis. Diese Abweichungen von der regelmässigen Stellung sind bei der Betrachtung des Pferdes von vorn und von hinten leicht zu erkennen, ihre Beseitigung ist aber in der Regel nicht möglich und es ist daher auch das Streifen aus dieser Ursache niemals gründlich zu entfernen, sondern nur durch Palliativinittel zu mindern. Doch muss man sich hüten, ans der fehlerhaften, nach einwärts gerichteten, engen Stellung der Füsse ohne weitere Prüfung des (langes selbst auch auf fehlerhaften Gang und auf das nothwendige Entstehen des Streifens zu schliessen; denn die
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oder auch sehr empfindliche Pferde hei völlig unverletztem Zustande ihrer Füssc dieselben sogleich in die Höhe heben, wenn man dieselben etwas drüU-kend befühlt, und weit hierdurch leicht Täuschungen entstehen können, während dies nicht der Fall ist, wenn der Fuss aufgehoben gehalten wird.
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Quetschungen der Küsse durch das Streifen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;281
Erfalmuig zeigt, dass es sehr viele Pferde giebt, welche mit den Hin-terfüssen am unteren Ende derselben sehr eng stehen und sich doch niemals streichen. Es ist daher nöthig, in solchen Fallen das Pferd auch in seiner Bewegung zu beobachten. Zu dieser Untersuchung kann man dein Thiere die innere Seite der Hufe mit Kreide reichlich bestreichen und dann dasselbe im Trabe durch einige Zeit laufen lassen, wo es sich dann, besonders bei VVendungeu leicht wahrnehmen lässt, ob an einer Stelle des Hufes die Kreide abgewischt und an irgend einem Punkte der inneren Seite des anderen Fusses abgewischt ist. Manche Pferde streifen sich mit der Zehenwand, andere mit der Seitenwand, nnd noch andere mit der Trachtenwand des Hufes und im letzteren Falle, wenn ein Hufeisen auf demselben liegt, streifen sie sich mit dem Stollenende desselben; gewöhnlich geschieht dieses bei denjenigen, welche vom Fesselgelenk ab mit der Zehe nach auswärts gerichtet stehen (zehenweite oder französische Stellung); dagegen erfolgt das Streifen mit dem Zehentheile des Hufes oder Hufeisens, wenn die Thiere mit der Zehe nach einwärts stehen (sogenannte Zehentreter).
Die fehlerhafte Bewegung der Füsse als Veranlassung zum Streifen liegt entweder in fehlerhafter Stellung der Knochen und in ungleicher Ausbildung und ungleicher Thätigkeit der Muskeln der inneren im Verhältniss zu denen der äusseren Seite des Gliedes, oder in Mattigkeit und Schwäche des Thieres, welche letztere durch die Jugend desselben, durch iibermässige Strapazen oder auch durch über-standeue oder noch bestehende Krankheiten bedingt sein kann. Die zuerst bezeichneten Ursachen der fehlerhaften Bewegung erkennt man theils aus der Stellung und Beschaffenheit der Gliedmaassen, theils aus dem kräftigen Benehmen des Thieres und aus der Abwesenheit der zutetzt bezeichneten Zustände. Hinsichtlich dieser zeigt die Erfahrung, dass sehr junge Pferde, wenn sie eben in Arbeit genommen werden, sowohl bei dem Heiten, als auch bei dem Ziehen sich in der ersten Zeit häufig streifen, späterhin aber, wenn sie erst an die Arbeit gewöhnt und bei gutem Futter kräftiger geworden sind, sich das Streifen gänzlich verliert. Eben so sieht man nicht selten, dass gut gebaute Pferde, welche sonst einen regelmässigen fiang besas-sen, nach Krankheiten sich während einiger Zeit streifen, dann aber wieder regelmässig gehen, wenn die Krankheitsschwäche verschwunden ist.
Die Verhütung des Streifens ist durch Beseitigung der genannten Ursacben, so weit dies möglich ist, zu bewirken, und wo dies nicht möglich ist, muss man wenigstens die der Verletzung unterworfenen Theilc durch geeignete Schntzmitlel gegen die Verletzungen selbst verwahren. In ersterer Hinsicht ist ein zerbrochenes Hufeisen zu entfernen, ein verschobenes zu befestigen, ein zu grosser Huf in dem richtigen Verhältniss durch Beschneiden und Beraspeln zu verkleinern, die Hufeisen sind in genau passender Grosse anzufertigen, oder selbst mit ihrem inneren Arm ein wenig nach einwärts, d. h. so unter die Wand zu legen, dass die letztere ein wenig über den Band des Eisens hervorsteht, —- der Rand des Hufes und des Eisens müssen recht glatt bearbeitet, die Nieten der Nägel gehörig
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Quetschungen der Füsse durch das Streifen.
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in die Hornwand eingesenkt und an der Oberfläche geglättet werden. Bei fehlerhafter Stellung und Bewegung hat man die Art derselben zu berücksichtigen und dafür zu sorgen, dass sowohl die Bewegung der Füsse, wie auch die Stellung derselben mehr nach auswärts erfolge. Demgemäss muss man denjenigen Pferden, welche mit der Zehe nach einwärts stehen, ein solches Eisen auflegen, dem der äussere Stollen fehlt, so dass hierdurch die innere Seite des Hufes mehr gehoben, die Zehe mehr nach auswärts gerichtet und hierdurch auch die erste Bewegung des Fusses in derselben Richtung angeregt wird. Stehen die Pferde mit der Zehe nach auswärts, so lässt man den inneren Stollen fehlen oder ihn niedriger machen. In jedem Falle muss der innere Stollen, wenn er am Eisen bleibt, abgerundet und etwas nach einwärts, unter den Huf gerichtet werden; und wenn das Streifen dennoch stattfindet, kann man auch den Stollen ganz fehlen lassen, dafür aber den ganzen Arm des Hufeisens dicker machen, ihn dann aber recht glatt abrunden. Fruchtet diese Aende-rung der Hufeisen nicht oder streift sich das Pferd mit dem mittleren Theile der Wand als mit dem Rande derselben, so kann man auch die Nägel au der inneren Seite des Hufes gänzlich weglassen. Erfolgt das Streifen mit dem Zehentheile der Wand, so lässt man das Eisen an dieser Stelle schmäler machen oder auch seinem ausseien Rande die Rundung nehmen und ihm dafür eine schräge Richtung geben u. s. w. Nicht selten lässt sich aber die Art des Beschlagens nach keiner dieser Hegeln im Voraus bestimmen, sondern nur die praktische Anwendung der verschiedenen Beschlagsarteu zeigt es, bei welchem Beschläge das Pferd am besten gehen kann.
Ausserdem sucht man ferner die Verletzungen vom Streifen dadurch zu verhüten, dass man einen sogenannten Streifriemen ') um
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') Man hat drei Formen dieser Sclmtzbandange, nämlich den breiten Riemen, den Riemen mit der Kappe, und den runden oder wurstförmigen. Der erstere ist aus derbem, aber weichem Leder gemacht, zuweilen mit Tuch gefüttert, gegen drei bis vier Zoll hoch (breit) und so lang, dass er um das ganze Fesselgelenk reicht; an einem Ende ist er mit zwei Schnallen, am anderen mit zwei Riemen versehen, und in der Mitte hohl gearbeitet, auch wohl daselbst äusserlich durch ein aufgesetztes Lederstück verdickt. Dieser mittlere Theil kommt auf die verletzte Stelle zu liegen. Er wird um das Fesselgelenk geschnallt. — Der zweite Stieifriemen besteht aus einem ungefähr einen Zoll breiten Riemen mit Schnalle und Strippe, und ist an der Mitte des unteren Randes auf einer Länge von circa vier Zoll mit einem fast halbkreisförmigen Schilde oder einer Kappe von starkem Leder versehen; er wird unmittelbar über dem Fesselgelenk so angelegt, dass letzteres an seiner inneren Seite durch das Schild bedeckt wird. Damit das Schild sich gut um das Gelenk füge, kann es an seiner inneren Fläche durch Klopfen mit dem Hammer hohl getrieben sein. — Die dritte Form besteht aus einem ungefähr 1 Zoll dicken Cylinder von weichem Leder, im Innern mit Rosshaaren massig derb ausgestopft, an einem Ende mit einer Schnalle, am anderen mit einer Strippe versehen. Er wird über das Fessclgelenk angelegt. — Die erste Form drückt, scheuert und erhitzt die betroffenen Theile und giebt auch zum Festsetzen von Schmutz, Sand u. dgl. die meiste Gelegenheit; die letze Form hat diese üblen Nebenwirkungen am wenigsten. Alle Stricfriemen müssen
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Quetschungen der Füsse durch das Streifen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;283
denjenigen Fuss legt, gegen welchen das Thier schlägt, also nöthigen-falls um beide Füsse.
Die Behandlung der Verletzungen selbst geschieht im Wesentlichen nach allgemeinen Regeln (S. 239), jedoch in den einzelnen Fällen nach den speciellen Erscheinungen etwas verschieden. Leichte oberflächliche Quetschungen und eben solche Hautverletzungen heilen gewöhnlich binnen wenigen Tagen von selbst; bildet sich aber eine heftigere schmerzhafte Entzündung aus, und gehen die Thiere dabei lahm, so sind kalte Fussbäder oder Umschläge von Wasser, oder Bleiwasser, oder auch bei' sehr grossen Schmerzen von einer schleimigen oder narkotischen Flüssigkeit fleissig anzuwenden, bis diese Zufälle beseitigt sind. Bei recht heftiger Entzündung und bei entstandenem Reizfieber ist ein Aderlass, die Anwendung antiphlogistischer Salze, magere Diät, und in allen Fällen strenge Ruhe nöthig. Entwickelt sich ein Abscess, so sind lauwarme Umschläge von narkotischen und schleimigen Mitteln nöthig, bis der Abscess reif geworden ist und geöffnet werden kann. Letzteres darf jedoch nicht bis zur völligen Erweichung der Haut verschoben werden, sondern es kann geschehen, sobald man deutlich Fluctuation auch nur in der Tiefe wahrnimmt; denn die Erfahrung zeigt, dass diese Abscesse immer erst sehr spät nach aussen ihre Reife erhalten, sich dagegen oft unter die Sehnen ausdehnen und dass dabei die Thiere durch mehrere Tage unnütz an Schmerzen leiden; denn die letzteren ändern sich augenblicklich nach Eröffnung des Abscesses und die oben angedeuteten üblen Zufälle verlieren sich. Nach der Eröffnung eines solchen Abscesses am Kö-theugelenk lässt man die warmen Fussbäder oder Umschläge noch so lauge fortsetzen, bis die Abscesshöhle sich mit guter Granulation, gefüllt und die Geschwulst an den Rändern sich grösstentheils verloren hat, worauf bei Ruhe des Thieres die Vernarbung leicht erfolgt. Wird aber der Eiter dünnflüssig, bleiben die Ränder dick oder werden sie allmälig noch dicker, so besteht in den leidenden Theilen eine schleichende, asthenische Entzündung, gegen welche man am zweckmässigsten die Cantharidensalbe in dem Umfange, in welchem die Verdickung sich #9632;wahrnehmen lässt, auf die Haut applicirt und dies allenfalls nach einigen Tagen wiederholt, wenn die VVirkung von der ersten Application nicht stark genug eingetreten sein sollte. Späterhin kann man die graue Quecksilbersalbe täglich ein- bis zweimal auf die verdickte Haut in der Umgegend des Abscesses einreiben. In den Abscess selbst bringt man bei diesem Zustand kein Medicament;
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durch tägliches Reinigen und Einschmieren mit Fett recht weich erhalten und sie dürfen nur massig fest und mit der Schnalle an die äusscre Seite des Fusses gelegt werden. — In neuerer Zeit ferligt man die dritte Art auch recht zweckmässig von tiummi elasticum. — In mehreren Fällen habe ich mit gutem Erfolge den dritten Riemen schräg über die innere Wand des Hufes, mit welchem das Pferd gegen den anderen Fuss schlägt, so angelegt, dass der dünne Theil des Riemens zwischen der Tracht und dem Hufeisen hindurchgeführt wurde.
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wenn sich jedoch üppige Granulation in demselben bildet, sucht man diese durch Lapis internalis zu beschränken. — Wunden vom Streifen heilen stets nur durch Eiterung; und um die letztere zu befordern, ist das BeCcnchtcn der Wunden mit lauwarmem Wasser, so wie das Bestreichen mit einer milden Digestivsalbe gewöhnlich hinreichend. — VerdickiiTigen der Haut sucht man durch Fussbader oder Umschläge von .Seifenwasser oder Auflösungen von Kali carbonicum, so wie durch Einreiben der grauen Quecksilbersalbe oder der Jodsalbe zu beseitigen. Auch bei diesen verschiedenen Folgeleiden nach dem Streifen ist es zweckmässig, die Thiere erst dann wieder zu anstrengender Arbeit zu verwenden, wenn die Verletzungen geheilt sind, und immer müssen die Hufe zuerst zweckmässig beschlagen oder bearbeitet, und ein oder der andere Streifriemen angelegt sein.
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Neuntes Caiiitel.
Das Verbäll
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Pferde und andere Thiere quetschen sich auf harten unebenen Wegen den hinteren Theil ihrer Füsse, die sogenannten Ballen, sehr , leicht, wenn sie längere Zeit und schnell auf denselben gehen müssen, und nicht etwa durch einen guten Hufbeschlag hiergegen geschützt sind. Bei Jagdhunden kommt dieser Fehler zuweilen im Winter vor, wenn sie auf der hart gefrornen Erde zu lauge und anhaltend gebraucht werden; Pferde, Binder und Schaafc verfallen aber gewöhnlich in denselben, wenn diese Thiere auf harter Chaussee weit trans-portirt werden. Es leidet zuweilen uur ein Fuss und an diesem nur ein Ballen oder es leiden beide Ballen und oft auch mehrere Füsse zugleich.
Das Uebel ist rein örtlich und äussert sich durch folgende Symptome : Das Thier steht mehr auf den Zehen als auf den Ballen und tritt nur gezwungen auf die letzteren, dabei wird das Fussgelenk entweder nach vorn übergeknickt oder der Fessel steht steil auf der Krone; beim Gehen lahmt das Thier und zwar auf hartem Boden mehr als auf weichem, und auch hierbei bemerkt man, dass es mit den Ballen den Boden nicht gern berührt; dabei sind ferner die Ballen vermehrt warm, beim gelinden Druck mit den Händen schmerzhaft und zuweilen am Saume etwas aufgetrieben, oder der letztere ist auch stellenweis getrennt und auch feucht. Leiden zwei Hinter-füsse zugleich, so hebt das Thier bald den einen, bald den anderen Fuss abwechselnd in die Höhe; übrigens steht es dabei mit mehr nach hinten gestreckten Füsseu, während es, wenn beide Vorderfiisse leiden, dieselben mehr unter die Brust setzt, also entgegengesetzt der
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Verhallen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;285
Stellung bei der Huieiitzijiiduiig. Zuweilen besteht auch, wenn mehrere Füsse zugleich leiden, ein gelindes Fieber.
Bei Pferden entsteht zuweilen eine dem Veibälleu ühnliche Verletzung der Ballen auch durch Quetschungen von oben her, wenn sie sich entweder selbst mit den Zehen der Hinterfösse aui' die Ballen der Vorderiusse treten, oder wenn sie von den zu nahe hinter ihnen gehenden Pferden getreten (oder, wie mau es nennt, aufgeril-teu) werden. In diesem letzteren Falle entstehen nicht nur Quetschungen der Ballen, sondern zuweilen auch Quetschwunden an und über denselben.
Die Beurtheiluug dieser Quetschungen ist im Allgemeinen giin-slig zu machen; denn in den meisten Fällen erfolgt bei der vorausgesetzten Ruhe und Schonung der Thiere und bei zweckmassiger Behandlung in 2 bis 4 Tagen Zertheilung, und in den übrigen Fällen entsteht Eiterung, bei welcher zwar das Horn der Ballen sich mehr oder weniger, zuweilen selbst bis zum Strahl hin von den VVeichge-bilden trennt und verloren geht, aber dennoch die Heilung gewöhnlich iu etwa 14 Tagen stattfindet.
Die Behandlung der Verbällungeu ist in der ersten. Zeit stets entzündungswidrig, vermittelst kalter Fussbäder oder Umschlage, wobei die Thiere in magerer Diät, ruhig und auf weichem Lager erhalten werden. 1st der Saum weich, gespannt oder lluctuireud, so kann man ganz zweckmässig einen Einstich in die weichste Stelle machen und die ergossene Flüssigkeit entleeren, hierauf aber die entzündungswidrige Behandlung fortsetzen, bis die Zufälle gänzlich beseitigt sind, oder bis Eiterung eingetreten ist. Zeigt sich die letztere oder findet man dieselbe schon bei dem Einstechen in den Ballen, so nimmt mau alles lose Horn gründlich weg und macht lauwarme Fussbäder von Heusaamenbrühe, oder mau belieuchtet die olTcue Stelle mit einer schwachen Auflösung von Zincum oder Cuprum sulphuiicum. Besteht eine Fistel in dem Ballen und führt diese bis zur Sohle oder bis zum Strahl, so nimmt man auch hier alles getrennte Horn weg, spaltet die Fistel iu der Richtung nach hinten vollständig auf und. behandelt dann dieselbe nach der in ihr bestehenden krankhaften Thätigkeit, so dass man bei guter Eiterung nur die Reinigung mit lauwarmem Wasser und einen trockenen einfachen VVergverband besorgt, #9632;— bei zu geringer Thätigkeit aber aromatische Fussbäder, die harzigen Tinkturen, den VVuudbalsam, Terpentinöl, Creosot und dergleichen anwendet.
Sind die Thiere nur an einem Fuss und überhaupt nur im massigen Grade leidend, so können sie, wenn die Noth es gebietet, wohl selbst noch kleine Märsche machen, so müssen jedoch für diesen Zweck mit gehörig langen und gut gerichteten Hufeisen, oder mit gehörig laugen geschlossenen Hufeisen beschlagen und ausserdem mit einem schützenden Verbände an den Füssen bekleidet werden. Bei denjenigen Pferden, welche sich mit der Zehe der Hinterhufe greifen, ist ausserdem noch deshalb besondere Vorsorge zu trellen; namentlich muss man die Zehe der Hinterhufe so viel wie möglich verkürzen, das Eisen daselbst gut abrunden und es ein wenig hinter den Zehenrand der Wand legen, so dass diese um ein Paar Linien
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darüber hervorsteht. Auch kann man das Eisen statt des sonst gebräuchlichen Aufzuges an der Zehe mit zwei kleinen seitlichen Aufzügen versehen.
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Xelintes Cafiitel.
Von deu Steingallen und den rothen oder blauen Sohlenflecken.
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Die im Hufe liegenden weichen Theile können eben so gut wie alle übrigen, bei einwirkenden (Jelcgeiiheitsursachen gequetscht werden; da hier jedoch die allermeisten Celegenheitsursachen zu Druck und Quetschung nur allein auf die untere Fläche des ilufes, nämlich auf die Sohle desselben treffen, so findet man auch fast nur hier allein die Quetschungen desselben, die mau im Allgemeinen wegen ihres Ansehens, da sie rothe oder blaue Flecken in der Hornsohle bilden, mit dem Namen rothe oder blaue iVlähler belegt. Am al-lerhäufigsten kommen solche blaue Mählcr in den Winkeln zwischen den Trachtenwänden und Eckstreben vor, und hier nennt man sie Steingallen, weil sie häufig durch Quetschung vou daselbst eingeklemmten Steinen entstehen; doch kommen diese an der inuereu Seite des Hufes weit häufiger vor als an der äusseren, an den Hin-terfüssen selten.
Ursachen zur Entstehung der Steingallen und der blauen Wähler im Allgemeinen sind alle Einwirkungen, welche einzelne Stellen der Sohle drücken und quetschen, also namentlich: zu schwache, oder solche Hufeisen, die am Zehentheil wegen zu langen Licgcns sehr abgenutzt sind, bei welchen beiden sich leicht die Stollenenden nach innen biegen und nun die Hornsohle und die innerhalb derselben liegenden Theile quetschen, — ferner solche Hufeisen, die zu kurz, schlecht gerichtet sind, ungleich aufliegen und zu hohe und schlecht gerichtete Stollen haben u. s. w. So können auch fremde, harte Körper, Steine und dergleichen, welche sich zwischen das Huleisen und die Hornsohle oder zwischen die Eckstreben einklemmen, Ursachen dieser Quetschung sein. Eben so viel wie in diesen genannten äusseren Gelegenheitsursacheu ist das Entstehen der blauen IVlähler und vorzüglich der Stcingallen auch in der Beschaffenheit des Hufes selbst begründet; denn man findet die meisten Steingallen nur an unregelmässigen, in einer oder der anderen Art krankhaften Hufen, und namentlich bei sehr trockenen, zusammengezogenen, .sogenannten Eng- und Zwanghufeu, deren Wände sich am untern Rande anstatt nach aussei! zu erweitern, nach innen, nach der Sohle zu neigen und umlegen, und welche dann so in Verbindung mit der gewöhnlich sehr in die Höhe gezogenen Hornsohle die Fleischsohle drücken und quetschen. Dasselbe ist der Fall bei sehr hohen, gera-
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Steingallen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 287
den, sogenannten Stock- oder Eselshufen. Weil diese krankhaften Hufe grösstentheils durch zu grosse Trockenheit erzeugt werden, deswegen findet man die Steiugallen meistenthcils auch nur an den Vor-derlüssen und zwar im Allgemeinen mehr bei den Stadtpferden als auf dem Lande, indem die letzteren mehr feucht, die erstereu aber gewöhnlich trocken zu stehen pflegen.
Es ist hier aber noch die Frage, warum die Steingallen in solchen harten, hohen und hohlen Hufen eher entstehen und eher vorkommen als bei niedrigen, weichen, da doch dem Scheine nach es umgekehrt sein sollte, indem bei den hohen holilen Hufen die Sohle weil mehr beim Auftritt geschützt sein sollte, als bei der entgegengesetzten Art? Hieran reiht sich noch die Frage, #9632;warum können Sleingallen entstehen, ohne dass Druck von aussen auf die Sohle gewirkt hat, und warum sind Steingallen bei uubeschlagenen Fassen weit seltener als bei beschlagenen? — Diese Fragen beantworten sich von selbst aus der Bauart des Hufes, namentlich aus der Verbindung der llornsohle mit den Seitenwänden u. s. w. IVlan wird hierbei einsehen, 1) dass die Erhabenheiten der Hornsohle an deren inneren, nach der Fleischsohle zu gekehrten Fläche bei trockenen, zusammengezogenen Hufen weit höher, schärfer, selbst spitzig werden und die Fleischsohle drücken und quetschen müssen; 2) dass die Ecken oder Winkel der Sohle deswegen der Ort seien, wo Steingallen am häufigsten entstehen, weil daselbst die Fleischsohle durch die Erhabenheit der llornsohle am meisten gedrückt wird; 3) dass die Steingallen an der inneren Seite des Hufes am häufigsten sind, weil beim Niedertreten der stärkste Druck auf dieselbe wirkt; 4) dass unbeschlagene Pferde ans zwei Ursachen seltener als beschlagene Steiugallen haben, nämlich, weil jenen a) das tiefe Ausschneiden, b) die schlechten, oben angegebenen Eisen fehlen.
Die Erkennung der Steingallen ist nicht immer ganz leicht, denn zuweilen lahmen die Pferde bei diesem Uebel, zuweilen auch nicht; eben so ist zwar oft Wärme und Schmerz der Hufe zugegen, oft aber auch nicht. Um die Steingallen aufzufinden, muss zuerst untersucht werden, ob der Huf waiin und beim Druck mit der Hand oder Zange an irgend einer Stelle schmerzhaft sei; dann muss das Hufeisen abgenommen und die Sohle mit leichten Spänen so ausgeschnitten werden, dass man die Farbe der Steingallen deutlich an den gelben oder rothen Flecken erkennen kann. Hat das Pferd Schmerz an irgend einer Stelle beim wiederholten Untersuchen gezeigt, und es finden sich beim Ausschneiden der Sohle keine rothen Flecke, so lasse man sich dadurch nicht irre machen, sondern schneide an dieser Stelle bis auf das Lebendige, wo man dann gewöhnlich irgend eine ergossene Flüssigkeit, Blut, Blutwasser oder Eiter findet #9632;—#9632; wenn dies auch oft nur sehr wenig ist. (Ich möchte daher die Steingallen in änsserlich sichtbare und äusserlich unsichtbare unterscheiden.) — Ob das Pferd an der Steingalle lahm gehe, hängt von der Orösse und Beschaffenheit derselben und von der Gestalt des Hufes ab. Gewöhnlich lahmen die Thiere: 1) wenn die Steingalle gross ist oder zwischen der Horn- und Fleischwand hinauf geht, wenn sie eine dun-kelrothe Farbe hat; wenn das abgeschnittene rothe Horn sehr locker
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Steingallcn.
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ist, gleichsam wie verdicktes lilut uussiehi., oder wie verlrockueles Blul sich iterreibeu lüsst; 2) weun der Huf au der Trachlenwaud und den iialleu sehr heiss und schinerzhai't ist und wenn seine Wände sehr eingezogen sind; 3) wenn die llornsulile oder mehr noch die Hornwaml sich von ihrer Verbindung trennen. Dahingegen hinkt das Pferd in der Regel nicht, a) wenn die Sleingalle klein, flach, blassroth oder gelblich ist und die auf ihr abgeschnitteuen llornspüne zähe und beinahe dem gesunden Horn ähnlich sind; b) -wenn der Huf eine gute Gestalt hat, weun dessen Wände stark, nicht einwärts gebogen und nicht getrennt sind, und wenn Hitze und Schmerzen der Ballen und Trachten nicht bestehen. — Dass aber ein Pferd an den Steingallen und nicht aus anderen Ursachen lahm gehe, erkennt man daran, 1) dass das Thier im Gehen nicht dreist auf den Ballen tritt (es tritt nicht durch); 2) dass beim Druck mit der Zange oder einem harten Körper das Thier Schmerz zeigt, zuckt; 3) dass vermehrte V\ arme in den meisten Fällen zugegen ist; 4) dass mau beim Nachschneiden der schmerzhaften Stelle die blauen, rotheu oder gelben Flecke oder auch Flüssigkeiten findet, und 5) dass an anderen Theilen des Fusses, an den Sehnen u. s. w. eine Ursache zum Lahm-geheu nicht zu entdecken ist.
Die Prognosis der Steingallen ist sehr verschieden, namentlich darnach, ob dieselben neu entstanden, oder alt; mit helliger Entzündung begleitet sind, oder ohne dieselbe bestehen; ob Eiterung zugegen ist, und zwar bios au der Überfläche der Fleischsohle oder auch tiefer im Fleischgewebe; ferner ob die Fleischwand mit gequetscht; ob die llornwand vou derselben getrennt und darnach, wie der Huf beschafleu ist? In letzterer Hinsicht zeigt die Erfahrung, dass Steingallen in gut geloiinten, an den Trachten gehörig breiten Hufen mit festen und etwas steilen Wänden in den meisten Fällen weniger tief eindringen und auch weniger bösartig sind, als in Zwanghufen und überhaupt bei verkrüppelten Hufen; ausserdem heilen sie auch an jenen leichter und sind in Zukunft sicherer zu beseitigen, als in diesen. Frisch entstandene Steingallen sind zwar gewöhnlich mit Entzündung und deshalb häufig auch mil Lahmheit begleitet, allein sie sind leichter zu heilen als die veralteten; eiternde Steingallen sind stets bedenklich- doch richtet sich ihre Wichtigkeit, wie bereits angedeutet, darnach, ob der Eiter blos oberflächlich zwischen der Horn-uud Fleischsohle sich befindet, oder am Gewebe der letzteren und der Fleischwand selbst. Im ersteren Falle ist die Sleingalle ohne Gefahr, besonders wenn der Eiter nur dünn, dein Blutwasser ähnlich, oder wTeiiii er vou schwärzlicher Farbe (wie bei der Hufentzündung); im letzteren Falle dringt der Eiter gewöhnlich gegen das Hufbein und deraquo; Hufknorpel in die Höhe, zustört das Zellgewebe und kann leicht Caries am Hufbeiu und Knorpel und in F'olge dessen die sogenannte Knorpelfistel erzeugen. In günstigen Fällen dringt der Eiter üusserlich zwischen der Fleischwaud und der Hornwaud in die Höhe, erzeugt am Saume eine weiche Stelle und bricht daselbst in kurzer Zeit durch. In der Hegel sind dabei die Pferde bis zu diesem Durchbrechen des Eiters am Saume von heftigen Schmerzen crgrifl'eu und sehr lahm, nachher aber erfolgt fast immer die Heilung in kurzer
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Steingallen. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;289
Zeit, wenn übrigens an der beheirendeu Stelle der Sohle eine gründliche Gegenöffnung gemacht worden ist. Wenn Steingallen in der Zeit, wo eben die sogenannte Brandmauke herrschend ist, entstehen, so nehmen dieselben auch sehr häufig ebenfalls einen brandigen Charakter an und veranlassen nicht selten bedeutende Zerstörungen im ganzen Hufe, besonders auch Caries und in Folge desselben die Knor-pelüsteln.
Pferde mit oberflächlichen, nicht mit heftiger Entzündung com-plicirten Steingallen können fortwährend zu jedem Dienst benutzt werden, dahingegen sie bei tief gehenden, stark eiternden oder mit heftiger Entzündung cornplicirten Steingallen geschont oder gänzlich in Ruhe gehalten werden müssen. — Die Heilung und die Verhütung der Steingallen hängt übrigens von einem zweckmässigen Ausschneiden und Beschlagen der Hufe wesentlich ab.
Behandlung. Ist der mit einer Steingalle behaftete Huf unbeschlagen, aber an seinen Trachtenwäuden zu hoch gewachsen, so schneidet man zunächst den Huf gehörig nieder, — ist er beschlagen, so wird das Eisen abgenommen und die etwa zu lange Trachtenwand ebenfalls bis zur richtigen Höhe niedergeschnitten; ausser-dem schneidet man in jedem Falle mit einem Rinnmesser, oder mit einem Wirkmesser, oder mit einem Hufbohr das Horn in dem Winkel der Eckstreben an der Sohle und an den letzteren so tief heraus, bis entweder ungefärbtes, d. h. nicht rothfleckiges Horn zum Vorschein kommt, oder bis man auf die Fleischsohle gelangt ist und reines Blut zum Vorschein kommt. Nur auf diese VV eise gelangt man zu der Ueberzeuguug, dass tiefer unter dem Horn kein Eiter verborgen ist. Besteht bereits Eiter, so zeigt sich derselbe ebenfalls bei dem Ausschneiden des Horns bis auf die Fleischsohle. Findet sich hierbei unter der Hornsohle eine Höhle, so muss mau, es mag Serum, Blut oder Eiter in derselben enthalten sein, alles getrennte Horn gänzlich wegnehmen, hierdurch die Höhle vollständig biosiegen und die umgebenden Ränder recht dünn schneiden. Ist der Eiter bereits an der Krone zum Vorschein gekommen, so muss ebenfalls an der Sohle das Horn durchschnitten und so verfahren werden, wie eben angegeben ist. Die weitere Behandlung richtet sich nach der Art und dem Grade der Zufälle. Besteht weder Entzündung, noch bedeutende Lahmheit, so kann man nach geschehenem Ausschneiden der Steingalle sogleich ein solches Hufeisen aufschlagen, welches auf dieselbe keinen Druck ausübt, sondern sie noch gegen denselben schützt; die Steingalle selbst wird dabei zweckmässi-ger Weise mit etwas Baumwachs, oder mit Theer, oder mit Talg ausgefüllt, um das Eindringen fremder Körper und des Schmutzes zu verhindern und die Thierc können dann ohne Weiteres wieder zur Arbeit benutzt werden. — Ist jedoch heftige Entzündung, Eiterung und Lahmheit zugegen, so kann zwar ebenfalls nach dein Ausschneiden der Steingalle ein zweckmässiges Hufeisen aufgelegt werden, allein das Wesentliche ist hier: den Huf fortwährend kühl und feucht zu erhalten, bis diese Zufalle beseitigt sind. Für diesen Zweck macht man Fussbäder von kaltem Wasser oder Bleiwasser, oder Umschläge von Lehmbrei, von Kuhmist und dergleichen. #9632;— Ist ulcerative Eite-
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Steingalllen. Behandlung.
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rung zugegen, so macht man warme Fussbäder von Heusaamenbrähe oder von aromatischen Kräutern, oder bei sehr grossen Schmerzen auch von schleimigen und narkotischen Mitteln, bis gute Granulation auf der ganzen Fläche eingetreten ist. Die gegen die eiternden Stein-gallen so häufig angewendeten harzigen Tinkturen sind nur da zweck-mässig, wo zu geringe Thätigkeit, überhaupt ein torpider Charakter in dem Geschwür besteht, oder auch wenn die Heilung bereits bis zur Oberfläche des Horns vorgeschritten ist, wo dann diese Mittel die Vernarbung begünstigen, indem sie die Granulationen an der Oberfläche dichter und trockener machen. Für diesen Zweck kann man aber auch wohl vortheilhafter den Zinkvitriol oder den Kupfervitriol, oder auch das Creosot benutzen. #9632;— Die an dem Saume bei sogeuaunteu durchgebrochenen Steingallen entstandenen OefTnungen sind in der Regel blosse Trennungen des Saumes von der Krone und bedihTen daher in den meisten Fällen keiner künstlichen Behandlung; quillt jedoch die Krone an einer solchen Stelle stärker auf, oder sickert noch, nachdem an der Sohle eine hinreichende Gegenöffnung gemacht ist, beständig Eiter aus der oberen Oeffnung, so muss man das abgetrennte Horn des Saumes in seiner ganzen Länge und bis zum Aufange der Fleischblättchen mittelst eines Lorbeerblattmessers wegschneiden, um so Druck und Reizung auf die Kronenwulst aufzuheben und den Abfluss des Eiters zu erleichtern.
Der Hcschlag eines Hufes mit Steingallen muss immer so geschehen, dass das Hufeisen auf die Steiugalle nicht drückt, sondern dieselbe frei iässt und auch sie gegen die Einwirkung des Bodens schützt. Das beste Hufeisen für diese Zwecke ist das sogenannte geschlossene oder runde Hufeisen, welches man entweder vor der Stelle der Steiugalle nach abwärts richten, oder, wie man es nennt, abkröpfen kann, oder mau lässt den Arm des Eisens in gerader Richtung, schneidet aber die Trachtenwand, so weit die Steiugalle sich erstreckt, gegen 2 bis 3 Linien mehr nieder, als den Thcil der Wand vor der Steingalle. Ein ebenfalls recht brauchbares Hufeisen ist hier noch das Eisen mit einem sogenannten Beistollen oder Nebenstollen. In Er-inangclung eines anderen Hufeisens kann man von einem gewöhnlichen Hufeisen das hintere Ende desjenigen Arms, welcher auf die Steingalle trifft, vor derselben abhauen und es dann als sogenanntes Dreivierteleisen auflegen lassen.
Wenn eine Steingalle in die sogenannte Knorpelfistel ausartet, entsteht Aullreibung der Krone, die Haare daselbst werden gesträubt und es bildet sich eine Oeffnung au irgend einer Stelle derselben, aus welcher beständig Eiter oder Jauche sickert, und in welche man mit einer Sonde bis auf den Knorpel eindringen kann. Das Weitere hierüber sehe man bei den Geschwüren in der fünfzehnten Classe.
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Durchliegen. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 291
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Ellftes Capltel.
Das Durchliegen oder Wundliegen. Decubitus.
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Wenn Thiere, uameutlich die grössereu, gezwungen sind, anhaltend zu liegen, so drücken sie sich an den hervorragenden Theilen bald mehr bald weniger heftig, und bald oberflächlich, bald bis auf den Knochen durch und es entsteht auf diese Weise das sogenannte Durchliegen oder Wundliegen. Diese Verletzungen linden sich bei gi-ossen Thieren, ihrer grössereu Schwere wegen, sehr häufig, besonders dann, wenn die Thiere wegen Schmerz, oder wegen beständiger Aufregung, oder auch wegen bösartigen Naturells sehr unruhig liegen, wenn es an guter Streu fehlt, oder wenn der Fussbodeu uneben ist. Ferner wenn die Thiere stark laquo;chwitzeu oder wenn sie mit einem heftigen Entzüudungsfieber behaftet sind. Die am meisten betrollenen Theile sind da, wo die Knochen stark hervorragen, daher namentlich die Jochleiste, die Flügel des ersten und zweiten Halswirbels, der gewölbte Theil der Rippen, die Dannbeinswinkel und die Erhöhungen an den Gelenken der Gliedmaasseu.
Die Erscheinungen des Dnrchliegens sind je nach der Dauer und der Art der Zufälle etwas verschieden. In der ersten Zeit besteht Entzündung, wobei sich Anschwellung mit vermehrter Wärme, mit Schmerz u. s. w. zeigt; weiterhin bilden sich Extravasate von Blul-wasser, oder die Haut wird durchgescheuert, blutrünstig, oder es entsteht ein Brandschorf oder Eiterung ohne Brand. Die Eiterung ist gewöhnlich mit Verjauchung verbunden, und zuweilen entsteht Caries. Fast immer wird durch diese Zufälle und durch die damit verbundenen Schmerzen das ursprüngliche Leiden bedeutend vermehrt und die Gefahr auch dadurch vergrössert, dass Eiter oder Brandjauche absorbirt wird. In günstigen Fällen erfolgt Heilung aller dieser Verletzungen, es bleiben jedoch in den meisten Fällen liir längere Zeit kahle Flecke und zuweilen auch hässliche Narben übrig.
Die Prognosis richtet sich zum Zheil nach der Art und dem Grade der bezeichneten Zufälle, ausserdem aber hauptsächlich darnach, ob der ursprüngliche Krankheitszustand, dufch welchen eben das Thier zum anhaltendeu Liegen gezwungen wird, bald gehoben werden kann oder nicht, und ausserdem hängt sie von der Pflege des Thieres ab.
Behandlung. Zuerst muss man suchen, das Thier bald wieder auf die Füsse zu bringen und es hierbei nöthigenfalls durch einen Hängegurt unterstützen, selbst wenn das Stehen abwechselnd auch nur während einzelner Viertelstunden zu bewirken wäre. Ausserdem sucht man dem Thiere durch Beseitigung der etwa vorhandenen Schmerzen mehr Ruhe zu verschaffen, für diesen Zweck auch
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Durchliegen. Behandlung.
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die Kothausleeruug durch Klystiere und die Urinausleerung durch den Katheter zu erleichtern, giebt ein reht weiches gleichmässiges Lager, wendet es recht oft (wo möglich alle zwei Stunden) einmal auf die andere Seite des Körpers und unterstützt ausserdem die schon wund gelegenen Theile dadurch, dass man neben sie unter den Körper Kissen mit Stroh oder Heu legt. Die Therapie au den gedrückten Stellen erfolgt ganz nach allgemeinen Regeln, so dass man im Anfange kaltes Wasser, Bleiwasser u. s. w. anwendet, die Extrava-sate und Abscesse öffnet, die brandigen Stellen scarificirt und bei diesen Zuständen aromatische Kräuterinfusionen mit Chlorkalk und anderen, der Vitalität entsprechenden Mitteln anwendet.
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Dritte Classe.
Zerreissungen unter der Haut. Rupturae.
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Erster Abschnitt.
Zerreissungen im Allgemeinen.
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Die verschiedenen VVeichgebilde besitzen, jedes in seiner Art, nach der Zähigkeit und Dichtheit seines Gewebes einen verschiedenen Grad von Ausdehnbarkeit, vermöge welcher sie äusseren Gewalt-thätigkeiten bis zu einem gewissen Grade Widerstand leisten, dann aber denselben nachgeben, sich dabei mehr oder weniger ausdehnen und bei dem höchsten Grade der Ausdehnung zerreisscn. An Muskeln und Sehneu kann die Zerreissung auch durch die eigene übermässige Contraction der Muskeln bei heiliger Anstrengung bewirkt werden, wenn die letzlere nur auf einzelne Muskeln eines Gliedes wirkt. Die meiste mechanische Ausdehnbarkeit besitzen die Haut und das lockere, langmaschige Zellgewebe, etwas geringer ist die Ausdehnbarkeit an den Sehnen und Bändern, an den Blutgefäs-sen, an den Muskeln und Nerven, und am geringsten an den straffen, sehnigen Ausbreitungen, welche an den meisten Stellen die Muskeln an ihrer äusseren Oberfläche umkleiden. Je nach dieser Verschiedenheit der Ausdehnbarkeit sieht man auch die Zerreissungen an den verschiedenen Gebilden bald leichter und häufiger, bald seltener entstehen, und zwar an den sehnigen Ausbreitungen und an dünnen Muskeln am häufigsten, weniger häufig, aber doch eben nicht selten an Blutgefässen, an dicken Muskeln und Sehnen und am seltensten an der Haut. In manchen Fällen trägt jedoch nicht allein die Art des Gewebes zu dem leichteren Entstehen einer Zerreissung bei, sondern auch die durch die willkürliche Anstrengung der Theile oder durch die Stellung eines Gliedes während der Einwirkung der Gelegenheitsursachen erzeugte Spannung und Straffheit
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Zerreissungen.
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der Gewebe und in manchen Fällen scheint die leichtere Zerreiss-barkeit noch dnrch eine besondere Anlage, welche im Alter der Thiere, so wie in der Art der Ernährung und dadurch erzeugter Zartheit oder JVIürbigkcit der Fasern begründet ist, begünstigt zu werden. Die äusseren Veranlassungen zu den Zerreissungen bestehen in Stössen und Schlägen mit harten, dicken Körpern, in Niederstürzen auf harten Boden und dergleichen, und die inneren Veranlassungen sind heftige Anstrengungen und Bewegungen der Glied-maassen, z. B. bei dem Ilintenausschlagen mit den Füssen, bei dem Ziehen schwerer Lasten, bei dem Ausgleiten u. dgl.
Bei solchen Veranlassungen können an verschiedenen Theilen Zerreissungen der VV'eichgebilde entweder mit gleichzeitiger Trennung der Haut, oder ohne die letztere entstehen. Im ersteren Falle stellen solche Verletzungen die gerissenen Wunden dar und gehören als solche in die folgende Classe der chirurgischen Krankheiten; dagegen bilden die Zerreissungen ohne gleichzeitige Trennung der Haut eigenthümliche krankhafte Zustande, von welchen eben diejenigen, die in das Gebiet der Chirurgie zu rechnen sind '), hier betrachtet werden sollen.
1. Zerreissungen der sehnigen Ausbreitungen. Dieselben kommen besonders an den Vorarmen, auf dein Schulterblatt und an den Hinterbacken vor und entstehen stets in Folge einer groben mechanischen Verletzung, durch Einwirkung eines stumpfen Körpers, z. B. durch Gegenfahren mit der Deichsel, durch einen Hufschlag und dergleichen. Nach solchen Verletzungen schwillt der betroffene Theil massig an und zeigt die Symptome einer frisch entstandenen Quetschung, und gleichzeitig schont das Thicr den Theil beim Gehen. Nach einigen Tagen verliert sich entweder die Anschwellung gänzlich oder nur zum Theil, und es bleibt im ersteren Falle nur eine kleine Vertiefung an der verletzten Stelle übrig, in deren Umfange man unter der Haut sehr deutlich die last schaden Bänder der zerrissenen sehnigen Ausbreitung fühlen kann; im letzteren Falle ist die zurückgebliebene Geschwulst fluetuirend, und wenn man in sie einsticht, fliesst eine Quantität Serum und zuweilefl mit ihm auch etwas Blut, oder in Körnern oder Flocken geronnener Faserstoff aus. [n der geöffneten Höhle fühlt man die Ränder der zerrissenen sehnigen Ausbreitung und ausserdem die darunter liegenden Muskelfasern. Nach dem üeffnen entsteht in den meisten Fällen eine schlechte Eiterung, und die Heilung erfolgt oft nur schwer. Oeffnet man nicht, so wird, obgleich oft sehr langsam, nach und nach das Serum gänzlich absorbirt und es bleibt dann zuletzt nur, wie im ersteren Falle, eine vertiefte Stelle übrig. Gewöhnlich drängt sich späterhin die
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') Auch innere Organe, namentlich der Magen, ein Theil des Darmka-nals, das Gekröse, die Netze, das Zwerchfell, die Gebärmutter, die Harnblase, die Leber, selbst das Heiz zerreissen unter gewissen Umständen, und es entstehen hierdurch bald plötzlich tödtliche, bald mehr oder weniger gefährliche Zufälle. Diese Verletzungen sind jedoch mehrentheils keiner Hülfe zugänglich und gehören nicht in das Gebiet der Chirurgie.
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Zerreissungen.
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Muskelsubstanz oder Zellgewebe und Fett durch die Oeffnung in der sehnigen Ausbreitung gegen 2 bis 3 Linien dick hervor und bildet eine flaphe, schmerzlose (Jeschwulst, welche mau mit den Fingern zurückdrucken und sie dadurch mit der sehnigen Ausbreitung in eine gleiche Fläche bringen kann, und iu deren ümgränzung man wieder die Ränder der letzteren fühlt. Wegen der Aehnlichkeit dieser Anschwellung mit einer Bruchgeschwulst hat man dieselbe mit dem Namen Muskelbruch bezeichnet. — Diese Zerreissungen der sehnigen Ausbreitung wachsen gewöhnlich nie wieder völlig zusammen, sie veranlassen aber nirgends einen wesentlichen Nachtheil, sondern sind nur, wenn die ersten Zufälle der Verletzung vorüber sind, als unbedeutende Formfehler zu betrachten. — Die Behandlung ist daher auch nur auf die Beseitigung dieser ersten Zufälle gerichtet und besteht in der Anwendung zuerst kühlender und dann gelind erregender, zertheilender Mittel, z. B. in Waschungen mit kaltem Wasser, mit Bleiwasser, mit Oxykrat, und zuletzt mit schwachem Branntwein oder mit einem aromatischen Infusum. Bei serösen oder blutigen Ergiessungeu, welche nach der Beseitigung der Reizzufälle zuweilen zurückbleiben, macht man einen oder einige kleine Einstiche und reibt dann das üng. Cantharidum ein- oder auch mehrmals ein, wie der Erfolg es etwa erfordert.
2. Zerreissungen der Muskeln kommen im Umfange des ganzen Körpers vor, und entstehen entweder durch ähnliche mechanische Einwirkungen von aussen oder auch durch zu heftige, ruckweise oder auch isolirte Anstrengung einzelner Muskeln bei schweren Arbeiten, bei Affecten, bei Krämpfen und dergleichen. Die Zerreissungen erfolgen bald nur an einem, bald an mehreren Muskeln und zuweilen zugleich an sehnigen Ausbreitungen oder an Sehnen; ferner sind sie entweder nur zum Theil oder ganz und im ersteren Falle bald an der Oberfläche, bald mehr im Innern eines Muskelkörpers. Dabei werden immer bald mein- bald weniger Blutgefiisse be-trolfen, und dadurch entsteht stets ein grösseres Extravasat als bei den Zerreissungen der sehnigen Ausbreitungen; die Zurückziehung der Muskelfasern ist an den verschiedenen Muskeln iu verschiedenem Grade bemerkbar. Je nach dem Umfange der Zerreissung und je nach dem Orte und der Function der verletzten Theile treten auch verschiedene Störungen und Complicationen hiernach ein, namentlich entstehen bei Zerreissung der Bauchmuskeln Brüche (Iler-niae), indem durch den Riss die Eingeweide aus der Bauchhöhle hervortreten und nur noch durch die ganz gebliebene Haut umkleidet werden; an den Gliedmaassen entstehen Lahmheiten in verschiedener Art u. s. w.
Die Diagnosis der Muskelzerreissungen ist, je nachdem die verletzten Muskeln mehr der Oberfläche nahe oder mehr in der Tiefe liegen, und je nachdem die übrigen, eben angedeuteten Zufälle mehr oder weniger deutlich hervortreten, in manchen Fällen leicht, meh-rentheils aber schwierig zu machen und zuweilen gar nicht mit Sicherheit zu erlangen. Liegt der zerrissene Muskel nahe der Oberfläche des Körpers, so sieht und fühlt man an der verletzten Stelle
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296nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zerreissungen.
unter der Haut eine Grube oder Lücke von verschiedener Grössc und Form und dabei in der ersten Zeit die Symptome einer geringen Entzündung oder Quetschung. Dies ist z. B. bei PfcBden oft der Fall an dem gemeinschaftlichen Kopf-, Hals- und Armbeinmuskel; dabei besteht Lahmheit au dem Fuss der leidenden Seite, namentlich mangelhaftes Aufheben und Vorwärtsbringen der Glied-maasse. Liegt der zerrissene Muskel tief unter anderen Gebilden, wie z. B. der Lendenmuskel, der ebenfalls den Zerreissungen oft unterworfen ist, so kann man nur allein die gestörte Bewegung des Schenkels wahrnehmen und zum Theil aus der letzteren, so wie aus dem negativen Befund hinsichtlich anderer krankhafter Zustände und aus der vorausgegangenen Veranlassung, in so weit diese bekannt ist, kann man immer nur auf eine möglicher Weise stattgefundene Ruptur eine unsichere Vermuthung aussprechen.
Die Beurtheilung der Muskelrupturen ist je nach den angedeuteten Verschiedenheiten derselben in den einzelnen Fällen sehr verschieden zu machen. Oberflächliche und unvollständige Zerreissungen heilen gewöhnlich in kurzer Zeit, ohne dass Eiterung entsteht (welche überhaupt bei solchen subeutanen Verletzungen nur selten eintritt), mit Hinterlassung einer bald mehr bald weniger sichtbaren Lücke in der Muskelsubstanz; dabei kann allerdings während der Zeit der Heilung und unmittelbar nach derselben eine Störung in der Brauchbarkeit des Thieres herbeigeführt sein. Vollständige Zer-reissung eines einzelnen Muskels veranlasst stets zuerst eine grosse Störung in der regelmässigen Bewegung, aber auch hier erfolgt oft eine ziemlich vollständige Verwachsung und nach einiger Zeit findet sich gewöhnlich auch die regelmässige Beweglichkeit und Brauchbarkeit wieder ein, wenn a) die Zurückziehung der Enden des zerrissenen Muskels nicht zu gross, und wenn eine gegenseitige Annäherung derselben nicht durch andere Umstände, z. B. durch zu heftige Wirkung der Antagonisten, durch grosso Blutextravasate, hervorgetretene Eingeweide und dergleichen unmöglich gemacht wird, und b) wenn das Thier während der Heilungszeit die nöthige Ruhe erhält. •— Sind mehrere Muskeln zugleich zerrissen, so dass in einem grösseren Umfange Oeffhungen oder Lücken zwischen den getrennten Theilen bestehen, und wenn zugleich durch die entgegenwirkenden Muskeln diese Oeffnungen oder Lücken beständig offen gehalten werden, so erfolgt gewöhnlich keine oder nur eine sehr unvollständige Heilung, ja nicht selten gehen die Thiere in solchen Fällen an den hinzugetretenen heftigen Zufallen, namentlich an heftigem Entzündungsfieber, an Entzündung der Eingeweide, an inneren Verblutungen u. s. w. zu Grunde. In denjenigen Fällen, wo keine bestimmte Diagnose zu erlangen ist, kann die Prognosis auch nur unsicher gemacht werden.
Die Heilung erfolgt in den meisten Fällen an den verletzten Stellen selbst nur unvollständig, weil die Ränder der Ruptur sehr ungleich, faserig sind, und zugleich weil dieselben vermöge der Con-tractilität der Muskelfasern und vermöge der Wirkung der entgegengesetzten Muskeln immer auseinander gezogen werden; doch verlän-
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Zerreissungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 297
gern sich nach und nach die einzelnen Muskelbündel und die Ränder treten unter günstigen Umständen theiiweis in gegenseitige Berührung, auch legt sich der Faserstoff des Blutes zwischen sie und es wird dadurch ein Verwachsungsprozess bald mehr bald weniger herbeigeführt. Dies ist besonders der Fall bei solchen Muskeln, welche entweder in einer aponeurotischen Scheide oder zwischen anderen Muskeln gleichsam eingeschlossen sind.
Die Kur besteht hauptsächlich in ruhigem Verhalten und einer passenden Stellung des verletzten Theilcs während der Heilungszeit, in der Minderung der zu heftigen Entzünduugszufälle und in der Beseitigung der etwa bestehenden Complicationen. In ersterer Hinsicht muss man das Thier, wenn es ein Pferd oder Rind ist, mittelst eines Hängegurtes unterstützen, und bei Zerreissungen der Muskeln der Gliedmaassen noch durch Schienen und Bandagen dem Gliede eine solche Stellung zu geben suchen, bei welchen die Enden des zerrissenen Muskels einander genähert werden. In Betreff der zweiten Anzeige ist die Anwendung kühlender Mittel, so lange heftige Entzündungszufälle bestehen, nützlich, späterhin kann man gelind aromatische und selbst gelind adstringirende Mittel anwenden. Hinsichtlich der dritten Anzeige muss man, je nach den besonderen Zufällen, z. B. bei Brüchen, bei heftiger Blutung u. s. w. die geeigneten Mittel und Verfahrnngsweisen (s. Brüche und Zerreissung der Blutge-fässe) in Anwendung bringen.
3. Zerreissungen der Sehnen kommen fast nur bei den grösse-ren Hausthieren vor und entstehen mehrentheils in Folge übermässi-ger Anstrengungen durch die eigene Muskelcontractur, oder durch die eigene Schwere des Körpers, zuweilen auch bei ungeschicktem Niederstürzen und Ausgleiten; auch findet man sie fast ausschliess-lich an den Sehnen der Gliedmaassen. Ihre Erkennung ist, namentlich an den Gliedmaassen in der Regel leicht; die Thiere gehen plötzlich sehr lahm, halten den Fuss schlotternd, oft wie im zerbrochenen Zustande, oder auch nach der entgegengesetzten Richtung gebogen; an der verletzten Stelle tritt plötzlich Anschwellung ein, welche oberflächlich oedematös, in der Tiefe mehr gespannt ist, und im Grunde derselben fühlt man eine bald mehr, bald weniger breite Lücke, welche durch die Enden der zerrissenen und von einander zurückgezogenen Sehne begränzt ist.
Die Beurtheilung ist unsicher; in den meisten Fällen erfolgt zwar eine wirkliche Vel-wachsung der getrennten Sehnentbeile durch eine zwischen denselben neugebildete Masse und die Beweglichkeit und Kraft des Theiles findet sich dann mehrentheils ziemlich vollständig wieder ein, allein zuweilen wird die neugebildete Narbenmasse zu dick, gleichsam wuchernd, oder durch den vermittelnden Entzündungsprozess entsteht Verwachsung der. sämmtlichen neben einander liegenden Theile, und hierdurch wird die Beweglichkeit und der regelmässige Gang zuweilen bedeutend gestört; in noch anderen Fällen ist aber die neugebildete Narbenmasse zu dünn, die Vernarbung erfolgt nur unvollständig und der leidende Theil behält hierdurch eine bleibende Schwächung; endlich, in einzelnen Fäl-
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len runden oder glätten sich die Enden der zerrissenen Sehne ab und verwachsen gar nicht, und die Gliedmaasse bleibt dann für immer lahm. Ob der Heilungsprozcss in einem vorhandenen Falle auf diese oder jene Weise erlblgen werde? lässt sich in der ersten Zeit nach der Verletzung nicht mit Bestimmtheit erkennen. Bei jungen und gesunden Thicren und bei gehörigem ruhigen Verhalten erfolgt die Heilung gewöhnlich in Zeit von drei bis vier Wochen vollständig.
Die Kur besteht in ruhigem Verhalten, mit einer schicklichen Stellung des leidenden Theiles (wozu oft Bandagen und Schienen er-lorderlich sind) und in der Minderung der Entziindungszufälle, ganz ähnlich wie bei den Zerreissungen der iVluskeln.
4. Die Zerreissung von Blutgefässen kann in Folge grober mechanischer Einwirkung an jeder Stelle des Körpers und der Glied-maassen, wo eben Oefasse liegen, entstehen, am häufigsten aber kommt sie an der vorderen Fläche der Brust (am unteren Ende der Drosselvene) und an der inneren Seite der Schienbeine vor, veran-lasst durch das Gegenfahren mit einer Deichsel und durch das Gegenschlagen mit dem Hufe. Bei einer solchen Zerreissung entsteht eine Ergiessung von Blut in das Zellgewebe oder auch in das Gewebe von zerrissenen Muskeln, in die Sehneuscheiden u. s. w., und in Folge dieser Ergiessung bildet sich gewöhnlich sehr schnell eine Anschwellung, welche flnetuirend, wenig schmerzhaft und von verschiedener Grosse ist. Gewöhnlich nimmt die Anschwellung am ersten Tage nach und nach im Umfange noch etwas zu und wird etwas vermehrt warm, ohne dass jedoch eigentliche Entzündungs Symptome an ihr sich ausbilden. Zuweilen senkt sich die Geschwulst am folgenden Tage und weiterhin etwas mehr nach abwärts, oder auch es bildet sich an ihrem unteren Rande ein üedem, welches sich dadurch charakterisirt, dass es sich teigähnlich anfühlt und bei angebrachtem Druck Verliefungen erhält, welche durch einige Minuten andauern und sich dann allmälig wieder verlieren. Nach einigen Tagen verkleinert sich die Geschwulst etwas und wird auch zugleich etwas derber, indem ein Theil des Blutes resorbirt wird und in Folge dessen sich die Wände der Geschwulst mehr zusammenziehen können. Der übrige Theil des Blutes wird um diese Zeit, d. i. nach 5 bis 8 Tagen, in seine natürlichen Bestandtheile zersetzt und der Cruor grösstentheils aufgesogen, während das Serum durch längere Zeit zurückbleibt und erst sehr allmälig schwindet. Zuweilen, jedoch nur selten, entsteht Eiterung, und die Geschwulst wird dann, ähnlich wie bei den Abscessen, an einem Punkt mehr spitz und weich. — Die Erkennung der Gefasszerreis-sungen ist an diesen Erscheinungen und mit Berücksichtigung der vorausgegangenen Gclegenheitsursachen in den meisten Fällen bei oberflächlich liegenden Gefässen leicht zu machen, bei tief unter anderen Theilen liegenden Gelassen ist dagegen die Diagnosis sehr schwierig und unsicher, indem hier die angeflihrteu Symptome in der Regel unvollständig hervortreten und oft nur auf das Oedem beschränkt sind. In den meisten Fällen, sowohl bei oberflächlichen,
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wie auch tieferen Gefasszerreissungen besteht auch Störung der Verrichtungen der mit den Gefässen gleichzeitig von der äusseren Gewalt betroffenen Muskeln und Sehnen, z. B. Lahmheit und Schmerz an der verletzten Stelle; diese Erscheinungen geben jedoch keinen Anhaltspunkt für die Erkennung der Gerdsszerreissung. Dagegen deuten die Zufälle, welche bei der Zeneissung grosser Gefässe einer -seits aus dem (zuweilen sehr plötzlich) entstandenen Blutverlust, andererseits aus der Anhäufung des Blutes an einer Stelle hervorgehen, wie namentlich aus der Blässe der Schleimhäute, dem kleinen, weichen Puls, der Erweiterung der Pupille, dem partiellen Schweiss, der Angst u. dcrgl., mit grösster Wahrscheinlichkeit auf eine solche Verletzung.
Die Prognosis ist in den einzelnen Fällen darnach verschieden, ob ein kleineres oder grösseres Gefäss, eine Arterie oder Vene oberflächlich oder tiefliegend verletzt ist, in welcher Menge das Blut-bereits ergossen ist und welche Zufälle schon eingetreten sind, ferner ob das Thier ruhig und gutmüthig oder unruhig und widersetz lieh ist. Zerreissungen kleiner Gefässe haben in der Regel wenig zu bedeuten, da die Blutung sich sowohl aus kleinen Arterien, wie auch aus eben solchen Venen leicht stillt, und die Heilung eben so leicht und vollständig erfolgt; grössere Gelasse veranlassen gewöhnlich heftige Blutungen, besonders wenn sie im lockeren Zellgewebe oder in freien Höhlen liegen, und in jedem Falle ist die Gefahr immer um so grosser, wenn die Gefässe tief unter anderen Theilen verborgen liegen und deshalb nicht gut zu erreichen', oder wenn die Thiere sehr unruhig sind.
Die Behandlung hat die Aufgabe: zuerst die Blutung zu stillen, die verletzten Gefässstellen zu verschliessen und dann das Extravasat zu beseitigen. Die Blutung stillt sich sehr häufig dadurch von selbst, dass die um das Extravasat befindlichen Theile sich nicht ferner von dem Blut ausnehnen lassen, sondern drückend auf dasselbe und das verletzte Gefäss zurückwirken, und hierdurch Veranlassung geben, dass das Blut gerinnt und sich an der A^erletzungsstelle des Gefässes ein Blutpfropf bildet, unter welchem die Verletzung vernarbt. !\Ian kann annehmen, dass dieser Naturheilungsprozess stattfindet, wenn, wie oben angedeutet, die Extravasatgeschwulst nach etwa vier bis sechs oder mehreren Tagen kleiner und mehr gespannt wird, und das Oedem an der unteren Gränze der Geschwulst sich von der letzteren so entfernt, dass zwischen beiden ein deulicher Absatz entsteht. Da man aber in der ersten Zeit nicht wissen kann, dass gerade die Heilung der Gefässruptnr auf diese Weise erfolgen werde, so ist es nöthig, bald nach der Verletzung Umschläge oder Waschungen von kaltem Wasser, von Eis oder Schnee, oder von adstringi-renden Flüssigkeiten, z. B. Essig, recht verdünnter Schwefelsäure (1 Theil concentrirte Schwefelsäure zu 100 Theilen Wasser), oder Auflösungen von Alaun, oder Eisenvitriol (1 Theil zu 40 bis 50 Theilen Wasser) recht fleissig anzuwenden, und dabei zugleich einen massigen Druck auf die Verletzungsstclle dauernd einwirken zu lassen. Den letzteren kann man mittelst eines Verbandes von Werg
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oder leinenen Lappen und einer Binde, oder auch mittelst eines mit Sand gelullten Beutels und dergleichen anwenden. Wenn bei dieser Behandlung das Extravasat und die Geschwulst nicht weiter zunehmen, so kann man mit ihr durch etwa 2 bis 3 Tage fortfahren und dann die Beseitigung des ergossenen Blutes durch verstärkte Resorption versuchen. Zu dem letzteren Zwecke lässt man Waschungen mit aromatischen Infusionen mit Zusatz von Kali car-bonicum oder Waschungen von Kornbranntwein mit Kali carboni-cum oder Einreibungen des Seifenspiritus und des Kampherspiritus u. dgl. machen.
Vergrössert sich aber bei jener Behandlung dennoch die Geschwulst immer mehr, und treten Gefahr drohende Zufälle, wie kleiner Puls, Blässe der Schleimhäute, Erweiterung der Pupille u. s. w. ein, so muss die Blutstillung durch kunstmässige Verschliessung des verletzten Gelasses bewirkt und hierzu, je nach den Umständen, das Thier nöthigenfalls niedergelegt, in jedem Falle aber durch Gehül-i'eu gehörig festgehalten (Pferde auch gebremset) werden. Man macht dann einen Schnitt durch die Wand der Geschwulst, entleert das ergossene Blut, sucht das verletzte Gcfäss auf und unterbindet dasselbe, oder, wenn dies nicht ausführbar ist, applicirt man das Glüheisen auf die Verletzungsstelle so, dass dieselbe durch einen festen Schorf verscldossen werde, oder man bringt auf die verletzte Stelle sogenannte styptische Mittel, z. B. Tannin, oder Kreosot, oder Eisenvitriol, chlorsaures Eisen, Essig und, dergleichen, und füllt die Höhle mit Werg oder Charpie oder Baumwolle dermassen aus, dass die weitere Blutung durch den Druck dieser Substanzen gehindert werde, — wie dies näher bei der Blutstillung bei Verwundungen in der folgenden Classe speciell angegeben ist. In solchen Fällen bleibt der Verband durch wenigstens drei Tage unverändert liegen und wird dann mit der Vorsicht erneuert, dass die verletzte Gelassstelle nicht gewaltsam wieder aufgerissen wird. Die weitere Heilung in einem solchen Falle muss dann durch Eiterung und Granulation erfolgen und das Thier muss wenigstens in den ersten acht bis zehn Tagen fortwährend unter Aufsicht und möglichst ruhig gehalten werden; den grossen Thieren darf man deshalb selbst das Niederlegen nicht erlauben, so lange ihre Kräfte es gestatten. Um sie hierbei zu unterstützen und den Zweck überhaupt sicherer zu erreichen, stellt man die Thiere während der Heilung in einen Hängegurt. —
Wenn nach Anwendung der kühlenden und adstringirenden iMit-tel die Blutergiessung beseitigt, aber die Geschwulst sehr bedeutend ist und auch auf die Anwendung der resorbirenden Mittel sich nicht verlieren will, so kann man durch Einstiche die ergossene Flüssigkeit entleeren; dies darf jedoch niemals eher geschehen, als bis das Oedem sich von deu eigentlichen Blutbeule entiernt hat und die letztere selbst durch Zusammenziehung ihrer Wände etwas fester geworden ist, auch darf man niemals eine grosse OelFuung, sondern nur einzelne Einstiche mit einer Lanzette oder mit einem spitzen Bistouri an der niedrigsten Stelle der Geschwulst machen. Bei Un-
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terlassung dieser Vorsicht und namentlich bei zu früh gemachten grossen Einschnitten hat man stets eine gefährliche Uiutung zu fürch-leu. Bleibt auch nach den Einstichen noch ein Theil der Anschwellung oder auch Verdickung oder Verhärtung der Theile zurück, so ist die Cantharidentalbe das geeignetste Mittel zur Beseitigung dieser üblen Folgen. — Wo Abscesse aus den Extravasaten entstehen, findet die Behandlung wie bei den Abscessen überhaupt statt, jedoch mit der IVlaassgabe, dass man die künstliche Eröffnung nicht zu früh unternimmt.
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Zweiter Abschnitt.
Die wichtigsten Zerreissungen im Besonderen.
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Erstes Capitel.
Das Blutohr der Hunde.
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Bei Hunden ohne Unterschied der Rage findet sich nicht selten in Folge von Zerrung und Quetschung der Ohrmuschel, z. B. bei dem üblichen Strafen durch Kneifen und Zerren an derselben, bei dem Beissen durch andere Hunde, bei dem Kratzen mit den Pfoten u. s. tv. eine Anschwellung dieses Theiles, welcher elastisch weich, an manchen Stellen der Haut bläulich oder röthlich gefärbt, etwas vermehrt warm und schmerzhaft ist. Die Thiere tragen dabei den Kopf nach der leidenden Seite so herunter gebogen, kratzen sich zuweilen mit den Pfoten oder sie schütteln öfters mit dem Kopfe und das leidende Ohr steht sackförmig ausgedehnt und mehr oder weniger steif vom Kopfe ab. Diesem Zustande liegt eine Zerreissung einzelner kleiner Gefässe zwischen der Haut und dem Muschelknorpel und ein hierdurch erzeugtes Extravasat zum Grunde. Das letztere befindet sich in den meisten Fällen zwischen der inneren Fläche des Knorpels und der inneren Haut der Ohrmuschel, selten zwischen der äusscren Haut und dem Knorpel und zuweilen auch auf beiden Seiten des letzteren. Dieses Extravat bleibt sehr lange, zuweilen über 14 Tage, unverändert in flüssigem Zustande, und verliert sich, wenn es sich selbst überlassen bleibt, immer erst in viel späterer Zeit. Durch Kunsthülfe ist es in Zeit von circa 14 Tage zu beseitigen.
Die Kur kanu in der ersten Zeit und bei einem gelinden Grade des üebels durch Waschungen mit verdünntem Essig oder mitGou-lard'schem Bleiwasser bewirkt werden.' Besteht aber das Leiden in einem hohen Grade, so muss die Haut an derjenigen Fläche des Ohrs, unter welcher das Extravasat besteht, in der Länge von 1 bis li Zoll durchschnitten und das Blut ausgeleert werden. Befindet sich der Bluterguss an beiden Seiten des Knorpels, so müssen auch auf beiden Flächen des Ohrs solche Schnitte in die Haut gemacht werden; doch vermeide man in jedem Falle das Durchschneiden des
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Zerreissung der schwammigen Körper im männlichen Gliede. 303
Knorpels selbst, weil die Verletzungen dieses Theiles sehr schwer heilen. Hierauf spritzt man die Höhle zunächst einige Male mit kaltem W asser aus und streicht oder spritzt dann eine Auflösung von Lapis infernalis (gr. x. auf 3ij dest. Wassers), oder die Cantharideu-oder die Jodtinktur in die Höhle, um eine aktive Entzündung und hierdurch Verwachsung zwischen Haut und Knorpel zu erzeugen. Nach der Anwendung dieser Mittel muss das Ohr mittelst einer Bandage nach dem Genick zu in die Höhe gehalten werden, wie bei dem äusseren Ohrwurm, Sollte die Verwachsung hiernach binnen 8 Tagen nicht erfolgen, so muss das Verfahren nach dieser Zeit noch ein- oder selbst zweimal wiederholt werden. Statt desselben hat man auch, um das Aufspalten der Haut zu vermeiden, mittelst einer VVundheftnadel einen Faden wie ein kleines Eiterband durch sie hindurchgezogen und ihn während 10—14 Tagen liegen gelassen. Der Erfolg ist jedoch weniger sicher als bei jenem Verfahren und ausser-dem reissen sich die Hunde oft das Band aus.
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Zweites Capitel.
Zerreissung der schwammigen Körper im männlichen Gliede, sogenannter Bruch des Penis.
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Blaquo;i Zuchthengsten und Zuchtstieren hat man in einigen Fällen ein sogenanntes Zerbrechen oder Einbrechen des in Erektion befindlichen männlichen Gliedes ') beobachtet. Die Verletzung besteht jedoch eigentlich in einem Querriss an der Wand, zuweilen auch einiger Zelleuwände eines schwammigen Körpers und sie verdient somit den Namen einer Zerbrechung nicht, da letztere nur an starren Substanzen stattfinden kann.
Die Zerreissung eines schwammigen Körpers erfolgt in den bisher beobachteten Fällen, wenn die Thiere zu hitzig auf das weibliche Thier sprangen und hierbei mit dem steifen Gliede heftig an das Becken stiessen; oder, wenn sie wegen Schwäche im Hintertheil zusammenbrachen und von dem IVlutterthiere herunterfielen, während der Penis in der Vagina lag; oder, wenn während dieses Momentes das Mutterthier plötzlich zusammenbrach oder sich niederwarf. In anderen Fällen waren auch Hufschläge oder Schläge mit Stöcken gegen den erigirten Penis die Veranlassung.
Die geschehene Verletzung giebt sich dadurch zu erkennen, dass gleich nach derselben das Glied eine Krümmung erhält, vor derselben
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') Bei einem Hunde sah ich aber auch einen wirklichen Bruch des Ruthenknochens.
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304 Zerreissung der schwammigen Körper im männlichen Gliede.
schlau' wird um! an der verletaten Stelle bededfend anschwillt. Die Anschwellung erfolgt durch ergossenes Hlut, welches sich zum Theil innerhalb der ausgedehnten und zerrissenen Substanz der schwammigen Körper, griisstcntheils aber in dem von der Vorhaut erhaltenen Uebcrzuge des (i'licdes sammelt. Die Anschwellung besteht gewöhnlich in Form einer ringförmigen Wulst. Die Eichel steht oder hängt etwas aus der Vorhaut hervor, zuweilen ist das Glied nach hinten oder auch zur Seite gekrümmt. Die Thiere zeigen dabei in der ersten Zeit sehr wenig Schmerz; sie haben noch Begattungslust und strek-ken bei Anregung zu derselben (bei dem Vorführen weiblicher Thiere), selbst den Penis noch aus der Vorhaut hervor, zuweilen gestattet dies aber die Geschwulst nicht, und es findet vollständige Erektion nicht mehr statt. Weiterhin senkt sich ein Theil des Extravasates gegen die Eichel und es schwillt deshalb das vordere Ende des Gliedes bald mehr bald weniger stark an, so dass dasselbe gewöhnlich aus der Vorhaut heraus gedrängt wird; auch finden sich nach 24 bis 3G Stunden an der verletzten Stelle Entzündungssymptome hinzu; aber die Anschwellung an der Eichel ist dabei nur normal warm oder auch selbst etwas kälter, und sie zeigt ausserdem den Charakter des Oedems. Diese Zufalle verlieren sich nach circa 2—3 Wochen, aber an der verletzten Stelle bleibt in den meisten Fällen die Krümmung und eine Anschwellung, wenngleich im verminderten Grade, für immer zurück.
Die Prognose ist mehrentheils ungünstig, denn die Thiere werden in der Regel durch diese Verletzung für die Zukunft unfähig zur Begattung ').
Die Kur besteht darin: dass man in den Fällen, in welchen die Thiere das Glied nicht vollständig in die Vorhaut zurückziehen können, zuerst und oft wiederholt dasselbe mit der Hand dahin zurückbringt, oder es, wenn dies nicht dauernd gelingt, mittelst einer Bandage von weicher Leinwand in horizontaler Richtung vor der Mündung der Vorhaut erhält. Die Bandage (ein Suspensorium) besteht aus einem viereckigen Tuch, welches so unter den Schlauch gelegt wird, dass eine Ecke nach vorn an einen Leibgurt, die hintere Ecke mittelst Bänder an einen Schwanzriemen befestigt, die Seitenecken aber an den Flanken hinauf geführt und über dem Kreuz zusammengebunden werden. In der vorderen Ecke muss eine Oeflhung für den Durchgang des Urins angebracht sein. Der Entzündung sucht man durch fleissiges Befeuchtem mit kaltem Bleiwasser, oder mit Essigwasser, Oxykrat, später mit einem Aruika-Aufguss oder mit einem aromatischen Mittel entgegenzuwirken. Diese Mittel werden sowohl äusserlich am Schlauch, wie auch als Einspritzung in denselben angewendet. Zuletzt kann man adstringirende Mittel auf gleiche Weise anwenden. — Wo grosse Extravasate bestehen, kann man, nachdem 2 bis 3 Tage kühlende Mittel angewendet sind, einige Einstiche mit der Lanzette in die Geschwulst machen, um einen Theil des Blutes
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'1 In einem Falle bei einem edlen Hengst fand sich die Fähigkeit zur Begattung nach drei Jahren wieder ein.
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Zerreissung der Beugeäelmen au den vorderen tiliedmaassen. 305
zu entleeren. #9632;— In denjenigen Fällen, wo die Corpora cavernosa grösstentheils zerrissen sind, bleibt das (.'lied trotz aller augewendeten Mittel beständig aus dem Schlauche hängend. (S. Vorfall ties männlichen Gliedes). •— Die Thiere müssen quot;während der Heilung in magerer Diät, ruhig und von weiblichen Thieren enlferut gehalten werden.
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raquo;#9632;•Utes CapiteL
Die Zerreissung der ßeugeselmen an Jen vorderen Glied-maassen bei Pferden.
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Bei Pferden, und besonders bei Reitpferden, hat man einige Fälle beobachtet, in welchen an den Vorderbeinen die Beugesehnen, und zwar entweder nur die 8ehue des Kronbeinbeugers, oder auch die Sehne des llufbeinbeugers, — in andern Fällen aber diese beiden Sehneu zugleich, zuweilen auch die Scheiden derselben und mitunter auch der sogenannte Fesselbeinbeuger (Ligamentum Suspensorium) zerrissen worden sind. Bei einigen Pferden war diese Verletzung sogar an beiden Vorderfüssen zugleich *) entstanden. Das Uebel war immer durch grosse Anstrengungen im sehuellcn Lauf unter dein Reiter oder bei dem Ziehen schwerer Lasten erzeugt und äus-serte sich auf folgende Weise: Im Augenblicke des Entstehens waren die Pferde plötzlich so lahm, dass sie im schnellen Lauf nicht weiter fort konnten; sie hoben den Fuss schmerzhaft in die Höhe, setzten ihn beim Auftreten flach auf die Sohle, traten im Fesselgelenk sehr stark durch, so dass sie mit der hintern Seite desselben den Erdboden berührten; einige stürzten auch beim (Jehen ungeschickt nach vom über und konnten sich mit Mühe nur wieder auf die Beine erheben. Bei der örtlichen Untersuchung fand man an der hintern Seite des Schienbeins, und zwar meistens in der Nähe des Fesselgelenks in den hier liegenden Beugesehnen eine Anschwellung, welche elastisch weich, in der ersten Zeit weniger schmerzhalt, späterhin aber mehr gespannt, und schmerzhaft war. Drückte man bei der Untersuchung dieser (Geschwulst die Fingerspitzen ein wenig in die Tiefe, so fühlte mau, wenn die Zerreissung vollständig geschehen war, den Zusammenhang an der einen oder der andern der genannten beiden Seimen getrennt und die Bänder der getrennten Stücken mehr oder weniger weit von einander entfernt; war aber die Zerreissung nur unvollständig geschehen, so fühlte mau nur an einer Stelle eine Verminderung des Umlanges der betrell'endeii Sehne und die Ränder an dieser Stelle von ungleicher Dicke. Bei diesen uu-
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l) Z. B. von Kodet beobaclitet. Kecuell de ined. vet. 1824 p. 364.
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306 Zerreissung der Beugesehnen an den vorderen Gliedmaassen.
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vollständigen Zerreissungen ist es übrigens sehr schwer, den Zustand genau zu ermitteln.
Die Beurthcilung dieser Zeireissungen ist im Allgemeinen ungünstig auszuspreclien; verhältnissmässig ist der Zustand noch am günstigsten, wenn die Zerreissung unvollständig, nur an einer Sehne, zugleich nur an einem Fuss und bei einem jungen Thiere entstanden, und wenn dasselbe von gutmüthiger Natur ist. Unter diesen Umständen kann die Heilung und die Wiederherstellung zur Brauchbarkeit in Zeit von etwa 6 — 8 Wochen erlblgen; aber es bleibt doch mehrentheils eine Verdickung an der verletzten Stelle zurück. Unter entgegengesetzten Verhältnissen erfolgt die Heilung nicht oder nur ganz unvollständig, die Ränder an der Stelle der Ruptur verdicken sich, die Tlicilc verwachsen von den Seiten her unvollständig und unregelmässig mit einander, und die Thiere bleiben für immer lahm. Die Behandlung ist in der ersten Zeit darauf gerichtet, die zu heftigen Entzündungszufälle abzuhalten, das zu starke Durchtreten im Köthengeleiik zu verhindern, und weiterhin die Verwachsung der getrennten Theile möglichst regelmässig und vollständig zu befördern. Für diese Zwecke giebt mau dem Thiere Ruhe, unterstützt es mittelst eines llängegurtes, legt dann um den Fuss eine denselben vollständig und massig fest einhüllende Binde und macht kalte Umschläge von Wasser, Bleiwasser, Oxykiat u. dgl. Nach etwa 5 bis 6 Tagen geht man zu gelind aromatischen und schwach Spirituosen IMitteln über, wendet diese täglich 4--6 iMal an, um den Resorptions-prozess gelind anzuregen und der Haut etwas mehr Tonus zu geben. Bei grosser Erschlaffung kann man in dieser Zeit auch Waschungen mit einer Auflösung von Alaun oder Eisenvitriol oder mit einer Abkochung von Eichenrinde u. dgl. machen lassen. Treten die Thiere zu stark in der Köthe durch, so kann man ihnen während der Heilung ein Hufeisen mit hohen Stolleu auflegen oder anschnallen und ihnen ausserdem durch Schienen, welche nach der Richtung des gesunden Fusses gebogen, über die vordere Fläche des Schien- und Fesselbeins bis zur Krone reichen, an der hintern Seite aber eben so weit herabgehen, anlegen, oder auch diese Schienen mit dem Hufeisen sowohl am Zeheutheil wie auch am hintern Ende verbinden. Bleibt nach erfolgter Heilung eine den Ciallen ähnliche Erweiterung der Sehnenscheiden, oder eine Verdickung der Sehnen und ihrer Scheiden, oder des Fesselgelenks zurück, so kann man sehr zweck-mässig das Glüheisen in Punkten oder Strichen in der Art anwenden, wie dies bei den Sehnenentzündungen angegeben ist.
Literatur. Rodet, fils. D'une Rupture des Tendons flechis-
seurs des membres anterieurs etc. Journ. de med. vet. et com-
paree. T. IB. p. 96. IVlaillet. Rupture complet du Tendon perforant etc. Recueil de
med. vet. 1830. p. 402.
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Zerreissung der Zwillingsmuskeln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;307
Viertes Capitel.
Die Zerreissung der Zwillingsmuskeln und der Achillessehne.
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Diese Zerreissungen kommen geTVöhnlich nur bei Pferden und Rindern vor '), und zwar die Ruptur der genannten Muskeln bald nur an einem, bald an beiden derselben und in manchen Fällen unvollständig, in anderen vollständig. Sie äussert sich dadurch: bei vollständiger Zerreissung halten die Thiere den leidenden Fuss stark im Sprunggelenk gebogen, das Schienbein unter dem Leibe und können den Unterfuss nicht auf die Erde setzen; sie sind daher bei diesem Grade der Zerreissung auch nicht im Stande, auf dem Fuss zu gehen oder nach hinten zu schlagen, sondern das Erstere geschieht auf nur drei Beinen, oder, wenn die Zerreissung an beiden Glied-maassen besteht (wie Schrader beobachtet hat), nur auf den Sprunggelenken. Dabei ist die Achillessehne ganz schlaff, weich und bildet Falten sowohl wenn das Sprunggelenk gebeugt, wie auch wenn es gestreckt gehalten wird; die Beugung in diesem Gelenk erfolgt mittelst der Hand sehr leicht und die Streckung bis zum normalen Grade kann man auch ohne grosse Mühe bewirken, über diesen Grad hinaus aber nicht. Hierdurch unterscheidet sich diese Zerreissung von der im folgenden Capitel abgehandelten Zerreissung der Schienbein- und Wadenbeinmuskeln. Neben diesen Erscheinungen bemerkt man in der ersten Zeit an der verletzten Stelle mehrentheils keine bedeutende Veränderung; aber nach 5 — 8 Tagen findet sich eine Anschwellung an der hintern Seite des Unterschenkels, in der Gegend des Ueberganges der Zwillingsmuskeln in die Achillessehne; dieselbe ist oberflächlich etwas ödematös, in der Tiefe mehr gespannt, schmerzhaft, und senkt sich allmälig zum Sprunggelenk herunter. Die Thiere verfallen in ein Reizfieber, der Puls und das Athmen ist beschleunigt. — Bei der unvollständigen Zerreissung sind alle diese Erscheinungen geringer, das Thier ruht mit der Zehe des leidenden Fusses auf dem Boden, hält aber den Fnss im Sprunggelenk gebogen, es kann nicht im Fessel vollständig durchtreten, aber an der Verlez-zungsstelle ist in der ersten Zeit keine Geschwulst zu bemerken, und auch späterhin entwickelt sich dieselbe nur im geringen Grade. Auch findet man hier die Achillessehne mehr schlaff, aber doch in einem geringern Grade als im erstem Falle. Im Ganzen ist hier die Diagnosis mehr dunkel.
Bei der Zerreissung der Achillessehne sind dieselben Erscheinunlaquo;
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') Im Verlaufe von mehr als 30 Jahren sah ich bei den kleinen Haus-thieren nur einmal eine Zerreissung der Achillessehne bei einem Hunde. Dieselbe war dadurch entstanden, dass der betroffene Fuss über dem Sprunggelenk fest zwischen eine Thür geklemmt worden war.
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308 Dgt;e Zerreissung des Beugers des Schien- und Wadenbetnmuskels.
gen vorhanden wie bei der vollständigen Zerreissung der Zwillings-muskeln; ausserdem aber fühlt man im Verlaufe der Sehne ganz deutlich eine, zuweilen bis 3 Zoll lange Lücke, welche von den Enden der getrennten Sehne begräuzt ist.
Die Ursachen dieser Zerreissung sind heftige Anstrengungen beim Springen, das Fallen von einer Höhe herab, das Sitzenbleiben mit den Boincn in lehmigem Boden und bei den Bemühungen des Thieres hiernach, sich die Füsse wieder frei zu machen; ferner das Niederstürzen mit unter den Leib gehalteneu Beinen u. s. w.
Die Prognosis ist bei einer vollständigen Zerreissung nicht günstig, da hier die Heilung mit Wiederherstellung des Thiers zur Brauchbarkeit in der Regel nicht erfolgt; dagegen kann bei unvollständiger Zerreissung die Heilung in etwa 6 Wochen erfolgen, wenn die Thiere während dieser Zeit Ruhe und entsprechende Pflege erhalten.
Die Kur besteht in der Unterstützung des Thieres vermittelst eines Hängegurtes während der ganzen Zeit der Heilung, in der Minderung der ersten Entzündungszufälle durch die Anwendung einfacher kühlender Mittel und später in der Anwendung gelind erregender idittel, urn die Resorption zu befördern. Nach circa 4 Wochen kann man die Thiere auf ebenem Boden geliud bewegen und sie so wieder allmälig an das Gehen gewöhnen. In diätetischer Hinsicht ist nur die Menge der Nahrung auf ein geringeres Quantum, als das Thier sonst bei der Arbeit erhalten hat, herabzusetzen.
Tombs. Zerreissung des aussein Gastrocnemius bei einem Pferde.
The Veterinarian 1839, September, Mag. f. Thierheilk. Bd. VI.
S. 350.
G. W. Schrader. Zerreissung der Zwllliugsmuskeln in beiden
Hinterschenkeln einer Kuh. Mag. f. Thierheilk. Bd. XV. S. 303.
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Fünftes Capitel.
Die Zerreissung des Beugers des Schienbeins und des dritten Wadenbeinmuskels.
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Diese Zerreissungen, welche bei Pferden nicht selten und auch beim Rindvieh beobachtet worden sind, kommen gewöhnlich gleichzeitig mit einander vor und verursachen immer eine eigenthümliche Lahmheit des betreffenden Hinterfusses. Das Leiden entsteht plötzlich durch irgend eine Veranlassung, bei welcher eine gewaltsame und übermässige Streckung des Hinterfusses im Sprunggelenk erfolgt, wie z. B. wenn Pferde auf die untere Seite des Leibes niederstürzen, und dabei der eine oder der andere Hinterfuss rückwärts ausgestreckt bleibt, so dass er mit dem Knie zuerst den Boden berührt; oder, wenn ihnen beim Beschlagen ein Hinterfuss mit dem Seil durch einen Ring an der Wand nach hinten in die Höhe gezogen und festgehal-
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Die Zerreissung der Schien- und Wadenbein muskeln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 309
ten ist, wahrend sie heftig nach vorn springen oder niederstürzen, •— oder eben so, wenn man sie bei aufgehobenen und festgebundenen Hinterfiisseri im Nothstalle beschlägt und sie, während ihre Befestigung am Vordertheil nicht genügend geschehen ist, heftig nach vorn drängen; ferner wenn sie im Stalle über den Latierbaum oder vor dem Wagen über das Achterholz schlagen, mit einem Fusse auf diesem Gegenstand sitzen bleiben und dann theils durch die Last des Körpers, theils durch die Anstrengungen, um sich aus der unbequemen Lage zu befreien, den Fuss rückwärts heftig ausstrecken. Bouly und Bot her sahen auch das Uebel bei niedergelegten Pferden in Folge heftiger Anstrengungen während des Operirens, und Andere sahen es selbst nach heftigem llintenausschlagen entstehen. In einigen Fällen war heftiges Gegen fahren mit einem Wagenrade u. dergl. äussere Gewalt die Ursache.
Die Symptome dieser Lahmheit sind folgende: Bei dem ruhigen Stehen setzt das Pferd den ganzen Huf gleichmässig und fest auf den Boden und tritt dabei auch im Fessel gut durch, aber das Unterschenkelbein (die Tibia) macht mit dem Schienbein (dem IVIittelfuss) einen viel stumpfern Winkel, als bei dem gesunden Hinterbeine, d. h. diese Knochen stehen in der kranken GJiedmasse mehr gerade, zuweilen fast senkrecht über einander. Das Überschenkel- und Backbein scheint mehr in die Höhe gezogen und festgestellt zu sein. An der Achillessehne bemerkt man etwa 1 — 3 Zoll über dem Fersenoder Sprungbein eine kleine Wölbung ihrer obern Linie und bei dem Befühlen derselben eine geringere Spannung, ja selbst wohl eine wirkliche Erschlaffung. — Beim Gehen hebt das Thier den Oberschenkel höher als sonst und wirft die Theile unter ihm schwerfällig nach vorn, wobei aber das Sprunggelenk nicht gebeugt und das Schienbein nicht aufgehoben wird. Alle diese Theile hängen gleichsam vom Schenkel herunter und wackeln oft hin und her, so dass es den Anschein erhält, als ob das Unterschenkelbein gebrochen wäre. Während der Fuss so in die Höhe gehoben ist, erscheint die Achillessehne noch etwas mehr erschlafft, als vorher, indem sie über dem Sprungbein eine Falte bildet, welche leicht hin und her geschoben werden kann. Das Niedersetzen des Fusses auf den Boden geschieht etwas tappend mit der ganzen Fläche der Sohle, fast wie bei dummkollerigen Pferden, wenn es aber geschehen ist, nimmt das Pferd wieder die oben angegebene Stellung an. Den leidenden Fuss kann man sehr leicht und in dem Grade ausstrecken, dass die Glied-masse vom Kniescheibengelenk bis zum Fessel eine gerade Linie darstellt '), wobei die Achillessehne so erschlafft, dass sie eine gekräuselte Falte bildet, die sich von selbst nach der einen oder der andern Seite legt. — In den allermeisten Fällen ist an keinem Theile des leidenden Fusses Schmerz oder Geschwulst zu entdecken, doch findet sich zuweilen am Tage nach dem Entstehen des Uebels eine ödema-
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1) Durch dieses Geradeausstrecken des Fusses nach rückwärts unterscheidet sich die Verletzung hauptsächiieh von der Zerreissung der Zwillingsmuskeln und der Achillessehne.
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Die Zerreissung der Schien- und Wadenbeimnuskeln.
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tose Anschwellung um die Mitte der vordem und äussern Seite des Unterschenkels, welche sich allmalig zum Sprunggelenk und tiefer hinabsenkt. Wahrscheinlich sind in solchen Fällen neben den Muskeln auch mehr Blutgefässe zerrissen, und es ist ein grösseres Extra-vasat in das Zellgewebe erfolgt als in andern; einzelne Thiere zeigen in der Umgegend des zerrissenen Muskels bald mehr bald weniger Schmerz.
Bei der Section hat man den vordem Schicnbeinmuskel und den dritten Wadenbeinmuskel, einzeln oder beide zugleich, quer oder schief zerrissen gefunden. Dass auch eine übermässige Ausdehnung dieser Muskeln durch dieselben Gelegcuheitsursachen entstehen und gleiche Symptome hervorrufen könne, wie Böther dies angiebt, ist zwar bis jetzt anatomisch nicht nachgewiesen, aber doch als höchst wahrscheinlich anzunehmen, weil eine solche immer erst der Zerreissung vorangehen muss; der Uebergang der erstem in die letztere hängt nur von dem Grade der einwirkenden Gewalt ab. In Bezug auf die Entstehung des Leidens halte ich es für ganz wahrscheinlich, dass bei der Verletzung durch Ausdehnung auch die au der vordem Fläche des Sprunggelenks liegenden Bänder, das Ligamentum tarsi laterale, L. deltoideum, das L. astragali obliquum und selbst das Kapselband sehr mitleiden.
Die Erscheinungen der eigenthümlicheu Lahmheit sind sehr leicht (bis auf die Erschlaffung der Achillessehne) aus der aufgehobenen Function der genannten Muskeln zu erklären. Dieselben ziehen bekanntlich den Mittelfuss an den Unterschenkel in die Höhe, beugen somit das Sprunggelenk; da jedoch an diesem jene beiden Theile der Gliedmasse einen Winkel bilden, so befinden sich die genannten Muskeln fortwährend in einem gewissen Grade von Spannung, vermöge welcher sie den Unterschenkel fixiren und das Anziehen und Aufheben der Gliedmasse unterstützen, wenn das Backbein an den Leib gezogen wird. Durch die Beugung werden zugleich die an der hintern Seite des Sprunggelenks angehefteten Sehnea antagonistisch gelind angespannt und so erhält das Sprunggelenk eine feste Haltung, welche sofott schwindet, wenn die Schienbein- und Wadenbeinmuskeln aussei- Action gesetzt werden. Die Erschlaffung der Achillessehne scheint jedoch, namentlich in dem starken Grade beim Ausstrecken des Fusses nach hinten, auf den ersten Anblick nicht genügend aus der Zerreissung jener Muskeln erklärt werden zu können; denn diese Sehne bewirkt nebst ihren Muskeln (den Gastrocnemiis) im normalen Zustande die Streckung des Sprunggelenks, wobei sie sich verkürzt und straffer wird. Dasselbe müsste auch der Fall sein, wenn ihre Antagonisten aussei- Thätigkeit gesetzt werden; aber entgegengesetzt — statt Spannung der Sehne tritt, wie oben angegeben, Erschlaflhng derselben ein. Dies ist, wie ich denke, dadurch zu erklären, dass 1) durch die Vergrösserung des Winkels im Sprunggelenk nach stattgehabter Zerreissung die Achillessehne sich nicht mehr in ihrer natürlichen Anspannung befindet, — 2) dass bei der aufgehobenen Spannung der zerrissenen Muskeln und wohl auch der ausgedehnten Bänder des Sprunggelenks bei dem Aufheben des Fusses nach rückwärts eine grössere Streckung des letztern hervorgebracht
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wird, als im normalen Zustande die Zwillingsmuskeln selbst bei ihrer stärksten Contraction bewirken können und somit die Wirkung dieser Muskeln auf ihre Sehne nothwendig aufholt.
Die Diagnosis ist aus den angegebenen Symptomen stets mit grosser Sicherheit zu machen, um so mehr, da der Krankheitszustand nur mit dem Bruch des Unterschcnkelbeins, mit Zerreissung oder Ueberdehnung der Achillessehne und mit der Verstauchung im Sprunggelenk einige Aehulichkeit hat und von diesen Zuständen sich leicht unterscheiden lässt. — Mit ersterem erhält die Zerreissung der Schienbein- und Wadenbeinmuskeln freilich durch das schlalfe Herabhängen und die wackelnde Bewegung des untern Theils der Glied masse einige Aehulichkeit, doch deutet bei einer genauem Untersuchung der ßlangel aller andern charakteristischen Merkmale eines Knochenbruchs nur auf die Zerreissung jener genannten Muskeln. — Für .eine übermässige Ausdehnung und dadurch bedingte ErschlalTung der Achillessehne spricht scheinbar die oben angegebene BeschafTen-heit derselben, doch sichert hier die Art der Gelegenheitsursache die Diagnose. Die Ruptur der genannten Muskeln wird durch eine übermässige Ausstreckung des Schienbeins herbeigeführt; die Ausdehnung de.r Achillessehne kann nur auf entgegengesetzte Weise durch eine zu starke Beugung des Fusses im Sprunggelenk oder auch durch starke Quetschungen, welche dieselbe unmittelbar treffen, herbeigeführt werden. Bei der darauf eintretenden Erschlallüng der Sehne findet man sie nie in dem Grade weich, wie bei der Zerreissung jener Muskeln; ausserdem zeigt das Sprunggelenk mehr Festigkeit und bildet stets feinen grössern Winkel, — Eine Verstauchung des Sprunggelenks, bei welcher nur die Sehnen am Gelenk gedehnt und die Ge-lenkllächen der Knochen erschüttert oder gequetscht werden, ist gewöhnlich von Entzündung mit vermehrter Wärme, Schmerz und zuweilen auch Geschwulst am Sprunggelenk begleitet, während diese Zufälle bei der Muskelruptur fehlen.
Die Prognosis ist bei der Ruptur der genannten Muskeln durchaus günstig, da bisher die Heilung in allen Fällen erfolgt ist. Einzelne Pferde gingen schon nach 25 Tagen wieder ganz regelmässig, andere aber erst nach Verlauf von 6'—8 Wochen und alle verrichteten späterhin schwere Arbeit, ohne dass eine Schwäche oder irgend eine andere üble Folge an dem betreffenden Fusse zu bemerken war.
Die Heilung beruht auf dem Wiederzusammenwachsen der zerrissenen Muskelfasern, was, da die Verletzung hier subeutan besteht, sehr wohl durch die Naturheilkraft in Zeit von etwa 20—25 Tagen geschehen kann. In den Fällen, welche ohne Geschwulst und ohne grossen Schmerz an der Stelle der Zerreissung bestehen, genügt das ruhige Verhalten des Thieres während dieser Zeit; und wenn etwas zu thun verlangt wird, ist das von Zeit zu Zeit wiederholte Befeuchten der vordem Fläche' des Unterschenkels mit schwachem Bleiwasser ausreichend. Dasselbe kann auch an der vordem Fläche und an den Seitentheilen des Sprunggelenks angewendet werden, wenn daselbst beim Entstehen der Verletzung die Bänder stark ausgedehnt worden sind. Ist viel Schmerz und Anschwellung zugegen, so sind in den ersten 3—4 Tagen Befeuchtungen der betroffenen Theile eben-
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falls mit Bleiwasser, oder mit einer Auflösung von Salmiak in Essig und Wasser, später jedoch Waschungen mit aromatischen Kräuterbrühen und mit einem Zusatz von Pottasche sehr nützlich. Bouley empfiehlt (Recueil 1846, p. 524) eine scharfe oder reizende Einrei-reibung auf die vordere und die Seitenflächen des Unterschenkels zu machen, um einerseits die Resorption der ergossenen Flüssigkeiten zu befordern und andererseits durch den von der Hautentzündung entstehenden Schmerz die Bewegungen des Gliedes zu mindern und hierdurch die Verwachsung der getrennten Theile zu befordern. Solleisel. Le veritable parfait Marechal. Genf l(i77. p. ()72. Bouley jeune. Quelques cas d'une claudication remarquable simulant la fracture du tibia etc. Recueil veterin. Vol. X. p. 242. — Renault ebendas. p. 597. — Böther, in Vix Zeitschr. t'. d. ges. Thieiheilk. Bd. VI. S. 430. - Cortwright, im Veterinarian 1S41. p. 273 und Magaz. f. Thierheilk. Bd. VIIl. p. 502. — Riss, in Recueil 1838. p. 229. — Loiset, Journ. des Veterin. du Midi, 1840, Juin und Recueil 1840. p. 445. - Bouley ebendas. 1846. p. 520. — Hertwig, Mag. f. Thierheilk. Bd. XIII. p. 221. ' Mit Abbild. — Flothmann ebend. Bd. XIV. p. 243.
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A ii li a ii y(.
Die Hornspalten und Hornklüf'te.
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An der Hornwand des Pferdehufes finden sich häufig gewaltsame Trennungen sowohl im Verlaufe der Hornfasern von oben nach unten, wie auch quer oder schräge durch dieselben. Die erstem heis-sen im Allgemeinen Hornspalten, die letztern aber Hornklttfte; ausserdem kommen noch Lostrennungen der Wand von der Horn-sohle in der weissen Linie und höher hinauf, als sogenannte losgetrennte Wand und als hohle Wand vor.
j1. Horn- oder Hufspalten (franz. Seimes, engl. Sanderacks) können an jeder Stelle der Wand entstehen, und kommen ausserdem in verschiedener Richtung, Länge, Tiefe und Beschaffenheit vor. Sie werden a) nach dem Orte bezeichnet, als: Zehenspalten, Ochsenspalten, oder Ochsenklaue, wenn sie an der Zehe, änssere oder innere Seitenspalten, wenn sie an den Seitenwänden, und änssere oder innere Trachten- oder Fersenspalten, wenn sie an den Trachtenwänden bestehen, b) Ihre Richtung nehmen sie oft von der Krone'oder dem Saume her nach unten und heisseu dann Kronen- oder Saumspalten; in andern Fällen beginnen sie von unten und heissen Trag er and spalten, c) Sie erstrecken sich, wie eben gesagt: zuweilen nur über einen Theil der Wand von unten oder von oben her, aber in andern Fällen gehen sie vom Saume bis
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Anhang. Hornspalten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 313
zürn Tragerande durch die ganze Höhe der Wand; im erstem Falle werden sie, abgesehen von der Bezeichnung als Saum- oder Tragerandspalten, als unvollständige, im letztern als vollständige oder als durchlaufende Hornspalten bezeichnet. d) Hinsichtlich der Tiefe unterscheidet man oberflächliche, nur in den äussern Schichten der Wand bestehende Spalte, Horn ritze, und durch die ganze Dicke der Wand gehende, durchdringende, oder vollkommene Hornspalte; und — e) hinsichtlich ihrer Beschallenheit sind dieselben entweder einfach, bloss Trennungen im Horn, oder sie sind zusammengesetzt mit Verletzung der Fleischwand, mit Einklem-mung, mit Entzündung, Quetschung, Eiterung derselben, mit Verunreinigung durch eingedrungene fremde Körper, mit Lostrennung eines Theils der Hornwand neben der Spalte, mit Verschiebung der Horn-wände über einander, oder auch mit Wucherung derselben, mit Horn-kluft, mit einem Bruch des llufbeins, mit Kronentritten. Zuweilen bestehen auch zufällig noch andere Fehler am Hufe, namentlich Steingallen.
Man erkennt die Hornspalten, wenn der Huf gehörig rein ist, immer sehr leicht; zuweilen ist aber derselbe zufällig oder absichtlich, um die Spalten zu verstecken, mit Schmutz, oder mit Heusalben, Theer u. dgl. so bedeckt, dass man die Spalten nicht sehen kann. In solchen Fällen ist es für den Zweck der Untersuchung immer nöthig, den Huf durch Abkratzen und Abwaschen gründlich zu reinigen. Man sieht dann an einer oder der andern Stelle des Hufes die Trennung der Hornwand in der Richtung der Hornfasern, zuweilen auch ein wenig schräge durch dieselbe gehend, in den oben bemerkten Verschiederihciten; Saumspalten erstrecken sich zuweilen bis in die Haut der Krone; grössere Spalten klaffen zuweilen 1 — 2 Linien aus einander und man kann bis auf den Grund sehen und fühlen, bei den feineren Spalten und Rissen kann man nur mit einer zugespitzten Feder oder mit einer feinen Sonde eindringen: manche Ränder sind nach innen, andere nach aussen gebogen, und letztere liegen gewöhnlich wie aufgebläht über einander; oft ist, namentlich bei frisch entstandenen und bei Saumspalten, etwas Blutausfluss an denselben zu bemerken; doch kann sich die Blutung auch aus älteren Spalten von Zeit zu Zeit, bei Fehltritten, Anstrengungen u. s. w. wiederholen. Bei alten Spalten findet sich zuweilen Eiterung oder Verjauchung, oder auch Auftreibung der Krone. Die frisch entstandenen vollständigen Spalten, besonders aber diejenigen, welche von der Krone her ihren Anfang nehmen, veranlassen immer mehr oder weniger starkes Lahmgehen; bei Spalten, welche vom Tragerande beginnen, ist dies weniger der Fall und blosse Hornritzen machen niemals Lahmheit. Die letztere trägt die Charaktere der Huflahm-heiten an sich: d. h. die Thiere lahmen hauptsächlich bei dem Niedersetzen des Hufes auf den Boden, sie lahmen stärker auf hartem als auf weichem Boden und wenn man den Huf mit der Zange an der Wand drückt, so zeigen die Thiere in der näheren Umgegend der Spalte Schmerz; zuweilen ist derselbe beim blossen Drücken mit den Händen zu erzeugen. Die übrigen oben angedeuteten Zusammensetzungen der Hornspalten, wie z. B. fremde Körper, Einklemmung
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Anhang. Hornspalten.
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der Fleisch-wand u. s. w. sind bei der Untersuchung leicht wahrzunehmen.
Die Ursachen der Hornspalten sind 1) bei manchen Pferden eine eigenthümliche Anlage, welche auf zu grosser Trockenheit und Sprö-digkeit der Hornsubstanz oder auch in zu dünnen und schiefen Wänden beruht; 2) Mangel an äusserer Feuchtigkeit, anhaltendes Stehen auf trockner Streu u. dgl. (weshalb die Spalten auch an den Vor-derhufeu häufiger vorkommen als an den hinteren); 3) starke Erschütterungen und Prellungen der Hufe durch zu gewaltsames Auftreten bei Sprüngen, bei dem Ziehen schwerer Lasten auf hartem Boden, bei dein Gegenschlageu oder Gegenstossen an harte Gegenstände; 4) die sogenannten Kroueutritte; 5) zu dicke Hufnägel, durch welche das Hern gespalten wird und 6) ungleiches Ablaufen oder Beschneiden des Tragerandes.
Die Beurtheilung. Hornspalten heilen niemals wieder in der Weise zusammen, -wie Knochen der Weichgebilde, sondern sie wachsen entweder allmälig herab oder es bildet sich unter ihnen eine neue Schicht Horn. Einfache und nicht durchlaufende Hornspalten sind, besonders wenn dieselben von dem Trageraude beginnen, bei einer zweckmässigen Behandlung fast immer vollständig und leicht zu beseitigen, indem man bloss zu verhüten braucht, dass die Spalten sich nicht weiter ausdehnen; sie wachsen dann allmälig mit dem Hufe selbst mehr und mehr nach unten herunter und werden durch das Beschneiden des überflüssigen Tragerandes immer kürzer und verlieren sich zuletzt gänzlich. Dagegen wächst auch bei den von der Krone her beginnenden Spalten die Trennung mit dem Horn selbst allmälig immer weiter nach unten und diese Spalten werden daher von selbst immer länger. Die letzteren Spalten sind deshalb immer weniger günstig zu beurtheilen als die ersteren; dagegen gestatten die in den Saum gehenden Spalten eine wirkliche Heilung, indem man hier eine künstliche Trennung des Saumes von der Krone und die Wiedererzeuguug einer ungetrennteu Hornmasse von der Krone her herbeiführen kann. Hornspalten, welche bereits aus einander stehen, und solche, wo die Ränder nach einwärts gebogen sind, oder wo ein Theil der Hornwand von der Fleischwand getrennt ist, wo die Hornwand sich bei jedem Tritt verschiebt und dadurch beständig Reizung und Quetschung erzeugt, endlich solche, wo die Fleischwand verletzt, oft blutend oder eiternd ist, und noch mehr wo die letztere eingeklemmt oder mit üppiger Granulation versehen ist, sind stets sehr üble Fehler, bei welchen die Heilung sehr schwierig ist und die Thiere oft bedeutend lahmen, ja selbst durch die Heftigkeit der Entzündung und das hinzugetretene Reizfieber zu Grunde gehen können. In einzelnen Fällen entsteht bei eiternden Hornspalten eine Knorpelfistel oder auch Caries des Huf beins, wobei die Heilung gleichmässig schwer und langwierig stattfindet. Bei den nach einwärts gebogenen Rändern entsteht zuweilen durch den fortdauernden Druck auf die Fleischwand und das Hufbein ein Schwinden dieser beiden Gewebe und in Folge dessen eine Einsenkung, so dass selbst nach erfolgter Heilung die Hornwand an dieser Stelle oft eine rinnenformige Vertiefung zeigt. In manchen Fällen, namentlich wo
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Anhang. Hornspalten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 315
die Hornränder auf operative Weise entfernt sind und sich eine neue Hornmasse in der Lücke bildet und eben so in den Fällen, wo chronische Entzündung in der Fleischwand bestanden hat, bildet sich eine wuchernde Hornmasse zum Theil unter den alten Händern, zum Theil auch in der Lücke zwischen denselben. Diese Hornmasse tritt in Gestalt einer 2—3 Linien dicken Narbe (von Vatel unrichtig als Hornblättchenbruch bezeichnet) nach einwärts und bewirkt ebenfalls durch den andauernden Druck ein Schwinden der Fleischwand und des Hufbeins, so dass man an der betreffenden Stelle oft eine 2—3 Linien breite und 1—2 Linien tiefe Furche in dem letztern findet. In solchen Fällen gehen die Thiere noch lange nach erfolgter Heilung mehr oder weniger lahm. — Können die Thiere während der Behandlung andauernde Ruhe haben oder auf weichem Boden herumgehen, so erfolgt die Heilung bei allen Hornspalten leichter, als wenn sie fortwährend auf Steinpflaster oder Chausseen schwer arbeiten müssen. In Hufen, welche eine grosse Disposition zur Entstehung der Hornspalten besitzen, entstehen diese Trennungen auch nach erfolgter Heilung leicht wieder, zuweilen sogar an mehreren Stellen.
Die Behandlung ist in den einzelnen Fällen, je nachdem man 1) eine wirkliche Heilung der Hornspalten, oder 2) nur eine Beseitigung des vorhandenen Lahmgehens, oder auch 3) nur eine Verhütung der Vergrösserung des Uebels und der Lahmheit beabsichtigt, verschieden, üft muss man für 2 oder alle 3 Zwecke zugleich wirken, oft genügt nur einer oder die Umstände, namentlich die noth-wendige Benutzung des Thieres, gestatten nur die Hilfe für einen Zweck.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; :
Für den ersten Zweck lässt sich, wie bereits oben erwähnt, nur bei denjenigen Hornspalten etwas thun, welche bis in den Saum reichen. Man sucht hier durch stark reizende iVlittel an der Krone eine exsudative Entzündung zu erregen und durch das Exsudat den Saum von der Krone zu trennen. Man streicht demgemäss, nachdem die Haare über der Spalte an der Krone auf einem Raum, welcher etwa !•—l'i Zoll lang und % Zoll über der Krone breit ist, das Ung. Can-tharidum dick auf die Haut und lässt das Thier dabei ruhig stehen; ist am zweiten Tage die Ausschwitzung nicht genügend erfolgt, so streicht man die Salbe noch einmal auf. Wenn aber durch die Ausschwitzung der Saum unter der eingeriebenen Stelle getrennt ist, nimmt man ihn mit einem Loibcerblattmesser weg und erwartet bei fortgesetztem ruhigen Stehen des Thieres während etwa 14 Tagen die Wiederbildung des neuen Saums. Je länger man dem Thiere Ruhe giebt, um desto breiter wächst die neue Hornmasse von oben herunter, und in etwa 14 Tagen ist gewöhnlich ein reichlich 2 Linien breiter Streif von festem Horn ohne Spalten entstanden. •— Statt der Kantharidensalbe haben die älteren Thierärzte, z. B. Solleysel, Garsault u. A. an dem Saume einen etwa einen Zoll langen Querstrich gebrannt uud hierdurch eine ähnliche Wirkung erzeugt. Durch die Kantharidensalbe wird jedoch diese Wirkung sicherer und ohne dass Narben zurückbleiben, erreicht. Vor der Anwendung dieser Mittel kann man am untern Ende der Spalte eine Querfurche schneiden
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Anbang. Hornspalten.
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und ein zweckmässiges Hufeisen auflegen, wie im Folgenden angegeben ist. Ausserdem muss der Huf auf nassem Mist stehen.
Besteht bei einer Hornspalte Lahmheit, so muss man zunächst untersuchen, durch welche specielle Complicationen dieselbe veran-lasst ist. 1st bloss Entzündung der Fleischwaud oder bei frisch entstandenen Spalten eine Verletzung derselben vorhanden, so ist die Anwendung von kalten Fussbädern und strenge Ruhe zur Beseitigung dieser Lahmheit hinreichend. Ist aber zugleich die Wand hinter der Spalte durch ihre Länge beständigen Zerrungen unterworfen, so muss dieser Theil der Wand um 2—3 Linien mehr niedergeschnitten werden als die Wand vor dem Spalt, und ausserdem muss ein gutes Hufeisen, am besten ein geschlossenes, so aufgelegt werden, dass der hintere Theil der Wand gegen Druck und Zerrung geschützt ist. Sind in dem Spalt fremde Körper vorhanden, oder sind die Bänder des letztern ungleich nach innen gebogen, so müssen die erstem mittelst der Pinzette entfernt, die letztern aber zuerst von -aussen her recht, dünn geschnitten und dann an den Rändern glattgeschnitten werden; sind sie theilweise von der Fleischwand getrennt, so nimmt man sie, so weit wie die Trennung reicht, vollständig weg und schützt hiernach die entblösste Fleischwand durch einen Verband mit glattem Werg und einer massig fest angelegten Binde. Die Heilung erfolgt hiernach nicht allein durch das Herunterwachsen des Horns von der Krone her, sondern auch durch Erzeugung einer neuen Hornmasse an der blossgelegten Stelle selbst (das sogenannte Na rbenhorn). Diese neue Hornmasse bildet sich durch Ausschwitzung einer plastischen Flüssigkeit an der ganzen Oberfläche der entblössten Fleischwand, indem die Flüssigkeit sich allmälig verdichtet; sie ist zuerst weich, wie geronnenes Eiwciss, gelblich und an der Oberfläche gewöhnlich rauh, auch wuchert sie oft über die Ränder hervor, und man muss sie deshalb an den letztern von Zeit zu Zeit beschneiden, damit nicht Druck zwischen den alten und neuen Rändern und in Folge dessen Lahmheit entsteht. — Ist die Fleischwand zwischen den Hornrändern hervorgetreten, so wird hierdurch stets Lahmheit, und zwar oft von der bösesten Art erzeugt, indem die Weichgebilde zwischen den Hornrändern eingeklemmt und zur Entzündung und Ulceration gebracht werden. Bei den geringern Graden dieses Leidens kann man ganz so verfahren, wie eben im Vorstehenden angegeben ist; besteht aber die Hervortreibung der Flcischblättchen in dem Grade, dass wuchernde Granulation sich gebildet hat und man zu den Hornrändern unter derselben nicht gut gelangen kann, so muss man auf folgende Weise verfahren: Nachdem das Thier niedergelegt und der kranke Fuss zur Operation angebunden ist, schneidet man mit einem Rinnmesser zu jeder Seite des Spaltes, etwa 3 Linien von demselben entfernt, eine Rinne, welche vom Saume bis zum Tragerande sich erstreckt und bis fast auf die Fleischwand geht; die äussern Seitenränder dieser Rinne schneidet man in der Breite eines halben Zolles ganz dünn. Hierauf schneidet man auch eine Rinne an der Sohle in der weissen Linie, von einer Seitenrinne der Wand bis zur andern. Die in dem Grunde der Rinnen etwa noch vorhandenen dünnen Reste der Hornwand durchschneidet man mit der
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Anhang. Hornspalten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 317
Spitze eines Lorbeerblattmessers. Nachdem dies geschehen, ergreut man den an 3 Seiten getrennten Hornrand an seinem untern Ende mit ueu Fingern oder mit der Pinzette, hebt ihn etwas in die Höhe und trennt ihn in seiner ganzen Länge bis zum Saume von der Fleischwand ab. Diese Trennung wird nach den Vorschriften einiger Thierärzte bloss durch üeberbiegen und Losreissen der llornwand mittelst einer J5eisszaiigc bewirkt; da aber hierbei nicht selten die durch die vorausgegangene Entzündung zu fest mit einander verwachseneu Horn- und Fieischblättchen sich nicht von einander trennen, so erfolgt leicht ein Abreissen der Fleischwand von dem Hul-bein, und es ist deshalb zweckmässiger, die Ablösung durch Schnitte mittelst des flach unter die Hornhaut geJiibrteu Lorbcerblattinessers zu bewirken. In gleicher Weise veriahrt man auch mit dem andern Hornrandc, und nimmt dann mit dem Bistouri die wuchernde Fleischmasse fort. Hierauf schlägt mau ein vorher schon aufgenageltes, aber vor der Operation wieder abgenommenes, geschlossenes Hufeisen auf, bedeckt die Wunde mit einem Polster von Werg, welches die ganze Lücke ausfüllen muss, legt darüber eine Schiene von Pappe, welche von der Zehe bis zum Saume und seitlich bis über die Horn-ränder reicht, und befestigt Beides durch eine umgelegte Girkelbinde. Die weitere Behandlung ist eine antiphlogistischc, sowohl des Fusses wie auch des Thieres im Ganzen, Entsteht Eiterung, so muss dieselbe durch Bleiwasser oder Auflösung von Zink - oder Kupfervitriol möglichst beschränkt werden.
Besteht bei einer einfachen Hufspalte keine Lahmheit und will man auch nur die weitere Entwickelung des Uebels aufhalten und Lahmheiten verhüten, so genügt es, wenn man bei Saumspalten am unteren Ende derselben, bei Tragerandspalten aber an deren oberen Ende eine circa 1 Zoll lange und ,'5 Linien breite Querfurche in die Hornwand bis zum Anfange der Fleischwand mittelst eines Rinnmessers, der Raspel oder eines anderen geeigneten Instrumentes schneidet oder feilt, oder mittelst eines messeri'örmigen Eisens brennt, und die Ränder der Spalte so verdünnt, dass sie keinen nachtheiligeu Druck nach innen erzeugen können. Durch jene Querfurche wird das weitere Aufspalten des Horns von der bisherigen Spalte aus verhindert. In die Furchen und Spalten kann man dann, um das Eindringen von Sand, von Strassenkoth u. dgl. zu verhindern, etwas Baumwachs oder Theer oder einen frisch bereiteten Kitt aus gleichen Theilen Aetzkalk und Eiweis eindrücken. Bei dem Gebrauch des letzteren Älittels muss, bis dasselbe verhärtet ist, das Thier ruhig stehen. Bei den Spalten am Saume findet sich der letztere zuweilen selbst etwas getrennt; diese getrennten Parthieen nimmt man mit dem Lorbeerblattmesser fort, theils um Druck von ihnen auf die Krone zu verhüten, theils auch um das Eindringen von Sand u. dgl. zwischen die Krone und den Saum zu verhindern. — Bei den Zehen-oder Ochsenspalten kann man auch, wenn die Ränder zu sehr auseinander weichen, ein Zusammenheften derselben in der Art bewirken, dass man zuerst beide Hornränder in querer Richtung, au dem einen etwa 6 bis 8 Linien von der Spalte entfernt eingehend und am anderen in derselben Entfernung von der Spalte wieder heraus-
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koiumcnd, mit einem feinen Bohrer (am besten mit einem viereckigen) durchbohrt und dann dünne Hufnägel oder zugespitzte Drahtslille durch diese (Junge treibt. Die Köpfe und Spitzen der Nägel kneipt mau mit der ßeisszange ab, biegt die Enden zur Spalte hin um, zieht sie kurz au und nietet sie in ähnlicher Art zu, wie das Zunieteu bei dem Beschlagen geschieht. Man kann 2 bis 3 solcher eiserner Hefte in der Entfernung von circa 9 bis 10 Linien einen vom anderen anbringen.
Ein sehr wesentlicher Theil bei der Behandlung für den einen wie für den anderen Zweck ist der Hufbeschlag. Dieser muss in jedem Falle so eingerichtet sein, dass durch das Hufeisen die Spalte nicht weiter auseinander getrieben, sondern im Gegeutheil zusammengehalten wird; — was jedoch in den einzelnen Fällen, je nach den Umständen, in verschiedener Weise erreicht wird. Bei Zellenspalten genügt ein gewöhnliches, aber starkes Hufeisen, welches jedoch auf der Zehe selbst nicht aufliegt und zu beiden Seiten seines Zehen-theiles mit starken Aufzügen verseilen ist. Letztere werden nach dem Aufschlagen des Eisens so au die Zehenwand getrieben und gerichtet, dass dadurch der Spalt zusammengehalten wird. Man erreicht dies aber noch mehr, wenn der Tragerand des kranken Hufes an der Zehe rechts und links etwa -J Zoll neben der Spalte um etwa 2 bis 3 Linien hoch mehr nieder geschnitten wird, und wenn das Hufeisen an dieser Stelle zwar ein wenig in die Höhe gerichtet, aber nicht fest aufgelegt wird. Durch ein an den Trachtenenden geschlossenes und auf dem Strahl aufliegendes Hufeisen wird der Zweck hier und bei allen anderen Hufspalten noch vollständiger erreicht, weil es die Last gleichmässiger vertheilt trägt. — Der Beschlag bei Seiten- und Trachtenenden ist in den einzelnen Fällen verschieden, je nachdem dieselben ohne oder mit Schmerz und Lahmheit bestehen. Im ersteren Falle kann er auf die Weise ausgeführt werden, dass man beide Ränder der Hornspalte am unteren Ende etwa gegen f Zoll lang und 4 bis 6 Linien hoch halbmondförmig wegschneidet und dann ein gewöhnlich gerichtetes Hufeisen mit oder ohne Stollen, oder auch ein eben solches geschlossenes Hufeisen auflegt; oder man schneidet (nach S ehre be ') die Trachten in schräger Richtung so weit nieder, wie dies ohne Nachtheil geschehen kann, schont die Zehe gänzlich und höhlt die Sohle in der Gegend der Spalte nicht aus. Das Mederschneiden muss von hinten nach vorn geschehen. Man legt dann ein Hufeisen mit Stollen auf, welches überall gleich-massig anliegt, so dass hierdurch ein Zusammendrücken der Horn-wand in schräger Richtung von hinten und unten nach vorn und oben erfolgt. Das Eisen mnss für den Huf eher zu gross als zu klein sein. Die Stolleu werden bei später wiederholtem Beschläge allmälig immer niedriger gemacht, um die Thiere immer mehr zum Durchtreten zu zwingen und dem Hufe nebst den Spalten mehr eine horizontale Richtung zu geben;. Nach jedesmaligem Beschlagen werden die äusseren Ränder der Spalte mit der Raspel verdünnt, dabei jedoch
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'•) Magaz. f. d. ges. Thierheilk. Bd. VII. S. 04 ff.
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Anhang. Hornklüfte.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;319
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der dem Saume zunächst gelegene Theil geschont; die Tiefe der Spalte wird dadurch geringer und bietet dem Sande u. s. w. nicht so leicht Gelegenheit, sich darin festzusetzen. — Wenn aber die Hornspalten mit Entzündung, Schmerz und Lahmheit verbunden sind, oder wo getrennte, bewegliche Wand oder eine Steingalle mit denselben in Verbindung steht, ist ein solcher Beschlag nicht passend, sondern es muss hier ein solches Hufeisen aufgelegt #9632;laquo;-erden, -welches die Last des Körpers nur auf dem vorderen Theil des Hufes bis zur Spalte trägt und dabei den hinter der Spalte befindlichen Theil des Hufes gegen Druck von unten her schützt. Für diesen Zweck kann man am besten ein an den Stollenenden geschlossenes Hufeisen benutzen, welches nur bis etwa 3 bis 6 Linien vor der Spalte fest aufliegt; von hier aber nach hinten zu gegen 3 Linien weit von dem Tragerande der Wand absteht; Letzteres erreicht man auf verschiedene Weise und zwar entweder dadurch, dass man den Tragerand der Seiten- oder Trachtenwand hinter der Spalte gegen 3 Linien weit mehr wegschneidet, als den Hand vor der Spalte, oder dadurch, dass man das Eisen von der Stelle der Spalte her nach unten gegen 3 bis 4 Linien weit niederbeugt (abkröpft). In beiden Fällen kann man das Hufeisen einige Linien weit vor der Spalte mit einem sogenannten Beistollen oder Nebenstollen versehen; derselbe muss jedoch an seinem vorderen Ende niedriger sein als an seinem hinteren Ende und überhaupt nur so hoch sein, dass er mit dem Stollen am anderen Arme des Eisens in einem richtigen Verhältniss steht, so dass das Thier auf der Zehe, auf dem Nebenstollen und auf dem wirklichen Stollen gleichmässig fest auf dem Boden stehen kann. Statt des geschlossenen Hufeisens kann man auch ein gewöhnliches Hufeisen mit einem JNebenstollen der bezeichneten Art versehen benutzen; dasselbe schützt aber die hinteren Theile des Hufes weniger als das erstere. Im Nothfalle ist noch ein gewöhnliches Hufeisen ohne Stollen in der Art zu benutzen, dass man den auf die kranke Wand trefTemlen Arm an der Stelle der Spalte abhaut und es dann als sogenanntes Dreiviertel-Eisen auflegt.
So wie bei den Zehenspalten die Zusammenhaltung der Wände durch zwei seitliche Aufzüge oder Kappen des Hufeisens bewirkt und Verschiebung der Wände verhütet wird, eben so kann man für diese Zwecke bei Spalten an den Seitenwänden Aufzüge an dem Eisen machen; dieselben sind durchaus nothwendig, wenn das hinter der Spalte hefindliche Stück der Wand sich wirklich bei jedem Auftreten des leidenden Fusses nach aussen biegt und verschiebt. Die Aufzüge werden hier gewöhnlich an der Stelle der Spalte angebracht, besser aber ist es, wenn sie in der Entfernung von 4 bis 8 Linien hinter der Spalte sitzen; wo beide Theile der Hornwand beweglich sind, muss entweder ein grosser Aufzug auf die Spalte selbst, oder es muss ein Aufzug vor und einer hinter derselben angebracht werden; dieselben dürfen aber immer nur massig fest anliegen, weil sie sonst Druck und Lahmheit erzengen. Nägel werden in die Wand hinter der Spalte nicht geschlagen.
ß. Die Hornkluft besteht in einem Durchbrechen der Horn-fasern in querer, zum Theil schräger Richtung, so dass ein mehr
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320nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Anhang. Hornklüfte,
oiler weniger horizontaler Spalt au irgend einer Stelle der Horuwand sichtbar ist. Sie kommt an jeder Stelle der Uornwand vor und ist von verschiedener Länge, gewöhnlich aber nicht über 2 Zoll lang; ihre Ränder sind gewohnlich uneben und zuweilen etwas über einander verschoben, und an dem einen Ende gehen sie oft in schräger Kichtung in den Trag(?rand über. Das abgebrochene Stück der Horn-wanil steht entweder noch in fester Verbindung mit der Fleisch-waud, oder es ist stellenweis von derselben getrennt, und dann bald mehr bald weniger beweglich; zuweilen ist dabei Entzündung, Schmerz und Lahmheit, zuweilen auch Blutung oder später Eiterung zu bemerken.
Die Erkennung ist au diesen Erscheinungen immer leicht zu machen, wenn nicht der Querriss mit Baumwachs oder Theer und dergleichen verklebt oder verdeckt worden ist.
Die Ursachen sind meistens Kronentritte, zuweilen aber auch Vernagelungen und Steingallen, welche in Eiterung übergehen und wo der Eiter in die Hohe gestiegen ist und den Saum von der Krone abgelöst hat, wo dann bei der V\ iederblldung eines neuen llornrandes von der letzteren her eine Trennung zwischen dem alten und neuen Morn besteht und allmälig tiefer herunter wächst; in manchen Fällen entstehen Hornklüfte auch dadurch, dass der iluf durch Ueberfahren mit \\ agen oder auf andere Weise gewaltsam zusammengepresst wird, oder auch dadurch, dass das Hufeisen auf irgend eine Weise gewaltsam abgerissen wird, ohne dass die Nieten der Hufnägel vorher geöffnet worden sind.
Die Bcurtheilung ist mehrentheils günstig zu machen, namentlich aber in den Fällen und so lange, als die llornkluft nicht von von den Hufnägeln erreicht wird; denn in diesen Fällen entsteht durch sie gewöhnlich keine Störung in dem Gange des Thieres. Wenn aber die getrennte Parthie der Wand so weit heruntergewachsen ist, dass die Hufnägel nicht mehr gehörig in ihr zu befestigen sind, so werden die Thiere zuweilen für einige Zeit unbrauchbar, aber dieser Fall tritt selten ein, und bei einer übrigens zweckmässi-geu Behandlung wächst in der Regel in kurzer Zeit das fehlende Horn gehörig nach. Im uubeschlagenen Zustande findet sich wegen gt;langel an Schutz häufiger eine Zerrung der getrennten Horntheile und hierdurch auch Lahmheit; eben so ist dies der Fall, wenn Sand und andere fremde Körper in die Spalte dringen, oder wenn bei der ursprünglichen gewaltsamen Trennung die Fleischwaud mit verletzt worden ist.
Behandlung. Bei solchen Hornklüfteu, wo die abgebrochene Hornwaud an den Winkeln der Trennung noch mit den übrigen Thei-len der Wand in fester Verbindung steht, hat man nur dafür zu sorgen, dass nicht fremde Körper in die Spalte eindringen und drücken. In dieser Absicht füllt man die Spalte mit irgend einer klebenden Substanz, z. B. mit Theer oder Baumwachs, mit Talg und dergleichen vollständig aus und beschlägt den Huf mit einem seiner Form u. s. w. angemessenen Hufeisen, welches an der Stelle der Kluft mit einem Aufzuge versehen ist, um damit die Wand besser zusammenzuhalten. 1st aber die Kluft so weit herunter gewachsen, dass die Nägel sie
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Anhans. Getrennte Wand.
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erreiclien, so muss man die letetercu bei dem Beschlagen au dieser Seite weglassen und das Eisen lieber durch ein paar Nägel an der Zehe oder sonst in der Nachbarschaft der Kluft mehr zu befestigen suchen. Das getrennte llorustück schützt man, -wenn es noch mit der Fleisch wand in Verbindung steht, durch Aufzüge; ist es aber bereits von der Fleischwand getrennt, so nimmt man es am besten ganz weg. — Besteht bei einer Ilornkluft Lahmheit, so müssen die reizenden oder drückenden Einwirkungen beseitigt, demgemäss fremde Körper entfernt und einwärts gebogene Hornräuder mit dem Messer weggenommen werden. Im Uebrigcu aber legt man ein solches Hufeisen auf, welches an der betreffenden Stelle unter der Kluft ein wenig hohl liegt, in ähnlicher Weise, wie bei den llornspalteii und man macht kalte Fussbäder oder Umschläge.
C. Die sogenannte getrennte Wand besteht in einer gewaltsamen Abtrennung der lloniwand am Tragerande von der Fleischwand. Diese Trennung kann rund herum am ganzen llnfe entstehen und kommt bei beschlagenen und unbeschlagenen Hufen vor; sie spricht sich durch einen blöden Gang, durch Schmerz beim Druck mit der Zange auf die verletzte Stelle und nach dem Abnehmen des Hufeisens durch die sichtbare Trennung der W'and von der Sohle aus. Die Trennung ist entweder frisch, und dann gewöhnlich mit ein wenig Blutinfiitration in der Spalte und in den nächsten Par-thieen des Horngewebes begleitet, oder sie ist älter und in diesem Falle gewöhnlich durch eingedrungene Erde ausgefüllt, weshalb sie ein schwärzliches Ansehen besitzt. Zuweilen ist die getrennte Stelle nur sehr klein und äusserlich an der weissen Linie mit überwachsenem Horn bedeckt, so dass man sie erst dann findet, wenn man einige Hornspähnc abgeschnitten hat; sehr oft kann man dann bei dem weiteren Ausschneiden mittelst eines Hufbohrers oder mittelst des Rinnmessers die Trennung gegen f -14 ^0quot; hoch hinauf zur Fleischwand verfolgen. In manchen Fällen fimlet man in der Trennung eine eiterige, schwärzliche Feuchtigkeit. Zuweilen bildet sich ein förmlicher Abscess, der dann, wenn er nicht zeitig genug durch künstliche Oelfnung an der Sohle entleert wird, au der Krone durchbricht.
Die Ursachen sind haußg ungleiches Abnutzen des Tragerandes, so dass einzelne Stellen desselben bei unbeschlagenen Hufen zu laug hervorstehen und dann beim Gehen nach aussen abgezerrt werden; bei beschlagenen Hufen sind zu enge, ungleiche, zu lauge liegende Hufeisen und zu dicke Hufnägel die Hauptvcranlassung; in manchen Fällen scheint auch noch eine besondere Disposition, beruhend in einer mangelhaften Verbindung zwischen der Hornsohle und der Horu-wand an der weissen Linie, mit beizutragen.
Die ßeurtheilung ist stets günstig zu machen, da der Erfahrung zufolge die Lahmheit leicht zu beseitigen ist und die Trennung in der Regel durch allmäliges Herunterwachsen der Hornwand wieder beseitigt wird. In einzelnen Fällen bleibt dieselbe jedoch für immer zugegen, vergrössert sich sogar zuweilen und bildet dann die sogenannte hohle Wand, indem sich von der Fleischwand her eine dünne Hornwand erzeugt, welche jedoch mit der abgetrennten Wand in
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Anbang. Getrennte Wand.
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keine feste Verbindung tritt und daher zwischen beiden Schichten eine Höhle bleibt. Hierbei ist jedoch zu bemerken, dass nicht jede hohle Wand nur eine Folge der getrennten Wand ist, sondern dass dieser Fehler sich zuweilen durch allmäliges Vertrocknen und Schwinden der Hornsubstanz in der weissen Linie und höher hinauf erzeugt. Behandlung. Zunächst muss man den Tragerand an der getrennten Stelle der Wand um etwa 2 Linien breit mehr niedersclmeiden als an den Stellen vor und hinter der Trennung; hierbei nimmt man die etwa losgetrennten Hornblättchen in der weissen Linie vollständig weg und bildet in derselben eine trichterförmige Oeffnung. In diese Oeffnung legt man zum Schutz gegen eindringende fremde Körper ein wenig lockeres Werg und bedeckt dann den Huf mit einem gewöhnlichen starken und gut passenden Hufeisen, welches an der Stelle der getrennten Wand mit einem kleinen und nicht zu fest an die Wand schliessenden Aufzuge versehen sein kann. Die auf diese Stelle treffenden Nägel lässt man gänzlich weg. Der Huf erhält dann kalte Fussbäder und das Thier Ruhe. — War das Uebel bereits bis zur Bildung eines Abscesses an der Krone gekommen, so muss dieser, nachdem an der verletzten Stelle die gehörige Eröffnung ohne Erfolg geblieben ist, zeitig eröffnet und der Huf dann mit lauwarmen Fussbädern von Heusaamen oder von anderen gelind aromatischen Mitteln behandelt werden.
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Vierte Classe.
Wunden.
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Erste Abtheilung.
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Von den Wunden im All
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meinen.
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Erstes Caiiitel.
Begriff. Zufälle, Ursachen, Verschiedenheiten, Verlauf, Ausgänge, Beurtheilung und Behandlung im Allgemeinen.
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Eine Wunde (vuluus, to TQavfjha') ist die plötzliche, durch mechanische Gewaltthätigkeit bewirkte Trennung organischer (Gebilde des Thierkörpers mit gleichzeitiger Trennung der Haut oder der Schleimhaut. Die Trennung der Haut ist zur Charakterisirung einer Wunde nöthig, weil es noch andere Verletzungen der organischen Gebilde giebt, welche keine Hautverletzung haben, so z. B. Zerreis-sungen der Weichgebilde, Brüche und Risse der Knochen etc., welche zwar gewöhnlich auch durch iiussere Gewaltthätigkeiteu entstanden sind, aber keine Trennung der Haut zeigen, und deshalb auch nicht Wunden genannt werden.
Man bemerkt bei den Wunden im Allgemeinen folgende Erschei-uungen und Zufälle:
1)nbsp; nbsp;Trennung der Theilc mit ihrer allgemeinen Decke,
2)nbsp; nbsp;Zurückziehung der getrennteil Weichgebilde etc. von einander, oder das Klauen der Wundränder,
3)nbsp; nbsp;Schmerz,
4)nbsp; nbsp;Ausfli essen von Blut oder andern thierischen Säften,
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Wunden im Allgemeinen.
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5) Entzündung,
(j) Lähmung oder Störung der betroffenen Theile,
7)nbsp; nbsp;häufig auch ein Keizfieber (lebris irritativa), welches hier auch „Wuiidfieberquot; (F. traumatica) genannt wird; endlich
8)nbsp; Wundstarrkrampf.
Ueber die Umstände, unter welchen diese Anzeichen auftreten, ihre sonstigen quantitativen und qualitativen Verhältnisse ist in Kürze Folgendes zu bemerken:
1)nbsp; Die Trennung. Sie erfolgt unmittelbar durch die verlez-zeude äussere Einwirkung, und zwar sehr verschieden, je nach Art und Richtung des verletzenden Werkzeuges, bald mit scharfer, glatter Scheidung der betroffenen Theile, bald mit Quetschung, Auseiu-anderdehuung oder selbst mit Zerreissung der Fasern in der Längenrichtung derselben, oder quer, schräge u. s. w. in allen Dimeusio-uen, in abweichender Grosse und Tiefe, je nach der Kraft, mit welcher das verletzende Werkzeug bewegt wird.
2)nbsp; Das Klaffen der Wundränder zeigt sich mehr oder weniger, je nach der Contractilität uud Expansionskraft der getrennten Theile. Schlaffe (z. B. Fett, weiches Zellgewebe) und eben so auch die starren Gebilde (Knorpel, Knochen) bedingen nur unbedeutende Zurückziehung, straffe Theile, namentlich die meisten Muskeln uud Sehnen, zum Theil auch die Blutgefässe ziehen sich dagegen sehr stark zurück. Doch bestehen dabei noch Unterschiede in den einzelnen Gebilden uud nach der Art der geschehenen Verletzung. So z. B. zieht in dem Spaunmuskel der breiten Schenkelbinde eine mit einein schneidenden Instrumente bewirkte einfache Trennung ein zollweites Klaffen der Wundränder nach sich, während man diese Erscheinung bei Verwundung anderer iMuskeln, z. B. des breiten ßrustmuskels, des breiten gezahnten, des Uuterschultermuskels nicht wahrnimmt, weil dieselben schlaff gelagert sind. 1)
Ebeu so klaffen Schuss- und Stichwunden unbedeutend; desgleichen diejenigen, in welchen durch den entsprechend eindringenden fremden Körper die Trennung der Fasern nicht vollständig geschehen, uud ein Theil derselben unverletzt, vielmehr nur vermöge seiner Elasticität momentan auseinandergespannt, seinen frühern Kaum wieder eingenommen hat. Nach der Verwundung tritt Entzündung ein, und mit dieser auch (wenn die Wunde sich nicht mittelst des ausgeschwitzten Plasmas schliesst), eine stärkere Anschwellung, durch welche das Klaffen der Wunde vermehrt wird.
3)nbsp; Steter Begleiter der trennenden Gewalt ist der Schmerz, dessen Grad hauptsächlich von dem grössern oder geringern Nerven-reiclithum der verwundeten Organe, zum Theil aber auch von der Beschaffenheit des verletzenden Werkzeuges und von der Schnelligkeit seines Eindringens abhängig ist. Wunden der Haut sind, dem entsprechend, schmerzhafter als jene im Zellgewebe, in Sehnen, Knor-
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') Durch diesen Umstand werden in dergleiche Muskeln eingedrungene fremde Körper der nur oberflächlich stattfindenden Untersuchung leicht entzogen.
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Wunden im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 325
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eln, Bändern und Knochen. Allein die Dauer des Schmerzes ist ierdurch nicht bedingt, sondern dieselbe ist grösstentheils abhängig von der fortdauernden Einwirkung der verschiedenen anderen Einflüsse, z. B. der atmosphärischen Luft, von dem durch selbige erfolgenden Trockenwerden und dem mannigfaltigen Verunreinigen der VVunden, von dem hierdurch mechanisch und chemisch verursachten Reiz- und dem eintretenden Entzündungszustande der blossgelegten Theile, von deren nun stattfindenden symptomatischen Spannung und dem Druck auf die betreffenden Nerven. Auch ist der erste Ver-wundungsschmcrz von jenem der Entzündung wohl zu unterscheiden, und, nicht minder in beiderlei Hinsicht, Haum und Zeit zu erwägen. Es ist nämlich die Empfindung des Schmerzes überhaupt für das betroffene Individuum, die Wunde mag einen grossen oder kleinen Kaum des Körpers einnehmen, in dem Moment ihrer Zufügung und daher so lange der Verwundungsakt fortdauert, immer nur allein zugegen , — und mit Beendigung des Aktes der Verwundung cessirt dieser Schmerz. Nicht so verhält es sich mit dem Entzündungs-schmerz, dessen Grad und Dauer von dem vollständigen Eintritt und Fortbestehen der Entzündungssymptome abgeleitet wird. 1st später die Entzündung in Eiterung übergegangen, so lässt der Schmerz nach; dies gilt, natürlich nicht von den neben den eiternden befindlichen Stellen, in denen die Entzündung ebenfalls entstanden ist, aber noch nicht diesen Ausgang gemacht hat. Die Gradation des Entzündungsschmerzes ist verschieden. In Gebilden, in welchen der entzündete Theil einen harten Widerstand gegen seine Geschwulst erleidet, ist sie am höchsten, und zuweilen bis zu dem Grade gesteigert, dass die Patienten sterben, — was man der Erschöpfung ihrer Nervenkraft durch die fürchterlichen Schmerzen oder einer Ueberiei-zung der Centraltheile des Nervensystems zuschreibt. Dies sehen wir z. B. bei tiefen Stichwunden im Hufe, in den Sehnen, so wie in den Fällen, in welchen durch Verwundung Nerven nur theilweise durchgerissen oder durchgeschnitten sind; wogegen der in Rede stehende Schmerz in Organen, welche ganz oder zum Theil von V\ eich-gebilden umgeben sind, im Vergleich mit jenem, einen geringeren Grad hat.
4) Anlangend das Ausfliessen von Blut oder von andern thierischen Säften: so sind bekanntlich in der Haut und in den Muskeln die Blutgefässe so zahlreich vorhanden, dass man kaum eine Nadel einstechen kann, ohne eine Blutung zu erregen, eben weil man überall auf Gefässe trifft. Es werden aber bei Verwundungen nicht bloss die Kapillargefässe getroffen, sondern ans grösserc, und es fliesst bald arterielles, bald venöses und zuweilen auch gemischtes Blut aus. Man bezeichnet hiernach die Blutungen als arterielle, als venöse und als parenehymatöse. Die ersteren entstehen, wenn Arterien oder auch die Lungenvenen oder die linke Hälfte des Herzens durchgehend bis in die Höhlen dieser Theile verletzt sind, und man erkennt sie o) an der hellrothen Farbe des Blutes, /raquo;) an dem spritzenden, im Bogen erfolgenden und ruckweis, mit dem Pulsiren der Arterien übereinstimmend verstärkten Ausfluss des Blutes, und c) daran: dass der Ausfluss schwächer wird oder ganz aufhört.
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326nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wunden im Allgemeinen.
wenn man eineu Druck auf das blutende Gefass zwischen der Wunde und dem Herzen anbringt. Hiervon inachen jedoch die zurücklaufenden und diejenigen Arterien eine Ausnahme, welche mit anderen anastomosiren; diese erhalten nämlich ihr Blut auch von der entgegengesetzten Seite und sie bluten daher trotz des Druckes noch fort. Die venösen Blutungen entstehen aus verletzten Venen, aus der rechten Hälfte des Herzens und aus den Lungenarterien; sie geben dun-kelrothes Blut aus den Venen im gleichmässigcn Ausfluss, und derselbe hört auf, wenn man das verletzte Gefass zwischen der Wunde und der äusseru Peripherie des Theils zusammendrückt. Bei den pa-renehymatösen Blutungen sickert oder schwitzt arterielles und venöses Blut gemengt aus dem ganzen Gewebe (Parenchyma) des verletzten Theils. Ausser dem Blute sieht man oft noch andere Feuchtigkeiten, je nach der Art des betroiTenen Organs, z. B. bei Speichel-gangverletzungen Speichel, bei Wunden am Schlünde Speichel, Schleim und gekautes Futter ausfliessen; bei Verwundung der Luftröhre strömt Luft aus; aus den verletzten Lungen, neben letzterer, schäumendes Blut u. s. w. Diese verschiedenen Feuchtigkeiten geben, im Verein mit dem Orte, wo die Verletzung stattgefunden, die Merkmale ab, aus welchen wir auf die Verletzung eines oder mehrerer oberflächlich oder tiefcrliegenden Organe schliesscn können.
5) Ferner die Entzündung. Da jede Verletzung der Nerven und Gefässe durch Trennung des Zusammenhanges schon mit Reizung verbunden ist und diese durch den Eintritt der Luft in die Wunde, das Austrocknen der blossgelegten Fläche, den Ausfluss der Flüssigkeiten u. s. w. vermehrt wird, so ist die Entwickelung der Entzündung nach Verwundungen fast unvermeidlich. Sie beginnt in den ersten Stunden nach der Verletzung, erreicht gewöhnlich ihre Höhe binnen 30—48 Stunden, macht dann Ausgänge, ist aber je nach der Reizbarkeit des Thieres, nach der Beschaffenheit und Grosse der Wunde, nach dem Einflüsse der Nahrung, der Luft u. s. w. sehr verschieden, zuweilen bedeutend, zuweilen unbedeutend, so dass die Entzündung in einigen Fällen kaum bemerkenswerth, in andern der wichtigste Zufall der Verletzung ist. Die Wundentzündung charak-terisirt sich durch dieselben Symptome, wie sie der Entzündung überhaupt gehören. Der Grad des Schmerzes, der erhöhten Wärme, der Anschwellung der Theile ist jenem der Entzündung entsprechend; so wie der Verlauf, die Dauer und die Ausgänge dieser Entzündung, in derselben Weise, wie bei solcher, im gewöhnlichen Sinne, ebenfalls bemerkbar sind. Manche Verwundungsentzündungen zer-theilen sich nach kurzem Bestehen gänzlich, nachdem sie eine ganz geringe Ausschwitzung von Faserstoff gemacht haben; andere dauern mehrere Tage in grosser Heftigkeit fort und gehen in Eiterung oder sogar in Brand über. Eine gelinde plastische Ausschwitzung ist häufig das organische Verbindungsmittel zwischen den Wundflächen und die Entzündung erscheint hierbei als Vermittelungsprozess für die Heilung. Man nennt sie deshalb unter diesen Umständen nach Hunter die „adhaesive oder Verwachsungsentzündungquot;. Sie darf, wenn sie diesem Zwecke entsprechen soll, sich nur in einem geringen Grade entwickeln; denn bei einem hohen Grade
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bleiben entweder die Wundflächen trocken oder es entsteht eine so reichliche und wiederholte Exsudat Ion von Faser- und EiweissstoIT, dass durch die Menge der Flüssigkeit die Wundflächen auseinander gedrängt werden und daher ihre unmittelbare Verwachsung nicht erfolgen kann. Dafür bilden sich aber hierbei Eiter und vom Grunde der Wunde aus neue Zellen, und aus diesen die Granulationen oder Fleischwärzchen, durch welche die Vereinigung der getrennten und, bis zu einem gewissen Grade auch der Wiederersatz verlorner Theile stattfindet. Es ist aber, wie bekannt (S. 58 u. f.), nicht der Eiter, aus welchem die Granulation entsteht, sondern dieser scheint ein blosses Schutzmittel für sie zu sein, da nur unter seiner Decke sich die Fleischwärzchen bilden. Uebrigens kommen bei der Eiterung und Granulation in den Wunden dieselben Verschiedenheiten vor, welche mau in den Abscessen hierbei findet. Eiternde Wunden können somit auch unter ungünstigen Umständen die Beschaffenheit der Geschwüre annehmen.
In einzelnen Fällen ist die Wundenentzüudung nicht zu beseitigen, sondern sie geht in Brand über und oft führt sie Lebensgefahr herbei. Dies ist besonders der Fall, wenn grosse Gefässe und Nerven durchtrennt sind, oder wenn heftige oder giftige chemische Einflüsse auf sie stattgefunden haben, oder wenn eine fehlerhafte Ernährung und Säftemischung im Körper besteht.
6) Das Wundfieber. Es tritt in der Regel bei Verwundungen ein, welche einen grossen Umfang einnehmen und namentlich bei sehr reizbaren Thieren und in sehr empfindlichen, zur Erhaltung des Lebens unbedingt nöthigeu Theilen, gewöhnlich innerhalb der ersten 24 Stunden; eine bestimmte Zeit ist aber in diesem Belang nicht festzusetzen. So ist bei sehr empfindlichen und somit leicht reizbaren Thieren das Wundfieber oft schon 2—3 Stunden nach der Verletzung, bei torpiden nach 12'—15 Stunden beobachtet worden, während dasselbe bei andern Individuen gar nicht eintrat. Dasselbe erscheint demnach in dem durch die Verwundung herbeigeführten pathologischen Prozess nicht als durchaus nothwendig zu sein. — Dieses Fieber ist ein gewöhnliches Reiz- oder Entzündungsfieber und seine Erscheinungen sind: das Thier steht traurig und mit gesenktem Kopfe und gespreizten Ohren, es zittert, die Haare sträuben sich längs der Wirbelsäule, die sichtbaren Schleimhäute sind blass, die Fresslust mangelt, die Se- und Excretionen sind mehr oder weniger unterdrückt. Dieses Froststadium, mit welchem das Fieber in der Regel beginnt, dauert bald längere, bald kürzere Zeit, ^- —1 — 2 Stunden. Hierauf folgt Hitze; die Haut wird am ganzen Körper wärmer, das Maul wird heisser, ebenso der Athem, die Schleimhäute dunkel geröthet, die Hautausdünstung vermehrt, der Urin ist dunkler, als sonst bei demselben Thiere. Dieses Hitzestadium ist von verschiedener Dauer und Stärke. Die erhöhte Temperatur dauert bald nur eine halbe, bald über eine ganze Stunde fort und dieser Zustand wechselt, zuweilen durch mehrere Stunden, worauf die Thiere wieder munter werden. Der Puls ist in der Frostperiode klein, hart, in jenem der Hitze voll und weich, bei Pferden in der Zahl von 48, 50, zuweilen 60 und darüber in einer Minute. Diese Beschaffenheit
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Wunden im Allgemeinen.
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des Pulses dauert auch, wenn die eben angegebenen Zufalle nicht mehr wahrgenommen werden, gewöhnlich mehrere Tage fort, als Ausdruck des Reizes im Gefäss- und Nervensystem.
7)nbsp; Die Functionen sind, je nach der Art und Grosse der Verletzungen in den betroffenen Organen, mehr oder weniger gestört. So z. ß. bei Verletzungen der Augen: das Sehen, bei jenen des Kehlkopfs: das Athmen, bei denen des Schlundkopfs: das Schlingen. Verletzte Gliedmaasseu sehen wir in veränderter Stellung, damit die Spannung etwas gemindert wird, und die Bewegung ist gestört oder auch gänzlich aufgehoben u. s. w.
8)nbsp; Als ein zwar nicht gewöhnlicher, aber auch doch nicht seltener krankhafter Zustand, der sich zu Wunden der verschiedensten Art findet und deshalb hier bei der allgemeinen Betrachtung der Zufälle der Wunden erwähnt werden muss, ist der Wundstarrkrampf (Trismus et Tetanus traumaticus). Derselbe findet sich in jeder Periode der Wunden ein, am häufigsten aber in der Zeit der Granulation, und er äussert sich durch eine andauernde unwillkürliche Contraction der Tduskeln, am Unterkiefer, dem Halse, dem Rük-ken u. s. w., je nachdem die Krankheit sich eben nur auf einen Kör-pertheil beschränkt oder auf den ganzen Körper verbreitet hat. Letzteres geschieht bei dem Wundstarrkrampf gewöhnlich schneller als bei dein durch Erkältung entstandeneu idiopathischen Starrkrampf, wenngleich jener zuerst nur an einem Theile, namentlich an dem Kopfe, in den Kaumuskeln hervorgetreten ist. — Die Muskeln werden dabei ganz derb, und so gespannt, dass ihre Beweglichkeit fast ganz verschwindet; die Ohren stehen steif in die Höhe; bei Pferden tritt die Nickhaut weit über den Augapfel, wenn man ihnen den Kopf plötzlich in die Höhe hebt; das Maul kann wenig oder gar nicht geöffnet werden, der Hals ist steif in die Höhe gerichtet; der Schweif steht etwas gekrümmt von dem Körper ab; die Beine sind steif u. s. w. Zuweilen nimmt das Gefässsystem an diesem Leiden keinen Antheil, oft ist aber'Fieber und beschwerliches, kurzes Athmen zugegen. Der pathologische Zustand beruht in einer eigenthüm-lichen Irritation des Rückenmarks, welche wahrscheinlich durch Fortleitung einer Nervenreizung von der Wunde her beginnt und sich dann als Reflexwirkung an den Muskeln offenbart. — Er entsteht am häufigsten durch fremde Körper in der Wunde, durch Einwirkung der Kälte auf sie und dadurch verursachte Unterdrückung ihrer Secretion, durch unvollständige Trennung der Nerven und einzelner Sehnenfasern und dadurch bedingter ungleicher Spannung derselben, und zuweilen durch unbekannte Einflüsse aus der Atmosphäre; denn das Uebel kommt in manchen Zeiten bei dem Vorhandensein der übrigen genannten Ursachen gar nicht, in anderen Zeiten dagegen mehrfaltig vor. — Der Wundstarrkrampf ist mehrentheils eine sehr üble Complication jeder Wunde, indem er gewöhnlich binnen kurzer Zeit den Tod durch Erschöpfung der Nervenkraft, oder durch Lungen- oder Hirnschlagfluss herbeiführt.
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Ursachen.
Die Verwundungen entstehen durch das gewaltsame Eindringen sehr verschiedenartiger, scharfer, spitziger, oder auch stumpfer Körper in die organische Substanz, wie z. B. der Messer, Degen, Sensen, Beile, Lanzen, Bajonette, Mist- und Heugabeln, Nägel, Dornen, Holzsplitter, Knochen, spitziger oder halbstumpfer Stöcke, Deichseln, Kugeln und Kugelstücke, der Zähne eines beissendeu Thieres u. dgl. Nach der Verschiedenheit dieser verletzenden Körper und zum Theil danach, ob diejenigen, welche mit einer Schneide versehen sind, blos mit gelindem Druck oder Zug, oder mit einem grössern Schwünge gegen den Thierkörper geführt worden sind, erhalten die durch sie erzeugten Wunden eine verschiedene Form, Beschaffenheit und Benennung, als: Schnittwunden, Hiebwunden, Stichwunden, als gerissene und gebissene Wunden. Die erstem beiden stellen offene (ausgenommen bei den subcuianen Operationen), mehrenthcils einfache Trennungen in länglicher Gestalt, zuweilen in Form eines Lappens dar und haben freie Ränder und ebene Flächen. Die Stichwunden und Schusswunden sind in der Regel enge, oft mit Quetschung versehene Kanäle, die gerissenen Wunden sind ungleiche Trennungen, oft lappenförmig, stets mit Dehnung, Quetschung und Zerreissung der Theile begleitet; die Bisswunden erscheinen oft eben so, oft nur in der Form den kleinen und seichten Stichwunden ähnlich.
Verschiedenheiten und Benennungen der Wunden.
Die Wunden kommen in ausserordentlicher Verschiedenheit vor, und zwar: 1) nach der verletzenden Gewalt oder der Beschaffenheit des verwundenden Werkzeuges in Schnittwunden, Hiebwunden, Stichwunden, gequetschte, gerissene, gebissene Wunden, Schusswunden.
2)nbsp; Nach der Richtung der Trennung in dem verletzten Gewebe. Es giebt in dieser Hinsicht Längenwunden, wenn die Trennung mit dem Verlaufe der Fasern oder in der Längenachse derselben geschehen ist; #9632;— Querwunden, welche die Fasern oder das Organ in querer Richtung trennen; schiefe Wunden, wo die Trennung mit der Längenachse einen spitzen Winkel macht, und.— Lappenwunden, wo die getrennten Gebilde nur noch zum Theil mit dem Körper zusammenhängen; — Wunden mit Substanzverlust, d.h. wo Theile ganz verloren gegangen sind. Die Längenwunden klaffen weniger aus einander, als Querwuuden, weil bei den letztem die Fasern sich nach ihren Befestigungspunkten zurückziehen.
3)nbsp; Dient der Körpertheil zur Bezeichnung der Wunden, und in dieser Beziehung nennt man sie Kopf-, Hals-, Brust- und Bauchwunden etc.
4)nbsp; Ebenso das Organ und die Art des verletzten Gewebes, indem man so von Wunden der Haut, der Muskeln, der Gefässe, des Auges, der Zunge etc. spricht. Diese Bezeichnung ist in jedem Falle unvermeidlich, ohne Rücksicht auf die übrigen
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330nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wunden im Allgemeinen.
noch gebrauchten Bezeichnungen der Wunden; immer niiiss das verletzte Organ speciell benannt sein. ')
5)nbsp; Hierzu tritt die Verschiedenheit des Eindringens bald mehr bald weniger in die Tiefe der Theile, und hiernach sind die Wunden oberflächlich oder tief, oder durch ein oder mehrere Organe durchdringend. Es kann in dieser Hinsicht geschehen, dass z. B. eine Verletzung der Brust nur die Haut und die Muskeln betrifft, und sie ist dann nur eine oberflächliche, weil die Höhle nicht geöffnet ist. Ist das Brustfell mitgeöffnet, so ist dies eine eindringende Wunde, und wenn der verletzende Körper die entgegengesetzte Wand durchdrungen hat, so ist dies dann eine durchdringende Wunde.
6)nbsp; Es sind auch die Wunden in einfache Trennungen und in solche, die mit andern Beschädigungen, als: Quetschungen, Erschüt-teiungen, Zerreissungen und mit zurückgebliebenen fremden Körpern, oder mit Giften einen zusammengesetzten Zustand darstellen, oder die mit einem allgeineiueu Krankheitszustande verwickelt (complicirt) sind, zu unterscheiden.
Hiernach giebt es:
a)nbsp; nbsp;einfache Wunden,
b)nbsp; zasammengesetzte (componirte) Wunden, bei welchen mehrerlei Gebilde getrennt sind und wo gleichzeitig Quetschungen, Blutergiessungen etc. bestehen,
c)nbsp; nbsp;complicirte Wunden, bei welchen noch ein anderes Leiden ' vorhanden ist, z. B. Gastricismus, nervöse Zufalle, Starrkrampf, und wodurch oft der Heiltrieb in der Wunde verändert, ihre Beschaffenheit und der krankhafte Zustand im Ganzen schlechter wird.
7)nbsp; Wie bereits oben bei den Ursachen angegeben, sind die Wunden auch verschieden nach der Art des verletzenden Instruments, als Schnitt-, Hieb-, Stich-, Schusswundeu, gebissene und gerissene Wunden.
Der in dieser Beziehung bestehende grosse Unterschied in der Beschaffenheit der Wunden ist sehr wichtig, weil sie eine besondere Behandlung derselben bedingt. Denn während die einfache Schnitt-und Hiebwunde durch Zusammenkleben der getrennten Theile wieder zusammenheilen kann: so erfolgt dies bei den Biss-, Schuss-, oder andern mit Quetschung und Zerreissung verbundenen Wunden nicht, sondern hier muss Eiterung und Granulation eintreten.
8)nbsp; Nach ihrer Wichtigkeit unterscheidet man die Wunden
a)nbsp; in unbedeutende, oder nicht gefährliche;
b)nbsp; in solche, welche unter gewissen Bedingungen gefährlich werden — also relativ gefährliche #9632;— und
c)nbsp; die unter allen Umständen lebensgefährlich sind, mithin absolut tödtliche.
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') Wunden des Horngewebes, namentlich der Kapseln der letzten Zehenglieder, der Hörner, Geweihe sind ein Unding; denn es sind stets die darunter liegenden Mut- und nervenreichen Theile verwundet, auf welche die Untersuchung und Kur gerichtet werden nmss.
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Wunden im Allgemeinen. Erkennung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;331
Der diesfällige Unterschied ist maassgcbend fiir die Prognose. Derselbe wird begründet: theils durch die Art und Wichtigkeit des verletzten Organs, theils durch die Grosse, Tiefe und Art der Vcr-wundung, theils durch die specielle Beschaffenheit des betroffenen Thieres, theils durch Nebcnumstände und äussere Einflüsse. (Siehe Prognosis.)
Erkennung der Wunden.
Das Erkennen des Daseins einer Wunde ist im Allgemeinen leicht, doch machen kleine Stich- und Bisswunden, besonders bei reichlicher Behaarung des Körpers, zuweilen eine Ausnahme hiervon. Es ist aber nicht genug, bloss das Vorhandensein einer Wunde zu kennen, sondern mau muss auch erforschen: welche Theile in der ganzen Wunde verletzt sind, daher wie tief und in welcher Richtung die Verletzung eingedrungen ist, wie die verletzten Theile übrigens beschaffen, und ob fremde Körper zugegen sind? Im Allgemeinen ist eine Wunde, wie schon oben angedeutet, daran zu erkennen, dass man mehr oder weniger ein Auseinanderklaffen der Haut und anderer unter ihr gelegener Gewebe findet. Es ist ein Ausfluss von Blut oder andern Feuchtigkeiten sichtbar; man bemerkt die gestörte Function des verwundeten Theiles, und diese Erscheinungen sind auffällig genug, um sich über das Vorhandensein einer Wunde zu vergewissern. Um sich von der tiefern Beschaffenheit der Wunde zu überzeugen, muss man, wenn dieselbe geräumig genug ist, sie mittelst des Zeigefingers untersuchen und dabei beachten: die verletzten Theile, die Richtung der Wunde in denselben, ob sie halb oder ganz lädirt, ob Lappen, ob fremde Körper vorhanden sind. — Sollte die Wunde zu tief oder zu eng sein, so dass sie mit dem Finger nicht gehörig untersucht werden könnte, so bedient man sich hierzu einer Sonde 1) von Metall oder Fischbein.
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') Die Sonden sind cylindrische Stäbchen von Eisen, Stahl, Silber, Blei oder Fischbein, gewöhnlich gegen 6 Zoll lang, eine halbe bis 1| Linien dick, und an den Enden mit einem Knöpfchen versehen, letzteres, um bei der Anwendung Ncbenverletzungen zu vermeiden. Zur Untersuchung sehr tiefer Wunden hat man sogenannte Doppelsonden, welche an dem einen Ende zum Zusammenschrauben eingerichlet sind. Alle Sonden müssen eine recht glatte, polirte Oberfläche besitzen. Von den metallenen sind die von dichtem, gut polirtem Eisen angefertigten gut dazu geeignet, dass man sie gebogen, in krumme Wunden einführen und dann sie wieder gerade biegen kann. Sonden von Stahl sind wegen ihrer grösseren Sprödigkeit zu verwerfen. Die besten sind von Silber. Sie haben die gehörige Festigkeit und Biegsamkeit und werden von den Wund-Sekreten, als Eiter, Jauche etc. nicht angegriffen. Auch hat man Sonden yon Blei, welchen zwar ein Vorzug vor den eisernen eingeräumt wird; allein in den Wunden zwischen sehnigen, fibrösen Knorpeln und Knochen, oder in engen und Hohlwunrten oder schiefen verbiegen sie sich, und der Grund derselben ist nicht sicher erforscht. Die ßschbeinernen Sonden krümmen sich nach der Richtimg der Wunden, indess erhält man durch sie, weil sie sich beiai Herausziehen selbst wieder gerade richten, von der Richtung der Wunde keine genaue Kenntniss. Metallsonden sind hier-
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332nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wanden im Allgemeinen. Erkennung.
Zum Sondiren müssen die Thiere festgehalten und, wenn sie sehr empfindlich, furchtsam und Tvidersetzlich sind, auch wohl gebremset werden, damit diese Untersuchung ruhig, gründlich und ohne grosse Reizung oder neue Verletzung des verwundeten Theils geschehen könne. Dabei muss man dem Thiere oder dem verletzten Theil wo möglich diejenige Stelliuig odei1 Richtung geben, in welcher es sich befand, als es verletzt wurde; kennt man aber diese nicht, so muss das Sondiren bei verschiedenen Stellungen des Thie-rcs geschehen, nöthigenfalls mit Zuziehung von Gehilfen. Denn da die verschiedenen Schichten der Muskeln, Sehnen und sehnigen Ausbreitungen sich bei veränderten Stellungen verschieben, so wird auch dadurch die Richtung und Tiefe einer Wunde geändert, z. ß. anders wenn sie bei gestreckter Stellung entstanden ist und sie nun bei gebogener Haltung des Theils untersucht wird. Es können hierdurch Täuschungen entstehen, welche man aber durch das Sondiren in ver-sebiedeneu Stellungen vermeidet. — Bei dem Sondiren hält man die Sonde zwischen dem Daumen und Zeigefinger, oder zwischen dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger, ähnlich wie eine Schreibfeder und so lose, dass sie gewissennaassen von selbst in den VVundkanal hineingleitet; man fühlt dabei den etwa entstehenden Widerstand und sucht sie dann sanft nach einer andern Richtung, nach und nach im ganzen Umfange der Wunde, weiter zu bewegen und so ihre Richtung, Tiefe, die Art der verletzten Theile und etwa vorhandene fremde Körper zu erforschen.
Fremde Körper in den Wunden können Ilaare, Sand, Horntheile, Stücke von dem Sattel und Geschirr, Kugeln oder Kugelstücke, Nägel, Dornen, Holzsplitter, Glas, Knochensplitter u. dgl. sein. Dieselben sitzen bald oberflächlich, bald in der Tiefe, locker, verschiebbar oder fest. Man erkennt sie bei offenen, weiten Wunden oft schon mit den Augen, in andern Fällen grösstentheils durch das Fühlen mit den Fingern oder mit der Sonde an der Härte und Beschaffenheit der Oberfläche der fremden Körper, — was aber bei -weichen Gegenständen und wenn dieselben tief oder hinter Sehnen und Knochen sitzen,
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nach und unter der angedeuteten Vorsicht die besten. — An das eine Ende einer Sonde lässt man zuweilen auch ein Oehr anbringen ^Oehrsonden), um mittelst derselben einen Faden durch eine Fistel zu ziehen, damit diese mehr gereizt und hierdurch in heilbare Thätigkeil versetzt werde. Manche Sonden sind durch kleine Querstriche, welche ebenfalls überpolirt werden müssen, in Zolle eingetheilt, um sogleich die Länge der Wunile genau bestimmen zu können, was in gerichtlichen Fällen nicht unterlassen werden darf, da dies hier bei der Beschreibung der Wunden nicht nach Gutdünken geschehen darf, sondern genau angegeben werden muss, wie lang und wie tief sie sind. Ausserdem sind auch Sonden im Gebrauch, welche an dem einen Ende ein Köpfchen, an dem andern eine blattförmige Erweiterung des Stiels — einem Myrthenblatte ähnlich — haben, und hiernach „Myrthenblattsondenquot; genannt werden. Das Ende mit dem Köpfchen benutzt man, um die Richtung der Wunde zu bestimmen; das Blatt dient dazu, um Eiter, Fett, Krusten oder andere Substanzen, welche oberflächlich auf der Wunde liegen, auf eine leichte Weise abstreifen zu können, auch um Salbe oder pulverige Substanzen in die Tiefe zu bringen.
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Wunden im Allgemeinen. Prognosis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;333
oll sehr schwierig ist. Zuweilen lässt auch die Art der Verletzung, z. B. bei Schusswuudeu mit um- einer Oeffuung, auf das Arorhanden-seiu eiues Iremden Körpers schliessen; iu anderen Fällen ist dieser Schluss und ebenso zugleich ein solcher über die Tiefe der Wunde, aus der Betrachtung des verletzenden Instruments zu erlangen, z. B. bei Stichwunden, wenn man sieht, wie weit der verletzende Körper mit Blut besudelt, oder wie weit seine Spitze Irisch abgebrochen ist.
In sehr engen, sehr krummen und tiefen Wanden gelingt die Erkennung des Zustaudes der Wunde nicht immer genügend, weil man bei manchen derselben auch mit der Sonde den Grund nicht erreichen kann. In solchen Fällen ist es nöthig, die Wunde entweder äusserlich oder auch in der Tiefe, wenn sich hier Zellgewebe, Muskeln oder seimige Ausbreitungen vorlagen!, mittelst des IMessers so viel zu erweitern, dass man hiernach mit einem Finger bis auf den Grund der Wunde eindringen kann. Solche Erweiterungen einer Wunde durch das Messer sind unter diesen Umständen durchaus nöthig, ausserdem durch Verminderung der Spannung iu der Wunde nützlich und sollen daher niemals aus Furcht oder andern Rücksichten unterlassen werden. Ueberhaupt muss bei der ersten Untersuchung einer Wunde alles möglichst vollständig geschehen, damit Irr-thümer vermieden und Wiederholungen nicht nöthig werden.
Im L'ebrigen wird man aus der Form und Tiefe der Wunde und der glatten oder entgegengesetzt aus der unebenen Beschafl'enhcit der Wundränder mehrcntheils erkennen: ob dieselbe durch ein schneidendes oder stechendes Instrument, oder durch einen stumpfen Körper entstanden, — ob sie eine einfache Trennung oder mit Quetschung verbunden ist; der Ort und die Tiefe der Verletzung und die besondere Beschaffenheit des Ausflusses, auch die besonderen Zufalle lassen das speciell verletzte Organ erkennen.
Die Prognosis.
Die Beurtheilung der Wunden im Allgemeinen ist a) mit Hinsicht auf die aus der Verletzung sogleich oder später entstehende Lebensgefahr, und •— b) hinsichtlich der Zeit und Art der Heilung, uamentlich der VA iedcrherstellung des Thieres für einen bestimmten Dienst, zu machen. Sie stützt sich auf folgende Punkte: 1) auf die Grosse und die Beschaffenheit der Wunde selbst; denn je geringer im Umfange selbst, je einfacher und reiner die Trennung der Theile ist, um desto eher und unter desto geringeren Zufällen heilt sie, entgegengesetzt, je grosser die Verletzung ist, je mehr die Theile gequetscht oder zerrissen sind, je mehr organische Substanz verloren ist, und je mehr fremde Körper in der Wunde sich befinden, um desto schwerer ist die Verletzung und um desto schwieriger und langwieriger erfolgt ihre Heilung; denn unter diesen letzteren Umständen entstehen auch sehr leicht üble Zufälle verschiedener Art, und Eiterung und Brand sind mehrcntheils unvermeidlich und es bleiben oft Störungen der Verrichtung des verwundeten Theils zurück. Daher sind gewöhnlich die Schnittwunden die gutartigsten, beson-
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Wunden im Allgemeinen. Prognosis.
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ders aber, wenn sie mit einer sehr kleinen Ilautöfluuug versehen (sogenannte subcutane Verletzungen) sind; die Hiebwunden sind, je nachdem sie durch mehr schade oder stumpfe Instrumente entstanden, im erstem Falle den Schnittwunden ziemlich gleich zu achten, im letztern aber weniger gutartig; — Stichwunden sind gewöhnlich bei gleichem Umfange weniger gutartig als die Schnittwunden, weil sie vermöge des bei ihnen bestehenden engen Wundkanals den Aus-lluss der Flüssigkeiten nicht gestatten und daher zu Versenkungen derselben, zu übermässigeu Anhäufungen und dadurch erzeugter Spannung der Theile, zur Eiitzündmig und selbst zu Nervenzufällen, Schmerz und Starrkrampf Veranlassung geben. Ausserdem sind die IJlutuugen in den engen Kanälen, besonders im lockern Zellgewebe, zuweilen schwer zu stillen, weil man das verletzte Gelass nicht leicht auffinden kann. Schusswunden sind in den meisten Fällen verhält-nissmässig die gefährlichsten, weil auch bei ihnen in der Regel ein enger Kanal besteht, bei welchem die eben erwähnten üblen Verhältnisse wie bei den Stichwunden eintreten können, ausserdem aber, weil sie stets mit Quetschung und Zerreissung. der betrolfeneu Theile verbunden sind und sehr häufig der verletzende fremde Körper in ihnen zurückgeblieben ist. — 2) Die Richtung der Wunden. Trennungen im Verlaufe der Fasern eines Orgaus sind stets mit wenig Klallen der Wundränder begleitet und in Folge dessen ist eine Vereinigung der letztern sehr leicht möglich, ja dieselbe erfolgt sogar häufig ohne Mitwirkung einer künstlichen Hilfe, so z. B. selbst bei Verletzungen der Carotis. Querwunden sind dagegen stets mit grosser Zurückziehung der Wundränder begleitet und dieselbe ist in einzelnen Fällen so bedeutend, dass selbst durch Kunsthilfe eine Aneinanderfügung der Wundränder nicht möglich und dadurch auch das Wiederzusammenheilen verhindert ist. — 3) Die Wichtigkeit des verletzten Theils. Je wichtiger ein Organ in physiologischer Hinsicht für die Erhaltung des Organismus ist, um so gefährlicher ist auch die Verletzung desselben, so dass in dieser Beziehung hinsichtlich der Prognosis bei gleich grossen und bei gleichartig entstandenen Verletzungen der verschiedenen Gebilde ausseronlentliche Verschiedenheiten bestehen. Während z. B. eine Verwundung der Haut, des Zellgewebes oder eines Muskels als unbedeutend beurtheilt werden kann, muss die Verletzung des Herzens, des Gehirns an der Basis desselben als lebensgefahrlich betrachtet werden. Mau unterscheidet in dieser Hinsicht die Wunden, besonders in gerichtlicher Beziehung (wie oben S. 330 angegeben), in drei Classen, nämlich 1) in absolut tödtliche, 2) in zufällig tödtliche, und 3) in unter allen Umständen nicht tödtliche Verwundungen. Die der erstei-en Classe sind auf keine Weise zu heilen, wie z. B. grössere Verwundungen des Herzens, der grossen Blutgelasse, des grossen und kleinen Gehirns und des verlängerten Markes. Bei den Wunden der zweiten Classe ist die Heilung unter günstigen Umständen möglich, sie wird aber durch zufallige störende Umstände verhindert, welche entweder in der individuellen Beschaffenheit des verletzten Thieres, in dem Mangel der Kunsthilfe zur rechten Zeit, oder in äussern Verhältnissen, z. B. in der Pflege und Wartung, in der Witterung u. s. w. begründet sein
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Wunden im Allgemeinen. Prognosis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;335
könnfiii. So z. B. kann eine Verletzung der Carotis durch Unterbindung zur Heilung gebracht und die aus dieser Verletzung entstehende Verblutung vermieden werden; dieselbe tritt aber ein, wenn die Hilfe nicht in den ersten 10—15 IMinuten gebrach! wird. Zu der (hätten ('lasse gehören diejenigen Verwundungen, welche an und für sich niemals tödtlich werden können, wie z. ß. oberilächliche Verwundungen der Haut, der Muskeln, der Lippen, der Ohrmuschel u. s. w.
—nbsp; nbsp;4) Eben so viel wie auf die Wichtigkeit des verletzten Theils in physiologischer Hinsicht hat man auch auf die Wichtigkeit desselben für einen bestimmten Zweck des Besitzers zu sehen, so z. B. bei Reitpferden auf die Verwandung der durchsichtigen Hornhaut, auf die Verwundung einer Sehne an den Fiissen u. s. w.; denn diese Verletzungen werden bei einem solchen Thiere in ihren Folgen stets eine grössere Bedeutung haben, als bei einem Alastochsen u. s. w.
—nbsp; ö) Die Qualität und Struktur der verletzten Gebilde. Die Erfahrung zeigt, dass einzelne Gewebe weit leichter sich im getrennten Zustande wieder mit einander vereinigen als andere, wie z. B. die Muskeln, die äussere Haut u. s. w., während Knorpel und Bänder nur schwer oder gar nicht zur Wiedervereinigung zu bringen sind.
6)nbsp; Der Ort der Verletzung. In der iNähe von Gelenken und von Höhlen und an sehr beweglichen Theilen sind alle Wunden immer weit übler als eben so grosse Wunden an festen Theilen und in der IMitte des Körpers oder eines Gliedes; denn an jenen wird durch die Bewegung beständiges Auseinanderzerren der verwundeten Theile und dadurch ein Hinderniss der Heilung herbeigeführt, wahrend au der Mitte der Theile die Heilung ungestört von Statten gehen kann.
7)nbsp; Das Alter, die Constitution, das Gesundheitsverhältniss und das Temperament des verletzten Thieres. Bei jungen, gut genährten und völlig gesunden Thieren besteht ein reger Bildungsprozess und hierdurch auch eine ^grosse Neigung zur Heilung verwundeter Theile, dagegen bei alten abgemagerten oder kranken Thieren fehlt jene Bil-dungsthätigkeit oder sie besteht nur in einem sehr geringen Grade und die Heilung erfolgt deshalb sehr langsam oder auch zuweilen gar nicht; namentlich sind Cachcxicen, bei welchen seröse Anhäufungen im Zellgewebe bestehen, der Heilung immer sehr hinderlich. Dagegen scheinen die Dyskrasieen auf die Heilung der Wunden von keinem grossen Einfluss zu sein. — Ruhige gutmüthige Thiere, welche sich die angelegten Bandagen oder Wundhefte ruhig gefallen lassen, werden unter allen Umständen eher und besser geheilt, als widersetzliche und bösartige Thiere, welche durch ihr unruhiges Benehmen die Heilung stören. 8) Die Dauer der Verletzung vor Einleitung der Hilfe und die Art der letzteren. Je frischer eine Verwundung ist, um desto eher und um desto leichter ist sie zur Heilung zu führen und namentlich können einfache, frisch entstandene Wunden durch die schnelle Vereinigung geheilt werden, wenn die zweckmässige Kunsthilfe zur Anwendung kommt, ehe die erste Wundentzündung ihre Ausgänge macht; sind aber dieselben bereits erfolgt, so ist gewöhnlich die Heilung nur noch auf dem Wege der Eiterung möglich.
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Die Heilung der Wunden.
Dieselbe besteht in der organischen Wiedervereinigung der getrennten Theile uud diese ist bei der eigenen Thätigkeit des lebeudeu Körpers auf einem doppelten Wege möglich, nämlich a) durch das unmittelbare Zusammenwachsen der Wundllächen, durch die sogenannte schnelle Vereinigung (Couglutinatio, oder Heilung auf erstem Wege, per primam intentioncm), oder 6) mittelbar, durch die dazwischen tretende Eiterung und Granulation (Heilung auf dem zweiten Wege, per suppurationem s. per secundain intentionem).
a) Der erstere Weg ist immer der vorzüglichere, weil er am schnellsten zur Heilung führt, die Heilung auch einfacher und mit Zurücklassuug der kleinsten Spuren oder Narben erfolgt und weniger mit üblen Zufällen begleitet ist, als die auf dem zweiten Wege vermittelte. Die Wunden heilen jedoch auf diesem Wege nur unter folgenden ßeiiinguugen: 1) wenn sie einfach, ohne bedeutende Quetschung uud ohne Verunreinigung durch fremde Körper oder Blut sind; 2) wenn die getrennten Theile in gleichmässiger Berührung mit einander erhalten werden; 3) wenn die Entzündung noch keinen Ausgang gemacht und 4) wenn dieselbe wäbrend der Heilungszeit keinen zu hohen Grad erreicht. Wenn die Heilung auf diesem Wege erfolgt, so entsteht auf den Wundflächen innerhalb der ersten 24 Stunden eine Ausschwitzuug von plastischer Flüssigkeit in sehr geringer Menge, durch welche die Wundllächen und Ränder zusainmeukleben und, indem sich neue kleine Blutgefässchen bilden, oder auch die kleinsten Zweige der vorhandenen Gelasse von beiden Seiten sich verlängern, wird die Verbindung wirklich organisch und in 4—8 Tagen vollkommen fest.
6) Der zweite Heiluugsweg ist gewöhnlich langwieriger und nicht selten auch beschwerlicher, auch mit mehr üblen Zufällen, namentlich mit bald mehr bald weniger veichlichem Säftcverlust verbunden. Auf ihm erfolgt die Heilung der Wunden, wenn die eben genannten günstigen Verhältnisse für den ersten Heiluugsweg nicht vorhanden sind, also namentlich bei allen Wunden, welche mit starker Quetschung, Dehnung und Zerreissung der Theile, mit zurückgebliebenen fremden Körpern, oder durch die Einwirkung ätzender Stolle oder von Giften complicirt sind; ferner, wo grosser Substauz-verlust besteht oder wo die getrennten Theile so stark zurückgezogen sind, dass eine gegenseitige Berührung derselben nicht möglich ist; und endlich in den Fällen, wo die erste Entzündung bereits einen Ausgang gemacht hat oder wo dieselbe in einem übermässig hohen Grade besteht und daher eher zur Eiterung als zur adhäsiven Ausschwitzung führt. In manchen Fällen erfolgt auch bei vorhandenen günstigen Bedingungen die Heilung auf jenem ersten Wege nicht, und es bleibt dann nichts anderes übrig, als eben die Heilung auf dein zweiten Wege zu vermitteln. In allen solchen Fällen macht die Entzündung entweder sogleich den Ausgang in Eiterung, oder die faser-stofflge Ausschwitzung erfolgt so reichlich, dass die Theile dadurch nicht mit einander verbunden werden, und gewöhnlich wandelt sich dann diese Ausschwitzung nach 2 3 Tagen in Eiterung um und die
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Heilung erfolgt hiernach mit Crrauulatiousei-sseuguiig wie bei deu Ab-scessen (S. 57). Die Eiterung und die Fleischwärzchenbildung kann bei den Wunden durch verschiedene Ursachen eben so modiflzirt werden, wie bei den Abscessen angegeben ist, so dass unter hierzu günstigen Umständen in manchen Fällen eine Wunde ganz die Beschaffenheit eines Eitergeschwürs annehmen kann.
Der Heilungsprozess in Wanden ist hiernach bei beiden Arten der Heilung ein wirklich organischer Vorgang, der wesentlich von der Stimmung und Thätigkeit des Organismus abhängt.
Die chirurgische Hiile bei der Heilung der Wunden kann daher auch nur darin bestehen: 1) örtlich die Hindernisse und die üblen Zufalle, durch welche der Heilungsprozess gestört oder Lebeusgefahr herbeigefiihrt werden könnte, zu beseitigen; — 2) die zur Heilung erforderliche Hilfe hinsichtlich der gegenseitigen Berührung der getrennten Theile, des richtigen Grades der Entzündung und der Abhaltung störender Einflüsse zu leisten und #9632;— ü) innerlich durch Nahrungsmittel und Heilmittei die Bildungsthätigkeit entsprechend zu leiten.
In Beziehung auf die erste Anzeige ist besonders die Blutstillung und die Entfernung der fremden Körper, und bei vergifteten Wunden die Entfernung des Gilles zu erwähnen.
Die Stillung der Blutung.
Der wichtigste Zufall gleich nach der Verwundung ist bei deu meisten Wunden die Blutung. Sie erfordert immer grosse Aufmerksamkeit und bei einiger Bedeutung schnelle und sichere Hilfe, weil sonst durch den Verlust einer grossen Menge Blutes die Kräfte des Thieres schnell schwinden und bei einem grössern Verlust selbst Lebensgefahr eintritt. Dies ist um so mehr zu befürchten, wenn das verletzte Geföss einen weiten Durchmesser besitzt, und wenn bereits die Erscheinungen einer beginnenden Verblutung zugegen sind, wie namentlich: Blässe der Schleimhäute, kleiner, leerer Puls, erweiterte Pupille, partieller Schweiss, angestrengtes Athmen und dergleichen. — In vielen Fällen stillt sich die Blutung von selbst, und zwar dadurch, dass das Blut vor der Mündung des verletzten Gefässes und in demselben gerinnt uud einen sogenannten Blutpfropf (Thrombus) bildet, welcher den fernem Ausfluss hindert. Diese von der Natur bewirkte Blutstillung beruht somit auf der Gerinnbarkeit des Blutes und sie erfolgt um so schneller und sicherer, je grosser eben die Gerinnbarkeit des Blutes ist, d. h. je reicher an Faserstoff dasselbe ist. Ausserdem wird sie begünstigt durch Einflüsse, welche die Gerinnung befördern, wie z. B. durch Kälte, die Luft, adstringirende Substanzen, auch durch Weingeist und dergleichen; ferner durch solche Substanzen, welche dem Blute als Anhaltspunkte dienen, dasselbe in seine Zwischenräume aufnehmen und hierdurch die Gerinnung desselben beiordern. In dieser Hinsicht ist auch eine unebene Beschaffenheit der verwundeten Theile, besonders der Gefasse selbst, dieser Blutstillung sehr forderlich, und dieselbe erfolgt deshalb bei völlig quer durchschnittenen Gefässen, deren Enden sich zwischen
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die übrigen Theile zurückziehen können (namentlich in ihre Zellge-webscheide), sich dabei kräuseln, ihre Wände verdicken, das Lumen des Gelasses verkleinern und au der innern Fläche kleine Querfalten bilden, viel leichter als in solchen Gelassen, welche nur theilweis getrennt sind, deshalb gespannt und glatt bleiben. In denselben Umständen ist es auch begründet, dass aus zerrissenen Gefässen, und daher bei gerissenen, gebissenen und überhaupt gequetschten und unregelmässigen Wunden die Blutung in der Regel geringer ist als die aus einer eben so grossen Schnitt- oder Hiebwunde. — Die Gerinnung des Blutes in einer Wunde beginnt gewöhnlich von aussen her und setzt sich in dem verletzten Gefiiss bis zu dem nächsten massig starken Seitenaste fort. Der ßlutpfropf füllt den Raum des Gefässes nicht immer ganz vollständig aus und hängt mit dem Ende des letztern zuerst nur lose zusammen; sehr bald aber entsteht in Jem Gelasse an der verletzten Stelle und bald mehr, bald weniger tief in dasselbe hineingehend eine Entzündung und hierdurch Ausschwitzung von Faserstoff. Dieser bewirkt eine Verbindung der Wundränder unter einander wie auch des Blutpfropfs mit der innern Fläche des Gefässes. Hierdurch wird eine feste Verwachsung in Zeit von 4'—8 Tagen herbeigeführt und später schliesst sich gewöhnlich das Gelass bis zu dem nächsten Seitenzweige gänzlich, nachdem das ergossene Blut wieder aufgesaugt -worden ist. Geschieht dies an einein grössern Gefiissstamme, so dehnen sich fast immer die Seitenzweige in der Nähe der früher verletzten und nun verwachsenea Stelle allmälig mehr aus, treten mit den Seitenzweigen von dem andern Ende her in Verbindung und vermitteln hierdurch die Wiederherstellung des Kreislaufes, der Ernährung u. s. w.
Bei bloss theilweiser und kleiner Verletzung der Blutgefässe geschieht es oft, dass ein Blutpfropf sich äusserlich auf die Gefasswunde legt, dieselbe verstopft und die Blutung stillt, und dass später die Heilung der Wundränder stattfindet, ohne dass das Innere des Gefässes, wie eben beschrieben, bleibend versiopft wird. Diese Heilung erfolgt zuweilen nur an der äussern oder zelligen Haut der Gefässe, während die innere grösstentheils offen bleibt; in andern Fällen heilt dagegen nur die innere und mittlere Haut wieder zusammen. Im erstem Falle tritt zuweilen nachher noch Blut unter die äussere Haut, erweitert dieselbe und bildet hierdurch die sogenannten falschen Blut- und Pulsadergeschwülste.
Bei allen bloss durch einen Blutpfropfen verschlossenen Gefass-wunden kann bei eingetretener Eiterung der Blutpfropf erweicht oder durch den Eiter abgelöst werden, und dadurch eine Wiederholung der Blutung, eine sogenannte Nachblutung, eintreten.
Aus verletzten grösseren Gefässen, wenn die Wunde in ihnen nicht sehr klein ist, dann, bei queren und schiefen Wunden der Gefässe, bei solchen, wo die Trennung nur unvollständig oder wo sie mit Substanzverlust in den Gefässwänden verbunden ist, und wo nicht dicke Muskeln neben den Gefässen liegen, stillen sich in den meisten Fällen die Blutungen entweder gar nicht von selbst oder dies geschieht zu spät, nachdem die Thiere bereits durch den Blutverlust sehr geschwächt sind. Es ist deshalb nöthig, in allen solchen
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Fällen, wo die Blutung entweder wegen der Stärke des verletzten Gefasses oder wegen der Beschaflenheit der Wunde und dem Orte derselben eine bestimmte Aussicht zur freiwilligen Stillung nicht gewährt, die künstliche Blutstillung ohne Zeitverlust zu bewirken. Die Mittel hierzu sind 1) Druck (Compression) an der äussern Fläche des verletzten Theils im Verlauf der blutenden Gefässe; 2) kaltes Wasser; 3) die sogenannten styptischen Mittel; 4) die Tamponation; 5) die Unterbindung; 6) das Zudrehen der blutenden Gefässe; 7) die Gelassdurchschlingung und 8) das Glüheisen.
Nach der Anwendung des einen oder des andern Blutstillungsmittels bildet sich in dem verwundeten Gefässe ein Thrombus und dann Verwachsung, ganz auf dieselbe Weise, wie im Vorstehenden angegeben ist. Im Besonderen ist Folgendes über sie zu bemerken:
1. Durch einen auf die Haut über dem verletzten Gefäss angebrachten Druck hindert man den Zufluss des Blutes in demselben zu der Wunde und ist somit im Stande, die Blutstillung dadurch für einige Zeit zu bewirken. Es versteht sich dabei von selbst, dass man zunächst in der Wunde erforschen muss, von welcher Seite her die Blutung stattfindet und ob dieselbe aus Arterien oder Venen kommt, worauf man dann den Druck an der entsprechenden Seite der Wunde anbringt. Dies geschieht entweder auf die Weise, dass man um das ganze Glied bloss ein Band massig fest anlegt, oder auch, dass man unter das Band gerade über dem Gefäss einen Ballen von Werg oder Leinwand oder von einem ähnlichen Material legt, oder auch, dass man das sogenannte Tourniquet1) applizirt, oder endlich, dass man mit den blossen Fingern den Druck an der betreffenden Stelle bewirkt. Auf die erstere Weise kann man besonders an den Glied-maassen sehr leicht in den Fällen, wo Gefahr im Verzüge ist, die Blutung sicher stillen, allein es wird durch das umgelegte Band nicht bloss das blutende Gefäss zusammengedrückt, sondern dies geschieht auch mehr oder weniger an sämmtlichen übrigen Gefässen und an
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1) Das Tourniquel oder die Ader presse ist ein Instrument, durch welches man, je nachdem es construirt ist, entweder nur auf den Stamm eines Gefasses oder auch zugleich kreisförmig um das ganze Glied einen Druck ausübt. Die für die erstere Wirkung bestimmten bestehen aus einem Gestell von Metall mit einer Schraube oder mit Schnallen, aus einem Druckpolster (Pelotta) und aus einem starken Bande oder Riemen. Das Gestell ist nach den Angaben verschiedener Chirurgen (Petit, Savigni, Rust u. A.) in verschiedener Form gearbeitet. Die Pelotte wird auf den Stamm des blutenden Gefasses, ihr gegenüber das Gestell an das Glied gelegt, so dass das Band über die Pelotte an beiden Seiten des Gliedes zum Gestell geht, hier befestigt, und dann durch das Drehen der Schraube kürzer angezogen, bis der erforderliche Grad des Drucks erreicht ist. — Die Tourniquets der zweiten Art bestehen aus einer Platte von starkem Leder und zwei länglichen Oeff-nungen, aus einem starken Bande, einem Druckpolster und aus einem hölzernen Knebel. Das Polster wird auf das Gefäss, die Platte ihm gegenüber an das Glied, der mittlere Theil des Bandes über das Polster gelegt; die Enden werden seitlich um das Glied durch die Oeffnungen der Platte nach aussei! geführt, hier zusammengebunden und mittelst des Knebels bis zum gehörigen Grade zusammengeschnürt.
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den Nerven, und in Folge dessen tritt Stockung in der ganzen Circulation, Ertödtung des Gefühls und beim längern Liegenbleiben des Bandes der Brand ein. Dieser üblen Nebenwirkung wegen darf man dies Verfahren stets nur als ein vorübergehendes Nothmittel benutzen, bis man anderweitige Hilfsmittel zur Blutstillung in Anwendung gebracht hat. Zuweilen benutzt man dies Verfahren auch zur Verhütung störender Blutungen bei chirurgischen Operationen für die Dauer der letztern, z. B. bei der Ausschälung des Hufknorpcls. #9632;— Das Verfahren auf die zweite Weise ist weniger nachtheilig, als das eben besprochene, weil es neben dem unter die Binde gelegten Ballen einen Theil der Haut von dem Druck frei lässt; bei längerer Dauer treten aber auch hier die genannten üblen Folgen ein, und deshalb ist das Verfahren auch nur als augenblickliches Nothmittel brauchbar. — Die Benutzung der Tourniquets ist in der Thierheilkunde nicht gebräuchlich, allein dieses mechanische Hilfsmittel verdient vor dem blossen Umbinden eines Bandes den Vorzug, weil es in der Regel die Compression nur an zwei Punkten des Gliedes bewirkt, die übrigen Theile desselben von dem Druck frei lässt, deshalb weniger Nachtheil bringt, selbst wenn dasselbe durch einige Stunden liegen bleiben müsste. Für die Dauer ist jedoch die Anwendung ebenfalls nicht zulässig. #9632;— Die Compression mit den Fingern ist bei ruhigen Thieren, und wenn man einige Gehilfen bei der Hand hat, welche sich gegenseitig ablösen können, zweckmässiger, als die vorigen Methoden, jedoch ebenfalls nur ein provisorisches Mittel und aussevdem sehr ermüdend, so dass ein Gehilfe dasselbe nicht lange auszuführen vermag, und bei unruhigen, sehr empfindlichen und widersetzlichen Thieren ist dasselbe gar nicht zu benutzen. — Es lässt sich übrigens für alle Fälle nicht genau vorschreiben, wie stark der Druck auf die eine oder die andere Weise erzeugt werden soll, sondern man muss dies hauptsächlich nach dem blutstillenden Erfolge des bisher angewendeten Drucks bemessen. ') 2. Durch die auf die Verletzungsstelle applizirte Kälte wird die Gerinnung des Bluts beschleunigt, zugleich die Zusammenschrumpfung der Gefässwände und der umliegenden Weichgebilde hervorgerufen und dadurch die Blutstillung da, wo nur kleine Geiasse bluten, schnell bewirkt; bei grossen Gelassen und bei grossen Wunden in denselben ist jedoch dieses Agens zur Blutstillung nicht ausreichend. Als das beste Vehikel der Kälte ist das einfache Wasser, oder allenfalls verstärkt durch Zusatz von Schnee oder klein zerklopftem Eis zu benuz-zen. Die Anwendung geschieht mittelst eines Schwammes oder Lappens, welchen man in dem Wasser tränkt und unmittelbar über der Wunde wieder ausdrückt, oder auch durch sanftes Aufgiessen des Wassers auf die Wundfläche. Das Mittel hat vor den in ähnlicher Weise wirkenden styptischen Mitteln den Vorzug, dass es die Reizung in den verwundeten Theilen vermindert, nicht aber wie die letzteren sie vermehrt und verunreinigt. Das kalte Wasser verdient daher in allen Fällen, wo man die Heilung der Wunde durch schnelle Ver-
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1) Ein durch Druck blutstillendes Mittel sind auch die Kluppen oder Klammern, welche jedoch nur bei dem Kastriren gebraucht werden.
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einigung bewirken will, den Vorzug vor den übrigen Mitteln, vorausgesetzt, dass die Blutung durch dasselbe zu bezwingen ist.
3.nbsp; nbsp; Die styptischen Mittel sind solche, welche vermöge ihrer chemischen Eigenschaften eine schnelle Coagulation des Blutes und eine starke Zusammenschrumpfung der Gefässe u. s. w. bewirken können, wie z. B. die Säuren, die verschiedenen Vitriole, der Alaun, Gerbsäure (Tannin), Creosot, das Rabeische Wasser, Thedens Schusswasser (die sogenannte Arquebusade), salzsaures Eisen u. dgl. Diese Mittel wirken etwas kräftiger als das kalte Wasser, sind jedoch för sich allein zur Stillung grosser Blutungen nicht ausreichend und sie haben noch die unangenehme Nebenwirkung, dass sie die Wunde verunreinigen und in einen abnormen Reizungszustand versetzen. Sie passen deshalb nicht in den Fällen, wo die Wunde durch schnelle Vereinigung geheilt werden soll. Ihre Anwendung geschieht entweder auf die Weise, dass man sie unmittelbar und bald mehr, bald weniger oft wiederholt in die Wunde giesst, oder dass man sie mil einem Wergballen in die Wunde bringt und so zugleich durch Druck mittelst einer Binde, durch Zunähen der Wunde u. dgl. in der blutstillenden Wirkung unterstützt.
Zu den styptischen Mitteln rechnet man auch, obgleich nicht ganz mit Recht, einige pulverige Substanzen, welche durch Absorption des Blutes und durch Verdickung desselben die Bildung eines Blutpfropfes und das festere Ankleben desselben an die Wundfläche befördern, wie z. B. Stärkemehl, Mehl, arabisches Gummi, Colopho-niiuii, aus Gemengen dieser Substanzen mit Vitriolen u. dgl., wie z. B. ein von Bonafoux empfohlenes Gemenge aus 2 Theilen pul-verisirten Colophoniums, aus arabischem Gummi und Holzkohle, von jedem ein Theil. Diese Mittel sind nur bei Blutungen aus kleinen Gefässen, namentlich bei den sogenannten parenehymatösen Blutungen wirksam; sie müssen immer dick auf die verletzte Stelle aufgestreut und, wo es anzubringen ist, mittelst eines Verbandes von Werg und einer Binde in ihrer Lage erhalten und in ihrer Wirksamkeit durch gelinden Druck unterstützt werden. Bei solchen Wunden, welche durch schnelle Vereinigung geheilt werden sollen, sind diese Mittel im Allgemeinen nicht anwendbar; doch finden sich Ausnahmen hiervon, wenn die Blutung nach Anwendung dieser Mittel bald sich stillt, und wenn die letzteren nach Verlauf etwa einer bis zwei Stunden durch kaltes Wasser wieder entfernt werden und die Wunde dann als eine reine Wunde zur Vereinigung ziemlich geeignet wird.
4.nbsp; nbsp; nbsp;Die Tamponation besteht darin, dass man die vorher so viel als möglich gereinigte Wunde mit einzelnen Ballen oder Polstern (Tampons) von Werg oder Charpie, oder von Baumwolle, Lerchen-schwamm. Zunderschwamm oder Bovist vollständig ausfüllt und diese Substanzen mittelst einer um den verletzten Theil gelegten Binde festhält. Die Tampons müssen von reinem und weichem Material gemacht und massig fest zusammengewickelt oder zusammengedrückt werden, weil sie, wenn sie zu locker sind, zu viel Zwischenräume enthalten, durch welche das Blut nach aussen hervorsickert, so dass der Zweck nur unvollständig oder gar nicht erreicht wird; denn die Wirkung beruht hier lediglich in dem Druck, welchen die Tampons
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auf die V\ undfläche und auf die verletzten Gefasse ausüben. Zuweilen beabsichtigt man den Druck auf nur einen Punkt in der Wunde auszuüben. In diesem Falle legt man auf die Stelle, aus welcher die Blutung stattfindet, einen kleinen Tampon, auf diesen einen zweiten, welcher etwas grosser ist, dann noch einen grössern und so fort bis zur Höhe der Hautränder, so dass die sämmtlichen Tampons in der Wunde einen auf seiner Spitze ruhenden Kegel darstellen. In manchen Fällen befeuchtet man die Tampons mit den oben bezeichneten styptischen iMitteln oder mit einem klebenden Pulver, um so die blutstillende Wirkung noch sicherer herbeizuführen. — Die Tamponation ist leicht ausführbar und mehrentheils in ihrem Erfolge sicher, besonders wenn unter dem blutenden Gefäss ein harter Theil liegt; sie hat aber stets die üble Nebenwirkung, dass sie die Wunde durch einen fremden Körper verunreinigt und reizt und hierdurch die schnelle Vereinigung hindert; sie findet daher ihre besondere Anwendung nur in den Fällen, wo die Blutstillung durch andere Mittel nicht schnell genug zu bewirken, namentlich das blutende Gefäss nicht zu erreichen ist oder wo viele Gelasse bluten, und wo die Wunde ausserdem nach ihrer Beschaffenheit durch Eiterung geheilt werden muss.
Wenn eine Blutung durch Tamponation gestillt worden ist, muss der Verband, je nach der Stärke der verletzten Gefässe und nach den übrigen Umständen, während 1—3 Tagen liegen bleiben und es darf während dieser Zeit nur die Binde lockerer gemacht werden, um die Nachtheile zu verhüten, welche durch ein andauerndes, zu festes Liegen derselben herbeigeführt werden könnten. Nach der angegebenen Zeit nimmt man die oberflächlich liegenden Tampons weg, erweicht die tiefer liegenden mit lauwarmem Wasser und entfernt sie dann so sanft als möglich, mit Vermeidung jeder heftigen Zer-i'ung, weil sonst der Blutpfropf gestört und eine neue Blutung veranlagst werden könnte. Dieser Ursache wegen darf auch die Wunde nicht sogleich gründlich gereinigt werden, sondern man verbindet sie mit neuen Wergtampons, fährt am andern Tage u. s. w. damit fort und erwartet dabei das Eintreten des Eiterungsprozesses. Bei dem Abnehmen des ersten, des zweiten und zuweilen auch des dritten Verbandes findet man in tamponirten Wunden stets einen üblen, fauligen Geruch, bald mehr bald weniger stark. Derselbe entsteht nur durch Zersetzung des in der Wunde hin und wieder in den Vertiefungen befindlichen Blutes und hat daher keine üble Bedeutung.
5. Die Unterbindung (Ligatura s. Ligatio vasorum) besteht in dem Zusammenschnüren der Wände eines Gefässes durch ein um dasselbe herumgelegtes Band. Dieselbe kann in zweierlei Weise ausgeführt werden, nämlich a) als isolirte oder unmittelbare und b) als die mittelbare Unterbindung oder die Unterbindung mit Substanz. — Bei der erstem erfasst man das Ende des blutenden Gefässes mit einer Pinzette oder mit einem Aderhäkchen ') und zieht
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') Die Pinzetten können einfach oder mit einer Vorrichtung zum Schlies-sen, nach Graefe, Rust, Fricke u. A. versehen sein. Jede gut-schlies-sende, aber nicht mit scharfen Zähnen versehene Pinzette ist dazu brauchbar.
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es hiermit sanft hervor. Ein Gehilfe führt dann, je nach der Grosse des Gefässes, einen einfachen Faden oder ein breiteres oder ein rundes Bändchen •) über das hervorgezogene Geiass, bildet aus dem Bändchen eine einfache Schlinge und schnürt dieselbe auf dem Ge-fäss so fest zu, dass die Wandungen sich im Innern gegenseitig fest berühren und dass selbst die innere Gefässhaut dabei zerrissen wird. Oder man verfährt auf die Weise, dass man auf der Pinzette oder auf dem Haken eine oder einige Schlingen vorbereitet legt, ehe man das Geiass ergreift, und schiebt sie dann, wenn letzteres geschehen ist, auf das Gefäss herab und schnürt sie nun vollständig zusammen. Die Unterbindungsfäden müssen dann noch einmal gegenseitig unter einander durchgesteckt und hierauf fest zugezogen werden, so dass ein fester Knoten auf der ersten Schleife entsteht. Hierauf wird das eine Ende nahe an dem Knoten abgeschnitten, das andere bleibt aber gewöhnlich in der Länge, dass es bis zu den Hauträndern der Wunde reicht. In manchen Fällen, namentlich bei der Unterbindung von Blutgefässen an Eingeweiden schneidet man beide Enden der Ünter-bindungsfäden nahe am Knoten ab, weil hier die Schlinge (Ligatur) nicht nach aussen abgestossen werden kann.
Bei der Unterbindung mit Substanz ergreift man mittelst der Pinzette oder des Hakens oder im Nothfalle mittelst der blossen Finger das blutende Gefäss zugleich mit den ihm cohärirenden anderen Weichgebilden, z. B. Zellgewebe, Muskelfasern, Nerven u. s. w. und legt den Unterbindungsfaden oder das Band um diese Theile sämmt-lich herum, so dass dieselben von der Ligatur zugleich mit betroffen werden. In denjenigen Fällen, wo das blutende Gefäss nicht zu erfassen ist, weil es sich zu sehr zwischen die Muskeln zurückgezogen hat, ist man genöthigt, die Stelle, wo die Blutung stattfindet, mit einer krummen Wundheftnadel und mit einem Faden zu umstechen, und dann die umstochene Masse mit den Fadenenden zu umbinden und einzuschnüren, wo dann das blutende Geiass in der Regel mit ergriffen und laquo;omprimirt wird. Bei der mittelbaren Unterbindung wirkt die Ligatur stets weniger sicher auf die Gefässwände, als bei der Unterbindung des isolirten Gefässes, ausserdem werden aber auch sehr häufig Nervenfaden mit zusammengedrückt, dadurch heftige Schmerzen, Krämpfe und zuweilen selbst der Wundstarrkrampf herbeigeführt; auch entstehen leicht Nachblutungen dadurch, dass bei
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Der beste Adcrhaken ist der £ e 11 sehe, von Graefe verbessert. Er ist am Ende des Stiels fast in einem halben Kreise sebogen, an der Spitze haarfein, an der vordem Fläche des Stiels mit einer kleinen, hohl aufliegenden Feder versehen, in welcher die Unterbindungsschllnge vorbereitet liegen kann. Die Pinzette macht jeden Arterienhaken entbehrlich.
1 ) Man unterscheidet runde und platte Ligaturblättchen. Die ersteren sind einfache Zwirn- oder Seidenfäden, oder Bindfäden von verschiedener Dicke, — oder auch Darmsaiten; die anderen sind wirkliche Bändchen von Zwirn oder Seide, oder mehrfache glatt zusammengelegte Fäden. Alle müssen glatt, ohne Knoten und am besten mit Wachs bestrichen sein. Die Darmsaiten hielt man besonders geeignet, weil sie aus thierischem Stoff bestehen; die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Eigenschaft ohne besondern Nutzen ist.
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eingetretener Eiterung die innerhalb des Bandes befindlichen Theile. zusammenschrumpfen und dadurch die Schlinge locker wird und ihre Wirkung nicht mehr ausübt.
Hieraus ergiebt sich, dass die Unterbindung des isolirten Gefas-ses stets der Unterbindung mit Substanz vorzuziehen ist.
In manchen Fällen ist das blutende Gefäss weder mit Instrumenten, noch mit den Fingern zu ergreifen, weil entweder die Wunde zu eng, das Gefäss zu sehr in der Tiefe liegend, oder auch im Falle es ganz durchtrennt ist, seine Enden sich zu sehr zurückgezogen haben. Wenn in einem solchen Falle dennoch die Unterbindung geschehen soll, so ist es nöthig, durch geeignete Kunstschnitte das Gefäss so weit bloss zu, legen, dass man es erfassen und unterbinden kann. Man muss hierbei einerseits mit möglichster Schonung der umgebenden Theile, so wie andererseits mit Rücksicht auf die Form und Beschaffenheit der Wunde, in sofern dieselbe für eine Art der Heilung, besonders für die schnelle Wiedervereinigung geeignet ist oder nicht, zu Werke gehen. In ersterer Hinsicht wählt man, wenn nicht andere Umstände dem entgegenstehen, für den zu machenden Einschnitt diejenige Seite der Wundränder, welcher das verletzte Gefäss am nächsten liegt, und bei dem Schnitt selbst schont man hier liegende andere Geßsse, Nerven, Drüsen u. s. w., so dass so viel als möglich nur Haut, Zellgewebe und Muskeln getrennt werden. In Beziehung auf die zweite Rücksicht sucht man bei diesen Schnitten zugleich der Wunde eine solche Form zu geben, bei welcher der Ausfluss des Wundsekrets vollständig und leicht stattfindet, wobei zugleich die Spannung in halb getrennten Theilen aufgehoben wird und etwa vorhandene fremde Körper leicht entfernt werden können. Die Länge der zu machenden Schnitte lässt sich für alle Fälle nicht genau bestimmen, sie muss aber so sein, dass das blutende Gefassende sicher erfasst und gegen 4gt;—6 Linien weit hervorgezogen werden kann.
In denjenigen Fällen, wo ein nicht völlig durchtrenntes Gefäss blutet und also dessen Enden sich nicht von einander zurückziehen können, ist es nöthig, nach angelegter Ligatur das Gefäss an der verwundeten Stelle völlig durchzuschneiden, damit eben die Zurückziehung der Enden geschehen könne und die sonst bestehende Spannung des Gefässes aufgehoben werde. Geschieht dies nicht, so muss man fürchten, dass zur Zeit der eingetretenen Eiterung die mit der Unterbindung versehene Stelle des Gefässes durchreisst, ehe noch eine vollständige Verwachsung im Innern erfolgt ist, und dass somit eine Nachblutung eintreten könne.
Bei solchen Gefässen, welche mit anderen anastomosiren, wie namentlich die Carotiden, die Gaumenarterien, die Schilddrüsenarterien, die Wirbelarterien, die Zwischenrippenarterien, die inneren Brustarterien, zum Theil auch die vorderen und hinteren Bauchdeckenarterien, die umflochtenen Arterien des Schultergelenkes, die Zwischenknochenarterien an den Gliedmaassen, ist es nöthig, eine Ligatur vor oder hinter der verwundeten Stelle au das Gefäss zu legen und dasselbe dann ebenfalls an dieser Stelle zu durchtrennen; wenn aber diese Durchtrennung schon bei der Verletzung selbst ge-
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Wunden im Allgemeinen. Blutstillung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 345
schehen ist, muss jedes Ende des verletzten Gefasses fur sich unterbunden werden.
Sind in einer Wunde mehrere Gefässe unterbunden, so lege man die Enden der sämmtlichen Ligaturen in den einen oder in den andern Wundwinkel; ist aber eins der Gefässe von besonderer Wichtigkeit, oder soll die Ligatur an ihm längere Zeit liegen, so bezeichnet man dasselbe, z. B. durch einen Knoten in dem heraushängenden Unterbindungsbande, oder man legt es an eine besondere Stelle fur sich allein.
Die Wirkung der Ligaturbänder ist nicht unter allen Umstäudan ganz gleich, sondern sowohl von der breiten oder runden Form und von der Starke des Bandes und zum Theil auch von der Kraft abhängig, mit welcher man dasselbe auf dem Gefäss zusammenschnürt. Runde Ligaturfaden schneiden stets mehr in die Gefasssubstanz ein, als die breiten, welche letzteren nur die Gefasswunde auf einer, der Breite angemessenen Länge an der Innern Fläche in gegenseitige Berührung bringen; je feiner eine runde Ligatur ist, um desto mehr schneidet sie ein. Es wird dabei aber merkwürdiger Weise die äus-sere oder zellige Haut der Gefässe nur sehr wenig eingeschnitten, dagegen bei Arterien stets die innere oder glatte Haut und gewöhnlich auch die mittlere oder fibröse Haut bald theilweise, bald vollständig durchschnitten. Je stärker die Kraft dabei in Anwendung kommt, um desto mehr geschieht dies. Nach einigen Stunden entwickelt sich an der Unterbindungsstelle Entzündung, welche sich eine kleine Strecke weit im Verlaufe des Gefasses fortsetzt und Ausschwitzung und Verwachsung zur Folge hat. Je nach der Grosse der Gefässe erfolgt die Verwachsung in Zeit von drei bis sechs Tagen. An der Unterbiudungsstelle selbst entwickelt sich nach etwa drei Tagen Eiterung, welche sehr ungleich, bei kleinen Gefässen etwa bis zum fünften, bei grossen bis zum zehnten bis vierzehnten Tage dauert und dann mit Abstossung des ausserhalb der Unterbindungsschlinge liegenden Theils des Gefasses und ebenso mit Ablösung dieser Schlinge selbst endet. Diese Entfernung ist durchaus nothwendig, ehe die Wunde sich schliesst, weil die letztere sonst wieder aufbricht und sich Fistelgänge bilden.
Die Ligatur ist auf die eine oder die andere Weise in den meisten Fällen ausfuhrbar und die Unterbindung der isolirten Gefasses hindert die schnelle Vereinigung der Wunden nicht, da der Ligatur-faden dieselbe nur sehr unbedeutend auf einer kleinen Stelle verunreinigt. Dabei ist sie im Vergleich zu den übrigen Blutstillungsmitteln bei grossen wie bei kleinen Gefässen verhältnissmässig das sicherste; doch kommen auch mitunter Nachblutungen vor, und zwar, wie bereits oben erwähnt, bei der Unterbindung mit Substanz häufiger als bei der isolirten Unterbindung. Sie entstehen in manchen Fällen dadurch, dass die Unterbindungsschlinge nicht gehörig fest zusammengezogen ist und dann nicht genügend wirkt, oder dadurch, dass ein zu dünner Unterbindungsfaden die Gefässwände zu früh durchschnitten, oder dadurch, dass die Gefasswände krankhaft mürbe sind und an der Unterbindungsstelle deshalb zu früh durchreissen
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oder gleichsam durchbrechen; und zuweilen reissen sich die Thiere auch die Unterbindungsfadeu selbst ab.
6. Das Zudrehen oder Drillen (die Torsion oder das Tor-quiren) der Blutgefasse besteht in dem Zusammendrehen getrennter Gelassenden um ihre Längenachse bis zu dem Grade, dass die Ge-fasswände stellenweis in Spiralfalten eng in einander gedreht, dabei theilweise zerrissen und dadurch in ihrem inneru Lumen verschlossen werden. Die Anwendung dieses Verfahrens zur Blutstillung gründet sich auf die Beobachtung, dass gerissene Wunden in der Regel viel weniger bluten als Wunden, welche durch Schneiden mit Instrumenten erzeugt worden sind. Die Blutstillung kann hierdurch in allen den Fällen ausgeführt werden, wo die Unterbindung gemacht zu werden pflegt, sie hat aber vor derselben den Vorzug, dass sie keine fremde Substanz in die Wunde bringt, dass auch keine Eiterung zu entstehen braucht, dass somit die schnelle Vereinigung ohne irgend ein Hinderniss zu Stande kommen kann. Das Zudrehen kann in dreifacher modification ausgeführt werden, nämlich: 1) als einfache Drehung eines Blutgelasses, ohne weitere Vorbereitung und ohne Fixirung desselben; 2) als Drehung des Gelasses mit Fixirung desselben durch eine quer über das Gefäss gelegte Pinzette oder Korn-zauge; und 3) als Drehung mit Fixirung des Gefässes und Zurückschiebung seiner inneren und mittleren Haut. Ausserdem tritt auch darin noch eine Verschiedenheit ein, dass man das Ende des ergriffenen Gefässes entweder blos zusammendreht, oder das man dasselbe vollständig abdreht.
Die erste Art der Zudrehung bewirkt man, indem man mit einem Pinzette das Geiassende in seiner Längenrichtung an zwei einander gegenüberstehenden Punkten der äussern Fläche ergreift, es möglichst stark zusammendrückt und es einige Linien weit hervorzieht und dann es, wenn es ein grösseres Gefass ist, von dem umgebenden Zellgewebe trennt, so dass es eine ganz reine Ausscnfläche zeigt. Bei kleinen und bei völlig frei hervorstehenden Gefässen ist dieses Abtrennen nicht nöthig. Hierauf dreht man die Pinzette mit dem Gefäss zwischen dem Daumen und Zeigefinger beider Hände um die Längenachse des Gefässes so lange, bis man ein gelindes Knacken, welches von der Zerreissung der Gefasshäute entsteht, hört; worauf man entweder das spiralförmig zusammengedrehte Gefassende während etwa einer Minute noch festhält und es dann frei lässt; oder man setzt das Drehen so lange fort, bis das Ende des Gefässes vollständig abgedreht ist. Bei diesem einfachen Verfahren wird zwar das Geiassende verschlossen und die Blutstillung bewirkt, allein die Drehung setzt sich immer zu tief an dem Gefäss entlang fort, gewöhnlich bis zum nächsten grossen Seitenzweige und es entsteht dadurch Zerrung und Quetschung mehr als nöthig ist und deshalb wählt man lieber das zweite Verfahren. #9632;— Bei demselben wird das Geiassende mit einer Pinzette eben so ergriffen und hervorgezogen, wie angegeben ist. Hierauf legt man eine zweite Pinzette etwa 6 bis 8 Linien weit hinter der ersten, quer über das Gefäss, drückt dasselbe fest zusammen, fixirt es, und macht dann die Drehung mit der ersten
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Pinzette, wie angegeben ist. Durch das Fixiren mit der aweiten Pinzette erhalten die Drehungen des Gelasses an der letzteren eine Begränzung, so dass'Drehungen und Zerrungen tiefer hinein vermieden werden; ausserdem legen sich die Spiralfalten des Gefässes hierbei auch enger zusammen und die Verschliessung desselben durch sie erfolgt fester; allein das Drehen verlangt mehr Kraft und dabei weniger Schnelligkeit als bei der ersten Methode, wenn der Zweck sicher erreicht werden soll. #9632;— Bei dem dritten Verfahren benutzt man zu dem Fixiren eine Pinzette, deren Arme am vorderen Ende fast prismatisch geformt oder an der inneren Fläche mit einer massig scharfen, hervorstehenden Kante versehen sind, so dass das zwischen die beiden Arme gelegte Gefäss von beiden Seiten gleichsam eiuen Eindruck erhält; mit einer zweiten Pinzette findet das Drehen des Ge-fässendes um seine Längenachse eben so statt, wie vorhin angegeben ist. Während des Drchens zerreisst die innere und mittlere Gefäss-haut an der Stelle, wo jene Pinzette quer über das Gefäss liegt, und diese Häute stülpen sich bei dem fortgesetzten Drehen nach dem Lumen des Gefasses zu um und verschliesseu dasselbe theilweis, so dass sich hier sehr leicht ein Blutpfropf bilden und die feste Verschliessung des Gelasses um desto schneller und sicherer erfolgen kann. .
7. Die Durchschlingung der Blutgefässe. Dieselbe wird bewirkt, indem man das völlig getrennte Gefässende mit einer Pinzette hervorzieht, es mit einer zweiten Pinzette etwa f bis 1 Zoll vom Ende entfernt breit drückt, dann an einem Seitenrande des Gefasses einen durch beide Wände desselben dringenden Längenspalt macht, durch diesen Spalt eine feine Pinzette oder ein Häkchen steckt, hiermit das zu diesen Instrumenten umgebogene Gefässende erfasst und es durch den Spalt vollständig hindurch und nach der entgegengesetzten Seite zieht. Dabei ist es wesentlich, dass jener Längenspalt im Gcfässe vom Endrande desselben wenigstens so weit entfernt sein muss, als das Gefäss breit ist, und dass die Länge des Spaltes selbst ein wenig kürzer ist als die Breite des Gefasses. Der schmale Streif von Gefässwand, welcher neben dem Spalt an dem einen Seitenrande bleibt, bildet gleichsam ein Band, durch welches die durch den Spalt hindurchgelührten Gefässhäute zusammengeschnürt werden und wodurch die Blutung sicher gestillt wird, wenn der Spalt nur die bezeichnete Grosse besitzt und die Operation überhaupt recht gut ausgeführt worden ist. Der Vortheil dieses Verfahrens im Vergleich zu den übrigen Blutstillungsmitteln besteht darin, dass die Verschliessung der blutenden Gefässe mittelst ihrer eigenen Substanz geschieht und dass dabei die Vitalität der Gefässhäute äus-serst wenig leidet, daher auch keine Eiterung eintritt und die schnelle Vereinigung sogleich stattfinden kann.. Allein die Gelassdurehschliu-gung verlangt bei der Ausführung die grösste Accuratesse, wenn sie gelingen soll; letzteres ist oft vom Zufall, z. B. von der Unruhe des Thieres, abhängig, und bei in der Nähe ihres Stammes oder am Knochen durchtrennten Gelassen und eben so bei solchen Gefässen, welche weniger als 1—2 Linien dick sind, nicht ausführbar. (Siehe das Zudrehen der Blutgefässe und die Gefässdurchschlingung. Maga-
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zin fiir die gesanunte Thierheilkuude von Gurlt und Hertwig. Bd. I. S. 375.)
8. Die Blutstillung durch das Glüheisen beruht hauptsächlich auf der schnellen Umwandlung der organischen Substanz in einem an dem Gefässende und oft auch an den umgebenden Theilen festsitzenden Schorf, zum Theil auch auf der coagulirenden Wirkung des hohen Hitzegrades. Durch den letzteren wird das Blut zum Gerinnen gebracht und das Gefass etwas zusammengeschrumpft, durch den Schorf aber die Mündung des letzteren fest verschlossen. Dabei wird die Wunde in der Umgegend des getrennteu Gefasses bald mehr bald weniger gereizt, durch den Schorf verunreinigt und die Eiterung fast immer herbeigefiihrt. Das Glüheiseu ist, wenn die Application mit der nöthigeu Vorsicht und Vollständigkeit geschieht, in den meisten Fällen ein sicheres Blutstillungsmittel, allein oft gelingt es nicht oder nur sehr schwer, einen festen Schorf zu erzeugen, und ausser-dem hat man nie die Sicherheit darüber, wie fest der Schorf an allen Punkten des Gelassrandcs sitzt, und wie schnell derselbe sich bei der eintretenden Eiterung lösen wird? Geschieht dies zu früh, so tritt gewöhnlich eine Nachblutung ein. Trotz dieser Uebelstände wird das Glüheisen als Blutstillungsmittel häufig benutzt, namentlich in den Fällen, wo Gelasse sich stark zurückgezogen haben, oder auch wo mehrere Gefässe aus dem Parenchym eines Organs bluten und nicht zu erreichen sind, und daher die Unterbindung nicht ausführbar ist, die Tamponation aber wegen der Lage und weichen Theile nicht in Anwendung kommen kann. Man wählt zur Blutstillung stets ein weissglühendes Brenneisen, welches hinsichtlich seiner Form und Stärke der Weite und Form der Wunde entspricht und mit einer ganz glatten Oberfläche versehen ist. Um die letztere sicher zu erhalten, ist es zweckmässig, das eben aus dem Feuer kommende Brenneisen vor der Anwendung au/' das blutende Gefäss recht schnell an einem Stück Holz abzureiben und es hierdurch von den etwa anhaltenden Schlacken und von dem in der Hitze entstandenen Eisenoxydul zu befreien-, denn nur ein weissglühendes Brenneisen verkohlt die organische Substanz schnell und bildet hierdurch einen an der Oberfläche trockenen Schorf, während durch ein weniger heisses Eisen die organische Substanz gleichsam langsam gebraten und ein an der Oberfläche feuchter Schorf erzeugt wird, welcher leicht an dem Eisen haften bleibt, besonders wenn dasselbe rauh und uneben ist. Bei dem Brennen muss die Wunde vorher mittelst eines Schwam-mes und durch Compression von aussen her gegen das blutende Gefäss möglichst gereinigt werden, damit man das blutende Gefass sehen und die organische Substanz wirklich in den Schorf umwandeln könne, weil sonst nur allein das vorhandene Blut zu einem Gerinnsel gebracht, der Zweck aber nicht erreicht wird. — In manchen Fällen will es trotz aller Vorsicht nicht gelingen, einen festen Schorf zu erzeugen, trotzdem die Substanz des Gelasses und selbst der umliegenden Theile durch das Eisen bei oft wiederholter Berührung immer mehr und mehr schwindet. In solchen Fällen ist es zweckmässig, irgend eine Substanz, welche reich an KohlentoiT ist, z. B. kurz
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Wunden im Allgemeinen. Entfernung fremder Körper.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;349
geschnittene Haare, fein geraspeltes Horn, pulverisirten Zucker, oder desgleichen Colophonium, Harz, Pech, Oel oder Talg und dergleichen gegen 1 bis 2 Linien dick auf die blutende Stelle zu legen und dann das Eisen hierauf anzuwenden. Diese Substanzen bilden, indem sie verkohlen, in der Regel einen hinreichend festen Schorf. Etwa 3 bis 6 Tage nach geschehenem Brennen ßndet sich am Rande des Schorfes Eiterung ein, welche allmälig unter demselben weiterschreitet und ihn in etwa 8 bis 12 Tagen ablöst.
Die Blutstillung mag auf die eine oder die andere Weise bewirkt sein, so ist doch in allen Fällen hiernach die möglichste Ruhe des Thieres uöthig, um örtlich das Abstossen oder Abreissen der entstandenen Blutpfropfe, der Ligaturen oder des Schorfes zu verhüten, und Orgasmus und Blutandrang zu der verletzten Stelle zu vermeiden.
Die Entfernung fremder Körper aus den Wunden.
Die in eine Wunde etwa eingedrungenen fremden Körper verursachen in derselben, je nach Beschaffenheit und Grosse und nach der Art der von ihnen berührten Gebilde, bald mehr, bald weniger Druck, Reizung, Schmerz, zuweilen sogar den Starrkrampf, sind vermehren und unterhalten die Entzündung und die Eiterung, geben Veranlassung zu üppiger Granulation, hindern oft die Heilung, oder, wenn dieselbe erfolgt ist, verursachen sie zuweilen später eine neue Entzündung und ein Wiederaufbrechen der Wunde. In manchen Fällen senken sie sich in verschiedenen Richtungen und erzeugen dann später Beschwerden an anderen Stellen. Doch geschieht es auch zuweilen, dass ein fremder Körper, naincntlich eine glatte Kugel, von ausgeschwitztem Faserstoff wie in einer Kapsel eingehüllt, fast unschädlich wird und dann für immer ruhig im Körper bleibt; auch in Knochen eingedrungene Kugeln wachsen zuweilen in denselben fest. Jener übelen Wirkungen wegen müssen in der Regel die fremden Körper entfernt werden; die Entfernung geschieht entweder durch die Kunst oder durch die Natur, in letzterem Falle mittelst der Eiterung. Die künstliche Entfernung ist nöthig, wenn die Körper heftigen Schmerz und Krampf erzeugen, oder zu lange die Eiterung unterhalten. Die beste Zeil dazu ist immer entweder gleich nach der Verwundung, ehe Entzündung und Geschwulst einh-itt, oder später, wenn diese Zufälle vorüber sind.
Je nachdem die fremden Substanzen feste Körper oder flüssige, chemische, oder selbst giftige Substanzen sind, geschieht ihre Entfernung auf verschiedene Weise. Die letzteren werden entweder durch blosses Begiessen oder Befeuchten mittelst eines Schwammes mit kaltem Wasser, oder wenn die Substanz ätzend ist, wohl auch mit schleimigen Flüssigkeiten, mit Milch, mit Seifenwasser und dergleichen ausgespült, oder auch durch Einspritzungen dieser Flüssigkeiten mittelst einer Spritze beseitigt. Eben so eingedrungene Haare, kleine Strohstückchen und ähnliche leichte Substanzen. Sind es dagegen feste Körper, so kann man dieselben entweder mit einem Finger, oder wenn sie tiefer und in einem engen Kanal festsitzen, mittelst einer
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Wunden im Allgemeinen. Regulirung.
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hakenförmig gebogenen starken Sonde, oder der Pinzette, oder einer Koruzange, oder mittelst einer Kugelzange oder auch eines Kugelbohrers herausnehmen. Man sucht mit dem Finger oder mit diesen Instrumenten über und hinter die fremden Körper zu gelangen und zieht sie dann zu dem Eingänge der Wunde hin. Dabei ist es zweck-mässig, den verletzten Theilen eine solche Stellung zu geben, bei welcher dieselben möglichst erschlallt sind. In manchen Fällen gelingt die Entfernung der fremden Körper auf keine Weise, wenn nicht die V!S unde vorher an einer oder der anderen Stelle gehörig erweitert worden ist. Dies ist dann der Fall, wenn die fremden Körper eckig oder spitzig sind und sich irgendwo zwischen die Weichgebilde festgesetzt haben, oder wenn sie im Zellgewebe hinter Muskeln, Sehnen oder sehnigen Ausbreitungen sich nach abwärts gesenkt haben, oder endlich, wenn bereits heftige Entzündungsgeschwulst der verletzten Theile eingetreten ist. Durch den später eintretenden Eite-rungsprozess werden die fremden Körper immer bedeutend lockerer und ihre Entfernung wird dadurch verhältnissmässig erleichtert, und oft werden sie durch die vom Grunde der Wunde hervorwachsende Granulation allmälig bis an die Oberfläche der Wunde gebracht und ausgestossen. Wenn dies aber nicht geschieht, muss später doch noch die künstliche Entfernung bewirkt werden. Die Schnitte zur Erweiterung der Wunde müssen unter diesen Umständen ganz nach denselben Ilücksichten unternommen werden, welche bereits S. 334 bei Gelegenheit ber Erweiterung der Wunden für den Zweck der Blutstillung angedeutet worden sind; hinsichtlich der Länge und Tiefe der Schnitte hat man aber die Grössc des fremden Körpers zu beachten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .
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Die Regulirung der Form der Wunden.
Die Heilung der Wunden wird sehr häufig dadurch gestört und die üblen Zufälle werden dadurch oft sehr vergrössert, däss in manchen Wunden die Weichgebilde in einander entgegengesetzten Richtungen durchtrennt sind, so dass hierdurch eine ungleiche Zerrung in einzelnen Muskel- oder Sehnenbündeln, in Gefässen oder Nerven unterhalten wird, oder dass sich hinter den sehnigen Ausbreitungen, oder hinter Muskeln Höhich befinden, in welchen Blut, Eiter u. s. w. sich ansammeln und durch ihre Menge oder durch veränderte chemische Beschafl'enheit reizend auf die umgebenden Theile einwirken. In manchen Fällen hat auch die Wunde eine so ungleiche Form, dass einzelne Theile der Ränder nur noch sehr unvollständig mit der übrigen Körpermasse zusammenhängen, in Folge dessen sie nur unvollständig ernährt werden, erkalten, an der Oberfläche trocken und unempfindlich werden und hierdurch in kurzer Zeit gleichsam als fremde Körper auf die übrigen verwundeten Theile zurückwirken. Endlich sind auch die Wundränder zuweilen so uneben oder so verzerrt und umgebogen, dass eine gegenseitige Berührung bei dieser Beschafl'enheit unmöglich wird. In allen diesen Fällen ist es nöthig, vermittelst geeigneter Kunstschnitte die Form der Wunde in der Art
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Wunden im Allgemeinen. Nähte.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;351
umziiändci'ii, dass alle unvollstäudig getrennten Fasern, namentlich wenn dieselben hohl auf anderen Theilen liegen, vollständig durchtrennt werden, mit alleiniger Ausnahme grösserer Gefäss- und Ner-venzweige; ferner dass bei bestehenden Höhlen die Ränder derselben an der abhängigsten Stelle so tief eingeschnitten werden, dass ein freier und leichter Ausfluss der Wundsekrete hiernach stattfindet; eben so, dass grösstentheils abgetrennte und bereits völlig erkaltete oder trockene Lappen an der am geeignetsten erscheinenden Stelle vollständig abgelöst und endlich, dass unebene Wundränder so ausgeglichen werden, dass dieselben von beiden Seiten so vollständig als möglich sich mit einander vereinigen lassen. Die für diese Zwecke zu machenden Schnitte lassen sich in vielen Fällen mit den Erweiterungen der Wunde, welche in manchen Fällen zur Untersuchung der Wunde, zur Entfernung fremder Körper oder zur besseren Erreichung der verletzten Gefässe bei der Blutstillung nöthig sind, verbinden.
Die Vereinigung der Wundränder.
Eignet sich eine Wunde durch ihre oben (S. 336) angegebene Beschaffenheit zur schnellen Vereinigung, so kann man diese dadurch herbeiführen, dass man die Wundränder und Wundflächen in eine gleichmässige gegenseitige Berührung bringt und sie während der Heilungszeit in derselben erhält. Die Mittel hierzu bestehen vorzüglich: A. in den sogenannten blutigen Nähten, B. in Binden und klebenden Pflastern (der sogenannten trockenen Naht) und C. in einer zweckmässigen Stellung und Richtung der verletzten Theile.
A. Die blutigen Nähte werden vermittelst Nadeln und Fäden oder Bändchen an den Wundrändern gemacht, und zwar entweder auf die Weise, dass man die letzteren entweder nur mit einzelnen für sich bestehenden Heften versieht oder auch mit einer wirklichen fortlaufenden Naht zusammenfügt; durch die specielle Art, wie man diese Zusammenfügung auf die eine oder die andere Weise bewirkt, sind mehrere Formen von Nähten entstanden, von denen die wichtigsten folgende sind: 1) die Knopfnaht, 2) die Zapfennaht, 3) die Hasenschartennaht und •— 4) die Kürschnernaht.
1. Die Knopfnaht, Knotennaht oder Bundnaht (Sutura nodosa) ist die einfachste und in den meisten Fällen ausreichende Naht. Dieselbe ist überall zur Ausfuhrung geeignet, wo die verletzten Theile sich nicht zu stark von einander zurückgezogen haben, doch aber die Wunde in die Tiefe eingedrungen ist. Man braucht zu ihrer Ausfuhrung bei massig tiefen Wunden nur eine, bei sehr tiefen Wunden aber zwei gekrümmte Heftnadeln '), welche noch ein-
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') Die Heftnadeln oder Wundheftnadeln sind entweder krumm oder gerade. Letztere sind nur zum oberflächlichen Heften, erstere aber sind bei Wunden von jeder Grosse anwendbar. Sie bestehen aus gehärtetem Stahl, sind gut polirt, nach dem Abschnitt einer Kreislinie gebogen, an ihrem vorderen Dritttheil zweischneidig, an der convexen Seite glatt, an der concaven
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Wunden im Allgemeinen. Nähte.
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mal so laug, wie die Wunde tief ist, und angemessen breit sein müssen, ausserdem so viele Hellbändchen, als man einzelne Hefte an die VVuudränder anlegen will. Bei ihrer Anlegung kann man in zweierlei Weise verfahren, nämlich entweder so, dass mau eine Heftnadel quer durch beide Wundränder, den einen von ausseu und den anderen von innen her durchsticht, oder so, dass die Nadel durch jeden Wundrand in der Richtung von der Wunde nach aussen hin durchgeführt wird. Auf die erstere Weise operirt man bei oberilächlicheu, auf die letztere aber bei tiefen und weit klalleuden Wunden. Die Ausführung im letzteren Falle geschieht folgendermassen: Man druckt zuerst mit den Händen die beiden Wundränder sauft gegen einander, um zu sehen, wie die verletzten Theile zusammen passen. Dann nimmt man die mit dem Heftbändchen •) versehene Nadel in eine Hand, und zwar so, dass der Daumen auf die eingebogene oder concave, der Zeige- und Mittelfinger aber auf die convexe Seite zu liegen kommt. So gehalten sticht man sie in der Tiefe der Wunde durch den einen Wundraud von innen nach aussen hindurch, fädelt dann die Nadel au das entgegengesetzte Ende des Bändchens und sticht, dein ersten Einstichpunkt gegenüber, den zweiten W'undrand in derselben Weise von innen nach aussen durch. In gleicher Weise werden dann in der gehörigen Entfernung noch die übrigen Hefte,
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in der Mittellinie etwas verdickt und am Ende mit einer guten Spitze, an ihrem mehr cylinderischen Hintertheil mit einem Oehr versehen, dessen hin-terer Rand an beiden Seiten eine Furche besitzt, damit das Heftbändchen in derselben etwas vertieft liegen kann und somit bei dem Durchziehen durch die kleine, von der Nadel erzeugten Stichwunde weniger drückt. Sehr breite Nadeln müsssen ein Queröhr mit ähnlich vertieftem hinteren Rande besitzen. Die Grosse der Nadeln muss nach der Tiefe der Wunde, so wie nach der Dicke und Beschaffenheit der Wundränder verschieden sein, z. B. an Wunden der Augenlider und der Därme nur 1 Zoll lang, 1 Linie breit, £ Linie dick, dagegen zum Heften tiefer Muskelwunden nnd an der Bauchwand die sogenannten Bauchheftnadeln 4 bis 5 Zoll lang, 4 bis 6 Linien breit und am dicksten Theil 1 bis li Linien dick sein. — Die geraden Nadeln sind, bis auf die mangelnde Krümmung, eben so construirt. Man hat aber auch gerade Nudeln ohne Oehr aus Stahl, Messing oder selbst aus Silber, und zum Gebrauch bei der Hasenschartennaht bestimmt. Man kann hierzu sehr zweck-mässig gute Stecknadeln, besonders die bekannten Karlsbader Nadeln benutzen.
') Die Heftbändchen bestehen aus neben einander liegenden Zwirn- oder Seidenfäden, aus Spagatschnur, oder aus flachem Zwirn- und Seidenbänd-chen; sie müssen nach der Dicke und Zurückziehungskraft der Wundränder und nach der Stärke der Heftnadeln von angemessener Stärke sein, so z. B. zum Heften schlaffer Hautränder einfache oder doppelte Zwirnfäden zum Heften von grossen Muskelwunden aber sind acht- bis zwölffache Fäden, die wie Bändchen neben einander liegen, erforderlich, oder { bis J Zoll breite Bändchen. Runde Schnur ist überall weit weniger zweckmässig, weil sie einschneidet. Die Fäden der Bändchen sollen immer glatte Oberflächen haben, weshalb man sie mit Wachs bestreicht, wodurch zugleich die einzelnen Fäden zusammengehalten und gegen die Einwirkung des Eiters geschützt werden. Die Länge der Bänder ist nach der Art der Naht, so wie nach der Tiefe der Wunde und der Dicke der Wundränder verschieden.
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so viel deren je nach der Länge der \gt; unde nöthig sind, eingezogen, worauf man, nachdem die Wunde noclraquo; einmal gereinigt ist, beide Wundräuder durch Gehfllfen zusammendrücken lässt, und nun die beiden Enden eines jeden Heftes auf der Haut zuerst in eine einfache Schlinge vereinigt und dieselbe entweder mit einer aufzichbaren Schlinge oder auch mit einem festen Knoten schlicsst. — Bei ober-ilächlichen Wunden ist das Verfahren so, dass man die Nadel äusser-lich in der angemessenen Entfernung von der Wunde in die Haut eines Wundrandes einsticht, sie in die gehörige Tiefe hineiudrückt, durch den anderen gegenüberstehenden Vgt; undrand stösst und sie in gleicher Entfernung von der Wunde, wie der gemachte Einstich geschehen ist, durch die Haut auf dem zweiten VVundrande wieder hervorbringt. ]gt;as Ueftbändchen wird der Nadel nachgezogen, hieraul die letztere entfernt und dann weiter verjähren, wie vorhin angegeben worden ist.
2. Die Zapfennaht (Sutura clavata). Dieselbe ist, im Wesentlichen mit der Knopfuaht übereinstimmend, aus einzelnen Heften bestehend, jedoch mit dem Unterschiede, dass die Ueftbändchen äus-serlich nicht unmittelbar auf der Haut, sondern auf kleinen Stäbchen oder Cylindern, den sogenannten Zapfen liegen und daher auch nicht in die Haut einschneiden können, wie dies bei jener iNaht der Fall ist. Die Zapfennaht ist daher besonders zur Anwendung geeignet bei grossen und tiefen Wunden in weichen und muskulösen Theilen, die sich stark zurückziehen, und besonders bei Querwänden in denselben, wo das Ausreissen der Heftbändchen sehr leicht stattfindet, wie z. B. bei Querwunden in den Bauchwänden. Man gebraucht zur Anlegung dieser Naht ähnliche gekrümmte, aber etwas breitere und stärkere Heftnadeln, wie zur Kuopfnaht, flir jedes Heft ein dreifaches Heftbändchen und ausserdem die genannten Cylinder oder Zapfen. Die letzteren bereitet, mau aus lest zusammengewickelter Leinwand, oder aus Holzstäbchen mit Leinwand umwickelt; sie müssen die Länge der Wunde und bei grossen Thieren eine Dicke von circa 4 bis 6 Linien, bei kleinen Thieren eine Dicke von ö bis 4 Linien besitzen. Bei der Anwendung fädelt man in die Nadel ein dreifach liegendes Heftbändchen und legt die einzelnen Hefte hiermit ganz so an wie bei der Knopfnaht. Nachdem die uöthige Anzahl der Hefte angebracht ist, legt man auf dem einen Wundrande zwischen diejenigen beiden Bändchen, welche am meisten nach einwärts, d. h. nach der Wundspalte zu liegen, einen Cylinder und bindet die Enden dieser Bändchen an den letzteren fest, — und so an sämmtlichen Heften desselben Wundrandes. Hierauf lässt man durch Gehfllfen mit den Händen die Wrundräiider gegen einander drücken, so dass die gleichmässige Berührung der Wundflächen stattfindet, und während dies geschieht, bindet man den Cylinder auch auf dem zweiten Wundrande zwischen die Enden der beiden am meisten nach einwärts liegenden Heftbändchen eines jeden Heftes fest, nachdem diese Bändchen und der auf dem anderen Wrundrande liegende Cylinder straff angezogen worden sind. Zuletzt werden dann auch die Enden des am meisten nach aussen liegenden Bändchens eines jeden Heftes
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über die (ylinder gefühlt und gegenseitig mit einander vereinigt, wie bei der Kuopfnaht.
3.nbsp; nbsp; nbsp;Die Hasensehartennaht, umschlungene oder Bier-Naht (Sutura circumvoluta) wird auf die Weise angelegt, dass mau metallene gerade Nadeln in querer Richtung durch die beiden VVund-ränder, in angemessener Eutlernung von der VVuudspalte durchsticht, und dieselben statt der Heftbäudchen in den letzteren sitzen lässt. Die einzelnen Nadeln werden, je nach der stärkeren oder weniger starken Zurückziehung der Theile | bis | Zoll von einander eingelegt und so fort in der ganzen Länge der Wunde. Hierauf lässt mau durch Gehülfen die beiden Wundränder sanft gegen einander drücken und windet dann um die über die Haut hervorragenden Enden einer jeden Nadel einen glatten Zwirns- oder Seidenfaden etwa 6 bis Sinai herum und bindet dann die Enden des Fadens in einen Knoten zusammen. Die Umwickelung kann entweder in einer runden Schlinge oder in Form einer 8 geschehen, so dass bei letzterer sich die Fäden gerade auf der Wunde kreuzen. Zur Anlegung einer solchen Naht auf dünnen Wundtheilen, wie z. B. an den Augenlidern, kann man sich am zweckmässigsten der sogenannten Karlsbader Insektennadeln bedienen, dagegen müssen bei Verletzungen gröberer Theile auch stärkere Nadeln angewendet werden, weil sonst, wenn dieselben zu fein sind, Krümmung der Nadeln und hierdurch ungleicher Druck und Zerrung in den Wuudrändern entstellt. Die aus der Haut hervorragenden Spitzen kneipt man mit einer Scheere oder mit einer Drahtzange ab, damit die Thiere sich an denselben nicht verletzen können. Diese Naht bewirkt eine sehr gleichmüssige Vereinigung und findet deshalb besonders in den Fällen ihre Anwendung, wo bei nicht tiefen Wunden die Haut und der Hautmuskel eine beständige Zerrung erzeugt, und wo man gern eine möglichst glatte Narbe bewirken will (auch zur Schliessung der Aderlasswunden); bei sehr tiefen Wunden ist sie dagegen nicht anwendbar.
4.nbsp; nbsp; Die Kürschnernaht (Sutura pellionum), auch Darmuaht (Gastroraphie) oder Schlingennaht genannt, wird auf diese Weise ausgeführt, dass man einen einfachen oder mehrfachen Heftfaden, welcher gegen dreimal so lang wie die Wunde ist, in eine krumme, bei recht oberflächlichen Wunden aber auch in eine gerade Heflnadel einfädelt und mit derselben die beiden Wundränder, an einem Winkel der Wunde anfangend, so durchsticht, dass der eine Wundrand in angemessener Entfernung von der Wunde, von ausseu nach innen, und der andere von innen nach aussen durchstochen wird; man bindet dann das Ende des Fadens mit dem aus dem zweiten Wundrande hervorgegangenen Theile desselben lest zusammen, oder, wo der Faden mehrfach ist, bindet man an das Ende einen Knoten und führt die Nadel zwischen den einzelnen Fäden hindurch, wie durch eine Schlinge, oder was weniger zweckmässig ist, man bildet am Ende des Heftbandes blos einen dicken Knoten und zieht denselben bis an die Haut der Einstichstelle heran. Hierauf durchsticht man etwa j-bis f Zoll von dem ersten Einstichpunkte entfernt in etwas schräger Richtung die beiden Wundränder wie zum erstenmal, zieht den Faden nach und wiederholt dies in gleicher Weise so oft, bis die ganze
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Wunden im Allgemeinen. Nähte.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;355
Wunde mit eiuzelueu, aber zusammengesetzteu Heften bis zum anderen Wundwinkel versehen ist. Die einzelnen Hefte bilden hier gleichsam eine Spirale, deren Axe sich in der Mitte der Längenaxe der Wunde befinden muss. Das Ende des Fadens wird durch den letz ten Heft durchgesteckt und mit einer Schleife oder auch mit einem festen Knoten zugebunden und dadurch die Heftung festgeschlossen. Um das Heften bequem und leicht auszuführen, ist es zweckmässig, die beiden Wundränder mit den Händen gegenseitig zusammenzudrük-ken und sie ein wenig über die Flächen der übrigen Gebilde hervorzuziehen; man braucht dann nur die Nadel von einer Seite zur anderen mit einem angemessenen Druck durch beide Wundränder zu treiben. Diese Naht eignet sich am meisten zur Zusammenfügung dünner und nachgiebiger oder dehnbarer Weichgebilde, wie z. B. an den Därmen (weshalb sie auch als Darmnaht besonders bezeichnet wird) und bei oberflächlichen Wunden der Haut und des Hautmuskels. Sie hat vor den übrigen Nähten keinen Vorzug, wohl aber den Nachtheil, dass man bei ihr, nicht wie bei jenen Nähten, nach Erfordern der Umstände ein oder das andere Heft nachlassen oder entgegengesetzt mehr fest anziehen kann. Denn bei der in Rede stehenden Naht wirkt jede Veränderung an einer Stelle auch auf die übrigen Hefte. Sie wird daher im Ganzen nur wenig benutzt.
Nachdem die eine oder die andere Naht angelegt worden ist, reinigt man die Wundränder und ihre Umgebung von dem etwa noch ausgeflossenen Blut und wendet dann zur Unterstützung der Naht noch Binden u. s. w. an, je nachdem der Ort der Verletzung und die Beschaffenheit der Wunde es verlangen.
Welche Art der Naht man auch anwenden mag, so muss man dabei folgende allgemeine Regeln beobachten:
1)nbsp; .le tiefer die W unde ist, um desto länger muss auch die Heft-uadel sein, und zwar so, dass sie stets wenigstens zweimal so lang als die Wunde tief ist; denn man muss stets ziemlich den gleichen Raum vom Wundrande entfernt, wie die Wunde tief ist, den Einstich äusserlich an dem ersten Wundrande machen, und an dem zweiten Wundrande eben so weit von der Wunde entfernt die Nadel wieder herausführen, ausserdem aber muss nothwendig ein Theil der Spitze und des Oehrs der Nadel frei bleiben, um sie mit diesem Theile halten und dirigiren zu können.
2)nbsp; Den ersten Heft legt man, wenn die Wundränder ganz eben sind und die Wunde regelmässig, auch nicht an dem Rande eines Theiles ist, immer an einem Winkel der Wunde an, und zwar am besten an dem oberen; hat aber die Wunde eine unregelmässige, in Lappen getheilte Form, so legt man am besten das erste Heft in die Ecke des grössten Lappens; und wenn die Wunde am Rande eines Theiles ist, z. B. am Augenlide, an der Lippe u. s. w., so legt man den ersten Heft am äusseren Rande an; weil man bei diesem Verfahren am besten ungleiche Zerrungen und Verschiebungen der verwundeten Theile beseitigen und das üebrigbleiben eines hervorstehenden Wundrandes oder einer Falte verhindern kann.
3)nbsp; Die Entfernung eines Heftes vom andern und die Zahl der einzelnen Hefte hängt lediglich von der Grosse der Wunde, von dem
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stärkeren oiler geringereu Zuiückziehungsvermögeu der getrennten Theile und von dem ruhigen Betragen des Thieres ab, so dass man in einzelnen Fällen einen Zwischenraum von l}, in anderen von kaum l Zoll frei lassen darf.
4)nbsp; Wo mehrere Unterbindungsfadeu in einer Wunde liegen, oder wo man Ansammlung von Flüssigkeiten in derselben zu erwarten hat, lässt man am unteren Winkel oder an der tiefsten und abhängigsten Stelle der Wunde einen kleinen Raum ohne Heft und offen.
5)nbsp; Die Nähte oder die einzelnen Hefte dürfen weder zu fest zusammengezogen noch auch entgegengesetzt zu locker bleiben, sondern sie müssen immer mit Berücksichtigung des Umstandes: ob schon Entzündungsgeschwulst eingetreten ist oder auch nicht, so fest zusammengezogen werden, dass die Wundflächen sich an allen Punkten möglichst vollkominen berühren. Ist noch keine Entzündung eingetreten, so dürfen die Hefte weniger straff angezogen werden, als in den Fällen, wo dieselbe schon besteht; denn im ersteren Falle hat man noch das Eintreten der Geschwulst und somit auch eine grös-sere Spannung der Hefte zu erwarten, während entgegengesetzt im anderen Falle bei der eintretenden Abnahme der Geschwulst die Heftfäden schlaffer werden.
4) Die Knoten oder Schleifen von den Heften müssen immer zur Seite der Wunde selbst, weil sie auf der letzteren die Heizung und Entzündung vermehren und Eiterung veranlassen können.
7)nbsp; In den Fällen, wo man nach dem Heften noch grosse Geschwulst und daher auch viel Spannung und Ausreissen der Hefte zu befürchten hat, wie auch da, wo man Theile, welche unter den allgemeinen Decken liegen, nicht mit diesen zugleich, sondern für sich allein heften muss, wie z. B. mehrentheils Wunden am Bauche, da bindet man die Enden der Heftbänder nicht in feste Knoten, sondern man macht zuerst einen einfachen Knoten und legt darüber eine aufziehbare Schleife, damit man, wenn die Geschwulst zu bedeutend wird, die einzelnen Hefte öffnen und lockerer machen könne.
8)nbsp; Hatte man zur Anlegung der blutigen Naht ein Thier niedergelegt, wie dies wegen der Schmerzen oft nöthig ist, so muss man noch während des Liegens des Thieres nach beendetem Heften die verletzten Theile mit einer Binde fest umgeben und dann das Thier so vorsichtig und ruhig als möglich aufstehen lassen. Durch die Binde werden die bei dem Aufstehen der Thiere unvermeidlichen heftigen Bewegungen sehr beschränkt und durch das ganze Verfahren wird das Ausreissen der Hefte verhindert.
9)nbsp; Die eingelegten Hefte müssen bis zur vollkommenen Vereinigung der Wunde ruhig liegen bleiben. Die Vereinigung erfolgt jedoch in verschiedenen, von der Grössc der Wunden, von der Beschaffenheit und Function der verletzten Theile, von dem Alter und dem Zustande des Thieres abhängigen Zeiten, jedoch meistens in 5 bis 8 Tagen. Findet man um diese Zeit die Wundränder gegenseitig fest verbunden, so schneidet man mit einer Scheere die Heftbänd-chen, indem man jedes derselben zuerst mit der linken Hand ein wenig über die Haut hervorgezogen, an einer Seite nahe über der letzteren ab und zieht dann an den Knoten das Ende vollends hervor.
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Wunden im Allgemeinen. Binden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 357
Um das letztere möglichst leicht bervirken zu könueu, ist es in den Fällen, wo die Heftbändclien mit einer Kruste von gerouuenen Säften an die Haut angeklebt sind, zwcckmässig, sie zuerst mit lauwarmem Wasser zu befeuchten und die Krusten zu erweichen. Zeigt sich die Vereinigung nicht au allen Punkten der Wunde gleichmäs-sig, oder werden einzelne Hefte früher als andere mehr schlaff, so kann man zueist nur diejenigen Hefte, welche diese Beschalfenheit zeigen, oder wo die Vereinigung schon vollständig geschehen ist, entfernen, die übrigen aber noch durch einen oder einige Tage sitzen lassen. Bei sehr grossen Wunden ist es der \orsicht angemessen, nicht alle Hefe mit einem Male, sondern nur zuerst jeden zweiten Heft zu entfernen, und die übrigen ein Paar Tage hiernach.
B. Die Binden zur Vereinigung der Wunden heissen Vereinigungsbinden (Fasciae unientes). Sie sind bei den Wunden der Thiere als Vereinigungsmittel im Ganzen wenig anwendbar, weil sie auf der behaarten Haut und bei dem kräftigen Hautmuskel zum Theil auch bei dem unruhigen Benehmen der Thiere gegen Alles, was ihnen Zwang und Schmerz macht, nicht fest genug liegen bleiben und daher auch nur wenig zu leisten vermögen. Sie passen daher auch mehrentheils nur bei oberflächlichen Verletzungen und an solchen Theilen, wo man sie als Umwickelungen in gleichmässiger Lage anbringen kann, wie z. B. um den Leib, um die Brust und um die Gliedmaassen. Jedoch bilden sie oil ein wichtiges Unterstützungsmittel der blutigen Naht, und sie sind hierzu um so mehr geeignet, w^nn man sie so anlegen kann, dass sie zugleich einen Druck gegen den Grund der Wunde ausüben und dadurch auch die verletzten Theile in der Tiefe in gegenseitige Berührung bringen; ferner auch da, wo die Vereinigung mit der blutigen JNaht nicht hinreicht, alle gegensei tige Beweglichkeit in den verletzten Theilen auch mehr entfernt von der Wunde zu beschränken. Eben so auch in den Fällen, in welchen wegen der grossen Tiefe und des starken Klaffens quergetrennter Muskeln die Vereinigung durch die blutige Naht unausführbar, die gegenseitige Annäherung der Wundflächen und das Abhalten der Luft, aber wünschenswerth ist, und endlich in den Fällen, wo Lappen nicht nur an ihren Gränzen, sondern auch an ihrer inneren Fläche getrennt sind, und namentlich wo solche Theile entblösst sind, welche bei eingetretener Eiterung eine Störung der Heilung bedingen, wie z. B. Gelenkbänder, Knochen und Sehnen.
In einzelnen Fällen benutzt man unter diesen Umständen bloss eine einfache Binde, welche man entweder in Cirkel- oder Spiralwindungen um die verletzten Theile herumwickelt, oder man legt auch Polster von WTerg oder von Leinwand unter die Binde auf diejenigen Stellen, auf welche man eben einen stärkeren Druck ausüben will. Die Länge und Breite der Binden muss sich immer sowohl nach dem Umfange des Theiles, wie auch nach der Länge der Wunde und nach der Zahl der hierdurch bedingten Umwickelungen richten. Die Wergpolster werden von weichem Werg massig fest und der Form und Dicke des Theiles, auf welchem sie eben liegen sollen, entsprechend zusammengewickelt und so auf die Haut gelegt, dass der entweder auf einen Punkt in der Tiefe oder auf eine ganze Fläche
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Wunden im Allgemeinen. Heftpflaster.
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beabsichtigte Di-uck auch wirklich mittelst der Binde herbeigeführt werden kann. Binden selbst werden entweder auf einen Kopf oder auf zwei Köpfe gerollt, um den verletzten Theil in der Art gelegt, dass ihr Druck immer der Zurückziehung der Theile entgegen, d. h, von dem Anheftuugspunkt der verletzten Theile gegen die Wunde hin wirkt und hierdurch die VVundräuder einander nähert. •— Um den Binden mehr Haltung zu geben, kann man sie mit Kleister von Mehl oder von gekochter Stärke, mit Leim oder stellenweis mit Heftpflaster und dergleichen klebenden Mitteln bestreichen; hierzu muss aber vorher die Haut an den Appicationsstellen von den Haaren befreit werden.
C.nbsp; nbsp; nbsp;Die Vereinigung der Wunden mittelst sogenannter Heftpflaster ist bei den Hausthieren noch weniger ausführbar und nützlich als durch die Binden, weil die behaarte Oberfläche des Körpers und die sehr starke Wirkung des Hautmuskels die Anwendung, das Abnehmen und die Wirksamkeit dieses Hülfsmittels sehr beschränken. Dasselbe wirkt austerdem gewöhnlich nur auf die Oberfläche, ausgenommen, wenn mau Streifen von Heftpflaster mit ihrem mittleren Theile der Wunde gegenüber so um ein Glied legt, dass die Wundränder von diesem Mittelpunkt her gegenseitig durch die Enden des Pflasterstreifens einander genähert und durch dieselben zusammengehalten werden. Zu diesen Pflastern benutzt man das in den Apotheken vorräthige einfache oder auch das zusammengesetzte Harz- oder Heftpflaster (Emplastrum resinae pini s. Empl. adhaesivum #9632;), welches man, nachdem es durch Bearbeiten zwischen den Fingern oder durch Erwärmen in warmem Wasser etwas erweicht ist, auf feste Leinwand streicht und dann aus dieser die Streifen in der für den Theil erforderlichen Länge und Breite schneidet. Vor der Anwendung der Pilasterstreifen müssen die Haare im ganzen Umfange der VV?unde mit einem Rasimiesser abgeschoren werden und bei der Anwendung lässt mau durch einen Gehülfen die Wundränder genen einander drücken, und legt dann die Pflasterstreifen so an, dass auf jedem Wundrande ein solcher Streifen wenigstens in der Länge, wie die Wunde tief ist, angeklebt wird. Ist aber die Zurückziehung der verletzten Theile sehr bedeutend, so führt man am besten, wie bereits im Vorstehenden augedeutet, einen langen Pflasterstreifen rund um das Glied, so dass das rechte Ende des Streifens über die Wunde hinweg bis zur Länge der Tiefe auf den linken Wundrand hinüberreicht und eben so entgegengesetzt von dem linken Wundi-and der Pflasterstreif auf den rechten hinüberreicht. Die Anzahl der anzulegenden Streifen richtet sich nach der Länge der Wunde und nach dem Contractionsvermögen der verletzten Theile, so dass, wenn das letztere nur gering ist, ein etwa | Zoll breiter Streif von dem andern gegen 1 Zoll entfernt zu liegen kommt.
D.nbsp; nbsp; Durch die Stellung und Richtung des verletzten Theils kann, wenn sie der Stellung und Bewegung desselben angemessen
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') Das Collodtum ist höchstens zum Bedecken oberflächlicher Wunden brauebbar, um die Luft abzuhalten.
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Wunden im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;359
während der Heilung erhalten wird, die Vereinigung der getrennten Gebilde ausserordentlich unterstützt und befördert werden, man mag auch übrigens die eigentliche Vereinigung durch Heften, Binden oder Heftpflaster bewirkt haben. Durch das eben in Rede stehende Hülfs-mittel versucht man bei Verletzungen an der Beugeseite eines Thei-les die Annäherung der VVundllächeu durch eine gebogene Stellung und Haltung, bei Verletzung an der Streckseite aber durch eine völlige Streckung des Gliedes zu bewirken. Für diesen Zweck beugt man z. B. bei Halswunden den Kopf zur verwundeten Seite und hält ihn vermittelst eines an die Halfter, oder bei kleineren Thieren an den Maulkorb befestigten Strickes, dessen anderes Ende an den Leibgurt gebunden wird, in dieser Stelllung; bei Verletzungen an den Gliedmaassen unterstützt man den Körper der grossen Hausthiere vermittelst eines Hängegurtes und giebt den Füssen durch Schienen die eine oder die andere der bezeichneien Stellungen; den verletzten Schweif bindet man an eine Schnur, welche über an der Decke befindlichen Rollen hinweggeht und am anderen Ende mit einem entsprechenden Gewicht versehen ist, und durch welche man, je nach dem Befestigungspunkte der Rollen, dem Schweif eine Stellung nach rechts oder links u. s. w. geben kann. Im Ganzen ist auch dieses Hülfsmittel bei den unvernünftigen Ilauslhiereu viel weniger wirksam und weniger anwendbar als bei verwundeten Menschen, weil die ersteren sich für die Dauer jedem Zwange widersetzen und eine abnorme Stellung überhaupt für längere Zeit nicht ertragen. Diese Umstände sind auch die Ursache, dass manche Wunden, welche bei dem Menschen durch schnelle Vereinigung heilen, bei den Thieren diese Heilung nicht gestatten, sondern durch Eiterung geheilt werden müssen.
Leitung des eigentlichen Heilungsprozesses.
Wenn die zur schnellen Vereinigung geeigneten Wumlllächen dwch das eine oder das andere geeignete Vereinigungsmittel in gegenseitige Berührung gebracht worden, so hängt die Heilung weiter davon ab, dass 1) keine störenden Einflüsse von aussen her auf den verwundeten Theil wirken, 2) dass die Entzündung in der Wunde nur denjenigen Grad erreicht, der zur Erzeugung einer plastischen Ausschwitzung geeignet ist, — 3) dass andere üble Zufälle beseitigt und die Kräfte des Thieres angemessen unterstützt werden.
In ersterer Hinsicht muss daher das Thier in einem reinen Stall in völliger Ruhe gehalten werden, jede neue Untersuchung und jedes unnütze Betasten muss vermieden werden, lästige Insekten sind durch das Kühl- und Dunkelhalten des Stalles abzuhalten, die etwa im Stall noch befindlichen anderen Thiere müssen in der gehörigen Entfernung von dem verwundeten gehalten und so angebunden werden, dass sie das verwundete Thier nicht erreichen und belästigen kön-fl6n, das Putzen ist nur insofern zu gestatten, als dadurch die Wunde rticht gestört wird u. s. w.
Hinsichtlich des zweiten und dritten Punktes ist in allen denjenigen Fällen eine besondere Behandlung nicht nöthig, wo die Ver-
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360nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Wunden im Allgemeinen. Behandlung.
letzung nur gering ist und wo die Reizbarkeit der verletzten Thiere nur auf einer geringen Stufe steht und wo die Entzündungssymptome sich nur langsam und in einem geringen Grade entwickeln. Man kann in diesen Fällen die Thiere ganz ruhig sich selbst überlassen und hat nur die im Vorhergehenden angedeuteten Störungen des Heilungsprozesses zu verhüten. Wenn aber die Verwundung sehr bedeutend ist, wenn die Thiere kräftig, vollblütig, sehr empfindlich und reizbar sind, wie namentlich Pferde von edlen Ka(;ec, oder wenn bereits Entzündungszufälle oder ein VVundfieber mit sthenischem Charakter eingetreten sitid, so ist eine örtliche und häufig auch, wenn die Zufälle einen hohen Grad erreichen, eine allgemeine eutzündungs-widrige Behandlung noting. Jene wird durch Befeuchten der verwundeten Theile und ihrer Umgebung mit kaltem Wasser während etwa 36 bis 60 Stunden bewirkt, die allgemeine Behandlung aber durch einen der Constitution und Crössc des Thicrcs entsprechenden Aderlass, durch innerliche Verabreichung der antiphlogistischen Salze, (welche man, um das Thier nicht durch gewaltsames Eingeben zu beunruhigen, am besten in Getränk verabreicht) und durch magere und kühlende Nahrungsmittel. In wie fern in den einzelnen Fällen diese entzündungswidrige Behandlung der Wunden länger ausgedehnt oder verkürzt werden muss, lässt sich nicht genau bestimmen, sondern muss der Einsicht des Thierarztes überlassen bleiben. #9632;— Wenn bei dieser Behandlung die Entzündungszuialle nur in einem geringen Grade fortdauern, so kann man in der Bcgel mit derselben aufhören, und dann um den sechsten bis achten Tag, wie oben angedeutet, die Vereinigungsmittel von den verwundeten Theilen entfernen.
Eine besondere Beachtung verdient der zuweilen eintretende Wundstarrkrampf (S. 328). Bei dem Eintritt desselben muss die Wunde sogleich, wenn Verdacht auf einen noch in ihr befindlichen fremden Körper besteht, vorsichtig untersucht und der letztere entfernt werden, nöthigenfalls mit Erweiterung der Wunde durch geeignete Schnitte. Ist ein Nerv oder eine Sehne nur zum Theil durchtrennt, so muss die vollssändige Durchtrennung mittelst des Messers geschehen, oder, wenn dies nicht sicher ausführbar erscheint, kann man an manchen Stellen, wo der Stamm des verletzten Nerven zu erreichen ist, auch diesen durchneiden. Die Wunde ist mit einem lauwarmen Brei von narkotischen Mitteln zu bedecken, oder man macht Foraentationen oder Bäder, FuSsbäder von solchen Mitteln. Uebrigens muss das Thier, wo möglich in einem ganz ruhigen, dunklen Stalle gehalten, gegen Erkältung geschützt und nach den Kegeln der speciellen Therapie über den Tetanus behandelt werden.
Behandlung der durch Eiterung zu heilenden Wunden.
Gelingt aber die schnelle Vereinigung einer Wunde nicht, oder ist dieselbe wegen der oben (Seite 336) bezeichneten Beschafl'enheit der Wunde nicht zu unternehmen, so muss die Heilung durch Eiterung und Granulation bewirkt werden. Auch in diesem Falle hat man zunächst die Blutung zu stillen, dann die fremden Körper so viel wie möglich zu entfernen, der Wunde eine solche Beschatfenheit zu
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Wunden im Allgemeinen. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;361
zu geben, ilass tlei' Eiter eineu freien uud leichten AbJluss erhält und zu sehr in Spuunuug befindliche Theile vollständig gntrennt werden, in manchen Fällen sind solche Wunden, auch wenigstens theilweis zu heilen, um die Umbieguug und das Betrocknen der Wundränder zu verhüten; im Uebrigen aber sucht man solche Wunden, nachdem sie gereinigt sind, mit lockerem, #9632;weichem Werg zu bedecken oder auszufüllen und dann je nach der Bcschaflcnheit der Theile die Eiterung entweder der eigenen organischen Thätigkcit des verwundeten Thieres zu überlassen oder man befördert sie durch Wärme und Feuchtigkeit, indem man warme Breiumschläge von schleimigen oder bei grosser Empfindlichkeit von narkotischen Mitteln macht. Den ersten Verband lässt mau hier in der Regel so lange liegen, bis sich in der Wunde eine eiterige Ausschwitzung fleigt, welche das in der Wunde befindliche Werg durchdringt und es von den Wundflächen ablöst. Nachdem dieses Werg entfernt ist, füllt man die Wunde mit reinem W erg ans und so fort, bis sich etwa um den dritten, vierten Tag guter Eiter und der Anfang der Granulation zeigt; tritt dieselbe aber nicht ein, bleibt die Wunde trocken, so verbindet man sie mit einer Digestivsalbe, z. B. mit der Terpentinsalbe oder mit der Basilicumsalbe, und bei sehr grosser Empfindlichkeit nur mit reinem Fett oder mit reinem Oel, mit welchen Substanzen man das Werg bestreicht, und so lange damit fortfährt, bis gute Eiterung eingetreten ist. Bei dieser Beschaffenheit der Wunde können auch die vorhin bezeichneten warmen Bceiumschläge angewendet werden, bis die Eiterung vollständig eingetreten ist.
Wenn die Wunden, welche nach der oben angedeuteten Beschaffenheit nur allein auf dem Wege der Eiterung heilen können, mit starker Quetschung uud mit Blutextravasaten verbunden sind, so kann man wohl zuerst die Aufgabe haben, während 2 bis 6 Tagen diese heftigen Wirkungen der Quetschung durch kühlende Mittel zu vermindern. Sind diese heftigen Zufalle beseitigt, so findet sich sehr häufig von selbst ein entsprechender Grad von Eiterbildung und von Granulation ein, sollte dieses jedoch nicht geschehen, so kann man die Eiterung durch die im Vorhergehenden genannten Mittel befördern und überhaupt so verfahren, wie dies bei der Eiterung uud Granulation im Allgemeinen Seite 59 u. flg. angegeben ist. Ist die Granulation bis gegen die Ilautränder gleichmässig hervorgewachsen, so ist jede Behandlung dm-chaus überflüssig; man lässt die durch den zähen, plastischen Eiter entstandenen Krusten ungestört so lange sitzen, bis sie von selbst abfallen, was gewöhnlich immer nach 2 bis 3 Tagen zu geschehen pflegt.
Uebrigens muss man in allen Fällen auch bei den eiternden wie bei den durch schnelle Vereinigung heilenden Wunden dafür sorgen, dass der Heilungsprozess durch äusserliche störende Einwirkungen nicht unterbrochen oder in seinem Gange plötzlich geändert werde. Man sucht deshalb Belästigungen des Thieres durch andere Thiere in der Nähe desselben zu verhüten, Insekten, Zugluft und grosse Kälte abzuhalten, und ausserdein giebt man ihm das seiner Constitution und seinem Kräftezustande entsprechende Futter. Finden sich in-
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Schnitt- und Hiebwunden.
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nerliche Krankheitszustäude, namentlich Gastricismus, heftiges Wundfieber und dergleichen, so werden diese Zustände nach den Hegeln der Therapie beseitigt.
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Zweites Capitel.
Die Wunden nach ihrer ursächlichen Verschiedenheit.
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A. Schnitt- und Hiebwunden.
Die Schnittwunden entstehen durch Einwirkung eines schneidenden Instrumentes mit nur massigem Druck, die Hiebwunden entstehen durch ähnliche, gewöhnlich aber grössere Werkzeuge, welche in einer schwingenden Bewegung und mit grösserer Kraft auf einen Theil des Thierkörpers einwirken. Die ersteren stellen die reinsten und einfachsten Trennungen dar, die anderen sind ihnen ähnlich, aber gewöhnlich mit etwas mehr (Quetschung begleitet als jene. Die Form ist bei beiden in den meisten Fällen eine längliche, zuweilen aber auch eine unregelmässige oder lappige. Die Blutung ist bei den Schnitt- und Hiebwunden stets stärker als bei gequetschten Wanden von ähnlicher Grosse, aber die Entziindungszufälle treten mehrentheils nur in einem geringen Grade ein. Dieses letzteren Umstandes wegen und da diese Wunden in der Regel nicht durch fremde Körper verunreinigt sind, haben sie immer die Eigenschaft, durch schnelle Vereinigung zu heilen, wenn übrigens hierzu die Zeit während ihrer ersten Entzündung wahrgenommen wird. Hiernach ist, nach gestillter Blutung, die Behandlung hauptsächlich durch die Ilülfsmittel zu bewirken, welche im Vorhergehenden hinsichtlich der Vereinigung der Wunden angegeben sind.
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B. Stichwunden.
Dieselben entstehen durch das gewaltsame Eindringen verschiedenartiger spitzer Körper in den thierischen Organismus und sind, je nach der Grosse dieser verletzenden Werkzeuge, so wie nach der runden oder breiten Form der Spitze, nach deren Dicke und an der Oberfläche glatten oder rauhen und unebenen Beschaffenheit derselben in den einzelnen Fällen von sehr verschiedenartiger Tiefe, Weite und Beschaffenheit. Solche Stichwunden, welche durch einen runden, dünnen Körper mit feiner Spitze und glatter Oberfläche entstanden sind, stellen einen sehr engen Kanal mit glatten Wänden dar, dessen Mündung an der Oberfläche sehr häufig durch die kon-traktile elastische Haut, und an den Hufen durch das mit gleicher Eigenschaft versehene Horn an der Sohle grösstentheils oder wohl
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Stichwunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;363
auch gänzlich verschlossen ist, so dass es unter solchen Umständen nach kurzer Zeit sehr schwer wird, das Dasein einer Wunde zu erkennen. Gewöhnlich aber entsteht sehr bald Entzündung an den tiefer gelegenen, verletzten Theilen, und in Folge dessen Schonung derselben bei der Bewegung, Lahmheit, und bei der Berührung findet man an der verletzten Stelle vermehrte Wärme, massige Anschwellung und bei gelindem Druck zeigen die Thiere Schmerz. Die Blutung ist bei solchen Verletzungen immer, wenigstens nach aussen hin, sehr unbedeutend, obgleich zuweilen in der Tiefe sich Blutextra-vasate bilden. — Stichwunden, welche durch einen platten, spitzen Körper erzeugt sind, z. B. durch ein Messer, haben gewöhnlich die Form und Beschaffenheit einer kleinen Schnittwunde, sind aber in den meisten Fällen im Vergleich zu ihrer Spalte unverhältnissmässig tief. Dergleichen Wunden bluten weit stärker als die im Vorhergehenden bezeichneten und sind auch durch die übrigen Zeichen der Wunden im Allgemeinen leicht zu erkennen. — Sind Stichwunden durch dicke und rauhe Körper erzeugt, so stellen sie immer eine gerissene Wunde mit starker Quetschung ihrer VVundflächen dar; die Blutung solcher Wunden ist häufig trotz ihrer Grosse nur unbedeutend. Die Tiefe der Stichwunden überhaupt ist in den einzelnen Fällen sehr verschieden, so dass zuweilen nur die Haut und der Hautmuskel, in anderen Fällen die darunter liegenden Muskeln, Sehnen u. s. w. betroffen und an den Höhlen nicht nur die Wände derselben durchbohrt, sondern nicht selten auch die in den Höhlen befindlichen Organe mit verletzt sind. Die Erkennung der Tiefe einer Stichwunde und solcher Complicationen ist zum Theil durch die Untersuchung mit der Sonde oder mit dem Finger, in manchen Fällen auch an der Länge, in welcher das verletzende Werkzeug eingedrungen war, und aus den Zufallen, welche nach der Verletzung eingetreten sind, zu erlangen. Die letzteren beziehen sich auf die Function der verwundeten Theile und sind daher an den verschiedenen Organen verschieden (siehe Wunden im Speciellen). Zuweilen sind diese Wunden auch durch in ihnen zurückgebliebene fremde Körper complicirt, indem die verletzenden Werkzeuge in Folge ihrer Zerbrechlichkeit und durch die heftigen Bewegungen, welche die Thiere im Moment der Verletzung machen, bald mehr bald weniger tief in der Wunde abbrechen. Die Bedeutung der Stichwunden ist nach den bezeichneten Verschiedenheiten in den einzelnen Fällen sehr verschiedenartig; oberflächliche Stichwunden heilen gewöhnlich in kurzer Zeit vollständig, aber wenn dieselben in Sehnenscheiden und Sehnen oder in die Beinhaut der Knochen eingedrungen sind, veranlassen sie stets eine heftige Entzündung dieser Theile und weit heftigere Schmerzen, als Schnitt- und Hiebwunden von ähnlicher Tiefe, was wahrscheinlich eine Folge der unvollständigen Trennung einzelner Fasern in den fibrösen Theilen und eben so der hierdurch bedingten ungleichen Spannung und Zerreissung derselben ist. Unter diesen Umständen entsteht auch bei Stichwunden häufiger als bei grösseren Trennungen der Wundstarrkrampf, durch welchen in den meisten Fällen Lebensgefahr im hohen Grade herbeigeführt wird. Sind innere Organe mit verletzt, so hängt die Bedeutung der Wunde
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Gequetschte, gerissene und gebissene Wunden.
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grössteutheils von der Wichtigkeit dieser Orgaue für den Organismus, von der etwa entstandenen Ergiessung von Flüssigkeiten in die ge-öH'nete Hohle u. s. w. ab. .— Die Heilung erfolgt bei denjenigen Stichwunden, welche nur eng und mit glatten Wänden versehen sind, in den meisten Fällen durch schnelle Vereinigung, in allen anderen Fäl-aber durch Eiterung.
Die Kur ist bei den Wunden der erstereu Art darauf beschränkt, die etwa zu. heftigen Entzüudungsialle und die Schmerzen zu mindern und dann die Wundilächen in eine gleichmässige gegenseitige Berührung zu bringen. Für jenen Zweck sind gewöhnlich kalte Befeuchtungen der verwundeten Theile während der ersten 2 bis 3 Tage ausreichend, wenn jedoch die Anschwellung und die Schmerzen sehr bedeutend werden, so ist es zweckmässig, die Wunde mittelst einer in sie eingebrachten Hohlsonde und eines schmalen Knopf-Bistouris zu erweitern, und zwar so, dass dadurch die verletzten Fasern in querer Richtung vollständig durchtrennt werden, wodurch nicht allein die Spannung derselben aufgehoben, sondern zugleich die etwa hinter ihnen angesammelten Flüssigkeiten einen Abfluss erhalten. Bei den Wunden der zweiten Art entfernt man zunächst die etwa vorhandenen fremden Körper, bedeckt die Oelfnung mit lockerem Werg, welches mit warmem Oel oder mit einer milden Digestivsalbe bestrichen ist, und macht äusserlich warme Umschläge von schleimigen oder, bei heftigen Schmerzen, von narkotischen Mitteln.
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C. Gequetschte, gerissene und gebissene Wunden,
Wenn stumpfe Körper mit solcher Gewalt auf den Thierkörper wirken, dass die Weichgebilde bis zum höchsten Grade ihrer Nachgiebigkeit ausgedehnt werden und in Folge dessen zugleich mit der Haut zerreissen, oder wenn halbstumplc Gegenstände, z. B. Haken, Nägel und dergleichen in den Thierkörper eindringen, und besonders wenn sie dann durch Zerrung in denselben weitere Trennungen erzeugen, so entstehen die gequetschten und gerissenen Wunden. Erfolgt die Verletzung durch die Zähne eines Thieres, so ist sie eine Bi ss wunde.
Alle diese Verletzungen haben eine unregelmässige Form; oft zackige, faserige Ränder, zuweilen Lappen; bei den Bisswundeu ist oft die Einwirkung von den Vorderzähnen des Ober- und Unterkiefers in einiger Entfernung einander gegenüber, z. B. in dieser Form Q zu sehen. Die Blutung ist in den meisten Fällen gering, oder die Theile sind mit Blut unterlaufen, stark angeschwollen; zuweilen sind sie ohne Empfindlichkeit, gelähmt, selbst zermalmt. Die hinzutretende Entzündung ist mehrentheils asthenisch und fuhrt zuerst stinkende, jauchige Absonderung (zum Theil Folge des zersetzten Blutes) herbei, welche später zur guten Eiterung und zur theilweisen Abstossung der zerrissenen Gewebe übergeht. Zuweilen entsteht Brand.
Alle diese Wunden heilen nur durch Eiterung und Granulation, mit sehr sichtbaren Narben; sind sie gross, tief, mit Zermalmung,
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Schusswuiiden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 365
lirand oder Lähmung begleitet, ist das Thier zart, schwach, sehr alt, so sind sie immer als sehr gefahrlich zu betrachteu.
liehaudluug. Grössere J^appcu werden angeheftet, einzelne faserige Massen abgeschnitten, die Blutung wird nach allgemeinen Regeln gestillt. Da die Heilung stets durch Eiterung erfolgen muss, so ist uur in den ersten 24 Stunden eine kühlende Behandlung passend, später ist die feuchte W arme, je nach der Empfindlichkeit der Theile, mit schleimigen, narkotischen, oder — mit geliud aromatischen Breiumschlägen, Fomeutationen u. s. w. — wie dies im Allgemeinen S. 361 angegeben ist, anzuwenden.
D. Schusswunden.
Die Schusswunden sind durch das Eindringen einer Kugel oder eines Stückes einer Hohlkugel, oder auch durch andere fremde Körper, z. B. Knöpfe, Papierpfröpfe, Ladestöcke und dergleichen, durch explodirende Kraft des Pulvers aus einem Geschoss geschleuderten Körper entstanden und nach der (irösse und Beschaffenheit der letzteren, so wie nach der verschiedenen Kraft, mit welcher sie je nach der Ladung des Geschosses und nach der Entfernung des Thierkör-pers von demselben an den letzteren gelangten, sehr verschieden. Ihrer Beschaffenheit nach sind sie immer (Quetschwunden. Gewehrund Kartätschkugeln erzeugen fast immer runde Oeff'nungeu, andere durch die Schusswaffen getriebene fremde Körper und Stücke von Granaten machen mehr uuregelmässig gestaltete und zugleich mehr gerissene Wunden; in der Hegel stellen die Schusswunden aber einen Kanal dar; die Schusskanäle sind oft nur mit einer Mündung versehen, in anderen Fällen sind sie mehr oder weniger tief durch verschiedene Gebilde gedrungen, selbst bis in die Höhlen, oder sie sind durch den Körper oder durch eine Gliedmaasse völlig durchgedrungen und haben dann eine Eingangs- und eine Ausgangsöffnung. Die erstere ist gewöhnlich kleiner als die andere und oft sind auch ihre Ränder ebener als bei der letzten. Nicht selten sind bei den Schusswunden auch Knochen durchdrungen und mehr oder weniger zersplittert. Alle Schusswunden sind stark gequetscht, zum Theil mit Zerreissung, oft auch mit Erschütterung der betroffenen Theile com-plicirt. In denjenigen Fällen, wo nur eine Oefl'nung besteht, sind immer fremde Körper in der Wunde vorhanden, und zwar constant diejenigen, durch welche die Wunde erzeugt ist, ausserdem aber häufig auch noch Gegenstände, welche zufällig durch jene mit in die Wunde gedrängt worden sind, wie z. B. Haare, Stücke von der Pferdedecke, vom Geschirr u. s. w. Diese fremde Körper sitzen bald zwischen den Theilen fest eingeklemmt, bald auch locker, und sind im ersteren Falle in der Regel sehr schwer, zuweilen auch gar nicht zu entfernen, bis sie durch den Eiterungsprozess und durch die Auflösung der um die Körper herumliegenden Substanz beweglich geworden sind. Der Schusskanal zeigt übrigens iu seiner Beschaffenheit und Richtung in den einzelnen Fällen eine grosse Verschiedenheit; in ersterer Hinsicht findet sich in den meisten Fällen seine ganze Fläche mit einer Kruste oder mit einem Schorf bedeckt, der
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366nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Schusswunden.
einem liraudschorf nicht unähnlich ist; zuweilen ist sie aber auch rauh von dunkclrothen Fasern. Hinsichtlich der Richtung erstreckt sich der Kanal zuweilen in der Linie tiefer hinein, in welcher eben die Kugel durch die Richtung des Gewehrs vorwärts getrieben worden ist, in anderen Fällen aber erhält dieselbe durch den Widerstand von Sehnen, Knochen oder selbst von Eingeweiden eine Abweichung und in Folge dessen wird der Kanal mehr oder weniger nach einer Seite gebogen und das Ende desselben befindet sich nicht gegenüber dem Anfange. Die Blutung ist bei Schusswunden häufig nur gering, weil theils die Gefässe von der Kugel zur Seite gedrängt werden, hauptsächlich aber weil sie vor ihrer Trennung stark ausgedehnt werden und mit der vorhin bezeichneten Kruste bedeckt sind; wenn aber die letztere späterhin bei der beginnenden Eiterung sich ablöst, entsteht oft eine sehr bedeutende Blutung; in anderen Fällen ist dieselbe aber auch zur Zeit der Verletzung in bedeutendem Grade und selbst lebensgefährlich vorhanden. Die Schmerzhaftigkeit ist bei Schusswunden im Moment ihrer Entstehung nur sehr unbedeutend, wahrscheinlich weil die Verletzung mit grosser Schnelligkeit die Theile durchdringt, und auch weil durch die Erschütterung ein gewisser Grad von Lähmung in denselben erzeugt wird; mit dem Eintritt der Entzündung werden aber stets die Schmerzen sehr gross und viel grosser, als bei gleichen Schnittwunden.
Die Heilung der Sclmsswunden erfolgt stets nur durch Eiterung und Granulation. Die Beurtheilung ist nach der grossen Verschiedenartigkeit eben so verschieden. Im Allgemeinen sind die Schusswunden gefährlicher als die Hieb- und Schnittwunden, und selbst auch in den meisten Fällen gefährlicher als die Stichwunden, weil die Erschütterung der verletzten Theile, die Quetschung und Zerreis-sung derselben, die Verunreinigung durch fremde Körper und im Schusskanal augehäufte Flüssigkeiten nicht nur die Heilung erschweren, sondern auch üble Zufälle erzeugen. Einfache Schusswunden in der Haut und in den Muskeln sind noch am günstigsten zu beurthei-len, da ihre Heilung in Zeit von etwa 3 bis 6 Wochen ohne üble Zufalle erfolgen kann; dagegen sind tiefere Schusswunden, bei welchen Sehnen, Bänder, Knochen, namentlich Gelenke, grössere Blut-gefässe oder Nerven und innere Organe verletzt sind, stets sehr bedenklich und durch den Blutverlust oder durch gestörte Function sind dergleichen Wunden oft lebensgefährlich. Sind fremde Körper vorhanden, so ist der Zustand stets gefährlicher als da, wo dieselben fehlen; sind die fremden Körper nicht zu entfernen, so dauerl immer die Reizung von ihnen durch lange Zeit fort, die Schmerzen sind zuweilen ausserordentlich und es entsteht dadurch in manchen Fällen selbst Wundstarrkrampf. Uebrigens verhält es sich mit diesen fremden Körpern so, wie dies oben bei der allgemeinen Betrachtung über dieselben (Seite 349) angedeutet worden ist. Die genauere Beurtheilung der Schusswunden hängt ausserdem noch von der Grosse der Wunden und hauptsächlich von der Wichtigkeit des verletzten Organs ab.
Die Behandlung der Sclmsswunden beruht im Wesentlichen auf der Erfüllung der bei der Behandlung der Wunden im Allgemeinen
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Vergiftete Wnnden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 367
angegebenen Indication. In denjenigen Fällen, wo ein fremder Körper iu der Wunde besteht, sucht mau denselben wo möglich bald nach geschehener Verletzung zu entfernen, oder man wartet die eintretende Eiterung ab. Bei engen Schusskanülen ist zu dieser Entfernung zuweilen eine Erweiterung des Kanals durch Einschneiden an einer hierzu geeigneten Stelle erforderlich. Diese Einschnitte sind mit Dreistigkeit ohne Verzug zu unternehmen, indem sie zugleich die heftige Spannung der verletzten Theile und auch den Abiluss des VVundsekrets befördern. Befindet sich der fremde Körper in der Tiefe der Theile an der entgegengesetzten Seite des Gliedes nahe au der Haut, so ist es zweckmässiger, ihn durch eine dort gemachte (iegenöffnung zu beseitigen, eben so wenn der fremde Körper sich an eine niedrigere Stelle gesenkt hat. Im üebrigen streicht man iu die Wunde mittelst einer Feder ein mildes, erwärmtes Oel oder Fett und wendet warme Breiumschläge von erweichenden Mitteln auf die Wunde und deren Umgegend an, bis gute Eiterung eingetreten ist, worauf dann die weitere Heilung ganz in ähnlicher Weise, wie bei der Eiterung im Allgemeinen angegeben ist, bis zur eingetretenen Vernarbung geleitet wird. Erstreckt sich ein Schusskanal bis zu einem grösseren Gefäss, so dass man befürchten muss, es könne bei dem Eintritt der Eiterung eine Nachblutung erfolgen, so ist es noth-wendig, zu dieser Zeit das Thier unter der Aufsicht eines Wärters zu lassen, damit, wenn die Blutung eintritt, sogleich die nöthige Hülfe gebracht werde.
E. Vergiftete Wunden.
Vergiftete Wunden entstehen in der Regel durch Bisse von wuthkranken oder mit einem specifischen Gift in ihrem Maule ver-sehenen Thieren, zuweilen auch durch Stiche von Insekten ') und in einzelneu Fällen durch Uebertraguug eines Krankheitsgiftes dadurch, dass z. B. Hunde von den Kadavern der an Milzbrand krepir-ten Thiere fressen oder das Blut derselben lecken und dann unmittelbar hierauf andere Thiere beisseu, in einzelnen seltenen Fällen auch dadurch, dass Instrumente an Thieren gebraucht worden sind, welche an einer ansteckenden Krankheit leiden, und dass diese Instrumente wieder bei anderen Thieren gebraucht werden, bevor eine vollständige Desinfection derselben stattgefunden hat.
Die Erkennung solcher Wunden beruht 1) auf der sichtbaren Verletzung, 2) auf den eigenthümlichen Zufällen, welche in der Wunde oder überhaupt am Körper des verletzten Thieres eiutretei), 3) auf der Kenutniss des verletzenden kranken oder giftigen Thieres oder der übrigen ursächlichen Verhältnisse. In ersterer Hinsicht sind die speciellen Merkmale, welche gerade auf die Eigenthümlichkeit solcher Verletzungen als vergiftete Wunden hindeuten könnten, nur sehr unbedeutend; denn eine Bisswnnde von einem mit der Wuth-
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') Ueber den Tod von Pferden in Folge von Bienenstichen hat Clichy eine Beobachtung mitgetheilt im Recueil de med. veter. 1854.
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368nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Vergiftete Wunden.
krankheit behafteten Uunde, eiuem wuthkraukeu Fuchs u. s. w. zeigt entweder nur eine oder mehrere kleine Wunden von einzelnen Zähnen, oft in einer kleinen Entfernung einander gegenüber, oder es sind grössere gerissene Wunden, welche aber durchaus nicht verschieden von der durch einen gesunden Hund erzeugten Bisswunde sind, und wo daher weder aus der Form, noch aus der Beschaffenheit derselben ein besonderer ('haraktcr zu erkennen ist. #9632;— Die Bisswunden von giftigen Schlangen ') sind stets nur sehr klein und daher an der behaarten Haut der Thiere kaum zu entdecken, an unbehaarter Haut aber sieht man zwei oder mehrere ganz kleine, gewöhnlich mit Blut unterlaufene Stichpunkte, welche in dieser Beschaffenheit eben so gut von einer nicht giftigen Schlange entstanden sein können; und eben so sind auch die Stiche von Insekten wegen ihres geringen ümfauges oft kaum deutlich wahrzunehmen, besonders an der behaarten Haut. #9632;— Bei dieser wenig eigenthümlichen Beschaffenheit der vergifteten Wunden ist daher die Kenntniss der eigenthümlichen Zulalle um so wichtiger; allein hei Ansteckung durch Wuthgift treten diese Zufälle • immer nur spät ein, und wenn dieselben erscheinen, gewährt ihre Kenntniss für die Behandlung des Thieres keinen Nuz-zen mehr und es muss daher bei dieser Art von vergifteten Wunden hauptsächlich die Kenntniss auf die Beschaffenheit des verletzenden Thiers gegründet sein. Anders verhält es sich dagegen bei Vergiftungen durch Amphibien und Insekten, weil hier durch das Eindringen des (nftes in die ^ uude heftige Zufälle erzeugt werden. Es schwillt nämlich nach einein Schlangenbiss sogleich das verletzte Glied von der Bissstellc her mehr und mehr nach oben zu an, die Geschwulst ist elastisch, an einzelnen Stellen auch oedematös, das Glied wird kalt, die Schmerzen sind bedeutend, die Haut wird bläulich oder auch rothfleckig und das Bewegungsvermögen schwindet last gänzlich. Dabei weiden die gebissenen Thiere in kurzer Zeit sehr matt, diejenigen, die sich erbrechen können, leiden an Erbrechen, der Puls wird sehr klein und beschleunigt, nicht selten treten auch kalte Schweisse ein und zuweilen erfolgt binnen 36—48 Stunden der Tod. — Nach Insektenstichen schwillt die verletzte Stelle in Form einer Beule an und wird sehr schmerzhaft, oft vermehrt warm, und wenn viele Stichwunden der Art nahe an einander sind, entsteht nicht selten auch eine grosse Anschwellung im ganzen Umfange derselben und es gesellt sich zuweilen ein Reizfieber mit beschleunigtem Pulse und beschleunigtem Athem hinzu. Die Entzündungszufälle dauern nur durch etwa 10—15 Stunden, mindern sich dann und verlieren sich in etwa 3 Tagen gänzlich; nach dieser Zeit fühlen die Thiere zuweilen noch durch einige Tage ein heftiges Jucken an der verletzten Stelle und reiben sich deshalb diese in manchen Fällen so grob, dass eine neue Entzündung entsteht, welche dann zuweilen Eiterung zur Folge hat.
3. Das dritte Moment zur Erkennung einer vergifteten Wunde,
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'quot;) Im nördlichen Europa kennt man nur eine giftige Schlange, die Kreuzotter, Viper oder Natter (Vipera Berns L.).
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Veri-iftete Wunden.
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nämlich die Kenutuiss des verletzenden Thiers oder der übrigen ur-sücklicheu \ erhältuisse, ist in allen Fällen, wo die Kenutniss desselben zu erlangen ist, von der grössteu Wichtigkeit, aber leider ist dies nicht immer möglich. Denn sehr häufig entflieht ein Hund nach geschehenem Jieissen, ohne dass man vveiss wohin, und die giftigen Nattern halten sich gewöhnlich unter dichtem Grase u. s. w. verborgen, bewirken ihren ßiss in ausserordentlicher Schnelligkeit und ent-Hieheu meistens auch eben so schnell wieder.
J)ie Beurtheilung der vergifteten Wunden hängt hauptsächlich von der spezifischen Eigenthümlichkeit des vergifteten Stoll'es ab, welcher in dieselben gelangt ist; die Wunde als solche ist dabei von geringerer Bedeutung. Uisswuuden von wuthkraukeu Thiereu sind unter allen andern die gefährlichsten, weil es bis jetzt kein sicheres Heilmittel der ausgebrocheneu VVuthkrankheit und eben so kein sicheres Verhütungsmittel derselben giebt; allein da die Erfahrung zeigt, dass nicht jede solche Wunde bei dein gebissenen Thier die Wuthkrankheit nothvvendig zur Folge haben muss, sondern dass die wirkliche Infection von mehreren, zum Theil bekannten, zum Theil unbekannten Bedingungen abhängig ist, so kann man in vielen Fällen bei den pflanzenfressenden Thieren auf die Möglichkeit des Ausbleibens der üblen Folgen holl'eu und auch oft dieselben ganz verhindern, wenn eine zweckinässige Behandlung unmittelbar nach erfolgter Verletzung eingeleitet wird; bei Hunden und Katzen kann die Beurtheilung solcher Wunden eben so ausgesprochen werden, allein dieselbe fällt eigentlich ganz weg, weil die Erhaltung dieser Thiere im gebissenen Zustande aus sanitäts-polizeilichen Rücksichten gesetzlich verboten ist. Sind die Bisswunden sehr tief und sind wichtige Theile dabei mit verletzt, so verlangen dieselben auch in dieser Hinsicht noch eine besondere Beurtheilung, 'welche jedoch hier analog solchen Wunden unter andern Umständen zu macheii ist. — Die durch giftige Nattern erzeugte Wunden sind im Allgemeinen als sehr gefährlich zu betrachten, da, wie oben angegeben, zuweilen der Tod binnen weniger als zwei Tagen erfolgt, allein bei einer frühzeitigen und zweckmässigen Behandlung erfolgt nicht selten eine Rettung und vollständige Wiederherstellung der gebissenen Thiere; die Hoffnung hierzu ist jedoch sehr gering, wenn bereits Lähmung und Pulslosig-keit besteht oder wenn Zeichen eines typhösen Leidens hinzutreten. Stichwunden von Insekten haben nur eine geringe Bedeutung, wenn sie einzeln und in weiter Entfernung von einander zugegen sind; bei einer grossen Anzahl derselben und besonders bei Stichen von Bienen und Wespen können durch die heftige Entzündung üble Zufalle, Brand u. s. w. entstehen und die Thiere selbst zu Grunde gehen. Wenn Thiere in grosse Schwärme von diesen Insekten oder auch von der sogenannten Kolumbatczer Mücke (Simulia reptans) gelangen, so leiden sie nicht nur durch die unzählige Menge von Stichen, sondern auch dadurch, dass ihnen die Insektenlaquo; bis tief in die Nasenhöhle eindringen und hierdurch Erstickungsgefahr herbeifuhren.
Behandlung. Dieselbe bezweckt zunächst, wenn es noch möglich ist, das Eindringen des Giftes in die Säfte zu verhüten. Für diesen Zweck sucht man an den Stellen, wo sich ein Band zwischen
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Vurgiftete Wunden.
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der Wunde und dein Körper auf den Tlieil legen lässt, durch dasselbe eine feste Zusammendrückung der zuriickfiihrenden Gefässe zu bewirken, um die Zurückleitung der Säfte für einige Zeit zu hemmen. Für diesen Zweck legt man so schnell als möglich ein Band fest um das Glied. Dann bewirkt man die Entfernung, oder wo diese nicht mehr vollständig zu bewirken ist, wenigstens die chemische Zerstörung des Giftes. Die erstere erreicht man durch möglichst frühzeitiges Auswaschen der Wunde mittelst Wasser oder Seilenwasser oder Lauge oder irgend einer andern Flüssigkeit, welche mau zunächst erhalten kann; sehr häufig wird die Ausführung des Giftes flnrch die aus der Wunde kommende Blutung bewirkt, allein man darf sich hierauf niemals verlassen, selbst wenn die Blutung reichlich stattfindet, sondern man muss die Entfernung des Giftes durch oft wiederholtes Eingiessen oder Einspritzen der genannten Flüssigkeiten bewirken. Zuweilen lässt sich die Reinigung zugleich mit der chemischen Zerstörung des Giftes vereinigen, indem man in die Wunde eine etwas concentrirte Auflösung von Kali causticum, oder eine massig verdünnte Säure, z. B. die Salzsäure (^ß zu sect;jv Wasser), oder eben so die Schwefel- oder Salpetersäure, oder massig starken Essig, oder Chlorwasser, oder eine massig concentrirte Aullösung von Chlorkalk giesst. Die Anwendung dieser Mittel muss wenigstens sechs bis zehn Mal wiederholt in Zwischenräumen von circa fünf Minuten geschehen. Ist die Verletzung nicht mehr ganz frisch, so muss man die Weichgebilde in der Wunde einige Linien dick durch Aetzung zerstören, was mit Kali causticum, oder mit con-centrirter Salz- oder Salpetersäure, oder mit Chlorspiessglanz oder Chlorzink oder auch mit dem glühenden Eisen geschehen kann; oder auch man schneidet die ganze Masse im Umfange der Wunde und
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bis unter den Grund derselben
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-1 Zoll tief aus. Hiernach sucht
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man in jedem Falle, die erste Behandlung mag auf die eine oder auf die andere Weise geschehen sein, bald eine reichliche Eiterung in der ganzen Wrunde zu erzeugen, und zu diesem Zwecke verbindet man sie entweder mit Terpenthinsalbe oder Basilicumsalbe, oder mit einem Zusatz von rothem Präcipitat zu diesen Salben, oder auch mit der Kantharidensalbe und bedeckt sie, wenn die Oertlichkeit es sonst gestattet, mit Wrerg oder mit einem Stück Fell, oder man macht warme Breiumschläge. Die Wunde soll vorschriftsmässig 40 Tage lang in Eiterung erhalten werden. Dabei kann man innerlich in der ersten Zeit die Kanthariden, oder die Belladonnawurzel, oder das Calomel anwenden und die Thiere ruhig und in magerer Diät halten. Trotz dieser Behandlung wird stets eine genaue Beobachtung des Benehmens der Thiere nöthig sein, um die etwa dennoch entstehende Wuthkrankheit recht zeitig wahrzunehmen und dann die betreffenden Thiere von den übrigen zu sondern und in sichern Verwahrsam zu bringen.
Die Bisswunden Von giftigen Nattern müssen möglichst bald mit Chlorwasser, oder mit einer Auflösung von Chlorkalk oder mit verdünnter Aetzammoniak - Flüssigkeit (1 Theil Spirit, sal. ammon. zu 2 Theilen Wasser), oder in Ermangelung dieser Medikamente mit Seifenwasser, mit verdünntem Branntwein oder Essig, im Nothfalle
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Vergiftete Wunden.
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mit Urin ausgewaschen weiden. Dabei, oder wo die Waschmittel nicht gleich zur Hand sind, schon vorher legt man ein Band zwischen der Wunde und dem Körper um die verletzte Gliedmaasse recht fest an, so dass die Zurückfiihrung der Säfte in den Venen und Lymphgefässen gehindert werde. Nach dem Beinigen der Wunde wäscht man das, gewöhnlich unterdessen stark angeschwollene, Glied fleissig mit Essig und fährt damit bis zum andern Tage fort. Mindern sich bei dieser Behandlung die Zufälle binnen drei bis sechs Stunden nicht sichtbar, so kann mau auch die Wunde gründlich ausbrennen, oder auch die Kantharidensalbe in sie streichen.
Innerlich giebt mau den Thieren, welche sich erbrechen können, recht bald ein Brechmittel und nach (den andern Thieren sogleich) Chlorwasser, oder Chlorkalk, oder Salmiakgeist, — wenn die Kräfte sinken auch Kaffee, Kainpher u. dgl. erregende Mittel.
Bei Stichen von Bienen und andern Insekten lässt man die betroffenen Hautstellen mit Essig oder mit Bleiwasser waschen oder mit feuchter Erde bedecken und mit diesen JVlitteln so lange fortfahren, bis die schmerzhafte Entzündung beseitigt ist. Auch ist das Befeuchten der verletzten Stellen mit Salmiakgeist oder mit Kampher-Spiritus empfohlen. Wo ein Reizfieber besteht, kann man, je nach dem Grade desselben, innerlich Salpeter, Glaubersalz und andere kühlende Salze verabreichen.
J. G. Wolstein, Das Buch für Thierärzte im Kriege über die Verletzungen, die dem Pferde durch Waifen zugefügt werden. Wien, 1788.
E. Viborg, Bemärkninger om sküdte Saars Behandling hos Besten. (In Veterinär-Selskab. Skrift. I. Deel, S. 351.)
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Zweiter Abschnitt.
Von den wichtigsten Verwundungen im Speciellen.
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Erstes Capitel.
Wunden am Schädel.
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Die Wunden des Schädels sind entweder bloss oberflächlich, wo nur die Weicligebilde auf dem Schädel mehr oder weniger tief be trollen sind, oder eindringend, d. h. solche, welche bis durch die Knochen des Kopfes gedrungen sind. Die Erkennung der grösseren, offenen Wunden ist leicht; die engen Stichwunden und die in der Tiefe, bei den eindringenden Wunden oll entstandenen anderweitigen Verletzungen sind zuweilen schwer zu erkennen, um so mehr, da die Sonde hier nur mit grösster Vorsicht gebraucht werden darf und die Symptome der Gehirnverletzungeu und der Complicationen oft in einander übergehen.
Es können bei den Schädelwunden aussei- der Haut- und den Muskelverletzungen auch Wunden in der sehnigen Ausbreitung, in dem Pericranium, in den Knochen, in den Hirnhäuten und dein Gehirn bestehen. Grosse Wunden in der sehnigen Ausbreitung veranlassen gewöhnlich keine besondere Zufälle, aber bei den engen Stichwunden entsteht grosse Spannung, helliger Schmerz, und zuweilen Anhäufung von Serum oder Eiter unter der Aponeurosis. Sehr ähnlich zeigen sich die engen Wunden an der Beinhaut. Diese Zufalle treten gewöhidich erst nach 2—3 Tagen ein. Die Thiere erscheinen dabei traurig, senken den Kopf und versagen das Futter; örtlich findet man starke, heisse, schmerzhafte Anschwellung in der Umgegend der Wunde, oft auch ein Oedem unter derselben, bei angewendetem Druck fliesst etwas Serum, Eiter oder Jauche aus, und mit der Sonde kann mau bis auf einen festen Grund (lieinhaut oder Knochen) eindringen. — Wunden an den Schädelknoclien fühlt man mit der Sonde, oder, wenn sie offen und gross genug sind, auch mit dem Finger;
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Wunden am Schädel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;373
sind sie durch scharfe Instrumente entstanden, und nur eben bis auf die innere Platte eingedrungen, so können sie ohne besondere Zufälle bestehen; aber die durch mehr stumpfe Werkzeuge verursachten sind fast immer mit Erschütterung des Gehirns, zuweilen mit Splitterung der Knochen und dadurch entstandener Reizung und Entzündung der Hirnhäute, und in manchen Fällen mit Bluteigiessung com-plizirt. Die Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) besteht, wie das Wort es andeutet, in einer Erschütterung der Gehirnsubstanz und dadurch erzeugter Betäubung und Lähmung. Sie entsteht immer augenblicklich bei der Verletzung und äussert sich durch Betäubung, Schwindel, Niederstürzen, Verlust des Bewegungs- und Empfindungsvermögens und des Bewusstseins; die Thiere liegen ganz ruhig, die Temperatur des Körpers ist gering, die Schleimhäute sind blass, der Puls ist klein und massig weich, das Athmeh geschieht ganz ruhig. Das Leiden kann in einem verschiedenen Grade bestehen; bei einem leichteren Grade gehen die Zulalle schnell vorüber, die Thiere erholen sich bald, bei den höhern Graden bestehen sie lange Zeit fort und gewöhnlich sterben die Thiere dabei. Die Section zeigt keine bedeutende Veränderung der Gehirnsubstanz. •— Splitterung der Knochen an der innern Schädelfläche ist, wenn nicht in der Wunde selbst, äusserlich durch kein Symptom zu erkennen. Bei der durch sie erzeugten Entzündung der Hirnhäute oder auch des Gehirns zeigen die Thiere gewöhnlich erst am zweiten Tage oder noch später Eingenommenheit des Kopfes, wobei sie entweder ruhig liegen oder auch aufgeregt sind und namentlich Pferde immer vorwärts drängen, in die Höhe steigen u. s. w.; sie haben einen stieren Blick, injicirte Bindehaut, dunkelrothe Schleimhäute, die Adern am Kopfe sind mehr voll, der Kopf ist heiss, der Puls hart und massig voll; zuletzt tritt Betäubung und unvollständige oder vollständige Lähmung hinzu, und unter diesen Zufällen können die Thiere sterben. — Blutergiessungen (Extravasatc) entstehen bei diesen nicht bis auf die inneren Theile dringenden Verletzungen durch Zerreissung kleiner Blutgefässe der Hirnhäute oder auch in der Gehirnsubstanz selbst; sie bilden in der letzte™ oder zwischen ihr und den Häuten, oder zwischen diesen und den Sehädelknochen kleine Anhäufungen, welche sich allmälig vergrösseni und durch Druck auf das Gehirn Betäubung und Lähmung in verschiedenem Grade herbeiführen. Diese Zufälle entstehen nach der Verletzung allmälig, in Zeit von 1—3 Stunden, wie eben die Ansammlung des Blutes sich nach und nach vergrössert. Bei dem höchsten Grade liegen die Thiere völlig bewusstlos, sie athmen schnarchend, ihr Puls ist voll, die Schleimhäute sind dunkel geröthet. Einmal entstanden, dauern die Zufalle ziemlich gleichmässig fort, bis sie entweder nach 2 •— 3 Tagen sich allmälig wieder mindern oder augh wirkliche Lähmung und den Tod herbeiführen.
Sind Wunden bis in die Schädelhöhle gedrungen, so ist dies durch das Sondiren zu erkennen. Sind dabei die Hirnhäute verletzt, so entstehen zuweilen aus den Sinus heftige Blutungen nach aussen oder Extravasatc im Innern. Oberflächliche Wunden der Halbkugeln des grossen Gehirns verursachen keine besondere Zufalle; tiefere
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Wunden am Schädel.
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Wunden, bis fast auf die Seiteuhöhlen, führen Blindheit und Lähmung auf der entgegengeselztcn Seite, — und Verletzung an der Basis des Gehirns führt Convulsionen mit sich. Bei Verletzung des kleinen Gehirns wird die Combination der Bewegungen für gewisse Zwecke gestört; Verletzungen des Hirnknotens veranlasst Convulsionen, oft mit Drehung des Körpers um die Längeuachse; — und Verletzung des verlängerten Markes macht augenblickliche Convulsionen und dann Lähmung an derselben Seite, wo eben die Verwundung besteht.
Einfache Schnitt-, Hieb- und Stichwunden, wenn sie nur die äusseru Bedeckungen des Kopfes betreffen, eben so leichtere Quetschungen bei den Wunden sind, hier wie in anderen Theilen, in der Regel ohne Gefahr und leicht heilbar; man behandelt sie nach den angegebenen allgemeinen Grundsätzen — so einfach als möglich. — Dringen dergleichen Wunden aber tiefer, so können die Zufälle, die Bedeutung und Behandlung solcher Wunden nach dem Orte und nach den verletzten Theilen sehr verschieden sein. Stichwunden und Quetschungen sind auch hier die schlimmsten. Betreffen sie die Apo-neurose des Schädels oder das Pericranium, so entstehen häufig die bezeichneten schmerzhaften Geschwülste, Eiterung und zuweilen auch Fieber.
Im Anfange behandelt man diese Verletzungen mit kalten Umschlägen, und wenn dadurch die Auschwellungen nicht beseitigt werden, oder die Geschwulst gleich bei ihrem Entstehen schwappend, fluetuirend oder sehr gross war, macht man Einschnitte bis auf die Flüssigkeit selbst, entleert diese und behandelt dann die Wunde nach den allgemeinen Grundsätzen, wie eine gequetschte Wunde. — Lappenwundeu in den Bedeckungen des Schädels, selbst #9632;wenn der Knochen eine grosse Strecke entblösst, oder gar ein Stück Knochen abgehauen ist, dasselbe aber mit den Weichtheilen noch in lebendiger Verbindung steht und keine Splitter zugegen sind, müssen immer, nach gehöriger Reinigung des Lappens, durch blutige Hefte genau vereinigt werden. Auf den Lappen selbst legt man dann passende Wergpolster, um durch einen massigen Druck auf die ganze Fläche die gegenseitige Berührung der getrennten Theile .noch mehr zu erzwecken. Diese Polster werden durch eine Binde in ihrer Lage erhalten und fleissig mit kaltem Wasser oder mit Wasser und Essig, oder mit Bleiwasser angefeuchtet. In vielen Fällen heilt der Lappen ganz, oft aber nur theilweise an, und unter den losen Stellen entsteht Eiterung. Hier muss man dein Eiter guten Abiluss verschaffen und wenn eine fluetuirende Geschwulst entsteht, diese sogleich öffnen, und das Anwachsen der Lappen durch einen guten und geeigneten Verband befördern. Nur selten blättert sich nach reinen Hiebwunden bei dieser Behandlung der Knochen ab. Heilt jedoch der Lappen nicht an, wird der Eiter und der Knochen missfarbig, so gebe man zwar fürs Erste die schnelle Wiedervereinigung auf, schneide aber den Lappen nicht weg, sondern suche ihn auch während der Eiterung zu erhalten und behandele die Wunde ihrem Zustande angemessen nach den allgemeinen Grundsätzen.
Reine Hiebwunden, die bis in die Substanz des Gehirns gedrun-
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Wunden am Schädel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;375
gen sind, aber nur die Rindensubstanz desselben betreflen, sind nicht viel gefährlicher als andere Kopfwunden mit gleichzeitiger Knochenverletzung; doch kann die durch Verletzung eines Sinus entstandene Blutung Gefahr verursachen und die nachfolgende Entzündung und Eiterung kann den Tod herbeiführen. Tief eindringende Hirnwunden veranlassen meistens aussei- den genannten Zufällen auch Lähmung und Tod, besonders wenn sie die Höhlen des Hirns ölTneu und die in oder unter denselben liegenden Theile betreffen.
Die Behandlung dieser Wunden muss im hohen Grade streng antiphlogistisch sein, sowohl örtlich durch kühlende Umschläge, wie auch im Allgemeinen durch reichliches Aderlassen, kühlende Salze und magere Diät. Grössere Wunden vereinigt man, wenigstens oberflächlich, durch die blutige Naht. Zeigt sich ein Hervordrängen der Ilirnmasse durch eine nicht vereinigte Wunde, so ist in den Spalt des Schädels ein Tampon von weicher Leinwand zu legen und hierdurch das Hervordringen möglichst zu beschränken. Ist Eiterung eingetreten, so muss mau so viel wie möglich den vorhandenen Eiter mittelst eines lauwarmen Infusums von Kamillen oder von Arnica entfernen und die Eiterbildung beschränken. Die Vernarbuug kann durch neue Knochenbildung an den Wundrändern des Schädels vollständig erfolgen, aber mit dem äusseru Zuheilen ist noch nicht alle Gefahr beseitigt, da der Erfahrung zufolge in manchen Fällen noch später eine neue Entzündung und hierdurch plötzlich Lebensgefahr entsteht.
Bei Gehirnerschütterung haben sich kleine Aderlässe, kalte Umschläge und Begiessungen, Äbführuugsmittel und Klystiere von Salzwasser in der ersten Zeit nützlich gezeigt; wird aber dabei der Puls immer schwächer, so kann man das Opium in kleinen Gaben, in Ermangelung anderer Mittel Branntwein oder Wein anwenden, muss aber mit diesen Mitteln aussetzen, wenn der Puls voll wird und die Schleimhäute sich dunkler rüthen. Bei Thieren, die sich erbrechen können, kann man auch, so lange der Puls klein und unterdrückt ist, ein Brechmittel anwenden.
Reizung und Entzündung des Gehirns durch Splitter oder auch durch die Verwundung unmittelbar erzeugt, verlangt stets eine strenge Antiphlogose mit reichlicher Bluteutziehung und mit Ableitung durch Purgirmittel auf den Darmkanal; ausserdem würde, wenn man das Dasein der Splitter in der Wunde mit Bestimmtheit erkennt, deren Entfernung nöthigenfalls mit Hilfe der Trepanation zu bewirken sein.
Extravasate sucht man durch Blutentziehungeu und durch kalte Umschläge auf dem Kopf in ihrer Entwickelung zu beschränken uud dann durch von Zeit zu Zeit Igegebene Purgirmittel uud hierdurch verstärkte Resorption zu beseitigen.
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376nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verletzungen des ausseren Ohres.
Zweites Caiiltel.
Verletzungen des ausseren Ohres.
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F)ie Verletzungen der Ohren sind theils einfache Trennungen mit schneidenden Instrumenten, z. B. Säbelhiebe, theils sind sie zugleich mit Quetschungen und Zerrungen verbunden, z. B. beim ungeschickten Bremsen dieser Theile bei Pferden mittelst eiserner Zangen u. dgl.; bei Ochsen, Schweinen und Hunden kommen auch Bisswunden nicht selten vor. Auch werden zuweilen bei Hunden und bei Pferden absichtliche Verwundungen dieser Theile vorgenommen, um durch Abschneiden die eingebildete oder wirkliche ungeschickte Grosse derselben zu mindern und dem Thiere durch diese Verstümmelung ein besseres Ansehen zu geben.
Prognosis. Alle diese Verletzungen sind von sehr geringer Gefahr und von gar keinem nachtheiligen Einfluss auf das Leben oder die übrige Gesundheit des Thieres; jedoch veranlassen bedeutende Quetschungen des Ohrknorpels, sie mögen mit oder ohne Wunde zugegen sein, bei Schweinen und Hunden, besonders bei langohrigen Arten derselben, zuweilen langwierige Entzündungen und schmerzhafte, um sich fressende und sehr langwierige Geschwüre, die schwer zu heilen sind. (Siehe Entzündung der Ohren.)
Kur. Einfache Hieb- und Schnittwunden, wenn sie noch frisch sind, muss man sogleich durch Hefte vereinigen. Beim Anlegen von Heften an den Ohren hat man aber darauf zu sehen, dass 1) die Heftung an jeder Fläche des Ohrs für sich geschehe und vom äus-sern Ende der Wunde her beginne; — 2) dass die Hefte nur durch die Haut gehen und dass mau daher diese, da sie sich meistens sehr zurückzieht, und dadurch der Wundrand des Knorpels entblösst wird, gehörig vorziehe, so dass beide entgegengesetzte Hautlefzcn mit einander in Berührung kommen; — 3) dass dabei aber auch die Knor-pelräuder in gleichmässige Berührung kommen und 4) dass die einzelnen Hefte nahe an einander, etwa in der Entfernung eines Viertelzolles angelegt werden, damit durch die gleichmässige Berührung eine schnelle Vereinigung um so eher gelinge. Im Uebrigen gelten die beim Heften der Wunden angegebenen allgemeinen Grundsätze.
Besteht aber die Verletzung schon seit längerer Zeit, so ist die Haut meistens schon sehr zurückgezogen und vernarbt, daher selten wieder über den entblössten Hand des Knorpels hervorzuziehen. Soll in diesen Fällen die Vereinigung noch geschehen, so muss man mit ganz oberflächlichen Schnitten die Knorpelränder am Rande der zurückgezogenen Haut abschneiden und so eine frische Wunde bilden, welche man auf die angegebene Art heftet. Dieses Verfahren ist, jedoch nicht in allen Fällen anwendbar. Die Hefte können nach 3 bis 4 Tagen, wenn man sieht, dass die Vereinigung geschehen ist, entfernt werden.
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Verletzungen der Augenlider.
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Wenn eine Ohrmuschel in ihrer Breite grösstentheils durchtrennt und die Wiederverwachsung daher nicht wahrscheinlich ist, so kann man am einfachsten den Lappen vollständig ablösen und dabei dem zurückbleibenden Theile durch Beschneiden die Form des gesunden Ohrs zu geben suchen. Zuweilen verkleinert man in solchen Fällen auch das letztere in angemessener Grosse und Form, um die Symmetrie herzustellen.
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Drittes Caiiitel.
Verletzungen der Augenlider.
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Diese Verletzungen kommen ziemlich häufig vor, besonders bei Pferden. Die Gelegeuheitsmsacheu dazu sind sehr verschieden, wie namentlich Bisse von anderen Thieren; das Einstechen, Einschneiden oder Einreissen scharfer und spitziger Blcchstücke, oder von Nägeln, wenn die Pferde sich an der Krippe reiben; das Gegenlaufen an harte Gegenstände, die Einwirkung verschiedener Waffen u. dgl. Meistens betreffen diese Verwundungen das obere Augenlid, weil dies grosser ist und mehr hervorsteht als das untere. Sie sind nach der Richtung entweder Längenwunden, schiefe oder Querwundeu, d. h. die quer durch die Fasern des Kreismuskels gehen, mit ebenen, glatten Rändern, oder sie sind gerissen, uneben, in Lappen, zuweilen mit Quetschung und mit Substauzverlust verbunden. Sehr oft sind sie auch complizirt mit Verletzungen des Augapfels selbst oder der umliegenden Theile, besonders mit Brüchen des Augenbogenfortsatzes, des Stirnbeins u. s. w.
Die Erkennung der Wunden der Augenlider ist bei der oberflächlichen Lage dieser Theile immer leicht an den im Allgemeinen angegebenen Erscheinungen der Wunden zu erkennen.
Beurtheilung. Einfache Hieb- und Schnittwunden der Augenlider sind nicht gefährlich und im frischen Zustande meistens durch die blutige Naht leicht zu heilen; sind sie aber gerissen, uneben, oder mit den genannten Nebenverletzungen und Complicationen verbunden, so ist die Heilung und die Vorhersagung nach diesen Umständen weniger leicht und mehrentheils nicht günstig. Auch ist darauf Rücksicht zu nehmen, ob die Wunde frisch oder alt ist und ob sie hiernach durch die schnelle Vereinigung sogleich und gut zu heilen sein wird oder nicht? Längenwunden der Augenlider haben im veralteten Zustande oft die üble Folge, dass entweder das Augenlid sich verkürzt und dann immer zu viel geöffnet bleibt, ein sogenanntes Hasenauge (Lagophthalmos) bildet, oder dass es sich verlängert, was am häufigsten geschieht, und dabei von dem Thiere nicht mehr nach Willkür geöffnet werden kann etc. Quetschwunden sind oft
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i^t^m
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Verletzung der Augenlider. Behandlung.
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dadurch von grossei- Bedeutung, dass das Auge selbst gequetscht und sehr erschüttert ist oder sogar Blutaustretungen in ihm stattfinden. (Siehe Wunden des Augapfels.) Dagegen sind bloss äusserliche Quetschungen der Augenlider und des Augenbogens, selbst wenn Splitterungen seines Randes stattgefunden, für sich allein nicht gefährlich, indem sie, obwohl etwas langsam, nach Entfernung der Splitter vollständig heilen. Lappen, die nur an einem dünnen Theil hängen, heilen selten wieder an, sondern vertrocknen gewöhnlich.
Behandlung. Einfache, reine Wunden, sie mögen quer oder senkrecht verlaufen, erfordern zu ihrer Heilung, wenn sie nur eini-germaassen gross sind und von einander klaffen, die Anlegung der blutigen Naht, ein oder mehrere feine Helle der Knopfnaht, oder der Hasenschartennaht. Beim Anlegen dieser Hefte verfahrt man so, wie beim Heften der Wunden im Allgemeinen angegeben worden; man legt den ersten Heft am Rande des Augenlides an und nach dem Grunde der Wunde zu den zweiten, um somit einen ebenen Rand des Augenlides zu erhalten. Ist die Verletzung von der Art, dass sie einen Winkel bildet, und dass ein Theil des verletzten Augenlides lappenartig über das Auge herabhängt, so muss auch hier dieser Lappen zu erhalten und durch Hefte zu vereinigen gesucht werden, selbst wenn die Verwundung auch schon 1 — 2 Tage vorher erfolgt wäre. In diesem letztern Falle sind jedoch die Wundränder zu untersuchen, ob sie noch empfindlich und lebendig oder vielleicht schon an einzelnen Punkten vertrocknet sind? — Ist dieses letztere geschehen, so müssen sie vor dem Anlegen der Hefte erst wieder vermittelst einer feinen Schecrc vorsichtig beschnitten und frisch gemacht werden. — Auf gleiche Weise müssen gerissene, unebene Wunden, sie mögen übrigens eine Richtung haben, welche sie wollen, vor dem Anlegen der Hefte erst durch Abschneiden der einzelnen Unebenheiten an den Wundrändern in ebene Wunden umgewandelt werden, um auf diese Weise eine genaue Vereinigung derselben vollkommen zu erzwecken. Die Empfindlichkeit, Beweglichkeit und der geringe Umfang der Theile machen hierbei oft grosse Schwierigkeiten. Um mit Ruhe und Sicherheit operiren zu können, ist es in den meisten Fällen nöthig, das verletzte Thier niederzulegen, Pferde und Ochsen zu bremsen, Hunden und Schweinen einen Maulkorb anzulegen oder das Maul zu verbinden und dann den Kopf von einer starken Person recht gut fixiren zu lassen. Auch muss in jedem Falle vor dem Anlegen der Hefte das Augenlid und das ganze Auge gut gereinigt und dann das Heften selbst so zart als möglich verrichtet werden, weil sonst darnach zu heftige Entzündung der Bindehaut entsteht. Die Hefte können 2—Sfachc glatte Fäden (Knopfnaht) oder Stecknadeln (umschlungene Naht) sein und sie dürfen niemals durch die ganze Dicke des Augenlides, sondern nur durch die Haut gelegt werden, damit weder die Bindehaut oder das Auge verletzt oder zu sehr gereizt, noch durch die eingelegten Fäden das Auge gedrückt werde. Die einzelnen Hefte dürfen höchstens nur 4—6 Tage liegen bleiben, weil bis dahin gewöhnlich schon die Vereinigung der Wundränder erfolgt ist, ein längeres Zurückbleiben der Fäden aber nur uu-nöthige Eiterung um dieselben herum zur Folge hat. Ist die Zusam-
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Verletrung der Augenlider. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;379
menheilung bis zum vierten oder sechsten Tage nicht erfolgt, oder ist der getrennte Theil des Augenlides sehr klein und schon kalt, so schneidet man nach herausgenommenen Fäden den ganzen Lappen glatt weg; ist dieser aber gross und noch etwas warm, so beschneide man die Wundränder und hefte sie von Neuem zusammen — wo dann noch zuweilen die Vereinigung gelingt. — Die in Folge der Verletzung des Augenlides an demselben eintretende Entzündung, welche durch die Hefte noch verstärkt wird, muss durch anhaltendes Befeuchten mit ganz kaltem Wasser in ihrer Heftigkeit beschränkt werden. #9632;— Stattgefundene Blutergiessungeu werden durch einen Einstich mit der Lanzette entleert.
Während der Behandlung muss das Thier Ruhe haben und, damit es sich nicht an dem verletzten Auge reibe, andauernd im Stande umgekehrt und zu beiden Seiten des Kopfes angebunden stehen. Wenn man Gelegenheit hat, solche verwundete Thiere in einem grössem Raum (z. B. einem Scheunenflur) zu stellen, so kann man sie daselbst sehr zweckmässig folgendermaassen anbinden: man legt ihnen ein Halsband um, au dem Genicktheil desselben bindet man einen Strick und befestigt das andere Ende des letztern an der Mitte der Decke des Raumes in solcher Länge, dass das Thier hierbei wohl vermögend ist, auf der Mitte des Fussbodens einen Schritt von der Stelle zu gehen oder auch sich niederzulegen, aber dass es mit dem Kopfe weder die Wände noch den Erdboden erreichen kann.
Da trotz der besten Behandlung die Anheilung der Lappen bei Augenlidwunden sehr oft nicht erfolgt, die Behandlung mittelst des Heftens auch sehr mühsam, für das Thier lästig und bei Arbeitsthie-ren für den Eigenthümer mit Zeitverlust und Kosten verbunden ist, und endlich: da die Erfahrung zeigt, dass der Verlust eines Stückes aus dem Augenlide in der Regel keinen wesentlichen Nachtheil mit sich führt, so habe ich sehr oft, namentlich an Arbeitsthieren armer Leute, den Lappen mittelst der Scheere gleich auf frischer That weggeschnitten und dadurch alle die bezeichneten Umständlichkeiten vermieden. Man hat nur darauf zu sehen, dass durch das Ausschneiden ein möglichst ebener Rand des Augenlids erzeugt werde. Die Operation wird in der Regel im Stehen gemacht, nachdem das Thier gebremst ist. Die Blutung ist gering und durch kaltes Wasser bald zu stillen. Die Thiere können sogleich wieder arbeiten, bedürfen keiner Nachbehandlung, und die Heilung erfolgt schnell.
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380nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verwundung des Blinzknorpels.
Viertes Capitel.
Verwundungen des Blinzknorpels.
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Die Blinzknorpel (die Nickhant, Vogelhaut, der Nagel, das dritte Augenlid) wird zuweilen durch dieselben Einwirkungen verletzt, welche die A'erwundungen der Augenlider und des Augapfels erzeugen, zuweilen wird sie aber auch absichtlich bei der Operation des sogenannten Hauk- oder Nagelschneidens herbeigeführt •), welche unwissende Personen hin und wieder unternehmen, um Krankheiten des Auges oder auch sogar in andern Theilen, z. B. Kolik, zu beseitigen, was natürlich nicht gelingt.
Man sieht diese Verletzungen, wie sie eben sind. Irisch oder veraltet, mit ebenen oder unebenen Rändern, zuweilen auch mit unvollständiger Trennung. Es entsteht bald mehr, bald weniger Entzündung der Bindehaut, dunkle Röthung und Auflockerung derselben, Thränen, Schliessen der Augenlider u. s. w., und man sieht besonders den verwundeten Rand des Blinzknorpels verdickt und dunkel geröthet.
Zuweilen erfolgt die Heilung bei allmäliger Verminderung der Entzündungszufälle und mit glatter Vernarbung des Knorpelrandes; in andern Fällen entsteht jedoch an demselben eine chronische Schwärung und Verdickung oder ein schwammiger, wuchernder, bösartiger und zur VViedererzeugung'neigender Auswuchs. In diesen Fällen sieht man eine röthliche, mehr oder weniger dicke, gewöhnlich runde Geschwulst im Innern Augenwinkel, es fliesst Eiter oder Jauche aus demselben, die Augenlider können nicht gehörig geschlossen werden, oft ist die ganze Bindehaut stark aufgelockert und reichlich mit ausgedehnten Gefässen versehen; die Thiere reiben sich oft die Augen und zuweilen ist auch das deutliche Sehen gestört.
Die Beurtheilung ist bei reinen Schnittwunden, und wenn zeitig eine zweckmässige Behandlung eingeleitet worden ist, ziemlich günstig, indem unter diesen Umständen eine gute Heilung zu erfolgen pflegt; bei unebenen Wundrändern, auch da, wo der Kuorpelrand entblösst hervorsteht, oder bei gleichzeitiger Quetschung des Knorpels und wenn die Wunde bereits in Ulccration oder üppig granuli-rend ist, erfolgt die Heilung sehr schwer und gewöhnlich nicht anders, als durch Abtragung des kranken Knorpelrandes oder durch Exstirpation desselben.
Die Behandlung besteht bei einfachen Wunden mit glatten Rändern bloss in derraquo;Anwendung des kalten Wassers, des Bleiwassers, oder bei grosser Reizbarkeit des Auges in der Anwendung schleimiger Mittel, um die Entzündung abzuhalten oder zu vermindern. Ist
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') Sie besteht in dein Abschneiden eines Stücks des Blinzknoipels.
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Verwundung des Blinzknorpels. Behandlung.
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die erste günstige Zeit verwahrlost uud die Wunde bereits in Eiterung, aber doch mit ebenen Rändern versehen, so sind gelind aromatische Augenwasser mit Zusatz von Augenstein, Ziukvitriol u. dgl. zu benutzen. Wunden mit unebenen oder zu stark hervorstehenden Knorpelrändern und solche, wo die Trennung unvollständig gescheiten ist, wandelt man durch glattes Abschneiden dieser abnormen Ränder in ebene Wunden um und wendet dann die entzundungswi-drigen Mittel an. Dieses Beschneiden des Randes des Blinzknorpels ist nur am liegenden Thiere ausführbar. Man erfasst, nachdem die Augenlider durch die Augenlidhalter, wie bei der Operation des grauen Staars, gehörig aus einander gehalten sind, den Knorpelrand mit einer Pinzette oder einem Häkchen, oder man zieht mittelst einer Heftnadel einen Faden durch denselben und hält ihn mit demselben hervorgezogen fest und schneidet dann am besten mit einer Co operscheu Scheere ihn so weit ab, wie er krank erscheint. Die Blutung ist nur unbedeutend und leicht mit kaltem Wasser zu stillen. Die Nachbehandlung ist zunächst wieder die entzündungswidrige. #9632;— Bei dem Vorhandensein der oben bezeichneten Geschwulst verfahrt man im Wesentlichen eben so, indem es der Erfahrung zufolge nicht hinreicht, dieselbe von dem Blinzknorpel abzulösen, sondern es muss jederzeit die Stelle des Knorpels, auf welcher der Auswuchs sitzt, mit fortgenommen werden. — Findet man aber die Entartung des Knorpels bis zu seiner Basis hin verbreitet, so ist es am besten, ihn völlig herauszulösen. Zu diesem Zwecke wird derselbe ebenfalls mit einem Häkchen oder dergleichen ergrill'en und so stark, wie die Dehnung der Bindehaut es gestattet, hervorgezogen, darauf aber mittelst der Scheere mit glatten Schnitten rund herum von der Bindehaut getrennt und entfernt. Die Blutstillung und die xNachbehandlung sind wie im Vorstehenden angegeben. #9632;— In jedem Falle muss man durch geschicktes Anbinden des Thieres u. s. w. Reibungen an dem Auge vermeiden.
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Fünftes Capltel.
Verletzungen des Auges und besonders der durchsichtigen
Hornhaut.
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Obgleich der Augapfel durch die tiefe knöcherne Kapsel, in welcher derselbe zum grössern Theil liegt, dann durch die leichte und schnelle Verschliessbarkcit der Augenlider uud durch das eben so schnelle über den ganzen vordem Theil des Augapfels erfolgende Hervortreten des Bliuzknorpels bei jeder Annäherung von Gefahr drohenden Gegenständen mehr als jeder andere äussere Theil gegen Verwundung geschützt ist und obgleich wegen der covexen Form,
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382nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wunden des Augapfels.
wegen der grossen Beweglichkeit und wegen der elastischen Beschaf-heit des Augapfels sehr viele auf denselben einwirkende Gewaltthä-tigkeiten zum grossen Theile oder ganz ihre Kraft verlieren: so kommen dennoch Verwundungen dieses Organs nicht selten vor. — Die genannten Umstände tragen jedoch dazu bei, dass die meisten Verletzungen des Augapfels nur oberflächlich bleiben.
Die Ursachen, welche Verwundungen des Augapfels hervorbringen, müssen daher entweder in scharfen, spitzigen, stechenden oder sehr schnell einwirkenden Körpern bestehen, z. B. ins Auge geworfene Glas-, Knochen- und Holzsplitter, hervorstehende Nägelspitzen, spitzige Strohhalme, scharfes Heu, Disteln u. s. -w.; ferner und sehr häußg sind Ruthen- und Peitschenhiebe, Bisse von anderen Thieren, und bei Hunden Kratzen von den Krallen der Katzen die Ursache dieser Verletzungen. Dieselben wirken jedoch vorzüglich nur auf die vordere Hälfte des Augapfels und die Wunden desselben kommen daher meistens nur an der durchsichtigen Hornhaut vor, da die hintere Hälfte durch die knöcherne Augenhöhle, durch ein starkes Fettpolster, durch die hier zusammengedrängt liegenden Muskeln des Augapfels und durch die Festigkeit und Härte der Sclerotica für äus-sere Einflüsse sehr wenig zugänglich gemacht ist. — Ihrer Form und Beschaffenheit nach sind diese Wunden bald senkrecht, quer oder schief, eben oder winkelig, geschnitten, gehauen oder gerissen, mit oder ohne Quetschung verbunden, bald oberflächlich in der äussern Lamelle der Hornhaut, bald durchgehead; oft sind es reine Wunden, zuweilen aber mit ins Auge gedrungenen und unter den Augenlidern verborgenen fremden Körpern verunreinigt und haben in manchen Fällen schwammige Auswüchse oder Auflockerungen der Hornhaut im Gefolge. Zuweilen sind sie mit gleichzeitiger Verwundung der Augenlider, mit Verletzung derselben, mit Brüchen einzelner die Augenhöhle bildender Knochen, mit heftiger Erschütterung des ganzen Auges etc. complicirt. — IVach der Grosse und Art der Verlez-zung tritt auch gewöhnlich ein stärkerer oder ein schwächerer Grad von Entzündung hinzu und bei jedem etwas bedeutenden Grade derselben findet sich auch ein entsprechendes Fieber ein.
Man erkennt die Verletzungen der Hornhaut durch die genaue Besichtigung des geöffneten Auges an einem gehörig hellen Orte. — Zuweilen ist es nöthig, besonders wenn der Zustand schon einige Tage besteht, vor der Untersuchung erst das Auge durch lauwarmes Wasser mittelst eines Schwammes vorsichtig zu reinigen, damit man durch Schleim, der sich in feinen Fäden über die Hornhaut hinzieht und manchmal einer kleinen Wunde täuschend ähnlich ist, nicht irre geleitet werde. Die Thiere verhalten sich übrigens bei Verwundungen der Augen fast ganz so, wie bei Augenentzündungen; sie stehen etwas traurig, verschliessen das verletzte Auge durch die Augenlider und das Auge thränt gewöhnlich dabei mehr oder weniger stark. — Die Zeichen der Wunden selbst sind nach ihrer Verschiedenheit verschieden. Ausser der verschiedenen, ebenen oder unebenen, kleinem oder grössern Trennung der Hornhaut sieht man die letztere gewöhnlich nach kurzer Zeit trüb, bläulich oder weiss werden; wo Blut-ergiessungen im Innern bestehen, erscheint sie röthlich; die Gefässe
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Wunden des Augapfels.
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der Bindehaut werden injicirt; bei eindringenden grössern oder mit unebenen Uändern versehenen Wunden ist stets die wässerige Feuchtigkeit ausgeflossen, die Hornhaut zusammengeralicu, faltig; zuweilen ist die Regenbogenhaut in die Hornhautwunde getreten (Prolapsus Iridis) und diese enthält daher einen braunen oder schwärzlichen Gegenstand. In andern Fällen ist die Linse in die vordere Augenkammer getreten oder sie ist nebst dem Glaskörper gänzlich durch die Wunde herausgetreten und in Folge dessen der Augapfel ganz zusammengefallen.
Die Vorhersagung bei den Verwundungen des Augapfels richtet sich 1) zum Theil nach dem Orte der Wunde, ob diese nämlich mehr nach der Mitte des Auges vor der Pupille oder mehr nach den Seiten derselben, nach dem Rande der Hornhaut zu sich befindet, — 2) zum Theil nach der Grosse und Beschaffenheit der Wunde, besonders ob sie bloss oberflächlich oder durchgehend ist und dann 3) zum Theil auch nach dem Alter des Thieres. — Obgleich die Hornhautwunden heilbar sind, so kann man doch nach jenen Verschiedenheiten bestimmen: dass nur oberflächliche und nur solche eindringende Wunden mit glatten Rändern, die sich ganz eben an einander lugen und die Wunde gleich nach ihrer Entstehung wieder verschliessen, wo zugleich keine Quetschung, keine Erschütterung des Augapfels, keine Verunreinigung durch fremde Körper und keine Lösung oder Ausstossung der innern Theile stattgefunden hat, mit einiger Sicherheit als heilbar zu betrachten sind. Unter entgegengesetzten Umständen erfolgt entweder die Heilung nur unvollständig oder gar nicht. Dieselbe ist unmöglich, wenn der Glaskörper und die Linse aus dem Auge getreten sind oder wenn die Wunde mit Substanzverlust besteht. W'unden in der Mitte der Hornhaut sind ungünstiger zu beurtheilen als eben so grosse und noch grössere Wunden, wenn sie mehr nach der Seite des Auges zu vorhanden sind, weil die zurückbleibenden, undurchsichtigen Narben der erstem gewöhnlich dem deutlicheren Sehen sehr hinderlich sind; denn jede einigermaassen etwas grosse Wunde der Hornhaut hinterlässt eine mehr oder weniger grosse und undurchsichtige Narbe mit mehr oder weniger Verdunkelung. Entstehen Eiterung, Auflockerung der Hornhaut oder schwammige Auswüchse, so bleiben ebenfalls grosse, undurchsichtige und hartnäckige Narben zurück. — Wie die Verletzungen bei jungen Thieren überhaupt leichter heilen als bei alten, so ist es auch hier am Auge, und die zurückbleibenden Narben werden bei jungen Thieren, bei denen die Resorption noch sehr schnell vor sich geht, durch die Natur selbst, zum Theil aber durch zweckmässige Behandlung weit leichter beseitigt, als bei altern Thieren.
Behandlung. Bei kleinen und oberflächlichen Verwundungen der durchsichtigen Hornhaut sind gewöhnlich die Zufalle so unbedeutend, dass man gar nicht nöthig hat, etwas anderes dabei zu thun, als dem Thiere täglich einige Mal das Auge mit kaltem, aber recht reinem Wasser gelind und oberflächlich zu reinigen, und ihm durch Verdunkelung des Stalles allen Lichtreiz zu entziehen, welches letztere überhaupt, so wie das vorsichtige Anbinden der Thiere, damit sie sich die Wunde nicht reiben können, bei jeder Augenverletzung gesche-
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Wunden des Augapfels. Behandlung.
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Leu sollte. Ist aber die Wunde gross, erstreckt sie sich mehr nach der Sclerotica zu, ist diese selbst mit verletzt, ist die Wunde mit Quetschung verbundeu, so tritt auch die Entzündung heftiger ein, welche als llauptsachc behandelt werden muss. Ulan wendet also im Anlange lleissig Umschläge oder Beieuchtungeu mit kalten Flüssigkeiten, z. B. mit reinem Wasser, mit schleimigen Flüssigkeiten, und wo das Thier viel Schmerz äussert, mit Infusioneii narkotischer Pflanzen u. s. w. an, •— aber man vermeide gänzlich die Bleimittel, weil sie weissc, undurchsichtige und unauflösliche Narben erzeugen und die etwa vorhandene Trübung der Hornhaut dauernd machen. 1st die Entzündung heftig und stellt sich bedeutendes Fieber ein, so mache mau einen den Zufallen und der Constitution des Thieres angemessenen Aderlass und gebe nur sehr wenig und weiches Futter. Sickert aus der Wunde eine eiterige Flüssigkeit, so wende man die vorher erwähnten Bähungen lauwarm an, ganz warm und als Breiumschläge aber niemals, weil hierdurch die Eiterung ^su sehr befördert würde, was nie gut ist, indem es die Narben noch mehr vergrössert.
1st aber die Eiterung sehr stark, so nutzen Augeuwässer von ge-lind zusammenziehenden, massig reizenden Mitteln, welche man täglich 3—4 Mal entweder ins Auge eintröpfelt oder noch besser mittelst eines feinen Pinsels auf die Wunde bringt. Man bedient sich zu diesen Augenwässern des Baldrian-, Chainillen- oder Arnica-lnfu-sums, mit Zusatz des Opiums, des Augensteins, des Zinkvitriols, — eines Weiden- oder Eicheiiriiidendekokts, und in Fällen, wo die eiternde Fläche sehr gross ist und wo man also grosse Narben nicht mehr verhüten kann, auch der Bleimittel. Diese letztern sind jedoch in allen Fällen, wo man mit andern iilitteln ausreicht, zu vermeiden, weil sie nach vielen Beobachtungen weisse und ganz undurchsichtige Narben hervorbringen. Die vorhin genannten Mittel wendet man entweder einzeln oder mehrere derselben zugleich in Verbindung mit einander an. — Gewöhnlich nimmt man vom Opium 6—10 Gran auf ^j Wasser,; die verschiedenen Opiumtinkturen wendet man zuweilen ohne Verdünnung mit Wasser an, zu anderen Mitteln setzt mau sie aber gewöhnlich nach Beschalleuheit der Umstände in dem Verhält-niss, dass ungefähr auf gj Flüssigkeit 10—30 Tropfen kommen; vom Zinkvitriol nimmt man auf dieselbe Quantität Wasser gr. j—#9632; ij. — Dieselben Mittel und auf dieselbe W eise angewendet leisten aucli gute Dienste bei schwammigen Auswüchsen, die sich in grösseren eiternden Wunden der Hornhaut zuweilen erzeugen. Weichen aber diese Auswüchse jenen Mitteln in flüssiger Form angewendet nicht, so brauche man sie trocken, in Form eines ganz feinen Pulvers vermittelst eines feinen Haarpinsels; man macht denselben etwas feucht, taucht ihn so in das Pulver, damit etwas an demselben hängen bleibt und streicht dann dasselbe ins geöllhete Auge. Fruchtet auch dies nicht, so ist eine Sublimatauflüsung und zwar etwa h bis höchstens 1 Gran desselben auf sect;j destillirtem Wasser genommen zur baldigen Beseitigung dieser Schwäninichen recht geeignet. Am allerbesten und schnellsten geschieht dies durch ein- oder mehrmaliges vorsichtiges Berühren des Auswuchses mit einem zugespitzten Stück Höllenstein. Hierbei muss man auf folgende Weise verfahren: Das obere
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Verwundungen der Nase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;385
Augenlid wird iu die Höhe gezogen, der Schwamm mit dein Aetz-initlel betupft, dann das Augenlid noch einige iUiuuten so gehalten und ilanu erst die betupfte Stelle mit etwas Oel bestrichen, ehe man die Augenlider schliessen lässt. — Die mit der Wunde vorhandenen Complicationen müssen jede nach ihrer Art behandelt werden. Ueber die Narben und Verdunkelungen, welche hier zurückbleiben, siehe Seite 116 u. ff.
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Sechstes Capitel.
Die Verwundungen der Nase.
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Die Verwundungen der häutigen, fleischigen und knorpeligen Theile der Xase kommen nicht selten vor, sie*werdeu aber gewöhnlich nur bei Pferden und auch bei diesen nur dann ein Gegenstand der thielärztlichen Behandlung, wenn sie sehr gross sind oder wenn durch dieselben eine Verunstaltung eines Nasenloches herbeigeführt worden ist. Diese \\ unden sind am häufigsten uneben und mit Quetschung, zuweilen auch mit Substanzverlust und mit Brüchen der Nasen- oder vorderen Kielerbeinen verbunden; sehr selten sind es reine Schnitt und Hiebwunden.
Diese \ erletzuugen entstehen mehrentheils durch Bisse von anderen Thieren, durch hervorstehende Nägel, an welchen sich die Thiere reissen und verletzen und dergleichen. Zuweilen wird bei vorhandenen Polypen und bei anderen in der Nasenhöhle befindlichen fremden Körpern der untere Theil der Nasenhöhlenwanduugen absichtlich aufgeschlitzt, um jene Körper desto besser untersuchen und eutfernen zu können, und die Tataren sollen dies thun, um ihren Pferden, wie sie sich einbilden, ein freieres, ungehindertes Athmen uud dadurch mehr Ausdauer im Laufen zu verschaffen.
Die Prognosis ist fast bei allen diesen Verletzungen sehr günstig; sie sind ohne Gefahr, werden aber nicht immer leicht geheilt, besonders wenn etwa zu grosser Substanzverlust zugegen ist oder die VVundränder uneben, lappig oder schon ausgetrocknet sind, oder wenn die Thiere nicht sehr sorgfältig Tag und Nacht gegen das Rei-beu der verletzten Theile geschützt werden können. Unter diesen Umstäuden bleiben olt Lücken oder Verkrümmungen in den Rändern der Nasenlöcher zurück.
Die Behandlung dieser Wunden ist der bei den Augenlidwunden angegebenen ganz ähnlich; — frische reine Schnitt- und Hiebwunden werden sogleich mit blutigen Heften vereinigt; unebene VVundränder bei gerissenen und gebissenen Wunden werden durch Hinwegnahme der Unebenheiten vermittelst oberflächlicher Schnitte vor dem Anlegen der Hefte geebnet und veraltete VVundränder werden ebenfalls vorher auf gleiche Weise in frische umgewandelt. Üer erste Heft
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Verletzungen am Maule.
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winl liier ganz dicht am Rande des Nasenloches eingelegt, von diesem etwa a Zoll entfernt der zweite, und iu gleicher Entfernnng, wenn es nöthig ist, der dritte und vierte bis zum Grunde der Wunde. Die Enden der Hefte werden darauf ganz kurz abgeschnitten. Gleich nach dem Heften bindet *man das Thier so an, dass es sich durchaus nicht au der Nase reiben kann; aus demselben Grunde lässt man es auch in den eisten 5 bis 6 Tagen nicht niederlegen und futtert es aus einer Schwinge oder von einer ausgebreiteten Leinwand. — Es ist nicht nöthig, die Hefte länger als 4 bis 5 Tage liegen zu lassen, weil in dieser Zeit die Vereinigung schon hinlänglich geschehen ist; man entfernt sie nach allgemeinen Regeln, indem man sie au einem Ende durchschneidet und dann herauszieht.
Eine besondere therapeutische Behandlung der gehefteten Wunde ist in der Regel nicht nöthig; viel wichtiger ist dagegen in jedem Falle die Sorge, die auf das ruhige ^ erhalten des Thieres verwendet werden muss.
Da aber trotz der sorgfaltigsten Behandlung diese Wunden oft nicht durch die schnelle Vereinigung heilen, das Heften und die Nachbehandlung niUhsum und mit Zeitverlust verbunden ist, so habe ich auch hier, besonders wieder bei Arbeitsthieren armer Leute, den Lappen so weggeschnitten, dass ein glatter Rand der Nasenöffnuug entstand. Die Heilung erfolgt hiernach von selbst und recht gut.
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Siebentes Capitel.
Verletzungen am Maule.
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Am Alaule kommen Verwundungen der Lippen und der Maul-wiukel bei Pferden häufig, bei den übrigen Tbieren aber nur selten vor. Diese Verletzungen sind in den meisten Fällen gerissene oder gebissene Wunden. Die an den Lippen vorkommenden Bisswunden sind manchmal von bedeutendem Umfange und zuweilen von der Art, dass das abgerissene Stück lappenarlig herabhängt. — An den Maul-winkelu entstehen diese Verletzungen zuweilen durch unvorsichtigen Gebrauch der Stangen und Trensen, wenn nämlich das Gebiss zu kurz geschnallt oder zu scharf, zu eckig, oder entgegengesetzt ganz ohne Stange ist, wie z. B. bei den Stricktrensen. Mit diesen verschiedenen mangelhaften Zäumuugsstückcn werden die Maulwinkel vorzüglich bei hartmäuligen, bei dummkollerigen oder bei jungen Pferden, welche noch nicht viel geritten sind und das Gebiss noch nicht kennen, durch ein plötzliches Anhalten nach schnellem Reiten, oder wenn sie widerspenstig sind, auf einer oder auf beiden Seiten mehr oder weniger wund- oder gar durchgerissen.
Diese Verwundungen sind sämmtlich mit Quetschungen verbunden und zeigen sich entweder im frischen oder im veralteten Zu-
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Verletzungen am Maule.
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stände, zuweilen mit geraden, oft aber mit unebenen, auch mit cal-lüseu, verhärteten Rändern; manchmal ist eine Lippe nach der einen oder der anderen Seite verzogen.
Die Vorhersagung ist bei diesen Wunden in Bezug auf die Heilung im Allgemeinen günstig, obgleich dieselben wegen der grosseu Beweglichkeit der Lippen und Backen und wegen der beständigen Verunreinigung der Wunde mit Speichel und Futter manchmal schwierig herbeizuführen ist.
Km-. Obgleich diese Wanden in den allermeisten Fällen mit bedeutender Quetschung verbunden sind, so muss man dennoch zur Heilung derselben immer die schnelle Vereinigung durch die blutige Naht zu erlangen suchen, weil sonst die getrennten Theile sehr un-regelmässig verzogen und stets verunreinigt werden, oder zum Theil absterben oder #9632;wenigstens entarten. Wenn daher durch die Naht auch nicht jedesmal die wirkliche Vereinigung an allen Punkten der Wunde erfolgt, so werden dennoch diese Uebelstände dadurch sehr vermindert. Wegen der starken Auseinanderziehung und der grossen Beweglichkeit der hier getrennten, grösstentheils muskulösen Theile bedient man sich zur Vereinigung derselben am besten etwas starker und breiter Bandhefte. In Bezug auf die Vorbereitung der Wunden zur Heftung in den Fällen, wo sie uneben und veraltet sind, gelten auch hier die bereits angeführten Regeln.
Beim Heften selbst hat man darauf zu sehen, dass 1) der erste Heft am äusseru Rande der Wunde, daher auch in der IMaulspalte da augelegt werde, wo der natürliche Spalt aufhört; 2) dass man, um eine recht genaue Vereinigung der Wundränder zu erhalten, jeden Heft von dem andern nur in einer geringen Entfernung von etwa 4- Zoll anlegt; 3) dass man die Nadel nicht nur durch die äussere Haut, sondern auch durch die Muskeln führt, und 4) dass man die Enden der zusammengebundenen Hefte ganz kurz abschneidet, damit sie nicht gezerrt werden können.
Nach dem Heften ist die grösste Ruhe des Thieres und namentlich des verletzten Thciles nöthig. Man darf daher innerhalb der ersten 24 bis 30 Stunden gar kein, und später am zweiten und dritten Tage nur ganz weiches Futter, z. B. Kleienbrei, Heuhäcksel, ge-schrotenen Hafer oder Gerste u. s. w. geben. (betrank kann dem Thiere von Anfang an und zwar ein IMehltrank gereicht werden. !Vlit 5—6 Tagen ist die Vereinigung zum grössten Theil schon geschehen und man kann zu dieser Zeit die Hefte entfernen. Die gänzliche Heilung erfolgt aber erst mit 10 bis 14 Tagen, daher man bis dahin das Thier noch in der angegebenen Art verpflegen muss und nicht stark gebrauchen darf.
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Verletzungen der Oluiiiiisen unJ ihres Speichelganges.
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Achtes Capitel.
Verletzungen der Ohrdrüse und ihres Speichelganges.
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Zu den äusserlich am Kopf vorkoiiimeudeii \ erletzungen, die wegen besonderer Zufälle und Behandlung bemerkenswerth sind, gehören auch noch die Verletzungen der Ohrdrüse und ihres grosseu Ausliihrungsganges, des Stenonschen oder Stensouscheu Speichelganges (ductus Stenouianus). — Dieser Gang entspringt be-kaunUich aus vielen kleinen Gängen, die aus den einzelnen lappen-förmigeu Abtheilungen der Drüse hervortreten, durch ihre \ ereiui-gung immer stärker werden und last in der Mitte des vorderen Randes der ührdrüse endlich in diesen Uauptgang zusammeukonimen. Beim Pi'erde und Schweine geht derselbe dann in Kehlgang an der inneren Seite des Hinterkiclers, zwischen dem inneren Kaumuskel und der Haut fort, beugt sich an dein unteren Rande des Hinterkiefers nach aussen und oben und geht am vorderen Rande der äusse-ren Kaumuskels bis an den Backenmuskcl, den er last in seiner Mitte in der Gegend des dritten Backenzahnes durchbohrt und sich im Maule endet. Auf seinem Verlaufe hat er zum grössten Theile die äussere Kinnbackenmaterie und Vene neben sich. Bei den VNieder-käuern und den Hunden aber ist er viel kürzer und hat nicht einen so gekrümmten, sondern einen geraden \ erlauf von der Drüse querüber dem äusseren Kaumuskel zum Backeimmskel, den er aber ebenfalls in der Gegend des dritten Backenzahnes durchbohrt und sich dann auf gleiche Weise im iMaule endet. Bei sämmtlichen Thiereu liegt er nur allein unter der Haut und dem Kopfhautmuskel. #9632;— Die Verletzungen der ührdrüse kommen in verscliiedener Weise vor; sie sind entweder reine Schnittwunden oder mit Quetschung verbunden; sie sind entweder in der Mitte oder an einem Rande der Drüse, entweder blos an- oder durchgeschnitten, oder sie betrellen die Drüse allein oder auch grössere Gefässe, die in ihrem Umfange unter ihr liegen. — Der Speichelgang ist entweder blos angeschnitten oder völlig durchgeschnitten; die Wunde ist quer, oder schief, oder in der Längenrichtung in demselben und mit oder ohne weitere Nebenverletzungen verbunden.
Die Ursachen der Verletzungen der üluspeicheldrüse und ihres Ausführungsganges sind sehr verschieden und man kann im .Allgemeinen alle von aussen auf diese Theile mil Gewalt eindrängende fremde Körper zu denselben rechnen. Zuweilen geschieht auch die Verletzung der Drüse bei dem unsinnigen Feifeibrechen und bei der Operation der Lufsäckeöflhung; die Verletzung des Speichelganges aber erfolgt gewöhnlich-beim Herausnehmen von Speichelsteinen, die sich in diesem Gange zuweilen bilden, beim Ausschälen der verhärteten Lymphdrüsen im Kehlgange, bei der Operation der Zahnflsteln und der dabei vorkommenden Entfernung cariöser oder zu lang hervor-
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Verletzungen A. Ohrdrüsen u. ihres Sprichelganges. Behandlung. 389
stehender Zähne, bei der Exsfirpatiou von Knochenauswüchsen und Balggeschwölsten, die in dieser Gegend vorkommen, bei der Anbohrung des cariösen Hinterkiefers u. dgl.
f)ie Erkennung solcher \rei'letzungen ist in den ineisten Fällen sehr leicht; schon der Ort der Wunde, ihre Tiefe und Richtung geben sie zu erkennen; noch mehr aber wird diese Erkenntniss durch das beständige Auströpfeln einer klaren Flüssigkeit des Speichels, aus einer bestimmten Stelle der Wunde befördert. Dieses blos im ruhigen Zustande des Thieres vorhandene Auströpfeln wird bei der Bewegung des Unterkiefers, besonders beim Fressen, ausserordentlich vermehrt und in einen so starken Ausfluss verwandelt, dass oft bei dem Genuss des Futters etliche Pfunde dieser Flüssigkeit ausgesondert werden und in der Krippe sich ansammeln. Dieser Ausfluss ist verschieden nach dem Orte und der Art der Verletzung; am schwächsten ist er, wenn die Verletzung am oberen oder hinteren Theil der Drüse sich befindet; stärker, wenn der Hauptkanal blos angeschnitten, oder wenn der vordere Theil der Ohrdrüse verwundet ist, weil hier gewöhnlich ein oder mehrere der stärkeren Ausführungsgänge der Drüse mit verletzt sind und am stärksten ist er, wenn der Hauptkanal selbst durchschnitten ist. Hat der Zustand schon eine Zeit gedauert, so werden oft durch das beständige Ausfliessen des Speichels die Wündränder und besonders die Ränder des verletzten Speichelganges callös, hart, aufgetrieben oder die Umgegend selbst wird gereizt — und in diesem Zustande hat sich die Verletzung zu einer Speiehelfistel umgewandelt.
ßeurtheilung. Die einfachen Verwundungen der Ohrdrüse sind, selbst wenn dieselbe an einer Stelle ganz durchgeschnitten ist, gewöhnlich ohne Gefahr, doch nicht immer ganz leicht zu heilen. Gc-rährlich sind diese Wunden nur dann, wenn eins der unter der Drüse liegenden starken Blutgefässe zugleich betroffen ist. 1st bedeutende Quetschung mit der Wunde verbanden, so ist die Heilung langwieriger und oft starke Eiterung zugegen. Frische Wunden sind auch hier leichter und schneller zu heilen als veraltete, weil die Ränder der letzteren gewöhnlich callös geworden sind. Wunden am vorderen unteren Theil der Drüse sind wegen des stärkeren Ausflusses von Speichel schwieriger zu heilen als an anderen Orten derselben. — Die Verletzungen des Speichelganges selbst sind zwar ebenfalls nicht le bensgefährlich, doch die Heilung ist oft sehr schwierig zu bezwecken, und bei dem längeren Bestehen der offenen Wunde oder der sich gebildeten Fistel verliert das Thicr täglich eine grosse Menge seiner Säfte durch den Speichelausfluss, und sowohl durch diesen Verlust als auch durch die hierdurch verhinderte Einspeichelung der Nahrung und die daraus entstehende schlechte Verdauung magern die Thiere endlich mehr oder weniger ab, verlieren ihr gutes Ansehen und ihre Kräfte. Unter ungünstigen Umständen kann sich auf diese \N eise selbst ein cachectischer Zustand entwickeln.
Die Behandlung dieser A'erletznngen muss vor allen Dingen darauf gerichtet sein, den Ausfluss des Speichels aus der Wunde möglichst zu unterdrücken, weil ohne diese Unterdrückung des Ausflusses eine völlige Heilung nicht leicht zu erwarten ist. — Es sind zwar einzelne
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390 Verletzungen d. Ohrdrüsen u. ihres Speichelganges. Behandlung.
Fälle vorgekomiuen, wo der verletzte Speichelgaug von selbst geheit igt, indem eine massige Entzündung in den wunden Stellen mit Erzeugung gesunder Fleischwäizchen sich bildete und hierdurch die Vereinigung erfolgte; diese Fälle sind aber sehr selten und die Natur thul dabei durch die zufällige Entzündung der Wuudränder dasjenige, was wir mit der chirurgischen Behandlung zu bezwecken suchen. Dieser Zweck, die Verhinderung des Speichelausflusses und die Heilung der Wunden und der Fisteln dieser Art kann nach verschiedenen Methoden erreicht werden, nämlich: 1) durch die blutige Naht, 2) durch Erzeugung eines Brandschorfes, 3) durch die Unterbindung des verletzten Speicheigauges und 4) durch innere Entzündung und dadurch bewirkte Obliteration des Ganges. Diese vier verschiedenen Methoden können jedoch nicht eine für die andere in allen Fällen ohne Unterschied angewendet werden, sondern die Anwendung der einen oder der anderen muss nach ihrer eigenthümlichen Wirksamkeit und nach der Beschaffenheit oder der Art der Verletzung bestimmt -werden.
Um jedoch das Heilgeschäft mit einiger Sicherheit zu beginnen, muss mau vor der Anwendung der zur Verschliessung der Wunde dienenden Mittel zugleich auch auf die Ohrdrüse selbst einwirken und deren starke Absonderung zu vermindern suchen, weil sonst durch den beständigen Andrang des Speichels nach dem verletzten Orte die daselbst bewirkte Verschliessung zu früh wieder aufgehoben wird. Man erreicht diesen Zweck am besten, wenn man immer vor der Anwendung einer jener Heilmethoden scharf reizende iMittel in die ganze Gegend der Ohrdrüse und in diese selbst einreibt. In etwa 18 bis 24 Stunden nach der Einreibung wird die Ohrdrüse in einen verhältnissmässigeu Entzündungszustand versetzt und somit nach den in der allgemeinen Pathologie erklärten Grundsätzen ihre Absonderung sehr vermindert.
Die erste der angegebenen Methoden, die blutige Naht, kann nur bei Verwundungen der Ohrdrüse selbst und bei den Längenwunden des Speichelganges in Anwendung gebracht werden. Die Ohrdrüse mag nach welcher Richtung und wie tief auch immer verletzt sein, so dürfen die Hefte doch nur durch die Haut und nicht durch die Drüse selbst geführt werden. Man legt dieselben etwa ^ bis |- Zoll weit von einander und lässt am tiefsten Winkel der Wunde einen kleinen Raum zum Ausfluss des beständig abgesonderten Speichels. Mit 4 bis 6 Tagen ist die Vereinigung zum grössten Theil geschehen und man kann die Hefte entfernen. Der untere offene Raum schliesst sich etwas später, und wenn der Speichelfluss aus ihm zu anhaltend oder zu stark sein sollte, so muss man diese Stelle öfter mit stark zusammenziehenden Mitteln, z. B. mit reinem Bleiessig, mit einer concentrh-ten Eichem-inden-Abkochung, wobei noch ein Zusatz von Alaun ist und dergleichen, befeuchten oder mit kaustischen Mitteln bestreichen, um die Zusammenziehung der Theile zu vermehren, die Absonderung aber zu vermindern. — Die blutige Naht wird auch bei Verletzungen des Speichelganges selbst in der Absicht angewendet, um die getrennten Wände desselben wieder zu vereinigen, ohne ihn selbst zu verschliessen, — was bei den übrigen Heilmethoden immer
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Verletzungen d. Ohrdrüsen u. ihres Speichelganges. Behandlung. 391
geschieht. Man heftet bei Längenwunden des Speichelganges, wenn diese noch frisch sind, bloss die Hautränder über demselben mit einigen ganz dicht zusammenliegenden Stichen mittelst einer feinen Nadel und eines gewachsten Seidenfadens oder mittelst der Hasen-schartenuaht. — Erreicht mau durch das Hellen der Speichelgangswunden die Vereinigung, so ist die Heilung in kurzer Zeit leichter und gründlicher bewirkt, als auf jede andere Weise; denn die Ohrspeicheldrüse der leidenden Seite wird in ihrer Function und Integrität erhalten. Man muss daher in allen den Fällen, wo der Speichelgang auf die angegebene Weise frisch verwundet ist, diesen etwas mühsamen Versuch zur Heilung machen, der, wenn er auch nicht gelingen sollte, doch nichts schadet und in der Folge die Anwendung der übrigen Methoden noch immer zulässt.
Nach dem Heften darf das Thier in den ersten 48 Stunden kein Futter erhalten, sogar es nicht einmal sehen oder andere Thiere es verzehren hören, weil selbst das Gelüst nach Nahrung die Speichelabsonderung vermehrt und hierdurch die Heilung der Wunde gestört wird. Das Thier erträgt auch diese strenge Enthaltung ganz gut. Es darf erst nach zwei Tagen etwas Mehltrank zum Getränk erhalten. Hört das Ausiliessen des Speichels nach dem Heften ganz auf, wird die Wunde ganz trocken, so kann mau mit etwa 6 bis 8 Tagen die locker zusammengedrehten Enden der Hefte aufdrehen und sie dann vorsichtig herausziehen. Fliesst aber der Speichel bis zum achten oder zehnten Tage anhaltend aus der Wunde, so ist auf keine Veschliessung derselben zu rechnen, sondern man muss, um diese zu eireichen, eine andere Methode in Anwendung bringen.
Die zweite der angegebenen Heilmethoden, die Verschliessung der Wunde durch einen erzeugten starken Schorf, kann durch das Brenneisen oder durch coagulirende und Aetzmittel ausgeführt werden. Diese Methode empfiehlt E. Viborg '), dem wir die ersten guten Untersuchungen über die Heilung der Speichelfisteln und eine sichere Behandlungsart derselben verdanken, — in den Fällen, wo nur kleine Ausführungsgänge an der Drüse, oder der Hauptkanal nur an einer Seite verletzt ist, und besonders, wenn die Verletzung nicht mehr neu, sondern schon seit einiger Zeit behandelt worden ist, weil in diesem letzteren Falle die Speichelabsonderung in der Drüse schon etwas vermindert, die Einsaugung des Speichels aber daselbst schon vermehrt, mithin der Andrang dieser Flüssigkeit zur verletzten Stelle und das Losreisseu des Schorfes nicht so sehr zu befürchten ist. Denn bei frischen Verletzungen des grossen Speichelganges bringen wegen des zuletzt genannten Grundes weder die Aetzmittel noch das Glüheisen eine völlige Verschliessung der Wunde zu Stande; sie nutzen nur so viel, dass durch den öfters auf einige Zeit gehemmten Ausfluss die Einsaugung des Speichels in der Ohrdrüse vermehrt und dadurch die kräftige Heilung vorbereitet und erleichtert wird. — Nachdem, wie vorhin angegeben, durch das Einreiben scharfer
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') Siehe dessen Sammlung u. s. w. für Thicrärztc u. Oekonomen. Bd. 2, Seite 33.
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#9632;#9632;
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39'2 Verletzungen H. OhrHriise u. ihres Speiohelcrangcf. Behandlung.
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Mittel flie Ohrdriise gereizt und entzündet ist, berührt man die Wundränder des Speichelkanals und dessen Umgebung mit dem weissglü-Iteuden Eisen nur massig stark, und sucht, nach dem Hathc Vi-horgs, den hierdurch gebildeten Schorf durch darauf angewendete zusammenziehende Mittel-, z. B. durch Befeuchten mit starkem Branntwein oder mit Alaunauflösung, Creosot, Collodium, und durch Bestreuen des Ganges mit Mastixpulver, Colophonium und ähnlichen Mitteln noch mehr zu erhärten und zu befestigen. Nach meiner Erfahrung ist es jedoch am zweckmässigsteu, den gebildeten Schorf ganz unberührt zu lassen, da er durch jene Mittel leicht abgestossen und abgelöst wird. Der Höllenstein und alle anderen Aetzmittcl haben das Nachtheilige, dass durch den ausfliessenden Speichel das Aetz-mittel zum Theil abgespült und geschwächt wird, auch defSchorf sich überhaupt laugsamer bildet. Dagegen ist das Aufstreichen der Tantharidensalbe auf die ganze Backe sehr nützlich. Bleibt der Schorf durch 8 bis 10 Tage sitzen, so findet man dann beim Abfallen desselben gewöhnlich die V\ unde geschlossen und völlig geheilt; fällt er früher ab oder sickert noch vor dem Abfallen desselben Speichel aus, so ist dies nicht der Fall und die Application der Mittel muss wiederholt werden.
Es versteht, sich von selbst, dass hier ebenfalls alle Bewegungen des Hinterkiefers möglichst vermieden werden müssen, und dass daher flas Thier in den ersten -LH Stunden gar kein Futter, später aber nur weiches erhalten darf. Auch muss man strenge Aufsicht auf das Thier haben, damit es sich nicht den Schorf abreibt; daher muss es auch zu beiden Seiten ganz kurz und im Staude verkehrt angebunden werden und zwar nöthigenfalls an einem Halsbande.
Die dritte Methode, nämlich die Unterbindung des verletzten Speichelganges, ist zuerst von Viborg ausführlich beschrieben worden. Er empfiehlt die Unterbindung als das einzig sichere Mittel zur Heilung, besonders in den Fällen, wo die vorigen Heilmethoden schon fruchtlos angewendet worden sind. Vor derselben ist es ebenfalls nöthig, die Drüse auf die schon angegebene Weise zu entzünden und so ihre starke Absonderung zu vermindern. 1st dies geschehen, so wird das Thier niedergelegt, und zwar, wie sich dies von selbst versteht, so, dass die verletzte Seite des Kopfes nach oben liegt. Die Operation geschieht am besten auf folgende Weise: Um die üelfnung des Speichelganges ohne viele Mühe auffinden zu können, lässt man das Thier kauen, worauf sich durch das Aus/Hessen des Speichels die verletzte Stelle bald zeigt. Der Band der OetFnung wird nun mit einer anatomischen Pinzette gefasst und der Kanal i bis f Zoll, überhaupt so weit von den umliegenden Theilcn getrennt und bloss-gelegt, dass mau die Unterbindung nach der Speicheldrüse zu bequem machen kann. Sind die Ränder der Fistel sehr entartet, wulstig, aufgetrieben und hart, so nimmt man sie sogleich bei diesem Biossiegen des Kanals mit dem Messer fort. Zur Unterbindung selbst empfahl Viborg eine mit, Wachs bestrichene Schnur von Flachs oder noch besser von Seide, weil letztere nicht so leicht fault und auch den Kanal nicht zu früh durchschneidet; das letztere hat man bei zu dünnen Onterbindungsfaden immer zu fürchten und daher ist
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Iquot;laquo;•#9632;
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Verletzungen d. Ohrdrüse 11. ihres Speichelganges. Behandlung. 303
es am besten, sich #9632;mm Unterbinden schmaler seidener oder leinener Bändchen, welche vorher in flüssiges Wachs getaucht sind, zu bedienen. Durch das Wachsen erlangt man auch, dass die Knoten der seidenen Fäden und Bändchen sich nicht so leicht wieder auflösen und locker machen, welches man jedoch auch durch doppeltes und festes Zubinden derselben verhütet. T)ic Unterbindung wird wie an Blutgefässen gemacht.
Nach der Unterbindung darf man die verletzte Stelle blos rein halten und die Heilung pflegt dabei in der Zeit von etwa 3 Wochen ohne weitere Zufälle zu erfolgen. Gewöhnlich fallt mit 10 bis 14 Tagen das Unterbindungsband los und der Kanal ist dann fest verschlossen; fällt das Band früher ab, ehe die Mündung des Kanals verwachsen ist, so muss die Unterbindung zum zweiten Male gemacht werden, welche dann um so eher gelingt, da nun die Verrichtung der Drüse, nämlich die Speichelabsonderung, schon sehr vermindert worden ist. •—#9632; Zuweilen geschieht es jedoch, dass nach der Unterbindung wegen der verhinderten Ausführung des in der Drüse abgesonderten Speichels dieselbe und die unterbundenen Enden des Speichelganges sehr anschwellen. Um diese Geschwulst zu verhüten, oder wenn sie schon vorhanden ist, sie zu zertheilen, muss auch nach der Unterbindung noch durch einige Tage die Ohrdrüse mit stark reizenden oder scharfen Einreibungen in einem entzündlichen Zustande erhalten und hierdurch die Absorption möglichst gesteigert werden. Viborg empfiehlt hierzu das Kampheröl; jedes andere ätherische Oel, besonders das Terpentinöl in Verbindung mit, Cantharidenpulver, oder noch einfacher ein Liniment von Seife und Terpentinöl kann jedoch hierzu benutzt werden. Entstehen Ausschwitzungen nach Anwendung dieser iUittel, so setzt man sie bei Seite und bähet nun die leidende Stelle täglich mehrmals mit warmem Seifeuwasser, mit Auflösungen von Kochsalz, Salmiak und dergleichen in Wasser oder in Essig; sind schon Erosionen der Haut zugegen, so wendet man Bähungen von Abkochungen der zertheilen-den Kräuter an.
Die vierte Methode zur Schliessung des verwundeten Speichelkanals und zur Heilung der Speichelfisteln besteht nach der von Haubner zuerst gemachten Aiitthcilung •) in der Verödung der Ohrdrüse von innen her, vermittelst einer in ihr erregten Entzündung und Verwachsung ihrer Ausführungskanäle. Man bewirkt dieselbe, indem man in den S tenonschen Kanal nach der Ohrdrüse hin, vermittelst einer Wundspritze circa 3 Drachmen Aetz-Ammoniakflüssig-keit (Salmiakgeist, Liq. Ammon. caustic.) einspritzt und unmittelbar hiernach während etwa 5 Minuten die Mündung zusammendrückt, um den Knckfluss zu verhindern. Auch die Jodtinktur ist dazu verwendet worden. iNach der Injection gerinnt der Speichel in den Kanälen und sein Ausfluss stockt, oder er findet nur noch in geringer Menge und fadenziehend statt; zugleich schwillt die Drüse an, entzündet sich, verwächst und verödet; zuweilen bildet sich an einer
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') Magazin für Thierheilkunde. 1849. S. 24S.
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Verletzungen des Zahnfleisches.
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Stelle ein Abscess, der geöffaet wird und leicht heilt. #9632;— Dies einfache Verfahren kann bei jeder veralteten Wunde des Speichelganges (Speichelfistel), besonders aber in den Fällen benutzt werden, wo die übrigen Methoden schon vergebens angewendet worden sind und wo namentlich durch mehrmalige Unterbindung der Speichelgang schon sehr verkürzt worden ist #9632;).
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Meimtes Capitel.
Verletzungen des Zahnfleisches und der Laden.
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Bei Pferden wird das Zahnfleisch auf den Laden nicht selten durch gewaltsame Eindrücke der Mundstücke von Trensen, noch mehr aber von Kandaren verletzt, und bei diesen Thieren, so wie bei allen übrigen entstehen zuweilen Verletzungen des Zahnfleisches durch zufallig in das Maul gekommene fremde Körper an verschiedenen Stellen. Jene erstere Verwundungen sind bald oberflächlich, bald bis auf die Knochen gehend und zuweilen ist der Rand der Laden selbst gesplittert. Man erkennt diese Verletzungen daran, dass bei dem frischen Zustande derselben den Pferden Blut oder blutiger Schleim und Speichel aus dem Maule fliesst, dass die Thiere bei der Berührung des Maules mehr als sonst empfindlich und furchtsam sind, dass sie sehr vorsichtig das Futter kauen und es zuweilen nur halb gekaut wieder aus dem Maule fallen lassen; im Maule findet man an der einen oder der anderen Seite, zuweilen auf beiden das Zahnfleisch der Laden verwundet, gequetscht und mit Blut unterlaufen, und die Tiefe der Wunde, so wie ihre innere Beschaffenheit hinsichtlich des etwaigen Mitleidens des Kinnbackens erforscht man mittelst der Sonde oder auch in manchen Fällen bei grössern Wunden mittelst des eingeführten Fingers. Ist eine solche Verletzung über 2 bis 3 Tage alt, so zeigen die Pferde, wie vorhin angegeben, ein mangelhaftes Kauen, und wenn man ihnen das Maul öffnet, bemerkt man einen üblen, fauligen Geruch; in der Wunde findet man nun Eiter, und gewöhnlich ist dieselbe durch Nahrungsmittel verunreinigt.
Die Beurtheilung dieser Wunden ist in den meisten Fällen gün-
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') In der Menschenheilkunst besteht als Hauptverfahren zur Heilung der Spcichelflsteln das künstliche Durchbohren der Backe und das Einleiten des Endes des Speichelkanals in die so erzeugte Stichwunde, um das Einheilen des Kanals in die letztere und dadurch die Erhaltung der Function der Ohr-drüsc zu bewirken. Bei Thieren ist, so viel mir bekannt, dies Verfahren nur in einem Falle von L. E. Hübner mit Erfolg in Anwendung gebracht worden. Siehe „Der Thierarztquot;. 1834. S. 86.
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Verlelzungcn der Zunge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 395
stig, da die oberflächlichen Verletzungen des Zahnfleisches stets sehr leicht heilen und auch die tieferen in der Hegel vollständig zur Heilung zu bringen sind, obgleich zuweilen erst nach mehreren Wochen und nachdem die Abstossung der Knochensplitter erfolgt ist. In einzelnen Fällen entsteht jedoch eine chronische Entzündung der Beinhaut und selbst der Knochensnbstanz an dem verletzten Aste des Kinnbackens; der Knochen treibt dann bedeutend auf, die Thiere haben heftige Schmerzen und zuweilen sind sie auch in ihrer Ernährung wegen mangelhaften Kauens gestört. In anderen Fällen bildet sich an der verletzten Stelle eine Knochenfistel, welche durch einige Monate besteht, aber zuletzt doch heilt. Zuweilen wird in Folge dieser Verletzungen der Hand einer Lade bedeutend niedriger, als er früher war, und die Wirkung des Gebisses wird dadurch vermindert.
Behandlung. Zunächst und während der ganzen Heilungszeit muss bei allen solchen Wunden die Einwirkung neuer Verletzungen abgehalten werden, daher die Pferde nicht mit demselben Mundstück .an der Zäumung versehen werden dürfen, sondern sie müssen entweder nur mittelst des Kappzaums regiert oder sie dürfen nur ein mit Leinwand oder Werg umkleidetes Gebiss von der Dicke eines Daumens in das Maul erhalten. Ausserdem giebt man den Thieren kein Körnerfutter, sondern nur Kleie und Heu, auch täglich nur zweimal, und reinigt dem Thiere nach jeder Mahlzeit die Wunde, so dass von den Nahrungsmitteln nichts in derselben bleibt. In therapeutischer Hinsicht ist das Bestreichen der frisch entstandenen Wunden mit Essigwasser oder mit einfachem Oxykrat, bei schon eingetretener Eiterung aber das Bestreichen mit einem Gemenge von zwei Theilen Honig und einem Theile Aloe oder Myrrhentinktur, täglich zwei- bis dreimal wiederholt, ausreichend. Wo Splitter in der Wunde lose zu fühlen sind, aber ihrer Grosse wegen nicht leicht aus der letzteren gelangen können, erweitert man die Wunde in der Längenrichtung und nimmt die Splitter mit der Pinzette weg. Ist eine heftige Knochenentzündung eingetreten, so wendet man die graue Quecksilbersalbe im Umfange der aufgetriebenen Stelle täglich ein- bis zweimal an, oder wenn das Uebel hartnäckig ist, reibt man die Cantha-ridensalbe in längeren Zwischenzeiten wiederholt ein oder man ap-plicirt das Glüheisen.
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Kehnteüi Capltel.
Verletzungen der Zunge.
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Diese Verletzungen kommen bei Pferden häufiger, als alle übrigen am Kopfe vor, bei den anderen Thieren sind sie dagegen selten. Sie entstehen bei den ersteren besonders durch die Einwirkung des
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Vprlptziingen der Zunge
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Gebisses, Tvenn dasselbe zu dünn, zu scharf oder gedreht oder auch ein sogenanntes Sägegebiss ist, und zuweilen auch von den Stricktrensen, denen das JVluudstucli gänzlich fehlt; ausserdem entstehen sie durch zufallig in das Maul gelangte spitzige Körper, Nägel, Nadeln, Glasstücke, Knochen, Holzsplitter und dergleichen. Sie finden sich daher bei Pferden, welche aus übler Gewohnheit das Holzwerk im Stalle benagen, ferner wenn das Futter unrein ist, oder wenn namentlich bei Rindvieh die Wärterinnen mit den an ihren Kleidern steckenden Stecknadeln oder Nähnadeln nicht vorsichtig umgehen;
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ferner zuweilen auf der
dergleichen. Zuweilen
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Weide in der Xähe von Dornbüschen und sind auch scharfe Zahnspitzen an ungleich
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oder schief gewachsenen Zähnen die Ursache
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abgeriebenen, zu langen
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dieser Verletzungen; und in manchen Fällen erfolgen dieselben bei
Pferden durch das rohe Festhalten und Herausziehen der Zunge bei
dem Aufzäumen der Thiere.
Die Verletzungen finden sich am häufigsten auf der Oberfläche der Zunge in der vorderen Hälfte deiselben, ausserdem aber auch an den Rändern, an der Spitze, am Zungenbändchen und zuweilen am Zuiigengrunde; sie sind von verschiedener Grosse und Tiefe, so dass zuweilen nur oberflächliche Risse, in anderen Fällen aber Durchtrennungen durch mehr als die Hälfte der Dicke der Zunge bestehen und in einzelnen Fällen ist sogar die Zungenspitze gänzlich abgerissen; sie sind ferner noch darin verschieden, dass sie zuweilen fremde Körper, Nadeln, Nägel, Drahtstücke, Holzsplitter, bei Pflanzenfressern am häufigsten aber Hülsen und Fasern von dem genossenen Futter enthalten (eingefuttert sind). Ausserdem sieht man sie als frische oder entgegengesetzt als veraltete Wunden.
Die Erkennung dieser Wunden ist im frischen Zustande derselben an dem zuweilen hierbei bestehenden Blutansfluss aus dem .Maule, an dem Ausfluss einer abnormen Menge von Speichel und Schleim, an einem üblen Geruch aus dem Maule, am langsamen und unvollständigen Kauen und Schlucken der Nahrung und des Getränkes und örtlich im iMaule selbst an den Erscheinungen der Wunde zu erlangen.
Die Beurtheilung dieser Verletzungen ist je nach den Verschiedenheiten derselben und nach Verschiedenheit der sie veranlassenden Ursachen in den einzelnen Fällen verschieden. Im Allgemeinen sind Verletzungen der Zunge höchst selten gefährlich; sie werden dies aber zuweilen in ihren Folgen; im Allgemeinen heilen sie mehren-theils leicht, da nirgends der Heilungsprozcss so schnell von Statten geht, wie hier; aber die Heilung erfolgt, namentlich bei Querwunden oft unvollständig, weil die XVundränder sich bedeutend zurückziehen und callös werden. Die Heilung wird jedoch sehr oft durch das Eindringen fremder Körper aufgehalten, so dass man selbst massig grosse Wunden in Zeit von vierzehn Tagen noch nicht geheilt sieht. Zuweilen bleibt die Zunge schief. Die Wunden des Zungen-bändchens sind weit schwerer heilbar als die Wunden an der Zunge selbst, weil sich zwischen die beiden Platten desselben beständig Futter eindrängt und dadurch die Wunde nicht nur in der Heilung gestört, sondern auch allmälig immer tiefer wird, so dass man in Folge
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Verletzungen der Zunge.
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dessen bei Pferden nicht selten einen mehr als 1 Zoll tiefen Wund-kaual findet, während die Verletzung ursprünglich nur ein einfacher Querriss war. Diejenigen Wunden, welche sich au den Seiten der Zunge vorliuden uud durch spitzige Zähne entstehen, heilen selten eher als bis diese Veranlassung beseitigt ist. Wunden am Zungeu-grunde und durch eingedrungene spitzige Körper erzeugt, veranlassen zuweilen Fisteln in einer bedeutenden Länge, und Verdickung der Zungeusubstanz; sie stören hierdurch die Beweglichkeit der Zunge, hindern das Hinabschlucken des Futterbisscns und führen dadurch Abmagerung und Entkräftung des Thieres herbei. In den Fällen, wo die Zungenspitze abgerissen ist, sind die Thiere nur unvollständig zu kauen im Stande, und sie verstreuen wegen des erschwerten llin-und Herbewegens des Futters im Maule immer einen grossen Theil der ihnen gegebenen Körner, wodurch ebcuialls mangelhafte Ernährung herbeigeführt wird. Die Hülfe ist in einem solchen Falle nur sehr beschränkt.
Behandlung. Zuerst müssen die etwa noch fortwirkenden Ursachen beseitigt und demgemäss ungleiche und scharfe Zahnspitzeu mittelst der Zahnraspel oder des Zahnhobels weggeuommeu werden, die Gebisse müssen entweder gänzlich wegbleiben, namentlich die zu dünnen, scharfen, gedrehten und Doppelgebisse, oder wenn die Mothwendigkeit es nicht anders gestaltet, so müssen sie durch dik-kes umwickeln mit Leinwand so viel wie möglich in ihrer nachthei-ligen Wirkung gemindert werden. Finden sich fremde Körper irgend einer Art in den V, auden, so müssen dicsclbeu mit der Pinzette und uöthigeufalls nach einer kleinen Erweiterung der Wunde entfernt werden. Die fislelartigen Wunden in dem Zungeubäudchen müssen ausserdem durch Aufspalten des Kanals au der einen oder der anderen Seite in oll'ene Wunden umgewandelt werden. Sowohl zur Entfernung der Fremden Körper, wie auch zu dem Aufspalten oder Erweitern der Wunden müssen die Thiere gehörig festgehalten, ge-bremset, oder auch, wenn sie sehr widersetzlich sind, niedergelegt werden. Man bringt ihnen dann ein itlaulgatter zwischen die beiden Kinnbacken, zieht die Zunge sanft aus dem Maule hervor und führt dann die nöthigen Verrichtungen aus. Das Aufspalten der fistulösen Wunden geschieht, wie in der Regel in solchen Fällen, am beslen auf einer eingebrachten Hohlsonde. — Sind die Wunden frisch uud von einigem Umfange, so kann man sie heften, — was mittelst der Knopfnaht oder auch der Kürschuernaht geschieht, und mit einer feinen Madel und nahe an einander gelegten Heften ausgeführt wird. In diesem Falle muss nach der Operation dem Thiere das Maul gereinigt und dann für die Zeit der Heilung, d. i. circa zwei bis drei Tage zugebunden oder mittelst eines Maulkorbes geschlosseu erhalten werden. In dieser Zeit dürfen die Thiere keine Nahrung, sondern nur alle 24 Stunden einmal Wasser oder dünuen Mehltrank zum Getränk erhalten. Ohne die strenge Diät erfolgt die schnelle Vereinigung nicht. Nach der angegebenen Zeit können die Thiere täglich zweimal etwas weiches Futter, namentlich einen Brei von Kleie, kleingeschnittenes Gras oder gebrühtes Heu erhalten. Nach
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Wunden fies harten Gaumens.
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dem Futteru muss ihnen aber das Maul durch Ausspülen oder Ausspritzen mit Wasser gereinigt werden. Die Hefte entfernt man erst nach Verlauf von fünf bis sechs Tagen. •— Sind die Wunden bereits in Eiterung, so kann man zur Beförderung der Granulation sie täglich zwei- bis dreimal mit einem Gemenge von Honig und Aloe- oder Myrrhentinktur bestreichen, übrigens muss man sie rein halten und die Thiere täglich nur zweimal futtern. Bilden sich Schwielen in der Wunde oder an deren Rändern, so ist das Bestreichen derselben mit Lapis infernalis in Zwischenzeiten von vier bis sechs Tagen wiederholt am besten geeignet, eine gute Granulation und Vernarbung herbeizuführen. #9632;— Soll eine bereits mit harten Rändern versehene alte Wunde noch wo möglich geheilt oder wenigstens verkleinert werden, so kann man die kalten Ränder abtragen und die Wunde heften, wie oben angegeben ist. Hierzu müssen die Thiere in der Regel niedergelegt, hinterdrein aber in diätetischer Hinsicht so behandelt werden, wie ebenfalls im Vorhergehenden augedeutet worden ist. (Siehe auch Vorfall der- Zunge.)
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Kilftes Capitel.
Wunden des harten Gaumens.
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Die Verwundungen an diesem Theile kommen am gewöhnlichsten bei Pferden vor. Sie entstehen zuweilen durch spitzige oder scharfe Körper, welche zufällig mit den Nahrungsmitteln in das Maul gelangen, zuweilen auch, wenn den Thieren Getränk oder IMedicin mit Glasflaschen eingegeben wird und die letzteren zerbrechen und die Scherben ins Maul fallen, am häuflgsten aber bei der von Schmieden unternommenen Operation des sogenannten „Gaumen- oder Kernstechensquot;.
Dieselben befinden sich mehrentheils in dem Räume zwischen den Schneidezähnen und bis zum ersten oder zweiten Backenzahne, bald in der Gegend der Mittellinie, bald mehr seitlich, und sind bald nur oberflächlich, bald bis auf das knöcherne Gewölbe eindringend, zuweilen dasselbe sogar durchdringend; sie sind von verschiedener Grosse, selten einfache Trennungen, sondern in den meisten Fällen mit Quetschung verbunden und oft durch eingedrungene Nahrungsstoffe verunreinigt.
Kleine, oberflächliche Verletzungen, besonders in der Mitte des Gaumens, erzeugen nur ganz unbedeutende Zufalle, wie z. B. etwas vermehrte Speichelabsonderung und mehr vorsichtiges Kauen; die Blutung ist dabei sehr gering und wird, da die Thiere das aussik-
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Wunden des harten Gaumens. Behandlung.
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kermlp Blut fast gänzlich verschlucken, oft kaum bemerkt. Grössere Wanden und besonders solche, welche sich mehr seitlich, in der Gegend der hier liegenden Blutgefasse befinden, machen sich im frisch entstandenen Zustande hauptsächlich durch eine bedeutende und oft durch 12 bis 20 Stunden fortdauernde Blutung bemerkbar: es iliesst den Thieren entweder reines (oft ganz hellrothes) Blut, oder Blut mit Speichel und Schleim gemengt aus dem Alaule, zuweilen auch (wenn das Gaumengewölbe durchbohrt ist) aus der Nase; die Thiere kauen dabei beständig, machen mit der Zunge leckende Bewegungen und können gegebenes Futter nicht gut kauen, sondern lassen dasselbe zum Theil wieder aus dem IVIaule fallen; bei durchbohrtem Gau-meugewölbe kehrt auch Getränk, selbst klein gekautes Futter durch die Nase zurück. Wenn man den Thieren die IVlaulhöhle untersucht, findet man die Wunden noch blutend oder ihre Ränder mit geronnenein Blut bedeckt und zuweilen ist auch ein fremder Körper vorhanden. Bei der Untersuchung sind die Thiere in Folge der Schmerzen häufig etwas kopfscheu. #9632;— Bei schon älteren Wunden fehlt die Blutung und die blutige Beschaffenheit der Wunde, aber die übrigen angegebenen Erscheinungen sind vorlianden und ausserdem bemerkt man sehr oft auch einen üblen, fauligen Geruch (von faulendem Speichel und Futter) aus dem IVIaule; die Wundränder erscheinen weiss-lich, zuweilen verdickt, und die Wunden sind oft mit Futterstoffen, namentlich mit Hülsen von Getreide und mit kurzen Heuhalmen verunreinigt. Wo die Wunde das Gaumengewölbe durchdrungen hat, kann man eine gebogene Sonde durch sie aus dem Maule in die Nasenhöhle führen.
Beurtheilung. Ihre grösste Wichtigkeit erhalten diese Wunden durch die Blutung, wenn dieselbe sehr heftig oder anhaltend aus der Gaumenarterie und den Gaumenvenen stattfindet, denn die Thiere können dadurch sehr geschwächt, selbst dem Tode nahe gebracht werden. Diese Blutung ist jedoch stets sicher zu stillen. Uebrigens heilen oberfläcldiche Wunden des Gaumens leicht, selbst wenn sie einen nicht geringen Umfang besitzen; ist jedoch die knöcherne Decke des Gaumens mit durchstossen, so erfolgt -wegen des beständigen Durchdringens des Futters die Heilung nur sehr langsam und zuweilen auch gar nicht, sondern es bleibt eine bald grössere bald kleinere Oelfnung und der Ausfluss von gefärbten oder mit Nahrungstheilen geinengten Schleims dauern fort. Hierdurch entstehen zwar direkt gewöhnlich keine grossen Nachtheile, allein solche Pferde sehen schlecht aus, und zuweilen hat man sie irrthümlich sogar schon für rotzkrank gehalten, und in manchen Fällen entsteht Wucherung der Granulation oder auch Caries.
Behandlung. Dieselbe ist in den Fällen, in welchen noch eine Blutung besteht oder ein fremder Körper in der Wunde ist, zunächst auf die Entfernung des letzteren und auf die Stillung der ersteren gerichtet. Jene bewirkt man gewöhnlich mittelst der Finger oder einer Koruzange sehr leicht, nachdem das Maulgatter eingesetzt worden ist. Die Blutstillung gelingt in manchen Fällen, wenngleich sie schon mehrere Stunden gedauert, sehr leicht, wenn eine zweckmäs-
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400nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wunden des harten Gaumens. Behandlung.
sige ISchaudluug stattfindet. Erfolgt die Blutuug nicht in einem starken Strahl, so kann mau auf die mildeste Weise l'olgendermaassen verjähren: Mau belegt mit der Mand die Wunde und die Oberfläche der Zunge fingerdick mit Roggen- oder Weizenmehl, oder mit Stärkemehl, bindet hiernach dem Thiere sogleich das Maul fest zu, so dass es nicht kauen kann, und lässt es durch G bis 8 Stunden ruhig stehen. Gewöhnlich stillt sich hierbei die Blutung schnell und dauernd. Ist aber dieselbe sehr stark, so kann mau sie entweder a) durch Tam-pouaÜon, oder b) durch das ßrenueisen oder — c) durch Unterbinden stillen, in der ersteren Absicht legt man einen Schwamm oder einen Ballen von Leinwand oder Werg, in Essig, Branntwein oder andere styptische Mitlel getaucht, auf die blutende Stelle gegen den Gaumen und hält ihn daselbst mittelst einer breiten Binde ') fest, deren mittleren Theil man auf den Ballen legt, die Enden aber von beiden Seiten zu dem Nasenrücken in die Höhe führt, sie hier kreuzt, dann die Gänge über den Ballen wiederholt und sie durch Nadelstiche befestigt; oder, man legt auf den Ballen äusserlich ein der Grosse und Form des Gaumens entsprechendes Stück Sohlleder oder ein eben solches Brettchen, dessen Ränder aber recht glatt abgerundet sein müssen, und befestigt es mittelst der Binde; oder mau schneidet das Hretlchen so breit, dass es genau zwischen die beiden Reihen der Backenzähne passt, und klemmt es dann zwischen denselben fest. Im letzteren Falle muss aber das Brett noch an den Seitenrändern in der Gegend der iVlaulwinkel mit Seitenarmen versehen sein, an welche man Bänder befestigt und über der Nase zusammenbindet. Ein solcher Druckverband bleibt 8 bis 12 Stunden liegen. — Das Brennen geschieht mit einem knopfförmigen Eisen, nachdem das Maulgatter eingesetzt und die Zunge gehörig zur Seite gezogen ist, ganz nach allgemeinen Regeln (Seite 348); es ist oft schnell wirksam; zuweilen aber dauert die Blutung nach ihm doch noch fort. In diesen Fällen, oder wo Gefahr im Verzüge ist, benutzt man die Liga-iur, die hier wegen der Verbindung beider Gaumenarterien stets vor und hinter der Wunde angelegt werden muss. Am besten unterbindet man mit Substanz, durch Inistechen mit einer krummen Wundheilnadel. — In jedem Falle dürfen die Thiere erst nach 12 Stunden etwas weiches Futter erhalten, und nach jeder dahlzeit muss das itiaul durch Ausspritzen gereinigt werden. Kleine Wunden heilen dabei von selbst, und bei den grössern kann man die Heilung durch Bestreichen mit einem Gemenge von Aloe- und Alyrrhentinktur mit Honig, belordern. Verhärtete Wundränder kann man mit Lapis in-fernalis oder mit dem Glüheisen etwas beleben.
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') In inelireren Fällen wurde ein zusamniengelegies Handtuch benutzt.
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Verwundungen in der Rachenhühle.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4QJ
Zwölftes C raquo;iiilel.
Verwundungen in dor Bacbenhöhle.
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Diese Verletzungen betreffen zuweilen das Gaumensegel, oder das obere Ende des Keblkoples an verschiedenen Stellen, oder auch die hintere Wand des Schlundkopfes, und sie entstellen hauptsächlich bei dem ungeschickten Pilleneingebeu vermittelst eines Stockes, zuweilen auch bei dem Abstosscn der Spitzen der Backenzähne mittelst eines iVleissels, und in seltenen Fällen durch fremde Korper, welche zufällig bis in die Rachenhöhle gelangt sind. Ihrer Beschaffenheit nach sind es zum Theil gestochene, zum Theil gerissene Wunden, mehrentheils von geringem Umfange und oberflächlich, zuweilen aber auch durch das Gaumensegel oder durch die Häute des Schlundkopfs durchgehend.
Die Erscheinungen bestehen bald nach geschehener Verletzung in einer reichlichen Schleim- und Speichelabsonderung, so dass den Tbiercn der Speichel, mehr oder weniger mit Blut gemengt, aus dem Maule fliesst; hierzu findet sich zuweilen Husten, allmälig immer mehr beschwerliches, lautes, beim höchsten Grade selbst giehmendes oder brummendes Athnien und eben so wird das Schlingen beschwerlich. Bei Pferden findet sich in Folge der letzteren Störung gewöhnlich ein Zuriicktliessen des von dem Thiere genossenen Wassers durch die Nase. Dabei halten die Thiere den Kopf und Hals mehr vorwärts gestreckt, zuweilen schwillt auch der Hals in der Umgegend des Kehlkopfs etwas an, und wenn man die Thiere daselbst gelind drückt, zeigen sie Schmerz. Bei tiefer Verletzung und bei einem üblen Ausgange derselben wird das Athmen beschwerlicher, es tritt Fieber hinzu und die Aufnahme der Nahrung cessirt gänzlich. Bei der Untersuchung der Racheuhöhle, welche namentlich bei grossen Thiereu am besten mit Hilfe des Alanlgatters unternommen wird, kann man in den meisten Fällen die Verletzung nur undeutlich sehen oder fühlen, wohl aber sieht man die hinzugetretenen Entziindungs Symptome, namentlich dunkle Röthuug und Anschwellung der verletzten Theile; wo ein fremder Körper noch zugegen ist, kann man diesen in der Regel deutlich wahrnehmen.
Der Verlauf und die F'olgen dieser Verletzungen sind je nach dem Orte und der Art derselben in den einzelnen Fällen verschieden. Oberflächliche Wunden am (Jauinensegel heilen stets in kurzer Zeit und ohne Hinterlassung übler Folgen; grössere Verletzungen dieses Theils heilen zwar gewöhnlich ebenfalls, aber sie stören durch längere Zeit das Schlucken, so dass die Thiere dadurch in ihrer-Ernährung gehindert werden und von Kräften kommen, und zuweilen bleibt eine Art von chronischer Bräune für immer zurück, in Folge deren Pferde beständig an einem mit Futterstoffen gemengten Aus-fluss aus der Nase leiden. —#9632; Verletzungen des Kehlkopfs, sowohl des
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402nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verwundungen in der Rachenhöhle.
Kehldeckels wie auch der Stimmritzbänder oder der Kehlkopftaschen veraulassen gewöhnlich eine heftige Entzündung in diesen Theilen, wodurch Ausschwitzung und Verdickuug derselben entsteht, und dadurch das Athmen erschwert wird. Diese Athembeschwerde entsteht immer am stärksten bei dem Einalhnieu und ist mit dem vorhin bezeichneten gichmenden oder brummenden Tone begleitet; sie äussert sich während des Stillstehens der Thiere wenig oder gar nicht, beim Laufen in schnellen Gangarten oder bei dem Ziehen schwerer Lasten in weichem Boden hört man aber das laute Athmen sehr stark und zuweilen wird unter diesen umstünden die Athembeschwerde bis zu dem Grade gesteigert, dass die Thiere hierbei einen ängstlichen stieren Ulick und Augstschweiss zeigen, die Nasenlöcher möglichst erweitern, den Leib und die Flanken mit grösster Anstrengung bewegen und endlich niederstürzen. In Zeit von 5 •—10 Minuten oder noch später lassen diese Erscheinungen gewöhnlich nach und die Thiere sind dann wieder völlig munter. Dieser Zustand stellt die sogenannte Hart sehn aufigkeit oder das Kehlkopfspfeifen oder den pfeifenden Dampf dar, welcher jedoch nicht in der Verdik-kung oder Verknöcherung des Kehlkopfs allein, sondern in andern Fällen auch in einer Lähmung der untern Kehlkopfsnerven, in dem Schwinden der Giesskannenmuskeln u. s. w. begründet ist. Derselbe macht ein Arbeitsthier zu jeder anstrengenden Arbeit untauglich und kann bei einem hohen Grade der Entwickelung selbst plötzliche Lebensgefahr durch Erstickung herbeirühren; dabei ist er in der Regel unheilbar und es sind nur seine Folgen dadurch zu mindern, dass mau das Thier durch eine künstlich gemachte Oednung in der Luftröhre athmen lässt. — Verletzungen der hintern Wand der Rachenhöhle und des Schluudkopfes sind, wenn sie nur die Schleimhaut in einem ganz geringen Umfange betrelfen, heilbar und ohne Gefahr, aber grössere Verletzungen und solche, welche bis in die Muskeln eingedrungen sind, führen immer dadurch grosse Gefahr mit sich, dass Getränk und Schleim in die Wunden eindringen und sich zwischen den Muskeln und der Schleimhaut mehr und mehr in die Tiefe hinabsenken, so dass hierdurch Trennungen bis in die Brusthöhle und selbst bis zum Zwerchfell erfolgen. Hierbei entsteht jeder Zeit eine Entzündung des Brustfells mit Ausschwilzung, und der Tod tritt trotz aller angewendeten Mittel gewöhnlich nach Verlauf von G — 9 Tagen ein.
Die Behandlung. Zunächst müssen etwa vorhandene fremde Körper entfernt werden. Hierauf, oder wo fremde Körper nicht zugegen sind, auch sogleich lässt man eine gänzliche Enthaltung von Nahrungsmitteln und Getränk während etwa 3 Tagen stattfinden, und um diese Entziehung dem Thiere erträglicher zu machen, ist es zweckmässig, dasselbe ganz einsam zu halten, damit es nicht bei dem Verabreichen des Futters au andere Thiere zu sehr aufgeregt werde. Die Wunden selbst werden auf keine Weise chirurgisch behandelt, sondern man sucht nur die etwa eintretenden Entzündungszufalle durch Ableitung mittelst Anwendung der Kantharidensalbe auf die Haut in der Umgegend des Kehlkopfs und bis auf die untere Hälfte der Ohrdrüsen zu beseitigen.
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Ist die Hartschnaufigkeit iu ihrer Eiitwickeluug wahrzunehmen, so ist ebenfalls die Anwendung der Kantharidensalbe im Umfange des Kehlkopfs, nach Zwischenzeiten von 5—6 Tagen mehrmals wiederholt, bis das Athinen ruhiger wird, zu empfehlen. Ist aber dieser Fehler bereits vollständig ausgebildet und soll das Thier zur Arbeit benutzt werden, so bleibt nichts anderes übrig, als die Tracheotomie und das Einlegen einer metallenen Röhre in die hierdurch in der Luftröhre gebildete Oelfnung.
Die Tracheotomie kann im Allgemeinen für den hier in Rede stehenden Zweck nach zweierlei Methoden unternommen werden, und zwar a) entweder mit Durchbohrung der Luftröhre mittelst des von Hayne angegebenen Troikars, oder b) mit Spaltung oder Eröffnung der Luftröhre an ihrer vordem Fläche.
a)nbsp; Nach der erstem Methode lässt man den Kopf des vorbei' gebremsten Thiers etwas vorwärts gestreckt halten, wodurch die Luftröhre etwas mehr zwischen den Drosselvenen u. s. w. hervortritt; man stellt sich an die linke Seite des Halses, und'asst mit der linken Hand unter dem Kehlkopie die Luftröhre, um sie zu lixiren und zugleich die Haut zu spannen, — setzt die Spitze des vorher mit Oel bestrichenen Troikars in der Gegend des dritten bis fünften Luftröhrenringes auf die i\litte der linken Seitenfläche der Luftröhre und durchsticht in horizontaler Richtung die beiden Seitenwände derselben, so dass die Spitze des Instruments an der rechten Seite durch die Haut wieder hervordringt und die Röhre des Troikars mit ihrer mittlern Oefl'uung gerade in der Luftröhre liegt. Nun wird das Sti-let aus dem Troikar entfernt und auf die Enden der Röhre werden die Stellringe so angeschraubt, dass sie an jeder Seite etwa 1- Zoll weit von der Haut entlernt sind. Durch diese Ringe wird das Verschieben der Röhre und das Herausfallen derselben verhindert. Die Röhre bleibt für immer liegen und wird von Zeit zu Zeit von dem etwa in ihr befindlichen Schleim u. s. w. mittelst einer hindurch gezogenen Feder gereinigt. Das Thier athmet durch die Röhre ziemlich leicht, so dass es mit derselben schnell laufen und anstrengende Arbeiten verrichten kann, aber es entsteht bei jedem Athemzuge ein unangenehmes sausendes oder pfeifendes Geräusch durch die Röhre, besonders wenn das Thier laufen muss, und ausserdem bleibt zuweilen der Zügel oder die Leine an den hervorragenden Enden der Röhre sitzen und veranlasst Zerrung. Dieser Unbequemlichkeit wegen benutzt man dies Verfahren selten.
b)nbsp; Nach E. Viborg's Angabe verfährt man folgendermaassen: Dem mit einer Bremse versehenen Thier wird der Kopf hoch aufgerichtet und ein Vorderfuss aufgehoben gehalten. Der Operateur steht rechts und scheert etwa eine Hand breit unter dem Kehlkopf an der vordem Fläche des Halses die Haare auf einer Fläche von circa 4 Zoll Länge und 1 Zoll Breite ab (bei kleinen Thieren etwa auf einer halb so grossen Fläche); #9632;— dann legt er mit Unterstützung eines Gehilfen die Haut daselbst in eine QuerJ'alte und durchschneidet dieselbe senkrecht so, dass eine 3—4 Zoll lange Hautwunde gerade auf der Mittellinie der Luftröhre entsteht. Fehlt ein Gehilfe, so kann dieser Schnitt auch ohne Bildung einer Falte geschehen. Hier-
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auf trennt mau die anmittelbai,' au der vordem Fläche der Luftröhre liegenden Brustzungeubeiu- oder ßrustschildmuskelu in der Mittellinie von einander, so laug wie die Hautwunde ist, und zieht sie mit stumpfen Ilaken, im iNotlifall mit den Fingern, von einander, so dass hierdurch die Luftröhre selbst entblösst wird. Das etwa auf derselben liegende Zellgewebe wird mit Hilfe der Pinzette abpräparirt und entfernt. Dann sticht man ein gerades Bistouri flach zwischen die zwei obersten sichtbaren Knorpelnnge und trennt dieselben quer über die vordere Fläche der Luftröhre, bei Pferden in der Breite von circa 1 — I,'- Zoll, wendet an der einen Seite die Schneide des Messers nach unten und durchschneidet senkrecht zwei Kuorpelringe; hierauf setzt man das Messer am andern Winkel des ersten Schnittes wieder ein und durchschneidet senkrecht dieselben zwei Knorpelringe, wie an der andern Seite; endlich wendet man das Messer am Ende dieses senkrechten Sclinittes nach der andern Seite und trennt das auf 3 Seilen bereits gelöste Knorpelstück an seinem untern Rande vollständig ab. Um dies sicherer zu bewirken, hält man es zwischen den Fingern, oder mit der Pinzette, oder mit einem Häkchen fest. Nach einer von Brogniez angegebenen Veränderung schneidet man aus der entblössten Luftröhre das Knorpclstück mit einem hierzu erfundenen zweischneidigen Messer (Tracheotom), welches nach der einen Fläche concav gearbeitet und so breit ist, wie eben die Oeff-nuug in der Luftröhre werden soll, heraus und erzeugt auf diese Weise eine rundliche Oeflhuug.
Günther empfiehlt: ganz einfach die Luftröhre an ihrer vordem Fläche in der .Mittellinie durch 3—5 Knorpelringe senkrecht zu spalten und so eine OelTnung ohne Substanzverlust in ihr zu erzeu-zeugen. Dieses letztere Verfahren ist das einfachste und gewährt zugleich den Vortheil, dass die Luftröhre sich an der Operationsstelle nicht verengert, wie dies nach dein Herauslösen eines Knorpelstücks sehr häufig der Fall ist.
Die nach der eineu oder der andern Methode ausgeführte Operation ist stets ohne Gefahr und nur mit sehr geringer Blutung begleitet, so dass es in der Regel nicht noting ist, etwas gegen dieselbe zu Lhun oder eine besondere Nachbehandlung einzuleiten; sollte jedoch in einem Falle die Blutung in ungewöhnlicher Stärke bestehen, so kann man leicht das blutende Gefäss aufsuchen und zudrehen oder auch die Umstcchuug desselben ausführen.
In die OelTnung der Luftröhre legt man gleich nach der Opera-lion eine der Weite der Luftröhre und der Grosse der Wunde angemessene Röhre von gut verzinntem Eisenblech oder von Messing, um die Wunde hierdurch beständig ollen zu erhalten und das Athmen durch dieselbe zu erleichtern. ') Eine solche Röhre trägt durch den
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') Die hierzu benutzten Bohren müssen: 1) einen solchen Durchmesser h;ilgt;en, dass derselbe dem der Luftröhre, oder wenigstens dem der Stimmritze des bctrefl'emlen Thieres entspricht, um die zum vollen Athmen erforderliche Menge atmosphärischer Luft einströmen zu lassen; und 2) müssen sie so con-struirt sein, dass sie auch bei verschiedenen Stellungen und Bewegungen des
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Druck auf die Wundränder dazu bei, dass dieselben bald kallös werden und fest vernarben. Bis dieses geschehen ist, muss man die
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Thieres nicht aus der Oeffnung der Luftröhre fallen. Für diesen letzteren Zweck hat man sie auf verschiedene Weise eingerichtet. Die einfachste ist die von Bartheieray d. Aelt. angegebene, welche cylindrisch, fast im achten Theile eines Kreises gebogen, am untern Ende gut abgerundet und am obern Ende in die ihrem Durchmesser entsprechende OeiTnunraquo; eines viereckigen oder rundlichen Blechschildes im rechten Winkel angelöthet ist. Sie ist für Pferde 4—5 Zoll lang und 1 - 1J Zoll im Durchmesser, und das Schild gegen 4 Quadratzoll gross. Letzteres ist an den vier Ecken mit länglichen Oeffnungen versehen, zur Aufnahme von Riemen, mittelst welchen die in die Luftröhre gebrachte Röhre um den Hals befestigt wird. Diese Röhre ist leicht einzusetzen, leicht herauszunehmen, fällt aber auch von selbst heraus, wenn das Pferd den Kopf senkt und wenn das obere Ende des Halses sehr schmal ist. Ausserdem beleidigen die Riemen das gute Aussehen der Thierc. Damoiseau mache das obere Ende dieser Röhre etwas weiter und oval und legte einen, durch eine Oeffnung in ihrer obern (hintern) Wand vorschiebbaren Zapfen in dasselbe. Vermöge dieses hervorgeschobenen und äus-serlich mittelst eines Ringes an einen Knopf befestigten Zapfens hält sich die Röhre dann ohne Riemen in der Luftröhre fest. — Leblanc erfand eine Röhre, welche aus zwei Im rechten Winkel gebogenen Hälften in der Form ]\ besteht, so dass sie, nachdem beide Hälften an einander gefügt sind, fast einem T ähnlich erscheint. Die feste Zusammenhaltung der beiden Stücke wird durch einen aus zwei durch ein Charnier mit einander verbundenen Hälften bestehenden Ring, welcher auf das vordere Ende der Röhre gelegt und mittelst einer Schraube geschlossen wird, bewirkt. Die beiden Hälften der Röhre werden einzeln und so in die Luftröhre gelegt, dass die eine, mit ihrem im Knie gebogenen Querstück nach unten, die andere eben so nach oben in derselben gerichtet ist, und beide gleichsam Widerhaken bilden, durch welche sie sich fest in der Lage erhalten, nachdem der bezeichnete Ring am ausseien Ende auf die zusammengefügten Stücke gelegt worden ist. —
Ausserdem hat noch Dieterichs eine solche Röhre mit einem platten Schieber, welcher in der Art wie der Zapfen in der Röhre von Damoiseau hervorgeschoben wird und einen Wiederhalt in der Luftröhre bildet, — und Brogniez eine solche Röhre, welche an ihrem Innern Ende mit zwei aufziehbaren und im rechten Winkel gegen die Röhre zu stellenden Klappen versehen ist, angegeben. Die letztere ist sehr schön conslruirt, aber auch am complicirtesten und theuersten. — Ich benutze eine sehr einfache aus zwei Theilen bestehende Röhre. Die Röhre selbst ist 2\—3 Zoll lang, nicht gebogen, hat ein elliptisches, circa li Zoll hohes und 1 Zoll breites Lumen, am äusseren Ende einen im rechten Winkel abgebogenen i Zoll breiten Rand, welcher an der untern Wand ein wenig breiter und mit einem 2 Linien breiten Loch versehen ist. Am Innern Ende besitzt sie, 3 Linien vom Rande entfernt, an der untern Wand einen 1J Zoll langen und 2 Linien breiten Querspalt und am Rande der obern Wand einen, im rechten Winkel abgebogenen 1 Zoll langen und eben so breiten Fortsatz, dessen Ränder gut abgerundet sind. Nachdem diese Röhre in die Luftröhre eingebracht worden ist, und zwar so, dass der eben erwähnte Fortsatz in ihr nach oben zu steht, führt man als zweiten Theil den beweglichen Widerhalter in die Röhre. Dieser besteht aus einem 6 Linien breiten Stiel, welcher genau die Länge der Röhre vom vordem Rande bis zum Querspalt hat, am äussern Rande einen 6 Linien langen, im rechten Winkel gebogenen und mit einem Loch
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406 Verlclzungen der Luftröhre und des Kehlkopfs von aussen her.
Röhre etwa alle 5 — 8 Tage einmal aus der Wunde herausnehmen, beide reinigen, die letztere mit etwas Bleiceral bestreichen und die erstere dann wieder in die Luftröhre bringen. Wenn die Vernarbung vollständig geschehen ist und die Eiterung aufgehört hat, kann die Röhre immer 14 Tage, liegen, ohne dass man nöthig hat, sie zu reinigen. Pferde können mit derselben alle Arbeiten verrichten.
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nreizehntes Ca|iitel.
Verletzungen der Luftröhre und des Kehlkopfes von aussen her.
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Die genannten Theile können durch Waffen, durch Horn- und Deichselstösse, öder auch zuweilen bei dem Aderlässen, bei der Ausschälung hier liegender Geschwülste oder auch absichtlich bei der Tracheotomie, welche für verschiedene Zwecke uulernommen wird, entstehen. Dieselben kommen oft lur sich allein, in andern Fällen mit gleichzeitiger Verletzung des Schlundes, der grossen Gelasse u. s. w. vor und sind, je nach ihrer Grosse, bald leichter bald weniger leicht zu erkennen; grösserc Wunden der Luftröhre und des Kehlkopfs sieht man deutlich und eben so hört und sieht man das Aus- und Einströmen der Luft aus ihnen, zuweilen mit einem lauten Geräusch; kleine Wunden sind gewöhnlich nur an einem pfeifenden Geräusch von diesem Einströmen der Luft und au einer Luftgeschwulst (Emphysema) im Umfange der Wunde zu erkennen. Die Luftgeschwulst zeigt sich als eine nur 2—3 Linien über die gesunde Haut hervorstehende Anschwellung, welche beim Drücken mit den Fingern ein knisterndes Geräusch wahrnehmen und sich von einer Stelle zur andern im Zellgewebe unter der Haut durch Druck weiter treiben liisst; sie ist zuweilen nur einige Quadratzoll gross im nächsten Umfange der Wunde vorhanden, in andern Fällen über den ganzen Hals, selbst bis zum Kopfe oder nach unten bis zur Brust hin verbreitet. Zuweilen besteht auch bei diesen Verletzungen Auslluss von Blut oder blutigem Schaum aus der WTunde, aus dem Maule und aus der Nase und nicht selten sind die Thiere mit Husten geplagt. In denjenigen Fällen, wo der zurücklaufende Nerv mit verletzt ist, ist das
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versehenen Anhang und am Innern Ende ein eiiurmigcs, 1 Zoll langes, 10 Linien breites, im rechten Winkel abgebogenes Blatt besitzt. Letzteres greift durch den Querspalt der Röhre, und durch das Loch am vordem Ende und die ihm correspondive Oeffnung am Rande der Röhre zieht man einen Bindfaden oder einen Draht, und bindet beide Stücke zusammen.
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Verletziingen der Luftröhre und des Kehlkopfs von aussen her. 407
Einathmeu immer eigenthümlick brummend oder röchelnd. Bei den grössern Wunden kann man mit einem Finger, bei den kleinern mit einer Sonde bis in die Luftröhre eindringen und den freien Raum in derselben fühlen.
Die Beurtheilung dieser Verletzungen ist in den meisten Fällen ziendich gunstig zu machen; denn der Erfahrung zufolge heilen kleine Wunden der Luftröhre immer sehr leicht, -wenn sie nicht mit Substanzverlust verbunden oder sehr ungleich gerissen oder stark gequetscht sind, und selbst grosse Wunden heilen sehr häufig unter diesen Bedingungen, zuweilen sogar durch die schnelle Vereinigung. Wenn aber Substanzverlüst besteht, so erfolgt bei übrigens günstigen Verhältnissen zwar Heilung, aber die verlornen Theile der Knorpelringe werden nicht wieder ersetzt, sondern es bildet sich von den Rändern der Wunde her eine Art dichter Zellgewebshaut, welche die Vernarbung herbeiführt und die Oeffnung in den Knorpeltheilen der Luftröhre schliesst. Dies geschieht bei Pferden und nach Verlust von circa 1 Quadratzoll Knorpelmasse gewöhnlich in Zeit von vier Wochen und ohne dass irgend ein Nachtheil davon zurückbleibt. In manchen Fällen ziehen sich aber die Enden der Knorpelringe nach einwärts in die Luftröhre, verengen dadurch dieselbe und bilden hierdurch für immer ein organisches Ilinderniss für den Durchgang der Luft, in Folge dessen Kurzathmigkeit und lautes Athmen (Ilartschnau-figkeit, wie im vorhergehenden Capitel angegeben ist) entsteht. Dieser als üble Folge der Luftröhrenverletzung entstehende Fehler ist nur allein durch die Tracheotomie in seinen üblen Folgen zu mindern, nicht aber gänzlich zu beseitigen, da auch durch das Ausschneiden der verkrümmten Knorpelstücke der Zustand nicht beseitigt wird. In denjenigen Fällen, wo der n. recurrens mit verletzt ist, erfolgt zuweilen Heilung desselben und die Wiederherstellung des regelmäs-sigen Athmens, wenn die Wunde in einer einfachen Trennung besteht und die Heilung durch schnelle Vereinigung stattfindet; ist aber der Nerv zerrissen oder aus seiner Lage gebracht, so dass eine Verbindung zwischen den beiderseitigen Enden nicht stattfinden kann, so ist in der Regel ebenfalls Hartschnaufigkeit die Folge hiervon. Die Luftgeschwulst ist an und für sich stets eine gefahrlose Erscheinung, welche sich höchstens nach 4 — 6 Tagen wieder verliert und nicht die mindeste üble Folge zurücklässt. Verwundungen des Kehlkopfs sind übrigens in jedem Falle schwerer zu heilen und gefährlicher als gleich grosse Verwundungen an der Luftröhre.
Die Behandlung. Einfache Stich-, Schnitt- und Hiebwunden vereinigt man mittelst der blutigen Naht, am besten mit der Hasenschartennaht und dann hält man die Entzündung durch Anwendung kalter Umschläge ab. Besteht ein Reizfieber oder sehr beschwerliches Athmen, so ist ein Aderlass und die Anwendung von Salpeter und Glaubersalz oder Doppelsalz im Getränk nöthig. Bei gerissenen und stark gequetschten Wunden kann man die entblössten und zwischen den WTeichgebilden hervorragenden Enden der Luftröhrenknorpel an der Stelle abschneiden, wo die Gränze der sie bedeckenden Weichgebilde ist, weil sonst die Knorpel doch nur trocken werden und als fremde Körper wirken. Ist eine solche Wunde lappig oder
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408nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verwundungen der Drossclvone und der Drossclarterie.
biegen sich ihre Ränder 211 stark nach aussen, so kann man sie heften, wenngleich die HoHmmg auf schnelle Vereinigung dabei nicht vorhanden sein kann. Hei jedem llelten solcher Wunden an der Luftröhre dürfen nur die VVeichgebilde durchstochen werden, die Knorpel aber müssen unberührt bleiben. Auch bei diesen Wunden kann man am ersten Tage eine kühlende Behandlung anwenden, am folgenden und später bedeckt mau die Wunde mit wollenem Zeug oder, wo fleissige Abwartuug des Patienten zu haben ist, mit Breiumschlägen von schleimigen Mitteln, um die Eiterung zu befördern. Die Heilung erfolgt dann durch Granulation, und die weitere Behandlung muss, je nachdem dieselbe sich zeigt, bald auf blosse Hei-nigung beschränkt bleiben, bald auch durch Anwendung von Digestivsalben bei zu geringer Thätigkeit, oder durch Anwendung austrocknender Mitte] bei üppiger Granulation u. s. w. geleitet werden.
Die Windgeschwulsl wird in jedem Falle durch gelindes Drücken und Streichen auf derselben in der Richtung zu der Wunde hin, oder wenn die letztere sehr klein ist, durch mehrere Einstiche in die Haut und gelindes Drücken und Streichen zu diesen hin, sehr vermindert oder auch gänzlich beseitigt.
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Wiei*Kehntes Cafiitel.
Verwundungen der Drosselvene und der Drosselarterie.
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Verwundungen dieser grossen Gelasse am Halse kommen zuweilen durch Watfen vor, häufiger aber bei chirurgischen Operationen, namentlich bei dem Aderlassen, und zwar, bald nur in dem einen allein, bald in beiden Gelassen zugleich und auch mit gleichzeitiger Verletzung der naheliegenden Theile. #9632;— Sie bestehen entweder als einfache Trennungen in der Länge des Gelasses oder in schiefer oder querer Richtung, oder sie sind mit Quetschung und Zerreissung, selblaquo;t mit Substanzverlust verbunden; die Trennung ist bald unvollständig, bald vollständig, und zuweileu geht eine Stichwunde durch die äussere (vordere) und die innere (hintere) Wand eines oder beider Gefässc. Besteht die Verwundung nur in einem Gefäss, so bemerkt man, abgesehen von der Grosse und Form der V\ unde selbst, folgende Erscheinnngen:
Bei Verletzungen der Drossclvcne zeigt sich Auslluss eines schwarzrothen Blutes, and dieser Auslluss hört auf, wenn mau einen Druck über der Wunde im Verlaufe des verletzten Gelasses anbringt. Bei den Verletzungen der Carotis strömt scharlachrothes Blut, rauschend und gewöhnlich in einem Bogen oder auch slossweise ver-
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Verwundungen der Drosselvcne und der Diossclarleric.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 409
stärkt aus der W midc und der Ausfluss dieses Blutes hört nur dann auf, wenn man einen kräftigen Druck unter und eben so über der Wunde im Verlaufe des (Jefässes anbringt; denn die Carotis erhält nicht allein Blut vom Herzen her, sondern auch durch ihre Anasto-niosen -von der Wirbelarterie und aus der C'arotis der andern Seite.
Wo beide Gelasse verletzt sind, sind auch die Erscheinungen an dem Blutiluss zusammengesetzt.
1st bei einer kleinen Hautwunde, wie dieselbe z. B. gewöhnlich bei dem Aderlassen entseht, die Carotis bloss angestochen oder auch nur die hintere Wand der Jugularvcnc durchstochen, so entsteht eine Blutergiessung in das lockere Zellgewebe neben und hinter den Ge-fässen, und in Folge dessen eine Anschwellung des Halses. Diese Anschwellung nimmt gewöhnlich schneller zu, wenn die Hautwunde geschlossen und der Blutauslluss nach aussen verhindert wird. Zuweilen erreicht die Geschwulst einen enormen Umfang; sie pflegt sich in den folgenden Tagen zu senken und mit einem Oedem begleitet zu sein. Durch ihren Druck nach innen erschwert sie das Schlingen und oft auch das Athmen.
;Alit der Verletzung der Carotis ist gewöhnlich auch eine Verletzung der neben ihr liegenden und mit einer Zellgewebsscheide verbundenen beiden Nerven, des grossen sympathischen und des Lun-genmagennerven verbunden. Die Verletzung des ersten Nerven erzeugt augenblicklich keine besondern Zufälle und ist deshalb von aussen nicht zu erkennen, #9632;wogegen die Verletzung des Vagus sich in der Kegel sogleich durch ein brummendes oder giehmendes Ein-athmen, wie bei der sogenannten Hartschnaufigkeit, kund giebt. Haben die Thiere bereits viel Blut verloren, so finden sich auch die Erscheinungen des Blutverlustes, kleiner gehwacher Puls, Blässe der Schleimhäute u. s. w. hinzu und bei grossen Querwunden kann in Zeit von circa 10—15 Minuten selbst der Tod durch Verblutung erfolgen.
Prognosis. Nach den angedeuteten Verschiedenheiten ist die Beurtheilung dieser Gefässverletzungen in den einzelnen Theilen sehr verschieden. Kleine, d. h. nicht über 1 Zoll lange Wunden in der Längenaxe der Drosselvcne und bei ebener und einfacher Beschaffenheit der Wundränder gestatten in der Kegel die Heilung durch schnelle Vereinigung; bei grössern Wunden, selbst wenn sie die bezeichnete günstige Beschaffenheit besitzen, ist aber dieselbe gewöhnlich nicht zu erreichen, sondern das Gefass muss unterbunden werden und geht für die Circulation des Blutes verloren, wodurch zwar in der ersten Zeit nach der Unterbindung nur unbedeutende Zufalle, namentlich Eingeuommenhcit des Kopfes wie bei dem Dununkoller und Mattigkeit entstehen, in der Folge aber der Nachtheil erwächst, dass man nur noch an einer Seite des Halses den Aderlass verrichten kann und dass bei einer Entzündung der übrigbleibenden Vene das Thier in Lebensgefahr versetzt wird. Auch kleine quere und schiefe Wunden der Drosselvencn können durch die schnelle Vereinigung geheilt werden, wenn aber die Trennung bis über die Hälfte des Gefässumfanges sich erstreckt, ist ebenfalls nur durch die Unterbindung die Verschliessung des Gelasses und die Heilung zu
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410nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verwundungen der Drosselvcne und der Drosselarterie.
bewirken. Bei allen mit Quetschung und ZeiTeissung verbundenen Wunden der Drossclvene ist das Eintreten einer Venenentzündung (S. 152) zu fürchten. •— Kleine, d. h. nicht über | Zoll lange Wunden in der Längenrichtung der Carotis und mit glatten Rändern versehen, können durch schnelle Vereinigung heilen, besonders wenn dabei die äusserlich auf dem Gefäss liegenden Theile wenig verletzt oder künstlich recht vollständig vereinigt sind. Querwunden, schiefe und ungleich gerissene Wunden in diesem Gefäss verlangen stets die doppelte Unterbindung oder die Zudrehung der getrennten Ge-fässenden in grösster Schnelligkeit, weil sonst die oben angedeuteten üblen Zufälle oder selbst der Tod erfolgen. Eben so ist bei den die beiden Gefässwände durchdringenden Wunden die Gefahr immer sehr gross, wenn die oben bezeichnete Anschwellung des Halses bei denselben eintritt. — Die gleichzeitige Mitverletzung eines sympathischen oder eines Lungenmagennerven bedingt für sich keine besondere Gefahr und die oben bezeichneten Athembeschwerden verlieren sich gewöhnlich im Verlaufe von circa vierzehn Tagen wieder gänzlich, in manchen Fällen aber machen sie sich oft bemerkbar, wenn das Thier angestrengt und im schnellen Laufe arbeiten muss.
Behandlung. Einfache Wunden der Drosselvcne an der äussern Wand derselben und in der bezeichneten geringen Grosse verschliesst man durch Zusammenheften der Hautwundränder vermittelst der Knopfnaht oder noch besser vermittelst der llasenschartennaht, — wie dies letztere bei dem Verschliessen der Aderlasswunden allgemein gebräuchlich ist. Man verfährt dabei ganz nach den Regeln über das Anlegen der Nähte. Die Räuder der Venenwunde selbst werden dabei nicht von den iNadeln oder Heften berührt. 1st die Haut in einem grössern Umfange von den unter ihr liegenden Theilen getrennt, so legt man nach dem Heften noch Compressen von Leinwand über die Wunde und ihre Umgebung und erhält dieselben durch einen massig fest um den Hals gelegten Verband in ihrer Lage. Hierauf wird das Thier in seinem Stande massig hoch angebunden, so dass es mit etwas aufgerichtetem Kopfe stehen muss; es darf in den ersten 24 Stunden kein Futter, sondern nur Mehltrank in kleinen Quantitäten und in längeren Zwischenzeiten erhalten, weil bei dem Kauen der Blutzuvückfluss vom Kopfe stets viel stärker erfolgt und dadurch die Verwachsung der Gefässwunde gestört wird. Bei grossen Wunden wendet man ausserdem noch kalte Umschläge während 1 — 2 Tagen an. Entsteht oder bleibt im weitern Verlaufe eine fluetuirende Blutgeschwulst irgend wo im Umfange der verletzten Stelle, so kann man nach 2 — 3 Tagen dieselbe an dem niedrigsten Punkt anstechen, ihren Inhalt durch gelindes Drücken entfernen und dann (Imschläge von Essigwasser, Oxykrat u. dgl. anwenden.
Grosse Längen- und Querwunden der Drosselvene und ebenso durch beide Wände dringende Wunden, welche mit einer Innern Blutung bestehen, müssen ohne grossen Zeitverlust unterbunden werden. Dies geschieht nur an dem Theil der Vene über der Wunde und am besten mit einem schmalen Bändchen, weil die runden Li-
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Verwnmliingcn der Drossölvene tmcl der Drosselarterie,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 411
gaturbiinder die scliwachen Venenhiiute zu schnell durchschneiden. Nach der Unterbindung -wird das GefSss an der Stelle der Verletzung vollständig durchschnitten, tlicils um die Spannung in demselben und eine mögliche Zerrcissung an der Ijnterbindungsstelle, theils auch um das Eindringen der Luft in die Vene itu verhindern, da die letztere sich nach dem völligen Durchschneiden auch am untern Ende mehr zurückzieht und sich schliesst. Im üebrigen verfährt man nach den allgemeinen Regeln der Gefässunterbindung. Das Verhalten der Thierc nach der Unterbindung und die Behandlung der Wunde geschieht, wie im Vorstellenden nach dem Heften der Hautwunde angegeben ist.
An der Carotis werden kleine Längenwumlcn, namentlich die bei dem Aderlassen zuweilen entstehenden Stichwunden, in den meisten Fällen ganz gut dadurch zur festen Verwachsung der Wundränder vorbereitet, dass man die äussere Wunde möglichst genau ver-schliesst, und durch die Muskeln einen Druck auf die verletzte Ge-fässstelle bewirkt. Die Thiere müssen dabei mit in die Höhe gestrecktem Kopfe kurz angebunden und an der verletzten Seite des Halses recht fleissig mit ganz kaltem Wasser befeuchtet oder mit Schnee oder Eis, wenn es zu haben ist, bedeckt werden. Entsteht bei dieser Behandlung keine weitere Anschwellung des Halses, so kann man die Heilung erwarten, die dann in etwa 4 — 5 Tagen erfolgt. Während dieser Zeit muss die eben angedeutete Behandlung unverändert fortgesetzt werden. Nimmt aber die Geschwulst zu, oder tritt von Zeit zu Zeit neue Blutung durch die Wunde ein, so ist es am besten, die Unterbindung des Gefässes zeitig vorzunehmen. Ist hierzu die äussere Wunde nicht gross genug, so muss sie allenfalls bis zu einer Länge von 3—4 Zoll mit dem Messer vorsichtig erweitert werden. Man zieht'dann, wenn die Carolis bloss theil-weise verwundet ist, dieselbe mit dem gekrümmten Zeigefinger sanft hervor, löst sie von den beiden Nerven, welche mit ihr zusammen in einer zelligen Scheide liegen, unterbindet sie unter und auch über der Verletzung und schneidet sie dann an der verletzten Stelle vollständig durch. Ist aber durch die Verletzung selbst eine vollständige Durchtrennung geschehen, so müsste man, wenn man das Thier noch lebend findet, zuerst das untere Ende des Gefässes in der Wunde aufsuchen, es hervorziehen und es unterbinden oder zudrehen und hierauf mit dem obern Ende eben so verfahren. Die Unterbindungsfäden lässt man so lang an der Carotis sitzen, dass ihr äusseres Ende eben bis an die Haut reicht. Die äussere Wunde wird gereinigt und oberflächlich oder vollständig durch die blutige Naht vereinigt, je nachdem ihre anderweitige BeschafTenheit es gestattet. Die Thiere müssen, wenn sie nicht zu sehr vom Blutverlust erschöpft sind, nach geschehener Unterbindung anhaltend und ruhig stehen und überhaupt völlig ruhig gehalten werden; sie dürfen auch nur weiches Futter erhalten. Die Ligaturfäden pflegen sich um den sechsten bis achten Tag abzulösen, und die Heilung der Wunde erfolgt dann je nach ihrer Grosse und Beschaffenheit. Damit die Thiere sich am Halse nicht reiben, kann man ihnen das
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412nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wanden des Schlundes.
sogenannte hölzerne Halsband oder den Halskragen umlegen und während der ganzen lleilungszeil beibehalten.
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Fünfzehntes Capitel.
Wunden dos Schlundes.
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Verwundungen des Schlundes durch verletzende Körper von aussen her kommen im Ganzen selten vor; sie entstehen durch eindringende Kugeln, Lanzen, Gabeln n. dgl. und zuweilen werden sie auch absichtlich bei der Operation des Schlundschuittes gemacht; dagegen kommen Verletzungen dieses Organs von innen her, durch verschluckte spitzige Körper erzeugt, wie z. B. durch Fischgräten, Knochensplitter, Dornen, Nadeln u. dgl. nicht ganz selten vor, gehören jedoch nicht hierher, sondern in die zwölfte Classe. Die von aussen her entstandenen Schlundwunden sind wegen der tiefen Lage des Schlundes fast immer mit gleichzeitiger Verletzung der grossen Halsgelasse oder der Luftröhre verbunden; sie geben sich, je nach ihrer Grosse, bald leichter, bald weniger leicht zu erkennen. Bei grossen olfenen Wunden sieht man zuweilen den Schlund entblösst und dann die Wunde in ihm ganz deutlich, ausserdem bemerkt man auch das Auslliessen von Speichel, von Getränk und von Futter, wenn das Thier eben schluckt, ruckweis erfolgen; bei kleinen, engen Wunden am Halse ist nur die letztere Erscheinung allein als Zeichen der bestehenden Schlundverletzung wahrzunehmen. Bei gehörig offenen Wunden fliessen die aus der Schlundwunde aussickernden Materien frei nach aussen ab, bei kleinen engen Wunden senken sich aber dieselben in dem lockern Zellgewebe neben dem Schlünde und der Carotis allmälig mehr in die Tiefe, erzeugen hierdurch äusserlich oedematöse Anschwellungen und durch Einsickern in die Brusthöhle veranlassen sie in späterer Zeit zuweilen Pleuritis, oder auch Pneu-monie und den Tod. Durch das Einsickern des Speichels in die Wunde und durch die leicht stattfindende faulige Zersetzung desselben nehmen diese Wunden in den meisten Fällen einen üblen, fauligen Geruch an.
Die Beurtheilung. Die Wunden des Schlundes sind an und für sich niemals lebensgefährlich und in der Regel heilbar, wenn die Wundränder in gegenseitige andauernde Berührung zu bringen sind; die Erfahrung zeigt, dass selbst das vollständige quere Durchschneiden des Schlundes in manchen Fällen doch noch vollständige Heilung hat stattfinden lassen; doch sind dieselben nach ihrer Grosse und nach ihrer Beschaffenheit von verschiedener Bedeutung hinsieht-
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Wunden des Sclilundes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;413
Höh Her leichtern oder schwerern Heilbarkeit und der durch das Auslliesseu des Speichels und der Futterstoffe erzeugten Zufälle. Durch diese Zufälle werden die Schlundwunden allein lebensgeiahr-lich. Längenwunden im Schlünde sind iininer heilbar, je kleiner sie sind, um desto schneller erfolgt die Heilung; Querwunden heilen schwerer und Wunden mit Substanzvcrlust oder mit ungleicher Zer-reissung heilen am schwersten und langsamsten. Enge Wunden und solche, welche eine schiefe Richtung von aussen und von oben nach innen und unten haben, führen leicht die angegebenen Einsickerun-gen in das Zellgewebe und dadurch jene üblen Zufalle herbei, dagegen entstehen bei denjenigen Wunden, welche von innen eine schiefe Fläche nach aussen und unten bilden, die üblen Zufälle am wenigsten.
Die Behandlung. Nachdem die etwa vorhandenen fremden Körper entfernt und blutende Gelasse verschlossen sind, heftet man die Wunden des Schlundes mittelst der Knopfnaht, und zwar so, dass man dabei nur die Muskelhaut durchsticht und dass man die einzelnen Hefte höchstens nur ^ Zoll weit von einander entfernt anlegt. Zum Heften nimmt man hier doppelte, recht glatte Zwirns- oder Seidenfäden. Mehrere Thierärzte haben vorgeschlagen, diese Hefte nicht durch Knoten zu vereinigen, sondern bloss die Enden eines jeden Heftes fur sich zusammen zu drehen und dadurch ihr Schliessen zu bewirken, man soll dann dieselben späterhin, bei dem Entfernen, bloss zurückdrehen und somit die Entfernung leichter bewirken, als wenn man die Enden zusammengebunden hätte; allein die Erfahrung zeigt, dass in diesem Verfahren keine wirkliche Erleichterung beruht, da die Heftfäden durch die thierischen Flüssigkeiten zusammenkleben und sich nicht so leicht bis zu dem Schlünde hin wieder aufdrehen lassen, sondern dass dies mehr Reizung herbeiführt, als wenn man die Heftfaden ein wenig straff anzieht und sie dann mit der Scheere oder mit einem Knopfbistouri nahe am Schlünde abschneidet. Man kann daher die Hefte immerhin in ähnlicher Weise zusammenbinden, wie dies bei andern Heften zu geschehen pflegt, oder man kann auch folgendes Verfahren in Anwendung bringen:
Nachdem die einzelneu Heftbänder durch die Wundränder gezogen sind, legt man auf den Schlund eine Darmsaite in der Länge, dass die beiden Enden derselben bis an die Hautränder reichen; auf dieser Darmsaite bindet man die Faden jedes einzelnen Heftes zuerst durch einfaches Durcheinanderstecken zusammen und legt auf diese erste Zusammenfüguug eine aufziehbare Schleife; die Enden der Heftbänder müssen gleichfalls bis zur Haut hervorreichen, und dasjenige Ende, welches mit der Schleife in unmittelbarem Zusammenhange steht, muss zu seiner Bezeichnung mit einem Knoten versehen werden. Sollen später die Hefte entfernt werden, so kann man sehr leicht zuerst an dem mit dem Knoten versehenen Ende die Schleife aufziehen und dann, wenn dies an sämmtlichen Heften geschehen ist, durch Hervorziehen der Darmsaite, wozu dieselbe aber an ihren beiden Enden ergriffen werden muss, auch die innere Schleife der sämmtlichen Hefte lösen und dann jedes einzelne Heft an dem mit
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414nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wunden des Schlundes,
dem Kuoteu versehenen Ende herausaiehen. Nachdem die Schlundwunde geheftet ist, schiebt man den Schlund in seine normale Lage zurück, reinigt die Wunde in den Muskeln u. s. w., legt einen dünnen VVergtampon in dieselbe und verschliesst sie äusserlich durch ein oder ein Paar bloss oberflächlich eingezogene Hefte, da die vollständige Verschliessung erst spiiter* nach Entfernung der Schlundhefte bewirkt werden kann, wenn übrigens die Wunde hierzu geeignet ist. Das Thier wird hierauf, wenn es ein Pferd oder Hind ist, hoch angebunden, so dass es mit gestrecktem Halse stehen muss, und es erhält während der ersten 24—36 Stunden weder Futter, noch Getränk; nach dieser Zeit kann mau ihm etwas Heu oder Gras oder Kleie verabreichen und nach 2—3 Tagen die Hefte aus dem Schlünde auf die oben angegebene Weise entfernen. 1st dies geschehen, und eignet sich die äussere Wunde bei einfacher und ebener Beschaflen-heit ihrer Ränder zur schnellen Vereinigung, so kann man dieselbe noch versuchen und zu diesem Zwecke sie vollständig heften; ist sie jedoch uneben, gerissen oder stark gequetscht, so verbindet man sie mit einer Digestivsalbe und sucht recht bald gute Eiterung und Granulation herbeizuführen.,
1st durch das Heften der Schlundwunde in den ersten 2—3 Tagen die Heilung derselben nicht gelungen, so erfolgt sie auch später nicht durch die schnelle Vereinigung, sondern durch Eiterung und Granulation und eben so können auch nur die mit Zerreissung und Substanzverlust complicirten Schlundwunden zur Heilung gelangen. Zu diesem Zwecke bedeckt man sie mit einem der Wunde in der Grosse angemessenen Tampon von weichem reinen Werg und bestreicht sie zuweilen mit einer Auflösung von Lapis infernalis oder auch mit einer Auflösung von Jodkali (von dem ersteren 10 Gran auf 3j Wasser, von dem letzteren 15 Gran auf eben so viel Wasser). Dabei muss man sorgfaltig darauf sehen, dass die aus dem Schlünde fliesseuden iMaterieu immer recht vollständig und leicht aus der Wunde von selbst abfliessen und zu diesem Zwecke dem untern Wundwinkel eine trichterförmige .Beschaffenheit geben, indem man ihn so durch das Messer erweitert, dass die Haut am tiefsten getrennt wird, die Muskeln weniger tief, und dass das Ganze eine schiefe Fläche darstellt. Ausserdem muss man die Wunde öfters reinigen und den Thiercn fortwährend nur wenig Futter geben. Auch kann man, um zu heftige Bewegungen des Thieres und um das Reiben der Wunde zu verhüten, den hölzernen Kragen um den Hals legen.
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Brustwunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 415
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Secliszehntes Caiiitel.
Brustwunden.
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Die Wunden im Umfange der Brust sind entweder nur oberflächlich, d. h. nicht das Brustfell durchdringend, oder sie sind auch eindringend in die Brusthöhle, oder selbst durchdringend durch dieselbe. Die oberflächlichen Brustwunden können einfach sein, zuweilen sind sie aber complizirt mit starker Quetschung, mit Erschütterung der Eingeweide, mit Zerreissung derselben und innerer Blutung, mit Brustfell- oder Lungenentzündung, mit Brüchen der Rippen. Die eindringenden Brustwunden können auch als einfache Trennungen der Brustwäude entstanden sein, aber sie verlieren diese einfache Beschalfenheit mehrentheils in kurzer Zeit dadurch, dass durch die in die Brusthöhle eingedrungene atmosphärische Luft eine Pleuritis erzeugt wird; ausserdem aber sind sie häufig mit gleichzeitiger Verletzung eines Brusteingeweides complicirt, oder zuweilen auch durch eingedrungene fremde Körper, durch Ergiessung von Blut u. dgl. in die Brusthöhle. Die die ganze Brust durchdringenden Brustwunden haben an der einen Seite der Wand eine Eingangs-, und an der andern Seite ihre Ausgangsöffnuug und sind stets complizirt.
Die oberflächlichen einfachen Brustwunden sind an den allgemeinen Zeichen der Wunden, je nach ihrer Art, zu erkennen und nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurtheilen und zu behandeln. Zuweilen sind sie aber mit einer bedeutenden Blutung aus den Zwischenrippenarterien begleitet, wobei das Blut in einem doppelten Strahl, von oben und von unten, aus der Tiefe der Wunde hervorströmt. Diese Blutung ist zuweilen recht gut durch Torsion oder Unterbindung eines jeden (raquo;efässendes zu stillen, wenn dieselben leicht zu erreichen sind; ist dies nicht der Fall, so hefte man die Wunde und wende noch äusserlich einen Druckverbaud an. Sind die nicht eindringenden Wunden componirt mit heftiger Quetschung und Erschütterung oder auch mit Brüchen der Rippen u. dgl., so erhalten sie hierdurch allerdings eine grössere Bedeutung, ja zuweilen eine lebensgefährliche Beschaffenheit. Solche Wunden werden beur-theilt und behandelt, wie dies bei den Quetschungen im Allgemeinen und bei den Rippenbrüchen gelehrt ist.
Dass eine Wunde an der Brust wirklich bis in die Brusthöhle sich erstreckt, erkennt man im Allgemeinen 1) durch vorsichtige Untersuchung mit dem Finger oder auch mit der Sonde, wobei man, namentlich mit dem ersteren, die Dicke der Brustwand, das Hineingleiten bis in die Brusthöhle, den freien Raum in derselben, die glatte innere Fläche der Brustwand, die entgegenstehenden Organe, besonders die beweglichen, elastischen Lungen oder das in regelmässigen Abwechselungen sich zusammenziehende und erweiternde Herz fühlen kann; — 2) aus dem Ein- und Ausströmen von Luft durch die
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firustwunden.
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Wunde bei jedem Athemzuge l), was zuweilen mit einem zischenden oder pfeifenden Geräusch geschieht und ausserdem an der Temperatur und an der Bewegung der Luft bei dem Vorhalten einer Hand oder einer Lichtllamme oder einer diiuneii Feder vor die Wunde erkannt werden kann; .— 3) durch die nach der verwundeten Seite eingebogene Stellung des Thicres; 2) #9632;— 4) zuweilen auch aus einer Luftgesehwulst (Emphysema) im Umfange der Wunde; 3) — ö) an der sehr beschleunigten, erschwerten, unregelmässigen Respiration, welche durch die in die Brusthöhle eingedrungene atmosphärische Luft und durch hiervon erzeugten Druck und Heizung entsteht, und daher auch bei grossen Wunden und bei längerem Olleubleiben der-
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') Die Luft dringt bei dem Einatlimen in die Brustliöhle und bei dem Ausathmen aus derselben, — wie dies durch richtige Beobachtungen und Versuche hinreichend erwiesen und nach physikalischen und physiologischen Gesetzen auch zu erklären ist; denn nur durch die Erhebung der Rippenwände bei dem Einathrnen entsteht in der Brust ein solcher Raum, dass Luft eindringen kann, und dieser Raum wird wieder aufgehoben und deshalb die Luft wieder herausgetrieben, wenn bei dem Ausathmen die Rippen sich zurücklegen (senken). Die Lungen selbst besitzen kein eigenes Expansions-vermögen, sondern sie werden nur durch den Druck der eingeatbmeten Luft ausgedehnt; wenn aber die Brusthöhle durch eine Wunde geöffnet und somit die ganze äussere Oberfläche der Lungen dem Druck der Atmosphäre ausgesetzt ist, so ergiebt sich von selbst, dass dieser äussere Druck mindestens dem Druck der eingeathmeten Luft gleich sein müsse und dass daher durch die letztere eine grosse Ausdehnung der Lungen nicht mehr erfolgen könne. Dieselben müssen im Gegenthcil nun bis auf einen gewissen Grad zusammenfallen, — wie dies auch wirklich geschieht und von Wolstein (das Buch für Thieiärzte im Kriege, S. 1 13) an lebenden Thieren richtig beobachtet worden ist und hei dem Durchstochen der Brustwand eines lodtcn Thieies leicht wahrgenommen werden kann. Ich würde diese Bemerkung für überflüssig gehalten haben, wenn nicht manche Schriftsteller, wie z. B. Dieterichs (Veterin. Chirurgie, bste Aufl. S. 423) unrichtige Ansichten über den Gegenstand verbreiteten.
*) Wolstein, der diese gekrümmte Stellung der Thiere bei seinen Versuchen in allen Fällen wahrgenommen hatte, wollte wissen: wie ein Thier sich stellen würde, wenn es an beiden Seiten verwundet ist? Als er deshalb einem Pferde an beiden Seiten der Brust einen eindringenden Einschnitt gemacht hatte, setzte das doppelt verwundete Thier seine vordem und hintern Schenkel näher an einander, bog seinen Rücken, schob seinen Körper zusammen und verengerte durch diese Richtung beide Wunden um einen merklichen Grad (A. a 0. S. 114).
3) Manche betrachten das Emphysem, welches sich zu Wunden im Umfange der Brust gesellt, als eins der sichersten Merkmale, dass die Wunde eine in die Brust eindringende sei. Dies ist jedoch nicht für alle Fälle richtig; denn ich habe sehr oft eine recht breit ausgebreitete Luftgeschwulst bei solchen Wunden gesehen, welche sich unter das Schulterblatt erslreckten oder unter der Brust, an der Innern Fläche des Arms sich befanden und wo bei jeder Bewegung dieser Theilc die Wunde bald anseinandergezogen, bald wieder zusammengedrückt und hierdurch die Luft förmlich in das Zellgewebe hineingepumpt wurde. Die genaueste Untersuchung, die Zufälle und der Ver-auf erwiesen gleichinässig, dass die Wunden nicht in die Brusthöhle gedrun-glen waren.
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Brustwunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 417
selben mehr bemerkbar wird als bei kleinen Wunden und bei solchen, welche bald wieder geschlossen worden sind.
In der Regel mindert sich nach dem Entstehen einer eindringenden Brustwunde sehr schnell die Temperatur des Körpers und die Thiere werden schwach und muthlos, und der Puls klein; aber nach einigen Stunden erhebt sich die Temperatur, die Herz- und Arterien-kraft wieder und es tritt das Heactionsstadium des Wundreizungszu-standes und des Fiebers ein.
In manchen Fällen besteht bei den eindringenden einfachen Brustwunden nur eine sehr geringe Blutung, wobei sich, wenn das Blut aus Venen und aus gemischten kleinen Gelassen stammt, durch die aus- und einströmende Luft ein dunkelrother Schaum auf die Wunde erzeugt; ist aber eine Zwischenrippenarterie oder die innere Brustarterie verletzt, so strömt das Blut im Strahl und hellroth aus der Wunde, — zuweilen aber auch in die Brusthöhle.
Bei kleinen Thieren ereignet es sich zuweilen, dass der Rand eines Lungeulappens durch eine etwas grosso eindringende Brustwunde hervortritt (Vorfall der Lunge) und dann gewöhnlich zwischen den Wundrändern eingeklemmt bleibt. In solchen Fällen sieht und fühlt man die Luugensubstanz in der Wunde und das Durchströmen der Luft durch die letztere findet nicht statt. Bei grosscn Thieren kommt dieser Vorfall gar nicht oder nur äusserst selten vor.
Sind gleichzeitig Organe in der Brusthöhle mit verletzt, so treten zu den Erscheinungen der eindringenden Brustwuuden auch noch diejenigen hinzu, welche aus der Verletzung eines solchen Organs unmittelbar entstehen und bald mehr bald weniger auch diejenigen, welche durch die Blutcrgicssung in die Brusthöhle oder nach aussei! erzeugt weiden. Es ist in dieser Hinsicht Folgendes zu bemerken:
1)nbsp; nbsp;Verletzungen des Herzens. Die Kennzeichen dieser Ver-Iclznngeu sind, wenn letztere nur einen geringen Umfang haben, sehr undeutlich, so dass man sie olt nur ans der (legend und Richtung der äussereu Wunde bei den eindringenden ßrustwunden blos ver-inuthen kann. Oberflächliche Verwundungen des Herzens veranlas-•seu gewöhnlich nur etwas langsameren Herzschlag, — bis in die Vorkammern oder in die Kammern eindringende Wunden von etwa 1 bis 2 Linien Weite verhalten sich in ihren Erscheinungen eben so, —#9632; grössere eindringende Wunden im Herzen sind jedoch mit einer starken Blutung begleitet. In diesem Falle ergiesst sich, je .nach der verletzten Stelle des Herzens, dunkelrothes oder hellrothes Blut in die Brusthöhle und wohl auch durch die äussere Wunde nach aussen; das Blut ist von gleichmässiger Beschaffenheit, nicht schäumend und es lliesst ruckweis stärker hervor; die Thiere werden in kurzer Zeit sehr matt, athmen nach und nach immer mehr angestrengt und beschleunigt, der Herzschlag und das Pulsiren der Arterien wird immer schwächer und es treten überhaupt die Zufälle einer inneren Verblutung ein, unter, welchen die Thiere schnell unter hinzugetretenen Convulsionen sterben. — Auffallenden Schmerz zeigen die Thiere in Folge der Herzwnndcn niemals.
2)nbsp; nbsp;Verwundungen der grossen Gefässe in der Brusthöhle
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4lgnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bruit wunden.
sind ebenfalls zum Theil aus dem Orte der ausseien Verletzung und aus tier Richtung, in welcher das verletzende lustruiuent eingedrungen ist, so wie aus den eben angegebenen Symptomen einer innern Vorblulung mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erkennen, mit Sicherheit aber nicht von den Verletzungen des Herzens zu unterscheideu, da diese sich in ganz ähnlicher Weise zeigen.
3)nbsp; Verwundungen der Lungen charakterisireu sich in den meisten Fällen sehr bestimmt durch den Ausfluss von schaumigem Blut sowohl aus der Wunde, wie auch häufig aus der Nase und aus dem Maul; dabei husten die Thiere oft, die Uespiration ist kurz, beschleunigt, beschwerlich und gewöhnlich mit Röcheln verbunden. Sehr oft findet sich auch hier eine allmälig zunehmende Ergiessung von Blut in die Brusthöhle, durch welche das Athmen immer noch mehr erschwert wird und die Thiere in dem Verhältniss des aus den Gelassen verloreneu Blutes sich auch immer schwächer zeigen. Sehr oft entstehen hier im Umfange der äusseren Wunde auch Luftge-schwiilsle. —#9632; Wenn die Verwundung der Lungen durch ein rundlich spitziges und dünnes Instrument entstanden ist, sind die zuerst angegebenen Zufälle, namentlich die Blutung, oft gar nicht wahrzunehmen, aber sie sind um so auffallender, -wenn das verletzende Werkzeug eine schneidende Spitze, oder einen breiten Umfang hatte und wenn von ihm grösscre Bronchienzweige oder auch grössere Ge-fässe betroffen sind.
4)nbsp; Verwundungen des Schlundes in der Brusthöhle würden mit Sicherheit nur an dem Ausfliessen von verschlucktem Futter oder Getränk zu erkennen sein, — vorausgesetzt, dass das Thier nach der Verwundung noch frisst oder säuft, und dass die Wunde eine für den Ausfluss günstige Lage und Grosse hat. Wo dies aber nicht der Fall ist, wird man aus dem Orte und der Richtung der äussern Wunde und aus einer sehr schmerzhaften Pleuritis höchstens nur eine Vermuthung auf das Bestehen einer Schlundverletzung aussprechen können.
5)nbsp; Wunden am Zwerchfell verursachen ein sehr kurzes Athmen mit fast ganz fest gestellten Rippen; ausserdem sind sie aus' der Gegend der äusseren Verletzung und aus der Richtung und Tiefe, in welcher das verletzende Instrument eingedrungen ist, zu vermuthen.
Bei grqssen Wunden in den Brustwänden kann man auch gewöhnlich mit dem durch die Wunde in die Brusthöhle geführten Finger die Verletzung des einen oder des anderen Organs lühleu und hierdurch die Diagnosis möglichst sicher machen.
Die Erkennung eines Blutergusses in die Brusthöhle ist aus den schon angegebenen Symptomen des Blutverlustes, so wie aus der durch den Druck des Blutes auf die Lungen entstandenen Athem-beschwerde, ausserdem aber durch die Auscultation zu erlangen. Man hört bei dem Anlegen des Ohrs an die Brustwände ein quatschendes oder fluetuirendes Geräusch.
Das Vorhandensein fremder Körper in der Brusthöhle kann zum Theil aus der Art der Verwundung (so namentlich bei Schusswunden), und aus der BcschaDFenheit des verletzenden und aus der Wunde wieder zurückgezogenen Werkzeuges mit einiger Sicherheit
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Brustwunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 419
erkannt werden; in der Brusthöhle selbst sind sie selten mit dem Finger oder mit der Sonde aufzufinden, und durch charakteristische Merkmale giebt sich ihr Dasein nicht zu erkennen, sondern es -werden nur die Symptome des Drucks und der Reizung durch sie dem Grade nach verstärkt.
Die Beurtheilung der einfachen eindringenden lirustwunden ist einigermaassen günstig zu machen, wenn die Verletzungen in einfachen Trennungen bestehen, wenn sie noch ganz frisch sind und wenn sogleich eine zweckmässige Behandlung stattfindet; denn unter diesen Umständen sind sie in den meisten Fällen durch die schnelle Vereinigung zur Heilung zu bringen. Dagegen ist auch bei diesen einfachen eindringenden Brustwunden immer wirkliche Lebensgefahr vorhanden, wenn sie durch längere Zeit dein Eintritt der atmosphärischen Luft ausgesetzt waren, und die Gefahr ist immer um so grosser, je grosser die Wunde selbst ist und je länger diese Einwirkung bestanden hat. Es entsteht in Folge dieser Einwirkung jeder Zeit eine sehr heftige Pleuritis, welche äusserst schnell in Ausschwitzung von Serum und Faserstoff übergeht und gewöhnlich zum Tode fuhrt. Doch ist die Empfindlichkeit der Thiere von verschiedenen Gattungen gegen die Einwirkung der Luft nicht gleichmässig gross; Pferde zeigen dieselbe am grössten, Ziegen und Schaafe etwas geringer; Hunde und Katzen am wenigsten. Bei Pferden fand man z. B. schon nach 5 Stunden die Erscheinungen der Pleuritis und der Tod erfolgte in 24 bis 50 Stunden, wenn eine 1 bis 2 Zoll lange Wunde während einer Stunde der Luft exponirt war, während eine eben so grosse Wunde heilte, wenn sie nach 5 Minuten wieder verschlossen worden war. • Man kann daher so lange noch eine Hoffnung zur Heilung aussprechen, als eben noch keine Zeichen einer Brustfellentzündung oder Lungenentzündung zugegen sind. — Wunden mit starker Quetschung ihrer Ränder oder mit Zerreissung derselben, oder mit Substanzverlust sind deshalb, weil sie durch Eiterung heilen müssen, und weil man während der Heilungszeit die Einwirkung der Luft auf die Brusthöhle nicht gänzlich abhalten kann, stets gefährlicher als die einfachen, ja sie sind deshalb sogar für gefährlicher zu erachten, als diejenigen eindringenden Brustwunden, welche mit einer einfachen Verletzung der Lungen oder des ZwerchPells zusammengesetzt sind.
Verwundungen des Herzeus, welche entweder nur oberflächlich, oder wenn auch bis in die Kammern eindringend, doch nur durch dünne und spitze, nicht schneidende Instrumente erzeugt worden sind, kann man im Allgemeinen als nicht gefährlich betrachten, da der Erfahrung zufolge solche Verwundungen sehr oft geheilt worden sind und keine Spur von Störung zurückgelassen haben. Selbst die hiernach entstehende Entzündung ist in der Regel nur gelind.
Vyäle Versuche und Beobachtungen haben überhaupt gezeigt, dass die Reizbarkeit des Herzeus geringer ist als die der willkühr-lichen Muskeln. Wenn aber in ihm Verwundungen durch schneidende Instrumente und bis in die Kammern oder Vorkammern ein-
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Brustwunden,
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dringend bestehen, tritt immer Lebensgefahr ein, weil bei diesen Wunden die getrennten Fasern des Herzens sich zuriichziehen, die VV undränder auseinander klaffen und dadurch eine bedeutende Blutung entsteht. Die Verblutung kann selbst aus den Kranzgefassen des Herzens in kurzer Zeit tödtlich -werden. — Eben so sind Verwundungen der grossen Gefiisse in der Brusthöhle immer sehr schnell und fast ohne Unterschied absolut tödtlich.
Wunden der Lungen von einem geringen Umfange und blos das Parenchyin dieses Organs bctrelfend, können, je nach ihrer Beschaffenheit, sowohl durch schnelle Vereinigung, wie auch durch Eiterung und (Granulation, heilen, wenn übrigens nicht die Brustwunde im (Ganzen durch andere Umstände vorher und schneller den Tod herbeiführt; sehr grosse Wanden der Lungen und solche, bei welchen grössere Gefässe des Organs oder grösscre Zweige der Bronchien mit verletzt sind, enden aber gewöhnlich durch Verblutung tödtlich. In denjenigen Fällen, wo Heilung erfolgt, bleibt doch zuweilen durch die zur Verletzung hinzugetretene Entzündung bedingt, eine Verdichtung (Hepatisation) des Gewebes, oder Verwachsung der Lunge mit den Hippenwänden oder mit dem Zwerchfell, und in Folge dessen Kurzathmigkeit (Dämpfigkeit) zurück. Zuweilen gehen auch die Thiere durch die Lungenentzündung oder durch den Üebergang derselben in Eiterung, Ulceration oder Brand zu Grunde. Dies ist besonders dann der Fall, wenn fremde Korper in der Lunge zurückgeblieben sind; doch finden sich auch hier einzelne glückliehe Ausnahmen, wenn die fremden Körper eine runde und glatte Oberfläche besitzen 1).
Verwundungen des Schlundes in der Brusthöhle sind stets absolut tödtlich, weil Speichel, Futter und Getränk durch die Wunde in die Brusthöhle sickern, und eine sehr heftige, tödtliche Entzündung der Pleura erzeugen oder die schon bestehende Entzündung bis zum tödtlichen Grade verstärken.
Wunden des Zwerchfells können zwar, nach vielfacher Erfahrung, nicht wieder verheilen, sondern nur an ihren Rändern vernarben, aber sie bedingen, nachdem die erste Reizung vorüber ist, keine üblen Zufälle und die Thiere können bei dem Vorhandensein dieser Wunden sehr lange und ohne wesentliche Störung fortleben; zuweilen jedoch drängen sich durch die offene Wunde Theile der Baucheingeweide in die Brusthöhle, und es bilden sich hierdurch die so-
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') Zum Beweise des Angegebenen kann ich folgenden von mir beobacli-telen Fall in Kürze anführen: Das Reitpferd eines Herrn Lieutenants v. Hake wurde durch einen Pistolenschuss an der linken Seite des Leibes verwundet. Es stürzte sogleich hiernach nieder, sprang aber ängstlich wieder auf, athmete sehr kurz und zeigte einen reichlichen Aüsfluss von schäumendem Blut aus beiden Nasenlöchern u. s. w. Eine Ausgangsöffnung der Kugel fand man nirgends. Das Pferd wurde geheilt, verrichtete noch mehrere Jahre den Dienst als Cavalleriepferd und starb endlich am Rotz. Bei der Section fand sich die Kugel in dem vordem Ende der rechten Lunge in einer fast fingerdicken Kapsel von Faserstoff.
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Brustwunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 421
genannten Zwerchfellsbrüche. Diese Brüche scheinen in manchen Fällen lange Zeit zu bestehen, ohoe dass sie gefährliche Zufälle erzeugen, aber wenn die Masse der durchgetretenen Baucheiu-geweide gross ist, belästigen sie die Respiration und machen die Pferde zum schnellen Lauf nicht mehr geeignet, ausserdem können sie sich auch wie andere Brüche einklemmen, hierdurch Entzündung, Brand und Tod herbeiführen.
Complicationen durch Blutergicssnng und Ansammlung in der Brusthöhle sind, so lange die Ergicssungen in geringer ft]enge bestehen, an und für sich zwar immer als bedeutend zu betrachten, aber doch nicht lebensgefährlich, da blosses Blut in der Brusthöhle schnell resorbirt wird; doch gehört als nothwendige Bedingung hierzu : dass die Wunde recht bald verschlossen werde, weil sonst bei fortgesetzter Einwirkung der Luft das Blut zersetzt wird, dann als eine scharfe Substanz auf die Pleura wirkt, die Entiündung derselben hervorruft und sie bösartig macht und den Tod dadurch in kurzer Zeit herbeiführt. #9632;— (irosse Blutanhäufuugen bewirken aber auf doppelte Weise Gefahr, nämlich durch den Blutverlust im Gelasssystem und durch Zusammendrückung der Lungen, und auf letztere Weise führen sie zuweilen schnell den Tod herbei. Die Be-urtheilung dieser Ergiessungen in den einzelnen Fällen hängt daher hauptsächlich von der Grosse des verletzten Blutgefässes, von der Schnelligkeit und Fortdauer der Ergiessung ab. Je mehr die bezeichneten Zufälle im Grade steigen, um desto höher steigt auch die Gefahr.
Die Complication durch fremde Körper, wozu auch die Aussickerung von Nahrungsmitteln und Getränk aus dem Schlünde und von Chylus aus dem ftlilchbrustgang zu rechnen sind, ist immer eine Veranlassung zu grosser Gefahr, da durch diese Stoffe die Reizung im hohen Grade vermehrt und die entstehende Entzündung zur Ausschwitzung, Eiterung oder selbst zum Brande disponirt und hierdurch der Tod herbeigeführt wird; doch ist in den einzelnen Fällen die Grosse und die äussere Beschaffenheit der fremden Körper bald mehr bald weniger in der bezeichneten Weise wirkend. Je mehrfältig eine Brustwunde zusammengesetzt ist, um desto grosser ist natürlich die Gefahr.
In allen diesen Fällen ist die Prognosis zum Theil auch aus dem Grunde sehr schlecht, weil man gegen die Innern Verletzungen auf direkte Weise durch Kunsthülfe nichts zu thun vermag.
Die Behandlung bei den eindringenden einfachen Brustwunden muss stets daraufgerichtet sein: 1) dieselben so schleunig als möglich zu verschliessen und 2) die Entzündung auf ein Minimum herabzustimmen. Ersteres geschieht durch Anlegung der blutigen Naht und über die Wunde gelegte Compressen von Leinwand und Binden; und die zweite Indication wird erfüllt durch Aderlässe, je nach der. Constitution des Thieres, durch innerlich gegebene antiphlogistische Salze bis zur Wirkung des Laxirens, durch strenge Ruhe und ganz mageres Futter, örtlich durch fleissige Anwendung des kalten Wassers auf die verletzten Theile und in einem
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Brustvvundcn.
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grössein Umfange derselben. Bildet sich abei' trotz dieser Behandlung eine Entzündung der Pleura oder der Brusteingeweide im höheren Grade aus, oder finden sich Symptome, -welche auf schon eingetretene Aussehwilzung deuten, so macht man an der verwundeten Seite der Brost Einreibungen der Cantharidensalbe und giebt innerlich Kalomel in Verbindung mit Digitalis, verfahrt überhaupt, wie bei heftigen Brustcntiündungen und den Ausgängen derselben.
Ist die Wunde nicht zur schnellen Vereinigung geeignet, so verschliesst man sie dennoch möglichst bald durch die Naht oder auch durch auf die Wunde gelegte Heftpflaster, oder Compresseu und Binden, wie es der Ort eben am besten gestattet. Bei eingetretener Eiterung v'ei bindet man täglich zwei ftlal, um das Einsik-kern des Eiters in die Brusthöhle möglichst zu verhindern. Für diesen Zweck kann man auch die Wunde an ihrem unteren Winkel äusserlieh so erweitern, dass der Abfluss des Eiters von selbst recht vollständig erfolgen kann. Das Verbinden muss möglichst schnell geschehen, und es müssen daher die Verbandstücke immer vorbereitet zur Hand sein, damit die Wunde recht wenig der freien Einwirkung der Luft ausgesetzt bleibt. Im Uebrigen wendet man auch hier in der ersten Zeit eine streng antiphlogistische Behandlung an.
Auch bei den Complicationen ist die Kur in den meislen Fällen auf das hier Angegebene beschränkt. Die Blutergiessung aus Gefässen der Lunge oder auch aus den grössern Gefässstämmen und aus dem Herzen sind nur allein durch strenge Ruhe und die Anwendung der Kälte im Umfange der Brust zu mindern, gegen das bereits ergossene Blut aber ist eigentlich nichts zu thun, sondern dasselbe muss durch die Resorption beseitigt werden, wie dies in vielen Fällen wirklich auch geschehen ist. Das von Chambert, von Dieterichs und Anderen empfohlene Entfernen des ergossenen Blutes mittelst Saugespritzen oder mittelst des Katheters ist stets nur sehr unvollständig zu bewirken, und wegen der damit verbundenen Heizung, so wie wegen des längeren Offenbleibens der Wunde weit mehr schädlich als nützlich. Auch in dieser Hinsicht ist es am besten, die Wunde recht bald und vollständig zu ver-schliessen. •— Ergiessungen von Nahrungsmitteln und Getränk, so wie eingedrungene fremde Körper sind gewöhnlich nicht zu erreichen, und man muss daher dieselben ruhig der Bewältigung der eigenen organischen Thätigkeit überlassen, durch welche diese Körper zuweilen einen plastischen Ueberzug erhalten und dadurch weniger schädlich gemacht werden. — Die verletzte Arteria intercosta-lis oder Arteria mammar. interna wird doppelt unterbunden. — Bei vorhandenen Rippenbrüchen wird die Einrichtung gemacht und lose Knochensplitter werden entfernt, im Uebrigen aber ist die Behandlung der Wunde, wie im Vorstehenden angedeutet worden. Ist bei kleinen Thiereu ein Vorfall eines Theils der Lunge entstanden, so wird die vorgefallene Masse zurückgedrängt, die Wunde verschlossen und ebenfalls die entzündungswidrige Behandlung eingeleitet. — Ge-
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Baucliwunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 423
gen die Wunden der einaelnen Brustorgane ist etwas Besonderes nicht zu thun möglich.
J. G. VVolstein, Das Buch für Thierarzte im Kriege u. s. w.,
Seite 110. H. Leblanc u. Trousseau, Versuche über durchdringende Bmst-
wunden bei dem Pferde. Im Jonen, de iMed. veterin. theorique
el pratique. 1834. April bis September. — Auszug im Magaz.
für Thierheilkunde. Bd. I. S. 259 u. f.
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SieltKClinfe.s Caiiitel.
Verletzungen am Hintcrleibe oder am Bauche,
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Die Verletzungen am Bauche sind, wie die an der Brust, entweder 1) oberflächlich, nur in den Decken und Muskeln des Bauches, ohne Verletzung des Bauchfells, oder 2) sie dringen durch die Decken und das Bauchfell in die Bauchhöhle selbst. In beiden Fällen kann die Wunde wieder einfach oder zusammengesetzt sein, und zwar im ersteren besonders mit heftiger Quetschung oder Zerreis-sung, im letzteren aber kann die Zusammensetzung A. mit Vorfall der Eingeweide, B. mit Verletzung derselben, und C. mit Ergiessung und Ansammlung von Blut oder anderen Bestandtheilen in die Bauchhöhle.
I. Oberflächliche Baucliwunden.
Obgleich diese in den meisten Fällen nicht verschieden von oberflächlichen Wunden anderer Theile sind, so treten doch bei ihnen zuweilen einige Umstände ein, durch welche der Zustand sehr erschwert wird und welche deshalb hier erwähnt werden müssen.
Bei Verletzungen der sehnigen Scheiden der Bauchmuskeln, besonders durch tiefe Stichwunden, entstehen oft sehr heftige Entzündung und Geschwulst, die sich zuweilen über einen grossen Theil oder den ganzen Umfang des Bauches verbreiten und dann nicht selten mit einem starken Entzündungszustande verbunden sind. Wo solche Zufälle sich bei einer Bauchwunde finden, muss dieselbe genau untersucht werden, ob Ergiessung von Blut zwischen die Scheiden der Muskeln oder fremde Körper zugegen sind. Unruhige, sehr empfindliche Thiere müssen hierzu gehörig gefesselt oder selbst recht vorsichtig niedergelegt und die Wunde selbst muss zuweilen noch etwas erweitert werden. Bei diesen Erweiterungen ist jedoch immer die grösste Behutsamkeit nöthig, damit die Wunde nicht etwa zu gross oder zu tief gemacht und durch den auf diese Weise noch mehr
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Bauchwundcn.
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gestörten organischeu Zusammeuhaiig der Bauchwanduiigen nicht Gelegenheit zu Brüchen und Vorfällen gegeben werde. Erfordern es nicht eben die Umstünde, die Wunden nach der Mittellinie des Bauches hin au erweitern, so thue man dies an den Seiten lieber nach oben zu, weil dann der J)ruck der Eingeweide auf solche Wunden uipht so stark ist als auf jene, und daher die Vereinigung durch Hefle auch leichter und sicherer bewirkt wird. Auch hat man bei \\ unden an der untern hintern Bauchgegend jedesmal auf den Verlauf der hintern Bauchdeckenarterie (art. epigastr. posterior) Rücksicht au nehmen und dieselbe, wenn sie verletzt sein sollte, doppelt oder an beiden Enden (wegen ihrer Anastomose mit der innern Brust-und mit der Leudenarterie) au unterbinden. Auf dieselbe Weise verfährt mau, wenn die vordere Bauchdeckenarterie (das Ende der art. mammar. intern.) verletat ist, wo mau jedoch erst die Stillung der Blutung durch Druck vermittelst Compresseu und eines gut angelegten Gurtes versuchen kann.
Wunden des Hinterleibes mit starker Quetschung bringen durch die Erschütterung der Eingeweide auweilen sehr bedeutende Zufalle hervor, z. B. heftigen Schmerz, grosse Spannung des Bauches, Ent-aündung des Bauchfells und der Baucheingeweide, Fieber, selbst Zer-reissuugen einzelner Organe, Extravasat, Kolikauf alle und oft einen schnellen Tod (siehe Quetschungen und Zerrcissungen). Hier ist die strengste antiphlogistische Behandlung und Buhe augezeigt. — Zuweilen zerreissen bei solchen Quetschwunden am Bauche die Muskeln in einem viel grössern Umfange, als die Haut äusserlich dabei verletzt ist. Hier muss aussei' dem Heften der Wunde eine zweck-mässige Compression an der verletzten Stelle durch eine gute Bauchbinde, so weit es die Gegend des Bauches erlaubt, zu bewirken gesucht, das Thier in grösster Kühe erhalten und streng antiphlogis-tisch behandelt werden. Das Anlegen einer Leibbinde ist überhaupt bei allen Bauchwundcn, welche durch die Aluskeln dringen, anzuwenden, damit man den leicht entstehenden Bauchbrüchen so viel als möglich entgegenwirkt.
Auch bei den oberflächlichen Bauchwunden muss man antiphlo-gistisch verfahren, weil die Entzündung sich leicht bis zum Bauchfelle fortpflanzt. Wenn Eiterung in der Wunde besteht, so kann sich der Eiter in den apoueurotischeu Scheiden der Muskeln, oder zwischen den letzteren und dem Bauchfell ansammeln. Es entsteht dadurch Schmerz bei der Berührung und eine mehr oder weniger tief sitzende, flache, aber ausgedehnte Geschwulst, in welcher man gewöhnlich nur eine undeutliche Spur von Fluctuation findet. Wird die nöthige Behandlung nicht zur rechten Zeit eingeleitet, so bildet sich nicht selten wässerige Anschwellung um diese Geschwulst. Hier muss die Wunde entweder auf die angegebene Weise erweitert werden, oder, was noch besser ist, mau macht an der hervorragendsten Stelle der Geschwulst vorsichtig einen Einschnitt und entleert durch diesen den Eiler. Der Abscess wird dann nach allgemeinen Kegeln behandelt.
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Bauchvvunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 425
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II. Einfache eindringende Bauchwunden.
Bei grösseren eindringenden Bauchwundeii überzeugt uns das Gericht und das Gefühl von dem Eindringen der Wunde durch die ganze Bauchwand, indem man bei dem Eindringen eines Fingers den i'reieu Kaum der Bauchhöhle und die vorliegenden Eingeweide fühlt. Ausserdem tritt, wie bei durchgehenden Brustwunden, die äussere Luft beim Ein- und Ausatlnnen ein und aus, wodurch öfter ein zischendes, pfeifendes Geräusch enlstelrt. — Wenn aber solche Wunden nicht gross sind und nicht' in gerader Hichtung eindringen, sondern erst eine Strecke zwischen den Theilcn der Bauchwandungeu schief verlaufen, und wenn das Netz oder die Därme nicht vorgefallen sind, so ist es zuweilen schwierig zu bestimmen, ob sie wirklich bis in die Bauchhöhle eindringen oder nicht. Denn die Berücksichtigung der Tiefe und Richtnjig, in welcher das verletzende Instrument eindrang, so wie das vorsichtige Einführen einer Sonde geben nicht immer Gewissheit. Bei vielen eindringendeu Wunden treten zwar einige allgemeine Symptome ein, z. B. kleiner, schwacher Puls, Kälte der Exlremitäteu, Schwäche, Anschwellung des Hinterleibes, Kolik, und bei llundeu Erbrechen. Aber auch diese Zufälle sind nicht immer sichere Zeichen, da sie in manchen Fällen als Folge der Quetschung und Erschütterung der Eingeweide' entstehen, ohne dass eindringende Wunden vorhanden sind, dagegen aber nicht selten (besonders bei Schweinen und VViederkäueru) ganz fehlen, wenn auch die Wunde durchdringend ist. Zuweilen ist die Form und Richtung der Baiichwunden äusserlich in den Bauchdek-ken ganz verschieden von der in den Muskeln, und dann ist die Erkennung des Zustandes auf den ersten Blick auch nicht so ganz leicht. Diese Ungevvissheit ist jedoch bei diesen kleinen einfachen Wunden von keiner grossen Bedeutung und darf daher auch nicht zu oft wiederholten Untersuchungen mit der Sonde verleiten. Denn wo die entscheidenden Zeichen des Eindringens einer Wrunde in die Bauchhöhle nicht vorhanden sind, da ist auch selten Gefahr zu befürchten.
Prognosis. Kleine Bauchwunden mit ebenen Rändern und von einfacher Beschaffenheit können bei einer richtigen und zeitigen Behandlung in wenigen Tagen heilen. Grosse eindringende Bauchwunden , auch wenn sie ohne alle Complication, sind immer mehr gefährlich. Die Grosse der Gefahr richtet sich aber zum Theil nach der Grosse und Art der Wunde selbst, zum Theil aber auch der Bauchgegend, wo die Verletzung ist. In letzterer Hinsicht sind alle Wunden an der untern Wand des Bauches gefährlicher als die mehr nach oben vorkommenden. Ausserdem liegt ein Grund der Gefährlichkeit noch in der grössern oder geringern Reizbarkeit des Bauchfells bei den verschiedenen Thicrgattungen und auch darin', ob Hülfe, wie und zu welcher Zeit dieselbe gebracht worden ist? Bei Pferden ist jene Reizbarkeit sehr gross, die Entzündung vom länger dauernden Eindringen der Luft tritt schnell und heftig ein; beim Schwein, dem Hund, der Katze, dem Rind und bei Vögeln ist diese
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426nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bauchwunden. Behardlung
Reizbarkeit c'agcgcn sein- gering, und diese Tliicie ertragen daher oll grosse Verleihungen ganz leicht. Wenn bei Pferden eine grüs-sere ßauchTVunde ollen bleibt, erfolgt, wie dies VVolstein auch bei seinen Versuchen gefunden hat, der Tod gewöhnlich bis zum vierten Tage.
Behandlung. Kleine eindringende Bauchwunden heftet man in gewöhnlicher Weise, legt eine Binde darüber, hält die Thiere ruhig und in magerer Diät und applicirt Klysticre. — Bei grossen Bauchwunden ist stets die Verschliessung derselben so schnell wie möglich zu bewirken. Man wählt hierzu die Knopfnaht und die Zapfen-naht, macht sie mit breileu, sogenannten Bauchheftnadeln und breiten Hellbändchen und legt unruhige oder sehr empfindliche Thiere dazu nieder. Um bei dem Niederfallen des Thieres das Weitcrreis-sen der Wunde und das Hervortreten der Eingeweide zu verhüten, legt man demselben vorher einen breiten Gurt um den Leib. Die Wunde muss immer oben zu liegen kommen. Darauf führt man zuerst den Zeigefinger der linken Hand durch die Wunde in die Bauchhöhle, fasst, indem man den Daumen derselben Hand von aussen entgegenlegt, den Wundrand und zieht ihn etwas gegen sich; dann nimmt man die Nadel mit der rechten Hand so, dass man den Daumen in die concave, den Zeigefinger aber in die convexe Seite derselben bis zur Spitze legt und diese dadurch bedeckt. Die so ge-fasste Nadel führt man in die Wunde, setzt sie knapp und dicht neben dem Bauchfell in die Muskelfläche auf, zieht nun den Zeigefinger von der Spitze der Nadel zurück, legt, ihn quer über die Con-vexität der Nadel und stösst dieselbe von innen nach aussen in einer Entfernung von wenigstens 1 bis 1^ Zoll vom Wundrande, damit der Heft nicht ausreisse, durch die Haut hervor. Auf dieselbe Weise wird die zweite Nadel am anderen Ende des Bändchens durch den entgegengesetzten Wundrand geführt, und dies Verfahren nach Ver-hältniss der Grosse der Wunde immer einen Zoll weit von dem zuletzt angelegten Hefte wiederholt. Ist so die hinreichende Menge Hefte eingelegt, so bringt ein Gehülfe mit seinen zur Seite der Wunde flach an die Bauchwände gelegten Händen die Wundränder in gegenseitige Berührung und der operirende Thierarzt knüpft nun selbst die gegenseitigen Enden jedes Bändchens in einen Knoten mit einer Schleife. Die Zapfennaht wird mit derselben Vorsicht und auf die Seite 353 angegebene Weise angelegt. — Nach gemachter Naht unterstützt man dieselbe, besonders bei Längenwunden, noch durch einen recht breiten und massig fest angelegten Bauchgurt, oder auch, wenn die Wunde am hinteren Theile des Bauches ist, durch eine höhere Stellung des Thiers mit dem Hintertheile, indem man recht viel Streu unterlegen lässt. Die weitere Behandlung muss streng an-tiphlogistisch sein #9632;— durch wiederholtes Blutentziehen, durch öftere Gaben von Kalomel oder von Salzen mit schleimigen Mitteln, durch Ruhe und durch strenge Diät, indem man dem Thiere während der ersten Tage, so lange Entzündungsfieber vorhanden ist, bloss Kleie oder, wenn es zu haben ist, nur Gras und reines Wasser giebt. Um alles Drängen auf den Mist zu vermeiden, gebe man ausserdem schleimige Klystiere. — Tn der Regel schwillt nach dem Heften einer
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Bauchwunden mit Vorfall der Eingeweide.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4quot;27
^rossein VN'unde die Umgegend derselben etwas an; geschiehl dies in einem hohen Grade, so be-euchte man die Anschwellung fleissig mit kaltem Wasser oder mit Oxykrat. — Die Heilung kann bei gUiistigem Erfolge dieser BehandJungsweise in 5 — 6 Tagen gelingen und man kann dann, um nicht eine za lange Eiterung der durchstochenen Stellen zu veranlassen, die Hefte zu entfernen anfangen. Man soll jedoch hier mehr als an andern Stellen damit vorsichtig sein und nicht alle Hefte auf einmal, sondern nur nach und nach herausnehmen, damit, wenn ja die Wunde noch nicht fest geschlossen ist, man nicht das völlige Wiederaufbrechen derselben zu befürchten hat.
Die Wundränder des Bauchfells vereinigen sich zwar gewöhnlich nicht uumittclbar, aber sie vernarben neben einander und verwachsen sehr oft mit der ihnen zunächst anliegenden aussein Fläche eines Eingeweides.
III. Eimlringende Bauchwunden mit Complication, und zwar: A. mit Vorfall der Eingeweide.
Bei durchdringenden Bauchwunden, wenn sie nur einigen umfang haben und mehr nach der untern Seite des Bauches zu sich befinden, pflegen Theile des Netzes oder der Därme selbst hervorzutreten und zwar zuweilen in beträchtlicher G'rösse. Diese vorgefallenen Theile Hegen entweder frei und beweglich in der Wunde oder fest von derselben umschlossen (eingeklemmt, incarcerirt) und-befinden sich entweder im gesunden Zustande, oder sie sind mit verletzt, entzündet oder selbst brandig. Die Erkennung dieser Verhältnisse ist durch Sehen und Befühlen der Theile und der VNunde leicht zu erlangen.
Prognosis. Durch das Heraustreten der Eingeweide werden die Banchwunden in den meisten Fällen viel gefährlicher, als sie schon an und für sich es sind; jedoch hängt die Gefahr von der Art des Thieres, von der Art des Eingeweides, von der Dauer des Vorfalls und von den anderweitig schon eingetretenen pathologischen Veränderungen ab. Bei Pferden ist wegen der grossen Heizbarkeit des Peritoneums die Gefahr immer am grössesten, dagegen bei den übrigen Thieren im Verhältuiss des Grades dieser Reizbarkeit viel geringer; denn in eben dem Grade, wie die Reizbarkeit bei den verschiedenen Thieren sich in einem verschiedenen Grade zeigt, eben so bildet sich verhältnissmässig schnell oder weniger schnell eine Entzündung des Bauchfells und der Eingeweide ans. Bei Hunden und Schweinen und auch beim Rindvieh ist es oft beobachtet worden, dass Darmstücke in bedeutender Länge durch eine Wunde der Bauchhöhle hervorgetreten waren und selbst auf schmutzigem Erdboden geschleppt worden sind, und dass hiernach dennoch die Heilung und die Erhaltung des Thieres gelungen ist. Dagegen hat man bei Pferden oft, nachdem ein Danntheil nur während kurzer Zeit hervorgetreten war, eine heilige Darmentzündung und den Tod eintreten sehen. — Das Hervortreten eines Theils des Dickdarms oder bei den wiederkäuenden Thieren des Wanstes ist in der Regel nur mit geringen üblen Folgen begleitet, dagegen durch das Hervortreten
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Bauchwunden mit Vorfall der Eingeweide. Behandlung.
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eines Theils des Düuudtu'ins oder des einfachen Magens der Hunde, Katzen und Schweine gewöhnlich Erbrechen, heilige Kolikzufälle und Entzündungen entstehen. Das Hervortreten eines Theils der Blase macht Harnverhaltung und kolikähuliche Zufälle, das Hervortreten eines Theils der Gebärmutter (gewöhnlich eines Horns derselben) ist mehrentheils ohne üble Folgen. — Ist das Heraustreten eines Eingeweides aus der Bauchhöhle erst vor ganz kurzer Zeit erfolgt, so entziehen hierdurch nur unbedeutende Beschwerden, wenn die Zurück-bringung bald geschieht; bei längerer Dauer des Vorfalls treten aber die bezeichneten Zufalle um so mehr ein, als hierdurch die Oberfläche der Eingeweide trocken wird, durch den Druck der Wund-i under und durch die veränderte Lage der Eingeweide oll die Cirku-lation gestört und somit Eidzündung oder selbst Brand herbeigeführt wird. VN enu diese üble Folgen schon wirklich eingetreten sind, so ist dadurch giossc Lebensgefahr erzeugt; doch darf man nicht die duukelrothc und trockene Beschaffenheit der Eingeweide als wirklichen Brand betrachten und deshalb eine unbedingt schlechte Prognosis stellen. Denn die Erfahrung zeigt, dass bei solcher Beschaffenheit sehr häufig noch die Wiederherstellung gelingt, wenn nur erst die Zurückbringung der Eingeweide geschehen ist und übrigens eine entsprechende Behandlung der Thicre stattfindet.
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Behandlung.
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Die vorgefallenen Eingeweide müssen so schnell
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als möglich in die Bauchhöhle zurückgebracht und die Wunden geschlossen werden. Das Thier muss vorsichtig, wie schon bei der vorigen Art von Bauchwunden gesagt worden ist, auf ein weiches Lager und zwar so niedergelegt werden, dass die Wunde oben zu liegen kommt. Zugleich legt man noch unter den Vordertlieil und unter den Hintertheil des Körpers ein massig dickes Bund Stroh, damit diese Theile hoch, die JMitte des Bauches aber tief zu liegen komme und die Muskeln im Umfange der Wunde sich erschlaffen. Schon hierdurch wird es in manchen Fällen geschehen, dass die vorgefallenen Eingeweide durch die eigene Schwere der übrigen noch in der Bauchhöhle enthaltenen Theile zurückweichen. Sind die vorgefallenen Theile unrein, trocken, so reinige man sie vorsichtig mit lauwarmem Wasser und schiebe sie dann vorsichtig mit den Fingern allmälig und ganz gelind in die Bauchhöhle zurück. Man hat dabei zu beobachten, dass der Theil, welcher zuletzt vorgefallen ist, also der nächste au der Wunde, immer zuerst zurückgebracht werden muss; also das Gekröse früher als die Därme, und diese früher als das Netz. Ferner muss immer mit einem Finger der schon zurückgebrachte Theil zurückgehalten werden, bis man mit dem anderen Finger eine andere Portion nachschiebt. Nach der Zurückbringung des G'anzen muss mau noch einmal mit dem Finger in die Bauchhöhle gehen und sich durch das Gefühl überzeugen, dass die Eingeweide wirklich in die Bauchhöhle und nicht in die Zwischenräume der Musi ein gekommen sind. Die Wunde wird dann geheftet und im Uebrigen ganz so behandelt, wie bei den einfachen eindringenden Bauchwunden angegeben worden ist.
In den meisten Fällen ist es jedoch nicht so leicht, die Därme zurückzubringen, weil sie entweder mit Koth oder Luft angefüllt oder
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L.
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Bauchwunden mit Vorfall der Eingeweide. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;429
in zu grosser Menge vorgefallen sind und von den Wundrändern zu-saiumengeschuürt werden. In diesen Fällen muss man erst durch sanftes Zusammendrücken der Därme ihr Volumen vermindern, den eingeschnürten Theil dadurch, dass man ihn noch etwas aus der Wunde sanft hervorzieht, gleichsam lösen und dann auf die schon angegebene Art zurückbringen. Gelingt auch dies nicht, so erweitere man die Wunde, doch immer nur so viel, wie nöthig ist, um die Zurückbringung möglich zu machen. Diese Erweiterung geschieht immer am besten in dem einen Winkel der Wunde und auf folgende Weise: Man drückt mit der linken Hand die Därme von dem Kandc des Wundwinkels nach der entgegengesetzten Seite etwas weg und mit der rechten fuhrt man eine Hohlsonde, die eine stumpfe Spitze hat, zwischen den Därmen und dem Wundrande in die Bauchhöhle, fasst dann die Sonde mit dein Zeigefinger und Daumen der linken Hand, senkt das obere, herausstellende Ende der Sonde nach den vorgefallenen Theilen, zieht dieselben etwas heraus, um zu sehen, dass nichts von ihnen sich zwischen die Sonde und deu Wundrand gelegt hat, hält dann mit den übrigen Fingern derselben Hand die Därme zurück (oder lässt dies durch einen Gehülfen thun) und schiebt endlich mit der rechten Hand ein Knopfbistouri oder aucli ein gewöhnliches Bistouri mit stumpfer Spitze auf der Sonde so in die Wunde ein, dass es mit der Sonde einen spitzen Winkel bildet.* Indem man das Bistouri langsam vorwärts schiebt, schneidet man den VVundraud 1 bis 3 Linien tief ein und erweitert dadurch die Wunde hinreichend. Hierauf zieht man die Sonde und das Bistouri zugleich, ohne sie aus ihrer gegenseitigen Lage zu bringen, zurück. Die Reposition der vorgefallenen Theile verrichtet man dann auf die oben angegebene Weise. — Ist die Einklemniung so bedeutend, dass man selbst eine Hohlsonde nicht zwischen die herausgetretenen Theile und deu Wundrand einbringen kann, so drückt man mit der linken Hand die Eingeweide von dem einen Winkel der Wunde auf die Seite, damit der Winkel frei werde, •— drückt die Spitze des Zeigefingers der linken Hand fest in denselben, setzt auf sie das Knopf bistouri und schneidet vorsichtig zuerst die Haut, dann die Muskeln und Aponeu rosen ein; ist man so bis zum Bauchfelle gekommen, so versuche man, ohne es zu durchschneiden, die Zurückbringung der vorgefallenen Theile; — wenn aber dieselbe nicht gelingt, so setze man, wie vorher, eine Hohlsonde vorsichtig zwischen die Därme und den Wandrand und durchschneide ihn ferner so weit als nöthig.
Sind die vorgefallenen Theile heftig entzündet, welches durch die Einwirkung der Luft oder durch die Zusammenschuürmig der Wundränder gewöhnlich sehr bald geschieht, — sind sie blänlich-roth, haben sie aber ihren Glanz, ihre Wärme und ihre Festigkeit noch nicht verloren, so müssen sie ebenfalls auf das schnellste zurückgebracht veerden; denn hur dadurch und durch eine nachfolgende antiplüogistische Behandlung im ausgedehntesten Grade kann das völlige Absterben dieser Theiie durch Brand verhütet werden. Ist aber der Zustand schon so weit gediehen, dass die Theile wirklich brandig sind #9632;— welches man daran erkennt, dass ihre Farbe dunkel violett, selbst schwarz ist, dass ihr Glanz, ihre Wärme und ihre natür-
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430nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Baucbwunden. Magenverletzung.
liehe Festigkeit verloren ist—, so ist die höchste Gefahr vorhanden; doch ist auch hierbei die Zurückbringung dieser Theile noch der einzig ausführbare Versuch zur vielleicht möglichen Erhaltung des Thie-res. Diese Zurückbringung muss aber auf die allergcliudeste Weise geschehen, damit die Theile nicht zerrcissen oder auf eine andere Weise verletzt werden.
Wenn das Netz mit den Därmen vorgefallen ist und noch sein gesundes Aussehen hat, so bringe man dasselbe immer, wo es geschehen kann, erst nach zurückgebrachten Därmen zurück; hat es aber bei längerem Heraushängen oder bei vorhandener Einkleinmung sehr gelitten, seine Struktur und Farbe bedeutend geändert, ist es strickJormig und fest zusammengerollt oder sehr zerrissen, so ziehe man zuerst das heraushängende Stück ganz sanft noch ein wenig hervor, um es aus der Striktnr zu lösen, breite es dann aus einander, suche die Gefässe desselben auf, unterbinde diese ganz einfach mit einem gewachsten Faden und schneide das ganze Stück ausserhalb der Unterbindung weg. Ist dies geschehen, so bringe man das übrige gesunde in die Bauchhöhle zurück. Nachthcilige Folgen sind von diesem Verfahren bis jetzt noch nicht beobachtet, obgleich es schon oft ausgeübt worden ist. Auch hier erfolgt die Heftung der Wunde und mdie Behandlung überhaupt nach den vorher angegebenen Regeln.
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B. Eindringende Bauchwunden, eomplicirt durch Verletzung der Baucheingeweide.
Bei den eindringenden Bauchwanden kann jedes Eingeweide mit verletzt werden, und zwar innerhalb der Bauchhöhle oder nach dem Heraustreten der Eingeweide. Die Erkennung dieser Zusammensez-zung ist im letzteren Falle ziemlich leicht aus der Untersuchung der verletzten Theile selbst, im erstcren Falle aber mchreuthcils nur aus dem Eintreten abnormer Ausdüssc aus der Bauchwunde und aus der gestörten Function der Orgaue, mit Berücksichtigung des Ortes und der Richtung der Verwundung zu erlangen. Die Gefährlichkeit der Verwundung ist dabei in den meisten Fällen sehr gross, in jedem einzelnen Falle aber ist sie zum Thcil durch die Grosse und Art der Verwundung, zum Thcil aber auch durch die Wichtigkeit des verletzten Eingeweides, selbst durch die Art des Thieres u. s. w. bedingt. Die noch hinzutretenden Zufälle sind gewöhnlich Ergiessungen von Chymus, Koth, Blut, Galle u. s. w. und heftige Entzündung.
a) Verletzung des Magens.
Dieses Eingeweide wird bei Pferden wegen seiner durch das Colon u. s. w. geschützten Lage nur selten verletzt. Beim Rindvieh, beim Schaaf und bei der Ziege, wo ein Thcil des vierfach zusammengesetzten Magens unmittelbar an der Banchwand oder in deren Nähe liegt, kommen Verwundungen an demselben leichter vor, und nicht selten wird der erste Magen auch bei krankhaften Zuständen in Folge der dabei nöthigen Operationen absichtlich verletzt.
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Bauchwanden. Magenverletznng.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;431
T)ie Zeichen der Verletzung des Magens sind oft nicht deutlich genug, um sie sicher zu erkennen; manchmal bestimmt die Richtung der äussern Wunde und der Ausfluss von unverdauter, sauer riechender Futtermassc aus ihr noch das meiste; nach VVolstein soll das gewisseste Kennzeichen des verwundeten Magens darin bestehen, dass die Pferde das Maul aufsperren, sich strecken, und dass oft Futter aus der Nase herauskommt. Diese Zufälle kommen aber auch bei anderen Zuständen vor und sind deshalb nicht so sicher. In andern Fällen erfolgt auch blutiges Erbrechen durch die Nase, oft auch nur Anstrengungen zum Erbrechen; bei Hunden und Schweinen erfolgt immer wirkliches Erbrechen von Blut und unverdauten FutterstolTen durch das Maul. Pferde werfen sich zuweilen nieder und geberden sich überhaupt wie an Entzündnngskolik Leidende; doch fcblen oft bei kleinen Wunden alle eigenthiimlichen Symptome. Gewöhnlich findet sich einige Stunden nach geschehener Verletzung eine Auftreibung des Leibes und Schmerzhafligkeit desselben ein; die Pferde stehen traurig, halten die Ohren aus einander gespreizt und haben einen schwankenden, matten Gang; in der Folge werden sie auf dem ganzen Körper mit Schweiss bedeckt, und bei grossen Wunden stellt sich der Tod zuweilen in kurzer Zeit unter heftigen Convul-sionen ein. #9632;— Bei den Wiederkäuern erfolgen auf die Verwundungen der ersten beiden Magen, wenn die Wunden nicht zu übermäs-sig gross sind, und wenn nicht Ergiessung von Futter u. s. w. stattfindet, gewöhnlich gar keine oder nur sehr geringe Zufalle ') (wegen der geringen Empfindlichkeit dieser Theile). Wenn Futterbrei auslliesst, ist er aus den beiden ersten Magen fast ganz roh, aus dem dritten mehr fein verdaut und trocken, ans dem vierten ganz (liissig und sauer. Der dritte nud vierte Magen (das Buch und der Labmagen) sind auch sehr empfindlich, besonders der letztere, und Verletzungen in ihnen bringen fast die nämlichen Erscheinungen hervor, wie die Verletzungen des einfachen Magens bei den übrigen Hausthieren.
Prognosis. Beim Pferde, Schweine und Hunde sind fast alle Verwundungen des Magens, welche sich an dessen unterem Rande befinden, tödtlich, weil aus ihnen Nahrungsbrei, Getränk und Magensaft in die Bauchhöhle sickern und Bauchfellentzündung erregen; kleine Wunden au der nacb oben (der Wirbelsäule) zu liegenden Hälfte sind heilbar (wie dies die nach Hayne's Angabc gemachte Application des Trolkarts beweist); aber jede nur etwas grosse Wunde kann auch an diesen höheren Stellen, und eben so an den beiden letzten Magen der Wiederkäuer fast immer für absolut tödtlich angesehen werden, theils wegen der Ergiessung an Nahrungsbrei u. s. w., theils auch aus dem Grunde, weil die Heilkunst dabei fast nichts thun kann. Wunden des Pansen und der Haube bei Wiederkäuern,
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') Beweise hierzu finden slcli in den Operalionen diü Pansenslichs und des Pansenschnitts, so wie in den merkwürdigen Verletzungen, welche durch fremde Körper von der Haube aus durch die Wand derselben, durch das Zwerchfell und bis in das Herz sich erstrecken.
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Bauchwunden. Darmverletzung.
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besonders wenn sie die oberen Wandungen dieser Theile betreffen, sind fast immer ohne Gefahr.
Behamlluug. Grosse Wunden des ersten Magens der Wiederkäuer (und bei grosseu äussern Wunden auch möglicherweise des zweiten Magens) werden mit gutem Erfolge geliertet, die Hefte am Magen kurz abgeschnitten und dann die Bauchwunde gleichfalls durch die Naht verschlossen. — In allen anderen Fällen ist bei IVlageuwuuden kaum versuchsweise etwas zu tlmn. Ist eine grosse äussere Wunde mit zugegen, so suche man, nachdem das Thier auf den Rücken gelegt ist, einige Hefte durch die Wundränder des Magens zu bringen und diese dadurch sich zu nähern. Es ist dies ein verzweifeltes Mittel, aber auch nur das einzig mögliche '). Die übrige Behandlung ist die antiphlogistische, überhaupt ganz so, wie bei den eindringenden Bauchwunden mit vorgefallenen Eingeweiden gelehrt worden ist; besonders aber ist die strengste Enthaltung von Futter und Getränk durch mehrere Tage oder bis zur Zeit der Heilung nöthig.
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b) Verletzung der Gedärme.
Die Gelegenheitsursachen zu Darmverletzungen können zwar so verschieden sein, wie zu allen Verletzungen überhaupt; im Allgemeinen aber kommen sie noch seltener, als die zu den Magenverletzun-vor. Nur der Mastdarm ist einigen besonderen Gelegenheitsursachen zu Verletzungen unterworfen, von denen im folgenden (ISten) Kapitel die Hede ist. •— Die Wunden betreffen den Dünndarm (selten), oder den Dickdarm und sind in der Längcnrichlung, oder quer, oder schief, oder glattrandig oder uneben, und bei Quer- oder schiefen Wunden ist die Trennung bald nur theilweise, bald durchgehend.
Die Kennzeichen der in der Bauchhöhle verletzten Därme sind mehreulheils noch geringer, als die des verletzten Magens. Das sicheiste Merkmal ist es, wenn aus der Wunde stinkende Luft oder kothartige iMaterie tritt. Oft gehl lilut durch den After mit den Exkrementen ab, und betrifft die Verwundung die dünnen Däi-me, so treten auch zuweilen ähuliche Erscheinungen wie beim verletzten Magen ein; das Thier bricht Blut, der Leib treibt auf, wird schmerzhart, gespannt, der Puls sehr klein, das Thier hat kalte Ohren und Füsse, schwitzt aber, zeigt Leibschmerzen u. s. w. Diese Erscheinungen treten oft erst spät ein, und in diesem Falle kann man wieder nur aus der Tiefe, bis zu welcher das verlctzendende Instrument eingedrungen ist, und aus den sich etwa einstellenden allgemeinen Zniälleu, aus der Beängstigung des Thieres u. s. w. die Verwundung nur vermuthen. Befindet sich das verletzte Darmstück äusserhalb des Bauches, so kann man die Wunde sehen; gewöhnlich ist hier der Darm in einem erschlafften Zustande, und aus der Wunde sickert zuweilen Koth oder Schleim.
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') Beim Pferde wird wohl in den allermeisten Fällen d!e vordere doppelte Krümmung des Grimmdarms mit verletzt und dadurch, aber auch ohne diese Verletzung, bei der tiefem Lage der Theile die lleftting sehr schwierig sein.
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Bauchwunden. Dannveiletzung. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;433
Obgleich die Vorhersagung wegen der grossen Gefährlichkeit dieser Verletzungen im Allgemeinen immer nur misslich ist, so richtet sich doch dieselbe in den meisten Fällen darnach: ob die Wunde im Dünn- oder Dickdarm, klein oder gross, der Darm bloss angeschnitten oder durchgeschnitten ist; ob der verletzte Theil innerhalb der liauchhöhle liegt oder vorgeialleu ist; ob schon Ergiessungen von Futterstollen oder Koth stattgefunden. Im Dünndarm sind die Wunden wegen der grössern Empfindlichkeit dieses Theils gefährlicher als im Dickdarm. Kleine VVunden heilen an beiden Abtheilungen ziemlich gleichmässig, und besonders an der obern Wand; bei grosscu Wunden tritt überall leicht Nahrungsbrei, Koth, Galle u. s. w. in die Bauchhöhle, wodurch Bauchfellcntzüiidung und gewöhnlich der Tod herbeigeführt wird. Deshalb sind grosse Wunden und völlig durchschnittene Därme bei und ohne thierärztliche Hilfe in der Regel gauz ungünstig zu beurthcilen, besonders aber dann, wenn man (lie verletzten Dannstücke nicht aus der Bauchhöhle hervorholen und zusammenheften kann.
Behandlung. Wenn eine Darmwunde auch nur wenig aus einander klaflt, müssen ihre Wrundränder vermittelst der Heftung zusammen gezogen werden. Mau bedient sich hierzu einer recht feinen, krummen Heftnadel, oder eben so gut einer feinen Nähnadel und eines seidenen, oder andern glatten, gewachsten Fadens. Die Hef-lung selbst geschieht mittelst der Knopfnaht oder in den ineisten Fällen am besten mittelst der Kürschner- oder Darmnaht auf die S. 354 angegebene Weise, wobei jedoch zu beachten ist: dass man immer trachten inuss, die äussere (seröse) Fläche der Wundränder mit einander in Berührung zu bringen, weil diese am schnellsten zusammenheilt. Die grösste Schwierigkeit bei dem ganzen Geschäft ist, wenn nicht etwa der verletzte Darm aus der Bauchwunde heraushängt, #9632;— das Auffinden der verletzten Stelle. Oft ist dieses Auflinden innerhalb der Bauchhöhle ganz unmöglich und d^Jier natürlicher Weise auch die Heftuug nicht ausführbar. In einem solchen Falle kann man überhaupt, aussei durch allgemeine Behandlung, nichts thun, sondern muss die Wunde der Natur überlassen. Bei ganz durchschnittenem Darme tritt dieser Fall am häufigsten ein, indem man hier fast immer nur ein Ende, oft auch keins, herausfindet. Die Schwierigkeit des Auifindeus wird dadurch noch vermehrt, dass wir am stehenden Thiere wegen der grossen, durch die Schmerzen erregten Unruhe und Widersetzlichkeit desselben, selten eine ordentliche Untersuchung der Wunde und noch viel weniger die Heftung des Darms unternehmen können (bei vorgefallenen, verletzten Därmen möchte es vielleicht möglich und räthlich sein), und dass bei dem gewaltsamen Umlegen des Thieres sich die Eingeweide zurückziehen, verwickeln und ihre Lage verändern. Ist mau jedoch so glücklich gewesen, die verletzte Darmstelle zu finden, so hefte man dieselbe sogleich nach einer der jetzt anzugebenden Methoden schnell zusammen: #9632;— Man zieht zuerst die Darmstücke vorsichtig aus der Wunde hervor, drückt den in ihnen enthaltenen Koth aus beiden Enden, reinigt sie mit lauwarmem Wasser und näht bei nicht ganz
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434nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Baucbwunden. Dannverletzung. Behandlung.
durchschnittenem Darme oder bei Längen-wunden desselben die beiden Wundränder mit der Kürschner- oder umwundenen Naht zusammen; oder man macht einzelne Hefte, wie bei der Knopfnaht. Ist der Darm ganz durchschnitten, so soll man das vordere, vom Magen her kommende Ende in das hintere, nach dem Mastdarm zu gehende Ende einschieben und nun beide mittelst dieser Nähte zusammenheften. Es ist jedoch gewöhnlich sehr schwer zu bestimmen, welches das vordere oder das hintere Ende des Darms sei; zuweilen kann man dies aus der wurmförmigeu Bewegung und daraus erkennen, dass aus dem vordem Ende Koth u. s. w. aussickert, aus dem hintern aber nicht; eingespritztes Wasser und der in den Darm gesteckte Finger werden aus dem vordem Ende herausgedrängt, aus dem hintern aber nicht. Das Einschieben des vordem Endes in das hintere soll die Fortleitung des Darmiuhalts begünstigen; aber das Zusammeufügen einer Schleimhaut mit andern Gebilden ist der Verwachsung nicht günstig. In allen Fällen muss die äussere Wunde nach den angegebenen Regeln locker geheftet und dann, wie schon angegeben, streng antiphlogistisch behandelt werden. Es wird jedoch nur selten gelingen, einen solchen Patienten, wo die Verlez-zung sehr bedeutend ist, zu erhalten. Erfolgt Heilung, so geschieht dies mit circa 14 Tagen vollkommen. — In einzelnen Fällen legt sich ein verwundetes Darmstück so gegen die Wunde der Bauchwände, dass die Oeffnung beider in einander übergeht und dann der Darminhalt durch die äussere Wunde hervortritt. Gewöhnlich entsteht dann sehr bald eine Verwachsung des Bauchfells mit dem Darmstück und letzteres wird hierdurch fest in dieser Lage erhalten; die Wundränder aber verdicken sich und bilden bald mehr, bald weniger einen dem After ähnlichen Rand. Ist die OefTnuug sehr klein, fistelähnlich, und sickert nur wenig Nahrungsbrei oder Koth aus ihr, so nennt man den Zustand eine Darm- oder Kothfistel (Fistula intestinalis s. stercoralis); ist sie aber so gross, dass der Darminhalt sich grösslentheils oder ganz durch sie entleert, so ist dies ein künstlicher After (Anus praeternaturalis s. artificialis). Bei beiden Zuständen können die Thierc lange bestehen, aber sie magern doch dabei gewöhnlich sehr ab und gehen zuletzt zu Grunde. — Man sucht die Öelfnung arn besten nach und nach durch gute Granulation zu verschliessen, und zu diesem Zwecke wendet man die harzigen Salben #9632;—#9632; bei träger, harter Beschallenhcit der Wundränder aber das Glüheisen oder den Lapis infernalis ganz oberflächlich und von Zeit zu Zeit wiederholt auf dieselben an. Will man gründlich zu Werke gehen, so kann man die öelfnung vorsichtig mit dem Messer erweitern, den Darm von der Bauchwand lösen, die Ränder der Darmöflhung irisch wund machen und zusammenheften, oder, wenn das Darmstück entartet und verengert ist, es ganz herausschneiden und dann verfahren, wie bei völliger Durchtrennung des Darms angegeben ist. Ein solches Radikalverfahren ist jedoch mit grösster Gefahr begleitet und deshalb wenig zu empfehlen.
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Baucbwunden. Leber-, Gallenblasen-, Milz- und Nierenverletzung. 435
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c) Verletzungen der Leber, Gallenblase und Milz.
Man erkennt die Verletzungen dieser Theile bei einer offenen Wunde durch den Ort und die Kichtuug derselben, durch den Aus-iluss von einer Menge schwarzen Blutes oder von Galle. Oft ist die Erkennung wegen IVlangel oder Undcutlichkeit dieser wenigen Symptome sehr schwierig.
Die Vorhersagung ist in den meisten Fällen sehr ungünstig, weil man gegen die innere Blutung, Gallencrgiessung und gegen die hieraus entstehende Bauchfellentzündung fast gar nichts thuu kann. Es giebt wohl einzelne Fälle, wo Verletzungen der Leber- und der . iMilzsubstanz geheilt worden sind; doch ist auf solche Seltenheiten nicht Rücksicht zu nehmen, weil man nicht weiss, wie tief die gegenwärtige Wunde ist, und ob oder wann die dabei befindliche Blutung sich stillen werde. Oft bilden sich Extravasate in der Kapsel der Leber und es tritt dann, wenn die Kapsel zerreisst, der Tod plötzlich ein.
Behandlung. Das einzige, was etwa noch bei den Wunden dieser Theile anzuwenden ist, sind anhaltende kalte Umschläge oder Begiessungen des Bauchs mit Wasser, Eis u. s. w., die strengste Kühe, eine angemessene antiphlogistische Behandlung und mageres Futter.
d) Verletzungen der Nieren.
Ausser den gewöhnlichen Gelegeuheitsursachen der Verletzungen überhaupt tragen zu denen der Nieren noch besonders bei, die unvorsichtige Application des Troikars beim Rindvieh, und heftige Schläge auf die Lendenwirbel, wodurch die Querfortsätze derselben abbrechen und die Splitter in die unter ihnen liegenden Nieren dringen können.
Die allgemeinen Symptome dieser Verletzung sind, wie schon Wolsteiu ganz richtig bemerkt (siehe dessen Buch für Thierärzte im Kriege Seite 80), denen ähnlich, welche bei Verletzungen des Kückenmarks oder dessen Scheiden erscheinen; die Thiere können nicht stehen, der Harn ist mit Blut gemengt, oft ganz unterbrochen, die Hinterschenkel werden fühllos und stumpf. Oertliche Symptome sind entweder eine in der Nierengegend befindliche Wunde oder eine Geschwulst mit sehr grosser Empfindlichkeit bei Berührung dieser Theile; die Thiere biegen sich ein, wenn man mit der Hand hingreift. — Die Vorhersagung ist unbestimmt, sehr oft misslich. — Die Behandlung ist antiphlogistisch einzuleiten, durch Aderlässe, wenig schleimiges Getränk, kein Futter, kalte Umschläge und strenge Hube.
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Bauchwunden. Cfcbitrmuiterverletzung.
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e) Verletzung der Gebärmutter.
In nicht schwangerem Zustande sind Verletzungen der Gebärmutter sehr selten, aber ihre Hörner werden zuweilen mehr betrof-len. Aussei- den gewöhnlichen aber seltenen Verwundungen durch Stiche und Schüsse (Hiebwunden dringen nie so tief ein) finden in der Gebärmutter am häufigsten Verletzungen während der Geburt durch ungeschickte Manipulation z. IJ. beim Abkneipen und Ausreis-seu der sogenannten Mondkälber, oder durch verunglückte Operationen, z. B. mit den scharfen Ilaken statt. — Auch kann die Gebär-inulter im tragenden Zustande bei einer recht stark einwirkenden *Gewaltthätigkeit entzwei bersten, eben so bei schwerer Geburt durch die Wehen. — Bei den grössern Verletzungen dieses Theils bemerkt mau einen ßlutausfluss aus der Scheide, und die Thiere stellen sich an, als ob sie gebären wollten. Sie (hängen viel auf den Mastdarm. Kleinere Verletzungen sind sehr schwer zu erkennen, wenn nicht etwa gleichzeitig ein Vorfall der Gebärmutter zugegen ist.
Prognosis. Wegen des ziemlich niedrigen Grades der Empfindlichkeit dieses Organs bei Thieren, besonders bei den Wiederkäuern, ist es fast immer der Fall, dass Verletzungen an demselben für sich selbst keine grosse Gefahr mit sich führen, aussei- zur Zeit der Brunst, wo durch die erhöhte Reizbarkeit und den reichlichem Blut-zufluss allerdings eine heftige Entzündung hinzutreten und Gefahr erzeugen kann. In den übrigen Fällen ist der Umstand günstig, dass die Verletzungen gewöhnlich entweder während oder gleich nach der Geburt geschehen, oder dass, wenn sie bei noch schwangerem Zustande erfolgen, sie denselben durch eine zu frühe Geburt beenden, — dass also in allen dieseu Fällen die Gebärmutter sehr ausgedehnt ist, sich aber sehr bald nach der Verletzung eben so viel wieder zusammenzieht und folglich auch die Wunde zugleich sehr verengert wird. Aus diesem Grunde ist es erklärlich, wie sehr bedeutende Blutungen bei Verletzungen dieses Organs sich ohne alle Hilfe recht schnell stillten. — Auch das hat man häufig beobachtet, dass durch oberflächliche Verletzungen selbst die Trächtigkeit für die Zukunft höchst selten gestört wird.
Behandlung. Auch hier ist ein entzündungswidriges Verfahren auszuüben. Mau spritzt, so lange noch Zeichen von Entzündung vorhanden sind, schleimige Abkochungen täglich mehrmals lauwarm durch die Scheide ein, und •wenn Eiterung sich zeigt, so gehe man allmälig zu geliud zusammenziehenden und zu Gerbstolf enthaltenden Mitteln über. Selten ist es noting, einen Aderlass dabei zu machen. Innerlich Salze, besonders aber das versüsste Quecksilber und äusserlich Klystiere, um beständig den Mastdarm frei zu erhallen, sind meistens vollkommen ausreichend. (Von der Complication mit Vorfällen der Gebärmutter oder der Scheide siehe bei den Vorfällen.)
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Bauchwunden. Harnblasenverlctzung. Bauchwiindcn mit Ergicssungcn. 437
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f) Verletzungen der Harnblase.
Diese Verletzungen ereignen sich sehr selten, sind schwer zu erkennen und bei einiger Grosse gewöhnlich tödtlich, besonders an dem Grunde, an der untern Wand und an den Seitenflächen der ülase. Das sicherste Zeichen ist das verminderte, auch gänzlich ausbleibende Harnen, ohne dass ein Hiuderniss dazu in der Harnröhre zu entdecken wäre, zuweilen der Ausfluss des Harns aus der Wunde, ferner der Ort der Verletzung. #9632;— Hilfe ist hier fast gar nicht möglich; bei Wiederkäuern erfolgt der Tod oft sehr spät. Bei kleinen Wunden in der Blase könnte man das Heften derselben versuchen und hierzu nöthigenfalls die Bauchwuude hinreichend erweitern; dann aber entweder einen Katheter für 6 — 8 Tage einbringen Oder den Harnröhrenschnitt machen, damjt der Urin beständig frei nach hinten ausfliessen kann.
C. Eindringende Bauchwundeu, complizirt mit Ergies-sung von Blut, Darmkoth, Urin etc.
Sehr schlimme und sehr häufige Complicationen der durchdringenden Bauchwunden sind die Ergiessungen von Blut, Darmflüssigkeit, Urin und anderen Stoffen. Obgleich diese Ergiessungen nicht selten sind, so entstehen sie doch nicht so leicht und so oft, als man nach der Beschaffenheit der Umstände glauben sollte; der Grund hiervon liegt in dem wechselseitigen Drucke, welchen die Eingeweide und die Wandungen des Bauches gegen einander ausüben, so dass zwischen ihnen wenig Zwischenraum bleibt. Daher verbreiten sich auch diese Ergiessungen, wenn sie nicht zu gross werden, nicht immer nach allen Richtungen über die Oberfläche der Eingeweide, sondern sie sammeln sich mehrentheils an einem begränzten Orte. Die Blutgefässe geben bei Verletzungen leichter solche Ergiessungen als die Därme; bei den letzteren erfolgen sie aus den dünnen Därmen mehr als aus den dicken, aus Längenwuuden mehr als aus Querwunden, aus gerissenen mehr als aus einfachen Stich- und Schnittwunden, am häufigsten und stärksten aber aus dem Magen. Die Zufalle nach solchen Ergiessungen mengen sich mit denen der Verletzungen selbst zusammen; sie sind: heftiges Fieber., grosser Durst des Thieres, Auftreibung des Bauches, grosse Schmer-haftigkeit desselben, Anstrengungen zum Erbrechen und bei einigen Thieren wirkliches Erbrechen, und deutlicher Ausdruck von Angst. Es entsteht Entzündung der Eingeweide, die sehr schnell in Brand übergeht. Gewöhnlich stellen sich diese Zufälle noch am nämlichen Tage der Verwundung oder doch gewiss am nächstfolgenden ein. •— Die Blutergiessuugen in die Bauchhöhle entstehen entweder aus den verletzten Gefässen der Bauchwandung und zwar aus der untern Bauchdeckenarterie oder aus dem Ende der Brustarterie, wenn die Beschaffenheit der Wunde den freien Abfluss des Blutes hindert, oder sie entstehen aus den grössern Arterien und Venen, die oben in der Bauchhöhle liegen. Das Blut sam-
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Verletzungen des Mastdarms.
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melt sich nach der verschiedenen Grosse und Verletzung des Ge-fasses in grösserer oder geringerer Menge und mehr oder weniger schnell an.
Die Erscheinungen der Blutergiessung in die Bauchhöhle sind daher verschieden und im Allgemeinen bedingt durch den Blutverlust und durch die davon erzeugte Schwäche und gesteigerte Irritabilität. Das kranke Thier wird nach und nach schwächer, — in dem iUaasse, wie die Blutergiessung zunimmt, schwillt der Bauch an der untern Gegend oder etwas zur Seite an und zuweilen kann mau bei sehr genauer Untersuchung Schwappuug fühlen; ferner treten Kolikzufiille ein, Erweiterung der Pupille und Blässe der Schleimhäute. Der Puls wird zuerst voller, doch weicher, dann aber immer kleiner, das Thier schwankt, lehnt sich an die Wand, endlich fällt es -um, bekömmt Convulsioncu und stirbt.
Die thierärztliche Hilfe bei diesen Zufällen beschränkt sich bei den Ergiessungen von Darmkoth auf die baldige Auffindung und Heftung der Darmwundc, wenn dies möglich ist, und bei den Blutungen aus den Gcfässen der Bauchwaiulungen auf die Unterbindung der Gefässc. Gegen die Blutungen aus den grössern Gelassen haben wir kein directes Mittel; Aderlässen und kalte Umschläge über den Bauch mögen als ein höchst selten gelingender dürftiger Versuch angewendet werden. Bei allen Blul ergiessungen muss jedoch aus den bei den ßrustverletzungcn mit Blutergiessung angegebenen Ursachen die äussere Wunde so bald als möglich geheftet werden. Nimmt man aus dem allmäligen Verschwinden der angegebenen Zeichen wahr, dass die Blutung stehe, so kann man am folgenden Tage die Bauchwunde noch einmal öffnen, oder eine neue OelTnung ganz vorsichtig am abhängigsten Theile des Bauches in der Nähe der bemerkten Anschwellung machen, um dadurch das geronnene Blut zu entleeren. Dies ist jedoch, wie die ganze Complication überhaupt, jedesmal ein verzweifelter Fall. — Wie vorsichtig gemachte Sectionen zeigen, sammelt sich das Blut immer zwischen den Därmen auf der untern Bauchwand; oft findet man im Umfange des Blatklumpens Entzündung und Ausschwilzung von gerinnbarer Lymphe, wodurch das Blut gleichsam von der übrigen Bauchhöhle abgeschieden wird.
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Aclitzeiintes Capitel.
Verletzungen des Mastdarms und des Afters.
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a) Die Verletzungen des Mastdarms sind verschieden, Längenoder Querwunden, mehrentheils gerissen, oft nur in der Schleimhaut oder zugleich in der Muskelhaut, und zuweilen durchdringen sie die
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Verletzungen des Mastdarms.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;439
ganze Darmwand; sie befinden sich an der obern oder an der untern Wand, oder an den Seitenwänden, nahe am After, oder von demselben mehr entfernt; zuweilen sind sie mit gleichzeitiger Verwundung der Scheide und in andern Fällen mit Vorfall des Mastdarms com-plizirt. — 6) Die Wunden am After bestehen gewöhnlich in Trennungen nach der Längenachse des Darms, mehr oder weniger quer durch den Schliessmuskel, und finden sich am häufigsten am untern Rande, namentlich bei weiblichen Thieren. Sie sind auch zuweilen mit Verletzungen der Mutterscheide verbunden.
Die Gelegenheitsursachen zu den Verletzungen des Mastdarms entstehen bei Hunden durch zu starken Darmkoth, durch spitzige, unverdaute Knochensplitter (dieselbe Ursache bemerkte ich auch einmal bei einem Schweine); bei Stuten erfolgen diese Verletzungen zuweilen, wenn zu hitzige Hengste bei der Begattung gewaltsam mit der Ruthe in den Mastdarm anstatt in die Scheide eindringen; aus-serdem entstehen bei den weiblichen Thieren zuweilen Verletzungen des Mastdarms gleichzeitig mit Verletzungen der Scheide während des Gebarens, wenn die Füsse der jungen Thiere sich in der Scheide feststellen oder wenn die Geburlshaken ausgleiten u. s. w. Bei allen Hausthieren können sie während der Beibringung eines Klystiers entstehen, wenn die Thiere dabei entweder sich zu unruhig oder widerspenstig betragen, oder wenn das Klysticrrohr zu spitzig oder zu lang ist, oder ungeschickt angewendet wird. Bei grössern Hausthieren werden diese Verletzungen des Mastdarms auch durch das ungeschickte Ausräumen des Darmkoths und bei Untersuchungen, welche durch den After vorgenommen werden, erweitert.
Die Verletzungen des Mastdarms sind, je nach ihrer Grosse, nach der Stelle und nach den eintretenden Zulällen zuweilen leichter, in andern Fällen nur sehr schwer zu erkennen; zuweilen ist bei dem frischen Zustande derselben ein Blutfluss aus dem After zugegen, in andern Fällen ist derselbe sehr gering und oft fehlt er ganz. — Die Thiere haben bei diesen Verletzungen einen etwas gespannten, steifen und zuweilen matten Gang, und sie stellen sich oft, aber meistens vergeblich zur Kothentleerung an; die wirklich erfolgenden Ausleerungen sind mit Anstrengungen und Schmerzen verbunden und der entleerte Koth ist zuweilen blutig. Bei Wunden, welche die Wand des Darms ganz durchdringen, wird in wenigen Stunden nach der Verletzung der Hinterleib stark aufgetrieben, und oft besteht bei jedem Athemzuge ein Ein- und Ausströmen von Luft durch den After. Das sicherste Mittel zur Erkenntniss des Vorhandenseins und der Art und Grosse dieser Verletzungen giebt die vorsichtige Untersuchung des Mastdarms mittelst des in denselben eingebrachten, vorher mit Fett und Oel bestrichenen Fingers bei kleinern Thieren oder mittelst eingebrachter Hand bei den grössern. #9632;— Ist aber die Wunde mehr am After und an diesem selbst, oder besteht zugleich ein Vorfall des Mastdarms, dann ist die Erkennung derselben leicht. — Die üblen Folgen, welche durch diese Wunden entstehen, sind in manchen Fällen Blut- und Kothergiessung durch die Wunde in das Bek-ken und die Bauchhöhle, heftige Entzündung und Brand des Mastdarms selbst und anderer Eingeweide, langwierige Eiterung, Koliken,
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440nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verletzungen des Mastdarms. Behandlung.
und wenn der After durchgerissen ist, so bleibt ein beständiges Auseinanderklaffen desselben und bei Pferden und Rindern ein sehr häufiges Ausströmen der Luft mit lauten quatterndeu Tönen, besonders bei schnellem Laufen der Thiere bemerkbar, zurück.
Die Prognosis richtet sich hierbei zum grössten Theil nach der (Jrösse und Beschaffenheit der Wunde selbst und nach dem Orte derselben, zum Theil aber auch nach der Empfindlichkeit des leidenden Thieres. Hiernach kann man laut der Erfahrung bestimmen: dass im Allgemeinen alle nur etwas grössere durchdringende Wunden, namentlich aber bei Stuteti fast alle über 1 Zoll grosse Wänden des IMastdarms, welche durch das Eindringen der männlichen Ruthe beim Beschälen entstanden, für tödtlich zu achten sind. ') Wunden in der obern Wand des Mastdarms und nach dem After zu sind weniger gefährlich als die an der untern Wand befindlichen, weil durch die letztern leicht Exkremente in die ßeckenhöhle dringen und üble Zufälle erzeugen. Kleinere Wunden, von fremden Körpern erzeugt, veranlassen oft langwierige Eiterung, Fisteln und Verhärtungen, sind aber an sich nicht lebensgefährlich. Je empfindlicher und reizbarer ein Thier ist, je höher die Entzündung und die Schmerzen schon gesteigert sind, ein desto schlimmerer Ausgang ist zu befiirch-ten. Bei gleichzeitiger Verletzung der Mutterscheide hängt die Vorhersage zum Theil von der Wunde dieser letztern mit ab, immer aber ist die Mastdarmverletzung das Wichtigste dabei. Die Wiedervereinigung ist hier oft schwer zu erreichen.
Die Behandlung dieser Verletzung muss darauf gerichtet sein, die verletzenden Körper, welche sich etwa noch im Mastdarm befinden, zu entfernen, die durchgehenden Wunden bald zu schliessen und die üblen Zufälle, besonders die zu heftige Entzündung zu verhüten und zu beseitigen. Bei Vetlelzungen des Afters ist es zweckmässig, vor der eigentlichen Behandlung und während derselben die Schweifhaare glatt einzuflechten. Die Entfernung des fremden Körpers, z. B. der Knochensplitter, sucht man, nachdem der Mastdarm vorher durch ein Klyslier von einer schleimigen Flüssigkeit dazu vorbereitet worden, mittelst eines eingebrachten Fingers oder, wo dieser nicht zureicht, mittelst einer Korn- oder Kugelzauge zu bewirken, #9632;— und, wenn der fremde Körper wegen seiner Grosse und bei der Anschwellung des Mastdarms im Ganzen nicht ohne Gewalt zu entfernen ist, so suche man ihn mittelst dieser Instrumente zu zerdrücken und stückweis herauszubringen. Grosse Gewalt darf man hierbei niemals anwenden, sondern lieber warten, bis die Entzündung und Anschwellung der leidenden Theile durch die angewendeten Mittel sich gemindert haben werden, wo man dann die Versuche zur Entfernung des fremden Körpers wiederholt. In solchen Fällen ist magere Diät, ein allgemeines antiphlogistisches Heilverfahren, namentlich die An-
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') Schon Bourgelat (Exterieur) hal diese Beobachtung mehrfältig gemacht, und dieselbe ist auch von Anderen bestätigt, z. B. von Greve (Erfahrungen und Beobachtungen, Bd. II. S. 8), von Gelle (Recueil de intd. vet. 1828 p. 490) u. A.
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Verletzungen der Mutterscheide und der Schaamlefzen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;441
Wendung des Calomels bis zum gelinden Laxiren, und die häufige Wiederholung schleimiger Klystiere in kleinen Quantitäten erforderlich. — Die Verschliessung der Wunden durch chirurgische Hilfe ist nur bei grössern Thieren und nur in dem Falle möglich, rvenn dieselben recht nahe an dem After oder in demselben selbst sind. Die Anlage der Naht (Kuopfnalit) ist immer sehr schwierig, weil der nöthige Raum zum Anbringen derselben fehlt. Man kann nur einzelne Hefte der Kuopfnaht einlegen und dieselben nicht, zusammenbinden, sondern nur zusammendrehen. Ist gleichzeitig eine Verwundung der IVlutterscheide vorhanden, so ist das Hellen um so nölhiger, gewöhnlich aber auch leichter zu vollbringen. Immer wird dabei der Mastdarm zuerst geheftet. — Die üblen Zulalle nach dem Heften sucht man auch hier durch die im Vorstehenden angegebene 'Behandlung zu beseitigen, und übrigens verfahrt man nach allgemeinen Hegeln. (Ueber die Behandlung des Mastdarmvorfalls s. bei den Vorfällen.)
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TVeiuizelnites Capitel.
Verletzungen der Mutterscheide und der Schamlefzen.
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Die vorzüglichsten (lelogenheitsursachen zu diesen Verletzungen sind: unregelmässige und schwere Geburten und unzweckmässig oder zu roh dabei geleistete Hilfe, besonders wenn die Füllen, Kälber oder Lämmer sich mit den Fassen in der Scheide feststellen, oder wenn Knochenbrüche entstanden oder die (icburtshaken während des Ziehens an denselben von dem Foetus losgegangen sind; ferner durch das sogenannte Ringeln, wo man, um den weiblichen Thieren die Begattung zu verwehren, mittelst Ringe von Draht oder Blech, welche man durch die Schaamlippen zieht, die Scheide zum grössten Theil vcrschliesst; ferner wenn die Thiere sich mit den llinterthcilen an spitzigen oder sonst wie hervorstehenden scharfen Körpern reiben und dabei verletzen oder von rohen Menschen aus Muthwillen gerieben und verletzt weiden u. s. w. — Diese Verlclzungcn sind von verschiedener Grosse und Beschaffenheit, zuweilen durch gleichzeitige Verletzung des Mittelfleischcs, des Mastdarms, der Gebärmutter und Harnblase, oder auch durch Vorfall der Scheide selbst oder der nahe liegenden Theile complizirt.
Man erkennt diese Verletzungen meistens leicht, im frischen Zustande an der stattfindenden Blutung, dann an den vielleicht eingerissenen Schaamlippen, an der starken Entzündungsgeschwulst mit Wärme und Schmerz daselbst, oder an dem gespannten und etwas schmerzhaften Gange der Thiere. Bei solchen Rissen, welche sich
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442 Verlegungen der Mutterscheide und der Schaamlerzen. Behandlung.
bis in den After erstrecken, sieht man oft Darmexkremente durch die Schaamtheile abgehen, und Pferde lassen beim Traben ein quat-terndes Geräusch von der bei der Schenkelbewegung herausgcpress-ten Luft hören. — Sind die sämmtlichen Häute der Scheide durchgehend verletzt, so dringt gewöhnlich Luft in die Becken- uud Bauchhöhle, und in Folge dessen wird der Leib gespannt, aufgetrieben, schmerzhaft, das Athmen kurz, der Puls schnell, klein uud hart, und manche Thiere benehmen sich wie bei Kolik.
Die Vorhersagung ist bei den einfachen, nicht zu grossen Verletzungen der Scheide, selbst wenn sie deren Wände durchdringen sollten, im Allgemeinen nicht ganz ungünstig, indem die Gefahr bei diesen Wunden nicht sehr gross ist; bei grössern Wunden aber, oder wenn zugleich der IMastdarm oder die Urinblase mit verletzt ist, oder wenn die Gebärmutter, der Mastdarm n. dgl. vorgefallen, ist die Verletzung zum Theil wegen ihrer eigenen Grosse und der erfolgenden heftigen Entzündung, zum Theil wegen der Bedeutendheit dieser Complicationen und wegen deren schweren Beseitigung immer sehr gefahrlich und nicht selten tödtlich. Wenn der Leib sehr gespannt, der Puls klein und hart und das Thier unruhig ist, ist der Zustand als gefahrdrohend zu betrachten. Bei unregelmässiger Verwachsung können die Thiere zur Zucht unbrauchbar werden.
Bei der Behandlung dieser Verletzungen lässt man zuerst die Schweif haare glatt einflechten, um somit den beständigen Reiz der Haare und das Antrocknen derselben in der Wunde zu vermeiden. Hierauf reinigt mau die frischen Verletzungen mit kaltem Wasser, und heftet sie, wenn sie sich hierzu eignen, und wenn man sie gut erreichen kann, mit nahe an einander gelegten Heften der Knopfnaht, — besonders so die Wunden am obern W;inkel der Schaam und die grössern an den Rändern der Lefzen. Zuweilen müssen die Wundränder erst geebnet oder, wenn sie schon betrocknet sind, frisch wund gemacht werden. Uebrigens befeuchtet man frische Wunden mit kaltem Wasser so lange, als noch bedeutender Schmerz und Wärme vorhanden ist. Verlieren sich diese Symptome und tritt Eiterung ein, so wende man lauwarmes Bleiwasser an, und wenn die Eiterung sehr heftig wird, gehe man zu den mehr adstringirenden Mitteln über. Werden die Anschwellungen oedematös, so verbinde man die letzteren Mittel mit gelind reizenden. — Alle sonstigen Complicationen werden ebenfalls nach ihrer Eigenthümlichkeit und den allgemeinen Grundsätzen behandelt.
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Verletzungen der münnlichen Ruthe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 443
SEwanzigstes Cafiltel.
Verletzungen der männlichen Ruthe.
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Diese Verletzungen entstehen in der Regel nur, wenn das Glied ausgeschachtet war; so z. B. bei sprungfertigen Hengsten, aus Nek-kerei durch Schläge mit Ruthen oder mit Peitschen, oder durch einen Hufschlag von einem andern Pferde, oder, wenn beim Beschälen sich Schweif haare von der Stute vor die Schaain legen, durch diese Haare, oder bei geringelten Stuten durch die Ringe von Blech oder Draht.
Diese Wunden sind entweder' einfache Längen- oder Querwunden, oder unregelmässig gerissen und mehrentheils mit Quetschung verbunden, bald nur oberflächlich oder bis zur Harnröhre und tiefer eindringend. Man erkennt sie im frischen Zustande bei ausgeschachteter Ruthe ziemlich leicht durch das Gesicht und Gefühl; bei zurückgezogenem Gliede verrathen sie ihr Dasein durch Auslluss von Blut aus der Vothaut. — Oft bildet sich in kurzer Zeit nach der Verwundung grosse Anschwellung der Ruthe und auch der Vorhaut, welche letztere oedematös ist und sich wulstförmig vor die Ruthe legt. Gewöhnlich ist das Thier nicht im Stande, die Ruthe im Schlauche zu erhallen, oder wenn sie hervorgetreten ist, sie wieder zurück zu ziehen, sondern sie bleibt strotzend angeschwollen, herabhängend und schaukelt dann bei der Bewegung des Pferdes gewöhnlich unter dem Leibe hin und her. #9632;— Nach eingetretener Eiterung besteht ein bald mehr, bald weniger reichlicher Ausfluss von Eiter oder Jauche aus der Vorhaut, und man findet die Wunden bald mit guter, bald mit schlechter Granulation bedeckt.
Die Vorhersagung ist bei diesen Verletzungen immer sehr unbestimmt; denn obgleich die Wunden nur äusserst selten so gross sind, dass sie durch Verblutung aus den kavernösen Körpern die Lebensgefahr herbeiführen, so ist es doch oft der Fall, dass die Thiere für die Zukunft wenigstens zur Zucht untauglich werden, indem die Wunden sehr leicht entarten, in langwierige, unreine Geschwüre übergehen, oder zu schwammigten, warzigen und beständig jauchenden Auswüchsen Gelegenheit geben und wobei die Hilfe dann meistens nur allein in künstlicher Entfernung des leidenden und entarteten Theils besteht. Alle diese Zufälle sind im höhern Grade sehr übel, denn die abgesonderte Flüssigkeit verbreitet in der Umgebung des Thieres einen fauligen, aashaften Gestank und bei warmer Witterung erzeugen sich zuweilen Maden in diesen Geschwüren. Querwunden sind auch hier schlimmer als Längenwunden. Ist die Harnröhre mit verletzt, so bleiben zuweilen Urinfisteln zurück, die sehr schwer, zuweilen auch gar nicht zu heilen sind.
Die Behandlung der verwundeten Ruthe besteht bei frischen, geringern Wunden derselben 1) bloss in der Reinigung der Ruthe
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444nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verletzungen der mannlichun Rutlie. BeKandlung.
und des Schlauches durch lauwanucs Wasser, wobei mau zugleich die gewöhnlich auf seiner iunern Fläche angesammelte schmierige Materie zu cntlerneu sucht, und 2) in dem Abhalten aller dahin wirkenden Reize, um den Zufluss des Uluts und das Ausschachten zu vermeiden, •weil dieses zur Verscülimmerung der Zufälle beiträgt. Wenn sehr gespannte und heissc Anschwellungen an der Ruthe und am Schlauche entstehen, so wende man Bähungen von kaltem, später von lauwarmem Uleiwasser an; werden aber diese Anschwellun-gea oedematos, wulstformig und sehr gespannt, so lasse mau Bähungen und Dunstbäder von aromatischen Kräutern, im Nothfalle von lleusaamen machen, ausserdem auch das Thier ol't bewegen. Vergeht auf die fortgesetzte Anwendung dieser Behandlung die Geschwulst noch nicht, so ist es nüthig, Einschnitte oder Einstiche in dieselbe zu machen, um das unter der Haut befindliche Serum zu entleeren. Da sich aber dieses in den meisten Fällen nicht bloss oberflächlich, sondern auch in den schwammigten Körpern der Ruthe selbst ansammelt, so können die Einstiche bis in diese reichen, sie müssen jedoch immer in der Längenrichtuug des Gliedes gemacht werden. Diese kleinen Wunden und die ganze Anschwellung werden nun mit den vorgenannten Bähungen von zertheilenden Mitteln, zu denen mau in. der Folge, wenn sich starke Eiterung einfindet, auch noch Abkochungen von zusammenziehenden Mitteln, z. B. von Weiden-, Rosskastauien- oder Eichenrinde, Kupfervitriol, Alaun u. dgl. zusetzt, so lauge fleissig lauwarm gebäht, bis die Heilung sich einstellt. — Zur Unterstützung solcher sehr grosser und schwerer Geschwülste kann man auch eine hierzu passende Aufhänge - Bandage (Suspensorium) anzubringen suchen, welche nach vorn an einen umgelegten Bauchgurt und nach hinten uud oben au den SchweiJ'rie-men befestigt werden kann, — immer aber nur an dem leidenden Theil locker anliegen, niemals aber denselben drücken darf, weil oedematöse Theile durch einwirkenden Druck sehr leicht sphacelös werden.
Sind die Wunden sehr tief in den Penis gedrungen und ist derselbe in die Vorhaut zurückgezogen, so muss er vorsichtig bis zur verwundeten Stelle aus der letzteren hervorgezogen und wenn die Blutung gestillt ist, die Wunde mit einem oder einigen ganz feinen Heften zusammengeheftet und wieder zurückgebracht werden. Die Blutung ist bei diesen tiefern Wunden oft sehr stark und der wichtigste Umstand der Verletzung. Um sie zu stillen, begiesse man die ' vorgezogene Ruthe recht fleissig mit eiskaltem W7asser oder mit einem Gemisch von Essig und Wasser. Ist sie hierdurch nicht zu stillen, so lege man oberhalb der Wunde ein etwas breites Band massig fest um die Ruthe, worauf die Blutung sich bald massigen wird; wenn dies geschieht, so ist dann das Heften der Wunde oft noch das beste Mittel zur völligen Stillung derselben. Sind jedoch alle diese Mittel fruchtlos, so muss die Wunde mit einem weissglühenden, ilachen Brenneisen gebrannt werden, bis ein fester Schorf sich auf der Wundfläche erzeugt hat, wobei natürlicher Weise nicht mehr an die schnelle Wiedervereinigung der getrennten Theile zu denken ist. Bei raquo;solchen tiefen Verletzungen, wo die Harnröhre mit betroffen ist,
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Verletzungen des Hodensecks und der Hoden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 445
muss nach gestillter Blutung und nach geschehenem Heften der Wunde eine dünne, glatte, metallene oder noch besser eine elastische Röhre in die Harnröhre bis über die verwundete Stelle derselben so vorsichtig als möglich gebracht und auf die schicklichste Weise, z. B. durch das Befestigen ihres vordem Endes an einen etwas nach hinten umgelegten Bauchgurt, in ihrer Lage erhalten werden. Diese Behandlung der grössern und tiefern \ erwundungen kann stets nur als ein Versuch zur Erlangung der Wiederzusammenheilung betrachtet werden; — zuweilen wird sie gelingen, in andern Fällen aber wird der unterhalb der Wunde befindliche Theil innerhalb 8—10 Tagen brandig absterben. Man erkennt dies besonders aus der Kälte und Gefühllosigkeit des leidenden Theils und aus dem Ausfliessen einer bräunlichen oder schwarzen, heftig stinkenden Jauche. Wo dies geschieht, oder wo die heftige Blutung aus den kavernösen Kör pern oder aus den grössern Gefässen der Kuthe bei sehr tiefen Wunden derselben auf keine andere Weise zu stillen ist und Gefahr droht, — ferner, wo eine Wunde durch mehr als die Hälfte der Dicke des Gliedes geht oder, wo die Ruthe am vordem Theile sehr entartet, zum grössten Theil mit starken warzigen oder schwammigten Auswüchsen verunstaltet, ist, da bleibt nichts anderes übrig, als den halb getrennten, oder abgestorbenen, oder entarteten Theil vollends durch die Amputation zu entfernen. (S. Krebs dieses Theiles.)
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Einundzwanzig-stesi Capitel.
Verletzungen des Hodensacks, der Hoden und des Saamcn-
stranges.
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Der Hodensack wird zuweilen durch Bisse von Hunden, durch Gegenfahren mit der Deichsel, durch Zaunpfähle u. s. w., wenn die Thiere über Zäune springen, zufällig verletzt, am häufigsten aber wird derselbe bei der Castration absichtlich verwundet. Die erste-ien Verletzungen sind mehrcntheils mit Quetschung, mit starker Zerrung und mit Blutextravasaten verbunden; sie sind ferner zuweilen nur oberflächlich, in andern Fällen aber bis in die Höhle des Hoden-sacks eindringend. Im letztern Falle kann der eine oder der andere llode mit verletzt, oder zwischen die Wundränder des Hodensacks eingeklemmt, oder auch gänzlich aus dem letztern hervorgetreten sein. Verwundungen des Saamenstranges allein kommen, ausgenommen bei tier Castration, nur äusserst selten vor.
Die Erkennung dieser Verletzungen ist gewöhnlich leicht, indem man sie deutlich seheu, fiihleu, mit der Sonde oder auch selbst mit dem Finger untersuchen kann. Das Hervortreten eines Hodens ist
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446nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verleliungen des Hodehsacks und der Hoden.
ebenfalls an der Form und Derbheit des Organs leicht zu erkennen; ist die Verwundung nicht mehr ganz frisch', so erscheint der eingeklemmte oder hervorgetretene Hode an der Oberfläche trocken und zusammengeschrumpft. Dagegen ist es schwierig, bei engen, eindringenden Wunden in jedem Falle mit Bestimmtheit zu erkennen, ob der Hode im Innern des Hodensacks mit verletzt ist oder nicht. Aussei- den eigentlichen Verletzungssymptomen bemerkt man noch in den meisten Fällen eine bald eintretende mehr oder weniger starke Anschwellung des Scroti, welche grösstentheils oedematös, aber doch mit Symptomen der Eutzünduug im Umfange der verletzten Stelle verbunden ist. Ausserdem stellen sich die Thiere mit den Hinterbeinen breit, sie gehen zuweilen selbst hinkend, die Hoden werden stark in die Höhe gezogen, Hunde lecken sich viel an dem Scrotum, und zuweilen entsteht auch Fieber.
Die Beurtheilung der Wunden des Hodensacks ist je nach der (Jrösse, der Beschafl'enheit und dem Orte derselben in den einzelneu Fällen verschieden. Einfache Schnittwunden, selbst wenn sie eine bedeutende Länge haben, heilen sehr leicht und selbst gerissene und gequetschte Wunden, welche nicht in die Höhle des Hodensacks eindringen und nicht mit Verwundung oder mit heftiger Quetschung des Hodens und mit Vorfall desselben verbunden sind, heilen hier schneller als fast am ganzen übrigen Körper; wenn aber bei grossen Hodensackwundcii die Luft durch längere Zeit auf den Saamenstrang und den Hoden einwirkt, so entsteht heftige Reizung der Scheidenhäute, Entzündung, plastische Ausschwitzung und Verdickung derselben und in Folge dessen behalten die Thiere zuweilen einen gespannten Gang für lange Zeit. Zuweilen entartet auch der Hode und verliert seine Function, was bei Zuchtthieren von grösserer Bedeutung ist. In einzelnen Fällen dringt durch die Wunde und weiter durch den Bauchring Luft in die Bauchhöhle und verursacht, wie bei eindringenden Bauchwunden, Irritation des Bauchfells, Eutzüu-dung, Kolik, und unter begünstigenden Umständen selbst den Tod. •—#9632; Ist ein Hode aus der Scheidenhaut hervorgetreten, aber nicht zugleich verletzt, auch nicht zu sehr ausgetrocknet, so kann derselbe zurückgebracht und möglicherweise noch erhalten werden; doch gelingt dies nicht immer; bei der Heilung eines solchen Falles entsteht Verwachsung des Hodens mit der Scheidenhaut und zuweilen auch in der Folge Vcrgrösserung des Organs, aber die Function desselben geht nicht immer dabei verloren. Kleine Verletzungen des Hodens können heilen, verhalten sich aber in ihrem Verlauf ganz ähnlich, wie eben angedeutet; grosse Wunden, namentlich aber solche, die mit starker Quetschung oder mit Zerreissung verbunden sind, fuhren in der Regel Zerstörung des Organs durch Eiterung und dann Verlust desselben herbei.
Die Behandlung der einfachen oberflächlichen und eindringenden Hodensackwunden besteht in dem Zusammenheften der Wundränder und in der Minderung der hinzutretenden Entzündungsgeschwulst und des Oedems. Zum Heften kann man die Knopfnaht oder auch die Kürschnernaht benutzen. Sind einzelne Lappen grösstentheils aus dem Zusammenhange der übrigen Masse gerissen, so kann man sie
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Verletzungen des Hodensacks und der Hoden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 447
vollständig wegschneiden, hierbei die Wundränder ebnen und sie dann heften. — Herausgetretene Hoden befeuchtet mau mit lauwarmem Wasser und schiebt sie dann in die Höhle des Hodeusacks zurück. Zuweilen gelingt dies nicht, weil die Wunde sich über dem oberu dünnern Theil des Hodens zu stark zusammengezogen hat und ihre Räuder denselben förmlich einschnüren. In diesem Falle drängt man mit der uöthigen Vorsicht eine Hohlsonde zwischen dem Hoden in die Wunde und zwar am besten da, wo die Räuder einen Winkel bilden, uud schneidet dann mit einem Knopfbistouri, welches in der Kinne der Sonde geleitet wird, die Häute des Hodensacks noch einige Linien weiter durch, worauf dann die Zurückbringung sich leicht bewirken lässt uud hiernach das Heften der Wunde stattfinden kann. — Wenn ein Hode im bedeutendem Grade mit verletzt ist, so ist es am besten, denselben ganz abzutragen. Für diesen Zweck muss die etwa zu kleine Wunde im Hodensack genügend erweitert, der Saa-menstrang massig straff hervorgezogen, das Scrotum aber nach dem Becken hin zurückgestreift werden, worauf dann entweder die Saa-menarterie isolirt unterbunden, oder nachdem sie durchschnitten ist, zugedreht oder auch mit dem Glüheisen bis zur Schorf bildung gebrannt werden kann, oder es findet auch die Unterbindung des ganzen Saamenstraugcs oder die Compression desselben mittelst der angelegten Castrirkluppen statt. In einem wie im andern Falle wird zuletzt der Saamenstrang etwa 1—2 Querfinger breit über dem Hoden völlig durchschnitten und der letztere entfernt. Das Heften der Wunde ist nach Entfernung des Hodens nicht zweckmässig, weil in jedem Falle etwas Eiterung au der Wunde des Saamenstranges oder an der Unterbinduugsstelle eintritt. •— Gegen die nach solchen Verletzungen entstehende Entzündungsgeschwulst wendet man in den ersten Tagen, so lange grosse Hitze und Schmerz an den verletzten Theilen wahrnehmbar sind, lauwarme Fomentationei* von schleiinigcn Flüssigkeiten an; wenn aber die Geschwulst mehr einen asthenischen Charakter au sich trägt, benutzt mau Bähungen mit gelind aromatischen Mitteln, denen man bei grosser Schlaffheit der Theile selbst etwas Branntwein zusetzen kann.
Zuweilen hat sich bei solchen Wunden ein förmliches Eitergeschwür in dem Hodeusacke, ein Ho den sack-Abscess, gebildet. Mau findet dann einen lange Zeit bestehenden Ausfluss von Eiter aus einer kleinen, mit kailösen, gewöhnlich nach innen umgcbogciien oder eingezogenen Rändern verseheneu Oeffnung, und bei der Untersuchung mit der Sonde findet man in dem Hodensacke eine bald grössere, bald kleinere Höhle, in welcher die Wände zuweilen glatty mehrentheils aber mit ungleicher Granulation bedeckt sind. Ist der Hode noch vorhanden, so findet man ihn gewöhnlich etwas geschwollen und von ungleicher Derbheit, den Saamenstrang aber mehrentheils nicht verändert. Die Veranlassung zu solchen Hodensack-Abscessen liegt häufig in den zu kleineu Wundöffnungen, zuweileu wohl auch in der Einwirkung der atmosphärischen Luft, in Reizungen der Scheideuhaut durch gemachte Einspritzungen, bei Hunden durch zu häufiges Belecken u. s. w. — Die Hodensack-Abscesse geben zur beständigen Beschmutzung der iunern Fläche der Hinter-
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448nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Yeeleüsuugen des Hodensacks und der Hoden.
schenket, zu ibctdaueriidein Siifteverliist und im Sommer zur Herbei-lockung von Insekten Veranlassung. In Folge des letztern Umstan-des finden sich auch zuweilen Maden in dem (ieschwüre ein. Die Heilung dieses Uebels wird durch Naturlhätigkeit allein selten bewirkt und selbst bei angewendeter Kunsthilfe eriblgt sie zuweilen erst nach mehreren Wochen.
Die Kur besteht in der Erweiterung der zu engen OelTnung, in dem Ausschälen oder iu der Zerstörung der entarteten weissen Ho-densackbaut durch Aelzmittel oder durch das glühende Eisen und in der Erzeugung einer guten Eiterung. Für den ersten Zweck muss das Thier niedergelegt werden, worauf entweder auf einer eiugelühr-leu Uohlsonde oder auf dem Finger die Ränder der Oeffnung mit einem Knopfbistouri nach vorn oder nach hinten zu vollständig durchschnitten und die entarteten Thcile im Innern mittelst Pinzette und IVIesscr oder Scheere entfernt werden; oder man brennt dieselben uacb geschehener Erweiterung der Wunde mit dem glühenden Eisen oder man bestreicht sie mit Lapis infernalis und wendet dann warme Fomentationeu von schleimigen Mitteln an, bis gute Eiterung eingetreten ist, bei welcher man sich auf blosses äusserliches Reinigen des Hodeusacks beschränkt.
Nach Verwundungen des Hodensacks, besonders nach dem Ca-striren, entsteht zuweilen eine Entzündung des Saamenstranges mit zu reichlicher plastischer Ausschwitzung und dadurch bedingter Ver-dickuug dieses Theils, oder auch mit Eiterung in seinein Gewebe und mit üppiger Granulation; besonders nehmen die Scheidenhäutc an den Folgen dieser Entzündung Theil, indem sie sich oft um das Vierfache verdicken und mit den umgebenden Theilen fest verwachsen. In den meisten Fällen dringt iu dem so entarteten Saamenstrange die Eiterung mehr tief in das Gewebe und stellt dann die sogenannte Saa menstra ugfistel dar.
Die Erkennung dieses Zuslandes beruht auf dem beständigen Auslluss von Eiter aus der noch oll'ciien, aber bis auf eine sehr kleine Stelle zusammengeschrumpften Wunde des Hodensacks, so wie auf der innerhalb des Hodensacks fühlbaren Verdickung des Saamenstranges, und auf dem Eindringen einer Sonde durch die Wunde in einen iislelarUgcu Kanal in dem entartelen Saamenstrange. Sowohl dieser Kanal, wie auch die Verdickung des Saamenstranges erstrecken sich bald nur eine kleine Strecke im Verlaufe des Saamenstranges nach oben, bald wieder bis nahe an den Eauchriug. Wenn die Verdickung einen bedeutenden Umfang erreicht hat, oder wenn sie noch mit tortschreitender Entzündung verbunden ist und wenn die Thiere sehr empfindlich sind, bemerkt man gewöhnlich einen gespannten oder selbst lahmen Gang mit dein Hinterfuss derselben Seite, an weicher eben der Saameustraug angeschwollen ist.
Die Saanicnstranglisteln zeigen sich gewöhnlich mit etwa 14 Tagen nach stattgefundeuer Castration oder anderweitiger Verwundung und zwar zum Theil bedingt durch die Einwirkung der Atmosphäre, in manchen Fällen aber auch durch wiederholte mechanische Reizungen bei dem Untersuchen und zu vielem Reinigen der Wunde, und iu manchen Fällen auch durch andere reizende Einflüsse, wie
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Verletzungen des Hodensacks. (Samenstrangflstel.)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;449
z. B. durch Aetzmittel, welche man mit den Castrirkluppen angewendet hatte u. s. w.
Die wichtigste Ursache ist aber das Hervorstehen eines Theils des verletzten Saamenstranges aus der Hodensackwunde, so dass dieser Theil fortdauernd der Lull ausgesetzt bleibt; und dieses Hervorstehen ist fast immer eine Folge der unvollständig bewirkten Trennung der Hodensackwundränder von dem Saamenstrange nach dem Abnehmen der Kluppen, — überhaupt in den ersten zwei Tagen nach der Castration.
Die Beurtheilung der Verdickungen und Fisteln des Saamenstranges ist im Allgemeinen ziemlich günstig zu machen; denn in den allermeisten Fällen ist die Heilung herbeizuführen, wenngleich oft nur durch eine tief eingreifende Operation; aber je mehr die Entartung im Saamenstrange sich zum Leisteuringe erstreckt, um desto mehr schwierig ist die Heilung und um desto eher kann bei der Operation ein übler Zufall eintreten, namentlich eine schwer zu stillende Blutung.
Die Kur ist bei frisch entstandenen Verdickungen des Saamenstranges darauf gerichtet, die schleichende Entzündung zu beseitigen und gute Eiterung an der verletzten Stelle herbeizuführen. Für diese Zwecke lässt man die graue Merkurialsalbe am Scrotum im Verlaufe des Saamenstranges täglich zweimal reichlich einreiben und macht warme Fomentationen oder Umschläge von schleimigen und narkotischen Mitteln. Ist aber eine wirkliche Saamenstrangfistel vorhanden, so muss dieselbe, am besten am niedergelegten Thiere, mit Hülfe der Hohlsonde und des Bistouris nach vorn und nach hinten hin so viel erweitert werden, dass man bequem einen Finger bis auf den Grund einführen kann. Hierauf brennt man mit einem entsprechend dicken cyiindrischen Eisen die Wände und den Grund der Fistel und wendet dann die warmen Fomentationen von schleimigen Mitteln an, bis gleichmässige gute Eiterung wieder eingetreten ist, bei welcher in der Regel die Heilung bald erfolgt. Wenn aber die Entartung des Saamenstranges weit vorgeschritten ist, namentlich eine faustgrosse Verdickuug und Verhärtung desselben mit der Fistel verbunden ist, bleibt nur allein die Exstirpation dies entarteten Theils zur Herbeiführung der Heilung übrig. Hierzu wird das Thier auf den Rücken gelegt und die Füsse jeder Seite werden mit einander zusammen gebunden. Man durchschneidet dann, wenn die Haut des Hodensackes nicht degenerirt ist, dieselbe einfach von der Fistelöffnung aus nach vorn und nach hinten so weit, wie man äusserlich die Verdickung des Saamenstranges fühlt; ist aber die Haut verdickt, mit Geschwüren besetzt, so umschneidet man diese kranken Stellen und zugleich die Fistelöffnung mit halbmondförmigen Schnitten, so dass in der iMitte ein fast lorbeerblattähuliches Hautstück auf dem Ende des Saamenstranges sitzen bleibt. Die Hautränder und die Haut selbst werden hiernach rund herum von dem Saamenstrange abpräparirt bis dahin, wo der letztere eine weiche oder mehr normale Beschaffenheit zeigt. Hierbei muss der Saamenstrang selbst hervorgezogen und in verschiedenen Richtungen, je nachdem man die eine oder die andere Fläche eben blosslegt, gebogen werden. Zu diesem Zwecke er-
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450nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verletzungen des Hodensackg. (Samenstrangflstel.)
fasst man ihn mit einem scharfen Haken, oder man zieht mittelst einer grossen Heftnadel ein Band quer durch ihn und bildet aus demselben eine Schleife, die man als Handhabe benutzt. Bei dem Ausschälen bleibt man so viel wie möglich in dem Zellgewebe, zwischen der Haut und der gemeinschafllichen Scheidenhaut, und die hierbei unter das Messer kommenden grösseren Blutgefässe unterbindet man sogleich doppelt und schneidet sie zwischen den beiden Ligaturen durch. 1st das Ausspülen bei der bezeichneten Stelle geschehen, so legt man um den Saanienstrang eine breite eiserne Klammer, presst dieselbe recht fest zusammen und hält sie dann mit der zu diesem Zweck augebrachten Stellschraube fest. Ausserdem legt man zum Schutz gegen die Einwirkungen des zu adhibivenden Brenneisens noch nasse (quot;ompresseu auf das Scrotum zu beiden Seiten des Saamenstrauges, und schneidet dann mit einem messerförmigen, weiss-gliihenden Brenneisen den Saamenstrang etwa f Zoll ausscrhalb der Klammer quer durch. Die Schnittfläche muss dann noch mit diesem Brenneisen oder mit einem weissglühenden knopfTörmigen Brenneisen so viel berührt werden, dass ein gehörig dicker Schorf entsteht und die Blutung hierdurch vollständig gestillt wird. Um zu sehen, ob letzteres wirklich der Fall ist, öll'net mau nun die Klammer, legt aber vorher unter dieselbe die Finger der linken Hand um den Saamenstrang, damit dieselbe nicht in die Tiefe des Leislenka-nals zurückgezogen werden kann. Zeigt sich hierbei an der Schnittfläche noch Blutung, so muss das Brenneisen nochmals bis zur Erreichung des Zweckes applicirt werden; ist aber die Blutung gestillt, so wird die ganze Wunde gereinigt, mit festen VVergtampons bis zu den Wundräudern des Hodensackes angefüllt und die letzteren werden mit vier bis fünf Heften der Knopfnaht vereinigt. Das Thier wird entfesselt, in den Stall zurückgebracht und hier während der ersten vier bis sechs Tage stehend erhalten. Die Hefte entfernt man nach zwei Tagen und die Tampons nach etwa drei Tagen. Fast in allen Fällen entsteht um diese Zeit ein sehr übler, fauliger Geruch in der Wunde, #9632;welcher jedoch nur eiue Folge des in die Zwischenräume der Hodensackhöhlc eingesickerten und durch die Wärme zersetzten Blutes ist und daher keine üble Bedeutung hat; bei vollständig eingetretener Eiterung verschwindet derselbe ganz von selbst. Die Nachbehandlung besteht blos in der Anwendung lauwarmer Fo-mentationen von Heusaamenbrühe oder gelind aiomatischen iUitteln und die Heilung erfolgt gewöhnlich nach circa drei bis vier Wochen fast von selbst.
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Verletzungen des Euters und der Zitzen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;451
ZweiiiiKlzwanzig-jStes Capitel.
Verletzungen des Euters und der Zitzen.
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Die Verwundungen dieser Theile entstehen durch die gewöhnlichen Veranlassungen, zuweilen aber auch durch Bisse, durch Dornen u. s. w. — Sie sind entweder nur oberflächlich oder auch in die Drüsensubstanz, und an den Zitzen bis in den Kanal derselben eindringend und bald einfach, bald auch mit Quetschung oder Zer-reissung complicirt; hinsichtlich ihrer Form und Crösse finden sich Verschiedenheiten, wie bei anderen Wunden.
Diese Verwundungen sind durch die gewöhnlichen Zufälle der Wunden und bei milchgebenden Thieren sind die tiefen Wunden noch besonders durch den Auslluss von Milch aus den verletzten Stellen charakterisirt; bei nicht milchgebendeii Thieren fehlt natürlich diese Erscheinung. Ausserdem bemerkt mau noch, dass sich die Thiere bei dem Melken, eben so bei dein Saugen ihrer Jungen bald mehr bald weniger empfindlich und widersetzlich zeigen.
Die Beurthellung ist bei oberflächlichen Verletzungen günstig; auch tiefer eindringende Verletzungen bei nichtmilchgebenden Thieren haben keine besondere Gefahr mit sich und die Heilung erfolgt bei einer zweckmässigen Behandlung leicht; dagegen macht der Auslluss von Milch fast immer eine grossc Störung, die Heilung erfolgt schwer und zuweilen bleibt eine Fistel zurück, indem die Wunde bis zu einer kleinen Oeflhuug verwächst, aber die Ränder der letzteren callös werden und ein beständiger von selbst erfolgender Ausfluss der Milch besteht. Mit einer Sonde kann mau dann bis zu einer gewissen Tiefe in die Milchdrüse oder in den Ausführungskanal der Zitze eindringen. — In Folge der Entzündung, welche sich zu diesen Verwundungen gesellt, entstellt zuweilen Verhärtung des Euters, Verwachsung des Ausführungsganges u. s. w. ganz wie bei der Entzündung dieser Theile nach andern Veranlassungen (Seite 169).
Die Kur besteht in dem möglichst baldigen Heften der Wundränder, wenn die Wunde nur irgend hierzu geeignet ist und in der Beseitigung der hinzutretenden Entzündung des Euters. Das Heften geschieht nur in der Haut und mit recht nahe an einander liegenden Heften der umschlungenen, der Kuopfnaht oder auch der Kürschner-naht. Wo die Wunde zur Vereinigung mittelst der Naht nicht geeignet ist, kann man sie mit Streifen von Heftpflastern zu vereinigen suchen, oder wo auch dies nicht angeht, namentlich bei Substanzverlust, da kann man sie mit Kreosot oder mit einem Liniment aus gleichen Theilcn Eiweiss und fein pulverisirten Alaun etwa 2 bis 3 Linien dick bestreichen. Dieses Mittel bildet sehr bald eine gleich-massige feste Decke und zugleich wirkt es gelind adstringirend auf die Wundflächc, so dass das Aussickern der Milch verhindert, die Einwirkung der Luft abgehalten und die eintretende Entzündung ge-
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452nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verletzungen der Schweifrttbe.
mindert wird; fallt die vertrocknete Schicht des Mittels nach 12 bis 24 Stunden ab, so wird seine Anwendung wiederholt, bis sich Eiterung zeigt, wo dann durch die entstehende Granulation das Aussik-kcrn der ftlilch gehindert und die Heilung herbeigeführt wird. Sollte jedoch an einzelnen Stellen dieses Aussickern noch fortdauern, so ätzt oder brennt man dieselben, um einen festen Schorf zu erzeugen. — In den Fällen, wo man die Wunde mit der blutigen oder trockenen Naht vereinigt hat, kann man bei recht reizbaren Thieren in der ersten Zeit kalte Umschläge applicireu, in jeder andern Hinsicht aber gegen die Entzündung die Behandlung einleiten, welche bei der Euter-entzüntlung (Seite 170 u. ff.) angegeben ist.
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UreiumlzwaiiKig-steis Capitel.
Verletzungen der Schweifrübe (des Schwanzes).
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Verwundungen der Schwanzrübe sieht man zuweilen dadurch entstehen, dass Pferde sich das Hintertheil an Gegenständen reiben, in welchen sich Nägel, Haken und dergleichen befinden, oder dadurch, dass ein zu kurz geschnallter oder scharfkantiger Schweifriemen in die untere Fläche des Schweifes einschneidet, oder auch, wenn man Pferden, welche nicht ziehen wollen, einen Strick an die Schweifrübe bindet und sie damit an den Wagen spannt, auch durch Bisse von Hunden und dergleichen. Weit häufiger kommen absichtliche Verwundungen bei dem Einschneiden in den Schwanz für den den Zweck einer Blutentziehung, dann bei dem Schweifkerben (dem sogenannten Englisiren) und bei dem Abstutzen oder Verkürzen (Coupiren) der Schwanzrübe vor.
Jene zufällige Verwundungen sind, ihrer Entstehung zufolge, immer mehr oder weniger mit (Quetschung, mit Blutunterlaufung, und zuweilen auch mit Knocheubrüchen zusammengesetzt, wogegen die auf die letztere Weise entstandenen Wunden zwar mehr glatte Trennungen darstellen, aber oft auch (uud nach dem Coupiren nothwen-dig) mit Verwundung der Schwanzwirbel, der Gelenkbänder und Zwischenknorpel verbunden sind. Zuweilen besteht auch eine bedeutende Blutung, Splitterung der Knochen, und im veralteten Zustande Eiterung, Caries, Fistelbildung (sogenannte Schweiffisteln) und üppige Granulation !).
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') Nach dein sogenannten Englisiren mit subeutaner Durchschneidnng der Schweifmuskeln ist in der Regel die Blutung höchst unbedeutend, es tritt nur eine sehr geringe Entzündungsgeschwulst ein und die Heilung erfolgt in wenigen Tagen, bei gar keiner oder bei nur sehr geringer Eiterung; Fistelbil-
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Verletzungen der Schweifrübe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;453
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Die Erkennung dieser verschiedenen Verletzungen ist aus den ihnen eigeuthümlichen Erscheinungen im Allgemeinen leicht zu erlangen. Im Irischen Zustande derselben sieht man Blutausfluss aus der verletzten Stelle, die Thiere zeigen sich beim Berühren des Schwanzes sehr empfindlich, und oft halten sie denselben nach hinten mehr vom Becken ab oder nach der der Verletzung entgegengesetzten Seite gekrümmt; bei tiefen Querwänden oder wo zugleich Brüche der Wirbel bestehen, bildet er auch zuweilen an der verletzten Stelle einen Winkel (Knick) oder die Spitze hängt von derselben schlaff herunter; man sieht zum Theil die Verletzung, und die Untersuchung mit der Sonde zeigt ihre Tiefe, Richtung und innere Beschaffenheit, das Eindringen zwischen ein Gelenk, die Splitterung oder Caries der Knochen und dergleichen.
Beurtheilung. Einfache Trennungen der Haut und Muskeln bringen zwar keine Gefahr, aber wenn sie an den letzteren vollständig geschehen sind, veranlassen sie oft eine bleibende Verkininmung des Schweifes nach der der Verletzung entgegengesetzten Seite. Verletzungen der mittleren Schweifarterie und der Seitenarterien nahe am Becken sind oft mit reichlicher und sehr hartnäckiger Blutung begleitet, besonders die unvollständigen Trennungen in querer oder schiefer Richtung. Sind einfache Wunden bis auf die Wirbel eingedrungen, so kann zwar die Heilung durch schnelle Vereinigung oder auch durch Eiterung gelingen, doch lässt sie sich nicht immer versprechen; denn zuweilen entsteht Caries, es bilden sich Fisteln, die Weichgebilde schwellen bedeutend an, und die Heilung erfolgt erst dann, wenn die cariöse Stelle oder auch selbst der ganze angegriffene Wirbel durch die Eiterung abgelöst und herausgestossen ist. Dies dauert stets mehrere Wochen, aber bei einer zweckmässigen Behandlung erfolgt dann doch fast in allen Fällen die Heilung ganz gut; oft entsteht hierbei wohl Verwachsung zweier Wirbel, jedoch ohne bemerkbaren Nachtheil; in anderen Fällen bleibt aber ein künstliches Gelenk und eine abnorme Beweglichkeit an der betreffenden Stelle zurück, und die Pferde tragen in Folge dessen nicht mehr den Schweif gehörig in die Höhe. Wenn bei einer Verletzung im Umfange derselben die Schweifrübe bereits sehr und ungleich angeschwollen ist, — wenn man mit der Sonde neben den Wirbeln tief eindringen kann, oder wenn einer derselben sich rauh anfühlt, so ist der bezeichnete Ausgang immer schon wirklich eingetreten. Bei Verlez-zung der Gelenkbänder und Knorpel und bei mit Kuochenbrüchen verbundenen Wunden sind diese üblen Ausgänge in den allermeisten Fällen zu fürchten. Erstrecken sich Wunden an der unteren Fläche des Schweifes über die ganze Breite desselben und bis durch die Ge-füsse und Nerven, so dass die Ernährung der hinter der Verletzung befindlichen Parthie Unterbrochen ist, so tritt zuweilen auch Brand ein, und zwar um so eher, wenn, wie bei dem Englisiren mit offenem Hautschnitt, mehrere solche Wunden nach kurzen Zwischen-
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dung und andere üble Folgen sind äusserst selten. Dieser günstige Verlauf ist in der Abhaltung der Luft bei den subeutanen Verletzungen zuzuschreiben.
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454nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verletzungen der Schweifrübe.
räumen augebracht sind, oder wenn ein Blutstillungsverband zu fest durch längere Zeit liegen bleibt. In solchen Fällen wird die Schweifrübe kalt, die Umgebung der Wunde wird oedematös und an der Haut bilden sich zuweilen Phlyctenen, die VVundllächen werden blass und es sickert eine übelriechende Flüssigkeit aus ihnen; zuweilen schwillt auch die ganze Schweilrübe bedeutend an und es entwickeln sich an seiner oberen Seite und bis auf die Crouppc Emphyseme, oder es gehen auch die Haare aus und die Haut, wie auch die iVIuskelu, verlieren zuletzt ihre Empfindlichkeit. In solchen Fällen ist stets Gefahr vorhanden, dass das Thier durch Fortschreiten des Brandes auf den Mastdarm u. s. w. oder durch das hinzugetretene typhöse Fieber zu Grunde gehen könue; — und wenn die bezeichneten Erscheinungen sich auch am After und am Mittelfleisclic wahrnehmen lassen, oder wenu der Puls sehr schnell und klein wird, die Schleimhäute eine livide Färbung annehmen, das Thier einen stieren Blick, grosse Hinfälligkeit, Angst oder Kolikzufallc zeigt, so ist diese Geiahr wirklich vorhanden. Nach dem Coupiren des Schweifes blättert sich in den meisten Fällen der verletzte Zwischeukuorpel oder auch der verletzte Wirbel erst im Verlaufe mehrerer Wochen ab und die Heilung erfolgt deshalb bei fortdauernder Eiterung immer erst spät, jedoch in den meisten Fällen ohne dass irgend wichtige Zufälle hinzutreten; zuweilen aber, namentlich dann, wenn der durchtrennte Wirbel gesplittert ist, tritt bei Pferden Wundstarrkrampf hinzu und tödtet dann fast immer das Thier binnen wenigen Tagen. Bei kleinen Thieren ist dieser üblie Zufall nach dem Abschneiden des Schwanzes bisher niemals beobachtet worden.
Behandlung. Einfache Trennungen bedeckt man, nachdem sie gereinigt sind und nachdem die Blutung gestillt ist, oberflächlich mit lockerem Werg, legt eine einfache Binde darüber und hall bei Pferden und Rindvieh den Schweif mittelst einer Schnur, welche über eine an der Decke des Stalles befindliche Rolle gehend mit dem vorderen Ende an seine in einen Zopf zusammengeflochtenen Haare gebunden und am anderen Ende mit einem Geweht versehen ist, wagerecht. Bei kleinen Thieren ist letzteres weder nöthig, noch ausführbar. Uebrigens werden diese einfachen Wunden nach den allgemeinen Grundsätzen behandelt. Heftige Blutungen verlangen die Anwendung des einen oder des andern Blutstillungsmittels; da aber die Erfahrung zeigt, dass hier die Blutstillung immer schwerer zu bewirken ist, wenn die Gcfässe nicht völlig durchtrennt sind, so kann man dieselben in diesem Falle zuerst vollständig quer durchschneiden, damit sie sich zurückziehen können und die Spannung in ihnen aufhört, — was für jede Art der künstlichen Blutstillung sehr förderlich ist. Dieselbe kann nun durch Zudrehen, oder durch Unterbindung, oder auch durch das glühende Eisen, oder auch durch Tamponatiou bewirkt werden. Die letztere ist am gebräuchlichsten und wird auf die Weise angewendet, dass man die Wunde mit massig fest gewik-kelten Wergtampons vollständig und bis über die Hautränder hervorragend ausfüllt, auf den Kucken des Schwanzes ein Bündel von recht geradem Stroh (bei Pferden gegen 1| bis 2 Zoll im Durchmesser dick) legt und dann die Tampons mit einer 2 bis 3 Querfinger brei-
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Verletzungen der Schweifröbe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;455
ten und gegen 1^ Fuss langen Binde befestigt, indem man den mittleren Theil der Binde gegen die Tampons, ihre Enden aber an beiden Seiten des Schwanzes auf den Rücken desselben führt, sie hier unter einander durchsteckt und kräftig zusammenzieht. Auf diesen ersten einfachen Knoten -wird dann noch ein zweifer gebunden, um das Zurückziehen der Binde zu verhindern. Der Schweif wird hierauf in der vorstehend bezeichneten Weise mittelst einer Schnur in horizontaler Richtung aufgehangen und das Thier kurz und hoch angebunden. Nach etwa einty halben Stunde kann man die Binde, ohne sie zu lösen, dadurch lockerer machen, dass man mehrere Halme aus dem Strohbündel auf dem Rücken des Schweifes herauszieht und dies nach Zwischenzeiten von etwa 7 bis 10 Minuten wiederholt, bis zur gänzlichen Entfernung des Strohes, wenn nicht während der Zeit neue Blutungen eintreten, wo man dann allerdings mit dem Herausziehen des Strohes innehalten oder nöthigenfalls die Binde selbst noch etwas fester zuziehen müsste. Wenn nach gänzlicher Entfernung des Strohes die Geschwulst der Schweifrübe so bedeutend wird, dass die Binde noch drückend wirkt, so kann man die Knoten derselben lösen, so weit, dass jeder Nachtheil vermieden wird, und nach 24 Stunden kann die Binde gänzlich entfernt werden. Sollten die Tampons zu dieser Zeit noch lest durch vertrocknetes Blut in der Wunde sitzen, so kann man sie durch lauwarmes Wasser abweichen, dann die Wunde mit letzterem oberflächlich reinigen und mit ganz weichen Tampons, welche mit Ungueutum basiliconis oder terebin-thinae bestrichen sind, verbinden, und so täglich wiederholt bis zu eingetretener guter Eiterung fortfahren. — Sind die Wunden mit Quetschung, Zerreissung oder Blutextravasat zusammengesetzt, so wendet man, nachdem der Schweif in Rollen gehangen ist, je nach der Empfindlichkeit des Theils, lauwarme Bähungen von schleimigen, narkotischen oder auch von gelind aromatischen Mitteln so lange an, bis Eiterung eingetreten ist, worauf man weiter nach allgemeinen Regeln verfährt. Sind solche Wunden aber mit Brüchen der Schweifwirbel complicirt,so kann mau nach Beseitigung der heftigen Ent-zündungszutalle um die Schweifrübe Schienen von Pappe oder von steifem Leder legen und dieselben mit einer Cirkelbinde in ihrer Lage erhalten. — Bei eingetretenem Brande müssen zunächst die etwa noch fortwirkenden Ursachen, namentlich drückende Binden, entfernt, die zu strafT eingeflochtenen Haare gelockert, und das Gewicht an der Rollenschnur so viel vermindert werden, dass die Schweifrübe nur in einer ganz gelinden Spannung erhalten wird. Die übrige Behandlung richtet sich nach dem Grunde und der Art des Brandes (ob heisser oder kalter, ob trockener oder feuchter), nach dem Charakter der Entzündung in den angrenden Theilen, und nach der Art der allgemeinen Zufälle, — wie Seite 74 angegeben ist. — Sind die Zeichen einer beginnenden Fistelbildung vorhanden, so ist es noting, die Wundöflhung in der Läugenrichtung des Schweifes durch Einschneiden in die Ränder nach vorn und nach hinten, so weit wie der kranke Wirbel sich erstreckt, zu vergrössern und hierdurch die Spannung und Reibung der Theile zu mindern, den Ausfluss des Eiters und die Anwendung der Heilmittel zu befordern. Die letzteren be-
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456nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verletzungen der Schweifrube.
stehen hier, so lange grosse Empfindlichkeit und Anschwellung vorhanden ist, in schleimigen und narkotischen IMitteln, nach Beseitigung dieser Zufälle aber in der täglich wiederholten Anwendung einer Kreosotauflösung oder der IMyrrhen- oder Aloetinktur oder auch des Terpentinöls.
Die Anwendung dieser Mittel geschieht mittelst einer Feder oder auch einer Spritze; bei derselben muss man den Grad der hiernach eintretenden Irritation berücksichtigen und wenn derselbe sich durch vermehrte Empfindlichkeit und grössere Anschwellung kuudgiebt, für einige Tage die Mittel aussetzen. Von Zeit zu Zeit kann mau mit der Pinzette an dem biossliegenden und zur Abstossung bestimmten Knorpel oder Knochen durch gelindes Ziehen versuchen, ob die Trennung schon vollständig geschehen ist, und #9632;wenn dies der Fall, die Herausbeförderung auf diese Weise bewirken. Oft wird der exfoliirte Theil auch durch die im Grunde entstandene Granulation durch die Oelfnung hervorgedrängt. Wenn die Entfernung auf die eine oder die andere Weise geschehen ist, vermindert man das Gewicht an der Schnur so viel, dass der Schweif nun ganz schlaff hängt, aber dennoch in horizontaler Richtung erhalten wird; an der Wunde selbst ist die Behandlung auf oberflächliche Reinigung und auf das Bedek-ken mit weichem Werg oder mit einer weichen Binde beschränkt. Wenn nach der Heilung einer Wunde oder einer Fistel der Schweif in schiefer Richtung oder krumm gehalten (getragen) wird, so kann man mittelst subcutaner Durchschneidung der Muskeln an der con-caven Seite des Schweifes vor und an der verkrümmten Stelle, diesen Formfehler zu beseitigen suchen. — Die Wunden nach dem Abschneiden eines Endes der Schweifrübe verlangen zuerst in den meisten Fällen die Blutstillung, welche hier am besten mit dem Brenneisen (wozu man ein besonderes ringförmiges, sogenanntes Coupir-Brenneisen benutzt) bewirkt wird. Die Heilung erfolgt hiernach in der Regel fast ohne alle Kunsthülfe. Sollte jedoch in einzelnen Fällen grosse Anschwellung und Fistelbildung an dem abgestutzten Schwanz entstehen, so ist das Aufspalten der Fistel, die Entfernung der etwa vorhandenen Knochensplitter mittelst Messer und Pinzette und die Anwendung lauwarmer Bähungen von schleimigen Mitteln in Anwendung zu bringen; wenn dagegen die Thätigkcit zu gering ist und die Exfoliation nach 4 bis 6 Wochen nicht stattgefunden hat, so kann man dieselbe befördern, indem man den Knochenstumpf mit Terpen-thinöl, Kreosot und dergleichen von Zeit zu Zeit einmal befeuchtet. — Tritt nach dem Coupiren der Wundstarrkrampf ein, so ist als Versuch zur Rettung des Thieres ein nochmaliges Abschneiden des vorhandenen Schwanzendes in dem nächsten Gelenk vermittelst eines scharfen Messers auszuführen, im Uebrigen aber das Thier in der Seite 360 angedeuteten Art zu behandeln.
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Verwundungen der sehnigen Ausbreitungen und der Muskeln. 457
VieriinfiKwanzig'steraquo; Capitel.
Verwundungen an den Gliedmaassen.
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A. Verwundungen der sehnigen Ausbreitungen und der
Muskeln.
Verletzungen dieser Theile entstehen sehr häufig auf die mannigfaltigste Weise. Sie sind oft einfache Trennungen, in den meisten Fällen aber mit Quetschung oder Zerreissung verbunden, bald in der Längenrichtung von oben nach unten, bald quer, schief oder lappig u. s. w.; ihre Grosse und Tiefe ist in den einzelnen Fällen sehr abweichend.
Die Erkennung dieser Verletzungen ist in der Regel sehr leicht; man sieht das Auseinanderkläffen ihrer Ränder, die gelbliche Färbung der sehnigen Ausbreitung oder den fleischrothen Grund der Muskeln und die Tiefe und Richtung findet man mit der Sonde oder mit dem Finger; im frischen Zustande besteht, je nach dem Orte und der Tiefe der Verletzung, eine bald mehr, bald weniger reichliche Blutung und die Empfindlichkeit ist immer verhältnissmässig gesteigert; im nicht ganz frischen Zustande sind die VVundränder mehr angeschwollen, entzündet und aus der Wunde lliesst seröse Flüssigkeit, später auch Eiter. Die Bewegung der Gliedmaasse ist dabei zuweilen sehr gestört; die Thiere halten den Theil mehr gekrümmt, ruhen mehr auf der Zehe als auf den übrigen Theilen des Fusses und beim Gehen lahmen sie, indem sie die Gliedmaasse bald unvollständig beugen, bald auch wieder unvollständig strecken, oder sie auch schleppend fortbewegen. In anderen Fällen ist von diesen Störungen, selbst bei ziemlich grossen Wunden, wenig zu bemerken. Diese Verschiedenheiten sind von der Grosse und Richtung der Verletzung, von der schon eingetretenen oder noch fehlenden Entzündung, von der zuweilen sehr ausgebreiteten Eiterung, und auch davon abhängig, ob eine oder mehrere Muskeln, welche für eine bestimmte Bewegung dienen, vollständig durchtrennt oder nur oberflächlich verletzt sind. Der Schmerz ist gewöhnlich gross, wenn die Entzündung der verletzten Theile eingetreten ist, weil diese dann, abgesehen von dem Entzündungsschmerz selbst, durch die straff gespannte sehnige Ausbreitung anhaltend stark gepresst werden.
Bei starker Quetschung und Zerreissung entstehen zuweilen bedeutende Ergiessungen, zuerst von Blut oder Serum, späterhin von Eiter oder Jauche in das lockere Zellgewebe hinter der sehnigen Ausbreitung und zwischen den Muskeln. Diese Ergiessungen senken sich theils durch ihre Schwere, theils durch die Bewegung und Verschiebung der Muskeln begünstigt, immer mehr abwärts, und es entstehen dadurch heftige Schmerzen und eine bedeutende Anschwellung, welche letztere äusserlich oedematös ist und sich nicht selten über das ganze
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458 Verwundungen der sehnigen Ausbreitungen und der Muskeln.
Glied verbreitet; häufig fiudet sich dabei ein Reizfieber und Verlust des Appetits ein.
Die Jieuitheilung oberflächlicher Verletzungen ist bei Längen-wunden fast immer günstig zu machen, da sie leicht heilen und hierzu selbst durch die schnelle Vereinigung zu bringen sind; dagegen sind Querwunden schwerer heilbar, als ihr Aussehen es ver-muthen lässt, weil ihre Ränder sich stark auseinanderzichen und deshalb die Heilung durch schnelle Vereinigung nur ausseist selten gelingt; indess findet sie, wenn die Wunde übrigens einfach ist, durch Eiterung etwas später und mit Hinterlassung von etwas mehr sichtbaren Narben doch in der Regel gut statt. Tiefe Wunden heilen fast immer nur durch Eiterung, weil die Beweglichkeit der Theile zu gross ist. Rei tiefen Querwunden, und bei solchen, welche mit Quetschung und Zerreissung verbunden sind, und welche sich in einer schielen Richtung nach innen und unten erstrecken, sind die oben bezeichneten Versenkungen immer zu befürchten; die Thiere können dabei durch weit verbreitete Verjauchung oder durch hinzugetretene brandige Zerstörung, oder auch durch ein andauerndes erschöpfendes Fieber zu Grunde gehen, jedoch bei einer zeitigen zweck-mässigen Rchandlung in den meisten Fällen gerettet weiden.
Behandlung. Oberflächliche einfache Wunden im frischen Zustande werden am besten durch die blutige Naht, zu welcher man die Knopfnaht oder selbst auch die Ster-Naht benutzen kann, baldigst vereinigt, wonach das Thier in andauernde Ruhe erhalten und das Reiben oder Benagen der Wunden vermieden werden muss. Grössere Thiere müssen für diesen Zweck nöthigenfaUs in einen Hängegurt gestellt und den Pferden muss der Schweif angebunden werden, wenn die Wunden an den Hinterschenkeln sind. Im Uebri-gen findet eine den Entzündungszufällen entsprechende, massig anti-phlogistische Behandlung statt. Tief eingedrungene Längenwunden kann man entweder mit der Knopfnaht, oder wo die Oertliclikeit es gestattet, auch mittelst Binden oder Heftpflasterstreifen vereinigen, und dann die Thiere in der angedeuteten Art weiter behandeln. Bei tiefen Querwunden nutzt die schnelle Vereinigung höchst selten etwas, und bei gerissenen und stark gequetschten Wunden ist dieselbe nach allgemeinen Regeln nicht anwendbar; will mau aber dieselbe bei einfachen, tiefen Querwunden versuchen, so muss die Zapfennaht, mit breiten Eeftbändern angewendet, vorher aber der untere Wundrand an der niedrigsten Stelle so tief eingeschnitten werden, dass, im Fall die Vereinigung nicht von Grund aus gelingt, der sich erzeugende Eiler einen ungehinderten Abfluss erhalten kann. Lap-penwunden heftet man nur in so fern, als man den Lappen für die Vereinigung durch Granulation in einer zweckmässigen Lage erhallen will. Da alle diese Wunden nur durch Eiterung heilen, so ist es hier durchaus nothwendig, durch gehörig giosse Einschnitte in die Wundränder, besonders in die sehnige Ausbreitung, die etwa bestehenden Höhlen zu beseitigen und hierdurch den (höhenden Eiter-senkungen vorzubeugen, überhaupt die Form der Wunde so zu regu-liren, wie dies Seite 350 im Allgemeinen angedeutet ist. Im Uebri
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Wunden der Sehnen und Sehnenscheiden. Erkennung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;459
gen behandelt man diese Wunden nach den für die Heilung der eiternden Wunden angegebenen allgemeinen Regeln.
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B. Wunden der Sehnen und Sehnenscheiden.
Verwundungen der Sehnen und ihrer Scheiden sind, je nach Art der verletzenden Körper, von verschiedener Form, Grosse und Beschaffenheit, namentlich offen, dem Zutritt der Luft ausgesetzt oder nach ihrem Entstehen wieder, vermöge der Contractilität des Gewebes, verschlossen, •— einfache Trennungen oder mit Quetschung und Zerreissung verbunden, und die Trennung ist vollständig oder nur theilweise.
Erkennung. Feine Stichwunden sind zuweilen sehr eng und als Sehnenwunden kaum deutlich zu erkennen, da die Sehnenscheide sich dabei bald wieder zusammenzieht und die Trennung in den Sehnenfasern sich gewöhnlich. eben so verhält; sie sind bei und bald nach dem Entstehen mit nur sehr wenig Schmerz begleitet (eine Eigenthümlichkeit der Sehnenverletzungen überhaupt), aber nach etwa 20 bis 24 Stunden findet sich immer eine sehr grosse Schmerzhattig-keit, die verletzten Theile schwellen mehr und mehr an, die Wunden öffnen sich und es fliesst eine eiwcissaitige Feuchtigkeit (Seh-nenscheidenllüssigkeit) aus, welche zuweilen auf den' Wundrändern zu einer gallertartigen Masse gerinnt; nach mehreren Tagen findet sich dann ein jauchiger, in der Regel stinkender (dem alten Käse ähnlich riechender) Ausfluss. Wegen der heftigen Schmerzhaftigkeit schonen die Thiere das Glied bedeutend. Bei dem Einführen einer Sonde dringt man, je nach der Tiefe der Verletzung, bald nur bis auf die Sehne, bald bis in oder auch durch dieselbe. •— Die geschnittenen und durch stumpfe Körper entstandenen grösseren Wunden sind theils an der Stelle der Verletzung, thcils durch das Fühlen und Sehen der verletzten Sehnen zu erkennen, indem man das Sehnengewebe an seiner gelblich-weissen Farbe und an seiner eigeuthümli-chen Derbheit von anderen Geweben deutlich unterscheiden kann; bei völliger Durchtrennung einer Sehne sind ihre Enden zurückgezogen und es besteht eine Lücke zwischen ihnen. Es findet sich der Ausfluss jener eiweissartigen Materie, welche zuerst diinnfliissig ist, später aber mehr consistent wird und durch die Einwirkung der Luft zu einer gallertartigen Masse gerinnt. Nach einigen Tagen bildet sich der im Vorstehenden bezeichnete übelriechende Eiter, die Wuud-ränder verdicken sich und es entsteht eine sehr wuchernde Granulation in und an der Wunde und die Sehne schwillt in der Regel in ihren ganzen Länge bedeutend an. Die Thiere schonen das Glied mehr oder weniger, die regelmässige Stellung und Bewegung ist gestört, und zwar in der Art: dass sie bei völliger Durchtrennung der Beugesehnen zu stark im Fessel durchtreten, bei Durchtrennung der Strecksehnen aber den Fuss nicht strecken können u. dgl. Bei sehr empfindlichen Thieren findet sich zu Sehnenwunden gewöhnlich auch ein Reizfieber hinzu.
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460nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wunden der Sehnen und Sehnenscheiden. Behandlung.
Die Beurtheilung der Sehnenwunden im Allgemeinen darf nur mit grosser Vorsicht geschehen, weil nicht selten während der Behandlung ganz unvorhergesehen üble Zufälle auch da eintreten, wo man dieselben aus der Beschaffenheit der Wunde nicht erwarten konnte, namentlich der Wundstarrkrampf, welcher der Erfahrung zufolge besonders bei kleinen, engen Stichwunden der Sehnen an den Gliedmaasseu häufiger entsteht als bei allen anderen Verwundungen. Uebrigens können Sehnenwunden leicht und vollständig heilen, besonders wenn die Durchtrennung einer Sehne durch scharfe Instrumente einfach und vollständig geschehen ist, und wenn die Hautwunde möglichst klein oder wenn sie gleich nach ihrem Entstehen und ehe die Entzündung eintritt, wieder verschlossen und der Ein-wirkung der atmosphärischen Luft möglichst entzogen worden ist. Denn diese Einwirkung hat, der Erfahrung zufolge, stets den sehr nachtheiligen Einfluss, dass in der Sehne und Sehnenscheide eine schleichende Entzündung erzeugt und unterhalten wird, wie auch, dass die Absonderung der Sehnenscheidenilüssigkeit übermässig angeregt und zur fauligen Zersetzung gestimmt wird. Die Heilung erfolgt unter den bezeichneten günstigen Umständen dadurch, dass sich sehr bald in der Sehnenscheide zwischen den Enden der Sehnen eine plastische Flüssigkeit ergiesst, welche nach und nach organisirt und in etwa drei bis fünf Wochen fest ward und die Sehnenenden mit einander verbindet. Zuweilen wuchert die plastische Flüssigkeit. #9632;— Bei grösseren offenen Wunden tritt mehrentheils Eiterung, zuweilen Absterbung einzelner Sehnentheile ein und die Wiederbildung erfolgt mangelhaft, oft nur durch Granulation. — Bei unvollständiger Trennung der Sehnen sind die Schmerzen und alle Zufalle stets heftiger, weil eine ungleiche Spannung und Zerrung einzelner Faden stattfindet. Nach Sehueuverlctzungen entstehen gern Verwachsungen der verletzten Theilc mit den umgebenden Theilen, auch Verkürzung, Verdickung und Verhärtung der Sehnen und ihrer Scheiden, und nach üppiger Granulation bleiben gewöhnlich hässliche Nas-traquo;en zurück. Sehr oft bleibt auch in Folge dieser Veränderungen oder der eingetretenen Verkürzung einzelner Sehnen die Stellung und Bewegung des (Jliedes gestört. Denn bei vollständigen Durchtren-nungen erhalten die an der andern Seite des Gliedes liegenden Sehnen und .'iiiiskeln ein Uebergewicht in der Zusammenziehung und es wird dadurch das Glied nach dieser Seite verkrümmt, hierdurch seine Bewegung und die Dienstbrauchbarkeit des Thieres dauernd vermindert. Diese üblen Folgen sind in einzelnen Fällen selbst bei der besten Behandlung nicht zu verhüten.
Behandlung. Bei frischen Sehnenwunden hat man zuerst die etwa eingedrungenen fremden Körper, Haare u. s. w. zu entfernen, Lappen abzuschneiden, die offenen Wanden möglichst sichnell entweder durch die blutige Naht oder durch Heftplbster und Binden zu verschliessen, das Glied dann in eine solche Lage zu bringen und es in derselben zu erhalten, bei welcher die Annäherung der Wundränder begünstigt wird, und dann hat man in allen Fällen die Entzündung möglichst zu mindern. Bei engen Stichwunden besteht fast nur
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Wunden der Sehnen und Sehnenscheiden. Behandlung,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;461
allein tlie letztere Indication. Man erfüllt dieselbe, hier wie in anderen Fällen, indem man dem Thier die grösste Ruhe giebt, es in magerer Diät hält, ihm ein kräftiges Abführungsmittel reicht und örtlich kalte Umschläge oder Fussbäder während zwei bis drei Tagen unausgesetzt applicirt. Bei heftigen Entzündungen kann man auch einen Aderlass machen und die Kälte bis zur Beseitigung der heftigen Zufälle, selbst durch sechs bis acht Tage fortgesetzt, anwenden. Sind nach dieser Zeit die Entzündungszufälle noch nicht gänzlich beseitigt, oder ist die Wunde zur Zeit der beginnenden Kur schon heftig entzündet oder selbst im siustande der Eiterung, so ist Kälte nicht mehr passend, sondern man sucht die Entzündung durch örtliche Ableitung vermittelst des in ihrer ganzen Umgebung auf die Haut applicirten Unguentum Cautharidum zu beseitigen. Dieses Verfahren ist in den allermeisten Fällen von dem grössten Nutzen und kann selbst bei frisch entstandenen Verletzungen der Sehnen, besonders bei Stichwunden, statt der angegebenen kühlenden Behandlung angewendet werden; in diesem Falle muss jedoch bei grössern Verletzungen, bei kräftigen und sehr sensiblen Thieren dennoch zugleich die allgemeine antiphlogistische Behandlung eingeleitet werden. In den meisten Fällen ist es nicht nöthig, die Application der Cantha-ridensalbe zu wiederholen, wenn ihre Wirkung nach zwei bis drei Tagen sich nur noch schwach zeigt, oder wenn die Absonderung der Sehnenscheidenflüssigkeit reichlich fortbesteht, denn es ist nach praktischer Erfahrung nothwcndig, dass diese Absonderung auf den möglichst geringsten Grad herabgestimmt wird, wenn die Heilung der Sehneneutzündung und die baldige Heilung der Wunde erfolgen soll. Bei diesem einfachen Verfahren werden Stichwunden und selbst grössere offene Wunden der Sehnen, welche nicht zur schnellen Vereinigung geeignet sind, weit schneller und sicherer zur Heilung gebracht, als durch die sonst gebräuchlichen schmerzlindernden und Eiterung befordernden Mittel. — In den Fällen, wo die kiiüstliche Verschliessung der Sehneuwunden mittelst der Naht passend erscheint, kann immer nur die Vereinigung der llautiändcr bewirkt werden, die Wuudränder der Sehnenscheiden und der Schncu selbst bleiben dabei ganz unberührt. Man kann zu dieser Vereinigung am besten die Kürschneruaht benutzen, um die Wunde möglichst schnell zu verschliessen; auch kann man die Wunde ausserdem noch mit einem in Eiweiss oder in Leim getauchten Leinwaudlappen umgeben und das ganze Glied mit einer Binde massig fest umwickeln, um hierdurch die Luft noch vollständiger abzuhalten, worauf dann die örtliche entzüudungswidrige Behandlung für die ersten zwei bis drei Tage fleissig geschehen muss. Da, wo bedeutende Verkrümmungen des Gliedes durch zu starke Contraction der unverletzten Sehnen stattfand, muss man durch entsprechende Ausdehnung vermittelst der Hände und durch angelegte Schienen diesen uuregelmässigen Stellungen entgegenwirken, — was aber mchrcutheils grosse Schwierigkeiten hat und namentlich von Seiten der Thiere grosses Widerstreben erzeugt. Man benutzt hierzu am besten eiserne Schienen, welche an der Stelle, die auf die Verletzung trifft, eine Abbiegung besitzen,
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462nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Wunden der Gelenke.
und somit hohl liegen, damit man hierdurch freien Zugang zur Wunde erhält und den Verband derselben leicht erneuern kann; sie müssen übrigens nach der normalen Stellung und Richtung der einzelnen (jliedertheile gerichtet und können mit ihrem unteren Ende an das IluCeisen befestigt sein. #9632;—#9632; Eiternde Sehnenwunden werden im Wesentlichen nach den Seite 64 u. ff. angegebenen allgemeinen Regeln behandelt. In den meisten Fällen ist die hierbei bestehende Entzündung asthenischer Art und schleichend, und es ist deshalb die Anwendung der harzigen Tinkturen (Myrrhen-Tinktur, Aloe-Tinktur), des Tci-penthinöls, des Kampherspiritus, oder, wenn zu weiche, schlall'c Granulation besteht, auch die Anwendung des Kalkwassers, einer Auflösung von Zink- oder Kupfervitriol, von Aetz - Sublimat (10 Gr. 5i Wasser), des Höllensteins und dergleichen nützlich; und bei üppiger Granulation applicirt man die letzteren Mittel in Substanz, oder auch das glühende Eisen, oder man trägt die wuchernden und eben so die callösen Ränder mit dein Messer ab und wendet dann einen Diuckverband an. Eben so verfährt man bei Lappenwunden mit den VVundlappen, da dieselben in der Regel nicht wieder anheilen, sondern üppige Granulation veranlassen. —#9632; Oft ist eine Nachkur gegen zurückgebliebene Lahmheit, oder Verdickung oder Verkürzungen erforderlich, wobei in ersterer Hinsicht noch Schonung des Thieres während einiger Zeit nach der Heilung der Wunde, Waschungen mit Branntwein, Kampherspiritus und dergleichen und im Stalle das Einwickeln des Gliedes mit Binden nützlich ist. Gegen die Verdickungen der Sehnen muss nach den Seite 50 u. ff. gemachten Andeutungen, — und gegen die Verkürzungen so verfahren werden, wie bei der 10. und 11. Classe angegeben ist.
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C. Wunden der Gelenke.
Diejenigen Wunden, bei welchen ein Gelenkkapselband mit verletzt und geölinet ist, werden Gelenkwunden genannt. Bei diesen Wunden ist, abgesehen von der Verletzung der äusserlichen Theilc, entweder nur das Kapselband geöffnet, oder es sind gleichzeitig die Gelenkendcn der Knochen auf verschiedene Weise mit verletzt. Man unterscheidet daher die Gelenkwunden wieder, wie alle andern, nach ihrer Etitstehung, nach ihren Complicationen etc. Sie sind entweder einfache Schnitt-, Hieb- oder Stichwunden, oder sie sind mit Quetschungen, Beinbrüchen, Verrenkung, Zerrcissung der Gelenkbänder, Sehnen und Gelassen componirt, Schusswunden und dergleichen.
Ursachen dieser Verletzungen sind dieselben, wie bei anderen Wunden, am häufigsten aber entstehen sie durch Stiche mit Mistgabeln, durch Hufschläge und Tritte mit Hufeisen, welche scharfe und lange Stollen haben, durch das Niederfallen auf spitze Steine u. s. w.
Wir erkennen das Eindringen einer Wunde im Gelenk zum Theil aus dem Orte, aus der Richtung und Tiefe derselben, und aus dem freiwilligen oder durch den Druck oder die Bewegung bewirkten
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Ausfliessen einer klebrigen, halb durchsichtigen, weiss-gelblich gefärbten Flüssigkeit des sogenannten Gliedwassers oder der Gelenkschmiere (Synovia). Bei Wunden in den grössern Gelenken ist dieser Ausfluss oft ausserordeutlich reichlich, am ersten und zweiten Tage jedoch geringer als später. Die Synovia ist zuerst mehr weiss-lich, wird aber später mehr gelb und consistent; oft bildet sie, indem sie gerinnt, gallertartige Pfropfe auf der Wunde. Zuweilen lliesst jedoch keine Synovia aus, weil sich die Haut oder eine Sehne über die Wunde des Kapselbandes verschoben hat. Dagegen besteht zuweilen ein ganz ähnlicher Ausfluss, wenn eine Sehnenscheide oder ein Schleimbeutel geöffnet, das Kapselband aber unverletzt ist; und somit ist das Ausfliessen einer durchsichtigen, gelblichen, schmierigen Flüssigkeit für sich allein bei einer Wunde kein ganz bestimmtes Zeichen, dass dieselbe ins Gelenk gedrungen ist. Das Sondiren gewährt in den meisten Fällen die vollkommenste Ueberzeugung vom Eindringen einer Wunde in die Gelenkhöhlc, dasselbe muss aber mit der grössten Behutsamkeit unternommen werden, weil leicht dadurch starke Reizung des Gelenks hervorgerufen werden kann. Es ist daher im Allgemeinen sehr einzuschränken; und nur in dem Falle nöthig, wo man sich von der Gegenwart eines fremden Körpers in der Wunde überzeugen mnss. Bei grossen Gelenkwnnden ist die Erkennung derselben durch das Sehen und durch das Fühlen mit dem Finger leicht zu erlangen. Ausserdem zeigen auch die Thierc in den meisten Fällen grossen Schmerz, Schonung des Gliedes, starkes Hinken und oft ein heftiges Heizfieber. Bei grossen, offenen und bei den componir-ten Gelenkwunden sind diese Zufälle in der Kegel heftiger als bei kleinen und bei den einfachen.
Prognosis. Die Gefahr ist bei den Gelenkwunden immer bedeutend und hängt im Allgemeinen von der Heftigkeit der Entzündung ab, welche theils durch die Verletzung selbst, theils durch das Eindringen der Luft, zuweilen auch durch fremde Körper hervorgerufen wird. Kleine Stich- und Schnittwunden heilen manchmal ohne besondere Zufälle; man kann dieses hoffen, #9632;wenn die Gelenkhöhle nicht lange, d. i. höchstens 2 bis 3 Tage der Berührung der atmosphärischen Luft ausgesetzt war, wenn die Gelenkcndeu der Knochen nicht mit verletzt sind, wenn kein Substanzvcrlust stattgefunden, wenn kein Blut in die Gelenkhöhle ergossen ist und wenn das Gelenk möglichst bald in Ruhe versetzt wurde. #9632;— Gequetschte Wunden im Allgemeinen, besonders aber Schusswunden und gerissene Wunden der Gelenke sind immer gefährlich; denn diese Wunden heilen sehr schwer und es bleiben nach ihnen sehr leicht Verwachsungen und Steifigkeit der Gelenke zurück, in anderen Fällen entsteht Caries, Verjauchung, und in Folge hiervon auch selbst der Tod, zuweilen erst nach langen und vielen Schmerzen. Bei sehr grossen Gelenk-wunden ist es daher manchmal besser, die Behandlung nicht zu lange fortzusetzen, sondern das Thier lieber zu tödten. Hierzu ist Grund vorhanden, wenn die Thiere sehr abgemagert, beständig im Fieber sind, das Gelenk sehr aufgetrieben, die Wunde beständig offen ist.
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464nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wunden der Gelenke,
Die Gerahrliclxkeit ist nicht an allen Gelenken gleichmässig, sondern am Knie- und Sprunggelenk am grüssten, an dem vordem Fuss-wuizelgeleuk am geringsten.
Bei allen schmerzhaften Gelenkwuuden tritt Abmagerung (das Schwinden, der Schwund) au den Muskeln am oberen Theilc der Gliedmaasse, auch an der Schulter uud an der Crouppe ein, verliert sich aber nach der Heilung grössteutheils wieder.
Behandlung. Eiuliache Stich-, Schnitt- uud Hiebwunden müssen gereinigt, vou fremden Körpern befreit und auf das Schnellste vereinigt werden, um das Eindringen der Luft und andere Reize abzuhalten. Hierzu dient 1) das Heften der Wandränder; 2) das Umlegen einer passenden Bandage, — Beides, wo es sich anbringen lässt, was aber an vielen Gelenken nicht geht; 3) das Zukleben mit Col-lodium oder einem guten Heftpflaster, oder mit einem Brei aus Alaun und Eiweis; 4) das Brennen der Gelenkwunde (des Kapselbandes) selbst uud zwar dieser allein oder zugleich der umgebenden weichen Theile. Die Heftung geschieht nur an der Haut und den etwa das Gelenk bedeckenden Muskeln, nach den allgemeinen Kegeln. Das Brennen findet besonders bei Stichwunden und da seine Anwendung, wo die Wunde wegen nicht hiureicheud vorhandener Weichgebilde au ihrer äussern Umgebung zum Heften nicht geeignet ist, oder wo die Wundränder ungleich zerrissen oder schon verdickt sind. Man wendet, je nach Gestalt und Grosse der Wunden, entweder ein knopfförmiges oder ein mehr spitziges Brenneisen an, und zwar weiss- oder ganz schwach rothglühend. Die Ansichten sind hierüber verschieden; diejenigen, welche das weissglühende Eisen anwenden, wollen die Wunde durch einen schnell entstandenen Schorf verschliessen und zugleich verhüten, dass dieser gebildete Schorf nicht am Eisen hängen bleibe und wieder mit demselben beim Aufhören des Brennens abgerissen werde, was bei der Anwendung des schwach rothglühenden Eisens zuweilen geschieht. Dahingegen behaupten diejenigen, welche das Eisen braun- oder roth-glühend anwenden, dass bei diesem Grad des Feuers ein längeres Brennen nöthig sei, um den gewünschten Schorf zu bilden, dass derselbe hierdurch aber auch dichter und fester und durch die hierauf erfolgende Entzündung des Kapselbaudes die Wunde sicherer verschlossen werde und heile. Ich bin für das weissglühende Brenneisen, weil es den Schorf schnell, ohne grosse Schmerzen und ohne tiefgehende Irritation erzeugt. Die Schliessung des Kapselbandes erfolgt nach dem Brennen, unter übrigens günstigen Umständen, bei einfachen Stichwunden oft schon mit fünf bis acht Tagen; oft aber geht der Brandschorf zu früh los, indem er entweder von der Synovia oder dem Eiter durchweicht oder durch die heftige Spannung des Kapselbandes losgerissen wird. In solchen Fällen muss das Brennen zum zweiten, oft selbst zum dritten Male wiederholt werden.
Nach dem Heften oder Brennen kann man ferner auf zweifach verschiedene Weise verfahren. \ach der ersten umgiebt man das Gelenk, wenn der Ort es gestattet, massig fest mit einer Binde und feuchtet dieselbe oder den Theil selbst mit kaltem Bleiwasser so
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Wunden der Gelenke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 465
lauge recht fleissig an, bis der Schmerz und die Wärme in den verletzten Theilen nachgelassen haben. Dabei hält man das Thier in strengster Ruhe, in recht magerer Diät, und, je nach seiner Constitution so wie nach dem Grade der etwa dennoch eintretenden Eut-zündungszufalle -wendet mau aucli selbst den Aderlass und kühlende Salze au. Hatte mau die Naht augelegt, so können mit Verlauf von 8 Tagen die Hefte entfernt werden, das Thier muss aber auch dann noch durch 8'—14 Tage dieselbe Behandlung und Ruhe erhalten wie bisher. Ist die Vereinigung nicht gelungen, so kann das Brennen gleich nach Entfernung der Hefte in Anwendung kommen. — Fällt nach etwa 8 Tagen der Brandschorf ab und ist die Wunde im Kapselbande geschlossen, so hat man die äussere Wunde nur ganz einfach wie eine eiternde Wunde zu behandeln und die gänzliche Heilung wird bei strenger Ruhe des Thicres dann bald erfolgen.
Nach einer zweiten Methode sucht man nach dem Verschliessen der Wunde, sei es durch die Naht oder, was gewöhnlicher ist, durch das Brenneisen, die drohende Gelenkentzündung durch Ableitung zu beseitigen. Für diesen Zweck brennt man auf die Haut in der Umgebung der Wunde eine grosse Anzähl Punkte, einen vom andern eine Fingersbreite entfernt, so dass, je nach dem Umfange des Gelenks, ein 2 — 3 Zoll breiter Strich rund um dasselbe mit ihnen bedeckt ist. Das Brennen geschieht mit einzelnen, Wiederholten Ansätzen des Eisens, bis Ausschwitzung erfolgt ist. Oder, man appli-zirt in eben dem Umfange das Ung. Cantharidum oder das Fmplast. Cantharidum und wiederholt dies, wenn nach 2—3 Tagen nicht eine starke Ausschwitzung erfolgt ist. Auch bei dieser derivatorischen Behandlung müssen die Thiere in gänzlicher Ruhe so wie in magerer Diät erhalten und, je nach den eintretenden Zufällen, mit Blnt-entziehungen und kühlenden Salzen behandelt werden. Die Heilung kann hier eben so wie bei der autiphlogistischcn Methode, durch schnelle Verwachsung der Gelenkwunde oder auch durch Granulation erfolgen; im letztern Falle ist wenigstens durch die Derivation die Entzündung sehr gemildert und der Verlauf kürzer und besser. Auch kann man nach dem Abstossen des ersten Schorfes das Brennen wiederholen, jedoch nur oberflächlich mit einem braun warmen Eisen, und die Anwendung der Kantharidensalbe muss wiederholt werden. Ist die Wunde nach dem Abstossen des ersten Schorfes in guter Eiterung und in eben solcher Granulation, so kann man sie auch mit glatten Werg-Tampons, welche mit Auflösung von Zinc, oder Cupr. sulphuric, oder von Lapis infernalis oder mit Aloe- oder Myrrhentinktur, oder mit Creosot (3jS bis zu g/S Branntwein) bestrichen sind, verbinden.
War aber eine Gelenkwundc schon dem Einflüsse der Luft längere Zeit ausgesetzt oder das Glied viel bewegt worden, oder ist die VVunde an sich sehr- gross, mit Quetschung u. s. w. verbunden, so entsteht oft bald nach der Verletzung, zuweilen erst nach einigen Tagen eine sehr heftige und schmerzhafte Entzündung im Gelenke, wobei das Thier jede Bewegung scheut und dieselbe sehr ängstlich volliuhrt; im ganzen Umfange des Gelenks tritt eine gespannte, mit
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466nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wunden der Gelenke.
grosser Hitze verbundene Geschwulst ein, die Ränder der Wunde werden dicker, es entleert sielraquo; neben Synovia viel dünne, seröse Flüssigkeit; die Geschwulst verbreitet sich immer weiter und oft über das ganze Glied. Dabei wird der ganze Körper in Mitleidenschaft gezogen und das Wundfieber erreicht einen hohen Grad. Bald schneller bald langsamer entsteht Eiterung im Gelenk, zuweilen auch in einer Entfernung von derselben unter der Haut und letztere bricht auf; in den meisten Fällen dieser Art wird die Eiterung schlecht, das Gelenk bleibt fortwährend schmerzhaft, es enlsteht Cäries, und der Tod erfolgt entweder bald durch die heftige andauernde Reizung, oder durch Eiter-Resorption, oder durch grossen Säfteverlüst unter fortdauerndem Fieber.
In einzelnen Fällen erfolgt hierbei Heilung, gewöhnlich mit Verwachsung der (Jelenkcnden, was aber bei den Pferden meistens nicht viel besser ist als der Tod, weil die Thiere ihren Dienst nicht mehr gehörig erfüllen können.
Um diese üblen Ausgänge zu verhindern, bleibt auch hier nichts anderes übrig, als die Wunde zu reinigen, fremde Körper zu entfernen, die Wunde baldigst auf irgend eine Weise zu verschliessen und dann die antiphlogistische, äusserlich die ableitende Behandlung anzuwenden.
Die ableitenden Mittel leisten hier immer noch verhältnissmässig die besten Dienste und man darf sich von ihrer consequenten Anwendung durch einen massigen Grad der schon bestehenden Entzündung nicht abhalten lassen. Nur dann, wenn das Fieber und die Schmerzen ausserordentlich heftig sind, kann man die Irritation durch lauwarmes Bleiwasser, mit Opium oder mit Bilsenkraut - Extrakt zuerst zu mindern suchen, und dann, wenn dieser Zweck erreicht ist, doch die Kantharidensalbe reichlich und wiederholt anwenden. Bei dieser Behandlung mindert sich der Ausfluss der Synovia von selbst, und die Heilung erfolgt durch Granulation von den Wundrändern her; doch kann man auch jenen Ausfluss durch die Synovia absorbi-rende oder auch durch coagulirende Mittel mindern. Man hat hierzu eine Menge von Mitteln empfohlen, namentlich: gepulverten Gips, Lehm, Alaun, Eichenrinde, Galläpfel, Tannin, Creosot, Weingeist, einen Brei von Kampher und Weingeist, das Rabeische Wasser, das Hallersche Elixir, das Thedensche Schusswasser (Arquebusade), Auflösungen von Kupfer- und Zinkvitriol oder auch diese Salze im pulverigen Zustande, die harzigen Tinkturen u. dgl., immer mit einem passenden Verband. Ganz besonders wirksam hat sich das täglich 4—6 Mal wiederholte Aufstreichen einer Auflösung von Acid, tanni-cum in Wasser oder in Weingeist (3j zu 3jS) gezeigt, wobei zugleich das Kühlen fleissig geschehen muss. Denn es bleibt stets die wesentlichste Aufgabe die möglichste Abhaltung oder Minderung der Entzündung und der Eiterung, — und eben deshalb kann ich zu der hin und wieder empfohlenen Anwendung warmer Breiumschläge von schleimigen und narkotischen Mitlein nicht stimmen, da auch die Erfahrung dafür nicht spricht.
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Verletzungen an der Krone der Hilfe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 467
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D. Verletzungen an der Krone der Hufe.
Die sogenannte Fleischkrone der Hufe wird durch Stollen der Hufeisen, #9632;wenn die Thiere sich mit einem Fusse auf den andern treten, ausserdem durch das Streifen mit den Füssen (S. 278), durch nicht gehörig umgebogene Nägel bei dem Beschlagen, durch einfallende Eggenzähne bei dem Eggen u. s. w. verletzt. Die erstere Veranlassung ist die häufigste und man pflegt deshalb gewöhnlich alle Verletzungen dieses Theils (obgleich unrichtig) mit dem Namen Kronentritte zu bezeichnen. Dieselben kommen gewöhnlich und am übelsten im Winter vor, weil in dieser Jahreszeit die Stollen spitz und scharf gemacht werden und deshalb leichter und tiefer in die Krone eindringen; und sie entstehen entweder, iudem ein Pferd sich mit den eigenen Füssen tritt oder auch durch die Nebenpferde. Beides geschieht während des Gehens am gewöhnlichsten bei kurzen Wendungen, bei denen die Thiere mit den Beinen eng zusammen oder selbst über einander treten müssen. Ersteres aber auch bei dem Stillstehen, wenn die Thiere aus Gewohnheit oder aus Müdigkeit mit einem Fuss auf dem andern ruhen.
Die Verletzungen an der Krone sind, je nach der Tiefe ihres Eindringens, bald nur oberflächlich, bald mehr oder weniger tief in die Weichgebilde eindringend und es sind dann, je nach dem Orte, verschiedene Gebilde verwundet. An der vordem Seite der Krone wird bei tiefer eindringenden Vcrletzungeu oft die Ausstrecksehne des Hufbeins und das Gelenk selbst mit verletzt, bei den mehr zur Seite vorkommenden Kronentiitten werden häufig die Hufknorpel mehr oder weniger gequetscht und auch verletzt und bei den am hintern Theil der Krone des Saumes, und an den Ballen, kann die Beugesehne des Hufes oder der Hauptstamm der Hufarterie betroffen sein. — Fast alle diese Verletzungen sind mit Quetschung, mit Zer-reissung der Weichgebilde, oft auch mit Splitteruug und Eiudrückung des Horns verbunden.
Man erkennt diese Verletzungen an einer offenen wunden Stelle an der Krone, welche oft mit einer umgränzten schmerzhaften und warmen Geschwulst umgeben ist, oder wobei die Haare nach innen gedrückt sind und der Saum des Horns selbst eingerissen oder verbogen ist. Oft zeigen die Thiere sehr grosse Schmerzen und gehen bedeutend, in andern Fällen nur sehr wenig lahm auf dem leidenden Fusse, und mehrentheils besteht in den erstem Fällen auch ein Reizfieber. Im nicht frischen Zustande bestehen Eiterung oder Verjauchung und oft üppige Granulation und Fisteln.- Die Sonde zeigt die Tiefe, die Richtung und die Beschaffenheit der Wunde.
Die Vorhersagung ist bei diesen Verletzungen nach der Verschiedenheit der betroffenen Theile, nach dem Grade der vorherge-heuden Quetschung und nach dem Alter der Verletzung verschieden. Frische, von scharfen Stollen verursachte oberflächliche Kronentritte sind gar nicht gefährlich; tiefer eingedrungene, mit Verletzung oder mit grosser Quetschung der Sehnen, des Gelenks u. s. w. verbundene
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468nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verletzungen an der Krone der Hufe,
sind aber sehr gefährlich, indem sie, wie die Sehnen- und Gelenk-wunden, sehr heftige Zufälle und selbst den Tod zur Folge haben können oder auch langwierige Uebel erzeugen. So z. B. entstehen zuweilen nach Rissen und starker Quetschung des Sauines Horn-spalte und Hornklüfte, — nach starker Quetschung der llufknor-pel Knorpelfisteln, und nach Verletzung der Sehnen und des Huf-gelenks der Wundstarrkrampf und langwieriges Hinken. — Wenn eben zu der Zeit die-Brandmauke herrscht, werden durch das Hinzutreten derselben diese Verletzungen oft sehr bösartig.
Behandlung. Zunächst muss man diese Verletzungen von etwa hineingetreteueu und in den Wundrändern befindlichen Ilaaren und von Hornsplittern und andern fremden Körpern reinigen. Die Horn-splitter entfernt man mit dem Messer vollständig so weit, als der Saum des Hufes und das Horn daselbst gespalten oder abgetrennt ist, damit die Splitter nicht reizen, auch der Eiter frei abflicssen kann, und keine Hornspalten zurückbleiben. — Die weitere Behandlung richtet sich nach der Beschairenheit und nach dem Alter der Verlez-zung. Frische, noch blutende Kronentritte ohne grosse Quetschung befeuchtet man fleissig mit kaltem Wasser oder mit Bleiwasser; wenn sie aber mit bedeutender Quetschung verbunden sind, so wendet man lieber Salzwasser mit Essig, Oxykrat an, so lange bis die Entzündungszufälle verschwunden sind oder bis Eiterung eintritt. Fette Salben darf man bei diesen Verletzungen nicht anwenden, weil sie gewöhnlich die Wunde in einen schlechten Zustand versetzen. — Da hier, wie überhaupt am Hufe, die Lebcnsthätigkcit nur auf einer geringen Stufe steht und deshalb die Eiterung sehr leicht von der gutartigen Beschaffenheit abweicht, so muss man suchen, dieselbe nach ihrem Eintritt durch erregende Mittel in einem massigen Grade und in gutartiger Beschaffenheit zu erhalten. Alan verbindet daher, wenn zu dieser Zeit keine grosse Schmerzen bestehen, die Verletzung mit harzigen oder mit ätherisch-öligen Mitteln, z. B. mit der Terpenthin-salbe oder mit der Aloe- oder Myrrhentinktur; oder man wendet den Höllenstein oder auch das glühende Eisen an. Ist jedoch noch ein bedeutender Grad von Empfindlichkeit und Geschwulst um die Verletzung vorhanden, so muss man mit den Reizmitteln vorsichtig sein und lieber nach Beschaffenheit der Thätigkeit und des Eiters Fuss-bäder von blossem warmem Wasser, von Seifenwasser, von Heusaa-men, oder warme Umschläge von narkotischen, schleimigen Mitteln (von Leinsaamen, Kleie, Hafergrütze u. dgl.) anwenden und die Wunde bloss mit weichem Werg bedecken. Bei blasser Farbe und weicher Beschaffenheit der Granulation macht man Fussbäder von zertheilenden oder zusammenziehenden Pflanzen und verbindet oder befeuchtet die Wunden mit den harzigen Tinkturen, oder auch mit einer Auflösung von Kupfer- oder Zinkvitriol, von Lapis infernalis oder mit Creosot. Wuchernde Granulation nimmt man, wenn sie sehr bedeutend ist, mit dem Messer weg, oder in andern Fällen zerstört man sie mit dem Brenneisen oder mit den Aetzmitteln. Hierbei ist jedoch vor allen Dingen darauf zu achten, dass der Eiter stets einen freien Abfluss behält, da auch nach dem Abnehmen des ur-
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Verletzungen der Flcischwand.
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sprünglich getrennten Horns sehr oft im Verlaufe des Uebels noch #9632;weitere Trennungen der Iloruwand von der Fleischwand, oder auch selbst der letztern von dem Hufbein, in Folge der Quetschung und Entzündung entstehen. Es ist deshalb, wenn zu reichliche Eiterung, Wucherung, Auftreibung der Krone oder unverhältnissmässig grosse Schmerzen bestehen, ein wiederholtes vorsichtiges Sondiren der Wunde, ein nachträgliches Wegnehmen alles getrennten Horns mit dem Rinn- oder Lorbeerblattmesser, und selbst das Aufspalten der Krone und eines Theils der Fleischwand erforderlich. Zu diesen kleinen, oft sehr mühsamen Operationen müssen sehr empfindliche und widersetzliche Thiere niedergelegt werden. Die weitere Behandlung hiernach richtet sich wieder, wie im Vorhergehenden angedeutet, nach dem Grade der erhöhten Sensibilität, so wie nach der Beschaffenheit des Eiters und der Granulation.
Nicht selten entsteht, sowohl bei guter wie bei sehr schlechter Heilung der Weichgebilde, eine Wucherung des von den Rändern her neugebildeten Horns, so dass dieselben sich gegenseitig drücken, selbst über einander wachsen, hierdurch Druck, Reizung, neue Entzündung, Eiterung, und gewöhnlich auch erneutes Lahmgehen herbeiführen. Auch auf diesen Gegenstand muss man stets aufmerksam sein und durch Beschneiden der Hornränder den üblen Folgen vorbeugen und sie hierdurch, so wie durch kalte Fussbäder beseitigen. Dieses Beschneiden muss in manchen Fällen sogar nach Heilung des Kronentritts noch mehrmals wiederholt werden.
Ist das Kapselband mit verletzt, so tritt die Wunde in die Kategorie der Gelenkwunden und wird wie diese behandelt. — Verlez-zungen der Huf knorpel bedingen in den meisten Fällen keine andere Behandlung als die angegebene; -wenn aber die Knorpel und die Krone allmälig immer stärker anschwellen, wenn die Haare daselbst sich sträuben, wenn sich eine oder mehrere kleine Oeffnungen bilden, aus welchen ein jauchiger Eiter, zuweilen gemengt mit kleinen grünlichen Knorpelstückchen sickert, und wenn man in diesen Oeffnungen mit der Sonde den Knorpel rauh fühlt oder gar ihn durchdringen kann, so hat sich eine Hufknorpelfistel gebildet, welche nach der in der XV. Classe gegebenen Anleitung behandelt werden muss.
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E. Verletzungen der Fleischwand.
Die Fleischwand der Hufe der Pferde und zuweilen auch der Klauen des Rindviehs wird durch eingeschlagene Hufnägel bei dem Festnageln der Hufeisen häufig verletzt und dadurch das sogenannte Vernageln herbeigeführt; ausserdem aber entstehen Verletzungen dieses Theils zuweilen durch gewaltsames Abreissen eines Theils der Hornwand bei den sogenannten Hornspalten, bei den Hornkluften und bei den abgebogenen losen Hornwänden. Die Verletzungen, welche auf erstere Weise entstehen, sind sämmtlich Stichwunden, jedoch in den einzelnen Fällen darnach verschieden, dass bald die Wunde nur au der äussern Fläche der Fleischwand sich hinzieht, daher der Nagel mehr drückt als verwundet, oder dass die Wunde in der Fleischwand selbst besteht, oder auch dass sie mehr nach einwärts zu dem
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Verletzungen der Fleischwand.
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Hufbeiue hindringt und das letztere bald mehr bald weniger mit verletzt, ja zuweilen sogar gesplittert ist; — ferner darnach, dass die Wunde bald einfach und rein, bald durch das Vorhandensein des verletzenden Nagels oder durch einen Splitter oder auch die abgebrochene Spitze desselben, oder auch durch einen altea Nagelstumpf verunreinigt und complizirt ist. Bei den Verletzungen der Fleischwand, welche durch Hornspalten u. s. w. veranlasst werden, ist die Wunde stets gerissen und erstreckt sich bald nur bis in das Gewebe der Fleischwand, bald auch bis auf den Knochen.
Die Veranlassung zu dem Vernageln ist in den einzelnen Fällen sehr verschieden. a) IManche Pferde werden leichter vernagelt als andere, indem der Tragcrand ihrer Hufe zu stark abgelaufen, oder ungleich ausgebrochen, die Wand zu dünn und zu steil (ein sogenannter Bockhuf oder Eselshuf) ist. — b) Oft liegt die Ursache in einer fehlerhaften Construction und Grosse der Hufeisen, indem dieselben zu eng, oder zu tiefgelocht oder auch in schräger Richtung gelocht sind; oder c) in den Nägeln, welche oft zu dick, schlecht gezwickt und schlecht gerichtet, oder mit Rissen versehen, unganz, brüchig oder zu spröde sind; oder d) von dem frühern Beschläge sind noch einzelne Nagelstumpfe und Nieten in den Hornwänden zurückgeblieben, welche dem neuen Nagel eine fehlerhafte Richtung geben. Doch kann auch ohne das Vorhandensein dieser Bedingungen das Vernageln selbst bei gutgeformten Hufen und gehörig weiten Hufeisen stattfinden, wenn die Spitzen der Hufnägel zu senkrecht oder gar in zu schräger Richtung nach innen in die Nagellöcher eingesetzt und in dieser Richtung eingeschlagen (zu hoch getrieben) werden; oder wenn man die Zwicke verkehrt in das Nagelloch des des Hufeisens setzt; — oder -wenn das letztere sich auf dem Hufe während des Aufschiagens verschiebt. — Die Verletzungen der Fleischwand auf andere Weise finden sich besonders auch bei spröden und brüchigen Hufen und bei groben Gewallthätigkeiten, wie z. B. wenn Pferde mit Lastwagen an den Füssen übergefahren werden oder mit den letzteren zwischen Steinen und andern festen Gegenständen sitzen bleiben.
Die Erkennung dieser letztern Verwundungen ist in der Regel leicht; man sieht die Hornwand an einer Stelle getrennt und im frischen Zustande daselbst Auslluss von Blut; die Thiere gehen lahm, treten auf die verletzte Seite des Hufes nur sehr furchtsam oder gar nicht auf, und wenn man den Huf mit der Sonde untersucht, so kann man an der getrennten Stelle der Wand, oder auch zwischen der Hornwand und der Hornsohle an der sogenannten weissen Linie, zwischen die Hornwand und die Fleischwand eindringen; zuweilen fehlt auch ein Stück Hornwand und die verletzte Parthie der Fleischwand liegt dann offen zu Tage.
Die Vernagelungen geben sich in den meisten Fällen schon bei dem Beschlagen zu erkennen, indem die Thiere bei dem Einschlagen des verletzenden Nagels mit dem Fuss zucken und ausserdem der Nagel bei dem Aufschlagen mit dem Hammer auf seinen Kopf nicht den harten metallischen Klang giebt, den man bei dem Eindringen der Nagelspitze in das Horn zu hören pflegt, sondern der Ton hierbei ist
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Verletzungen der Flnischwand.
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mehr weich oder matt. Ausserdem kommt die Nagelspitze entweder höher als an der bestimmteu Stelle der llornwand zum Vorschein, oder sie kommt gar nicht hervor. Im letztern Fall tritt der Nagel entweder mit seiner ganzen Länge in den Huf ein, oder er geht nur bis zu einer bestimmten Tiefe und beugt sich bei fernem Schlägen auf ihn am Hufeisen um (der Nagel setzt sich, nach der Ausdrucks-weise der Schmiede). In den Fällen der letztem Art ist entweder die Spitze des Nagels unganz geworden und kann deshalb nicht mehr vorwärts dringen, oder dieselbe findet einen Widerstand oder eine abweichende Richtung an einem zurückgebliebenen Nagelstumpf. #9632;—#9632; In manchen Fällen (hingt auch aus dem Nagelloch an der Wand ein Tropfen Bluts. Bei dem Zunieten der Nägel zeigen die Thiere gewöhnlich bei dem Klopfen mit dem Hammer und bei dem Anziehen der Nägel mit der Zange Schmerz, wenn der verletzende Nagel berührt wird. Nach dem Beschlagen schonen die Thiere den Fuss, wenn man sie auf hartem Boden gehen lässt; doch ist dies bei den einzelnen Pferden sehr verschieden und in denjenigen Fällen sehr gering, oft kaum bemerkbar, wenn der Nagel bloss an der äussern Fläche der Fleischwand drückt oder eine geringe Verletzung gemacht hat. Bei dem Stillstehen setzen manche Pferde den verletzten Fuss bald vor- bald rückwärts, sie suchen beständig eine andere Stelle, zuweilen kratzen sie auch mit dem Hufe auf dem Boden. Nach 12 bis 24 Stunden findet man die Fesselarterien stärker pulsirend und den Huf vermehrt warm; auch zeigen die Thiere, wenn man mit einer Zange die Horusohle und die Hornwand rund herum an verschiedenen Punkten drückt, au der verletzten Stelle bald mehr bald weniger heiligen Schmerz. Zieht man bei solchen Erscheinungen die Hufnägel einzeln wieder aus dem Hufe heraus, so findet man in den ersten Tagen an der veiietztcu Stelle den Nagel von Blut befeuchtet, und zuweilen auch etwas flüssiges Blut an der Nagelöffnung des Horns; später zeigt sich der Nagel mit zersetztem Blut oder mit schwarzgrauem oder auch mit weissein Eiter befeuchtet und zuweilen kommen auch ähnliche Flüssigkeiten aus dem Nagelloch zum Vorschein. Ist letzteres nicht der Fall, so sieht man doch in vielen Fällen dieses Loch mit einem schwärzlichen oder röthlichen Rande umgeben, oder es ist auch zu weit einwärts der weissen Linie angebracht. Schneidet man unter diesen Umständen das Horn in der weissen Linie oder im Umfange des Nagelloches mit einem Rinnen-messer oder mit einem Hufbohrer aus, so findet sich unter der Horn-sohle eine Ansammlung von Blut, später auch von grauem oder weissem Eiter, je nach der Dauer des Uebels und nach dem Grade der Verletzung; denn im frischen Zustande ist nur Blut vorhanden, während bei mehr vorgerückter Zeit sich Eiter gebildet hat. Der schwarzgraue Eiter ist dann vorhanden, wenn der Nagel an der Aus-senfläche der Fleischwand mehr drückend als verwundend gewirkt hat, dagegen ist weisser Eiter stets ein Zeichen davon, dass das Gewebe der Fleischwand oder der Fleischsohle verletzt ist. Zuweilen, namentlich dann, wenn der Eiter nicht bei Zeiten entleert worden ist, breitet sich derselbe zwischen der Horn- und Fleischsohle, oder wohl auch nach oben zwischen der Horn- und Fleischwand, oder
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472nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verletzungen der Fleischwand.
auch unter der letzteren bald mehr bald weniger aus, so dass an der Sohle nicht selten eine Trennung der Hornsohle und des Hornstrahls an ihrer ganzen Fläche, oder doch zum grossen Theile, erfolgt und der Eiter zuletzt über dem Strahl an den Ballen zum Vorschein kommt; und ebenso wird zuweilen ein Theil der Hornwand von der Fleischwaud getrennt und an der Krone ein Abscess gebildet. Der letztere befindet sich immer gerade da, wo das obere Ende der durch die Vcrnagclung unten verletzten llornfasern hintritt, so dass man durch den äusserlich sichtbaren Verlauf der llornfasern von dem Abscess zum Tragerande der Wand herunter in den meisten Fällen sicher zu der verletzten Stelle geleitet wird. Bei der Entwickelung dieser ausgebreiteten Eiterung und überhaupt während der Eiterbildung zeigen die Thiere grossen Schmerz und in Folge desselben starkes Lahmgeheu, besonders aber wenn das Ilufbein mit verletzt ist, wo dann nicht selten auch ein Reizfieber entsteht, die Thiere den Appetit verlieren, viel liegen und sich überhaupt so benehmen, wie bei recht heftigen llufentzündungen.
Dagegen ist es bemerkenswerth, dass in den Fällen, wo ein Nagel nur drückend auf die Fleischwaud wirkt, die Thiere sehr häufig 2 •— 3 Wochen und selbst noch länger nach dem Einschlagen eines solchen Nagels ganz gut gehen, dann plötzlich lahm #9632;werden, die oben angegebenen Zeichen des Leidens im Hufe wahrnehmen lassen und dass man dann bei dem Ausschneiden des Horns den bezeichneten schwarzgrauen Eiter an der Vernagelungsstelle vorfindet.
Ausser den angegebenen Merkmalen kann man die durch einen Nagel erzeugte Verletzung noch durch die Untersuchung mit der Sonde in ihrer- Lage, Richtung und Beschaffenheit, namentlich das Mitleiden des Knochens, das Vorhandensein eines llufstifts u. s. w. näher erforschen.
Beurtheilung. Die Verletzungen der Fleischwand, welche durch das gewaltsame Abreisscn eines Stückes der Hornwand erzeugt worden sind, heilen in der Regel sehr schwer; in den meisten Fällen entsteht Eiterung, oft wuchernde Granulation und zuweilen selbst Fistelbild ung. Unter günstigen Umständen vernarbt unter der Hornwand der grösste Theil der blossgelegten Stelle durch ausgeschwitzte Hornmasse, aber die Trennung der Hornwand selbst bleibt mehren-theils bestehen, wenn nicht eine geschickte Behandlung die Verwachsung von oben her begünstigt, wozu aber immer lange Zeit und in den meisten Fällen andauernde Ruhe erforderlich ist. Wo die letztere nicht gewährt werden kann, da fruchtet selbst eine gute Behandlung nichts. Zuweilen verdickt sich nach diesen Verletzungen die Hornwand narbenartig nach innen und wirkt drückend auf die Fleischwand und das Ilufbein, so dass andauernd Schmerz und Lahmheit entsteht, welche nur sehr schwer und unsicher zu beseitigen ist. Wenn der Eiter an der verletzten Stelle bis zum Hufknorpel dringt und Caries derselben erzeugt, so entsteht die sogenannte Knorpel-fistel, welche stets Monate lang dauert und immer nur schwer geheilt werden kann. (Siehe Kuorpelfistcl.)
üie Vernagelungcn sind je nach den verletzten Theilen, nach der Dauer, nach der Verschiedenheit der eingetretenen Zufalle und
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Verletzungen der Fleischwand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;473
nach dem Umstände: ob der Nagel, die Spitze, Splitter und Nagel-stumpfe vollständig zu entfernen sind oder nicht, in den einzelnen Fällen sehr verschieden zu benrtheilen. Wird der verletzende Nagel gleich nach stattgefundener Verletzung wieder aus dem Hufe herausgezogen und findet keine fernere Reizung der verletzten Stelle statt, so erfolgt die Heilung gewöhnlich schon nach 2 #9632;— 3 Tagen, ohne dass üble Zufalle eintreten. Dies ist um so eher der Fall, wenn der Nagel mehr an der äussern Fläche oder in der Substanz der Fleischwand hingegangen ist; dagegen treten, auch selbst dann, wenn er bald wieder herausgezogen worden ist, nach stattgefundener Verlez-zung des Hufbeins sehr oft üble Zufälle ein. Diese bestehen zunächst in heftiger Ilüfentzündung, in grossen Schmerzen und in einem Keizfieber, später findet sich Eiterung und in manchen Fällen selbst Tetanus hinzu; die Eiterung kann, wie bereits erwähnt, mit Caries, mit Exfoliation und mit Fistelbildung begleitet sein, und das Thicr kann bei grosser Heftigkeit und bei längerer Fortdauer dieser Zufälle sehr abmagern oder auch selbst zu Grunde gehen. Man hat einen üblen Ausgang dieser Art immer sehr zu Jürchten, wenn die Thiere durch längere Zeit fortdauernd einen hohen Grad von Schmerz und Reizfieber zeigen, wenn sie beständig den leidenden Fuss in die Höhe heben, wenn die Krone desselben dick auftreibt, an verschiedenen Stellen aufbricht und eine gelbliche serös-lymphatische Flüssigkeit aussickert. In diesen Fällen sind immer im Innern des Hufes bedeutende Zerstörungen entstanden. — Wenn aber der verletzende Nagel bei Zeiten entfernt, das Horn im Umfange des Nagellochs ge hörig ausgeschnitten und eine antiphlogistischc Behandlung eingeleitet wird oder wenn sich schwärzlicher Eiter findet, erfolgt die Heilung in den allermeisten Fällen binnen etwa 8 —10 Tagen vollständig. Unter diesen Bedingungen und wenn keine Symptome einer heftigen Reizung zugegen sind, ist selbst das Erscheinen eines Abscesses an der Krone oder die Lostrennung eines kleinern oder grössern Theils der Hornsohle und des Hornstralds nicht mit grosser Gefahr begleitet, obwohl hier die Behandlung etwas schwieriger und die Kur länger dauernd ist, als unter den vorhergehend angedeuteten Umständen. — Sehr schwierig ist die Heilung immer, wenn Nagelstumpfe oder Nagelsplitter im Hufe zurückgeblieben sind.
Behandlung. Die erste Aufgabe bei diesen Verletzungen ist die, den verletzenden Nagel oder die vorhandenen Spitzen, Splitter oder Stumpfe sogleich zu entfernen. Dies geschieht an dem erstem mit Hilfe der Zange und nachdem man seinen Niet vorher vollständig geöffnet und selbst wohl abgehauen hatte, damit durch den Niet keine Reizung der Wunde erzeugt werde. Ist die Verletzung durch einen Nagel geschehen, dessen Spitze bei dem Herausziehen abgebrochen und stecken geblieben ist, oder dessen Spitze sich gesplittert hat, oder findet man mit der Sonde abgebrochene Nagelstumpfe in der Wunde, so muss das Horn um die OelTnung der Wunde und selbst an der Wand mit einem Rinnenmesser bis auf die Fleischsohle und die Fleischwand so weit weggenommen werden, dass man jene fremden Körper mit der Pinzette erfassen und wegnehmen kann. Der herausgezogene Nagel darf, selbst wenn das Thier nur geringe Zu-
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474nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verletzungen der Fleischwand. Behaiidlunlt;;.
falle zeigt, beim Wiederbeschlageu nicht dui-ch einen andern Nagel ersetzt werden, sondern die Nagelstclle muss olFen bleiben. Dies ist in sehr vielen Fällen zur Heilung allein hinreichend. Zeigen aber die Thiere heftigen Schmerz oder ist schon vermehrte Wärme eingetreten, so ist die zweite Aufgabe: die Zurückhaltung und Verminderung der Warme durch kalte Fussbäder von Wasser oder Bleiwasser, oder durch kalte Umschläge von einem Gemenge aus Lehm und Kuhmist, oder aus einem Brei von Kleie oder auch bloss mittelst dicker Lappen zu veranlassen. Im Wesentlichen ist es ziemlich gleichgiltig, welches Material man hierzu benutzt, wenn nur die Erhaltung eines gleichmüssigen Kältegrades durch fleissiges Begiessen bewirkt wird. Diese Behandlung muss durch 3'—4 Tage, oder wenn die Zufälle hartnäckig fortbestehen, auch für die ganze Dauer derselben fortgesetzt werden. JVlinderu sie sich mit 4—6 Tagen nicht, so ist es noting, das Hufeisen (im Falle dies nicht schon geschehen sein sollte) abzunehmen und das Horn im Umfange des Nagellochs etwa 4 Linien lang und eben so breit bis auf die Fleischsohle vollständig herauszuschneiden, das Horn im Umfange dieser Oeffnung ganz dünn zu machen, das Innere der Wunde nochmals mit der Sonde zu untersuchen und etwa aufgefundene fremde Körper zu entfernen, hierauf aber die kühlende Behandlung bis zur Beseitigung der Zufalle fortzusetzen. Das Ausschneiden, Dünnschneiden und Kühlen ist besonders vom Anfange her nöthig, wenn das Hufbein mit verletzt ist. Bei grossem Schmerz und Reizfieber giebt man auch innerlich kühlende Salze bis zum Laxiren.
Findet sich schwärzlicher Eiter von gleichmässiger Beschaffenheit in der Vernagelungsstelle, so ist die kühlende Behandlung bis zur Beseitigung aller Zufälle fortzusetzen; ist aber der Eiter weiss oder jauchigt, dünn, übelriechend und sind die Schmerzen sehr gross, so wendet man lauwarme Umschläge von narkotischen und schleimigen Mitteln an und geht allmälig zu gelind aromatischen ftlitteln, zuletzt, wenn die Granulation sich bis zur Oberfläche der Wunde gebildet hat, zu gelind austrocknenden Mitteln über. Als Mittel der letztern Art kann man concentrirtes Bleiwasser (Sacchar. saturni %ß zu Jvj Wasser), oder eine Auflösung von Cuprum sulphuricum (eben so stark), oder auch Kalkwasser benutzen. — Ist ein Abscess an der Krone entstanden, so öffnet man denselben, bewirkt aber als Hauptsache zugleich eine gehörig grosse Gegenöffnung an der entsprechenden Stelle der weissen Linie, und wendet übrigens die vorhin bezeichneten Mittel entsprechend dem Reizzustande fleissig an. Findet sich neben dem Nagelloche die Hornsohle in einem grössern Umfange von der Fleischsohle getrennt und eine Höhle daselbst, so muss alles von der Fleischsohle getrennte Horn der Sohle und des Strahls mit einem Male vollständig weggenommen werden. Man verbindet dann die blossgelegte Fleischsohle mit weichem Werg und mit Leinwand und wendet je nach dem Grade der Reizung narkotische, oder entgegengesetzt gelind aromatische oder auch selbst schwach austrocknende Mittel an, wie z. B. eine Auflösung von Zincum oder Cuprum sulphuricum (3j zu 1 W Wasser) u. dgl. Nach 3 — 6 Tagen kann man dann in der Regel ein gut passendes Hufeisen zum Schutz der
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Verwundungen der Fleisch.^ohle etc.
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Sohle auflegen und den Verband mit den Mitteln der letztern Art auf die Weise fortsetzen, dass man die Fleisclisohle mit lockerm Werg bedeckt und letzteres vermittelst Holzspähnen, welche man zwischen das Eisen in querer Richtung einklemmt, in seiner Lage erhalten; oder man benutzt für diesen Zweck ein sogenanntes Deckelhufeiscn (Verbandhufeisen).
Im Allgemeinen müssen die Pferde bei diesen Verletzungen ruhig stehen bleiben, bis zur Heilung; doch kann man, wie die Erfahrung zeigt, Pferde mit frisch entstandener Vernagelung, und nachdem der Nagel entfernt ist, zu massigen Dienstleistungen benutzen; dieses darf aber nicht geschehen, wenn die Thiere grossen Schmerz zeigen oder wenn bereits Eiterung eingetreten ist; unter diesen Umständen hält man die Thiere ruhig, auf weicher Streu, und glebt ihnen nur massiges und leicht nährendes Futter.
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F. Verwundungen der Fleischsohle, des Fleischslrahls, der Hufbeugesehnc u. s. w.
Die Fleischsohle und der Fleischstrahl, so wie die über diesen Theilen liegenden Gebilde, das Hufbein, die Beugesehne des Hufbeins, das Strahlbein und das Kapselband des Hufgelenks werden sehr häufig durch das Eintreten von Nägeln, scharfen Knochen und dergleichen spitzen Körpern verletzt. Diese Verletzungen sind allgemein unter dem Namen Nagcltritte bekannt. Zuweilen wird auch die Fleischsohle und noch mehr der Fleischstrahl bei dem Ausschneiden des Hufes mit dem Wirkmesser oder mit der Hauklinge verwundet.
Die Nageltritte kommen im ganzen Umfange der Sohle und des Strahls, am häufigsten aber in den Furchen zwischen dem letztern und der Sohle, oder auch in der mittleru Strahlfurche vor. Sie sind in den allermeisten Fällen enge Stichwunden, jedoch nach der scharfen oder mehr stumpfen Beschaffenheit des verletzenden Körpers und darnach, ob derselbe theilweise oder ganz in der Wunde zurückgeblieben ist oder nicht, sind sie bald einfache Trennungen, bald mehr mit Quetschung oder Zerreissung, oder auch durch das Dasein fremder Körper zusammengesetzt, und hinsichtlich ihrer Tiefe findet man, dass bald nur die Fleischsohle oberflächlich, oder auch durchgehend, oder auch das Hufbein, und bei dem Strahl der Fleischstrahl oder die genannten tiefern Theilc mit verletzt sind.
Die Erkennung der Verletzungen, welche durch das Wirkmesser oder die Hauklinge entstanden sind, ist in der Regel leicht zu erlangen, da sie im frischen Zustande bluten und ihre Ränder etwas aus einander gehen. — Die Erkennung der Nageltrifte ist in den einzelnen Fällen bald sehr leicht, bald wieder entgegengesetzt sehr schwer, je nachdem der verletzende*Körper zur Zeit der Untersuchung noch in dem Hufe sitzt, und je nachdem die Zufalle mehr oder minder heftig eintreten. Der verletzende Körper kann in einem andern Gegenstande festsitzen, z. B. in einem Brett, oder er kann wieder herausgetreten , oder abgebrochen, oder auch bereits von Jemand herausgezogen sein. — In den meisten Fällen hinken die Pferde gleich
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476nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verwundungen der Fleischsohlo etc.
nach dem Eialreten eines fremden Körpers so, dass ein aufmerksamer Kelter oder Kutscher es wohl bemerken kann; das Hinken geschieht am stärksten bei dem jedesmaligen Auftreten mit dem Fuss gegen den Hoden, indem die Thlere dabei den Fuss bald wieder zuckend in die Höhe heben oder auch Ihn beim Aufsetzen so stellen, dass nur der eine oder der andere Rand des Hufes den Boden berührt. Untersucht man den hinkenden Fuss, so findet man bei frischer Verletzung entweder den eingedrungenen fremden Körper noch Im Hufe festsllzeud, oder in manchen Fällen auch eine frlschblutcnde kleine Wunde. Letztere ist in denjenigen Fällen, wo der verletzende Körper sehr dünn 1st, nicht immer deutlich wahrzunehmen, weil das elastisch - contraktllc Horn der Sohle und des Strahls sich nach der Entfernung des verletzenden Körpers gleich wieder ganz eng zusammenzieht und die Wunde verschliesst. Zuweilen wächst ein Nagel, ein Drahtstück und dergleichen förmlich in das Horn des Strahls ein, so dass man äusserlich nichts von ihm sieht. Wrenn man jedoch in solchen Fällen bei vorhandener Lahmheit die Sohle und den Strahl zuerst mit der Untersuchungszange überall glelchmässig drückt und dann an der schmerzhaften Stelle einen dünnen Hornspahn abschneidet, so zeigt sich die verletzte Stelle gewöhnlich als ein röthllcher oder schwarzer Punkt von verschiedener Grosse, zuweilen auch Blut, Elter, Jauche oder ein fremder Körper. Durch eine Sonde überzeugt
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man sich dann noch von der Tiefe der Wunde, von dem Mitleiden der hinter der Fleischsohle und dem Fleischstrahl liegenden Gebilde und von etwa vorhandenen fremden Körpern. Hat man Gelegenheit, selbst den fremden Körper aus der Wunde zu ziehen oder ihn zu sehen, so kann man aus der Länge, in welcher er eingedrungen war, aus seiner blutigen, oder gekrümmten und andern Beschaffenheit mehrentheils einen richtigen Schluss auf die Tiefe der Wunde und auf die Art der verletzten Thelle machen. Es findet sich ausserdem noch, wenn die Hufbelnsbeugesehne mit verletzt 1st, Ausfluss von Sehnenschcidenflüssigkelt und bei verletztem Hufgelenk Ausfluss von wirklicher Synovia. 1st die Verletzung über 24 Stunden alt, so findet sich gewöhnlich vermehrte Wärme des Hufes, stärkeres Pulsiren der Fesselarterien und späterhin Ausfluss von Eiter aus der W'unde; und wenn der Ausfluss wegen zu grosser Enge der Wunde gehindert, die Beugesehne oder das Hufgelenk mit verletzt ist, entsteht Auftreibung der Krone und Anschwellung der Beugesehne, zuweilen bis über das Fesselgelenk hinauf. Nach dem Hinzukommen der Entzündung schonen die Thlere den verletzten Fuss bei dem Stehen und Gehen viel stärker als vorher, und in den melslen Fällen tritt dann auch ein, dem Grade der Schmerzen entsprechendes Wundfieber, Verlost des Appetits u. s. w. hinzu. Diese Zufalle finden sich jedoch nicht bei allen solchen Verletzungen, sondern sie bleiben bei oberflächlichen Verwundungen der Fleischsohle und des Fleischstrahls sehr häufig ganz aus.
Die Bcurtheilung der Nagcltritte 1st daher in den einzelnen Fällen sehr verschieden. Oberflächliche Verletzungen, besonders solche, wo der verletzende Nagel eine glatte Spitze halle, in schräger Richtung eingedrungen war und bald wieder entfernt worden ist, haben
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Verwundungen der Flelschsohle e!c.
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fast immer nur eine sehr geringe Bedeutung, indem sie in der Regel keine üblen Zufülle mit sich führen und leicht, ja selbst häufig ohne irgend eine thierärztliche Behandlung heilen. Auch solche Wunden, welche unter den bezeichneten Umständen durch die Fleischsohle vollständig oder in den Fleischstrahl tief eingedrungen sind, verhalten sich in manchen Fällen eben so; doch darf man denselben niemals ruhig vertrauen, weil diese tiefem Verletzungen sich zuweilen erst nach 8 Tagen und spater entzünden und dann mit der nachfolgenden Eiterung üble Zufälle herbeiführen. Alle Verwundungen durch stumpfe, abgebrochene und verrostete Nägel sind bei gleicher Grosse doch stets mehr gefährlich, als die durch scharfe und glatte Nägel erzeugten, weil jene unvermeidlich eine schlechte Eiterung herbeiführen. Verletzungen, welche bis in die Hufbeinsbeugesehne, oder durch dieselbe bis in das Strahlbein und in das llufgelenk gedrungen sind, sind stets in doppelter Hinsicht sehr gefährlich, indem sie an und für sich die üblen Folgen der Sehnen- und Gelenkwunden mit sich führen, ausserdem aber, der Erfahrung gemäss, sehr häufig den Tetanus zur Folge haben ') und dann in der Regel den Tod herbeiführen; Verwundungen des Hufbeins sind zwar sehr häutig dadurch bösartig, dass sie Caries und langwierige Eiterung veranlassen, aber sie führen selten Lebensgefahr herbei. 1st bei dem Herausziehen des verletzenden Nagels die Spitze desselben abgebrochen und in der Tiefe der Theile zurückgeblieben, so wird hierdurch stets eine langwierige, verjauchende Eiterung und üppige Granulation erzeugt. Findet sich die Krone des Hufes stark und ungleich aufgetrieben, vielleicht selbst an einzelneu Stellen fluetuireud, ist der Huf dabei sehr zusammengetrocknel und dauert ein heftiges Reizfieber seit längerer Zeit fort, so ist nur eine ungünstige Bcurtheilung zu machen, weil in diesen Fällen im Innern des Hufes Zerstörung an Knochen und Bändern entsteht, welche von aussen in der Regel nicht beseitigt werden kann; in manchen Fällen erfolgt zwar Heilung der Wunde, aber es tritt Verwachsung des Hufgelenks, Steifigkeit, Stelzfuss, zuweilen auch chronische Hufgelenkslahmheit ein, oder es entstehen Exostosen am Hufbein, es bleibt übermässige Empfindlichkeit zurück und immer findet sich der Schwund an der Schulter oder an der Crouppe hinzu. In weniger günstigen Fällen magern die Thiere immer mehr ab, die Eiterung dauert Monate lang fort und zuletzt tritt Zehrfieber oder zuweilen auch Rotz und Wurm hinzu.
Die Behandlung. Wo der verletzende Körper noch im Hufe sich befindet, muss er zuerst entlcrnt werden und zwar mit der Vorsicht, dass die Spitze nicht im Innern abbricht und zurückbleibt; man muss auf diesen Punkt bei dem Herausziehen der Nägel u. s. w. genau achten, um nach der frischen oder veralteten Bruchfläche beurtheilen zu können, ob ein solcher Fall vorhanden ist oder nicht. Nach der
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') Die Ursache hiervon ist noch nicht erkannt; unrichtig ist aber Dielerichs Behauptung (Handt). der Vet. Chirurg. S. 440), dass die geführliclien Symptome und setbst die Maulsperre nur durch Ergiessungen von Eiter u. dgl. zwischen der Sehne und dem Hufgelenk entstehen.
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4'i'8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verwundungen der Fleischsohle etc. Behandlung.
Eutleruuug des fremden Körpers und nachdem die Wunde mit einer leinen Sonde untersucht ist, schneidet man bei frischen, oberflächlichen Wunden das Horn der Sohle oder des Slrahls im Umfange der ersterlaquo; etwa einen halben Zoll breit bis zu den Weichgebilden hin recht dünn und lässt hierauf kalte Fassbäder durch 2 — 3 Tage unausgesetzt aiiwcmleu. 1st aber die Verletzung bis durch die Fleischsohle oder den Fleischstrahl gedrungen, so ist es zweckmässig, nicht nur das Horn im Umläiigc der Wunde zu verdünnen, sondern bis auf die Weichgcbildc in dem bezeichneten ünifaogc gäuzlieh wegzuueh-men, so dass der verletzte Theil der Fleischsohle oder des Strahls ganz frei liegt und bei etwa eintretender Eiterung der Eiter einen vollständigen und leichten Ausfluss gleich vom Anfange her erhält. Auch hier tritt dann die kühlende Behandlung des Fusses und zwar durch wenigstens 6—8 Tage fortgesetzt ein. — Wenn die Hufbeins-beugesehne oder auch das Kapselband und das Strahlbeiu mit verletzt ist, soll man nach dein Vorschlage von Dieterichs ') den Horn- und Flcischstrahl an der verletzten Stelle gänzlich bis auf die Bengesehne abtragen und die letztere selbst von der Wunde aus nach dem Mittelpunkt der Sehnenausbreitung, d. i. nach den Ballen zu etwa einen halben Zoll lang mit einem Knopfbistouri aufspalten, für den Zweck: Flüssigkeiten, namentlich Eiter, welche sich über der Sehne ansannneln konnten, beständig frei ablliessen zu lassen; allein dieser Zweck wird trotz der gemachten Wunde nicht erreicht, weil die Wundränder bei der eintretenden Entzündung der Sehne sich gänzlich an einander legen. Das Wichtigste ist auch hier, nachdem das Horn an der verletzten Stelle bis auf den Fleischstrahl weggenommen ist, die antiphlogistische Behandlung so früh und so energisch als möglich einzuleiten, und zwar nicht allein durch die fleis-.sige Anwendung kalter Fussbäder oder Umschläge, sondern auch durch reichliches Aderlässen, durch Laxirmittel und recht magere Nahrung. — In denjenigen Fällen, wo eine Nagelspitze in dem Strahl oder in dem Hufbeiu sitzen geblieben ist, muss das Horn auf einer Fläche von circa 1 Quadratzoll um die Wunde herum gründlich entfernt und dann die Fleischsohle oder der Strahl an der verletzten Stelle in zwei oder vier Richtungen gespalten werden, so dass eine Kreuzwunde entsteht und man zu dem fremden Körper gelangen und ihn mit Hilfe der Pinzette entfernen kann.
1st die Verletzung bereits zur Eiterung vorgeschritten, so ist ein gänzliches Wegnehmen der durch den Eiter abgetrennten Parthieen der Hornsohle, des Hornstrahls und des Horns in den Strahlfurchen uöthig, und selbst wenn dies die ganze Sohle oder den ganzen Strahl betreffen sollte. Die stehenbleibenden llorntheile müssen, besonders nach den Rändern hin, sehr dünn geschnitten werden. In der ersten Zeit kann man hiernach noch durch ein paar Tage kalte Fussbäder oder Umschläge anwenden; lässt sich aber hierbei nur die grosse Schmerzhaftigkeit mindern, während die Eiterung gleicbmässig fortbesteht, so kann man zu lauwarmen Fussbädern von Heusaamenbrühe
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') Handb. der Vel. Chirurg. 5. Aufl. S. 439.
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Verwundungen der Fleischsohle etc. Behandlung.
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oder von andern gelind aromatischen Mitteln übergehen und diese so lange beibehalten, bis die Granulation zu der Hornsohle oder zu dem Hornstrahl hervorgewachsen ist. Dann wendet man gelind zusammenziehende, austrocknende Mittel an, z. B. Auflösung von Zin-cum oder Cuprum sulphuricmn, oder Kalkwasser, und lässt jene Fussbäder fort. 1st durch die Anwendung der Kälte die Schmerzhaf-tigkeit der Entzündung nicht zu mindern, so geht man bei eintretender Eiterung zu den lauwarmen Fussbädern oder Umschlägen von schleimigen und narkotischen Mitteln über und benutzt dieselben so lange, bis die Schmerzen nachlassen, worauf man verfährt, wie oben im Vorhergehenden angedeutet worden ist. — Dauern bei schon eingetretener Eiterung und bei lt;ler Anwendung der erweichenden und Schmerz lindernden Mittel dennoch die Sehmerzen heilig fort, und treibt die Krone immer mehr auf, so ist es am zweckmässigsten, rund um die Krone, an den iiallen und an der untern Halde des Fesseis das ünguentutn Canthaiilt;luni reichlich aufzustreichen und dies, je nach dem Grade der hiernach cingctrelenen Wirkung, nach 2 bis 3 Tagen ein oder mehrere Male zu wiederholen. Dabei ist jedoch nöthig, vorher die Stichwunden gehörig zu erweitern und bei etwa sehr gesteigertem Reizfieber die antiphlogistische innerliche Behandlung in Anwendung zu bringen. — Ist Ulceration und jauchende Eiterung an der Beugesehne, oder Caries am Hufbein entstanden, so kann man in den mildern Fällen die harzigen Tinkturen, das Terpen-thinöl, das Creosot und dergleichen Mittel täglich einmal und bis zur erfolgten Umstimmung und bessern Thäligkeit anwenden, bei den hohem Graden dieser Zufälle aber das weissglühende Eisen bis auf die Sehne oder das Hufbein applizireu, hierdurch die üppige Granulation zerstören und in den leidenden Theilen einen solchen Grad von Reaction erzeugen, dass gute Eiterung und Abstossuug der ulceriren-den Theile erfolgt. Um diesen Zweck noch mehr zu befördern, macht man nach dem Brennen warme Umschlüge von erweichenden Mitteln. In einzelnen Fällen hat man auch bei solchen tiefen unJ schlecht eiternden Wunden im Strahl ein Haarseil durch die Wunde gezogen, in der Art, dass die Gegenöirnung über den Ballen gemacht wurde.
Um das Verbinden zu erleichtern und zugleich die verletzten Theile mehr zu schützen, pflegt man gegen Ende der Heilung ein Hufeisen aufzuschlagen, welches am zweckmässigsten mit einem dünnen eisernen Deckel versehen ist. Der letztere kann auf verschiedene Weise an das Hufeisen befestigt werden, und zwar am einfachsten so, dass man sein hinteres Ende in einen kleinen horizontalen Spalt an der vordem Fläche der Stollen schiebt, sein vorderes Ende aber entweder mit einem Schraubeiigrilf oder mit den beiden ersten Zehennägeln verbindet. Statt des Deckels kann mau aber auch Holz-brettchen von etwa 2 Linien Dicke unter die Ränder des Eisens schieben und hiermit das auf die Wunde gelegte Werg in seiner Lage erhalten.
Dass man die durch Nageltritte verwundeten Pferde während der Kur andauernd in Ruhe erhalten müsse, ergiebt sich von selbst.
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480nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verwundungen der Fleisehsohle etc. Behandlung.
Das nach der Heilung von sehr schmerzhaften Nageltritten oft zurückbleibende Schwinden der Muskeln an der Schulter beseitigt man durch spirituüse Einreibungen u. s. w., wie dies in der dreizehnten Classe angegeben ist; und die in einzelnen Fällen zurückbleibende krankhafte Empfindlichkeit im Hufe, so wie die nach Verletzungen des Strahlbeius und des Hufgelenks zurückbleibende chronische Hufgelenkslahmheit ist, wenigstens in ihren üblen Folgen, durch die Neu-rotomie, zu mindern.
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Fünfte Classe.
Knoehenbrüche (Fracturae ossium).
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Erster Abschnitt.
Von den Knochenbrüchen im Allgemeinen.
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Ein Knochenbruch (Fractura) besteht in der Trennung der Continuität eines Knochens durch plötzliche Ubermässige Dehnung oder Erschütterung seines Gewebes.
Knochenbrüche kommeu last an sämmtlichen Knochen bei den Haussäugethieren und Vögeln vor, jedoch bei Plcrden und Hunden am häufigsten, weil diese Thiere mehr als die anderen den Gelegenheitsursachen ausgesetzt sind. Die Trennung kann an jeder Stelle eines Knochens, vollständig durchgehend oder nur au einzelneu Lamellen, in verschiedenen Richtungen, ohne oder mit bedeutenden Neben-verletzuugen bestehen, irisch oder veraltet sein.
Nach diesen Verschiedenheiten bezeichnet mau im Allgemeinen einen Knochenbruch: A. nach dem Grade der Trennung: als einen vollständigen (Fr. completa), wenn ein Knochen in zwei oder mehrere Stücke getheilt ist; — als unvollständiger Bruch (Fr. iucompleta), weun der Zusammenhang des Knochens nur zum Theil, bald nur an der Oberfläche, bald nur an einem Ende oder au einem Rande aufgehoben ist; es entstehen so die Eindrücke (infractioues) und die Risse oder Spalten (Fissurae). — B. Nach der Richtung des Bruches unterscheidet man: Querbrüche (Fr. transversales), wenn ein Knochen quer durch seine Längeuachse getheilt ist; — schiefe Brüche (Fr. obliquae), wo die Trennung in schiefer Richtung durch die Längenachse des Knochens erfolgt ist; — Längenbrüche (Fr. longitudinales), wo die Trennung in der Längenrichtung des Knochens besteht; •— Splitterbrüche oder Zerschmette-rungsbrüche (Fr. comiuutae s. multiplices), wenn der Knochen an
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482nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Knochenbrüche im Allgemeinen.
einer Stelle mehrfältig zersplittert oder in kleine Stücke zerbrochen ist. C. Nach dem Zustande im Allgemeinen und nach den Nebenver-letzuugeu unterscheidet man: einfache Brüche (Fr. simplices), wenn aussei- der Trennung des Knochens keine andere Verletzungen zugegen sind; zusammengesetzte Brüche (Fr. compositae), wo ein Knochen an mehreren Stellen gebrochen oder wo neben dem Bruch einzelne Splitter bestehen, oder wo mehrere Knochen eines Gliedes gleichzeitig gebrochen sind; gemengte Brüche (Fr. complicatae), wo mit der Knochentrennung auch noch Verletzung der Weichgebilde, Wunden, Quetschung, Zerreissuug oder Verrenkung und dergleichen verbunden sind, oder wo gleichzeitig andere Krankheiten bestehen, welche auf die Entstellung oder die Heilung des Bruches von Einfluss sind. Sehr selten ist ein Bruch ganz einfach, die meisten sind mehr oder weniger mit Quetschung, mit Wunden und anderen Nebenverletzungen verbunden. D. Nach der Dauer seines Bestehens ist ein Bruch entweder frisch entstanden (Fr. recens), oder er ist veraltet (Fr. iuveterata); letzteres, wenn die erste nach dem Entstehen der Verletzung hinzugetretene Entzündung und plastische Ausschwitzung wieder vorüber ist.
Im Speciellen benennt man ausserdem die Fracturen nach den leidenden Knochen.
Die Ursachen der Knochenbrüche bestehen meistens in gewaltsamen mechanischen Einwirkungen von aussen, z. B. in Stösseu oder Schlägen mit harten Gegenständen, im heftigen Gegenlaufen an dieselben, im Niederstürzen (besonders auf harten Boden) und dergleichen; zuweilen entstehen aber auch Knochenbrüche durch heilige Zusammenziehung iler Muskeln, beim Ziehen schwerer Last, beim Ausschlagen und Ausgleiten mit den Füssen, beim übermässig angestrengten schnellen Laufen, bei plötzlichen Wendungen des Körpers und dergleichen.
Die Knochenbrüche entstehen bei denselben Gelegenheitsursachen nicht immer gleichmässig leicht; die Dicke, die Form, die Lage und Verbindung der Knochen, — die Art, das Alter und der Gesundheitszustand der Thiere bedingen hierbei Verschiedenheiten. Dicke, kurze Knochen brechen schwerer als lange und dünne Röhrenknochen und andere schwache Knochen, tief liegende, mit dicken VVeichgebilden bedeckte brechen schwerer als oberflächliche, an alten Thieren entstehen die Brüche leichter als an jungen, weil bei letzteren die Knochen mehr weich und zähe, bei den alten aber durch das reichlichere Vorhandensein der Kalksalze mehr spröde sind. — Zuweilen entwik-kelt sich in Folge schlechter Nahrungsmittel ') oder in Folge gestörter Assimilation eine zu mürbe oder poröse Beschallenheit der Knochen, die sogenannte Knochenbrüchigkeit (Fragilitas ossium 2))
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') Linnc legte besonders dem von ihm sogenannten norwegischen Beinbruchgrase, Antlierictim ossifragum, jetzt IVartheclum ossifragum, in dieser Hinsicht eine schädliche Wirkung bei, aber mit Unrecht.
') Geditsch, Abhandl. über eine seltene Art des Knochenbruches bei dem Rindvieh. Berlin, 1787. 8.
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Knochenbrüche im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 483
bei welcher selbst eine sehr geringe Veranlassung, z. B. die eigene Körperlast, besonders bei Bewegungen, beim Niederlegen und Aufstehen hinreichend ist zur Erzeugung von Brüchen. Dieser Zustand kommt bei dem Kindvieh in mancheu Jahren, namentlich bei lange andauernder Hitze und Dürre und in manchen Gegenden bei vielen Thiereu gleichzeitig (enzootisch) vor; er beruhet theils auf mangelhafter Erzeugung der plastischen Substanzen, welche zur guten Ernährung der Knochen dienen (Gallerte), theils in krankhafter Bildung von Säuren, durch welche diese Stoffe zu reichlich aufgelöst und durch den Urin ausgeführt werden. Bei Pferden entwickelt sich nach Binz ') eine ähnliche Brüchigkeit zuweilen bei der Druse, im Ganzen jedoch nur selten; und nach früheren Annahmen sollen die Knochen im Winter mehr spröde sein, als im Sommer, .— was jedoch nicht zu erweisen ist.
Die Symptome der Knochenbrüche sind etwas verschieden nach der Art der Ursachen, der Dauer, dem Orte und der Art der Brüche. Bald nach der Trennung des Knochens entsteht zum Theil durch die eingewirkte Gewalt, zum Theil durch den heftigen Reiz der rauhen und scharfen Bruchendcu, indem sich dieselben durch die Zusammeu-ziehung der um den Knochen liegenden Muskeln verschieben, heftiger Schmerz bei der Bewegung, an den Glicdmaassen Lahmheit. Oft ist eine Wunde gleich mit Entstehung des Bruches verbunden, in anderen Fällen wird dieselbe erst dadurch erzeugt, dass die scharfen Bruchenden die weichen Theilc von innen durchstechen. Es entsteht bald mehr bald weniger Geschwulst an der Bruchstelle, theils durch Blutextravasat, theils durch die sich entwickelnde Entzündung, theils ptötzlich durch die Verschiebung der zerbrochenen Knochenenden über und neben einander. Diese Verschiebung der Bruchenden wird an manchen Slcllen durch die Schwere des Körpers oder der abgebrochenen Theile, hauptsächlich aber durch die Contraction der Muskeln und Sehnen im Umfange des gebrochenen Knochens erzeugt; sie tritt in manchen Fällen, besonders da, wo die Bruchflächen recht gut gegen einander passen, und wenn die Thierc nach der Verletzung recht ruhig gehalten werden, für einige Zeit nicht ein (besonders aber bei Qucrbrüchen) und ist überhaupt in den einzelnen Fällen sehr verschieden. Mit der Verschiebung sind zwei andere Erscheinungen zusammenhängend, nämlich: eine abnorme Beweglichkeit des Theils an der Bruchstelle und eine verhältnissmässige Verkürzung des Gliedes, und durch beides wird die Verrichtung des Theils noch mehr gestört, zuweilen die Bewegung ganz aufgehoben. — Bei den unvollständigen Brüchen und da, wo mehrere Knochen ein Glied stützen, fehlt die Verschiebung, daher auch die abnorme Beweglichkeit und die Verkürzung des Gliedes.
Die Erkennung der Knochenbrüche ist zuweilen leicht, oft aber sehr schwer. Letzteres ist besonders der Fall, bei tief unter dicken Muskeln liegenden Knochen, oder wo die hinzugetretene Geschwulst
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[ieinbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;') Ueber die verschiedenen Knochenbrüche der Hausthiere, besonders des
Pferdes. Tübingen 1824. 8. Mit ft Taf. Abbild.
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484nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Knochenbrüche im Allgemeinen.
sehr gross und derb ist und wo mehrere Knochen zur ünserstiitzung eines Gliedes neben einander liegen, bei unvollständigen Brüchen, oder -weim der Bruch sehr nahe am Gelenk, oder selbst mit Verrenkung verbunden ist. Leicht sind die Beinbrüche zu erkennen, bei allen oberflächlich liegenden Knochen der Gliedmaassen. Im Allgemeinen wird die Diagnosis begründet: 1) durch die veränderte Gestalt, Lage und Richtung des Gliedes; 2) durch die Verkürzung desselben; beide Zustände werden durch die über und neben einander erfolgende Verschiebung der Bruchenden erzeugt; 3) durch die ungewöhnliche Beweglichkeit des Gliedes nach mehreren Richtungen und an einer Stelle, wo dieselbe nicht stattfinden sollte; 4) durch ein eigenthümliches, bei der Bewegung des Gliedes oder der Bruchenden entstehendes reibendes oder knarrendes Geräusch (Crepitatio) au der Bruchstelle, welches von dem Aneinanderreiben der rauhen Bruchendeu entsteht; 5) durch das Gefühl bei der Untersuchung, wo man die scharfen, hervorstehenden Enden oft sehr deutlich, besonders bei oberflächlich liegenden Knochen, bemerkt; 6) durch die gestörte oder völlig aurgehobene Verrichtung des Gliedes. Dieses Symptom ist jedoch bei mehreren anderen Kraukheitszuständen, bei Verrenkung, bei Quetschungen, Wunden, Rupturen und dergleichen ebenfalls zugegen, fehlt aber im Gegentheil oder ist wenigstens nicht sehr bedeutend bei solchen Brüchen, wo von zwei oder mehreren Knochen eines Gliedes nur einer gebrochen ist, oder wenn bei Querbrüchen gar keine Verschiebung der Bruchenden stattgefunden hat; es ist daher im Allgemeinen nicht so wichtig und bedeutsam, als die vorhergehenden charakteristischen Symptome. Ansserdem trägt die Berücksichtigung der veranlassenden Gewaltthätigkeit, ihre'Verglei-chnug mit der Dicke und Stärke des Knochens, dann die Quetschung, Geschwulst, der Schmerz, welcher besonders bei der Bewegung des Gliedes jedesmal sehr heftig wird, und — wenn eine Wunde zugegen ist, auch diese zur Erkennung des Zustandes viel mit bei.
Die Heilung erfolgt in den meisten Fällen, indem die Brnch-enden sich nach einiger Zeit vermittelst einer neu entstandenen Kno-chensubslanz, welche man die Beinschwiele (Callus) nennt, mit einander vereinigen. Diese Vereinigung kann auf eine zweifach verschiedene Weise, sehr ähnlich wie bei der Heilung der getrennten Weichgebilde, erfolgen, nämlich: a) durch direkte Bildung einer verbindenden Knochenmaterie, oder b) durch Eiterung und Granulation, wobei die Letztere sich dann allmälig in die Knochensubstanz umwandelt. — Die erstere Weise ist die gewöhnlichste, besonders bei Knochenbrüchen, welche ohne olfene Wunden bestehen, und wo also die Luft nicht auf die Knochen selbst einwirken kann. Die Bildung des Callus geht folgendermaassen von statten: Bei jedem Knochen-bruch wird die Beinhaut zerrissen, gequetscht und mehr oder weniger von den Knochen getrennt, gewöhnlich in dem Verhältniss, wie der Bruch einfach, mehrfach oder splitterig ist, und wie die Bruchendeu von einander abgewichen sind; am unbedeutendsten ist die Ablösung der Beinhaut bei einfachen Querbrüchen, am stärksten bei Splitterbrüchen. An Röhrenknochen ist auch die Alarkhaut und das Knochenmark eben so gequetscht, erstere getrennt, letztere etwas
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Knochenbrüche im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 485
aus der Knochenröhre hervorgequollen; und immer sind die umgebenden VVeichgebilde, wie oben bereits angedeutet, theils nach diesen Verhältnissen des Bruches, theils nach dem Grade der äusseren Gewalt verschiedentlich mit verletzt. Die nächste Folge dieser Verletzungen ist ein Bluterguss, der den Raum zwischen der ßeinbaut und dem Knochen, so wie auch zwischen diesem und den umgebenden Theilen, namentlich auch zwischen den Bruchflächen unter sich ausfüllt und selbst in dem angrenzenden Zellgewebe, den IMuskeln %.. s. w. als Infiltration gefunden wird. Bei Brüchen der Höhrenknochen ist oll das ausgetretene Mark mit dem ergossenen Blut gemengt. Schon in den ersten 24 bis 4S Stunden entwickelt sich in den den Bruch umgebenden VVeichgebildcn, besonders in der Beinhaut eine Entzündung, durch welche diese Haut noch mehr anschwillt und ein plastisches Exsudat erzengt wird, welches zunächst die Weichgebilde unter einander verschmilzt, so dass sie um den gebrochenen Knochen eine Art von Kapsel bilden; zugleich verdrängt dasselbe den Bluterguss allmälig, jedoch nur sehr langsam. An der innern Fläche der Kapsel, besonders von der Beinhaut und gljen so bei Röhrenknochen von der ftlarkhaut her entsteht Ausschwitznng einer röthlichen, halbflüssigen, nach und nach fester werdenden Substanz, welche sich zwischen die Bruchflächcn legt, dieselben und die übrigen Theile der Knochen, so weit die Beinhaut abgetrennt ist, umgiebt, und in der Markhöhle einen Pfropf oder auch nur eine Röhre bildet. Sie wird die mittlere oder die Zwischensubstanz (Snbstantia intermedia) genannt '). Dieselbe wandelt sich nach und nach in eine zellig-faserige Masse um, während die bisher entzündet gewesenen VVeichgebilde zum normalen Zustande zurückkehren, und die Blutung sich mehr und mehr verliert.
An diesen Vorgängen nimmt die Substanz der gebrochenen Knochen keinen Antheil und man findet daher dieselbe in dieser ersten Zeit nicht verändert. Es tritt aber nun, und zwar bei den verschiedenen Thieren und an den einzelnen Knochen bald etwas früher bald etwas später, — am schnellsten aber bei Vögeln, Hunden und Katzen, in den Knochen selbst eine Entzündung auf, welche von den Punkten ausgeht, wo äusserlich noch die Beinhaut, innerlich die Markhaut mit dem Knochen in Verbindung steht. Diese Entzündung fuhrt Ausschwitzung einer weisslich-röthlichen durchscheinenden klebrigen Flüssigkeit herbei, welche bald gallertartig wird, Gefässe erhält und allmälig in Knorpel und dann in Knochensubstanz übergeht. Dies geschieht zuerst da, wo auch die Ausschwitzung zuerst angefangen hat, und allmälig auch an.der Bruchstelle und eben so auch in der •Markröhre, welche in der Regel dabei verwächst, später aber oft durch Resorption zum Theil wieder geöffnet wird. Die Bildung einer harten Knochenmasse oder des Callus geschieht zuerst nur an der Uni-fläche des Bruches, während zwischen den Enden die Masse noch weich
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1) Manche nennen nach Brechet schon das bei dem Bruch entstandene Blutextravasat, wenn es mit dem aus der Knochenröhrc hervorgetretenen Mark infiltrirt ist, die Substantia intermedia.
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ist; erst später verknorpelt und verknöchert auch die aus den Kno cheneuden selbst ausgeschwitzte Masse. Man nennt jenen den ersten oder provisorischen, diesen deu fertigen oder definitiven Callus. Beide Massen verbinden sich mit einander sehr fest, aber die zweite ist weicher als die erste und unterscheidet sich hierin auch später von ihr; sie erfolgt immer etwas laugsamer, und zwar immer um so mehr, je weiter die Bruchenden von einander stehen. Mit, Beendigung der Callusbildung verliert sich gewöhnlich die Entzündung in dem gebrochenen Theile gänzlich. Der Tallus ist zuers* an der' Oberfläche etwas uneben, wird aber mit der Zeit ebener, erhält eine eigene Knochenhaut und bekommt nach und nach immer mehr die Beschaffenheit des gesunden Knochens.
Sind mehrere Knochen an einem Theile vorhanden, so ist der Vorgang im Wesentlichen derselbe, aber es nimmt auch gewöhnlich die Beinhaut der nicht gebrochenen Knochen an der Entzündung und Ausschwitznng Antheil.
Bei der Heilung auf dem Wege durch Granulation, welche im Ganzen weit seltener vorkommt, wo z. B. Knochenstücke gänzlich getrennt und von der Beinhaut entblösst, oder wo die Bruchstücke bei einer gleichzeitig bestehenden Wunde der Luft ausgesetzt sind, #9632;— erfolgen die Veränderungen zuerst wie bei der Callusbildung, aber es entsteht nur der erste Callus und statt der plastischen Ausschwitzung zur zweiten Callusbildung entsteht an den Bruchllächen u. s. w. Eiterung, dann Absterbung (necrosis) und Abstossung der Ränder in verschiedener Breite, und hiernach erst die zweite Callusbildung.
Wenn während der Heilungszeit eines Knochenbruches eine gleichmässige, ebene Vereinigung der Bruchenden, Ruhe und ein massiger Grad der Entzündung bestehen, wird in der Regel nur so viel Callus erzeugt, wie zur festen Verbindung der Bruchenden nöthig ist. Bleiben aber die Bruchenden weit entfernt von einander, wird die Verbindung während der Ausschwitzung mehrmals gestört und der Theil immer von neuem gereizt, sind die Weichgebilde im grös-sern Umfange vom Knochen getrennt, so fliesst die flüssige Kuochen-materie in zu grosser Menge aus, der Callus bildet sich zu dick und mit unregelmässiger, höckeriger Oberfläche. Man nennt ihn den wuchernden Callus (Callus luxuriaus). Zuweilen fehlt es aber auch an der zur vollstäudigen Verbindung nöthigen Knochenmasse, oder der Callus schwindet späterhin zu sehr und die Beinschwiele wird zu dünn, so namentlich zuweilen bei kranken und sehr alten Thieren.
Wenn die Bruchenden gar nicht zur Vereinigung gelangen, oder, wo es an der verbindenden Materie fehlt, da glätten sie sich gewöhnlich gegenseitig ab, und es bildet sich ein sogenanntes künstliches Gelenk (Articulatio artificialis s. Spondylotroce}; entgegengesetzt verwächst aber auch zuweilen ein Gelenk, es entsteht Anchylosis, wenn Brüche in der Nähe von Gelenken bestehen. Das falsche Gelenk ist an einer abnormen Beweglichkeit an der Bruchstelle in der Zeit, wo dieselbe schon fest verwachsen sein sollte, so wie durch Verkrümmung oder Verkürzung des Gliedes zu erkennen.
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Der pathologische Zustand, die Ursachen und die Folgen können in den eineelnen Fällen bei dem künstlicheu Gelenk sehr verschieden sein. Ein eigentliches Gelenk besteht nicht, sondern die Kno-cheuendeu sind durch bandartige Streilea oder nur durch die verdickten Weichgebilde zusammengehalten; und die ßrucheuden sind in verschiedener Weise gegen einander liegend, mit rauhen oder mit glatt abgeriebenen Flächen, bald mit sehr geringer bald mit grosser Beweglichkeit; oft bleibt der Callus zu weich, auf der Stufe der Ver-knorpelung, oder er ist in geringer Menge zugegen, oder es hat sich nur der erste Callus gebildet; zuweilen ist an einem Ende eine fibröse Zwischensubstanz entstanden. Diesen abnormen Bildungen liegt oft ein krankhafter Vegetatiousprozess im ganzen Organismus,* oft aber auch ein örtliches Ilindcrniss der regelmässigen Callusbildung zum Grunde. In erstem- Hinsicht können verschiedene Krankheiten, bei denen die Blutmischung leidet, oder auch mangelhafte, besonders aber an Protein und an Kalk zu arme Nahrung schuld sein; in örtlicher Hinsicht aber fortwährende Bewegung und Verschiebung der Bruchenden, wie es zuweilen an Stellen der Fall ist, an denen man wegen zu dicker Muskeln keinen gehörig zusammenhaltenden Verband anlegen kann, oder bei sehr unruhigen, widersetzlichen Thiercn; ein zu lockerer, aber auch entgegengesetzt zu fester Verband, bei welchem letzteren mangelhafter Blutzufluss zu dem leidenden Theile entsteht; daher auch zu heftige Entzündung, bei welcher die grossen Gefasse verschlossen werden; ferner: fremde Körper, welche zwischen die Bruchenden gedrungen sind, oder völlig lose Splitter, welche ähnlich wie diese wirken. — An den Gliedmaassen macht ein künstliches Gelenk die Thiere stets lahm und unbrauchbar, an den Rippen schadet es fast gar nicht, und am Unterkiefer und dem Becken oft nur wenig. Die Heilung ist in den meisten Fällen sehr schwierig, oft kaum möglich.
Die Prognosis ist bei den Knochenbrüchen verschieden nach der Beschaffenheit des Knochens, nach der Richtung, Beschaffenheit und Complication des Bruches, nach der Thiergattung, nach dem Dienstgebrauch der Thiere, nach dem Alter und der Constitution derselben und nach ihrem Betragen oder Verhalten während der Behandlung. Der letztere Umstand ist in jedem Falle sehr genau zu erwägen, weil gerade durch ihn, da man ihn nicht im Voraus berechnen kann, die grössten Unregelmässigkeiten und Störungen der Heilung entstehen können. Bei sehr unruhigen und widerspenstigen Thieren ist gewöhnlich die regelmässige Heilung trotz aller angewendeten Mittel nicht zu erreichen. Abgesehen von diesen Umständen kann man jedoch im Allgemeinen festsetzen: 1) einfache Brüche an den Knochen der Brust uud des Gesichts heilen wegen der grössern Ruhe und geringeren Muskelthätigkeit leichter als Brüche der Extremitäten, weil diese die Körperlast tragen müssen und deshalb leichter aus einander weichen. Aber wegen der Nebenverletzungen der edlen Theile sind die Brüche der Schädelknochen gewöhnlich von wichtigeren Folgen begleitet und gefährlicher als die der Extremitäten. 2) Querbrüche heilen verhältnissmässig am schnellsten und besten; schiefe Brüche heilen zwar auch im Allgemeinen leicht, brau-
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4S8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Knochenbrüche im Allgemeinen.
chen aber dazu längere Zeit als Querbriiche. 3) Beinbrüche nahe am Gelenk heilen wegen der schwammigen Knocheusubstanz der Gelenkenden und wegen der Beweglichkeit schlecht. 4) Einfache Brüche ohne üble Zufälle heilen in der Regel gut, dagegen sind Brüche mit Wunden und Substanzverlust, starker Quetschung, Splitterung, Zer-reissung der Gefasse u. s. w. oft sehr übel. Oft sind diese Compli-cationen wichtiger als der Bruch selbst, z. B. bei Brüchen des Schädels oder der Wirbel die Erschütterung des Gehirns oder des Rük-kenmarks. 5) Brüche heilen in kühler Jahreszeit, im Winter, Frühling und Herbst besser als im Sommer; 6) bei jungen, gesunden und starken Thieren leichter als bei alten, bei den Vögeln am leichtesten und bei Meinen Säugethieren viel leichter als bei den grossen, weil bei den letzteren die Körperschwere sowohl an sich störend auf den Bruch wirkt, wie auch den Thieren das andauernde Stehen während der Heilung sehr erschwert; 7) frisch entstandene Brüche heilen leichter und regelmässiger als veraltete, d. h. bei denen bereits die erste Entzündung und die Callusbildung vorüber ist. #9632;— Fast in allen Fällen bei Brüchen der Knochen an den Gliedmaassen entsteht selbst bei guter Heilung ein starkes Abmagern des Gliedes (Schwinden), welches sich aber nach einiger Zeit wieder verliert.
Behandlung. Es kommt häufig vor, dass die Knochenbrüche sich ereignen, wenn die Thiere eben entfernt vom Wohnorte des Eigen-thümers oder von dem Stalle sind; und es entstehen dann hinsichtlich der grossen Thiere zuweilen die Fragen: Soll man sogleich an Ort und Stelle die Behandlung einleiten, namentlich den Verband anlegen und dann den Transport besorgen, oder soll der Verband erst im Stalle geschehen? — und, •— wie soll man die verletzten Thiere transportiren?
In Betrelf der ersten Frage ergiebt sich von selbst, dass es nützlicher sein müsse: vor dem Transport die Einrichtung des Gliedes zu besorgen und einen schützenden Verband an das verletzte Glied anzulegen, weil sonst bei dem Transport durch die Anstrengungen und unregelmässigen Bewegungen des Thieres sehr leicht anderweitige Verwundungen der Muskeln, der Gelasse u. s. w. durch die Bruchenden erfolgen können. Es muss deshalb ein Verband wenigstens provisorisch angelegt werden und derselbe dann im Stalle erneuert oder vervollständigt werden.
Die Art des Wegbringens hängt zum Theil von der Gegend, von der Jahreszeit und von den vorhandenen Transportmitteln ab. Das beste Mittel ist eine sogenannte Schleife oder ein niedriger Schlitten, welchen man mit Stroh belegt, nahe an das Thier in der Längenrichtung desselben stellt, dann feste, glatte Bretter oder eine Thür, in schräger Richtung auf einen Rand desselben so legt, dass man das Thier auf der schiefen Fläche leicht bis auf den Schlitten hinaufziehen kann; oder, man legt so viel glattes Stroh zwischen das Thier und den Schlitten auf die Erde, dass die Lücke ausgefüllt wird und das Thier über das Stroh auf den Schlitten gezogen werden kann. — Weniger leicht ist es, ein grosses Thier auf einen Wagen zu heben. Man muss für diesen Zweck die Hinterräder des letzteren abnehmen, um ihn zu senken und eine schiefe Fläche zu schaffen, auf welcher
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man das Thier bis auf den Wagen zieht, wonach man den Wagen wieder erhebt und die Räder anlegt. — Wo der Transport nur auf einer kurzen Strecke auf ganz ebene Flächen geschehen soll, kann man auch eine starke Leiter unter das Thier in der Länge desselben schieben und dieselbe statt Leiter oder Schlitten benutzen. In jedem Falle müssen die Thiere an die Schleife oder den Wagen gehörig fest gebunden werden, und zwar so, dass die gebrochene Gliedmaasse möglichst ruhig liegt. Soll das Thier, es sei vor oder nach dem Transport, aufstehen und dabei die verletzte Gliedmaasse ganz schonen, so schiebe man eine starke Leiter oder einen starken, glatten Baum quer unter dem Leibe des Thieres vom Rücken her so weit hindurch, dass das Ende der Leiter oder des Baumes etwa einen Fuss lang über das Ende der Füsse hinausreicht; nun bindet man an diese Gegenstände einen starken Gurt oder einen Strick mit einem Ende unter dem Leibe, mit dem anderen über dem Rücken fest, so dass bei dem Aufheben die Thiere in dein Gurte gleichsam hängen, und hebt dann (als mit einem einarmigen Hebel) an dem hinter dem Rücken hervorstehenden Ende der Leiter das Thier allmälig bis zur senkrechten Stellung in die Höhe. Hierzu müssen stets 5 bis 6 starke Männer mitwirken.
Eine solche Anzahl von Gehülfen hat man ausserdem auch zur Einrichtung der Knocheubrüche und zur Anlegung des Verbandes bei grossen Thiereu nötbig.
Ehe man an die eben gcnainiteii Verrichtungen geht, muss mau sich für die eine oder die andere Art der sogleich anzugebenden Verbände entscheiden und die dazu erforderlichen lAlaterialien vollständig zur Hand legen, — ausserdem auch bei den grossen Thieren für einen zweckmässigen, nöthigenfalls unterstützten Stand (mittelst Hängegurte oder Maschinen), oder, bei den kleinen Thieren für ein gutes, weiches Lager sorgen.
Die eigentliche Behandlung der Knocheubrüche selbst hat folgende Aufgaben zu erfüllen: 1) die Bruchenden in ihre normale Lage zu bringen, wenn sie aus derselben verschoben oder verrückt sind, — die Einrichtung (Repositio) des Bruches; 2) sie in dieser Lage während der Heilung zu erhalten (Retentio); 3) den Heilungsprozess zu leiten; und 4) die etwanigen Complicationen und Nachkrankheiten zu beseitigen.
Die Einrichtung des Bruches ist verschieden, nach der Beschaffenheit des Thieres, nach dem Orte und der Art des Bruches. Bei Brüchen der Schädelknochen, der Rippen, des Schulterblattes macht man sie sehr häufig und ganz einfach durch Erhebung oder Zurückziehung des gebrochenen Knochen in seine Lage mittelst Instrumenten (Hebel, Haken u. dgl.). Au den Gliedmaassen besteht sie darin, dass durch Ausdehnung (Extensio) und Gegenausdehnung (Contraex-tensio) die Zusammenziehung der Muskeln überwunden und dann durch hinreichenden Druck unmittelbar auf die beiden Bruchenden dieselben in gegenseitige und gleichmässige Berührung gebracht werden. Die Ausdehnung und Gegenausdehnung inuss durch Gehülfen geschehen; dieselben umfassen unter- und oberhalb der Gelenke von dem gebrochenen Knochen das Glied entweder mit den biossen Hän-
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den oder au umgebundenen Gurten oder Stricken, und ziehen in entgegengesetzter Richtung von einander massig stark und ganz gleich massig so lange, bis die ßruchenden sich einander gerade gegenüber stehen, wo man dann durch Druck mit den Fingern beider Hände noch die Einrichtung vollständig macht.
Die vollkommen gelungene Einrichtung erkennt man theils durch das Befühlen, theils durch die ebene, richtige, mit dem anderen (Miede gleichmässige Länge und Stellung oder Richtung des verletzten Gliedes.
Die Einrichtung ist zuweilen sehr schwierig, besonders bei gros-sen Thieren an den mit vielen dicken Muskeln versehenen Theilen, da die üeberwindung der starken Muskelkraft oft weder mit den Händen noch mit Maschinen zu bewirken ist. Die grossen Thiere müssen hierzu gut gebremset und bei heftiger Widersetzlichkeit selbst betäubt werden durch Chloroform oder Aether. In der Regel soll die Einrichtung so bald als möglich gemacht werden, weil dann um so weniger üble Zufalle eintreten und um so besser die Heilung erfolgt. Ist aber schon, ehe die Einrichtung gemacht werden konnte, bedeutende Entzündung und Geschwulst entstanden, so muss man, wenn diese Zufälle bloss durch die veranlassende Gewaltthätigkeit erzeugt worden oder gar zu heftig sind, vorher erst dieselbe durch passende Mittel, kalte und zertheilende Umschläge u. s. w. beseitigen und dann die Einrichtung machen; wenn die Zufälle aber von beständiger Reizung der Bruchenden auf die naheliegenden Theile, von Durchstechung derselben und dergleichen herrühren, so muss man dennoch die Einrichtung möglichst bald zu bewirken suchen, weil nur allein hierdurch die Ursachen dieser Zufalle beseitigt und sie selbst vermindert werden. — Sind völlig lose und verschobene Knochensplitter zugegen, und besteht keine Wunde, so sucht man sie ordentlich in ihre Lage zurückzudrücken; geht dies nicht, stechen sie in die V\ eichgebilde und erregen jene Zufalle, so müssen sie vor der Einrichtung möglichst entfernt werden, besonders wo eine offene Wunde mit dem Bruche verbunden ist; ist diese nicht zugegen, so muss man Einschnitte bis auf die Splitter machen.
Nach gemachter Einrichtung hängt der glückliche Erfolg hauptsächlich von der unverrückten Erhaltung der eingerichteten Knochenenden in ihrer normalen Lage ab. Diesen Zweck sucht man zu erreichen durch einen der Form des Gliedes und der Stärke der Muskeln entsprechenden Verband, und durch eine schickliche Lage und Stellung sowohl des ganzen Thieres, als besonders des verletzten Gliedes. Alles dies muss jedoch nach Verschiedenheit der betreffenden Theile auf verschiedene Art bewirkt werden. — Ein Verband ist leider nicht, an allen Stellen des Körpers anzubringen und wirksam zu erhalten, z. B. an dem Becken und an dem oberen, dicken Ende der Gliedmaassen, weil hier die Form des Theils und die Stärke der Muskeln hinderlich ist.
Man hat im Allgemeinen drei Hauptarten des Verbandes bei Knochenbrüchen, nämlich: 1) den Schienenverband, 2) den Kleister- und Gypsbinden-Verband und 3) den Gypsguss. Jeder Verband soll die Eigenschaften haben: a) das Glied andauernd in der
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Knochenbrüche im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 491
normalen Richtung und Länge zu erhalten, daher die Wirkung der IWuskeln und der Schwere des Körpers auf die gebrochenen Knochen autzuheben und somit quot;Verschiebungen derselben zu verhüten; b) er darf die Thiere nicht mehr als nüthig ist, schmerzhaft belästigen und die Circulation des Blutes in dem Theile nicht unterdrücken. Wenn der Verband ausserdem noch leicht anzulegen und abzunehmen, leicht und wohlfeil herzustellen und wenn er die Anwendung von Umschlägen gestattet, ohne dabei zu verderben, so sind dies besondere Vorzüge.
1) Der Schienenverband wird mittelst Schienen, Compres-sen. Binden und Bändern gemacht. — Die Schienen sind flache Stäbe oder hohle Kapseln von verschiedenem Material, von Eisen, Eisenblech, Holz, Sohlenleder, Gutta percha, Pappe und dergleichen. Sie sollen folgende Eigenschaften haben: 1) sie müssen stark genug sein, um das. Glied in der Lage und Richtung, in welche man es gebracht, erhalten zu können; 2) müssen sie an allen Stellen des Gliedes genau anschliessen, daher gut nach dessen Form gebogen und ausserdem mit Werg, Baumwolle oder Leinwand gut ausgelegt sein; 3) sie müssen so lang sein, dass sie bis über die beiden nächsten Gelenke der gebrochenen Knochen hinausreichen (wovon jedoch an mehreren Stellen Ausnahmen bestehen); 4) sie müssen an den Enden verdünnt oder abgerundet und mit gehörig tiefen Einschnitten oder üehsen und dergleichen versehen sein, um sich besser anlegen zu lassen.
Sind die Brüche in der Nähe eines Gelenks, so müssen die Schienen nicht nur bis über das Gelenk, sondern auch über den grössten Theil des folgenden Knochens reichen. Auch müssen sie bei einem recht vollständigen Verbände das Glied in seinem ganzen Umfange bedecken. Da die flachen Schienen, wenn sie sehr breit sind, sich auf der gewölbten Oberfläche der Theile nicht gleichmässig anlegen, so wählt man sie lieber etwas schmäler, so dass vier bis fünf von ihnen erforderlich sind; Holzschienen können dagegen in zwei Thei-len das Glied vollständig wie eine Kapsel umgeben. Die letzteren müssen genau nach der Grosse und Form des Theils, besonders mit Berücksichtigung der Knocherhöhungen, gearbeitet sein. Bei gros-seu Thieren sind an den oberen Theilen ihrer Glieder nur Schienen von Holz und von Eisen sicher zu gebrauchen, da anderes Material daselbst zu sehr uachgiebt. Die eisernen Schienen verbindet man bei Brüchen der Gliedmaassen der Pferde zuweilen mit dem Hufeisen beweglich und macht sie so lang, dass sie bis auf das Schulterblatt oder bis zum Kreuz reichen, — Beides in der Absicht, um ihnen festere Haltung zu geben. Sie müssen stets nach den Erhöhungen und Vertiefungen der einzelnen Theile gebogen sein. Die Verbindung mit dem Hufeisen geschieht am einfachsten dadurch, dass das letztere an der Zehe mit einem starken Aufzuge versehen und in diesem ein Loch ist; das hintere Ende des Eisens ist geschlossen, hinter den Ballen in die Höhe gerichtet und daselbst ebenfalls mit einer Oeflhung versehen. In diese und in die vordere Oeflhung steckt man das hakenförmig gebogene untere Ende der beiden Schieraquo;
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492nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Knochenbrüchc im Allgemeinen.
neu. — Die Scliieueu von Leder, von Gutta peicha ') und von starker Pappe können bei Brüchen an den Fesselbeiuen der Pferde und den sämmtlicheu Brüchen der kleinen Hausthiere benutzt werden. Für Brüche der Vögol ist Kartenpapiex ausreichend.
Bei diesem Verbände gebraucht mau zum Unterlegen unter die Schienen, um den Druck derselben zu mindern und zum Ausfüllen der Vertiefungen an den Gliedern noch weiche Leinwand, Werg oder Baumwolle; und zum Umwickeln des Gliedes und zum Festhalten der Schienen sind Binden und Bänder erforderlich. Die Binden werden aus Leinewand nach der Länge derselben geschnitten und auf einen oder auch zwei Köpfe gerollt. Sie müssen je nach der Länge und der Dicke des Gliedes gegen 3 bis 12 Ellen lang und | bis 3 Zoll breit sein und dürfen keine grobe Nähte oder dicke Säume haben, — Man kann auch für Brüche au den Gliedmaassen mehrere (sechs bis zehn) Schienen von Holz, für kleine Thiere auch von Fischbein neben einander zwischen zwei Schienen von Leinewand oder von weichem Leder einnähen, so, dass neben zwei Stäben ein kleiner Zwischenraum bleibt, durch welchen eine Steppnaht geht, damit die Stäbe sich nicht verschieben. Das Ganze stellt eine Art Mieder dar, welches genau an den Theil passen muss. An den Seitemäudern sind innerhalb der nächsten Stäbe vier bis sechs Löcher, je nach der Höhe der Bandage, mit umsäumten Rändern angebracht, um Bänder zum Zusammenschnüren einziehen zu können. Das Zusammenschnüren muss immer vom untern Ende her beginueu, weil sonst die Bandage nach abwärts gleitet.
Die Anlegung des Schienenverbandes geschieht so: Man windet zuerst um das, noch in Ausdehnung und Gegenausdehnung erhaltene Glied, so lang wie der gebrochene Knochen vom untern Ende desselben anfangend, eine Binde in Spiralgängen, so dass ein Gang den vorhergehenden zur Hälfte bedeckt, massig fest um. Hierdurch hält man zum Theil schon die Knochen in ihrer Lage, hauptsächlich aber wird durch die rauhere Überfläche der Binde den Schienen eine bessere Haltung bereitet, als sie dieselbe an den glatten Haaren und der ungleichen, nach abwärts dünneren Form der Glieder sonst erhalten. Hierauf füllt man die Vertiefungen, namentlich in der Nähe der Gelenke, mit Leinwand, Werg und dergleichen vollständig aus, legt darüber die Schienen so an, dass die Mitte ihrer Länge auf den Bruch trill't, und dass sie, wo es möglich ist 2), das ganze Glied gleichmässig umkleiden. Man bindet sie entweder mit Bändern an
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') Die Gutta perclia in Tafeln wird in heissem Wasser erweicht, nach dem Umlange des Theils zugeschnitten, auf denselben gelegt und mit den Fingern überall ganz gleichmässig angedrückt. Das Material nimmt hierbei genau die Form des Theiles an. Ist dies geschehen, so legt man die Schiene während wenigen Minuten in recht kaltes Wasser, wodurch sie hart wie hartes Leder wird und dann angewendet werden kann.
a) An dem Arm und dem Unterschenkel u. s. w. gestattet die Form und die anatomische Beschaffenheit der Theile nur eine unvollständige Umkleidung mit Schienen.
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KnoehenbrUche im Allgemeinen,
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ilrei bis vier verschiedenen Stellen fest an das Glied, oder man wik-kelt sie mit einer Binde lest, oder, was bei grossen Thieren am zweckmässigsten ist, man schnürt sie mit Kiemen, welche mit Schnallen versehen sind, lest an. Nun wird die Ausdehnung allmälig aulgehoben und das Thier vorsichtig an seinen bleibenden Aufenthalts-' ort gebracht.
2) Der Kleisterverband, unverrückbare oder unbewegliche Verband (nach L array und Sen tin) und der Verband mit gegypsten Binden wird auf folgende Weise angelegt. Nach geschehener VViedereinrichtung und bei fortgesetzter Ausdehnung des Gliedes umgiebt man dasselbe nur dünn mit einer gewöhnlichen Binde und bedeckt etwa vorhandene Knocheuerhöhungen an den Gelenken mit Werg oder Baumwolle. (Um später das Abnehmen des Verbandes zu erleichtern, kann man unter die Binden auf die Haut in der Längenrichtung des Gliedes einen mit Fett bestrichenen schmalen Leinwandstreif legen, so dass dessen Enden über die Ränder der Binde frei hervorstehen.) Hierauf umwickelt man das Glied, so weit der gebrochene Knochen reicht, oder auch bis über die nächsten Gelenke, mit Binden, welche mit Mehl- oder Stärkekleister dünn bestrichen ist. Die Gänge dieser Binde müssen wieder einer den andern zur Hälfte bedecken und in zwei oder selbst in drei Schichten über einander angelegt werden. •— Bei kleinen Thieren ist hiermit der Verband beendet, und, wenn er trocken und fest geworden ist, auch vollkommen ausreichend; bei grossen aber legt man über die zweite Binde noch Schienen von Pappe, welche genau um das Glied passen und an den Rändern inchrfältig eingekerbt sein müssen, damit sie sich an allen Punkten glatt anlegen; sie werden vorher ein wenig befeuchtet und an beiden Seiten mit Kleister bestrichen. Man drückt sie mit den Händen recht gleichmässig an das Glied und umgiebt sie mit einer doppelten Lage von einer Binde. Der eigentliche Verband ist hiermit vollendet; da er aber erst nach 24 Stunden trocken and hinreichend fest -wird, so unterstützt man ihn während dieser Zeit durch äusserlich noch angelegte Schienen von Holz oder Eisen. — Man hat auch, um den Verband wohlfeiler herzustellen, statt der Binde Streifen von festem Papier mit Kleister bestrichen so um das Glied gelegt, dass ein Streif den andern zur Hälfte bedeckt; dies wird in mehreren Schichten .wiederholt, bis eine hinreichend starke Umkleidung entstanden ist. Auch hier ist bis zum völligen Austrocknen eine Unterstützung durch äusserlich angebrachte feste Schienen erforderlich. — Soll der Verband entfernt werden, so schneidet man ihn an einer Seite, (wenn Schienen vorhanden sind, am leichtesten da, wo die Ränder derselben liegen) in der Längen-richtung durch. Hatte man, wie oben angegeben, unter die erste Binde einen Leiuwandstreif gelegt, so kann man durch Ziehen an den hervorstehenden Enden desselben den Verband ein wenig von dem Gliede abheben und ihn mit einer Scheere um so leichter durchschneiden.
Bei dem Gypsbinden-Verband befeuchtet man entweder die Binden unmittelbar vor ihrem Anlegen mit einem ganz frisch bereiteten dünnen Brei von gebranntem, fein gemahlenen Gyps und Wasser,
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494nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Knochenbrfiche im Allgemeinen.
oder — die vorher in Wasser getauchten Binden werden bei dem Anlegen, Lage fur Lage (Tour für Tour) mit Gyps bestreut und dann der ganze Verband noch einmal befeuchtet.
3) Der Gypsguss oder die Eingypsung wird gewöhnlich nur bei Brüchen an den Knochen unter dein Knie- und Spi-ungge-j lenk der grossen Hausthiere angewendet, und zwar auf folgende Weise: Nachdem die Ilaare in dem Umfange des gebrochenen Knochen abgeschoren sind und die Einrichtung geschehen ist, bestreicht man die Haut dünn mit Fett oder Oel und legt um das Glied einen hölzernen, ebenfalls mit Fett ausgestrichenen Kasten, dessen Seiten-wände beweglich sind. Derselbe muss die Länge des gebrochenen Knochen und eine solche Weite haben, dass zwischen ihm und dem Gliede, je nach der Stärke desselben, rund herum ein Zwischenraum von 1£ bis 2J- Zoll bleibt. Die hiervon neben dem Gliede au den Enden des Kastens offen bleibenden Stellen werden mit Werg verstopft. Nun macht man von gebranntem pulverisirten Gyps und Wasser unter schnellem Umrühren einen dünnen Brei, giesst denselben sogleich in den Kasten und hält das Glied so lange in Ausdehnung und Gegenausdehnung, bis der Brei erstarrt ist, — was, je nach der Dicke der Masse, in circa 15 bis 20 Minuten geschehen ist. — Der Kasten wird dann abgenommen und die Ränder der um das Glied sitzenden Gypskruste werden mit einem Messer abgerundet, und dann dieselbe mit einer Binde umwickelt, um ihr Zersprengen zu verhindern. — Statt des Kastens hann man auch einen an beiden Enden offenen, gehörig weiten Beutel wie einen Aermel über das Glied ziehen, die Enden um dasselbe festbinden und dann durch eine üetfnung den Brei eingiessen.
Die gegenseitigen Vorzüge und Nachtheile der verschiedenen Verbände sind folgende: der Schienenverband wirkt gleich nach seiner Anlegung hinreichend; er ist leicht zu appliciren und am leichtesten wieder abzunehmen, •— was oft nöthig wird, besonders bei Brüchen mit eiternden Wunden und wenn grosse Entzündungsgeschwulst eintritt, oder wenn der Verband nach dem Schwinden einer grossen Anschwellung zu locker wird; er belästigt aber sehr durch ungleichen oder zu starken Druck, wenn er fest angelegt worden, und er verschiebt sich leicht, wenn er locker wird. — Der Klcisterverband ist leicht zu machen, er liegt gleichmässiger und drückt deshalb weniger als der Schienenverband; dabei hält er vortrefflich, aber er ist bei grossen Thieren nicht sogleich ausreichend und er gestattet nicht so leicht die etwa nötliige Erneuerung, oder bei complicirten Brüchen die anderweitige Behandlung '). .— Der Gypsguss würde als leicht anwendbar zu betrachten sein, wenn nicht die Extension und Contra-
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') Dieser Mangel Ist jedoch dadurch zu beseitigen, dass man den Verband, wenn er vollkommen fest geworden, in seiner Länge (wie oben angegeben) durchschneidet und ihn rückwärts auseinander beugt. Es bilden sich dann zwei zusammenhängende Schalen, die sich eben so leicht wieder um das Glied fügen und mittelst einer Binde fest zusammenhalten lassen. — Besteht eine offene, eiternde Wunde, welche täglich verbunden werden muss,
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exteusiou bis zur erfolgten gänzlichen Erstarrung des Breies durchaus nöthig wäre; er ist wohlfeil, liegt sehr gleichmässig, drückt fast gar nicht, und wird von nassen Umschlägen und von VVund-sekreten nicht verändert; allein er gelingt oft nicht, wenn die Thiere während der Erstarrung der Masse sich bewegen, weil sie dann leicht auseinander platzt; auch belästigt dieselbe durch ihre Schwere, und deshalb ist das Mittel bei kleinen Thieren nicht gut anwendbar.
Man mag den einen oder den andern Verband wählen, so müssen nach gemachter Einrichtung die Gehülfen das kranke Glied noch fortgesetzt in Ausdehnung und Gegeuausdehnung in gerader Richtung so lange erhalten, bis der Verband vollkommen fertig angelegt ist. Hierauf lässt mau mit der Ausdehnung allmälig nach und bringt das Thier mit Vorsicht und Behutsamkeit auf sein Lager oder in seinen Stand. Der so angelegte erste Verband muss nach der Beschalfeu-heit und dem Orte des Bruches, nach der verschiedenen Grosse des Thieres, nach der Dicke des Knochens und dergleichen durch kürzere oder längere Zeit, d. h. drei bis acht Tage, unverändert liegen bleiben; er muss aber, wenn er zu locker oder entgegengesetzt durch eintretende Geschwulst zu fest wird, oder wenn üble Zufalle entstehen, erneuert -werden. Dies geschieht so lange, bis die Verwachsung der Bruchenden durch Gallus eiTolgt ist. Bei Hunden ist ein Zeitraum von zwölf bis zwanzig Tagen, bei Pferden von sechs bis zehn Wochen hierzu erforderlich. Je nach der stattgefundenen Quetschung und der befürchteten Entzündung befeuchtet man während der ersten Zeit den Verband täglich einige Male mit kaltem Wasser, in der späteren Zeit mit durch Wasser verdünntem Branntwein und überlässt die Heilung der Natur. Bei recht heiliger Entzündung ist eine streng antiphlogistische Behandlung erforderlich und bei grosser Anschwellung in dem Grade, dass die Weichgebilde über die Ränder des Verbandes hervorquellen, muss der Verband gelockert werden.
Complicationeu erfordern nach ihrer Art eine besondere Behandlung.
iNach angelegtem Verbände muss man sorgfältig jede Störung der Vereinigung, welche durch Anstossen, unbequeme Lage, Auftreten und dergleichen herbeigeführt .werden könnte, zu verliindom suchen. Bei grosseu Thieren sind solche Störungen wegen der Schwere des Körpers, wegen der Stärke ihrer Muskeln, und weil sie während der Kur nicht ruhig liegen, weit häufiger und noch gefährlicher als bei kleineu. Man muss daher für erstere öfters noch, namentlich wenn die Beinbrüche an den Gliedmaassen sind, besondere Vorrich-lungen zu einer ruhigen, gleichmässigen, unterstützten Stellung derselben treflen. Am besten geschieht durch das Einhängen oder Einstellen des Thieres in einen sogenannten Hängegurt, oder in eine
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so kann man in diesem Verband an der bclrefrenden Stelle eine entspreciiemle Oeffnung macben und dureb diese das Nüthige tbun, ohne den Verband abzunehmen.
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496nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Huochcnbruclie im Allgemeinen,
Staadmaschine, zum Theil auch durch Stelzfuss- oder sogenannte Kinnmaschinen.
Die Uängegurte bestehen aus einem ungefähr 1£ Fuss langen und 2^ bis 3 Fuss breiten, an der innern Seite mit Leinwand und Werg gleichmässig ausgefütterten, an der aussein Seite aber mit drei starken Querriemen (in der Mitte und au jedem Ende) versehenen Leder; an den äusseren Enden der Querriemen sind starke eiserne Ringe angebracht, durch welche bei der Anwendung die Stricke zum Aufhängen gezogen werden. Ausserdem sind am vorderen und am hinteren Rande, ungefähr eine Hand breit vom Ende, ebenfalls noch solche Ringe zum Durchziehen von Stricken befestigt. Statt eines solchen, künstlich angefertigten Gurtes, den man nicht überall hat, kann mau auch eine weiche Thierhaut, welche an den Rändern mit Löchern iür die Stricke versehen ist, oder, noch leichter, einen starken Sack benutzen. Der letztere wird an jedem Ende auf einen Stock gewickelt und festgenäht, welcher gegen zwei Zoll dick und so lang ist, dass seine Enden gegen drei Zoll über die Ränder des Sackes hervorstehen. An diese hervorragenden Enden des Stockes kann mai; dann sehr leicht die Aufhäugestricke befestigen. Der Gurt, Sack oder dergleichen wird unter den Leib des Thieres so angelegt, dass die Brust und der Bauch ziemlich gleichmässig darauf ruhen, dass aber bei Hengsten und Wallachen der Hintertheil des Leibes wegen des Schlauches, bei säugenden Thieren das Euter vollständig frei bleibt.
Bei der Anwendung des Gurtes werden vier oder sechs gehörig lange und starke Stricke durch eben so viele in der Decke des Stalles gut befestigte eiserne Haspen, Klammern oder Ringe gezogen und nachdem der Gurt unter den Leib des Thieres gebracht ist, an die vorhin bezeichneten eisernen Ringe befestigt, wobei man sie so stark anzieht, dass das Thier mehr oder weniger mit den Vorder- oder Hinterfüssen, überhaupt da, wo sich der Bruch befindet, unterstützt gehalten wird. Während dieses Anlegens muss das Thier durch Ge-hülfeu in aufrechter Stellung gleichmässig und unverrückt gehalten werden. Ist das Einstellen in den Gurt geschehen, so macht man nun noch durch die Ringe am vordem und hintern Ende des Gurtes einen sogenannten Vordergurt oder einen mit Stroh oder Leinwand gut umwickelten Strick und führt denselben vorn über die Brust, hinten unter dem Becken zur entgegengesetzten Seite, wo er an die entsprechenden Ringe befestigt wird, — welche Vorrichtung verhindert, dass das Thier bei unruhigem Betragen weder vor- noch rückwärts aus dem Gurt herausfallen kann. Zu diesem Zwecke kann man auch dicht vor und hinter das Thier eine mit Stroh gut umwickelte Stange befestigen und eben solche Stangen auch zur Seite und um die Unterstützung zu vermehren, auch abwechselnd unter die Brust anbringen 1).
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') Schon v. Sind hatte, um die Pferde hei Knochenhrüchen ruhig stehend zu erhalten, eine dem Nothstalle ähnliche Vorrichtung erfunden und abgebildet, in welcher das Thier zwischen 4 Säulen steht und durch einen
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Knochcnhrüclie im Allgemeinen.
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Gegen das Ende der Heiluugszeit liisst man die Thiere ohne den Hängegurt stehen, mau bringt sie nach und nach in Bewegung, — zuerst mit dem Verband, später ohne diesen. Die Bewegung ist auch das beste Mittel zur Beseitigung des Schwundes.
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Gurt unterstützt wird, der au zwei, an beiden Seiten befindlichen, zum Drehen eingerichteten Walzen befestigt ist. (v. Sind, vollständiger Unterricht in den Wissenschaften eines Stallmeisters. Götting. 1770, S. 246.) — Merk (Geschichtl. Darstellung eines vollkommen geheilten Pferdebeinbruchs etc. Mit 1 Kupfer. München, 1815) hat eine ganz ähnliche Einrichtung benutzt, aber an den Gurt noch ein Seil gefügt, welches über eine an der Decke des Stalles befestigte Rolle gehl, um das Thier mehr in die Höhe heben zu können. — Binz (a. a. 0.) hat die von-v. Sind angegebene Vorrichtung benutzt und abgebildet, aiisserdem noch die Stelz- und Rinnmascbine. Einen Stelz-fuss (obgleich nicht in solcher Vollständigkeit wie der von Binz) hatte jedoch schon v. Tennecker mit gutem Erfolge angewendet (Dessen: Der allgemeine Thierarzt etc. Istcs Heft. Leipzig, 1820. S. 90). — J. Peterka (Gründliche und kurzgefasste Darstellung der verschiedenen Arten von Knochenbrüchen und Hufkrankhciten unserer landwirthschaftlichen Haus- und Nutzthiere. Mit 4 Tafeln. Prag, 1827) hat eine neue Schwebemaschine erfunden, welche sich von den bisherigen dadurch unterscheidet, dass die Last des Körpers weniger von dem unter der Brust und dem Bauche liegenden Gurt, sondern vielmehr von einer Art lederner Hosen, welche um die Vorarme und um die DicUbeine geschnallt werden, unterstützt wird. Das Gestell ist äusserlich dem von v. Sind angegebenen sehr ähnlich, kann aber auch dadurch ersetzt werden, dass man zwei gehörig starke glatte Bäume am vordem Ende und zwei eben solche Bäume am hintern Ende des Thie-res im Stalle in schräger Uichtung so in die Erde gräbt, dass die obern Enden sich über dem Kopfe etc. kreuzen. Auf die gekreuzten Stellen wird ein Langbaum gelegt und an diesen werden die Stricke oder Tücher und dergl. ?.um Halten der Hosen und Leibgurte befestigt.
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Zweiter Abschnitt.
Von den Knochenbrüchen im Speciellen.
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Erstes Caftitel.
Von don Hnichon des Hirnschädels.
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Die Brüche am Hivuschädel siml verschieden, je nachdem die Trennung der Knochen ohne oder mit einem Abstand der Kuochen-i'änder erscheint. Im erstem Falle heisscn sie Spalten, Fissuren (Fissurae), im letztern sind es aber wirkliche Schädelbrüche. Die Spalten dringen entweder nur durch die äussere, oder nur durch die innere Knochentafel, oder sie durchdringen beide. Die Form, (irösse und Hiebtung der Brüche und der Spalten ist verschieden, bald gerade, bald gezackt, oft sind sogar mehrere Bruchstücke oder auch mehrere Spalten zugegen. Beide entstehen entweder an der Stelle, wo die äussere Gewalt einwirkte, oder von dieser entfernt und heissen im letztern Falle (Jegenspalten und Gegenbrüche (Contrafissurac, Contrafracturae). Diese entstehen grösstentheils wegen der Wölbung der Schädelknochen und hängen meistens von der verschiedenen Dichtigkeit und Stärke derselben, wie auch von der Stärke und Richtung der einwirkenden Gewalt ab; sie entstehen sogar, wenn die letztere auf einen Gesichtsknochen trifft. Auf diese Weise entstehen z. B. Brüche an der Basis des Schädels, an dem Felsentheil der Schläfenbeine, am Keil- und Hinterhauptsbein, wenn Pferde auf das Maul fallen, mit dem Kopfe gegen Mauern laufen oder sich überschlagen. — Weicht bei Hirnschalbrüchen das eine Kno-chenstück nach innen (dem Gehirn zu), so ist dies ein Schädelbruch mit Eindruck (Fractura cranii cum impressione). Bei sehr jungen Thieren, wo die Schädelknochcn noch weich und biegsam sind, sind Eindrücke auch ohne Bruch möglich; sie werden jedoch in dieser Art höchst selten bemerkt. Zuweilen splittert die innere,
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Brüche des Hirnschädels.
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mehr spröde Lamelle der JSehädelkuochen aus einander, und zwar sowohl bei vollständigen Brüchen, wie auch bei Spalten, ja selbst ohne dass ein äusserlicher Bliich entsteht. — An dem Hinterhauptsbein bricht zuweilen der Querfortsatz ganz oder theilweis ab.
Die meisten Brüche des Schädels sind complizirt, und zwar ganz so, wie die Schädelwanden (S. 372), bald mit llimerschütte-rung, bald mit Blute igiessu ng, bald mit Betäubung, oder mit Verwundung der llirnbäute oder des Gehirns vom Druck der eingedrückten Knochen, und gewöhnlich tritt Hirnentzündung hinzu, wenn das Thicr nicht an den ersteren Zufallen schnell stirbt.
Die Ursachen dieser Verletzungen sind: heltiges (Jegenlaulen an Mauern, Bäume und dergleichen. Niederstürzen, Ueberschlagen, Gegenschlagen mit dem Kopfe im harten Fussböden bei Convulsionen, Hufschläge, Schläge mit Knütteln u. dgl.
Diö Erkennung der Hirnsclialbrnche ist manchmal sehr leicht, manchmal aber sehr schwer und last unmöglich. Leicht ist sie, wenn eine oflenc Wunde zugleich vorhanden ist, wo man den Bruch sehen oder fühlen kann, wenn der Knochen nicht einfach, sondern in mehrere lockere Stücke gebrochen ist, oder wenn zugleich Eindrücke vorhanden sind; in diesen Fällen kann man ihn durch das Befühlen auch bei noch unverletzter Haut erkennen, wenn nämlich der Bruch an der Oberfläche des Schädels und an einer Stelle sich befindet, wo wenig weiche Theile ihn bedecken. Sind aber die Bedeckungen nicht mit verletzt und stehen die Knochenränder nicht weit, von einander ab, oder ist, der Hiuch an der Basis des Schädels, so kann man ihn nicht durch das (iefiild entdecken. Wenn man daher nach der (Jrösse der vorausgegangenen Gewalt einen Bruch vermuthen könnte, so mache man an der Stelle, wo die Gewalt am kräftigsten eingewirkt hat, einen Einschnitt, den man in solchen Fällen ohnedies auch bei der Behandlung machen muss, oder wenn eine Wunde schon vorhanden, aber noch nicht hinreichend zur völligen Erkeuut-niss des Bruches ist, so erweitere man diese bis auf den Knochen. Das Messer muss dabei mit Vorsicht geführt werden, damit man nicht etwa mit demselben in den Bruch dringt und innere Verlez-zungen macht. Die einfachen Spalten sind sehr schwierig und nur bei entblössten Knochen zu erkennen; doch kann man vermuthen, dass dergleichen vorhanden sind, wenn man den entblössten Knochen mit einem Schwämme trocken abwischt und sich an einzelnen Stellen in einer besondern, fortlaufenden Richtung Blutausschwitzung aus demselben zeigt. Ein in Form eines Zahnstochers spitz zugeschnittener Federkiel als Sonde angewendet, giebt dann die nähere Erkenntniss. Auch ist hier, wie bei den meisten Frakturen der Schädelknochen, sehr oll das Pericranium von dem Knochen abgelöst. •— Die Erkenntniss der Gegenbrüche ist völlig jinsicher; man findet sie nach sehr heftigen Gewalten meistens erst nach dem Tode; im Leben lassen die sich darbietenden Zeichen des Gehirndrucks, des Extravasats, der Gehirnerschütterung u. s. w. sie nur vermuthen.
Prognosis. Jeder Bruch der Schädelknochen setzt imnter eine heftig auf den Kopf eingewirkte Gewaltthätigkeit voraus und lässt
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500nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Brüche des Hirnschädels. Behandlung.
vermutheu, dass aussei- dem Bruche auch noch andere Verletzungen und Störungen der angränitenden Organe, namentlich des Gehirns und seiner Häute, dadurch veranlasst sein können. Daher ist das äussere Ansehen dieser Knochenverletzungen nicht immer der IVlaass-stab ihrer Gefährlichkeit; denn von dem Zustande der äussern Kno-cheuwundc kann nicht immer auf den Zustand der innern Theile geschlossen werden. Bei der bekannten grössern Sprödigkeit der iu-nern Tafel der Scbädclknochen (Tabula interna s. vitrea) ist oft dieselbe gerissen oder gar gesplittert, wenn die äussere nicht einmal eine Fissur hat, und oft springt sie in einer ganz andern Richtung. Hierbei entsteht dann oft Verletzung, Reizung und Lostrennung der harten Hirnhaut von Knochen, Ergicssung von Blut, Entzündung oder Eiterung über oder unter der harten Hirnhaut, dem Koller ähnliche Zufälle, Betäubung, Fieber und früher oder später der Tod. Man hat daher bei Bcurtheilung einer solchen tiefen Kopiverletzung sich eben so viel nach den vorhandenen Zufällen, als nach der Beschaffenheit der äussern Verletzung und des Bruchs zu richten und bei Symptomen, welche auf lliruerschütterung u. s. w. deuten, das Urtheil, wie Seite 372 und 373 angedeutet, auszusprechen. Bei Brüchen ohne solche innere Leiden kann die Heilung gelingen, selbst wenn Knochenstücke verloren gehen. Dieselben ersetzen sich fast immer durch allmäligc Callusbildung mittelst Granulation.
Behandlung. Man sucht zunächst den Druck und die Reizung zu beseitigen und deshalb den unter den Bedeckungen, oder unter dem Knochen und unter den Hirnhäuten selbst ergossenen Flüssigkeiten baldigen Abfluss zu verschafl'en, und zwar bei obei'ilächlichen Ergiessungen durch tüchtige Einschnitte, bei Ergiessungen unter der Hirnschale durch Erhebung oder Entfernung der losen Knochenstücke mittelst Pinzette und Messer, oder auch durch die Trepanation. Dass Blut unter der harten Hirnhaut ergossen sei, erkennt man daran, dass nach entfernten Knochenstücken oder nach gemachter Trepanation -die harte Hirnhaut dunkelroth oder bläulich gefärbt und fluetuirend erscheint. In diesem Falle macht man einen vorsichtigen Einstich durch diese Haut, um das ergossene Blut zu entleeren. — Eine wichtige Indication ist dann auch, die gewöhnlich bald eintretenden heftigen Congestionen nach dem Kopfe zu massigen und die drohende Hirnentzündung zu verhindern, oder wo sie schon entstanden ist, sie zu beseitigen. Dieser Indication genügt man durch einen verhältniss-mässig für die Constitution des Thieres etwas reichlichen Aderlass, der nöthigeufalls wiederholt werden kann, durch beständig kalte üeberschläge auf den Kopf mit Wasser, Schnee oder zerstossenem Eise, durch ableitende Mittel, namentlich Purganzen und Klystiere, und durch sehr verminderte Nahrungsmenge. Wenn die Zufälle heftig sind, so darf das Thier in den ersten 24 Stunden gar keine, dann aber nur wenige und weiche iNahrungsmittel, am besten nur Kleienwasser erhaltet. Dem Zustande angemessen muss die Behandlung in den meisten Fällen also sein, wie bei Wunden am Schädel und bei den Complicationen derselben angegeben worden ist. — Bei Anwendung der örtlichen Mittel aber muss man zwei Dinge vermeiden, nämlich fette Salben und das Brennen bei etwa entstehende)!
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Brüche am Stirnbein und seinen Fortsätzen.
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schwammigten Auswüchsen u. s. w. Denn das Brennen in der Nähe des (jehirns hatte bisher meistens üble Folgen und Fett ist den Knochen schädlich und verunreinigt die beste Wunde dieser Theile.
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Zweites Caplfel.
Brüche und Eindrücke des Stirnbeins und seiner Fortsätze.
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Der platte Theil des Stirnbeins wird zuweilen durch ähnliche gewaltsame Einwirkungen, wie die sind, welche die Brüche des Schädels erzeugen, eingedrückt oder auch verschiedentlich zerbrochen; häufiger geschieht es jedoch, dass die hervorragenden Fortsätze dieses Knochens, der Augenlbrtsatz, und bei den gehörnten Thieren der Hornfortsatz (Hornzapf'en) abgebrochen werden.
Hinsichtlich der Erkennung der Verletzungen des platten Theils deraquo; Stirnbeins gilt alles das, was von der Erkennung der Brüche und Fissuren an den Schädelknochen gesagt worden ist; sie ist schwierig, wenn die Haut noch unverletzt, wenn grosse Geschwulst zugegen ist und wenn die Knocheustücke wenig oder gar nicht aus ihrer l-age gewichen sind. Leichter ist die Erkennung, wenn weniger Geschwulst entstanden, wenn eine ollene Wunde zugegen, wenn der etwa vorhandene Eindruck stark ist und eine tiefe Grube zeigt und wenn die getrennten Knochentheile sehr aus einander gewichen sind. Aus einer bis in die Stirnhöhle gehenden Wunde entweicht beim Ausathmen des Thieres warme Luft. — Der Augenbogenfortsatz bricht entweder in einem Stücke ab, oder er splittert, und häufig ist eine Wunde zugegen. Die Erkennung ist meistens leicht, da die abgebrochenen Stücke gewöhnlich ihre Lage verändern, indem sie theils durch die eingewirkte Gewalt, theils durch die umliegenden Muskeln bald mehr nach der Augenhöhle, bald mehr nach ausseu gebracht werden. Auch kann man durch Druck mit der Hand den abgebrochenen Fortsatz bewegen. Geschwulst oder Entzündung des Augapfels, der Augenlider und der umliegenden Theile findet sich fasl jedesmal bald nach der Verletzung ein, und zwar oft so stark, dass die Thiere die Augen gar nicht öffnen können. Diese letzteVen Symptome hängen zum Theil von der Grosse der eingewirkten Gewalt, zum Theil auch von der Reizung der in die weichen Theile eingedrungenen Knochensplitter ab. #9632;— Der Hornfortsatz kann bloss angebrochen oder völlig abgebrochen sein. Ersteres erkennt man an der verschobenen Stellung des Horns und einer Spalte in seiner Basis, Letzteres an dem fehlenden Horn, an der blutenden Stelle und daran, dass bei dem Ausathmen des Thieres warme Luft durch die
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502nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Brüche am Stirnbein und seinen Fortsetzen. Behandlung.
OeHuiiiig dieses Fortsatzes ströml und dass mau bis in die Sürnhöhle scheu kann. Bei allen diesen verschiedeneu Frakturen des Stirnbeins sind die Thierc in Folge der stark eingewirkten Gewalt auweileu nur in sehr geringem Grade, zuweilen aber sehr betäubt, und überhaupt können die Zufalle, wie bei den complizirten Schädelbrüchen, zugegen sein.
Die Vorhersaguug hängt von dem verletzten Theile, von der Beschaffenheit der Verletzung und von den eingetretenen Zurällcu ab. Einfache Brüche oder Eindrücke des platlen Tbeils des Stirnbeins sind an sich gar nicht gefährlich; stehen aber Knocheusplilter nach innen und reizen die Schleimhaut anhaltend, so kann heftige Entzündung derselben, langwierige Eiterung, Verdickung der Schleimhaut und Polypenbildung erfolgen. Daher sind Splitterbrüche nicht immer ganz günstig zu beurtheileu. #9632;— Eben so sind einfache Brüche des Augenbogenfortsatzes an sich nicht gefahrlich, sondern sie werden es nur dann, -wenn Splitter nach innen dringen, wenn durch die eingewirkte Gewalt der Stirnnerv sehr gequetscht oder zerrissen ist, oder wenn dadurch der Augapfel sehr erschüttert oder gequetscht ist, oder wenn derselbe durch das abgebrochene Kuochenstück anhaltend und sehr gereizt wird. In allen diesen Fällen kann heftige Entzündung, Eiterung, Blindheit und selbst Verlust des ganzen Auges entstehen. #9632;— Der Bruch des llornlbrtsatzes ist zwar immer an sich ohne Gefahr, aber meistens mit sehr starker Blutung verbunden; andere üble Zufälle treten bei den Brüchen dieses Theils am wenigsten ein. Bei allen diesen Verletzungen, selbst wenn sie klein sind, ist die Gefahr, sobald anhallende Betäubung und kollerähnliehe Zufalle sicli einstellen, nicht für gering zu achten. #9632;— In den heilbaren Fällen erfolgt die Heilung gewöhnlieh in 3—6 Wocheu; bei theihveiser Trennung des Hornzapicns kann gänzliches ^ iederzusammenwachsen erfolgen, bei vollständiger Trennung aber erfolgt dies nicht, sondern die Heilung geschieht durch allmälige \ erschliessung der Oeffnung mittelst Granulation.
Behandlung. Die örtliche Behandlung der Verletzungen am platten Theil des Stirnbeins und am Augenbogenl'oilsatz ist der bei den Hirnsehalbrüchen angegebenen ähnlich und sie muss dahin abzwek-ken, dass vermittelst der passenden Inslrumeiite, des Hebels, stumpfen Hakens u. dgl. die eingedrückten Knochenstiicke wieder erhoben, in ihre l^age gebracht und in derselben erhalten werden, — dass die ganz losen Stücke oder die scharfen Splitter aber baldigst entfernt und vorhandene Blutextravasate durch kunstmässige Einschnitte entleert werden. Zugleich sucht man in der ersten Zeit durch kaltes Wasser, Bleiwasser, Oxykrat u. dgl. der zu starken Entzündung vorzubeugen, in späterer Zeit aber nach Beschaffenheit der Zufälle durch Anwendung der mehr- reizend zertheilenden Mittel, z. B. aromatischer Kräliteraufgüsse mit Zusatz von Essig, Weingeist u. s. w. und durch die adstringirenden Mittel die geschwächten Theile zu stärken und die Eiterung möglichst zu massigen. Entsteht Ansammlung von Eiter in der Stirnhöhle, sind Knochenstücke in dieselbe gedrückt, so tre-panirt man an der niedrigsten Stelle des Knochens. Die allgemeine Behandlung muss in der ersten Zeit immer antiphlogistisch sein; sie
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Bnichu des Jochbeins etc.
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bestellt im tüchtigen ßlullassen, vvelchcs man nach ßeschalTenhcil der Symptome -wiederholt, in Laxauamp;en (Salzen), Klystieren und vermindertem Futter.
Den zum Theil gebrochenen llornfortsatz reinigt man vom Blute, drückt ihn in seine Lage und umbindet ihn, wenn kleine Splitter vorhanden sind, sogleich mit einem Streifen Leinwand oder mit einem Bande, welches mit Kleister oder Leim bestrichen ist und an den noch übrigen Theil des llornfortsatzes oder an das gegenüberstehende Horn befestigt wird. iMan kann auch Schienen von Pappe und dergleichen, die mit Kleister bestrichen sind, so anlegen, dass sie zum Theil auf der Stirn ruhen; Silid aber Splitter vorhanden, so nimmt man diese zuerst mit einem scharfen Messer weg und verfährt dann, wie angegeben ist. Ist der llornfortsatz vollständig abgebrochen, aber eben, so bedeckt man ihn mit weichem Werg und hält dasselbe mit einem umgewickelten Bande fest, welches ebenfalls an das andere Horn geführt werden kann. Bei grosser Splitterung kann die Bruchstelle vorher durch eine Säge in eine ebene Fläche umgewandelt werden. Bei starker Blutung steckt man einen Pfropf von Werg, Leinwand oder Kork in die Höhle des Hornfortsatzes, um das fernere Eindringen des Blutes zu verhindern. Selten wird man anderer Mittel, am wenigsten (wie Teunecker that) des Brennens zum Blutstillen nöthig haben; sollte jedoch nach angelegtem Verbände das Bluten noch stark fortdauern, so befeuchte man den Verband recht oft mit Essig oder einer Alaunauflösung, oder mit einem ad-stringirenden Dekokt. .Nach 24 — 36 Stunden entfernt man den ersten Verband nebst dem Pfropf und legt einen neuen, den man inii Colophoniumpulver bestreut hat, auf und fährt so bis zur Heilung fort. Letztere erfolgt in etwa 3 •— 4 Wochen. — Um im Sommer diese wunden Theile gegen die Plage der Insekten zu schützen, kann man den Verband mit bittern Pflauzenabkochungcn, mit Theer oder stinkendem Thieröl u. dgl. bestreichen.
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Drittes Capitel.
Brüche des Jochbeins und des Jochbogcns oder der Jochbrücke.
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Die Ursachen zu den Brüchen dieses Knochens und der Fortsätze sind alle Gewaltthätigkeiten, welche auf dieselben stark genug einwirken. Diese Brüche betreffen entweder bloss den flachen Theil des Jochbeins, oder die Jochleiste, oder den Jochbogen; sie sind am hervorragendsten Theile oder am Grunde dieser Fortsätze und im letztern Falle ist zuweilen ein Stück von der äussern Platte des
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Brüche des Jochbeins etc.
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Jochbeins oder des Vorderkieferbeins mit losgetrennt oder nach innen eingedrückt, wobei einzelne Wurzeln der obern Backenzahnreihe an der äusseru Seite entblösst werden.
Man erkennt diese Brüche an einer Vertiefung, welche am Oberkiefer vor der Jochleiste oder im Verlaufe derselben, oder an der Jochbrücke bemerkbar ist, an hervorstehenden oder in der Tiefe fühlbaren Knochenstückeu und Splittern, und an der Beweglichkeit eines solchen Kuochcnstückes, wenn man auf dasselbe drückt. Ist eine Wunde an den erstem Stellen zugegen, so kann man die Wurzeln der Backenzähne oder die Oberkieferhöhle sehen, und es strömt warme Luft aus derselben. In manchen Fällen ist durch das nach der Augenhöhle eingedrückte Stück des Jochbogens der Augapfel mehr oder weniger beleidigt und selbst aus seiner Höhle gedrängt. Auch ist Blutergiessung, Entzündung und starke Geschwulst und daher etwas erschwertes oder gänzlich gehindertes Kauen fast immer mit diesen Brüchen verbunden.
Prognosis. Im Allgemeinen sind die oberllächlichen Brüche des Jochbeins und der .lochleiste und eben so die des Jochbogens nicht gefährlich, oft aber sehr schwer zu heilen, weil die losgebrochenen Knochenstücke sehr schwer oder gar nicht in ihrer normalen Lage zu erhalten sind, indem sie von den an ihnen sich ansetzenden Muskeln, namentlich von dem äussern Kaumuskel meistens und wiederholt nach unten gezogen werden. Diejenigen Brüche aber, wo am Grunde dieser Fortsätze von der äussern Fläche des Joch- und Vorderkieferbeins zugleich ein Stück losgerissen ist, wobei die Zahnwurzeln entblösst sind, oder wo das Auge sehr beleidigt, entzündet oder aus seiner Höhle herausgedrängt ist, sind deswegen für gefährlich zu halten, weil langwierige Eiterung, Zahnfisteln und Blindheit des betreffenden Auges erfolgen können. Eine Zeitbestimmung der Heilung lässt sich wegen Verschiedenheit der Zustände nicht angeben.
Bei der Behandlung muss man sich bestreben, das eingedrückte oder verzogene Knochenstück wieder in seine natürliche Lage zurückzubringen und in derselben zu erhalten; aber fast ganz lose Knochenstücke und die Splitter müssen entfernt werden. Das erstere geschieht nach den schon angegebenen Regeln theils mit der blossen Hand, theils mit stumpfen Haken, mit der Pinzette u. s. w. Ein Verband zur Erhaltung der Bruchstücke in ihrer Lage nutzt fast gar nichts. Bei Brüchen der Jochleiste könnte für diesen Zweck das quere Durchschneiden (subeutan) der Fasern des äussern Kaumuskels, so weit dieselben sich an das Bruchstück setzen, zu versuchen sein. — Die Beseitigung aller sonstigen Complicationen und Zufälle muss nach den allgemeinen Regeln und nach der Beschaffenheit dieser Zufälle erfolgen. Strenge Ruhe des Hinterkiefers, daher Verhütung des Kauens durch Entziehung aller festen Nahrung während der Heilung ist durchaus nöthig.
Brüche an den Oberkieferbeinen verhalten sich sehr ähnlich wie die an den Jochbeinen.
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Brüche der Nasenbeine.
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Wertes € raquo;iihel.
Brüche der Nasenbeine.
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Obgleich die .Nasenbeine lang und dabei nicht, sehr breit sind, so kommen dennoch die Längenbrüche, oder eigentlich bloss Spalten in denselben vor, mehrentheils jedoch Querbräche, auch schiefe und .Splitterbrüche. Die verschiedenen Brüche befinden sich entweder am obern, mitllern oder untern Theil der Nasenbeine; zuweilen sind sie mit Eindrückung der Bruchstücke nach innen, mit Verletzung der \asenschleimhaut und äusserer Verwundung, oder auch mit Hirnerschütterung verbunden. Die Ursachen sind dieselben, wie bei den Brüchen der übrigen Kopfknochen.
Die Erkennung der wirklichen .Nasenbeinbrüche und der Eindrücke ist im Allgemeinen leichter als die. der übrigen Kopf knochen, weil die ersteren äusserlich nur dünn mit Haut überzogen und daher alle mechanischen Veränderungen an ihnen leicht fühlbar und selbst sichtbar sind; doch ist die Erkennung zuweilen dann schwer, wenn die gebrochenen Theile ihre Lage verändern, wie dies bei Längen-brachen oft der Fall ist, oder wenn eine starke Geschwulst sich entwickelt hat. — 1st das Knocheustück tief nach innen eingedrückt, so verhindert es den freien Durchgang der Luft und das Thier athmet schnaufend, und wenn hierbei sich durch den Heiz der Knochensplitter eine starke Anschwellung der Schleimhaut innerhalb der Nase entwickelt, so können selbst Erstickungszufälle eintreten. Mehrentheils erzeugen diese nach innen gedrungenen Knochensplitter durch Verletzung der Blutgefasse der Nasenschleim-baut eine bald mehr bald weniger heftige Blutung. Die meisten Thiere bei solchen Brüchen sind, wenn sie nicht betäubt sind, sehr kopfscheu; daher muss man in solchen Fällen bei der Untersuchung erst den Kopf möglichst fixiren und den Pferden iu der Kegel die Hinterlippe stark bremsen. Wo Gehirnerschütterung besteht, äussert sich dieselbe durch plötzlich eingetretene Betäubung u. s. w.
Prognosis. Diese Brüche sind an und für sich niemals gefährlich und immer leichter zu heilen, als die übrigen Knochenbrüche am Gesicht, weil man die Vereinigung der Bruchränder sehr leicht bewirken und ohne Slürung erhalten kann; doch geben Splitterbrüche durch die Verletzung und Reizung der Nasenschleimhaut manchmal Ai)l#s zu lange eiternden Geschwüren oder auch dazu, dass in der Folge^sich Polypen bilden. Wo besondere Zufälle, Betäubung, Erstickungsgefahr u. s. w. zugegen sind, bestimmen diese die Beurtheilung nach den allgemeinen Grundsätzen.
Die Behandlung dieser Brüche beruht zunächst und hier zum
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Brüche der Nasenbeine.
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gi'össlen Theil allein ilaruuf, dass man die getrcuiilen und verschobenen Knochenstücke in ihre normale Lage ziiriickbringl und die scharfen und losen Splitter entfernt. T)as erstere erreicht man bei den grössern Hausthiereu und bei den Brüchen am untern Ende der Nasenbeine sehr leicht, indem man einen mit Werg oder Leinwand nmwickelten und mit Oel, Fett oder Schleim bestrichenen, ver-hältnissmässig dünnen Stock in die Nasenhöhle vorsichtig bis zur Bruchstelle einführt und damit das Knochenstück nach aussen in seine natürliche Lage zurückdrückt. Bei dieser Verrichtung legt mau die andere Hand nach aussen, dem Stocke gegenüber an die Nase, um sogleich zu fühlen, wenn dasselbe sich bewegt und in seine rechte Lage zurückgetreten ist. — Ist in einein Falle das Kno-chenstiiek nach aussen gedrängt, was höchst selten geschieht, so bringt man dasselbe noch leichter durch Druck mit der blossen Hand zurück.
Wenn der Bruch mit Eindruck um die Mitte der Nase oder nahe dem Stirnbeine ist, so ist die Zurückbringung schwieriger und auf die eben angegebene Weise nicht zu erzwecken, sondern man muss sich hierzu der Knochenschraube, des Hebels oder selbst des Trepans bedienen, — überhaupt so verfahren, als ob der Bruch am flachen Theile des Stirnbeins selbst wäre. Lose Splitter entfernt man mit Pinzette und Messer. Ist schon vorher sehr bedeutende Entzündung und fJeschwulst, jedoch ohne Störung des Athmens zu verursachen, eingetreten, so beseitigt man dieselbe durch Umschläge von Blciwasser u. s. \v. vor der Einrichtung des Bruchs, weil diese sonst sehr schmerzhaft ist und schwer gelingt. Drohen Erstickuugszufälle und die Erhebung der eingedrückten Bruchstücke ist wegen zu grosser Geschwulst nicht zu bewirken, so muss die Tracheotomie gemacht werden. (Siehe Seite 4(J3.) Die bei diesen Brüchen stattlindenden Blutungen werden nach Entfernung der Knochensplitter durch Einspritzungen von kaltem Wasser, Essig u. dgl., in dringenden Fällen und bei offenen Wunden auch durch das Brennen gestillt.
Eine besondere Bandage ist bei diesen Brüchen selten nöthig, doch müssen vorhandene Wunden mit einem Stück Leinwand bedeckt werden. Die Pferde dürfen keine Halfter haben, sondern müssen am Halse angebunden werden. Alle sonstigen Zufälle werden nach ihrer Eigenthümlichkeit behandelt.
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Brüche dor Kleinen Vorderkicferbeinc.
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Fimfteiraquo; Capitel.
Brüche der kliMiioii Vorderkiei'erbeine.
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Die geuannten Kuoclicn brechen zuweilen in schräger oder C|ue-rer Kichlung und gewöhnlich gesplittert, bei Pferden in Folge von heftigem (iegenlaulen mit dein Maule gegen Wände oder bei dem .Niederstürzen mit dem i\laul auf harten Boden, zuweilen auch durch llulschläge und bei dem gewaltsamen Aufziehen des Kopfes vermittelst Stricken, welche um das Obermaul gelegt sind, um Flüssigkeiten einzugeben, bei Hunden auch durch Schläge mit dicken Stöcken.
Man erkennt diese Urüche daran, dass die Oberlippe und die Schneidezähne des Oberkiefers entweder nach vorn oder nach einer #9632;Seite gebogen über die Unterlippe hervorstehen oder herabhängen, dass die Nase des Thieres hierdurch eine schiefe und uuregelmässige Kichtung erhält, ferner dass mau bei dem Erfassen und Bewegen des vordem Endes des Obermauls eine abnorme Beweglichkeit und das reibende Geräusch wahrnimmt, wobei die Thiere auch zugleich mehr oder weniger Schmerz zeigen, und zuweilen findet man auch im Maule Splitter durch das obere Zahu/lcisch an einer oder der anderen Stelle hervorragend, oder es fliesst auch Speichel in grösserer Menge aus dem Maule und gewöhnlich könncii die Thiere auch das Futter nicht gut ergreifen.
Die IJeurtheilung ist nach den bis jetzt beobachteten wenigen Fällen günstig zu machen, da die Heilung gewöhnlich erfolgt und zwar in Zeit von 4—6 Wochen.
Die Behandlung besteht zunächst in der Entfernung vou etwa vorhandenen Splittern vermittelst Messer und Pinzette, dann aber in der Wiedereinrichtung auf die Weise, dass man durch gelindes Ziehen au den Schneidezähnen in gerader Richtung nach vorn die ungleich contrahirlen Weichgebilde ausdehnt und dann die abgebrochenen Stücke in die regelmässige Lage zurückdrückt. Hierauf legt man entweder einen eisernen gut passenden Maulkorb an, und befestigt denselben mittelst Bändern an die Halfter; oder man befestigt an eine mit einem Stirnriemen versehene Halfter einen platten eisernen Stab oder eine Schiene von festem Holz mit dem obern Ende an den Stiinriemen und weiter hinab au den Nasenriemen, so dass die Sdiieue in der Länge der Mittellinie des Nasenrückens liegt und mit ihrem untern Ende bis zur Oberlippe reicht. An diese Schiene bindet man die beiden Enden eiues starken Metalldrahtes, welchen man um die sämmtlichen Schneidezähne der abgebrochenen kleinen Oberkieferbeine gebunden, ihn hinter denselben durch Zusammendrehen vereinigt und dann die Enden zu beiden Seiten unter der Oberlippe aus dem Maule herausgeführt hat. Die Umbicgung der Drahtenden aa der Oberlippe muss so geschehen, dass die letztere d adurch nicht
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Briichu des Unter- oder Hinterkiefers.
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stark gedrückt wird. Auf diese Weise wird das abgebrochene Kuo-chenstück von der auf dem Nasenrücken liegenden Schiene gelragen und in seiner Lage erhalten. Etwa vorhandene Entzündungszufälle werden durch Waschungen mit kaltem Wasser oder mit Bleiwasser beseitigt und Wunden nach ihrer Beschaffenheit, wie an andern Stellen, behandelt, — iMan bindet die Thiere in ihrem Stande umgekehrt au, damit sie sich die verletzte Stelle nicht drücken oder reiben können und giebt ihnen in den ersten 14 Tagen nur Mehl- oder Kleientrank, späterhin erweichtes Brod, gekochte Kartoffeln oder Mohrrüben u. dgl.
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Sechstes Capitel.
Brüche des Unter- oder Ilinterkiefers.
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Der Hinterkiefer bricht ziemlich häufig, besonders bei Pferden, und an verschiedeneu Stellen, nämlich entweder am Kinn der Lauge nach, oder dieses bricht an den Laden ganz ab, oder es bricht nur ein Ast des Kinnbacken Mi den Laden oder den Backenzähnen bald mehr nach vorn, bald mehr nach hinten ab. Auch der Kronen- und (ielenkfortsatz brechen zuweilen. Die Brüche kommen in den allgemein angegebenen Verschiedenheiten vor; zuweilen besteht nur oberflächliche Splitterung der Laden.
Die-Erkennung dieser Verletzungen ist gewöhnlich sehr leicht, weil im Allgemeinen sich das losgebrochene Stück bald verschiebt und dadurch das Thier ein unförmliches Ansehen bekömmt. Das Kauen ist gehindert, zuweilen fliesst dem Thier Speichel aus dem Maule, man sieht und fühlt die abnorme Beweglichkeit an der verletzten Stelle, und man hört bei der Bewegung der Bruchflächen gegen einander das bekannte knarrende oder reibende Geräusch. Bei dem Bruch an einer Lade, der am häufigsten vorkommt, weil hier der Knochen von Muskeln entblösst und der äussern Gewalt am meisten ausgesetzt ist, ist häufig nur eine sehr geringe Verschiebung, so dass der Bruch zuweilen in der ersten Zeit nicht erkannt wird; ist aber der Bruch durch beide Laden gehend, so hängt gewöhnlich (las Kinn herab, das Thier kann dasselbe nicht bewegen und auch kein Futter nehmen. Bei dem Längenbruch am Kinn, der übrigens nicht gerade in der Mittellinie zu sein braucht, ist die wenigste Verschiebung, bei den Brüchen an den Aesten ist dieselbe oft sehr gross, und das Kinn steht dann zuweilen nach einer Seite.
Ursachen sind: Schläge und Stösse mit harten Körpern, iNieder-stürzen auf das Maul, zu heftiges Beisseu auf harte Körper und auf
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Brüche des Unter- oder Hinterkiefers.
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das Maulgatter, besonders wenn die Thiere gebremst sind und den Grad der angewendeten Kraft nicht fühlen; selbsl durch zu starke Einwirkung des Gebisses, besonders von Kandaren können diese ßrüche entstehen.
Die Vorhersagung ist nach dem Orte, der Art des Bruchs und den bestehenden Nebeiiverletzungcn sehr verschieden, — an den untern Theilen des Knochens aber mehventheils günstig; denn einfache Längenbrüchc am Kinn heilen ziemlich sicher in etwa 14 Tagen bis 3 Wochen; zuweilen geht ein oder der andere Schneidezahn oder ein Splitter verloren, so dass eine Lücke zurückbleibt. Brüche an einem Ast, besonders an dem Laden, heilen leicht, oft ohne Kunst-hilfe; ein doppelter Bruch (an beiden Aestcn zugleich) heilt viel schwerer, doch ist die Heilung nicht unmöglich, #9632;— wie Planche glauben; am (Jelenkfortsatz erfolgt sie schwer, am Kronenfortsatz in der Kegel nicht durch wirklichen Callus, sondern durch eine seh-nenfaserige Masse, bei welcher aber das Kauen sehr gut geschehen kann.
Die Behandlung ist je nach dem Orte und der Beschalfenheit des Bruchs verscliieden. In dem Falle, wo der flinterkiefer im Kinn der Länge nach von dem gegenseitigen losgetrennt oder zwischen den Schneidezähnen losgespalten ist, drückt man die Stücke in ihre natürliche Lage und sucht sie in derselben dadurch zu erhalten, dass man die siimmtlichen Schneidezähne beider Stücke durch recht biegsamen, ausgeglühten Draht, an einander befestigt, indem man die ganze Zahnreihc mit solchem Draht fest umwindet. Bei den Thie-ren, welche Hakenzähne haben, z, B. bei Schweinen, Hunden, Hengsten und Wallachen, können auch diese Zähne zu einer solchen Verbindung benutzt, werden. Sind bei solchen Verletzungen Zähne oder Splitter ausgebrochen worden und hängen dieselben nur noch mit dem Zahnfleische zusammen, so ist es am besten, sie durch einen Schnitt vollends zu entfernen. — Bei Brüchen an einem Seitenast ohne Verschiebung der Bruchenden hat man in mehreren Fällen bloss durch ein stark klebendes Pflaster von Terpenthin und Mehl, dick auf Leinwand gestrichen und auf die ßruchstelle applizirt, in Verbindung mit zweckmässiger diätetischer Pflege, die Heilung bewirkt. Besteht jedoch Verschiebung der Bruchcnden nach innen (in den Kehlgaug), so muss zuerst durch entsprechend starkes Ziehen am Kinn die Ausdehnung und dann durch Zusammendrücken der Bruchcnden die Wiedereinrichtung gemacht werden. Hierauf legt man (nach Angabe von Binz) in den Kehlgang ein, nach der Weite desselben geschnittenes und in ihn genau passendes, mit Leinwand überzogenes Holz, welches in der Mitte und an den beiden Enden mit Löchern zum Durchziehen der Bcfestigungsriemen versehen ist; und äusserlich legt man eine mit Bleiwasser befeuchtete Compresse an den Kinnbacken. Jene Riemen werden dann einer über das Genick, einer über das obere und der dritte über das untere Ende der Nasenbeine geführt und mittelst Schnallen vereinigt. — Ist der Bruch in der Gegend der Backenzähne und ist einer derselben locker oder selbst aus der Höhle etwas verrückt, so muss mau ihn mittelst der Kinger oder einer Zange, nachdem das Maulgatter eingesetzt worden.
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Brüche des /ungenheins.
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eutferueu. Eben so müssen ganz lose Splitter beseitigt werden. — Bei yuerbiüchen am Kinn oder durch beide Aeste des Unterkiefers wird die VViedereinriehtung durch Ausdehnung der VVeichtheile und Aufrichtung des Kinns, so wie durch Auseinauderziehung der beiden Aeste bis zur gehörigen Weite bewirkt. Hiernach legt man in den Kehlgang die oben bezeichnete hölzerne, mit Leinwand gepolsterte Schiene und befestigt sie; ausserdem aber legt, man äusserlich einen gut passenden und an die Halfter befestigten 'Viaulkorb, oder besser folgenden, von Girard (fils.) angegebenen (lieceuil de med. vet. Vol. II. p. 164) Apparat an: Derselbe besteht aus zwei breiten eisernen Stangen von der Dicke des kleinen Fingers und der Länge des Kopfes, welche am untern Ende mit einander in einem spitzen Winkel sich vereinigen; an dieser Vereinigungsstelle ist ein breites, löf-felförmigcs Stück Eisen angesetzt, welches so gross und so hohl sein muss, dass es das Kinn aufnehmen kann. Am obern Ende sind die Stangen etwas randlich nach aussen umgebogen und mit einem Ringe versehen, durch welchen Stricke gehen, mittelst welcher sie an die Halfter oder an einen llalsriemen befestigt werden. Ein lederner Maulkorb und ein über den mittlern Theil der Stange und über die Nase geführter Hienien erhält dieselben an dem untern Ende genügend in ihrer Lage. — Für Hunde kann der Apparat aus Blech bereitet werden. Oberflächliche Splittcibrüche an den Laden werden behandelt, wie S. 394 angegeben. — Bei Brüchen am Kronen- und Gelenkfortsatz ist mit Verbänden eigentlich nicht viel zu helfen; soll aber ein Verband angelegt weiden, so kann er nur aus einer starken auf die Bruchslelie gelegten Compresse, einer nachen Schiene und aus einer um den Kopf gewundenen Binde bestehen.
Bei jedem Bruch am Kinnbacken ist zur Heilung möglichste Kühe desselben erforderlich. Man nährt deshalb die Thiere nur mit Mehl- oder Kleientrank, Hunde mit Fleischbrühe oder Milch, später giebt man weich gekochte Kartolfeln, Mohrrüben, Mehlbrei,, erweichtes Brot u. dgl., bis die Heilung geschehen ist.
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Siebentes Caititel.
Brüche des Zungenbeins,
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Diese Brüche kommen sehr selten und, so viel bis jetzt bekannt, nur bei Pferden vor. Sie entstehen durch Hufschläge von Pferden, deren Hufeisen übermässig lange Stollen haben, oder auch dureb Stösse mit Stöcken oder durch Hornstösse vom Rindvieh u. dgl.
Die Zufalle, welche diese Brüche mit sich führen, sind, wenn nicht eine offene Wunde damit verbunden ist, zuerst nur von der Art, dass man aus ihnen den Bruch nicht mit Bestimmtheit erkennen
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Brüche des Zungenbeins.
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kann; denn es entsteht im Kehlgang eine Quetschungsgeschwulst in bald grösserer, bald minderer Ausdehnung, zuweilen mit Blutextra-vasal, gewöhnlich aber mit Oedem verbunden; auch im Maule findet sich unter der Zunge und an den Seiten derselben Anschwellung, die Thiere geifern und speicheln aus dem IMaule, können die Zunge nicht gut bewegen und daher auch weder ordentlich kauen noch ordentlich schlucken und bei der Berührung der geschwollenen Thcile zeigen sie Schmerz. Im weitern Verlauf tritt gewöhnlich Eiterung in der Umgegend der Bruchstelle ein, es bildet sich im Kehlgange ein Abscess, welcher sich spät von selbst öffnet und in dessen Höhle man dann mit der Sonde und mit dem Finger das gebrochene Zungenbein fühlt. In den Fällen, wo mit der ursprünglichen Verletzung eine bis zum Zungenbein sich erstreckende Wunde entstanden ist, kann man den Bruch durch dieselbe fühlen und die Diagnosis ist hierdurch sehr erleichtert.
Die Beurtheilung ist in der Hegel günstig zu machen, in so fern als die Heilung immer erfolgt, wenngleich zuweilen erst nach G bis 10 Wochen und nachdem zuweilen ein Stück des Zungenbeins durch den Eiterungsprozess abgestossen worden ist. Während der Zeit bis zur Heilung leiden allerdings die meisten Pferde wegen des gestörten Kauens in ihrer Ernährung. Zuweilen bildet sich eine Fistel, welche zwar an sich nicht gefährlich, deren Heilung aber sehr schwierig ist.
Die Behandlung ist zuerst lediglich auf die Beseitigung der Quet-schungs- und Entzündungszulalle beschränkt. Man wendet für diesen Zweck äusserlich kühlende IVfittel, und ausserdem IMaulwässer von Essig und Wasser, oder von verdünnter Salzsäure mit vielem Wasser und mit Honig, späterhin, wenn die akuten Zufälle beseitigt sind, wendet man aromatische Infusionen mit Zusatz von etwas Kochsalz, Salmiak u. dgl. an. Neigt die Entzündung zur Abscessbildung, so befördert man letztere durch Bestreichen der Geschwulst mit Un-guentum Althaeae und durch warme Breiumschläge, l'ebrigens verfährt man weiter, wie bei andern Abscessen. Wo eine oll'eue Wunde besteht, wird diese als Quetschwunde behandelt und demgemäss mit lauwarmen schleimigen Flüssigkeiten, später mit gelind aromatischen Mitteln befeuchtet u. s. w. nach allgemeinen Regeln. Bei einer Fistel mit im Grunde derselben befindlicher Caries des Zungenbeins macht man Einspritzungen von Digestivwasser oder man pinselt mit Aloe- oder IVlyrrhentinktur u. dgl., und wenn ein Knochenstück sich ablöst, aber durch den engen Fistelkaual nicht gut ausgeschieden werden kann, so erweitert mau denselben durch einen Schnitt in der Richtung nach dem Kinn zu und sucht dann mit Hilfe der Pinzette das Knochenstück zu entfernen.
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Brüche der Hals-, Rücken- und Lendenwirbel.
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Achtes Caiiitel.
Brüche der Hals-. Rücken- und Lendenwirbel.
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Brüche der \\ irbel kommen nicht häufig, am meisten noch an den Lenden- und an den letzten Rückenwirbeln vor. Sie entstehen nach sehr kräftigen, auf diese Knochen einwirkenden (jewaltthätig-keiten, z. B. bei heftigen -Schlägen mit Hämmern, dicken Knitteln u. dgl., Niederfallen auf unebene Gegenstände, auch bei dem gewaltsamen Niederwerfen mittelst des VVurfzeuges, wenn die Thiere zu plötzlich niederfallen; ferner: wenn Thiere durch Löcher, durch oder unter Verzäunuugen wegkriechen wollen und sicli dabei zu früh erheben, oder wenn Pferde beim Aufstehen mit dem Rücken unter den Standbaum kommen; zuweilen kommen Brüche der letzten Rücken- und der Lendenwirbel durch die eigne Anstrengung des Thieres vor, wenn es gebunden oder gefesselt liegt.1) Dieselben Brüche entstehen aber auch, wenn Pferde mit dem Kopfe bei steif gehaltenem Halse gegen !\laiiern u. s. w. laufen oder eben so mit dem Maule auf die Erde fallen; wenn sie aber mit tief herunterge-senktem Kopfe auf den Boden stürzen, bricht zuweilen der Zahnforlsatz des zweiten Halswirbels ab (das sogenannte Genickbrechen).
Bei diesen Verlelzungcn ist entweder der Bogen eines Wirbels gebrochen und dabei eingedrückt oder nach der Seite gedrückt, oder es sind die Stachelfortsätze (besonders an den Rückenwirbeln), die Querfortsätze (besonders an den Lendenwirbeln), oder die schiefen Fortsätze (besonders an den Halswirbeln) abgebrochen und mehr oder weniger verzogen; selten ist der Körper selbt zerbrochen. Zuweilen erstreckt sich der Bruch auf mehr als einen Wirbel und in manchen Fällen ist derselbe mit Verrenkung einzelner Wirbelbeine, mit oilenen Wunden, mit Blutergiessung und häufig mit Verletzung oder Erschütterung des Rückenmarks und daher mit Lähmung oder mit Krämpfen u. dgl. verbunden.
Die Erkennung der Brüche an den Wirbelbeinen ist zuweilen sehr schwer und nur unsicher zu erlangen. Man schliesst, dass dergleichen vorhanden sein mögen, wenn nach irgend einer auf sie stattgehabten Gewaltthätigkeit eine Vertiefung oder eine Unebenheit im Verlaufe der Wirbelsäule entstanden ist, wenn diese Stelle sehr schmerzhaft ist und daselbst in der Tiefe durch Druck mit der Hand bewegliche feste Theile zu bemerken sind und wenn das Thier au dem hinter dieser Verletzung befindlichen Theile des Körpers sehr geschwächt oder gelähmt erscheint, so dass es entweder nur sehwan-
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•) Ich sah auch hei heftigen Krämpfen in Folge grosser Gaben von Blausänre bei 3 Pferden Brüche der Wirbel entstehen.
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Brüche der Hals-, Rücken- und Lendenwirbel.
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kend und unsichei- sich bewegen, oder gar nicht stehen kann. Die Thiere halten bei Brüchen am Halse denselben und den Kopf schief und lassen letzteren niederhängen; sie schwitzen gewöhnlich anhaltend am ganzen Körper. Diese letzteren Symtome sind besonders dann zugegen, wenn durch das eingedrückte Knochenstück das Rük-keumark gereizt oder gequetscht, oder wenn es selbst eingerissen wird; sie entstehen daher nicht allein nach Brüchen, sondern auch nach Verrenkungen der Wirbelbeine. Bei einfachen Brüchen der Stachel-, Quer- und schiefen Fortsätze fehlen dagegen diese Zufälle und man fiudet nur örtlich die JJeweglichkeit dieser Fortsätze bei dem Druck mit der Hand; zuweilen sind sie auch durch die Muskeln verzogen und dann ist die Form der Theile verändert und bei der Berührung zeigen die Thiere Schmerz.
Die Vorhersaguilg ist in den Fällen, wo der Bogen oder selbst der Körper des V\ irbels gebrochen oder eingedrückt und wo die Zufälle der Lähmung sich zeigen, stets ganz ungünstig, weil bei diesem Zustande fast gar keine Hülfe zu leisten ist. Die Thiere sterben dann in sehr kurzer Zeit, zuweilen unter starken Convulsionen. Wo solche Zufalle aber nicht zugegen sind und bei den einfachen Brüchen der Stachel-, Quer- und schiefen Fortsätze ist die Gefahr dagegen nicht gross, obgleich die Heilung des Bruches nicht immer regelmäs-sig erfolgt.
Die Behandlung beschränkt sich fast einzig darauf, dass man das abgebrochene Knocheustück so viel als möglich in seine gehörige Lage zurückzubringen und dann die grössern Hausthiere stehend in einer geraden Stellung ruhig zu erhalten sucht, indem man sie in einen passenden Aufhängegurt bringt, der sie unterstützt und zugleich das Niederlegen verhindert. Kleine Thiere lässt man ruhig auf einer ebenen Streu liegen. Ausserdem wendet man in der ersten Zeit, um einer zu starken Entzündung vorzubeugen, Aderlässe, Umschläge von kaltem Wasser oder von Essig und Wasser, später aber, um die gequetschten Theile zugleich massig zu erregen, von Oxy-krat, von Branntwein, Kamphergeist und dergleichen und zuletzt von mehr reizenden Mitteln an. #9632;— Bei den mit Lähmung begleiteten Brüchen der Wirbelkörper ist dieselbe Behandlung als Versuch in Anwendung zu bringen. Die Thiere bleiben dabei auf guter Streu liegen, da der Hängegurt sie nicht aufrecht erhalten kann. Man hat hier besonders noch für leichte Ausleerung des Kothes durch Klystiere zu sorgen. Man kann bei dieser Behandlung die Heilung, welche bei dergleichen Verletzungen, wie bereits angedeutet, nur selten und dann höchst langsam erfolgt, hoffen, wenn die Lähmung bald nach-lässt und das Thier nicht mehr die auf die Verletzung folgende Schwäche der Extremitäten zeigt und eine festere Stellung annimmt. Wenn dieses aber nicht der Fall ist, sondern die Lähmung fortdauert oder sich gar noch vermehrt, so hat man nicht viel von der Heilung zu erwarten, indem sich dann Ergiessung von Blut, Serum oder auch von Eiter in den Hückenmarkskanal, Knochenauswüchse und dergleichen erzeugen und der Tod durch diese gefährlichen Zufälle schnell herbeigeführt wird. #9632;— Ist bei einem Bruche der Stachel-
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514nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Brrtche der Rippen.
oder Querfovtsätze eine offene Wunde zugegen und ist der Fortsatz nur noch mit wenigen weichen Theilen in Verbindung, so thut man am besten, denselben noch vollends zu entfernen. Die weitere Behandlung geschieht in solchen Fällen nach allgemeinen Grundsätzen.
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Neuntes Capitel.
Brüche der Rippen.
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Obgleich die Rippen, besonders die falschen, wegen ihrer con-vexeu Form und ihrer Nachgiebigkeit eine sehr grosse Gewalt ertragen können, ehe sie brechen, so geschieht dies dennoch nicht selten, z. B. beim Niederstürzen auf unebenem Boden, durch Hufschläge, Gegenfahren mit der Deichsel und dergleichen. Die vorderen wahren Kippen brechen im Allgemeinen sehr selten, weil sie durch das Schulterblatt geschützt sind. Zuweilen bricht eine Rippe an zwei Stelleu, gar mehrere Rippen zugleich. Manchmal erfolgt der Bruch nicht an der Stelle, wo die Gewalt einwirkte, sondern von derselben entfernt. Oft ist eine Wunde, zuweilen durch die nach innen gedrängten Bruchenden auch eine Verletzung des Brustfells, der Lunge u. s. w. ') und äusserlich auch eine Windgeschwulst bei diesen Brüchen zugegen.
Die Zufälle sind bei den einfachen Rippenbrüchen in vielen Fällen so unbedeutend, dass man aus ihnen das Dasein eines solchen Bruches kaum vermuthen kann; in anderen Fällen aber, besonders wenn sich die Bruchenden nach innen verschoben haben, giebt sich der Bruch durch eine grösscre oder geringere Vertiefung und Unebenheit im Verlaufe einer Rippe, durch Geschwulst und heftige Schmerzen (Stöhnen) beim Atheinholen und wenn mau auf die Stelle drückt, und wenn die Bruchenden die Lungen verletzt haben, durch beschwertes Athmen und den Ausduss von schaumigem Blute aus der Nase zu erkennen. Oft fühlt man, wenn man die Hand an die Bruchstelle legt, daselbst in jedem Alhemzugc eiu reibendes Geräusch der Bruchenden gegen einander; dasselbe empfindet man auch durch das Gehör, wenn man das Ohr daselbst anlegt. Brüche, welche nahe am oberen Ende der Rippen sich befinden, sind wegen der dickeren Muskeldecke schwerer zu erkennen, als die, welche um die Mitte derselben vorkommen. Wenn der Bruch mit einer äussern Wunde
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') Ich sah bei einem Pferde, welches sich durch Niederstürzen auf einen hervorragenden Stein den Bruch der vierten und fünften wahren Rippe der linken Seite zugezogen hatte, selbst den Herzbeutel und das Herz von den Bruchenden tödtlich verletzt werden.
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Brüche der Rippen.
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zugleich vorhanden ist, so ist die Erkennung desselben immer sehr erleichtert, oft aber in solchen Füllen durch eine VVindgeschwulst mehr erschwert.
Die Vorhersagung ist bei den einfachen Rippenbrilcheu sehr günstig; die Heilung erfolgt leicht, selbst ohne Kuusthülfe und in kurzer Zeit. Ist aber durch die nach innen gedrungeneu Bruchenden das Rippenfell oder die Lunge bedeutend verletzt worden, so erfolgt zuweilen eine sehr heftige Entzündung dieser Theile, und die Ausgänge können ganz wie bei bösartigen Lungenentzündungen, selbst Brand und Tod sein. Die ßeurtheilung in dieser Beziehung muss sich nach der Heftigkeit und Dauer des Leidens richten. Wenn die den Bruch verursachende Gewalt sehr heftig war, so entstehen auch zuweilen durch die stattgefundene Erschütterung Zerreissuug der Gefässe und in Folge dessen innere Blutung und andere üble Zufälle. Splitterbrüche veranlassen zuweilen langwierige Eiterung und Fisteln; oft wuchert der Callus und in manchen Fällen bleibt ein künstliches Gelenk zurück, wodurch jedoch die Brauchbarkeit des Thieres niemals leidet.
Behandlung. Die Heilung erfolgt bei den einfachen Brüchen der Rippen, wo die Bruchenden sich nicht verschoben haben, bei einiger Ruhe des Thieres von selbst und ohne alle thierärztliche Kunst-liülfe. Man hat in einem solchen Falle nur äusserlich die starke Geschwulst mit passenden Mitteln, im Anfange mit kaltem Wasser, später mit Oxykrat, Branntwein, Kamphcrgeist mit ähnlich massig reizenden Mitteln oft zu befeuchten, ausserdem aber, wenn der Puls fieberhaft wird, durch eine angemessene Bluteutziehung die Entzündung zu massigen und zu diesem Zweck innerlich einige Gaben von Salpeter zu verabreichen. Sind aber die Bruchenden nach innen verschoben, haben sie die Lunge verwundet oder erregen sie heftige Schmerzen, so muss man sie so bald als möglich wieder nach aussen erheben. Um dies zu bewirken, lässt man das Thier mit der gesunden Seite des Leibes an einen Baum stellen und es dann mit dem Vorder- und mit dem Hintertheil so viel als möglich um denselben biegen, so dass die verletzte Seite hierdurch recht stark ausgedehnt wird. Hierdurch tritt das Bruchende zuweilen wieder hervor, und man lässt dann dem Thiere allmälig wieder die gerade Stellung geben. Gelingt aber auf diese Weise die Einrichtung nicht, so bleibt nichts anderes übrig, als dass man an der Bruchstelle am vorderen Uande der gebrochenen Rippe einen 1 Zoll langen Einschnitt bis auf das Brustfell macht, mit dem Finger in die Wunde unter die Bruchenden geht, und zuerst die Lunge durch einen gelinden Druck von den Knochenspitzen entfernt, worauf diese letzteren selbst mit dem gekrümmten Finger nach aussen gehoben werden. Ist der Finger hierzu nicht stark genug, so bringt man auf dieselbe Weise einen stumpfen Haken, nach Binz eine Zange in die Wunde au die Bruchenden und erhebt sie mit diesen Instrumenten. Sind einzelne Splitter vorhanden, so entfernt man bei jener Manipulation auch diese zugleich. Ist die Zwischenrippenarterie verletzt, so muss dieselbe unterbunden werden. Die gemachte Wunde heftet mau darauf recht
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516nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Brüche der Beckenknochen.
vollkoinineu wieder zu. — Nach geschehener Einrichtung der Rippe ist strenge Ruhe und eine entzündungswidrige Behandlung sowohl iiusserlich als innerlich durchaus uüthig. Wenn Luflgeschwülste, Er-giessungen oder Wunden nach oder mit dem Bruche entstanden sind, so verfahrt man gegen dieselben nach ihrer Art und Beschaffenheit, wie dies bei der Behandlung der Brustwunden gelehrt worden ist.
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Kclintejg Capltel.
Brüche der Beckenknochen.
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Die Knochen des Beckens können, wie die Erfahrung es lehrt, an jeder Stelle brechen; am häufigsten bricht der äussere Winkel eines Darmbeins (die Hüfte); fast eben so häufig sind die Brüche nahe vor oder hinter der Gelenkpfanne oder in derselben; seltener brechen der hintere Theil der Sitzbeine und die Schambeine, und sehr selten das Kreuzbein entzwei. Oft sind diese Brüche einfache Quer- oder schiefe Brüche, oft auch mit Splittern versehen und zuweilen auch mehr als ein Bruch zugegen.
Diese Brüche entstehen bei den grösseren Thieren beim Niederstürzen auf harten, unebenen Boden (auch bei dem gewaltsamen Niederlegen mittelst des Wurfzeuges), bei heftigem Gegenlaufen an Thür-pfosten uud andere Gegenstände, durch Schläge mit dicken Stöcken und anderen groben Werkzeugen (besonders bei Schaafen, Hunden und Katzen), durch das Ueberfahren mit Wagen u. s. w. Die Brüche der Schambeine und Sitzbeine entstehen, wenn die Thiere bei dem Niederfallen die Beine auseinander spreizen. Bei Reitpferden zuweilen auch durch plötzliches Umwenden unter dem Reiter.
Die Erkennung des Bruches am Darmbeinwinkel ist am leichtesten, da stets das abgebroche Stück durch die schiefen Bauchmuskeln bald mehr bald weniger weit nach unten und vorn gezogen wird, und in Folge dessen das Becken au der verletzten Stelle niedriger (wie man zu sagen pflegt: einhüftig) erscheint. Dies ist am meisten bemerkbar, wenn man sich gerade hinter das Thier stellt und beide Hüften mit einander vergleicht. Ausserdem fühlt man den Rand der Hüfte an der Bruchstelle rauh, uneben, und das verschobene Knochenstück sieht und fühlt mau in der obern Flankengegend, und die Thiere schonen den Fuss der leidenden Seite bald mehr bald weniger.
Die Erkennung der Brüche an anderen Stellen der Beckenknochen ist wegen der dicken Muskelparthieen, mit denen das Becken-fast auf allen Seiten bedeckt ist, schwer und oft höchst unsicher zu
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Brüche der Beckenknochen.
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erlangen. Im Allgemeinen gehen die Thiere dabei lahm und zwar immer um so mehr, je näher der Bruch der Gelenkpfanne zu ist; das Lahmen geschieht mit steifer Haltung des Beckens und mit schleppender Bewegung der Oberschenkel. Das Becken ist oft auf der leidenden Seite etwas gesenkt und bei den Bewegungen des Thiers oder beim Druck mit der Hand auf die leidende Stelle hört man bei einiger Aufmerksamkeit ein knarrendes Geräusch; auch fühlt man dabei zuweilen, dass ein Knochentheil sich etwas verschiebt oder senkt. Diese Verschiebung und die Crepitation kann man am besten wahrnehmen, wenn man eine Hand an den Darmbciuwinkcl, die andere an den Sitzbeinhöcker legt und dabei das Thier gehen lässt oder wenn man den Fuss der leidenden Seite aufheben und ihn in verschiedenen Richtungen bewegen lässt. — In der Gegend der Gelenkpfanne und am Sitzbein kommen Brüche an mehreren Stellen zugleich vor. Hierbei stehen die Thiere gewöhnlich so, dass der Fuss der leidenden Seite durch seine eigene Schwere auf dem Boden ruht, sie stützen den Körper nicht auf ihn, können ihn heben, aber nicht auf ihn treten und gewöhnlich steht derselbe auswärts und nach vorn; bei der Untersuchung zeigen die Thiere Schmerzen, aber keine Widerspenstigkeit. Das Knarren der Knochen kann man fühlen und auch hören, wenn man den Fuss bewegt und wenn die Thiere gezwungen werden, zu gehen. Während des Gehens des Thieres legt man auf verschiedene Punkte des Beckens die Hände, wie es vorstehend angegeben. — Bei Brüchen der Schambeine ist gewöhnlich die Form des Beckens unverändert, im ruhigen Stehen auch am Stande wenig Abweichendes zu bemerken, aber es findet sich bald eine oedematöse Anschwellung des Skrotums und Schlauchs oder des Euters und die Thiere gehen sehr gespannt. Diese Brüche sind mit am schwersten zu erkennen. Bei den Brüchen des Kreuzbeins findet sich zuweilen eine Einsenkung auf dem Kreuz und das Thier ist fast allemal auf die llinterfüssc oder am Schwänze gelähmt. — Bei denjenigen Brüchen, welche das Kreuz-, Sitz- und Schambein betreffen und die äusserlich wegen der dicken Muskeln nicht deutlich zu erkennen sind, kann man bei grossen Thieren auch vermittelst einer in den Mastdarm eingebrachten Hand die Untersuchung durch diese mit gutem Erfolge machen. Man fiihlt dann die Unebenheiten der-Knochen oder bei der Bewegung des Thieres auch die Verschiebung der einzelnen Bruchstücke und das reibende Geräusch recht deutlich.
Die Vorhersagung richtet sich nach der Art des Bruches, nach der Beschaffenheit desselben und zum Theil auch nach dem Alter des Thieres. Brüche am äussern Darmbeinwinkel und am hintern Ende des Sitzbeins und wenn sich die Bruchenden nicht über einander verschoben haben, sind bei jungen Thieren gewöhnlich ganz ohne Gefahr, sie heilen bei gehöriger Ruhe in kurzer Zeit ohne irgend andere üble Folgen, als eine kleine Schwäche oder Lahmheit zurückzulassen. Sind aber bei den genannten Brüchen die Bruchenden von einander und aus ihrier natürlichen Lage gewichen (was häufig der Fall ist), so bleibt immer Einhüfligkeit und eine mehr oder weniger bedeutende äusserliche Verunstaltung des Hintertheils nach der Heilung zurück, doch so, dass die Thiere noch zum Dienst und weibliche Thiere
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Brüche der Schwanzwirbel.
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auch noch zur Zucht gebraucht werden köuueu. •— Befindet sich der Bruch in der Gelenkpfanne oder nahe an derselben, ist mehr als ein Bruch vorhanden, ist das Kreuzbein gebrochen, ist das Thier nicht vermögend auf den Hinterbeinen zu stehen, oder ist dasselbe sehr alt, so ist es fast immer besser, das Thier zu tödlen, als sich in eine lange, Ungewisse Kur einzulassen. Solche Brüche verwachsen in der Regel nicht fest, und wenn auch ein solches Thier durchkommt, so ist es dann doch oit weder zum ungehinderten Dienst noch zur Zucht zu gebrauchen. Bei Brüchen in der Gegend der Pfanne, noch mehr an den Aesten der Sitzbeine und an den Schambeinen kann auch der Tod erfolgen, indem Splitter die im Becken liegenden Organe, namentlich die Blase und Gelasse verletzen, die erstere auch einklemmen und somit innere Verblutung und heftige Entzündung erregen. Gewöhnlich werden auch die hier liegenden Muskeln zerrissen und dadurch die Wiederherstellung erschwert.
Behandlung. Hinsichtlich der Behandlung dieser Bruche selbst ist fast gar nichts zu thun; kleine, lose, oberflächliche, äusserlich sichtbare Knochenstücke entfernt man, nöthigeufalls durch einen gemachten Einschnitt; dem Thiere giebt man drei bis sechs Wochen Ruhe und unterstützt die grossen Hausthiere während dieser Zeit durch den Hängegurt oder eine ähnliche Vorrichtung, um sie in möglichster Ruhe und in gleichmässiger Stellung zu erhalten. Hie Geschwulst und Entzündung behandelt man ihrer Heftigkeit angemessen innerlich und äusserlich, giebt dem Thiere weiches Futter, und damit die Anstrengung zur Mistentleerung verringert werde, appli-cirt man den Thieren auch Klystiere. Alles Uebrige muss man der Natur überlassen.
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Kilftes Capitel.
Brüche der Schwanzwirbel.
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Die Schwanzrübe wird nicht ganz selten gebrochen, aber nicht in jedem Falle entsteht dabei ein wirklicher Bruch eines Schwanzwirbels, sondern häufiger eine gewaltsame Trennung zweier Wirbel durch Zerreissung des zwischen ihnen liegenden Faserknorpels, und der Zustand ist dann im pathologischen Sinne mehr eine Verrenkung; doch kommen auch zuweilen wirkliche Brüche in den Wirbeln vor und zwar mehrentheils Splitterbrüche.
Dieselben entstehen, wenn Pferde sich rückwärts überschlagen, wenn der Schweif zwischen Thüren geklemmt, oder ungeschickt und gewaltsam aufgebunden wird u. s. w.
Man erkennt die Brüche daran, dass der Schwanz an einer Stelle
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Brüche des Schulterblattes.
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einen Knick hat, im Winkel gebogen herabhängt, krankhaft vermehrte Beweglichkeit besitzt und im frischen Zustande Crepitation zeigt. Zuweilen ist Entzündung, Geschwulst oder auch Verwundung zugegen.
Die Beurtheiluug ist bei einfachen Brüchen günstig, da dieselben keine üblen Zufalle erzeugen; zuweilen heilen sie gut, oft mit steifer Verwachsung, oft hinterlassen sie aber bleibende Verkrümmung des Schwanzes. Im complicirten Zustande ist die Beurtheiluug wie bei den mit Brüchen complicirten Wunden am Schweife (S. 451 u. if.).
Behandlung. Der Schwanz wird durch Ziehen in gerader Richtung ausgedehnt, der Bruch durch gelindes Drücken eingerichtet, dann mit einem Schienenverband versehen und bei grosseu Thieren mittelst einer über Rollen au der Decke des Stalles gehenden Schnur mit Gewicht in horizontaler Richtung gehalten. Entzündung und Complicationen werden behandelt wie Seite 453 u. ff. angegeben ist.
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Zwölftes Capltel.
Brüche des Schulterblattes.
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Die Brüche dieses flachen Knochens kommen bei allen Hausthie-ren nur selten vor, indem er durch seine Lage an der Innern Fläche gegen alle Gewaltthätigkeiten geschützt und in den Stand gesetzt ist, einer grossen Kraft zu widerstehen. Man hat sie nach Stössen mit der Deichselstange, nach Schlägen, bei dem Gegenlaufen an Bäume u. dgl., nach heftiger Prellung der Füsse, beim starken Springen über Zäune und Gräben, bei plötzlichem und gewaltsamen Pariren auf hartem Boden, bei dem Niederstürzen mit ausgebreiteten Vorderfussen erfolgen sehen.
Das Schulterblatt kann an allen seinen Theilen zerbrechen; der vordere und hintere Winkel, auch die Gräte kann zum grossen Theil abgebrochen werden; am häußgsten scheint jedoch (bei den heftigen Prellungen der Füsse) auf eine eigenthümliche Weise, entweder der' Hals dieses Knochens verschiedentlich zerbrochen oder die Gelenkfläche für das Armbein abgestossen und zerbrochen zu werden 1). Mehrmals hat man vollständige Querbrüche beobachtet.
Dass das Schulterblatt gebrochen sei, ist meistens sehr schwer zu erkennen; das Thier geht lahm, kann mit dem Fusse der leidenden Seite nicht- auftreten oder es berührt nur mit der Zehenspitze ganz oberflächlich den Boden; es ist, als ob der Fuss zu kurz wäre.
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#9632;#9632;) Wie dieses an mehreren Schnlterblättern in der Sammlung der Königlichen Thierarzneischule zu Berlin sehr schön zu sehen ist.
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Brüche des Arm- und Querbeins.
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Dieses Symptom tritt in den Fällen besonders deutlich hervor, wenn die Gelenkfläche oder der Hals des Schulterblattes gebrochen ist. Beim Druck mit der Hand auf den leidenden Thcil bemerkt man manchmal ein gelindes Knarren und eine Beweglichkeit der Bruchenden; dabei sind immer bedeutende Schmerzen und (jeschwulst vorhanden. Bei Brüchen der Winkel entsteht eine kleine Verschiebung des Bruchstucks nach oben; bei Bruch an der Gräte entsteht oft wenig Verschiebung, aber man kann den Bruch liihlen und oft auch sehen.
Die Vorhcrsaguug ist in den Fällen, wo nur der vordere oder hintere Winkel des Schulterblattes oder die Gräte desselben abgebrochen sind, ziemlich günstig, in den Fällen aber, wo der Bruch sich nahe am liaise des Knochens oder um die Gelenkfläche befindet, ist die Prognosis ungünstig. Bei ersteren Fällen heilt das abgebrochene Stück bei gehöriger Ruhe gewöhnlich wieder, ohne Folgen zu hinterlassen, an; bei letzten aber erfogt fast niemals Heilung, sondern meistens langwierige Entzündung, Eiterung, starke Wucherung des Callus und Entartung der ganzen Schulter. Aehnlich verhalten sich oft auch die Querbrüche, doch heilen dieselben, wenn sie einfach sind, zuweilen ganz gut.
Behandlung. Da hier selten eine bedeutende Verschiebung der Bruchstücke stattfindet, so ist auch ein wirkliches Wiedereinrichten derselben fast niemals nötliig; deshalb wäre auch der Verband meistens überflüssig. Doch aber kann das von Binz (am angez. Orte p. 97, Taf. 3. Fig. 4.) hierzu empfohlene Kissen mit Kiemen und die Anwendung seiner Stelzmaschineti zur Verhinderung aller starken Bewegungen und somit zur Beförderung der Heilung recht zweckmässig sein. Die sonstige Behandlung erstreckt sich nur auf die mit dem Brache verbundenen Zufälle und auf die Herbeiführung eines ruhigen, angemesseneu Verhaltens. Fühlt man lose Knochensplitter, so entfernt man diese durch einen Einschnitt; die Entzündung und Geschwulst behandelt man im Anfange mit kaltem Wasser, später mit etwas reizenden Mitteln; grosse Thiere hängt man in einen Gurt und kleinere Thiere lässt man auf einer ebenen Streu liegen.
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nrelzehntes Capitel.
Von den Brüchen des Arm- oder Querbeins.
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Sie sind nicht häufig. Bei den grossen Thieren ist der Knochenbruch am gewöhnlichsten um die Mitte in sehr schiefer Richtung, mit scharfen Bruchenden und Splittern. Bei Hunden und Katzen bricht häufig der innere oder äussere Gelenkknopf am untern Ende ab, wodurch dabei eine Verschiebung oder Verrenkung im Ellenbogengelenk möglich gemacht wird.
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Brüche des Ann- und Querbeins. Behandlung.
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Die Erkennung ist bei den grossen Hausthieren zuweilen wegen der zu dem Bruch tretenden grossen, derben Geschwulst recht schwer zu erlangen. Der Fuss hängt schlalF von der Schulter herab, ist oft am Fesselgelenk zurückgebogen und berührt nur lose, mehrentheils mit der Zehe, den Boden; beim Gehen wird er auf demselben nachgeschleppt; lässt man mit der Hand das Glied in verschiedenen Richtungen bewegen, während man eine Hand auf, die andere unter das Armbein gegen dasselbe legt, so fühlt man das Reiben der Bruchstücke und zuweilen auch die Verschiebung derselben, so wie auch eine abnorme Beweglichkeit. Zuweilen fühlt man an der Innern Seite auch lose Knochensplitter und in manchen Fällen ist der Arm von der Schulter bis zum Ellbogen kürzer als an der gesunden Seite. Ausserdem findet sich bald mehr, bald weniger Entzündung und Geschwulst hinzu.
Die Vorhersagung ist bei grossen Thieren meistens ungünstig. Die Heilung erfolgt sehr unvollständig, weil die Knochenenden sich immer bedeutend verschieben und heftige Entzündung, selbst Eiterung in der Umgegend enegen, wodurch die Zusammenheilung der Bruchenden verhindert wird raquo;) und weil man nicht gründlich dagegen wirken kann. In einzelnen Fällen erfolgte gründliche Heilung. •— Bei den kleinen Thieren ist, wenn sie sich sehr ruhig verhalten, in den meisten Fällen gute Heilung in etwa zehn Tagen zu erwarten, zuweilen bleibt aber auch bei diesen eine Unförmlichkeit und Verkürzung des Fusses und beständiges Hinken zurück. Die Brüche an dem Gelenkende heilen immer gut, besonders bei jungen Thieren.
Behandlung. Bei Brüchen am mittleren Theile des Knochens ist bei grossen und kleinen Thieren die Behandlung sehr schwierig. Um bei Pferden die Wiedereinrichtung zu machen, stellt man (nach der Idee von Binz a. a. O. S. 103) das Thier zuerst an die Stand-maschine oder in den Hängegurt, bremset es, legt unter das Armbein eine gut gepolsterte Schiene, welche die Länge des Knochens vorn und hinten um 2 Zoll überragt und an jedem Ende mit einem Loch versehen sein muss. In diese Oeffnung bindet man Stricke, führt dieselben über eine auf der Standmaschine befestigte Stange oder durch Ringe, welche an der Stalldecke sitzen und zieht nach und nach stärker mit diesen Stricken die Schiene gegen den Arm und diesen selbst hierdurch nach aus- und aufwärts. Dies bildet die Gegenausdehnung. Die Ausdehnung macht ein Gehülfe dadurch, dass er mit beiden Händen den Vorarm umfasst und den Fuss nach hinten und unten zieht; und der Thierarzt macht dann die Einrichtung mittelst gelinden Drucks gegen die Bruchstelle. Ist dies geschehen, so wird eine zweite, ganz ähnliche Schiene auf die Aussenseite des Armbeins gelegt und beide werden an den Enden mittelst Bänder fest zusammengebunden. Damit die Schienen sich nicht verschieben, kann man noch eine etwa 20 bis 30 Ellen lange, auf einen Kopf gewik-
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') Ein wieder-zusammengeheiltes, aber über ein Drittel verkürztes Armbein befindet sich in der Knochsammlung der hiesigen Königlichen Thierarz-neischule.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.
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Brüche der Knochen des Vorarms.
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kelte Binde auf folgende Art anlegen: Man lässt hierzu den Fuss aufgehoben halten, legt das Ende der Binde am hintern Ende des Arm-beins an die innere Seite, führt sie über dasselbe nach aussei! und vorn drei- bis viermal herum, dann geht man mit der Binde vom Ellbogen über der äussern Schiene zum Huge, von hier quer über die Brust auf die andere Seite, über die Armbeinsmuskeln des gesunden Fusses zum Ellbogen, über und hinter demselben nach abwärts unter die Brust und wieder zur kranken Seite, wo man von innen nach aussei! über das Armbein und um dasselbe zwei Umwickelun-gen der Binde macht, dann die ersten Touren wiederholt und so fortfährt, bis die Binde geendet isl. Um das Abgleiten der Binde nach unten zu verhindern, legt man über den VViderrüst noch einen handbreiten Leinwandstreifen, führt dessen Enden rechts und links an die Binde und heftet sie mit einigen Nadelstichen an dieselbe.
Bei den kleineren Thieren geschieht die Einrichtung und der Verband am besten, wenn sie auf der gesunden Seite liegen. Ein Gehülfe fixirt mit seinen Fingern das vordere Ende des Armbeins und das Schulterblatt, ein zweiter macht die Ausdehnung am obern Ende des Vorarms durch entspreckend starkes Ziehen nach hinten, worauf die Brucheuden leicht in ihre Lage zu bringen sind. Hierauf legt man zwei Schienen von Pappe, nach der Grosse und der Form des obern Theils des Vorarms, des Ellbogens und des Arms geschnitten und mit Werg oder Watte gepolstert, an die innere und an die äussere Fläche dieser Theile (die innere Schiene muss, mit Rücksicht auf die Achselhöhle, an ihrem obern Rande etwas kürzer sein als die äussere) und umwickelt sie, vom Vorarme anfangend, mit einer schmalen Binde massig fest bis über den Ellbogen und von hier in grösseren Touren über den Bug. Eine Kleisterbinde ist hierzu am besten.
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Wierzelmtes Caigt;ltel.
Brüche der Knochen des Vorarms (des Ellbogens und des
Kegels).
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Die Knochenbriiche am Vorarm entstehen nach verschiedenen äussern Gewaltthätigkeiten und kommen häufiger vor als die Brüche des Armbeins. Bei Pferden ist der Bruch gewöhnlich nur an einem Knochen, an dem Ellbogenhöcker oder an dem Kegel; bei Rindern, Schaafen, Schweinen, llunden und Katzen aber brechen auch oft beide Knochen zugleich, da bei diesen Thieren das Ellbogenbein, so wie der Kegel, die ganze Länge des Vorarms einnimmt, und nicht, wie bei Pferden, blos das obere Ende desselben.
Der Ellbogen kann an der Mitte oder an den Enden brechen, quer, schief oder splilterig; zuweilen bricht er auch in der Länge,
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Brüche der Knochen des Vorarms. Behandlung.
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oder der Höcker bricht ab. Dieser Bruch giebt sich sehr auffallend dadurch kund, dass die Thiere den Vorarm irn Ellbogengelenk gebogen fast unbeweglich nach vorn halten und gar nicht auftreten können; am Ellbogen findet man statt des Höckers eine Lücke, den Höcker stark nach oben verzogen und die Streckmuskeln unter dem hintern Rande des Schulterblattes stark contrahirt.
Die Kennzeichen der Brüche des Kegels bei Pferden sind: Anschwellung und Schmerzen an der Bruchstelle, mehr oder weniger starkes Hinken, wobei der Fuss von der Bruchstelle schlau' herabhängend gehalten wird, die Verschiebung der Bruchenden bei der Bewegung des Fusses oder bei angebrachtem Druck und das knarrende Geräusch dabei. 1st der Bruch sehr sehief, so verschieben sich die Bruchenden sogleich mehr oder weniger und der Fuss erscheint zu kurz. Bei den Thieren, wo beide Vorarmsknochen bis zur Fusswur-zel (dem Knie) herabreichen, ist die Erkennung des Bruches zuweilen sehr schwer, wenn nur der eine Knochen gebrochen, der andere aber noch ganz ist; doch ist in diesen Fällen die Erkennung nicht so schwierig bei kleinen Thieren, als beim Rindvieh, weil bei erste-ren die Muskeln nicht so dick sind und das richtige Gefühl nicht so vermindern, als bei letzteren. — Brüche am untern Ende des Vorarms sind leichter zu erkennen, als am obern Ende desselben.
Die Vorhersagung ist nach Verschiedenheit des Bruches, nach seinem Orte und nach den verschiedenen Thieren verschieden. Querbrüche um die Mitte und am -untern Theile des Vorarms heilen bei den kleinen Thieren leicht und sind auch bei Pferden und Rindern schon geheilt worden, am obern Ende aber viel schwerer; bei den grossen Thieren erfolgt die Heilung am mittleren Theil mehreutheils ziemlich gut, an den Enden aber nur höchst selten. Ist bei den Thieren, die doppelte Vorarmsknochen haben, nur einer derselben zerbrochen, so ist die Heilung immer um Vieles leichter, als wenn beide zerbrochen wären, indem im ersteren Falle der noch ganze Knochen dem gebrochenen zu einer natürlichen Schiene und Stütze dient und verhindert, dass sich die Bruchenden nicht so sehr verschieben. Quere und schiefe Brüche am Ellbogen sind immer sehr übel, denn die Vereinigung ist wegen des beständigen Abziehen des obern Stük-kes weder zu bewirken, noch zu erhalten und die Heilung deswegen zu erzielen.
Die Behandlung der Brüche am Vorarm geschieht ganz nach den allgemeinen Regeln. Man bringt zuerst die Brucheuden in ihre natürliche Lage und in gegenseitige Berührung und lässt hierzu bei verschobenen Bruchenden vorsichtig die Muskeln des Vorarms, so viel als nöthig ist, ausdehnen. Zur Bewirkung der Gegcuausdehnung legt eine starke Person beide Hände an das Armbein, eine andere um-fasst das Schienbein unterhalb des Knies und zieht in einer geraden Richtung bei massig gebogenein Knie den Fuss nach und nach immer stärker vom Leibe abwärts. Der Thierarzt selbst sucht während (lieser Manipulation durch sein Gefühl zu erforschen, ob die Knochen sich in ihre natürliche Lage zurückgezogen haben und trägt, durch gelinden Druck der Hände selbst dazu bei, dass dieses geschehe. Man hat hierbei auch darauf zu sehen, dass die Zehe ihre regelmäs-
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524nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Brüche der Knochen des Vorarms. Behandlung.
sige Stellung nach vorn erhält. Wenn die Thiere auf einer Seite liegen, geht die Einrichtung besser von Statten, als -wenn dieselbe im Stehen vorgenommen werden muss; doch ist im ersten Falle immer zu befürchten, dass beim Aufstehen der Thiere die Bruchenden sich wieder verschieben werden, weshalb das Aufstehen vorsichtig geleitet werden muss.
Fühlt man, dass die Bruchenden in ihrer natürlichen Lage sind, so legt man den Verband auf folgende Weise an: Zu beiden Seiten des gebrochenen Knochens legt man lange, schmale und etwas derbe Compressen von Werg oder weicher Leinwand vom Knie bis zum Armbeingclenk und befestigt dieselben mit einer massig lest angelegten Binde von unten bis oben. Ueber diese Binde nach aussen legt man zum Schutz gegen den Druck der Compressen ganz gleichmäs-sig lockeres Werg und auf dieses 2 oder 3 Schienen, welche nicht viel kürzer als der Vorarm selbst sein dürfen. Die Schienen müssen für die grossen Thiere aus festem Material bestehen, für die kleinen können sie aus Sohlenleder, Pappe u. dgl. bereitet sein; sie werden mit 4 bis 5 einzelnen Bändchen, oder noch besser durch mit Schnallen versehene Riemen massig fest um das Glied gebunden. Bei Hunden kann man den Verband zunähen. Statt der gewöhnlichen Schiene kann man auch das Seite- 492 beschriebene Schenkelmieder anlegen. Grosse Thiere bringt man dann sogleich in den Hängegurt und befestigt sie so, dass sie auf keiner Seite ausweichen können. — Bei com-plicirten Brüchen könnte man Pferde, nach dem Vorschlage von Binz (a. a. O. S. 26 u. ff. Taf. 3. u. 4.) nach angelegtem Verbände auch noch in die von ihm erfundene Rinnmaschine stellen. Man muss für jeden Fuss eine solche Maschine haben. Dieselbe besteht aus einem bogenförmig krummen Holz, welches von dem Ellbogen etwa 3 bis 4 Zoll über den Huf herunter reicht und an seiner con-vexen Seite eine Rinne hat, die so weit ist, dass, nachdem sie mit weichem glatten Stroh gehörig gepolstert worden, der ganze Fuss in ihr ruhen kann. Am oberen Ende geht ihr äusserer Rand in eine flache Ausbreitung über, welche sich an das Schulterblatt legt, Sie wird so an die hintere Seite der Gliedmaasse gelegt, dass der Vorarm schräge nach vorn und unten gerichtet, in ihr ruht. Ein breiter Riemen mit Rückenkissen geht vom obern Ende über den Rük-ken und um den Leib und hält sie an diesem fest, ein zweiter breiter Riemen geht um den Vorarm, einer desgleichen um das Knie und ein vierter um das Schienbein. Das Thier ruht nicht mit dem Hufe, sondern mit dem untern Ende der Maschine auf der Erde und der Bruch bleibt mehr ruhig in seiner Lage. Man kann hierbei in solchen Fällen, wo an der vordem Fläche des Vorarms Wunden bestehen, sogar den Schienenverband ganz weglassen und erhält dadurch die Möglichkeit, die Wunden täglich zu reinigen und die nöthi-gen Heilmittel auf sie anwenden.
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Brüche der Knochen des Vorderknies. Behandlung.
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Fünfzehntes Capitel.
Brüche der Knochen des Vorderknies (der vorderen Fusswurzel).
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Diese Brüche kommen selten vor; sie sind in der Regel Splil-terbriiche und mit heftiger Quetschung, oft mit einer complicirteu Gelenkwuude, mit Zerreissuug der Bänder u. s. w. verbunden.
Die Erkennung ist bei einer offenen Wunde ziemlich leicht durch Befühlen mit dem Finger oder der Sonde, sonst aber schwierig; doch konnte ich in einem Falle, wo keine Wunde bestand, ein Kuochen-stück neben der Strecksehne ganz deutlich fühlen und verschieben. Ausserdem sind immer die begleitenden Zufälle, Geschwulst, Schmerz und Lahmheit zugegen; die 1'liiere gehen mit steif gehaltenem Knie.
Die Vorhersagung ist im Allgemeinen ungünstig, da oft langwierige Entzündung und Verwachsung der Gelenkflächen oder Vereiterung und Abblätterung derselben erfolgt, was in diesen schwammigen Knochen immer sehr übel ist; es gilt hiervon das bei den complicirten Gelenkwunden Gesagte.
Die Behandlung muss hier zunächst auf die Mässigung der Entzündung und bei oifencn Wunden auf die Entfernung der Knochensplitter gerichtet sein, worauf man wie bei den Gelenkwunden verfährt. — Ist keine Wunde zugegen, so umwickelt man das Gelenk massig fest mit einer einfachen Binde, kühlt fleissig, giebt dem Thiere während etwa 14 Tagen Ruhe und stellt Pferde in den Hängegurt oder auch in die Rinnmaschine von Binz.
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Siechszelintes Capitel.
Brüche des Schienbeins und der Griffelbeine oder der vordorn Mittelfussknochen.
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Die Brüche an dem Schienbeine gehören bei allen Thieren zu den häufigsten; sie kommen in der Mitte oder nahe an einem Ende vor und sind in den einzelnen Füllen von verschiedener Beschaffenheit. Bei Pferden brechen fast immer zugleich die Griffelbeine, sehr selten diese allein; bei Schweinen, Hunden und Katzen können einzelne oder alle Schienbeine brechen.
Ihre Erkennung ist gewöhnlich sehr leicht, und zwar ausser den allgemeinen Symptomen der Knochenbrüche vorzüglich durch das
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526 Brüche des Schicnbcing und der GritTelbeinc. Behandlung.
Gefühl, -weil diese Knochen mit wenigen Weichtheilen bedeckt sind. Pferde halten bei dem Gehen mehrentheils die Gliedmaasse in den Gelenken über dem Schienbein stark gebengt und das letztere gewis-sermaassen schwebend; bei dem ruhigen Stehen berühren sie kaum mit der Zehe den Boden.
In den sehr seltenen Fällen, wo ein oder das andere Griflelbein allein gebrochen ist, wird die Diagnosis fast immer sehr schwierig sein, besonders wenn schon grosse Geschwulst eingetreten ist. Man findet an der verletzten Stelle Schmerz am GrifTelbein beim Druck, zuweilen auch etwas Verschiebung der Bruchstücke.
Wenn bei Schweinen, Hunden oder Katzen sämmtliche Schienbeine gebrochen sind, ist die Diagnosis aus denselben Erscheinungen, wie bei Pferden zu machen; ist aber nur ein einzelner Knochen gebrochen, so findet keine Verschiebung statt, und man kann den Bruch nur durch genaues Befühlen des verletzten Theils, wobei Schmerz, Verschiebung und Crepitation wahrzunehmen ist, erkennen.
Die Vorhersagung ist im Allgemeinen ziemlich günstig, denn selbst bei den grossen Thieren sind unter den Brüchen der Glied-maassen die der Schienbeine mit am leichtesten zu heilen, und zwar in etwa vier Wochen, noch mehr aber bei den kleinen, wo mehrere Schienbeine vorhanden sind. Sie erfolgt hier in zwei bis drei Wochen. Brüche in der Mitte des Schienbeins und Querbrüche heilen am leichtesten. Bei schiefen Brüchen ist, wie immer, die Heilung schwierig, um so mehr aber hier, da gewöhnlich die spitzigen Bruch-enden sich so verschieben, dass sie durch die nahe gelegenen Weich-theile dringen und diese, so wie die Sehnen, mehr oder weniger verletzen, selbst durch die Haut stechen. Nach einigen Angaben sollen diese Brüche an den vordern Gliedmaassen leichter heilen, als an den hinteren, weil die Thiere erstere ruhiger zu halten pflegen, als letztere.
Die Behandlung und der Verband muss in allen Stücken so eingeleitet werden, wie dieselbe bei den Brüchen im Allgemeinen angegeben worden ist. Nach angelegtem Verband kann man bei Pferden noch zum grössern Schutz die eisernen Schienen, welche mit dein Hufeisen verbunden sind, benutzen. Pferde und Rinder stellt man in den Häugegurt oder in eine Standmaschine, und ausserdem kann man ihnen nach v. Ten necker und Binz (a. a. O. Seite 26, Taf. I., II. u. HJ., Fig. 2.) auch die Stclzmaschlne anlegen. Dieselbe ist dem bei Menschen gebräuchlichen Stelzfuss ganz ähnlich, in angemessener (irössc aus leichtem Holz verfertigt, und am obern Ende an der äussern Fläche mit einer blattähnlichen Verlängerung versehen, welche an das Schulterblatt zu liegen kommt. Wegen dieses Theiles muss man fiir jeden Vordcrfuss eine besondere Maschine ha ben. Bei dem Anlegen der Maschine wird der Vorarm senkrecht mit gebogenem Knie, und das Schienbein nebst Fessel und Huf hori zontal in die Maschine gelegt und letztere mittelst acht Riemen an den Körper und den Fuss befestigt (ein vorderer und ein hinterer Rückenriemen nebst Rückenkissen, zwei Riemen um den Vorarm, ein desgleichen um das Knie, zwei desgleichen um das Schienbein uud ein sogenannter Auswärtshalteriemen).
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Brüche des Pesselbeins,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;527
Wenn ein Griffelbein gebrochen ist, aber dabei keine Verschiebung besteht, ist das Umwinden der Stelle mit einer Compresse und Binde, ausserdem kühlende Behandlung und Ruhe durch 14 Tage bis 3 Wochen genügend. Bei bestehender Verschiebung sucht man vorher durch entsprechendes Drücken mit den Fingern die Bruchstücke in ihre Lage zu bringen und legt dann zu beiden Seiten des Gritrel-beins unter die Binde eine schmale Schiene an. Dringen Splitter durch die Haut, so entfernt man sie, nöthigenfalls mittelst Erweiterung der Wunde, und behandelt dann blos die letztere.
Bei den kleinen Thieren legt man zwei etwas breite Schienen, welche alle Schienbeine hedecken, eine an die vordere und eine an die hintere Fläche und verbindet und verfährt übrigens nach allgemeinen Regeln.
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i^iebzclmtes Capltel.
Die Brüche des Fesselbeins.
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Sie kommen bei Pferden unter sämmtlichen Knochenbrüchen fast am häufigsten vor und zwar sowohl an den vorderen, wie auch an den hinteren Gliedmaassen. Zuweilen bricht der Knochen einfach quer durch, häußg aber auch schief oder splitterig und zuweilen sind Längenbrüche zugegen; die letzteren sind bald vollständig, bald auch nur unvollständig oder Risse, und sie erstrecken sich bald senkrecht durch beide Gelenkenden, oder zuweilen auch mit ihrem einen Ende schräge nach aussen.
Die Erkennung der vollständigen Brüche ist leicht, wenn noch keine bedeutende Geschwulst eingetreten ist, im letzteren Falle aber und bei den unvollständigen Brüchen ist die Erkennung schwierig. Man sieht bei jenen den Fuss in unregclmässigcr Stellung mit dem Fessel und Hufe, und zwar treten manche Pferde zu stark im Fessel durch und die vordere Fläche desselben bildet dann einen gewölbten Buckel; in anderen Fällen aber stehen die Thiere ganz senkrecht anf dem Hufe und sie treten dabei doch nur mit der Zehe oder mit einem Seitenrande fest auf; der Fessel ist mehr oder weniger dicker und bei den schiefen Brüchen anch kürzer, während bei den Quer-und Längenbruchen in der Regel keine Verkürzung zu bemerken ist. Man fühlt die Unebenheiten von der Verschiebung der Knochen, eben so in den meisten Fällen die getrennten Stellen oder die Bruchränder, und man fühlt und sieht eben so auch die krankhafte Beweglichkeit und die Crepitation, wenn man den aufgehobenen Fuss mit der Hand bewegt. Zuweilen nimmt auch der Fuss von der gebrochenen Stelle ans eine schiefe und hängende Richtung, wenn man ihn bei horizontal gehaltenem Schienbeine mit seinem Ende ff ei lässt. Bei dem Gehen lahmen die Pferde, je nach der Art des
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528nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Brüche des Fesselbeins. Behandlung.
Bruches, bald sehr stark, bald nur unbedeutend; ersteres ist der Fall bei schiefen und Splitterbrüchen, letzteres bei Längen- und bei Spalt-brüchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. .
Die Beurtheiluug ist nach der Verschiedenheit der Bruche und nach den bei der Prognosis der Kuochenbrüche überhaupt angedeuteten Verschiedenheiten in den einzelnen Fällen wohl verschieden, im Allgemeinen aber eben so günstig, wie bei den Brüchen des Schienbeins; denn Quer- und Längenbrüche an dem Fesselbeia werden fast in allen Fällen geheilt, und zwar so, dass die meisten Thiere wieder zum Dienst völlig hergestellt werden. Zuweilen bleibt jedoch Verdickung des Fesseis, durch wuchernden Callus oder durch Auflockerung der Beinhaut bedingt, zurück, und in Folge dessen, oder weil die Seimen durch die Entzündung in verschiedener Weise mitgelitten haben, bleibt zuweilen eine Lahmheit nach der Heilung des Bruches bemerkbar. —#9632; Bei Brüchen in der Nähe der Gelenke, bei Längen- und Splilterbrüchen entsteht oft Verwachsung des oberen Endes des Fesselbeins mit dem Schienbein oder noch mehr des unteren Endes mit dem Kroneubein, und die Thiere bleiben in Folge dessen steif (Knochenstelzfuss). Unter denselben Umständen entstehen auch oft Kuochenauswüchse oder die sogenannte Schale, wodurch ebenfalls eine dauernde Lahmheit erzeugt wird. Zerschmette-rungsbrüche und solche Brüche des Fesselbeins, welche mit Zerreis-sung der Sehnen verbunden sind, heilen aber eben so schwer wie an anderen Knochen, und die Thiere bleiben dabei mehrentheils Krüppel.
Die Behandlung ist ganz nach den bei der Behandlung der Kno-chenbrüche im Allgemeinen angegebenen Regeln auszuführen. Nach geschehener Wiedereinrichtung kann man hier eben so gut den Schienen- wie den Kleisterverband, oder das Eiugypsen anwenden. Die Schienen können entweder kurze, d. h. nur der Länge des Fesseis entsprechende Holzschieuen oder Kapseln von Sohlenleder, oder von (iutta percha sein, oder man benutzt auch andere Schienen, welche nach unten über die Krone und die vordere Wand des Hufes, nach oben bis zur Hälfte des Schienbeins reichen und eben so an der hintern Seite des Fusses. Diese letzteren Schienen müssen genau nach der Richtung des Fesseis am gesunden Fusse und nach den Formen der Krone, der Hufwand und nach oben des Fesselgelenks und des Schienbeins gebildet sein. Nach angelegtem Verbände kann man auf denselben noch die mit einem Hufeisen in Verbindung stehenden eisernen Schienen legen und dieselben vermittelst Riemen festschnal: len. Damit die Thiere nicht zu fest auf den Fuss auftreten, kann man an der Stelle des Fussbodens, welche dem kranken Fuss im Stande des Stalles entspricht, den Fussboden etwa einen halben Fuss tief ausgraben und dann die Stelle mit lockerm Stroh ausfüllen. Wie bei anderen Brüchen au den Extremitäten, so ist es auch hier noth-wendig, die Thiere in den Hängegurt zu stellen und sie für die Dauer der Heilung stehend zu erhalten. Bei nicht complicirten Brüchen kann man nach etwa vierzehn Tagen den ersten Verband abnehmen und ihn durch einen etwas lockereu ersetzen. Bei complicirten Brüchen empliehll Hinz die Anwendung der Stelzmaschine als der
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Brüche des Kronenheins.
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regelmässigeu Heilung sehr fördeilich; übrigens muss man sich bei denselben, wie in andern Fällen, hierbei nach den eingetretenen Zufällen richten. Nach erfolgter Heilung lässt man die Thiere zuerst auf weichem Boden im Schritt führen und benutzt sie allmälig wieder zu leichter Arbeit.
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Anmerkung. In einzelnen, aber sehr seltenen Fällen brechen oder (richtiger) reisseu bei Pferden auch die über der hintern Fläche des Fesselgelenks liegenden Gleichbeine oder Sesambeine in Folge heftiger Anstrengungen und Prellungen quer durch. Es wird dann das obere Stück durch den Fesselbeinbeuger nach oben, das untere Stück durch das untere Band dieser Knochen-nach unten gezogen, so dass man eine Lücke zwischen beiden fiihlt; die Thiere treten im Fesselgelenk zu stark durch und lahmen sehr, besonders wenn erst die Entzündung eingetreten ist. Die Prognosis ist schlecht, weil die Bruchstücke durch kein Mittel genügend zusammenzuhalten sind. Soll vielleicht bei einem werthvollen Thiere ein Heilversuch gemacht werden, so müsste der Fesselbeiubeuger subcutan durchschnitten, dann das untere Ende mit seinem Knochenstück bei stark gebogenem Knie zum Fesselgelenk hingedrängt, über das Knochenstück auf die Sehnen eine Compresse gelegt, mit einer Zirkelbinde eingewickelt, das Thier in eine Stelzmaschine gestellt und mit dem Hängegmt unterstützt werden. Dabei ist eine antiphlogistischc Behandlung anzuwenden.
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JLclitxelintes Ca|raquo;Uel.
Brüche des Kronenbeins.
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Die Brüche dieses sehr kurzen Knochens sind bei Pferden nicht selten. Sie entstehen bei verschiedenen Gelegenheiten, wenn die Thiere den Fuss plötzlich sehr heftig anstrengen, vorzüglich bei starken Prellungen und bei Fehltritten auf hartem, unebenem Boden, und besonders, wenn die Thiere in gefrorne Wagengeleise, in Löcher, zwischen Steine u. s. w. treten und dabei eine drehende Bewegung mit dem Fuss machen. Gewöhnlich bricht das Kronenbein in senkrechter Richtung in mehrere Stücke. ') lu manchen Fällen ist nur
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') Grognier fand hei einem 7jährigen Pferde am rechten Fuss das Kronenbein in zwei Stücke gehrochen. Die innere Fläche beider Stücke war
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Brüche des Kronenbeiiis.
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der Raud bald mehr, bald weniger abgebrochen, oder es ist aucb bloss eine einfache Spalte entstanden. Zuweilen ist au einem Thiere dieser Knochen an mehreren Füssen gebrochen1), oder es siud gleichzeitig Brüche des Huf- und Strahlbeins, Zerreissung der Beugesehne u. s. w. zugegen.2)
Die Diagnosis des Vorhandenseins der Kronenbeinbrüche und die Unterscheidung von den Brüchen des IluCbeins ist oft schwer zu erlangen, noch schwerer ist aber die spezielle Beschaffenheit des Bruchs zu erkennen. Man wird auf das Vorhandensein dieser Brüche geleitet, wenn ein Pferd nach den angedeuteten Ursachen plötzlich lahm geht mit sichtbarer Schonung des Fusses beim Niedersetzen desselben, — wenn man dabei am Fessel und in den Theilen über ihm keinen hierauf bezüglichen Grund, auch im Hufe wenig oder gar keinen Schmerz, dagegen aber an der Krone eine ungleiche Nachgiebigkeit, etwas Verschiebung der Bruchstücke und zuweilen selbst etwas reibendes Geräusch wahrnimmt. Diese Erscheinungen treten beim Drehen und Bewegen des Fusses im Kronengelenk, am deutlichsten aber dann hervor, wenn man denselben stark vorwärts zieht und dann mit den Fingern die Krone rund herum massig stark drückt. Gewöhnlich schwillt nach 12—24 Stunden die Krone etwas au, aber die Geschwulst ist hier immer sehr gering, dagegen der Schmerz gewöhnlich in der ersten Zeit sehr bedeutend. Hiernach ist auch das Lahmgeheu verschieden; bei einfachen Brüchen und in der spätem Zeit hinken die Thiere meistens sehr wenig; 3) bei frischen Brüchen und wo der Knochen in viele Stücke gebrochen ist, ist aber gewöhnlich das Hinken sehr bedeutend. Die Pferde treten dabei selten auf die Zehe, sondern häufiger, um den Schmerz zu verringern, auf die Ballen. #9632;— Blosse Spalten verursachen nur die Symptome der anfangenden Schale und werden daher gewöhnlich erst bei anatomischer Untersuchung erkannt.
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Beurtheilung.
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Die Heilung ist nur bei einfachen Brüchen zu
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hoffen, und wenn die Thiere recht ruhig und noch jung sind; ist der Bruch mehrfach, ist er mit Brüchen des Strahl- und Hui'beins, mit Zerreissung der Sehnen u. s. w. complizirt, ist das Thier alt oder sehr unruhig, so erfolgt sie höchst selten und dann immer nur
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ganz glatt, der Bruch also, ohne Zweifel, ziendich alt; das Pferd hinkte übrigens nur wenig; Hen on fand es einmal in 7 Stücke gebrochen (Correspond, veter. vol. II. p. 99); Schrader sah es in 6 Stücke getheilt (Mag. Bd. III. S. 102) und Lafosse (Observations et Decouvertes faites sur les Chevaux etc. Paris 1754; — deutsch in Schrebers Sammlung verschiedener Schriften etc. Bd. IV. S. 248) fand ausser vielen andern auch ein Beispiel, wo das ! Kronenbein in 20 Stücke gebrochen war.
') Henon sah das Kronenbein aller 4 Füsse eines Pferdes gebrochen; dasjenige, welches am wenigsten gelitten hatte, war doch in 4 Stücke zer- j trümmert.
2)nbsp; Lafosse wollte glauben, dass in allen den Fällen, wo das Kronenbein in mehrere Stücke gebrochen sei, auch die Beugesehne des Hufbeins j zerrissen wäre.
3)nbsp; Siehe Viborg, Sammlungen, Bändchen IV. S. 239.
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Brüche des Huf- und Strahlbeins etc.
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sehr UQTollkommen. Gewöhnlich cutstehen stark wuchernde Ausschwitzungen von Knochenmaterie und dadurch Verwachsung mit dem Fessel-, Huf- und Strahlbein, völlige Steifheit und oft ünförm-lichkeit des Fusses. Solche geheilte Pferde sind dann gewöhnlich nicht mehr zum Reitdienste, sondern nur im Acker und zur Zucht zu gebrauchen. Selten glätten sich die Bruchflächen ab; sie heilen dann nie zusammen, aber die Thiere gehen allmälig besser.
Die thierärztliche Behandlung kann zum grössten Theil nur auf die Minderung der zuweilen heftigen Entzündung und Geschwulst gerichtet sein, was durch kalte Begiessungen, oder Fussbäder von gewöhnlichem Wasser oder Bleiwasser, oder später durch Waschungen mit Oxykrat, Branntwein, Kamphergeist u. s. w. erzweckt wird. Die Knochenendeu weichen zwar sehr wenig von einander, doch aber kann man, theils um sie noch mehr zu nähern, theils um das Ausarten des Callus zu mindern, um die Krone und den Fessel eine einfache Binde und darüber Schienen mit Nutzen anlegen. Dabei muss das Thier strenge Ruhe haben, und am besten in einen Hängegurt gestellt werden. Sollten Splitter anhaltende Schmerzen veranlassen, oder sollte Eiter entstehen, so entferne man beide durch frühe Einschnitte. Die Heilung kann in glücklichen Fällen in Zeit von 6 Wochen erfolgen; das Thier muss dann vorsichtig wieder an die Arbeil und Bewegung gewöhnt werden.
Die beiden Kronenbeine der Wiederkäuer, die zwei wahren und zwei falschen bei Schweinen und die vier bei Hunden und Katzen zerbrechen höchst selten und dann fast niemals auf dieselbe Weise, wie bei Pferden, sondern sie werden meist zerquetscht und sind als sehr'üble, mit heftiger Quetschung verbundene Gelenkwunden anzusehen und zu behandeln.
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IVeiinzelintes Capitel.
Brüche des Huf- und Strahlbeins bei Pferden und Rindern und des Zehengliedes bei Hunden.
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Obgleich das Hufbein bei Pferden mit einer starken Hornkapsel umgeben und durch dieselbe gegen äussere Einflüsse sehr geschützt ist, so zerbricht dasselbe dennoch zuweilen, wie das Kronenbein, in zwei und mehrere Stücke. Der Bruch entsteht bald um die Mitte des Knochens, bald an den Aesten, und im letztern Falle ist er zuweilen splitterig. #9632;)
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') Lafosse, Ohservations et Decouvertes failes sur les chevaux. Paris
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Brüche des Huf- und Strahlbeins etc.
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Die Gelegeiiheitsursacheu, bei welchen dies geschieht, siud unter Anderem heftige Anstrengungen, Fehltritte auf unebenem Boden, starke Prellungen auf hartem Boden, beim Springen u. s. w. und besonders dann, wenn die Sohle sehr dünn ausgeschnitten und noch dazu mit Hufeisen, welche sehr hohe Stollen und Grille haben, beschlagen ist. Da diese Zurichtung des Hufes am meisten bei Lastfuhrmannspferden üblich ist, so hat man die Brüche des Huf beins bei diesen bisher auch am häußgsten bemerkt. Sie sind zuweilen mit Brüchen des Kronenbeins, Strahlbeins und mit Zerreissuug der Beuge-sehne des Hufbeins verbunden.
Die Zeichen des gebrochenen Hufbeins sind wegen der verborgenen Lage desselben sehr undeutlich. Das Thier lahmt sehr und tritt auf den leidenden Fuss nur wenig, etwas mit der Zehe oder auch gar nicht auf, aber der Schmerz bei der Untersuchung des Hufes selbst findet sich nicht in einem, der heftigen Lahmheit entsprechend hohen Grade, obgleich er an der Bruchstelle allerdings bemerkbar ist und in manchen Fällen auch in grüsserem Umfange her vortritt; zuweilen wird man bei der Bewegung des Fusses, oder beim Druck auf die Krone, oder bei dem Zusammendrücken des Hufes von beiden Seiten her mit den Händen oder mit der Zange ein schwaches, reibendes Geräusch wahrnehmen können; dasselbe wird zuweilen auch stattfinden, wenn der Druck auf die vorher ganz dünn ausgewirkte Sohle an verschiedenen Stellen angebracht wird. Gewöhnlich, jedoch nicht immer, findet sich auch etwas stärkeres Pulsiren der Fesselarterieu und bei star-ker Entzündung auch etwas Auftrei bung der Krone hinzu. — Beides oft erst nach 2 — 3 Tagen. Die letztere Erscheinung tritt aber oft sehr spät ein. Bei diesen, nur im Ganzen etwas charakteristischen Merkmalen müssen hier auch die Art des Entstehens der Lahmheit, die fehlenden Kennzeichen der verschiedenen andern Krankheitszustände, welche mit Lahmgehen verbunden sind, und besonders derer, die ihren Sitz im Hufe haben, verglichen und die Dauer der Zulalle berücksichtigt werden. In manchen Fällen ging ein Thier mehrere iMonate mit dem gebrochenen Hufbein fortwährend gleichmässig, aber nicht sehr stark hinkend. — Bei Brüchen an den Aesten des Hufbeins sind die Symptome oft ganz so, wie bei verborgenen heftigen Steiugallen. Bei hinzutretender Eiterung bildet sich zuweilen ein Abscess an der Krone.
Die Vorhersagung ist bei den einfachen Brüchen des Hufbeins wegen der festen Lage desselben und wegen der dabei nur geringen Abweichung der Bruchenden etwas günstiger, als -bei den Brüchen des Kronen- und Strahlbeins; die Heilung kann in glücklichen Fällen in 6—8 Wochen erfolgen. Bei den zusammengesetzten Brüchen aber ist sie eben so schlecht, wie bei den Brüchen des Kronenbeins. Es erfolgt bei den schlimmeren Brüchen häufig Entzündung des ganzen Hufes, Blut- und Eiterergiessung innerhalb des Hufes, zuweilen VVu-
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1754 p. 18. — G. W. Schrader, Prakt. Bemerkungen über die Brüche des Hufbeins bei Pferden. Im Magaz. für die gas. Thierheilk. Bd. 3. S. 88.
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Brüche des Huf- und Stralilbeins etc.
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cherung der Knochenmaterie, Verwachsung mit dem Strahl- und Kronenbein, IMissbildung des Fusses und bleibende Steifheit desselben. Je früher das Thier zweckmässig behandelt wird, um desto mehr kann man durch Verhütung oder Verminderung der Entzündung üblen Zufällen entgegenwirken und somit die Heilung befördern. — Die Lahmheit bei und nach den Brüchen des Hufbeins verliert sich zuweilen erst nach 8—10 Monaten.
Die Behandlung ist der bei den Hrüchen des Krouenbeins angegebenen ähnlich. Ruhe des ganzen Thieres, und besonders des leidenden Theils, ist vor allem Andern nöthig. Ist das Hufeisen noch nicht bei der Untersuchung abgenommen worden, so muss dies so vorsichtig und so milde als möglich bei der Behandlung geschehen. Eine Bandage nutzt hier nichts. La fosse nahm bei diesen Brüchen die llornsohle ganz weg, um den Druck von unten zu verringern, und andere französische Thierärzte haben, um die Schmerzen zu mindern, angerathen, tiefe Kinnen zwischen die Wand und Sohle zu schneiden, oder die Hornwaud senkrecht zu spalten, oder sie rund herum zu verdünnen, oder auch sie an mehrereu Stellen zu trepani-ren; dies Alles ist aber weder nöthig, noch nützlich. — Die Entzündung wird durch andauernde Anwendung während 14 Tagen von recht kaltem Wasser, als Begiessung oder Fussbad, gemindert, und wirkliche Ergiessungen entleert man durch hinreichend grosse Einschnitte, welche in die weisse Linie gemacht werden. In der spätem Zeit kann man auch zur Stärkung des leidenden Fusses Fuss-bäder und Einreibungen über dem Hufe von aromatisch-stärkenden Mitteln und von Lauge anwenden und muss das Thier in der ersten Zeit nach der Heilung nur vorsichtig auf weichem, ebenem Wege und ohne Hufeisen ans Gehen gewöhnen.
Die beiden Hufbeine der Wiederkäuer und die Knochen der Klauenglieder bei Schweinen, Hunden und Katzen können nicht zerbrechen, sondern nur zerquetscht und zermalmt werden. Diese Zufälle sind selten auf diese Knochen allein beschränkt, sondern betreffen auch die darüber liegenden Gelenke; sie sind immer sehr schmerzhaft, langwierig und mit Gefahr verbunden. — Die Behandlung muss, wie bei gequetschten Gelenkwunden, im Anfange aber immer ganz untiphlogistisch sein.
Das Strahlbein kann bei schiefem Auftreten, bei plötzlichem Aufspringen und bei mehreren andern Gelegenheiten ebenfalls zerbrechen, indem die Beugesehne des Hufbeins zu hellig und prellend auf dasselbe wirkt. Dieses Bein bricht gewöhnlich in zwei, oft aber auch in mehrere Stücke, und oft ist der Bruch mit Brüchen des Kronenbeins, Hufbeins und mit Zerreissung von Sehnen und Bändern verbunden.
Die Erkennung des Strahlbeinbruchs ist sehr schwer, weil das Sirahlbein zu tief unter andern Theilen liegt, und weil mau bis jetzt, aussei- heftigem Lahmgehen, Schmerzen am ganzen Hufe und besonders au den Ballen, Anschwellung der Beugesehne und dergleichen keine andere eigeuthümliche Zeichen bemerken konnte. #9632;— Die Vorhersagung ist ungünstig, weil die Heilung (nach Lafosse's Erfahrung a. a. O., 17te Beobachtung) sehr schwer und selten gelingt.
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Brüche des Backenlgt;einH.
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W
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Die Behandlung kann im Allgemeinen eben so, wie bei den Hufbeinsbriichen angegeben worden ist, eingeleitet werden.
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Kwanxig-stes Capitel.
Brüche des Backeubcins.
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Trotz der bedeutenden Dicke dieses Knochens blicht derselbe dennoch nicht ganz selten, und zwar bald am Körper au verschiedeneu Stellen quer oder schielquot;, bald am Halse, am grosses, mittlern oder kleinen (Jmdreher oder auch am untern Ende; an dem letztern erfolgt zuweilen die Trennung in schräger Richtung durch das lt;ie-lenkende. Der Bruch ist entweder einfach, oder ein Splitterungsbruch. (Greve fand bei einer Kuh nach einem Falle den Knochen in 85 grössere und kleinere Stücke zerbrochen.)
Die Veraulassungeu zu diesen Brüchen sind Schläge und Stösse mit dicken Knitteln, mit Hämmern und andern harten Werkzeugen, oder auch das Niederstürzen auf unebenen and harten Boden, heftige Anstrengungen und Ausschlagen u. dgl.
Die Diagnosis ist wegen den dicken Muskeln, mit welchen der Knochen bedeckt ist, oft sehr schwierig und imsicher, besonders bei Pferden.
Man erkennt den Brach am Halse des Knochens daran, dass die an den grossen ümdreher sich ansetzenden Muskeln über dem Gelenk stark contrahirt sind und der Fuss dadurch mehr in die Höhe gezogen ist, so dass er kaum noch mit der Zehe die Erde berührt: dabei können die Thiere nicht fest auf den Fuss treten und derselbe hängt mehr lose am Backen, so dass er nach allen Seiten freier bewegt werden kann, als im normalen Zustande; bei diesen Bewegungen zeigen die Thiere Schmerz an der Bruchstelle und man lühlt und hört daselbst das reibende Geräusch der Bruchllächen. — 1st der grosse ümdreher abgebrochen, so findet man denselben mehr in die Höhe gezogen, der Schenkel hat aber seine natürliche Länge und die Thiere können auch fest auf demselben stehen, aber die drehenden Bewegungen nach aussei! können sie nicht machen und beim Gehen lahmen sie mit. schleppender Bewegung des Fusses; reibendes Geräusch ist hier nicht wahrzunehmen. Der mittlere Ümdreher verschiebt sich fast gar nicht, aher Reibegeräusch und Lahmheit ist zugegen. '— Bei Brüchen am Körper des Knochens entsteht stets Verschiebung an der Bruchstelle, in Folge dessen das untere Ende des Knochens und mit ihm die Kniescheibe ein wenig mehr in die Höhe gezogen werden; der Fuss ist verkürzt und wird ein wenig mehr als der andere nach vorn gehalten; beim Gehen lahmen die Thiere stark
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Bräche des Backenbeins.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 535
und schonen den Fuss, sowohl bei dem Aufheben, wie bei dem Niedersetzen; ergreift man den Unterschenkel und bewegt ihn in verschiedenen Richtungen, so kann man ihn mit Leichtigkeit nach ein-und auswärts biegen, und es entsteht LSchmerz und Crepitation; auch kann mau zuweilen, besonders an der innern Seite, die Verschiebung der Bruchenden und die abnorme Beweglichkeit au der Bruchstelle deutlich wahrnehmen. — Brüche am untern Ende des Knochens und in schräger Richtung nach dein Gelenk gehend sind am schwersten zu erkennen, weil hier die wenigste Abweichung der Brachenden entsteht und man deshalb den Bruch selbst nicht deutlich wahrnehmen kann: die Thiere schonen selbst beim Stillstehen den Fuss bedeutend und manche halten ihn beständig in die Höhe; beim Gehen lahmen sie sehr stark, ja manche Pferde treten fast gar nicht auf den leidenden Fuss; an der Bruchstelle ist, wenn man den Schenkel mit der Hand in verschiedenen Richtungen bewegt, zuweilen Crepitation zu bemerken und es findet sich immer daselbst eine bedeu-teude Anschwellung ein, die sich gewöhnlich über den grössten Theil des Unterschenkels verbreitet.
Die Prognosis ist fast immer ganz schlecht, da die Heilung nur in seltenen Ausnahmen gelingt und da mau nur wenig zur Beförderung derselben beitragen kann; denn die dicken Muskeln und die Form dieses Theils der Gliedmaasse hindern die Anlegung und die genügende Wirkung eines jeden Verbandes. Nur bei (Jueihrüchen am Körper des Knochens und nur bei ganz ruhigen und fügsamen Thieren ist daher noch einige Hoffnung zur Heilung; doch lässt sich in keinem Falle versprechen, wie dieselbe ausfallen werde; in einzelnen Fällen ist sie gut gelungen, so dass die Thiere wieder arbeitsfähig wurden, in andern bildete sich ein künstliches Gelenk, oder der Callus wurde wuchernd und in Folge dessen blieben die Thiere lahm, oder der Bruch heilte mit Verschiebung und der Schenkel blieb verkürzt.
Die Behandlung. Die vollständige Wiedereinrichtung ist bei allen diesen Brüchen kaum zu bewirken, weil die dicken Muskelschichten der Ausdehnung und Gegenausdehnung ausserordeutliche Hindernisse entgegenstellen, doch kann man dieselbe bis zu einem gewissen Grade versuchen, indem man durch Gehilfen ') und mittelst des Hängegurtes, welcher recht straff an den Leib des Thieres gelegt wird, den Fuss im stehenden Zustande in die Höhe hält und dann durch einen Gehilfen den Unterschenkel in der Nähe der Kniescheibe umfassen und in schräger Richtung nach unten und vorn ziehen lässt. Während dies geschieht, drückt man mit beiden Händen die Bruchstücke in ihre normale Lage zurück und legt darauf eine gut gepol-
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') In einigen Fällen der Art liess ich einen Gehilfen mit seinem Rök-ken gegen das Hintertheil des Pferdes stellen, den Schweif desselben über seine Schulter nehmen, mit beiden Händen recht festhalten und, indem der Gehilfe sich hierauf vollständig in die Höhe richtete, das Thier mit einem Hintertheil ein wenig in die Höhe heben und es so während der Einrichtung halten.
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Bruch der Kniescheibe.
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sterte Schiene, welche mit einem Querstück am obeni Ende versehen ist, an die innere Seite des Oberschenkels, so dass die beiden Enden des Querstücks das eine nach vorn und das andere nach hinten gerichtet stehen. Die Schiene wird an ihrem untern Ende durch Bänder oder Binden au das obere Ende des Unterschenkels befestigt; an jedes Ende des Querstücks befestigt man einen Strick, bindet dann die beiden aussein Enden des Stricks zusammen und hängt ihn an einen in die Wand über dem Kreuz des Pferdes fest eingeschlagenen Haken. Hierdurch wird das Oberschenkelbein gleichsam getragen, beständig ein wenig nach aussen und oben gedrückt und ziemlich gleichmässig in einer guten Lage erhalten. Die Heilung kann dabei in circa ö Wochen erfolgen. Während dieser Zeit müssen die Thiere anhaltend stehen. Oertliche heftige Entzündungszufälle werden durch kühlende Mittel beseitigt.
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Eiininflzwanxig^tes Capitel.
Bruch der Kniescheibe.
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Bei Pferden wird die Kniescheibe zuweilen durch Hufschläge mit scharf beschlagenen Hufen zerschmettert. ') Der Bruch ist selten einfach, sondern splitterig und immer mit heftiger Quetschung des Knochens und des Kniegelenks complizirt.
Die Erscheinungen sind in der Regel sehr auffallend; die Thiere lahmen stark und besonders, wenn erst die Entzündung eingetreten ist, wo dann die Schmerzen gerade in diesem Gelenk ausserordent-lich heftig werden, so dass die Thiere das Futter versagen und selbst ein hel'tiges Reiziieber bekommen. Beim ruhigen Stehen berühren die Thiere nur mit der Zehe den Boden, beim Gehen schleppen sie den Fuss auf dem letztem. An der Kniescheibe selbst findet man bald mehr bald weniger Geschwulst, zuweilen eine offene Wunde und immer die Knochenstücke auseinandergezogen, namentlich nach oben, wohin sie durch die Streckmuskeln gezogen werden; zuweilen kann man die Stücke auch mit den Fingern etwas verschieben.
Die Beurtheilung ist ungünstig oder wenigstens sehr zweifelhaft; denn man kann zur Wiedervereinigung der Bruchstücke durch Kunsthilfe nichts thun und die Verwachsung der getrennten Stücke erfolgt
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') Nach Schrader's Mittheilung sah Wolstein, dass die Kniescheibe bei einem Pferde, welches einer Operation wegen niedergeworfen war und sich heftig zusammennahm, mit einem lauten Knalle zersprang. (Busch, Teutschc Zeitschr. f. d. ges. Thierheilk. Bd. 3, Heft 3, S. 40.)
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Brüche des Unterschenkclbeins.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;537
nur unter günsiigen Umständen durch eine fibröse Masse, durch welche aber der Knochen seine frühere Festigkeit nicht wieder erlangt und daher auch die Bewegung mehrentheils sehr gestört bleibt. Doch sind mir einzelne Fälle bekannt, in denen die Thiere zu einem massigen Dienst wieder brauchbar wurden. In den Fällen, wo eine heftige Gelenkentzündung entsteht und wo zugleich Wunden in das Gelenk eindringen, gehen die Thiere gewöhnlich in Folge des heftigen Keizfiebers zu Grunde.
Die Behandlung ist nur auf ruhiges Stehen des Thieres in einem Hängegurt und in der Beseitigung der Entzündungszufälle nach den bei den Knochenentziindungen angegebenen Vorschriften beschränkt.
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Zweiiiiidzwanzig-steüraquo; Capitel.
Brüche des Unterschenkelbeins.
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Das Unterschenkelbein bricht bei allen Hausthieren ziemlich häufig, und zwar bald in der ftlitte, bald an einem Ende, quer, schief oder auch zum Theil in der Längenrichtung. Eine Eigenthümlichkeit dieses Knochens ist, dass gerade an ihm unvollständige Brüche häufiger als an allen andern Knochen der Gliedmaassen vorkommen.
Die Kennzeichen eines vollständigen Bruchs sind hier in der Regel sehr offenbar; besteht keitie Verschiebung, so sieht man doch, dass die Thiere stark lahm gehen, den Fuss schleppen oder ihn bei stark gebogenem Knie schlaff und schlotternd herunterhängen lassen; das Zurücktreten mit dem gebrochenen Fuss wird ihnen fast ganz unmöglich und bei der öi-Üichen Untersuchung findet man, wenn das Glied am Sprunggelenk ergriffen und in verschiedenen Richtungen bewegt wird, die abnorme Beweglichkeit an der Bruchstelle und auffallend reibendes Geräusch. Bei schiefen Brüchen ist immer starke Verschiebung der Bruchcndcn, hierdurch Verdickung der Bruchstelle und Verkürzung der Gliedmaassen wahrzunehmen.
Die unvollständigen Brüche sind als solche gar nicht mit Sicherheit zu erkennen; man kann ihr Bestehen aber vermuthen oder befürchten, wenn nach einer den Unterschenkel, besonders an seiner Innern Fläche, betroffenen groben Gewaltthätigkeit, z. B. einem Hufschlage u. dgl. die Thiere an der verletzten Stelle wenig äusserliche Spuren der Verletzung, dabei aber Lahmheit und beim Druck gegen den Knochen Schmerz zeigen. Bei diesen geringen Zufällen gehen die Thiere gewöhnlich noch mehrere Meilen weit, ja zuweilen noch ein Paar Tage, und erst dann, wenn sie sich niederlegen und wieder aufstehen wollen, bricht der Knochen an der verletzten Stelle vollständig durch und es treten dann plötzlich die im Vorstehenden angegebenen Symptome eines vollständigen Unterschenkelbeinbruchs ein.
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Brüche der Knochen des Sprunggelenks.
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Die Beurtheilung ist je nach dem Orte des Bruches und nach seiner Beschaffenheit sehr verschieden; Querbrüche um die Mitte und am untern Ende des Knochens heilen gewöhnlich in Zeit von 6 bis 8 Wochen ziemlich gut, dagegen alle Brüche in der Nähe des Kniegelenks schwer und unvollständig heilen, so dass die Thiere in der Regel dauernd lahm bleiben, ja zuweilen wie bei den Brüchen der Kniescheibe zu Grunde gehen; auch schiefe Brüche und Splitterbrüche sind im Allgemeinen als ungünstig zu beurtheilen, besonders in der Nähe der Gelenke. Selbst nach gutgehciltem Bruch lahmen die Thiere noch während lauger Zeit.
Die Behandlung. Grosse Thiere werden zuerst am besten in den Hängegurt oder in eine Standmaschine gestellt. Die Einrichtung macht mau durch Ausdehnung vermittelst Handtücher, welche man um das untere Ende des Unterschenkels, unmittelbar über dem Sprunggelenk fest angebunden hat (Binz lässt einen breiten Riemen mit Handhaben anschnallen), indem mau das Glied in seiner natürlichen Richtung nach unten und hinten zieht. Die Gegenausdehnung macht das Thier genügend von selbst; doch kann mau um das Dickbein ebenfalls ein Handtuch schlingen und hiermit in der Richtung nach vorn und oben eine Gegenwirkung durch einen starken Mann ausüben lassen. Die Einrichtung wird dann nach allgemeinen Regeln gemacht und der Verband mittelst Schienen, welche an der vordem und an den beiden Seitenflächen des Unterschenkels angelegt werden, so wie durch Binden u. s. w. in gewöhnlicher Weise bewirkt. Der Kleisterverband oder zwei Hohlschienen von starkem Eisenblech verdienen jedoch den Vorzug vor den gewöhnlichen platten Schienen. Die eintretenden Entzündungszufälle werden nach allgemeinen Regeln beseitigt.
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Dreiumlzwauzig-stes Ca]iltel.
Brüche der Knochen des Sprunggelenks.
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Diese Brüche erfolgen nur selten. In einzelnen Fällen hat man in Folge von Hufschlägen das Fersenbein, namentlich dessen Höcker, quer abgebrochen oder gesplittert gesehen. An dem Rollbein bricht zuweilen der eine oder der andere hervorstehende Rand der Rolle ab, wenn Pferde mit auf dem Boden feststehenden Hinterbeinen eine plötzliche Wendung des Hintertheils ausführen. Die übrigen Knochen können in Folge von Hufschlägen oder auch durch das Ueberfahren von Wagen zermalmt werden.
Die Erkennung dieser verschiedenen Brüche ist je nach dem Orte und der Art derselben bald sehr leicht, bald sehr- schwierig; erste-res ist der Fall bei den Brüchen des Sprungbeinhöckers, bei welchem
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Brüche der Knochen des Sprunggelenks.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 539
das abgebrochene Knocheustiick durch die Achillessehne stark nach oben gezogen wird, und in Folge dessen die hintere Seite des Sprunggelenks verändert, die Achillessehne erschlafft und zwischen dem abgebrochenen Stück und dem Sprunggelenk eine Lücke erzeugt -wird; der Fuss ist im Sprunggelenk stark gebogen und nach vorn gehalten und die Thiere sind nicht vermögend auf den Fuss fest aufzutreten. — Bei den Brüchen am Kollbein entsteht plötzlich eine Anschwellung des Sprunggelenks an beiden Seiten, dieselbe ist iluctuirend, wie bei den Sprunggelenksgallen, dabei aber bei gelindem Druck sehr schmerzhaft, die Thiere lahmen sehr und wenn man beide Hände um das Sprunggelenk legt und den untern Thcil des Fusses drehend bewegen lässt, fühlt man das reibende Geräusch. — Aehnliche Erscheinungen, jedoch weniger deutlich, findet man auch bei den Brüchen der übrigen Sprunggelenksknochen.
Die Prognosis ist ganz schlecht, da die Kunst gegen diese Brüche nichts thun kann, die Natur aber sie entweder gar nicht oder auch nur mit zurückbleibender Verkrüppelung heilt. Bei dem Abbrechen des Fersenbeinhöckers bleibt daselbst für immer eine Lücke und der Fuss verkrümmt und ohne Kraft; und bei den Brüchen der übrigen Knochen entsteht Wucherung des Callus (Spatt), zuweilen enorme Auftreibung des Gelenks, Verwachsung desselben und unlösliche Stei-figkeit.
Die Behandlung ist auf Ruhe'und Anwendung entzündungswidri-ger Mittel beschränkt.
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Hinsichtlich der Brüche der unterhalb des Sprunggelenks liegenden Knochen verhält es sich in jeder Hinsicht so wie an den vordem Gliedmaassen bei den Knochenbrüchen unterhalb der Fusswurzel.
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Sechste Classe.
Verrenkungen oder Verstauchungen, Erster Abschnitt.
Von den Verrenkungen und Verstauchungen der Knochen im Allgemeinen.
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Eine Verrenkung (Luxatio) ist die Abweichung der Kuochen-enden eines Gelenks von einander, so dass die gegenseitigen Gelenk-flachen sich entweder gar nicht mehr oder nur noch theilweise berühren. Im erstem Falle, wo immer die Gelenkenden neben einander liegen, ist die Verrenkung eine vollständige (Luxatio com-pleta), aber bei noch zum Theil bestehender gegenseitiger Berührung der Gelenkflächen ist sie eine unvollständige (Luxatio incompleta, s. Subluxatio).
Eine Verstauchung (Distorsio) besteht, wenn eine plötzlich entstandene, mehr oder weniger vollständige Abweichung der Knochen in einem Gelenk sogleich wieder durch die Kraft und Elastizität der Bänder, Muskeln und Sehnen beseitigt und die normale Lage im Gelenk wieder hergestellt worden ist. Gewöhnlich werden auch solche Quetschungen und Erschütterungen der Gelenke, welche durch zu heftiges Auftreten auf hartem Boden entstehen, z. B. beim Springen u, s. w., als \ erstauchungen bezeichnet.
Die Verrenkungen und die Verstauchungen sind entweder frisch entstandene (L. recentes), — wo noch keine Entzündung hinzugetreten ist oder dieselbe noch keinen Ausgang gefunden hat; — oder veraltete (L. inveteratae), wo bei längerer Dauer des Leidens in Folge der Entzündung bereits pathologische Veränderungen in dem Gelenk und in den umgebenden Theilen entstanden sind; — oft sind
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Verrenkungen im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 541
sie einfach (L. simplices), wo aussei' der Kuochenabweichung keine andere Nebeuverletzung besteht, — eben so oft sind sie aber zusammengesetzt oder bloss complizirt (L. eoinpositae et compli-catae) mit heftigen Quetschungen, Zerreissungen, Verwundungen, Knochenbrüchen, Eiterungen und selbst mit innerlichen Krankheiten.
Aussei' diesen Verscbiedenheiten benennt man die Verrenkungen nach dem Knochen, welcher aus dem Gelenk gewichen ist, nach der Lage des Gelenkkopfes und nach der Richtung, in welcher er in dieselbe gelangt ist. In ersterer Hinsicht ist es gebräuchlich, denjenigen Knochen als verrenkt zu betrachten, welcher am weitesten vom Schädel oder von der Wirbelsäule entfernt ist. Hinsichtlich der Lage oder der Stellung des Gelenkkopfes unterscheidet man Verrenkungen nach innen, ausseu, vorn, hinten, oben'und unten; und wenn die abnorme Lage des Gelenkkopfes unmittelbar durch die Gelegenheitsursache entstanden ist, heisst sie eine ursprüngliche oder primitive, wenn sie aber erst nach geschehener Verrenkung durch die Spannung einzelner Muskeln oder Sehnen aus einer ursprünglichen entstand, wird sie als nachfolgende oder consecutive bezeichnet.
Die Verrenkungen, namentlich die vollständigen, kommen bei den Hausthiereu weit seltener vor als die Knochenbrüche; am häufigsten finden sie sich beim Pferde, beim Hinde und Hunde in den freien Gelenken (Schulter- und Hüftgelenk); unvollständige Verrenkungen entstehen öfter, besonders im Fesselgelenk. An den straffen Charuiergeleuken sind Verrenkungen äusserst selten und mehrentheils mit gleichzeitigen Kuochenbrüchen verbunden. — Verstauchungen sind an den Gelenken der Gliedniaasseu sehr häutig.
Zu den Ursachen der Verrenkungen gehören alle Gewaltthätig-keiten, welche entweder unmittelbar auf das Gelenk oder auf das entgegengesetzte Ende des Knochens so kräftig einwirken, dass durch sie die Muskeln, Sehnen und ßänder, welche die Knochen in ihrer Lage und Verbindung erhalten, so heftig gedehnt, gezerrt und selbst zerrissen werden, dass sie nicht vermögend sind, diese Verbindung zu erhalten. Dergleichen Gewaltthätigkeiten entstehen bei dem Ausgleiten und Fallen, bei dem Steckenbleiben in fettem Lehmboden oder Ritzen, zwischen Steinen, Brettern u. dgl., bei Hornstössen, Hufschlägen, bei heftigem Gegcnlaufen oder Gegenfahren u. s. w. Manche Thiere haben in einem Gelenk eine besondere Anlage zu Verrenkungen, bestehend in Erschlaffung und Schwäche der Bänder, Sehnen und Muskeln, so dass eine geringe Gewalt zur Erzeugung der Verrenkung hinreicht. Diese Anlage wird durch ursprünglich zu zarte Bildung, durch mangelhafte Ernährung und durch andere Krankheiten, besonders aber durch schon vorausgegangene Verrenkungen erzeugt. #9632;)
Die wichtigsten pathologischen Zufalle bei und nach Verrenkuu-
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') Bei Menschen kommen auch Verrenkungen durch innere Ursachen, namentlich durch scrophulöse Entartung der Gelenke erzeugt, vor; bei den Thiuren hat man dieselben bisher noch nicht bemerkt.
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542nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verrenkungen im Allgemeinen.
gen sind gewöhulich folgende: Bei jeder vollkommenen Verrenkung werden das Kapsclbaud und die übrigen Gelenkbänder, oft auch einzelne Fasern von den um das Gelenk liegenden lUuskcln und Sehnen Ubcrmässig gedehnt, sogar mehr oder weniger zerrissen; nur bei sehr grosser Erschlaffung der Gelenkbänder, wie sie jedoch in diesem Grade bei den Thieren nur höchst selten vorkommt, ist vollkommene Verrenkung ohne solche Zerreissung möglich. Diejenigen Muskeln und Sehnen, welche an den verrenkten Knochen ihren Ansatz haben und nicht zerrissen sind, werden meistens sehr angespannt, so dass sie zur Verschiebung des Knochens beitragen und dann denselben und das Glied in unregelmässiger Lage festhalten. Hiernach ist die Bewegung des Gliedes bei allen Verrenkungen sehr gestört, bei vollkommenen meistens ganz aufgehoben. — Wird der Gelenkkopf bald wieder in seine Lage gebracht, so entstehen aussei' der Quetschung und der hinzutretenden Entzündung durch die Verrenkung gewöhnlich keine bedeutenden Zufälle; bleibt derselbe' aber durch längere Zeit ausserhalb seiner Höhle, so wirkt er wie ein fremder Körper durch Druck und Heizung auf die umliegenden Theile und macht heftige Entzündung, Anschwellung und Schmerz, zuweilen durch Druck auf grosse Gefässe und Nerven auch Convulsionen oder Lähmung. #9632;— Liegt der Gelenkkopf im Zellgewebe, so verdichtet sich dasselbe um ihn nach und nach immer mehr und es bildet sich hierdurch eine Art Kapsel um ihn; Hegt er auf einem Knochen, so bildet sich an diesem mit der Zeit durch Resorption eine Vertiefung und durch Wucherung von Kuochenmaterie eine Art von künstlicher Gelenkhöhle, von welcher der Kopf mehr oder weniger umschlossen ist. Dabei füllt sich die wirkliche Gelenkhöhle nach und nach immer mehr mit Kuochenmaterie in der Tiefe an, während die Ränder sich abglätten und flacher werden; der Gelenkkopf selbst wird kleiner, uneben (er schwindet), die umliegenden Muskeln verlieren durch den anhaltenden Druck und durch die Unbewcglichkcit des Gliedes ihr Zusammenziehungsvermögen, werden steif und fest, übrös und schwinden; die Ernährung des ganzen Gliedes leidet, es magert nach und nach immer mehr ab. Wenn ein Gelenkkopf die Weichtheile nach aussen durchbohrt und der Luft ausgesetzt wird, entsteht immer verjauchende Eiterung und Caries.
Bei Verstauchungen sind die Gelenkenden der Knochen oder die Gelenkknorpel und die Synovialhäute gequetscht, letztere und die Bänder und Sehnen gedehnt, zuweilen auch theilweis zerrissen, und in manchen Fällen sind die Knochen eingerissen oder es ist selbst ein Theil des Gelenkrandes abgebrochen; ausserdem tritt Entzündung, Ausschwitzung, Verwachsung, Verdickung der verschiedenen Theile und Verkürzung der Sehnen im weitern Verlaufe hinzu.
Die Erkennuug der Verrenkungen ist bei Gelenken, welche oberflächlich liegen, mit dünnen Aluskeln bedeckt, einfach, ohne Knochenbrüche und ohne grosse Geschwulst bestehen, im Allgemeinen leicht, dagegen zuweilen sehr schwierig, wenn mehr als ein Knochen in einem Gliede liegen, wenn Brüche zugegen sind, wenn das Gelenk mit dicken Muskeln bedeckt ist, oder wenn die Entzündungsgeschwulst
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Verrenkungen im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;543
und die Schmerzen sehr bedeutend sind. Die Kennzeichen der Verrenkungen im Allgemeinen sind:
1)nbsp; Die normale Gestalt, Länge und Richtung des Gliedes ist verändert und zwar verschieden, je nachdem der Gelenkkopf auf die eine oder die andere Seite ausgewichen und je nachdem die Verrenkung vollkommen oder unvollkommen ist; bei vollkommenen Verrenkungen ist durch die Zusammeuziehung der Muskeln und durch die Uebereinanderschiebung der Knochen das Glied meistens verkürzt, bei unvollkommenen verlängert, weil hier der Gelcnkkopf auf dem hervorragenden Rande der Pfanne steht.
2)nbsp; Die regelmässige Bewegung des Gliedes ist in dem verrenkten Gelenke mehr oder weniger gestört, oft ganz aufgehoben, wenigstens nicht nach allen Seiten, wie im gesunden Zustande, möglich.
3)nbsp; Bei Gelenken, die nicht mit IVluskeln etc. zu dick bekleidet sind, fühlt man auch an der Stelle, wo der Gelenkkopf hingewichen ist, eine kugelförmige, feste Erhabenheit, dagegen an dem Gelenke selbst gewöhnlich eine Vertiefung.
4)nbsp; Der anhaltende, heftige Schmerz bei der geringsten Bewegung, die Zufälle des Druck, der Quetschung, die Geschwulst u. dgl.
Die sichere Erkennung der sogenannten Verstauchungen ist immer noch schwieriger, als die der vollkommenen Verrenkungen, denn es sind hier immer nur die Folgen der Erschütterung, der Quetschung oder Ausdehnung der Gelenkenden und der um das Gelenk Hegenden Theile, welche oft sehr stark entzündet, geschwollen und schmerzhaft werden, und wobei die Verrichtung gestört und an deu Glied-maassen Lahmheit entstanden ist, zu bemerken. Man kann daher nur aus der Beurtheilung der eingewirkten Ursache, nach ihrer Heftigkeit und nach dem Orte der Einwirkung, verglichen mit den vorhandenen Symptomen einer Gelenkentzündung, auf eine Verstauchung schliessen. Die Zufälle der Entzündung, und besonders der Schmerz, werden bei den Verstauchungen oft sehr heftig, und es entstehen durch sie oft langwierige und schwer heilbare Lahmheiten.
Die Vorhersagung richtet sich nach den oben angegebenen Verschiedenheiten der Verrenkungen, so wie nach der Wichtigkeit des ausgerenkten Knochens, nach der Wichtigkeit der naheliegenden Theile, nach der Art der Complikationen und nach der Art und Grosse des Thieres. So sind z. B. Verrenkungen des ersten Halswirbels wegen des Drucks, den der ausgerenkte Wirbel auf den Anfang des Rückenmarks macht, sehr gefährlich, in der Regel tödtlich; #9632;— einfache Verrenkungen können gewöhnlich durch frühzeitige Hilfe wieder eingerichtet und geheilt werden, bei den complizirten Verrenkungen aber ist nach dem verschiedenen Grade der Quetschung und Zerreissung der Weichgebilde bei Arbeitsthieren die Heilung in den meisten Fällen aufzugeben, weil sie doch nicht gründlich und zum völligen Dienstgebrauch des Thieres erfolgen kann. Dies ist besonders da der Fall, wo ein Knochen nach aussen gedrungen und wo dann der Zustand ganz wie bei bösartigen Gelenkwunden ist (ein Zehrfieber führt gewöhnlich langsam zum Tode). — Vollkommene Verrenkungen sind wegen der Zerreissung der Bänder schlimmer als unvollkommene. Wo viele und dicke Muskeln um das Gelenk liegen,
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544nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verrenkungen im Allgemeinen.
ist die Eiiii'ichtimg schwieriger als da, wo das Gelenk oberflächlich und wenig bedeckt liegt; eben so ist die Einrichtung und die Heilung ünmer um so schwieriger, je älter die Verrenkung ist, weil sich mit der Zeil meistens schon organische Veränderungen gebildet haben, gegen welche die Kunst nicht viel zu thun vermag; über 14 Tage bestehende Verrenkungen sind gewöhnlich unheilbar; sehr oft kehrt bei Verrenkungen, wenn auch die Einrichtung gut gelingt, dennoch das Uebel leicht wieder; dies geschieht besonders bei allen mit grosser Erschlallung behafteten Thieren; bei kleinen Thieren kann man die VViedereinrichtung und die Heilung leichter bewirken als bei grossen, weil an den ersteren bei der Ausdehnung und Gegenausdehnung und bei dem Verbände schwächere Muskeln zu überwinden sind.
Die Behandlung. A. ISei frischen, oder wenigstens noch nicht mit Desorganisation der Gelenke begleiteten Verrenkungen sind, wie bei den Knochenbrüchen, folgende Indicationcn zu berücksichtigen: 1) die Wiedereimichtung oder die Zurückbriugung des verrenkten Gelenkkopfes (Kcpositio); 2) die Erhaltung und Befestigung des selben in seiner Höhle (Ketcntio) und 3) die Entfernung übler Zu fälle.
1) Die Zurückbriugung des aus seiner Höhle gewicheneu Ge lenkkopfes in dieselbe nmss so bald als möglich geschehen. Um sie zu bewirken, ist zuerst die Ueberwindung und Ueseitigung der unre gelmässigcn Contraction der um das Gelenk liegenden dehnbaren Theile und selbst, eine Verlängerung derselben vermittelst der Aus dehnung und G egeuausdehnung, dann das Hineinführen des Ge lenkkopfes in seine Lage durch angemessene Bewegung oder durch unmittelbaren Druck auf den Gelenkkopf selbst noting. Die Beseiti gung der zu heftigen Conlraction der um das Gelenk liegenden IMus kein, Bänder, Sehnen u. s. w. ist zuweilen leicht, schon durch eine zweckmässige, etwas gebogene Richtung und Haltung zu bewirken indem hierbei Erschlafftmg der Theile wenigstens an einer Seite des Gelenks eintritt; in andern Fällen aber, wie z. B. an den mit vielen starken JVluskelschichten bedeckten Gelenken, au dem obern Theile der Hinterschenkel der grossen Thiere, oder wo schon eine Ge schwulst, Entzündung und Verwachsung eutstanden ist, oder wo die Theile durch die Länge der Zeil zu sehr verkürzt sind, ist sie sehi schwierig und langsam durch eine diesen Zufällen entsprechende Be-#9632;handlung zu erreichen. Am besten gelingt sie in solchen schwierigen Fällen, wenn mau die Thiere durch narkotische Mittel, oder durch Aether oder Chloroform betäubt, dadurch die Muskeln erschlallt und den Einlluss des Willens auf sie aufgehoben hat. — Die Ausdehnung und Gegenausdeliimug geschieht an kleinen Thieren blos durch das Ziehen mit den Händen von Gehilfen; an Pferden und Uindeiu ist sie bei bestehender Xarkose wohl auch auf dieselbe Weise zu bewirken, ohne die letztere aber nur an dein untern Theil der Füsse erfolgreich. Gewöhnlich ist es bei grossen Thieren nöthig, die Zurückhaltung (Contraextension) durch um den Körper gelegte Gurte, lange Säcke oder starke Handtücher u. dgl., welche durch Gehilfeu gehalten, oder auch an Bäume, Pfähle oder an Haken in einer Mauer
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Verrenkungen im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;545
befestigt weiden, zu bewirken; für die Extension legt man Gurte oder Stricke um das untere Ende des ausgerenkten Knochens oder auch um den nächstfolgenden Knochen und lässt durch mehrere Gehülfen au diesen Stricken und am unteren Ende des Gliedes ziehen. Damit die Stricke nicht zu sehr die Haut quetschen, umwickelt man vorher die betrell'ende Stelle mit nasser Leinwand oder mit einer nassen Binde. — Die Extension darf nie ruckweis, rcissend, sondern iuimer nur allmälig bis zu dem Grade geschehen, dass die Gelenk-enden einander gegenüberstehen. Man zieht dabei das Glied in der Kichtung, dass die am meisten gespannten rtluskeln und Seimen er-schlatl't werden, und wenn eine consecutive Stellung des Gelenk-kopfes besteht, sucht man diesen zuerst in die primitive Stellung zu bringen. Wenn die Ausdehnung gehörig geschieht, so fühlt man ineist bei oberflächlicher Lage des Gelenkes sehr deutlich, dass der Gelenkkopf beweglich wird und allmälig sich seiner Höhle nähert — und wenn derselbe bis an den Hand der Höhle gekommen ist, wird er zuweilen durch die eigenen Muskeln des Gliedes mit vieler Kraft uud mit einem knackenden Geräusch in dieselbe hineingezogen; oft muss man aber hierzu durch einen passenden Druck von aussen helfen. Dass die Einrichtung vollkommen geschehen sei, giebt sich durch die gehörige Form und Richtung des Gliedes, durch das baldige Aufhören des Schmerzes und durch die freie Beweglichkeit zu erkennen l).
2) Die Erhaltung des Gelenkkopfes in seiner Höhle wird in den meisten Fällen schon hinreichend durch die sich kräftig zusammenziehenden Muskeln bewirkt und am besten durch ein ganz ruhiges Verhalten des Thieres unterstützt. Wo es die Form und Beschatfen-heit des Gliedes erlaubt, legt man jedoch gewöhnlich noch einen passenden Verband an, um die abnorme Wirkung der Sehnen auf den leidenden Knochen und um die Bewegung zu verhindern; wo wegen Ei-schlall'ung das wiederholte Ausweichen des Gelenkkopfes um so mehr zu befürchten ist, muss man mittelst der Bandage noch einen angemessenen Druck gegeu den Gelenkkopf anbringen. Der Verband muss dann, wie bei Knochenbrüchen, aus Schienen und Binden oder (Jypsguss u. dgl. bestehen, uud über das Gelenk nach beiden Enden bis wenigsten zur Mitte der Länge der nächsten Knochen reichen.
Hiernach ist immer strenge Kühe erforderlich, und um diese in
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1) Bei den grossen Thiercn hat man an dem Schulter- und Hüftgelenk auch die Anlegung der Flaschenzüge, oder, wo diese nicht zu haben sind, folgendes Verfahren empfohlen: Das Thier wird durch Gurte, die um Brust und Leib gelegt sind, an einem Baum oiler einer Mauer befestigt. Ein anderer Gurt wird um den ausgerenkten Knochen fest angelegt und an diesen Gurt ein fester doppelt gelegter Strick gebunden, das andere Ende dieses Strickes aber jener Wand gegenüber an einem feststehenden Gegenstand (Mauer u. s. w.) befestigt. Hierauf wird der Strick mittelst eines zwischen ihn gesteckten Stockes allmälig zusammengedreht, hierdurch verkürzt und so die Extension des Gliedes gemacht. Man braucht zu diesem Verfahren nur zwei Gehülfen, von denen einer den Kopf des Thieres hält, der andere den Strick dreht, während der Thierarzt selbst die Einrichtung macht.
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546nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verrenkungen im Allgemeinen,
den Gliedern zu erhalten, muss man die grossen Thierc ganz so wie bei Knocheubrüchen, in Hängegurte oder in Standmaschinen stellen. Die bei der Verrenkung eintretenden oder mit ihr verbundenen Zufälle müssen, je nach ihrer Art, besonders behandelt werden. Sind Kuochenbrüche zugegen, so muss mau, wenn nicht durch die Knochensplitter Durchbohrungen der umliegenden VVeichgebildc eingetretreu, die Verrenkung immer zuerst einzurichten suchen; zuweilen wird beides zugleich bei der gehörigen Extension zu bewirken möglich sein. Die Nachbehandlung muss vorzüglich gegen die pathologischen Zufälle und deren Folgen, gegen die (Quetschung, Entzündung, Erschütterung, den Schmerz, die Erschlallung u. dgl. gerichtet sein, daher man in der ersten Zeit mehrenthcils antiphlogistisch und zuletzt erregend und stärkend verfährt, und bei schleichender Gelenkentzündung das Ung. Cantharidum oder das Glüheisen in Punkten und Strichen, wie bei den Kuocheiientzündungcn und wie bei dem Spalt, anwendet.
B.nbsp; nbsp; Die Verstauchungen werden ganz wie Quetschungen und wie Knochcnciitzündungeu behandelt. Man wendet im Anfang kalte, zertheilendc Ueberschläge und Bäder, bei hoher Entzündung Aderlässe, und erst später zur Zertheilung der ergossenen Flüssigkeiten aromalische und spirituöse Ueberschläge und Einreibungen an. Oft bleibt nach Verrenkungen und Verstauchungen durch lauge Zeit grosse Empfindlichkeit und Schwäche im Gelenk zurück, welche bei entzündlichem Zustande durch anhaltend kalte Ballungen und Fussbäder und durch die Einreibungen der grauen Mcrkurialsalbe u. dergl. beseitigt werden muss. Noch besser sind das Ung. Cantharidum und das Brenneisen, letzleres in Strichen oder Funkten um das Gelenk, besonders an der Seite, wohin der Knochen gewichen war, applicirt.
C.nbsp; nbsp;Die veralteten Verrenkungen und Verstauchungen sind nicht selten die Ursache von Lahmgehen bei sämmtlichen Hausthieren, und sie kommen als zweifach verschiedene Zustände vor; entweder sind sie a) wirkliche, seit längerer Zeit bestehende Ausrenkungen und dann mit mehr oder weniger starken, oben bereits angegebenen organischen Veränderungen der um das Gelenk liegenden Theile verbunden, oder b) sie bestehen bei völliger Wiedereiurichtung des Gelenks in den mit oder nach der Verrenkung entstandenen und zurückgebliebenen Nebenzufällen, in der heiligen Ausdehnung und Erschlaffung der Gelenkbänder, in gänzlicher Zerrcissung dieser Theile, im Abbrechen der Gelenkknorpel, in chronischer Entzündung dieser Theile u. dgl. und im Allgemeinen in der hieraus entstehenden Lahmheit der Thiere.
Die richtige Erkenntniss dieser beiden Verschiedenheiten ist in Hinsicht der Prognosis und der Behandlang wichtig, aber oft sehr schwer; der Bericht über das, was schon vorausgegangen ist, die Dauer des Zustandes, die allmäligc Veränderung desselben, die genaue Beachtung aller Zufälle, welche im erstem Falle noch sehr ähnlich denen bei frischen Verrenkungen, im zweiten Falle aber mit ziemlich freier Bewegung, mit Verlängerung des Gliedes und oft mit sichtbarer Erschlaffung der um das Gelenk liegenden Theile verbunden sein werden, bei oberilächlich liegenden Gelenken auch die Forin
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Verrenkungen im Allgemeinen.
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des Gelenks und die Untersuchung desselben durch das Gefühl wer, den viel zur Diagnosis beilragen.
Die Prognosis bei diesen Zustünden ist im Allgemeinen sein zweifelhaft und oit sogar ungünstig. Ein günstiger Ausgang lässt sich hollcn, weuu der Zustand bloss in zu grosser Ausdehnung und Schwäche der Gelenkbänder oder in Entzündung der Gclenkknorpel und Bänder beruht; wenn aber Zerreissung und organische Veränderungen für sich allein vorhanden, oder gar mit noch bestehender Verrenkung verbunden da sind, so ist nach dem Grade derselben die Heilbarkeit des Zustandcs immer um so weniger möglich. Je älter der Zustand, um so übler pflegt er im Allgemeinen zu sein, doch gehen die Thiere in den Fällen, wo eine neue Gelenkhöhle sich bildet, in einiger Zeit nach der Verrenkung immer weit besser, als gleich nach derselben; aber es erfolgt hierbei niemals eine ganz freie Beweglichkeit wieder.
Die Behandlung muss so viel als möglich dem Zustande angemessen eingeleitet werden. Wo noch wirkliche Ausrenkung, aber ohne grosse organische Veränderungen, zugegen ist, da muss man einen Versuch zur VViedereinrichtung machen; obgleich derselbe in den meisten Fällen nicht gelingen wird, so ist doch dabei nichts zu verlieren, aber wenn er gelingt, viel zu gewinnen. Gelingt sie nicht, so kann mau versuchen, durch anhaltenden Druck auf den ausgerenkten Gelenkkopf durch Bandagen und Schienen und durch viele Bewegung des Gliedes den Prozess der Natur zur Bildung einer neuen (ielenkhöhle zu beschleunigen, um hierdurch bei Thieren, welche noch erhalten werden sollen, cinigermaassen die Beweglichkeit wieder herzustellen. Dagegen ist aber in den Fällen, wo Entzündung, Erschlatlung und Zerreissung der um das Gelenk befindlichen Theile vorhanden, anhaltende Kühe das erste Bedingniss der Kur und aus-serdem nützen dabei noch reizende, stärkende und zusammenziehende Mittel und zwar bei Entzündung nach dem Grade der Beizung ausgewählt, z. B. kaltes Wasser, später und bei geringer Empfindung aromatische Mittel, das Terpentinöl, spirituöse Mittel, Kampher, die Cantharidentinktuv, Cantharidensalbe, llaarseile und vorzüglich das Olüheisen; alle diese Mittel leisten, wenn sie so angewendet werden, dass keine eigentliche Eiterung entsteht, bei anhaltendem, öfters wiederholtem Gebrauche zuweilen gute Dienste.
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Zweiter Abschnitt.
Verrenkungen im Speciellen.
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Krstes Capitel.
Verrenkungen des Hinterkiefers.
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Eine wirkliche Verrenkung des Hiiiterkiefers ist bis jetzt bei unseren grössern Hausthieren noch niemals beobachtet worden und sie kann deswegen, weil die Gelenkverbindung so fest, der Kronenfortsatz sehr lang und der Hinterkiefer seiner ganzen Länge nach bis zum Mundwinkel herab mit starken Muskeln begrenzt ist, wohl nicht leicht stattßndcn. Bei Hunden und Katzen aber, besonders bei Windhunden, bei Jagdhunden, bei Hunden der Kuhhirten, Viehtreiber und Schlächter u. s. w. kommen wirkliche Verrenkungen dieses Knochens vor. Die Verrenkung des Kiefers kann nach vorn und unten und etwas zur Seite erfolgen; sie ist entweder nur auf einer Seite allein oder auf beiden zugleich. Im ersten Falle nennt man die Verrenkung unvollkommen, im zweiten aber vollkommen; beide können gleichzeitig mit Brüchen des Kiefers, Quetschung und dergleichen Zufallen verbunden sein.
Die Gelegenheitsursachen zu den Verrenkungen des Hinterkiefers sind z. B., wenn Jagdhunde in schnellem Laufe mit weit aufgesperrtem Munde den Hasen ergreifen und dabei theils durch das Auprel-len an denselben mit dem Hinterkiefer, oder auch indem sie mit dem ergriffenen, zu schweren Hasen noch ein Stück weiter vorwärts schieben, der Kiefer auf einer oder selbst auf beiden Seiten ausrenkt; dasselbe kann geschehen, wenn Hunde der Hirten, Viehtreiber u. s. w. Kühen oder Ochsen nachsetzen und diese Thiere um die Sprungge-gelenke anfassen, dabei aber von dem nach hinten oder zur Seite ausschlagenden Thiere einen starken Stoss oder Schlag an den Hinterkiefer erhalten, wodurch derselbe leicht verrenkt oder zuweilen auch gar zerbrochen werden kann.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,
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Verrenkungen des Hinterkiefers. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;549
Man erkennt die einfachen Verrenkungen des Hinterkiefers besonders an dem mehr oder weniger im rechten Winkel zum Vorderkiefer stehenden und weder von dem Thiere selbst, noch mit der Hand leicht beweglichen Ilinterkiefer, wobei das Maul anhaltend so weit geöffnet ist, dass man die ganze Oberfläche der Zunge, die hierbei gewöhnlich weit vorgestreckt und blau gefärbt ist, sieht l). Es fliesst viel Speichel aus dem geöffneten Munde unwillkürlich ab und Hie Thiere können nicht saufen; zuweilen ist der Augapfel durch den nach vorwärts gewichenen Kronenfortsalz aus seiner Lage nach vorn und aussen gedrängt und die Bindehaut geröthet. Die Thiere betragen sich dabei sehr ängstlich, gerade als ob ihnen ein Knochen oder ein anderer fremder Körper im Rachen stecken geblieben wäre; sie schreien in abgebrochenen Lauten und wischen viel mit den Pfoten um den Kopf. Ist der Kiefer auf einer Seite verrenkt (unvollkommen), so steht er gewöhnlich etwas schief nach der gesunden Seite zu; ist die Verrenkung des Kiefers auf beiden Seite gleichzeitig (vollkommen), so steht er in den meisten Fällen gerade nach abwärts. Wenn ein .Bruch des Kiefers mit der Verrenkung desselben gleichzeitig vorhanden ist, so wird dadurch die Diagnosis schwierig (siehe Brüche des Uinterkiefers).
Die Vorhersagung ist bei frischen einfachen Verrenkungen des Hinterkiefers, sie mögen auf der einen oder auf beiden Seiten stattgefunden haben, immer ziemlich günstig; wo aber Knochenbrüche oder andere Verletzungen) mit den Verrenkungen verbunden, oder wo letztere bereits veraltet sind, da ist sehr wenig oder gar keine Hoffnung zur Heilung vorhanden.
Die Kur. Um die Zurückbringung des ausgerenkten Gelenkkopfes in seine normale Lage zu bewirken, lasse man durch einen Gehülfen den vorher an den 4 Füssen fest zusammengebundenen Hund am Körper und durch einen zweiten Gehülfen am Kopfe recht fest halten, damit sich dieser durchaus nicht wehren kann. Hierauf bringt man mit einer Hand einen 10 bis 16 Zoll langen und ^ bis 1 Zoll dicken runden Stock von Holz, den man vorher mit Leinwandlappen oder Werg umwickelt hat, quer in das Maul und so weit nach hin-
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') Bei der sogenannten stillen Wuth ist der Hinterkiefer ebenfalls von dem vordem abstehend, aber er hängt schlaff herunter und kann durch Druck mit der Hand sehr leicht an den vordem angedrückt werden, da hier die Kaumuskeln erschlafft sind; die Hunde können daher auch noch beissen, besonders wenn sie aufgeregt sind; das Maul ist nicht so weit geöffnet, dass man die ganze Zunge sehen könnte; die Augen sind zwar auch geröthet, aber zugleich trübe, matt, wie bestäubt; beim verrenkten Kiefer sind die Thiere sehr unruhig, sie winseln und schreien und wischen mit der Pfote ins Maul; bei der stillen Wuth geben sie nur ein abgebrochenes heiseres Geheul von sich und verhalten sich ruhig; beim verrenkten Kiefer können sie nicht saufen; bei der stillen Wuth thun es noch viele Hunde; im erstem Falle ist immer eine deutlich bemerkbare Gewaltthätigkeitsursache vorausgegangen und das Leiden ist dabei sogleich entstanden; bei der stillen Wuth ist keine solche Gelegenheitsursache zu bemerken und das Uebel entsteht gewöhnlich ganz unverhofft.
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550nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verrenliungen der Halswirbel.
ten an Hie Mauhvinkel, als es sein kann und hält ihn an den Bak-kenzühncn des Vovderkicfers fest angelegt. Mit der anderen Hand ergreift man den lliiitci-kieler, zieht denselben zuerst massig nach der Seite, wohin er gerichtet ist, und dann gerade nach unten und drückt ihn endlich mit seinem vordem Ende kräftig gerade nach oben hcbcllormig gegen den Stab, worauf der ausgerenkte Gelenkfortsatz gewöhnlich sogleich von selbst in seine Gclenkfläch geleitet, wenn mau den Druck aufhebt.
In seiner Lage wird der wieder eingerichtete Hinterkiefer fast inmicr durch die Muskeln allein gcliallcn, ohne dass man etwas weiteres hierzu zu thuu braucht. .Sollte es aber nicht der Fall sein, so kann man zur Unterstützung, oder auch blos aus Vorsicht, einen Maulkorb anlegen. — Die zuweilen eintretende bedeutende Entzündung und Geschwulst behandelt man, wie eine Quetschung, mit kalten Umschlägen von Bleiwasser, Oxykrat, Kamphergeist und ähnlichen Mitteln. Der Hund muss in der ersten Zeit nach der Verrenkung mit dem Hetzen verschont werden und keine Knochen oder andere harte Nahrungsmittel, sondern nur Brühen, Mehl- oder Brodsuppen u. dgl. erhalten, um hierdurch nicht die Gelegenheit zu einer leicht wiedererfolgendcn Verrenkung des Hinterkiefers zu geben. Zur Stärkung der erschlafften Muskeln kann man auch nach'einigen Tagen Einreibungen spirituöser Mittel oder Waschungen von zusammenziehenden Mitteln machen.
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Wjnclies €'si|iilt;rl.
Verrenkungen der Wirbel.
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a) Der Halswirbel.
1) Vollständige Verrenkungen der Halswirbel kommen ausseist selten vor, sind gewöhnlich mit Brüchen der Wirbel complicirt und inmicr auf der Stelle lödllich, oder mit Lähmung aller Theile hinter der Verletzung bcglcilct, weil das Rückenmark dabei in einem hohen Grade verletzt wird.
Die Erkennung ist an einer ungewöhnlichen Einbiegung des Halses mit einer Vertiefung an der Wirbelsäule auf der einen und mit einer Erhöhung an derselben auf der andern Seite, so wie aus der grossen Beweglichkeit des Halses oder des Kopfes an dieser Stelle und — aus der nach einer besondern Gcwaltthätigkeit plötzlich erfolgten Lähmung oder Tödtung des Thiercs zu entnehmen. Die Unterscheidung von einem Bruch ist aber oft kaum möglich. Als Ursachen kennt man: das Niederstürzen auf den herunter gebogenen
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Verrenkungen der Halswirbel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;551
oder mit dein Maule zur Erde gesenkten Kopf während des schnelleu Laufens, — das Fortschleifen eines hinter einem Wagen hoch angebundenen und niedergestürzten Pferdes (Gohi er '), — heftiges Springen und Niederstürzen eines Pferdes, welches zum Beschlagen von dem Schmied mit der Halfterkette an einen über dem Kopfe des Thicres befindlichen Balken gebunden war. #9632;— Audi in den Fällen, wo der Tod nicht sogleich erfolgt, tritt er doch bald ein, und Hülfe ist stets unmöglich.
2) Unvollständige Verrenkungen kommen an den Halswirbeln häufiger vor. Man (z. B. schon Absyrthus, Gohier, Godine, Ammon, Havemann, Schrader, ich selbst u. A.) hat sie öfters bei Pferden, in einzelnen Fällen beim Kindvieh2) und ich habe sie auch bei Hunden beobachtet. Lebel 3), Hurtrel d'Arboval *) u. A. halten sie für unwahrscheinlich, weil 1) bei ihrem Bestehen das Rückenmark sehr gedehnt, wenigstens gedrückt und hierdurch nervöse Zufälle erzeugt sein müssten, — welche aber nicht bei diesen Patienten beobachtet werden; — 2) weil die Verbindung der Wirbel von der Art ist, dass die Gelenkfortsätze sich gegenseitig dek-ken und stützen, daher die Verschiebung der Wirbel selbst nicht anders als mit Brüchen der Fortsätze verbunden sein könnte, letztere aber ebenfalls bei den Patienten in der Regel nicht gefunden werden; und — 3) weil oft die Heilung des Zustandes nach mehreren Wochen ganz von selbst erfolgt ist, — was aber bei einer wirklichen Verschiebung der Wirbel nicht geschehen könnte. Man will daher den Zustand, den Andere als unvollständige Verrenkungen bezeichnen, als eine Verdrehung des Halses betrachten, giebt aber den eigentlichen pathologischen Zustand dabei nicht näher an; Andere halten denselben in manchen Fällen als in einer Contraktur der Muskeln begründet. Trotz jener Gründe bin ich doch, mit Rücksicht auf die stets plötzliche und gewaltsame Entstehung des üebcls und auf eigene Untersuchungen, genöthigt, unvollständige Verrenkungen und Verstauchungen der Halswirbel anzunehmen; denn ich habe bei Sectionen solcher Pferde, die ich drei bis fünf Tage nach erfolgter Verletzung tödtetc, Zerreissungen der Bänder der schiefen Fortsätze, Blutextravasate zwischen ihnen, und die theilweise Verschiebung und Abweichung der Wirbel bis zu plusmn; Zoll von der Achse, gefunden. Godine hat sogar die Abweichung des Zahnfortsatzes des zweiten Halswirbels während des Lebens deutlich erkannt (a. a. O.). Dabei gebe ich aber auch zu, dass sowohl durch heftige Quetschungen auf eine Seite des Halses, wie auch durch einseitige Lähmung oder durch rheumatische Muskelcontractur eine Verkrümmung des Halses entstehen kann; denn ich habe solche Fälle selbst beobachtet.
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') Memoires et Observations sur la Chirurgie et la medec. veterin. Tome II. p. 106 u. ff. Lyon 1816.
•) Youatt, im Veterinarian. 1839. Juli.
•j Recueil de medec. veterin. Vol. II. p. 391. 1825.
*) Wörterbuch der Thierheilkunde. Deutsch v. Renner, Bd. III. S. 108. Weimar 1831.
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Verrenkungen der Halswirbel.
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Die unvollständigen Verrenkungen der Halswirbel kommen am häufigsten an der Witte des Halses vor. Sie entstehen, wenn Thiere vor- oder rückwärts heftig auf den Kopf stürzen, oder wenn bei Pferden beim Wenden der Hals vom Kutscher oder Reiter zu schnell und heftig nach der Seite gerissen wird, oder wenn die Thiere dies selbst thun, z. B. wenn sie mit den Hinterbeinen in die Halfterstricke getreten sind; ferner wenn die Thiere mit gekrümmtem Hals auf denselben niederstürzen u. dgl.
Die Zeichen dieser unvollständigen Verrenkung sind: Der Hals ist anhaltend gekrümmt und der Kopf nach der concaven, d. h. nach derselben Seite gehalten, von welcher der Wirbel abgewichen ist, bei näherer Untersuchung sieht und liihlt man diese Abweichung an der einen Seite (au der convexen) als eine Erhöhung; an der andern (an der concaven) als eine Vertiefung; dabei wird in manchen Fällen der Kopf und Hals niedrig gehalten, die Thiere erscheinen matt, taumeln öfters, drehen sich immer nur nach einer Seite; man kann ihnen den Kopf und Hals langsam gerade strecken und aufrichten, aber nach dem Loslassen nehmen sie gleich die vorige Haltung wieder an; zuweilen sind sie gleich nach der Verrenkung betäubt, oder die Theile unterhalb der verletzten Stelle sind mehr oder weniger gelähmt. Drückt der ausgerenkte Wirbel auf das verlängerte Mark, so sind auch Convulsionen zugegen, und zwar sind diese zuweilen auf der dem Druck entgegengesetzten Seite am stärksten. Manche Thiere sind auch ohne Appetit.
Die Beurtheilung lässt sich während der ersten Tage nach der Verletzung nicht mit Sicherheit machen, da die Erfahrung gelehrt hat, dass einerseits in solchen Fällen, in denen das Uebel in hohem Grade bestand und wo selbst die nöthig scheinenden, mechanischen Hülfsmittel von den Thieren nicht geduldet wurden, nach einigen Tagen sich Besserung einfand und zuletzt vollkommene Heilung erfolgte, #9632;—#9632; andererseits aber in manchen Fällen, welche zuerst gar kein gefahrdrohendes Ansehen hatten, die Heilung nicht zu bewirken war. Man kann die letztere mit ziemlicher Sicherheit hoffen, wenn bei zweckmässiger Behandlung die Thiere nach drei bis vier Tagen den Kopf mehr in die Höhe heben, der Hals weniger schief, aber mehr fest gehalten wird, die Thiere am Hiutertheil weniger schwanken und wenn sie ohne Fieber bleiben; unter entgegengesetzten Umständen ist die Aussicht sehr gering; denn die Thiere magern immer mehr ab und gehen bald früher, bald später an einer Lähmung zu Grunde, welche bei den durch die Bewegungen der Thiere wiederholt hervorgerufenen stärkeren Verkrümmungen plötzlich entsteht. In recht günstigen Fällen erfolgt die Heilung nach 10 bis 14 Tagen, gewöhnlich aber erst nach vier Wochen. Zuweilen bleibt selbst bei den Thieren, welche wieder arbeitsfähig werden, eine kleine Biegung des Halses nach einer Seite, oder eine Grube an der Stelle der Verletzung zurück. Seh rader sah bei einem dreijährigen Füllen eine solche Grube von der Tiefe, dass man eine Faust hineinlegen konnte. Derselbe theilt auch mit, dass man, nach Havemanns Untersuchung solcher veralteter Schäden, nach dem Tode der Pferde
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Verrenkungen der Halswirbel. Behandlung.
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an der concaven Seite der Halswirbelsäule Knochenmaterie ergossen
findet')-
Behandlung. Nach der Ansicht älterer Thierärzte, namentlich Ammons2), Gohiers u. A. soll man die Wiedereinrichtung der verschobenen Halswirbel auf die Art machen, dass man die an dieser Verletzung leidenden Pferde vorsichtig niederlegt und ihnen (nach Ammon) einen Klotz unter den Hals legt (dessen Nutzen aber nicht einzusehen ist); dann soll man ihnen ein Kummt oder ein ähnliches Halsband um den Hals legen, au dasselbe zu beiden Seiten Stricke binden, diese nach hinten führen und an denselben, so wie am Schweife, durch Gehülfen die Gegenausdehnung machen lassen; oder man befestigt einen Beigurt so um den untern Theil des Halses und um den vordem Theil der Brust, dass die Gelasse nicht zugeschnürt werden, und bewirkt an ihm die Zurückhaltung des Thiers und die Gegenausdehnung. An einer gut anschliessenden, mit Stricken versehenen Halfter macht man die Ausdehnung. Go dine benutzte, um beide Wirkungen stärker zu erzeugen, zwei Flaschenzüge, oder Kloben, mittelst welcher er die Ausdehnung des Halses um 8 Centimeter (gegen 2£ Zoll) bewirkte. Während der Ausdehnung und Gegenausdehnung drückt man den ausgewichenen Wirbel in seine Lage. Dies gelingt immer vollständig; aber kaum haben die Gehülfeu mit dem Ausdehnen nachgelassen und das Thier bewegt den Kopf etwas, so tritt in den meisten Fällen die Verkrümmung sogleich wieder ein, so dass die Thiere selten mit geradem Halse von der Streu aufstehen. Alan muss daher noch, während sie liegen und der Hals in Extension ist, einen Verband anlegen, der am besten (nach Gohier) aus zwei Hohlschienen von Holz oder starkem Blech besteht, welche genau nach der Form und Grosse des Halses gearbeitet sein und denselben von der Schulter, den Widerrüst mit einbegriffen, bis über die äussern Kaumuskeln und die Ohrdrüse hinauf vollständig einschlies-sen müssen; am obern Ende geht noch eine Verlängerung über die Schläfengegend bis zum Vorderhanpt. Diejenige Hälfte, welche auf die convexe Seite des Halses zu liegen kommt, ist an der auf die llervorragung treffenden Stelle stark ausgeschnitten und beide Schienen sind an ihrer Innern Seite mit Werg gepolstert. Nach ihrer Anlegung werden sie durch eiserne Querbänder und Stricke mit ein-einander verbunden und in ihrer Lage erhalten. Mittelst dieser Schienen bewirkte Gohier binnen neun Tagen die Feststellung des vorher sehr- beweglichen und stets nach unten verkrümmten Halses; doch mussten dieselben noch ferner durch einige Zeit angelegt und gegen eine entstandene Exostosis noch das Glüheisen applicirt werden. Alle andere von mir versuchte Badagen fruchteten nichts, und ich sah mich mehrmals genöthigt, mich blos darauf zu beschränken: dass ich die Wiedereinrichtung am stehenden Thiere bei gehöriger
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') Busch, Teulsche Zeitschr. f. Thierheilk. Bd. III. Heft 3. S. 30 ') Handbuch für angehende Pferdeärzte. Zweite Auflage. S. 29. Frankfurt 1820.
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Verrenkungen der Rücken- und Lendenwirbelbeine.
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Ausdehnung und Gegenausdehnung durch Drücken mit der Hand auf den hervorragenden Wirbel bewirkte, dann den Hals langsam etwas nach der bisherigen convexen Seite licrumbog und einen an dieser Seite der Halfter befiudlicheu Strick mit seinem hinteru Ende an den Bauchgurt so km% anband, dass der Hals beständig ein wenig gekrümmt gehalten wurde. Die Thiere durften sich nicht niederlegen. Hierbei wendet man, wenn Entzündungszufällc bestehen, kühlende Mittel an; sind jene Zufälle aber nicht zugegen, so macht man Einreibungen von warmem Oel oder Fett an die concave Seite, aber Waschungen mit aromatischen Infusionen, oder mit Spirituosen Mitteln, mit Kampherliniment und dergleichen an die convexe Seite des Halses. In veralteten Fällen und bei Exostosen kann man auch daselbst das Ung. Cantharidum, oder das Glüheisen in Punkten oder Strichen anwenden.
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b) Verrenkungen der Rücken- und Lendenwirbelbeinc.
Diese Verrenkungen entstehen, wenn grosse Thiere ungeschickt niederstürzen oder niedergeworfen werden, wenn sie unter Wagen, unter Latierbäume und ähnliche für ihren Körper zu niedrige Gegenstände kommen, wenn sie schwer bepackt oder mit einem schweren Reiter belastet über Gräben und dergleichen springen müssen, ferner nach starken Schlägen und Stössen mit harten Körpern und dergleichen. Am häufigsten findet man das 16te mit dem 17ten und bei Pferden letzteres mit dem 18ten Rückenwirbelbeine, den letzten Rük-kenwirbel mit dem ersten Lendenwirbel und diese unter sich bis zum 4ten Lendenwirbel verrenkt; vor dem 16ten Rückenwirbel und nach dem 4ten Lendenwirbel geschehen die Verrenkungen selten; die der ersteren deswegen nicht, weil sie durch die Rippen in ihrer Lage befestigt werden, und die der letzteren, weil die Darmbeine häufig die auf jene einwirkende starke Gewaltthätigkeiten aufhalten. Die Verrenkungen der Rücken- und Lendenwirbelbeine sind selten rein und einfach, sondern in den meisten Fällen mit verschiedenen Brüchen der Wirbelbeine oder ihrer Fortsätze verbunden. Auch sind sie immer nur unvollkommen.
Die Hauptsymptome bei diesen Verrenkungen der Rücken- und Lendenwirbelbeine sind immer die, welche von dem Drucke des verrenkten Wirbels auf das Rückenmark herrühren und also ganz ähnlich denen, die bei den Brüchen der Wirbel, verbunden mit Einbruch, und somit entstehender Reizung des Rückenmarks angegeben worden sind; da gleichzeitig in den meisten Fällen auch der Bruch eines Wirbelbeins zugegen ist, so müssen die Erscheinungen schon deswegen hier dieselben, wie oben bei den genannten Brüchen sein (Seite 512).
Die Vorhersagung ist bei diesen Verrenkungen sehr unbestimmt und eben so schlecht, wie bei den einfachen Brüchen der Wirbelbeine; doch ist sie bei kleinen Thieren verhältnissmässig immer günstiger als bei grossen.
Die Behandlung hann nur versuchsweise unternommen werden und bei den grossen Ilausthiercn mehrentheils nur symptomatisch
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Verrenkungen oder Verschiebungen der Beckenknochen.
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sein, da man eine Wiedereinrichtung des Wirbels nicht gut möglich machen kann. Vielleicht erreicht man diesen Zweck auf die bei den verrenkten Ilalswirbclbeinen angegebene Weise. Bei kleinen Thie-ren ist diese Wiedereinrichtung eher zu bewirken. Man macht zu diesem Zwecke die Ausdehnung und Gcgenausdehnung, indem ein Gehülfe an dem Kopfe, der andere an dem Becken zieht; die Ein-i'ichtung wird dann durch den Thierarzt vermittelst Druck auf den verrenkten Wirbel zu machen versucht. Die Behandlung der Entzündung, Geschwulst und Quetschung, so wie aller übrigen die Verrenkungen begleitenden Zufälle ist ganz ähnlich der bei den Brüchen der Wirbclbeine angegebenen. Ruhe, kalte Sturzbäder und stärkende Einreibungen leisten auch hier das Meiste.
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Drittes Caiiitel.
Verrenkungen oder Verschiebungen der Beckenknochen.
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Verrenkungen der Beckenknochen können im eigentlichen Sinne nicht vorkommen, da diese Knochen nicht durch Gelenke beweglich mit einander verbunden sind; es ist hier nur eine Abweichung (Diastasis) der Darmbeine von dem Kreuzbeine und der Scham- und Sitzbeine von ihrer gegenseitigen Zusammenfügung (in der Schambein fuge, Syrophysis ossium pubis) und zwar nur bei Jüngern Thie-ren möglich.
Diese Abweichung der Beckenknochen entsteht gewöhnlich, wenn junge Thiere, besonders Füllen, mit der Hüfte sich an harte Gegenstände stark andrängen, oder auf unebenen, harten Boden niederfallen. Die Thiere gehen in Folge dieser Abweichung mehr oder weniger stark lahm und einhüftig, mit schwankendem Kreuze. Oft ist der Zustand schwer mit Sicherheit zu erkennen, da auch Knochenbrüche mit diesen Symptomen erscheinen und die hier liegenden, die Knochen bedeckenden starken Muskeln eine ganz genaue Untersuchung nicht zulassen.
Die Vorhersagung ist unbestimmt; zuweilen heilen die Thiere vollkommen, oft aber bleiben sie für immer einhüftig.
Die Behandlung. Man kann nur durch Ruhe des Thiercs, und in der ersten Zeit durch kühlende, später reizende Mittel, selbst die Cantharidensalbc, zur Heilung dieses Zustandes etwas beitragen.
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556nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verrenkung des Schulter- und Armbeingelenks.
¥iertes €aigt;ltel.
Verrenkung des Schulter- und Armbeingelenks.
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Vollkommene Ausrenkungen des Kopfs des Armbeius aus der Gelenkhöhle des Schulterblatts sind nur sehr selten, und ohne Zer-reissung oder sehr heftige Ausdehnung des Kapselbandes und mehrerer anderer um das Gelenk liegender Theile sind sie unmöglich. JMaH hat sie bei Pferden, Kälbern und Hunden beobachtet. Solche vollständige Verrenkungen entstanden, wenn Pferde mit steif nach vorn gehaltenen Vorderbeinen über Gräben sprangen und dabei mit den Fassen heilig an den Rand des letztern stiessen; ferner bei dem Stürzen in Gräben mit unter die Brust gelegten Füssen, bei dem Niederstürzen schwer beladener Lastpferde auf unebenen Wegen, bei dem Steckenbleiben in zähem Boden und wenn die Thiere sich sehr anstrengten, aus demselben herauszukommen u. dgl. — Es wird dabei gewöhnlich der Kopf des Armbeins nach vorn und oben verschoben, doch kann dies auch in anderer Richtung geschehen.
Man erkennt diese Verrenkung daran, dass die Thiere nach einer heftigen Einwirkung plötzlich an einem Vorderfusse ganz steif und lahm sind und nicht auf denselben treten können; er erscheint verkürzt und ist im Schultergelenk eben so schwer zu beugen wie zu strecken; an der Seite des Schultergelenks, wo der Kopf des Armbeins hingetreten ist, sieht und fühlt man eine von demselben gebildete Erhöhung und unter der Gelenkhöhle bemerkt man eine Grube; die Thiere zeigen bei angebrachtem Druck auf das Gelenk und bei den versuchten Bewegungen desselben grossen Schmerz, und gewöhnlich tritt bald ein Reizfieber hinzu.
Die Beurtheilung ist wegen der Zerreissung des Kapselbandes und wegen der Schwierigkeit der Einrichtung wenig günstig, indessen doch nicht absolut schlecht. Der Gestüts-Inspektor Rodloff beobachtete und behandelte einen solchen Fall bei einem Militair-pferde, bei welchem vollständigraquo; Heilung erfolgte. ') Mathorez desgleichen 2), Matheron bei einem Kalbe3), und ich bei einem Pferde und bei einem Hunde. Die Heilung ist gewöhnlich binnen 2 bis 3 Wochen geschehen. Doch kann auch eine unheilbare Lahmheit zurückbleiben, besonders, wenn die Zerreissungen und Quetschungen sehr bedeutend sind und die Hilfe spät und unvollständig geleistet wird. Findet nicht vollständige Wiedereinrichtung statt, bessern sich nach derselben die Thiere nicht binnen wenigen Ta-
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') Briefliche Mittheilung.
') Hurtrel d'Arboval Wörterb. III. p. 11.
*) Ebendaselbst.
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Verrenkung des Schulter- und Armbeingelenks.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 557
gen, so erscheint es als das Beste, die Kur nicht zu lange zu versuchen.
Die Behandlung. Das Thier wird vorsichtig niedergelegt und durch mehrere Männer mittelst um die Brust und das untere Ende des Halses gelegte Gurte, auch am Schwänze zurückgehalten; 2 bis 3 Männer bewirken am Vorarm, am besten mittelst umgelegter Stricke, die Ausdehnung durch Ziehen nach unten und vorn und ein wenig nach derselben Seite hin, an welcher der Gelenkkopf steht. Der Thierarzt leitet während dessen mit seinen Händen den Gelenkkopf zur Gelenkhöhle und letzterer springt gewöhnlich, wenn die Ausdehnung hinreichend geschehen, mit einem lauten Ruck in die Höhle zurück. Man macht dann einige rotirende Bewegungen mit dem Fusse und lässt das Thier vorsichtig aufstehen. Ein wirklich haltender Verband ist schwer anzubringen, aber auch gewöhnlich nicht erforderlich, da die Muskeln das Glied in der regelmässigen Lage erhalten; sollte letzteres aber nicht geschehen (wie z. B. in dem Fall von Mathorez), so kann man den Fuss in die Rinnmaschine stellen (s. Bruch der Vorderbeine S. 522) oder auch ihn mit dem Vorarm in eine hosenähnliche Bandage bringen und die Letztere an Gurten befestigen, welche um den Hals und um den Leib gelegt sind. — Zur Beseitigung der Entzündung lässt man ileissig mit Bleiwasser, oder mit Oxykrat, später mit einer Auflösung von Alaun oder mit andern adstringirenden, so wie mit Spirituosen Mitteln befeuchten. Wo grosse Erschlaffung oder chronische Entzündung zurückbleibt, wendet man das Ung. Cantharidum oder das glühende Eisen an.
Unvollständige Verrenkungen und Verstauchungen kommen an dem Schulter-Armbeingelenk häufig vor. Dieselben bestehen in Quetschung und Erschütterung der Gelenkenden der Knochen, in zu starker Ausdehnung, Zerrung, Quetschung und Entzündung des Kapselbandes, des Endes der Sehne des langen Beugemuskels des Voranns, in seltenen Fällen auch mit einer Abweichung des Endes dieser Sehne aus der normalen Lage von der vordem, miltlern Erhabenheit des Armbeins, und oft sind sie gleichzeitig mit Quetschung, starker Ausdehnung und Entzündung der weiter um das Gelenk liegenden und der auf dasselbe wirkenden Muskeln, besonders des gemeinschaftlichen Kopf-, Hals- und Armbeinmuskels, des vordem und hintern Grätenmuskels u. dgl. verbunden. In diesen Fällen sind die leidenden Muskeln zuweilen sehr zusammengezogen, oft aber auch im Ge-gentheil, besonders in der spätem Zeit sehr erschladt.
Diese genannten verschiedenen Zustände verursachen sämmtlich mehr oder weniger bedeutendes Lahmgehen, welches man wegen seines Sitzes am Buge oder dem Buggclenke als Buglähmung '),
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') Als Lähmung (Paralysis) darf man diese und ähnliche Lahmheiten nicht bezeichnen, da sie nicht in einem Aufhören der Nerventhätigkeit begründet sind, sondern es ist nur ein Lahmgehen oder Hinken (Claudica-tio). Letzteres ist nur Erscheinung (Symptom) sehr verschiedener krankhafter Zustände, die Lähmung kann dagegen als krankhafter Zustand selbst be-
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558nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verrenkung des Schulter- und Armbeingelenks.
Schulterlühmung, auch selbst Brustlähmuug, richtiger Buglahmheit u. s. w. zu nenneu pflegt. Die von diesen Zuständen entstandene Lahmheit ist jedoch nur eine Art der Buglahmheiten; denn letztere können auch noch aus ganz andern Ursachen entstehen und ihrem Sitze und ilirem Wesen nach sehr verschieden von der jetzt in Rede stehenden sein. ')
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stehen und sie ist, wenn sie Gliedmaassen betrifft, ebenfalls mit Labmgehen begleitet.
') Im Volke gilt als Buglahmheit oder Brustlahmheit jedes Lahmgehen, welches seinen Sitz in dem Buggelenk oder in dessen Umgegend, selbst im Ellenbogengelenk, in und unter der Schulter, vorn an der Brust und in dem untern Ende des Halses hat. Aber schon ältere Bossärzte, wie namentlich Solleysel Und Kersting (Nachgelassene Manuskripte, herausgeg. von So-then, Berlin 1792, S. 105) unterschieden mehrere Arten von Buglahmheit, und wenigstens muss man folgende Verschiedenheiten beobachten:
1)nbsp; nbsp;Quetschungen an verschiedenen Stellen des Schulterblatts und der an dasselbe sich ansetzenden Muskeln, wie z. B. am obern Ende desselben durch fehlerhafte Sättel;
2)nbsp; nbsp;unvollständige Brüche (Fissuren) an verschiedenen Stellen des Schulblatts, namentlich am untern Ende und in der Mitte desselben, oder auch am Kopfe des Armbeins;
3)nbsp; nbsp;unvollständige Verrenkungen und Verstauchungen, oder Quetschungen, Erschütterungen, Ausdehnungen des Schultergelenks, des gemeinschaftlichen Muskels u. s. w., wie oben abgehandelt wird;
4)nbsp; nbsp;ebenso am Ellenbogengelenk;
6) Verschiebung der Sehne des langen Beugers des Vorarms;
6)nbsp; nbsp;das sogenannte Abbiegen des Schulterblatts und des Arms von der Brust;
7)nbsp; nbsp;Rheumatismus;
8)nbsp; nbsp;Contraktur der Muskeln und Sehnen an der Schulter, am Arm u. s. w. und
9)nbsp; nbsp;Lähmung der Streck- oder der Beugemuskeln des Arms und Vorarms.
Die Erkennung der sub 1. bezeichneten Quetschungen ist bei einer gründlichen Untersuchung aus den örtlichen Zufällen (nach Seite 237 unjl 23S) und zuweilen auch aus dem Vorbericht leicht zu erlangen. Ueber die Brüche der Schulter siehe Seite 519. Das sub 5. erwähnte Abbiegen des Schulterblatts und Armbeins erfolgt, wenn die Thiere mit den Vorderbeinen nach aussen gleiten oder wenn sie über die Deichsel oder über Stricke, über Latierbäume u. s. w. getreten sind und sich bemühen, wieder zurück zu kommen. Bei dem hierbei oft wiederholten ruckweis erfolgenden Niederfallen mit der seitlich gehaltenen Gliedmaasse auf diese Gegenstände, oder selbst hei den Prellungen von denselben erfolgen Quetschungen und starke Ausdehnungen, ja selbst theilweise Zerreissungen der Muskeln, welche das Schulterblatt und Armbein an die Rippen und das Brustbein befestigen (des Subscapularis und seiner Sehne [Bigot, im Journ. de med. veter. 1S27 p. 197], des Pectoralis minor, Latissimus pectoris, Pectoralis major, Serratus anticus major u. s. w.). Man erkennt diesen Zustand daran, dass die leidende Gliedmaasse sowohl im Stehen wie auch bei dem Gehen immer von der Brust weg und nach aUssen gehalten wird, während der gesunde Fuss immer mehr in der Mittellinie unter der Brust steht. — Ueber Bheumatismus s. S. 87 u. f. — Die Contraktur an den Muskeln und Sehnen des obern Theils der Gliedmaasse äussert sich
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Verrenkung des Schulter- und Armbeingelenks.
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Die Gelegenheitsursachen, durch welche die unvollständigen Ver-reukungeu und Verstauchungen entstehen, sind sehr mannigfaltig; man kann im Allgemeinen alle Gewaltthütigkeiten, namentlich Stusse und Schlüge, welche auf das Schultergelenk oder dessen Umgebung wirken, dazu rechnen. Sehr häufig werden sie erzeugt durch heftiges Gcgcnlaufeu mit dem Buge an feste Körper, z. B. an die Krippe '), durch ungeschicktes Niederstürzen oder Aufstehen, durch plötzliches Ausgleiten der Füsse, durch plötzliches Pariren, durch Prellungen bei dem Aufspringen auf harten Boden mit steif gehaltenen Gliedmaassen, plötzliche Wendungen nach einer Seite, während die Füsse noch feststehen u. s. w., besonders bei Last- und bei Reitpferden. Die Ansichten der Thierärzte sind darüber noch abweichend: ob die Bug-lahmhoit auch durch Austreugungen und heftige Bewegung beim Reiten entstehe? Nach Kerstings 2) Erfahrung soll hierdurch diese Lahmheit sehr selten verursacht werden, obgleich man glauben sollte, dass dies bei der Beschaffenheit des Gelenks und bei den verschiedenen heftigen Bewegungen der Pferde während des Reitens leicht erfolgen könnte. Andere behaupten das Gegentheil. Gerlach 3) betrachtet als llauptursachen dieser Buglahmheiten 1) ungleichmäs-sige Vertheilung der Körperlast und der Last des Reiters, 2) Erschütterung von unten, Unwirksamkeit des Deltoideus und hierdurch bedingte unregelmässige Wirkung der übrigen Muskeln der vordem Ex-tremität.
Diagnosis. Bei frisch entstandenen Leiden der Art zeigt das Thier bei gelindem Druck mit der Hand auf und um den Bug Schmerz, oll auch vermehrte Wärme, seltener Geschwulst. Diese örtlichen Zufälle sind oft sehr gering, und im veralteten Zustande fehlen sie oft gänzlich; sie können deshalb allein die Diagnose nicht begründen, zumal sie sehr oft aus andern Ursachen wie durch Einreibungen von scharfen Mitteln hervorgerufen werden können. Das Thier hält gewöhulich im ruliigen Zustande den Schenkel etwas von der Brust ab und den Huf nach vorn gesetzt, die Zehe desselben aber nach aussen; sie lahmen besonders bei stärkern Wendungen auf
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besonders dureb grosse Trockenheit und Spannung an diesen Theilcn. Es wird davon in der X. Ciasse gehandelt. — Die wirkliebe Lähmung (Paralysis) findet sich sehr selten und äussert sich durch gänzliche ErschlalTung der Muskeln bei Mangel an Empflndlichkeit in denselben und bei dem Fehlen anderer örtlichen Symptome; das Glied ist immer nach der der Lähmung entgegengesetzten Seite verzogen oder es hängt schlair herab. — Die Beurthci-lung und Kur dieser verschiedenen Zustände muss dem Wesen und Grade derselben angemessen sein.
') Die alten Rossärzte haben diese Lahmheit Bährlahtnheit oder Bahrlahmheit genannt, vermuthlich aus dem Grunde, weil die Pferde sich sehr häufig die Buglahmheit beim starken Andrängen an die Krippe, welche in Süddeutschland die Bahre, der Barn heisst, zuziehen.
2) Nachgelassene Manuskripte, herausgegeben von v. Sothen, Berlin 1792.
raquo;) Magaz. f. Thierheilk. V. Bd. S. 464.
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560nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verrenkung des Schulter- und Armbeingelenks.
den kranken Fuss oder nach der leidenden Seite zu, wobei zugleich bei jedesmaligem Durchtreten mit dem kranken Fuss der Kopf tief herabgebeugt, dann aber sogleich wieder erhoben wird, welches letztere darin seinen Grund hat, dass der gemeinschaftliche Muskel des Kopfes, Halses und Armes immer mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen ist und darin, dass die Thiere die Last von dem kranken Fusse auf die andern Füsse werfen. *) Das Pferd kann die Gliedmaasse im Schulter- und im Ellenbogengelenk weder gehörig beugen noch strecken und deswegen auch nicht beim Vorwärts- und Hückwärtstreten die Gliedmaasse leicht und vollständig in die Höhe heben. Deshalb bewegt es beim Vorwärtsgehen den Fuss nicht gerade nach vorn, sondern wirft den ganzen Schenkel von der Schuller au, etwas seitlich — nach vorn und aussen, — beim Zurücktreten aber schleppt es gewöhnlich den Fuss (die Zehe) auf dem Boden und senkt sich nach der leidenden Seite. Aus demselben Grunde stolpert das Thier leicht über erhöhte Gegenstände, welche auf dem Boden liegen und es hinkt bei dem Bergaufsteigen mehr als beim Bergabsteigen; zuweilen zeigt es Aeusserung des Schmerzes beim Aufheben des Fusses, wodurch diese Lahmheit sich von der Huflahmheit charakteristisch unterscheidet. Die meisten dieser Symptome zeigen zwar deutlich, dass der Vorarm nicht gehoben werden kann, dass überhaupt die freie Bewegung desselben leidet, nicht aber, dass gerade das Gelenk allein, oder der eine oder der andere Theil in der Nähe desselben leidet. Die spezielle Diagnosis ist oft sehr schwer, besonders wenn örtlich keine Symptome von Quetschung, Entzündung oder Verwundung zugegen sind.
Wenn die von Dieterichs (Veterin. Chirurgie, Berlin, 1822, S. 488) zuerst angegebene Abweichung des knorpeligen Theils der Sehne des langen Beugemuskels des Vorarms von der vordem mitt-lern Erhabenheit des Armbeins besteht, ist auch stets eine Contrak-tur dieses Muskels mit vorhanden, welche man, so wie die Verschiebung selbst, deutlich fühlt. Das Lahmgehen ist so, wie oben bemerkt worden. 2)
Hat eine Buglahmheit schon seit einiger Zeit gedauert, so verändert sie oft ihren Charakter, indem die Entzündung unter sehr gelinden Zufällen chronisch wird, oder indem sie sich ganz verliert und dafür eine Erschlaffung der leidenden Theile eintritt. In diesem Zustande ist die Buglahmheit eine veraltete. Man erkennt eine solche veraltete Buglahmheit aus dem gänzlich fehlenden oder im Verhältniss zum Hinken sehr geringen Schmerz beim massigen
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') Deshalb sagen die französischen Thierärzte: das Pferd hinke mit dem Ohre.
2) Die Abweichung dieser Sehne 6ndet so höchst selten statt, dass ich dieselbe im Verlaufe von fast 36 Jahren unter einer Zahl von mehreren Tausenden buglahmer Pferde nicht einmal zu sehen Gelegenheit hatte. Die Sehne liegt aber auch durch die beiden Schenkel der Sehne des vordem Grätenmuskels u. s. w. sehr geschützt.
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Verrenkung des Schulten- und Armbeingelenks.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;561
Drucken gegen das Gelenk, an der geringen Gegenanstrengung und Kraft, -welche das Thier zeigt, wenn man das leidende' Glied nach hinten zieht; zuweilen (wenn das Thier schon behandelt worden ist) an den vorhandenen kahlen und harten Stellen und Narben der Haut, und an der Abmagerung (Schwinden) der um das Buggelenk und an der Schulter liegenden Muskeln. Die Untersuchung wird in allen Fällen hier in der Art zu machen sein, wie es Seite 92 angegeben ist.
Prognosis. Mit der Beurtheilung muss man bei der Buglahmheit vorsichtig sein, da die Heilung derselben sich sehr oft in die Lunge zieht und der Ausgang ungewiss ist. Im Allgemeinen kann man annehmen, dass neu entstandene Buglahmheiteu und wenn sie nicht zu heftig sind, heilbar, dahingegen aber die veralteten sehr häufig unheilbar sind. Eine genauere Berücksichtigung des eingetretenen pathologischen Zustaudes ist zu einer richtigen Beurtheilung durchaus nothwendig.
Bei der Behandlung kommt es darauf an, ob die Lahmheit frisch entstanden oder schon mehr veraltet, und ob die Sehne des langen Beugemuskels mit ihrem knorpeligen Theile aus der normalen Lage gewichen ist oder nicht. Wenn ein solcher Fall besteht, muss zuerst die Zurückbringung der ausgewichenen Sehne in ihre natürliche Lage bewirkt werden. Zu diesem Zwecke zieht man den leidenden Fuss recht stark nach vorn, hebt ihn in die Höhe, um den langen Beugemuskel zu erschlaffen und drückt dann mit den Fingern die ausgewichene Sehne in ihre Lage zurück, worauf sich bald die übermässige Zusammenziehung dieses Muskels und der Schmerz mindern.
Die übrige Behandlung ist nach gemachter Wiedereinrichtung und auch überhaupt bei allen andern Buglahmheiten zum grössten Theil sehr ähnlich der bei den Quetschungen angegebenen. — In der ersten Zeit der Lahmheiten, wo die Zufälle noch entzündlicher Art sind, wendet man die Kälte auf diejenigen Stellen, welche durch die Geschwulst oder den Schmerz als am meisten leidend sich zeigen, oder von denen man weiss, dass die vorausgegangene Gewalt-thätigkeit sie betroffen habe, anhaltend durch 2 — 3 Tage oder so lange an, bis die Symptome der Entzündung sich deutlich vermindert haben. Man macht Umschläge oder Befeuchtungen von kaltem Wasser, mit oder ohne Essig, von Bleiwasser, von Salzwasser, von einfachem Oxykrat u. dgl. Wenn aber die Zeichen der Entzündung sich massigen, geht man zu den verschiedenen reizenden Mitteln auf die Art über, dass man bei den gelindern anfangt und allmälig immer stärkere, zuerst kalt, später warm als Einreibungen und Salben anwendet; man geht vom zusammengesetzten Oxykrat zu reinem Branntwein, zum Kamphergeist, Seilengeist und zertheilenden Kräuteraufgüssen und dergleichen über. Erfolgt hierauf keine merkliche Besserung, nimmt der Zustand die Beschaffenheit einer veralteten Lahmheit an, oder bekommt man ihn als solchen schon in die Behandlung, so kann man nur allein von den stärksten Reizmitteln noch Hilfe erwarten. Man macht Einreibungen von Terpenthinöl,
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Stein- oder Wacholdeiöl, Salmiakgeist, Kanthavidentinktur und der Kantharidensalbe. Diese iMittel werden etwa zwei Tage hinter einander täglich zweimal in den Umfang der leidenden Stelle eingerieben und dann werden sie wieder einen auch zwei Tage ausgesetzt; es erfolgt so in kurzer Zeit grosse Empfindlichkeit der Haut, Entzündung derselben mit Excoriationen und Schorfbildung. Kräftig erregend, aber die Haut nicht angreifend, wirkt auch das Aufspritzen eines kräftigen Wasserstrahls mittelst einer Spritze (die Douche). Bewirken auch diese IMittel nach 6 —8tägiger Anwendung keine Besserung, so gehe man ohne Verzug zu den stärksten Reizmitteln, als den Fontanellen, Haarseilen und zu dem glühenden Eisen über und bewirke dadurch eine ableitende Eiterung, die man acht bis zwölf Tage zu unterhalten sucht. Es genügen in den meisten Fällen die gewöhnlichen, bekannten Reizmittel in den Fontanellen; doch kann man in recht hartnäckigen Fällen auch ein Stückchen Aetz - Sublimat, oder Kupfervitriol, oder Nieswurz in die Fontanellhöhle bringen oder auch nach Nanzio das glühende Eisen in derselben appliziren. Das ehedem üblich gewesene Abblasen des Schulterblatts ist als schädlich zu unterlassen. Die Besserung erfolgt auch nach den Reizmitteln zuweilen erst nach Wochen und Monaten.
Sehr häufig findet sich bei länger dauernden Lahmheiten eine Abmagerung (Schwund) des kranken Gliedes ein und bleibt auch selbst nach der Heilung zurück. (Siehe XIll. Classe.)
Während der ganzen Kur ist bei allen Arten von Buglahmheiten eine strenge Ruhe des Thieres durchaus nothwendig; selbst niederlegen darf sich ein solches Thier innerhalb 10 — 14 Tagen nicht und aus dem Stalle soll es in den ersten 6 #9632;— 8 Tagen auch nicht kommen, wenn besondere Umstände es nicht erfordern. Die Bewegung, welche man nach erfolgter Heilung solche Thiere machen lässt, muss nur im Schritte und sehr massig sein, und kurze Wendungen zur kranken Seite müssen ganz vermieden werden. #9632;— Da die Pferde nach so langer Ruhe aber meistens sehr übennüthig werden und stark springen, wenn sie aus dem Stalle kommen, so suche man dies vorher schon dadurch etwas zu verhüten, dass man ihnen während der Behandlung nicht so viel Futter giebt, als sie vorher erhalten hatten. — Bei den sämmtlichen übrigen Hausthicren kommt die Bug-lähmuqg sehr selten vor; sie wird, wo sie sich findet, wie die der Pferde behandelt.
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Verrenkungen des Vorarms mit dem Armbeine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 563
Fünftes Capitel.
Verrenkungen des Vorarms mit dem Armbeine.
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Bei Pferden kann eine wirkliche Verrenkung im Ellenbogengelenk wegen der so tiefen halbiuoiuliünnigen Gelenkgrube unter dem Kronenfortsalze ties Ellbogenbeins und wegen der festen, uabeweg-lichen Verbindung dieses letztern Knochens mit dem Vorannbeine (der Speiche, Radius) nicht anders, als zugleich mit einem Bruch des Ellenbogens entstehen, bei den Wiederkäuern und beim Schweine aber nicht leicht anders als mit gleichzeitiger Zerreissung von Gelenkbändern vorkommen. Aus dein angegebenen anatomischen Grunde kommen selbst nicht unvollkommene Verrenkungen an diesem Gelenke bei Pferden, wohl aber zuweilen Quetschung, heftige Entzündung und Ausdehnung der Gelenkbänder und der hier liegenden muskulösen und sehnigen Theile vor und veranlassen ein der Buglahmheit sehr ähnliches Hinken. Man erkennt diesen Zustand sehr leicht, indem man ganz deutlich sieht, dass ein solches Pferd den- Vorarm nicht beugt; ausserdem zeigt es Schmerzen beim Druck mit der Hand auf den leidenden Ort und wenn ein Sloss u. dgl. vorherging, so ist auch Geschwulst zugegen, sonst fehlt dieselbe. #9632;— Bei Hunden und Katzen, wo die Verbindung der beiden Vorarmsknochen mit einander beweglich ist, erfolgen vollkommene und unvollkommene Verrenkungen des Radius, und zwar sowohl nach der iunern als nach der äussern Seite hin, ohne dass dieselben jedesmal mit Knochenbriichen und mit Zerreissungcn der Gelenkbänder verbunden sind. Doch können diese Zufälle ebenso wie an andern Theilen zugegen sein.
Das Ellbogenbein behält bei solchen einfachen Verrenkungeu gewöhnlich seine natürliche Stellung und Lage.
Man erkennt diese Verrenkungen des Radius gewöhnlich daran, dass das Thier stark hinkt, der leidende Fuss etwas verkürzt erscheint, der Vorarm massig vorwärts gebogen und zugleich der ganze Fuss mit der Zehe mehr nach innen oder aussen (immer der Seite, wohin der Kopf des Radius gewichen, entgegengesetzt) gerichtet ist, — dass man den aus seiner Lage gewichenen Kopf des Radius selbst neben dem untern Ende des Armbeins, au der innern oder äussern Seite desselben fühlt und dass das Thier bei der Berührung dieses Theils Schmerzen zeigt. Zuweilen findet sich sehr bedeutende Anschwellung des Gelenks ein.
Die Vorhersagung ist (bei den kleinen Thiercn) in den Fällen, wo die Verrenkung noch neu und oline Complikationcn ist, und wo die Thiere nicht zu widerspenstig und unruhig sind, fast immer gut; denn die Heilung erfolgt bei angemessener Behandlung vollkommen. Im veralteten Zustande aber und mit Knochenbrüchen, Zcrreissuugen der Bänder und mit heftigen Quetschungen verbunden, bei sehr un-
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564 Verrenkungen des Vorderkniees oder der vordem Pusswurzcl.
ruhigen Thieren ist die Heilung nicht zu erreichen und es bleibt selbst in günstigen Fällen ein fortdauerndes Hinken zurück.
Die Behandlung beruht auf den allgemeinen Grundsätzen. Die Ausdehnung wird am untern Ende des Yorarms durch Ziehen in der Richtung nach hinten und zugleich etwas nach aussen oder innen zu, je nachdem der Fuss nach aussen oder innen gerichtet ist und dieser Richtung entgegengesetzt, gemacht. Die VViedereinrichtuug bewirkt man dann durch einen hinreichend starken Druck mit der Hand gegen den ausgewichenen Gelenkkopf des Radius.
Nach gemachter VViedereinrichtuug legt man auf die Stelle des Gelenks, zu welcher der Kopf des Radius hin gewichen war, eine kleine Compresse und Schiene, und umwindet den obern Theil des Vorarms und das Gelenk mit einer Kleistcrbimle, oder nach Delabere Rlaine mit einem Pechpflaster. — Bei grossen Thieren wird das ganze Gelenk mit Werg umwickelt, gegen den Kopf des Radius, auf der Seite, wo er hingewichen war, eine dicke Compresse gelegt, dann bringt man au beide Seiten des Vorarms Schienen wie bei einem Bruche und befestigt das Ganze mit einer Binde.
Dieser Verband muss 6 — 8 Tage liegen bleiben und während dieser Zeit entweder mit kaltem Wasser, mit Bleiwasser oder später mit schwach Spirituosen Mitteln befeuchtet werden.
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Sechstes Capitel.
Verrenkungen des Vorderkniees oder der vordem Fusswurzel.
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Verrenkungen, oder vielmehr Verschiebungen dieser Knochen können nur mit gleichzeitiger Zerreissung mehrerer ihrer kurzen festen Bänder und nur bei sehr heftigen Einwirkungen entstehen. Sie sind daher auch fast immer mit helliger Quetschung und mit Brüchen verbunden. Bei den kleinen Thieren weicht zuweilen das untere Ende des Radius oder das des Ellenbogenbcins allein, in andern Fällen aber weichen beide Knochen zugleich von der obern Reihe der Knieknochen, oder es weicht die obere Reihe von der untern ab, und bei allen Thieren können einzelne dieser Knochen aus der Reihe der übrigen treten.
Es findet sich Steifigkeit des Gelenks, Anschwellung und Schmerz an demselben, und man fühlt, wenngleich in manchen Fällen nur undeutlich, die Abweichung der Knochen; zuweilen ist die Glied-maasse im Knie nach der einen oder der andern Seite gekrümmt; immer ist die Lahmheit sehr gross.
Die Prognosis ist bei Pferden sehr ungünstig, weil die Reduction, noch mehr aber die Reposition sehr schwierig ist, und weil
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Verrenkungen im Fessel- oder Köthengclenk.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 565
leicht theilweise oder giinzlichc Verwachsung entsteht. Bei kleinen Thieren kann die Wiederherstellung in etwa 2 — 4 Wochen gesebc-hen; zuweilen bleibt aber auch bei ihnen Steifigkeit und Vcrdickuug des Kniees zurück.
Die Kur besteht in der Wiedereiurichtung nach allgemeinen Hegeln; in dem Anlegen von Compressen und Schienen auf die Seite des Kuiees, wo die Knochen hingewichen waren; in umgelegten Binden; in Beseitigung der Entzündung mit kühlenden Mitteln und in Huhe. Die Folgekrankheiten verlangen resorbirende Mittel, selbst Kantharideu und das Brennen.
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Siebentes Ca|raquo;itel.
Verrenkungen im Fessel- odor Köthcngolcnk. (Das sogenannte
Ueberköthen. I)
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Unter allen Verrenkungen entstehen bei Pferden die im Schien-bcin-Fesselgelenk am häufigsten, und zwar sowohl an den vordem, wie auch (und noch häufiger) an den hintern Gliedinaassen. Es weicht dabei gewöhnlich der Kopf des Fessclbeins nach hinten, das untere Ende des Schienbeins nach vorn über denselben hinweg, selten nach einer Seite oder nach hinten. — Die Verrenkungen sind in den meisten Fällen unvollständig und bestehen dann hauptsächlich in einer zu starken Ausdehnung des Kapselbandes, der Strecksehne des Ilufbeins und auch wohl der Seitenbänder, und oft ist auch eine Quetschung und Erschütterung der Gelenkcnden (eine eigentliche Verstauchung) mit zugegen. Im weitern Verlaufe tritt Entzündung hinzu, welche fast immer chronisch wird; die Theile um das Gelenk verdicken sich, besonders die an der hintern Seite liegenden; die hier befindlichen Beugesehnen verkürzen sich allmälig immer mehr und der Fuss wird dadurch in seiner Stellung und in seiner Beweglichkeit verändert.
Vollkommene Verrenkungen kommen weit seltener vor und sind meistens mit Zerreissungen des Kapselbaudcs und der Strecksehue des Hufes verbunden; doch kann in dem Falle, wo eine unvollkommene Verrenkung schon seit längerer Zeit bestand, oder wo sie mehrmals stattgefunden hatte und wo also eine grosse Schwäche und Erschlaflung der Bänder und der Sehnen zugegen ist, eine wirkliche
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') In der Volkssprache heisst es bei diesen Verletzungen gewöhnlich: „das Pferd hat überköthet oder über das Köthengelenk oder Köthgelenk geschossen oder getreten.quot;
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566nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verrenkungen im Fessel- oder Köthengelenk.
Verrenkung auch ohne Zeireissung sich ereignen. Zuweilen ist gleichzeitig ein Uruch mit zugegen.
Die (iclegenheilsuiSachen zu diesen Verrenkungen sind gewöhnlich Fehltritte, besonders auf unebenem Wege, Ausgleiten auf glattem, schlüpfrigem Boden, heiliges Anstossen au feste Gegenstände mit der Zehe des Hufes, Steckenbleiben des Fusses in einem Loche oder in tiefen Fahrgeleisen, zu kurzes oder schnelles Umwenden des Thiers, heilige Zerrungen und Dehnungen, wenn die Thiere mit den Fiissen über die Halftcrkctte oder Stricke treten u. s. w.
Diagnosis, ßci den uiivollkonnneuen Verrenkungen ist die Stellung und Richtung des Fusses von der gesunden Stellung in der Art abweichend, dass die Thiere gewöhnlich nicht auf dem ganzen Fusse, sondern nur auf der Zehe stehen, indem sie das Fesselgelenk nach vorn biegen. Bei den höhern Graden des Uebcls geschieht dies so stark, dass die vordere Fläche der Hufwand und der Krone die Erde berührt. Doch können die Thiere, besonders bei den mindern Graden, mit der ganzen Solde auf den Boden treten, und sie thun dies oft, so dass man in diesen iMomeutcn wenig oder gar nichts Abnormes an der Stellung des Fusses wahrnehmen kann. Es findet sich jedoch bald wieder jene Stellung ein. Hinsichtlich der hinzutretenden Entzündnngszufälie zeigt sieh in den einzelnen Fällen grosse Verschiedenheit; gewöhnlich ist in den ersten 24 Stunden nichts von ihnen zu bemerken und auch später sind sie mehrentheils nur sehr gering und nicht im Vcrhältniss zur Lahmheit; doch ist zuweilen das Fesselgelcnk ziemlich geschwollen, bei dem Berühren schmerzhaft und mit erhöhter Wärme begabt; auch zeigt dann das Thier viel Schmerz, wenn es geht, oder wenn man den Fuss im Fesselgelenk vor- und rückwärts oder zur Seite bewegt; zuweilen ist auch die Anschwellung des Fusses nach dem Verlaufe der Sehnen bis ans Knie- und Sprunggelenk hinauf; bei dem Gehen tritt das Thier im Fesselgelenk gar nicht oder nicht gehörig durch (d. h. das Fesselgelenk wird nicht gehörig gebeugt, und seine hintere Seite nicht nach dem Boden zu herabgesenkt), sondern es knickt bei jedem Fortschreiten mit dem sonst nach hinten stehenden Fesselgelenk kurz nach vorn über und besonders dann, wenn es über einen erhöhten Gegenstand schieilet; es scheint dabei oft eine doppelte, knickende Bewegung im Fesselgelcnk zu geschehen, welche man bei dem Gehen im Schritt am besten bemerkt. Bei dem Traben wird der Fuss mehr steif und zuckend bewegt, jedoch auf keine charakteristische Weise. Bei den höhern Graden des Hebels sieht und fühlt man das untere Ende des Schienbeins vor dem Gelenke wie eine runde Beule und eben so fühlt man die Ausweichung der Knochenenden zur Seite und nach hinten. Dieses Hervortreten der ausgewichenen Knochenenden ist jedoch nicht fortwährend glcichmässig deutlich wahrzunehmen, weil dieselben zuweilen wieder in ihre natürliche Lage zurücktreten und erst bei einer wiederholten Bewegung wieder ausgleiten, und zuweilen hindert die grosse Entzündungsgeschwulst die deutliche Erkennung.
Die vollkommene Verrenkung giebt sich durch eine ähnliche Stellung im Fesselgelenk, wie eben angegeben ist, zu erkennen, diese
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Verrenkungen im Fessel- oder Köthengelenk. Behandlung. 567
Stellung ist hier aber gleichmassig andauernd; die (ielenkcnden bilden einen deutlich fühlbaren Absatz gegen einander; die Beweglichkeit des Fesselgclenks ist völlig aufgehoben und im frischen Zustande besteht an ihm Schmerz, Geschwulst und Wärme,
Die Vorhersagung ist bei den unvollkommenen und noch frischen Verrenkungen des Fesselgelenks ziemlich günstig, weil unter diesen Umständen durch zweckmässige Behandlung noch eine vollkommene Heilung zu erlangen ist; dahingegen sind die vollkomme uen und alle veralteten Verrenkungen sehr schwer zu beseitigende Zustände; sie dauern sehr lange und lassen häufig einen sogenannten Stelzfuss und bleibendes Hinken zurück, so dass ein solches Thier sehr wenig und nur ?u langsamem Dienste gebraucht werden kann.
Bei der Behandlung aller Fesselgelenkverrenkungen sorgt man bei Pferden und Rindvieh zuerst dafür, dass nach geschehener Einrichtung und etwa angelegtem Verband die Thiere richtig auf dem Fusse stehen, d. h. im Fessel gehörig nach hinten durchtreten können. Hierzu schneidet man die zu hohen Trachten nieder und bei beschlagenen Hufen lässt man die etwa mit hohen Stollen versehenen Huleisen abnehmen und die Thiere dann während der Heilung entweder ganz ohne Eisen stehen, oder man legt ihnen solche auf^ welche am Zchentheile bedeutend dicker, als am Ende der Arme, oder an dem erstem mit einem Griffe versehen sind. Bei vollständiger Verrenkung ist es, um Erschütterung und neue Ausdehnung zu vermeiden, zweckmässig, das Hufeisen an den Huf zu schnallen. Um das fernere üeberköthen und das Stützen des Fesseis auf die Zehe zu verhüten, hat man auch ein Hufeisen, welches am Zchentheile mit einem horizontalen, 3—4 Zoll langen Schnabel versehen ist (das sogenannte Schnabelciscn), angewendet. *) Sehr zweckmässig für den anzulegenden Schienenverband ist ein sogenanntes geschlossenes oder rundes Hufeisen, welches am vordem und am hintern Ende mit einem Aufzug mit üeffnung versehen ist, in welche letztere dann das untere Ende der eisernen Schienen mittelst Haken leicht befestigt werden kann. Diese Schienen müssen übrigens nach der natürlichen Kichtung des gesunden Fesseis gebunden sein, bis ans obere Ende des Schienbeins hinauf reichen und um dasselbe mit Riemen angeschnallt werden. (Siehe S. 491 und Brüche des Fessclbeins S. 528.) Alle diese Mittel dürfen jedoch nicht angewendet werden, wenn uud so lange als heftige Entzündung besteht. Diese muss durch kühlende Mittel und Ruhe vorher beseitigt werden.
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') Manche Thlerärzte empfehlen auch, auf den gegenüberstehenden Huf ein sogenanntes Bügel- oder Kngeleisen zu legen, um die Thiere hierdurch zu zwingen, andauernd auf dein krankquot;quot; Fu- raquo;n stehen und fest Im Fessel niederzutreten. Ein solches Hufeisen darl jedoch stets nur eine kurze Zeit liegen, und es passt nicht, so lange heftige Schmerzen bestehen. Eben so darf das hin und wieder empfohlene Aufbinden des gesunden Fusses, um das Durchtreten im kranken Gelenk zu erzwingen, nur sehr vorsichtig angewendet werden.
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56^ Vcrrcnkiingcn im Fessel- oder Köthencclcnk. Behandlung.
Bei vollkommeuen Vciicnkungcn muss nach der Besorgung des Hufes die EiuricLluug der ausgewichenen Knochenenden nach allge-incincn Regeln gemacht und dann das Glied vom Hufe bis ans obere Ende des Schienbeins mit einer Cirkelbiude und mit Werg gut umwickelt werden; ausserdem wird noch auf die Stelle des Fesselge-lenks, wohin die Ausrenkung geschehen ist, oder wohin das Gelenk nberknickt, chic Comprcsse von Leinwand oder Werg gelegt, um durch den Druck derselben das Wiederausgleiten noch mehr zu verhindern, — und hierauf folgen äusserlich die Schienen. In Erman gclung eiserner Schienen müssen welche von Holz, Kinde, Pappe u. dgl. Material ihre Stelle vertreten.
Bei den unvollständigen Verrenkungen des Fesselgelenks ist in der Hegel weder eine Wiedereinrichtung noch ein Verband nöthig. Für die Ersterc genügt eine mit der Hand bewirkte Ausdehnung der Sehnen und Bänder und eine hierauf folgende wiederholte sanfte Beugung und Streckung im Gelenk gt;), und der Verband wird durch eine einfache Eiüwickelung ersetzt.
Die übrige Behandlung ist, je nach dem frischen oder veralteten Zustande, verschieden. Bei Ersterem muss man antiphlogistisch gegen die Entzündung wirken, und daher die Kälte und Bleimittel, als Fussbäder, Umschläge oder möglichst oft erneuerte Begiessungen so lange anwenden, bis die Geschwulst, die Hitze und der Schmerz sich vermindert haben, worauf man zuletzt zur Stärkung der leidenden Theile den ganzen Umfang des Gelenks mit aromatischen Kräuteraufgüssen und mit Spirituosen Mitteln öfters wäscht. Bleibt Schwäche und Erschlaffung im Gelenk zurück, so nutzen die adstringirenden Mittel.
Bei den veralteten Verrenkungen, wo eine chronische Entzündung und dadurch Entartung vorhanden ist, kann man sogleich, nachdem man auf die vorhin angegebene Weise dem Pferde einen zweck-mässigen, an der Zehe erhöhten Stand des Fusses gegeben hat, reizende Mittel anwenden. Man macht um das ganze Gelenk Einreibungen von Terpenthinöl, von Steinöl, Salmiakgeist, Kantharidentink-tur und ähnlichen Mitteln, vorzüglich aber kann man die Kauthari-dcusalbc anwenden, bis bedeutende Hautentzündung entsteht, wo man dann den Erfolg abwartet und hiernach nöthigeufalls das Verfahren mehrmals wiederholt, bis man glaubt, die erschlafften Theile in gehörige Thäligkeil versetzt zu haben. Noch besser und als das wirksamste Mittel bei diesen chronischen Verrenkungen kann man das Brenneisen, in Strichen oder Punkten um und auf das erschlaffte Gelenk angewendet, gebrauchen. — Am Ende der Kur werden auch adstriugirende Mittel, z. B. Auflösungen von Alaun (Jj auf 1 Quart Wasser), von blauem, von weissein oder noch besser von grünem Vitriol (£ Unze auf 1 Quart Wasser), Abkochungen von grünen Nuss-schalen, Weiden- oder Eichenrinde u. dgl., als Fussbäder oder Waschun-
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') Pfuscher lassen die Pferde sich das Gelenk „einspringenquot; oder sie versuchen es mittelst eines unter den Huf gebundenen Stockes mit Hebelkraft einzurenken. Beides ist schädlich.
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Verrenkungen im Fessel- oder Kütbengclenk. Behandlung. 569
gen angewendet, recht gute Dienste Ihun. Es versteht sich von selbst, class Schienen und Binden wegbleiben, wenn mau scharf reizende Mittel oder das Brenneisen anwendet.
Strenge Ruhe ist bei allen Verrenkungen des Fcsselgelenks zur Heilung durchaus nöthig; das Pferd darf bei frischen Verrenkungen und Verstauchungen während 6.— 8 Tage nicht aus seinem Stande kommen, — selbst in der Absicht nicht, um den Gang und die Besserung desselben zu sehen; denn ein einziger Fehltritt kann das in guter Heilung begrifiene üebel wieder erneuern oder verschlimmern. Man muss daher auch nach erfolgter Heilung ein solches Pferd in der ersten Zeit nur kurz und, wo es möglich ist, auf ebenem, weichem Boden führen, um es allmälig wieder an das Gehen zu gewöhnen. — Ist Sehnenverkürzung oder ein Stclzfuss zurückgeblieben, so kann im äussersten Falle die Tenotomie angewendet werden.
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Bei Schweinen, Hunden und Katzen kommen zuweilen Ven-en-kungen einzelner Schienbeine (Mittelfussknochen, ossa metacarpi) sowohl an ihrem obern als am untern Ende vor. Man erkennt sie durch das Sicht- oder Fühlbarsein des ausgewichenen, an einer Stelle hervorstehenden Knochens, an dem Hinken beim Gehen und dem Schmerz beim Berühren; Verkürzung oder schiele Richtung des leidenden Fusses ist bei den einzelnen Verrenkungen dieser Knochen nicht vorhanden.
Es muss hier die Wiedereinrichtung des ausgewichenen Knochens durch einen massigen Druck auf denselben bewirkt und dann ein Verband, wie bei den Brüchen dieser Knochen, angelegt werden. Die übrige Behandlung ist den Zufällen angemessen.
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Verrenkungen und Verstauchungen im Fessel - Krongelenk sind sehr selten, und noch seltener die des Kronenbeins mit dem Huf-beinc. — ihre genauere Erkennung ist immer schwer, da man nur beim Drücken und Bewegen des Kronengelenks Schmerz und etwas vermehrte Wärme und Lahmgehen mit sichtlicher Schonung der untern Parthie der Gliedmaasse findet. Bei zeitiger, zweckmässiger Bc handlung erfolgt stets Heilung, unter entgegengesetzten Umständen dauert das Hinken sehr lange, es kann selbst chronische Uufgelenks-lalinihc.il werden. •— Die Kur verlangt Ruhe und in der ersten Zeit kühlende, später reizende Mittel, ähnlich wie bei dem Ueberköthen.
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570nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verrenkungen des Oberschenkel- oder Backenbeins,
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Achtes Caiiitel.
Verrenkungon des Oberschenkel- oder Backenbeins.
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Vollkommene Verrenkungen des Backenbeins kommen mehrert-theils mit Zerreissung des runden Bandes (Ligamentum teres s* rotundum), zum Theil auch des Kapsclbandes vor. Bei Pferden ist diese Verrenkung seilen, weil die Gelenkpfanne sehr tief und das runde Band sehr stark ist; es bricht deshalb bei stattfindenden Gewalten eher das Backenbein oder der Rand der Pfanne, doch beobachteten sieKersting '), Havemann2), Saussol und Janson #9632;,), Grognicr*), Gohier s) u. A., und ich selbst habe sie melmnals beobachtet. Falke hat Beispiele mitgetheilt 6), in welchen die Zerreissung des runden Bandes gar nicht oder nur theilweis stattgefunden. Beim Rindvieh kommen diese Verrenkungen häufiger, als bei den übrigen Hausthieren vor, weil bei diesem die Gelenkpfanne flacher, das runde Band schwächer und der Hals des Schenkclbeins länger ist, als bei den letzteren. — Bei den kleinen Hausthieren kommt die Verrenkung des Backenbeins seltener vor; Morier sah sie bei einem Schweine, ich bei mehreren Hunden. Unvollständige Verrenkungen entstehen bei allen Thiercn ziemlich häufig.
Bei diesen Verrenkungen kann der Gelenkkopf in verschiedene Stellungen kommen, und zwar a) nach oben und vorn, über den Hand der Pfanne gegen den Rand des Darmbeins, — b) nach oben und innen, bloss über den Rand der Pfanne, — c) nach oben und hinten, in die Fossa iliaca externa, — d) nach unten und vorn, vor den Rand des Schaambcins, — e) nach unten und innen, ins eiförmige Loch, und — f) nach unten und hinten, gegen den äussern Ast des Sitzbeins. — Beim Pferde fainl ich den Gelenkkopf gewöhnlich nach oben, beim Rinde nach unten und innen ausgewichen.
Ursachen sind: das Ausgleiten (selbst bei der Stellung zum Uri-uiren beobachtet), das Niederstürzen mit unter den Leib fallenden Hinterbeinen, das Uebertreten über die Deichsel und über Stand-bauine, bei kleinen Thieren das Fallen von einer Höhe, heftige Schläge u. dgl.
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1) Nacligelassenc Manuskripte. Ausgabe von v. Sothen. Berlin, 1792. S. 394.
s) Sehr ad er, in Busch teulsche Zeitschr. Bd. III. Hfl. 3. S. 91.
raquo;) Recneil de med. veter. 1829. p. 223.
raquo;) Correspond, veter. Vol. II. p. 99.
'l Memoires et Observ. Vol. II. p. 206.
•) Magaz. für die ges. Thierheilk. von Gurlt und llerlwig, Bd. XXIII. Seite 1)4.
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Verrenkungen des Oberschenkel- oder Backenbeins,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;571
Die Symptome sind bei den einzelnen Verrenkungen ein wenig verschieden; im Allgemeinen gilt, dass bei der Verrenkung nach aussen und oben der kranke Fuss verkürzt erscheint und das Thier denselben weder vor-, nach rückwärts setzen kann; wenn es mit Gewalt auf denselben zu treten genöthigt wird, bildet sich an der Hüfte, in der Gegend des Gelenks, eine faustdicke Erhöhung, welche aber wieder verschwindet, sobald der Fuss wieder aufgehoben wird. Sowohl im Stehen als im Gehen wird der kranke Fuss nach auswärts bewegt, und wenn man ihn umfasst und nach aussen zieht, kann das Abbiegen in einem weit stärkern Grade, als im gesunden Zustande, bewirkt werden, doch zeigen die Thiere dabei Schmerzen.
Ist der Gelenkkopf nach unten vor das Schaambein oder in das eiinnde Loch getreten, so ist die Erkennung schwerer, weil man ihn weder sehen, noch von aussen deutlich fühlen kann; letzteres ist aber bei der Untersuchung durch den Mastdarm möglich, besonders wenn man nach eingeführter Hand in denselben und bei dem Fühlen mit ihr in der Gegend des eiförmigen Lochs eine Bewegung daselbst wahrnimmt, welche entsteht, wenn gleichzeitig der kranke Fuss in verschiedenen Richtungen gedreht wird, oder wenn eben das Thier gezwungen wird zu gehen. Ausserdem sieht und fühlt man in der Gegend der Gelenkpfanne eine Vertiefung oder wenigstens eine Ab-flachuug, welche bei einer Vergleichung mit der Form des gesunden Oberschenkels immer deutlich wahrzunehmen ist. Auch hier ist der Fuss steif, aber in der Regel mit der Zehe mehr nach einwärts gekehrt. In den meisten Fällen sind die Schmerzen bei dieser Verrenkung in der ersten Zeit sehr bedeutend und zuweilen in dem Grade zugegen, dass die Thiere vom Futter ablassen; später verliert sich diese grosse Empfindlichkeit, die Thiere gebrauchen den Fuss mehr beim Stehen und noch später auch beim Gehen, allein das Hinken bleibt doch immer noch sehr auffallend, und immer tritt Abmagerung der leidenden Gliedmaasse hinzu.
Die Vorhersagung ist bei den grossen Thieren mit Gewissheit nicht allzugünstig zu machen, weil die starken Muskeln die Wiedereinrichtung ausserordentlich erschweren; doch ftind einzelne Fälle bekannt (wie z.B. der von Saus sol und R ans on bei einem Cavalle-riepferde, der von Bielenberg bei einer Kuh '), in denen die Heilung so gelungen ist, dass das Thier wieder vollständig brauchbar wurde. Mit Hilfe des in der neuern Zeit auch für solche Fälle benutzten Aethers und Chloroforms lässt sich bei der hiernach eingetretenen Erschlaflung der Muskeln die Wiedereinrichtung sehr erleichtern, obgleich sie immer noch eine schwierige Aufgabe bleibt. Bei kleinen Thieren ist sie in der ersten Zeit ziemlich leicht zu bewirken. Ist die Verrenkung nicht mehr frisch, so ist die Wiedereinrichtung bei sämmtlichen Thieren ausseist schwierig, ja in der Regel nicht mehr möglich, weil organische Veränderungen sowohl an der alten Gelenkpfanne, wie auch an dem Gelenkkopf entstehen; die
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') Veterinär-Selskabets Skrifler. Deel. 3. Kiobenhavn 1S18. S. 511.
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572nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verrenkungen des Oberschenkel- oder Backenlieins. Kur.
erstcrc füllt sich mit Knorpel aus, ihre Ränder weiden resorbirt und der Gelenkkopf reibt sich au einer oder der andern Stelle zuweilen bedeutend ah, oder es bilden sich auch Verknöchcrungeu, und in der Gegend, wo eben der Geleukkopf liegt, bildet sich durch Ablagerung von plastischen Stoffen eine Art neuer Pfanne. In diesem veralteten Zustande lernen aber die Thiere allmälig wieder erträglich gehen, bleiben jedoch für Anstrengungen zu schwach.
Kur. Zu der Wiedercinrichtung wird bei den grossen Thieren die Gegenausdehnung am besten auf die Weise bewirkt, dass man dem auf die gesunde Seite niedergalegten Thiere um den Leib lange Säcke oder breite Gurte legt und diese an feste Gegenstände, z. B. an Bäume und dergleichen bindet, oder sie von mehreren starken Männern halten lässt; feiner dass man unter den Leib und zwischen die Vorder- und Hinterbeine einen starken, glatten Baum legt und denselben an den beiden Enden ebenfalls durch Gehilfen festhalten lässt. Bei diesem letztern Mittel muss man jedoch, wenn die Verrenkung nach unten besteht, den Baum so halten lassen, dass er nicht gegen den Gelenkkopf drückt. Die Gegenausdehnung wird durch mehrere Männer mittelst Stricken, welche um den Unterschenkel gebunden sind, durch Ziehen in der Richtung vom Becken ab bewirkt. Zur Einrichtung selbst lässt man eine Schleife von Stricken um das Backenbein, welches vorher mit Leinwand dick umwickelt sein muss, legen und durch diese Schleife einen llebcbaum in der Art hindurch und über den Fuss führen, dass das vordere Ende über dem Kreuzbein hinweg zur Erde geht und in derselben den Stützpunkt findet-, zwei Gehilfen heben das andere längere Ende in der Gegend der Hufe allmälig immer höher und dadurch das Backeubcin von dem Becken ab und nach aussen in die Höhe, und der Thierarzt selbst leitet den Geleukkopf durch Drücken mit den Händen zur Pfanne hin, während die Ausdehnung und Gcgenausdehnung, so wie das Heben des Backenbeins, genügend stattgefunden hat. Sollte der Gclenkkopf gerade über dem Rande der Pfanne fest stehen, so muss das Verfahren hierbei in der Art modifizirt werden, dass man zuerst das Backenbein vermittelst des Hebebaums in die Höhe hebt und dann erst die Ausdclymng vollführen lässt, weil mau sonst, wenn man in diesem Falle die Ausdehnung zuerst unternähme, den Gelenkkopf nur noch fester an den Rand der Pfanne drücken und dadurch die Einrichtung erschweren würde. — Bei kleinen Thieren gelingt die Wiedercinrichtung auf die Weise, dass man das Thier ebenfalls auf die Seite oder den Rücken legen lässt und dabei die Gegenaus-dehnung von einem Gehilfen mit der blossen Hand an dem Schaam-bein und an dem Sitzbeinhöcker, die Ausdehnung aber von einem zweiten Gehilfen an dem Schenkel bewirken lässt; die Wiedercinrichtung macht man durch massigen Druck mit den Fingern gegen das obere Ende des Backenbeins. Das Zurücktreten des Gelenkkopfs in die Gelenkpfanne erfolgt stets mit einem starken und laut hörbaren Ruck und die Beweglichkeit der Gliedmaasse wird hiernach immer sogleich viel grosser. Man kann durch Hin- und Herbewegen des Fusses in verschiedenen Richtungen sich theils von der gelunge-
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Unvollstündlge Verrenkungen üea Dackenlielns, Hüftlahmhelt. 573
neu Einrichtung überzeugen, theiis aber auch hierdurch etwa im Gelenk entstandene Einklemmungeu eines Theiis des Kapsclbaudes u. s. w. beseitigen.
Die Erhaltung des in die Gelenkhühle zurückgebrachten Kopfes des Backenbeins in seiner Lage ist hier mittelst Bandagen nur sehr wenig zu unterstützen. Mau kann für diesen Zweck auf das Gelenk eine recht dicke Compresse und dann die bei den Brüchen des Bak-kenbeins Seite 535 empfohlene Schiene an die äussere Seite der Gliedmaasse legen, dieselbe an ihrem untern Ende an das Uuter-schenkelbein, mit den Enden des Querstücks aber an einen straff angelegten Schwanzriemen befestigen. — Ausserdem hält man die Thiere ganz ruhig, Pferde und Kinder in den ersten 8 Tagen andauernd stehend (am besten im Hängegurt), und gegen die Entzündung wendet man Bleiwasscr, Oxykrat u. dgl., später erregende und tonische Mittel an.
Unvollständige Verrenkungen und Verstauchungen im Hüftgelenk sind bei den Pferden eine der gewöhnlichsten Ursachen der sogenannten Hüft- oder Lendenlahmheiten (unrichliger-weise Hüft- und Lendenlähmungeii '). Sie bestehen in einer zu starken Ausdehnung und Zerrung des Kapselbandes, des runden Bundes und der um das Gelenk liegenden Muskeln, oder in Quetschung dieser Thcile, des Gclenkkopfes und der Gelenkpfanne. Hierzu ßudet sich Entzündung, plastische Ausschwitzung und Verdickung dieser Theile, Schmerz, Lahmheit und Abmagerung (Schwinden).
Die Ursachen sind dieselben, welche auch die vollständigen Verrenkungen erzeugen, naineiitlich Niederstürzen mit einer Seite des Backens auf harten Boden, Ausgleiten, heftiges Ausschlagen u. s. w.
Die Diagnosis ist zuweilen sehr schwierig, besonders bei Pferden mit dicken Muskeln und mit recht viel Fett auf dem Gelenk und in der Umgegend. Man mu^s hier die genaue Untersuchung, nach der Seite 92 gegebenen Anleitung, vornehmen und wenn man hierbei findet, dass die Thiere, obwohl einzelne bei dem Stehen zuweilen auf der Zehe ruhen2), mit dem untern Theile der Gliedmaasse
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') „Hüft- oder Lendenlahmheitquot; ist wieder nur, wie die Buglahmheit, ein Collektivname für verschiedene, mit Lahmgehen oder Hinken in dem obern Theile der hintern (iliedmansse begleitete krankhafte Zustände. Ausser den unvollständigen Verrenkungen und Verstauchungen und den hiernach entstehenden Entzündungen sind akute und chronische Rheumatismen des Hüftgelenks und in weiterer Ausbreitung um dasselbe bis zur Lendengegend, selbst bis auf den Rücken, — unvollständige Erschütterungen des Rückenmarkes, Quetschungen der Haut, der Muskeln, des grossen Umdrehers, des Darmbein-winkels, — der sogenannte Einschuss, — unvollständige Lähmungen (auch als Metastase bei und nach der Influenza beobachtet), das eigentliche Hüftweh alter Pferde (Malum coxae senile) u. dgl. krankhafte Zustände zuweilen die Ursache einer solchen Lahmheit.
2) Das Ruhen auf der Zehe ist eine Erscheinung bei den verschiedenartigsten Zuständen, bei welchen die Thiere wegen Schmerz in den Gelenken, Muskeln oder Sühnen nicht gern fest auf- und durchtreten, oder auch
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Verrenkungen der Kniescheibe.
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und namentlich mit der ganzen Sohle fest und gut auftreten, bei dem Gehen im Schritt aber den Oberschenkel gleichsam an dem Becken festhalten, kurz vorwärts treten und den Unterschenkel gleichsam nachschleppen, zuweilen auch im Fesselgelenk einknicken; dass sie bei dem Gehen im Trabe das Becken gegen die leidende Seite neigen; dass sie beim Vorschreiten den Fuss wohl auch ein wenig seitlich bewegen und mühsam zurücktreten; dass im unteren Theile der Gliedmaasse bis zum Backeabein hinauf keine örtliche Krankheitserscheinungen, hier aber, in unmittelbarer oder in weiterer Umgegend des Gelenks, vermehrte Wärme, bei dem Drücken auch Schmerz und zuweilen au der Gelenkstelle eine bei der Bewegung bemerkbare Vertierung zeigen, — so kann man auf das Vorhandensein einer Verstauchung schliessen. Zuweilen sind im frischen Zustande auch äusserliche Spuren von Quetschungen oder anderen Verletzungen, und im veralteten Zustande Abmagerung (Schwund) oder Spuren von angewendeten Mitteln (Narben, haarlose Stellen u. s. w.) vorhanden.
Die Prognosis ist stets sehr vorsichtig zu machen, weil man in keinem Falle wissen kann, wie vollständig und in wie langer Zeit die Heilung gelingen werde.
Die Behandlung findet zuerst wie bei den Quetschungen im Allgemeinen (S. 239) und bei den Verrenkungen im Allgemeinen (S. 546) angedeutet ist, statt.
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Meuntes Caiiitel.
Verrenkungen der Kniescheibe (auch Leist, Ramme, Ramp oder Rampf genannt).
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i\lit dem vorstehenden Namen sind bisher alle abnorme Ortsver-ändcruugen der Kniescheibe als gleichbedeutend bezeichnet worden, F. Meyer hat jedoch nachgewiesen '), dass hierbei zwei verschie-dene Zustände confundirt worden sind, nämlich: a) das Festhaken der Kniescheibe mit ihrem innern untern Rande und mittelst des innern und mittlern geraden Bandes derselben auf dem oberen Rande der vordem innern Gelenkerhabenheit des Backenbeins und-— b) die eigentiche Verrenkung der Kniescheibe nach der Seite, namentlich nach aussen.
a) Das Festhaken der Patella auf dem oberen, beinahe horizontalen Rande des inneren Rollhügcls vom Backenbein ist die sogenannte Ramme, Rampf, nach Meyer aber keine Verrenkung,
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wo Schwäche in der Gliedmaasse besteht. Es geschieht deshalb auch bei Schmerz im Hüftgelenk.
') Magaz. f. d. ges. Thierheilk. von Guilt u. Hertwig Bd. XVIII. S. 313 u. f.
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Verrenkungen der Knieschiebe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;575
weil jener obere Rand innerhalb des Kapselbandes liegt und eben so mit Gelenkknorpel überzogen ist wie die übrigen Gelenkflächen, also Theil des Gelenks selbst ist und somit die Kniescheibe bei dem Festhaken immer noch in normaler Berührung mit den übrigen Gelenk-Uieilen bleibt.
Dieser Zustand kommt bei Pi'erden und Rindvieh nicht selten vor, bei den übrigen Hausthieren aber gar nicht, weil die vorderen Gelenkerhöhungen ihrer Backenbeine nicht mit so hervortretenden Rändern versehen sind.
Der Ramm tritt immer so plötzlich ein, dass man die Art seines Entstehens kaum beobachten kann. Bei Pferden entsteht er am häufigsten im Stalle, wenn die Thiere aufstehen oder sich niederlegen wollen und dabei ungleiche, zu heftige Bewegungen machen, oder auch wenn sie ausgleiten; in einzelnen Fällen hat man aber auch das Eintreten des Leidens während anderer heftiger Bewegungen beobachtet, z. B. beim Springen, beim Schlagen und beim Ueber-schreiten über erhöhte Gegenstäiicle.
Als Ursachen kann man nur einerseits zu heftige und ungleiche Zusammenziehung der Streckmuskeln des Unterschenkels (rectus fe-moris, vastus internus und externus und des crureus) und andererseits Schwäche und ErschlalTuug der untern Bänder der Kniescheibe beschuldigen. Meyer rechuet auch den Mangel an Synovia hierzu.
Die Erscheinungen bei dem Ramm sind folgende: Die Thiere halten den leidenden Hinterschcnkel plötzlich steif, so dass sie denselben im Knie- und Sprunggelenk nicht beugen können; beim Gehen bewegen sie die Gliedmaasse mit iVnstrengung und steifgehalten, schleppend nach vorn, wobei die Zchenwand des Hufes gewöhnlich gegen den Boden stösst; zuweilen knicken sie auch im Fesselgclcnk ein wenig nach vorn über. Bei der Untersuchung des Fusses selbst findet man denselben ein wewig mehr gerade gestreckt und die Muskeln an dem vordem Rande des Oberschenkels gespannt; das Sprung-und das Kniegelenk können selbst von einem starken Mann nicht gebengt und daher das Schienbein nicht unter den Leib in die Höhe gehobeu werden; das Fessel- und das Kronengelenk besitzen dagegen freie Beweglichkeit. An dem Kniegelenk findet man die Kniescheibe auf dem oberen Uande der innern Gelenkerhöhung festsitzend, die unteren Kniescheibenbänder sehr gespannt und der Raum zwischen dem unteren Rande der Kniescheibe und dem Kopfe des Unterschenkelbeins ist grosser, als an dem gesunden Fusse, welches Alles bei einer Vergleichung mit dem andern Hinterschenkel deutlicher bemerkbar wird. Schmerz und Symptome der Entzündung sind in der Regel nicht vorhanden, doch finden sich diese Zufalle zuweilen ein, wenn das Uebel durch mehrere Tage bestanden hat. Die angedeutete Art des Gehens findet sich auch zuweilen bei heftigen Quetschungen der Umgegend des Kniegelenks; in diesen Fällen sind aber jederzeit die örtlichen Spuren der Quetschung oder der hinzugetretenen Entzündung deutlich wahrzunehmen und niemals ist dabei die Gliedmaasse so steif, wie bei dem Festhaken der Kniescheibe.
Die Beurtheilung ist im Allgemeinen sehr günstig zu machen; denn nicht selten verliert sich das Uebel eben so plötzlich von selbst,
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576nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verrenkungen der Kniescheibe. Behandlung.
wie er plötzlich gekommen ist, indem die Thiere irgend eine solche Bewegung machen, bei welcher die Streckmuskeln erschlatll werden und wo dann durch die gespauuteu unteren Kniescheibenbänder die Kniescheibe in ihre normale Lage zurückgezogen wird. Letzteres geschieht oft mit einem lauten, knackenden oder ruckenden Geräusch. Zuweilen dauert die Verrenkung nur etwa 1 bis 2 Stunden, in anderen Fällen mehrere Tage, ja zuweilen über 4 Wochen. Wo der Ramm einmal bestanden hat, kehrt er sehr leicht wieder, so dass einzelne Pferde zehn und mehrere Male mit ihm behaftet werden; in der Regel ist er bei den älteren Anfallen weniger hartnäckig, als bei dem ersten Aufalle. Ueble Folgen hat man, aussei- der zuweilen eingetretenen geringen Entzündung, selbst nach wiederholten Aulallen nicht beobachtet; die Thiere gehen gleich nach der Wiedereinrichtung ganz regelmässig. Durch Kunsthülfe ist das Uebel immer zu beseitigen, jedoch in einzelnen Fällen schwerer, als in anderen, und die gründliche Heilung mit Verhütung der Wiederkehr gelingt meh-rcntheils nur nach einer fortgesetzten zweckinässigen Behandlung und unter Mitwirkung eines ruhigen Verhaltens.
Die Behandlung. Die Wicderzurückfuhrung der Kniescheibe in ihre normale Lage ist, je nach der bei den Versuchen hierzu sich zeigenden Hartnäckigkeit des Uebels, auf folgende Weise in verschiedenen Abstufungen zu bewirken:
1)nbsp; Auf die leichteste Weise wird die Wiedereinrichtung zuweilen erreicht, wenn man dem Thiere mittelst einer Rutlie an der iu-nern Seite der Hintcrschenkel einen Kitzel erzengt, oder es daselbst mit Wasser bespritzt und dadurch zum öftern Aufheben und Hin- und flertreten mit den Hinterfüssen veranlasst; oder wenn man es einige Schritle vorwärts fuhrt und es dann plötzlich zurückschiebt; oder wenn man es während des Vorwärtsgehens plötzlich durch einen Stoss an die gesunde Hinterbacke auf die kranke Seite hinüberstösst und durch das plötzliche Senken der Hüfte auf der kranken Seite eine Erschlaffung der Streckmuskeln daselbst herbeiführt.
2)nbsp; nbsp;Gelingt auf diese Weise die Wiedereinrichtung der Kniescheibe nicht, so stemmt man (nach Meyer) den Daumen oder (wo dieser nicht genügt) einen abgerundeten Stock hinter den äusseru Winkel der Kniescheibe und sucht dieselbe etwas abzuheben und zu bewegen; sobald das gelungen ist, gleitet sie von selbst weiter. Oder man umfasst dieselbe mit beiden Händen an der Innern und aussein Seite und hebt sie, während ein Gehülfe das Thier plötzlich von dessen gesunder Seite zur kranken herüberstösst, von dem Rande des Backen beins ab.
3)nbsp; nbsp;Zuweilen gelingt aber auch hierbei die Wiedereinrichtung nicht und man ist dann genöthigt, eine stärkere Erschlafliiug der Streckmuskeln und der Knicscheibenbänder dadurch herbeizuführen, dass man die betreffende Gliedmaasse möglichst weit nach vorn und oben gegen die Brust hin in die Höhe hebt. Zu diesem Zweck ergreift man mit einer Hand den leidenden Fuss am Fessel, hebt ihn langsam möglichst weit nach vorn und oben, während man sich mit der andern Hand fest gegen das Kniegelenk stützt; wenn man das Thier zum Vorwärtsgehen autreiben lässt, hebt sich die Patella ge-
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Verrenkungen der Kniescheibe. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;577
wohnlich von ihrer Stelle ab und gleitet zurück. Es gehört jedoch zu dieser Einrichtung viel Kraft und es ist deshalb folgendes Verfahren besser: Man legt um den Fessel des kranken Fusses einen Strick, führt das vordere Ende desselben über den Hals zur gesunden Seite und lässt damit den Fessel allmälig mehr und mehr in der bezeichneten Richtung nach vorn und in die Höhe ziehen; zugleich lässt man das Thier entweder durch einen Gehülfen vorwärts ziehen oder am Becken vorwärts schieben, und in demselben Moment, wo jene beiden Bewegungen geschehen, drückt man mit beiden Händen die Kniescheibe in ihre Lage zurück.
4) Gelingt aber auch auf diese Weise die VViedereinrichtung nicht, was zuweilen bei sehr empfindlichen und bösartigen Pferden der Fall ist, so legt man die Thiere vorsichtig auf die gesunde Seite nieder, befestigt den Beigurt oder einen Strick um das Schienbein des lahmen Hinterfusses, führt den Strick über den Hals an der untern Seite des letztem hervor und zieht, nachdem dieser Fuss aus dem Fessel gelöst ist, denselben nach vorn und oben in die Höhe; nachdem dies in dem Grade geschehen ist, dass der Huf bis gegen den Ellbogen gekommen, so bewirkt man durch Abheben der Patella und dann durch Druck mit der Hand auf sie Zurückbringung in ihre Lage.
Nach der Wiedereiurichtung wendet man in denjenigen Fällen, wo das Festhaken während einiger Zeit bestanden hat und Entzün-duugszufälle bereits bemerkbar sind, Waschungen mit kaltem Wasser, Bleiwasser, Oxykrat oder Waschungen mit verdünntem Branntwein an; ist aber das Uebel frisch entstanden gewesen und von Entzündung nichts zu bemerken, so macht man täglich mehrmals wiederholt Befeuchtungen mit adstringirenden Flüssigkeiten, z. B. Abkochungen tou Eichenrinde, Tormentillwurzel, oder Auflösung von Alaun, Eisenvitiiol und dergleichen. Bei geringer Empfindlichkeit der Haut verbindet man diese Mittel mit Spirituosen. Ist die Veirenkung bereits mehrmals eingetreten und muss man somit eine grosse Erschlaffung der Bänder belurchten, so sind Waschungen mit starkem Branntwein, mit Kampherspiritas, Einreibungen der Cantharidentinktur, des Terpentinöls unter der Kniescheibe und an den Seitentheilen derselben so oft wiederholt zu appliciren, bis Hautentzündung entstanden ist. In recht veralteten und hartnäckigen Fällen kann man auch die Cantharidensalbe oder das Glüheisen an diesen Stellen anwenden. Die Anwendung reizender Mittel über dem Gelenk und auf die Streckmuskeln nutzt nichts; hier würden vielmehr- bei frisch entstandenen und schmerzhaften Fällen narkotische Mittel und Einreibungen von warmem Ocl nützlich sein, um den etwa in den Muskeln bestehenden Krampf zu lösen.
Während der Kur müssen die Thiere ruhig im Stalle und am besten fortdauernd stehend erhalten werden, und nach der Beendigung derselben darf man sie nur massig bewegen und namentlich sind alle plötzliche Wendungen zu vermeiden.
b) Die Verrenkung der Kniescheibe kommt unvollständig und vollständig vor und zwar nach beiden Seiten, gewöhnlich aber nach aussen.
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578nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verrenkungen der Kniescheibe. Behandlung.
Bei der unvollständigen Verrenkung wird (nach Meyer) die Patella bei einzelnen hel'tigeu Bewegungen, beim Laufen, Springen, raschen Wenden oder Zurücktreten während des Vorbringens des Schenkels (der Beugung des Kniegelenks) so nach der einen Seite gezogen, dass ihre Gelenkerhabenheit aufquot; der Innern oder der äus-sern vordem Gelenkerhabenheit des Backenbeins (Meyer sah dies nur auf der äussern) hinaufsteigt, worauf sie mit einem hör- und sichtbaren Kuck von selbst wieder in die Gelenkgrube zuruckgleitet, sobald der Schenkel die Kürperlast übernommen hat und rückwärts gebracht worden ist. Dieses Ausgleiten erfolgt nicht bei jedem Schritt und zuweilen gehen die Thiere eine ganze Strecke, ehe es eintritt. Dabei ist im Schritt das Aufheben fest, aber der Fuss wird nicht so weit vorwärts gesetzt, wie der gesunde; bei der Verrenkung nach aussei! ist die Fussspitze und das Kniegelenk etwas nach aussei!, das Sprunggelenk nach innen gedreht; unter der Kniescheibe ist eine länglich-runde, weiche, -weder heisse noch schmerzhafte, wegdruckbare Geschwulst von der Grosse eines halben Gänse-Eies (zuweilen grosser) bemerkbar. Diese Geschwulst besteht in einer- durch Synovia bewirkten Ausdehnung des Kapselbandes, welche zwischen den untern (geraden) Bändern der Kniescheibe hervortritt; sie ist somit eine Gelenkgalle. Beim Trabgehen tritt, während der ersten Zeit des Uebels, das Hinken häufig unverhältnissmässig stärker hervor, so dass die Thiere zu Zeiten nur auf dem gesunden Schenkel vorwärts hüpfen, ohne mit dem kranken den Boden zu berühren; und wenn letzterer zwischen durch angesetzt wird, sieht man deutlich, dass die rasche Bewegung dem Thiere Schmerz macht, da dasselbe die Streckung des Knie- und Sprunggelenks vermeidet und den Schenkel nur im Hüftgelenk bewegt. Die Lahmheit ist auf hartem und weichem Boden gleichmässig. Es scheint hiernach, dass bei der grössern Muskelanspannung die Kniescheibe nicht so leicht wieder in ihre Normallage zurückgleite, und ihre Bewegung in der abgewichenen Lage Schmerz zu verursachen.
Hat das Uebel mehrere Monate und länger bestanden, so pflegt der Gang im Trabe freier zu sein, während er im Schritt wie bei dem Anfange des Leidens geblieben ist; aber in den meisten Fällen legt sich bei einzelnen Schenkelbewegungen die Patella immer mehr nach aussen (oder nach innen) neben die Gelenkerhabenheit des Bak-kenbeins und es bildet sich so die vollständige Verrenkung.
Hierbei sieht und fühlt man im Moment der Verrenkung die Patella neben dem Gelenk; die Galle an demselben ist bedeutend grosser, aber nicht empfindlicher geworden und wenn die Verrenkung nach aussen besteht, erscheint die Auswärtsdrehung des Schenkels viel stärker als früher und ausserdem fühlt man dicht hinter der Kniescheibe äusserlich am Schenkel eine strangfürmige Spannung unter der Haut quer nach hinten verlaufen, die stärker hervortritt, sobald das Thier den Schenkel bewegt; an magern Thieren wird dieselbe bei der Bewegung auch sichtbar. Das Ausgleiten erfolgt bei der vollständigen Verrenkung nicht eben häufiger als bei der unvollständigen; manche Patienten können im Schritt selbst eine ziemliche Strecke geradeaus gehen, ohne die Luxation zu zeigen; dieselbe pflegt
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Verrenkungen der Kniescheibe. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 579
aber augenblicklich zu erfolgen und nicht leicht von selbst wieder zu verschwinden, sobald die Thiere rückwärts oder seitwärts treten müssen oder in Trab gesetzt werden; sie können dann nur mehrere Schritte thun, wobei die Patella neben der Gelenkerhöhung auf- und niedergeht, ohne bedeutenden Schmerz zu verrathen.
Die Ursachen dieser Verrenkungen sind dunkel. Letztere entstehen (wie der Kamm) in der Regel ohne nachweisbare äussere Gewalt (weshalb Goodwine •) sie als „spontanquot; bezeichnet); in einzelnen Fällen scheint jedoch heftiges Springen, Hintenausschlagen u. dgl. und hierdurch ühermässige Zerrung, selbst Zerreissung eines oder des andern Querbandes, worauf zu grosse Nachgiebigkeit erfolgt, die Schuld zu tragen. Jugend und eine kurze Croupe mit gerade gestellten Schenkeln (Goodwine, Meyer), eben so vorausgegangene Krankheiten, welche Schwäche hinterlassen haben, begründen eine Anlage zu dem Uebel; als die Hauptursache betrachtet Meyer bei der Ven-enkung nach aussen eine wahrscheinlich durch rheumatische Affection entstandene Contractor, oder doch eine un-verhältnissmässig gesteigerte Wirkung des langen Auswärtsziehers des Schenkels und der Sehnenausbreitung, die von den Auswärtsziehern her diese Schenkelparthie überzieht.
Bei den frischen und unvollständigen Verrenkungen erfolgt durch zweckmässige Behandlung in den meisten Fällen vollständige Heilung, — bei den veralteten ist dieselbe unsicher und mehrentheils nur unvollständig zu erreichen.
Die Kur wird in den frisch entstandenen Fällen, in welchen eine mechanische Ursache nachzuweisen ist, durch vierzehntägige Ruhe und an den verletzten Stellen durch fleissiges Befeuchten zuerst mit Bleiwasser oder Oxykrat, später mit aromatischen und Spirituosen Flüssigkeiten bewirkt; — wo mehr wahrscheinlich das Leiden rheumatischer Natur ist, muss das Thier in einem warmen, von Zugluft freien Stalle ruhig erhalten und das Gelenk nebst weiterer Umgebung mit reizenden Einreibungen von warmem Weingeist, Ter-penthinöl, Steinöl, später von Canthariden-Tinktur, von Canthariden-Üel oder Salbe behandelt werden. Bei vollständiger und veralteter Verrenkung sind, ohne Rücksicht auf ihre Ursache, diese Einreibungen fast immer wiederholt nöthig. #9632;— Meyer hat die Durchschneidung des langen Auswärtsziehers und eines Theils der sehnigen Ausbreitung einen Zoll von der Patella entfernt unternommen, jedoch ohne gründlichen Erfolg.
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1) The Veterinarian, 1845.
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580nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verrenkungen des Unterschenkelbeins.
Zehntes Capltel.
Verrenkungen des Unterschenkelbeins.
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Eine vollständige Abweichung der Gelenkknorren des Unterscheu-kelbeins (der Tibia) kommt äusserst selten vor und kann nur mit gleichzeitiger Zerreissung von Gelenkbändern entstehen. Stolz beobachtete sie an einer Kuh '). Man fühlte das untere Ende des Oberschenkelbeins nach hinten, also das obere Ende der Tibia nach vorn gewichen, die Gliedmaasse war kürzer, als die gesunde, dabei steif und auch im Sprunggelenk uubiegsam. Die Kuh zeigte an der leidenden Stelle bei Berührung wenig Schmerz, wenig Geschwulst und vermehrte Wärme; sie trat beim Stehen fest auf den Fuss, vermochte aber nicht denselben aufzuheben oder den Körper fortzubewegen.
Die Reposition gelang erst nach mehreren Versuchen und mit grösster Anstregung am dritten Tage, worauf der Schenkel sogleich gebeugt und gestreckt werden konnte. Während des Liegens iu der Nacht trat die Verrenkung wieder ein, konnte aber hiernach leichter beseitigt werden. Die Heilung erfolgte beim ruhigen Stehen im Hängegurt, beim fleissigen Kühlen in der ersten Zeit und hernach gemachter scharfer Einreibung nach drei Monaten so weit, dass das Thier sich ziemlich gut fortzubewegen, auch aufzustehen und niederzulegen vermochte; aber weit gehen konnte es nicht.
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Ellfies Capitel.
Verrenkungen im Sprunggelenk.
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Es sind dies ebenfalls sehr seltene und schwere Verletzungen. Nach W. Schraders ftlittheiluug 2) soll ein Schüler Havemanns eine vollkommene Verrenkung des Rollbeins und der Keule geheilt haben. Das Sprunggelenk war dabei ganz einwärts gebogen. Die Kur verlangt die Wiedereinrichtung, strenge Ruhe und entzündungswidrige Mittel.
Verstauchungen im Sprunggelenk kommen bei Pferden oft
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') Magazin für die gesammte Thierheilkunde von Gurlt und Hertwig, Bd. XIV. S. 121.
') Busch, teutsche Zeitschrift für Thierheilkunde, Bd. III. Hfl. 3, S. 31.
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Verrenkungen im Sprunggelenk.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 581
vor und entstehen theils durch Ausgleiten, Fehltritte, durch heftiges Auftreten auf harten Boden u. s. w. wobei Zerrung der Bänder oder heftiges Zusammcnstossen der Sprunggelenksknochen stattßndet. •—#9632; Bei diesen Verletzungen schonen die Thiere den Fuss, sie stehen oft lauge Zeit auf der Zehe und halten das Gelenk halb gebogen; später findet sich vermehrte Wärme am Gelenk und etwas Schmerz beim Drücken desselben; beim Gehen im Trabe heben sie den Schenkel etwas zuckend auf.
Bei Ruhe und fleissiger Anwendung der Kälte durch 8 bis 14 Tage, •— später durch scharfe Einreibungen kann das Leiden beseitigt werden; — bei Vernachlässigung entsteht leicht der Spatt.
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Die Verrenkungen der Knochen unter dem Sprunggelenk sind ganz gleich denen an den Vorderfüssen.
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Siebente Classe.
Vorfälle und Umstülpungen.
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Erster Abschnitt.
Vorfälle im Allgemeinen.
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Vorfall (Prolapsus, Procidentia, Ectopia) besteht, wenn Organe, welche in Höhlen liegen, aus denselben so hervortreten, dass sie frei zu Tage liegen und unmittelbar der Einwirkung der Luft ausgesetzt sind. Solche Ortsverändcrungen können an allen in den verschiedenen Höhlen liegenden Organen entstehen, und zwar entweder durch natürliche oder durch abnorm entstandene Oeffnungen bei Verwundungen; im letzteren Falle sind sie nur Begleiter der Verletzungen und stellen besondere Complicationen derselben dar, wie dies namentlich bei den Brust und Bauchwunden angegeben worden ist; dagegen sind sie als besondere Krankheitszustände zu betrachten, wenn die Organe durch natürliche Oeffnungen hervorgetreten sind. Es entstehen auf die letztere Weise Vorfälle der Krystalllinse, des Augapfels, der Zunge, des Mastdarms, der IMutterscheide, der Blase und der Gebärmutter. Die genannten Organe treten bald mehr, bald weniger vollständig über die Oberfläche des Körpers hervor, und diejenigen, welche hohl sind, können sich dabei zum Theil in einanderschieben, so dass dreifache Lagen ihrer Wände entstehen, oder sie kehren sich auch völlig um, so dass ihre mit Schleimhaut überzogene innere Fläche zur aussein wird. Es entstehen auf erstere Weise Vorfalle mit Einschiebung (Intussusceptio, Invaginatio) und auf die letztere Weise Vorlalle mit Umstülpung (Inversio). Ausserdem können die Vorlalle mit Verwundungen, mit Quetschungen, Knochenbrüchen und anderen krankhaften Zuständen complicirt sein.
Die Ursachen der Vorfalle sind in praedisponirende und in veranlassende zu unterscheiden. Zu den ersteren gehört Alles, was Er-
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#9632;H
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Vorfälle im Allgemefaien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 583
schlalhing und Schwäche der Muskeln, der Bänder und Häute erzeugen kann, wie z. B, zu wässerige, kraftlose Nahrung u. dgl. — lgt;ie d'elcgeuhcitsursachcn sind verschieden, namentlich Druck auf die Organe, z. 1J. durch Geschwülste und Knochenauswüchse neben und hinter ihnen; durch Vcrgrösserung der Organe oder durch grosse Ausdehnung derselben von angehäuften Flüssigkeiten oder Gasen; durch heftige Zusammenpressungen der Wände der Höhlen, sowohl durch äussere Gewalt, wie auch durch heftige Anstrengungen der Muskeln u. dgl.
Die Erkennung der Vorfälle ist im Allgemeinen leicht. Man sieht an einer Stelle, wo die Oeffnung einer Höhle besteht, ein oder das andere Organ hervorgedrängt, allerdings zuweilen in verschiedener Art krankhaft verändert, z. B, durch die austrocknende Wirkung der Luft an der Oberfläche betrocknet und zusammengeschrumpft, oder dunkel geröthet, entzündlich aufgelockert, heiss oder entgegengesetzt auch kalt, wenig empfindlich, zuweilen verletzt u. dgl.
Die Beurtheilung ist in den einzelnen Fällen nach der Wichtigkeit des vorgefallenen Theiles, nach dem Grade und der Dauer des Vorfalls und nach den hinzugetretenen Zufällen, so wie nach der Möglichkeit, die Ursachen zu beseitigen, sehr verschieden. Im Allgemeinen ist hierüber nur zu bemerken, dass Vorfalle in der Kegel durch die Naturheilkraft nicht beseitigt werden, sondern immer der Kunsthülfe bedürfen; dass sie gern wiederkehren und dass sie, wenn sie längere Zeit bestehen, stets die Entartung des betreffenden Organs entweder durch hinzutretende Entzündung und die Folgen derselben, oder durch Brand, oder auch durch Vertrocknung des Gewebes herbeiführen.
Die Behandlung beruht auf der Erfüllung folgender Indicationen: 1) die Ursachen müssen entfernt, 2) der Vorfall muss durch Zurückbringung des betreffenden Organs in dessen normale Lage aufgehoben, 3) das Organ muss in seiner Lage erhalten und 4) es müssen die hinzugetretenen Zulalle und Folgen in entsprechender Weise beseitigt werden.
1)nbsp; Die erste Indication wird in den einzelnen Fällen, je nach der Verschiedenheit der veranlassenden Ursachen und Complicationen in verschiedener Weise erfüllt; z. B. müssen verschobene Knochen-stücke, welche drückend auf den Angapfel wirken, eben so Knochenauswüchse und Geschwülste beseitigt werden; übermässige Anhäufung von Gasen in den Baucheingeweiden muss durch den Troikart oder durch absorbirende Mittel aufgehoben werden; krampfhaftes Drängen bei ruhrartigen Durchfallen ist durch schleimige und narkotische Mittel zu unterdrücken u. s. w.
2)nbsp;Die Erfüllung der zweiten Indication verlangt immer eine mittelst der Hände bewirkte Zurückführung, welche jedoch, je nach der Art und Grosse des Organs und nach dem Orte des Vorfalles, etwas verschieden ausgeführt werden muss, wie dies bei den speciellen Vorfallen angegeben werden wird.
3)nbsp; Die dritte Indication wird zum Theil durch entsprechende Bandagen, in so weit sich solche an den verschiedenen Stellen anwenden lassen, erfüllt; doch ist damit der Zweck nicht überall in
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584nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorfälle im Allgemeinen.
genügender Weise zu erreichen. In jedem Fall ist Ruhe nöthig and oll muss noch in dieser Beziehung diätetisch und therapeutisch gegen die Ursachen gewirkt werden.
4) Die vierte Aufgabe ist hauptsächlich gegen die entzündliche Reizung, welche theils durch die veranlassenden Ursachen, theils durch die bei der veränderten Lage der Theile in derselben eintretende Spannung und Zerrung, theils aber auch durch die Einwirkung der atmosphärischen Luft, durch Quetschungen u. s. w. erzeugt wird, gerichtet und daher in der Hauptsache durch entzündungswidrige, reizmildernde Mittel zu erfüllen. Wenn jedoch Schwäche und Erschlaffung die Grumlursache des Uebels waren oder sich zu demselben hinzugefundcu haben, so sind auch gelind erregende und tonische Mittel, so wie kräftigende Nahrung und reine Luft hiergegen angezeigt.
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Zweiter Abschnitt.
Vorfälle im Speciellen.
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Erstes Ctapitel.
Vorfall des Augapfels. (Prolapsus oculi, Exophthalmos l).
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Der Augapfel kann bei sämmtlichen Hausthieren aus seiner Höhle hervortreten, am gewöhnlichsten aber geschieht dies bei Hunden und namentlich bei denjenigen, die einen dicken kurzen Kopf mit plattem Gesicht und grossen Augenhöhlen haben, wie besonders bei den Bull-doggs, Wachtelhunden und ehemals bei den Mopsen. Die Vorfalle entstehen hier sehr leicht durch starkes Drücken mit den Fingern oder durch einen Schlag auf die hintere Parthie der bei diesen Thie-ren am Grunde nicht mit Knochen verschlossenen Augenhöhle, oder durch Eingreifen hinter den Augenlidern, eben so auch durch das
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') Es kommt auch, wie bereits bei dem grauen Slaar (S. 127) und bei den Wunden des Auges (S. 383) erwähnt, ein Hervortreten der Krystalllinsc aus der hintern in die vordere Augenkammer vor und man bezeichnet diesen Zustand als Vorfall der Linse (Prolapsus lentis). Derselbe trägt jedoch nur zum Theil die im ersten Abschnitt erwähnten allgemeinen Charaktere der Vorfälle an sich und ist auch nicht wie andere Vorfälle zu behandeln, namentlich nicht zu reponiren. Die Erkennung ist immer, wenn die Hornhaut durchsichtig ist, leicht; denn die in die vordere Augenkammer getretene Linse wird nicht mehr ernährt, verliert daher ihre Durchsichtigkeit und erscheint als ein weisser, linsenförmiger Körper hinter der durchsichtigen Hornhaut; dadurch wird ein Theil der Regenbogenhaut und selbst der Pupille bedeckt. Das Sehen ist stets verloren. Oft schwindet später die Linse bis auf einen kleinen Punkt. Heilung mit Wiederherstellung des Sehvermögens ist unmöglich. Soll das üble Ansehen beseitigt werden, so ist der Hornhautschnitt wie bei der S aar-E\-traction zu versuchen.
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586nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorfall des Augapfels.
Beissen von Hunden und Pferden auf das Auge u. dgl. Ausserdem entstehen die Vorfalle des Augapfels bei Knochenbrüchen um die Augenhöhle, wenn ein Bruchstück gewaltsam nach einwärts hinter den Augapfel gedrängt wird, und in seltenen Fällen in Folge der Augapfelwassersucht oder in Folge von Exostosen und Geschwülsten iil der Augenhöhle.
Die Entstehung des Vorfalls ist in den zuerst bezeichneten Fällen, bei mechanischen Verletzungen, immer ganz plötzlich, bei den zuletzt angedeuteten Fällen aber allmälig.
Die Erkennung ist immer sehr leicht; man sieht den Augapfel bald vollständig, bald nur zum grössern Theile zwischen den Augenlidern hervorgedrängt, bei frischen Verletzungen zuweilen auch blutend, sonst aber zuerst ohne wesentliche Veränderung; wenn jedoch die Luft durch mehrere Stunden auf ihn eingewirkt hat, wird die durchsichtige Hornhaut allmälig mehr trocken, grau und undurchsichtig, zuletzt faltig und lederartig hart. In der ersten Zeit können die Thiere trotz der starken Ausdehnung des Sehnerven zuweilen noch mit dem hervorgedrängten Auge sehen, wenn aber die bezeichneten Veränderungen in der Hornhaut eingetreten sind, ist nothwendig das Sehvermögen hierdurch aufgehoben; oft fehlt es aber gleich vom Anfange an in Folge der Erschütterung und Zerrung des Augapfels und des Sehnerven. Die Thiere sind bei diesem Zustande mehr oder weniger ängstlich und kopfscheu, sie schütteln viel mit dem Kopfe, suchen sich die verletzte Stelle an anderen Gegenständen zu reiben und Hunde wischen öfters mit der Pfote an derselben. — In denjenigen Fällen, wo der Augapfel durch seröse Anhäufung übermässig ausgedehnt ist, erkennt man diesen Zustand an dem vermehrten Umfange des Organs und an der allmäligen Hervordrängung desselben; wo aber eine solche Vergrösserung des Umfanges nicht besteht und dennoch der Augapfel allmälig immer mehr aus der Höhle hervortritt, muss man auf krankhafte Erzeugnisse im Grunde der Augenhöhle schliessen, obgleich mau dieselben von aussen nicht dentlich wahrnehmen kann.
Beurtheilung. Frisch entstandene Vorfälle, durch mechanische Einwirkung plötzlich erzeugt und in einfacher Beschaffenheit, sind sehr häufig vollständig zu heilen, wenn die Hülfe recht schnell gebracht und consequent angewendet wird; ist dies aber nicht der Fall, so verändert sich der Augapfel in der vorhin angegebenen Weise, es tritt ausserdem Entzündung sowohl im Augapfel, wie auch in den Augenlidern hinzu; die Theile schwellen an und die Zurückbringung wird dadurch erschwert, ja oft unmöglich. Wenn aber die Zurück-bringung überhaupt in den ersten Stunden nicht geschieht, so geht der Augapfel durch Austrocknung und später hinzutretende Ulcera-liou verloren. Nicht selten ist aber die Zurückbringung auch in den Fällen nicht möglich, oder die Zurückerhaltung gelingt nicht, wo die Hülfe zeitig genug gebracht wird, weil bei dem Hervordrängen oder Herausreissen des Augapfels der Sehnerv und die Augenmuskeln übermässig gezerrt und durch Ausdehnung verlängert sind, so dass dann der Augapfel in der Augenhöhle nicht mehr hinreichenden Raum findet. In den Fällen, wo der Augapfel gleichzeitig verwandet ist,
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Vorfall des Augapfels.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;587
ist die Beurtheilung zugleich nach der Art, Grösse und Tiefe der Verletzung zu machen. Bei Augapfelwassersucht gelingt die gründliche Heilung der letzteren zwar in der Regel sehr schwer, man kann aber durch die Function des Augapfels die Ueberflillung desselben mit Serum leicht beseitigen und dann den Augapfel in seine normale Lage bringen. Bei Geschwülsten und Exostosen in der Augenhöhle ist der Vorfall nur durch Entfernung dieser krankhaften Bildungen zu beseitigen; diese Aufgabe ist aber schwer zu erfüllen und gewöhnlich leidet dabei der Augapfel selbst auf eine solche Weise, dass das Heilverfahren kaum einen Nutzen gewährt.
Die Behandlung. Bei frisch entstandenen Vorfallen wird der Augapfel und seine Umgebung zuerst mit kaltem Wasser gereinigt und dann versucht man ihn durch gelinden Druck mit der flachen Hand in die Augenhöhle zurückzubringen; dies gelingt jedoch nicht in allen Fällen, weil die Augenlidländer sich hinter dem Augapfel sehr stark zusammenziehen, denselben gleichsam einschnüren und so ein Hinderniss der Zurückbringung bilden. Ist dies der Fall, so nutzt das Drängen nichts, sondern der Spalt der Augenlider muss an einem Punkte laquo;lurch Einschneiden erweitert werden. Dies geschieht am besten am aussein Augenwinkel, indem man eine Hohlsonde unter denselben und zwischen dein Augapfel vorsichtig in die Augenhöhle drängt und dann mit einem Bistouri (Knopf bistouri) einen etwa 1^ bis 2 Linien tiefen Einschnitt macht. Hiernach erschlafft das obere Augenlid und die Zurückbringung durch gelinden Druck auf den Augapfel ist gewöhnlich leicht zu machen. Diese kleine Erweiterung ist ganz ohne Gefahr und heilt später sehr leicht. Nach geschehener Zurückbringung muss ein Gehülfe, welcher nöthigenfalls alle Stunden abgelöst wird, fortwährend mit einem in kaltes Wasser getauchten Schwamm einen gelinden Druck auf den Angapfel ausüben und hiermit durch 24 Stunden fortfahren. Mit Bandagen fiir diesen Zweck ist im Ganzen weniger zu erreichen und man benutzt sie deshalb nur im Nothfalle. IVlan kann hierzu ein länglich-viereckiges Stück Leinwand gebrauchen, welches auf eine über das Auge gelegte Com-presse gelegt und mittelst Bändern um den Unterkiefer befestigt und durch andere Bänder nach rückwärts an das Halsband gebunden wird. Im Nothfalle kann man auch die Augenlider zusammenheften, die Hefte dürfen aber nur in die äussere Haut gelegt werden. Gewöhnlich ist der Zustand nach 24 Standen im Wesentlichen beseitigt und man hat nur noch zur Wiederherstellung dea Tonus in den ausgedehnten Theilen gelind aromatische Mittel, wie z. B. ein Infusum von Arnica, von Kamillenblumen u. dgl. anzuwenden.
Von grosser Wichtigkeit ist es, den Thieren, bei denen die Augenhöhle hinten offen ist, in den ersten 24 Stunden kein Fuller zu ge-bien, weil beim Kauen der Kronenfortsatz des Hinterkiefers beständig auf den Augapfel drückt und denselben nach vorn treibt.
Besteht der Vorfall bereits seit länger als circa 10 bis 12 Stunden und ist die Hornhaut in der oben bezeichneten Art schon vertrocknet und zusammengeschrumpft, oder ist das Auge auf keine Weise in der Augenhöhle zu erhalten, so bleibt nichts anderes übrig, als ihn zu exstirpiren. Man kann diese Operation mit kleinen Ab-
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588nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Vorfall des Augapfels.
änderungcn auf folgende Weise ausfuhren: Man lässt durch Gehülfen die Augenlider so viel als möglich nach ausseu umbiegen und zurückziehen und ergreift den Augapfel entweder mit den blossen Fingern der linken Hand, oder mittelst eines scharfen Hakens, oder an einer Schleife, welche man aus einem mittelst einer Heftnadel quer durch ihn gezogenen Faden gebildet hat. Darauf schneidet man mit einem geballten Bistouri die Bindehaut in der ganzen Peripherie des Augapfels durch, dringt entweder mit einem schmalen, recht scharfen Lorbeerblattmesser zwischen dem Augapfel und den Wänden der Augenhohle in die letztere bis auf den Grand ein und schneidet daselbst sogleich den Sehnerv quer ab, um bei den #9632;weiteren Manipulationen jede Zerrung dieses Nerven zu vermeiden; oder man sucht mit einer nach der Fläche gekrümmten Scheere in die Augenhöhle einzudringen, indem man nach gemachtem Kreisschnitt in der Bindehaut gleich hinter derselben an einer Stelle das verbindende Zellgewebe und die Muskeln nach und nach zerschneidet und so auch im Grunde den Sehnerv mit der Scheere trennt. Hierauf löst man auch in dem ganzen Umfange des Augapfels durch weitere Schnitte das Zellgewebe und die Muskeln und entfernt ihn. In die Augenhöhle bringt man dann, nachdem die Blutung durch kaltes Wasser gestillt ist, so viel lockeres Werg, dass sie bis gegen den Rand der Augenlider damit angefüllt ist. Eine weitere Bandage ist nicht erforderlich. Sollte die Blutung nicht durch kaltes Wasser bald zu stillen sein, so kann man eine dünne Schicht von irgend einem klebenden, aber wenig reizenden Pulver, z. B. Mehl oder Stärkemehl oder das S. 341 empfohlene styptische Pulver, in die Augenhöhle einstreuen und das Werg dann appliciren. Letzteres bleibt so lange in der Augenhöhle, bis Spuren der beginnenden Eiterung sich zeigen, worauf man es mittelst lauwarmen Wassers und einem Schwämme erweicht, mit der Pinzette herauszieht und durch neues Werg in derselben Weise ersetzt. Dies geschieht in den nächsten Tagen täglich einmal wiederholt, bis Granulation eingetreten ist, worauf dann die ganze Behandlung auf die blossc Reinigung beschränkt wird. Wenn die Granulation bis zum Rande der Augenhöhle hervorgewachsen ist, pflegt sich eine Art schwieliger Narbe auf derselben zu bilden und die Eiterung dann aufzuhören; ist dies aber nicht der Fall, so sucht man die Vernarbung durch adstringirende Mittel, namentlich auch durch concentrirtes Bleiwasser, oder durch eine Auflösung von Zinkoder Kupfervitriol zu begünstigen, und wo üppige Granulation bestellt, wendet man am besten den Lapis infernalis, nöthigenfalls wiederholt an.
Ist der Vorfall des Augapfels durch Wassersucht erzeugt, so kann man bei den höheren Graden dieser Krankheit die Punction der durchsichtigen Hornhaut an der niedrigsten Stelle derselben mittelst einer schmalen Lanzette machen und einen Theil der wässerigen Feuchtigkeit entleeren, hierauf aber tonische, gelind erregende und die Resorption befördernde Mittel anwenden. Zur Operation muss das Thier niedergelegt, die Augenlider müssen mit Augenlidhaltern gehörig zurückgezogen und der Augapfel mit den Fingern fixirt werden; man sticht dann das Instrument mit seiner Fläche gegen den
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Vorfall der Zunge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 589
Rand der Hornhaut gekehrt, am mil ein Rande des Augapfels etwa 2 Linien vom Rande der Hornhaut entfernt durch die letztere so tief ein, dass eine etwa 2 bis 3 Linien breite Wunde entsteht; es entleert sich sogleich neben dem Instrument ein Theil der wässerigen Feuchtigkeit, und um dies in hinreichendem IMaassc zu bewirken, hält man entweder das Instrument für einige Sekunden in der Wunde, oder man führt statt dessen eine Sonde in dieselbe. Nach genügender Ausleerung der wässerigen Feuchtigkeit und Entfernung des Instrumentes legt man eine Compresse von weicher Leinwand und eine massig fest anschliessende Binde über den Augapfel, hält das Thier in magerer Diät ganz ruhig und wendet dann gelind aromatische Infusionen, namentlich von Arnica u. dgl. und innerlich urintreibende und abführende Mittel von Zeit zu Zeit wiederholt an.
Ist bei einem Vorfall des Augapfels das Dasein einer Exostosis oder einer Geschwulst als Ursache des Uebels zu erkennen, so kann man, wenn der Eigenthümer das Aeusserste zur Heilung des Zustau-des verlangt, an dem hierzu niedergelegten Thiere einen Einschnitt durch die Riudehaut an derjenigen Stelle der Augenhöhle, wo eben die Geschwulst sitzt, mit der uöthigen Vorsicht machen, bis zu der Geschwulst eindringen und dieselbe exstirpiren; es ist jedoch dieses Verfahren ein sehr eingreifendes und hinsichtlich der Folgen, welche bei der entstehenden Eiterung eintreten können, nicht genau im Voraus zu beurtheilen. Nach der Entfernung der Geschwulst drückt man den Augapfel sanll in seine Höhle zurück und erhält ihn daselbst mittelst einer Bandage. Die übrige Behandlung ist zuerst au-tiphlogistisch und dann weiter nach Art der eintretenden Zufälle.
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Zweites Capitel.
Vorfall der Zunge. (Prolapsus Linguae.)
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Vorfalle der Zunge sind bei Pferden und Hunden oft beobachtet worden. #9632;— Die Erkennung ist gewöhnlich leicht, jedoch nicht zu allen Zeiten glcichmässig, weil bei manchen Vorfällen die Zunge noch willkürlich zurückgezogen werden kann. In jedem Falle sieht man, dass die Zunge, welche hinter den Schneidezähnen liegen soll, entweder über dieselben bleibend hervorgetreten oder seitlich über die Laden herabhängt. Der Vorfall der Zunge ist nicht immer ein und derselbe pathologische Zustand, sondern die Folge von verschiedenen Zuständen und zwar: 1) beruht er auf einer, durch übermässige, gewaltsame Ausdehnung erzeugten Erschlaffung, Schwäche und Verlänlaquo; geruug der Muskelfasern; oder 2) auf einer Lähmung der Zunge, oder — 3) auf einer durch Verwundung herbeigefülirten Verkrüppe-lung derselben.
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590nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorfall der Zunge.
Im ersten Fall ist das Uebel nicht beständig in gleicher Stärke zu bemerken, sondern das Thier lüsst die Zunge mehr heraushängen, wenn es müde ist; es ragt dann die Zungenspitze 1—4 Finger breit heraus; wenn aber das Thier durch einen Reiz veranlasst wird, die Zunge zu bewegen, so kann es sie vermöge der noch bestehenden Beweglichkeit grösstentheils zurückziehen; dieselbe ist jedoch schlaff und besitzt nur einen geringern Grad von Kraft, und bei Reizungen, z. B. bei Stichen mit einer Nadel, zeigt es deutlich Empfindung; die Thiere kauen aber langsamer, verstreuen auch wohl etwas Futter und manche speicheln stark aus dem Munde, besonders im frischen Zustande des Uebels. — 2) Bei dem Vorfall von wirklicher Lähmung wird die Zunge entweder gar nicht oder nur sehr wenig zurückgezogen, auch selbst wenn man sie reizt, und das Kauen und die Bildung des Bissens geschieht sehr unvollständig. Die Lähmung besteht zuweilen nur an einer Ilälfte der Zunge. Letztere ist dann nach der gesunden Seite verzogen und die Erscheinungen finden sich nur an einer Seite. — 3) Bei einer Verwundung der Zunge oder nach derselben findet man in der Gegend ihrer Mitte einen Qnerriss, durch welchen die Spitze von dem hintern Thcil grösstentheils getrennt, zuweilen nur noch mit dem Zungenbändchen und durch einige Fasern mit dem Körper der Zunge zusammenhängt. Zuweilen ist sie dabei verkrümmt und hängt nach einer Seite. In dem Verhältniss, als die Lücke breit ist, ist auch die Zunge verlängert; in dem hervorhängenden Theile besteht Empfindlichkeit, Wärme und Beweglichkeit, aber die Kraft ist nur gering.
Aussei1 diesen wirklichen Vorfallen giebt es auch andere Zustände, bei welchen die Zunge nur vorübergehend aus dem Maule tritt und scheinbar einen Vorfall bildet. Dies geschieht namentlich a) bei heftiger Entzündung der Zunge, wo letztere bedeutend anschwillt, in Folge dessen ihre Spitze zwischen den Schneidezähnen hervorsteht, durch diese gedrückt wird und in Folge dieses Drucks tiefe Gruben, Blutextravasate und im weitern Verlaufe selbst Brand an der Spitze der Zunge entstehen (S. 147). — Aehidich ist es zuweilen bei dem Zungen-Anthrax (S. 147 u. 148). b) Scheinbare Vorfalle der Zunge entstehen auch nach solchen Verwundungen, bei denen sich fremde Körper in die Zunge einstechen, dieselbe reizen, entzünden und in Folge dessen eine Anschwellung herbeiführen, durch Welche die Zunge verlängert und über die Schneidezähne heraus gedrängt wird. Die Erkennung dieser Zustände ist an den Symptomen der Entzündung oder der Verletzung immer leicht zu erlangen. — c) Eine dritte Art des scheinbaren Zungenvorfalls findet sich bei denjenigen Pferden, welche aus übler Gewohnheit die Zunge aus dem Maule hervorstrecken oder heraushängen lassen und die man deshalb Zungenstrecker oder Zungenblöcker nennt. Am meisten sieht man diesen Fehler, wenn die Pferde aufgezäumt sind, zuweilen aber auch zu jeder Zeit. Die Thiere haben hierbei die volle Kraft. Eaji-pfindlichkeit und Beweglichkeit der Zunge und ziehen dieselbe nach Belieben zurück. Hierdurch unterscheidet sich dieser Zustand von dem Vorfall sehr deutlich.
Ursachen. Man hat diese Vorfalle bei Pferden durch gewaltsa-
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Vorfall der Zunge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;591
mes Herausziehen der Zunge bei dem Aufzäumen, bei dem Maulpuz-zen u. dgl., •— zuweilen die Lähmung der Zunge bei Nerrenfieber, Influenza und Dummkoller, — angeblich auch in Folge des fortwährenden Lockens an den Wänden entstehen sehen, und bei Hunden sah ich sie als Folge des hohen Alters.
Prognosis. In den Fällen, wo das Uebel bloss in Erschlaflung besteht, lässt es sich noch am ehesten und gründlichsten heilen; wo es dagegen in Folge von Lähmung entstanden, ist der Zustand stets sehr hartnäckig und die Heilung ungewiss, besonders bei einem hohen Grade des Uebels und im veralteten Zustande desselben. Im dritten Falle, d. h. wo die Zunge verwundet und in Folge schlechter Eehandlung verstümmelt ist, ist die Vorhersagung ebenfalls ungünstig, da hier von der thierärztlichen Kunsthilfe nichts Gründliches zur Beseitigung des Uebels geschehen kann; in beiden Fällen bleibt zuletzt, wenn wenigstens das üble Ansehen beseitigt werden soll, nur das operative Verfahren übrig.
Behandlung. Ist der Vorfall der Zunge nur in Erschlaflung und übermässiger Ausdehnung begründet, so sind Einspritzungen iu das Maul und Befeuchtungen der Zunge mit adstringirenden und erregenden Mitteln nützlich, wie z. B. von einer Abkochung der Eichenoder Weidenrinde, oder der Tormentillwurzel, oder einer Auflösung des Alauns, mit Weingeist, mit Wein, oder mit aromatischen Infusionen u. dgl. Dabei kann man auch im Kehlgange und in der Gegend der Ohrdrüse Waschungen und Einreibungen von Weingeist, Tcrpen-thinül u. dgl. machen. Das starke Herausziehen der Zunge muss vermieden und dieselbe bei der Arbeit in einem leinenen Beutel, welcher mit Bändern seitlich an die Halfter oder Trense gebunden wird, im Maule zurückgehalten werden. — Wenn die Pferde gewöhnt sind, die Wände zu belecken, so bestreiche man dieselben mit Theer oder mit Fett, und ausserdem stelle man die Thiere, so viel als die Umstände es gestatten, im Stande umgekehrt. Die Diät kann in diesen Fällen übrigens wie bei gesunden Pferden sein.
Besteht aber der Vorfall in Folge einer Lähmung, so müssen erregende, belebende Mittel auf die Zunge, eben so in dien Kehlgang, um den Kehlkopf und an den Seiten des Genicks gebracht werdeb. Auf die Zunge applizirt man recht oft aromatische und spirituöse Flüssigkeiten, selbst ätherische Ocle; oder man bindet an das Mundstück der Trense aromatische Wurzeln und lässt sie durch einige Stunden im Maule liegen, wie z. B. gespaltene Kalmus-, Augelica-uud Baldrianwurzeln (unmittelbar mit Bindfaden an das Gebiss befestigt, oder grob pulverisirt in einem Leinwandsäckchen auf das Gebiss gebunden, nachdem man es vorher einige Minuten in heissem Wasser gehalten hat). Ausserdem ist die Elektrizität in Anwendung zu bringen und zwar, indem man Funken aus einer Leidner Flasche auf die Zunge überspringen lässt; oder man lässt in die hervorgezogene Zunge Hitze von einem vorgehaltenen Brenneisen einströmen. Aeusserlich unter die Zunge, im Kehlgang und zu den Seiten des Kehlkopfs wendet man Kampherliniment, Kampherspiritus, Ammo-niakliniment an; oder man macht Einreibungen von Terpenthinöl, oder brennt unter der Zunge im Kehlgange Punkte, macht Scarilica-
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592nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorfall der Zunge.
tioneu u. dgl. abwechselnd, bis der Zweck erreicht ist oder bis die andauernde Erfolglosigkeit aller dieser Mittel den Beweis lür die Un-heilbarkeit des Zustandes geliefert hat: Auch hier kann die Zunge mittelst eines Beutels im iVlaule zurückgehalten werden. Die Thiere müssen weiches Futter erhalten.
Bei der in Folge von Verwundung eingetretenen Verkrüppclung oder Verlängerung der Zunge kann man nur die alten Wundränder durch Beschneiden neu wund machen und dann durch gut angelegte Hefte die Theile zur Heilung zu bringen suchen. Das JMaul wird dann zugebunden und die Thiere bekommen in drei Tagen kein Futter, sondern das Alaul wird nur von Zeit zu Zeit mit Wasser ausgespritzt. Ist nach drei Tagen die Vereinigung noch nicht geschehen, ' so ist sie auch nicht mehr zu erwarten.
Bei den sogenannten Zungenstreckern, wo ein oft wiederholtes llervorstrecken der Zunge bloss aus übler Angewohnheit des Thiers besteht, muss man bei jungen und im Maule sehr empfindlichen Pferden zuerst jedes scharfe und zu fest anliegende Gebiss wegthun, weil oft die Thiere nur durch den unangenehmen Reiz im Maule zu dem Hervorstreckeu der Zunge veranlasst werden. In andern Fällen sind mehr die correctiven Mittel zu versuchen, aber mit Fleiss und durch einige Zeit andauernd fortgesetzt. Der Wärter muss beständig auf den Fehler aufpassen und dem Thiere, so oft es die Zunge heraushängen lässt, einen Hieb geben oder dasselbe im Stalle verkehrt anbinden und die hervorgestreckte Zunge mit Nadeln stechen, oder mit Draht brennen, oder mit bitterscharfen Extrakten, wie z. B. Kantha-ridentinktur und Aloeextrakt, bestreichen. Ausserdem kann man noch ein sogenanntes Spielgebiss auflegen, womit die Thiere die Zunge beschäftigen können. Je nach dem höhern oder geringern Grade dieser üblen Angewohnheit sind auch diese Gebisse verschieden; bei dem einfachen hängen drei Kettchen herab, bei anderen sind diese Kettchen mit einer Art von gezahntem Löffel versehen, dessen Zähne nach der Zunge gerichtet sind. Wo jedoch diese Gebisse das Thier von dem Herausstrecken der Zunge nicht abhalten, legt man ein Dop-pelgebiss so an das Maul, dass die Zunge zwischen den Mundstücken liegt und das Zungenbändchen nicht gezerrt wird. Manche Pferde spielen so lange, bis sie das Gebiss unter der Zunge haben, worauf sie dieselbe wieder hervorstrecken. In diesem Falle ist es nothwen-dig, das Gebiss mit einem Bogen zu versehen, der nach hinten auf der Zunge liegt und sie herunterdrückt.
In allen Fällen, wo durch die angegebenen Mittel der Vorfall nicht beseitigt werden kann, bleibt nur noch das kunstmässige Abschneiden der zu langen und hervorhängenden Spitze der Zunge übrig. Dies erscheint zwar als ein barbarisches Verfahren, es entspricht jedoch dem Zwecke recht gut und ist nicht so eingreifend, wie es scheint. Der zu seiner Zeit berühmte Stallmeister Weybold hat schon vor 150 Jahren diese Operation in Anwendung gebracht. •)
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') J. C. Weybold's kunstgeübter Bereiter und durch Erfahrenheit gelehrter Rossarzt. Nürnberg, 1701.
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Vorfall des Mastdarms.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 593
Nach seiner Vorschrift benutzt man hierzu eine Maschine, die aus zwei eisernen Platten besteht, welche an ihrem vordem Rande abgerundet siud wie die Zunge; die untere Platte ist 2L Zoll von vorn nach hinten lang und 3 Zoll breit, die obere ist 3 Zoll lang uud 3^ Zoll breit und steht somit mit ihrem Kande einen halben Zoll über den Rand der untern Platte vor. Hierdurch wird ein schräger Schnitt in der Zunge uud bei der Heilung ein dünner Rand derselben erzielt. Beide Platten sind mit flachen Seitenarmen versehen, welche aus dem Maule hervorstehen und hier mit Löchern durchbohrt, durch welche Schrauben gehen, vermittelst deren man die Platten und die Zunge zusammenpressen kann. Zwischen die Platten legt man die Zunge wohl ausgebrcilet und so, dass ihr Rand in der richiigen Breite über die erstem vorsteht, schraubt die Platten fest zusammen, schneidet dicht an deren Rändern den Zungenrand ab, brennt ihn, um die Blutung zu stillen, und bestreicht ihn mit einem Gemenge von Mehl und Honig. #9632;— Man kommt aber auch ohne diese Maschine aus, indem mau die Zunge mit den Fingern oder mit der Kornzange erfasst und den hervorragenden Theil mit einer Scheere abschneidet. Die Blutung ist bei diesem Abschneiden nicht bedeutend und durch Betupfen mit einem knopffonnigen Brenneisen leicht zu stillen. In den ersten 24 Stunden verabreiche man dem Thiere nur Getränk, dann aber als Futter Kleienbrei, feines Gras, und nach 4—5 Tagen das gewöhnliche Futter. Eine besondere therapeutische Behandlung ist hierbei nicht nöthig.
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1gt;rittes Caiiitel.
Vorfall des Mastilarms. (Prolapsus ani. Exania.)
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Die Vorfälle des iMastdarms kommen bei allen Hausthieren, selbst bei Vögeln, oft vor. Sie entstehen in dreifach verschiedener Art, nämlich: 1) indem sich der Mastdarm unmittelbar vor dem Schlicss-muskel umbiegt und dann nach hinten durch den Alter drängt; — oder 2) die Umbiegnng findet tiefer im Becken, nicht unmittelbar hinter dein After, statt; oder — 3) es tritt bloss ein Theil der Wände des Darms an einer Seite, meistens die Schleimhaut, heraus. Bei der ersten Art besteht eine wirkliche llmstülpuug, und man sieht aus dem After eine rothe Geschwulst hervordrängen, die von verschiedener Länge (zuweilen nur etwa 1 Zoll, in andern Fällen 5 bis 6 Zoll, ja sogar l.|- Fuss), röhrenförmig, mit der Schleimhaut überzogen und am äussersteu Ende mit einer OctTnuug versehen ist, in die man leicht mit einem Finger eindringen kann und ans welcher Blähungen, Schleim und selbst Excremente zuweilen entleert wer-
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Vorfall des Mastdarms,
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den; aber zwischen dem vorgefallenen Thcile und dem After kann man nur bis zum innern Rande des Schliessmuskels gelangen. — Bei der zweiten Art besteht Einschiebung und Umstülpung im Becken, und es sind äusserlich dieselben Erscheinungen wahrzunehmen, aber man kann mehr oder weniger tief neben der änssern Wand eindringen. In dem dritten Falle sieht man aus dem After eine röthliche Geschwulst ragen, welche nicht cyliudrisch ist, sondern nur einen Lappen bildet. Diese Art hat Aehnlichkeit mit den flachen Mastdarmpolypen, nur mit dein Unterschiede, dass letztere von einer derlaquo; bern Masse sind. — Der Mastdarmvorlall ist entweder dauernd oder wechselnd; ersteres ist häufiger der Fall; bei dem wechselnden findet nach einiger Zeit eine Art von peristaltischer Bewegung statt und der Vorfall tritt dabei wieder zurück. Wenn sich der vorgefallene Theil bald zurückzieht, treten gewöhnlich keine anderweitige Folgen und Zufälle ein; bleibt der Darm aber längere Zeit an der Luft, so wird die Schleimhaut trocken, geröthet und angeschwollen; bei der Berührung schmerzhaft, die Thiere drängen oft wie zur Koth-entleerung, es entsteht Jucken, in Folge dessen reiben sich die Thiere, rufen hierdurch eine heftige Entzündung hervor, welche von Blutiufiltration zwischen der Muskel- und Schleimhaut, FaserstofTaus-schwitzung und dadurch entstehender Verdickung (bei Pferden bis zur Grosse einer Faust) begleitet wird, und es kann dann der Darm auch durch Kunsthilfe nicht zurückgebracht werden. In andern Fällen entsteht Eiterung und ülceration und theilweises oder gänzliches Absterben des hervorhängenden Stückes; die Ülceration setzt sich nach innen fort, es bildet sich eine Fistel, Senkung des Eiters u. dgl., bis der Tod in Folge dieser üblen Zufalle eintritt. In recht günstigen Fällen stirbt die hervorragende Parthie ab und die Ränder verwachsen ohne üble Folgen, — doch tritt dies höchst selten ein.
Ursachen. Erschlaffung des Darms an der Stelle, wo sich der Vorfall bildet und heftiges Dräügeü mit den ßauchwänden und dem Zwerchfell auf die Baucheingeweide sind die Hauptursachen dieser Vorfälle. Die Veranlassung dazu geben: allgemeine Schwäche und Erschlaffung (daher der Vorfall oft bei ganz jungen Thieren vorkommt), Durchfall, Ruhr, starke Aufblähung (Windkolik), Anhäufung vom verhärteten Kolli im Mastdarm, Bremsenlarven und Würmer in demselben, ungeschickte und rohe Manipulationen in ihm, bei Untersuchungen und bei dem Ausräumen mit der Hand, schwere Geburten, grosse Reizung durch die Nachgeburt u. dgl. Ob die eine oder die andere Ursache mit zugegen ist, muss man aus dem Vorbericht, aus den Zufällen und der örtlichen Untersuchung erforschen. Für letzteren Zweck geht man bei kleinen Thieren mit einem mit Fett bestrichenen Finger, bei grösseren mit der Hand in den Mastdarm und befühlt dessen innere Fläche.
Die Prognosis ist, je nach den einzelnen Verhältnissen, bald mehr bald -weniger günstig und richtet sich 1) nach der Art des Vorfalls, 2) nach der Dauer, 3) nach dem Umstände, ob der Vorfall das erste Mal oder schon öfter stattgefunden, 4) nach den etwa schon eingetretenen pathologischen Veränderungen des Darms, 5) nach den Ursachen, ob sie nämlich vollständig zu beseitigen sind
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Vorfall des Mastdarms.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;595
oder nicht und endlich 6) nach der Art und Empfindlichkeit der Thiere. Das blosse Hervortreten einer Wand des i\lastdarms ist am leichtesten zu beseitigen; etwas schwieriger ist eine Umstiilpung nahe am After, doch ist dieselbe mehreutheils auch gut zu heilen; anraquo; übelsten sind die Vorlalle mit Einschiebung innerhalb des Beckens, sowohl hinsichtlich ihrer Zufälle wie auch hinsichtlich ihrer Heilbarkeit. Sie enden oft tödtlich. Frische Vorfalle sind leichter zu heilen als alte; die ersten Vorfälle, obgleich sie leichter üble Zufälle herbeiführen können, sind schneller zu beseitigen als schon oll dagewesene, weil eine öftere Wiederkehr derselben eine grössere Anlage zu diesen Vorfällen und deshalb eine schlechtere Prognose bedingen. Wo nochquot; keine pathologischen Veränderungen des Darms entstanden sind, ist die Prognose gut im Vergleich zu den Fällen, wo dieselben bereits eingetreten sind. Bei grösseru Hausthieren ist die Prognose besser als bei kleinen, weil bei ersteren die Mittel sich leichter ap-pliziren lassen und die grössern Thiere eher in einer horizontalen Stellung zu erhalten sind. Je ruhiger und torpider das Thier ist, desto günstiger ist der Vorfall zu beuxtheilen, eben so wo die Ursachen, welche ihn hervorgerufen, leicht zu entfernen sind, wie z. B. Kothballeu, Würmer; ist aber die Ursache nicht zu beseitigen, so ist auch trotz aller Mittel das den Vorfall hervorrufende und begünstigende Drängen nicht zu verhüten. Bei schwerer Geburt ist nicht eher etwas zu thun, bis die (ieburt und Nachgeburt vorüber ist. Zuweilen zieht sich der herausgetretene Theil des Mastdarms von selbst wieder Lp das Becken zurück, wenn die Ursache des Drängens beseitigt ist. Findet die Zurückbringung nicht statt, so entartet der vorgefallene Theil durch die Einwirkung der Luft, durch Reiben mit dem Schwänze oder an andern Gegenständen u. s. w., oder in manchen Fällen tritt immer mehr Masse heraus upd der Vorfall vergrös-sert sich.
Behandlung. Den im Allgemeinen aufgestellten Indicationen ge-mäss, müssen vor Allein die Ursachen des Vorfalls beseitigt werden; so namentlich bei Diarrhöe durch innerliche und äusserliche Anwendung (durch Klystiere und Einreibungen) derjenigen Mittel, welche gegen die Art der Diarrhöe angezeigt sind; z. B. bei Erschjafliing und Reizlosigkeit des Darmkanals gebe man bittere und adslringirende Mittel mit kleinen Gaben von Rhabarber, das Argent, nitric, u. dgl. Ist aber grosse Empfindlichkeit mit zugegen (Mastdarmzwang), so reiche man innerlich Opium oder Krähenaugen (bei Pferden Qy—3j, beim Rindvieh 9j—3jamp; bei Schafen 9^—j, bei Schweinen gr. ij—v, bei Hunden gr. i—ij) in Stärkemchlabkochung und in einer halben Stunde wiederholt. Oertlich gebe man Klystiere von denselben Stoffen in kleinen Quantitäten. Bei vorwallender Entzündung mache man einen der Constitution des Thiers entsprechenden Aderlass und applizire örtlich schwache Auflösungen von ßleizucker mit Opium oder Bilsenkraut-Extrakt. — Bei Vorfällen in Folge von Windkolik muss man zuerst die Mittel gegen dies ursächliche Verhältniss anwenden, so Gas absorbirende, z. B. Kalkwasser, Schwefelleber, Salmiakgeist u. dgl., und wenn diese nichts fruchten, so mache man bei Pferden den Magen- oder Darmstich, bei Wiederkäuern den Pansen-
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stich, und sobald die Auftreibung auf diese Weise gehoben ist, wird die ZuWickbringung des Vorfalls nicht schwer. Bei hartnäckiger Verstopfung giebt man innerlich schleimige und fettig-ölige Mittel, jind die örtlichen Hindernisse im Darm, z. B. bei grossen Thieren die Kothballen, entferne man, nachdem Klystiere von Schleim appli-zirt worden, mit der Hand; bei kleinern Thieren versuche man die kalkartigen und verhärteten Kothballen durch die Pinzette oder die Kornzaugc oder die Kugclzange, #9632;— und den zurückgehaltenen Urin durch den Katheter zu entfernen.
Zur Erfüllung der zweiten Indication der Zurückbringnng des vorgefallenen Thclls stelle oder lege mau zunächst das Thier mit dem Hintertheilc iiöher, als mit dem Vordertheile (durch Unterlegen von Stroh und Brettern) und reinige den Darm mittelst lauwarmen Wassers oder einer schleimigen Flüssigkeit, und dann bewirke man die Reposition mit den Händen und zwar so, dass der Theil, welcher zuletzt hervorgetreten ist, zuerst zurückgebracht wird. Man setzt die von den Nägeln befreiten Fingerspitzen auf das äusserste Ende des vorgefallenen Darms und drückt vorsichtig jeden Theil einzeln zurück. Das Darmstück muss immer gänzlich hineingeschoben werden und darf nirgends doppelt liegen bleiben. Diese Zurückbringung wird sehr erleichtert, wenn, wie hier angeordnet worden, das Vordertheil niedriger steht oder liegt und wenn die Thiere gebremst sind, oder wenn ihnen vorher narkotische Mittel, nöthigenfalls Chloroformdäinpfe, beigebracht worden sind, damit sie während der Manipulation den Keiz nicht fühlen und nicht drängen. Wenn die Thiere stark drängen, muss man mit der Zurückbringung des Vorfalls inne halten, weil sonst leicht eine Zerreissung entstehen könnte.
Zuweilen erscheint die Schleimhaut des hervorstehenden Theils sehr angeschwollen, gUiichsam eine strotzende Falte um den Schliess-muskel bildend, schvvarzroth, und hindert die Zurückbringung. In diesem Falle scarifizirt man diese Haut bis zur1 Muskelhaut, befördert das Ausbluten durch öfteres Befeuchten mit lauwarmem Wasser und schiebt dann möglichst bald den Darmtheil zurück. Auch wenn letzterer schon ganz kalt wäre, inuss die Zurückbringnng doch baldigst geschehen; denn in der normalen Lage im Becken findet die gesunde Wiederherstellung schnell statt, während bei dem Verbleiben des Darms ausserhalb desselben die Entartung oder die Absterbung immer mehr zunehmen.
Die dritte Indication, die Zurückerhaltung des Darmstücks, ist oft sehr schwierig zu erfüllen, da die Bandagen, die bei andern Organen angelegt werden können, hier deshalb nicht in Anwendung zu bringen sind, weil die Ocllhung stets frei erhalten werden muss und weil, wenn die Thiere den Körper krümmen, die Bandagen locker werden. Man hat deshalb hier verschiedene andere Bandagen empfohlen, welche jedoch sämmtlich sehr wenig dem Zweck entsprechen. Eine von diesen Bandagen besteht aus einem festen, mit einem Schwanzriemen versehenen Sattelgurt, welchen man dem Thiere um den Leib legt; au den Schwanzriemen befestigt man einen grossen Schwamm und drfickt denselben durch 2 starke Bänder, die über seine änssere Fläche vom Schwanzriemen her zwischen den Hinter-
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Vorfall des Mastdarms.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 597
schenkein und unter dem Bauche an den Gurt gehen, fest an den After. Der Schwamin soll den Vorfall zurückhalten und zugleich zur Anlnahine der angewendeten Medikamente dienen. — Statt des Gurtes und Schwanzriemens kann man im Nothfallc auch eine Pflug-leine (einen 18—20 Fuss langen, gleichmässig dicken Strick) benuz-zen, welche in der Mitte zusammeiigelegt und auf dem Kücken an einen um den Leib gelegten Strick gebunden ward; man ililirt sie über den Kücken nach hinten, vereinigt die beiden Enden über und unter dem Sehwanze durch einfache Knoten, so dass zwischen dem letztern eine Schlinge bleibt, in welcher der Schwanz liegt und hierdurch das Abgleiten der Binde verhindert wird; die Enden werden dann weiter über den After und unter den Bauch bis wieder zum Gurt geführt und an diesen beiestigt. Unter diesen Strick legt man auf den After einen Schwamm oder acht- bis zehnfache Leinwand, die in der Mitte eine Oeffnung für den After hat. — Statt der Bandagen mit Leibgurt u. dgl. kann man sehr wirksam ein Paar Hefte von festem Band rechts und links neben dem After (je nach der Grosse J-—l-|Zoll von ihm entfernt) dui-ch die Lederhaut, von einer Seite zur andern, quer über den After führen, die Enden von beiden Seiten zusammenbinden und nöthigenfalls zwischen sie und dem After eine Compresse oder einen Schwamin legen. Diese Bandagen halten jedoch nur den Vorfall am After zurück, aber die ümstülpung im Innern wird keineswegs dadurch gehindert. Man hat hiergegen das Einführen eines (für Pferde 9 — 10 Zoll langen) mit Leinwand umwickelten, mit einem Querstück versehenen und an einer Bandage befestigten, hölzernen Zapfens empfohlen. Derselbe fruchtete bei meinen Versuchen nichts und schien vielmehr den Vorfall beständig von Neuem anzulegen und bei dem heftigen Drängen des Thieres entstand sogar die Gefahr einer möglichen Zerreissung des Mastdarms. Dagegen hat sich in mehreren Fällen folgendes Verfahren nützlich gezeigt: Man nimmt ein an einem Ende zugebundenes Stück Darm, je nach der Grosse des Thiers, von circa 3—6 Zoll Länge und von der Weite, dass es im ausgedehnten Zustande den Mastdarm vollständig ausfüllt und bringt dasselbe mit dem zugebundenen Ende in den Mastdarm.; in das äussere, offene Ende legt man ein Rohr von Schilf oder Flieder n. dgl., bläst durch dasselbe das Darmstück mit Luft ganz voll, und wenn dies geschehen, schnürt man es durch ein au diesem Ende umgelegtes Band fest zu. Durch das Darmstück wird eine gleichinässige Ausdehnung des Mastdarms erzeugt, aber jeder ungleiche schmerzhafte Druck vermieden und das VViederhervor-dräugen des Mastdarms verhindert, ohne dass eine lästige Bandage hierzu gebraucht wird. Das Darmstück lässt mau gegen 1—2 Stunden in dein Mastdarm, öffnet dann das Band an seinem äussern Ende und zieht es hiernach sanft heraus, um etwa angesammelten Koth nicht zurückzuhalten und das Thicr zu übermässigem Drängen zu veranlassen. Hiernach kann man adstringirende Flüssigkeiten in den Mastdarm injiziren, um durch deren Wirkung den Häuten etwas mehr Tonus zu geben; diese Flüssigkeiten dürfen jedoch stets nur von schwacher Concentration sein und nur in kleinen Quantitäten angewendet werden; denn zu stark adstringirende und reizende Stoffe, so
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598nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorfall des Mastdarms.
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wie grössere QuanMtätQU veranlassen stets ein neues heftiges Drängen und hierdurch Wiederholung des Vorfalls. — Wenn der Vorfall immer wieder von Neuem entsteht, so kann man versuchen, durch das Auflegen einer Last auf den Kücken des Thiers wenigstens das heftige Drängen zu vermindern. Es eignet sich hierzu am besten ein mit Eide oder mit Sand gefüllter Sack, welchen man in der Len-dengegciul quer über den Rücken legt. — Die Thiere dürfen in allen Fällen nur wässerige, leicht verdauliche Nahrungsmittel, Kleie, Kar-tofleln, Gras u. dgl. in geringer Menge erhalten.
In denjenigen Fällen, wo der Vorfall auf keine Weise zu beseitigen ist, oder wo die vorgefallenen Theile bereits desorganisirt sind, bleibt nichts anderes übrig, als diese Theile zu entfernen. Dies muss jedoch auf die Weise geschehen, dass zugleich eine Verwachsung der VVundräuder an der Stelle der Trennung herbeigeführt wird, damit nicht Infiltrationen von Jauche zwischen die Schleimhaut und tiefer in die Beckcnhöhle entstehen, well sonst sehr lästige und schwer zu heilende Fisteln zurückbleiben oder selbst der Tod erfolgen kann. — Grosse Thiere können bei der Operation stehen, kleine müssen liegen. Erstere werden an den Hinterbeinen gespannt und gebremst. Man reinigt zuerst die entartete Masse und zieht sie dann so weit hervor, dass mau die unverdickte Schleimhaut sehen kann. An der Gränze derselben durchsticht man an einer Stelle von innen nach aussen den hier doppelt liegenden Mastdarm mit einer, mit sechs-bis achtfachen, gewachsten Zwirn oder mit einem schmalen Bändchen versehenen Ileftnadel in der Art, dass die Nadelspitze äusserlich neben dem After zum Vorschein kommt; dann führt man in der Entfernung eines halben Zolles von dieser Stelle die Nadel wieder von aussen zur inncru Fläche, bindet die Enden des Heftbandes in einen doppelten Knoten fest zusammen, presst somit an diesem Punkte die beiden Darmschichten fest an einander und schneidet hiernach die Enden des Bandes in der Nähe des Knotens ab. Unmittelbar neben diese Schleife legt man ganz auf dieselbe Weise eine zweite solche Schleife oder Naht, indem man wo möglich durch die eine Stichöffnung der ersten Schleife die Nadel mit dem Faden durchfährt, hierauf sie in der Entfernung eines halben Zolls wieder von der äussern zur innern Fläche durchsticht und dann die Enden wieder zusammenbindet, wie bei dem ersten Heft und so fort, bis der Dann rund herum neben dem After mit einer aus mehreren Ligaturen bestehenden Naht versehen ist. Zuweilen sind die Häute des vorgefallenen Darmstücks in dem Grade verdickt, dass man in der Mündung desselben nicht den nöthigen Raum zu den bezeichneten Manipulationen findet. In diesem Falle kann man die Wand des herausgetretenen Darmtheils nach oben und unten, oder an beiden Seiten^ bis auf etwa 1 Zoll vom After entfernt durchspalten und auf diese Weise gleichsam 2 Lappen bilden, welche wegen ihrer Beweglichkeit den nöthigen Raum gewähren. Nachdem die Naht angelegt ist, schneidet man ausserhalb derselben in der Entfernung von etwa einem halben Zoll die entartete Masse rund herum ab und schiebt den Rest der letztern und den mit der Naht versehenen Theil durch den After in das Becken zurück. — Die Operation hat nur eine sehr nnbedeu-
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Vorfall der Muttcrscheidr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 599
tende Reaction zur Folge und die Heilung erfolgt gewöhnlich binnen etwa 8 Tagen in der Art, dass die Heftwunden nach etwa 3 Tagen Eiterung zeigen, iniincr breiter werden und der ausserhalb der Naht befindliche Rand der entarteten Masse zu der angegebenen Zeit abfällt, während die durch die Naht zusammengedrängteu Ränder des Darms fest mit einander verwachsen sind. Es bleibt an der Schleimhaut nur eine geringe Erhöhung sichtbar, welche sich in allen Fällen als ganz unschädlich gezeigt hat.
Die Behandlung nach der Operation ist auf ruhiges Verhallen der Thiere, wobei Pferde und Rinder bis nach vollständig erfolgter Heilung sich nicht niederlegen dürfen, auf wenig und weiches Futter und auf täglich 2'—3 Mal applizirte Klystiere von schleimigen Mitteln beschränkt.
E. Viborg halte bei den nicht zurückbringbaren Vorfällen junger Schweine empfohlen (Anleil. z. Erzieh, u. Benutz, d. Schweins, S. 125, Copenhagen 1806), den vorgefallenen Darmtheii auf einem hölzernen Röhrchen, welches mau in denselben geschoben, gleich hinter dem After durch ein rundes, fest angelegtes Band abzubinden. Nach einigen Tagen stirbt der äussere Theil hinter der Ligatur ab, während der angränzende innere Theil mit dem After verwachsen ist. Bis dahin muss das Röhrchen liegen bleiben. Man schiebt dann den vernarbten Rand über dem After in das Becken hinein und verfahrt, wie vorhin angegeben worden ist.
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Viertes Capitel.
Vorfall der Mutterscheidlaquo; (Prolapsus vaginae).
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Vorfälle der Mutterscheide für sich allein kommen bei d.en Haus-thieren nicht häufig, wohl aber mit dem Vorfall iler Gebärmutter verbunden öfter vor. Dieselben zeigen sich in drei verschiedenen Formen, nämlich: 1) indem nur eine grosse Falte der Schleimhaut an irgend einer Stelle nach hinten in die oder durch die Schaam-spalte drängt, oder 2) indem an einer Stelle im Innern die vereinigten Scheidenhäute sich in den Scheidenkanal um beugen und 3) indem die Wände rund herum sich am Eingange der Scheide nach hinten beugen und als kreisförmige Wulst hervortreten. Bei dem letztern, vollständigen Vorfalle ist gewöhnlich eine vollständige Umstülpung der Scheide zugegen, auch zugleich der Gebärmuttermund mehr nach hinten gedrängt und die Harnblase aus ihrer normalen Lage in der Art verzogen, dass sie, statt unter der untern Wand, nun theilweis auf derselben liegt. Zuweilen sind noch Verwundungen oder Zerreissungen der Scheidenhäute, Blutergiessungen und späterhin Verdickungen derselben zugegen. Die Vorfälle entstehen sei-
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600nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorfall der Mutterscheide.
lener bei nicht trugeuden, als bei tragenden Thicren, am häufigsten aber bei oder nach der Geburt.
Ihre Erkennung ist inchrentheils leicht, da man dieselben iu der Regel erst dann zur Untersuchung erhält, wenn sie bereits einen hohen Grad erreicht haben. IMan sieht zwischen den Schaamlefzen eine gewöhnlich dunkler geröthetc, mit der ^Schleimhaut überzogene Wulst, bald nur in Form einer Falte, bald ringförmig hervorgedrängt und in der iVlitte mit einer OeHiumg versehen, in welche man mit dem Finger eindringen kann und in deren Grunde man den Gebär-muttcrinund fühlt; in den Fällen, wo die untere Wand der Scheide hcivorgedrängt ist, sieht und fühlt inau auch die Mündung der Harnröhre und kann mit der nöthigen Vorsicht mit einer Sonde in dieselbe cm(inngcn; im Innern der hervorgedräugten Masse fühlt man zuweilen deutlich die angefüllte Blase durch ihre Fluctuation. Zuweilen drängen die Tliiere dabei stark mit dem Leibe, wie zur Harnentleerung oder wie bei Geburtswehen. Die angedeuteten Compli-catiouen geben sich durch die ihnen eigenthümlichen Symptome zu erkennen, wie z. 13. die Wunden durch Trennung, die Blutergiessun-gen durch dunkle Röthung und Oedem u. dgl.
Ursachen. Die Vorfalle der Scheide entstehen sehr häufig bei Kühen durch Schwäche der Scheidenhäute, der Mutterbänder und des ganzen Körpers, bei erschlalfender Nahrung, wie namentlich bei lange fortgesetztem Genuss der Branntweinschlämpe u. dgl.; ferner durch eine zu sehr nach hinten gesenkte Lage der Eingeweide, wenn z. B. die Thiere auf zu schrägem Fnssboden stellen und liegen, — bei dem Gehen auf slcilcr Gebirgswcide; durch heftiges Drängen bei Leibesvcrslopfung, bei Kolik, durch Anstrengungen bei dem Gebären und durch rohe Geburtshilfe, durch das Eindrängen einzelner Theile des Foetus, namentlich der Füsse in die Scheidenhäuie, durch heftige Aufblähung bei der sogenannten Trommelsucht u. dgl.
Die Beurlheilung ist hinsichtlich der Folgen dieser Vorfälle da, wo dieselben kurz vor oder bei der Geburt entstehen, mit Vorsicht zu machen, weil, wenn hier nicht bei Zeiten der Urin aus der Harnblase entleert wird, bei der Geburt leicht eine Zcrreissuug dieses Organs und hierdurch Lebensgefahr entstehen kann; auch in andern Fällen ist die ilarnverhaltung am meisten zu fürchten, übrigens aber ist die Beurtheilung ziemlich günstig, indem fast niemals andere üble Zufälle entstehen. Heilung durch NatorhilTe erfolgt nicht, sondern in manchen Fällen tritt nur eine allmälige Verminderung des Umfanges der vorgefallenen Theile ein; durch Kuusthilfe ist bei frisch entstandenen und noch nicht mit Entartung verbundenen Vorfällen die Heilung sehr häufig möglich, aber sie erfolgt nicht, wenn die Ursachen fortdauern. In einzelnen Fällen verdicken sich die zwischen die Schaamlefzeu gedrängten Parlhieen der Scheidcnschlcimhaut in Folge hinzugetretener Entzündung, besonders wenn die Thiere sich öfters an diesem Theile reiben; in solchen Fällen gelingt, wie bereits angedeutet, selbst mittelst Kunsthilfe die Heilung gewöhnlich nicht und dergleichen Thiere sind bei den höheren Graden der Entartung auch gewöhnlich zur Zucht nicht mehr geeignet. Die angedeuteten Com-plicationen erschweren die Heilung, indem sie die augenblickliche
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#9632;#9632;
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Vorfall der Mutterscheide. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;601
Zuriickbringung der hervorgetretenen Thcile hindern. — Bei tragenden Thieren ist gewöhnlich vor beendeter (leburt die Heilung nicht zu erreichen, nach derselben aber um desto leichter.
Die Kur. Zuerst sucht man die etwa noch Ibrlwirkenden Ur-Sachen nach ihren Eigenthüinlichkciien zu beseitigen und den Thieren einen Stand oder ein Lager zu geben, bei welchem der Hinter-theil höher steht als der Vordertheil, indem man Stroh, Mist und Bretter am hintern Ende des Standes iür grossc Thiere um circa 1 Fuss höher legt als am vordem, oder indem man den Fussboden am vordem Ende des Standes entsprechend tief ausgräbt. — Dann bringt man die vorgefallenen Theile durch gelindes Drücken mit der Hand in ihre normale Lage zurück; sollten diese Theile aber verletzt sein, und die Verletzungen durch die Wände der Scheide hindurchgehen, so heftet man die Wundräuder vorher mittelst der Knopfnaht in gewöhnlicher Weise zusammen. Die baldige Zuriickbringung ist auch immer das beste Mittel gegen Harnverhaltung; tritt dieselbe dennoch ein, so hebt man sie durch den Katheter oder, wenn dies nicht gelingt, durch den Troikar. — Die Zurückerhaltung bewirkt man bei grossen Thieren am besten mittelst des von Lund empfohleneu sogenannten Tra chtenzwiugers '), welchen man, mit seinem breiten Ende nach oben gekehrt, mit der couvexen Seite auf die Schaarnlefzen legt und ihn durch Stricke, von denen zwei über das Kreuz und die Leudengegend, ein dritter nach unten, unter dem Becken und unter dem Leibe hindurch zu einem festen Leibgurt geführt und an denselben gebunden werden, fest hält. In Ermangelung dieses Instrumcuts kann man auch das sogenannte Strickgitter2) oder eine Bandage in der Art, wie bei dem Mastdarmvorfail, anlegen, dass man einen grossen Badeschwamm auf die Schaamiefzen legt, denselben mittelst Stricke über das Kreuz und nach unten un-
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') Dieses cinfaolie und nützliche Instrument, welches hier und bei dem Vorfall der Gebärmutter (für welchen es eigentlich bcstininit ist) alle andern Miticl übertrifft, besteht aus zwei eisernen, runden Stäben, welche an ihrem untern Ende in einem spitzen Winkel vereinigt sind, nach oben iillmälig aus einander gehen und am obern Ende mit einem halbmondförmig eingebogenen (Juerstück vereinisft sind, so dass das Ganze einem langen Dreieck, oder fast einem V ähnlich erscheint. Später hat man noch nahe am untern Ende zwischen den Stäben einen runden Querstab angebracht. Am untern Ende und ebenso an dem obern Ende der beiden Seitenstäbe befinden sich runde Haken (zur Anlegung der Befestigungsstricke), welche auf die äussere Fläche gerichtet sind. Ursprünglich waren es Oehsen oder Ringe. Das Instrument Ist in seiner Länge an der aussein (hintern) Fläche etwas coneav. Seine Länge beträgt 7i Zoll, die grösste Breite 24- Zoll und die Stäbe sind f Zoll dick. (Veterinär-Selsk. Skrift. Deel 3. S. 346. Taf. 2. Kiobnhavn 1813.)
*.) Es besteht aus acht einzelnen Gurtbändern oder Stricken, welche für Stuten und Kühe circa 7.— 9 Zoll lang und in der Art über einander gelegt und verbunden sind, dass sie ein Netz oder Gitlerwerk bilden, dessen olfcne Maschen gegen 1 - H Quadratzoll gross sind. In der Mitte der Bänder, so wie an den vier Ecken, befinden sich Bänder, welche bei dem Anlegen dieser Bandage von der Schaam über den Rücken, über die Oberschenkel und unter dem Leibe zu einem um den Leib gelegten Gurt geführt werden.
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602nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Vorfall der Gebärmutter.
ter dem Leibe hinweg au einen Leibgurt fest hält. Im äussersten Falle kann man die Schaamlefzcu bis zu ihrem untersten Winkel zusammenheften, den letztern aber für die Harnentleerung bei Stuten und Kühen auf der Strecke von etwa anderthalb Zoll frei lassen. Dieses Zusammenheften kann entweder durch breite und gut gewachste Heftbändchen geschehen, wenn man das Verschliessen der Schaamspalte nur als ein vorübergehendes Mittel betrachtet, oder es geschieht, wenn es dauernd sein soll, vermittelst dicker Metalldrähte, welche man nach dein Heften ringförmig vereinigt und weshalb die Operation mit dem Namen, das Ringeln, bezeichnet wird. Zweck-massiger als dieses Verfahren ist, einige Bandhefte in die Lederhaut, äusserlich neben den Schaamlefzen, zu legen, sie quer über die letztern zu legen; sie geben weniger nach als die sehr dehnbaren Schaamlefzen. — Wenn bei jungen, schlaffen Thieren der Vorfall in Folge des zu schrägen Standes verursacht und noch neu ist, bedarf man in der Regel keiner andern Hilfsmittel als die angegebene Veränderung des Standes, Kühe und kräftigende Nahrung; bei grosser Schwäche kann man aber auch Einspritzungen von adstringirenden und gelind aromatischen Mitteln appliziren. Bei Entzündung macht man Einspritzungen von schleimigen Mitteln, so lange die Zufälle dauern. Ausserdem findet bei heftigem Eutzündungszufallen eine allgemeine antiphlogistische Behandlung statt. Während der Kur müssen die Thiere ruhig gehalten und nur mit massigem und nicht blähendem Futter ernährt weiden, und wo eine Neigung zu Hartleibig-keit und deshalb Drängen zur Kothentleerung besteht, applizirt man Klystiere von schleimigen Mitteln.
Während des Gebarens muss man auf den Scheidenvorfall stets aufmerksam sein und das Junge in der bestmöglichsten Lage so durch die Scheide zu bringen suchen, dass der Vorfall weder vergrössert, noch in der betreffenden Parthie eine Verletzung erzeugt wird; und besonders sorge man, wie bereits oben angedeutet, für zeitige Entleerung des Urins.
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Fünftes Capitel.
Vorfall der Gebärmutter (Prolapsus uteri).
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Vorfalle der Gebärmutter sind häufiger als andere, namentlich bei Kühen, seltener bei Pferden und Hunden und am seltensten bei den übrigen weiblichen Haussäugethieren. Sie kommen bei trächtigen und nicht trächtigen Thieren vor, am meisten aber bei oder gleich nach dem Gebären und bestehen entweder 1) in einer theil-weison Einsenkung des Gebärmuttermundes in die Scheide, oder 2) in
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Vorfall der Gebärmutter.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;603
einer theilweiseu Einsenkuug fies Grundes der Gebärmutter -durch den Muttermund in die Scheide, oder 3) in einer gänzlichen ümstiil-pung (Inversio) der Gebärmutter und ihrer Höi'ucr. Im letztem Falle ist stets auch die Scheide vollständig mit umgestülpt und hierdurch die Lage der Harnblase in derselben Weise, wie bei dem Vorfall der Scheide, verändert, so dass sich die Blase nun innerhalb der Scheide befindet; ausserdem besteht dabei auch eine übermässige Erschlalfiuig und Ausdehnung, oder selbst eine Zerreissung der breiten IMutterbän-der. In manchen Fällen ist die ümstülpung ohne weitere Complica-tionen, in andern aber bestehen gleichzeitig Verletzungen der Gebärmutter, Entzündungen, Blutunterlaufuugen; zuweilen ist die vorgefallene Parthie brandig, oder im weitern Verlaufe durch Ausschwitzung u, s. w. verdickt und entartet, und oft ist ein Theil der Gedärme in den hohlen Sack der Gebärmutter hineingedrängt, ja selbst durch Wunden derselben hervorgetreten. llinsichtlich ihrer Dauer findet noch der Unterschied statt, dass der Vorfall entweder frisch entstanden oder veraltet ist.
Die Erkennung dieser Vorfalle ist im Allgemeinen leicht. Bei den unvollständigen Vorfällen findet man den Muttermund und einen Theil der Scheide in die letztere gegen den Eingang oder bis zwischen die Schaamlcfzen gedrängt, zuweilen den Muttermund erweitert und in ihm eine halbkugelförmige Masse, — und im frischen Zustande drängen die Thiere oft wie zur Urinentleerung. #9632;— Bei einem vollständigen Vorfalle mit Ümstülpung hängt die Gebärmutter in ihrer ganzen Länge, wie ein fleischiger Sack, ans den Schaamlcfzen hervor und erscheint, je nach dem Zustande, bald mehr blass, bald mehr dunkel geröthet; in der Länge der Scheide, von den Schaamlcfzen entfernt, sieht man den Muttermund wie ein Band quer um die Scheide liegen und am untersten Ende sieht man entweder die Gebärmutter in ihre beide Hörner getheilt, oder im Falle, dass das eine oder das andere Horn nicht mit umgestülpt sein sollte, findet man eine nach innen zu gehende Oeffnung und Höhle; die Schleimhaut der Gebärmutter findet sich bei Vorfallen unmittelbar nach der Geburt aufgelockert und mit den Spuren von Cotyledonen, oder bei Kühen und Schafen mit den napflormigen Erhöhungen, bei anderen Thieren wohl auch mit einem Theil der Nachgeburt versehen. . Im frischen Zustande ist die vorgefallene Parthie gehörig warm, mitunter selbst vermehrt warm, im veralteten Zustande aber kalt. Oft findet man die Schleimhaut durch die Luft ganz ausgetrocknet, mit Schmutz, mit Stroh u. dgl. verunreinigt, oder sie ist auch mit Bissen versehen und blutend; im veralteten Zustande ist sie stellenweis verdickt, -wenig empfindlich und zuweilen kaum noch als Gebärmutter zu erkennen, so dass zuweilen die Unterscheidung darüber, ob man es mit einem Vorfall der Gebärmutter, oder mit einem grossen Polyp zu thun hat, nicht ganz leicht ist. In solchen Fällen kann nur eine genauere Untersuchung des Zusammenhanges der hervorgetreteneu Masse mit dem ganzen Umfange der Gebärmutter oder der IVfütter-scheide au ihrem innern Ende die Entscheidung geben.
Die Ursachen sind dieselben, wie bei dem Vorfall der Scheide; hauptsächlich heftiges Drängen bei der Geburt, besonders aber, wenn
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604nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Vorfiill der Gebärmutter.
entweder das -Becken von Nalur sehr weit ist und dann die Geburt plötzlich stattfindet, oder wenn sie wegen abnormer Lage und Grosse des jungen Thicrs zögernd von Statten geht und wenn zu heftiges Ziehen an dem Foetus stattfindet und hierdurch, ohne Rücksicht auf die bestehenden Hindernisse und die mitwirkenden Wehen die Geburt mit einem IMalc gewaltsam beendet wird. Eben so bei dem gewaltsamen Abziehen der Nachgeburt. Unzeitige Geburt (Abortus) führt zuweilen den Vorfall herbei, und oft scheint auch eine durch mangelhafte Ernährung entstandene Schwäche als Anlage zu dem Entstehen des üebels mit beizutragen; denn man sieht sehr oft diese Vorfalle in manchen Jahren weit häufiger entstehen, als in andern, und bei Thieren, welche schon ein Mal mit dem Uebel behaftet waren, pflegt dasselbe bei später wieder erfolgenden Geburten gern von Neuem zu entstehen.
Die Ueurtheilung ist in denjenigen Fällen günstig zu machen, in denen man einen frisch entstandenen, einfachen Vorfall bald zurückbringen und die Ursachen beseitigen kann; es ist dabei hinsichtlich der JVlühe kein grosser Unterschied, ob der Vorfall vollständig oder nur theilweis besteht; hinsichtlich der Folgen ist aber bei den erstem zu befürchten, dass der Vorlall sich viel leichter wiederholt, weil bei ihnen, wie oben bemerkt worden, die IMutterbänder sehr ausgedehnt oder selbst zerrissen sind (eben deshalb wird in Frankreich ein solcher Vorfall, welcher früher schon ein Mal bei dem Thiere bestanden, gewöhnlich als Gewähvsmangel betrachtet); doch ist die Wiederkehr keineswegs in allen Fällen eine nothwendige Folge, und die Thiere werden auch durch einen einmal bestandenen, aber zur rechten Zeit wieder beseitigten Vorfall nicht untüchtig zur Zucht, — dies kann aber geschehen, wenn die Gebärmutter dweh zu langes Verweilen ausscrhalb des Leibes entzündet und degenerirt, oder in anderer Weise grob verletzt worden ist. — Risse, Quetschungen und Blutunterlaufungen, so wie das Hervortreten von T)arm-theilcn durch Wunden machen zwar den Zustand gefährlicher, aber keineswegs absolut gefährlich oder unheilbar. — Wenn bei frisch entstandenen Vorfällen das Drängen der Thiere, trotz aller angewendeten Mittel, in einem so hohen Grade fortdauert, dass die Zurück-bringung und Zurückerhältung unmöglich zu bewirken ist, eben so in den Fällen, wo der Uterus wirklich brandig, oder wo er im veralteten Zustande des Vorfalls entartet, sehr verdickt und verhärtet oder mit Geschwüren versehen ist, bleibt oft nichts anderes übrig, als die Amputation des entarteten Theils. Die Operation ist nöthig, weil bei dem Liegen und Sitzen auf dem vorgefallenen Theile derselbe immer mehr entartet; sie ist, wie schon der Zustand an sich, allerdings mit einiger Gefahr verbunden, doch sind mehrere Fälle bekannt, wie z. ß. der von Serres bei einer Kuh '), von Gardener bei einem Schaf2), von Backer und Gregory bei einem Schwein')
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') Journ. de Velerin. du Midi, An 1838, Septembrc.
5) The Veterinarian, 1844, p. 485.
raquo;) Ebendaselbst 1841, p. 444 u. — 1844, p. 422.
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Vorfall der Gebärmutter. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 605
und von Cross bei einer Hündin1), wo die Heilung hiernach erfolgte; und mir selbst ist sie in 2 Füllen bei Ilündiiinen gelungen. Bei entstandeuem Brande und wenn solche Zerreissungeu bestehen, dass durch sie Luft in die Bauchhöhle dringt, kann der Tod erfolgen. Man wird immer, aussei- dem Vorfalle, die etwa noch vorhandenen allgemeinen Zufälle, namentlich das Fieber, bei der Beurthei-lung berücksichtigen müssen.
Behandlung. Die etwa noch vorhandenen Ursachen müssen nach ihrer Art entfernt, — der angesammelte Koth im Mastdarm muss mittelst schleimiger Klysticre oder der Hand und der angehäufte Urin mittelst des Katheters entfernt werden; die Gebärmutter wird mit lauwarmem Wasser gereinigt und die etwa noch au ihr sitzende Nachgeburt mit den Fingern vorsichtig abgetrennt (nicht, wie es hin und wieder vorgeschrieben stellt, abgezogen). Wenn die Gebärmutter durch die Luft sehr trocken geworden, heiss, dunkelroth und schmerzhaft ist, muss sie mit lauwarmen, schleimigen Flüssigkeiten oft wiederholt befeuchtet, oder mit mildem Oel oder Fett bestrichen werden; ist sie aber dunkelroth und kalt, so befeuchtet man sie mit lauwarmen aromatischen Flüssigkeiten. Die Anwendung dieser Mittel darf aber stets nur kurze Zeit geschehen, etwa so lange, bis der Uterus etwas mehr weich und zur weitem manuellen Behandlung mehr geeignet ist, oder bis die Nachgeburt vollständig entfernt und bestehende Wunden geheftet sind; — die Zurückbringung des Uterus in das Becken darf dadurch nicht aufgehalten werden, denn immer ist es am besten, dieselbe möglichst bald zu bewirken. Bestehen Wunden, so werden die durch ihre OelTnungen etwa hervorgetretenen Darmtheile zurückgebracht und die Ränder mittelst der Knopf-naht vereinigt, uöthigenfalls vorher mit der Sclieere hierzu geebnet. Ist die Gebärmutter in hohem Grade angeschwollen und mit Blut in-filtrirt, so kann man Einschnitte bis zur Hälfte der Dicke der Wände machen und dieselben stark ausbluten lassen. Bei allen diesen Verrichtungen und für die AusRibrung der Reposition ist es nöthig, 1) dass die Thiere mit dem Hintertheil höher stehen oder liegen, als mit dem Vordertheil, und 2) dass man den Uterus durch Gehilfen in horizontaler, am hintern Ende selbst noch mehr erhöhter Lage halten lässt. Für den ersten Zweck muss der Fussbodeu durch Stroh und Bretter angemessen (bei grossen Thieren bis gegen li- Fuss) erhöht werden, und für den andern Zweck lässt man am besten den Uterus von 2 hinter dem Thiere stehenden Gehilfen auf einem Tuch, einer Schürze, Alulde, Schwinge u. dgl. hallen.
Die Zurückbringung bewirkt man, indem man mit der flachen Hand (bei kleinen Thieren mit ein Paar zusainmcngclegten Fingerspitzen) an das äusserste Ende der vorgefallenen Theile, — bei grossen Thieren zuerst an das Ende des grössern Miilterhorns, das ist dasjenige, in welchem der Foetus enthalten war, einen solchen Druck nach dem Becken zu anwendet, dass man nach und nach die Körner und den Grund der Gebärmutter in sich selbst umstülpt und in das
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') Recueil de nied. veterin. 1832, p. 5it9.
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606nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorfall der Gebarmutter. Behandlung.
Becken und bis in die Bauchhöhle drängt, so weit, als die Theile reichen und dein gelinden Druck nachgeben; drängt das Thier hierbei stark entgegen, so hält man inne, bis es wieder ruhig geworden; ist man erst mit der Hand bis über den Beckeneingang gekommen, so kann man sie ziisaimnenballen und dann leichter vorwärts gelangen. Man muss aber sehr genau darauf sehen, dass die Zurückbrin-gung vollständig, besonders in den Hörnern, geschehe, damit nicht theilweise Einschiebungen l'oi-tbestchen; denn diese können schleichende Entzündung, chronische Schleimfliisse und den Tod herbeiführen. ') — [Jm die Zurückerhaltung zu bewirken, haben ältere und neuere Thierärzte verschiedene IliUsmiltcl vorgeschlagen, wie z. B. VVilburg 2) das Einbringen einer Ochsenblasc, welche, nachdem sie mit Luft aufgeblasen und zugebunden worden ist, 8—12 Tage liegen bleiben soll; — ferner verschiedene Pessarien (iVlutterzapfen, Mutter-kräuze) von Hurtrcl d'Ar boval 3), Leblanc *) u. A. — Eleouet 5) verfertigte ein Pessarium auf der Stelle aus einer Glasflasche und einem in dieselbe gesenkten Stock, welche er mit Leinwand mehrfach umwickelte, letzlere mit Schleim tränkte und dann das mit dem dicken Theil zuerst in die Scheide gebrachte Instrument äusserlich mittelst Stricke an den Leib befestigte. Diese Mittel sämmtlich sind aber nicht allein unzureichend, sondern auch schädlich, indem sie Heizung, hierdurch helliges Drängen, Erneuerung des Vorfalls, Ein-kleinmnng der (Jebärmntter zwischen das Instrument, oder selbst Zer-reissung derselben herbeiführen; sie sind aber auch in den meisten Fällen unuötliig, und man bewirkt die Zurückerhaltung am besten mit der blossen lland, welche man für diesen Zweck, so wie bei der Zurückbringung, noch durch etwa {- — i Stunde in dem Uterus hält; man fühlt damit, so oft das Thier von Neuem drängt, und giebt dabei demselben ein wenig nach, so dass keine Verletzungen entstehen können. Nach dieser Zeit ist es in der Regel genügend, bloss äusserlich mittelst der Hände einen Schwamm während einiger Stunden gelinde auf die Schaamlefzen und die Scheide zu drücken, oder auch den Luudscheu Trachtcnzwiuger (S. 601), oder das Strickgitter, oder die bei dein Schcidenvorlall augegebene Strickbandage anzuwenden. Im Notlifall hat man auch das Heften (Kiugcln) der Schaamlefzen mit Nutzen angewendet (S. G02). Immer ist es zweckmässig, den grossen Thieren durch einen Sand- oder Erdsack den Hucken zu belasten und sie ausserdcin fortwährend mit dem Hinlertheil hochgestellt oder hochliegend zu erhalten.
Im üebrigen wendet mau innerlich und örtlich solche Arzneimittel au, welche dem Zustande entsprechen, namentlich bei entzündlicher Reizung kühlende Salze, bei nervöser Aufregung zugleich nar-
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') Einen derartigen Fall hat Dressler im Magaz. f. Thierheilk. Bd. XI. 234 mitgetlieilt. 2) Anleitung z. Erkennlniss u. Heilung des Rindviehs. Nürnberg 1774. J) Wörterhuch, deutsch v. Renner. Bd. III. Atk. Miillerzapfen, S. 212. ') Atlas veterin. Paris 1828. 5) Rccueil de med. veterin. 1841. p. 675.
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Vorfall der Gebärmutter. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;607
kotische Mittel, einen Aderläss und övtlich Einspritzungen von schleimigen, später von adstringircnden Mitteln. Diese Einspritzungen dürfen jedoch nur in kleineu Quantitäten geschehen, so dass die Thiere nicht durch sie belästigt und zu neuem Drängen gereizt werden; es ist deshalb in denjenigen Fällen, wo die (Gebärmutter nicht entartet, oder nicht stark entzündet gewesen, am besten, sie ganz wegzulassen. Dagegen sind in den ersten 3 — 6 Tagen Klystiere von schleimigen Mitteln in allen Fällen nützlich, um bei der Kothausleerung das Drängen zu vermeiden.
Wenn die vorgefallene Gebärmutter in einem solchen hohen Grade verletzt, oder durch Brand oder Verdickung entartet ist, dass sie nicht in die Becken- und Bauchhöhle zurückgebracht werden kann, und wenn der Eigcnthümcr dennoch wünscht, dass das Aeusserste zur Erhaltung des Thiers geschehen soll, so muss sie, wie bei der Prognosis angedeutet, amputirt werden. Dies geschieht durch die einfache Ligatur oder durch das Abnähen, entweder am stehenden oder am liegenden Thiere, und im erstem Falle, nachdem dasselbe gehörig gespannt, gebremst und festgehalten ist. Man reinigt zuerst das kranke Organ und untersucht dasselbe sorglältig darüber, ob es in seiner Höhle ganz leer ist, oder ob es Eingeweide enthält. Im letztern Falle lässt man den Uterus an seinem hintern Ende durch Gehilfen recht hoch heben und streift zugleich mit deii Fingern von verschiedenen Seiten an ihm in der Hichtung nach dem Becken hin, bis man das Organ sicher für ganz leer halten kann. Sollte man diese Sicherheit durch das Gefühl von aussen her bei zu grosser Verdickung der Wände des Uterus nicht erlangen, so kann man seine obere Wand an ihrem hintern Ende bis in die Höhle vorsichtig durchschneiden, die Oelfnung auf den Fingern genügend erweitern und dann die Untersuchung, und nöthigenfalls die ZnNickbringung der Eingeweide, mit der Hand in der Höhle des Uterus und in die Bauchhöhle bewirken. Nach dieser Vorbereitung wählt man als Operationsstelle, — wenn die Verletzung oder die Degeneration es gestattet, — das vorderste (jetzt, im vorgefallenen Zustande, hinterste) Ende der Scheide in der Nähe des Mutterhalscs, um die Harnblase zu schonen, — legt hier bei Schweinen, Schafen und Hunden einen gewachsten Bindfaden von circa 1 Linie Dicke in Form einer Schlinge so fest an, dass die zwischen ihr liegende Masse durch den Druck ertödtet wird. Bei Pferden und Rindern ist ein solches Abbinden durch eine einzige Ligatur nicht mit einer gleichmässigen Wirkung an allen Punkten verbunden, weil die Theile zu dick sind. Doch haben Binz (Geburtshülfe für die Haussäugethiere, Freiburg, 1830, S. 253) u. A. die Operation auch auf diese Weise ausgeführt. Man nimmt aber hier ein wenigstens gegen li Ellen langes und l^ bis 2 Linien dickes, gut gewachstes, rundes Band zur Bildung der Schleife und verfährt, wie oben gelehrt worden ist. Serr es modifizirte die Unterbindung auf die Weise, dass er die obere Wand des Uterus vor dem Munde desselben der Länge nach durchschnitt, eine feste Rolle in denselben brachte und auf dieser die Ligatur äusserlich vollführte. Acht Tage später wurde der abgebundene Theil abgeschnitten. Es ist nicht gut einzusehen, was das Einbringen der Bolle nützen sollte?
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608nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Vorfall der Harnblase.
— es muss vielmehr als schädlich erkannt werden, da durch den fremden Körper die, bei der einfachen Unterbindung erfolgende gegenseitige Berührung und Verwachsung der Wände des Uterus an der Uuterbindungsstellc gehindert wird. Zweckmässiger ist es dagegen nach Cartwrigt'), den Uterus an der Unterbindungsstelle platt auszubreiten und dann an 2 — 3 Stellen Heltbänder einzuziehen und so mehrere einzelne Ligaturen zu bilden; denn dieselben wirken durch die geringere, zwischen ihnen liegende l\1asse vollständiger und gleichmässiger hindurch, und der Zweck wird sicherer erreicht. Nach dem Anlegen einer solchen Naht oder der Ligatur schneidet man uusserhalb derselben, etwa li Zoll von derselben entfernt, den entarteten Uterus quer ab und schiebt dann den Rest nebst der Scheide in das Becken zurück. Es tritt hiernach an der Ligaturstelle an der inuern Fläche des Uterus adhaesive Entzündung und Verwachsung ein, während äusseillch die abgestorbenen Ränder, unter Erscheinung von Eiterung und Verjauchung, nach 8—14 Tagen abgestossen werden. Während dieser Zeit macht man Injectionen von aromatischen, selbst von adstringirenden IMitteln in die Scheide und belordert den Urinabgang nöthigenfalls, bei grosser Anschwellung der Theile, durch den Katheter, die Kothentleerung durch Klystiere.
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Sechstes Cagiitel.
Vorfall der Harnblase (Prolapsus vesicae urinariae).
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Vorfälle der Harnblase entstehen bei weiblichen Thieren in zweifacher Weise, nämlich 1) dadurch, dass bei gebärenden Thieren die untere Wand der Scheide über der Blase durchtrennt wird und dann die letztere durch die entstandene OelTnung hervordringt; oder 2) durch eine Umstülpung der Blase durch die kurze und weite lEarnröhre. Im erstem Falle sieht und fühlt mau an der Scheide, oder auch bis zu den Schaamlcfzen hervorgedrängt, eine weissliche oder blassröth-liche, lluctuirende Geschwulst, welche sich, je nach der Anfiiliung oder der oben geschehenen Entleerung der Blase, in verschiedenen Zeiten bald grosser, bald kleiner zeigt; durch Druck auf sie kann man eine Urineutleerung hervorbringen und hierdurch die sichere Diagnosis erlangen. Ausserdem sieht man auch in der Regel die Ränder der Verletzung in der Scheide. — Bei der Umstülpung der Blase findet sich an der unleru Wand der Scheide und bis in die Schaamlcfzen hineingedrängt eine weiche, häutige Geschwulst, welche zuerst blass ist, später aber dunkler geröthet wird und mit einem rundlichen Stiel in die Scheide übergeht; die Geschwulst ist zuerst ganz weich, später wird sie mehr elastisch durch Anhäufung des Urins in den llarnleitern. Die Mündung der letztern findet man bei genauer Un-
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quot;) The Velcrinarian. Vol. XVIII. p. 33.
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Vorfall der Harnblase. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 609
tersuchuiig als zwei längliche, mit etwas verdickten Rändern der Schleimhaut umgebene Oefihungen, und wenn man die kleinen Hautfalten an den Räudern mit einer Sonde oder mit der Pinzette ein wenig erhebt, so fliesst der Urin in grosser Menge aus, oder er wird auch bei Bewegungen des Thiers weit fortgespritzt. Bei längerer Dauer dieses Vorfalls schrumpft die Schleimhaut der Blase an einzelnen Stellen allmälig mehr zusammen, wird dicker und selbst ulce-rös, ja mitunter sterben Stücke von ihr brandig ab und gehen ver-loreu.
#9632; Die Veranlassung zu dem Entstehen des Vorfalls in ersterer Art geben Verletzungen, besonders bei der Geburt durch das Eindringen der Klauen in die untere Wand der Scheide, das Abgleiten der Geburtshaken u. s. w.; die Vorfälle der zweiten Art entstehen gewöhnlich durch heftiges Drängen bei dem Geburtsakt, bei starker Aufblähung, bei Koliken u. s. w.
Die Prognosis ist in so fern günstig zu machen, als gefahrliche Zufalle und Folgen in den bisherigen Fällen nicht beobachtet worden sind, selbst da nicht, wo ein Theil der Blasenschleimhaut durch Brand oder mechanische Verletzung verloren gegangen war. Die Heilung ist in den Fällen, wo die Blase noch nicht degenerirt ist, vollständig zu bewirken, in den letzteren Fällen aber ist in der Regel nichts Gründliches gegen das Uebel zu thun.
Die Behandlung. Bei den Vorfällen der Blase durch einen Riss der Scheide bewirkt man zuerst durch gelindes Drücken mit der Hand die Entleerung der Blase oder wenn sie auf diese Weise nicht gelingt, macht man die Punction derselben mittelst des Troikars, bringt sie dann durch entsprechende Manipulation durch den Riss zurück in die Beckenhöhle untl heftet hiernach die Ränder der letztern mit einigen Heften der Knopfnaht zusammen. Dies muss mit der Vorsicht geschehen, dass nicht Theile unter der Wand der Scheide mit in die Hefte gelangen. Man stellt oder legt deshalb die Thiere mit dem Hintertheil bedeutend höher als mit dem Vordertheil und lässt sie stark bremsen, damit sie die Eingeweide nicht in die Beckenhöhle drängen. — Bei der Umstülpung der Harnblase reinigt man dieselbe mit lauwarmem Wasser, entleert durch Aufheben der die Mündung des Harnleiters bedeckenden Falte der Schleimhaut den in dem letztern angesammelten Urin, oder wenn man die Mündung nicht findet, so macht man einen Einstich mit dem Troikar in die am meisten her-vörgedrängte und fluetuirende Parthie der Schleimhaut und entleert den Harn auf diese Weise. Hierauf drückt man zuerst mit den Fingerspitzen, und wenn diese weiterhin nicht ausreichen, mittelst eines mit Leinwand umwickelten glatten Stäbchens den Grund der Blase in dieselbe und in die Harnröhre u. s. w. in der Richtung zu dem untern Räume der Beckenhöhle und bewirkt auf diese Weise durch allmäliges Nachstopfen der Ränder der Blase die völlige Zurückbringung derselben. Hiernach sind schleimige Injectionen in die Scheide, Beförderung des Kothabganges durch gegebene Abfuhrungsmittel und Klystiere, ein ruhiges Verhalten der Thiere und magere Diät in Anwendung zu bringen.
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Achte Classe.
Brüche (Hernia e).
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Erster Abschnitt.
Brüche im Allgemeinen.
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Ein Bruch (Hernia, Cele) besteht, -wenn Eingeweide aus ihrer Höhle durch Oeffnungen in den Wänden der letzteren so hervortreten, dass sie noch mit der Haut umkleidet sind. Durch diesen letzteren Umstand unterscheiden sich die Brüche wesentlich von den Vorfällen.
Zur Darstellung eines Bruches gehört somit 1) eine Oeffnung in den fleischigen, sehnigen oder knochigen Wänden einer Höhle; 2) das Hervortreten eines Organs, und 3) die Umkleidung desselben mit einer einfachen oder mehrfachen Schicht von Haut. Jene Oeffnung heisst die Bruchöffnung, die Bruchpforte oder der Bruchring. Dieselbe ist entweder eine von Natur vorhandene, aber abnorm erweiterte Oeffnung, wie z. B. der Nabel- und der Bauchring, oder es ist eine regelwidrig entstandene Oeffnung, z. B. bei Zerreis-sung der Bauchmuskeln. — Das hervorgetretene Eingeweide bildet eine Ausdehnung der Haut und hierdurch äusserlich eine Geschwulst (die Bruchgeschwulst), unter der Haut aber eine Höhle, die Bruchhöhle. — Die Umkleidung des Eingeweides heisst der Bruchsack. Dieser besteht entweder aus der aussein Haut allein, oder bei Bauchbrüchen oft zugleich aus dem Bauchfell, welches letztere aber häufig mit den Muskeln zerreisst und dann nur zum Theil oder gar nicht vorhanden ist. Man bezeichnet nach diesen Verschiedenheiten den Bruchsack als doppelten und einfachen oder auch als in-nern und äussern. Die sogenannten Zwerchfells-und innern Bauch-fellsbrüche haben keinen Bruchsack.
Brüche können an allen Körperhöhlen entstehen, sind jedoch bei den Thiercn am Schädel, als sogenannte Hirnbrüche, und an der
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Brüche im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;611
Brust, als sogenannte Lungenbriiche, so ausseist selten, dass diese Brüche kaum eine besondere Erwähnung verdienen. Es soll daher auch hier nur von den Bauchbrüchen gehandelt werden.
Die Bauchbrüche erscheinen in den einzelnen Fällen sehr verschieden, so dass man sie auch verschieden benennt, und zwar:
I.nbsp; nbsp; Nach dem Orte, an welchem sie entstehen A. in äussere, welche äusserlich wahrnehmbar sind und im ganzen Umfange des Bauches entstehen, und B. in innere, welche nur am Zwerchfelle durch Spalten und Löcher desselben, und am Saamenstrange bei Ochsen vorkommen und äusserlich wenig oder gar nicht bemerkbar sind. Die äusseren sind wiederum:
a)nbsp; Nabelbrüche, wenn die Eingeweide durch den Nabelring,
b)nbsp; Leistenbrüche, wenn sie durch den Leistenring,
c)nbsp; Schenkelbrüche, wenn sie unter dem Poupartscheu oder dem Schenkelbande heraustreten,
d)nbsp; Flankeubrüche, welche in der Flankengegend, und
e)nbsp; Bauchbrüche, welche aussei- den genannten Theilcn im ganzen übrigen Umfange des Bauches entstehen.
II.nbsp; nbsp; Nach den Theilen, welche durch die Bruchöffnung hervorgetreten sind, nennt man sie:
a)nbsp; Darmbrüche, wenn ein Theil des Darmkanals,
b)nbsp; Netzbrüche, wenn ein Stück Netz,
c)nbsp; Netz-Darmbrüche, wenn beide Theile zugleich,
d)nbsp; Magen-, e) Leber-, f) Gebärmutter-, g) Blasenbrüche, wenn diese Theile aus ihren Höhlen herausgetreten sind.
III.nbsp; nbsp; Nach der Zeit und der Art ihres Entstehens unterscheidet man sie:
a)nbsp; in angeborne Brüche (II. congenitae), wenn die Eingeweide durch eine bei der ursprünglichen Bildung offen gebliebene Spalte treten und die Brüche dann gewöhnlich schon seit der Geburt vorhanden sind, und
b)nbsp; in erworbene Brüche (II. acquisitae), wenn sie erst in späterer Zeit entstanden sind. Diese sind entweder laquo;) noch im frischen oder ß) schon im veralteten Zustande.
IV.nbsp; nbsp; Nach ihrer Beschalfeuheit und den mit ihnen verbundenen Zufallen sind die Bauchbrüche:
a)nbsp; beweglich, frei, d. h. die in der Bruchgeschwulst liegenden Eingeweide sind durch Druck und andere Einflüsse in die Höhle zurückzubringen, oder sie sind
b)nbsp; unbeweglich, wenn das Zurückbringen nicht möglich ist und wovon die Ursache entweder 1) in Verwachsung der Eingeweide unter einander oder mit den umgebenden Theilen, namentlich mit der Innern Fläche des Bruchsackes, — oder 2) in
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') Die sogenannten Zwerchfellsbrüche, bei welchen Baucheingeweide durch eine bei Verwundung (Seite 421) oder Zerreissung entstandene OeiTnung des Zwerchfells in die Brusthöhle treten, werden hier übergangen, weil sie gewöhnlich während des Lebens der damit behafteten Thiere nicht zu erkennen und auch niemals Gegenstand der thierärztlichcn Behandlnng sind.
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612nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Brüche im Allgemeinen.
der sogenannten Einklemmung der ausgetretenen Theile — oder 3) in anderen Missverhältnissen und Veränderungen der in dem Bruch befindlichen Theile liegen kann.
V. In wahre und falsche Brüche. Die ersteren sind in den eben hier in Rede stehenden Verlagerungen der Eingeweide, die letzteren aber in krankhaften Zuständen der Hoden, des Saamenstranges und seiner Häute begründet, wie namentlich der sogenannte Wasserbruch (Hydrocele) in einer Anhäufung von Serum in den Schleimhäuten, — der Blutbruch (Haematocele) in einer Ansammlung von Blut daselbst, — der Fleischbruch (Sarcocele) in einer Vergrösse-rung und Verhärtung der Hoden, und •— der Krampfaderbruch (Cirsocele) in einer varicösen Ausdehnung der Blutgefässe des Saamenstranges. Diese Krankheitszustände haben blos zum Theil das äussere Ansehen einer Bruchgeschwulst, aber keinesweges die we sentliche Beschaffenheit eines Bruches und die Unterscheidung in wahre und falsche Brüche ist daher eine unpassende.
Die Terschiedenen Brüche können bei unsern sämmtlichen Haus-thieren vorkommen, man findet jedoch in der Häufigkeit des Vorkommens der einen oder der anderen Art der Brüche bei den verschiedenen Thiercn einige Unterschiede. So leiden z. B. Pferde, Esel und Maulthicre, das Rind, der Hund, die Katze und das Schwein im Allgemeinen ziemlich häufig an Brüchen, Schaafe und Ziegen aber höchst selten. Der Nabelbruch kommt bei jungen Thieren von jeder #9632;Gattung, namentlich aber bei Pferden, Rindvieh, Hunden und Katzen ziemlich häußg vor, bei anderen Thieren aber selten; Leistenbrüche und Hodensackbrüche finden sich am häufigsten bei Pferden, seltener bei Schweinen und Hunden, und sehr selten bei anderen Thieren; Schenkelbrüche hat man bei Pferden, Eseln und männlichen Hunden, aber fast gar nicht bei anderen Thieren beobachtet; Netzbrüche entstehen bei Pferden wegen der eigenthümlichen Kürze des Netzes seltener als Darmbrüche, sie sind aber nicht, wie man früher annahm, unmöglich, wie dies die Erfahrung gezeigt hat.
Die Ursachen der Brüche sind: 1) Schwäche und Erschlaffung in den Bauchwänden, 2) eine abnorm zu grosse Oeffnung des Bauchringes oder des Nabelringes in ursprünglicher Bildung, 3) alle Einflüsse, durch welche mechanische Verletzungen der Bauchmuskeln, namentlich Zerreissungen derselben, entstehen, ohne dass die Haut dabei durchgehend mit verletzt wird, und 4) jede Einwirkung, durch welche die Eingeweide in grosser Gewalt zu der Peripherie des Leibes und namentlich zu den natürlichen Oeffnungen hingedrängt werden, z. B. heftige Anstrengungen beim Ziehen schwerer Lasten, eben so beim Gehen in schwerem, zähem Lehmboden, bei dem Springen über Gräben und Zäune, bei dem Gebären, bei heftigen Koliken, eben so starkes Aufblähen u. dgl.
Durch diese Ursachen entstehen die Brüche entweder langsam oder plötzlich, gleich nach der Einwirkung derselben. Im ersteren Falle dehnen sich die Bauchmuskeln im Umfange des Nabelringes oder des Bauchringes allmälig mehr aus, in Folge dessen geben die Ränder der Oeffnungen mehr und mehr nach, erweitern sich und es bedarf dann nur einer massigen Anstrengung, um die Eingeweide
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Brüche im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 613
durch die Oeffnungen hervorzutreiben. In dem anderen Falle aber wird durch die veranlassende Ursache entweder die Ausdehnung jener Oellhungen plötzlich bis zu einem solchen Grade herbeigelührt, dass die nächstliegenden Eingeweide durch dieselben hervordringen können, oder es wird auch an der von der Gewaltthätigkeit betroffenen Stelle eine Zerreissung der Bauchmuskeln erzeugt und die Eingeweide dringen dann in demselben JMoment durch die entstandene Oeffuung hervor. Bei den angebornen Brüchen ist immer eine mau-gelhaile Bildungsthätigkeit die Ursache davon, dass die genannten Oeffnungen in den Bauchwänden entweder zu gross gebildet werden, oder es bleibt die in der Mittellinie des Leibes in den früheren Perioden des Foetus bestehende Spalte auf dieser frühern Entwicke-lungsstufe stehen und die Nabelölfnung wird dadurch zu gross.
Die Diagnosis bei den Brüchen muss nicht allein auf das Vorhandensein eines Bruches, sondern auch auf die Art und Beschaffenheit desselben gerichtet sein.
A. Das Bestehen eines Bruchs giebt sich im Allgemeinen durch folgende Erscheinungen kund: 1) Man findet eine Geschwulst, welche mehr oder weniger schnell entstanden und bis zu einer gewissen Grosse ausgebildet ist; die letztere ist in den einzelnen Fällen sehr verschieden, von dem Umfange einer Haselnuss bis zum Umfange eines Menschenkopfes und darüber. Die Geschwulst ist in den meisten Fällen im Anfange klein, sie vergrössert sich aber gewöhnlich in kurzer Zeit,, theils durch die eigene Schwere der Eingeweide, theils durch die wurmförmige Bewegung derselben und hauptsächlich durch die Zusammenziehung der Bauchmuskeln bei schnellem Laufen, bei den Anstrengungen zur Kotheutleerung u. s. w. Die Geschwulst ist elastisch oder auch teigartig anzufühlen, dabei unschmerzhaft und die Haut in der Kegel ohne Symptome der Entzündung; sie ist ferner bei verschiedenen Einwirkungen in ihrer Grosse und in dem Grade ihrer Spannung veränderlich, namentlich vergrössert sie sich nach reichlichem Futtergenuss und nach Anstrengung, mehrentheils auch im aufgerichteten Zustande des Thieres; sie verkleinert sich dagegen, wenn das Thier ruhig steht, oder wenn es liegt und wenn es durch einige Zeit ohne Nahrung geblieben ist, und durch Druck mit den Händen kann man den Inhalt der Geschwulst in die Bauchhöhle schieben und dadurch die Geschwulst ganz oder doch grösstentheils zum Verschwinden bringen, besonders dann, wenn die Thiere so niedergelegt werden, dass die Seite des Leibes, an welcher der Bruch besteht, der obere wird. Bei Brüchen, in denen sich Därme befinden, hört man von Zeit zu Zeit ganz deutlich ein durch die wurmförmige Bewegung erzeugtes knurrendes oder kluckerndes Geräusch von dem Inhalt der Därme. 2) Fühlt man nach der Zurückbringung der in der Bruchgeschwulst befindlichen Theile unter der Haut die Bruchöffnung. Dieselbe ist bei Nabelbrüchen und Leistenbrüchen rundlich, in den meisten anderen Fällen aber länglich oder uuregelmässig; ihre Grosse ist in den einzelnen Fällen sehr abweichend, von circa ^ Zoll bis 8 Zoll und mehr im Durchmesser; die Ränder dieser Oeffnung sind bald mehr glatt (wie namentlich bei Nabel- und Leistenbrüchen), bald
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uneben und winkelig (wie bei den durch Zerreissung entstandenen Bauchbrüchen).
B.nbsp; nbsp; Die Erkennung der besonderen Art der Brüche ist zum Theil durch den Ort, an welchem man dieselben findet, theils aber durch die wahrnehmbaren Eigenthümlichkeiten derselben bedingt. In erste-rer Hinsicht muss hier auf die speciellen Brüche hingewiesen werden, in letzterer Hinsicht ist nur noch im Allgemeinen zu bemerken, dass Darmbrüche sich durch eine elastische Bruchgeschwulst charak-terisiren, in welcher man, wie bereits angedeutet, eigenthümliche Geräusche von der Fortbewegung der in den Därmen enthaltenen Gase oder Flüssigkeiten hören kann und dass Netzbrüche sich durch das teigartige Gefühl auszeichnen, welches man beim Drücken auf die Bruchgeschwulst wahrnimmt. Wenn audere Organe in der Bruchgeschwulst liegen, so besteht häufig eine Störung der Functionen dieser Organe und mau kann dann auf das Leiden derselben schliessen.
C.nbsp; nbsp; Hinsichtlich der oben sub IV. angedeuteten verschiedenen Beschaffenheit der Brüche ist die Diagnosis darüber: ob ein Bruch beweglich oder unbeweglich ist? fast immer leicht zu erlangen. Oft kann man schon aus der wahrgenommenen wechselnden Grosse der Bruchgeschwulst auf die Beweglichkeit des Bruchs schliessen, man darf aber deshalb keineswegs solche Brüche, welche bisher in gleich-massiger Grosse verblieben, für unbeweglich halten. Die Sicherheit hierüber erlangt man nur durch eine vorsichtige Untersuchung des Thieres, besonders nachdem es 12 bis 24 Stunden gefastet hat und so niedergelegt worden ist, dass die Bruchstelle den höchsten Punkt des Körpers bildet; man versucht nun durch Erheben, Verschieben uud gelindes Drücken mit den Händen auf die Bruchgeschwulst in der Richtung zu der Bruchölfnung, oder bei den grossen Thieren durch Eingehen mit der beölten II a ml in den Mastdarm, Ergreifen uud Zurückziehen der Eingeweide von der Bruchstelle den Bruchsack zu entleeren, und man -wird dann, je nachdem dies vollständig, unvollständig oder gar nicht gelingt, den beweglichen oder unbeweglichen Zustand hieraus erkennen. Schwerer ist es zuweilen, bei dem letztern den besondern pathologischen Grund sogleich zu erkennen; doch gelingt auch dies bei gründlicher Untersuchung und Beachtung der besondern Zufälle.
Verwachsung der Eingeweide mit einander oder mit der innern Fläche des Bruchsackes ist anzunehmen, wenn die Zurückbringung der Eingeweide unmöglich ist und bei wiederholten Untersuchungen im Verlaufe mehrerer Tage sich dies gleichmässig so verhält, dabei aber keine anderweitige Störungen, namentlich die sogleich anzugebenden Symptome der Einklemmung nicht vorhanden, auch örtlich keine Verdickungen in dem Bruchsacke wahrzunehmen sind.
Vergrösserung und Verdickung der den Bruch bildenden Eingeweide im Bruchsacke ist immer durch die Anschwellung und grös-sere Derbheit der Theile im Bruchsacke deutlich zu fühlen und es sind dabei in der Regel ebenfalls die Symptome der Einklemmung nicht vorhanden.
Die Einklemmung (Incarceratio) besteht in einer durch verschiedene Ursachen erzeugten Pressung der Eingeweide durch die
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Brüche im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;615
Räuder des Bruchriuges, so dass im Wesentlichen ein gegenseitiges Missvei-hältniss in der Dicke der hervorgetretenen Theile und in der Enge des Bruchringes vorhanden ist. Es entsteht hierdurch an der betrolTenen Stelle der Eingeweide Reizung, Störung der Circulation, Entzündung, gewöhnlich in sehr kurzer Zeit der Brand; ehe der letztere sich vollständig ausbildet, tritt auch, wenigstens stellenwcis, seröse und plastische Ausschwitzung und Irische Verwachsung als Folge der Entzündung ein, und in einzelnen Fällen, die aber im Ganzen sehr selten sind, bildet sich Eiter. Bei diesem Zustande benehmen die Thiere sich unruhig, ähnlich wie bei Kolik oder Darmentzündung; sie sehen sich oft nach dem Leibe um, #9632;wedeln mit dem Schweife, kratzen mit den Füssen auf dem Fussboden, werfen sich nieder, wälzen sich, legen sich auf den Rücken und ziehen die Füssc an den Leib, sie springen dann plötzlich wieder auf und wiederholen dies Benehmen abwechselnd gewöhnlich bis zum Eintritt des Brandes oder bis zur erfolgten Lösung der Einschnürung; manche Pferde setzen sich dabei auch auf den Hintern, wie es sitzende Hunde zu thun pflegen. Im Verlaufe der Zeit tritt zu diesen Zufallen noch dunklere Röthang und Trockenheit der Schleimhäute, kleiner, harter, drahtförmiger und beschleunigter Puls, kurzes und beschleunigtes Ath-men, ungleiche Temperatur, partieller Schweiss, öfteres, aber mehren-theils fruchtloses Drängen zur Kothentleerung, •wobei in der ersten Zeit nur noch einzelne kleine, zuweilen mit zähem Schleim umhüllte Kothballen entleert werden; bei Thieren, welche sich erbrechen können, findet sich auch dieses von Zeit zu Zeit wiederholt ein. Bei der örtlichen Untersuchung findet man die Bruchgeschwulst mehr ge- , spannt, vermehrt warm und oft auch schmerzhaft; sie ist unbeweglich, sowohl bei den Versuchen sie von aussen, wie auch durch den Mastdarm zurückzubringen.
Das räumliche Missverhältniss bei der Einklemmung (und diese selbst ist entweder durch umgebende Theile (die Bauchmuskeln und den Bruchsack) oder durch die hervorgetrenen Eingeweide herbeigeführt. In ersterer Hinsicht kann Krampf oder Entzündung und allmä-lige Verdickung der Ränder des Bruchringes die specielle Veranlassung sein und in Beziehung auf die vorgefallenen Theile kann a) das gewaltsame Hervorpressen einer zu grossen Masse derselben, und b) die Anfüllung der Gedärme im Bruchsack mit Koth, oder c) mit Gasen oder d) Entzündung der vorgetretenen Theile die Ursache der Einklemmung abgeben. Man nimmt hiernach verschiedene Arten der Einklemmung an, und zwar; 1) die acute oder entzündliche, 2) die krampfhafte, 3) die durch Koth, 4) die durch Luft erzeugte, und 5) die in organischen Veränderungen begründete. Die Unlerschei-dung und Erkennung dieser verschiedenen Einklemmungen ist während des lebenden Zustandes der Thiere oft sehr schwer. Bei der entzündlichen sind die Erscheinungen, wie oben angedeutet, in einer gewissen Heftigkeit gleichmässig andauernd und man findet an den im Bruchsack befindlichen Theilen keine starke Aufblähung und keine Vergrösserung oder Verdickung, wohl aber Hitze und Schmerz. — Bei der krampfhaften sind die Zufalle gelinder und mit zeitweiligen ruhigen Perioden unterbrochen; der Puls ist dabei mehr weich, we-
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uig oder gar iiichl beschleunigt, die Schleimhäute sind mehr blass und die Bauchmuskelu sehr gespannt. — Bei der durch Kothanhäufung bedingten Einklemmung findet mau die Gedärme in dem Bruchsack durch breiartige Kothmassen stark aufgetrieben und die Zufälle in der ersten Zeit ähnlich, wie bei der Krampfeinklemmung. — Bei der durch Gase erzeugten Einklcmmung sind die Därme im Bruchsack elastisch aufgetrieben, der Bauch im Ganzen gewöhnlich eben so und die Thiere benehmen sich zuerst ähnlich, wie bei der Krampfeinklemmung. Wo organische Veränderungen als Ursache bestehen, entwickeln sich die Einklcmmung und die sie begleiteuden Zufälle im langsamen \ erlaufe bis zu einem massig hohen Grade und man fühlt in dem Bruchsacke, namentlich iu der Umgebung des Bauch-riuges dicke uud derbe Massen. Die vier letzten Arten der Einklemmung bleiben in ihrer Eigenthiimlichkeit nicht lange bestehen, sondern es finden sich sehr bald die Symptome der entzündlichen Einklemmung hinzu.
Beurtheiluug. Im Allgemeinen sind die Brüche sehr bedeutende Krankheitszustände, welche nach ihren verschiedenen oben angedeuteten Verhältnissen, entweder das Wohlbefinden und den freien Dienstgebrauch der Thiere bald mehr bald weniger stören oder selbst das Leben gefährden. Bei der Prognosis müssen daher die angedeuteten Verschiedenheiten und die besonderen Verhältnisse eines jeden einzelnen Falles wohl erwogen werden, im Allgemeinen ist jedoch zu bemerken: dass alle Brüche, wenn sie auch nicht für den Augenblick gefährliche Zufalle erregen, doch bei längerer Dauer sich leicht vergrössern und einklemmen können, dass die im Bruchsack enthaltenen Theile leicht entzündet und dadurch in günstigen Fällen zur Verwachsung unter einander oder mit dem Bruchsacke gebracht und in Folge dessen unbeweglich und schwerer heilbar werden; allein andererseits wird durch den Verwachsungsprozess auch gewöhnlich die weitere Vergrösserung beschränkt und das Eintreten übler Zufalle, namentlich der Einklemmung. verhütet. Die letztere kann der Erfahrung zufolge bei allen Brüchen ohne Unterschied eintreten und das Leben des Thieres durch Brand iu wirkliche Gefahr- versetzen; sie ist daher der gefährlichste Zufall bei den Brüchen und es ist stets eine unsichere oder selbst eine schlechte Prognosis auszusprechen, wo sie besteht. Jedoch sind auch hier die einzelnen Fälle wieder noch von verschiedener Bedeutung; eine frisch entstandene Einklemmung kann in den meisten Fällen durch eine zweckmässige Hülfe beseitigt und das Thier gerettet werden; dagegen ist die Gefahr immer sehr gross und die Rettung des Thiers ist selbst durch Kunsthülfe gewöhnlich nicht mehr möglich, wenn die Einklemmung 8 bis 12 Stunden gedauert hat, und -wenn bereits kleiner, kaum fühlbarer und sehr beschleunigter Puls, ungleiche Temperatur und kalter Schweiss eingetreten sind, oder wenn das Thier unter diesen Erscheinungen und nach vorausgegangener grosser Unruhe plötzlich ruhig geworden ist. Der Tod erfolgt gewöhnlich nach einer 20- bis 30stündigen Dauer der Einklemmung. In den seltenen Fällen, wo mit dem Eingeweide im Bruch zugleich die Haut brandig wird und in Folge dessen baldige Ausleerung der Brandjauche nach aussen
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stattfindet, und ebenso wo ein Abscess entstanden ist, bildet sich zuweilen ein künstlicher After (S. 434). — Frisch entstandene Brüche und besonders solche, bei welchen noch Eiitzündungssymptöme in einem höheren Grade zugegen sind, haben auch ohne das Dasein einer solchen Einklemmung stets einen bedenklichen Charakter, da man bei solchen Brüchen immer das Fortschreiten der Entzündung auf das Bauchfell und die Baucheingeweide befürchten muss, und da der Erfahrung zufolge frisch entstandene Brüqhe sich auch leichter einklemmen als schon ältere Brüche; doch sind letztere, da häufig Verwachsungen bei ihnen bestehen, gewöhnlich schwerer zu reponiren und zu heilen, als ganz frisch entstandene Brüche. Kleine Brüche sind, weil sie oft übersehen oder nicht beachtet werden und eben so, weil die Einklemmung bei ihnen leichter entsteht als bei den grossen, im Allgemeinen gefährlicher als die letzteren. Netzbrüche sind an und für sich fast immer ohne Gefahr, aber sie veranlassen zuweilen durch das Umwickeln des straugförmig verlängerten Netzes um andere Theile die Einschnürung der letzteren und ausserdem entstehen auch oft Verwachsungen des Netzes mit den Wänden des Bruchsacks u. s. w., so dass diese Brüche oft unbeweglich werden. Dannbrüche können unter günstigen Verhältnissen, namentlich bei einer weiten Bruch-ötlnung lange Zeit ohne üble Zulalle bestehen, durch Einklemmung aber erhalten sie eine grössere Gefahr als Netzbrüche. Magen-und Blasenbrüche, so wie die Brüche, bei welchen der Uterus hervorgetreten ist, verhalten sich den Darmbrüchen sehr ähnlich. Brüche, welche durch die natürlichen Oeffnungen entstanden sind, sind der Einklemmung mehr unterworfen, als diejenigen, welche durch Zerreissung der Bauchmuskeln entstanden sind, bei den letzteren ist aber die Heilung viel schwieriger, als bei den ersteren, wenn die Bruchölfnung sehr gross ist, oder die Zerreissung an mehreren Stellen stattgefunden hat. Bei den kleinen Hausthieren sind die Brüche weniger gefährlich und leichter zu heilen, als bei den grossen, doch ist der Unterschied in dieser Hinsicht nicht bedeutend.
Hinsichtlich der Heilbarkeit der Brüche ist im Allgemeinen kein bestimmtes Urtheil auszusprechen, da die einzelnen Brüche sich darin verschieden zeigen und deshalb auf die speciellen Arten verwiesen werden muss. Eine gründliche Heilung der Brüche ist nur vermittelst einer Operation zu bewirken, bei welcher die Ränder des Bauch-ringes durch Wundhefte mit einander vereinigt werden; allein dieser Zweck wird durch die Radikal - Operation nicht immer erreicht, ja dieselbe wird durch die hinzutretenden Entzündungszufalle und deren Folgen sogar oft gefährlich; und wenn die Zusammenheilung nicht stattgefunden, ist man in grosser Verlegenheit darüber: was nun sogleich weiter zur VerSchliessung der Operationswunden zu thun ist! Deshalb wird in den meisten Fällen nur eine palliative und unvollständige Heilungsweise unternommen, welche aber fast immer dem Zwecke so genügend entspricht, wie die radikale Heilung, indem nach ihr die Thiere zur Arbeit tauglich werden und keine weitern üblen Folgen durch den Bruch erleiden.
Die Behandlung der Brüche ist entweder I. nur darauf gerichtet, die Vergrösserung der Brüche und das Eintreten übler Zufalle,
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namentlich der Einklemmung, zu verhüten, oder 11. die Bruche selbst zu heilen, oder lt;— HI. die Einklemmung und deren Folgen zu beseitigen.
1.' Die erstere Aufgabe wird erfüllt, indem man die Thiere von übermässigen Anstrengungen abhält, ihnen eine solche Stellung und Lage giebt, bei welcher die Eingeweide sich mehr von der Bruchstelle weg senken, und indem man ihnen nur wenig und nur solche Nahrangsmittel verabreicht, welche leicht verdaulich, nicht blähend, nicht erschlalfend sind und welche keine Kolik erzeugen. Ausser-dem kann man noch bei frisch entstandenen Brüchen im Umfange des Leibes eine breite Bauchbinde oder ein grosses Pechpflaster ') anlegen, um hierdurch ein weiteres Hervortreten der Eingeweide durch ihre eigene Schwere zu verhüten; oder man kann auf die Bruchgeschwulst adstringirende, aromatische, spiritnöse Mittel anwenden, um die Haut mehr zur Zusammenziehung anzuregen und so die Ausdehnung zu verhindern.
II. Bei der Heilung der Brüche muss: A. die Zurückbringung der Eingeweide in die Bauchhöhle, B. die Zurückerhaltung in derselben, C. die bleibende Verschliessung der Bruchöffnung bewirkt und es müssen ausserdem D. die etwa bestehenden oder eintretenden üblen Zufälle beseitigt werden. Diese Indicationen können mit einigen IVlodificationen erlullt werden, je nachdem man die Radikaloder Palliativkur beabsicktigt.
Die erstere besteht in der unmittelbaren Verschliessung der BruchöiTnung durch die blutige Naht, wie bei Bauchwunden, um die Ränder dieser Oeflnung zum gegenseitigen Verwachsen zu bringen2); #9632;— bei der Palliativkur erfolgt die Verschliessung des Brnchringes bald mehr bald weniger durch exsudirten Faserstoff oder durch Verdickung, Verkürzung und Anwachsen der Haut und des Zellgewebes an die Ränder der Bruchöffnung und an die Muskeln. Man erreicht diesen Zweck theils durch Operationen, wie das Abbinden, Abklemmen und Abnähen des Bruchsacks (siehe Nabel--und Leistenbrüche), theils durch die Anwendung stark reizender Mittel, namentlich Cantharidentinktur, der Cantharidensalbe, des Terpentinöls, der Schwefel- und Salpetersäure auf die Haut der Bruchgeschwulst.
Diese Verfahrungsarten sind in denjenigen Fällen zu benutzen, oder auch selbst durch die einzig möglichen Hülfsmittel in Anwendung zu bringen, wo entweder der Eigenthümer des Thieres die mehr eingreifende Radikalkur fürchtet, oder wo die letztere wegen über-mässiger Grosse der Bruchöffnung nicht in Anwendung gebracht wer-
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') Bruchbänder, wie sie für diesen Zweck bei mit Brüchen behafteten Menschen allgemein benutzt werden, sind bei Thieren schwer anzuwenden und wenig entsprechend, da sie sich immer leicht verschieben. Sie werden fast gar nicht gebraucht.
2) Dieterichs nimmt in anmaassender Weise die Priorität dieses Verfahrens in Anspruch (Vet. Chirurg. Ste. Auflage. S. 140); aber schon Vitet (Mfed. v6ter. Th. II., p. 196) Und Lafosse (Cours d'hippiatr. p. 246) haben es gelehrt.
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den kann. Man erreicht mit ihnen den Zweck in den meisten Fällen sehr gut.
A.nbsp; nbsp;Die Zurückbringung der im Bruchsack befindlichen Eingeweide in die Bauchhöhle (Kepositio s. Taxis) muss bei der Radikalkur immer geschehen, bei der Palliativkur ist sie nur vor dem Abbinden, Abnähen und Abklemmen nothwendig. Sie wird in Fällen der letzten Art so bewirkt, wie es oben für den Zweck der Untersuchung (S. 614 C.) angegeben worden ist; für die Radikal-Operation kann man eben so verfahren, oder man scheert, nachdem das Thier so niedergelegt worden, dass der Bruch die höchste Stelle des Körpers ist, auf der Geschwulst die Haare ab und entfernt sie gründlich. Hierauf muss die Haut und der innere Bruchsack, im Fall ein solcher vorhanden ist, in der Länge der Bruchöflnung gespalten werden, damit man eben zu dem letztern unmittelbar gelangen könne. Man macht für diesen Zweck mit Unterstützung eines Gehülfen von der Haut auf der Bruchgeschwulst eine Querfalte und durchschneidet dieselbe in der Längenrichtung der BruchölFnung, wo möglich so, dass die Trennung gerade auf die Mittellinie der letzteren trifft; eben so verfährt man mit dem Innern Bruchsack. Ist der Bruch unbeweglich und die Geschwulst so gespannt, dass sich eine vollständige Querfalte nicht bilden lässt, so erhebt man auf der Mitte der Geschwulst mit einer Pinzette die Haut, so viel es sich thun lässt, in eine kleine Falte und schneidet dieselbe vorsichtig auf der Länge von etwa -J- Zoll durch; *in die Oeffnung bringt man dann die Spitze des Zeigefingers der linken Hand und schneidet auf ihm die Haut nach vorn und dann nach hinten so weit durch, dass man freien Raum genug für die folgenden Verrichtungen erhält. Besteht ein innerer Bruchsack, so verfahrt man mit ihm ebenso. Hierauf versucht man die Zurückbringung der blossgelegten Eingeweide auf die Weise, wie es Seite 428 u. 429 gelehrt worden ist. Bei eingeklemmten Brüchen erweitert man eben so, wie daselbst hinsichtlich der Wundränder angegeben ist, den Bruchring und bewinkt dann die Zurückbringung.
B.nbsp; nbsp; Die Zurückerhaltung der Eingeweide in der Bauchhöhle wird in manchen Fällen, namentlich wo die Bruchöffnung klein oder an einer höhern Stelle des Leibes ist, •— durch eine erhöhte Stellung des Körperendes (vorn oder hinten), an welchem der Bruch besteht (wie bei den Vorfällen (S. 596), — durch strenge Ruhe, bei grossen Thieren selbst durch Verhinderung des Niederlegens) #9632;— durch wenig Futter, — durch Umlegen von Binden oder Gurten um den Leib, — durch die VerSchliessung des Bruchsackes vermittelst Abbinden, Abnähen, Abklemmen oder zum Theil auch durch erregte Hautentzündung, oder auch durch die radikale Verschliessung der Bruchöffnung bewirkt.
C.nbsp; nbsp; Diese Verschliessung der Bruchöffnung erfolgt auf die Weise, dass man zuerst einen oder mehrere Finger der linken Hand, je nach der Grosse der Oeffnung durch die letztere in die Bauchhöhle fuhrt, theils um dadurch die Eingeweide zurückzuhalten, .theils auch um sie gegen Verletzungen zu schützen, und dass man dann den Rand der Bruchöffnung entweder rund herum gegen 1—2 Linien dick abschneidet oder auch blos rund herum eine Anzahl 1 — 2 Linien tiefe Ein-
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620nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Brüche im Allgemeinen. Behandlung.
schnitte in die Ränder macht, je nachdem sie zur Vereinigung weniger oder mehr geeignet sind; das Beschneiden geschieht da wo die Ränder ungleich zerrissen, faserig, oder (bei veralteten Brüchen) verdickt und callös sind, während das blosse Scarificiren bei glatten Rändern genügt. Ersteres bewirkt man an weichen Rändern mit einer Scheere, sonst aber Beides mit einem Knopfbistom-i. Es soll dadurch sowohl- die Form des Bruchringes zur Vereinigung mehr geschickt gemacht, wie auch eine adhaesive Entzündung erregt und dadurch die Verwachsung desto sicherer herbeigeführt werden. Sollten Verwachsungen der Eingeweide unter einander oder mit der Innern Fläche des Bruchsacks bestehen, so trennt man sie möglichst vorsieh • tig an den Gränzen der Organe, theils mit den Fingern, theils mit dem Messer. — Hierauf heftet man den Bruchriug ganz in derselben Weise wie eine eindringende Bauchwunde (Seite 426) mittelst der Knopfnaht oder mittelst der Zapfennaht. Da die sackförmig ausgedehnte Haut oft überflüssig- über die BruchölTnung hervorsteht, so schneidet man, nachdem man sie gegen die Bauchmuskeln zusammengelegt, um den bestehenden Ueberfluss kennen zu lernen, vor 'Sem Heften den letztern mit der Scheere an beiden Seiten so weit weg, dass auch ihre Ränder sich gegenseitig berühren. Bei dem Zubinden der Hefte lässt man durch einen Gehülfen mit den flachen Händen die Bauchwände von beiden Seiten gegen die Oeffnung so weit zusammendrücken, dass die Ränder des Bruchringes und eben so die Ränder der Haut sich berühren, und bindet in diesem Moment die Heftfäden zusammen; man muss aber hierbei besonders aufmerksam darauf sein, dass nicht Eingeweide sich zwischen die Wundränder drängen, und wo das geschieht, schiebt man dieselben sogleich mit dem Finger zurück. Zuletzt legt man äusserlich auf die Operationsstelle eine sechs- bis achtfach zusammengelegte weiche Leinwand und darüber einen breiten Gurt, und lässt dann das Thier vorsichtig von dem Lager aufstehen.
Bei Leisten- und Hodensackbrüchen ist dies Verfahren am Bauchringe im Wesentlichen so, wie eben angedeutet, doch bleibt die zuletzt erwähnte Bandage dabei fort, weil sie nicht gut anzubringen ist.
D. Die Verhütung übler Zulalle nach der Operation geschieht durch eine zweckmässige Nachbehandlung. Man lässt demgemäss das Thier in einem ruhigen von Insekten freien und kühlen Stalle kurz und hoch angebunden andauernd stehen, und zwar auf einem dem Orte des Bruchs entsprechend eingerichteten Fussboden, so dass derselbe bei Brüchen am hintern Ende des Leibes hinten erhöht, bei Brüchen am vordem Ende des Bauches hinten niedriger sein muss, um die Last der Eingeweide von der kranken Stelle des Leibes abzuleiten. Kleine Thiere lässt man auf einem eben so eingerichteten Lager liegen. Man giebt den Patienten in der ersten Zeit nur weniges und weiches Futter und befördert die Kothausleerung durch Calomel, Neutralsalze und täglich 2 bis 3 mal applicirte Klystiere von schleimigen Mitteln. Zeigen sich Entzündungszufalle, so macht man reichliche Blutentleerungen und giebt innerlich die genannten Mittel, iu Verbindung mit schleimigen, in angemessenen grossen Gaben. Aeusserlich macht man kalte Umschläge von Wasser.
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Unter günstigen Umständen verwachsen die Brachränder binnen etwa 6 — 8 Tagen und die Hefte können dann in der bei dem Heften der Wunden angegebenen Weise entfernt werden. Wenn aber die Verwachsung nicht erfolgt, so muss man, so bald mau das Lok-kerwerden der Hefte, oder das Auseinandergehen der Wundräuder wahrnimmt, das Thier noch einmal niederlegen, die Wundräuder mit dem Messer frisch wund machen und noch einmal heften.
Wie vortrefflich das Radikalverfahren in einzelnen Fällen ist, wenn es gelingt, so ist doch dasselbe in doppelter Hinsicht mit grosser Gefahr verbunden und zwar einmal deshalb, weil dabei eine offene Bauchwunde entsteht, die Luft in die Bauchhöhle eindringt und theils hierdurch, theils durch die Manipulation das Bauchfell und die Gedärme gereizt werden und somit die Gefahr einer Bauchfellentzündung herbeigeführt wird. Ausserdem aber hat der Thierarzt es niemals in seiner Gewalt, die Verwachsung der Ränder des Bruchringes sicher zu bewirken, und es können daher bei nicht erfolgter Verwachsung leicht Vorfälle und Einschnürungen der Eingeweide, das Eindringen von Luft und somit auch in der spätem Zeit nach der Operation innere Entzündungen und lebensgefährliche Zufälle herbeigeführt werden. Dieser Gründe wegen beschränken die meisten Thierärzte mit Recht dies Verfahren nur auf die Fälle, wo solche Einklemmung besteht, welche sich ohne operative Erweiterung des Bruchringes nicht lösen lässt und wo also hierdurch schon die Notwendigkeit zur Eröffnung des Bruchsacks vorhanden ist. Die Erfahrung hat diese Bemerkungen vielfach bestätigt, und ich muss warnend hinzufügen: dass man dieses operative Verfahren besonders bei solchen Brüchen, welche durch Zerreissung der Bauchmuskeln frisch entstanden und noch mit Zufällen innerer Entzündungen begleitet sind, nicht anwenden möge, weil hiernach in der Regel der Tod erfolgt, während ohne Operation die Thiere mehi-entheils am Leben bleiben und dieselbe später mit geringerer Gefahr begleitet ist.
HL Die Behandlung der eingeklemmten Brüche muss zunächst auf die Beseitigung der etwa noch fortwirkenden Ursachen, auf die Lösung der Einklemmung selbst, auf Zurückführung und Zurückerhaltung der Eingeweide und auf die Beseitigung der üblen Zufälle gerichtet sein. In ersterer Hinsicht müssen vorhandene Reizungen durch Abführungsmittel und Aderlässe beseitigt, Kothanhäufuu-gen im Mastdarm durch Ausräumen mit der Hand und durch Klystiere entfernt werden u. s. w. Bei der örtlichen Behandlung der Einklemmung selbst berücksichtigt man zunächst die Art derselben und ihre ursächlichen Verhältnisse, indem man bei der entzündlichen Einklemmung reichliche Blutentzichungen, kühlende Abführungsmittel und auf die Bruchgeschwulst recht kalte Umschläge von Wasser, im Winter von Schnee oder Eis anwendet und dann von Zeit zu Zeit an dem vorsichtig niedergelegten Thier die Zurückbringung der Eingeweide zu bewirken sucht. Bei der krankhaften Einkleinmung muss man den Habitus des Thieres berücksichtigen und hiernach bei trocknen, kräftigen Thieren zuerst einen massig starken Aderlass machen, dann aber, oder bei Thieren von mehr schlaffer Constitution vom Anfange her, narkotische Mittel in Anwendung bringen, namentlich
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622nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Brüche im Allgemeinen. Behandlung.
die Herba oder Radix Belladonnae oder das Belladonna-Extract, oder Opium, oder Herba Hyoscyami, oder auch man bewirkt durch das Einathmen des Schwefeläthers oder des Chloroforms eine vollständige Betäubung des Thiers und macht dann die Zurückbringung der Engeweide. #9632;— Bei der durch Kothauhäufung entstandenen Einklemmung sind reizende Klystiere, innerlich gegebene salzige Abführmittel oder Kalomel, bei kleinen Thiereu auch Kicinusöl in grossen Gaben in Anwendung zu bringen, und die Taxis bereitet man, bei einer zweckmässigeu Lage des Thiers, durch längere Zeit fortgesetztes gelindes Drücken und Reiben der Bruchgeschwulst mit der Hand vor und bewirkt sie dann in der früher angegebenen Weise. — Bei der durch Gase bewirkten übermässigen Ausdehnung und Einklemmung sind innerlich absorbirende Mittel, wie Schwefelleber, Kalkwasser, Salmiakgeist, Chlorwasser u. dgl. zu reichen; äusserlich macht man kalte Umschläge, applicirt Klystiere und wenn hiernach binnen einer Stunde nicht eine solche Verminderung der Ausdehnung der Eingeweide erfolgt, dass deren Zurückbriugung möglich wird, so macht man mittelst eines dünnen Troikars einen Einstich in die Bruchgeschwulst, entleert die Gase und macht hiernach die Taxis.
Bei den verschiedenen Einklemmungen darf man jedoch die angegebenen Heilverfahren nur so lange anwenden, als nicht offenbare Entzündungszufälle bestehen; sind diese eingetreten, so ist auch die Behandlung ganz so, wie bei der entzündlichen Einklemmung; und auch bei dieser selbst darf das antiphlogistische Verfahren nur kurze Zeit für sich allein angewendet werden. Gelingt bei ihm oder bei einem andern Verfahren (z. B. das Seite 636 angegebene) die Zurückbringung nicht innerhalb der ersten Stunde, so muss in jedem Fall, wenn Chloroform oder Aether zu beschaffen ist, der Patient narkotisirt und in diesem Zustande die Taxis noch einmal versucht werden. Dieselbe gelingt hierbei fast immer. Sollte sie aber nicht gelingen oder die Betäubung nicht zu bewirken sein, so macht man ohne weitern Zeitverlust die Operation des Bruchs in der oben unter A. und B. angegebenen Weise, und die Erweiterung des Bruchriu-ges ganz so, wie es S. 429 in Betreff der Erweiterung der einschnürenden Wundränder bei Bauchwunden gelehrt worden ist, — worauf zuletzt die Heftung des Bauchringes geschieht.
Die Nachbehandlung findet dann in streng antiphlogistischer Weise und übrigens so statt, wie es nach der Radikal-Operation im Vorhergehenden angegeben worden ist.
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Zweiter Abschnitt.
Die Brüche im Speciellen.
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Erstes Capitel.
Vom Nabelbrüche (Hernia umbilicalis, Omphalocele, Exomphalos).
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Bei dem Nabelbruch sind Gedärme oder das Netz durch den Na-belring aus der Bauchhöhle hervorgetreten. Nabelbrüche kommen bei allen unsern Haussäugethieren vor, am seltensten aber bei den Schaafen und Schweinen '). Man bemerkt sie am allerhäufigsten bei sehr jungen Thieren in den ersten vier Wochen nach der Geburt, oder auch schon gleich bei der Geburt (angeborne Nabelbrüche); aber sie verschleppen sich zuweilen auch in spätere Zeit, und ich sah sie selbst bei acht-, zehn- bis zwölfjährigen Pferden. Die Eingeweide, welche bei diesen Brüchen durch den Nabelring heraustreten und in der Brachgeschwulst enthalten sind, sind gewöhnlich ein Theil des bei jungen Thieren sehr kleinen Colons oder des Coekums, bei ganz jungen Thieren zuweilen der Urachus und die Nabelvene (letztere verschwindet allmälig gänzlich), und zuweilen ist auch ein Theil des
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') Wolstein (Die Bücher der Wundarznei der Thiere, S. 294) sagt: dass er nie einen Nabelbruch bei männlichen oder weiblichen Hunden gesehen habe und dass seines Wissens Stiere, Kühe und Ochsen von ihnen frei sind. Greve hat ebenfalls nie einen Nabelbruch bei Hunden und Rindvieh beobachtet (Erfahrungen und Beobachtungen. Bändchen II. S. 12): — und J. Girard behauptet (Recueil de medec. veter. 1828. p. 26), dass die Nabelbrüche bei Pferden niemals Netzbrüche sind. Ich habe aber, ausser bei Pferden, auch Hunde, Katzen, Kälber und Schweine mit diesen Brüchen behaftet gefunden und habe auch Gelegenheit gehabt, einen Theil des Netzes in dem Bruchsacke eines Füllen zu sehen.
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Netzes zugegen. Der Bmchsack ist von der äussern Haut gebildet, innerhalb welcher eine bald mehr, bald weniger dicke Schicht Zellgewebe liegt, die auch oft aber nicht immer mit dem Peritoneum überzogen ist. In den Fällen, wo in dem Bruch zugleich Netz und Därme liegen, bildet zuweilen das Netz eine Umkleidung der letztern. In sehr grossen Brüchen ist zuweilen auch eine sackartige Verlängerung vom Nabelringe her zu bemerken.
Ursachen. Gewöhnlich ist bei diesen Brüchen die Nabelöfihung der neugebornen Thiere zu gross; und oft giebt diese Oeffnung wegen Schwäche und SchlalFheit der Bauchmuskeln den Eingeweiden zu viel nach. Diese Zustände bilden eine angeborne Anlage, welche sich zuweilen vererbt. Häufig werden die Nabelbrüche bei jungen Thicren durch gewaltsames Abreissen der Nabelschnur, durch Stösse und Schläge aulquot; den Bauch, durch starkes Aufblähen, heftige Anstrengungen u. s. tv. veranlasst, indem hierdurch der Nabelring gewaltsam erweitert wird.
Erkennung. Man erkennt die Nabelbrüche an einer rundlichen, elastischeu oder mehr teigartig anzufühlenden, nicht heisseu Geschwulst am Orte des Nabels, deren Inhalt sich mit den Fingern durch den Nabelring in die Bauchhöhle zurückschieben lässt. Die Grosse der Geschwulst variirt von der einer Haselnuss bis zum Umfange eines iMenschenkopfs. Nach der Zurückbringung bemerkt man deutlich eine runde oder länglich runde Bruchöflhung (den Nabelring) mit abgerundeten Rändern. Die zurückgebrachten Theile treten gewöhnlich bald wieder hervor, wenn man den Druck aufhebt, oder wenn man ihm die Nasenlöcher zuhält, und eben so bei Anstrengungen. •— Befindet sich der Urachus noch im Bruch, so fühlt man an dem hintern Ende der Geschwulst einen rundlichen Strang, der mit der iunern Fläche des Bruchsackes zusammenhängt.
Beurtheilung. Die Nabelbrüche sind unter allen übrigen Brüchen die gutartigsten, denn sie heilen (besonders die kleinen) bei zunehmendem Alter oft von selbst, indem die in ihnen liegenden Därme sich allmälig mehr ausdehnen und in Folge dessen sich aus dem Bruch zurückziehen; sie bringen auch sehr selten, durch Einklem-mung oder andere Umstände veranlasst, üble Zufalle hervor. Doch können sie sich bei heftigen Anstrengungen, bei schnellem Laufen, bei übermässigem Fressen, bei starkem Aufblähen u. s. w. bedeutend vergrösseru und sich dadurch auch einklemmen, und der Zustand wird dann eben so gefährlich, wie bei andern Brüchen. Grosse Brüche und diejenigen bei alten Thiercn heilen nicht von selbst, sie können aber durch thierärztliche Behandlung leichter und sicherer beseitigt werden, fast als alle andere Brüche.
Behandlung. Da diese Brüche bei ihrem langsamen Verlaufe so selten mit gefährlichen Zufällen verbunden sind, so kann man fast immer bei ihnen vor irgend einer vorzunehmenden operativen Behandlung die Thiere zu derselben durch zweckmässige Diät vorbereiten, indem man ihnen während ein paar Tage nur wenig und weiches Futter, Kleie, Kleientrank, auch wohl eine Laxans und einige Klystiere giebt.
Die eigentliche Kur kann, wie dies bei der Behandlung der
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Nabelbräche. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;625
Brüche im Allgemeinen angedeutet worden, entweder radikal oder palliativ ausgeführt werden. Zu der erstem findet sich, mit Rücksicht auf die S. 621 gemachte Bemerkung, hier nur selten die Anzeige, weil eben die Nabelbrüche sich sehr selten einklemmen, und zum Theil auch, weil sie in den allermeisten Fällen durch die verschiedeneu Methoden der Palliativkur so zu beseitigen sind, dass danach keine übleu Folgen entstehen. Nur ausnahmsweise bei eingeklemmten und bei grossen Nabelbrüchen alter Thiere dürfte daher das Radikalverl'ahren in Anwendung kommen.
Letzteres besteht in der, nach der geschehenen Zurückbriugung bewirkten Heilung des Nabelringes, wobei man ganz so verfährt, wie es S. 620 angegeben worden ist.
Die Palliativkur kann, mit Rücksicht auf die Form, Grosse und Beweglichkeit des Bruchs, in folgenden verschiedeneu Methoden ausgeführt werden:
1.nbsp; nbsp; nbsp;Mittelst Bandagen. Man bringt, nachdem das Thier auf den Rücken gelegt und die Reposition des Bruchs gemacht worden ist, auf die von den Haaren befreite Haut der Nabelgegend ein handbreites Stück Leder, oder ein Wergpolster, oder eine mit Leinwand oder Werg umwickelte Blei- oder Eisenplatte, bedeckt diesen Körper mit einem hinreichend grossen, stark klebenden Pflaster von Pech (nach Schreger, Operationslehre, S. l'.tO), oder von Pech und Terpen-thiu (nach Brögniez, Journal veter. Belgique. I. p. 228) und legt darüber noch eine vier Finger breite Binde oder einen Gurt. Dieser Verband muss mehrere (3 — 6) Wochen liegen bleiben und täglich nachgesehen werden, ob er noch fest und unverrückt ist, — widrigenfalls er erneuert wird. Das Verfahren ist umständlich, sein Erfolg weniger sicher als bei den übrigen Methoden, und es wird deshalb selten benutzt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,
2.nbsp; nbsp; nbsp; Die Anwendung reizender und contrahirender Mittel, um Entzündung, Zusammenschrumpfung der Haut, Verdickung und Verwachsung derselben und des Zellgewebes am Nabelringe zu bewirken. Gerade diese Brüche, besonders bei jungen Thieren, so lange ihre Gedärme noch nicht durch vieles grobes Futter sehr ausgedehnt sind und wenn die Bruchgeschwulst nicht übermässig gross und beutelartig herabhängend ist, — eignen sich zur Behandlung mit den genannten Mitteln und sind durch dieselben in sehr vielen Fällen bei den verschiedenen Thiergattungen geheilt worden. Eine Zurückbringung des Bruchs ist vor der Anwendung dieser Mittel nicht noting und dieselbe unterbleibt daher fast immer; dagegen ist die diätetische Vorbereitung und das Abscheeren der Haare nöthig.
Mau benutzt hierzu:
a)nbsp; die verdünnte Schwefelsäure (Acid, sulphuric, concent. 1 Th., Wasser 3 — 5 Theile) und die Hallersche saure Mixtur (1 Theil concentrirte Schwefelsäure und 3 Theile Weingeist), — mit welchen man die ganze Fläche der Bruchgeschwulst täglich 2 Mal, und 5 bis 8 Tage fortgesetzt, bestreicht oder wäscht. Wenn die Haut sehr derb und faltig geworden, hört die Anwendung auf. Die Heilung erfolgt in 4—6 Wochen;
b)nbsp; die concentrirte Schwefel- und Salpetersäure. Die erstere
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626nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Nabelbrüche. Behandlung.
ist von deutschen Thierärzten schon lange als ein sicheres Heilmittel der Nabelbrüche bekannt (Hertwig, Arzneimittellehre, erste Auflage, 1833, S. 654) und wird am besten in der Art angewendet, dass man in den ersten 2 Tagen des Morgens und des Abends, am dritten und vierten Tage nur ein Mal täglich die ganze Bruchgeschwulst mittelst eines in die Säure getauchten Stäbchens mit einzelnen Strichen, einen vom andern einen halben Zoll entfernt, bestreicht. Bei der Wiederholung können dieselben Stellen und eben so die bisher frei gebliebenen von dem Mittel betroflen werden. Am fünften Tage und weiter bis zum zehnten reibt man auf die Haut ein Gemenge von Terpenthinöl (ein Theil) und Lein- oder Rüböl (2 Theile). Es entsteht starke, entzündlich-oedcinatose Anschwellung, die Oberhaut stirbt ab und trennt sich späterhin los, aber mit circa 3 Wochen ist die Heilung geschehen. Das Oedem kann man in einiger Entfernung vom Bruch scarifiziren.
Das Acid, nitricum concentratum ^ ist seit 1848 von Dayot 2) und andern französischen Thierärzten 3) empfohlen worden. Man taucht mit einer Pinzette oder einem Stäbchen etwas Werg: oder Baumwolle in die Säure und bestreicht damit zuerst die Geschwulst an ihrer Basis mit einem Kreise und dann die ganze Fläche. Je nach der Dicke der Haut wiederholt man in einer Stunde das Bestreichen noch 1 oder 2 Mal. Dayot glaubt, auf viele glückliche Fälle gestützt, dass der Erfolg stets um so besser sei, je tiefer die zerstörende Wirkung des Mittels in die Haut eingedrungen ist. Allein dies ist für alle Fälle nicht passend, sondern nur da, wo die Haut und das Zellgewebe sehr verdickt sind; denn bei sehr ausgedehnter, feiner Haut und bei kleinen, zarten Thieren darf man das Aetzmittel nur nach Zwischenzeiten von 3 —4 Stunden, oder besser nur ein Mal an einem Tage, anwenden, und kann es lieber nach 5—6 Tagen noch ein Mal wiederholen. Beobachtet man diese \ ersieht nicht, so kann es leicht geschehen, dass bei dein Abfallen der zerstörten Haut eine OefTnung bis in den Bruchsack entsteht und die Eingeweide hervortreten.
Die Wirkung von der Salpetersäure ist schneller und etwas mehr eindringend ätzend, als die von der Schwefelsäure, daher auch die bestrichene Fläche schneller trocken wird und die Geschwulst oft schon bald nach einer Stunde oder bis zum andern Tage um das 2—4fache zugenommen hat; im Ifebrigen ist sie, hinsichtlich der Art der Zufälle, bei beiden Mitteln ziemlich gleich. •— Da das starke Oedem stets die Zusammenschrumpfung und das Anwachsen der Haut aufhält, so ist es auch hier zweckmässig, in dasselbe einige Einstiche
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') Die französischen Schriftsteller bezeichnen sie mit dem Namen „Acide azotiquequot;, und von der Stärke von 33 — 3ö Grad nach Baumes Areometer, d. i ziemlich von der Concentration der gewöhnlichen, reinen, concentrir-ten Salpetersäure.
raquo;) Recueil de med. veter. 1848. p. 778. — 1849. p. 77fi.
') Zusammenstellung mehrerer Mittheilungen aus dem Recueil etc. im Journ. des Veterin. du midi. 1850. p. 1.
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Nabelbrüche. Behandlung.
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zu machen, um das Serum zu entleeveu, jedoch immer wenigstens 3 bis 4 Zoll vom Bruch entfernt;
c) die Kantharidensalbe und das glühende Eisen. Erstere wird massig dick auf die Bruchgeschwulst, und circa 1 — 2 Zoll über deren Gränzen, gestrichen und dies nach Zwischenzeiten von 3—5 Tagen zwei oder mehrmals wiederholt. — Das Brennen geschieht mit rothwarmein Eisen in Punkten oder Strichen über die ganze Bruchgeschwulst, mit Zwischenräumen von J- — f Zoll und langsam, oft wiederholt, bis Ausschwitzung entstanden ist. Wenn die nach diesen Mitteln entstandcue Entzündung sich mindert, kann man den Bruch mit adstriugireuden Flüssigkeiten oft befeuchten. Die Heilung erfolgt ziemlich in derselben Zeit, wie nach Anwendung der Säuren, aber die Thiere scheinen bei den letzteren weniger Schmerz zu empfinden, als bei jenen Mitteln.
3.nbsp; nbsp; nbsp;Das Abbinden des Bruchbeutels. Dasselbe findet nur bei solchen Brüchen statt, welche beutelfönnig vom Bauche herabhängen. — Nachdem bei der Rückeulagft des Thiers die Zurückbringung der Eingeweide aus dem Bruchsack geschehen ist und man sich hiervon sicher überzeugt hat, ergreift man die Mitte der Haut, welche den Beutel bildet, und zieht sie so weit wie möglich von der Bruch-öflhuug ab, legt dann eine Schlinge von einem runden, mit Wachs oder Theer bestrichenen Bande über diesem Beutel unmittelbar am Bauche au und schnürt dieselbe so fest zu, dass der ausserhalb der Schlinge befindliche Theil absterben muss. Das Zubinden geschieht entweder mit einem bleibenden oder mit einem aufziehbaren Knoten, und zwar wählen manche Thierärzte den letztem deshalb, um am folgenden Tage ihn öffnen und noch fester zusammenschnüren zu können. Da jedoch stets eine Anschwellung eintritt, welche oft das Band und den Knoten bedeckt und dieser deshalb schwer zu öffnen ist, so halte ich für besser, am folgenden. oder am dritten Tage auf die erste Ligatur eine zweite zu legen und diese gehörig fest zusammen zu schnüren. Dies ist jedoch gewöhnlich nur bei sehr breiten, oder mit dicker Haut versehenen Brüchen uöthig. Manche ältere Thierärzte steckten durch den Hautbeutel am Leibe einen Nagel quer durch und legten das Band zwischen ihn und den Leib, damit es nicht abgleiten sollte. Das könnte jedoch nur bei sehr kleinen Brüchen zu befürchten sein. Es tritt im Innern adhaesive Entzündung, an der Ligaturstelle aber nach 3—4 Tagen Eiterung ein, nach 8 bis 12 Tagen fällt die abgestorbene Haut nebst der Ligatur ab und die Stelle daselbst vernarbt in wenigen Tagen. —#9632; Das Verhalten der Thiere während der Kur ist, wie im ersten Abschnitt angegeben; örtlich thut man bis zum Eintritt der Eiterung gar nichts, dann aber reinigt man bloss. Bleibt der unterbundene Theil länger als zwölf Tage am Bauche festsitzend, so muss man auch dann noch eine Ligatur umlegen; erfolgt aber dies Abfallen früher als eine Verwachsung des Nabelringes eingetreten ist, so muss der letztere geheftet oder mit einem Pflasterverband bedeckt werden.
4.nbsp; nbsp; Das Zusammenpressen des Bruchbeutels mittelst einer sogenannten Bruchklemme oder einer Kluppe. Es ist in denjenigen seltenen Fällen passend, wo der Nabelring eine zu
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g28nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Nabelbrüche. Behandlung.
grosse Lauge besitzt und dalicr auch die Bruchgeschwulst an ihrer Basis eine längliche Form angeiioinmen hat. — Nachdem auch hier au dem auf dem Rücken liegenden Thiere zuerst die Eingeweide voll-stäudig aus dem Uruchsack entfernt sind, erhebt man die leere Haut in eine Längeulalte, legt über sie, dicht au den Leib, eine eiserne oder hölzerne Klemme an, drückt sie möglichst fest zusammen und schlicsst sie eben so. Die Operation ist hiermit an sich beendet; die Klemme bleibt liegen, bis die Haut -vollständig abgestorben ist und ah lallt, -was wie bei dem Abbinden geschieht. Auch hier tritt nach einigen Tagen äusserlich Entzündung, im Innern Verwachsung ein. Die Thiere werden wie bei dem Abbinden behandelt.
5. Das Abnähen des Bruchsacks findet seine Anwendung ebenfalls bei Brüchen, welche eine längliche Bruchöflnung und für das Abbinden einen zu grosseu Umfang haben. Man legt bei dieser Operation auf den leereu und in eine Längenfalte zusammengelegten Bruchbeutel eine eiserne Klemme, welche nach der Form des Bauchs etwas gebogen ist, unmittelbar an den Leib und durchnäht dann an der äussern Fläche dieses Instruments die llautfalte in ihrer ganzen Länge mit (iegensticheu, wie der Schuhmacher und der Riemer die Naht zu machen pflegt, so dass eine Anzahl einzelner Ligaturen von circa % Zoll entstehen. Diese Ligaturen müssen möglichst fest zusammengeschnürt werden, damit sie die zwischen ihnen liegende Haut zum Absterben bringen. Nach Anlegung der Naht wird die Klemme eutlcrnt. Die Wirkung ist ganz ähnlich wie bei dem Abbinden, und ebenso ist die Nachbehandlung wie dort.
Die sub 1, 3, 4 und 5 angegebenen Älethoden dürfen, — wie sich dies von selbst ergiebt, — nicht angewendet, werden, wenn ein Nabelbruch unbeweglich ist; die übrigen Methoden sind aber auch hier anwendbar, wenn nur keine Einkleininnug besteht. Im letzten Falle verfahrt man ganz nach Anleitung des ersten Abschnitts.
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Zweites Capitcl.
Von dem Leistenbruch und Hodensackbruch. (Hernia ingui-nalis s. Bubonocele und H. scrotalis s. Oscheocele.)
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a) Der Leistenbruch entsteht, wenn Baucheingeweide durch den Bauch- oder Leistenring in den Leistcnkanal hervortreten; — und wenn sie hierbei am Saamenstrange entlang bis in den Hodensack hinabgehen, so wird der Leisteubrach zugleich ein Hodensackbruch. Der letztere ist demnach stets nur ein weiter ausgebildeter Leistenbruch.
Leistenbrüche kommen bei männlichen Pferden, Eseln, Maulthie-
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Leistenbruch.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;629
ren, Hunden und Schweinen vor; bei den ersteren leiden auch die Kastraten (Wallache) zuweilen an ihnen, und VV'olstein '), Greve :i) u. A. und ich selbst sahen ihn auch bei der Hundin. Die Wiederkäuer scheinen frei von ihnen zu sein. Sie finden sich an der linken Seite weit häufiger als an der rechten, zuweilen an beiden Seiten zugleich und entstehen in jeder Lebensperiode (nach Wolstein bei Pferden am meisten ungefähr im 6. Jahre, — was jedoch nicht richtig ist), und zuweilen sind sie angeboren.
Den Bruchring bildet der abnorm erweiterte ßauchring, welcher bei Pferden (auch bei Wallachen) stets offen bleibt; in einzelnen Fällen hat mau denselben auch eingerissen oder eine durch Zerreissung eutstaudene Oeflnung neben ihm gefunden. Der Bruchinhalt besteht bei beiden Geschlechtern gewöhnlich aus einem Theile des Dünndarms, oft aber (bei Pferden) aus einem Theile des Dickdarms :l), seltener aus beiden zugleich, oder auch aus dem Netze allein oder mit dem Darm zugleich. Demnach ist der Leistenbruch und Hoden-sackbruck bald ein Darmbruch, bald ein Netzbruch oder auch eiu Netz-Darmbruch. Nach Wolstein sollen Netzbrüche hier nicht vorkommen, weil das Netz bei Pferden zu kurz ist und nicht bis zum Leistenringe dringt; dies war jedoch nur eine, auf den normalen Zustand gegründete Ansicht, welche, wie die Erfahrung es vielfach erwiesen, für abnorme Zusiändc nicht anwendbar ist. Das Netz ist zuweilen in seiner ganzen Breite, zuweilen auch nur in strickförmig zusainniengedrängten Verlängerungen vorhanden. Alle diese Brüche haben einen innern Bruchsack, welcher durch die Scheidenhäute des Saamenstranges und des llodensacks gebildet wird. Bei Weiblichen Hunden hat man aussei- den Därmen und dem Netz in einzelnen Fällen auch die Gebärmutter in dem Bruch gefunden, so dass dieser dann hinsichtlich seines Inhalts ein Gebärmutterbruch (Hernia uteri, Hysterocele) war. *)
Die Ursachen der Leistenbrüche sind heftige Anstrengungen, z. B. bei dem Ziehen schwerer Lasten, besonders bergan, bei dem Gehen in erweichtem Lehmboden, bei Sprüngen, bei dem Hintenausschlagen, bei Koliken u. dgi., ferner: Stösse und Schläge auf den untern und hintern Theil des Bauchs, plötzliches Ausgleiten und Niederstürzen, zu vieles und zu hitziges Begatten, starkes Aufblähen, zu heiliges Zerren des Saamenstranges bei der Kastration und nach derselben durch die Kluppen u. dgl. 5) Durch diese verschiedenen Ein-
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') Die Bücher der Wundarznei der Thlere. Wien 1793, S. 294 u. 95.
raquo;) Erfahrungen und Beobachtungen über die Krankheiten der Hausthiere. 2. Bändchen. Oldenburg 1851, S. 13.
') J. Girard, Traite des hernies inguinales dans le cheva! et autres mo-nodaclyles. 4. Avec 7 Planches in Fol. Paris 1827.
') Hering (Bepertorium, Bd. IV. S. 17) fand bei einer Hündin den linken Bauchring in der Weite eines Kindesfingers und neben den runden Mutterbändern den Körper und den grössten Theil der beiden Hörner ausgetreten. Ich fand in einem solchen, ausgetretenen Uterus einen vollständig ausgebildeten Foetus.
*) Man muss sich aber sehr hüten, wenn ein Bruch bei der genannten
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Wirkungen wird der Bauchring mehr oder weniger geschwächt oder ausgedehnt ') und die Eingeweide werden in diese Oeflhung hineingedrängt. Zuweilen besteht auch Erschlaffung und Erweiterung der Bauchringe und der Bauchmuskeln, ohne daiss die genannten Umstände vorausgegangen wären, oder es sind selbst andere krankhafte Zustände zugegen, welche hierzu beitragen, wie dies z. B. bei der Scheidenhaut- und Hodensack-VVassersucht der Fall ist. Die Schlaffheit der Theile und die Erweiterung des Bauchringes ist eine Anlage, bei welcher der Bruch selbst durch sehr geringe Einwirkungen entsteht. Viborg ist selbst der (Meinung, dass eine solche Anlage zu diesen Brüchen von den Eltern auf die Jungen fortgeerbt werden könne. 2)
Die Kennzeichen eines frisch entstandenen blossen Leistenbruchs im nicht eingeklemmten Zustande treten bald mehr bald weniger heftig oder langsain ein und sind mehrentheils undeutlich; das Thier zeigt sich weniger munter und geht etwas gespannt mit dem Hinter-fusse der Seite, an welcher der Bruch entstanden ist; bei einer schnellen Entwickelung des Leidens geht es selbst etwas lahm mit diesem Fusse, es frisst sehr wenig, athmet kürzer, wechselt oft in der Stellung und Pferde strecken sich oft. Dies ist besonders bei Darmbrüchen so; aber oft mindern sich die Zufalle und verschwinden nach einigen Tagen gänzlich, wenn das Thier Ruhe erhält; oft treten sie aber wieder stärker hervor, wenn das Thier hiernach wieder in stärkere Bewegung versetzt wird. Gewöhnlich bleibt der Bruch nicht lange in seinem ursprünglichen Zustande, sondern er dehnt sich entweder allmälig weiter aus und wird ein Hodensackbruch, oder er klemmt sich ein. — Wenn man in Folge dieser Zufalle das Thier genauer beachtet, so findet man bei Hengsten oft, dass der Testikel der leidenden Seite bald in die Höhe gezogen wird, bald wieder herabgleitet, — wasGirard für ein pathoguomonisches Zeichen des Leistenbruchs hält, durch welches der Thierarzt immer zur örtlichen Untersuchung veranlasst werden soll. Man macht dieselbe nach Waldinger 3), Girard, Jessen*) u. A. sehr zweck-mässig auf die Art, dass man mit den Fingerspitzen der beölten einen Hand durch das Kectum bis in den Bauchring und mit der andern lla'nd äusserlich, vom Saamenstrange her ebenfalls bis in diese Oeffnung mit den Fingerspitzen gleitet und so die letzteren von beiden Seiten her fast an einander bringt, wenn kein Bruch besteht; ist aber ein
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Operation zum Vorschein gekommen ist, gerade die letztere oder das technische Verfahren dabei, ohne dass nähere Beweise vorliegen, zu beschuldigen, da einerseits viele Beobachtungen lehren, dass die Eingeweide hervortreten, ehe noch der Saamenstranjr entblösst worden ist, und andererseits, dass oft bei grosser Zerrung an letzterem doch kein Bruch entstanden ist.
') Bei Pferden ist dies um so leichter der Fall, da der Bauchring sich nie fest verschliesst, sondern selbst in seiner normalen Beschaffenheit stets offen bleibt.
2) S. d. Sammlung von Abhandlungen 3. Bändchen, S. 215 u. 16.
raquo;) Therapie. Wien 1813, S. 336.
gt;) Magaz. für Thierheilk. VI. S. 200.
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Leistenbruch.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;631
Bruch vorhanden, so findet man an beiden Flächen Hindernisse, — im Bauche Gedärme oder Netz, welche in den Bauchring gehen, äusserlich aber eine Anschwellung in der Leistengegend. Diese Anschwellung ist oft so gering, dass man sie nur undeutlich erkennen kann, besonders wenn der Darm leer und sehr zusammengedruckt oder das Netzstück sehr klein ist. Sonst ist die Anschwellung beim Darnibruch elastisch und man fühlt zuweilen die peristaltische Bewegung darin; beim Netzbruch ist sie teigartig.
Die Untersuchung kann an dem stehenden Thiere geschehen, aber noch besser, wenn dasselbe auf den Rücken gelegt ist. Man kann dabei auch die Hand eines Gehilfen mitwirken lassen.
Wenn der Inhalt des Bruchs schon aus dem Leistenkanal getreten ist, so findet man eine mehr oder weniger dicke wulstförmige Geschwulst zwischen dem oberu Theile des Hodensacks und dem Schenkel oder an der Stelle, wo der Saamenstraug durch den Bauchring hervortritt; diese Geschwulst ist (wenn keine Einklemmung besteht) weich, blasenartig oder teigartig anzufühlen, zuweilen auch gespannt, je nach der Art des Inhalts; sie ist von gleicher Wärme mit der umgebenden Haut und kann mit den Fingern weggedrückt werden. Sind aber die Eingeweide schon bis in den Hodensack gedrungen, so ist derselbe auf der leidenden Seite mehr oder weniger vergrössert; die im Hodcnsack enthaltenen Theile, Hoden, Darm und Netz fühlt und unterscheidet man ihrer Lage und Beschafieuheit nach mehrentheils recht deutlich, und zuweilen zeigt der Hodensack äusserlich eine Furche, welche die Gränze zwischen, den Hoden und dem Darm andeutet. Ist der Hodensack sehr vergrössert, so gehen die Thiere mit ausgespreizten, von einander entfernten Hinterbeinen. Die Vergrösserung des Hodensacks, überhaupt die Bruchgeschwulst ist bei demselben Thiere nicht immer in gleichem Maasse zugegen; nach starker Bewegung, nach reichlichem Futtergenuss, beim Aufblähen u. s. w. vergrössert sich die Geschwulst, dagegen bei Ruhe, beim Fasten des Thiers u. dgl. vermindert sie sich und wenn nicht Verwachsung im Bruchringe stattfindet, so lassen sich die Eingeweide völlig zurückbringen, besonders wenn das Thier auf dem Rük-ken liegt.
Wenn aber der Bruch sich eingeklemmt hat, so findet man folgende örtliche und allgemeine Zeichen: a) Die Geschwulst in der Leistengegend verliert ihre Weichheit, wird hart, mehr gespannt und empfindlich; — bei Hodensackbrüchen nimmt auch der Saamenstrang diese Eigenschaften an; das früher bemerkte abwechselnde Auf- und Abwärtsgehen des Hoden hört auf, es lassen sich weder die kleine wurstformige Geschwulst bei Leistenbrüchen, noch die Eingeweide bei Hodensackbrüchen in die Bauchhöhle zurückschieben. b) Die allgemeinen Zeichen der Einklemmung sind, wie bereits im ersten Abschnitt (S. 615) angegeben, heftige Kolikschmerzen, Flehmen mit den Lippen, kleiner, harter, schneller Puls, Liegen auf dem Rücken mit angezogenen Füssen. ')
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' I Diese Kolikzufälle gehören zu den auffallendsten und constantesten
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Mit den Leistenbrüchen der männlichen Thiere haben die in dem ersten Abschnitt (S. 612) erwähnten falschen Brüche auf den ersten Anblick einige Aehulichkeit; bei genauer Untersuchung findet man jedoch diese letztem Zustäude von den wahren Brüchen deutlich unterschieden. Der sogenannte Fleischbruch macht sich dadurch erkennbar, dass ein Hode oder beide ihr Volumen bedeutend ver-grössern, dadurch den Hodensack selbst verhältnissmässig mit ausdehnen, aber bei der Untersuchung mit der Hand eine derbe Geschwulst in der Form des Hodens wahrnehmen lassen. Diese Geschwulst ist zwar im Hodensacke zu verschieben, aber niemals durch den ßauchring zurückzudrücken und der in der Begel verlängerte Saamenstrang ist dabei wenig oder gar nicht ausgedehnt, daher die eigentliche Leistengegend von der Geschwulst frei, während bei einem wirklichen Bruch die Geschwulst stets von dieser Gegend ausgeht. — Bei dem VVasserbruch ist der Hodensack an seinem untern Theile abnorm ausgedehnt und gewöhnlich zugleich oedematös angeschwollen, so dass man daselbst mit den Fingerspitzen kleine Gruben eindrücken kann; über dem Oedem zeigt sich das ausgedehnte Scrotum nach allen Seiten gleichmässig gespannt, oder auch beim Anklopfen mit den Fingerspitzen an eine Seite fluetuirend, so dass man an der entgegengesetzten Seite gleichsam die fortgepflanzte Bewegung der Flüssigkeit fühlt. Legt man das Thier auf den Rücken und erhebt den Grund des Hodensacks, so fliesst gewöhnlich der ganze Inhalt des Serums aus den Scheidenhäuten in die Bauchhöhle und das Scrotum erscheint, bis auf den Saamenstrang und Hoden, ganz leer und faltig. Eine Ausnahme hiervon findet sich nur dann, wenn die gemeinschaftliche Scheideuhaut über dem Hoden an einer Stelle rund herum verwachsen ist. — Der Blutaderbruch ist bis jetzt nur bei kastrirten Rindern gefunden worden. Er äussert sich durch eine Anschwellung in dem Ueberreste des Saamenstranges und des Hodensacks, welche sich an der Oberfläche massig gespannt anfühlt, bei genauerem Untersuchen aber, bei etwas verstärktem Druck der Finger in der Tiefe ein eigeuthümliches wellendes, schwirrendes oder strömendes Gefühl, welches sich ruckweise, gleichsam pulsirend etwas verstärkt wahrnehmen lässt. Bei den Versuchen einer Reduction ändert sich die Geschwulst in keiner Hinsicht. ') — Der Blutbruch veranlasst eine, zuweilen sehr grosse birnförmige Anschwellung des Scrotuins, •welches dabei bald mehr bald weniger warm, beim Drücken wenig schmerzhaft, äusserlich teigigt (oedematös), innerlich etwas fluetuirend anzuluhlen ist. Die Geschwulst erstreckt sich auch am Saamenstrangc nach oben, ist aber hier weich und ohne das schwirrende Gefühl. — Die Eiteransammlung im Saamenstrangc bildet zuweilen bei Thieren, welche schon vor längerer
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Merkmalen und man muss deshalb bei jeder Kolik am männlichen Thiere an die Möglichkeit eines Bruchs denken und die Untersuchung hierauf richten.
') Beitrag zur Lehre von den krankhaften Zuständen des Saamenstranges bei den Hausthieren. Von Prinz. Im Magazin für Thierheilk Bd. II.
S. 425.
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Leistenbruch.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;633
Zeit kastrirt sind, eine gespannte, grosse Anschwellung, welche jedoch nicht die Symptome des Bruchs besitzt. l) Zuweilen besteht eine Verbindung dieser Zustände unter einander oder auch mit einem wirklichen Bruch, und die Diagnosis wird dadurch erschwert. Bei Wallachen findet man die Zeichen des nicht eingeklemmten und des eingeklemmten Bruchs wie bei Hengsten — bis auf das wechselnde Aufziehen und Senken des Hoden, welches natürlich hier fehlt und weshalb die Erkennung des beginnenden Bruchs etwas schwieriger, aber durch die vorhin angegebene örtliche Untersuchung doch sicher zu erlangen ist. Die Bruchgeschwulst wird am Hodensacke nie so gross, wie bei unverschnittenen Thieren, aber oft auffallend genug. Die Barmbrüche geben sich auch hier durch elastische, die Netzbräche durch mehr teigweiche Anschwellung zu erkennen. Bei den letztem bemerkt man oft starkes Aufziehen der Geschwulst bis zum Bauchringe, so dass sie fast verschwindet.
Die Leistenbrüche bei Hündinnen bilden an dem Euter eine Geschwulst, welche elastisch weich ist, sich durch Druck und bei einer Rückenlage sehr vermindert, und dann einen leeren Beutel zurück-lässt. Bei tieferem Eindrücken der Fingerspitze fühlt man auch den Bruchring. Bei Ein klein mm ig ist der Bruch unbeweglich, es sind Zeichen der Darmentzündung, dabei schmerzhafte Spannung des Leibes und zuweilen auch Erbrechen zugegen. Greve (a. a. O.) beobachtete letzteres aber nicht.
Mit diesen ächten Leistenbrüchen der Hündinnen hat ein durch das runde IVIutterband verursachter falscher Bruch, der ol't vorkommt, eine grosse Aehnlichkeit. Dies Band geht bekanntlich bei diesen Thieren im normalen Zustande stets durch den Leistenring und befestigt sich in Form einer dünnen rundlichen Sehne an das Schaam-bein. Zuweilen tritt aber von ihm weit mehr als der normale Theil beträgt, hervor, und zieht zugleich den ihm nahe liegenden Theil des Bauchfells mit sich heraus. Letzteres bildet eine lockere Scheide um das Band und an die äussere Fläche derselben setzt sich eine Menge Fett, wodurch der Umfang sehr vergrössert wird. Das Ganze hat eine längliche, fast cylindrische, einem Darm ähnliche Gestalt, welche sich wie ein Bogen von der äussern OefFnung des Bauchiinges bis gegen die Mitte des vordem Randes der Schaambeine erstreckt und an beiden Punkten festsitzt. Die Länge ist 2—5 Zoll, die Dicke | bis £ Zoll. Das Ansehen an der Aussenfläche ist weisslich, glänzend, die Temperatur normal. Die Substanz fühlt sich weich an und man kann durch das Fühlen sehr deutlich die äussere Hülle und in derselben einen dünnern, verschiebbaren Theil unterscheiden; aber es ist weder Koth noch Luft darin zu bewegen und die Zurückschiebung in die Bauchhöhle ist nicht zu bewirken. Bei vorsichtigem Durchschneiden der äussern Schicht gelangt man in eine längliche Höhle, deren Oberfläche deutlich die seröse Haut des Bauchfells erkennen lässt. Die Höhle erstreckt sich in der ganzen Länge des Gebildes bis an den Bauchring und enthält an einer Seite der Wand
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') Magaz. für Thierheilk. Bd. II. S. 439.
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das runde Mutterband. Ich habe das ganze Gebilde an beiden Enden quer abgeschnitten, ohne dass irgend ein übler Zufall danach entstanden ist.
Die Prognosis. Die Leistenbrüche sind der Einklemnmng häufiger unterworfen, als sämmtliche übrige Brüche und sie sind eben deshalb in allen Fällen als gefährliche Üebel zu betrachten; dies gilt namentlich von den frisch entstandenen und kleinen Brüchen, doch können auch grosse und alte Brüche sehr leicht in diesen gefährlichen Zustand versetzt werden. Die angebornen Leistenbrüche verlieren sich, nach Girard's Beobachtung, bei zunehmendem Alter zuweilen von selbst, doch kann man in keinem Falle im Voraus wissen, ob eine solche Naturheilung erfolgen werde; denn man kennt die Bedingungen nicht, unter denen sie stattfindet. Netzleistenbrüche sind am wenigsten gefährlich, sie können aber im Verlaufe der Zeit durch die fortdauernde Zerrung, welche das hervorgetretene Netz auf den Bauchring ausübt, sich zu Netzdarmbriichen umwandeln und dann gefährlich werden. Die Heilung durch Kunsthilfe ist zwar durch die radikale Operation möglich, dieselbe ist aber am Bauchringe schwieriger als an andern Stellen auszuführen und der Erfolg ist oft so unsicher, wie dies über diese Operation im Allgemeinen angedeutet worden ist; die Palliativoperation ist in den meisten Fällen mit einem ausreichenden Erfolge begleitet, welcher aber ebenfalls nicht so sicher wie bei den Nabelbrüchen zu erlangen ist. Beide Kurarten sind bei männlichen Thieren fast immer mit dem Verlust des Hodens an der Bruchseite verbunden, obwohl dieses Organ in einzelnen Fällen durch Zurückschiebung in die Bauchhöhle erhalten worden ist. Uebrigens können manche Thiere mit einem Leistenbruch Jahre lang herumgehen und selbst bei einer enormen Vergrösserung desselben bis zu einem gewissen Grade arbeitsfähig bleiben.
Die Kur der Leistenbrüche ist auf weniger Hilfsmittel beschränkt als die der Nabelbrüche. 1) Die Radikalkur soll ihre vollständige Anwendung in solchen Fällen finden, wo der Bauchring so sehr erweitert ist, dass er durch die Palliativbehandlung nicht genügend verschlossen werden kann, sie ist aber auch bei kleinerer Bruchöffnung und (obgleich nicht immer nothwendig) bei eingeklemmten Brüchen anzuwenden. Dieselbe besteht in dem Vereinigen der Ränr der des Bauchrings durch die blutige Naht, nachdem die Zurückbringung des Bruchs und des Saamenstranges vollständig geschehen ist. Des letztern wegen muss die Operation auf folgende Weise ausgeführt werden: Das Thier wird auf den Rücken gelegt und in dieser Lage durch Gehilfen während der Operation erhalten. Man bewirkt zuerst auf die S. 619 angegebene Art die Zurückbringung der Eingeweide aus dem Bruchsack in die Bauchhöhle. Bei der Reposition muss man an nicht verschnittenen Thieren immer zuerst den Hoden an den Grund des Scrotums drängen, ihn hier mit der linken Hand festhalten, letzteres und den Saamenstrang möglichst ausdehnen, den Grund in die Höhe heben und mit den Fingern der rechten Hand die Eingeweide durch gelindes Drücken in den Leistenring drängen und schieben. Oder man zieht sie auch mit der einen, in den Mastdarm gebrachten Hand so sanft als möglich zurück, während Gehil-
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Leistenbruch.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;635
feu das Scrotum und den Hoden in der eben angegebenen Art halten. Girard warnt mit Recht gegen dieses Zurückziehen, wenn es schwer von statten geht und wenn man es also mit grösserer Kraftanwendung bewirken müsste; es könnte hierbei leicht Zerreissung folgen. Nach geschehener Reposition öffnet man den in eine Querfalte gelegten Hodensack durch einen Längeuschnitt, welchen man auf den hiernach in die Höhle des Hodeusacks gebrachten Fingern nach vorn so weit verlängert, dass man mit den letztern den Bauchring berühren kann. Ist aber der Bruch aus irgend einem Grunde festsitzend, so geschieht die Eröffnung des Sero turns mit der S. 610 angegebenen Vorsicht. Hierauf durchschneidet man die Scheidenhaul auf dem Testikel und bis über denselben hinauf etwa bis zur Hälfte des Saamenstranges, sucht dann die innere Saamenarterie in dem letztern auf, unterbindet sie, schneidet ausserhalb der Unterbindung den Saamenstrang vollständig durch, entfernt den Testikel und schiebt das Bauchende des Saamenstranges in den Bauchring vollständig zurück. Man heftet nun mit einer kurzen, stark gekrümmten Wundheftnadel die Ränder des Bauckringes so zusammen, dass ein Heft vom andern gegen ^ Zoll entfernt liegt und dass die Hefte an der Aussenfläche der Bauchwand möglichst viel Substanz erhalten, damit sie nicht durchreissen. Die Enden der Heftfaden werden kurz abgeschnitten. Man lässt dann das Thier vorsichtig aufstehen und in den Stall führen, woselbst es mit dem Hintertheil hochgestellt durch 6 bis 8 Tage und Nächte andauernd stehen muss. Die Behandlung ist dabei übrigens nach den im ersten Abschnitt angegebenen Regeln zu leiten, das Thier hinten erhöht zu stellen ü. s. w.
Sowohl hier wie auch bei dem Palliativverfahren kann man in den Fällen, wo dem Eigenthümer viel an der Erhaltung beider Hoden des Thiers liegt, nach der Zurückbringung der Därme auch versuchen, den Hoden durch den Bauchring in die Bauchhöhle zurück zu drängen und hierzu nöthigenfalls die Oeffnung etwas erweitern.
2) Die Palliativkur ist entweder so einzuleiten, dass a) nachdem an dem auf den Rücken gelegten Thiere die Zurückbringung der Eingeweide geschehen und der Hodensack nebst der Scheidenhaut auf die eine oder die andere Weise geöffnet worden ist, die gemeinschaftliche Scheidenhaut mit dem Cremaster rund herum bis an den Bauchring von den umgebenden Theilen getrennt, hier aber so nahe als möglich an den Bauchmuskeln mit einer starken Ligatur umgeben wird, durch welche man die Scheidenhaut und den Saamenstrang fest zusammenschnürt, im Innern Entzündung und Verwachsung, ausserhalb der Ligatur Absterbung herbeiführt. Das eine Ende des Ligaturbandes wird nahe an dem gemachten Knoten abgeschnitten, das andere aber so lang gelassen, dass es ein Paar Zoll über die Wundränder des Hodensacks hervorragt; b) oder man legt auf die äussere Fläche der Scheidenhaul und zugleich über den in ihr befindlichen Saamenstrang eine Kastrirkluppe so nahe wie möglich an die Bauchwand und presst diese Theile damit möglichst kräftig zusammen. Einige Thierärzte haben statt der gewöhnlichen Kluppen solche empfohlen, welche nach den Rändern halbmondförmig gekrümmt sind, um sie mit der convexen Seite desto höher in den
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636nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Leistenbruch.
Hodensack und möglichst nahe an den Bauchring zu bringen; aber, so zweckmässig dies ist, diese Kluppen sind selbst bei dem stärksten Zusammenpressen an den Enden doch zu wenig wirksam in der Mitte, c) Oder man verfahrt nach Dieterichs so, dass nach glücklich reponirten Eingeweiden die innere Saamenarterie unterbunden, der Hode hiernach weggenommen, der Saamenstrang selbst aber noch festgehalten wird. Diesen führt man durch die Oeffnung eines, eine kleine Faust grossen Waschschwamms und schiebt letztern so hoch als möglich zum Bauchringe hinauf; dann legt man nach gewöhnlicher Weise eine Kluppe, jedoch ohne Aetzmittel, recht fest an und lässt dann das Pferd aufstehen. Die Kluppe kann nach 24 Stunden wieder abgenommen werden, wobei jedoch der Saamenstrang und der Schwamm nicht gezerrt werden dürfen. Der letztere fällt bei eingetretener Eiterung von selbst ab. Die Nachbehandlung ist nach den allgemeinen Andeutungen zu leiten.
Bei Einklemmung eines Leisten- oder Hodensackbruchs muss das durch Chloroform oder Aether narkotisirte Thier auf den Rücken gelegt, der Hodensack und die Scheidenhaut mit Vorsicht geöffnet, noch einmal die Zurückbringung versucht werden, und wenn dieselbe nicht gelingt, muss man sich bemühen, die Spitze eines Fingers in den Bauchring wenigstens so weit einzubringen, dass der vordere Rand desselben einige Linien breit über die Fingerspitze hervorragt, worauf man mit einem gewöhnlichen oder besser mit einem verborgenen Bistouri in Form eines sogenannten Fistelmessers — oder mit einem nach Girard's Angabe konstruirten langen Knopfbistouri, dessen Spitze konisch ist, den vordem Rand des Bauchringes nach dem äussern Winkel zu etwa !•—2 Linien tief einschneidet, ihn hier-diu'ch erweitert, die Reposition des Bruchs macht und dann den Bauchring entweder heftet, oder ihn auf die sub a. und b. bezeichnete palliative Weise verschlicsst. Die weitere Behandlung ist den Entzündungszufallen angemessen, und nach S. 620 einzuleiten.
In letzter Zeit hat Patey ') folgendes Verfahren zur Erleichterung der Taxis bei den eingeklemmten Leisten-Darmbrüchen angegeben: dem, mit erhöhtem Becken auf dem Rücken liegenden Thiere wird der Hinterfuss der Seite, an welcher der Bruch besteht, in angemessenem Grade schräge nach aussen und hinten gezogen und von Gehilfen gehalten oder an einen festen Gegenstand gebunden, die 3 andern Beine sind zusammengebunden und in entgegengesetzter Richtung gehalten. Der Gehilfe am Kopfe muss die Aufmerksamkeit des Patienten (mittelst der Bremse u. s. w.) vom Bruch ableiten, während der Operateur die Häute des Hodensacks an der Bruchseite in der Längenrichtung vorsichtig bis auf das Zellgewebe, welches die gemeinschaftliche Scheidenhaut umgiebt, so weit durchschneidet, wie zur Kastration. Man schält dann in diesem Zellgewebe die Häute des Hodensacks von der Scheidenhaut bis nahe an den Bauchring, macht dann ungefähr an der Mitte der Scheideuhaut mittelst der Pinzette eine kleine Falte und schneidet dieselbe ein wenig ein, um eine
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') Recueil de med. veter. 1847. p. 205.
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Leistenbruch,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;637
kleine Oeifoung zu macheu. Durch die letztere injizirt man in den Bruchsack eine Auflösung von Belladonna- oder wässrigem Opium-Extrakt in einem milden Oel (fur Pferde 3|S—3j zu 3'ij—3jv)) 0(ler eine Abkochung von schleimigen Mitteln und Mohnköpfen, in etwas erwärmtem Zustande, — und befördert das Eindringen dieser Flüssigkeit in die Tiefe so wie die gleichmässige Verbreitung über alle Theile im Bruchsack dadurch, dass man den letztern zwischen beiden Händen sanft drückt, in verschiedenen Richtungen bewegt, auch abwechselnd hebt und senkt. Bald darauf sieht man in den bisher gespannten Theilen ErschlaiFung eintreten, und indem man diese Manipulation fortsetzt, bewirkt man auch einigermaassen die Fortbewegung des Darminhalts und selbst die Zurückbringung. Wenn während der Zeit das Pferd heftige Bewegungen macht, legt man schnell eine Hand nahe am Bauchriuge um den Bruch, die andere an das äussere Ende des Bruchsacks und drückt mit beiden sanft gegen die Bruchöffuung, um ein neues Hervortreten der Därme zu hindern; und wenn mau bei wieder eingetretener Ruhe eine Minderung des Bruchinhalts wahruimint, sucht man durch stärkeres und schnell wiederholtes Hindrängen des Darms gegen den Bauchring die Zurückbringung zu vollenden. Bei einiger Geduld, mit welcher man diese Verrichtung fortsetzen muss, sah Patey den Zweck immer erreichen. Nach der Zurückbringung des Bruchs legt man auf die Scheidenhaut und den Saameustraug so hoch als möglich eine gekrümmte Kluppe und verfahrt weiter, wie oben angegeben ist.
Wenn während des Kastrirens oder unmittelbar nach dieser Operation Gedärme hervorgedräugt werden, so ist es am besten, im Fall das Thier nicht schon auf dem Rücken liegt, ihm sogleich die Rük-kenlage zu geben und dann ebenfalls nach der sub a. oder b. bczeicli-neteu Methode den Bauchriug zu verschliessen, nachdem die Reposition der Eingeweide geschehen ist.
Die Nachbehandlung muss auch hier autiphlogistisch und nach den im Allgemeinen angegebenen Regeln erfolgen.
Bei Hündinnen ist nur allein das Heften des Bauchringes nach geschehener Reposition und eine eutzündungsvvidrige Behandlung in Anwendung zu bringen.
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Drittes Cafiltel.
Der Schenkelbruch (Hernia cruralis).
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Dieser Bruch entsteht, wenn Bancheingeweide zwischen dem Poupartschen Bande und dem Oberschenkel hervortreten. Er ist bis jetzt sehr selten beobachtet worden, und zwar bei Pferden, Eseln und Hunden. Die hervorgetretenen Theile sind ein Stuck vom Dünn-
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638nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Schenkelbruch. Behandlung.
dai'm, oder ein Theil des Netzes, oder auch beides zugleich; gewöhnlich besitzen diese Brüche einen Bruchsack, welcher eine Verlängerung des Bauchfells ist; zuweilen fehlt aber derselbe und die Eingeweide liegen dann im Zellgewebe zwischen dem Poupartschen Bande und dem dünnen Einwärtszieher des Schenkelbeins.
Die Ursachen sind heftige Anstrengungen bei dem Ziehen schwerer Lasten, bei dem Ausgleiten und Niederstürzen mit auseinandergespreizten Hinterbeinen, bei dem Courbettiren u. s. w.
Die Erkennung ist bei diesen Brüchen noch schwieriger, als bei den Leistenbrüchen, weil die Bruchgeschwulst sehr bedeckt und äus-serlich wenig sichtbar ist. Im frisch entstandenen Zustande gehen die Thiere, #9632;wie bei den Leistenbrüchen, mit dem Fuss der betreffenden Seite mehr gespannt oder auch wirklich lahm, und bei dem Stillstehen wechseln sie oft seine Stellung; sie zeigen geringere Munterkeit, etwas kürzeres Athmen und zuweilen auch verminderten Appetit. Bei der örtlichen Untersuchung findet man au der innern Fläche des Oberschenkels, nahe am Becken, eine Anschwellung, welche flach, nicht deutlich begränzt, elastisch oder teigartig weich und bei Druck ein wenig schmerzhaft ist. Bei geschicktem Drängen mit den Fingerspitzen auf die Geschwulst nach oben, noch mehr aber, wenn das Thier auf den Rücken gelegt ist, verschwändet die Geschwulst und man fühlt an ihrer Stelle in der Tiefe eine Lücke.
Die Beurtheilung ist, nach Lafosse '), ziemlich günstig, wenn man bei Zeiten die Operation unternimmt und die Heftung bewirkt, entgegengesetzt vergrössert sich der Bruch immer mehr, kann sich einklemmen und dann dieselbe Gefahr, wie andere eingeklemmte Brüche, erzeugen.
Die Behandlung besteht entweder nur in dem diätetischen Verhüllen, wie es in dem ersten Abschnitt S. 617, 618 zur Verhütung der Vergrösserung des Bruchs und übler Zufälle angedeutet worden ist, oder, wenn die Heilung gescliehen soll, nach Lafosse, in der Operation. Bei derselben muss man an dem auf den Rücken gelegten Thiere die Reposition und dann recht vorsichtig, mit Beachtung auf die Schenkeigefasse, einen Einschnitt an der Bruchstelle in die Haut an fler innern Fläcbe des Oberschenkels machen und das Poupart-sche Band mit dem dünnen Einwärtszieher des Schenkelbeins zusammenheften. Dieses Heften muss mit der Vorsicht geschehen, wie bei eindringenden Bauchwundeu. (S. 425.) Nach geschehener Vereinigung des Bruchringes wird auch die Hautwunde durch Hefte vereinigt; hierauf wird das Thier möglichst sanft auf die Beine gebracht, mit kurzen Schritten in den Stall geführt, hier 8 Tage stehend erhalten, bei strenger Diät werden ihm noch von Zeit zu Zeit Abfiihiungsmittel gereicht und örtlich wendet man sogleich auf die Umgegend das Unguentum Cantharidum an, so dass Äusschwitzung entsteht, — worauf man sich auf blosse Reinigung beschränkt. Wenigstens durch noch folgende 14 Tage, nachdem die Hefte entfernt
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#9632;) Cours d'hippiatrique, p. 246.
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Bauch- und Flankenbruch.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;639
worden sind, muss das Thier sehr vorsichtig bewegt und von jeder Anstrengung abgehalten werden.
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Viertes Capitel.
Vom Bauch- und Flankenbruche (Hernia ventralis et Hernia iliaca s. Hypogastrocele).
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Alle Brüche im ganzen Umfange der Baiichwandungen (mit Ausnahme derer, welche durch den Nabelring, die Leistenringe oder zwischen dem Poupartschen Bande), die durch abnorm entstandene Oeff-nungen gebildet werden, nennt man Bauchbrüche, und diejenigen, welche an den Seitentheilen des Bauchs (an den Flanken) vorkommen, bezeichnet man noch besonders mit dem Namen Flankenbrüche.
Die Bauchbrüche kommen bei Pferden und bei dem Rindvieh ziemlich häufig, bei den übrigen Hausthieren aber seltener vor. Bei Pferden und Rindvieh hat man sie ohne Unterschied des Alters und Geschlechts ziemlich gleichmässig beobachtet. Sie können zwar am ganzen Umfange des Bauchs entstehen, am häufigsten aber findet man sie in der Nähe der falschen Rippen. Ihre Grosse variirt von dem Umfange einer Haselnuss bis über den vierfachen Umfang eines Menschenkopfs. Nach dem verschiedenen Orte, wo ein solcher Bruch entstanden ist, sind auch die in der Geschwulst enthaltenen Eingeweide verschieden; man hat den Magen (ansgenommen bei Pferden), und zwar beim Rindvieh gewöhnlich den rechten Sack des Wanstes mit dem Netze, dünne und dicke Gedärme, einen Theil der Leber, den Uterus (in einzelnen Fällen sogar mit einem Foetus), und in den Flankenbrüchen den Dünndarm oder auch den frei liegenden Theil des Mastdarms in dem Bruchsacke gefunden. Die meisten dieser Brüche, namentlich die schnell entstandenen, und die sehr grossen, haben keinen Bruchsack vom Bauchfelle. — Die Einklemmung entsteht bei den Bauchbrüchen seltener als bei den Leistenbrüchen, doch kommt sie zuweilen vor (besonders bei plötzlich entstandenen). ')
Ursachen. Alle gewaltsame Einwirkungen, z. B. Horn- und Deichselstösse, Hufschläge, heftiges Ausschlagen mit den Hinterbeinen, Niederstürzen, besonders auf hervorragende Gegenstände u. s. w. kön-' neu zu diesen Brüchen Veranlassung geben, indem sie eine bald grös-sere, bald kleinere, einfache oder mehrfache Zerreissung der Bauch-
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') Wol.tein verneinte die Einklemmung der Bauchbrüche; ich habe sie jedoch, so wie Greve (a. a. 0. p. 18), Beyron (Becueil de med. vet. 1828 p. 581) u. A. beobachtet.
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(540nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bauch- und Flankenbruch.
muskeln erseugeu. Zuweilen sind kleine Spalten in den Bauchmuskeln, angebornc BruchölTnungen, zugegen.
Die Erkennung eines ßauchbmches ist aus den allgemeinen Symptomen der iJrüche (S. 613) zu erlangen. Man sieht an einer Stelle des Leibes eine kleinere oder grössere Geschwulst, -welche gewöhnlich mit dem übrigen Körper von gleicher Wärme, weich, elastisch oder teigartig auzul'uhleii, und durch angemessene Lage des Thieres oder durch angebrachten Druck von aussen aber sehr zu vermindern oder ganz aufzuheben ist. Nach reichlichem Futtergenuss und nach starken Anstrengungen vergrössert, und unter entgegengesetzten Umständen verringert sich die Geschwulst. Doch findet man bei frisch entstandenen Brüchen häufig wegen der eingewirkten Gewalt in den ersten 2 — 4 Tagen die Bauchdecken an dem leidenden Orte entzündet, schmerzhaft und warm, eben so sind auch gewöhnlich die eingeklemmten Bauchbrücke beschalfen. Ist bloss ein Stück Netz in der Geschwulst enthalten, so ist dieselbe ganz teigartig anzufühlen, sind bloss Därme vorgefallen, so ist die Geschwulst mehr gespannt, überhaupt zeigt sie nach den verschiedenen Zuständen die oben im allgemeinen Abschnitt angegebenen Verschiedenheiten. Nach dem Zurücktreten der Eingeweide fühlt man den Bruchring, und zwar in den meisten Fällen mit uuglcichen, zerrissenen, oft aber auch (namentlich bei veralteten Bauchbrüchen) mit verdickten und schwieligen Bändern. Bei grosseu Thieren führt zuweilen die Untersuchung per aniini zur sichern Diagnosis. Ausserdem berücksichtigt man die vorausgegangeneu Umstände, die stattgehabten Ursachen, das plötzliche Entstehen und die lange Dauer der Geschwulst.
Die Zeichen der Eiuklemmung sind dieselben, wie sie bei der Einklemmung im Allgemeinen (S. 615) angegeben worden sind.
Die Vorhersaguug hängt vornämlich davon ab, wie gross, wie alt, an welchem Orte des Bauches der Bruch besteht und in welchem Zustande er sieb befindet. Es kommen hierbei alle bei der Beurtheilung der Brüche im Allgemeinen angeführten Umstände in Betracht, und es ist daher im Besondern hier umquot; zu bemerken: dass Bauchbrüche mit sehr grossen Bruchöffnungen, deren Ränder ungleich zerrissen sind, ferner solche, wo eine grosse Masse der Eingeweide hervorgetreten und deshalb der Raum in der Bauchhöhle seit längerer Zeit sehr vermindert ist, schwer, oft gar nicht zu heilen sind; weil im erstem Falle die Räuder bei dem Heften ausreissen und im letztern Falle die Eingeweide sehr schwer zu reponiren und zurückzuerhalten sind. Kleine Brüche mit glatten, festen Rändern heilen oll leicht und gründlich. Brüche, welche ohne besondere Zufalle schon seit längerer Zeit bestehen, verändern sich wenig; auch sind sie bei der Operation weniger zu üblen Zufällen geneigt. Je mehr ein Bruch sich nach der untern Seite der Bauchwand zu befindet, um so schwieriger ist die Zurückhaltung der zurückgebrachten Eingeweide und die Verschliessung der BruchöiTnung, daher um eben so viel schwieriger die Heilung. Sind kolikähnliche Zufälle, überhaupt Zufälle der Einklemmung bei einem Bauchbruche vorhanden, so gilt dasselbe, was im Allgemeinen hierüber gesagt worden ist; — der Zustand ist dann immer sehr gefahrlich.
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Innerer Bauch- oder Bauchfellsbruch.
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Die Behandlung ist nach den angegebenen Verschiedenheiten derselben etwas verschieden. — Frisch euistandene Jiauchbruche, weiche nur eine geringe Geschwulst bilden, heilen bei strenger Ruhe und schmaler Kost des Thiers zuweilen, wenn die verletzte Bauchgegend ileissig mit Wasser, Bleiwasser, Alaunauflösungen und andern zusammenziehenden Mitteln befeuchtet, und alleuialls mit einem fest angelegten Bauchgurt oder einer breiten Binde unterstützt wird. In späterer Zeit können daselbst Einreibungen von Spirituosen, und im veralteten Zustande selbst von reizenden und scharfen Mitteln gemacht werden. Man kann hierzu das Ung. Cantharidutn, die Schwefel- und Salpetersäure u. s.w., wie bei den iNabelbrüchen, benutzen. 1st aber eine grosse Bruchgeschwulst vorhanden, oder vergrössert sich diese in kurzer Zeit bedeutend, oder ist der Bruch eingeklemmt, so nutzt nur allein ein operatives Verfahren. Dieses kann zum Theil nach der ßeschallenheit der Brüche in verschiedenen Modificationen radikal oder palliativ angewendet werden, und zwar im letzten Falle ganz, wie bei den Nabelbrüchen, durch Abbinden, Druck mit einer Klemme, oder durch Abnähen (S. 627). Je mehr Eingeweide in dem Bruch liegen und je mehr also hierdurch der Raum in der Bauchhöhle vermindert ist, um so mehr müssen die Thiere vor und nach der Reposition karg in Futter gehalten werden.
Die Nachbehandlung findet übrigens nach den im ersten Abschnitt angegebenen Regeln statt (S. 620).
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Fünftes Capitel.
Von dem sogenannten Innern Bauch- oder Bauchfellsbruch (Hernia interna abdominalis).
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Mit den Namen: innerer Bauchbruch, Bauchfellsbruch, Ueberwurf, Knopf, Darmumwickelung bezeichnete zuerst Oesterlen '), dann S. Anker 2) und andere Thierärzte #9632;#9632;,) einen eigenthümlichen, bei castrirten Ochsen in den süddeutschen Gebirgsgegenden und in der Schweiz mehrfaltig beobachteten, in andern
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') lieber die Erkenntniss und Heilung eines bei Zugochsen häufig vorkommenden, bisher grössten'heils noch unbekannten innern Bruches. Teuffels Magazin für Thierheilkunde. Bd. I. Hit. 1. S. 74. Karlsruhe IfSil.
*) Praktische Abhandlung und Heilung des Ueberwurfs oder des Bauchfellbruches bei Ochsen. Bern 1824.
') Böhm, Aichele, Eisele und Metzger in Herings Bepertor. für Thierheilk. Bd. I., V., VH. — Müller, Archiv Schweizer Thierärzte. XI. Bd. 1843. Kaufmann, ebend. 1852. Bychner, Bujatrik. Bern 1835. II. 149.
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642nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Innerer Banch- oder Bauchrellsbruch.
Gegenden seltenen ') pathologischen Zustand, Tvelcher darin besteht, dass ein Darmstäck aus der BauchhöMe von vorn nach hinten in eine durch Zerreissung entstandene üeflhung der Bauchfellfalte tritt, welche am Rande des Beckeneinganges bis zum Bauchriuge herabläuft und die Gelasse und Nerven des Saamenstranges umgiebt. Nach geschehener Zerreissung jener Falte erscheint der in der Bauchhöhle liegende Theil des Saamenstranges theilweis getrennt von den frühern Anheftungspuukten und wie eine schlaffe Schnur. Das durch die entstandene Oetlhung gedrängte Darmstück tritt mehr oder weniger in das Becken und oft beugt es sich hinter dem Saainenstrang wieder nach vom um denselben herum. Sowohl bei dem Durchdringen eines Darmslücks, wie auch und hauptsächlich nach der Umbiegung desselben übt der Saainenstrang einen Druck auf dasselbe; es entsteht hierdurch Reizung, Hinderung des Durchgangs der Exkremente, Entzündung, selbst Brand und der Tod, — ganz wie bei der Einklemmung andrer Brüche.
Die Zerreissung jener Falte des Bauchfells kommt in der Regel an der rechten Seite vor (weil hier die grössere Menge der Gedärme liegt, und weil an der linken Seile der Wanst bis zum Beckeneingange reicht); und gewöhnlich entsteht sie in dem oberen Theile, näher dem Kreuzbein als dem Schaambein. Der durch die Oetfnung getretene Theil ist meistens ein Stück des Grimmdarms, nach Oes-terlen auch eine Portion des Netzes.
Die Krankheit ist fast nur bei solchen Ochsen 2) gefunden worden, welche zur Arbeit benutzt wurden, und zwar meistens bei jungen , 2 bis 3 Jahr alten Thicren. Ihr Eintritt äussert sich zuerst in der Gestalt einer heftigen Kolik, zu der sich dann früher oder später die Zeichen der Einklemmung und Darmentzündung hinzugesellen. Die Thiere werden unruhig, werfen sich nieder, strecken liegend die Hinterfussc von sich und schlagen mit denselben; im Anfange des Hebels stehen sie schnell #9632;wieder auf, bewegen hastig den Körper von einer Seite zur andern und wedeln schnell und stark mit dem Schwänze; mit den Hintcrfiissen trippeln sie unruhig hin und her und schlagen häufig mit denselben nach dem Leibe; dieses Schlagen soll mit dem Fusse derjenigen Seite, auf welcher die Zerreissung des Bauchfells und das Durchtreten der Därme geschehen ist, mehr als mit dem andern stattfinden; bald springen sie vorwärts gegen die Kilppc, bald hängen sie sich wieder zurück in die Ketten oder Stricke, mit denen sie angebunden sind, so dass ihnen wegen dieses unruhigen Benehmens zuweilen schwer beizukommen ist. — Die Tempe-
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') Einen in England vorgekommenen Fall beschrieben Bass und Lep-per im Veter. Recorder IV. (IS48) S. 32.
') Anker hat bei einer Kuh eine ähnliche innere Darmeinklemmung beobachtet, welche durch einen spaltfünnigen liiss im breiten Miitterbando, durch den die Gedärme getreten waren, herlieigeführt wurde. Die Symptome waren wie bei dem Ueberwurf der Ochsen. Anker löste die Einklemmung, nachdem er den Flankenschnitt gemacht, durch Abschneiden des einschnürenden Bandes.
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Innerer Bauch- oder Bauchfellsbruch.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 643
ratur des ganzen Körpers ist (besonders deutlich fühlbar an den Ohren, Hörnern und Giiedmaassen) wechselnd, bald kalt, bald warm. So lange in den eingeklemmten Därmen noch nicht Entzündung eingetreten f oder wenigstens noch nicht auf einen hohen Grad gestiegen ist, besitzen die Thierc noch eine feucht-warme Nase, und auch die Färbung und Wärme des Mauls ist nicht verändert; — Puls und Athem sind beschleunigt, — der Appetit zu Futter und Getränk verschwindet sogleich mit dem Anfange der Krankheit. Mist und Harn wird während der ersten Stunden der Krankheit noch mehrmals entleert. Nach ö bis 12 Stunden mindern sich die Zufälle und zuweilen tritt scheinbar ein gänzlicher Nachlass ein, doch bemerkt man bei genauerer Beobachtung, dass die Thicre zuweilen gegen die leidende Stelle zurücksehen und die Ohren nach rückwärts richten, als ob sie aufmerksam auf etwas horchten, und dass sie von Zeit zu Zeit mit den Hintcrfüssen, jedoch langsam, vorwärts stampfen.
Zu der Zeit, woraquo;die Thiere ruhiger sind, ist auch der Puls und Herzschlag wenig beschleunigt, aber mit der Zunahme der Innern Entzündung wird auch der Puls kleiner, undeutlicher, der Herzschlag unfühlbar und die Kälte un den Extremitäten anhaltender. In seltenen Fällen beobachtet man, dass die Thiere in den ersten 12 Stunden nach den vorübergegangenen heftigen Kolikzufullen noch wiederkäuen; der Mistabgang aber hört um diese Zeit gänzlich auf, obgleich noch Winde und Darmschleim, letzterer meistens in zähen, Testen Flocken und Klumpen, und zuweilen mit Blut gemengt, abgehen. Wenn die Thiere sich niederlegen, so geschieht dieses meistens auf die leidende Seite und mit von sich gestreckten Hintcrfüssen; sie bleiben oft längere Zeit ruhig liegen und äussern dabei wenige Krankheitssymptome. Am Ende des zweiten und dritten Tages, vorzüglich, wenn sie zugleich aufgeblähet sind oder kurz vor dem Eintritt der Krankheit gefuttert wurden, fangen sie an zu ächzen und schneller zu athmen. Beim Aufstehen beugen und strecken sie, wie im gesunden Zustande den Hucken, nachher aber senken sie denselben tief und ziehen ihn nach unten ein. Die Thicre gehen schon von Anfang an etwas mühsam, mit kurzen Schritten und oft hinkend, besonders mit dem llintcrfusse der leidenden Seite, gegen den zweiten und dritten Tag aber lassen sie bei dem Gehen oft ein Aechzen hören. Häufig zeigen sie in der Weichengegend der kranken Seite unter der Hungergrube vermehrte Empfindlichkeit, und zuweilen hört und fühlt man am zweiten oder dritten Tage auf einen in die Hungergrube dieser Seite angebrachten Druck das Fluctuiren einer Flüssigkeit. — Entscheidend ist die Untersuchung durch den Mastdarm; man fühlt dabei, indem man mit den Fingern der eingeführten Hand am Rand des Beckeneinganges vom Kreuzbein bis zum Bauchringe herabgleitet, äusserlich neben dem Mastdarm an der Stelle der Einklemmung die durch ben Riss gedrungenen Gedärme als eine empfindliche, teigige, in späterer Zeit mehr derbe Geschwulst, oft nur von der Grosse einer Nuss, oft grosser, selbst wie eine doppelte iMan-nesfaust. In seltenen Fällen, besonders da, wo die Einklemmung mehr abwärts, nahe dem Schambein ist, fühlt man die eingeklemmten Därme nicht selbst, sondern nur den sehr angespannten Saamen-
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644nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Innerer Bauch- oder Bauchfellsbruch.
strang. Zuweilen hat die Geschwulst ganz die Form eines Knopfes, indem die vom Saamenstrage eingeschnürte Stelle gleichsam einen Hals bildet; und mitunter kann man von dieser Stelle her auch den gespannten Saamenstrang selbst fühlen. Oft ist auch an der leidenden .Stelle durch den Mastdarm vermehrte Wärme und Empfindlichkeit wahrnehmbar. Immer muss diese Untersuchung nach beiden Seiten des Beckens gemacht und bei nicht ganz sicherer Erkennung wiederholt werden.
Verlauf, Ausgänge und Beurtheilung. Die durch die Spalte nach hinten in die Beckenhöhle getretenen Gedärme werden zum Theil durch in ihnen enthaltenen Koth und durch Luft ausgedehnt und zum Theil hierdurch, zum Theil aber durch die bei veränderter Stellung und Lage des Thiers erfolgende Anspannung des Saanienstratiges eingeklemmt. In diesem Zustande entwickelt sich in etwa (j bis 12 Stunden Entzündung, am zweiten bis dritten Tage Ausschwitzung von vielem Faserstoff üusserlich^au den eingeklemm-Darmtheileu und vom vierten bis achten Tage, je nachdem die Umstände dazu förderlich sind, werden dieselben brandig und zerreissen; es erfolgt dann eine Ergiessung von röthlicher, sehr stinkender Jauche und Austieluug von Koth in die Bauchhöhle, und das Thier stirbt. — Nur in seltenen Fällen verschwindet die Einklemmuug von selbst und die Eingeweide treten, nach einer kurzen Dauer der Kolikzulalle, wieder in die Bauchhöhle zurück. Demnach ist die Prognosis nur dann günstig zu machen, wenn entweder die Zufälle nach kurzem Bestellen gänzlich verschwinden, das Thier munter wird u. s. w., oder wenn richtige Kunsthülle gebracht wird, ehe das Aechzen, die Kälte der Extremitäten und andere Zeichen des Brandes eingetreten sind. In dieser Periode ist die Heilung fast immer zu bewirken.
Ursachen. Als prädisponirende Ursache betrachtet man: zu wenig nahrhaftes Futter, wodurch eine Schwächung und Verminderung der Cohäienz des Bauclifelles au seinem hintern Theile, wo es ursprünglich schon lockerer ist, hervorgebracht wird, in Verbindung mit dein rohen Verfahren bei der Castration durch Abreissen der Hoden. Durch Letzteres soll entweder die Zerrung bis zum oberu Ende des Saamenstrauges fortgepflanzt und daselbst oft die Abtrennung der Bauchfellslältc bewirkt werden, oder #9632;— der Ueberrest des Saamenstrauges soll, nach der vorausgegangenen grossen Anspannung desselben, bis in die Beckenhöhle zurückschnellen und daselbst mit seinem freien Ende an die naheliegenden Theile so anwachsen, dass ein Darmtheil darüber hinwegfallen kann und dann aufgehangen erscheint. Jedenfalls müssen noch, — da das Uebel fast nur in Gebirgsgegenden bei Arbeitsochsen vorkommt und da auch anderwärts die Castration durch Abreissen der Hoden geschieht, ohne dass der Ueberwurf entsteht, — besondere Umstände zum Entstehen des Bruchs die Veranlassung geben, wie namentlich: heftige Anstrengung bei dem Bergaufgehen, Ziehen schwerer Lasten, das Hingen der Ochsen mit einander, Stösse und Schläge auf den Leib u. dgl.
Kur. Bei frisch entstandenem Ueberwurf lässt sich zuweilen die Zurückbriiigung des Darms auf die mildeste Weise dadurch bewirken, dass man das kranke Thier schnell bergab treiben lässt, oder, wo
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Innerer Bauch- oder Bauchfellsbruch. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;645
hierzu keine Gelegenheit, dass man es mit dem Vordertheil recht niedrig und mit dem Hintertheil recht hocli stellen und legen liisst. Wenn aber hierdurch der Zweck nicht erreicht wird, muss man versuchen, die Zurückbringung des Darms mit der Hand durch den Mastdarm zu bewirken. Dies kann auf zweierlei Art geschehen: a) durch die einfache Taxis, oder — b) durch gleichzeitiges Abreissen des Saainenstranges innerhalb des Beckens.
a)nbsp; Für den erstem Zweck lässt man zunächst das Thicr mit dem Vordertheil recht niedrig stellen; dann geht der Thierarzt, wenn der Ueberwurf links ist, mit der rechten, wenn er rechts ist, mit der linlien beölten Hand in den Mastdarm und sucht den Ueberwurf auf; dann bemüht man sich, den letztern ganz sanft nach oben und vorn über den Saamenstrang zurück (d. h. vorwärts nach der Bauchhöhle) zu drücken. Wenn hierbei das Thier sich in der Leudengegend einbiegt und hierdurch den Saamenstrang erschlafft, so wird die Taxis noch mehr befördert und man lässt deshalb ganz zweckmässig in dem Moment, wo die Zurückbringung mit der Hand bewirkt wird, durch einen Gehülfen einen Druck auf die Lenden hervorbringen. Ist die Zurückbringung gelungen, so fühlt man dies, indem das Darmstück von der frühern Stelle verschwunden ist, ausserdem entsteht in der Regel sogleich durch die freiere Bewegung der Gedärme ein lebhaftes Poltern im Leibe. Zuweilen tritt nach gemachter Reposition etwas Fieberfrost und Eingenommenheit des Kopfes ein, aber diese Zufälle gehen immer bald vorüber und nach wenigen Stunden finden sich Ausleerungen von Koth und Urin und völlige Munterkeit wieder ein.
b)nbsp; Das Abreissen oder Zerreissen der Ueberreste des Saainenstranges wird theils deshalb unternommen, um eine feste Einschnürung zu lösen, theils auch, um die Wiederkehr des Bruchs zu verhüten. Nach Metzger und Eisele geht man für diesen Zweck mit der Hand bis über den Ellbogen ins Rectum, führt sie in die Tiefe des Beckens etwas von rechts nach links, woselbst man den Saamenstrang fühlt; man sucht denselben auf den Zeigefinger zu bringen, fährt hierauf ruckweis schnell vorwärts und spannt ihn bis er sich lostrennt. Nach Gier er ') bewirkt man die Zerreissung mittelst des gegen den Saamenstrang gesetzten Daumens, — und nach Schenk2) bewirkt man sie, nachdem der Saamenstrang durch die Hamd gleichsam umgangen ist, durch starkes Ziehen desselben nach hinten.
Wenn aber der Bruch mit vollkommener TJmschlingung um den Saamenstrang und mit fester Einschnürung durch den letztern besteht, oder wenn die oben angeführten Symptome der entzündlichen Einklemmung zugegen sind, da muss die Bruchoperation nach Anker auf folgende Weise vorgenommen werden:
Der Ochse wird mit der gesunden Seite an eine Wand gestellt, sein Kopf daselbst gehörig festgebunden und der äussere Hinterfuss
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') Gierer, im thierärztl. Wochenblatt, 1853, S. 113. •) Schenk, ebend., 1854, S. 5, 14.
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640nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Innerer Bauch- oder Bauchfellsbruch. Kur.
mittelsl einer in der Höhe des Unterschenkels vorgehaltenen, mit dem vorderen Ende in die Erde gedrückten, 10 bis 12 Fuss langen Stange gewissermasseu fixirt, um das Schlagen mit demselben zu verhüten. Hierauf scheert mau aufquot; der Mitte der nach ausseu gekehrten Flanke die Haare ab und entfernt sie, so dass nichts von ihnen in die zu machende Wunde eindringen kann; dann zieht man die Haut daselbst in eine hohe Falte auf, dass sie von hinten nach vorn über die Hungergrube verläuft und sich in der Mitte derselben befindet; diese Falte schneidet man von oben nach unten querdurch, so dass eine 4 bis 5 Zoll lange Wunde entsteht, eben so werden die Bauchmuskeln mit einem gleichen Schnitt getrennt, jedoch an dem äussern schiefen Bauchinuskel nicht quer durch dessen Fasern, sondern mit dem Verlaufe derselben. Das Bauchfell durchschneidet man nur an einer kleineu Stelle vorsichtig, so dass man in die Oeffnung einen Finger der linken Hand einbringen und auf ihm mit einem Knopf bistouri die Trennung dieser Haut nach oben und unten in derselben Grosse, wie die äusserc Wunde ist, bewirken kann. Hierauf führt der Operateur bei einem Bruch au der rechten Seite seine rechte, an der linken Seite seine linke llaud in die Bauchhöhle, und zwar nach dem Becken zu, und zerstösst zuerst das Netz, greift dann zwischen den Därmen hindurch, die Hand von unten nach oben ge-gegen die Nierengegend bewegend, nach den Saamengefässen und gleitet dann an denselben abwärts bis zu der Umschlingung, welche man so wie den Saameustraug deutlich fühlen kann. Hat sich der Thierarzt durch genaues Befühlen des betreffenden Darmstücks und des Saainenstranges von der Beschaffenheit und Lage der Theile unterrichtet, so zieht er seine Hand zurück, ergreift das Bruchmesser so, dass die Klinge von dem Daumen und Zeigefinger gehörig bedeckt wird und führt dann die so bewaffnete Hand wieder durch die Wunde in die Bauchhöhle zu der Umschlingung und schneidet daselbst vorsichtig den Saamenstrang wo möglich unterhalb der Umschlingung durch. Hindert ihn dann das in der Hand befindliche Messer nicht, so kann er sogleich das bisher eingeschnürte Darmstück mit den Fingerspitzen ergreifen und aus seiner bisherigen abnormen Lage in die Bauchhöhle zurückführen; wenn dies jedoch nicht gelingen will, so bringt man das Messer nach aussen zurück, um die völlige Ablösung des Darmstücks zu bewerkstelligen.
Bei dieser Gelegenheit ist es stets rathsam, mit der einmal iu der Bauchhöhle befindlichen Hand auch sogleich die andere Seite des Beckens zu untersuchen, ob nicht auch hier ein Ueberwurf besteht, wie dies mehrmals beobachtet worden ist. In diesem Falle würde man von derselben Stelle her auch die Zurückfuhrung und nöthigen-falls die Operation dieses Ueberwurfs zu bewirken suchen.
Nach geschehener Operation heftet man die Bauchwunden in der gewöhnlichen Weise und bestreicht nach Anker die Naht mit etwas reinem Schweinefett, legt darüber eine vier- bis sechsfache Compresse und hält dieselbe mit einem breiten Bauchgurt oder mit einigen starken Handtüchern, welche um den Leib gelegt und zusammengenäht werden, in ihrer Lage. Dieser Verband bleibt 24 Stunden liegen, wird dann entfern* und das Thier wird bei ruhigem Ver-
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Innerer Bauch- oder Baucbfellsbruch. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;647
halten mit weichem Futter in kleinen Quantitäten ernährt und gelind antiphlogistisch behandelt. Bei eingetretener Eiterung werden die Wunden täglich einige Mal mit lauwarmem Wasser gereinigt und nach geschehener Vereinigung werden die Fäden ausgezogen.
Während und nach der Operation zeigen sich einige Zufalle, welche nach Anker's und Anderer Angaben für den Ausgang des Falles von Bedeutung sind und daher beachtet werden müssen: Wenn die Därme in ihre Lage zurückzutreten beginnen, wird, wie bereits oben bemerkt, die Lebensthätigkeit vermindert, wie im Froststadium eines Fiebers; je schneller dieses Kältestadium vorübergeht, um desto besser ist dies, weil hiernach die Genesung um desto schneller erfolgt. Wenn nach dem Zurückbringen ein lebhaftes und leicht hörbares Poltern im Darmkanal entsteht, — wenn nach 6 bis 7 Stunden nach der Operation weiche Kothentleerungen erfolgen, so sind auch dies günstige Zeichen; wenn entgegengesetzt nach geschehener Eröffnung der Bauchhöhle sich aus derselben Auslluss von röthlicher, stinkender Feuchtigkeit zeigt, so isl die Operation zu spät unternommen und das Thier stirbt. Ist vor der Operation starke Aufblähung zugegen, so ist auch dies mehrentheils ein übles Zeichen, weil in den meisten Fällen die starke Gasentwickelung eine Folge des eingetreteneu brandigen oder fauligen Zustandes ist, eben so ist es ungünstig, wenn nach der Operation die Thicre ächzen oder wenn Unterdrückung der Kothausleerung, Zurücktritt der Temperatur und immer mehr Sinken des Pulses erfolgt.
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Neunte Classe.
Krankhafte Ausdehnungen und Erweiterungen.
Ectasieen.
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Erster Abschnitt.
Krankhafte Ausdehnungen und Erweiterungen im Allgemeinen.
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Krankhafte Ausdehnungen des Gewebes und Erweiterungen des Umfanges kommen an Muskeln, Sehnen, Sehnenscheiden, Gelenkkapseln, Blutgelassen, an dem Speichelgange der Ohrdrüse, am Schlünde, dem Mastdarm und der Scheide vor. Im Allgemeinen geben sich diese krankhaften Zustände durch eine Vermehrung des Umfanges der afficirten Theile zu erkennen, -wobei jedoch die sonst dem Gewebe eigenthümliche normale Festigkeit, Derbheit und Energie zuerst nicht vorhanden sind, sondern Erschlaffung besteht; oft ändert sich aber das Gewebe in späterer Zeit und es findet sich in Folge der dabei bestehenden abnormen Absonderung eine Verdickung und Verhärtung, selbst krankhafte Knorpel- und Knochenbildung hinzu. Man findet daher die ausgedehnten Theile zuerst, und oft während der ganzen Zeit ihres Bestehens, schlaff und beim Drücken leicht nachgiebig, in vielen Fällen aber nach einiger Zeit mehr derb und fest. Im Innern bemerkt man an den hohlen Organen Anhäufung von Flüssigkeiten oder von andern Stoffen, welche wieder auf die Wände des Organs selbst zurückwirken und die Ausdehnung vermehren; zuweilen kann man auch durch Druck den Inhalt weiter bewegen und dadurch den Umfang des Organs vermindern; mitunter findet sich auch Störung der Function des leidenden Theils selbst oder der benachbarten Theile; Schmerz und Entzündungszufälle sind in der Regel nicht vorhanden, und wo sich diese finden, sind sie nur zufällig für einige Zeit, als Complication vorhanden.
Die Ausdehnungen und Erweiterungen so wie die Erschlaffung (Laxitas) beruhen gewöhnlich auf mangelhafter Bildung der Gewebe
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Ausdehnungen und Erweiterungen im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 649
und sind in einzelnen Fällen Fehler der ersten Bildung (angeboren), in andern Fällen aber sind sie die Folge yerschiedener anderer krankhafter Zustände, namentlich von Lähmung, von einer durch zu wenig oder schlechte Nahrung, durch leuchte und verdorbene Luft, durch Krankheiten u. s. w. bedingten mangelhaften Ernährung, bei welcher die plastischen Stolle nicht in der erforderlichen AI enge und BeschafTenheit in das Gewebe abgesetzt werden; nicht selten oder sie sind durch übermässige mechanische Ausdehnung der Theile, oder auch durch Verwundung oder Zerreissung einzelner Fasern veran-lasst; und in noch andern Fällen sind sie die Folge einer abnormen Secretion in den hohlen Orgauen.
Die Bedeutung dieser krankhaften Zustände ist in den einzelnen Fällen, je nach dem leidenken Organ, nach dem Orte, nach dem Grade und der Dauer des TJebels sehr oerschieden, im Allgemeinen aber hinsichtlich der Gefahr, welche aus ihnen entstellt, in den meisten Fällen nicht sehr gross; dagegen ist die Heilung immer schwierig und mit völliger Wiederherstellung der leidenden Gewebe sehr selten möglich.
Die Kur muss im Allgemeinen: 1) auf Beseitigung und fernere Abhaltung der Ursachen, 2) auf Wiederherstellung des normalen Grades von Contraktilität und Reizbarkeit, 3) auf Umstimmung der fehlerhaften Secretion und Resorption gerichtet sein, und 4) wo durch den abnormen Zustand bereits Störungen erzeugt sind, müssen diese noch besonders beseitigt werden. Die Erfüllung dieser Indicationen ist bei den einzelnen Arten dieser Leiden etwas verschieden und die Anweisung hierzu wird deshalb in den folgenden Capiteln angegeben werden.
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Zweiter Abschnitt.
Von den Ausdehnungen und Erweiterungen im Besonderen.
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Erstes Capitel. Ausdehnungen der Muskeln und Sehnen.
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Muskeln und Sehnen sind zuweilen an verschiedenen Theilen, wie namentlich au den Ohrmuscheln, an den Lippen, am Halse und an den Gliedmaassen im bald mindern, bald höhern Grade erschlartt und ausgedehnt. Sowohl hierdurch direkt, wie auch mittelbar dadurch, dass die an der andern Seite des betreffenden Theils befindliche jMuskeln und Sehnen ein Uebergewicht in ihrer Zusammenziehung erhalten, erfolgt ein Herabhängen oder eine Verkrümmung der betreffenden Theile nach der entgegengesetzten Seite, unregelmässige Stellung und mangelhafte Bewegung. Mau sieht diesen Zustand zuweilen an den Ohren, an den Augenlidern, an der Zunge (s. Vorfall der Zunge (S. 590), an den Lippen, am After, am Schwänze und an den Gliedmaassen.
Die Ohren hängen bei einfacher Ausdehnung oder läh-mungsartiger Schwäche ihrer Aufhebemuskeln schlaff herunter und können weder vollständig in die Höhe gerichtet, noch mit der sonst gewöhnlichen Lebhaftigkeit bewegt werden; bei der örtlichen L'ntersuchung findet mau im Umfange des Ohrs keinen andern pathologischen Zustand, als Erschlaffung der Aufhebemuskeln, welche sich dadurch äussert, dass bei dem sehr leicht erfolgenden Aufheben des Ohrs mit der Hand sich die genannten Muskeln in eine Falte zusammendrücken, welche man unter der Haut deutlich fühlen kann. Dabei besteht zuweilen die Empfindlichkeit und ein gewisser Grad von Uewegungskraft in diesen Theilen fort. Zuweilen ist der Zustand complicirt mit Quetschung, Blutunterlaufung, oder mit Verwundung.
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Ausdehnungen der Muskeln und Sehnen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 651
Bei Ei-schiaflung der Augenlider sieht mau das obere zu lang, schlaiT und wenig beweglich über den Augapfel, — das untere etwas umgebogen nach abwärts herunterhängen.
Bei Ausdehnung und Lähmung des Aufhebers der Oberoder der Unterlippe, oder der Seitwärtszieher einer Lippe wird die letztere entweder schlaff herunterhängend oder nach einer Seife verzogen gefunden, man kann aber dabei leicht die Lippe nach der entgegengesetzten Seite drücken und ihr dadurch für einen Moment die gehörige Form wiedergeben. Zeichen von Entzündung fehlen auch hier; ist blosse Erschlaffung zugegen, so ist auch die Empfindlichkeit und zuweilen auch ein geringer Grad von Beweglichkeit noch vorhanden, aber bei wirklicher Lähmung fehlen beide Vermögen. Die Aufnahme des Futters und Getränks ist bald mehr bald weniger erschwert.
Ausdehnung und Erweiterung des Afters ist in Erschlaffung oder Lähmung seines Schliessmuskels begründet und findet sich oft bei alten und sehr- geschwächten Thieren. Man sieht- den After beständig offen stehen und oft hört man auch das Einströmen und Ausströmen der Luft bei jedem Athcmzugc.
Die Erschlaffung und Ausdehnung der Muskeln und Sehnen an den Gliedmaassen findet sich am häufigsten an den Streckmuskeln und deren Sehnen. Man sieht Verkrümmung nach der entgegengesetzten Seite, oder, wenn die Beuger erschlafft sind, Stei-figkeit des Fusses, so dass die Thiere namentiieh krümm in den Knieen und zwar in der Hegel nach vorn überhängend stehen; das Strecken des Gliedes in die gerade Stellung ist immer leicht zu bewirken und hierdurch unterscheidet sich dieser Zustand von denjenigen Verkrümmungen, welche durch übermässige Contractionen ver-anlasst werden. An den Beugcsehuen des Schienbeins und Fesseis spricht sich das Leiden in in einem zu starken Durchtreten im Fes selgelenk (sog. Bärenfuss) aus; — und wenn die Thiere sich die Ausdehnung durch anhaltendes Stehen auf den Ballen zugezogen haben, wie z. B. bei dem Verschlag, oder wenn sie nach einer Verletzung der Beugesehnen entstanden ist, machen die Thiere eine eigeu-thümliche schleudernde Bewegung mit den Füssen. — Die erschlafften Sehnen und Muskeln treten zuweilen ein wenig über die Oberfläche der übrigen Sehnen hervor, zeigen sich aber bei dem Befühlen schlaff und weich, sogar ein wenig verschiebbar, ohne Schmerz und vermehrte Wärme. Bei dem Gehen knicken die Thiere in dem einen oder in dem andern Gelenk, besonders in dem Fesselgelcuk und im Kronengelenk, zusammen, und sie lahmen mit schleppendem Fusse.
Die Ursachen dieser Zustände sind dieselben, welche im ersten Abschnitte im Allgemeinen angegeben worden.
Die Prognosis ist bei frisch entstandenen Ausdehnungen und wenn dieselben in einem geringen Grade bestehen, wenn ferner keine besondere Anlage vorhanden ist, ziemlich günstig, unter entgegengesetzten Umständen aber fruchten die angewendeten Ileilungsinittel wenig und die Verkrümmung und Schwäche des Thcils uiinml dadurch immer mehr zu, dass die entgegengesetzt wirkenden Muskeln
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und Sehnen sich allmälig contrahiren. Bei längerei Dauer tritt gewöhnlich der sogenannte Schwund hinzu.
Die Behandlung. Wo allgemeine Schwäche und mangelhafte Ernährung besteht, muss zunächst die Ernährung durch kräftige Nahrungsmittel, wie sie der Thierart entsprechend sind, so wie durch reine Luft und eine gradatim gesteigerte Uebung in dem Gebrauche des leidenden Theils angeordnet werden. Oertlich wendet man bei grosser Ausdehuung und sehr krummer Haltung der Theile zur Unterstützung derselben Einwickelungen mit Binden, und an den Glied-maassen selbst Schienen an; letztere müssen jedoch gut gepolstert sein und dürfen immer nur für kurze Zeit liegen, so dass sie die betreffenden Theile nicht quetschen. Die grössern Thiere unterstfitzt man beim Stehen mit dem Hängegurt (Seite 496) und ausserdem sorgt man für ein gutes Lager. Damit die Ausdehnung in den Sehnen der Gliedmaassen vermindert werde, macht man, wenn die Empfindlichkeit sehr gering oder Lähmung vorhanden ist, Waschungen von Spirituosen IVlitteln, mit Kampher, Terpenthinöl, mit Haller's saurer Mixtur, mit adstringirenden und aromatischen Mitteln oder die Acupunctur, und von Zeit zu Zeit lässt man mittelst eines gegen den Theil gehaltenen rotbglüheuden Eisens Hitze in denselben einströmen, ohne die Haut zu verbrennen. Man achtet hierbei auf die* Aeusse-rungen, welche das Thier hinsichtlich seiner Empfindlichkeit während des Hitzeeinströmens wahrnehmen lässt und hält damit inne oder leitet die Hilze auf eine andere Sielle, wenn das Thier unruhig wird und auszuweichen sucht. — Bei grosser Erschlaffung und Ausdehnung brennt man Punkte oder Striche um die leidende Stelle und wendet hiernach die genannten Mittel an.
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Zweites Capltel.
Die Ausdehnungen der Sehnenscheiden, der Schleimbeutel und
der Gelenkkapseln oder der sogenannten Gallen. (Hydrartlos,
Hydrops articulorum s. Gallae, Ganglia.)
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Die Sehnenscheiden an den Gliedmaassen, so wie einige Schleimbeutel und die Gelenkkapseln an den Gliedmaassen dehnen sich bei den zur Pferdegattung gehörenden Thieren sehr häufig, bei dem Rindvieh zuweilen, und bei den übrigen Thieren nur selten weit über den normalen Zustand aus und bilden dadurch eigenthfimliche Geschwülste, welche man gewöhnlich mit deni Namen Gallen •)
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') Gallae, d. h. Blasen mit Flüssigkeit.
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Gallen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;653
bezeichnet Man unterscheidet nach den eben angedeuteten verschiedenen Organen die Gallen im Allgemeinen 1) in Sehnengallen und 2) in Gelenkgallen. Die erstereu, welche auch Flussgallen heissen, finden sich hauptsächlich an folgenden Stellen:
a)nbsp; Die Sehuenscheidengalle an dem Strecker des Fesselbeins der \ orderfasse. Sie liegt am untern Ende des Vorarms, an dessen äusseru Seite etwa 3 bis 4 Zoll hoch über dem Knie und bildet eine ovale, elastische, massig stark hervortretende Geschwulst, welche im Anfange immer sehr schmerzhaft und mit grosser Lahmheit verbunden ist.
b)nbsp; An der Scheide der Streck- oder der Beugesehne des Knies und Schienbeins (Vorderknie-Galle). Sie besteht in einer länglich-runden, elastischen Erhabenheit bald auf der äussern, bald auf der innern oder hintern Seite des Vorderknies (der Fusswurzel); sie ist in der Regel durch Druck zu verschieben.
c)nbsp; Die Seh tie afe ss elg allen. Diese haben ihren Sitz in der Scheide der Beugesehnen des Kronen- und Hufbeins, seitlich am untern Ende des Schienbeins unmittelbar über dem Fesselgelenk, sowohl an den vordem, wie auch an den hintern Füssen und bilden länglich-runde Beulen.
d)nbsp; nbsp;Die hintere Sprunggeleuksgalle hat ihren Sitz in der Scheide der Achillessehne au der hintern Seite und am obern Ende des Sprunggelenks und zeigt ebenfalls eine länglich-runde elastische Geschwulst.
e)nbsp; Die Strecksehnengalle an der Strecksehne des Kronen-und Hufbeins sowohl der Vorder- und der Hiuterfüsse. Sie befindet sich in der Scheide der genannten Sehnen an der vordem Fläche der Schienbeine, bald mehr am Fusswurzelgelcnk, bald mehr nach unten und stellt immer eine etwa haselnussgrosse, rundliche, elastische Anschwellung dar; zuweilen besteht sie an derselben Sehne doppelt.
Zu den Gelenkgallen gehören:
a)nbsp; Die Fesselgelenkgalle oder auch runde Fessclgalle. Sie findet sich am Fesselgelenk der vordem und hintern Gliedmaassen und besteht in einer Erschlafliing und Ausdehnung der Gelenkkapsel, bald an der innern, bald an der äussern Seite und zuweilen auch rund um das Fesselgelenk. Sie bildet um das letztere eine weiche runde Beule, welche bei dem Drücken etwas nachgiebt und sich verkleinert, aber nachdem das Thiei- einige Schritte gegangen ist, wieder zum Vorschein kommt.
b)nbsp; Die eigentliche Kniegelenksgalle hat ihren Sitz im Kap-, selbande des Kniegelenks dar Hinterbeine und tritt an der äussern, zuweilen auch an der innern Seite desselben neben der Kniescheibe als eine elastische länglich-runde Beule hervor.
c)nbsp; nbsp;Die Sprunggeleuksgalle besteht in einer Aussackung der Gelenkkapsel (und der Schleimbeutel) an dem Sprunggelenk und äussert sich bald nur an der inwendigen, bald an der auswendigen Seite und zuweilen an beiden Seiten dieses Gliedes; ist sie nur an einer Seite, so heisst sie die einfache, ist sie an beiden Seiten, so heisst sie die durchgehende Sprunggeleuksgalle oder die Kreuz-
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654nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gallen.
galle. Man erkennt sie an einer liinglieh-runden Anschwellung zwischen dem Fersenbein und dein Unterscheukelbein, welche elastisch weich und bald nur an einer Seite, bald an beiden Seiten wahrzunehmen ist und sich durch Druck nach und nach verkleinert, aber, bald darauf wieder mehr zum Vorschein kommt.
d) Die Hinterkniebeuge-Galle auch Wassergalle genannt. Sie besteht in einer ErsclilaUung der Synovialkapsel des Sprunggelenks, an dessen vorderer Fläche und zum Thcil auch an der innern und bildet eine rundliche Anschwellung von elastischer Beschafien-lieit. l\ian pflegt sie zuweilen auch mit dem Namen Ochsenspat zu bezeichnen, weil sie eine ähnliche Erhöhung darstellt, wenn man sie am Sprunggelenk des Kindviehes findet.
Die Gallen entstehen in den meisten Fällen nur sehr klein und vergrösseru sich bald schneller bald langsamer bis zu einem bedeutenden Umfange, so dass sie zuweilen eine grosse Unförmlichkeit des Gliedes veranlassen; in andern Fällen entwickeln sie sich plötzlich zu einer bedeutenden Grosse. Die Fälle der letztern Art sind gewöhnlich solche, wo eine grobe mechanische Verletzung ein Gelenk betroffen hat, und wo nicht selten eine Blutergiessung in das Kap-selbaud stattgefunden hat und die Veranlassung der Ausdehnung der letzlern ist. In der Hegel enthalten die Schnengallen nur eine der normalen Schnenscheidenflüssigkeit ganz ähnliche Feuchtigkeit und die Gelenkgallen bios Synovia; zuweilen aber verdickt sich jene erstere Flüssigkeit und erscheint dann gallertartig oder auch selbst wie gekochtes Eiweiss. Die Syuovialkapseln und die Sehnenscheiden sind dabei zuerst nur in normaler Dicke, aber auch aufgelockert und im veralteten Zustande verdickt, sehnenartig, selbst knorpelig und dann haben die Galleu ihre elastische Beschaffenheit verloren. In der Mehrzal sind sie ohne Entzündungszufälle und daher auch ohne Schmerz und ohne dabei bestehendes Lahmgehen; allein wenn sie sich schnell vergrösseru, wenn sie in Folge von äussern Verletzungen sich entzünden, können alle Gallen auch die Symptome der Entzündung zeigen und Lahmheit veranlassen; dies ist aber ganz besonders der F'all bei denen, die durch mechanische Einwirkung plötzlich entstanden und zu einer bedeutenden Grosse entwickelt sind.
Die Erkennung der Gallen ist aus ihrer Beschaffenheit und aus ihrem Sitze in der Regel leicht zu erlangen; man muss jedoch die bei der sogeoannten Füllenlähme entstehenden Anschwellungen der Gelenke nicht mit den einfachen Gallen verwechseln.
Die Ursachen der Gallen sind: zuweilen eine natürliche Anlage, bestellend in zu lockerem Gewebe der Sehnenscheiden und der Kapselbänder und in zu grossem Reichthum an wässerigen und eiweiss-halligen Säften, wie man dies besonders bei Pferden aus niedrigen aus niedrigen feuchten Gegen und bei solchen findet, welche sehr reichlich weiche Nahrung, Gras, Kartoffeln und dergleichen bfek vieler Ruhe erhalten haben, zuweilen entstehen sie auch bei oder nach asthenischen Krankheiten; namentlich bei der Influenza. Ilervorgc-rufen werden sie in den meisten Fällen durch heftige Anstrengungen jeder Art und durch Quetschungen der Gelenke und Sehnenscheiden.
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Gallen. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;655
Pie Beortheilung der Gallen ist im Allgemeinen ziemlich günstig, da die meisten den Gebraueh der Thiere wenig oder gar nicht stören, sondern nur als Schönheitslehler bestehen; doch machen diejenigen (.'allen hiervon eine Ausnahme, welche plötzlich in grosser Ausdehnung entstanden, oder mit Entzündungszufällen verbunden sind und welche, wie bereits oben erwähnt, zuweilen ein Pferd auf 8 bis 14 Tage lahm machen. Im Sommer vergrössern sich die sümmtli-chen Gallen und werden dann zuweilen auch schmerzhaft, bei kühler Witterung verkleinern sie sich aber wieder. Wenn Gallen sich verhärten, so können sie durch Druck auf die umgebenden Theile Reizung und Schmerz erzeugen oder auch Steifigkeit in den Gelenken und Sehnen veranlassen, doch ist dies nicht in jedem Falle so. Hinsichtlich der Heilbarkeit lässt sich ein bestimmtes Urtheil kaum aussprechen, da die GaUen im Allgemeinen sehr hartnäckige Uebel sind und allen Mitteln widerstehen, in einzelnen Fällen aber bald theilweis, bald gänzlich beseitigt werden können. Frisch entstandene, kleine, weiche Sehnengallen sind lür die Heilung noch am meisten geeignet, Gelenkgallen sind mehr hartnäckig und verhärtete (.'allen sind gewöhnlich nicht wieder aufzulösen; am übelsten zu beurtheilen in jeder Hinsicht sind die plötzlich in grosser Ausdehnung entstandenen und mit Schmerz und Lahmheit verbundenen Gelenkgallen, bei denen nicht selten aussei- der Ausdehnung des Kapselbandes noch eine anderweitige Verletzung an den Gelenkenden der Knochen etc. besteht.
Die Kur. Man stellt sich dabei die Aufgabe: die Ursachen abzuhalten, die etwa bestehende zu hellige Entzündung, Schmerz und Lahmheit zu beseitigen, die Resorption zu befördern, die Gelenkkapsel oder die Sehnenscheide und die sie umgebenden Theile zur stärkern Contraction zu bringen, oder selbst eine TInistimmung in der Synovialhaut zu erzeugen. Diese verschiedenen Zwecke kann man auf mehrialtige Weise erreichen, doch muss man dabei den entzündeten oder entzündungslosen Zustand der Galle, ihre Grosse und die Beschalfenheit ihrer Wände berücksichtigen.
Im Allgemeinen muss man bei vollsäftigcn, namentlich jungen, gut genährten Pferden die Nahrungsmenge vermindern, leichtes Futter und oll wiederholt eine Purganz geben und die Thiere massig bewegen. Sind die Gallen entzündet und besteht Heizfieber, so kann man auch entsprechende Blutentziehungen machen und die Thiere iniisseu stehen bleiben.
Oertlich behandelt man kleine, frisch entstandene Gallen auf die mildeste Weise, indem man die Thiere mit -den Füssen bis über die Galle in kaltes Wasser stellt, oder Waschungen und Umschläge von demselben, oder von Essig und Wasser, Bleiwasser oder Oxykrat macht und ausserdem die betreffende Parthie des Fusses mit einer wollenen Binde umwickelt. — Sehr schmerzhafle Gallen werden zweckmässig zuerst mit schleimigen oder narkotischen IMitteln (Fuss-bäder oder Umschläge von ftlalvcnkraut, Leinsaamen, Bilsenkraut, Rindermist und dergleichen) und nach beseitigter Schmerzhaftigkeit mit gelind erregenden Mitteln behandelt und mit Binden umwickelt. — Bei grossen und älteren Gallen fruchten diese IVlittel nicht und man
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656nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gallen. Behandlung.
kann daher mehr adstringireude und zugleich erregende Mittel anwenden, wie namentlich das Goulardsche Bleiwasser (mit Kampherspiritus), eine Auflösung von Zink-, Kupfer- oder Eisenvitriol, von Alaun (jj zu 1 Pfd. Wasser und $ Pfd. Branntwein), oder ein Decoct von Cortex Quercus oder Radix Tormentillae mit Weingeist. Sind die Gallen sehr gross oder zeigen sie eine Neigung zum Verhärten, so sind Einreibungen des Kampherliniments, des Salmiakgeistes, des Terpentinöls, der Jodsalbe, der Jodtinktur, der Cantha-ridentiuktur, der Cantharideusalbe so lange zu benutzen, bis Ausschwitzung stattgefunden hat, oder man applicirt das scharfe Pflaster, — worauf man das Abheilen des sich bildenden Schorfes ruhig abwartet und dann diese Mittel wiederholt oder auch, wenn die Gallen etwas mehr weich geworden sind, die adstringirenden Mittel und die Binden durch einige Zeit fortgesetzt anwendet. Eben so kann man bei solchen giosscn oder zum Verhärten geneigten Gallen das Brennen in Punkten oder Strichen auf der ganzen Überfläche der Galle in der Art, dass Ausschwitzung entsteht, in Anwendung bringen.
Man hat seit alten Zeiten bei grossen Gallen' auch die Eröflnung und Ausleerung derselben empfohlen, aber auch mehrseitig dagegen gewarnt, weil fast eben so oft ein schlechter wie ein guter Erfolg, namentlich sehr heftige Gelenkentzündung, hiernach beobachtet worden ist. Es kommt hierbei jedoch auf die richtige Auswahl der zur Operation geeigneten Gallen und auf die Art, wie die Operation gemacht und die Nachbehandlung geleitet wird, sehr viel an und bei richtiger Beachtung dieser Punkte ist die Heilung vieler Gallen durch die Operation gewiss sohr zu befördern, indem einerseits in Folge der Entleerung des Inhalts die Häute zusammenschrumpfen, andrerseits ein gelinder Grad von adhaesiver Entzündung entsteht, durch welche die secernirenden Gefasse verschlossen werden.
Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass man ohne Gefahr von üblen Folgen nur solche Gelenkgallen öffnen darf, welche nicht frisch entstanden, nicht plötzlich sehr gross geworden und nicht mit heftiger Entzündung verbunden sind, — dagegen diejenigen, welche noch mit Entzündung und vielem Schmerz begleitet sind, in den meisten Fällen nicht öffnen darf; ferner dass die Eröffnung nur mit einer möglichst kleinen Wunde und so geschehen müsse, dass kein Eindringen der atmosphärischen Luft stattfindet; ausserdem muss durch eine recht starke derivatorische Behandlung die Entwickelung der Gelenkentzündung vermieden werden.
Die Operation kann in mehrfachen Modificationen geschehen, und zwar 1) durch einen einfachen Einstich in gerader Richtung durch die Haut bis in die Höhle der Galle, vermittelst einer Lanzette, eines spitzen Messers, eines von Busch hierzu empfohlenen Gallenschneppers, oder auch mittelst eines Troikars; 2) durch einen Einstich in schräger Richtung unter der die Galle bedeckenden Haut, so dass die Oeffuung gewissermassen subeutan geschieht; 3) durch einen grössern offenen Einschnitt; 4) mittelst Durchführung eines Eiterbandes durch zwei gemachte Oeffnungen und 5) durch das Brennen mit einem spitzigen Glüheisen oder mit einem glühenden Pfriemen.
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Gallen. Behandlung durch ErölTnen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;657
Das ersteve Verfahren ist leicht ausführbar und wurde daher auch am meisten angewendet, doch hält man es jetzt nicht mehr für recht zweckmässig, weil die Luft unvermeidlich - zu viel auf die innere Fläche der Galle reizend einwirkt und zu heftiger Entzündung Veranlassung giebt. Deshalb verdient die zweite Methode den Vorzug und dieselbe wird jetzt inehrentheils benutzt. —#9632; Das dritte Verfahren ist von Busch 1) bei Sehncnscheidengallen allgemein empfohlen, es ist jedoch nur da gut zu benutzen, wo Gallen mit verdickter Sehnenscheideuflüssigkeit in der Scheide der Strecksehne des Kronen-und Hufbeins sitzen; bei Gelenkgallen kann es leicht gefahrlich werden. Die vierte und fünfte Verfahrungsweise ist mit vieler Reizung verbunden und daher namentlich die vierte nicht zu empfehlen.
Die Eröffnung der Gallen durch einen einfachen Einstich kann an ruhigen Pferden im Stehen geschehen und manche Thierärzte, namentlich Robertson 2) und Röttger3) empfehlen ausdrücklich die aufrechte Stellung hierzu, weil die Sehnen mehr angespannt und die Gallen mehr hervorgepresst werden. Man lässt die Thiere hierbei bremsen und bei Operationen an den Vorderfüssen den gegenüberstehenden Vorderfuss aufheben, bei der Operation an einem Hinter-fuss aber beide Hinteriiisse spannen. Will man aber subeutan ope-riren, oder sind die Pferde sehr reizbar, so legt man dieselben in der Art nieder, dass die Seite der Galle, an welcher der Einstich gemacht werden soll, die obere wird, und man fesselt oder bindet den Fuss so, dass das betreffende Gelenk ganz frei bleibt. Bei Fesselgallen kann der betreffende Fuss noch auf den andern obern Fuss ausgebunden oder in den Spannstock gelegt und ausserdem noch von von einem Gehülfen mittelst eines um den Fessel gelegten Gurtes festgehalten werden; bei Sprunggelenksgallen ist dies aber nicht nöthig. Die Stelle, welche man zur Eröffnung der Gallen wählt, ist ziemlich gleichgültig, doch ist das Eröffnen immer am leichtesten da zu bewirken, wo die Galle am stärksten hervortritt und wo ihre Wand recht weit von dem Kapselbande entfernt ist. Nach Röttger ist dies aber nicht zweckmässig, weil diese Stelle sich am wenigsten vollständig wieder zusammenzieht. Man zieht dann die Haut von der Operationsstelle ab und nach hinten oder nach vorn, und sticht eine schmale Lanzette, besser ein Tenotom oder einen dünnen Troikar von unten nach oben so durch die Haut und durch die Sehnenscheide oder die Gelenkkapsel, dass die letztere etwa 3 Linien entfernt von der Einstichstelle der Haut durchbohrt und gcöffnel, wird. Darauf, drückt man mit der flachen Hand von allen Seiten die Flüssigkeit der Galle zu der Oeffnung hin und entleert sie; will die Entleerung aber nicht recht erfolgen, so schiebt man eine Hohlsonde in die Oeffnung und hält sie in derselben so lange, bis die Feuchtigkeit grösstentheils abgeflossen ist. Hiernach entfernt man die Sonde, schiebt die Haut so über die Wunde zusammen, dass die-
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') Archiv für Rossärzte. Bd. 3. S. 71.
S} Pferdearzneikunst, 7te Aufl. Breslau 1778, S. 189.
laquo;) Magaz. f. Thierheilk. Bd. XI. S. 314.
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658nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gallen. Behandlung durch Eröffnen.
selbe vollständig bedeckt wird und klebt sogleich ein wenig Baumwachs oder Theer oder Heftpflaster auf die verletzte Stelle, um das Eindringen der Lull zu verhüten. Hiernach legt man eine Compressc von Leinwand auf die Galle und windet eine Binde massig fest und recht gleichmässig so darüber, dass jeder Gang den vorhergehenden etwa -y der Breite bedeckt. Nach dem Aufstehen wird das Pferd ruhig gehalten, die Operationsstelle gekühlt und der Verband erst nach 4—6 Tagen abgenommen. So ist die gewöhnliche Vorschrift; ich habe jedoch die ableitende Behandlung mit Cantharidensalbe (s. unten) nützlicher befunden.
Bei denjenigen Sehnenscheidengallen, welche sich äusserlich sehr derb anfühlen, aber dennoch keine eigentlich verhärtete Haut wahrnehmen lassen, genügt gewöhnlich ein so kleiner einfacher Einstich, wie derselbe eben empfohlen ist, nicht, weil bei diesen Gallen die Feuchtigkeit mehrentbeils coagulirt ist. Es ist deshalb nöthig, an der niedrigsten Stelle der Galle einen Einschnitt durch die Sehnenscheide von circa 1- Zoll oder so gross zu machen, dass man den Zeigefinger bequem einführen kann. Mau entleert mit letzterem den Inhalt der Galle, legt dann einen mit mildem fetten Oel befeuchteten Wergbausch auf die Oelfnung und einen massig festen Verband darüber. Letzterer bleibt 4 bis 5 Tage liegen und es werden dabei fleissig lauwarme Bäder applicirt, um so schnell als möglich gute Eiterung herbeizuführen. Mit dem Eintritt derselben ist aile Gefahr überstanden und die Heilung erfolgt in ungefähr 4 bis 5 Wochen. Wenn aber eine zu heftige, schmerzhafte Entzündung eintritt, so müssen die umgebenden Theile, und bei den subcutan geöffneten Gallen die ganze Oberfläche gleich nach der Operation, durch Einreiben der Cantharidensalbe an der sie bedeckenden Haut in Entzündung versetzt werden; und wenn nach etwa 12 Stunden nicht eine reichliche Ausschwitzung entstanden ist, muss auch die Einreibung wiederholt werden. Die Thiere müssen ausserdem in strenger Ruhe, in magerem Futter und bei eintretenden Entzündungszufällen in anti-phlogistischer Behandlung gehalten werden.
In neuerer Zeit haben Leblanc ') und andere französische Thier-ärzte die von Velpeau und andern Chirurgen gegen den Wasserbruch benutzten Injectionen von Jodtinktur im verdünnten Zustande (1 Theil Tinktur und 2 bis 3 Theile destillirtes Wasser) in die vorher geöffneten Gallen als das beste Mittel zur Heilung derselben empfohlen; Rey 2) und Bouley s) stimmen jedoch, nach ihren gemachten. Versuchen, dem Lobe nicht in allen Punkten bei, weil zuweilen sehr heftige Entzündungen und Eiterung hiernach entstehen und in einzelnen Fällen sogar Pferde gestorben sind, was ich leider bestätigen muss. Bouley erklärt ganz richtig, dass diese Injectionen nur dann die Heilung herbeiführen können, wenn sie einen solchen Grad von Entzündung in der Synovialhaut erzeugen, durch welchen eine
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O'Clinique veterin. T. XVII. 1847.
9) Journ. de med. veterin. publie ä l'ecole de Lyon. T. III. 1847. p. 122.
*) Recueii de medec. veterin. 1847. p. 5 u. 361.
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Gallen. Behandlung, Injectionen,
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Verschliessung der absondernden Gefässe herbeigeführt wird, und welcher einigermassen der adhaesiven Entzündung in Wunden entspricht; tritt ein höherer Grad ein, so ist Eiterung und Ulceration, oder in den milderen Fällen Ausschwitzung von vielem Faserstoff und hierdurch Verwachsung zwischen der Sehnenscheide und der Sehne oder zwischen den einzelnen Theilen des Gelenkes die Folge davon.
Die Injectionen können entweder mittelst einer nach Velpeau's Vorschrift gearbeiteten besondern Injections-Spritze und eines besondern Troikars') gemacht werden, allein man kann, wie Bouley ganz richtig bemerkt, auch mit einem gewöhnlichen dünnen Troikar und mit einer einfachen VVundspritze auskommen. _Die Thiere werden zur Operation niedergelegt und so ausgebunden, dass das betreffende Gelenk frei zugänglich ist; man scheert an der am meisten hervorspringenden Stelle der Galle die Haare ab, macht dann mit dem Troikar den Einstich schief durch die Wände der Galle bis iu deren Höhle, entleert durch gelindes Drücken den grössten Theil der Flüssigkeit aus der Galle und spritzt unmittelbar darauf eine der ausgeleerten Flüssigkeit entsprechende Menge der verdünnteu Jodtinktur gut umgerührt durch die Kanüle des Troikars ein. Diese Flüssigkeit bleibt während etwa drei Minuten mit der innern Fläche der Galle in Berührung und wird dann wieder durch gelindes Drücken mit den Händen auf den ganzen Umfang der Galle grösstentheils entleert. Hierauf legt man eine Binde mit 3 bis 4 Umwickelungen um den operirten Theil, Das Thier wird dann entfesselt, in den Stall gebracht und ruhig hingestellt. Es tritt binnen 24 Stunden eine bedeutende Anschwellung des ganzen Gelenks ein und vermehrte Wärme und Schmerz finden sich in verschiedenen Graden hinzu; doch ist es nur bei heftigen Graden dieser Zufälle nöthig, etwas gegen sie zu thun, indem man erweichende schleimige Umschläge oder Fussbä-der und Einreibungen von warmem Oel oder Fett macht und die allgemeine fieberhafte Aufregung durch Aderlasse und Neutralsalze zu mindern sucht. Alhnälig verlieren sich die Anschwellung, der Schmerz und die Lahmheit, und in günstigen Fällen können die Thiere nach circa drei bis vier Wochen zur Arbeit wieder verwendet werden.
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') Recueil de med. veter. 1847. p. 19—21 etc.
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122.
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660nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Pub- und Blutadergeschwülste.
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Drittes Capitel.
Ausdehnungen und Erweiterungen der Blutgefasse. Die Pulsadergeschwulst, Aneurysma; — die Blutadergeschwulst,
Varix 1).
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An den Blutgefassen kommen örtliche Erweiterungen ihrer Wände, sowohl an den Arterien, wie auch an den Venen vor und zwar so, dass die Erweiterung 1) der ganzen Wand in ihren sämmtlichen Häuten stattfindet, oder 2) dass die Erweiterung nur an der Innern glatten oder an der äussern Zellgewebshaut erfolgt, nachdem die eine oder die andere der übrigen Häute verletzt ist. Auf die erstere Weise bilden sich die sogenannten wahren, auf die letztere Weise aber die falschen Puls- und Blutadergeschwülste. Die letzteren bestehen zuweilen auch nur in einer Ergiessung von Blut in die zellige Scheide der Gefasse, und in einzelnen Fällen zeigen sie die Eigenthümlichkeit, dass aus einer verletzten Arterie sich das Blut in die gleichzeitig verletzte Vene ergiesst und eine Ausdehnung derselben erzeugt, und somit arterielles Blut in den gebildeten Sack der Vene einfliesst. Man hat solche Pulsadergeschwülste mit dem Namen gemischte Puls- und Blutadergeschwülste bezeichnet.
Die Pulsadergeschwülste erscheinen als rundliche, oder länglichrunde, elastische Anschwellungen im Verlaufe einer Arterie und sind nicht vermehrt warm, nicht schmerzhaft; beim Befühlen findet man eine pulsirende Bewegung in ihnen, welche mit dem Herz- und Arterienschlag synchronisch ist; unterdrückt man die Arterie zwischen der Geschwulst und ihrem Ursprünge, so wird die Geschwulst kleiner, oder fallt gänzlich zusammen, das bezeichnete Gefühl verschwindet, aber sobald jener Druck aufhört, füllt sich die Geschwulst sogleich wieder und zuweilen hört man das Einströmen des Blutes mit einem reibenden oder schwirrenden Geräuch erfolgen. Unterdrückt man dagegen die fortgesetzte Arterie ausserh^ilb der Geschwulst, so vergrössert sich die letztere und wird ganz straff.
Die Blutadergeschwülste finden sich im Verlaufe von Venen als elastisch weiche Anschwellungen, welche man verkleinern oder zum Verschwinden bringen kann, wenn man einen Druck auf die Geschwulst selbst, oder auf die mit ihr verbundene Vene ausserhalb
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') Ausser den Erweiterungen der grösseren Puls- und Blutadern finden sich zuweilen auch abnorme Erweiterungen der Haargefässe, namentlich in der Haut (Teleanaiektasiaquot;). Sie bilden bei weisser Haut rothe Flecke (bei Menschen die sogenannten Muttermälcr), veranlassen keine wesentliche Störung um! sind deshalb an .Thieren kein Gegenstand chirurgischer Behandlung.
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Puls- und Blutadergeschwülste.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;661
der Geschwulst, d. h. nach der Peripherie des Körpers zu, anbringt; dagegen tritt die Geschwulst mehr hervor und wird mehr gespannt, wenn man durch Druck auf die Vene nach dem Stamme derselben zu, den Blutiluss hemmt. Schmerz und vermehrte Wärme sind in der Regel nicht zugegen und das Pulsiren fehlt diesen Geschwülsten.
Die falschen Puls- und Blutadergeschwülste bilden sich ebenfalls im Verlaufe von Gelassen, aber gewöhnlich neben denselben als elastisch-weiche Anschwellungen, welche aber in der ersten Zeit gewöhnlich äusserlich mit einem Oedem begleitet sind. 1st eine verletzte Arterie die Grundlage dieser Anschwellung, so fühlt man, ähnlich wie bei den wahren Aneurysmen, das Polsiren, jedoch weniger deutlich, als bei den letztern, und eben so erfolgen die Veränderungen an ihnen durch angebrachten Druck nur unvollständig. — Bei falschen Blutgdergeschwülsten verhält es sich ebenfalls ähnlich, wie bei den wahren Blutadergeschwülsten, aber auch hier sind die Veränderungen durch Druck ganz unvollständig zu bewirken.
Die Puls- und Blutadergeschwülste (wahre und falsche) können an allen Gefässen innerlich und äusserlich am ganzen Körper vorkommen; die im Innern sich bildenden, wie z. B. die an der Aorta und an den Gekrös-Arterien befindlichen sind jedoch kein Gegenstand der Chirurgie, und deshalb ist hier nur von den im aussein Umfange des Körpers vorkommenden die Rede. Diese finden sich mehrentheils in der Nähe von Gelenken *) und da, wo mechanische Verletzungen durch stumpfe Körper oft wiederholt vorkommen, oder wo in den Venen der Rückfluss des Bluts sehr erschwert ist, wie z. B. in dem Venengeflecht des Saamenstranges (s. Krampfaderbruch S. 612, 632). Die wahren Geschwülste finden sich in der Grosse einer Erbse bis zum Umfange eines Hühnereies, sehr selten darüber; die falschen Geschwülste können dagegen einen bedeutend grössern Umfang erreichen.
Die Ursachen der Puls- und Blutadergeschwülste sind: zuweilen eine besondere Anlage, bestehend in zu weicher oder mürber Textur der Gefasswände, ausserdem als veranlassende Ursachen, Quetschungen, übermässige Ausdehnungen, theilweise Zerreissungen der Gefasshäute und wirkliche Zerreissungen oder Verwundungen, besonders bei dem Aderlassen.
Die Beurtheilung dieser Geschwülste ist verschieden zu machen, je.nach der Grosse desselben, nach der Grosse des kranken Gefäs-ses, nach der Mürbheit seiner Häute und nach dem Orte, an welchem die Geschwülste sitzen. Kleine Puls- und Blutadergeschwülste und solche, die nicht in der Nähe von Gelenken oder sonst stark beweglichen Theilen liegen, sind verhältnissmässig günstig zu beur-theilen, da sie oft viele Jahre bestehen, ohne sich zu vergrössern und ohne üble Zufalle zu erzeugen; dagegen wachsen gewöhnlich solche Geschwülste, welche bei den Bewegungen der Theile viel gedehnt und gezerrt oder durch äussere Einwirkungen gereizt werden.
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') Z. B. an der innern Seite des Sprunggelenks als sogenannter Blutspat.
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662nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Puls- und Blutadergeschwülste. Kur.
allmälig immer grosser, sie hemmen dadurch die freie Bewegung, stören durch Druck die Ernährung und die Nerventhätigkeit der umliegenden Theile, so dass zuweilen Schwinden und Lähmung eintreten; ausserdcm werden die Gefässhäute selbst an der Geschwulst mit der Zeit gewöhnlich dünner oder auch mürber und in Folge dessen bersten sie zuweilen und führen plötzlich die Gefahr- einer Verblutung herbei.
Hinsichtlich der Heilbarkeit ist nur bei kleinen und frisch entstandenen Puls- und Blutadergeschwülsten die Hofl'nung vorhanden, dass eine wirkliche Heilung mit Wiederherstellung der normalen Weite des Gefiisses erfolgen kann; bei grösseren Geschwülsten gelingt dies in der Kegel nicht und man muss sich bei ihnen entweder nur auf eine l'alliativbehandlung beschränken, oder die Verschliessung des Gefässes selbst herbeiführen, um das Eintreten deraquo;1 Zerreissung und Verblutung zu verhindern.
Die Kur der Puls- und Blutadergeschwülste ist nach der Grosse und Beschalfenheit derselben etwas verschieden. Bei den kleinen, oberflächlichen und erst kürzlich entstandeneu Geschwülsten, und wo erweislich die Gefasswäude nicht wirklich verletzt sind, ist örtlich zuerst die Anwendung der adstringirenden rtlittel (Abkochung der Eichen- und Weidenrinde, Auflösungen von Alaun, von Eisenvitriol und dergleichen) fleissig und recht kalt anzuwenden und dabei ein gleichmässiger Druck sowohl auf die ausgedehnte Stelle des Gefässes, wie auch auf den Theil desselben, welcher das Blut zu ihr führt, durch Auflegen einer Compresse und Einwickelung mit einer Binde zu bewirken. Liegen aber die Geschwülste tiefer, so dass die genannten IVlittel nicht genügend bis auf das Gefäss durchwirken können, so muss man entweder äusserlich die concentrirten Säuren in Punkten oder Strichen, oder eben so das Brenneisen anwenden (um, wie bei den Brüchen, Entzündung, Zusammenschrurnpfung und feste Verwachsung zu veranlassen) oder ein Haarseil durch den Theil in der Art appliziren, dass es ganz nahe über die kranke Gefassstelle geht. Dasselbe darf aber nur einige Stunden liegen bleiben, so dass es nur Entzündung in den das Gefäss umgebenden Theilen erregt. Nach seiner Entfernung wird auch hier ein gleichmässiger Druck angewendet, bis die Vcrheilung erfolgt ist. Sollte letztere nicht primär erfolgen, sondern Eiterung eintreten, so kann man in den Kanal stark reizende und adstringirende IVlittel, z. B. eine Auflösung von Capmm oder Zincum sulphuric. (3j zu Jj Wasser) einige Male einspritzen und hierdurch Verdickung der Theile und callöse Verwachsung erzeugen. Es wird auf diese Weise der weiteren Ausdehnung Gränzen gesetzt und die mögliche Berstung der Geschwulst verhütet, dabei doch das Gefäss offen erhalten.
Wenn aber diese Geschwülste sehr gross sind, oder mit wirklicher Verletzung, oder mit Entartung der Gefasswäude, mit Mürbheit, theilweiser Verknöcherung u. s. w. bestehen und somit zur Zusammenziehung ihrer Wände nicht mehr, dagegen aber zum Zerreissen sehr geeignet sind, so bleibt nichts anderes übrig, als die Verschliessung und Verwachsung der Geschwulst, oder eigentlich des Gefässes, im Innern derselben zu bewirken. Dies erreicht man am sichersten^
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Puls- und Blutadenreschwulste. Kur.
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indem man die Geschwulst und den nächsten Theil des Gefässes vorsichtig bioslegt, letzteres vor und hinter der Geschwulst isolirt unterbindet und dann dieselbe vollständig herauslöst. Die Unterbindung geschieht ganz so, wie es bei der Behandlung der Wunden angegeben worden ist. Nach der Ausschälung füllt man die Wunde mit lockerem Werg aus und befördert die Heilung durch Eiterung, wie bei den Wunden mit Substanzverlust.
In neuerer Zeit hat man auch versucht, die Puls- und Blutadergeschwülste dadurch zur innern VerSchliessung und Verwachsung zu bringen, dass man mehrere einfache Stecknadeln in verschiedenen Richtungen so in sie steckt, dass die Spitzen die innere Fläche der gegenüberstehenden Wand berühren, und dass man sie durch mehrere Stunden, bei grossen Geschwülsten selbst durch mehrere Tage in dieser Berührung lässt. Es wird dadurch theils entzündliche Reizung und Ausschwitzung an der innern Fläche der Gefässwände, theils Coagulation des Bluts in der Höhle und hierdurch zuweilen auch gänzliche VerSchliessung herbeigeführt; allein die Versuche ge-rathen nicht in jedem Falle vollständig. IM an hat deshalb nach Pe-trequin's Entdeckung die Nadeln mit einer galvanischen Säule in Verbindung gebracht, und diejenige, welche das Fluidum von dem Zinkpol führt, in das Aneurysma gestochen, die andere aber ausser-halb desselben an die angränzenden Theile gehalten, und durch Einströmen des Galvauismus die Gerinnung des Bluts mehr sicher herbeigeführt. Es ist jedoch dies Verfahren mit einigen Schwierigkeiten verbunden, da diese Electricität sogleich von den Nadeln abgeleitet wird, wenn dieselbe an der äussern Fläche der Geschwulst mit feuchten Theilen des Körpers in Berührung tritt, und die Thiere nicht immer in der nöthigen Ruhe zu erhalten sind. Hinsichtlich des ersten Punktes ist es deshalb nöthig, die Nadeln über der Spitze mit einem Firniss zu überziehen und sie hierdurch zu isoliren. Die Behandlung muss auf diese Weise mehrmals in kurzen Zwischenzeiten, d. i. nach etwa 2 Tagfcn wiederholt werden und jedesmal wenigstens eine Viertelstunde dauern. — Wenn hiernach die Geschwulst allmälig fester wird und bei Aneurysmen das Pulsiren sich verliert, so kann man hieraus schliessen, dass die Heilung einen guten Erfolg hat.
Bei den falschen Puls- und Blutadergeschwülsten ist die Behandlung in der ersten Zeit in der Regel am besten eine entzündungswi drige, und wenn die Entzündungssymptome vorüber sind, kann man die adstringirenden Mittel, die Einwickelung, das Brennen u. s. w. eben so anwenden, wie es vorstehend angedeutet worden ist.
In jedem Falle ist während der Behandlung Alles zu vermeiden, was Aufregung des Bluts und Andrang desselben zu der kranken Stelle veranlassen könut.e. Die Thiere müssen demnach ruhig und in magerer Diät gehalten werden; vollblütigen Thieren kann man einen Aderlass machen, auch von Zeit zu Zeit ein Laxans geben.
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Erweiterung des Kanals der Ohrspeicheldrüse.
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Viertes Capllel.
Erweiterung des Kanals der Ohrspeicheldrüse.
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Diese Erweiterung habe ich bei Pferden mehrmals beobachtet. Sie erscheint als eine längliche, fingerdicke, elastische Anschwellung im Verlaufe des Stenou'scheu Ganges von dem untern Ende der Ohrspeicheldrüse bis zur Backe; auweilen ist nur der hintere Theil des Kanals in dem Kehlgange, oft aber auch der vordere an der äusseru Fläche des Unterkiefers und an der Backe so ausgedehnt; melirentheils ist die Geschwulst an der Oberfläche gleichmässig cy-lindrisch, zuweilen aber auch mit Einschnürungen versehen; sie ist dabei ohne Schmerz, ohne vermehrte Wärme, und zuweilen durch Drücken und Streichen nach der Backe zu verkleinern; in einzelnen Fällen ist letzteres aber nicht möglich und in diesen Fällen ist stets eine Verwachsung des Kanals am vordem Ende oder ein eingeklemmter Stein vorhanden.
Die Ursachen dieser Erweiterung sind grobe Einwirkungen durch Stösse, Schläge, anhaltenden Druck von der Halfter u. dgl., zuweilen auch wirkliche Verwundungen des Kanals und darauf erfolgendes Verwachsen desselben mit der über ihm verschobenen Haut. In einzelnen Fällen scheint auch die Verwachsung des Kanals an seinem vordem Ende, durch Entzündungen der Maulschleimhaut bedingt, die Veranlassung zur Zurückhaltung des Speichels und dies wieder die Ursache der Ausdehnung zu sein.
Die Beurtheilung dieser Ausdehnung ist in so fern günstig zu machen, als daraus üble Zufälle nicht entstehen; hinsichtlich der Heilung ist jedoch die Beurtheilung weniger günstig, da dieselbe gewöhnlich nicht anders, als durch Verschliessung des Kanals an seinem obern Ende und durch Verödung der Ohrdrüse selbst zu bewirken ist. In den meisten Fällen wird von den Eigenthümern der mit dein Uebel behafteten Thiere eine solche eingreifende Kur nicht geslaitet.
Die Behandlung kann zuerst damit versucht werden, dass man den ausgedehnten Kanal an der niedrigsten Stelle mit einer Lanzette ansticht, seinen Inhalt entleert und hierauf sogleich die Canthariden-salbe massig dick auf die Haut längs des erweiterten Kanals aufträgt. Während der Wirkung dieses Mittels darf das Thier weder Futter noch Getränk erhalten und es muss überhaupt so behandelt werden, wie bei der Verwundung und Unterbindung des Speichelkanals (S. 391) angegeben worden ist. Nach dem Ablösen der entstandenen Schorfe kann man die Stelle noch täglich drei- bis viermal mit verdünnter Schwefelsäure oder mit dem Rabell'schen Wasser befeuchten. — 1st jedoch der Kanal an seinem vordem Ende bereits verschlossen, so bleibt nichts anderes übrig, als die Unterbindung desselben am Rande des Unterkiefers. Man verrichtet dieselbe ganz so, wie dies Seite 392 angegeben worden ist, und auch die Nachbehandlung muss
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Erweiterung des Schlundes.
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eben so, wie dort gelehrt, besorgt werden. Der nun leere Theil des Kanals am vordem Ende schrumpft zusammen und die Geschwulst verschwindet.
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Fünftes Capitel.
Erweiterung des Schlundes oder der sogenannte Schlundbruch (Oesophagus ventriculosus).
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Der Schlund erhält zuweilen bei Pferden eine sackförmige Erweiterung, welche an irgend einer Stelle, sowohl an der Halsportion, wie auch an der Brustportion desselben vorkommt. An der Halsportion kann ihr Sitz vom obern Ende bis zum untern an jeder Stelle sein, am häufigsten aber findet sie sich ungefähr 2 bis 3 Zoll vor dem Eingange des Schlundes in die Brusthöhle. In diesen erweiterten Theil dringt Nahrung und Getränk, und es entstehen dadurch rundliche oder länglich-runde Anschwellungen, welche bald mehr, bald weniger stark über die Haut an der linken Seite des Halses hervortreten und vom Umfange eines Taubeneies bis zur Grosse einer starken iVlannesfaust sich ausbilden; doch ist die Grosse derselben Geschwulst nicht zu allen Zeiten dieselbe, sondern sie vermehrt sich gewöhnlich während des Futtergenusses und vermindert sich allmälig einige Zeit nach demselben, besonders wenn das Thier sich viel bewegt. Eben so kann man sie durch Drücken von aussen nach dem Schlünde zu sehr verkleinern oder auch gänzlich zum Verschwinden bringen, indem hierbei die in der Geschwulst befindliche Futtermasse in den Schlund entleert wird. Die Geschwulst gewährt immer beim Betasten ein teigartiges Gefühl, sie ist in der Regel unschmerzhaft und ohne Symptome der Entzündung, und wenn man mit den Fingerspitzen sie an ihrer Basis umfasst, kann man deutlich den Zusammenhang mit dem Schlünde erkennen, da sich gleichsam eine Wurzel von der Geschwulst in die Tiefe über die Luftröhre hin fortsetzt.
Während der Entwicklung dieser Geschwulst finden sich sehr oft auch Symptome von Druck und Reizung im Schlünde und den an-gränzenden Theilen hinzu. Die Thiere benehmen sich bei und nach dem Futtergenuss unruhig, ängstlich, sie schütteln öfters mit dem Kopf und Hals, recken den letztern bald geradeaus, bald krümmen sie ihn wieder, und zuweilen tritt Erbrechen und Angstschweiss hinzu; späterhin, wenn erst die Ausdehnung bis zu einem gewissen Grade gediehen ist, pflegen diese Symptome nicht mehr zu erscheinen und die Thiere können mit derselben viele Jahre lang, ohne durch die Geschwulst beunruhigt zu werden, fortleben und dieselbe ist dann fast nur als ein blosser Schönheitsfehler zu betrachten. •— In einzelnen
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666nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Erweiterung des Schlundes.
Fällen verhärtet sich jedoch die in der Geschwulst enthaltene Futter-masse, drückt und reizt auf die umgebenden Theile, erregt Entzündung, welche sich auf die umliegenden Theile und namentlich auf das Brustfell fortpflanzt und hierdurch Lebensgefahr herbeiführt.
Die Ursachen bestehen zuweilen in Verwundungen, bei welchen die Muskelhaut getrennt und nicht wieder vereinigt worden ist, oder in Horn- und Deichselstössen, welche den Schlund betreffen und eine Zerreissung der Muskelhaut, und in Folge dessen ein Hervortreten der schlauen Schleimhaut, Eindringen des Futters und Getränks und hierdurch allmälig die starke Ausweitung des Schlundes veranlassen. Zuweilen scheinen auch fremde Körper, welche sich im Innern des Schlundes festsetzen, durch ihren Druck oder durch wirkliche Verletzung die Entwicklung dieser Ausdehnungen zu bedingen.
Die Prognosis ist mit Rücksicht auf das, was bereits im Vorhergehenden über den Verlauf des Uebels gesagt worden ist und mit Rücksicht auf den Grad der Entwicklung der Ausdehnung und die etwa schon eingetretenen besonderen Zufälle einzurichten. In Betreff der Heilung lehrt die Erfahrung, dass der Schlundbruch durch die Naturheilkraft nicht gehoben wird und durch Kunsthülfe nur mittelst einer Operation, bald mehr bald weniger vollständig zu beseitigen ist.
Die Kur ist daher am besten, ohne Zeitverlust, durch folgende einfache Operation zu bewirken. Das Thier wird auf die gesunde Seite niedergelegt, nachdem es kurz vorher Futter erhalten hat und die Geschwulst durch dasselbe recht vollgefüllt worden ist; denn in diesem Zustande tritt sie über die Carotis und die Drosselvene mehr frei hervor und die Operation wird dadurch wesentlich erleichtert. Man scheert auf der Geschwulst die Haare ab, durchschneidet die Haut und den Hautmuskel in der ganzen Länge der Geschwulst, so dass die letztere in die Wunde hervortritt; nun ergreift man dieselbe mit einem Haken und zieht sie etwas damit hervor, trennt ihre Seitenflächen von den umgebenden Theilen bis an den Schlund ab, entleert dann durch Drücken den Inhalt der Geschwulst und schneidet hierauf die Seitenwände derselben in ihrer ganzen Länge so weit mit der Scheere ab, dass die zurückbleibenden Ränder bei ihrer Zu-sammenfügung der normalen Weite des Schlundes, an dem gesunden Theile desselben, entsprechen. Hierauf heftet man die Ränder wie bei einer Längenwunde des Schlundes und behandelt dann das Thier weiter, wie es Seite 413 gelehrt worden ist, so dass die Heilung wo möglich durch schnelle Vereinigung erfolgt. — Will der Eigenthümer das Thier der Operation nicht unterwerfen, so muss dasselbe hauptsächlich Kleienfutter erhalten, die Geschwulst muss immer baldigst zurückgedrückt und äusserlich mit adstringirenden Mitteln, mit Can-tharidensalbe oder selbst mit dem Glüheisen in Punkten oder Strichen behandelt werden.
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Erweiterung des Mastdarms.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;QQ^
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Sechstes Capltel.
Erweiterung' des Mastdarm;
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Bei Pferden kommt zuweilen eine Erweiterung des Mastdarms in einem solchen enormen Grade vor, dass dieser Darm den grössten Theil des Beckens ausfüllt. Dieser Zustand ist immer mit einer läh-mungsartigen Unthätigkeit des Darms verbunden und vielleicht nur eine Folge derselben. Es entsteht dadurch eine übermässige Anhäufung von Exkrementen in dem Darm und zwar gewöhnlich so lange, bis man dieselben künstlich mit der Hand oder durch Klystiere entfernt. Das Ausbleiben der Kothausleerungcn während einer längern Zeit, zuweilen während 38 bis 48 Stunden, giebt das erste Merkmal von dem Dasein dieses Zustandes ab, und wenn man in Folge dessen das Rectum mit der Hand untersucht, findet man die vorhin erwähnte grosse Anhäufung von Koth und bei Pferden die Wände des Darms so weit ausgedehnt, dass selbst über die vollständig auseinandergebreiteten Finger hinaus noch ein freier Spielraum bleibt. Nach geschehener Ausleerung sammelt sich in längerer Zeit wieder eine neue Kothmasse u. s. w.
Die Ursachen dieses Zustandes sind bis jetzt völlig unbekannt.
Die Beurtheilung ist bei frischen Zuständen der Art zweifelhaft, bei veralteten aber ungünstig zu machen, denn es lässt sich bei den ersteren eine sichere Heilung nur sehr schwer, bei den letzteren aber gewöhnlich nur- eine geringe Verbesserung bewirken.
Die Behandlung muss zunächst darauf gerichtet sein, jede Kothanhäufung zu verhüten, und dann in den Häuten des Mastdarms die Reizbarkeit und Contraktilität so viel wie möglich wieder herzustellen. Für beide Zwecke applizirt man in der ersten Zeit der Behandlung täglich dreimal Klystiere von kaltem Wasser und räumt nöthi-genfalls, wenn in einer halben Stunde hiernach nicht von selbst Kothausleerung erfolgt, den Koth mit der Hand aus. Nach etwa 14tägi-ger Anwendung der kalten Klystiere geht man zu Injectionen von aromatischen und noch spater zu aromatischen und adstringirenden Mitteln über; man darf dieselben jedoch nur in massigen Quantitäten anwenden, etwa zu 8 bis 12 Unzen auf einmal. Bei völlig veraltetem Zustande sind dieselben Mittel mit Zusatz von Eisenvitriol, oder von Alaun und ausserdem Einströmungen der galvanischen Electrici-tät mittelst eines in das Rectum eingeleiteten Drahtes zu versuchen. Der Draht muss jedoch an der Stelle, wo er durch die Aftermündung geht, mit einem Korkpfropfen umgeben sein. Die Anwendung dieser Mittel kann täglich zwei- auch dreimal erfolgen, aber wesentlich ist es, dass man auch hier durch Ausräumen des Kothes mit der Hand jede Anhäufung desselben vermeidet. Innerlich kann man den Thieren von Zeit zu Zeit eine massige Gabe Aloe, oder Coloquinten und abwechselnd durch einige Zeit fortgesetzt bittererregende und tonische Mittel in Verbindung mit kleinen Gaben von^ux Vomica geben.
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Zehnte Classe.
Verengerungen und Verkürzungen. Erster Abschnitt.
Von den Verengerungen und Verkürzungen im Allgemeinen.
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Man findet nicht selten in denjenigen Weichgebilden, welche eine Höhle oder einen Kanal darstellen, ihre innern Räume vermindert, und andere, namentlich die Muskeln und Sehnen, in ihren Fasern verkürzt. Die auf die erstere Weise entstandenen krankhaften Zustände bezeichnet man als Verengerungen (Stenosen oder Ste-nochorien) und wenn in den Kanälen einzelne hervorspringende Wülste diese Verengerungen bilden, werden sie Stricturen genannt; die Abnormitäten in den Muskeln und Sehnen dagegen nennt mau Co'ntracturen. Die ersteren entstehen theils durch zufallige Einwirkungen und durch pathologische Veränderungen in Folge des Rntzündungsprozesses, namentlich durch Ausschwitzung von Faserstoff und Wucherung der Schleimhaut, des Zellgewebes oder auch anderer Gebilde und sie bestehen daher mehrentheils in Verdickung des Gewebes, seltener in krampfhaften Zusammenschnürungen oder in einer blos vermehrten Contraktilität der Fasern und Gewebe. Bei den Con-traktureu verhält es sich hinsichtlich der Ursachen und des pathologischen Zustandes ähnlich; sie bestehen zum grossen Theil in einer Verdichtung des IMuskel- und Sehnengewebes durch ausgeschwitzten Faserstoff, seltener in einer blos dynamischen vermehrten Zusammen-ziehungskraft der Fasern. Im letztern Falle ist der Zustand gewöhnlich nur von kurzer Dauer, im erstem Falle aber in der Regel andauernd durch das ganze Leben.
Die Diagnosis dieser Zustände ist mehrentheils ziemlich leicht. Mau sieht bei den Stenosen eine mangelhafte Ausleerung oder einen gestörten Durchgang von Säften durch die verengerten Kanäle und
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Verengerungen und Verkürzungen im Allgemeinen.
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in Folge dessen Anhäufungen dieser Safte hinter der verengerten Stelle, zuweilen dadurch wieder Ausdehnungen dieser Stellen, wo die Anhäufung stattfindet; zuweilen zeigen die Thiere auch Störung in der Empfindung und Bewegung der betreffenden Theile, indem durch die Anhäufung von Säften, Druck und Spannung theils in dem betreffenden Organ, theils auch iu den umgebenden Theilen entsteht. Bei der Untersuchung des verengerten Kanals mit der Sonde und des Fingers fühlt man die Verengung gewöhnlich ganz deutlich, namentlich die Strictureu, indem diese dem vorwärtsgleitenden Instrument an der sonst glatten Oberfläche des Kanals ein Hinderniss entgegenstellen.
Die Contracturen der Muskeln und Sehnen lassen sich an der veränderten Stellung und Richtung des Gliedes, zu welchem die betreffenden Muskeln, gehören, und an einer verminderten Beweglichkeit desselben, so wie an der grössern Spannung, zuweilen auch an einer fühlbaren Anschwellung der Muskeln und Sehnen selbst erkennen. In Betreff der veränderten Stellung und Richtung bemerkt man, dass das Glied immer einen Bogen nach der Seite hin bildet, an welcher eben die verkürzten Sehnen und Muskeln sich befinden; in der Regel sind dies die Beugesehnen und man findet z. B. bei der Con-tractur derselben die Vorderfiisse im Knie etwas gebogen, die Kniee selbst etwas mehr nach vorne stehend, hauptsächlich aber die Fesselbeine von ihrer schrägen nach vorn gerichteten Stellung abweichend mehr nach unten und hinten gezogen, so dass sie zuweilen ganz senkrecht stehen und der Fuss dann den sogenannten Stelz-fuss darstellt. Eben so ist bei Contracturen der Halsmuskeln der Hals nach einer Stelle verzogen und bei Contracturen au den Schweif-muskelu ist der Schweif nach derjenigen Seite gerichtet, an welcher eben die Coutractur bestellt.
Von denjenigen Verkrümmungen der Gliedmaassen, des Schweifes und des Halses, welche durch Erschlaffung der Muskeln der einen Seite entstellen, unterscheiden sich die wirklichen Contracturen dadurch, dass bei den letztern die Bewegung von der durch die Coutractur bedingten Richtung zur entgegengesetzten Seite immer sehr schwer, dagegen bei den erstem Zuständen immer sehr leicht zu bewirken ist; und von den durch EntziindungsgcschwuLt erzeugten symptomatischen Verkürzungen und Verengungen unterscheiden sich die Stenosen und Contracturen durch ihren chronischen Zustand und durch den Mangel an Entzündungssymptomen.
Die ßeurtheilung ist im Ganzen bei diesen Zuständen nicht besonders günstig zu machen, da sie der Erfahrung zufolge schwer zu beseitigen sind, namentlich wenn sie bereits seit längerer Zeit bestanden haben und mit organischer Veränderung in bedeutendem Grade verbunden sind; verhältnissmässig am besten sind noch die partiellen Stricturen zu beurtheilen, da man sie theils durch schneidende Instrumente, theils auch in manchen Fällen durch Aetzmittel beseitigen kann. Sich selbst überlassen nehmen gewöhnlich diese Zustände allmälig zu und stören durch die gehemmten Ausleerungen das Wohlbefinden, und durch die Verkrümmungen mindern sie die Kraft und die Dienstbrauchbarkeit der Thiere.
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670nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verengerungen und Verkürzungen im Allgemeinen,
Die Behandlung ist bei den Verengerungen in denjenigen Fällen, wo die Wände durch Exsudate verdickt sind, auf Beförderung der Resorption, sonst aber auf Erweiterung der Kanäle gelichtet. Die letztere kann man entweder durch allmälige mechanische Ausdehnung oder mittelst Durchschneidung der verengten Stellen, oder durch Zerstörung derselben mittelst der Aetzmittel oder des glühenden Eisens zu bewirken suchen.
Bei den Contracturen muss man in denjenigen Fällen, wo die Substanz der Muskeln und Sehnen nicht zu bedeutend verändert ist, durch erweichende und erschlalfende Mittel mit gleichzeitig angewendeter allmäliger Ausdehnung den Zustand zu beseitigen suchen, bei weit gediehener Verkürzung aber, namentlich wo Verdickung und Verhärtung des Muskel- und Sehnengewebes besteht, muss die Durchschneidung desselben und hiernach die Wiederheilung im hinreichend ausgedehnten Zustande der Muskeln bei möglichst normaler Stellung des Gliedes bewirkt werden. Die Erfahrungen der neueren Zeit haben diese Operationen als die erfolgreichsten Mittel bei solchen veralteten Contracturen bestätigt.
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Zweiter Abschnitt.
Von den Verengerungen und Verkürzungen im Speciellen.
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Erstes Capitel.
Die Verengerung des äussern Gehörganges.
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Der äussere Gehörgang verengt sich zuweilen bei den verschiedenen Hausthieren dadurch, dass die ihn auskleidende Haut sich all-mälig mehr verdickt. Es geschieht fast immer durch schleichende Entzündungen und zuweilen durch Ulcerationen dieser Haut. Im letzteren Falle ist die Verengung oft durch üppige Granulation oder durch warzenähnliche Auswüchse vermehrt.
Man erkennt das Uebel daran, dass die Thiere auf das betreffende Ohr nicht mehr so deutlich, wie im gesunden Zustande hören, dass sie oft mit dem Kopfe schütteln und dass, wenn man die örtliche Untersuchung mit dem Finger unternimmt, derselbe nicht mehr so frei und leicht, wie im gesunden Zustande dieses Theils, eindringen kann, zuweilen ist bei kleinen Thieren selbst eine Sonde kaum einzuführen.
Die Beurtheilung ist ungünstig, da sich hier nur sehr mühsam und unvollständig ein erweiternder Druck anbringen lässt und auch die operative Erweiterung nicht gut zu bewirken ist.
Die Kur. Man versucht zuerst durch auflösende und resorbi-rende Mittel, namentlich eine Auflösung von Potasche oder von Jodkali, oder die graue IVIerkurialsalbe, oder die Jodsalbe eine verstärkte Resorption zu erregen und, — wenn nach etwa 2- bis 3wöchentlichem Gebrauch dieser Mittel eine Besserung nicht wahrzunehmen ist, den Gehörgang selbst mechanisch zu erweitern; fiir den letztern Zweck bringt man ein den vorhandenen OefTnungen angemessen dik-kcs Stückchen PressschwiAnm ') im trocknen Zustande in den Ge-
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') Man bereitet denselben, indem man gewöhnlichen Badeschwamm im
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672nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verengerung der Luftröhre.
hörgang, befeuchtet dasselbe oberflächlich etwas und legt eine fest anschliessende Bandage darüber. Am folgenden Tage entfernt man den Schwamm, reinigt den Gehörgang mit Seifenwasser und bringt ein neues Stückchen Pressschwamm, welches etwa eine halbe bis ganze Linie im Durchmesser dicker ist, in den Kanal, und fahrt in derselben Weise durch etwa sechs bis acht Tage lang fort. Zuweilen ist in dieser Zeit die angemessene Erweiterung des Gehörganges bewirkt, in andern Fällen aber muss die Behandlung noch durch mehrere Tage fortgesetzt werden und zuweilen muss man sie auch nach einiger Zeit wieder erneuern, wenn die Verengerung einen Rückfall macht.
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Zweites Capitel.
Dip Verengorung der Luftröhre.
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Die Luftröhre ist bei Pferden und Rindern häuflg, bei andern Thieren aber sehr selten einer theilweisen Verengerung ausgesetzt und zwar entweder in der Art, dass dieselbe von einer Seite zur andern zusammengedrückt ist und somit ihren last kreisrunden Umfang verloren hat, oder so, dass ein Knorpelring oder mehrere Ringe nach innen eingedrückt sind und dadurch den Raum in dem Lumen verengen; — oder dass die Schleimhaut weit über die normale Stärke verdickt ist. Der erstere Zustand ist in den meisten Fällen angeboren, der zweite aber gewöhnlich die Folge mechanischer Verletzungen, namentlich starker Stösse mit der Deichsel, mit den Hörnern von andern Thieren, von Hufschlägen, von dem Druck an dem scharfen Rande einer zu hohen Krippe u. dgl.; und der dritte Zustand ist immer die Folge von Entzündungen der Schleimhaut bei Bronchitis oder auch bei Verwundungen, und daher auch zuweilen eine Folge der Tracheotomie.
Diejenigen Verengerungen der Luftröhre, welche in Veränderung der Knorpelringe begründet sind, geben sich örtlich durch den kleinern und ungleichen Umfang der Luftröhre bei dem Besehen und Befühlen deutlich zu erkennen, aber diejenigen, welche durch plastische Verdickungen der Schleimhaut entstanden sind, lassen sich nur mit einiger Wahrscheinlichkeit aus den Athembeschwerden vermuthen,
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feuchten Zustande von allen Seiten mit Bindfaden möglichst fest umwickelt und ihn so im stark zusammengepressten Zustande trocknen liisst. Man kann dann Stückchen in heliebiger Form aus ihm schneiden, welche bei dem Feucht-werden mehr als die zweifache Grosse erreichen und hierdurch die betreffenden Theile auf sanfte Welse auseinander treiben.
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Verengerung des Schlundes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;673
welche zu denselben treten, wenn die Verengerung einen höhern Grad der Ausbildung erreicht hat. Das Eiuathmen ist mit einem hörbaren Ton begleitet (giehmend), und das Leiden stellt deshalb eine Art der Ilartschnaufigkeit (S. 402) dar, bei welcher in ein-zelueu Fällen auch das Ausathmen hörbar geschieht. Dieses laute Athmen (das Giehmen) findet sich auch öfters bei der Vereugerung der Luftröhreuknorpel, wenn dieselbe in einem höhern Grad besteht.
Die Beurtheilung. Die Verengerungen der Luftröhre sind niemals vollständig zu heilen, sondern nur in ihren störenden Wirkungen hinsichtlich der Respiration zu mindern, und zwar nur durch die Tracheotomie. Sich selbst überlassen stören sie das Athmen fortdauernd und machen die Thiere zum schnellen Dienst und zum schweren Ziehen auf weichem Boden bald mehr bald weniger unbrauchbar, je nachdem der Grad der Verengerung ausgebildet ist. Es verhält sich in dieser Hinsicht mit ihnen ganz so, wie dies S. 401 und 402 hinsichtlich der sogenannten Hartschnaufigkeit angegeben ist. #9632;— Die Hilfe besteht hier nur in der künstlichen Eröffnung der Luftröhre unterhalb der verengten Stelle und in dem Einlegen einer Röhre, beides nach Vorschrift von Seite 403—406.
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Drittes Capitel.
Die Verengerung des Schlundes.
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Verengerungen des Schlundes kommen bei unseren Hausthieren äusserst selten vor. Sie äussern sich dadurch1, dass die Thiere Futter und Getränk nur mühsam verschlucken, dabei unruhige Bewegungen machen, den Hals abwechselnd strecken und krümmen und dass selbst zuweilen ein Theil der verschluckten Stolfe durch das Maul oder bei Pferden durch die Nase wieder zurückkehren; zuweilen dehnt sich der Theil des Schlundes über der verengten Stelle etwas aus und tritt bei dem Genuss von Nahrung und Getränk mehr sichtbar an der Seite des Halses hervor, zieht sich aber nach stattgefundenem Verschlucken oder Zurückfliessen der halb verschluckten Stoffe gleich wieder zusammen. Zuweilen sieht man, dass, wenn das Thier Nahrung schluckt, an der verengten Stelle die sichtbare wurmförmige Bewegung nicht stattfindet. Bei innerlicher Untersuchung vermittelst einer an einem Ende mit einem kleinen Schwamm versehenen Sonde kann man diese Stelle durch das hier erschwerte Durchbringen derselben noch deutlicher erkennen.
Die Ursachen sind zuweilen mechanische Verletzungen, in den meisten Fällen aber unbekannt.
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(,74nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verengerung des Afterlaquo; und des Mastdarms,
Die Beurtheilung ist ungünstig, da man zur Heilung des Zustan-des wenig thuu kann; doch können die Thiere bei einem massigen Grade der Verengerung sich sehr lauge im brauchbaren Zustande erhalten.
Die Behandlung ist auf die Anwendung erweichender und narkotischer Mittel an der kranken Stelle des Halses beschränkt, und wo die Vercngeriiug bereits einen so hohen Grad erreicht hat, dass feste Nahrungsmittel nicht mehr durch sie hindurchgehen können, muss man die Thiere mit weichen und flüssigen Nahrungsmitteln zu erhalten suchen. — Bei wirklicher Strictur kann man die Durch-schueidung derselben, nach vorher gemachtem Schlundschnitt, versuchen.
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Viertes Capltel.
#9632;Verengerung des Afters und des Mastdarms.
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Die Verengerungen dieser Thcile kommen bei den Hausthieren sehr selten vor; ich habe sie jedoch einige IVlale bei Hunden gefunden. Sie geben sich dadurch kund: dass die Thiere sich zu jeder Kothausleerung ungewöhnlich anstrengen müssen, — dass der Koth in sehr dünnen Massen entleert wird und dass man bei der örtlichen Untersuchung den After oder den Mastdarm unverhällnissmässig zur Grosse des Thiers eng und den Schliessmuskcl oder die Wände des Darms sehr derb findet. Entzüudungszufalle sind in der Regel nicht vorhanden.
Ursachen. Diese Verengerungen sind zuweilen angeboren, in andern Fällen sind nach Verletzungcii, Entzündungen, Ülcerationen u. s. w. entstanden.
Die Prognosis ist bei Verengerung des Afters günstiger als bei der Verengerung des Mastdarms, weil bei ersterer noch mehr Hilfe möglich ist als bei letzterer; ein bestimmt günstiger Ausgang lässt sich jedoch nicht versprechen.
Die Hilfe besteht in der Anwendung von Umschlägen am After oder von Klystiereu schleimiger, narkotischer Mittel mit Zusatz von Oel oder Fett, in narkotischen Salben am After, — in mechanische^, allmälig verstärkter Ausdehnung der kranken Theile durch Schwämme, aufgeblasene Darmstücke (s. Vorfall des Mastdarms S. 597), — oder, bei der Afterverengeruug, auch in der subeutanen Spaltung des Schliessmuskels.
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Verengerung der Harnröhre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;675
Fünftes Capltel.
Verengerung der Harnröhre.
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Dieselbe kommt bei mäimliehcn Thiercn zuweilen nach vorausgegangenen Verletzungen und Entzündungen, namentlich nach dem Harnröhrensteinschnitt, vor, und giebt sich dadurch zu erkennen, dass die Thiere den Urin nur in ciucm ganz dünnen Strahle und mit grosser Anstrengung, bei einem hohen Grade des Uebels selbst nur in einzelnen Tropfen entleeren, dabei ist gewöhnlich die Urinblase stark ausgedehnt, aber weder in ihr am Blasenhalse, noch im Verlaufe der Harnröhre ein Stein zu entdecken. Bei dem Einführen einer Sonde oder eines Katheters giebt sich die Verengerung durch Widerstand gegen dieselbe au der betreffenden Stelle zu erkennen.
Diese Verengerungen sind in der Regel nicht gründlich zu heilen, aber man kann den üblen Folgen, welche aus denselben durch die Zurückhaltung des Urins entstehen können, namentlich dem Bersten der Blase, durch die Eröffnung der Harnröhre und durch das Einlegen einer Röhre von Metall vorbeugen. Bleibt das Uebel sich selbst überlassen, so treten diese üblen Folgen bald früher bald später ein und können bei nicht rechtzeitiger Hilfe den Tod des Thieres dadurch herbeiführen, dass der Urin bei dem Bersten der Blase in die Bauchhöhle sich ergiesst und eine Peritonitis erzeugt.
Die Behandlung. Befindet sich die Verengerung in der Harnröhre nahe der Eichel, so kann man die untere Wand der Harnröhre, oder wo nur eine Strictur bestellt, diese letztere bis zur normal weiten Parthie der Harnröhre durchschneiden und dann die Heilung mit einer recht breiten Narbe zu bewirken suchen, wozu das Bestreichen mit Reizsalben und das von Zeit zu Zeit erfolgende Einlegen eines dicken Katheters nützlich ist. #9632;— Ist aber die Verengerung an einer höher gelegenen Stelle, so kann man versuchen, sie durch eingelegte Darmsaiten, welche immer mehrere Stunden liegen bleiben und durch allmälig dickere Saiten ersetzt werden müssen, alhnälig zu erweitern. Gelingt dies jedoch nicht, oder wünscht der Eigeuthümer schneller zu einem Resultat zu gelangen, so muss die Harnröhre oberhalb der Verengung geöffnet und dann durch eine in sie gelegte Röhre beständig offen erhalten werden. Eine solche Röhre wird von Blei in Form eines |— und in angemessener Dicke angefertigt; das obere Ende des senkrechten Theils und der horizontale Theil sind durchbohrt, das untere Ende des ersteren aber nicht. Man bringt zuerst jenes obere Ende des senkrechten Schenkels in die Harnröhre nach oben und presst dann auch das untere Ende dieses Schenkels in die Harnröhre nach unten, der horizontale Theil muss durch die Wunde nach aussei! hervorragen. Um das Einbringen der Röhre zu erleichtern, ist es uöthig, die W7unde in angemessener Länge zu machen und nach dem Einbringen der Röhre nöthigenfalls ein oder zwei
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Verengerungen der Vorhaut.
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Hefte in die llaulriimler zu legen. Die Röhre heilt förmlich ein und der Urin wird durch sie aiisgeleerl, dem aussein Ansehen nach fast wie bei weiblichen Thiei-en.
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Sechstes Cairaquo;itel.
Vprcngcrungon der Vorhaut (des Schlauches).
Paraphimosis.
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Phimosis und
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Die Mündung der Vorhaut (des Schlauches) verengert sich sowohl vor dem männlichen Gliede, wie auch zuweilen an einer hintern Stelle, wenn es vorher aus ihr getreten ist. Im erstern Falle wird der Zustand mit dem Namen Phimosis, im letztern als Paraphimosis bezeichnet. — a) Die Phimosis entsteht gewöhnlich durch entzündliche Ausschwiizung und Verdichtung der Haut am vordem Ende der Vorhaut, nach Schlägen, nach Stössen, Verwundungen, Auätzungen u. dgl. ftlan erkennt sie daran, dass das Thier bei dem Uriniren das Glied nicht mehr aus der Mündung der Vorhaut hervorbringt, sondern den Urin in dieselbe gehen lässt; in Folge dessen entsteht zuweilen am Schlauche eine fluetuirende Geschwulst, welche mit dem allmäligen Abtröpfeln des Urins wieder verschwindet. Bei der örtlichen Untersuchung findet man den Eingang in die Vorhaut sehr verengert und dabei gewöhnlich die Haut selbst verdickt, zusammengeschrumpft oder selbst verhärtet.
b) Die Paraphimosis entsteht am häufigsten bei Hunden und bei Hengsten durch heftige Reizung der Geschlechtstheile und bei fruchtlosen Austrcnguugen zur Ausübung des Begattungsaktes, wenn die Thiere mit dem in Erection befindlichen und hervorgestreckten Gliede längere Zeit herumgehen und dabei die Vorhaut durch Fric-tionen beständig gereizt wird. Sie schnürt dann das männliche Glied an dem hintern Ende desselben gleichsam ein, hindert den Rückfluss des Bluts und verursacht dadurch eine um desto grössere Anschwellung. Zuweilen entsteht die Paraphimosis auch, wenn das Glied in Folge von Entzündung, oder von Verwundung, oder auch von Lähmung stark angeschwollen und aus der Vorhaut hervorgetreten ist; durch diese Anschwellung wird ein Druck auf die Mündung der Vorhaut erzeugt und hierdurch eine krankhaft vermehrte Contraction derselben hervorgerufen. Das Glied ragt in jedem Falle entblösst über die Vorhaut hervor, die letztere ist hinter demselben stark zusammengezogen, so dass man kaum eine Sonde zwischen beide Theilc einführen kann; das Glied selbst ist dabei in der Regel, wie bereits erwähnt, stark angeschwollen, dunkel geröthet und in der ersten Zeit vermehrt warm und schmerzhaft, bei längerer Dauer des Uebels aber wird es kalt uud unempfindlich.
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Verengerungen der Vorhaut. Beliandlüng.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 677
Die Bcartheiluug ist im Allgemeinen bei beiden Formen des Uebels ziemlich günstig zu maclieu, jedoch muss bei Zeiten Hiüe gebracht werden, und ausserdem ist in einzelnen Fällen das ursprüngliche Leiden oder die Art der Ursachen dabei zu berücksichtigen. In den meisten Fällen kann man bei der Phimosis die Mündung der Vorhaut leicht erweitern und die üblen Folgen, welche von ihr entstehen, verhüten; wird aber die Hilfe zu spät gesucht, so können die bei der Entzündung der Vorhaut S. 162 angefiihrten üblen Folgen entstehen, welche, wie dort angegeben, allerdings schwerer zu beseitigen sind. Bei der Paraphimosis lässt sich im frischen Zustande in der Regel die Zurückbringuug des Gliedes in die Vorhaut und dadurch die Heilung des Uebels ohne weitere üble Folgen bewirken; zuweilen entsteht aber dennoch in Folge der starken Heizung der Schleimhaut des männlichen Gliedes eine abnorm vermehrte und lange Zeit andauernde Schleimabsonderung (Bleunorrhoe); in andern Fällen aber, wo das Uebel durch längere Zeit bestanden hat, entsteht selbst Entzündung und brandige Absterbung, oder auch Lährgung des männlichen Gliedes. Sind andere krankhafte Zustände bereits vor dem Entstehen der Verengerungen zugegen gewesen oder in Folge derselben entstanden, wie z. ß. Entzündung der Innern Haut des Schlauches, Ulceration oder VVarzeubildung an der äussevn Fläche des Gliedes, oder Lähmung desselben, so ist die Bcurtheilung zugleich auf diese Zustände zu richten, wie dies Seite 162 u. ff. angedeutet worden ist.
Die Behandlung kann bei der Phimosis, wenn dieselbe in einem gelinden Grade und erst seit kurzer Zeit besteht, mit erweichenden und zertheilenden Mitteln versucht werden, wie namentlich mit warmen Breiumschlägen von schleimigen und narkotischen Mitteln, mit Auflösungen der Potasche und' mit Einreibungen der grauen (Quecksilbersalbe, der grünen Seife, der Jodsalbe und dergleichen. Dabei kann man durch Einpressen eines Schwammes in die IMiindung der ^ orhaut versuchen, dieselbe allmälig zu erweitern. Fruchten aber diese Älittel nichts, oder ist das Uebel bereits seit längerer Zeit vorhanden, die Haut und das Zellgewebe eullös oder auch scirrhös verhärtet, besteht bereits Ausfluss einer übel riechenden Feuchtigkeit aus dem Schlauche und nmss man hieraus auf Ulceration, oder auf vorhandene Feigwarzen und ähnliche Auswüchse schliessen, so bleibt nichts Anderes übrig, als die Vorhaut an ihrer untern Seite so weit aufzuspalten, dass man zu den kraukhafleu Theilen im Innern gelangen und dass der Urin aus dem männlichen Gliede frei nach aussen ablliessen kann. Das Durchschneiden der Wand der Vorhaut kann bei ruhigen und wenig empfiudlichen Thieren im Stehen geschehen, bei sehr reizbaren Thieren aber am besten im Liegen derselben. Die Operation selbst geschieht mittelst eines Knopfbistouris und der vorher eingeleiteten Ilohlsonde, oder auf einem eingeführten Finger von innen nach aussen und in der Länge, dass die vorhin bezeichneten Zwecke erreicht werden.
Die Nachbehandlung geschieht dann so, wie dies S. 164 u. ff. angedeutet worden ist.
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g78nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verengerungen der Vorhaut. Behandlung.
Die Parapliimosis sucht man, je nach dem bestehenden Zustande, zu beseitigen, indem man bei vorhandener entzündlicher Reizung zuerst Umschläge und recht fleissig wiederholte Befeuchtungen von recht kaltem Wasser, von Schnee oder Eis auf das Glied und die Vorhaut appllzirt und dann, wenn das erstere seine dunklere Röthung verliert und die Anschwellung sich mindert, die Zurückbringung auf die Weise versucht, dass man die Vorhaut an dem untern Theile ihres Randes mit den Fingern ergreift, sie möglichst stark von dem Leibe abzieht, sie somit etwas erweitert und dann über den vordem Theil des Gliedes hinwegzieht. — Besicht aber passive Anschwellung durch Infiltration von Blut und Serum in dem Gliede, so macht man Einschnitte in die Schleimhaut desselben an seiner untern Seite, oder man führt Einstiche selbst bis in die schwammigen Körper, jedoch mit Vermeidung der Harnröhre, und lässt durch öfteres Befeuchten mit lauwarmem Wasser die reichliche Ausblutung befördern; dann aber versucht man die Zurückbringung des Gliedes thcils ver-mittelstraquo;der eben angegebeneu Erweiterung der Vorhaut und zugleich mittelst eines massigen Drucks auf das Glied selbst in der Richtung zu der Höhle der Vorhaut. — Ist aber die Anschwellung des Gliedes sehr bedeutend und dasselbe bereits kalt und unempfindlich, so können zwar die Scarifikationen des Gliedes angewendet werden, gleichzeitig aber, oder unmittelbar darauf, muss man die Vorhaut au dem untern Theile ihres Randes in der Mitte so weit aufspalten, dass die Einschnürung des Gliedes vollständig gehoben wird und letzteres in die Vorhaut leicht zurückgebracht werden kann. Für diesen Zweck führt man an der bezeichneten Stelle zwischen das Glied und die Vorhaut eine Ilohlsonde, die Rinne derselben nach aussen gerichtet, und bewirkt dann mittelst eines geraden oder eines Knopfbistouris die Durchschneidung auf einer Länge bei Pferdeu und Rindvieh von circa einem Zoll und bei kleinen Thicren von circa einem halben Zoll. Hierauf geschieht die Zurückbringung durch einen gelinden und geschickt geleiteten Druck. Wenn aber das zurückgebrachte Glied entweder wegen übermässiger Anschwellung nicht Raum genug in dein Schlauche findet, oder wenn es wegen Lähmung und ErschlafluDg beständig wieder hervorfällt, so muss man es vermittelst einer Tragebinde (Suspensorium) unterstützen und die angemessenen Mittel zur Beseitigung des pathologischen Zustandes anwenden.
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Verkürzung der Ohrmuskcln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;679
Siebentes Cafiitel.
Die Verkürzung der Muskeln und Sehnen.
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Die Muskeln und Sehnen verkürzen sich, wie bereits im ersten Abschnitte angedeutet, an verschiedenen Körpertheilen und zwar auf eine zweifache Weise, nämlich indem bloss eine krankhaft vermehrte und andauernde Zusammenziehuug ihrer Fasern ohne weitere pathologische Veränderung entsteht, oder indem zugleich Ausschwitzung von Faserstoff zwischen die Muskel- und Sehnenl'asern und somit eine organische Veränderung in dem Gewebe der Thcile sich bildet. Im erstem Falle findet man die betreffenden Muskeln und Sehnen äus-serlich in ihrem Volumen nicht vermehrt, sondern, zuweilen entgegengesetzt, vermindert, und bei dem Befühlen hinsichtlich ihrer Textur von dem gesunden Zustande wenig abweichend, höchstens ein wenig mehr, als im normalen Zustande, gespannt; in dem zweiten Falle erscheinen aber die Muskeln und Sehnen in ihrem Volumen etwas vermehrt und bei dem Befühlen mehr derb, ja zuweilen wirklich hart, so namentlich die Sehnen. Im Uebrigen ist die Stellung und Richtung der betroffenen Tbeile, so wie die Beweglichkeit derselben in der Art verändert, wie dies in dem ersten Abschnitt angedeutet worden ist.
Die wichtigsten Contracturen sind folgende:
a) Die Contractur der Aufhebemuskeln des Ohrs. Sie ist Hauptursache der Hasenohrigkeit. Mau sieht bei derselben ein Ohr oder beide beständig steif in die Hohe gerichtet und seine Beweglichkeit vermindert; bei der örtlichen Untersuchung sieht und fühlt man die Aufheber über dem CJcnick und an der Basis der Ohrmuschel an der innern Seite dei-vselben sehr gespannt und man kann selbst mit der Hand die Ohrmuschel wenig oder gar nicht nach unten ziehen.
Die Ursachen sind in der Regel Quetschungen und andere Verletzungen der genannten Muskeln und zuweilen auch der Haut.
Die Beurtheilung ist ziemlich günstig zu machen, da dieser Zustand keine üble Folgen verursacht, sondern nur einen Schönheitsfehler darstellt, und da man ausserdem ihn durch eine kleine Operation sicher beseitigen kann.
Diese Operation besteht in der subeutanen Durchschneidung der Aufhebemuskeln und wird, nach Wieners '), auf folgende Weise ausgeführt: Das Pferd wird mit einer starken Halfter bekleidet, an eine Nothwand gestellt und kurz an dieselbe angebunden. (Bei dem Liegen des Thiers kann man nicht richtig beurtheilen, ob die Wir-
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gt;) Bartels, Organ der Pferdewissenschaft. Bd. I. Hfl. 2. S. 112. Hft. 3. S. 153.
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680nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verkürzung der Ohrmuskeln.
kung des Schnittes genügend ist oder ob letzterer noch vergrössert werden mnss. Bei sehr lebhaften Pferden wird es aber dennoch besser sein, dieselben zur Operalion niederzulegen.) Der Operateur stellt sich auf einen Klotz oder andern Gegenstand, welcher etwa einen Schritt weit vor die Füsse des Plerdes gelegt wird und nach der Grosse des letztem circa 1 —1| Fuss hoch sein muss. Man zieht mit der linken Hand das betrelfende Ohr seitlich etwas vom Kopfe weg, um hierdurch die Auriicbemuskeln möglichst zu spannen, sticht dann ein ganz schmales Messer, oder ein sogenanntes Teno-tom, die Schneide desselben nach oben gekehrt, in der Mitte zwischen der Mähne und der Ohrmuschel in die Haut, und geht unter dem langen und mittlern Aufheber des Ohrs durch und durchschneidet dann, ohne die Oeffnung der Wunde zu erweitern, mit einer ziehenden Bewegung der Hand den mittlern Aufheber von unten nach oben. Da zuweilen mit dieser Durschschneidung das Ohr eine hinreichende Senkung und Beweglichkeit erhält, so zieht man das Messer zurück und sieht zu, wie die Wirkung - des Schnittes sich zeigt. Ist dieselbe nicht genügend, so fuhrt mau das Messer wieder vorsichtig durch die Hautwunde ein bis auf den Schildkuorpel, und durchschneidet durch Hebung des Messers von unten nach oben den kurzen Aufheber, worauf gewöhnlich das Ohr eine gute Stellung annimmt; sollte dies jedoch nicht geschehen, so ist auch die Durchschneidung des langen Aufhebers noch in derselben Weise, wie bei den vorigen Muskeln, zu bewirken. •— Wenn das Ohr nicht nur eine zu starke Annäherung gegen die Mittellinie, sondern zugleich auch eine zu starke Drehung nach aussen und hinten hat, und diese fehlerhafte Stellung durch die vorige Operation nicht gebessert wird, so kann man nachträglich auch den langen Auswärtszieher, und zwar am besten nahe an der Ohrmuschel, in ähnlicher Weise unter der Haut durchschneideiii Die bei diesen Durchschueidungen entstehende Blutung kann während der Operation durch massig starkes Gegendrücken eines Fingers oder Schwammes gegen die Basis der Ohrmuschel unterhalb der verletzten Stelle, — nach der Operation aber durch folgenden Verband gestillt werden. Man drückt zuerst die in die Wunde gedrungene Luft und das in ihr enthaltene Blut mittelst gelindeu Streichens gegen die äussere Oeffnung vor, legt dann einen etwa 1 Quadratzoll grossen Tampon von Werg auf die Haut an der verwundeten Stelle und darüber ein paar Streifen Heftpflaster in kreuzweiser Richtung, so dass die Enden derselben an der Haut vor und hinter dem Ohr festkleben. Zur weitern Befestigung legt man hierauf noch eine mit Ohren versehene Kappe von fester Leinwand, welche durch Bänder unter den Kinnbacken zusammengezogen und an den Hals gebunden wird. Diese Kappe muss der Grosse des Kopfes und der Stellung der Ohren angemessen gemacht sein, damit die letzteren durch sie weder zu nahe zusammen-, noch zu weit auseinandergehalten werden. Das Thier wird dann mit einem blos-sen Halsriemen im Stalle so angebunden, dass es sich an der operir-ten Stelle nicht reiben kann, weshalb die Thierc auch in den ersten 48 Stunden sich nicht niederlegen dürfen; später können sie sich unter Aufsicht niederlegen und nach 6 — 8 Tagen kann der ganze
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Verkürzung der Muskeln und Seimen. Stelzfuss.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;631
Verband entfernt werden. Findet sich unmittelbar nach der Operation eine heftige Entzündung ein, so kann man den Verband fleissig mit kaltem Wasser befeuchten, bei geringer Entzündung überlässt man den Zustand sich selbst.
b)nbsp; Die Verkürzung des Niederzißhers der Ohrmuschel findet sich zuweilen bei Pferden als eine Ursache der sogenannten Weitohrigkeit und giebt sich an der starken Spannung dieses Muskels am obern Ende der Parotis und an dem Widerstände kund, wenn mau das Ohr mit der Hand in die Höhe heben will.
Die Beurtheilung dieser Contraktur ist ganz so zu machen, wie bei der sub a. bezeichneten, und die llilfe ist auch hier Yermittelst der subeutanen Durchschneidung dieses Muskels zu bewirken.
Die Vorbereitung zu dieser Operation hinsichtlich der Stellung des Pferdes ist wie bei der Durchschneiduug der Aufheber. Die Durchschneidung selbst geschieht, indem man die Haut auf der Ohrspeicheldrüse in der Richtung von hinten nach vorn so viel als möglich verschiebt, dann die Spitze eines Tenotoms am hintern Rande des Muskels, ungefähr f Zoll unter der Ohrmuschel, durch die Haut sticht, in die Oeffnung eine Hohlsonde, die Rinne derselben nach aussen gekehrt, zwischen die Drüse und den auf ihr liegenden Muskel quer unter demselben hindurch schiebt und dann, in der Sonde geleitet, mit dem Tenotom den Muskel durchschneidet, indem man das Messer mit seiner Schneide bei dem Zurückziehen massig stark gegen die Haut drückt und dabei gleichzeitig die Ohrmuschel durch einen Gehilfen stark in die Höhe ziehen lässt, um den Muskel zu spannen. Nach der Durchschneiduug lässt sich das Ohr sogleich leicht in die Höhe heben. Die Blutung ist hier immer gering und durch einen gelinden Druckverband leicht zu stillen. Man legt über denselben hier nothweudig die Kappe mit den Ohrenbeuteln und bindet die letzteren mittelst Bündchen an den Spitzen gegen einander, um hierdurch beide Ohren während der Heilung gleichzeitig in aufgerichteter Stellung zu erhalten. Eine weitere Nachbehandlung ist in der Regel nicht erforderlich.
c)nbsp; Die Verkürzung der Beugesehnen der vordem Fusswurzel und der Zehenglieder (des Kronen- und Hufbeinbeugers) der Pferde kommt an den Vorder- und Hinterfüssen häufig, bei den übrigen Thieren aber sehr selten vor, und erzeugt im niedern Grade eine Verkrümmung, welche man im cistern Falle an den Vorderbeinen als Vorbiegigkeit bezeichnet; in den höhern Graden aber verursacht sie den sogenannten Sehnenstelzfuss '). Die damit behafteten Thiere stehen in den Vorderbeinen mehr oder weniger krumm, halten die Knie (Fusswurzel) im stumpfen Winkel nach vom gerichtet, das Schienbein zurück, den Fessel mehr der senkrechten Linie genähert, und sie treten dabei entweder noch mit der ganzen Soh-
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*) Zur Untcrscheidting von dem in zu steiler Stellung und Verwachsung des Fcsselbcins mit dem Kronenbein u. s. w. bestehenden Stelzt'ussc nenne ich das hier beschriebene Leiden den Sehnenstelzfuss; Prinz nannte es den heilbaren Stelztuss.
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682nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verkürzung der Muskeln und Sehnen. Stolzfuss.
lenfläche des Hufes, oder nur mit dem vordem Theile derselben auf den Boden. Bei den höhern Graden des Uebels steht das Fessel- und Kronenbein sogar ein wenig zurück und eben so die Zehenwand nach abwärts, selbst zuweilen in dem Grade, dass das Pferd auf derselben ruht. In diesem Zustaude ist die Beweglichkeit im Fesselgelenk sehr gering und namentlich die Streckung nach vorn sehr vermindert, und hierdurch ist eben der Stelzfuss gebildet. Aussei1 dieser veränderten Stellung findet man an dem leidenden Fusse die Sehnen an der hintern Seite des Schienbeins, zuweilen in der ganzen Länge von dem Knie bis zum Fesselgelenk und selbst noch bis unter dasselbe, sehr gespannt, derb, ja zuweilen knorpelartig hart und an einzelnen Stellen ungleich dick; in manchen Fällen leidet nur die Hufbeinsbeugesehne, zuweilen aber auch die des Kronenbeinbeugers und in seltenen Fällen auch die des Fesselbeinbeugers; dabei bestehen dieselben noch gesondert von einander, oder sie sind stellenweis mit einander in eine Masse verwachsen. Die obere Parthie der vordem Gliedmaasse ist dabei entweder schlaff und hängt gleichsam herunter, oder, entgegengesetzt, sie ist sehr gespannt und verkürzt und somit gleichsam der untere Theil des Fusses zu dem obern hingezogen. In den Fällen der letztern Art ist die Bewegung in dem ganzen Fuss sehr gespannt und das Thier geht nur mit kurzen Schritten, in dem erstem Falle aber zeigt sich das Gehen mit den obern Theilen fast ganz frei, und Pferde dieser Art können häufig mit gesunden in der Schnelligkeit- des Laufens gleichmässig aushalten. — Oft leidet der Huf durch ungleiche Abnutzung an der Zehe u. s. w.
Die Ursachen dieser Contractionen sind: heftige und oft wiederholte Rheumatismen in den Muskeln der Schulter, rheumatische und andere Entzündungen, auch Quetschungen und Verwundungen der Beugesehnen selbst, übermässige Anstrengungen, besonders bei dem Ziehen schwerer Lasten bergauf, Verrenkungen und Verstauchungen u. dgl.
Die Beurtheilung ist bei einem geringen Grade dieser Contrak-turen, und wenn dieselben frisch entstanden sind, und die Thiere einer zweckmässigen Behandlung unterworfen werden, einigermaas-sen günstig zu machen, indem in solchen Fällen die Zusammeu-schrumpfung der Schnenfasern oft noch grösstcutheils gehoben werden kann; bei den höhern Graden des Uebels und da, wo organische Veränderungen in dem Sehnengewebe oder Verwachsungen der Sehnen unter einander entstanden sind, fruchten in der Regel alle therapeutische Mittel wenig oder gar nichts und man hielt deshalb bis zur neuem Zeit diese Zustände, und besonders den ausgebildeten Stelzfuss, für unheilbar; doch hat man jetzt in der Durchschneidung der Sehnen ein Mittel kennen gelernt, durch welches es sehr häufig gelingt, auch hier noch eine ziemlich vollständige Heilung zu erreichen.
Die Behandlung. Bei den frisch entstandeneu Contrakturen sucht man zuerst die etwa noch bestehende Entzündung zu beseitigen und wendet für diesen Zweck die Heilmittel an, welche bei der Sehnenentzündung empfohlen sind. Besteht keine Entzündung mehr, so sucht man durch auflösende, so wie durch erschlaffende und narko-
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Verkürzung der Muskeln und Sehnen. Stelzfuss.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 683
tische Mittel die Spannung zu mindern und wendet deshalb Auflösungen von Potasche oder von Kali carbomcum, oder von Schwelel-leber, bei den Thieren armer Leute blosse Aschenlaugc recht flcissig an. Bei erhühler Empfindlichkeit und grosser Trockenheit der Tbeile benutzt man Abkochungen von schleimigen und narkotischen IMiücln, zwischen denselben auch, besonders während der Nacht, Einreibungen von warmem Fett oder von warmem Oel. Bei der Anwendung dieser Mittel muss man jedoch nicht allein die contrahirten Sehnen im Verlaufe des Schienbeins berücksichtigen, sondern sie auch in den Fällen, wo die obern Tbeile der Gliedmaassen mitleiden, auf diese appliziren. Ausserdem ist es von Wichtigkeit, dass die Thiere jede heftige Anstrengung der leidenden Gliedmaasse vermeiden und namentlich die leidenden Sehnen nicht mit Gewalt ausdehnen. Man lässt ihnen deshalb Hufeisen mit erhöhten Stollen unterlegen und diese erst allmälig wieder verkürzen, so wie das Sehnenleiden sich durch die übrigen Mittel vermindert. Ist dieses der Fall, so kann man auch das von Prinz 1) vorgeschlagene sogenannte Schnabel-eisen anwenden, um durch dasselbe die Thiere zum verstärkten Durchtreten im Fesselgelenk zu zwingen. Fruchten diese Mittel nichts, oder ist die organische Veränderung der Sehnen in einem bedeutenden Grade vorhanden, so unternimmt man am besten ohne weitern Zeitverlust die Durchschneidung (Tenotomie 2) der contrahirten Sehnen. Dieselbe wird au derjenigen Sehne gemacht, welche am meisten leidet, und zuweilen an zwei oder an allen drei Beugesehnen. Man wählt zur Operation am liebsten die Gegend der Mitte der Länge des Schienheins, um den Synovialscheiden auszuweichen, und macht sie am besten au oder unter der etwas verdickten Stelle der Sehne, — übrigens ziemlich gleichgültig an der innern oder an der äussern Seite des Gliedes. — Die Operation selbst kann in zweifacher Weise ausgeführt werden, nämlich entweder durch den sogenannten offenen oder durch den subeutanen Sehnenschnitt. Bei dem erstem wird an oder unter der am meisten kranken Stelle der Sehne ein circa 1^ Zoll langer Schnitt in der Längenrichtung der Sehne durch die Haut gemacht, dann eine Hohlsonde unter die zu durchschneidende Sehne in der ganzen Breite derselben geschoben und auf ihr mittelst eines Knopfbistouris die Sehne, mit möglichster Vermeidung der neben ihr liegenden Gefasse und Nerven, durchschnitten. Letzteres wird sehr erleichtert j wenn man in dem Momente der Durchschneidung den Fessel möglichst stark nach vorn strecken und hierdurch die Beugeschnen anspannen lässt. •— Bei der subeutanen Durchschneidung scheert man an der Operationsstelle die Haare von der Haut auf einer Fläche von circa einem halben Qua-
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') Der Stelzfuss der Pferde und der Sehnenschnitt zur Heilung derselben. Dresden 1S4I. S. 13.
2') Siehe das Geschichtliche u. s. \v. hierüber, ausser der Schrift von Prinz, noch: Magazin für Thierheilkunde. Bd. VII. S. 303 und — Gurlt und Hertwig, Chinirgi-iche Anatomie und Operationslehre für Thierärzte, Berlin 1847. S. 189.
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684nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verkürzung der Muskeln und Sehnen. Stelzfuss.
dratzoll ab; darauf verschiebt man die Haut von der Operationsstelle ein paar Linien weit nach vorn oder nach hinten und durchsticht sie mit einem schmalen, nur etwa 2 Linien breiten, spitisigen Messer in der Längenrichtung der Sehnen am vordem Hände derjenigen Sehne, welche man eben durchschneiden will. In die kleine Wunde führt man dann ein eben so schmales Messer mit abgerundeter Spitze und schiebt dasselbe, flach gegen die Sehne gerichtet, unter derselben quer hindurch bis zu ihrem andern Rande. Dies geschieht am besten, wenn man durch einen Gehilfen in diesem Momente den Fessel zurückbeugen und hierdurch die Sehne erschlaffen lässt. Dass man mit der Spitze des Messers völlig unter der Sehne hindurch bis zum entgegengesetzten Rande derselben gelangt ist, kann man durch Anlegen der Fingerspitzen der linken Hand an diese Stelle deutlich fühlen. Ist dieses der Fall, so wendet man das Messer zur Hälfte um seine Achse, so dass die Schneide gegen die betreffende Sehne gerichtet wird, hält es in dieser Richtung mit fester Hand, lässt nun durch den Gehilfen den Fessel und Huf nach vorwärts strecken und drückt, indem man das Messer zugleich allmalig aus der Wunde zurückzieht, seine Schneide in die Substanz der Sehne ein und durchschneidet sie. Dass die völlige Trennung der Sehne geschehen ist, giebt sich durch das Auseinanderspringen der Sehnenenden und durch einen gewöhnlich laut hörbaren Ruck zu erkennen, ausserdem entsteht an der Operationsstelle eine bald grössere, bald kleinere Lücke, welche man von aussen durch die Haut deutlich fühlt, und zugleich wird die früher gehemmte Bewegung im Fesselgelenk viel freier, so dass die Thiere bei dem Treten auf den kranken Fuss auch wieder im Fessel ziemlich vollständig durchtreten können. Nach geschehener Durchschneidung macht man in denjenigen Fällen, wo zwei oder alle drei Sehnen leiden, mit den Händen an dem Hufe und Fessel einige Bewegungen, und wenn die Nachgiebigkeit in dem Gelenk nicht nach Wunsch erscheint, versucht man selbst durch starkes Beugen und Strecken die Ausdehnung der Sehnen zu vervollständigen; gelingt dies aber nicht und ist der Erfolg überhaupt zu schwach, so kann man an derselben Stelle noch die zweite oder nöthigenfalls die dritte Sehne durchschneiden. In der Regel beginnt mau die Operation an der Sehne des Hufbeinbeugers, weil diese am meisten leidet; und sehr oft erreicht man durch sie den Zweck ganz genügend; ist letzteres nicht der Fall, so durchschneidet man auch den Kronenbein-beuger und im äussersten Falle erst die Sehne des Fesselbeinbengers. Nach der Operation legt man auf die Wunde einen etwa fingerdicken Tampon von Werg, darüber eine Binde und umwickelt mit derselben das ganze Schienbein vom Fessel bis zum Kniegelenk. Die Thiere werden im Stalle in möglichster Ruhe gehalten, mager gefuttert und bei eintretenden heftigen Entzündungszufallen macht man kalte Umschläge von Wasser oder Bleiwasser. Der Verband bleibt durch 5 bis 6 Tage ruhig liegen, wenn nicht Eiterung oder andere Zufalle ein früheres Abnehmen desselben verlangen. In der Regel erfolgt, nach subeutanem Schnitt die Heilung ohne Eiterung; es ergiesst sich bei der Operation Blut in die Sehnenscheide, bald darauf tritt Ausschwitzung von Faserstoff hinzu und aus beiden Materialien bildet
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Contraktur des Spannmuskels der sehnigen Schenkelbinde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;B85
sich eine Art Sehnennarbe, welche die ganze Lücke zwischen den beiden Enden der durchschnittenen Sehne einnimmt, mit denselben fest zusamiTicuhängt und so gleichsam eine Verlängerung der Sehne bildet. Dieser Regenerationsprozess verläuft bei Pferden in etwa 3 Wochen, bei kleinen Thieren in Zeit von 10 — 12 Tagen. Die Thiere können gegen das Ende dieser Zeit wie gesunde zu leichter Arbeit benutzt werden, zu stärkeren Anstrengungen aber erst in etwa 14 Tagen bis 3 Wochen später. Zuweilen bleibt für einige Zeit eine ungleiche, etwas zuckende oder schleudernde Bewegung des Gliedes bei dem Aufheben desselben b'emerkbar, späterhin verliert sich aber dieselbe gänzlich.
d)nbsp; nbsp;Die Contraktur der Strecksehne der vordem Fuss-Wurzel und des Schienbeins ist in einzelueu Fällen an Pferden beobachtet worden. In einem Falle war die Sehne zugleich in einer Länge von 3 Zoll verknöchert. — Die Thiere können das Knie nicht beugen, der Fuss ist steif, die Sehne übermässig gespannt, der Gang geschieht mit steifem Aufheben und eben solchem Fortbewegen des Fusses. Ursachen sind mechanische Verletzungen. Die Hilfe besteht in erweichenden Mitteln und sicher in der subeutanen Durchschneidung der Sehne.
e)nbsp; Die Contraktur des Spannmuskels der breiten Schenkelbinde ist zuweilen bei Pferden beobachtet worden. Dieselbe äussert sich dadurch, dass die Thiere bei dem Gehen den Fuss zuk-kend im gestreckten Zustande sehr hoch aufheben, so dass der Huf zuweilen bis gegen die Brust gezogen wird und bei der örtlichen Untersuchung findet man an keinem andern Theile quot;desselben etwas Abnormes als an dem Tensor fasciae latae, welcher in seinem Verlauf von dem äussern Darmbeinswinkel zu dem Oberschenkel sehr gespannt und dick hervortritt, weit mehr als dies an dem andern Fuss der Fall ist.
Die Ursache dieses Zustandes ist nicht bekannt, doch scheint er zuweilen eine Folge von Hheumatismus zu sein.
Die Beuiihcilung ist günstig zn machen, weil diese Spannung und die unregelmässige Bewegung vermittelst der Durchschneidung des Muskels gehoben Werden kann. — Diese Operation Wird an dem liegenden Pferde auf die Weise ausgeführt, dass man zunächst den betrellenden Fuss mittelst eines um das Schicabein gelegten Strickes möglichst weit nach der J5rust zu in die Höhe zieht, dann ungefähr in der Mitte des Muskels einen circa einen Zoll langen Querschnitt macht, den Muskel dann in derselben Länge vorsichtig bis auf die sehnige Ausbreitung durchschneidet, hierauf aber eine Hohlsondc nach vorn bis zu seinem vordem Rande führt und mittelst eines Kuopf-bistouris an diesem Theile subcutan vollständig durchschneidet und hiernach mit dem hintern Räude eben so verfährt. Man zieht dann die Hautränder gegen einander und legt ein Heftpflaster über die Wunde, um die Einwirkung der Luft abzuhalten. Eine Nachbehandlung ist nur in dem Falle erforderlich, wenn Eiterung entsteht und der Eiter sich unter der Haut versenkt. In diesem Falle macht man entweder eine Gegenöflnung, oder man spaltet von der Querwunde aus sie bis zu dem Ende der entstandenen Höhle auf.
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Contraktur einzelner Schweifmuskeln.
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f) Contraktur einzelner Schweifmuskeln. Es kommt nicht selten vor, dass bei Pferden die Schweifrübe in schiefer Richtung oder verkrümmt nach der einen oder der andern Seite getragen wird.
Diese Verkrümmung kann entweder in krankhafter Thätigkeit der Muskeln oder auch in fehlerhafter Verbindung der Schwanzwirbel unter einander begründet sein. In ersterer Hinsicht besteht jedenfalls eine zu starke \V ii'kung einzelner Muskeln im Verhältniss zu der Wirkung der Muskeln an der andern Seite; aber diese, bloss ver-hältnissmässig stärkere Wirkung ist nur in manchen Fällen in wirklich krankhafter Contiaktion, zuweilen aber entgegengesetzt in Verwundung, Erschlaffung oder Lähmung begründet. In Hinsicht auf die Wirbel können Brüche, Verrenkungen, Verwachsungen und Exosto-sen die Veranlassung sein. Die letztern Zustände sind immer an Erhöhungen, Steifigkeit oder zu grosser Beweglichkeit einer Stelle (S. 519) leicht, dagegen aber die dynamischen Verhältnisse der einzelnen Muskeln gewöhnlich schwer zu erkennen. Man sieht bei den letzteren die Schwanzrübc bald in horizontaler Linie, bald über oder unter dieselbe seillich verkrümmt und zwar die eigentliche Krümmung bald an der Wurzel, bald in der Mitte oder näher der Spitze. Zuweilen ist sie dabei theilweis um ihre Längenachse gedreht, so dass z. B. die untere Fläche an der Seite steht. Manche Pferde zeigen die Verkrümmung beständig, auch bei dem Stillstehen, andere nur, wenn sie im Alfckt sind oder wenn sie schnell laufen. Will man die Rübe in entgegengesetzter Richtung beugen, so findet man viel Widerstand und-oft gelingt es nur sehr wenig oder auch gar nicht; dabei fühlt man bei krankhafter Contiaktion die betreffenden Muskeln sehr gespannt, und wenn eben dieser Zustand allein besteht, fühlt und sieht man von den vorhin genannten Abnormitäten der Wirbel keine Spur. Bei Erschlaflüng oder Lähmung einzelner Muskeln findet man dieselben schlaff, selbst ohne Empfindlichkeit und zuweilen geschwunden.
Als Ursachen sind nur in einzelnen Fällen vorausgegangene Verletzungen und Quetschungen bekannt geworden; oft scheint der Zustand in ursprünglich ungleicher Entwickelung der Muskeln zu beruhen.
Die Beurtheilung ist in sofern günstig, als dieser Zustand nur als Schönheitsfehler besteht; hinsichtlich der Heilung ist sie aber zweifelhaft, da man zwar mittelst Durchschneidung der leidenden Muskeln die Contraktur derselben an einer Stelle beseitigen, aber niemals im Voraus bestimmen kann, in wie weit hierdurch auch die schiefe Stellung gehoben werden wird? Oft gelingt dies vortrefflich, in andern Fällen nur zum Theil, und zuweilen ist die Wirkung des Durchschneidens sogar zu stark und in Folge dessen wird der Schwanz zur enfgcgengcsctzteu Seite gezogen.
Die Hilfe besteht in der offenen oder der subeutauen Durch-schneidung der zu stark kontrahirten Muskeln. Dieselbe wird, je nach dem Sitze der Contraktur, an den Aufhebern, an den Seitwärts-ziehern oder den Niederziehern zunächst an der Stelle unternommen, wo man die Contraktiou am stärksten fühlt, oder wo die grösste Einbiegung besteht, und, — wenn letztere hiernach mittelst Unter-
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Verkrümmung des Schwanzes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;687
stutzung der Hände nicht sogleich zu beseitigen ist, durchschneidet man dieselben Muskeln an noch einer Stelle 1^ — 2 Zoll vor oder hinter ersten, wo sich eben noch die Contraktur am stärksten zeigt. Bei Krümmungen nach oben muss man zuweilen, wenn die Aufheber vergeblich durchschnitten worden sind, auch noch die Seitwärtszie-her durchschneiden, weil diese Muskeln zum Theil mit jenen zugleich wirken. — Vor der Durchschneidung müssen die Ilaare oft einge-flochten werden, dass man zu deu betreffenden Stellen ohne Hinder-niss gelangen kann. Die Thiere können bei der Operation stehen oder besser liegen. Bei dem Durchschneiden mit offenem Hantschnitl wird die Haut quer über dem Muskel und in der ganzen Breite desselben durchschnitten und dann eben so der Muskel bis auf die Wirbel. Bei dem subeutanen Durchschneiden verfahrt mau im Wesentlichsten so, wie es im Vorhergehenden bei der subeutanen Sehnen-durchschneidung angegeben worden ist. Nach der Operation legt man auf die Wunde einen massig derben Wergtampon und darüber eine Binde massig fest an; und bei dem offenen Schnitt verbindet und verfährt man ganz so, wie dies bei den Verwundungen der Schweifrübe (S. 4M) angegeben worden ist. Hierauf befesligt man, nachdem das Pferd in den Stall gebracht worden ist, an die Schwanzspitze das vordere Ende einer Schnur, welche über au der Decke des Stalles befestigten Rollen läuft und am hintern Ende mit einem Gewicht versehen ist (S. 454). Die Bollen können hier etwas von der Mittellinie entfernt an der Seile angebracht werden, welche der bisher bestandenen Verkrümmung des Schwanzes enlgegengeselzt ist. Der Verband bleibt; nur durch 24 Stunden liegen. Die übrige Xach-behandluug geschieht nach allgemeinen Hegeln.
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Eilftc Classe.
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Verwachsungen und Verschliessungon.
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Erster Abschnitt.
Von den Verwachsungen Im Allgemeinen.
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Verwachsungen der verschiedenen Organe unter einander in krankhafter Weise, und eben so Verwachsungen der Wände hohler Organe mit einander kommen bald vollständig, bald unvollständig vor und bilden an den erstem Organen die Adhäsionen und Conglu-tiuationen, an den letztem aber die Synechieen und Atre-sieen. Die erstem sind mehrentheils die Folge von vorausgegangenen Entzündungen, die letzlern können eben so entstehen, sind aber zuweilen auch angeboren.
Man erkennt im Allgemeinen die Verwachsungen der erstem Art an der gehinderten oder verminderten Beweglichkeit der Theile uud zuweilen an hieraus entstehender Spannung, Verkürzung und uure-gelmässiger Stellung der betrell'enden Theile, die Verwachsungen der andern Art aber an den Störungen, welche aus dem gehinderten Durchgange von lgt;lut oder andern Säften, oder von Exkrementen, je nach Art des Thcils, entstehen, und zuweilen auch, wenn die Organe oberflächlich liegen, sieht und fühlt man die Verschliessung ihrer Ociliiungen oder der Kanäle.
Die Beuiilieilung ist, je nach der Vollständigkeit der Verwachsung und je nach der Wichtigkeit des betreffenden Organs, nach der Lage desselben und nach der hierdurch bedingten Möglichkeit, eine kunstmässige Trennung und Eröffnung der verwachsenen oder verschlossenen Gebilde zu bewirken, in den einzelnen Fällen sehr verschieden und es muss deshalb auf die folgenden Capitel hingewiesen werden.
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Verwachsung des äussern Gehörganges. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 689
Die Behandlung ist im Allgemeinen darauf gerichtet, die entstandenen Verwachsungen auf mechanische Weise wieder zu trennen, oder die verschlossenen Mündungen künstlich zu öffnen und dann in beiden Fällen den Vernarbungsprozess so zu leiten, dass nicht neue Zusammenklebungen und Verwachsungen entstehen.
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Zweiter Abschnitt.
Von den Verwachsungen im Speciellen.
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Erstes Capitel. Verwachsungen des äussern Gehörganges.
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Der äussere Gehörgang verwächst zuweilen bei solchen Hunden, denen man auf eine barbarische Weise die Ohrmuschel bis an die Haut weggeschnitten, oder auch ihnen dieselbe ausgedreht hat. Die VVundränder der Haut verlängern sich hiernach allmälig immer mehr nach dem Centrum und wachsen zuletzt vollständig zusammen. Die Thiere zeigen hierbei Minderung oder auch gänzlichen Verlust des Gehörs., je nachdem nur ein Ohr oder beide in der bezeichneten Weise leiden; dabei sammelt sich in dem äussern Gehörgange das Ohrenschmalz allmälig in solcher Menge an, dass es die über ihr gewachsene Haut etwas, zuweilen fast halbkugelig hervortreibt; die so hervorgetriebene Stelle ist elastisch gespannt und zuweilen bei der Berührung schmerzhaft, in manchen Fällen fehlt aber auch die Schmerz-haftigkeit.
Die Beurtheilung dieses Zustandes ist ziemlich günstig zu machen, da die Heilung, wenngleich zuweilen sehr mühsam, zu bewirken ist.
Die Behandlung verlangt zunächst die künstliche Eröffnung des (Jehörganges. Man bewirkt dieselbe auf die Weise, dass man die in die Höhe gedrängte Haut auf ihm mittelst eines Arterienhakens er-fasst, recht stark vom Kopfe abzieht und sie dann mit einem recht scharfen Messer quer abschneidet, oder auf die Weise, dass man in sie einen Kreuzschnitt macht und dann die vier hierdurch gebildeten Hautlappen am Rande des Gehörganges abschneidet. Gleich nach dem Durchschneiden der Haut dringt das Ohrenschmalz in grosser Masse hervor und kann mittelst eines Schwammes vollständig entfernt werden. Die Heilung erfolgt durch bald eintretende Eiterung und Granulation; aber leider wächst die letztere fast immer wieder
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690nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verwachsung der Augenlider.
schnell nach dem Centnnn zu vor und in Folge dessen droht eine neue llebei-wachsung des lt;iquot;ehöigaiiges. Man muss deshalb zeitig solche Mittel anwenden, welche den VVundrand zusammenschrumpreu und austrocknen, um baldigst eine harte Narbe zu erzeugen. Für diesen Zweck ist der Bleizuckcr und der Bleiessig, der Alaun, der Eisenvitriol u. s. w. zu benutzen; aber fast immer erreicht man durch fliese Mittel denselben nur unvollsUiudig und eben so nutzen Aclz-mittel nur sehr wenig; man ist vielmehr oft genöthigt, das Messer zu wiederholten Malen anzuwenden. Nach mehreren fruchtlosen Bemühungen ist es mir zuletzt noch am besten dadurch gelungen, den Gchörgang dauernd offen zu erhallen, wenn ich den Hautrand nach unten oder innen umgebogen und mit Heften zusammengehalten hatte, so dass die OefTnung rund herum mit behaarter Oberhaut umgeben war.
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Zweites Capitel.
Die Verwachsung der Augenlider mit einander und mit dem
Augapfel.
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Verwachsung der Augenlider kommt in verschiedenen Graden, im Ganzen jedoch nur selten vor. Dieselbe besteht zuweilen nur an einer Stelle der Händer, in andern Fällen erstreckt sich die Verwachsung in der ganzen Länge dieser Ränder und in noch andern Fällen ist die innere Fläche des einen oder beider Augenlider mit dem Augapfel stellenweis oder vollständig verwachsen. In dem erstem Fall sind die Augenlider von Natur vollständig entwickelt, ihre Ränder sind gehörig ausgebildet und die Trenuuugslinie zwischen ihnen ist deutlich vorhanden; an einer Stelle kann man beide Augenlider von einander ziehen, dabei einen Theil des Augapfels sehen oder mit der eingeführten Sonde fühlen und mit der letztem auch frei über die ganze Fläche des Augapfels zwischen ihm und den Lidern her-umglciten; der Augapfel selbst ist hierbei in der Regel vollständig entwickelt und gewölbt. — Bei der vollständigen Verwachsung der Augenlidränder findet man die Augenlider ebenfalls gehörig ausgebildet und ihre Gränze gehörig angedeutet; man kann sie mit den Fingern oder mit der Pinzette leicht in eine Falte erheben und auf dem deutlich fühlbaren Augapfel verschieben. •—- Bei der Verwachsung der Augenlider mit dem Angapfel (Symblepharon) ist gewöhnlich die Treuiimigslinie zwischen den beiden Augenlidern nicht recht deutlich vorhanden, der Augapfel kleiner, als im normalen Zustande und die Haut der Augenlider ist daher mehr nach der Höhle zu zurückgezogen; will mau sie in eine Falte erheben, so gelingt dies wenig oder gar nicht.
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Verwachsung der Augenlider.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 691
Die Ursachen sind eulweder Enlzündnngcn, uamciitiich nach der Einwirkung ätzender Mittel und nach dem Verbrennen, — oder der Fehler ist angeboren, namentlich die vollständige Verwachsung der Augenlider mit dem Augapfel.
Die Ikui'thcilung ist bei nur theilweiser Verwachsung der Augenlidränder immer günstig zu macheu, da hier die Trennung durch Kunsthülfe leicht zu bewirken ist; doch lässt sich im Voraus nicht immer mit Sicherheit versprechen, in wie weit dabei das Sehen wieder hergestellt weiden wird, da mau vor der Trennung den übrigen Zustand des Augapfels nicht immer deutlich erkennen kann. — Auch bei der vollständigen Verwachsung der Augenlidränder ist hinsichtlich der Beseitigung dieses Zustandcs eine gute Prognosis zu machen, im Uebrigen aber muss ebenfalls die Beurtheilung bis nach beendeter Operation zurückgehalten werden. #9632;— Bei dem Symblepharon ist die Prognosis sehr unsicher, namentlich in denjenigen Fällen, wo der Fehler in ursprünglicher Bildung begründet und der Augapfel klein und unvollständig entwickelt ist; im letztern Falle nutzt die Trennung der verwachsenen Gebilde wegen des mangelhaften Zustandes des Sehorgans gar nichts und selbst der Schönheitsfehler wird durch die Operation nur wenig gemindert; aber auch selbst in den Fällen, wo der Augapfel gehörig entwickelt und das Uebel durch Entzün dung und Verletzung herbeigeführt ist, kann man nicht wissen: ob und in welchem Grade die durchsichtige Hornhaut verdunkelt ist?
Die Behandlung besteht in operativer Trennung der verwachsenen Gebilde. Man verrichtet dieselbe bei der theilweisen Verwachsung der Augenlidräuder so, dass man in die vorhandene kleine Oeff-nuug ein feines, mit mildem Oel bestrichenes Knopfbistouri einfuhrt, die Schneide desselben gerade unter die Trenuungslinie der beiden Augenlider leitet, letztere in entgegengesetzter Richtung auseinander ziehen lässt und dann mit wiederholten kurzen Zügen des Messers von innen nach ausseu die Trennung der Augenlider an ihrer natürlichen Gränze bis zu dem Winkel derselben bewirkt. Besteht auch nach dem andern Winkel zu die Verwachsung, so setzt man das Messer nach den ersten Schnitten auch in der Richtung nach dem andern Winkel ein und vervollständigt hier die Trennung in ähnlicher Weise. —- Bei der völligen Verwachsung der Augenlidräuder hebt man beide Augenlider in eine quer über dieselbe laufende Falte auf, schneidet auf dieser Falle an der Gränze zwischen beiden Augenlidern eine kleine OeHuniig, bringt in dieselbe das mit Oel bestrichene Knopfbistouri und verfährt dann so, wie im Vorstehenden angegeben ist. #9632;— Bei der Verwachsung der Augenlider mit dem Augapfel bewirkt man zuerst auf die im Vorstehenden angegebene Weise die Trennung der Augenlidränder von einem Winkel bis zum andern. Hierauf bringt man zwischen das obere Angeidid und den Augapfel eine Sonde und sucht damit die geringern Adhaesionen zu trennen; ist aber völlige feste Verwachsung zugegen, so beugt man den Rand des Augenlides mit der linken Hand ein wenig nach aussen um und löst dann mit dem Knopfbistouri die adhaerirenden Stellen von dem Augapfel ab, indem man das Messer mit seiner Fläche an dem letztem sanft vorwärts schiebt und dabei das Augenlid vor dem Messer
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Verwachsung der Pupille.
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sanft in die Höhe zieht. Sollte die Verwachsung eine so innige sein, dass man keine Gränze zwischen dem Augapfel und dem Augenlid erkennen kann, so lässt man bei dieser Trennung lieber eine dünne Schicht von der Bindehaut auf dem Augapfel sitzen und betupft dann die Stellen, wo dies der Fall ist, mit Lapis infernalis. Die gewöhnlich nur geringe Blutung wird mit kaltem Wasser gestillt, hiernach aber ein schleimiges Augenwasser fleissig augewendet und die Augenlider müssen öfters mit den Fingern gelind hin und her bewegt werden, um neue Verwachsungen zu verhindern.
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Drittes Capitel.
Die Verwachsung der Pupille (Synechia pupillae).
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Die Pupille bleibt in einzelnen seltenen Fallen bei jungen Thie-ren über die sonst von deraquo; Natur hierzu bestimmte Zeit durch die sogenannte Pupillenmembran verschlossen und in andern Fällen verwächst sie bei älteru Tbieren in Folge von heftigen innern Augen-entzündungen, namentlich bei der Mondblindheit der Pferde.
Dieser krankhafte Zustand ist stets leicht zu erkctnuyi; die Pupille erscheint in dem zuerst bezeichneten Falle statt schwarzblau hier weisslicb und iu dem zweiten Falle fehlt sie gänzlich; dabei fehlt in - beiden Fällen das Sehvermögen.
Die Beurtheilung ist bei dem Zurückbleiben der Pupillenmembran günstig zu machen, indem dieselbe durch Operation zu trennen und das Sehvermögen herzustellcu ist; bei der seeuudären Verwachsung lässt sich ein bestimmtes Urtheil kpum abgeben, da die auch hier nur allein hülfreiche Operation an und für sich weit schwieriger und eingreifender ist, als im erstem Falle und da ausserdem mit der Verwachsung gleichzeitig auch andere organische Veränderungen in der hintern Augeukammer entstanden sein können, welche vor der Operation aber nicht zu erkennen und zu beurtheilen sind.
Die Beseitigung des Fehlers kann, besonders wenn er noch neu ist, auf diese Weise versucht werden, dass man durch Atropin eine möglichst grosso, gewissermassen gewaltsame Erweiterung der Pupille und hierdurch möglicherweise die Trennung der bestehenden Adhaesionen bewirkt. Man streicht für diesen Zweck eine Auflösung von 1 Gran Atropin oder (weniger zweckmässig) 2 Gran Belladonna-Extrakt in 10 Tropfen Wasser, mittelst eines Federbartes oder eines Pinsels mehrmals nach Zwischenzeiten von 5 Minuten auf den Augapfel. Ist nach einer Stunde der Zweck nicht erreicht, so besteht die Hülfe bei der angeboruen Verwachsung nur in der Abtrennung der Pupillcnmembran. Hierzu muss das Thier niedergelegt und gehörig fixirt werden, wie zu der Operation des grauen Staars; hier-
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Verwachsung des Afters.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (393
auf macht mau am besten am oberu Hände der (lurchsichligen Hornhaut einen etwa 3 Linien langen Einschnitt, führt in denselben ein kleines Häkchen in die vordere Augenkammer und bis in die genannte Haut, ergreift dieselbe, dreht dann das iläkcheu einige IMale um seine Längenachse und zerreisst auf diese Weise das Hiiutchen; der Rest verschwindet dann durch Resorption. Oder man führt durch den gemachten Hornhautschnitt eine lanzenlormige Staarnadcl und schneidet mit derselben die Pupillenmembran in der flutte der Pupille kreuzweis ein und überlässt dann die Beseitigung der entstandenen Lappen der resorbirenden Thätigkeit. — Bei der wirklichen Verwachsung der Pupillarräuder mit einander miisste eine neue Pupille in der Art gebildet werden, dass man nach gemachtem Hornhautschnitt mit einer scharfen Staarnadcl durch denselben bis zu der verwachsenen Pupille eindringt und durch einen ovalen Schnitt, dessen Umfang der Grosse der natürlichen Pupille entspricht, die Iris durchschneidet, dann die Nadel zurückzieht, dafür ein feines Häkchen einführt und mit demselben das umschnittene Stückchen dieser Haut erfasst und herauszieht. — Die Nachbehandlung muss in beiden Fällen streng antiphlogistisch und ganz so, wie nach der Operation des grauen Staars, sein.
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viertes Capitel.
Die Verwachsung des Afters (Atresia ani).
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Die Verschliessung des Afters kommt als Fehler der ersten Bildung bei sämmtlichen Säugethieren zuweilen vor, am häufigsten bei Kälbern, und zwar in zwei verschiedenen Abstufungen. Bei dem mindern Grade dieser Verwachsung ist der Darm bis zum After vorhanden, seine fllündung nur mit der äussern Haut überwachsen, fllau findet hier äusserlich au der betrell'cuden Stelle eine Andeutung des Afters, in Gestalt eines flachen Ringes, in demselben zuweilen die Haut von dem Koth etwas Lervorgedrängt. Bei dem höhern Grade dieser mangelhaften Bildung fehlt das hintere des Darms bald mehr bald weniger, so dass es nicht bis an die Afterstelle reicht, sondern zwischen ihm und dieser Stelle eine mit Zellgewebe ausgefüllte, 1 Zoll bis mehrere Zoll lange Lücke bleibt. In diesem Falle ist entweder gar keine oder nur eine geringe Spur von dem After vorhanden und man findet das Ende des Darms erst nach gemachter äus-serlicher Oeffnung mehr oder weniger tief im Becken als einen mit Koth angefüllten blinden Sack. Aussei- diesem örtlichen Befunde bemerkt man bei den betreffenden Thieren in längerer Zeit nach der Geburt keine Ausleerung von Exkermeuten; den Thiereu treibt der
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#9632;
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694nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verwachsung des Afters.
Leib auf, sie lassen vom Saugen ab und zeigen mehr oder weniger heftige Leibsclnnerzen; durch diese Umstände werden die Besitzer gewöhnlich erst zur Üntcrsnchung und Wahrnehmung der mangel-hafteu Bildung veranlasst.
Die Beurthcilung ist nach der angedeuteten Verschiedenheit des Fehlers sehr verschieden. Bei der nur oberflächlichen Verwachsung der Aftennündung ist stets lliiUc zu schallen und in der Regel das Thier zu retten, wenn die lliiUc zeitig genug gebrächt wird; dagegen ist bei dem zweiten Fall in der Hegel wenig zu helfen und es ist deshalb am besten, dergleichen Thiere baldigst zu tödten, um ihnen weitere (v)ualen zu ersparen.
Die Behandlung beruht in der operativen Eröffnung der Afler-inüudung, die man bei der oberflächlichen Verwachsung so bewirkt, dass man die Haut in der Mitte der vorhin bezeichneten kreisförmigen Aufwulstung entweder mittelst eines Häkchens, oder mittelst der Pinzette erfasst, faltenartig hervorzieht und sie dann mit einem Messer oder mit einer Schcere flach abschneidet. Es ist besser, wenn die Oeffnung ein wenig zu klein, als zu gross gemacht wird, da man sie im erstem Falle durch das Einführen eines mit Oel bestrichenen Fingers in die Wunde sehr leicht weiter ausdehnen kann und die Heilung besser erfolgt, als wenn zu viel Haut verloren gegangen und der Schliessmuskel entblösst worden ist. In manchen Fällen dringt nach dem Abschneiden der Haullalte sogleich eine Menge schwärzlichen zähen Kotlies (Meconium) aus dem Darm hervor, in andern Fällen aber wird der letztere noch durch eine Schicht von Zellgewebe verschlossen und man ist genöthigt, dasselbe mit der Pinzette und mit dem Messer wegzunehmen. 1st dies geschehen, so streicht man auf die Wundfläche sogleich Ceratum salurni und wiederholt dies auch in den folgenden Tagen läglich zweimal. Im l'ebrigen ist die Behandlung nur auf äusserliche Reinigung beschränkt. — Bei der Verwachsung des Mastdarms innerhalb des Beckens muss zuerst die Haut an der Afterstelle durchschnitten, das Zellgewebe theils mit dem Messer, theils mit dem Zeigefinger in der Richtung so tief getrennt werden, bis man das Darmende fühlt, worauf man dasselbe mit einem Troikar durchbohrt und nöthigenfalls die Oeffnung mit dem Finger erweitert. Nach erfolgter Kothentleerung legt man eine entsprechend dicke Wicke von Werg mit Gerat bestrichen in den Wundkanal und erneuert diesen Verband täglich zweimal bis zur Heilung.
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Verwachsung der Muttcrschcidu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;695
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Fünftes CajiUel.
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Diu Verwachsung der Muttersclieide und des Muttermundes (Atresia vaginae et orifieii uteri).
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a) Die Mutters clieide ist bei einaclueu Stuleu, Kühcu und Hündinnen in einem so hohen Oade verengt gefunden worden, dass mau kaum eine dünne Sonde durch sie bringen konnte; in andern Fällen war sie in einem Theile ihrer Länge völlig verwachsen. Die Verengerung kanu sich durch die ganze Länge des Orgaus erstrecken, doch findet man sie auch nur-stellenweis und zuweilen so, dass hinter ihr (eigentlich vor ihr) eine durch Ansammlung von Schleim und Urin verursachte Erweiterung besteht; die vollständige Verwachsung aber kommt immer nur in dem zwischen der llarmöhrenmiindung und dem Muttermunde befindlichen Theile zu Stande, da hinler jener Mündung der abgehende üriu sie hindert.
Diese Verengerungen und Verwachsungen sind bei nicht trächtigen Thiercn gewöhnlich mit keinen besonderen Zufällen begleitet und sie bleiben deshalb häufig unerkannt; doch sah ich bei einer Hündin bei einer grosseu Verengerung am Eingänge der Scheide als Folge der Urinansammlung vor derselben ein fast beständig erfolgendes Abtröpfeln des Harns, fortwährende Ucsudelung der Hinlcrschen-kel und urinösen Gestank entstehen. In allen Fällen konnten die TMere die Begattung nicht vollziehen und in einigen zeigten sich Hindernisse bei dem Gebären. 15ei den deshalb vorgenomnicnen örtlichen Untersuchungeu fand man die Scheide, wie oben angegeben, verengt, die Wände verdickt und callös oder auch völlig verwachsen; und zuweilen ist auch die Scheidenklappe sehr vergrössert und mit ihren Rändern überall verwachsen.
Als Ursachen sind exsudative Entzündungen, veianlasst durch übermässige Begattung, durch das Eindringen reizender Substanzen und durch Verletzungen bei der Geburt u. s. w. zu betrachten.
Die Prognosis ist mehrcntheils ungünstig, da diese üebel schwer zu heilen, zuweilen selbst schwer zu vermindern sind, und da die Thicre dabei nicht zur Zucht benutzt werden können; tragende Thierc können bei dem Gebären sehr leiden, selbst in Folge der gehinderten Geburl. sterben, wenn nicht zweckmässige Hülfe geleistet wird.
Die Hülfe ist auf die operative Erweiterung des Scheidenkanals oder auf die Trennung der verwachsenen Stellen angewiesen. Beides ist in den meisten Fällen sehr schwierig, besonders wenn die VVäude callös sind und die Verwachsung auf einer langem Strecke stattgefunden hat. In solchen Fällen, wo keine dringenden Zulalle bestehen, legt man in die verengte Scheide trockne Darmsaiten, welche man allmälig mehr und mehr von dickerem Durchmesser wählt und später geht man zu cylindrischen Stückchen von Press-
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696nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verwachsung der Mutterscheide.
schwamm über. Wenn durch die Vei-schliessuug üble Zufalle eut-stauden sind, oder wo Callositäten oder eine zu gross gewordene und verwachsene Scheidenklappe vorhanden sind, durchschneidet man die verengten Stellen u. s. w. vorsichtig, d. h. so, dass die Harnröhre, die Blase und der Mastdarm nicht verletzt werden; und bei Verwachsungen der Wände der Scheide selbst bewirkt mau eben so vorsichtig mit dem IVlesser die Trennung der betrcHenden Stellen. Dies ist schwer auszulühren, da mebreutheils die Schleimhaut etwas verdickt und ihre Gränze nicht überall deutlich zu erkennen ist; man kann deshalb Verletzungen ihrer Substanz nicht gut vermeiden, dieselben sind aber von keiner Wichtigkeit. Die hierbei entstehende Blutung wird durch kaltes Wasser gestillt, — Nach der Operation hat man dafür zu sorgen, dass die Theile nicht wieder verwachsen, #9632;— wozu hier immer eine grosse Neigung besteht. Man streicht deshalb bald nach der Blutstillung das Ccraturn plumbicum etwas reichlich in die Scheide oder man legt einen Wergpfropf von angemessener Dicke und mit der Salbe bestrichen in dieselbe und wiederholt dies täglich, bis die Entzündung vorüber oder die Vernarbung der verletzten Stellen geschehen ist.
b) Die Verschliessung des Muttermundes ist bei Kühen ziemlich oft, bei Stuten selten und bei andern Thieren fast gar nicht gefunden worden. Der krankhafte Zustand besteht entweder in einem festen Zusammenkleben der Innern Fläche des ftluttermundes durch plastische Exsudate oder in einer festen Verwachsung, wobei sich seine Ränder zuweilen in callöse oder selbst knorpelige Masse umwandeln. Bei nicht eben gebärenden Thieren entstehen gewöhnlich aus einer solchen Verschliessung keine besonderen Krankheits-Sym-ptome^und man kann sie daher nur vermuthen, wenn die Thiere mehrmals sich zur Zeit der Brunst fruchtlos begattet haben und wenn andere Ursachen der Unfruchtbarkeit nicht nachzuweisen sind. Bei der örtlichen Untersuchung durch die Scheide findet man dann die Verschliessung des Muttermundes in der angedeuteten Verschiedenheit; bei der blossen Verklebung desselben sind seine Ränder weich und man kann nach und nach durch gelind bohrende Bewegung des beölten Fingers in ihr eindringen; •— bei fester Verwachsung, bei Knorpelbildung oder anderweitiger Entartung kann man nicht den Finger in den Muttermund bringen und letzterer fühlt sich hart an.
—nbsp; Bei gebärenden Thieren findet die gehörige Erweiterung des Muttermundes sehr spät, unvollständig oder gar nicht statt, und die örtliche Untersuchung zeigt den abnormen Zustand.
Ursachen sind mehrentheils Verletzungen und entzündliehe Reizungen bei vorausgegangenen Geburten; in manchen Fällen sind sie unbekannt.
Die Hülfe besteht bei der blossen Zusammenklebung des Muttermundes in der Eröffnung desselben durch das gelind drehende und drückende Eindrängen eines mit Fett oder Oel bestrichenen Fingers;
—nbsp; bei wirklicher Verwachsung und bei Entartung des Theils muss aber die künstliche Erweiterung mit dem Messer bewirkt werden. Dies kann am stehenden oder liegenden Thiere auf die Weise geschehen, dass man in den Fällen, wo man mit einer Fingerspitze ein-
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Verschliessung der Schcnkelarterien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 697
dringen kann, ein schmales Knopfmesser, welches von dem Zeige-flnger geleitet und von den übrigen Fingern gedeckt wird, oder ein Fistelmesser, oder ein verborgenes Bistouri in den Muttermund schiebt und denselben au einer oder zwei Stellen, am besten am oberen Rande gegen -i bis 1^ Zoll tief einschneidet, je nachdem die Dicke der callösen oder knorpelichen Masse ist. Die völlige Durchschneidung derselben erkennt man an dem Aufhören des harten Widerstandes gegen das Messer und beim Fühlen mit dem Finger. — Wenn es nicht möglich ist, mit einer Fingerspitze in den Muttermund ein-audringen, so muss ein spitzes Messer, von den Fingerspitzen bedeckt, bis au ihn geführt, in die Mitte desselben eingestochen und von hiev aus die Einschneidung der Ränder bewirkt werden. In beiden Fällen kann man die Erweiterung noch durch Auseinanderdrängen mit den Fingern vervollständigen; bei gebärenden Thieren erfolgt sie gewöhnlich durch den von innen andringenden Foetus. Eine Nachbehandlung ist in der Regel nicht erforderlich; wo die Blutung heftig ist, stillt man sie durch massig fest eingelegte Tampons oder Schwämme, welche in kaltes Wasser getaucht sind.
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Sechstes Capitel.
Von der Verschliessung (Obliteration) der Schenkelarterien.
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Zahlreiche Beobachtungen haben es gelehrt, dass die Aiterien-und Venenwände durch Entzündung und plastische Ausschwitzung verdickt, an ihrer inuern Fläche rauh und dadurch die Gefasse in ihrem Lumen allmälig enger, zuletzt selbst ganz verschlossen werden können. Bei einem solchen Zustande wird der Durchgang des Blutes durch die betrclfeuden Gefässe, je nach dem Grade der Verengerung oder der gänzlichen Verschliessung, sehr vermindert oder auch gänzlich gestört, und in Folge dessen leicht die Ernährung derjenigen Theile, welche eben von diesen Gefässen mit Blut versehen werden sollen; hauptsächlich aber leidet die Muskelaction, weil bei derselben immer eine grössere Menge Blutes, oder gewisse Bestand-theile desselben, verbraucht werden; sind diese Bestandtheile nicht vorhanden, so findet auch die Innervation unregelmässig oder gar nicht statt, — die Muskeln ziehen sich bei einiger Anstrengung des Thieres zuerst unvollständig, später unwillkührlich krampfhaft zusammen und sehr bald tritt eine Lähmung derselben ein, welche aber in der Regel schnell vorübergeht.
Dieser Zustand ist an verschiedenen Gelassen, am häufigsten aber an den Schcnkelarterien beobachtet worden, wo er eine merkwürdige Art von Lahmheit erzeugt.
Die mit dem Uebel behafteten Pferde zeigen im Zustande der Ruhe und bei dem Gehen im langsamen Schritt gewöhnlich nichts
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698nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Verschliessung der Schenkelartcrien.
Krankhaftes, wenn sie aber 10 bis 20 Minuten im Trabe gehen müssen, langen sie au, mit einem Ilintcrfuss mehr schleppende Bewegungen bei dem Aufheben zu machen und somit zu lahmen; nach und nach gehen diese Beweguugeu in ein Zucken mit dem ganzen (iliede über, die Thicre kommen mühsam von der Stelle, der Angst-schweiss bricht ihnen am ganzen Körper aus, der Blick wird stier, das Athmen von IMinute zu Minute mehr angestregt und mit erweiterten NasenöfTnungen ausgeübt, der Puls sehr beschleunigt; unter diesen Erscheinungen werden die zuckenden Bewegungen an dem Schenkel immer hcfligcr und selbst dann unwillkührlich ausgeübt, wenn das Thicr stillsteht. Bei noch weiterem Gehen tritt der höchste Grad des Leidens ein, das Thier ist nicht mehr vermögend, auf dem Fasse zu stehen, es knickt mit demselben zusammen und fällt auf die leidende Seite nieder. Im Liegen stöhnt es, wie wenn es Schmerzen emplaude, aber nach wenigen Minuten lassen die Erscheinungen der Aufregung allmälig nach, eben so die Zuckungen in dem leidenden Schenkel, uud nach 5 bis 10 Minuten steht das Thier wieder auf und kann bald darauf im Schritt wieder regelmäs-sig gehen. Diese Anfälle wiederholen sich jedes Mal, so oft man das Thier im schnellen Lauf durch einige Zeit gehen lässt und je öfter das geschieht, um so stärker werden sie, dagegen treten sie in etwas minderem Grade ein, wenn das Thier durch einige Zeit gänzliche Ruhe gehabt hat.
Die angegebenen Erscheinungen sind nach den bisherigen Erfahrungen über diesen Gegenstand so bestimmte Symptome des gehinderten Durchganges des Blutes durch die Scheukelarterien, dass man schon ans ihnen die Diagnosis mit ziemlicher Gewissheit machen kann; allein um die grösste Sicherheit hierüber zu erlangen, macht man die Untersuchung noch durch den Mastdarm, indem man mit der hierzu uöthigen Vorsicht (hinsichtlich des Festhaltens, des Anlegens der Bremse, nöthigenfalls des Spanncns der IRuterfüsse des Thiers) die mit Oel oder Schleim bestrichene Hand in den Mastdarm bis zur Theilung der Aorta einführt und sowohl dies Gefäss, wie auch die beiden Arteriae crurales in ihrer ganzen Länge an der oberen Seite des Beckens befühlt. Im gesunden Zustande findet man diese Gefässe sämmtlich elastisch-weich, regelmässig pulsirend und in einem der Grosse des Thiers angemessenem Umfange, auch kann man sie durch einen Druck mit den Fingern leicht comprimiren; dagegen bei der Verschliessung findet man sie an einzelnen Stellen, zuweilen auch in ihrer ganzen Länge als derbe, bandartige Stränge, ohne deutliche Pulsation und nicht mit den Fingern zusammendrückbar; nur bei den mindern Graden der Yerschlicssung ist letzteres noch ein wenig möglich und zugleich fühlt man hier noch bei jedem Puls ein gelindes Zucken in dem Gefäss; zuweilen ist der Umfang desselben auch vergrössert. #9632;— In einigen Fällen hat man bei der Untersuchung der Schenkelarlerien und ihrer Zweige ausserhalb des Beckens diese Gefässe weniger voll und schwächer pulsirend gefunden, als dieselben Gelasse an dem gegenüberstehenden gesunden Fusse; auch schien zuweilen die Temperatur geringer zu sein. — Bei der Section der wegen dieses Uebels getödteten Pferde findet
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Verwachsung der Gelenke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (599
man die Schenkelai-terien bald mehr bald weniger, und zuweilen auch den hintern Theil der Aorta mit Faserstoffgcrinnsel verstopft.
Bei einigen Pferden bestand das Leiden an beiden Füssen, jedoch gewöhnlich au dem einen mehr als an dem andern ausgebildet.
Die Ursachen sind nicht bekannt, wahrscheinlich aber sind es Erkältungen und Erschütterungen.
Die Ucurtheilung ist stets ungünstig, weil das Uebel durch Kunsl-hülfe nicht zu beseitigen ist.
Die Behandlung ist mit entzündungswidrigen auflösenden und ableitenden Mitteln der verschiedensten Art versucht #9632;worden, man hat namentlich mageres Futter, öfters wiederholte Abführungsmiltel und Aderlässe, innerlich das Kalomei und das .lod, auf dem Kreuz scharfe Einreibungen und das glühende Eisen oll wiederholt und durch längere Zeit fortgesetzt angewendet, aber durchaus vergeblich.
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IVeiinKelmtes Capilel.
Die Verwachsung der Gelenke (Anchylosis).
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Die Verwachsung der Gelenke kommt in zweifacher Weise vor, nämlich als vollständige oder wahre und als unvollständige oder falsche Anchylosis. Bei der ersteren wachsen die Gelenkenden der Knochen selbst mit einander zusammen, so dass zwei oder mehrere Knochen eine fest zusammenhängende IMasse darstellen, bei der falschen Anchylosis sind aber blos die Gelenkbänder krankhaft verkürzt, verdickt oder selbst verknöchert und hemmen durch diese krankhafte Beschaffenheit die Bewegung der Knochen. Die Anchy-loseu können an allen Gelenken entstehen und sind namentlich an den sämmtlichen Wirbeln, an dem Hinterhauptsgelenk, an den Bippen und an den Gelenken der Gliedmaassen gefunden worden; bei dem Spat, dem Rehbein und der liasenhacke gehören sie gewisscr-massen zu dem Wesen dieser Krankheiten, und auch bei der Schale und der chronischen Ilufgeleukslahmheit findet man sie sehr häufig.
Sowohl die wahren, wie auch die falschen Anchylosen entstehen leicht nach allen Veranlassungen, welche eine Entzündung der Beinhaut, oder der Synovialhaut der Gelenke, an den Gelenkknorpeln und Bändern erzeugen können. Man findet sie daher am häufigsten nach rheumatischen Entzündungen, nach Verwundungen der Gelenke, nach Knochenbrüchen in der Nähe derselben, nach Verrenkungen und Verstauchungen u. dgl.
Ihre Erkennung im Allgemeinen ist immer leicht; man sieht die Bewegung in einem Gelenk gänzlich oder fast gänzlich aufgehoben und selbst mit Hülfe der Hände ist dieselbe nicht herzustellen; man
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700nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Verwachsung der Gelenke.
fühlt die Steifigkeit an der Stelle des Gelenkes und fühlt auch zu weilen die Gelenkbänder verhärtet, verdickt und nicht verschiebbar. Dagegen ist es in manchen Fällen schwer, die wahren von den falschen Anchylosen am lebenden Thiere zu unterscheiden.
Die Prognosis ist immer ungünstig, da man die beiden Arten von Anchylosen nicht im Stande ist,_ eine wirkliche Besserung des Zustandes herbeizuführen uud höchstens bei anfangenden falschen Verwachsungen eine geringe Minderung des Uebels bewirken kann.
Die Hülle kann hier durch lauwarme Fussbäder von Kali, durch Einreibungen von warmem Oel oder Fett, oder der grauen Merkurial-salbe versucht werden.
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Ueber die Verwachsungen des Kanals der Ohrspeicheldrüse siehe die Erweiterung dieses Kanals S. 664, über die VerSchliessung der Drosselvene siehe die Entzündung derselben S. 152 u. f., — und über Verschliessung des Milchganges in den Zitzen siehe Entzündung der Milchdrüsen S. 168.
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Zwölfte Classe.
Fremde Körper und Zurückhaltung von Säften.
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Erster Abschnitt.
Von diesen Zuständen im Allgemeinen.
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Es kommt nicht selten vor, dass fremde Körper verschiedener Art von aussei! in den Thierkörper gelangen und in demselben krankhafte Zustände erzeugen, und eben so kommt es vor, dass abgesonderte Säfte in einem oder dem andern Organe, namentlich aber in den Höhlen sich anhäufen und ebenfalls Krankheiten herbeiführen oder selbst darstellen. Die von Russen eingedrungenen fremden Körper (Allenthesen) gelangen entweder durch die Hautdecken in denselben oder sie finden ihren Eingang durch die verschiedenen natürlichen Oelfnungen desselben. Im ersteren Falle können sie, je nach ihrer Grosse und Beschaffenheit, auch verhältnissmässig grosse Trennungen veranlassen und sie sind dann als blosse Complicalionen der Wunden zu betrachten (S. 332); wenn sie aber sehr dünn und fein sind, so zieht sich die Haut nach ihrem Durchgange wieder zusammen, so dass keine olTene Trennung wahrzunehmen ist und die fremden Körper bewirken dann im Zellgewebe, in den Muskeln u. s. w. Reizung, Schmerz, Entzündung, Eiterung, zuweilen auch Couvulsionen u. dgl. und stellen somit gewissermassen selbstständige Leiden dar. #9632;— Die durch die Mündungen der Höhlen eingedrungenen fremden Körper wirken, je nach ihrer Grosse und der Beschaffenheit ihrer Oberfläche, ebenfalls drückend und reizend, und je nach der Empfindlichkeit und der besondern Beschaffenheit des Organs geben sie auch Veranlassung zu eigenthümlichen Zufallen, wie z. B. zwischen den Augenlidern zu reichlicher Thränenabsonderung, im Maule zu starkem Speicheln und Geifern, im Schlünde zum Erbrechen, hin und wieder auch die Grundlage zur Steinbildung u. s. w.
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702nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Von den Zuständen im Allgemeinen.
Die Erkennung des Daseins von fremden Körpern beruht griiss-tenthcils auf den Erscheinungen, welche in der eben angegebenen Art eigenthümlich au den verschiedeneu Stellen durch die fremden Körper hervorgerufen werden und in Folge welcher man die örtliche Untersuchung des Theils unternimmt. Bei der letztem ßndet man dann den fremden Körper und erlangt so die vollständige Ge-wissheit seines Daseins.
Die Bcurtheilung der krankhaften Zustände, welche durch fremde Körper erzeugt werden, ist nach Art und Grosse derselben,' nach der Dauer ihres Daseins, nach der Wichtigkeit und Lage des betrofl'euen Organs und nach tier Art der Zufälle, welche bereits entstanden sind, in den einzelnen Fällen sehr verschieden und daher im Allgemeinen nicht gut auszusprechen. Nur das ist hier zu bemerken: dass manche fremde Körper, wie dies bereits bei denselben in Wunden gesagt worden ist, durch plastische Säfte eingehüllt und dadurch dem Thierkörper weniger fremd gemacht werden, so dass sie in diesem Zustande oft durch viele Jahre in demselben verbleiban, ohne weitere Störungen zu erzeugen; dass aber andere die Reizung fortwährend unterhalten und durch Schmerz das Wohlbefinden der Thiere oder die freie Bewegung der betroflenen Theile stören und somit das Gedeihen derselben und ihre Dienstbrauchbarkeit hindern; dass noch andere Eiterung erregen und durch einen entstandenen Abscess nach aussen wieder entleert werden, oder auch zu Senkungen des Eiters, Fisteibildnngen, Uleerationen u. s. w. Veranlassung geben. Die in die Höhlen eiiigedrnngeuen fremden Körper können Verletzungen der Wände, Ausdehnungen derselben, schleichende Entzündung, Störuug des Durchganges von Nahrungsmil.teln und von Säften, Störung der Sinneslunctionen, Krämpfe und selbst den Tod herbeiführen.
Secretions - Flüssigkeilen, welche zur Ausleerung bestimmt sind, bilden an und für sich noch keine Störungen als fremde Körper, wenn sie in einer massigen IVIenge an dem Absonderungsorte und während kurzer Zeit verweilen, aber wenn die Anhäufung in grosser Menge stattfindet, wirken sie drückend und ausdehnend auf die Wände der Organe oder tier Höhlen, schwächen hierdurch dieselben, erzeugen Störungen in benachbarten Gebilden, je nach der Art und Function derselben, und können selbst zur Berstung der Organe, dann zu Ergiessungeu in das Zellgewebe oder in die grösseren Höhlen Veranlassung geben und somit verschiedene üble Zufälle und selbst den Tod tier Thiere verursachen. Es entstehen auf diese Weise durch Anhäufung von Serum in der vordem -Augenkammer Wasser-sachten des Augapfels und in Folge derselben Vorfall des Augapfels und Verlust des Sehvermögens, durch Anhäufung von Schleim in den Ludsäcken bei l'ferdcn beschwerliches Athmen u. s. w.
Die Diagnosis dieser krankhaften Zustände beruht theils auf der wahrnehmbaren Verminderung oder gänzlichen Unterdrückung der normalen Ausleerung, theils auf vermehriem Umfange der Organe oder Höhlen, in welchen die Anhäufung stattfindet, theils auch auf der fühlbaren Fluctuation der angehäuften Säfte bei kunstmässiger Untersuchung hierüber, und endlich auf den besonderen Zufällen,
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Von den Zuständen im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;703
welche durch die Spannung, den Druck u. s. w. von den angehäuften Flüssigkeiten in den benachbarten Theilen entstehen.
Die Kur ist bei den fremden von aussen eingedrungenen Körpern darauf gegründet, dass mau dieselben entweder direkt entfernt, oder dass man sie durch den Eiterungsprozess erst locker werden und dann durch eine von selbst entstandene OefTnung ausscheiden lässt, oder sie ebenfalls künstlich entfernt; und wo besondere Zufalle bereits eingetreten sind, welche auch nach der Entfernung der fremden Körper fortbestehen, hat man die Aufgabe, dieselben ihrer Art nach durch geeignete Mittel zu beseitigen oder zu mindern. — Bei den zurückgehaltenen oder zu sehr angehäuften Säften hat man die Aufgabe: den natürlichen Ausleerungsweg wieder herzustellen oder einen neuen Ausleerungsweg künstlich zu bilden und ausserdem die dem ursprünglichen Zustande zuweilen zum Grunde liegenden Ursachen oder die hinzugetretenen Complicationen zu beseitigen, — wie dies im Speciellen näher angegeben wird.
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Zweiter Abschnitt.
Von den fremden Körpern und Anhäufungen der Säfte
im Speciellen.
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Erstes Capitel.
Von den Dasselbeulen oder den Engerlingen unter der Haut.
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Bei dem Rindvieh (auch bei dem Rothwild) finden sich häufig, bei Pferden und Eseln nur selten, eigeiithümliche Beulen auf dem Rücken, der Lendengegend und dem Kreuz, welche nur in der Haut und dem darunter liegenden Zellgewebe ihren Sitz haben, an ihrer Spitze mit einer kleinen Oeffnung versehen sind, etwas eitern und in ihrem Innern eine Art von grosser Made enthalten. Man nennt, diese Beulen gewöhnlich Dasselbeulen und die einer Made ähnlichen Thiere Engerlinge. Die letzteren sind die Larven der sogenannten Riudviehbremse, Ochsenbremse oder Ochsen-breme (Oestrus Bovis); sie werden im Sommer und Herbst von diesen Fliegen als Eier auf die Haut der Thiere gelegt, fressen sich nach dem Ourchbrechen der Eihiille durch die Haut in das Zellgewebe und ernähren sich höchst wahrscheinlich von dem in ihrer Umgebung entstandeneu Eiter bis zu ihrer vollständigen Ausbildung, welche nach Verlauf von etwa 10 Monaten erfolgt1). Die Zahl der Dasselbeulen bei einem Thiere ist sehr verschieden, von 1 bis gegen 50; ihre Grosse ist im Anfange nur ungefähr gleich einer massig grossen Boline, aber allmälig nimmt sie zu und erreicht ungefähr nach 9 bis 10 Monaten zuweilen den Umfang eines starken Taubeneies bis den Umfang eines kleineu Hühnereies, und eben so wächst
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') Ueber die Bremsen siehe die gründliche Abhandlung von A. Numan im Magazin für Thierheilkunde, Bd. IV. S. 1 u. f.; und speciell über die Rindviehbremse daselbst S. 112.
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Bremsenschwindel,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 705
die in den Beulen befindliche Larve nach und. nach grosser. Auf der Mitte jeder Beule befindet sich eine rundliche Oeffnung, welche im Anfange nur sehr klein ist, später jedoch immer grosser wird und zuletzt den Umfang einer Erbse erreicht. Die Haut auf der Beule ist im Anfange etwas verdickt, im nächsten Sommer aber wird sie allmälig dünner und man sieht zu der Zeit die Larve mit ihrem hintern Ende zuweilen in die genannte üellhung sich hineindrängen, so dieselbe allmälig mehr erweitern und zuletzt schlüpft sie rückwärts aus derselben heraus. Dies geschieht gewöhnlich des Morgens in der Zeit von der Mitte des Mai bis gegen das Ende des Juli; doch findet man auch früher oder später einzelne Larven.
Die Engerlinge veranlassen den betreffenden Thicren eine bedeutende Plage, namentlich wenn sie in grosser Anzahl vorhanden sind; sie reizen fortwährend die Haut an der Stelle ihres Aufenthalts, beunruhigen die Thiere und hindern theils hierdurch, theils durch den mit der lange dauernden Eiterung verbundenen Säfteverlust die gute Ernährung des Thiercs; doch verlieren sich diese Störungen stets von selbst, wenn die Larven ihre von der Natur be-stimmte Reife erlangt haben. Deshalb unternehmen auch die meisten Viehbesitzer gegen das Uebel gewöhnlich keine besondere Behandlung.
Die Hülfe ist hier leicht zu bewirken, und zwar entweder dadurch, dass man die Beulen aufschneidet, oder die vorhandenen Oefl-imngcn bloss erweitert, die Larven mittelst einer Pinzette oder einem Häkchen hervorzieht, oder auch sie bloss herausdrückt und dann das Geschwür mit irgend einem bittern oder gelind harzigen Mittel befeuchtet. Die Heilung erfolgt dann sehr leicht. Oder man tödtet, nach Bracy-Clark, die Larven in der Höhle dadurch, dass man die ätzende Flüssigkeit, z. B. Sublimatauflösung, oder eine Kupfervitriolauflösung in die Höhle spritzt, oder eine glühende Nadel in dieselbe führt, worauf man die Larve herausziehen oder ihr Aus-stossen durch den Eiterungsprozess abwarten kann. Die Nachbehand • lung hierbei ist auf blosses Reinigen beschränkt.
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Zweites Capltel.
Von den Bremsenlarven in den Stirnhöhlen der Schaafe und Ziegen.
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Bei Schaafen (zuweilen auch bei Ziegen) entwickeln sich in den Stirn- und Kieferhöhlen nicht selten die Larven der Schaaf-bremse (auch Nasenbremse und Stirngrübler genannt *) in grosser
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l) Uebor die Schaafbremse. Magazin f. Thierheilkunde. Bd. IV. S. 124.
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706nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bremsenschwindel.
Anzahl und erzeugen durch Reizung der Schleimhaut eigenthümliche Krankheitszußille, welche mau mit dem Namen „Bremsenschwindelquot; bezeichnet. Im geringem Grade des Leidens niesen die Thiere oft und einzelnen fliesst etwas Schleim aus der Nase, sie reiben sich den Kopf, besonders die Nase, an andern Gegenständen, oder sie streifen mit den Hinter- und Vorderfüssen über denselben, oft schütteln sie ihn auch heftig, oder sie heben die Nase plötzlich in die Höhe und beugen den Kopf rückwärts oder zur Seite. Im höhern Grade stehen die Thiere öfters während einiger Zeit mit tief gesenktem Kopfe, heben bei dem Gehen die Vorderfüsse höher auf, drehen zuweilen nach einer Seite und lassen auch von dem Futter ab. Ist dieser Zustand eingetreten, so magern sie allmälig mehr ab, fallen zuweilen nieder, knirschen mit den Zähnen und zeigen an den Augen mehr Röthung und eine verengerte Pupille, zuweilen verdrehen sie dieselben auch. In den leichteren Graden des Leidens wechseln die Zufälle oft mit völlig gesundem Zustande und zuletzt verschwinden sie gewöhnlich gänzlich, was zuweilen schon mit etwa 5 bis 8 Tagen geschieht, besonders wenn die Thiere durch öfters wiederholtes Niesen einige Oestruslarven aus der Nase entleert haben. Letzteres geschieht bald mit gleichzeitiger Ausleerung von Schleim, bald ohne dieselbe, ist aber in jedem Falle das sicherste Merkmal von dem Dasein der Larven. Bei den höheren Graden des Leidens wiederholen sich die bezeichneten Zufälle allmälig immer stärker und die Thiere sterben zuletzt unter denselben. Bei der Section findet man im Wesentlichen die Stirnhöhlen, die Höhlen der Hornzapfen und auch die Oberkieferhöhlen mehr oder weniger mit zahlreichen Larven besetzt, die Schleimhaut stellenweis entzündet, eiternd und zuweilen sogar brandig.
Die Beurtheilung ist bei den milderen Graden des Uebels günstig zu machen, da hier die Beseitigung der Larven und die Heilung der bezeichneten Zufälle in der Regel gelingt, bei den höhern Graden aber ist gewöhnlich beides schwieriger und daher die Prognosis unsicher auszusprechen.
Zur Beseitigung der Larven und der angeführten Krankheitszufälle benutzt man zuerst in den milderen Fällen solche Mittel, welche Niesen erregen und den Larven zuwider sind, z. B. pulverisirten Ta-back, Majorankraut, Nieswurz u. dgl., indem man den Thieren täglich zwei- bis dreimal von diesen Mitteln eine Prise in die Nase bringt; oder man spritzt dieselben mit Wasser oder Kalkwasser gemengt, oder eine Auflösung von Hirschhornsalz (1 Loth auf 5vj Wasser), oder stinkendes Thieröl den Thieren in die Nase. Wenn aber von diesen Mitteln nicht in kurzer Zeit der gewünschte Erfolg bewirkt wird, oder wenn die Krankheitszufälle sehr dringend sind, ist es am besten, die Stirnbeine mit einem Trepan oder mit einem Troi-kar kunstmässig zu durchbohren, oder auch bei gehörnten Thieren die Hörner an ihrer Wurzel abzusägen und hierdurch die Stirnhöhlen zu öffnen. Schon durch das freie Durchströmen der atmosphärischen Luft durch die Stirn- und Nasenhöhlen werden die Larven zum Abgehen aus der Höhle veranlasst, es wird aber noch mehr befördert, wenn man durch die Oeffnungen verdünntes Hirschhornöl
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Schleimanliäufung in den Luftsäcken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 707
(z. B. Jj mit 3[ijj Seifenwasser zusainmeugemcngt), oder eben so eine Emulsion von Tei-pentinöl, in verschiedenen Hichlungeu durch jene OeH'nungeu in die Stirhöhle injicirt. Die entstandenen OefFnuugen heilen späterhiu leicht, von selbst wieder zu ').
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Drittes Capitel.
Anhäufung von Schleim in den Luftsäcken der Pferde.
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Bei Eiitzünduugen der Schleimhijut der Rachen- und der Nasenhöhle, besonders bei Druse, Strengel und Bräune, nimmt bei Pferden, Eseln und deren Bastarden auch die Sehleimhaut in den Luftsäcken Antheil und in Folge dessen entsteht eine krankhafte Absonderung von Schleim oder selbst von eiterähnlicher Flüssigkeit. Diese Flüssigkeiten werden aus den Luftsäcken durch die natürlichen OefT-nungen derselben (die Mündungen der Eustachischen Röhre) in den meisten Fällen vollständig ausgeschieden, und man sieht dann nur die Erscheinungen des Schleimflusses aus Nase und Maul, wie bei Druse. Zuweilen aber kleben die Ränder jener Oefliiuiigen zusammen, oder ihre Schleimhaut verdickt sich und der Raum für den Abfluss wird vermindert, so lange eben die Anschwellung dauert, zuweilen sogar ganz unterdrückt. Hierdurch entstehen entweder eine nur während kurzer Zeit bestehende, öfters wechselnde oder eine andauernde Anhäufung jener Flüssigkeiten in einem oder in beiden Luftsäcken.
Nach diesen Verschiedenheiten sind auch die diagnostischen Merkmale etwas verschieden. Bei nur theilweiser Verschliessung der Mündung der Lultsäcke bemerkt man, dass das Pferd öfters zusammenhängende Schleimklümpchen aus der Nase verliert, besonders dann, nachdem es den Kopf mehrmals abwechselnd gehoben und wieder gesenkt hat, am meisten aber dann, wenn man es vorher während mehrerer Stunden mit aufgerichtetem Kopfe kurz angebunden halte, ihm nun die Gegend der Luftsäcke über dem Kehlkopfe mit beiden Händen nach innen zusammendrückt und gleich hierauf ihm den Kopf nach unten gegen die Brust beugt. Bei dem Stehen des Pferdes mit hochgehaltenem Kopfe schwillt zuweilen die Gegend der Ohrdrüsen
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l) Bei Hunden verursacht das Pentastoma taenioides in den Stirnhöhlen zuweilen ähnliche Reizungszufälle, welche sich durch öfteres Niesen, Ausfluss von Schleim aus der Nase, Schütteln mit dem Kopfe, Wischen mit der Pfote über die Stirn und Nase, Verstimmung des Temperaments, Neigung zum Beis-sen u. 9. w. kundgeben. Die Diagnosis ist jedoch noch nicht gehörig begründet. Die Hülfe könnte eine ähnliche sein, wie sie oben angegeben ist.
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708nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Schleiinanhiiufung in den Luftsäcken.
etwas an; und wenn man diese Gegend mit den Fingern von unten nach oben und von hinten nach vorn von beiden Seiten gclind drückt und streicht, so wird ebenfalls der Ausfluss hervorgerufen oder vermehrt und nach demselben wird die bezeichnete Stelle am Halse wieder etwas dünner. Manche Pferde haben vor erfolgter Ausleerung ein röchelndes Athmeu, besonders wenn sie eben anfangen zu laufen, späterhin aber nimmt das Röcheln allmälig ab. Einzelne werfen auch, ohne zu husten, etwas Schleim aus dem Maule. — Bei gänzlicher Verschliessung eines Luftsackes tritt die Ohrdrüse immer mehr gewölbt hervor, die Gegend ist mehr gespannt und in akuten Fällen auch etwas schmerzhaft, mehrenlheils aber bei angebrachtem Druck wenig oder gar nicht schmerzhaft; zuweilen fühlt man unter der Ohrdrüse zwischen dem Unterkiefer und den Halswirbeln in der Tiefe etwas Fluctuation; das Athmen und das Schlingen wird im Verhältniss der zunehmenden Geschwulst immer mehr erschwert, ersteres selbst röchelnd oder brummend, ähnlich wie bei dem HartschnauJeu, und es bleibt so, auch wenn die Thiere bewegt werden. Ausfluss findet hier äusserst wenig oder gar nicht statt. Bei sehr grosser Anhäufung und hierdurch sehr beengtem Athmen kratzen die Thiere sogar mit den Fassen, strecken den Kopf vorwärts und bewegen ihn oft wiederholt abwechseln nach oben und unten, gleichsam um das Hinderniss hierdurch zu entfernen.
Aussei- diesen Zufällen sind oft noch die Symptome des ursprünglichen Leidens, der Druse oder Bräune, zugegen, namentlich Auflockerung und dunkle Röthung der Schleimhäute, vermehrte Secretion in denselben, empfindliche Anschwellung der Ohr- und der Lymphdrüsen im Kehlgange, Fieber und dergleichen. In andern Fällen fehlen diese Zufalle gänzlich.
Wenn die Anhäufung von krankhaftem Schleim durch einige Zeit gedauert hat, wird der seröse Theil des letztern allmälig resor-birt und die gerinnbaren Bestaudtheile werden hierdurch mehr dicht, so dass sie eine fast breiartige Masse bilden, oder sie coaguliren sich selbst zu einzelnen festen Körpern, welche in ihrem Innern oft die Consistenz der Knorpel erhalten und deshalb Chondroide genannt werden. Dieselbe sind von der Grosse einer Erbse bis zu der einer Kastanie und in verschiedener Anzahl gefunden worden. Ihre Erkennung ist während des Lebens und ohne vorher gemachte Eröffnung der Luftsäcke sehr schwer, und nur die grössern von ihnen kann man bei dem Zusammendrücken der Luftsäcke von beiden Ohrdrüsen her als harte Massen in der Tiefe der Bauchhöhle fühlen.
Die Veranlassung zu dem Entstehen jener Entzündungen und der hierdurch erzeugten Schleim- und Eiteransamndungen in den Luftsäcken sind Erkältungen der verschiedensten Art und zuweilen, wie es scheint, ein eigenthümliches Miasma; denn man sieht dieselben in manchen Jahren nur äusserst selten, in anderen aber mehrfältig entstehen.
Die Beurthcilung ist bei den unvollsländigen Verschliessuugen und geringen Anhäufungen günstig zu machen, da der Zustand keine grosse Beschwerden macht und sich oft von selbst wieder verliert; bei den vollständigen Vcrschliessungen und grossen Anhäufungen ist
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Schleimanhäufung in den Luftsäcken. Bßhandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 709
die Beurtheilung in der Art günstig, dass die Ansammlung auf operative Weise zu beseitigen ist; allein diese Hülfe ist mit vieler Mühe und selbst mit einiger Gefahr verbunden. Am meisten ist dies bei den Anhäufungen von verdicktem Schleim und bei vorhandenen Chon-droiden der Fall, weil hier eine ungewöhnlich grosse Oell'nung gemacht werden muss. In einzelnen Fällen wird die Absonderung chronisch und die Thiere behalten dann durch lange Zeit das Ansehen, als ob sie an verdächtiger Druse litten. Sich selbst überlassen erfolgt die Heilung höchst selten und bei den höheren Graden des Hebels kann selbst Erstickungsgefahr eintreten.
Die Behandlung ist nach den verschiedenen Graden und nach der Dauer des Uebels verschieden. Bei noch bestehendem freien Ausfluss ist die krankhafte Schleimsecretion in den Luftsäcken ganz auf dieselbe Weise, wie bei anderen katarrhalischen Affectionen, nach ihrem Charakter und nach ihrem Stadium zu behandeln, indem man zuerst, bei noch bestehender entzündlicher Reizung, Dunstbäder von warmem Wasser und zum innern Gebrauch den Tartarus stibiatus, Goldschwefel und dergleichen Mittel anwenden lässt; im zweiten .Stadium passen dagegen mehr gelind erregende Mittel, wie Ammonium muriaticum, Semen Foeniculi und dergleichen zum innern Gebrauch, äusserlich aber Dunstbäder von aromatischen Mitteln; im dritten Stadium und wenn der Zustand chronisch geworden ist, sind Dunstbäder von Theer und Einreibungen von Cantharidensalbe in die Gegend der Ohrdrüsen zu machen. Ausserdem kann man aber in diesem Stadium, besonders wenn es sich sehr in die Länge zieht, Injectionen von aromatischen und gelind adstringirenden Mitteln, z. B. von einem Infusum von Baldrian- oder Calmuswurzel, Eichenrinde, Kupfervitriolaui'lösung und dergleichen vermittelst des Güntherschen Luftsackkatheters ') in den kranken Luftsack machen. Für diesen
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*) Dies Instrument stellt eine 20 Zoll lange Röhre von der DioUe eines starken Gänsekiels dar; das vordere Ende bildet eine abgerundete Spitze, welche einen Zoll von derselben nach der einen Seite etwas gebogen ist, so dass dieselbe 3 Linien von der geraden Richtung abweicht; auch ist sie neben der eigentlichen Spitze mit 2 ovalen, gegen TJT Zoll langen und S Linien breiten SeitenöfTnungen versehen. Das andere Ende der Rühre ist offen und wird mit einem 7 Zoll hingen, platten und circa 1 Zoll breiten Griff verbunden; der letztere ist an seinem hintern Ende etwas breiter, als an seinem vordem, an jenem etwas über die Kanle gebogen und an diesem mit einem 4 Linien langen Zapfen versehen, welcher in die Röhre passt und mittelst einer kleinen Seitenschraube in ihr befestigt werden kann. Man setzt diese beiden Theile so zusammen, dass die concave Seite des Handgriffs der coneaven Seite der Spitze entspricht, um hierdurch bei dem Gebrauch des Instrumentes stets zu wissen, nach welcher Richtung die Spitze des Instrumentes in der Nasen- und Rachenhöhle gestellt ist. Der Griff ist noch in der Mitte seiner beiden Flächen mit einer 4 Zoll langen, | Zoll breiten Oeff-nung durchbrochen und in der letzteren läuft ein nach der Röhre gehender, 6 Zoll langer Zeiger, der vor- und zurückgeschoben und in der erforderlichen Entfernung durch eine Stellschraube auf dem Griff festgestellt werden kann. (Zeitschrift für die gesammte Thierheilkunde u. Viehzucht von Nebel und Vix. Bd. I. S. 411 u. f.)
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710nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Schleiinanhäufung in den Luftsückcn. Behandlung.
Zweck muss laquo;las Pferd gebremsel und von zwei starken Gehülfen am Kopfe festgehalten werden; man nimmt dann zunächst äusserlich am Kopfe das iMaas mit dem Instrument, um die Länge, in welcher es eingeschoben werden soll, festzustellen. Hierzu dient der Raum zwischen dem äussern Rande des Nasenlochs und dem hintern Rande des Augenbogens; denn fast unter dem letztern, jedoch tief in der Rachenliölile, liegt an jeder Seite die Mündung der Eustachischen Röhre hinter tier Choane ihrer Seite und durch einen dünnen Knorpel begränzt. Bei dem Messen legt mau die Spitze des Instruments an den Rand des Augenbogens, schiebt das Ende des an dem Grill' befindlichen Zeigers bis an den Rand des Nasenlochs an der Röhre hinauf und stellt ihn hier mit der Schraube fest. Das so gefundene Maass reicht jedoch nur von der Nasenöffinmg bis an die Mündung des Euftsackes und man nmss deshalb das Instrument bei dem Einführen in den letztern noch gegen 1 bis !{- Zoll tiefer in die Nasenhöhle hinausschieben und so die Spitze des Instruments wirklich in die Höhle des Luftsackes bringen. Nach geschehener Messung führt man (nach Günthers Vorschrift a. a. O.) die Röhre, deren Spitze nach unten und iuueu gerichtet, in dem hintern Nasengange so hoch hinauf, bis der Zeiger des Instruments an den Rand der Nasenöffnung gelangt ist; nun macht man mit dem Instrument eine Dreiviertelwendung um seine Achse, indem man die Biegung des Handgriffs von unten nach ausseu herumdreht, dirigirt auf diese Weise die Röhrenspitze gegen die äussere Wandung der Rachenhöhle und schiebt, indem man den Griff mit dem untern Ende der Röhre gegen die Nasenscheidewand, das obere Ende aber an die äussere Wandung der Rachenhöhle bringt, die Spitze des Instruments in die Eustachische Röhre und in den Luftsack hinein. Doch kann man auch gleich bei dem Einführen des Instruments in den Nasengang die convexe Seite seiner Spitze gegen die Scheidewand, also den Handgriff nach unten gewendet, einführen und so in den Luftsack eindringen. In jedem Falle ist es aber nöthig, wenn die Spitze bis in die Rachenhöhle gelangt ist, das hintere Ende des Instruments stark an die Nasenscheidewand zu drängen, weil auf diese Weise die Spitze sicherer unter dem Knorpel der Eustachischen Röhre und in den Luftsack eindringt. Ist letzteres geschehen, so schraubt man den Griff von der Rölire los und entfernt ihn.
Bestand eine Anhäufung von Schleim im Luftsacke, so entleert sich die Flüssigkeit gewöhnlich sogleich, und nachdem dies geschehen, macht man mit einer Spritze Injectionen von den genannten Mitteln, so dass der Luftsack grösstentheils damit angefüllt wird. Nach denselben hält man die Röhre durch einige Minuten mit einem Finger verschlossen und lässt dann jene Flüssigkeiten sich wieder entleeren. Dergleichen Injectionen können, wenn die krankhafte Schleimsecre-tion nicht aufhört, in Zwischenzeiten von einigen Tagen mehrmals wiederholt werden.
Bei periodischer Anhäufung von Flüssigkeiten in den Luftsäcken kann man eben so verfahren und den Katheter appliziren; und selbst bei dem gänzlichen Verschlossen sein eines Luftsackes und bei über-mässiger Anhäufung von Flüssigkeiten in ihm ist das Instrument in
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Hyovcrtcbrolomie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;711
Anwendung zu bringen, um den Luftsuck zu öiTueu und zu entleeren. Dies gelingt in den meisten Fällen; zuweilen aber iliesst der Schleim nicht aus, weil er verdickt ist, und in anderen Fällen gelingt es nicht, das Instrument bis in den Lullsack zu bringen, weil die Mündung desselben durch die Anschwellung der Theile zu fest verschlossen ist. Im ersteren Falle kann man durch die Röhre In-jeetionen von lauwarmem Wasser öfters wiederholt anwenden, so lauge bis der ganze Inhalt aufgelöst und entleert ist; wenn aber der Katheter nicht einzubringen ist und durch die Anhäufung im LuJl-sacke beschwertes Athmen und Schliugeu besteht, bleibt nichts anderes übrig, als eine künstliche Oeffnung in den Luftsack zu macheu und durch dieselbe seineu Inhalt zu entfernen.
Die operative Eröffnung der Luftsäcke (Ilyoverlebroto-mie) ist wahrscheinlich zuerst von Chabert1) ausgeführt und später von mehreren anderen Thierärzten, namentlich von Viborg2), Dieterichs 3) und Anderen etwas modificirt worden, so dass man jetzt drei verschiedene Methoden der Operation unterscheidet.
1) Die Methode von Chabert. Dieselbe wird auf folgende Weise ausgeführt: Man legt das Thicr niedei (nachdem man allenfalls, wenn Erstickuugsgefahr bestand, vorher die Tracheotomie unternommen hatte, — was jedoch nicht streng nöthig ist und immer noch geschehen kann, wenn beim Liegen des Thieres diese Gefahr wirklich eintreten sollte,) — scheert an der Grenze der Ohrdrüse und des ersten Halswirbels die Haare etwa 4 Zoll lang und 1 Zoll breit ab, spannt die Haut daselbst und durchschneidet sie vor der Mitte des vordem Randes des Querfortsatzes des genannten Wirbels etwa 3 bis 4 Querflngcr lang. Durch diesen Einschnitt wird der hintere Rand der Ohrdrüse blossgelegt, so dass man ihn mit der Pinzette erfassen und mit vorsichtigen Schnitten von dem Halswirbel und dem unter ihr liegenden Zellgewebe abpräpariren und etwas nach vorn ziehen kann. Hierauf lässt man den Kopf möglichst weit vom Halse ab nach vorn strecken und für die weitere Operation so gestreckt erhalten; man sucht nun mit dem Zeigefinger den Grifl'el-fortsatz des Hinterhauptbeins und den von ihm ausgehenden GrifTel-kiefermuskel, und durchsticht denselben mit einem zweischneidigen Messer in seiner Mitte auf die Weise, dass man die Flächen des Messers parallel mit den Fasern des Muskels und unter dem Aste des Zungenbeins durch den Muskel und die unter ihm liegende Wand hineindrückt. In diesem .Moment muss man das Heft des Messers etwas gegen den ersten Halswirbel neigen, damit die Spitze mehr nach vorn und oben gerichtet werde. Man erzeugt eine Oeffnung, in welche man mit einem Finger eindringen kann. Bei derselben Haltung des Messers in der angegebenen Weise werden seine Schneiden nach oben und unten gerichtet, und die hier vorlaufenden Aeste
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') Journal de l'agricult., de commerce, des arts etc. 1779, avril, p. 108. a) Sammlungen für Thierärzte und Oekonomen. Bd. III. S. 233. Kopenhagen 1803.
•) Handbuch der Veterinär-Chirurgie. 1. Aufl. S. 517. BerUn 1822.
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712nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hyoverlebrotoraie.
der Carotis und die hier liegenden Nerven gegen Verletzung einiger-massen gesichert; bei diesen Verletzungeu entstehen gefährliche und schwer zu stillende Blutungen. — Nach geschehener Oeffnung fliesst sogleich ein Theil des Inhalts des Luftsackes hervor, aber der Rest muss mittelst einer Spritze ausgezogen und dies täglich wiederholt werden. Da dies aber umständlich ist und dem Zwecke der Operation nicht genügend entsprochen wird, auch die Durchbohrung des Muskels nicht nothwendig ist, so haben spätere französische Thier-ärzte, namentlich Barthelemy') das Verfahren in der Art abgeändert, dass nicht der Griffelkiefer-, sondern der dünne, platte Grif-felzungenbeiumuskcl durchstochen wird und dass mau eine Gegen-öffnung an der niedrigsten Stelle des Luftsackes macht. Für letzteren Zweck führt man eine S-fonnig gekrümmte Sonde oder einen krummen Troikar durch die gemachte Oeffnung in den Luftsack so nach unten, dass durch das Ende des 'quot;liistiuments die Haut vor der Gesichtsvene am Rande des Unterkiefers etwas hervorgedrängt wird; hier schneidet man dann durch die Haut, den Halshautmuskel und den Luftsack eine gegen i- Zoll grosse Oednung, fädelt in das Oehr der Sonde ein Band und zieht dies durch den Luftsack, so dass es aus den beiden Oeffdnngen hervorragt. Hierdurch wird der Abfluss der Materien sehr gefördert. Von Zeit zu Zeit kann man Einspviz-zungen machen und dann das Band entfernen, wenn der Ausfluss aufhört.
2) Viborg's IMethode. E. Viborg hatte die Nachtheile der Chabert'schen Methode erkannt und gab daher folgendes Opeia-tionsverfahren an: Das Pferd kann zu dieser Operation stehen oder auch liegen; man lässt ihm den Kopf von mehreren Gchülfcn so viel wie möglich unbeweglich halten und zugleich möglichst nach vorn ausstrecken, um den Brustkiefeimuskel hierdurch zu spannen und ihn leichter kennbar zu machen, da er hierbei wie eine gespannte Schnur gegen die Rundung des Qinterkiefe'rs liegt. Hierauf drückt man die Drosselvenen ungefähr an der Mitte des Halses zusammen, um durch Anhäufung des Blutes die äusscie Gesichtsvene deutlich sichtbar zu machen. Diese Vene und der genannte Muskel bilden mit dem Rande des Kiefers ein Dicieck, auf dessen Mitte man einen 2 bis 3 Zoll langen Einschnitt durch die Haut, längs der Sehne des erwähnten Muskels so macht, dass er bis zum Rande des Hinterkiefers sich erstrecke. Hierauf trennt man eben so den Halshautmuskel und fuhrt den Zeigefinger der rechten Hand durch die Oeifiiang am innern Rande des Kinnbackens bis zu dem Luftsack hinauf. Auf diesem Wege trifft man nichts anderes als Zellgewebe. Man geht dann zwischen der Luftröhre und der Carotis, so dass diese, der zehnte Hirnnerv, der oberste Theil der Kieferspeicheldrüse und der unterste Theil der Ohrdrüse an der äussem Seite des Fingers liegen bleiben. Hat man so mit den Fingern einen Weg bis dem Luftsacke gebahnt, so fühlt man die in diesem eingeschlossene Materie deutlich durch
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') Hurtref d'Arboval, Diction de Mcd. et de Chirurgie veter. Paris 1626, T. 11. p. 360.
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Hyovertebrotoinie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;713
die fluctuireude Bewegung, wenn man etwas sclmell gegen ihn stösst. Um ihn zu öll'ueu, führt man neben dem Finger einen Troikav, dessen Spitze zurückgezogen ist, in die Wunde bis an den Luflsack, schiebt dann das Stilet aus der Röhre an den letztern hervor und drückt die Spitze kurz und kräftig in ihn hinein. Hat man erst eine kleine Oeffnung, so lässt sich diese mit dem Finger leicht grosser niacheu, da die dünnen Häute der Lultsäcke leicht zerrissen werden können. Bei sehr grosser Anhäufung von Flüssigkeiten sind die Luft-säckc zuweilen so bedeutend herabgedrängt, dass man auch unterhalb der Gesichtsveue die Fluctuation fühlen und hier einen Einstich durch die Haut in sie machen kann, ähnlich wie bei der Erölfnung eines Abscesses. Nach geschehener Ausleerung der Flüssigkeit soll man, nach Viborg's Bath, einen Knäuel Werg in die OelFnung drücken und denselben mit einem Verbände von aussen her festhalten. In den ersten Tagen nach der Operation nimmt man das Werg täglich drei- bis viermal heraus, um die ftlaterie abfliessen zu lassen und macht Einspritzungen von gelind zusammenziehenden Mitteln. Die Heilung erfolgt in der Begcl sehr leicht.. So einfach und zweck-mässig diese Metho.de erscheint, so meint doch Dieterichs, dass bei ilir die Oeffnung des Luftsackes zu gross und unregelmässig wird und sich später, wenn die Krankheit in ihm bereits gehoben ist, nicht wieder schliesst, sondern die Eiterung unterhält. Er schlug daher:
3) seine Methode in folgender Weise vor: Dem liegenden Pferde soll der Kopf am Halse etwas gerade ausgestreckt, dann vor dem Flügelfortsatz des ersten Halswirbels, parallel mit dem Rande desselben, ein gegen 3 Zoll langer Hautschnitl gemacht und der Halshautmuskel nebst der Ohrdrüse von hinten nach vorn etwas lospräparirt werden, ohne sie zu verletzen; dann suche man mit dem Zeigefinger den Grilfelkiefermuskcl auf und führe dreist einige Schnitte bis zu ihm durch das Zellgewebe, trenne nun mit dem Finger oder mit dem Hefte des Skalpells das Zellgewebe neben und hinter dem genannten Muskel zum Luftsacke hinab und lasse dann den Kopf des Pferdes recht gerade ausstrecken, fühle nun mit dem Zeigefinger nach den pulsirenden GefSssen und suche den Winkel auf, welchen die äussere Kopfarterie macht. In diesen U inkel führe man nun die Spitze eines Skalpells oder eines Bistouri so, dass der Bücken gegen den Winkel, die Schneide des Instruments gegen den Griflelkiefermuskel gerichtet ist, bis in den Lultsack ein; auch kann mau die Klinge unterhalb der aussein Kopfarterie, mit dieser gleichlaufend, ansetzen und so in den Luftsack dringen. In beiden Fällen verhütet man die Verletzung der (Jefässe und besonders der Nerven, welche letztere bei gestrecktem Kopfe immer mehr nach oben liegen. In die gemachte Oelfnung schiebe man die Hülse des krummen Troikars ein, führe diese mit ihrem vordem Ende bis zu der Stelle, wo Viborg deu Einstich macht, bringe das Stilet in die Hülse und durchsteche hier den Luftsack von innen nach aussen; hierauf wird das Stilet wieder herausgezogen, das Band vermittelst eines Zwirn fadens in die SeitenöfTnung der Bohre befestigt und wie ein Haarseil durch den Luftsack gezogen, indem man die Röhre durch die obere Oeffnung zurückzieht; oder wenn die Troikarröhre keine SeitenöfTnung hat.
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714nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hyovcrlebrolomie.
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wii'd das Band mittelst einer Oehrsoude in die Hülse gelogen und es bleibt bei dem Zurückziehen derselben in dein VVundkanal sitzen, so lange dies für noting befunden wird.
Die meisten neueren französischen Thierärzte und namentlich Lecoq ') machen den llautschnitt etwas nach dem Ohre zu, nämlich vor der Rundung des Flügels des Atlas, am Rande der Sehnen des riemeniormigen Muskels; nachdem sie darauf den hintern Hand der Ohrdrüse von ihm etwas abgelöst haben, öffnen sie den Luftsack über dem Griffelkiunbackcnmuskel, indem sie die Mitte des hier mit demselben verbundenen Griffelzungeubeinmuskels durchstechen und zugleich den Kopf des Thicres stark vorwärts strecken lassen. Das Messer kehren sie dabei mit der Schueide nach dem stets sehr deutlich fühlbaren Höcker des Zungenbeins und sebieben es in schräger Richtung von hinten nach vorn ein, so dass das Instrument zwischen der innern Kopfarterie und dem Zungenbeinhöcker eingeführt wird. Der Einstich soll klein sein und mit dem Finger, so weit dies nöthig, erweitert werden. Hierauf wird mit Hülfe eines gekrüminten Troi-kars oder einer gebogenelaquo; Sonde eine Gegenöffnung an derselben Stelle gemacht, welche Barthclemy, Dietcrichs und Viborg angegeben. #9632;— Die Operation ist auf diese Weise eben so leicht ausführbar und mit noch geringerer Gefahr verbunden, als an der von Dieterichs gewählten Stelle.
Es drängt sich jedoch die Frage auf: ob überhaupt die Eröffnung der Luftsäcke an den höhern Punkten derselben nöthig und so allgemein zu empfehlen sei? Ich glaube dies nicht und würde dieses Verfahren nur für brauchbar halten, wo Chondroiden entfernt werden sollen, weil man so näher in den Luftsack gelangt und eine grössere Oeffnung zum Einführen einer Kornzange anbringen kann. In anderen Fällen, wo nur Flüssigkeiten zu entleeren sind, ist Günther's und Viborg's Verfahren ausreichend. Will man dennoch die Operation an einer obern Stelle unternehmen, so empfehle ich, nachdem der hintere Rand der Ohrdrüse abpräparirt ist, den Einstich in den Luftsack sogleich mit dem Troikar zu machen, um so jede Verletzung der Blutgefässe und Nerven sicherer zu vermeiden. Denn die anatomische Zusammensetzung der in das Bereich dieser Operation kommenden Theile giebt die Möglichkeit einer solchen Verlez-zung, — und die Vorsichtsmaassregel Dieterichs: vor der Operation eine Nothschlinge um die Carotis zu legen oder um den Ast, welchen man zu verletzen fürchtet, — ist deshalb ungenügend, weil die Carotis sowohl mit Zweigen der Carotis der andern Seite, wie auch mit der Arteria vertebralis anastomosirt und hierdurch bei stattgehabter Verletzung eines Astes der Carotis die Blutung von beiden Enden des verletzten Gefässes herbeigeführt wird. Man muss dess-halb, wenn eine solche Verletzung stattgefunden hat, eine Ligatur sowohl über, wie unter der verletzten Stelle anlegen, — was oft schwierig und noch am besten durch Umstechung mittelst einer krummen Nadel zu bewirken ist.
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') Notes anatomiques sur l'operation de rHyoverlebrotomie. Lyon 1841.
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Fremde Körper in der Maiil- und Rachcnhöhlc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 715
Die Operalionswuiitlen werdeu uach allgemeincn Hegeln behandelt und das eingezogene Band wird entfernt, wenn die Beseitigung des krankhaften Zustaudes der Luftsäcke gelungen ist.
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Viertes Cafiitel.
Fremde Körper in der Maul- und Raehenhöhle.
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Es kommt bei den sämmtlichen Haussäugethieren nicht selten vor, das fremde Körper verschiedener Art, namentlich Knochen, Ilolzstücke, Nägel, Nadeln oder auch Kartolfeln, Obst, Rüben u. dgl. in der Maul- und Rachenhöhle stecken bleiben, die Thiere am weiteren Kauen und Schlingen hindern und Reizung und Schmerz veranlassen. Im Maule setzen sich die fremden Körper entweder zwischen die Zähne fest, oder dieselben dringen in die Zunge, in den Gaumen und in das Zahnfleisch, und die in der Rachenhöhle befindlichen werden gewöhnlich von dem Schlundkopfe umschlossen und krampfartig festgehalten; doch stechen sich auch hier zuweilen spitze Körper in die obere hintere Wand der Rachenhöhle fest.
Die Zeichen von dem Dasein fremder Körper im Maule bestehen darin, dass die Thiere reichlich Schleim und Speichel aus dem Maule verlieren, dass sie oft mit dein Kopfe schütteln, unvollständige kauende Bewegungen mit dem Unterkiefer machen und dabei denselben von Zeit zu Zeit stark nach einer Seite ziehen, zuweilen auch das Maul nicht vollständig verschliessen und mit den Zähnen nicht fest auf einander beissen können. Hunde und Katzen wischen öfters mit den Pfoten an dem Maule herum; die Thiere haben einen ängstlichen stieren Blick und können in der Regel nicht vollständig kauen und schlucken. — Bei fremden Körpern in der Rachenhöhle bemerkt man ebenfalls Auslluss von Schleim und Speichel aus dem Maule, öfteres Schütteln mit dem Kopfe oder ein starkes Ausstrecken desselben nach vorn, beschwerliches Schlingen, oft auch beschwerliches Athmen und zuweilen ist auch die Gegend der Ohrdrüsen der einen oder der andern Seite etwas aufgerieben. Untersucht man in Folge dieser Erscheinungen die Maul- und Rachenhöhle selbst, indem man die Thiere bremset, ihnen ein Maulgatter zwischen die beiden Kinnbak-ken setzt, die Zunge nach der einen und dann auch nach der andern Seite hervorzieht und nun die Maul- und Rachenhöhle nach allen Punkten besieht und befühlt, •—#9632; so findet man einen oder den andern fremden Körper an irgend einer Stelle festsitzend, und die Diagnosis wird hierdurch vollständig begründet 1).
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') Die Unlcrsuchung muss aber sehr genau geschehen, weil kleine spitze
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716nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Fremde Körper im Schlünde.
Die Beuvtheilung ist in der Regel günstig zu machen, da man die fremden Körper leicht entfernen und die von ihnen erregten Zufälle beseitigen kann; sich selbst überlassen, führen sie aber zuweilen zu langwierigen Eiterungen, sie stören die Ernährung und führen hierdurch Abmagerung und Eiitkräftung, bei Milchthieren das Versiegen der Milch und in ungünstigen Fällen selbst den Tod herbei.
Die Behandlung besteht hauptsächlich in der baldigen Entfernung des fremden Körpers. Um diese zu bewirken, setzt man das Maulgatter zwischen die Kinnbacken ein, fixirt die Zunge durch Festhalten mit der Hand und ergreift dann den fremden Körper entweder mit der andern blossen Hand oder mittelst einer Kornzange, oder in der Rachenhöhle auch mittelst einer Kugelzangc oder einer Steinzange und hebt oder zieht ihn hervor. Die entstandenen Reizungszufälle und Verletzungen sucht man durch Einspritzungen in das Maul von Wasser und Essig, oder von verdünnter Salzsäure mit Honig fäß Acidum muriaticum concentratum zu 3 Pfund Wasser und ein halbes Pfund Honig) und dergleichen Mittel zu beseitigen; und man giebt dabei den Thieren nur weiches Futter und schleimiges (Jetränk.
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Fünftes Capitel.
Fremde Körper im Schlünde.
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Sowohl in dem Hals- wie auch in dem Brusttheile des Schlundes setzen sich oft fremde Körper von verschiedener Art, Grosse und Beschalfeuheit fest, namentlich: Kartoffeln, Rüben, ganz oder in Stücken, Stücke von Oelkuchen, Halme von Schilf und grobstenge-lichem Heu, Pillen, Eier, Knochen, Holzsplitter, Dornen, Nägel, Nadeln , Drahtstücke und dergleichen. Diese Körper veranlassen nach Verschiedenheit ihrer Grosse, ihrer Form und sonstigen Beschaffenheit bald nur einen Druck, bald heftige Reizung, Entzündung und selbst bald mehr bald weniger tief eindringende Verwundung. Ist der fremde Körper in seinem Umfange nur etwas grosser als der innere Raum des Schlundes, so wird der letztere an der Stelle, wo eben der fremde Körper sitzen geblieben ist, stark ausgedehnt, aber vor und hinter dieser Stelle zieht sich der Schlund stärker zusammen, so dass der fremde Körper gewöhnlich eingeschnürt und dadurch an dieser Stelle mehr oder weniger festgehalten wird. In
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Körper zuweilen so tief eindringen, dass sie kaum noch zu sehen sind. Ich habe mehrmals Stecknadeln bis an den Knopf in den Gaumen etc. eingedrungen gefunden. Wo viel zäher Schleim in der Maulhöhle angesammelt ist, muss man denselben durch Ausspritzen mit Wasser zuerst entfernen.
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Fremde Körper im Schlünde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;717
manchen Fällen bleiben die Wirkungen allein auf den Schlund beschränkt, in anderen erstrecken sie sich auf die ihm naheliegenden Theile, namentlich auf den Kehlkopf, die Luftröhre, auf die grossen Gelasse und Nervenstämme am Halse und in der Brusthöhle, selbst auf das Brustfell, die Lungen und das Zwerchfell. Nach diesen Verschiedenheiten und nach der individuellen Empfindlichkeit der einzelnen Thiere sind die Krankheitserscheinungen in den einzelnen Fällen sowohl in der Art, wie auch im Grade etwas verschieden; zuweilen sieht man gleich nach dem Sitzenbleiben eines fremden Körpers heftiges Würgen, Erbrechen, Angstschweiss und dergleichen Zufalle entstehen, während bei anderen Thieren solche Zufalle erst nach einiger Zeit und nur in geringem Grade eintreten. Die sichere Erkennung des Vorhandenseins eines fremden Körpers im Schlünde, so wie die Erkennung der leidenden Stelle ist daher oft sehr schwer, und zwar um so mehr, da die vorhandenen Zufälle nicht selten einige Aehnlichkeit mit denen der Bräune, oder auch der Lungenentzündung, der Verletzung des Magens, mit Tympanitis und anderer Krankheiten haben. Im Allgemeinen kann man jedoch auf das Dasein eines fremden Körpers im Schlünde mit grosser Wahrscheinlichkeit schliessen, wenn folgende Erscheinungen wahrzunehmen sind:
1)nbsp; wenn die Thiere Futter und Getränk, zuweilen auch nur das erstere, entweder gar nicht oder nur eine kleine Quantität mit Mühe verschlucken können und wenn das Verschluckte nur bis zu einer gewissen Tiefe in den Schlund, aber nicht vollständig in den Magen gelangt;
2)nbsp; nbsp;wenn den Thieren viel Speichel und Schleim, zuweilen mit Blutstreifen gemengt, aus dem Maule tröpfelt, letzteres aber gesund ist;
3)nbsp; wenn ihr Blick ängstlich und stier und die Physiognomie zugleich verändert ist;
4)nbsp; wenn sie mit vorwärts gestrecktem Kopf und Halse stehen oder diese Theile öfters schüttelnd bewegen;
5)nbsp; wenn sie sich öfters bemühen zu schlucken, ohne dass sie eben Nahrungsmittel auCgenommen haben;
6)nbsp; wenn sich von Zeit zu Zeit Rülpsen, Anstrengung zum Erbrechen oder selbst wirkliches Ausbrechen von Futter und Getränk, oder von Schleim aus Maul und Nase einstellt, und dies selbst bei solchen Thieren, welche sich gewöhnlich nicht erbrechen können;
7)nbsp; wenn nach dem liinabschluckcn von Futter und Getränk oder nach dem Eingeben von Flüssigkeiten die linke Seite des Halses hinter der Luftröhre bemerkbar aufgetrieben wird, so dass die hier sonst äusserlich sichtbare Rinne mehr oder weniger vollgefüllt oder sogar als eine halbcylindrische Erhöhung hervorgetrieben wird. Biese Auftreibung geht immer von einer tieferen Stelle des Halses nach oben; sie ist gewöhnlich weich, etwas elastisch, durch angebrachten Druck etwas zu vermindern, tritt aber nach demselben sogleich wieder ein;
8)nbsp; wenn das Thier den Kopf gegen die Erde senkt und dabei eine Menge Flüssigkeit gussweise aus dem Maule oder aus der Nase entleert wird und hiernach die vorhin bemerkte Anschwellung sich vermindert;
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718nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Fremde Körper im Schlünde.
9)nbsp; wenn sich, abgesehen von der im Vorhergehenden bezeichneten weichen Anschwellung, am Halse im Verlaufe des Schlundes noch eine andere Geschwulst, welche durch den fremden Körper selbst verursacht wird, zeigt. Diese Geschwulst ist natürlich nach der Grosse und Beschaffenheit des fremden Körpers verschieden, bald klein, bald gross, immer aber begränzt, hart, zuweilen schmerzhaft und mit Eutzündungssymptomen begleitet;
10)nbsp; wenn plötzlich beschwerliches röchelndes Athmcn, unruhiges Hiu- und Hertreteu, oder auch Auftreibung des Leibes und Schweiss entstanden sind;
11)nbsp; nbsp;zuweilen findet sich auch beschleunigter Puls, schnelles, kurzes Athmen und Stöhnen hinzu, besonders bei längerer Dauer der Zufälle.
Gewöhnlich sind mehrere von diesen Erscheinungen gleichzeitig vorhanden. Ausserdcm trägt in manchen Fällen auch die Kenntuiss von der Art der Nahrungsmittel, welche das Thier zuletzt genossen hat, bei deren Genuss es plötzlich erkrankt ist, überhaupt die Kenntuiss der Uinstäiide, unter denen dies geschehen ist, zur Erkennung des Zustandes mit bei; allein wirklich entscheidend ist nur das Dasein der vorhin sub 9. bezeichneten Anschwellung des Halses und das Auffinden der fremden Körper selbst mittelst einer in den Schlund geführten biegsamen Sonde. Letztere besteht am besten aus Fischbein, ist für Pferde und Hinder wenigstens 5 Fuss lang und 2 bis 3 Linien dick, an dein einen Ende mit einem -J- Zoll dicken Knopf von Fischbein oder von fest aufgebundenem Werg versehen. Für die kleineren Thieren benutzt man Sonden von gleicher Dicke und in der Länge, dass sie einige Zoll die Länge des Thieres vom IVlaule bis zur Mitte des Leibes (bei ausgestrecktem Kopf und Halse) überragen.
Das Einführen der Sonde geschieht entweder durch das Maul (bei Pferden auch durch die Nasenhöhle) oder durch eine im Schlund künstlich gemachte Oeffnung. Der erstere Weg ist als der weniger verletzende in allen Fällen zu wälden, wo man ihn benutzen kann, namentlich bei ruhigen Thieren und besonders bei denen von kleinerer Art. Grosse Thiere können dabei stehen oder liegen; sie werden zuerst gebremset, vou Gehülfen festgehalten, ihnen das Maulgatter eingesetzt, die Zunge massig stark aus dem Maule hervorgezogen und ihnen der Kopf und Hals nach vorn so ausgestreckt, dass diese Theile mit dem Leibe in eine möglichst gerade Richtung gebracht werden; nun führt man das vordere Ende der Sonde mit dem Knopf über den Grund der Zunge in den Kehlkopf in den Schlundkopf und schiebt die Sonde allmälig weiter in den Schlund hinab, bis man entweder an ein Hinderniss stösst oder frei bis in den Magen gelangt. Dass das Letztere geschehen ist, schliesst man daraus, dass nach dem Durchdringen durch die etwas engere Parthie des Schlundes am Zwerchfell die Sonde dann mit grosser Leichtigkeit vorwärts gleitet. Ausserdem bemerkt man bei dem Zurückziehen der Sonde gewöhnlich an dem Knopfe einige Spuren von sauerriechenden Nahrungsmitteln und man kann äusserlich die Länge des eingeführt gewesenen Theils der Sonde an der Länge des Körpers von den Lip-
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Fremde Körper im Schlünde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;719
pen bis zu dem Schaufelknorpel des Brustbeins vergleichen. Findet die Sonde im Schlünde ein Hinderniss, werden durch wiederholtes Andrängen derselben gegen das Hinderniss die vorhandenen Krank-heitszulalle vermehrt, entspricht das herausgezogene Ende der Sonde nicht der ganzen Länge des Schlundes, so kann man annehmen, dass ein fremder Körper in demselben und. zwar in der Gegend festsitzt, welche durch das Ende der äusserlich an den Kopf, den Hals und die Brust angelegten Sonde bezeichnet wird. — Kleinen Thieren lässt man durch Bandschleifen, welche hinter den Hackenzähnen um jeden Kiefer gelegt sind, das Maul offen halten, die Zunge mit einem Spatel (der Haarseilnadel) niederdrücken, und verfährt übrigens auf die angegebene Weise.
Die Einfuhrung der Sonde in den Schlund durch eine künstlich in denselben gemachte Oeflhung ist mehr complicirt und verletzend, aber man ist zuweilen gezwungen, diesen Weg einzuschlagen, weil die Thiere durch zu heftiges Zusammenbeissen der Kiefer, durch starkes Drängen mit dem Grunde der Zunge gegen den Gaumen das Einführen der Sonde durch das Maul ausserordentlich erschweren oder selbst unmöglich macheu, — oder auch weil man keine hinreichend lange Sonde bei der Hand hat und doch die Zufalle keinen Aufschub der Untersuchung erlauben. In solchen Fällen macht man zuerst die Oesophagotomie, wie dies weiter unten angegeben wird, und zwar, wo eine Spur von dem Sitz des fremden Körpers im Halstheile des Schlundes besteht, gerade an der betreffenden Stelle, damit man, wenn hier der fremde Körper wirklich gefunden wird, denselben durch die gemachte Oelfuung sogleich entfernen kann. Erscheint aber keine Stelle am Halse besonders verdächtig, so macht man die Operation an der untern Hälfte desselben, weil hier der Schlund mehr nach aussen liegt und weil man hier seiner winkelartigen Beugung, welche er bei dem Eingänge in die Brust macht, viel näher ist, und somit die Sonde und andere Instrumente leichter durch dieselbe hindurchleiteu kann. Die Einführung der Sonde geschieht dann durch die gemachte Oelfuung ganz so, wie dies vorhin bemerkt worden ist.
Die Beurtheilung solcher Erkrankungsfälle ist nach den Umständen sehr verschieden. Glatte Körper von rundlicher Form, von massiger Grosse und geringer Consistenz sind unter übrigen gleichen Umständen stets weniger gefährlich und leichter zu beseitigen, als solche von entgegengesetzter Beschalfenheit. — Bleiben die fremden Körper im Schlünde sich selbst überlassen, so verursachen sie ausser den ersten Zufällen hellige Entzündung, Ulceration, zuweilen auch Brand und hierdurch oder durch Erstickung den Tod *). Eigenthüm-lich ist es, dass die Entzündung von der Brustoperation des Schlundes fast immer auf das Mittelfell und von diesem auf die Pleura übergeht, und dass dadurch der Tod herbeigeführt wird, selbst wenn die Verletzungen im Schlünde durch den fremden Körper nur unbedea-
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•) Ein Füllen starb an innerer Verblutung aus der Carotis, herbeigeführt durch eine im Schlünde stecken gebliebene Nadel.
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720nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fremde Körper im Schlünde. Behandlung.
tend erscheinen. Eine Selbsthülfe erfolgt nur in einzelnen Fällen dadurch, dass entweder die fremden Körper durch Rülpsen oder Erbrechen beweglich gemacht und dann vollständig verschluckt oder, was häufiger geschieht, durch das Maul ausgeworfen werden; oder dass die festsitzenden Substanzen, wenn sie auflöslich sind, durch die im Schlünde befindlichen, Feuchtigkeiten allmälig weicher werden und dann weitcrgleitcn. Dies geschieht jedoch immer erst nach mehreren (6 bis 24) Stunden und nachdem mehr oder weniger heftige Zulalle, namentlich bei den Wiederkäuern auch Tympanitis, oft mit Erstickungsgefahr eingetreten waren. Zuweilen werden spitze Körper, z. B. Nadeln, Fischgräten u. dergl. durch die Wände des Schlundes gedrängt, veranlassen unter der Haut Entzündung und Eiterung und werden dann durch den Abscess nach aussen entleert. — quot;Die Kuusthülfe ist in denjenigen Fällen, wo die fremden Körper in der llalsportion des Schlundes sitzen, rund und glatt sind, ziemlich leicht und sicher, wenn sie aber spitz oder mit scharfen Ecken ver-srhen sind, ist die Hülfe schwieliger und in der Regel nur durch die Oesophagotoinic zu bewirken; bei fremden Körpern in der Brust-portiou des Schlundes ist immer die Hülfe mit grösserer Schwierigkeit verbunden und zuweilen, wenn die Körper mit Spitzen versehen und festsitzend sind, oder wenn bereits Zufälle von Brustfellentzündung oder ein Ausfluss von stinkender Jauche besteht, ist die Hülfe gewöhnlich fruchtlos, und bei schlachtbaren Thieren kann man unter solchen Umständen mehrenlheils nur zu dem baldigen Abschlachten derselben rathen.
Die Kehandlung besteht in der Entfernung der fremden Körper und in der Beseitigung der entstandenen üblen Zufälle. Die erstere Aufgabe kann man auf verschiedene Weise eifüllen, je nach dem Sitze des fremden Körpers und nach seiner Beschaffenheit. Es dient hierzu:
1) das Heraufdrängen des fremden Körpers aus dem Schlünde zur Racheuhöhle. Dieses Verfahren ist das einfachste und mildeste, bei rundlichen glatten Körpern, welche in der Halsportion des Schlundes sitzen, anwendbar und in den meisten Fällen ausreichend. Mau lässt hierbei dem Thiere ein weites Maulgatter in das Maul setzen und durch 2 Gehülfen den Kopf des Patienten recht weit nach vorn ausstrecken und festhalten; dann setzt man die Daumen beider Hände an beiden Seiten des Halses unter den fremden Körper, schiebt denselben von unten allmälig höher und höher im Schlünde hinauf, und wenn er bis zum Schlundkopfe gekommen ist, fixirt man ihn hier mit einer Hand, lässt dasselbe an der andern Seite durch einen Gehülfen thun, und, nachdem man die aindere Hand in die Racheuhöhle geführt, treibt man durch .gelindes Drücken von aussen her den fremden Körper gleichsam in die Hand hinein, so dass mau ihn erfassen und herausziehen kann. Statt der Hand kann man auch eine Steinzange in die Rachenhöhle einführen und den fremden Körper damit ergreifen. — War der Körper bereits vor mehreren Stunden verschluckt und ist nicht reichliche Schleimabsonderung wahrzunehmen, so ist es zweckmässig, vor dem Heraufdrängen des fremden Körpers den Schlund etwas schlüpfrig zu machen und zu diesem Zweck einige Löilel fettes Oel oder eine schleimige
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Fremde Körper im Schlünde. Behandlung.
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Flüssigkeit eiuzuschütteu. Uebrigens ist das Verfahren gleiehmässig die Thiere mögen stehen oder liegen.
Gelingt das Hinaufbringen des fremden Körpers nicht, sitzt derselbe in der Bmstportiou des Schlundes, ist er erweichbar, z. B. eine Kaiioll'el, — und sind nicht gefahrdroheude Zufälle yorhauden, so kann mau den Verlauf durch eiueu Tag abwarten, bei Wiederkäuern aber den Panseustich machen und die Troikarröhre liegen lassen, um das Aufblähen und dessen Folgen zu verhüten. Zuweilen erweicht sich der fremde Körper und gleitet von selbst in deu Magen.
2) Das Herausziehen des fremden Körpers vermittelst der Schlundzange '). Diese Art der Hilfe ist in denjenigen Fäl-
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' ) Die von dem Thierarzt Delves erfundene Schlundzange besteht A. aus dem Maule, B. aus dem Mittelstiick und C. aus dem HandgritT. Das Maul oder die eigentliche Zange ist aus 2 iöffelartigcn Stücken (jedes 2 Zoll lang, ; Zoll breit und 2 Linien dick), welche äusserlich sanft convex und glatt polirt, an der Innern Fläche etwas concav und stark rauh gearbeitet sind, gebildet: diese Löffel verlängern sich nach unten in Stiele von circa 1 Zoll Länge und sind am Anfange derselben mit einer nach innen vorspringenden Oeffnung versehen, durch welche sie mittelst eines Stieles charnierartig mit einem eisernen hohlen 2 Zoll langen Kopfe verbunden sind. Die Löffel stellten somit zweiarmige Hebel dar. Um dieselben mit ihrem vordem Ende nach innen zu bewegen und die Zange zu schliessen, ist eine Darmsaite oder ein Draht an die innere Fläche am untern Ende jedes Löffels befestigt und nach hinten über eine in dem Knopfe liegende Kolle geführt; und um die Zange zu öffnen, ist eine zweite Saite oder ein Draht an dem Stiele des Löffels angebracht, welche zuerst nach vorn und dann über die Rolle nach hinten in den hohlen Theil des Knopfes geht. Von dem letztern gehen die vier Saiten oder Drähte in das hohle Mittelstück und weiter durch den Handgriff, vor dessen Mündung sie mit hölzernen Knebeln versehen werden, und zwar die beiden Drähte zum Oeffnen und diejenigen zum Schliessen der Zange je mit einem gemeinschaftlichen Knebel. — Das Mittelstück ist ein gegen 5 Fuss langes, | Zoll dickes, im Innern hohles Bambusrohr; Und — der Handgriff besteht aus einem hölzernen gegen 3 Zoll langen und H Zoll dicken hohlen Cylinder und aus den beiden Knebeln der Drähte. Letztere sind gegen tj Zoll lang und | Zoll dick und mit I. und II. bezeichnet — Der Mechanismus des Instruments ergiebt sich von selbst; will man die Zange schliessen, so zieht man an den Drähten, welche von den Löffeln ausgehen (Knebel I.), und will man sie öffnen, so zieht man an denjenigen, welche an die Stiele der Löffel befestigt sind.
Da aber die Wirkung auf diese Weise immer in ungleichen Rucken erfolgt, — man auch das Instrument so lange, wie es geöffnet sein soll, mit den Händen durch Ziehen an den Drähten in diesem Zustande erhalten muss, und da die Saiten und dünnen Drähte durch die mit ihnen unvermeidlich in Berührung kommenden Feuchtigkeiten sehr bald verderben, so habe ich das Instrument in der Art verbessert: 1) dass die Zangcnlöffel einen halben Zoll länger, ohne hebelartige Stiele, bloss an ihrem hintern Ende charnierartig mit dem nur { Zoll langen, hohlen Knopf verbunden sind; 2) dass sie an der Mitte ihrer innern Fläche mit einer Gabel verbunden sind, deren beide Arme sowohl mit ihrem Stiel als auch mit den Löffeln Charniere bilden; 3) dass statt der vier Drähte oder Saiten nur ein l| Zoll dicker Eisendraht die Bewegung der Zange vermittelt, indem er durch das Mittelstück geht, an seinem vordem Ende die sub 3 bezeichnete Gabel aufnimmt, an seinem hintern Ende
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len anwendbar, wo entweder das Heraufschieben des fremden Körpers nicht gelingt, weil derselbe gleichsam eingeschnürt ist, oder weil er durch Spitzen in die Schlundhäute gedrungen und dadurch festsitzend geworden ist, — oder wenn er in der Brustportion des Schlundes sich befindet. In solchen Fällen der erstem Art muss, wenn man keine Schlundzange besitzt, die Oesophagotomie gemacht und in den Fällen der andern Art der Körper entweder tiefer gedrängt oder die Erhaltung des Thiers aufgegeben werden; mittelst der Zange aber ist es mehrentheils zu retten und jene Operation entbehrlich zu machen. Zur Einführung der Schlundzange lässt man dem Thiere den Kopf und Hals so vorwärts gestreckt halten, wie zur Einführung der Sonde (S. 718), setzt das Maulgatter ein und schiebt die Zange (geschlossen) durch die Rachenhöhle bis an den fremden Körper, ölTnet sie dann durch Drehen des IlandgriiTes, erweitert hierdurch den Schlund unniittelbar an dem fremden Körper, schiebt hierauf das Instrument möglichst sanft noch etwa i — 1 Zoll vorwärts, so dass die Löffel des Zangeumauls sich über den fremden Körper hinweg erstrecken und schlicsst es dann durch Zurückdrehen des Handgriffes, so weit wie sich dies thun lässt. Hierauf zieht man es langsam wieder aus dem Schlünde hervor und mit ihm zugleich den fremden Körper. Wenn der letztere bei Pferden in dem Brust-theile des Schlundes sitzt, ist das Einführen und die Handhabung des Instruments durch eine an der linken Seite des Halses in den Schlund gemachte künstliche Oelfnung leichter zu bewirken, als durch das Maul; weil bei diesen Thieren die Biegungen des Schlundes im schärfern Winkel bestehen als bei den übrigen Thieren und deshalb das Instrument bei der doppelten Biegung schwieriger zu handhaben ist, als wenn es durch eine Oelfnung am Halse geleitet wird, wo die obere Biegung vermieden wird. Bei den übrigen Thieren kann dagegen das Eindringen durch das Maul leicht bewirkt werden.
3) Das Hinunterstopfen des fremden Körpers in den
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aber mit einer Schraube in Verbindung stellt, welche in einem Theile des Handgritfs verborgen ist. Der letztere lässt sich ohne Zeichnung nicht gut beschreiben und ich verweise deshalb auf meinen Aufsatz: „Einige Bemerkungen über fremde Körper im Schlünde und Beschreibung eines neuen Instruments zum Herausziehen derselbenquot;, — ipi Magaz. für die gas. ThierheilU. Bd. II. S. 114 mit Abbildung. — Auch habe ich das Mittelstück getbeilt und zum Zusammenschrauben eingerichtet, damit das Instrument leichter transportabel ist. Die Wirkung des Instruments ist: dass es sich öffnet und geöffnet bleibt, wenn man durch Drehen des Handgriffs nach rechts die Schraube, den Draht und die Gabel vorwärts treibt, und dass es sich schliesst, wenn man den Handgriff nach links dreht und hierdurch die genannten Theile zurückzieht. Dasselbe hat sich vielfältig bewährt. Da es jedoch durch die Einrichtung des Handgriffs, namentlich durch die Schraube etwas theaer ist, habe ich in letzter Zeit noch die Abänderung gemacht, dass das hintere Ende des Drahtes durch einen 4 Zoll langen, 1 Zoll dicken Cylinder geht und mit einem 4 Zoll langen, | Zoll dicken Quergriff versehen wird. Mittelst des letztern kann man den Draht, — welcher 1^ Zoll länger als das Alittelstück und der Cylinder sein muss, — vorwärts schieben und zurückziehen und hierdurch die Zange öffnen und schliessen.
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Fremde Körper im Schlünde. Behandlung.
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Magen, — ein Verfahren, welches nur bei runden, glatten oder auch bei weichen Körpern, z. B. bei Pillen, wenn sie im Brusttheile des Schlundes sitzen, anwendbar ist und immer grosse Vorsicht verlaugt, weil hierbei sehr leicht Verletzungen des Schlundes entstehen oder auch der fremde Körper noch fester in den Schlund hineingedrängt wird, als er an sich es sein würde. Es steht daher der Herausbeforderung des Körpers nach. Man benutzt hierzu bei kleinen Thieren eine Sonde von Fischbein, welche an ihrem vordem Ende mit einem Schwamm oder mit einem Knopf von festgebundenem Werg versehen ist, und bei den grösseren Thieren, namentlich bei dem Rindvieh, benutzt man am besten einen etwa 5 Fuss langen und 1 Zoll im Durchmesser dicken, recht fest gedrehten Strick, im Noth-falle einen elastischeu Peitschenstiel u. dgl. Vor der Einführung des einen oder des-andern Instruments lässt man etwas schleimige Flüssigkeit oder Oel in den Schlund schütten und verfährt dann übrigens ganz so, wie bei dem Einführen der Sonde zur Untersuchung über das Dasein eines fremden Körpers, jedoch mit dem Unterschiede: dass man für den jetzt in Rede stehenden Zweck das Instrument zwar vorsichtig aber doch mit einiger Kraft gegen den fremden Körper drängt, bis derselbe von der Stelle weicht. Bemerkt man dies, so schiebt man ihm das Instrument sauft nach und treibt ihn bis in den Magen. In jedem Falle muss man sich auf das Bestimmteste zu überzeugen suchen, dass der fremde Körper wirklich ans dem Schlünde entfernt worden ist; denn es geschieht zuweilen, dass er sich etwas zur Seite verschiebt, die Sonde neben sich vorbeigleiten lässt, aber doch sitzen bleibt. Das ist besonders leicht möglich, wenn der fremde Körper von verschiedenen Seiten her einen verschiedeneu Durchmesser besitzt, wie z. B. das bei Stücken von Oelkuchen, bei Knochensplittern u. dgl. der Fall ist. Um zu dieser Ueberzeugung zu gelangen, bewegt man die Sonde mit ihrem Knopf durch abwechselndes Zurückziehen und Vorwärtsschieben über die Stelle, wo der Körper seinen Sitz hatte, zu wiederholten Malen und allenfalls, nachdem die Sonde etwas um ihre Achse gedreht und ihr hierdurch eine etwas veränderte Richtung gegeben worden ist.
4) Die Zerstückelung der fremden Körper. Dieselbe kann nur unternommen werden, wenn der Körper von weicher oder mürber Beschaffenheit ist (gekochte Kartoffeln oder Rüben, Eier, Pillen) und sich im Halstheile des Schlundes befindet; sie verdient aber erst dann zur Anwendung zu kommen, wenn die Ilerausbeförderung auf die sub 1. angegebene Weise nicht gelingt und eine Schlundzange nicht zur Hand ist. Die Ausführung geschieht auf die Weise, dass man entweder die Ballen beider Hände von beiden Seiten gegen den Hals an der Stelle legt, an welcher eben der fremde Körper sich befindet, und mit denselben kräftig gegen einander drückt; oder auf die Weise, dass mau an die rechte Seite des Halses eine Handfläche kräftig gegen legt, an der linken Seite aber ein Stück Holz auf die hervorgedrängte Halsparthie setzt und dann mit einem Hammer oder mit einem zweiten Stück Holz einen oder einige kurze Schläge auf das erstere ausübt. Es ist leicht einzusehen, dass, wenn das letztere Verfahren unvorsichtig ausgeübt wird, Quetschungen und selbst
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724nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fremde Körper im Schlünde. Schlundschnitt.
Zerreissungen der Drosselvene, der Carotis u. s. w. entstehen können.
5) Der Schlundscbuilt (Oesophagotomic). Derselbe ist in allen Fällen, wo fremde Körper in dem Ilalsiheile des Schlundes festsitzen, zur Entleruung derselben zu benutzen und selbst da brauchbar, wo die übrigen Methoden nicht ausreichend sind; mau zieht aber häufig die letztem der Operation vor, weil diese mit einer Verwundung verbunden ist uud die Heilung der Wunde eine umständlichere Nachbehandlung verlaugt, als dies bei den übrigen Methoden der Fall ist. Zuweilen benutzt mau den Schlundschuitt auch, wie bereits oben au mehreren Stellen bemerkt worden ist, für den Zweck, die Sonde zur Untersuchung oder die Schlundzauge leichter und sicherer in deu Schlund führen zu können, als dies zuweilen durch das Maul zu bewirken ist1). — Die Ausführung der Operation lur beide Zwecke geschieht im Wesentlichen gleichartig, aber mit kleinen Modifikatioueu, und sie ist in denjenigen Fällen, wo ein dicker fremder Körper im Schlünde sitzt und eine Erhöhung nach aussen au der Seite des Halses bildet, viel leichter als da, wo sie an dem leeren Schlünde, oder bei nur sehr kleinen, dünnen, fremden Körpern in demselben gemacht werden soll.
Grosse Thierc können stehend oder auch liegend operirt werden, wie dies ihr Ijcnchmen uud die übrigen vorhandenen Umstände etwa bedingen; z. B. bei unruhigen Thicrcn und bei nächtlicher Zeit, wo man künstliches Licht benutzen muss, würde mau die Operation am liegenden Thierc machen. Kleine Thierc legt man auf einen Tisch uud lässl sie von Gehilfen festhalten. — Die Operatiousstelle ist in der Regel an der linken Seite des Halses 2) in der sogenannten Halsrinne uud speziell da, wo der fremde Körper sich durch eine Erhabenheit bemerklich macht, oder wenn eine solche nicht besteht, au der Stelle, wo mau ihn im Innern mit der Schlundsonde gefunden uud hiernach durch das Anlegen derselben äusserlich am Kopfe und Halse, vom Maule anfangend, seinen Sitz bezeichnen kann. — Vor der Operation werden die Haare an der betrelfenden Stelle abgeschoren uud gründlich entfernt. Hierauf durchschneidet man die Haut und den Halshautmuskel gerade auf der, durch den fremden Körper erzeugten Hervorragung, am besten hinter (über) der Drosselvene in der Längeurichtuug des Schlundes, und macht, je nach dem Umfange des fremden Körpers, eine Wunde von 1 —5 Zoll Länge. Die Wundränder lässt man durch stumpfe Haken aus einander hal-
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') Ausserdem ist die Eröffnung des Schlundes auch nach Hazards (d. V.) Vorschlag gemacht worden, um in Fällen, wo der Zugang durch das Maul gehindert ist, Nahrungs- und Arzneimittel in den Magen zu führen, — was mittelst eines Trichters oder einer Spritze durch eine in den Schlund gelegte elastische Röhre, welche während der nöthigen Zeit liegen bleibt und mittelst eines Bandes an den Hals oder die Mähnen gebunden wird, geschieht.
•) Man hat auch in einzelnen Fällen den fremden Körper an der rechten Seite des Halses eine Erhöhung bilden sehen und deshalb die Operation an dieser Seite ausgeführt.
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Fremde Körper im Schlunde. Schlundschnitt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 725
ten, trennt das zwischen der Drosselvene und dem gemeinschafllichen Muskel befindliche Zellgewebe, zieht die Vene nach vorn, forscht durch Fühlen in der Wunde nach der Carotis und durchschneidet unmittelbar über derselben das Zellgewebe vorsichtig, bis man hinter sie gelangt ist und nun den Schlund deutlich fühlt und sieht. Die Arterie wird dann, wie die Vene, mit dem stumpfen Haken nach vom gezogen. Der Schlund drängt sich mit dem erweiterten Theile in die Wunde, so dass man ihn mit den Fingerspitzen der linken Hand erfassen und noch etwas mehr hervorziehen kann; gelingt dies nicht, so kann man durch einen Gehilfen von der andern Seite her mit der Hand gegen die Operationsstelle gelind drücken und somit den Schlund mehr in die Wunde drängen lassen. Hierauf führt man mit einem geballten Bistouri einen Längenschnitt durch seine beiden Häute gerade auf dem fremden Körper und so lang, dass man den letztern ohne Zerrung der Ränder herausziehen kann; oder man macht mit einem spitzen Messer einen Einstich am untersten Ende des hervorgedrängten Theils des Schlundes und verlängert die Stichwunde nach oben so weit, dass der fremde Körper herausgenommen werden kann. Durch letzteres Verfahren erzeugt man mehr gleiche Wundränder, als durch das erstere. — Der fremde Körper drängt sich, besonders wenn er rundlich und an seiner Oberfläche nicht sehr uneben ist, bei und nach gemachter Oeffnung mehrentheils von selbst hervor; geschieht dies nicht, so lässt man zuerst den etwa noch von der andern Seite her fortdauernden Gegendruck aufhören, weil durch denselben der Schlund gespannt und dadurch der fremde Körper in ihm festgehalten wird. ') Hierauf bewirkt man die Entfernung entweder durch gelindes Drücken und Streichen mit den Fingern an den Seiten des Schlundes von den Enden der Wunde nach der Witte derselben, oder durch das Einführen eines Fingers oder einer dicken Sonde unter den fremden Körper, oder man ergreift denselben mittelst der Pinzette oder der Kornzange und zieht ihn hervor. Letzteres ist nothwendig, wenn der fremde Körper rauh oder mit Spitzen versehen ist.
In den Fällen, wo keine Erhöhung im Verlaufe des Schlundes besteht, geschieht, wie oben erwähnt, die Operation an der Stelle, wo der Sitz des fremden Körpers durch die Untersuchung ermittelt ist; wo aber dieser erst erforscht, oder die Operation für andere Zwecke unternommen werden soll, geschieht sie am besten in der Mitte des Halses, weil hier der Schlund am meisten nach aussen liegt und nur von der Drosselvene, der Carotis, dem Nervus vagus und sympathicus und äusserlich von der Haut und dem Hautmuskel bedeckt ist. In beiden Fällen bildet man an der Operationsstelle eine quer über die Drosselvene gehende Hautfalte und durchschneidet dieselbe so, dass die Wunde auf die Gränze der Drosselvene und des gemeinschaftlichen Muskels trilll. Die Wunde kann bei Pferden und Rindern 3—4 Zoll lang, bei kleinen Thieren li—2 Zoll lang sein. Man trennt dann eben so lang den gemeinschaftlichen Muskel von
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') Schellhase, Veterinär-literarische Exkursionen. Heft 1. S. 201.
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726nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fremde Körper im Schlünde. Sclilundschnitt,
dem Ikuslkiinibackenmuskcl, zieht den letztem und die Drosselvene nach unten, durchschneidet vorsichtig das oberflächliche Zellgewebe zwiseben diesen Theilen, trennt die tieferen Schichten desselben in der Nähe der Carotis mit den Fingerspitzen, bis man an und über diese Arterie gekommen ist, wo man den Schlund in dem hier sehr schlailen Zellgewebe neben und hinter der Luftröhre fühlen kann. Derselbe wird dann neben dem etwas gekrümmten Zeigefinger und dem Daumen hervorgezogen und mittelst einer quer unter ihm durchgesteckten dicken Sonde an der Oberfläche gehalten, so dass man ihn nun leicht öffnen kann. Dies geschieht mittelst eines geballten Bistouris, welches man mit gelindem Druck in der Längenrichtung durch die beiden Häute des Schlumies führt und eine gegen 1 Zoll lange Wunde macht.
Je nachdem nun der Zweck der Operation vollständig erreicht ist, oder erst weiterhin noch erreicht werden soll, findet die weitere Behandlung der Wunde statt. Ist ein fremder Körper entfernt, so kann die Schlundwunde sogleich auf die Weise geheftet werden, wie dies S. 413 angegeben worden ist. An der Wunde des Halses hat mau stets darauf zu sehen, dass dieselbe an ihrem untern Winkel keine Vertiefungen besitzt, in welchen die Wundsekrete verweilen und sich senken könnten; und man muss deshalb nöthigenfalls diesen Wundwinkel nach aussen so viel erweitern, dass ei- in seiner ganzen Dicke eine glatte schiefe Fläche darstellt. Hierauf kann die Wunde auch äusserlich geheftet und übrigens so verfahren werden, wie dies bei den Schluudwunden angegeben ist. — In den S. 723 angedeuteten andern Fallen bleibt die Wunde für einige Zeit offen.
Man hat auch versucht, die fremden Körper durch Brechmittel aus dem Schlünde zu entfernen und diese Mittel sowohl durch den Schlund, wie auch durch Infusion in die Venen beigebracht. Bei Pferden ist, weil sie sich in der Regel nicht erbrechen, dies Verfahren nicht anwendbar, und bei den übrigen Thieren hat dasselbe bis jetzt fast gar nichts geleistet, #9632;— daher dasselbe nur historisch erwähnt wird.
Die üblen Zufälle, welche durch die fremden Körper erzeugt worden sind, mindern und verlieren sich gewöhnlich gleich nach der Entfernung des letztem, und es ist deshalb in der Regel nur eine strenge Diät, weiche Nahrung oder nährendes Getränk und rubiges Verhalten während einiger Tage erforderlich. Wenn aber bereits heftige Entzündungszufälle entstanden sind, so ist auch die Anwendung antiphlogistischcr Mittel in entsprechendem Grade nöthig, wie namentlich Blutentziehuugen, Salpeter und Glaubersalz in schleimigen Flüssigkeiten und äusserlich an der Brust ableitende Reizmittel. Haben sich Abscesse im Verlaufe des Schlumies gebildet, so öffnet man dieselben zeitig und behandelt sie übrigens nach allgemeinen Regeln.
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Wassergescliwulst. Ocdcm.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 727
Sechstes Ca|iitel.
Die Wassergeschwulst (Oedema).
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Es finden sich sehr häufig bei den Hausthieren oberflächliche Anschwellungen, welche sich dadurch von anderu auszeichnen, dass sie bei dem Drücken mit den Fingern ein teigartiges Gefühl in der Hand des Untersuchenden erzeugen und von dem Drücken Gruben erhalten, welche durch einige Zeit sichtbar bleiben, aber alluiälig wieder verschwinden. Man nennt eine solche Geschwulst Wassergeschwulst oder Oedem, denn sie bestellt in abnormer Anhäufung von Serum. Die Oedeme kommen in dem Zellgewebe unter der Haut, zuweilen auch tiefer, au allen Theilen des Körpers vor, am häufigsten aber an den untersten Punkten der verschiedenen Theile, wie namentlich an der Unterlippe, an der untern Seite der Brust, des Bauches, der Vorhaut, des flodensacks und an den Füssen; zuweilen sieht man sie an höhern Punkten ihren Anfang nehmen, aber im Zellgewebe unter der Haut allmälig bis zu der niedrigsten Stelle des Theils herabsinken. Sie zeigen zuweilen Symptome von entzündlicher Reizung, besonders vermehrte Wärme und vermehrte Empfindlichkeit; in den meisten Fällen ist aber die Geschwulst kalt und die Haut nur mit dem gewöhnlichen Grade von Empfindlichkeit versehen. Im erstem Falle pflegt man die Geschwulst ein heisses, hitziges, akutes oder entzündliches Oedem (S. 48), im letztern aber ein kaltes Oedem zu nennen. Abgesehen hiervon, so findet man nicht selten neben dem Oedem in dem leidenden Theile oder in der Nähe desselben noch Erscheinungen einer wirklichen Entzündung oder Verhärtungen, Balggeschwülste, Verwundungen, Knochenbrüche u. dgl.; und innerlich findet mau Fieber, Entzündungen verschiedener Organe, katarrhalische und rheumatische Affectionen, Wassersuchten u. dgl.
Das Oedem ist nur selten ein selbstständiges Leiden, sondern in den meisten Fällen ist es Folge oder Begleiter eines andern örtlichen oder allgemeinen krankhaften Zustaudes. In jenen seltenen Fällen beruht es bloss in einem, durch örtliche Störung in den Haargefässen bedingten Maassverhältuiss zwischen der Secretion und der Resorption des Serums im Zellgewebe, so dass die letztere verhältnissmässig zu gering erscheint. Hiermit ist aber keineswegs gesagt: dass die Resorption wirklich in jedem Falle von Oedem krankhaft vermindert ist, sondern es ist sehr häufig auch eine übermässige Secretion die eigentliche pathologische Veranlassung, und man muss die letztere überall da annehmen, wo Entzünduugssymptome dem Oedem vorhergingen oder noch mit ihm verbunden sind.
Die Veranlassungen zum Enlstehen der Oedeme sind sehr verschieden, z. B. Unterdrückung der Secretionen durch Erkältungen, andauernder Druck, Quetschungen, heftige Ausdehnungen und da-
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728nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wassergeschwulst (Oedem). Behandlung.
durch erzeugte Schwäche; in andern Fällen sind sie die Folge einer Reizung, eines andauernden zu reichlichen Blutandranges zu einem Theile, oder von Stockungen im llaargefässsystem desselben, -wie z. B. bei -wirklichen Entzündungen. Wo Blutergiessungen in das Zellgewebe stattgefunden, oder wo wässerige Ansammlungen in der Brustoder Bauchhöhle bestehen, sickert das Serum durch die dünnen Zel-len-wände und es bilden sich, besonders an den niedrigeren Stellen, ödematöse Anschwellungen, \usserdem entstellen dieselben zuweilen bei Krisen und bei Metastasen, und oft bei zu grosser Wässerigkcit des Blutes, wie z. B. bei der Fäule der Schafe, hei dem Fanlfieber ü. dgl.
Nach diesen verschiedenen Verhältnissen des Ursprungs des Uebels und des Zustandes des Organismus ist auch die Bedeutung der Oedeme in den einzelnen Fällen sehr verschieden. An und für sich ist ein Oedem niemals ein gefährlicher Krankheitszustand; aber dasselbe verursacht Ausdehnung und grössere Schwächung der leidenden Theile, stört den organischen Zusammenhang und die Function derselben und unter Umständen, wo Organe aus ihren Höhlen hervorgetreten sind, erschwert es deren Zurückbringung und vermehrt die Gefahr der etwa entstandenen Einklemmnng. — Viele Oedeme verlieren sich von selbst, wenn die ursprüngliche Krankheit gehoben ist und in der Regel vermindern sie sich oder verschwinden auch wohl für einige Zeit, wenn die Thiere in Bewegung gesetzt werden oder sich niederlegen, sie kehren aber wieder, wenn die Thiere hiernach wieder andauernd stillstehen. Zuweilen haben diese Anschwellungen einen kritischen Charakter hinsichtlich des anderweitigen Krankheitszustandes, mit welchem sie verbunden oder in Folge dessen sie entstanden sind; mehrentheils sind sie unter diesen Umständen eine günstige Erscheinung. Ihre Heilbarkeit ist in denjenigen Fällen immer anzunehmen, wo das Oedem selbststänriig oder nur als Folge einer örtlichen Verletzung entstanden ist, eben so bei innem Entzündungen, wenn dieselben einen guten Ausgang machen; dagegen ist die Prognosis wenig günstig bei einem hohen Grade asthenischer Krankheiten, namentlich des Faulfiebers, der Wassersuchten und bei Desorganisationen drüsiger und anderer innerer Organe.
Die Behandlung ist, aussei- der Beseitigung der Ursachen, im Wesentlichen 1) auf die Beförderung der Resorption in dem angeschwollenen Theile, oder 2) auf Ableitung von demselben gerichtet, •— zuweilen besteht sie 3) in einer örtlichen Ausleerung des angehäuften Serums und 4) muss auch häufig auf die Beseitigung der mit dem Oedem verbundenen Krankheiten Bedacht genommen werden.
Die beiden ersten Indicationen lassen sich oft durch dieselben Mittel erfüllen, und überhaupt findet in den complizirten Fällen gewöhnlich eine Vereinigung der Dlittel für die Erfüllung der sämmt-lichen Indicationen statt. In ersterer Hinsicht wendet man bei geringer ödematöser Anschwellung, und wenn dieselbe nicht mit örtlicher entzündlicher Reizung verbunden ist, fleissig wiederholte Reibungen mit wollenen Lappen, mit Bürsten oder Strohwischen, oder Einreibungen von Spirituosen oder ätherisch-öligen Mitteln, von Campher, Salmiakgeist, Auflösungen von kohlensaurem Ammoniak u. dgl. an; ausserdem lässt man das Thier täglich massig bewegen und
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Wassergeschwulsl (Oedem). Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 729
wickelt nach den Bewegungen den Theil, wenn es der Ort und die Beschafl'enheit desselben gestattet, •— mit Binden massig fest und gleichmassig ein. Erscheint der ödematöse Theil sehr schlaff, so kann man auch adstringireude Mittel, z. B. Auflösungen von Alaun, von Zink-, Kupfer- oder Eisenvitriol für sich oder in Verbindung mit Spirituosen und aromatischen Mitteln als Waschmittel anwenden und bei grosser Torpidität die Kantharidentinktur, das Terpenthinöl und das glühende Eisen benutzen. Die drei zuletzt genannten Mittel dürfen jedoch nur oberflächlich und so angewendet werden, dass keine Entzündung und Zerstörung entsteht, weil sonst gerade dem Zwecke entgegengewirkt werden könnte.
Um abzuleiten, giebt man innerlich Purgir- und Urin treibende Mittel abwechselnd mit einander und stets mit Berücksichtigung der eingetretenen Wirkung, nach Verlauf von grösseren oder kleineren Zwischenzeiten. Auch das Jod kann in angemessenen Gaben angewendet werden. Dagegen müssen Ilaarseile und Fontanellen bei Oedemen der Füsse an diesen selbst vermieden werden, weil der Erfahrung zufolge hierdurch der Zustand nicht gebessert, sondern oft verschlimmert wird.
Die direkte Ausleerung des krankhaft angehäuften Serums geschieht durch Einstiche oder Einschnitte (Scarificationen) in die Haut vermittelst der Lanzette, oder der Adcrlassfliete, oder eines geraden Bistouris. Man macht dieselben nur in sehr hartnäckigen Fällen und bei sehr hohen Graden der ödematösen Anschwellung, auch besonders, wenn die Schleimhäute oder aus ihren Höhlen hervorgetretene Theile ergriffen sind. In diesen Fällen ist die örtliche Ausleerung stets von ausgezeichneter Wirksamkeit; doch muss man die Gefässe und Nerven verschonen, und die Einstiche oder Einschnitte dürfen niemals näher als ungefähr % — 1 Zoll neben einander angebracht werden, und bei demjenigen Oedem, welches das Faulfieber begleitet, hat man immer zu fürchten, dass Absterbung der Haut in grösseren Stücken nach dem Scarifiziren eintreten kann. Nach gemachten Scarificationen lässt man die Wunden oft mit einem feuchten Schwamm abwischen, um ihre Verschliessung durch geronnenes Serum zu verhindern. Im L'ebrigen kann man später die im Vorhergehenden bezeichneten resorbirenden und tonischen Mittel anwenden.
Hinsichtlich der vierten Indication muss auf die spezielle Therapie der genannten verschiedenen Krankheiten, deren Begleiter dag Oedem ist, verwiesen werden.
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730nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wassersucht des Augapfels. Behandlung.
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Siebentes Capltel.
Die Wassersucht des Augapfels (Hydrops oculi, Hydro-phthaimus).
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Diese Krankheit kommt bei unsern Hausthiereu nur selten vor. Sie besteht in einer übermässigen Anhäufung von wässriger Feuchtigkeit in der vordem und zum Theil in der hintern Augenkammer uud ist an einer bedeutenden Vergrösserung des Organs, wobei dasselbe gewöhnlich an der Bindehaut bläulich-weiss erscheint und aus der Augenhöhle allmälig mehr und mehr hervorgedrängt wird, zu erkennen. Gewöhnlich ist die Pupille sehr erweitert, das Sehvermögen in der ersten Zeit noch vorhanden, aber dasselbe verliert sich allmälig immer mehr und verschwindet zuletzt gänzlich. Mit dem stärkern Hervortreten des Augapfels aus der Augenhöhle findet ein vollständiges Bedecken desselben durch die Augenlider nicht mehr statt und in Folge desselben trocknet die durchsichtige Hornhaut mehr aus und wird gewöhnlich auch allmälig trüb und grau. Bei dem höchsten Grade des Leidens wird diese Haut in ihrer Mitte mehr und mehr verdünnt und zuletzt berstet sie und das Auge fällt nach Ausleerung der wässerigen und Glas-Feuchtigkeit und der Krystalllinse zusammen und es entsteht hiernach eine langwierige Ulceration.
Die Ursachen sind heftige Rheumatismen und rheumatische Entzündungen des Augapfels, zuweilen auch Verletzungen durch spitze Körper.
Die Beurtheilung ist ungünstig, wenigstens sehr unsicher, da die vollständige Heilung nur selten gelingt. Je mehr bereits die Häute des Augapfels übermässig ausgedehnt sind und je mehr das Sehvermögen zerstört ist, um so weniger ist ein guter Erfolg zu erwarten.
Die Behandlung besteht, wie dies bereits bei dem Vorfall des Augapfels S. 587 angedeutet worden ist, in der Anwendung ableitender, laxirender und diuretischer Mittel und in der Function der durchsichtigen Hornhaut. Die ersteren müssen durch längere Zeit fortgesetzt und die letztere muss so ausgeführt werden, wie es am angezeigten Orte beschrieben ist.
Ist das Uebel bereits bis zu dem Grade gediehen, dass Berstung der Häute des Augapfels nahe bevorsteht, so kann zwar durch die Function diesem üblen Ausgange in manchen Fällen noch vorgebeugt werden, allein immer ist dies nicht möglich. Wo die Berstung nicht zu vermeiden oder wirklich schon eingetreten ist, kann man entweder die durchsichtige Hornhaut mittelst einer gebogenen Scheere an ihren Rändern abschneiden und die Vernarbung des Restes des Augapfels durch gute Granulation abwarten, oder besser bei Zeiten den
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Wasserbruch.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;731
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ganzen Augapfel exstirpiren. Letzteres geschieht im Wesentlichen auf dieselbe Weise, wie dies Seite 587 und 588 angegeben worden ist. Auch die Nachbehandlung geschieht in der dort angegebe-
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nen Art.
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Achtes Capitel.
Der quot;Wasserbruch (Hydrocele).
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Der sogenannte Wasserbruch besteht in einer Anhäufung von Serum in den Scheidenhäuteu des Saameustranges und des Hodens, und zwar entweder nur in einer der von diesen Häuten gebildeten Höhlen oder in beiden zugleich. Dieser Zustand kommt bei den männlichen Hausthieren im Ganzen nicht häußg vor und ist am meisten noch bei alten Zuchthengsten gefunden worden. Er besteht entweder einfach, oder complizirt mit wirklichen Brüchen, oder auch mit einem örtlichen krankhaften Zustande des Saamenstranges oder der Hoden, z. B. mit Krampfader- oder mit Fleischbruch; und zuweilen ist er mit Bauchwassersucht verbunden oder eine Folge derselben.
Die Erkennung des einfachen Wasserbruchs ist gewöhnlich leicht; es besteht bei ihm eine bald grössere, bald geringere Anschwellung des Hodeusacks; die Geschwulst ist gleichmässig nach allen Seiten gespannt, am untern Ende aber zuweilen ödematös; klopft mau mit den Fingerspitzen an eine Seite der Anschwellung, während man an die entgegengesetzte Seite die Fläche der andern Hand gleichmässig angelegt hat, so empfindet man an der letztern eine wellenförmige Bewegung in dem Scrotum; legt man das Thier auf den Rücken, so fliesst das Serum aus dem Scheidenkanal in die Bauchhöhle, jener wird leer und die Geschwulst verschwindet. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn in dem Scheidenkanal des Saamenstranges die Anhäufung stattfindet und wenn keine Verwachsung am obern Theile des Kanals, d. i. in der Nähe des Bauchringes, besteht. Letzteres ist jedoch nur sehr selten. — Ist die Anhäufung des Serums nur in der Scheidenhaut des Hodens, so ist dieser sehr stark ausgedehnt, aber ebenfalls elastisch, und gewöhnlich verliert sich aus ihr das Serum nicht, wenn das Thier auf den Kücken gelegt ist. Die etwa vorhandenen Complicationen, die Vergrösserung und Verhärtung der Hoden, Entartung der Saamenarterie, hervorgetretene Därme und Netz sind an den eigenthümlichen Erscheinungen dieser krankhaften Zustände (S. 630—633) zu erkennen.
Die Ursachen sind zum Theil wie bei den Oedemen, besonders chronische, asthenische Entzündungen, zuweilen örtliche Verletzun-
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732nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Wasserbruch. Kur.
gen, Quetschungen und Zerrungen des Saameustranges oder des Hoden, rheumatische und katarrhalische Metastasen u. dgl.
Die Prognosis ist bei dem Wasserbruch immer sehr unsicher; doch ist er zuweilen noch geheilt worden, wenn er einfach, frisch entstanden, bei jungen, kräftigen Thieren bestand. Auch stört er in den meisten Fällen das Wohlbefinden und den Dienstgebrauch der Thiere wenig, und man lässt deshalb sie gewöhnlich ohne thierärat-liche Behandlung. Zuweilen jedoch nimmt das Uebel allmälig einen so hohen Grad an, dass die Wasseranhänfung durch ihre Masse und Schwere die Thiere belästigt und den Gang stört; in einzelnen Fällen quetschen sich die Thiere den stark ausgedehnten Ilodensack und es entstehen in Folge dessen langwierige Uleerationen. Bei einem hohen Grade des Uebels und bei Entartungen der Scheidenhäute, des Saameustranges oder des Hoden, und bei vorhandenen Leistenbrüchen ist die Heilung nicht anders, als durch die Castration der Thiere zu bewirken.
Die Kur. Bei dem gelinden Grade eines frisch entstandenen Wasserbruchs kann man versuchen, das angehäufte Serum durch verstärkte Resorption zu entfernen und für diesen Zweck innerlich Pur-gir- oder diuretische Mittel und das versüsste Quecksilber oder das Jod anwenden, äusserlich aber das Scrotum mit aromatischen und adstringirenden Mitteln oft wiederholt waschen, oder auch Umschläge von diesen Mitteln warm appliziren. Dabei lässt man das Thier fleissig bewegen und das Scrotum durch einen Tragebeutel (Suspensorium) in die Höhe halten. Fruchten diese Mittel nichts, oder ist das Uebel älter und in einem höhern Grade zugegen, soll aber die Castration nicht stattfinden, so kann man auch die Flüssigkeit entleeren, indem man das Scrotum und die Scheidenhäute mit einem Troi-kar vorsichtig durchsticht, d. h. so, dass der Hode nicht mit verletzt wird. Zu diesem Zwecke wird letzterer mit der linken Hand stark nach dem Becken gedrängt gehalten, während der Einstich in das gespannte Scrotum geschieht. Man lässt das Serum durch die Troi-karröhre ausleeren und dann die genannten Mittel innerlich und äusserlich recht fleissig anwenden. — In der Menschenheilkunde ist es schon lange gebräuchlich, gleich nach dem Entleeren der Flüssigkeit reizende oder tonische Mittel, namentlich Rothwein, in die Höhle zu injiciren und nach einigen Minuten dieselben wieder abfliessen zu lassen. Man will hierdurch in der Scheidenhaut aktive Entzündung und feste Verwachsung erzeugen. In neuerer Zeit haben französische Thierärzte auch hier, wie bei den Gallen, Injectionen von verdünnter Jodtinktur versucht; die Erfahrung hat jedoch über den Nuz-zen derselben noch nicht entschieden. — Man hat auch rund um das Scrotum Punkte oder Striche gebrannt, oder auch die Kanthari-densalbe eingerieben. Auch in diesen Fällen ist es noting, das Scrotum, nachdem es mit. Baumwolle oder mit Werg gleichmässig umwickelt ist, mit einem Tragebeutol in die Höhe zu halten, ausserdem aber bei eingetretener heftiger, entzündlicher Reizung innerlich Ni-trum, Natrum sulphinicuni oder auch Calomel in solchen Gaben anzuwenden, dass Laxiren entsteht. Die Diät müss hier sehr mager sein und das Thier ruhig gehalten werden. Sehr zweckmässig ist
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Harnverhaltung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;733
es, demselben eine am Hintertheil erhöhte Stellung und Lage zu geben, wie bei den Brüchen und bei den Vorlallen der Gebärmutter u. s. w.
Erkennt man neben der Wasseranhäufung noch organische Veränderungen am Hoden, oder fühlt man die Scheidenhäute sehr verdickt, oder den Saamcnstrang dick und ungleich hart, unregclmässig pulsirend, oder besteht ein Leistenbruch, so ist in der Uegel nur die Castration des Thieres zur ISeseitiguug des krankhaften Zustandes übrig. Alan vollführt dieselbe auf die S. 635 angegebene Weise und bewirkt vermittelst der hiernach eintretenden Entzündung eine feste Verwachsung des übrig bleibenden Theils des Saameustranges mit den umgebenden Scheidenhäuteu, — was in der Regel vollständig gelingt.
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iVeiuites Capitel.
Die Urinverhaltung (Retentio ufinae).
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Als Urinverhaltung bezeichnet man eine über die gewöhnliche Zeit andauernde Zurückhaltung des Urins in der Harnblase. Diese Zurückhaltung komml bei männlichen Thieren oft, bei den weiblichen aber sehr selten vor (weil bei den letzteren ihre Harnröhre sehr kurz und unverhältnissmässig viel weiter ist, als bei männlichen Thieren). — Man unterscheidet drei Grade von Harnverhaltung, nämlich: a) die völlige Unterdrückung der Ausleerung (Ischuria), — b) der zwar zuweilen erfolgende aber mit Schmerz verbundene Abgang (Dysuria) und — c) der nur in Tropfen erfolgende Abgang des Urins (Stranguria). Die Harnverhaltung kann von sehr verschiedenen pathologischen Zuständen entstehen, besonders 1) von Entzündung des Blaseuhalses oder auch der Harnröhre, 2) von Krampf im Blasenhalse oder Lähmung der Blase, 3) von Steinen oder Polypen im Blasenhalse, oder von der vergrösserten Prostata und andern Af-tcrgebilden in oder neben der Blase, 4) von Steinen und Würmern in der Harnröhre, 5) von Verengerung der letztern, 6) Verstopfung der Harnröhrenmiindung durch die talgartige Hautschmiere des Schlauches und durch Verengerung des letztern, ausserdem 7) übermässige Ansammlung von hartem Koth in dem Mastdarm, Vorfall der Gebärmutter, der Scheide u. dgl.
Die entfernteren Ursachen zu diesen verschiedenen krankhaften Zuständen können wieder noch sehr mannigfaltig sein, wie namentlich die Ursachen zur Blasenentzündung in dem Genuss scharfer Stolfe, z. ß. der Kanthariden u. dgl., in mechanischen Verletzungen oder Heizungen bei dem Gebären, bei der Applikation von Klystie-
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ren, in Erkältungen, im sogenannten Uebergehen des Stallens u. s. w.
—nbsp; nbsp;Der Krampf im Blasenhalse wird zuweilen durch ähnliche Ursachen, namentlich Erkältungen und Uebergehen des Urinirens zur gewohnten Zeit, herbeigeführt; die Lähmung der Blase ist gewöhnlich die Folge von Kreuzlähmung (welche bekanntlich durch verschiedene Ursachen entstehen kann), zuweilen auch Folge des hohen Alters, üeber die Steine siehe die XIV. Classe. Die Verengerungen der Harnröhre und des Schlauchs entstehen von Entzündungen und Verletzungen (S. 161, 675, 676), — und die Veranlassung zu der Verstopfung der Harnröhrenmündung durch Hautschmiere beruht lediglich in mangelhafter Reinlichkeit. Oft entstehen mehrere Ursachen und der Zustand ist complizirt.
Die Kennzeichen der Harnverhaltungen im Allgemeinen bestehen darin, dass die Thiere sich öfters zum Uriniren stellen, dabei aber gar keinen Harn oder nur kleine Quantitäten, oft nur einzelne Tropfen desselben entleeren; dass sie dabei viel mit dem Schwänze wedeln, mit den Hinteriusseu hin und her trippeln und dieselben nach hinten ausstrecken, mit den Vorderfüssen öfters auf dem Boden kraz-zen, sich auch zuweilen nach dem Leibe umsehen; und dass man bei dem Eingehen mit der Hand oder bei kleinen Thieren mit einem Kinger in den Mastdarm, — bei weiblichen Thieren in die Scheide,
—nbsp; nbsp;die Harnblase mit Urin angefüllt, sehr gespannt und wie eine rundliche Geschwulst in die Höhe gedrängt findet. — Die Erscheinungen der besondern Arten der Harnverhaltungen sind ausserdem noch folgende:
Bei Entzündung der Harnblase fühlt man im Mastdarm oder in der Scheide die Blase vermehrt warm und die Thiere zeigen, wenn man auf dieselbe drückt, Schmerz, indem sie ausweichen oder auch stöhnen. Der etwa noch abgehende Urin ist zuweilen mit Blut gemengt. Gewöhnlich besteht auch Fieber, die Schleimhaut im Maule wird trocken, die Thiere zeigen viel Durst und manche sind gelähmt.
Bei Krampf im Blasenhalse fehlen die Zeichen der entzündlichen Reizung; es besteht kein Fieber, der Puls ist klein und weich, die Schleimhäute sind blass, die Blase ist nicht vermehrt warm; zuweilen fühlt man unter dem After den Blasenhals ungewöhnlich dick, und wenn man einen Katheter oder eine Sonde in die Harnröhre oder in die Blase einführt, fühlt man am Blasenhalse einen nur sehr schwer oder gar nicht bezwingbaren Widerstand. Bei manchen Thieren ist die Harnverhaltung periodisch nachlassend und der abgehende Urin ist blass. Zuweilen sind noch andere krampfhafte Zustände mit der Harnverhaltung verbunden, namentlich Kolik.
Lähmung der Blase in verschiedenen Graden giebt sich dadurch zu erkennen, dass eine kleine Quantität des Urins von Zeit zu Zeit abfliesst, die Blase aber niemals vollständig ausgeleert wird, sondern immer eine grosse Fülle behält; bei angebrachtem Druck (durch den Mastdarm und vom Bauche her) erscheint sie unschmerzhaft, es findet aber dabei eine reichlichere Entleerung des Urins statt. Beim Einführen des Katheters findet sich kein Widerstand. Gewöhnlich sind
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Harnverhaltung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 735
hierbei noch Zeichen von Lähmung des Hintertheils oder auch des ganzen Körpers zugegen.
Steine in der Harnblase, als Hindernisse der Urinentleerung, siz-zen immer in der Mündung des Blasenhalses und sind daselbst als harte Körper bei der Untersuchung durch den After zu fühlen und auch bei dem Einführen des Katheters als solche Körper wahrzunehmen; geht noch etwas Urin ab, so ist derselbe zuweilen blutig. Uebrigens sehe man ClasseXIV. — Polypen, Fettgeschwülste u. dgl. Aftergebilde, welche in der Blase entstanden und ein Hinderniss der Urinentleerung sind, kann man ebenfalls durch den After als dicke und derbe Massen von rundlicher oder länglicher Form in der Blase, und zwar in der Nähe des Blasenhalses, fühlen. Bei dem Einführen des Katheters findet man den Widerstand nicht im Blasenhalse, sondern jenseits desselben in der Blase. — Vergrösserung der Prostata fühlt man durch den After, der Katheter ist schwer einzubringen.
Steine in der Harnröhre sind als wahrscheinlich vorhanden zu betrachten, wenn man nicht nur die Blase, sondern auch den Anfang der Harnröhre durch Urin ausgedehnt und elastisch gespannt im Mittelfleische bis zu einer gewissen Strecke fühlt; aber die sichere Diagnosis des Zustandes ist an dem Vorfinden eines harten Körpers am untersten Ende des ausgedehnten Theils der Harnröhre, und durch ein Hinderniss an dieser Stelle, wenn man den Katbeter oder die Sonde eingeführt hat, zu erlangen. Zuweilen zeigen auch die Thiere Schmerz, wenn man etwas drückend über jene Stelle streicht. — Würmer ') in der Harnröhre sind ebenfalls zu vermuthen, wenn man die letztere in der angegebenen Weise eine Strecke lang stark ausgedehnt findet; aber die sichere Erkennung ist nur dann zu erreichen, wenn die Würmer aus der Harnröhreumündung hervortreten, wie dies in einzelnen Fällen beobachtet worden ist.
Die Verengerung der Harnröhre zeigt sich an den S. 675 angegebenen Merkmalen.
Verstopfung der Mündung der Harnröhre durch sogenanntes Hauttalg ist bei der örtlichen Untersuchung mit der Hand in dem Schlauche durch das Vorfinden grösserer Massen dieser Substanz an der Eichel stets leicht zu erkennen, — und eben so sind Verengerungen der Vorhaut, Anhäufungen von Koth im Mastdärme, Vorfall der Gebärmutter u. s. w. bei der örtlichen Untersuchung leicht erkennbar.
Die Beurtheilung der Harnverhaltungen richtet sich nach dem Grade und der Dauer derselben, so wie nach den veranlassenden Ursachen. Im Allgemeinen ist jede Harnverhaltung ein gefahrdrohendes Uebel, indem bei längerer Dauer derselben die Häute der Blase immer mehr und zuletzt bis zu dem Grade ausgedehnt werden, dass sie an einer Stelle bersten und in Folge dessen der Urin sich in die Bauchhöhle ergiesst und immer den Tod herbeiführt. Letzterer ent-
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') Man hat den Riesen - Pallisadenwurm (Strongylus Gigas) bei einem Hunde in der Harnröhre gefanden. Seon, im Journ. des progres zooiatriq. par Dupny. 1828. p. 141.
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736nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Harnverhaltung.
steht in den meisten Fällen durch Bauchfelleutzuuduug, zuweilen aber auch ohne dieselbe, und, wie es scheint, in Folge der Zurück-führung des Urins in das Blut. Denn dass derselbe wieder eingesaugt wird und mit dem Blute zu allen Orgauen gelaugt, das zeigt der urinöse Geruch, welchen nach dem Tode solcher Thiere das Fleisch und alle Theile angenommen haben. Durch diesen Umstand wird selbst die Beiiutzuiig der im letzten Stadium des Krankseins geschlachteten Thiere zur Nahrung für Menschen unstatthaft. — Zuweilen entsteht durch die Harnverhaltung, namentlich wenn die Ursache derselben in Entzündung der Blase begründet ist, auch Brand der Blaseuhäutc, in andern Fällen Ulceration. Die Berstung der Harnblase erfolgt zuweilen schon nach 30 — 40stündiger Dauer der Harnverhaltung, häufig aber auch erst viel später, namentlich bei dem Rindvieh.
Dass eine Berstung der Harnblase stattgefunden hat, erkennt man daran, dass die Thiere nach ihrem vorigen unruhigen Benehmen plötzlich ruhiger werden, mehr liegen, kalte oder in der Temperatur öfters wechselnde Ohren zeigen, der Leib sich allmälig mehr ausdehnt, und bei der Untersuchung die Harnblase leer gefunden wird. Zuweilen kann man auch mit der in den Mastdarm eingeführten Hand die Flüssigkeit in der Bauchhöhle fühlen, wenn man die Hand seitlich hin und her bewegt und dadurch wellenförmige Fluctuation erzeugt.
Harnverhaltung von Verstopfung der Harnröhrenmündung und von Kothauhäufuug im Mastdarm ist am schnellsten und leichtesten zu heilen, die von Blasenkrampf etwas schwieriger; die von ßlasen-entzündung ist zwar oft heilbar, wenn zeitig und schnell das Notlüge geschieht, oft ist sie aber unheilbar und wegen ihres akuten Verlaufs am gefährlichsten, besonders wenn die Reizung fortdauert, wie z. B. bei Steinen, Incrustatiouen, Exostoseu am Schaambein u. dgl. Bei Vorfällen, Steinen, Polypen, Verengerungen ist die gründliche Kur nur mit Beseitigung dieser organischen und materiellen Zustände zu bewirken und daher nicht immer möglich; doch kann man hier und in andern Fällen wenigstens die übermässige Harnanhäufung palliativ beseitigen und dadurch den gefährlichen Ausgängen entgegenwirken.
Die Heilung des Uebels ist fast in jedem Falle in der ersten Zeit zu bewirken.
Die Kur hat die Aufgaben: 1) das Hinderniss der Harnverhaltung zu beseitigen und somit den natürlichen Weg für den Urin wieder herzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, 2) einen künstlichen Abgang des Urins zu bewirken, um die Berstung der Blase zu verhüten; und ausserdem müssen 3) üble Zufälle verhütet und die entstandenen beseitigt werden. In letzterer Hinsicht muss mau bei grossen Hausthieren immer zunächst dafür sorgen, dass sie sich nicht heftig niederwerfen, und muss ihnen deshalb eine recht hohe, weiche Streu geben. Für den ersten Zweck ist die Behandlung je nach den angedeuteten verschiedenen ursächlichen Verhältnissen sehr verschieden. Bei Entzündung der Harnblase sind Bluteutziehungen, innerlich Calomel, schleimige, ölige und narkotische Mittel, und äusserlich Kly-
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Harnverhaltung. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 737
stiere von eben solchen Miltelu anzuwenden. — Bei Krampf im Blasenhalse giebt man innerlich, mit Rücksicht auf die veranlassenden Ursachen, z. B. bei Erkältungen, Tartarus stibiatus, Fliederblumen, Kamil-leublumeu, Asa foetida, narkotische Mittel, besonders Belladonna, applicirt Klystiere von narkotischen Mitteln, macht Einreibungen von warmem Ocl oder Fell mit Zusatz von Opium oder Exliactum Bel-ladonuae u. dergl. am Millclileisch, hält die Thiere recht wann und reibt ihre Haut mit Strohwischen oft wiederholt, besonders an den llinterschenkeln. — Sehr zweckmässig sind auch warme Dunstbäder von narkotischen Mitteln, und zuweilen auch Klystiere von Taback-rauch. — Bei Lähmung der Blase ist, ebenfalls mit Rücksicht auf die veranlassenden Ursachen und den übrigen Krankheitszustand des Thic-res, z. B. bei akutem Rheumatismus, bei rheumatischer Kreuzlähmung u. dergl. die Anwendung von diaphoretischen IMittelu, bei vollblütigen Thieren von Blntcutziehnngen, innerlich von Kamphcr mit Ni-trum, bei mehr torpiden Zuständen aber von Kampher mit Arnica, Hirschhornsalz, Terpentinöl, Steinöl, Nux Vomica, Cauthariden und dergleichen indicirt; örtlich applicirt man Klystiere von aromalischen Mitteln, Einreibungen von Kampher oder Ammoniakliniment, oder Senlol, Cautharidenlinktur u. dergl. auf das Kreuz und von Zeit zu Zeit macht man gelinde Beibungen auf der Blase mit der flachen Hand im Mastdarm. — Die genannten Mittel wird man jedoch nur so lange anwenden dürfen, als nicht Gefahr der Berstung der Blase zu fürchten ist; tritt dieselbe ein, so würde bei dem Fortgebrauch dieser Mittel die Zeit der möglichen Bettung verloren gehen und man muss deshalb unter diesen Umständen so bald als möglich die Entleerung des Urins durch den Katheter oder den Blasenstich bewirken.
In denjenigen Fällen, wo mechanische Hindernisse bestehen, muss man diese zunächst zu beseitigen suchen, und wenn hierdurch nicht in kurzer Zeil der Urinabgang durch die Harnröhre erfolgt, ebenfalls den Katheter oder den Blasenstich zur Entleerung des Urins anwenden. Man versucht also zuerst bei Steinen und Aftergebilden in der Blase, wenn nicht deren radikale VVegschalfung stattfinden soll (siehe Classe XIV.), dieselbe dadurch aus'dem Blasenhalse zu entfernen, dass man sie mit den in den Mastdarm gebrachten und eben so äus-serlich unter den After gegen den Blasenhals gelegten Finger wegschiebt, — was zuweilen gelingt, wenn diese Körper nicht einge-schnürt sind, — besonders, wenn man dabei den Thieren eine nach vorn gesenkte Stellung oder Lage giebt. Dies geschieht, wenn sie sich freiwillig niederlegen '), indem man sie auf den Rücken wendet und ihnen das Kreuz hoch legt. Steine in der Harnröhre kann man ebenfalls, wenn sie nicht eben eingeklemmt sind, oft nach oben verschieben und so den Kanal für den Durchgang des Urins frei
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') Ein gewaltsames Niederlegen vermittelst des Wurfzeuges darf bei Harnverhaltungen niemals geschehen, weil man hierbei immer fürchten muss, dass die stark angefüllte Blase durch die Erschütterung bei dem Niederfallen des Thieres bersten könnte.
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machen. Pfropfe von Hauttalg an der Harnröhrenmündung kann man stets durch gelindes Pressen gegen die Harnröhre an der untern Seite der Eichel und ausserdem durch Ergreifen der Massen mit den Fingerspitzen entfernen; eben so den im Mastdarm angehäuften Koth, theils mit der Hand, theils durch Klystiere von Seifenwasser und durch gegebene Laxiimittel; und Vorfälle der Gebärmutter, der Harnblase u. s. w. muss man zurückbringen.
Wenn nach solcher Hülfe die freiwillige Harnentleerung nicht bald eintritt, so muss man den Katheter1) appliziren, und zwar: bei Pferden durch die Harnröhrcnmündung, bei den übrigen Thieren aber durch einen unter dem After in die Harnröhre gemachten Einschnitt; denn nur bei den ersteren gestattet die massige Biegnng der Harnröhre au dem Becken die Einführung eines Instruments in der ganzen Länge derselben; bei den übrigen Thieren aber, wo die Harnröhre mehrfache Krümmungen bildet, ist die Durchführung des Instruments nicht zu bewirken. Die Anwendung desselben kann im Stehen oder Liegen des Thieres geschehen, je nachdem man dasselbe vorfindet. Man bremset das Thier, spannt nöthigenfalls seine Hinterbeine, lässt einen Vorderfuss aufheben und ihm den Kopf hoch halten. Liegende Thiere werden blos durch einige Gehülfen niedergehalten. Der Katheter muss vor der Anwendung mit Oel bestrichen und ebenso seine Sonde mit demselben befeuchtet werden, auch muss man die Oclfnungen an der Spitze des Instruments reinigen. Hierauf stellt man sich au die Seite des Thieis, — wenn es aber liegt, an den Rücken desselben, — geht mit einer Hand in den Schlauch, um-fasst die Ruthe hinter der Eichel und zieht sie laugsam vor die
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') Katheter sind Röhren von Metall oder von einem mit Harz oder Firnissmasse überzogenen Zwirngeflecht. Letztere Art von Katheter, welche man biegsame oder elastische nennt, sind bei männlichen Pferden zum Einführen durch die ganze Harnröhre nur allein brauchbar. Man unterscheidet übrigens noch Katheter für männliche und für weibliche Thiere. Erstere sind, der Länge der Harnröhre entsprechend, bedeutend länger als letztere, diese dagegen sind dicker und, wenn sie aus Metall bestehen, mehr gerade, während die für männliche Thiere eine grössere, fast halbkreisförmige Biegung an ihrem vordem Ende besitzen. Das vordere Ende oder die Spilze eines jeden Katheters muss geschlossen, länglich gerundet und recht glatt sein; und etwa 4 bis 6 Linien von der Spitze müssen 1 oder 2 längliche Seitenöffnungen bestehen, durch welche der Urin in die Röhre dringt. Am hintern Ende der elastischen Röhre befindet sich ein circa 2 Zoll langer und am weitesten Theil | Zoll dicker, trichterförmiger Ansatz, um bei dem Gebrauch einen festen Anhaltspunkt zu gewähren. In den metallenen Röhren liegt ein Metalldraht, in den elastischen eine Sonde von Fischbein, theils um Schleim u. dergl. Hindernisse aus der Röhre zu entfernen, bei dem elastischen Katheter aber zugleich und hauptsächlich, um der schlt;vachen Röhre mehr Festigkeit zu geben und doch ihre Biegsamkeit zu erhalten. Ein elastischer Katheter für männliche Pferde muss 3—85 Fuss lang und 2J—3J Linien dick sein; für Stuten gegen S Zoll lang Und 3—4 Linien dick; für männliche Hunde 6 bis 8 Zoll lang und I4—2 Linien dick. — Man muss die Katheter nach dem Gebrauch immer gut reinigen und besonders die elastischen gut austrocknen, damit sie nicht durch die Salze des Urins leiden.
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Harnverhaltung. Application des Katheters.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;739
Schlauchöffnung. Mit der andern Hand führt man die Spitze des Katheters in die Mündung der Harnröhre und schiebt sie allmälig immer tiefer hinein, bis sie in die Blase gelenkt ist oder sich irgendwo festgestellt hat. Dass das Erstere geschehen ist, ersieht mau theils aus der Länge, in welcher der Katheter bereits in die Harnröhre eingeführt ist, theils aus dem plötzlich erfolgenden sehr leichten Vorwärtsdringen, nach dem kurz vorher stattgefundenen etwas mühsamen Durchgange durch den Blasenhals. Ausserdem fühlt man auch die Spitze des Katheters in der Blase, wenn man mit der Hand in den Mastdarm eingeht. Die letztere Untersuchung muss der Thier-arzt selbst macheu, uachdem er vorher das Instrument sammt der Ruthe einem Gehüiren zum Festhalten übergeben hat.. Findet man den Katheter in der Blase, so lässt man sein hinteres Ende von dem Gehülfen durch festes Umlegen seiner Finger um die Ruthe neben der Eichel in der Harnröhre erhalten, während mau die Sonde aus der Röhre zieht. Hierauf fliesst gewöhnlich der Harn ab; geschieht dies aber nicht, so sind entweder die Seitenöffnungen an der Spitze des Instruments mit Schleim u. s. w. verstopft, oder dasselbe ist durch zu starke Contraklur des Blaseuhalses gänzlich zusammengedrückt. Letzteres erkennt man daran, dass die in den Katheter wieder eingeführte Sonde leicht bis in den Blasenhals dringt, hier aber entweder gar nicht, oder nur mit Mühe weiter vorwärts gebracht werden kann. In diesem Falle sind Klystiere von krampfstUlenden, namentlich von narkotischen Mitteln, eben so Einreibungen von warmem Fett nud Belladonna-Extrakt wiederholt und so lange zu machen, bis der Krampf nachgelassen hat. Findet man aber dieses Hinderniss nicht, so macht man in den Katheter Einspritzungen von lauwarmem Wasser mit Kra/t, und wenn hiernach der Urin nicht abfliesst, setzt man das Rohr einer Spritze in die hintere Mündung des Katheters und versucht durch Zurückziehen des Stempels den Urin aus der Blase zuziehen, oder man saugt auch nach Dieterichs Vorschlage mit dem Munde an dem Katheter, um den Urin in denselben zu ziehen. In jedem Falle lässt man das einmal in die Blase gebrachte Instrument so lange in derselben liegen, bis der Zweck erreicht ist. Wenn man jedoch den Katheter nur bis zu einer gewissen Länge iu die Harnröhre bringen kann, so versuche man zunächst durch etwas Zurückziehen und langsames W'iedervorwärtsschieben ihn über die hindernde Stelle zu bringen. Gelingt dies nicht, so übergebe man das männliche Glied mit dem Katheter einem Gehülfen zum Festhalten und der Thierarzt suche durch Sehen und Fühlen an dem Mittelfleische, vom Ilodensacke bis zum After nach, wo die Spitze des Instruments sich befinde. Ist diese Stelle gefunden, so untersuche man zunächst dieselbe recht genau, ob nicht ein fremder Körper in der Harnröhre daselbst das Hinderniss bilde, und erst wenn dies nicht der Fall ist, legt man auf diese Stelle ein paar Finger an die Haut und drückt hierdurch die Spitze des Instruments von der hintern Wand der Harnröhre nach vorn, um ihr eine bessere Richtung zum Vorwärtsglciten zu geben, während mau in demselben Moment den Katheter durch den Gehülfen mehr vorwärts schieben lässt. Wenn hiernach die Spitze des Instruments bis an das Becken gelangt
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ist und auch hier nach hinten drängt, drücke man sie ebenfalls wieder nach vorn und leite sie in den Blaseuhalfi. Um dies noch sicherer zu bewirken, inuss mau mit einigen Fingern durch den After in den Mastdarm gehen und durch gelinden Druck nach unten der Ka-thelerspilze die gehörige Richtung geben, bis er durch allmäliges Nachschieben in die Blase gelangt ist. Nun zieht man die Sonde aus dem Katheter und verjährt übrigens so, wie es im Vorhergehenden angegeben ist.
ßei den übrigen männlichen Haus'säugethieren (und eben so bei Pferden, wenn man einen elaslischeu Katheter nicht zur Hand hätte) macht man in der Mittellinie des .flittellleisclies, gerade unter dem Aller mit einem geballten Bistouri einen Einschnitt in die Harnröhre, und zwar in der Grosse, dass eine der \\ cite der llarnröhre entsprechende Röhre, oder eine Hohlscffidc in die Harnröhre eingeleitet werden kann. Nachdem mau die Haut durchschnitten, tritt der an beiden Seiten der Ruthe liegende Sitzbein-ltuthenmuskel hervor, welchen man mit den Fingern der linken Hand oder mit stumpfen Haken nach beiden Seiten auseinander zieht; dann durchschneide man den Harnschneller und die hintere Wand der Harnröhre mit gleich-massigen sanften Rfesserzugen. Sollte der erste Einschnitt in die Harnröhre nicht hinreichend gross für die einzubringende Katheterröhre sein, so setzt man eine Hohlsonde in die Wunde und erweitert auf ihr die letztere an ihrem oberu V, inkel. Hierauf bringt man entweder das vordere Ende eines elastischen Katheters oder eine metallene Röhre mit zugerundeter Spitze von der Stärke der Harnröhre und gegen 8 Zoll lang, neben der Spitze mit einer länglichen SeitenöHnung versehen in die Harnröhre und bis in die Blase und entleert durch sie den Urin. Ist das Minderniss in der Blase ein dauerndes, so kann man die Röhre in derselben liegen lassen und zu diesem Zwecke mittelst eines Bändchens an einem Schweifriemen befestigen, oder, was bei unruhigen und bei kleinen Thieren besser ist, man entfernt sie und bringt sie nöthigenfalls bei wiederholten Ansammlungen von Neuem wieder durch die Wunde ein. Die Wunde in der Harnröhre und in der Haut kann mau hieruach entweder offen lassen und beständig rein erhalten oder auch sie durch Zusammenheften verschliessen. Die Erfahrungen sind über den Nutzen der einen oder der andern Behandlungsweise noch nicht genügend festgestellt, aber in den meisten Fällen erfolgt auch nach dem Heften die schnelle Vereinigung der Wundräuder nicht, die Theile schwellen mehr an, der Urin ergiesst sich leicht in das Zellgewebe neben der Harnröhre und erzeugt Entzündungen, Verjauchungen in einem weitem Umfange und die Heilung erfolgt dann gewöhnlich langsamer, als in den Fällen, wo man nicht geheftet hat.
Die Behandlung der Wunde ist übrigens möglichst einfach, auf öfters wiederholte Reinigung mit kaltem U asser und auf das Bestreichen der Haut unter ihr mit Fett oder mit einfacher Wachssalbe, um Anätzungen von dem abfliessenden Urin zu verhüten, beschränkt.
Bei weiblichen Thieren ist wegen der bereits oben angedeuteten Beschatfenheit der Harnröhre die Anwendung des Katheters höchst selten nöthig; allein, wenn die Scheide in der Umgegend der Harn-
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Harnverhaltung. Blasenstich.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;741
röhrenmiindung stark angeschwollen, oder wenn bei einem Vorfall der (lebärmutter oder der Scheide die Harnröhre zusaminengedriickt ist, kann die Anwendung ebenl'alls nöthig werden. In solclien Fällen kann man versuchen, bei Stuten und Kühen das vordere Ende des elastischen Katheteis l'ür inänulichc Plerde oder eine metallene Röhre von entsprechder Dicke, im Nothfalle blos einen mit (Jel bestrichenen Finger in die llarnröhrcnmündung und in die Blase cin-aurühren. J)as Thier muss zu diesem Zweck eben so, wie oben angegeben ist, im Stehen oder im Liegen befestigt und gehallen werden , und wiihrend ein Gehülfe den Schweif nach der rechten Seile zieht, drängt man mit den Fingern der linken Hand die Schaainlefzeu auseinander, führt mit der rechten Hand den Katheter über den Kitzler an der untern Wand der Scheide bis zu dem kleinen ringförmigen Wulst, mit welchem die liarnröhre in ihr mündet und sucht mit dem Instrument oder dein Finger sanft in die Harnröhre einzudringen uud hierauf den Urin zu entleeren.
Wenn der Katheter aus irgend einer Ursache nicht zu applizi-ren, die Blase aber in dem Grade überfüllt ist, dass ihre Berstung zu befürchten steht, so muss man den Harnblasenstich (Pnnctio vesicae urinariae) unternehmen. Durch diese Operation wird allerdings nur die Aiihünfung des Urins (wie durch den Katheter) mo-inculan beseitigt, aber nicht die llaruverhaltung geheill; aber es wird die Bersltmg der Blase verhiUet und Zeit zur gründlichen Kur der Harnverhaltung gewonnen, und sie ist deshalb sehr nützlich. Man mache sie nur nicht zu spät. — Dilaquo; Operation kann nach zwei iüe-Ihodcn ausgeführt werden, nämlich: A. durch den After uud die untere Wand des iil astdarms, oder B. durch das Mittcl-fleisch. — Die crslere Methode ist leichter ausführbar und die hierbei entstandene Wunde heilt in der Regel von selbst; bei der letzteren ist immer eine besondere Nachbehandlung erforderlich und es entstehen auch zuweilen Harnfistcln nach ihr, deren Heilung mühsam zu erlangen ist. Dagegen ist aber bei der zweiten Methode die vollständige Ausleerung besser zu bewirken, als bei der esteren, — worauf jedoch sehr wenig ankommen kann.
Bei grossen Thieren muss die Operation, wenn dieselben sleheu, bei aufrechter Stellung ausgeführt werden, weil das gewaltsame Niederlegen die Veranlassung zur Zerrcissung der angefüllten Blase geben könnte; liegen aber die Thiere, so ist die Operalion auch bei diesem Zustande derselben zu verrichten. Rychncr (llipplatrik, Seite 27'.)) hält sogar die Rückenlage für nöthig, wenn man den Blasenstich per anum mit gutem Erfolge machen will. Kleine Thiere legt man zur Operation sanft auf eine Seite oder auch auf den Rük-ken uud lässt sie von Gehiilfen halten. Pferde und Rinder müssen zur Ausführung der Operation im Stehen gebremset, an den Hinterbeinen gespannt, ihr Kopf hoch gehalten und der linke Vorderfuss durch einen Gehülfen aufgenommen werden; oder man zieht ihnen den linken Hinterfuss mit einem Strick oder Gurt so weit nach vorn, dass sie mit demselben weder auftreten noch schlagen können. Liegen diese Thiere, so bindet man ihnen die vier Füsse einfach ziisam-nien und giebt ihnen hiernach eine Seiten- oder Kiickenlage.
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A.nbsp; nbsp; nbsp;Der Harnblasenstich durch den After erfordert zunächst die völlige Leere des Mastdarms, und man bewirkt deshalb dieselbe durch Klystiere und durch Ausräumen mittelst, der Hand. Dann führt der Operateur seine beölte linke Hand in den Mastdarm und setzt auf dessen untere Fläche, bei Pferden etwa 3 Zoll vom After entfernt, die Fingerspitzen massig fest auf. Mit der rechten Hand führt er nun den innerlich und äusserlich beölten Troikar, dessen Spitze in die Röhre zurückgezogen sein muss (einen krummen Troikar so, dass die concave Seite desselben nach dem Mittelfleisch gekehrt ist), unter der linken Hand in den Mastdarm und an den Fingern geleitet zu dem am meisten hervorragenden Punkt der untern Wand, woselbst man das vordere Ende der Troikarröhre mit den Fingern der linken Hand so hält, dass es gegen das Schaambein gerichtet steht, oder mit der untern Wand des Mastdarms fast einen rechten Winkel bildet. So gehalten, schiebt man die Spitze von hinten her langsam aus der Röhre hervor und drückt das Instrument in der bezeichneten Richtung schnell durch die untere Wand des Mastdarms und 2 bis 3 Zoll tief in die Blase. Nun hält man die Röhre mit der linken Hand fest, zieht mit der rechten das Stilet aus ihr und lässt den Urin abflicssen. Um letzteres zu vervollständigen, kann man, wenn der Ausfluss nachlässt, und wenn sich bei der deshalb gemachten Untersuchung mittelst einer Sonde kein Hinderniss in der Röhre vorfindet, mit der im Mastdarm befindlichen Hand einen gelinden Druck auf die Blase ausüben. #9632;— Ist der Ausfluss beendet, so zieht man mit der rechten Hand den Troikar aus der Blase, während mit den Fingern der linken Hand ein kleiner Gegendruck auf den Darm gemacht wird, um Zerrungen zu vermeiden. Die Wunde zieht sich sogleich fast ganz zusammen, und es ist deshalb bei der Nachbehandlung nur nöthig, die Reizung durch Klystiere von schleimigen Flüssigkeiten, kalt angewendet, zu mindern.
B.nbsp; nbsp; Bei dem Blasenstich durch das Mittelfleisch macht man zuerst neben dem untern Rande des Afters, in schräger Richtung nach der Mittellinie des Mittelfleisches zu, einen circa 1^ Zoll langen Einschnitt mit einem geballten Bistouri durch die Haut, trennt dann das neben der Harnröhre und dem Sitzbein liegende Zellgewebe bis zu dem Blasenhalse, theils mit dem Messer, theils mit dem Zeigefinger, fühlt nun mit letzterem nach dem ausgedehnten Blasenhalse und der Blase selbst und fuhrt dann, von dem Zeigefinger der linken Hand geleitet, einen beölten Troikar mit zurückgezogener Spitze zu der Blase, so dass das vordere Ende der Röhre dieselbe fast berührt. Hierauf schiebt man die Spitze des Instruments hervor und drückt dasselbe schnell gegen 2 bis 3 Zoll tief hinein. Man hält nun mit der linken Hand die Röhre fest, zieht das Stilet aus ihr, lässt den Urin abfliessen und entfernt dann die Röhre. Die Stichwunde zieht sich auch hier bald zusammen und verheilt mehrentheils von selbst; aber die Wunde im Zellgewebe heilt durch Eiterung und Granulation und wird demgemäss nach den allgemeinen Regeln hierüber behandelt.
Sowohl nach der Application des Katheters, wie auch nach gemachtem Blasenstich muss die'^Kur gegen die Harnverhaltung selbst
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Harnverhaltung. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;743
noch in gleicher Weise, wie es oben gegen die verschiedenen Arten des ursächlichen Leidens angedeutet worden ist, fortgesetzt werden, bis die freiwillige Entleerung des Urins wieder stattfindet. Eben so müssen die im Verlaufe des Lebens hinzugetretenen Zufälle mehren-theils Entzündungen, ihrer Art nacb behandelt und beseitigt werden. Das diätetische Verhalten muss speciell den ursächlichen Verhältnissen gemäss eingerichtet werden, im Allgemeinen aber ist, es nöthig, dass die Thiere ruhig in einem massig warmen Stalle auf reichlicher Streu erhalten werden und dass man ihnen nur wenig und milde Nahrungsmittel und eben so nur recht wenig Getränk verabreicht. Ausserdem hat man darauf zu sehen, dass die Thiere sich nicht gewaltsam niederwerfen; man lässt sie deshalb kurz und hoch anbinden und'beständig unter Aufsicht eines Wärters.
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Dreizehnte Classe.
Krankhalte Zustände von abnormer quantitativer Bildung (Dismorphen).
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Erstes Capitel.
üebermässige Ernährung (Ilypertrophia ').
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Die Bildungstbäligkeit tritt zuweilen so übermässig reichlich hervor, dass dadurch einzelne Theile oder Organe weit über ihr gewöhnliches Volumen vergrössert werden. Mao bezeichnet diesen Zustand als übermässige Ernährung (Ilypertrophia, oder an Weich-theileu auch Hypersarkosis), unterscheidet aber dabei a) die reine oder ächte Hypertrophie und b) die unreine oder unächte. In der erstem findet sich bei anatomischer Betrachtung des Gewebes eiue gleichmässige Vermehrung aller dein betreflenden Organ im gesunden Zustande eigeuthüinlicheu Bildungscleinenle, so dass der ganz allmälig aus den Capillarien tretende Bildungsstoll' (das sogenannte Plasma, Blastem) nur zur Erzeugung normaler Substanz, aber in grösserer blasse verwendet worden ist und somit nur eben die dem Grade nach übermässig gesteigerte Bildungsthätigkeit als Abnormität erscheint; hei den unächten Hypertrophien findet mau zwischen der normalen Textur noch verschiedene thierische Substanzen, namentlich Produkte von Entzündungs- und dyskratischen Krankheiten eingelagert, z. B. Faserstoll', Eiweissstoll', Lymphe, Fett und dergleichen. W enn die unächte Hypertrophie von entzündlicher Ausschwitzung entstanden ist, so pflegt man sie wohl auch speciell als entzündliche (S. 49) zu bezeichnen.
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') Gleisberg, über die trophlsclien Veränderungen thierischer Gewebe, über Ncoplasmen überhaupt. Magazin für die gcsainnite Thicrheilkunde von Gurlt und liertwig, XXI. S. 129.
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Hypertrophieen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;745
Die ächten uud die unächten Hypertrophien kommen in allen Geweben vor und man sieht daher thcilweise und vollständige Ver-grösserungen und Verdickungen der Haut, der Schleimhäute, des Zellgewebes, der Muskeln, der Gelenkbänder, der Sehnen, der Knochen, der drüsigen und anderen zusammengesetzten Organe. Dieselben geben sich im Allgemeinen überall durch vermehrten Umfang der bc-treflenden Thcilc leicht zu erkennen; aber die Unterscheidung zwischen den ächten und unächten Hypertrophieen ist äusserlich, bei unverletzter Haut, mehrcntheils sehr schwierig, da die letztere bei beiden Arten keine bestimmte Veränderung zeigt und man daher fast nur auf das Befühlen der veigrösserten Thcile angewiesen ist, dieses aber ebenfalls nicht immer zur grimdllchcn Kenntniss des Zustandes der tief unter der Haut verborgenen Gewebe führen kann, und zwar um so weniger, da es zwischen den beiden Arten der Vergrösscmn-gen verschiedene Stufen der Uebergänge der ächten zur unächten Hypertrophie giebl. Die an einfacher, ächter Vergrösserung allein leidenden Theile sind jedoch in keiner andern Hinsicht in einem krankhaften Zustande, und man fühlt sie deshalb noch in der Regel in derjenigen Derbheit oder Weichheit, welche den gesunden Gebilden ihrer Art eigenthümlich ist. Oft geht auch die Funktion der bloss vergrösserten Organe ungestört von Statten; dies ist jedoch bei längerer Dauer und bei einem hohen Grade des Uebels nicht ganz der Fall.
Bei den unächten Hypertrophieen wird dagegen das Gewebe immer mehr derb, die Function leidet mit der Zeit bedeutend und wird bei den hohem Graden fast immer gänzlich aufgehoben. Die unächten Hypertrophieen bilden eigentlich, je nach dem Grade ihrer Entwickelung, mehr oder weniger Desorganisationen und gehören deshalb nur der Vergleichung wegen hierher, weil sie durch Vermehrung des Unifanges der Organe eine Aehnlichkeit mit den wirklichen Hypertrophieen darbieten (siehe Classe XIV.).
Die ächten Hypertrophieen beruhen wesentlich auf einer lokalen erhöhten Bildungstbätigkeit und einem damit verbundenen vermehrten Blutzuiluss zu den Capillargefässen, und es kann daher Alles, was einen solchen vermehrten Blutandrang vcranlasst, als Ursache der Hypertrophie betrachtet werden, z. B. vermehrte und angestrengte Thätigkcit eines Organs, öftere Beizung durch Reibung, durch Druck oder Stoss, unterdrückte Ausleerungen u. s. w. Doch gehört immer auch noch eine gewisse hyperplastische Beschalfenheit des Blutes zu dieser übermässigen Ernährung der Theile. Zuweilen ist die Hypertrophie angeboren.
Die Bcurtheilung der hypertrophischen Bildungen hinsichtlich ihres Nachtheils für den Thierkörper ist nach dem Grade der Entwickelung, nach dem Orte, nach der Wichtigkeit des Organs und nach der Beschalfenheit der benachbarten Theile sehr verschieden. Ein massiger Grad der übermässigen Entwickelung eines Theiles schadet nur wenig, er stört aber oft das symmetrische und schöne Aussehen des Körpers und bildet somit einen Schönheitsfehler; bei einem höhern Grade der Entwickelung geschieht dies noch mehr uud #9632; ausserdem wird durch den Druck, den das vergrösserte Organ auf
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746nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hypertrophicen. Behandlung.
die neben ihm liegendeu Theile ausübt und von denselben gleichfalls aushalten muss, sowohl seine eigene Function, wie auch die der an-gränzeaden Theile gestört, zuweilen auch der gesammtc Organismus dadurch in Mitleidenschaft gezogen, dass anderen Organen die zu ihrer Ernährung erforderliche ßlutmenge entzogen wird und sie in l^olge dessen verkümmern. Zuweilen leidet auch die freie Bewegung der Glieder und hierdurch der Dienstgebrauch der Thiere. Bei sehr grossen Vermehrungen des Volumens sind auch die Thiere durch die überflüssige Masse, welche sie in den hypertrophischen Organen als eine unnütze Last beständig tragen müssen, mehr oder weniger belästigt. — Hinsichtlich der Heilbarkeit der Ilypertrophieen ist die Prognosis mehrentheils nicht sehr günstig, da es der Erfahrung zufolge äusserst schwer, ja oft nicht möglich ist, den Ernährungspro-zess in einem G'ewebe oder Organ bedeutend herabzustimmen, ohne die Vernichtung desselben zu veranlassen. Viele Ilypertrophieen bleiben deshalb ungeheilt.
Die Behandlung muss darauf gerichtet sein, 1) die etwa erkennbaren Ursachen des örtlich vermehrten Blutzuflusses zu beseitigen und fernerhin abzuhalten; 2) den Ernähruugsprozess im Allgemeinen und die Bildung von plastischen Säften möglichst zu vermindern; 3) ebenso örtlich den Bildungsprozess beschränken, und 4) wenn durch diese beiden Wege der Zweck nicht erreicht, das krankhaft vergrösserte Organ aber dem Organismus zu lästig wird, dasselbe, wenn es nicht zur Erhaltung des Lebens nothwendig ist, theilweise oder gänzlich aus dem Organismus zu entfernen. — Hinsichtlich der ersten Indication sucht mau jede Reizung durch Geschirr u. s. w. zu vermeiden und den Theil möglichst ruhig zu erhalten. — In Betreff der zweiten Indication ist es oft nöthig, das Thier auf magere Kost zu setzen, ihm Blutentziehungen von Zeit zu Zeit wiederholt zu machen, ihm innerlich Kaiomel, kleine Gaben des Sublimates, Anti-monialmittel, Jod, Couium maculatum in angemessenen Gaben und durch einige Zeit fortgebraucht zu geben. — Für die dritte Indication benutzt man äusserlich oft wiederholte Befeuchtungen mit kaltem Wasser, mit concentrirter Auflösung von Potasche, mit Auflösung von Bleizucker, mit Essig oder mit verdünnten Mineralsäuren, oder die Jodpräparate, oder die graue Merkurialsalbe, besonders aber andauernden Druck durch feste Einwickelungen mit Binden. Fruchten diese Mittel nichts, oder ist das Uebel bereits zu einem hohen Grade gediehen, so kann man auch die Hauptarterie des hypertrophischen Theils unterbinden und hierdurch seine Ernährung beschränken. — Hinsichtlich der vierten Indication muss man zuvor die Wichtigkeit des vergrösserten Gebildes, namentlich wenn dasselbe noch in Function besteht, so wie die durch seine Entfernung herbeigeführte Verwundung und die damit verbundene Gefahr mit den Störungen vergleichen, welche durch den vergrösserten Theil selbst herbeigeführt werden und darnach erwägen: ob die Erhaltung oder die Wegnahme des vergrösserten Gebildes die wenigste Gefahr mit sich führt? Im letzteren Falle wird man die Entfernung des Gebildes mit dem Messer durch Ausschälung und Lostrennung von den benachbarten Gebilden bewirken können. Bei der Verschiedenartigkeit, welche die
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Das Schwinden. Atrophia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 747
einzelnen Organe an den verschiedenen Stellen durch ihre Form und Verbindung, so wie durch den Gefiiss- und Nervenreichthum und die verschiedene BeschafFenheit der angränzenden Theile darbieten, lassen sich für alle Fälle nicht genaue Vorschriften über die Ausführung der Operation geben, sondern man kann nur im Allgemeinen in folgender Art verfahren:
Tritt der hypertrophische Theil weit über den normalen Umfang der angränzenden Organe hervor, ist somit die Haut ebenfalls sehr vergrössert und ausgedehnt, so macht man nahe an seiner Basis einen Kreissclmitt um dasselbe; tritt dagegen das vergrösserte Organ wenig über die Haut hervor, so macht man entweder einen einfachen Hautschnitt, oder, bei grösserem Umfange des Organs, zwei halbmondfürmige Schnitte über dasselbe, welche sich an ihren Endpunkten berühren und ein elliptisches Stück Haut auf dem Theile zwischen sich lassen. In beiden Fällen präparirt man die Hautränder von dem kranken Gebilde, so weit dessen Umfang reicht, ab, zieht letzteres mit scharfen Haken oder mit einer eingezogenen Schleife massig stark hervor und löst es von allen angränzenden Theilen bis auf die Gefasse und Nervenstämme, unterbindet die Ge-fässe doppelt, durchschneidet sie zwischen den beiden Ligaturen, und entfernt hiernach die ganze Masse. Oder man löst blos die Hautränder bis zur Höhe der angränzenden Theile von dem kranken Gebilde ab und schneidet dann letzteres in dieser Höhe in seiner Masse quer durch, so dass nur der überflüssig hervorragende Theil entfernt wird. Nach geschehener Reinigung der Wunde von dem Blut werden die Wundflächen wie bei einfachen reinen Wunden in gegenseitige Berührung gebracht, und dann die Vereinigung entweder mittelst der blutigen Naht oder durch umgelegte Binden und durch gelinden Druck bewirkt. Die weitere Nachbehandlung geschieht, wie dies bei den Wunden angeführt ist.
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Zweites Capitel.
Das Schwinden, der Schwund oder die Atrophie l).
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Sehr häufig findet sich eine abnorme Minderung des Volumens in verschiedenen Organen, namentlich in den Muskeln, den Sehnen, im Zellgewebe, in den Knochen und Drüsen; doch kann auch jedes andere organische Gewebe davon ergriffen werden. Das Schwinden beruht auf einer Veränderung der Menge der normalen Gewebsele-mente eines Organs oder Gewebes, somit einem verminderten Vege-
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') Gleisberg a. a. 0. 139.
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748nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Das Schwinden. Atrophia. Behandlung
tatiousprozess und es spricht sich für die Diagnosis im Allgemeinen ziemlich gleichiniissig durch den venniuilerlen lliuliiiig oder die Kleinheit der Organe und Thcile aus. Doch fmilet man dabei die Organe von zweierlei verschiedener lieschallenheit, nämlich zuweilen liihlt man die Thcile weich, gewissei-massen im Innern mit Säften gehörig versehen und wenn man in sie einschneidet, zeigen sie eine dem normalen Zustande ganz ähnliche rothe Färbung; in andei-eu Fällen dagegen zeigt sich dec leidende Thcil mehr trocken, derber, und beim Einschiieideu blässer, das Zellgewebe kürzer, z. M. in den Muskeln das ganze Ansehen der sehnigen BeschaJfenheit mehr ähnlich.
Die Ursachen der Atrophie können sein: gestörter Blutzufluss in Folge von Verengerung oder theilweiser Verschliessung der Arterien eines Theils oder in Kolge von Druck durch krankhaft ver-grösserte nachbarliche Organe oder eben so durch neue Bildungen, z. K. .delanosen, Exostosen und dergleichen; ferner Verletzung grös-serer (ielässe und Xervenstäinme, wirkliche Lähinnng (Mangel an fnuervation); andaueinde Ruhe eines Theils, wie z. 15. bei Knochcu-briiehen, Verrenkungen, Verwundungen u. s. w., besonders aber heftige Schmerzen an einem Punkte eines (Jliedes. Oft sind mehrere dieser Ursachen zugleich wirkend. Dabei sieht man das Schwiu iica am häufigsten als Folge von mancherlei örtlichen Leiden entstehen. In seltenen Fällen ist die Atrophie auch angeboren und dann in ihren ursächlichen Verhältnissen gewöhnlich nicht näher zu erforschen.
Die Beurtheilung dieses verminderten Ernährungszustandes ist m Allgemeinen günstiger als bei den llypertrophieen, besonders in allen den Fällen, wo die Atrophie die Folge vorübergehender örtlicher Leiden ist; denn hier hat die Erfahrung gelehrt, dass mit der der Beseitigung dieser Leiden oft schon nach dem Aufhören des Schmerzes allein und wenn die Thätigkcit in den Muskeln wieder rege geworden ist, das Schwinden sich von selbst verliert oder doch durch eine einfache Behandlung ganz oder doch grösstentheils wieder beseitigt werden kann. üebrigens ist mit dem Grade der partiellen Abmagerung auch eine Abnahme der Kraft und somit oll eine Störung in der Function des leidenden Theils verbanden, und ausser-dem macht die Abmagerung stets ein hässliches Ansehen, einen Schönheitsfehler.
Behandlung. Zunächst muss man die etwa bestehenden Ursachen und noch vorhandene kranhafte Zustände nach ihrer Art beseitigen. Ausscrdcm sucht man einen vermehrlen Znfluss von Blut zu dem leidenden Thcile zu eiTcgen und die Absonderungen in ihm reichlicher zu machen. Für diesen Zweck lässt man in denjenigen Fäl len, wo die Empfindlichkeit gering ist, erregende und belebende Glittet in die Haut des leidenden Theils oft wiederholt einreiben, wie uaiuentlich Spiritus frumenti, Spiritus saponatus, camphoratns, den Kampher und Liquor amonii caustici, in Verbindung mit Ocl als Kampher- und Ammoniakliniment, Terpentinöl und dergleichen. Bei einem hohen Grade des Uebcls lässt man täglich ein- bis zweimal aus einem in der jNähe des Theils gehaltenen rothglühenden Eisen
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Missbildungen. Form der Theile.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;749
Hitze in denselben einströmen; oder man macht Scarificationen in die Haut desselben und wendet die zuerst genannten Mittel an, oder auch die Douche mit einer Spritze, oder die Acupunetur, Beides oft wiederholt. Dabei lässt man den leidenden Theil läglich allmälig mehr in .Bewegung bringen, doch niemals bis zur Ermüdung desselben. — In denjenigen Fällen, wo entgegengesetzt der leidende Theil sehr empfindlich und bei dem Uefüihlen trocken und derb ist, lässl man Einreibungen von erwärmten Fett oder Oel täglich zwei- bis dreimal anwenden, macht Dunstbäder von warmem Wasser oder Umschläge von schleimigen Mittelnj versetzt ebenfalls den Theil in allmälig vermehrte Anstrengung und geht erst später zu den reizenden 'Mitleln über. In allen Fällen müssen die an Atrophie leidenden Thiere mit gulen Nahrungsmitteln reichlich versehen werden.
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Drittes Capitel.
Missbildungen in der Form, in Ueberzahl oder in Mangel einzelner Theile.
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Schon im Foetus entwickeln sich oft einzelne Theile in ihrer Form und im Haue abnorm; in andern Fällen finden sich Theile in vermehrter Anzahl, oder auch entgegengesetzt es bleiben einzelne Theile in ihrer Ausbildung gänzlich oder theilweis zurück. IVlan bezeichnet diese Zustände im Allgemeinen als ursprüngliche oder angeborene Fehler (Yilia primae formationis) und rechnet sie zu den sogenannten iMissgeburten (Monstra '). Hier kann jedoch nur von denjenigen geringern Graden derselben die Rede sein, bei welchen ein Thier übrigens regelmässig gebildet ist, so dass es existi reu und noch benutzt werden kann, und bei denen die Kunst etwas zu thun vermag.
1) Zu den angeboruen Formfehlern dieser Art gehören: a) die Verwachsungen der Ohren, der Augenlider, der Pupille, des Alters, der Harnröhre und der Zehen; — b) Spalten und Oell'nungen an den Lippen (Hasenscharte), am Nabel (Nabelbruch); — c) Verkrümmung der Uhren, des Halses, des Schwanzes und der Gliedmaassen.
Die Erkennung dieser A erbildungen ist mehrentheils leicht, da eine Vergleichung mit den gesflnden Theilen bei anderen Thieren oder auch mit den gleichnamigen normalen Theilen an der andern
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') Siehe hierüber das sehr vollständige Werk: Gurlt, Lchibuch der pa-thologisdien Anatomie der Haussäugetliieie, zweiter Theil, Berlin Ib'.Vi. Mit tb Steinabdrüeken.
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750nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Missbildungen. Ueberzahi der Theile.
Seite desselben Thieres wenigstens die äusserliche xibweichung sehr bestinimt zeigt. Ueber die Verwachsungen und Spalten (Brüche) ist bereits in vorhergehenden Capiteln geredet, und hinsichtlich der Verkrümmungen ist zu bemerken, dass dabei immer einzelne Muskeln oder Sehnen wirklich zu kurz sind und dass man dieselben an ihrer Spaiinung erkennen kann.
Die ßeurtheilung dieser Abnormitäten ist je nach der mit der Abweichung in Verbindung stehenden Störung von Verrichtungen, nach deren Bedeutung für die Erhaltung des Lebensraquo; so wie für den Dienstgebrauch der Thiere, und nach dem Umfange des Theiles in den einzelneu Fällen sehr verschieden. Je geringer die functionelle Störung ist, je weniger dem Grade nach die Form von der normalen abweicht, je weniger wichtig das Organ zur Erhaltung des Körpers oder für die Dienstbrauchbarkeit ist, um desto weniger von Bedeutung ist die Bildungsabweichung. Die Heilung ist in der Regel nicht anders möglich, als durch Operationen, welche je nach der Art der Verbildung, in subeutaner Durchschneidung von zu sehr gespannten Sehnen und Muskeln oder Bändern, — in der Trennung oder Erölf-nung verwachsener, — oder in der künstlichen Verschliessung gespaltener Theile bestehen. Dabei ist es von grosser1 Wichtigkeit, ob die betreirendcii Theile einen geringen oder grossen Umfang haben, weil hiernach die Grosse der Verletzung bei der Operation und die Folgen derselben entweder nur unbedeutend, oder sehr gross und gefährlich sein können.
Die Behandlung ist hiernach in den einzelnen Fällen verschieden zu wählen, wie es im Vorstehenden angedeutet ist.
2) Zu den angebornen Fehlern mit überflüssigen Theilen gehören die Fälle mit doppelten Hörnern, .— mit überzähligen Glied-maassen, #9632;— mit überflüssigen Zehen an einer Gliedmaasse, #9632;— mit verirrten Zähnen, — ebenso mit Hoden und Ruthe oder Eutern #9632;— und mit verirrten oder eingeschlossenen F^oetus (Foetus in foetu). — Die überzähligen Hörner wachsen aus den Stirnbeinen hinter den normalen Hornzapfen, ganz so wie diese, hervor. — Die vollständigen Gliedmaasseu sitzen einfach oder mehrfach auf dem Rücken, dem Becken, der Brust, dem Leibe u. s.w.; sie sind gewöhnlich in einem geringern Umfange ausgebildet, als die regelmässigen Gliedmaasseu, sie haben keine Muskeln, sind deshalb unbeweglich und ihre Verbindung mit dem Körper geschieht fast nur durch straffes Zellgewebe, zuweilen aber auch durch Bänder, fibröse Stränge und Faserknorpel, welche gewissermassen ein unvollständiges Gelenk bilden. — Bei den einzelnen überflüssigen Theilen einer Gliedmaasse findet sich in der Regel eine mehr feste gelenkartige Verbindung durch besondere Knochen, namentlich durch überzählige einzelne Knochen am Vorder- oder Hinterfusswurzelgelenk, öder durch ein vergrössertes Griffelbein. Diese Knochen haben gewöhnlich eine unvollständige Gelenkfläche, durch welche die Verbindung des Schien- oder Fesselbeins der überzähligen Zehe in ähnlicher Weise, wie mit den übrigen Endgliedern, durch kurze Gelenkbänder geschieht. Eine willkürliche Bewegung findet an diesen Theilen nur sehr unvollkommen oder gar nicht statt.
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Missbildungen. Ueherzahl der Theile.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 751
Verirrte Zähne finden sich fast immer nur einzeln '), gewöhnlich unter der Ohrmuschel, als Beulen mit oder ohne Fistelöfluung. Oft sind sie mit einer knöchernen Zahnhöhle versehen und mit einem Balge umgeben und in der Regel sitzen sie an einer kleinen Knochen-erhöhuug, bald ganz lest, bald etwas verschiebbar. #9632;— Hoden, Ruthe und IMilchdrüsen finden sich, oft in Verbindung mit einem oder zwei Hinterbeinen, zuweilen auf dem Kreuz; — und ein verkümmerter Foetus hat sich als höchst seltene Missbildung zuweilen in einem Balge am Halse hinter oder unter der Ohrspeicheldrüse, oder auch in einem Hoden vorgefunden.
Die Erkennung dieser abnormen Erzeugnisse ist immer sehr leicht, da man sie mehreutheils deutlich sehen und fühlen kann.
Die Beurtheilung ist, wieder wie bei den vorhin betrachteten uuregelmässigeu Formen, von der Grosse des überflüssig erzeugten Theils, von dem Sitze desselben und von der durch ihn bewirkten Störung der freien Beweglichkeil des Thieres abhängig. Lebensgefahr erzeugen diese überflüssigen Theile niemals, -wie dies viele Exemplare derselben bei damit alt gewordenen Thieren erwiesen haben. Die Heilung ist immer nur durch die Ablösung dieser Gebilde durch das Messer zu bewirken und deshalb die Prognosis mit Rücksicht auf die bei der Ablösung entstehende Verwundung und Blutung auszusprechen; gewöhnlich ist die Ablösung der Theile ohne Gefahr, und die Heilung der Wunde erfolgt leicht und vollständig.
Die'Tlülfe besteht, wie eben erwähnt, nur in der Ablösung oder Auslösung der überflüssigen Gebilde von dem Körper vermittelst des Messers. Man macht für diesen Zweck um den überflüssigen Theil in der Nähe des Körpers oder der Gliedmaasse, an welcher derselbe sitzt, einen Kreisschnitt durch die Haut, durchtrennt dann vorsichtig in derselben Richtung die übrigen Weichgebilde bis auf die etwa sichtbar werdenden Blutgefässe, welche man an der Seite nach dem Körper zu unterbindet, sie dann durchschneidet und hierauf die Verbindung des Theils von den umgebenden Theilen und an seinem Grunde vollständig trennt. — Besteht eine Knochenerhöhung au dem Schienbein, so kann man dieselbe, nach Robertson's Vorgange, nahe an der Fläche des gesunden Knochens mit einem Meissel wegnehmen oder mit einer feinen Säge abschneiden. Letzteres ist vorzuziehen, weil es keine Splitterung veranlasst. Hierauf wird die Wunde gereinigt, geheftet und mit einem schützenden Verbände bedeckt, bis Eiterung eingetreten ist, welche hier gewöhnlich trotz der einfachen Beschaffenheit der Wunde nicht ausbleibt. Nach eingetretener Eiterung wendet man gelind adstriugirende Alittel an und fährt damit his zur erfolgten Heilung fort.
3) Den IMangel einzelner Theile, eines Ohrs, eines Auges, eines Kiefers, eines Fusses oder eines Theils desselben, eben so des gan-
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') An einem jungen Pferde bestand eine Geschwulst an dem kleinen Oberkieferbein der rechten Seile und in dieser Geschwulst lagen mehr als zwanzig kleine Schneide- und Backenzähne. Sie wurde durch Ausschälnng beseitigt.
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Missbildun^cii. Mangel der Theilc.
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zeu Schwanzes oder eines Theiles desselben findet mau bei den säinnilliclien llausthieieu als angeborenen Felller' und erkennt denselben sehr leicht aus der Abweichung von der bekannten Form und Beschall'enheit der betreffenden Theile. Diese mangelhafte Bildung ist zuweilen von der Art, dass die Haut glatt über die Gräuze des vor dein fehlenden Theile befindlichen körpertheils hinweggeht; iu anderen Fällen sind dagegen Rudimente der Knochenbildung des fehlenden Theils an der Stelle zu finden, an welcher derselbe seinen normalen Ansatzpunkt besiizl; alle anderen (iewebe aussei- diesem Knochenrest fehlen in der Kegel gänzlich und es kann daher eine nachträgliche Entwickelung des Theiles nicht erfolgen. üeshalb ist auch die Prognosis in allen diesen Fällen ganz schlecht; denn es ist auf keine Weise der fehlende Theil zu ersetzen. Uebrigens können die Thiere bei dem Mangel mancher Theile lange Zeit fortleben, sie -werden aber, wie sich dies von selbst versteht, niemals arbeitsfähig.
In chirurgischer Hinsicht ist hier nichts zu thun, sondern die Behandlung ist, wenn das Thier erhalten werden soll, nur auf gute Pflege beschränkt.
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Vierzehnte Classe.
Qualitative abnorme Bildungen. Krankhafte Neubildungen.
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Erster Abschnitt.
Von diesen Bildungen im Allgemeinen. *)
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Die bildende Thätigkeit im thierischeu Organismus wird in qualitativer Hinsicht sehr oil abweichend vou dem normalen Zustande, indem entweder Blut, Eiweiss- und Faserstoff, Fett, Pigmente u. dgl. StoHe in das Zellgewebe und in das Parenchym der Organe abgelagert werden und dabei abnorme Produkte hervorbringen oder, indem sich in den Säften eigenthümliche Stoffe erzeugen, welche zum Wie-derersatz der normalen Gewebe nicht geeignet sind und daher bei ihrem Eindringen in das Parcnchym der Organe neue Substanzen und veränderte Gewebe erzeugen. Wie dies geschieht? —• darüber sind die Forscher noch sehr verschiedener Ansicht, da die neue Bildung in ihren ersten Elementen überall uubemerkbar von statten geht. Doch haben mikroskopische Untersuchungen gezeigt: dass der irgendwo in das Zellgewebe oder Bindgewebe oder in das Parcnchym der Organe abgesetzte bildsame Stoff (Plasma, Blastem, Cytoblastem) kleine Bläschen bildet, deren Wände gewissermaassen Zellen darstellen; diese Zellen werden entweder nur passiv ausgedehnt durch Ablagerung von Fett, Faserstoff, Gallerte, Farbestoff u. s. w., oder sie wachsen selbstständig bis zu einer gewissen Grosse, indem sie von den augränzeudeu Theilen mit arteriellen Ilaargefässen versehen wer-
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') Gurlt, patholog. Anatomie I. S. 21 u. f. — Nachtrüge hierzu S. 4 f. — Glcisberg, im Magaz. für die ges. Thierheilk. XXI. S. 149.
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754nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Pathologische Neubildungen im Allgemeinen.
den, und sie bilden sich dann in eigenthümlichei' Weise weiter aus. Im letztern Falle können sich die Bläschen, wenn sie eine gewisse Keile erhallen haben, durch Erzeugung neuer Bläschen in ihrer Substanz selbst, vermehren, wogegen in andern Fällen die Vermehrung von ausseu her, durch andauernde oder durch von Zeit zu Zeit wiederholte Ablagerung neuer krankhafter Bildungsstoffe geschieht; aber auf beide Arien entstehen organische neue Gebilde, welche sich allinälig vergrössern. Diese neuen Gebilde treten, von chirurgischer Seite betrachtet, in zweierlei Hauptverschiedenheiten auf, nämlich:
A.nbsp; indem sie eine in sich zusammenhängeade, begränzte Masse darstellen, welche mit eigenen Blutgefässen versehen ist, durch diese ernährt wird, allinälig wächst, daher gewissermaassen ein eigenes Leben besitzt, und dieser Eigenschaften wegen auch für sich absterben, künstlich vernichtet oder entfernt werden kann. Ulan nennt sie Afterbildüngen, Gewächse (Fseudorgana, Pseudoplasmata); — oder
B.nbsp; nbsp; indem die Ablagerung von, bald mehr bald weniger bildsamen, Stollen, nicht in für sich abgegränzten Massen, sondern in die Zwischenräume des Gewebes erfolgt, so dass dasselbe zum Theil verdrängt, seine normalen Verbindungen verändert oder aufgehoben und auch seine Funclionen gestört werden, jedoch ohne dass die abnorm abgelagerten Stoffe eine selbstständige Existenz erhalten, sondern durch dieselben Gcfässe, welche das normale Gewebe besitzt, ernährt und erhallen werden. Da hierbei das Gewebe von seiner ursprünglichen Beschall'enheit abweichend gemacht wird, entartet, degenerirt, so pflegt mau dergleichen abnorme Zustände als Degenerationen oder Metamorphosen zu bezeichnen. Wenn mit denselben zugleich eine bedeutende V ermehrung des Volumens verbunden ist, so stellen sie in dieser Hinsicht die in der vorigen Classe bereits angedeuteten unächten llypertrophieen dar.
G. Auf eine dritte Weise entstehen neue Bildungen in verschiedeneu Höhlen und Kanälen durch chemische Zusammenfügung oder durch blosse Agglomeration von Substanzen, welche entweder in den Höhlen abnorm abgesondert sind oder bloss in denselben verweilen. Man bezeichnet diese unorganischen pathologischen Neubildungen als Conkretionen, Conkremente, oder auch als Steine.
Die Ursachen der krankhaften Bildungen sind mehrentheils noch sehr dunkel. Die Gelegenheitslirsache ist sehr häufig eine örtliche Verletzung oder öfters wiederholte Beizung durch Druck, Stoss, leichte Verwundung u. dgl., doch scheint die Entstehung mehrentheils auch noch in einer unregelmässigen Säfte- und Blutbildung zu beruhen, bei welcher plastische, namentlich eiweisshaltige Stode, auch Färbestoffe u. s. w. in übermässiger Menge erzeugt und mit der zur Ernährung der verschiedeneu Theile erforderlichen Blutmenge iu das Parenchym der Organe abgelagert werden. Hier erfolgen wahrscheinlich bei dem längern Verweilen und bei der Abscheidung der für die Organe brauchbaren Bestandtheile des Bluts weitere A'erän-
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Pathologische Neubildungen im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;755
derungen, von denen man den Innern Vorgang nicht näher nachweisen kann. Nach den Ansichten einiger Pathologen thcilen sich die an irgend einer Stelle entstandenen krankhaften Zellen, wenn sie eine gewisse Reife erlangt haben, in mehrere kleine Zellen and diese können, da sie mikroskopisch klein sind, selbst wieder in den Strom der Säfte gelangen nml andern Organen gleichsam als Saaiucn für die Bildung ähnlicher neuer Bildungen zugeführt werden. Bei diesem Zustande besteht demnach eine eigenthümliche krankliafte Be-schaüeuheit der Säfte, welche man als Dyskrasie betrachtet, und dieselbe namentlich bei dein Krebs annimmt und darin die Eigcn-thümlichkeit begründet findet, dass dieselben krankhaften Produkte, wenn sie einmal auch vollständig künstlich entfernt oder zerstört worden sind, bald entweder an derselben Stelle, oder an anderen Stellen von Neuem zum Vorschein kommen. Mau glaubt sogar, dass durch die Zellen dieser Geschwülste die Vererbung der Anlage auf die Nachkommen und eine Uebertragung auf andere Thiere bewirkt werden könne.
Die Aftevgebilde (A.) werden zum Theil nach der Art der ihnen zum Grunde liegenden Stolle, nach ihrem Bau und ihren anderweitigen Eigenschaften unterschieden, und zwar: in anatomischer Hinsicht in homologe und in heterologe Geschwülste. Die erstem bestehen im Wesentlichen aus solchen Elemeulartheileu, welche denen des gesunden Körpers analog sind; die letztern enthalten hauptsächlich solche Bestandtheile, die in den gesunden Geweben nicht enthalten, daher denselben fremdartig sind. Jene können, eben weil sie normale Bestandtheile sind, lauge, ja bis zum Tode der Thiere unverändert fortbestehen, letztere aber, als fremdartige Thcile, sind dem Zerfallen, der Zersetzung, der Erweichung und Auflösung unterworfen. Nach dieser Verschiedenheit des weitem Verhaltens hat man die homologen Neubildungeu als gutartige und die hete-rologen hat man als bösartige Aftergebilde bezeichnet.
Zu den homologen oder gutartigen Geschwülsten gehören: die Fett-, Faser-, Knorpel-, Knochen-, melanotische, Balg- und Fleisch-Geschwülste, die Polypen und Schwielen (Schwämme), und zu den bösartigen die Krebsgeschwülste und der Tuberkel, doch können auch die erstem unter gewissen Umständen bösartig werden.
Die Degenerationen (B.) sind entweder ohne oder mit einer äussern Vorbildung verbunden und entstehen mehrentheils in Folge von Entzündungen und dyskrasischen Leiden durch Ablagerung von Faser- und Eiweissstollquot;, von Tuberkelmaterie u. dgl. Diese Stolle verändern sich, wenn nicht äussere Reizung stattfindet, gewöhnlich nur sehr wenig, aber bei Reizungen und andern Ursachen ändern sie sich aber nach Art der heterologen Geschwülste. Im erstem Falle kann man sie neben der normalen Substanz selbst nach langer Zeit immer wieder erkennen; aber bei neuen Reizungen erfolgt eine öfters wiederholte Ergiessung derselben Materie und die Entartung des Organs nimmt daher immer mehr überhand, oder es entsteht Erweichung u. s. w., so dass auch hierdurch Vernichtung der Functionen, Störung der Dienstbrauchbarkeit des Thiers und selbst der Tod herbeigeführt weiden kann.
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756nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Pathologische Neubildungen im Allgemeinen.
Die Steine (C.) werden bei längerein Aufenthalt in den Höhlen durch neuen Ausatz von thierischen Säften und deren ßeütandtheilen allmälig grosser und sie erzeugen dann, theils durch ihre Schwere, Druck, Heizung und Zerrung, Entzündung und deren Folgen, oder sie hemmen den Durchgang von Flüssigkeiten durch die Höhlen und geben so zu Anhäufung von Säften u. s. w. Veranlassung, so dass hierdurch ebenfalls verschiedene üble Zufälle und selbst der Tod herbeigeführt werden können.
Die Bedeutung dieser verschiedenen Zustände im Einzelnen und die Behandlung derselben muss der speziellen Betrachtung vorbehalten bleiben.
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Zweiter Abschnitt.
Von den Afterbildungen im Speciellen.
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Erstes Capltel. Die Fettgeschwülste.1)
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Die Fettgeschwülste erscheinen als flache oder auch als rundliche Geschwülste, Trelrhe in ihrem Gewebe hauptsächlich aus weichem Fett und wenig Zellgewebe bestehen und ihren Sitz im Zellgewebe unter der Haut oder in den Zwischenräumen zwischen den Muskeln u. s. w. haben. Ihre Zusammensetzung ist nicht in allen Fällen ganz gleich, sondern manche bestehen last aus reinem Fett, andere enthalten Fett mit schwärzlichem Färbestofl' und noch andere Fett mit Faserstoff oder Cholestearin. Besteht die Geschwulst aus weichem Fett, so heisst sie speziell eine Fettgeschwulst (Lipoma); bestellt sie aber aus einem Gemenge von Fett und Eiweiss oder Faserstoff, oder ist das Bindegewebe vorherrschend darin entwickelt, so heisst sie eine Speckgeschwulst (Steatoma). Die erstcren fühlen sich auch von aussen unter der Haut ziemlich weich an, die letzteren aber mehr derb, ähnlich dem geräucherten Speck; die ersteren breiten sich in der Regel mehr flach in verschiedenen Dimensionen aus, die letzteren sind mehr rund. Beide sind sehr wenig empfindlich und auch arm an Blutgeiassen. Sie wachsen bald schneller bald langsamer und en-eichen zuweilen einen enormen Umfang. Sie wirken durch Druck auf die benachbarten Organe nachtheilig, stören deren Bewegung und eben so deren Ernährung, und belästigen, wenn sie gross sind, durch ihre Schwere.
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') Fürstenberg, die Feltgeschwülste und ihre Metamorphosen. Magazin für die gesammte Thierheilkunde von Gurlt und Her twig, Bd. XVII. S. 1 u. 113.
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758nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fasergeschwulst.
Fettgeschwülste verändern sich nicht, aber die Steatoma verkalken und verhärten sich oft theihveise oder ganz.
Die Ursachen der Fettgeschwülste sind unbekannt; in manchen Fällen scheint eine öfters wiederholte Reizung durch Druck, Quetschung und dergleichen die Veranlassung zu ihrem Entstehen gegeben zu haben. Zuweilen besteht eine angeborne Anlage.
Kur. Fettgcschwiilste können nicht zerlheilt, sondern nur durch die Ausschälung beseitigt werden. Man bewirkt dieselbe in der Weise, dass man, wie bei den Hypertrophieen, über die flachen Geschwülste in ihrer Längenrichtuug einen Einschnitt macht, die Haut von der Oberfläche der Geschwulst ablöst, die letztere mit der Pinzette, oder mit einem scharfen Haken, oder mit einer mittelst einer iN'adel durchgezogenen Fadenschlingc hervorzieht, sie von den an-gränzenden Theilen bis auf den Grund trennt, sie entfernt, die vor-kommeiuleu Gelasse unterbindet und nach geschehener Reinigung der entstandenen Wunde die letztere mittelst der blutigen Naht und eines angelegten Druckverbandes schliesst. Hiernach giebt man dem Thicre und speziell dem betreffenden Theile eine ruhige Haltung, mindert die etwa eintretende heilige Entzündung durch kalte Umschläge und besorgt übrigens die weitere Nachbehandlung, wie bei Wunden.
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Zweites Cafiitel.
Die Fasergeschwulst. Das Fibroid.
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Zu den am häufigsten vorkommenden krankhaften Erzeugnissen gehören Geschwülste, in welchen der vorherrschende Bestandtheil Fasergewebc ist. Dieselben finden sich in und zwischen allen normalen Geweben, verdrängen bei ihrem Wachsen die neben ihnen liegenden Gebilde und schallen sich hierbei eine Hülle von zusammengedrängtem Zellgewebe. Sie sind derb, zuweilen knorpelartig hart, unschmerzhaft, äusserlich bald glatt, bald uneben, rundlich oder länglich. In ihrem Innern bilden sie eine derbe, bald weissliche, bald gelbliche oder röthlichc Masse, in der man bei mikroskopischer Betrachtung Fasern von verschiedener Färbung, mehrentheils glänzend, neben Bindegewebe und Faser- oder EiweissstolF erkennen kann. Zuweilen enthalten sie blasenartig-hohle Räume (Cysten) und stellen dann das Cysto-Fibroid dar. Sie besitzen in der Regel wenig Gcfässe und keine Nerven, aussei- dieselben wären bei der Vergrös-serung der Geschwulst zalallig in ihre Oberfläche hineingedrängt worden. Durch ihre Hülle von Zellgewebe sind diese Geschwülste mit den umliegenden Theilen mehr oder weniger innig verbünderaquo;.
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Fasergeschwulst.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 759
so dass s'ic sich in manchen Fällen etwas verschieben lassen, wie wie z. B. es fast immer bei diesen Geschwülsten unter der Haut, namentlich bei Pierdeu in der liegend des Darmbeinwinkels, geschieht, während sie in andern Fällen fast ganz lest und unbeweglich sitzen.
Ihre Diagnosis ist am Thierkörper in der Regel schwierig, da man diese Geschwülste durch die Haut und andere Theile hindurch wohl als Altergcbilde wahrnehmen, aber ihren Inhalt nicht speziell erforschen kann und da auch andere Geschwülste, namentlich derbe Balggeschwülste, Speckgeschwülste, selbst der Scinhus, äusserlich dieselben Eigenschaften wahrnehmen lassen, wie sie.
Die Ursachen sind, wie bei den Fettgeschwülsten, mechanische Verletzungen verschiedener Art, besonders Schläge, Stössc, Druck von Geschirr u. s. w. Diese Einwirkungen führen zuerst die Ablagerung von Faserstoff oder Blut herbei und in Folge einer nicht weiter erklärbaren Umänderung dieser bildungsfähigen Stoffe entwickelt sich dann eben die Fasergeschwulst. Wahrscheinlich können diese Geschwülste auch in Folge von entzündlicher Ausschwitzung entstehen.
Die Beurtheilung dieser Geschwülste ist in so fern günstig zu machen, als sie von selbst fast niemals in Verjauchung übergehen und weitere Zerstörungen hierdurch veranlassen und als ihre operative Entfernung mit nicht grosser Gefahr der Blutung verbunden ist, da sie, wie bereits erwähnt, gewöhnlich nur mit wenig Gefässen versehen sind. Aber sich selbst überlassen wachsen diese Geschwülste immer mehr und erreichen oft eine so bedeutende Grosse, dass sie die umliegenden Theile in ihrer Eutwickelung und Function hemmen, dadurch Lähmungen, gestörten Durcbgang von Flüssigkeiten u. s. w. verursachen und dadurch selbst den Tod herbeiführen können. Durch Reizung von aussen her können sie in Entzündung und Verjauchung gerathen.
Die Behandlung. Fasergeschwülste zertheilen sich nicht und die in dieser Absicht etwa angewendeten reizenden Mittel tragen nur zur schnellern Vergrösserung der Geschwülste bei. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als die Ausschälung einer solchen Geschwulst mit dem IMesser, welche man ganz in derselben Weise, wie dies bei den Fettgeschwülsten angegeben ist, zu bewirken sucht und dann die Nachbehandlung der Wunde der Beschaffenheit derselben gemäss leitet.
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760nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Fleischgeschwiilsl.
Drittes Capitel.
Die Fleischgeschwulst (Sarcoma, Sarcosis, Encephaloid).
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Sie ist von sehr verschiedener Grosse, von rundlicher oder lappiger, zuweilen gleichsam verästelter Form mit drusig-höckeriger Oberfläche, oft ziemlich 'derb, oft mehr weich als das Fibroid. Die iMasse hat innerlieh ein grauröthliches, zuweilen auch rothes, fleisch-ähuliches Ansehen, daher ihr Name: „Fleischgeschwulstquot;. Ihre Tex-lur ist gewöhnlieh ziemlich weich, weil nur wenig wellenrörmiges Bindegewebe neben gallertartiger Substanz und zahlreichen Eindege-webskörperchen vorhanden ist, welche in Punkten neben einander liegen uud anscheinend Striche oder Fasern bilden, im veralteten Zustande zuweilen auch mit Knochenkcrncn versehen; ihre Oberfläche ist, wie bereits angedeutet, in den meisten Fällen uneben. Sie hat keinen Balg, wohl aber gewöhnlich eine lliillc von ungleich zusammengedrängtem Zellgewebe und sie ist immer nur mit sehr wenigen Blutgefassen versehen. Man findet sie sowohl im lockern Zellgewebe unter der Haut, wie auch zwischen den JVIuskeln, an fibrösen Häuten, unter den Schleimhänlen, auch in drüsigen Organen, im Hoden etc. Sie stehen der Fascrgeschwulst nahe, unterscheiden sich aber durch grössere Dichtheit des Cewebes, durch unregelmässiges Gefüge in demselben, durch röthliche Farbe und ungleiche Oberfläche; auch haben sie, wenn sie gereizt werden, eine gi-össere Tendenz zum Bösartigen.
Ihre Erkennung von aussen her ist, so lange sie klein ist, schwierig, -weil auch Fasergeschwülste und IMclanosen eine ähnliche Derbheit darbieten; von den Fett- und Balggeschwülsten unterscheidet sich aber die Fleischgcschwulst sehr dcnllich durch ihre giosse Derbheit. Wenn eine derbe Geschwulst mit höckeriger Oberfläche oder mit unregelmässiger Form einen grossen Umfang erreicht hat, kann mau fast immer auf die Natur einer Fleischgeschwnlst schlies-seu, weil die meisten übrigen Geschwülste einen so enormen Umfang nickt zu erreichen pflegen.
Die Ursachen sind eben so unbekannt, Wie bei den übrigen Aftergebilden.
Die Prognosis ist ziemlich günstig, da die Fleischgcschwulst für sich in der Regel keinen bösartigen Charakter annimmt, sondern sehr lange unverändert in ihrem Wesen fortbesteht; aber wenn diese Geschwülste verletzt, gereizt oder der atmosphärischen Luft ausgesetzt werden, entsteht zuweilen Verjauchung und ein wucherndes Geschwür mit Bildung von üppiger, leicht blutender Granulation be-gränzt, fast ähnlich wie bei dem Krebs, und es kann hierdurch langwierige Eiterung, Erschöpfung der Krade und selbst der Tod herbei-
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Knorpelgeschwulst.
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geführt werden. Ausserdem belästigen die Fleischgeschwülste durch ihre Masse und durch ihren Druck und störeu die Verrichtungen sowohl des betreffenden Theils, wie auch der angränzenden Gebilde. Die Heilung ist nur durch operative Entfernung zu bewirken.
Die Behandlung. Man bewirkt die Ausschalung der Geschwulst, indem man sie blosslegt, von den übrigen Theilen trennt, dann die blutenden (iefässe unterbindet oder comprimirt und hiernach die Wunde nach allgemeinen Regeln zur Heilung leitet. — Wenn das Sarcom einen Hoden ergriffen hat, so bewirkt man die Castratjon ganz in der gewöhnlichen Weise nach der einen oder der andern Methode, und es ist nur zu bemerken, dass, da gewöhnlich die Scheidenhaut bei diesem Zustande verdickt und entartet ist, auch sie wenigstens bis über den Nebenhoden mit weggenommen werden muss.
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Tlertes Capitel.
Die Knorpelgeschwulst (Enchondroma) und die Knochen-
gesch willst.
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Diese beiden Arten von Artergebilden sind weit seltener, als die übrigen, obgleich theilweise Verkuorpelungen und Verknöcherungen öfter vorkommen.
1. Die Kuorpelgcschwulst besteht ursprünglich aus einem leimgebenden, fibrösen Gewebe und aus wirklichen Knorpelkörper-cben; gewöhnlich nehmen letztere allmälig mehr zu, je älter die Geschwulst wird, und oft erzengen sich selbst Knochenkerne in ihr. Sie entsteht an und in den Knochen, im Parcnchyrn verschiedener Organe, besonders der Drüsen, in Muskeln und im lockern Zellgewebe, hat einen Umfang bis zu der Grosse von einigen Zollen und eine sehr verschiedene Form; zuweilen ist sie kugelig, mehrenthcils aber flach. Sie besitzt gewöhnlich nur wenige Gelasse, doch habe ich dieselben in einem Falle auch sehr zahlreich gefunden. Ein Jialg ist nicht vorhanden, sondern die Geschwulst ist durch kurzes Zellgewebe und durch die Ernährnngsgefasse mit dein angränzenden Gewebe verbunden.
An den Knochen scheint sie von der Substanz der letztern selbst auszugehen und ist immer mit der verdickten Beinhaut überzogen. Gewöhnlich ist hier die Masse der Geschwulst weicher als die gesunde Kuochensubstanz; sie besteht ans einer Vereinigung von Gallert, Knorpel, fibröser Substanz und Knochcnstückchen und wird als
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Knorpelgeschwulst.
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Knochen - Speckgcschwulst (Osteosteatom) bezeichnet, kommen am häufigsten am über- und Unterkiefer vor.
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Sie
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Diagnosis.
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J)ie Geschwulst bildet eine gewöhnlich nur flache
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Erhöhung, welche zuweilen unbeweglich an oder in einem Theile festsitzt, zuweilen aber etwas verschiebbar ist und mehr Derbheit besitzt, als das Sarcom. In der Hegel ist die Geschwulst schmerzlos, zuweilen aber wird sie, oder eigentlich ihre nächste Umgebung, schmerzhall, indem sie entweder selbst auf diese Theile, besonders bei der Bewegung derselben, drückt und reizt oder hierzu durch das Geschirr u. s. w. mehr Gelegenheit giebt. In Folge dessen sieht man zuweilen auch Fuiictionsstörungen, besonders Lahmheit, entstehen. — Knorpclgeschwülste, welche an Knochen sitzen, verändern deren Form und Umfang.
Die Beurthcilutig ist in so fern ziemlich günstig zu machen, als die Knorpclgeschwülste in der llcgel keinen üblen Ausgang nehmen und auch keine ausserordentliche Grosse erreichen; doch wird die letztere oft bedeutend genug, um, wie im Vorstehenden1' gesagt, durch Druck die angränzenden Theile zu reizen, zu entzünden und ihre Function zu stören. Bei Knochenspeckgeschwülsten an den Kiefern werden die Zähne aus ihren Höhlen verdrängt und das Kauen wird gestört. Hilfe ist nur durch Ausschälung der Geschwulst zu leisten; Kuochenspeckgeschwülste bilden sich aber an demselben Knochen gern wieder.
Die Operation ist je nach der Lage und Verbindung der Geschwulst bald leicht, bald sehr schwer und zuweilen überhaupt gar nicht gründlich zu bewirken; sie wird übrigens ganz nach allgemeinen Kegeln, wie bei Fettgeschwülsten, ausgeführt, die Blutung gestillt und die Wunde geheilt.
2. Die Knochengeschwulst kommt im Zellgewebe, in Muskeln, Drüsen, Sehnen, besonders in fibrösen Häuten (daher auch in Gefässcn) vor, besteht in manchen Fällen ganz, in anderen zum Theil aus wirklicher Knochensnbstanz, zum Theil aus Knorpel oder Fasergeschwulst, hat sehr verschiedene, aber niemals bedeutende Grosse und mehreutheils eine platte Gestalt. Sie sitzt bald mehr, bald weniger fest an den benachbarten Theilen und ist mit wenigen Gelassen verschen.
Sie drückt und reizt die an ihr liegenden Theile, stört die Bewegung derselben, ist aber gutartig und, je nach ihrem Sitze, durch Opeiation zu beseitigen.
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Melanosen oder schwarze Knoten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;763
Fünftes Capitel.
Die Melanosen oder die schwarzen Knoten. (Melanoses. l)
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Die Melanosen bestehen in der Ablagerung eines abnorm erzeugten schwarzen oder bräunlichen Stotl'es in die verschiedenen anatomischen Gewebe. Man findet sie bei allen Thieren und in allen Theilen, am meisten aber bei Pferden (vorwaltend bei Schimmeln) und im Zellgewebe unter der Haut und zwischen den Muskeln. Der schwarze StolF (Färbestoff, Pigment), welcher unter dem Mikroskop ohne organische Bildungsform (amorph) erscheint, ist in den betreffenden Theilen entweder nur oberflächlich in bald sehr kleinen bald grössern Flecken (Mal. maculosae) oder in Knoten (schwarze Knoten, Mal. tuberculosae) abgelagert. Die Ersteren bringen keinen erkennbaren Nachtheil und werden deshalb nicht weiter beachtet.
Die schwarzen Knoten sind Gewächse von der Grosse eines Nadelknopl's bis zur Grössc eines ftlenschenkopfs, gewöhnlieh rund, zuweilen flach, und zwischen den Muskeln auch in mehrere Lappen getheilt; ihre Masse ist in der Kegel speckaitig derb, grösstentheils aus dicht zusammengedrängtem Pigment bestehend, welches mit einzelnen Fasern von Zellgewebe durchzogen ist. Diese Fasern finden sich in kleinen Knoten äusserst selten, in den grossen, alten aber mehr, und namentlich in den lappenlormigen. Die Alelanosen besitzen keine Nerven; Blutgefässe siud sehr wenig vorhanden, gewöhnlich nur an der Oberfläche oder zufällig von der Masse umgeben; auch besitzen sie nur eine Hülle von dem umgebenden Zellgewebe, welches bei dem Wachsen der Masse dichter zusammengedrängt und bei hinzugekommener Entzündung oder Auflösung der Masse noch mehr fest wird. —#9632; Die Knoten wachsen bald schneller, bald langsamer, bleiben oft ohne Veränderung stehen, zuweilen erweichen sie sich und bilden dann langwierige schwer heilbare Geschwüre mit Ausfluss von schwarzer Jauche.
Die schwarzen Knoten kommen im ganzen Körper vor, bei Pferden aber äusserlich am häufigsten unter der Haut in der Gegend des Afters, an der Schweifrübe und in der Nähe der Ohrdrüseu; ihre Oberfläche ist mehrentheils glatt, zuweilen aber uneben.
Sie sitzen in der Regel fest, lassen aber mehrentheils die Haut über sich verschieben und nur in den spätem Perioden ihrer Ent-wickelung gehen sie mit derselben in feste Verbindung über.
Die Diagnosis ist nur bei denjenigen Melanosen mit einiger Sicherheit zu machen, welche in der Nähe der Haut liegen; mau fühlt sie als harte, begränzte, unschmerzhafle Geschwülste und kann durch einen kleinen Einstich mittelst einer Nadel oder einer Lanzette ihre
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') Von fithag, schwarz, und voaog, Krankheit.
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764nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Melanoscn oder schwarze Knoten.
spezielle Beschaffenheit erkennen, indem die Instrumente nach dem Jlerausziehen aus der Geschwulst immer etwas mit der schwarzen Materie befeuchtet sind. Dass eine Geschwulst eine Melanosis sei, kann man übrigens daraus vermuthen, dass sie die vorhin angeführten Eigenschaften besitzt und an einer der oben bezeichneten Stellen des Körpers ihren Sitz hat, besonders aber bei Pferden, wenn das Thier ein Schimmel ist.
Die Ursachen dieser Geschwülste sind nicht erforscht; doch scheint es, als ob ein iMissvcrhältniss in der Erzeugung oder in der Ausscheidung von schwarzem Pigment die Hauptursache ist; denn, wie bereits angegeben, findet man diese Geschwülste am meisten bei Thieren mit weissen Haaren, bei welchen also die im Körper erzeugten dunkeln Pigmente nicht zur Färbung der Haare verwendet •werden; und ausserdem spricht für einen solchen Sitz im Bildungs-prozessc der Umstand, dass die Melanosen in einem Individuo fast immer mehrfaltig an verschiedenen Punkten gefunden werden.
Die Beurthcilung der Melanosen ist zum Theil von ihrer Grosse, von ihrer Beschaffenheit und von ihrem Sitze abhängig. Im Allgemeinen sind die IMelanoscn in so fern keine bösartigen Geschwülste, als sie in den meisten Fällen von selbst keinen bösartigen Ausgang nehmen und daher oft durch viele Jahre mit nur ausseiet geringer Störung bestehen; sie belästigen nur, je nach ihrer Grosse, durch Druck die umliegenden Theile; wenn sie aber stark gedrückt, gereizt oder verwundet werden, entsteht zuweilen eine Auflösung ihrer Masse, dadurch Erweichung der umliegenden Theile und UIceration derselben. In diesem Zustande erleiden die Thiere einen grossen Säftevcrlust, werden dadurch sehr geschwächt, ja selbst täglich erschöpft und sterben; denn trotz der täglichen Abstossung von mela-notischer Materie bei der UIceration nimmt doch gewöhnlich die Masse des schwarzen Knotens wenig oder gar nicht ab und die Schwärung dauert daher zuweilen durch mehrere Monate fort, ehe eine Bedeckung des Geschwürs durch Granulation von den umgebenden Theilcn her stattfindet und hierdurch eine Heilung desselben erfolgt. — Die Heilung der Melanosen durch Arzneimittel ist nicht zu bewirken, sondern nur durch die Exstirpatiou, welche jedoch nur bei rundlichen, scharf begiänzten und im Zellgewebe unter der Haut oder zwischen den Muskeln liegenden Knoten vollständig zu bewirken ist; bei Melanosen, welche in dem Gewebe von iVluskeln und Drüsen zerstreut sind, ist die Entfernung nur mit gleichzeitiger Aus-schneidung eines Thcils der leidenden Organe selbst zu bewirken. Geschieht die Exstirpatiou nicht ganz vollständig, so entsteht die bezeichnete V'erjauchung an dem Beste der Geschwulst, oder auch die letztere regenerirt sich bald mehr, bald weniger vollständig. In manchen Fällen ist die Heilung durch die Exstirpatiou vollständig gelungen, in andern aber hat sich das Uebel an derselben Stelle oder auch an andern Stellen wiederholt.
Die Behandlung. In denjenigen Fällen, wo eine Melanosis noch klein ist und so liegt, dass sie weder die Functionen der benachbarten Theile stört, noch von denselben selbst gedrückt und gereizt wird, thut man am besten gegen diese Knoten gar nichts. Wenn
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ßalggcschwiilsio.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 765
dieselben aber sehr gross sind, durch ihren Druck u. s. w. stören, oder wenn sie in Erweichung und Ulceration begriffen sind, gehe man baldigst zu der Ausschälung und mache dieselbe stets ganz gründlich. Wan verfährt dabei, je nach der (Jrösse der Geschwulst, ihrer oberflächlichen oder tiel'en Lage und nach der Beschaffenheit der angräuzenden Theile, mit der uölhigcn Vorsicht. 1st die Haut nicht in Mitleidenschaft gezogen, noch beweglich auf der Geschwulst, so macht man entweder einen einfachen Längenschnitt über- die Geschwulst, oder auch einen Kreuzschnitt, präparirt die Haut von der Geschwulst los, trennt die letztere, wo lockeres Zellgewebe es gestattet, mit den Fingern von den umgebenden Theilen, bei kurzem Zellgewebe aber mit dem Messer; und wo Fasern oder ein Theil des Parenchyms in die Geschwulst selbst hineingehen, schneidet man diese Parthieen des gesunden Gewebes an der Gräuzc der Geschwulst durch und löst die letztere somit von allen umgebenden Theilen rein ab. Etwa vorkommende Gelasse unterbindet man, und wenn nach dem Ausschälen irgend eine Stelle in der Wunde noch verdächtig gefärbt erscheint, so nimmt man dieselbe entweder mit dem Messer weg, oder man zerstört die Masse daselbst durch ein weissglühendes Eisen. Die Wunde wird hiernach gereinigt, und nach ihrer Beschaffenheit entweder durch schnelle Vereinigung oder durch die Eiterung geheilt, wobei man nach allgemeinen Kegeln verfährt.
Nach der Operation ist es in allen Fällen nützlich, eine Umstim-mung in der Bilduugsthätigkeit des Organismus zu veranlassen, namentlich aber dann, wenn mehrere Geschwülste dieser Art an einem ludividuo gefunden werden. Man giebt den Thieren nur massiges, aber gutes Futter und befördert die Se- und Excretionen durch öiters gereichte Salze, durch Terpenthinöl, Antimonialmittel, und selbst den Arsenik in kleinen Gaben, durch einige Zeit fortgesetzt.
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keckstes Cafiitel.
Die Balggeschwüiste. (Tumores cystici s. Cystides.)
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Sie bestellen aus einem Balg oder Sack ((ystis) und aus einer in demselben enthaltenen Materie und sind durch den ersteren gewöhnlich sowohl in sich selbst abgeschlossen, wie auch von den umliegenden Theilen, bis auf ihre Gelasse und das Zellgewebe, vollständig abgesondert. Den Balg oder Sack bildet eine eigenthüinlich gebildete Haut, welche bei den verschiedenen Geschwülsten, ja selbst bei einer und derselben Geschwulst von verschiedener Textur und von verschiedener Stärke ist; seine innere Fläche ist glatt, zuweilen aber mit kleinen Hervorragungen versehen; die äussere ist mein-
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766nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Balggeschwülste.
rauh und mit dem Zellgewebe der umliegenden Theile bald mehr bald weniger kurz und lest verbunden. In dem Balge finden sich Arterien und Veuen, (lurch welclic er ernährt wird und zugleich das Material zu der Absonderung erbält, welche an der inneru Fläche stattfindet. Diese Absonderung ist nach der besondern Textur und der Vitalität der Balghaut verschieden, so laquo;lass man in dem Balge verschiedenartige Materien findet. Es ist aber bei den ächten ') Balg-geschwiilsten charakteristisch, dass diese Materien i'rei und lose im Balge liegen, und keinen Zusammenhang mit ihm besitzen. Sie unterscheiden sich hierdurch von den Fett-, Fleisch- und Fasergeschwülsten und Melauosen, im Fall dieselben eine Art Hülle von Zellgewebe besitzen. Man pflegt die Balggeschwülstc nach der Art der in ihnen enthaltenen IWaterie verschieden zu benennen, und zwar:
1)nbsp; Wasserbälle, Wasserblasen, Hygrome, oder seröse Bälge, uub-elebtc llydaliden (Cystides scrosae, liygromata, Hy-datides), wenn die in dein Balge enthaltene Materie wässerig dünn ist;
2)nbsp; lloniggeschwulst (Meliceris), wenn die Masse von der Consistenz des Honigs, bald blass- bald dunkelgelb gefärbt ist; zuweilen ist sie zähe, fadenziehend wie Eiweiss;
3)nbsp; Brei- und Grützgeschwulst, (i rützbeutel (Atheroma), Wenn der Balg eine breiartige, gewöhnlich schmutzig gelbliche, aus kleinen Körnern und Klümpchen von geronnenem Eiweiss bestehende Masse enthält;
4)nbsp; Haargeschwulst, wenn der Sack Haare enthält, welche theils lose Iheils festsitzend sind und gewöhnlich mit einer talgartigen, grauen, schmierigen Masse, mit Schuppen von Epithelium gemengt sind. — Endlich findet man zuweilen in einem Balge
5)nbsp; auch Hornbildung oder einen Backenzahn, bald mehr bald weniger ausgebildet, zuweilen auch noch mit einem Theile einer Zahnhöhle versehen, und man nennt eine solche Geschwulst eine Horn- oder eine Zahn balggeschwulst. Zuweilen ist die letztere auch gleichzeitig mit Haaren versehen. (Bei Vögeln enthalten die Balggeschwülste zuweilen Federn.)
!gt;ic Balggeschwülstc entstehen im Zellgewebe, an den serösen und fibrösen Häuten und kommen fast überall vor, doch nehmen die einzelnen Arten derselben häufiger gewisse Körperstellen ein; so namentlich die Wasserbälge, die serösen Häute, die Scheideuhäute u. s. w.; die Breigeschwülste das Uiitcrhantzellgcwcbe an Stellen, wo es locker auf Knochen sitzt, die Honiggcschwulst ebenfalls im lockern Zellgewebe, besonders aber bei Pferden in dem untern Theile
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'quot;) Als unächt e Balggoscluvülste betrachtet man diejenigen, wo sich um einen fremden Körpci-, z. ß. eine Kugel, einen Stein u. dgl. durch plastisches Exsudat eine Art Hülle gebildet hat, oder wo Eiter, Blut u. dergl. in einer solchen Hülle eingeschlossen ist. In allen solchen Fällen ist der Inhalt des Balges niemals das Produkt demselben. — Üebrigens finden sich zuweilen auch in andern Aftergehilden blasenartige oder balgarlige Höhlen, wodurch dann gemischte Geschwülste dargestellt werden.
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Balggeschwülste.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 767
des Gesichts, im Zellgewebe um die JNasenöffuungen und an den Lippen; — bei dem Hindvich sind Honig- und Breigeschwiilste sehr häufig im Zellgewebe zwischen dem Kehlkopf und dem Unterkiefer so wie in dem lockern Zellgewebe zwischen dem Sehlundkopf und den Halsbeugern, — ausseidem au der Strcckschnenscheide der Vor-derfusswurzel (siehe Knieschwamm, S. 273); iüc Uaarbälgc bei Pferden im Zellgewebe unter der Haut in der Gegend der Schultern, vor der Brust, am Halse, auch in der Gegend der Ohren und in der Nasenhöhle, selbst in den Hoden und Eierstücken; die Zahnbalggeschwülste aber, wie dies bereiis bei den ursprünglich iiberllüssig gebildeten Thcileu (S. 751) angedeutet worden ist, am meisten unter der Ohrmuschel, und die Horubalggeschwülste in verschiedenen Gegenden des Zellgewebes unter der Haut, oder eigentlich in der letztern selbst.
Die Kennzeichen dieser Geschwülste im Allgemeinen sind: eine rundliche oder länglich-runde, begränzte Anschwellung, welche an der Ober/lache glatt, beim Befühlen elastisch, ohne Schmerz und ohne Hitze ist; zuweilen lassen sich die Geschwülste etwas verschieben und — sie sind allmälig grosser geworden.
Durch die elastische Beschaffenheit unterscheiden sich die Balggeschwülste von den übrigen Aftergebilden, welche mein- festen Zu-sammeuhaug, selbst mehr Derbheit zeigen. Aber die spezielle Unterscheidung der einzelneu Arten der Balggeschwülste ist, ohne sie zu ölfnen, mit Sicherheit kaum zu erlangen, sondern mau kann nur einigermaassen aus der grösseru oder mindern Weichheit der Geschwulst und aus ihrem Sitze (wegen des häufigem Vorkommens der einen oder der andern Art an verschiedenen Stellen) auf die Eigenthümlichkeit derselben schliessen. In den Höhlen und tief unter JUuskeln sitzende Balggeschwülste sind nicht zu erkennen.
Die Ursachen der Balggeschwülste sind nicht bekannt; zuweilen scheinen mechanische Verletzungen, namentlich Druck und Quetschungen, ihr Entstehen zu begünstigen; aber es gehört doch ausser-dem noch eine besondere Neigung im Körper dazu. Die ganz oberflächlich liegenden Balggeschwülstc, besonders die sub 4. bezeichneten, scheinen mehrentheil durch abnorme Einstülpung der Haut oder durch Verstopfung und Erweiterung eines Talgdrüsen- oder eines Uaarsäckchens zu entstehen. Manche Balggeschwülste sind angeboren.
Die Beurtheilung. Die Balggeschwülstc stören nur im Verhält-niss ihrer Grosse und des hiervon abhängenden Drucks auf die um-gebendeu Theile die Ernährung und die Verrichtungen derselben; so lange sie klein sind, verursachen sie fast gar keinen Nachtheil, im grössern Umfange aber veranlassen sie zuweilen Schwinden des Pa-renehyms der benachbarten Theile, stören den Durchgang von Flüssigkeiten und eben so die freie Bewegung. Sie wachsen zuweilen zu einer sehr bedeutenden Grosse und geben dadurch auch zu Schönheitsfehlern Veranlassung, wenn sie über die Oberfläche bedeutend hervortreten.
Behandlung. Die Balggeschwülstc zertheilen sich nicht, und wenn man bloss ihren Inhalt entleert, füllt sich der Balg bald wie-
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768nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Balggcschwülste. Behandlung.
der an. Mau muss sie deshalb eutweder durch Zerstörung ihres Balges, oder durch Operationen ausrotten. Letzteres ist das sicherste Verfahren uud überall da anzuwenden, wo die Geschwulst nicht zu tief unter oder neben wichtigen Theilen liegt und nicht zu gross ist. IMau macht hierzu, mit Berücksichtigung der etwa an der Oberfläche liegenden G'efässe, Nerven oder anderer wichtiger Theile einen Län-genschuitt, bei grossen Geschwülsten wohl auch einen Kreuzschnitt über die Geschwulst durch die Haut u. s. w. bis auf den ßaig, vermeidet es aber, den letztern mit einzuschneiden, weil in diesem Falle ein Theil seines Inhalts ausfliessen und dies zur Bildung von Falten in dem l'alge Veranlassung geben würde. Durch die letztern wird die vollständige Ausschälung desselben erschwert und es bleiben leicht kleine Beste von dem Balge zurück, durch welche die Gelegenheit zu ueuen Aftcibildungen oder auch zu Fisteln gegeben wird. Sollte es jedoch aus Versehen und bei der Unruhe des Thieres geschehen sein, dass der Balg mit verletzt worden ist, so kann man in die entstandene Oell'nung mittelst einer Spritze einen dünnen Brei von Gyps oder von Kreide und Wasser injiciren und hierdurch den Balg wieder vollfüllen und ausdehnen; die Masse erstarrt schnell und die Operation kann daher sogleich fortgesetzt werden. Dieselbe geschieht in der Art, dass man die äussere Fläche des Balges von allen unige-beuden Theilen mit dem Messer trennt uud die grössern blutenden Gefässe unterbinde! Hierauf weiden die VVmulrändor durch die blutige Naht vereinigt und, wo die Form und Beschaffenheit der Theile es gestattet, durch einen gelinden Druck (lie Theile ausserdem noch mehr zusammengehallen. Entsteht in der Wunde Eiterung, so wird diese nach allgemeinen Kegeln, wie bei eiternden Wunden, bis zur Vernarbung geleitet.
Sollte bei dem Ausschälen an irgend einer Stelle ein kleiner Rest von dem Balge sitzen geblieben sein, so muss derselbe nachhäglich noch mit dem weissglüheuden Eisen oder mit einem Aetzmittel zerstört werden. In den Fällen, wo letztere beide Mittel angewendet sind, wird freilich die schnelle Vereinigung nicht staltfinden können.
Zuwquot;eilen ist es der Fall, dass eine Balggeschwulst mit einem dünnen Stiel in den Theilen unier der Haut festsitzt und sich nach aussen verlängert in rundlicher oder birnt'örmiger Gestalt zeigt. Solche Geschwülste können an der Basis dieses Stiels quer abge-schnitlen oder auch abgebunden werden, wobei man im Wesentlichen so verfährt, wie es bei den Slollbeuleu (S. 268 und 269) angegeben ist.
Die Zerstörung des Balges einer Balggeschwulst findet in den Fällen ihre Anwendung, wo die Ausschälung wegen der tiefem Lage oder wegen wichtiger Theile in der Nahe derselben nicht gut ausgeführt werden kann. Für diesen Zweck macht man an einer schicklichen Stelle, z. 15. an der niedrigsten, oder an der der Haut am nächsten liegenden Stelle der Geschwulst einen Einstich oder einen Einschnitt durch die bedeckenden Theile bis in den Balg, entleert dessen Inhalt durch Ausdrücken und durch Ausspritzen mit Wasser vollständig, und applizirt hierauf entweder das glühende Eisen an die innere Fläche des Balges so derb, dass derselbe gänzlich zerstört
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Die Polypen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7g9
#9632;wird, oder mau bewirkt letzteres durch ein Aetzmittel. Die Actz miltel fur diesen Zweck sind jedoch nicht von gleichartiger Wirksamkeit, sondern die Säuren und sauren Metallsalze zeigen sich vorzüglicher, indem sie das Absterben des üalges nicht allein durch chemische Zerstörung, sondern auch durch Vernichtung seiner Vitalität herbeiführen. Man benutzt daher mit besonders gutem Erfolge eine concentrirle Auflösung von Cnpruin sulphuric. (3ji zu 3jij Wasser), oder eine Arseniksalbe (aus 3^ Acidum arsenicosum, eben so viel Arab. Gummi und Oel), oder die Schwefelsäure, oder die Salpetersäure und streicht diese Alittel mit einem Pinsel auf die ganze innere Fläche der Geschwulst, oder auch mau bringt einen mit denselben getränkten Wergpfropf in sie hinein. Vor der Anwendung dieser Mittel muss man die Haut unter der OeHnung einige Finger breit mit Wachssalbe oder mit Mehlteig bestreichen, um sie gegen die nachtheiligen Wirkungen zu schätzen, wenn von den Aetzmitteln etwas aus der OeiFnung fliessen sollte. Es ist in dieser Hinsicht auch nachträglich noch eine besondere Aufmerksamkeit auf die- Ope-ratiousstelle in den ersten Tagen zu verwenden und für öfters wiederholte Reinigung zu sorgen. iNach etwa 24 Stunden schwillt die Umgegend um die Balggeschwolst etwas mehr an, nach 2 bis 3 Tagen entsteht Eiterung, der Balg stirbt allmälig ab, schrumpft zusammen, trennt sich von den umgcbemlen Theileu und wird mit etwa 8 bis 10 Tagen durch entstandene Eiterung gänzlich abgestossen und durch die HauptöU'nuug entfernt. Die hiernach zurückbleibende Höhle füllt sich zum Theil mit Granulation, zum Theil verengert sie sich auch durch Zusammenzichung und schliesst sich mit einer einfacheu Narbe.
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Siebentes Capitel.
Die Polypen (Polypi).
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Die Polypen sind Aftergebilde an den Schleimhäuten, welche an denselben am meisten in den Theileu vorkommen, die der unmittelbaren Einwirkung der atmosphärischen Luft unterworfen sind, wie namentlich an der Bindehaut der Augen, in der Nasenhöhle und in deren Nebenhöhlen, in der Rachenhöhle, im Kehlkopfe, im Mastdarm und in der Mutterscheide, aber auch in der Gebärmutter und selbst in der Harnblase. Die Polypen bestehen im Innern aus einer sehr verschiedenartigen Textur, welche bald mehr den Fettgeschwülsten, bald mehr den Fleischgcschwülsten ähnlich ist und zuweilen sind sie selbst blasenartig hohl und weich. Diese innere Masse ist noch uicht genügend untersucht und wird von manchen Analomen, z. B.
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Vogel1) nicht als eine besondere Polypeusubstanz gehalten, sondern für die Masse verschiedener anderer Geschwülste, #9632;welche unter der Schleimhaut sitzen, sich über die Fläche derselben hervordrängen: auch zuweilen von ihr überzogen werden. Wie dem auch sein mag, man unterscheidet im Allgemeinen 3 Arten von Polypen, nämlich die sogenannten Fleischpolypen, die sogenannten Schleim-polypen und die Blasenpolypcn. Die ersteren zeigen beim Be-iühleu eine derbe Substanz, haben ein dichtes Gewebe, welches von einer festen Haut umgeben ist, sind immer scharf begränzt und über die übcrlläche der Sclileimhaut vollständig hervorgedrängt; sie wachsen nicht sehr schnell, erreichen aber mit der Zeit eine bedeutende (irösse. — Die Schleimpolypen haben eine mehr lockere Textur, sind weicher, wachsen schneller, sondern eine dünne, jauchige Flüssigkeit ab und zerstören dadurch die angränzenden Theile. — Die Blasenpolypcn bestehen aus einer lockern, zelligen Masse, mit gelblicher Lymphe erfüllt; sie wachsen nicht so schnell und nicht so gross, wie ersteie beide Arten.
Die Polypen nehmen ihren Ursprung im Zellgewebe unter der Schleimhaut, bald an einem Punkte, bald an einigen zerstreuten Punkten, von welchen sie mit einem düunern Theile ausgehen. Diese dünnern Ursprungspuukte nennt man die Wurzeln des Polypen und wenn dieselbe länger als breit ist, nennt man sie auch wohl den Stiel, und den Polyp selbst einen gestielten Polyp. Zuweilen ist jedoch der Stiel so kurz, dass die Polypen mit breiter Basis auf der Schleimhaut zu sitzen scheinen. Manche Polypen sitzen auch wirklich mit einer mehrere Zoll breiten Fläche auf der Schleimhaut.
Die Erkennung der Polypen ist, weil dieselben in Höhlen ver-borgen sind, gewöhnlich während der ersten Zeit ihres Bestehens und so lange sie einen kleinen Lfinfang besitzen, sehr schwer, ja oll gar nicht möglich, sondern sie sind nur aus Störungen in der Function der Theile, an denen sie sich befinden, zu vermuthen; wenn sie jedoch einen grössern Umfang erreicht haben, so treten zu diesen Functionsstörungen noch Auftreibungen der Höhlen, durch Druck auf die Wände derselben, und durch Gegendruck der letzteren auf den Polypen entstehen Reizungen, Entzündungen, veränderte Secretionen und Ulcerationen, und man sieht in Folge dieser Wirkungen die äussere Form der betrellenden Theile verändert, den Umfang vermehrt, die Wände verdünnt oder erweicht, ncbenliegende Theile aus ihrer Lage verdrängt und aus den Mündungen der Höhlen fliesst stinkende Jauche. Zuweilen drängen sich die Polypen bei der Zunahme ihres Umfauges auch zu den Oellhungen der Höhlen, in welchen sie liegen und man kann sie dann sehen oder auch fühlen; in anderen Fällen und besonders so lange die Polypen noch klein sind, ist Letzteres nur möglich, wenn man eine künstliche Oelfnung in die Wände der Höhlen macht. Im Speciellen ist die Erkennung der Polypen an den verschiedenen Stelleu, an denen sie sitzen, durch folgende Erscheinungen zu erlangen:
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') Pathologische Anatomie des menschlichen Körpers, S. 192.
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Die Polypen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 771
1)nbsp; Polypen au der Biudehaut treten als warzeuäbnliche, gestielte, längliche Geschwülste zwischen einem oder dem andern Augenlide und dein Augapfel hervor, sind beständig feucht, massig derb und bluten bei Verletzungen verhälluissmässig bedeutend. Die Bewegung der Augenlider ist etwas gestört und die Bindehaut stark iujicirt.
2)nbsp; Polypen in der Nasenhöhle können in der eigentlichen Nasenhöhle oder auch in den Nebenhöhlen sitzen oder auch bei ihrem VVachsthum sich in die letztere verlängem, so dass es spälerhin, wenn man sie entdeckt, zuweilen sehr schwer ist, ihre eigentliche Ursprungsstelle zu erkennen. Es sind selbst Fälle vorgekommen, wo Nasenpolypen sich nicht allein in die Stirnhöhle, sondern bei gehörnten Thieren auch bis in die lloruzapfen erstreckt haben. Diese Polypen veranlassen in der ersten Zeit ihres Bestehens gewöhnlieh eine vermehrte Schleimsecrelion und Ansfluss aus der Nase, daher man den Zustand zuweilen für chronischen Katarrh gehalten hat; späterhin wird das Athmen etwas beschwerlich, schnaubend oder schnarchend und dabei der Lullstrom bei dem Ausathmen aus demjenigen Nasenloche, wo der Polyp sich befindet, schwächer als aus der andern gesunden Nasenhöhle. Späterhin hört das Athmen durch die mit dem Polyp behallete Seite der Nase zuweilen ganz auf und die Thiere können daher auch bei der Arbeit, besonders bei dem schnellen Laufen nicht mehr in demselben Alaasse ausdauern, wie früher. Hält man ihnen das Nasenloch an der gesunden Seite zu, so tritt die grösste Athenmoth ein. Mit der Vcrgrösseruug des Polypen findet auch der vorhin im Allgemeinen schon angegebene Druck auf die Wände der Nasenhöhle'statt, und in Folge dessen entsteht, wenn man äusserlich auf die Knochen klopft, kein hohler, sondern ein matter Ton1); oll werden auch die Nasenbeine, die Oberkiefer-, Joch- und Thräneubeine, selbst die Stirnbeine und Horu-zapfen, und nach unten ebenfalls die Überkiefer- und Gaumenbeine mehr nach aussen gedrängt, eben so die .'Uuschelbeine, und oll werden sogar die Backenzähne aus ihren Höhlen in das Maul gedrängt. Hierzu findet sich immer reichlicher Ansfluss von einer mit Schleim gemengten, zuweilen blutigen und sehr stinkenden Jauche. Oft besteht auch Ansfluss von Thränen und Schleim aus dem Auge der eutsprechenden Seite und immer schwellen, bei Pferden wenigstens, die Lymphdrüsen im Kehlgange an. Wenn man die Thiere mit der Nase gegen helles Licht kehrt, und ihnen die Nasenränder möglichst stark auseinander zieht, so kann man bald früher bald später den Polyp als eine rothe Masse in der Nasenhöhle sehen und zuweilen, wenn er niedrig genug sitzt, mit dem Finger, sonst aber mit einer Sonde fühlen. In denjenigen Fällen, wo man den Polyp weder sehen noch fühlen, aus den genannten Erscheinungen ihn aber doch
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') Man muss sich jedoch hierbei vor Täuschung hüten, welche dadurch entstehen kann, dass der Ton sehr verschieden klingt, wenn das Thier beim Klopfen das Maul offen oder geschlossen, d. h. im letzteren Falle die Bak-kenzähne an einander hält.
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772nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die Polypen.
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vermuthen kann, und wo man zur Erforschung eine Sonde in die Nasenhöhle höher hinauf einführt, fühlt mau gewöhnlich eine derbe fleischai'tige Substanz und es entsteht dabei leicht Blutung. Auch kann man zur nähern Erforschung die Trepanation an den am stärksten hervorgedrängten Punkten der Nase, des Gesichts oder der Stirn unternehmen und dann durch die gemachte Oell'nung die Höhle un-tersuchen. Ausserdem muss auch die Untersuchung der Maulhöhle nach eingebrachtem Maulgatter geschehen, namentlich in denjenigen Fällen, wo die Thiere neben den übrigen Erscheinungen vielleicht auch Störungen im Kauen zeigen; man findet hiec zuweilen den einen oder den andern der obern Backenzähne über die übrigen der Reihe verlängert und zuweilen wackelig.
Wenn das Ucbel einen sehr hohen Grad erreicht hat, so werden die Gesichtsknochen beim andauernden Druck des Polypen von innen her immer mehr resorbirt und durch die ,)auchc erweicht, es entstehen Oeffnungen, durch welche der Polyp aus der Höhle hervorgedrängt, die Haut ausdehnt, reizt, so dass sie ebenfalls in Dlce-ration versetzt -wird, aufbricht und nun die Masse üppig an die überiläche hervorwuchert. In diesem Zustande findet mau ausser den übrigen Erscheinungen an einer der vorhin, genannten Stellen des Gesichts u. s. w. ein Geschwür mit schwamniigcr, leicht blu-teuder Granulation und im Umfange desselben die Knochenränder uneben und zum Theil aufgelöst, so dass Stückchen sich von denselben leicht abbröckeln.
3)nbsp; Polypen in der Rachenhöhle und selbst in dem obern Theile der IMaulhöhle kommen sehr selten vor und sitzen bald an der einen bald an der andern Stelle; sie sind in der Regel langgestielt, so dass sie sich bei den Bewegungen der Zunge und bei dem Schlucken leicht verschieben. Sie veranlassen eine vermehrte Schleimsecretion, zuweilen auch Störung im Schlucken, selbst Husten, und werden, wenn man in Folge dieser Zufälle das Maul untersucht, ziemlich leicht durch das Sehen und durch das Fühlen erkannt.
4)nbsp; Polypen im Kehlkopfe verursachen öfteres Husten und wenn sie grosser geworden sind, auch Athembeschwerden, besonders wenn die Thiere schnell laufen müssen. Das Athmen wird dabei immer laut hörbar, giemend, pfeifend oder röchelnd, und dabei mit immer grösserer Anstrengung ausgeübt, ganz ähnlich wie bei dem Hartschnaufen. Die sichere Erkennung erhält man erst, wenn man unmittelbar unter dem Kehlkopf die Trachcotomie macht und durch die Oeifnung einen Finger in den Kehlkopf führt, wo man dann eine begränzte rundliche oder länglich-runde bewegliche Masse fühlt.
5)nbsp; nbsp;Polypen in dem Mastdarm führen gewöhnlich keine üblen Zufälle mit sich, obwohl sie in einzelnen Fällen ein öfter wiederholtes Drängen, wie zur Kothentleerung, erzeugen. Man bemerkt daher diese Polypen gewöhnlich nur, wenn die Thiere bei der Kothentleerung den Alter erweitern und den hintern Theil des Mastdarms ein wenig hervordrängen, wie dies besonders stark bei dem Pferde geschieht. Die Polypen erscheinen hier entweder als birnförmige, gestielte, ziemlich derbe Körper, oder als mehr weiche, einer Falte der Schleimhaut ähnliche, aber immer ganz dunkelroth gefärbte Mas-
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Die Polypen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;773
sen. Nur selten ist es der Fall, dass IMastdarmpolypcn auch aussei-der Zeit der Kothentleerung und dauernd dm-cli die Aftermimdung hervorgedrängt sind; man kann sie in allen Fidlen mit dem Finger leicht in den Mastdarm zurückdrängen.
6)nbsp; nbsp;Die Polypen der Mutterscheide und der Gebärmutter verursachen während ihres ersten Bestehens keine Störungen und bemerkt sie daher immer erst, wenn sie eine bedeutende Grosse erreicht haben und sich mehr zu dem Eingänge der Scheide hindrängen. Es sind immer gestielte, ziemlich derbe, runde oder längllch-mnde Massen, von der Grosse einer llaselnuss bis zur Grosse einer doppelten Faust, bald duukclroth, bald und meistens blass. Bei dem ersten Anblick ist es oft zweifelhaft, ob ein solcher in der Scheide befindlicher Körper seineu Ursprung in der Scheide oder in der Gebärmutter hat, aber dieser Zweifel ist leicht zu lösen, wenn man das Gewächs mit den Fingern bis zu seinem Aiiheftungspunkte verfolgt, wobei man findet, ob die Wurzel ausserhalb des Muttermundes sich anheftet oder in den letzteren hineingeht. Auch hat zuweilen ein grosser Gebärmutterpolyp einige Acbulichkeit mit einer theilweisen Umstiilpung der Gebärmutter selbst, wenn die letzlere durch die lange Dauer des Vorfalls und durch Reizungen von aussen her entartet ist (siehe Seite 560); aber auch hier inhrt eine genaue örtliche Untersuchung zur Erkennung des Zustaudes. — Mit der wachsenden grössern Entwicklung dieser Polypen ist gewöhnlich eine öfters wiederkehrende Reizung der Geschleclitsthcilc, vermehrte Schleimsecre-tion, Drängen zur Urinentleerung, Reiben der Theile an anderen Gegenständen u. dgl. zu bemerken.
7)nbsp; Polypen in der Urinblase sind in seltenen Fällen bei Pfer den und Rindern gefunden worden, nachdem sie einen hohen Grad der Entwickelung erreicht und durch ihr Vorlegen vor den Blasenhals Harnverhaltung erzeugt hatten. Man fühlt in solchen Fällen, wenn man eben durch die Harnverhallung zur Untersuchung der Blase veranlasst wird, in der letzteren einen abgerundeten Körper von mehr oder weniger derber Consistenz und etwas verschiebbar; es ist jedoch durch diese wenigen Symptome nicht zu entscheiden, ob die Masse ein Polyp oder eine Fettgeschwulst oder ein anderes Allergebilde ist.
Die Ursachen der Polypen sind eben so wenig, wie die der übrigen Aftergebilde, sicher bekannt; es scheint jedoch, dass oll wiederholte oder andauernde Reizungen, auch Verletzungen unter der Mitwirkung einer eigenthümlicheu krankhaften Stimmung in den Schleimhäuten die Bildung dieser krankhaften Massen veranlassen.
Die Beurthcilung der Polypen ist in den einzelnen Fällen nach der Art der Polypen, nach ihrer Form, namentlich ob sie gestielt oder mit breiter Basis aufsitzen, ferner nach dem Grade ihrer Entwicklung , nach dem Orte und nach den bereits durch sie entstandenen Störungen sehr verschieden, — wie dies grösstentheils aus den im Vorstehenden gemachten Angaben hervorgeht. Alle Polypen können durch die Reizung, welche sie an den umgebenden Theilen erzeugen, selbst bei ihrer geringen Entwicklung, chronische Schleim-
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774nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Die Polypen. Behandlung.
fliisse veranlassen; bei grössercr Entwicklung stören sie die Functio-nen, machen die Thiere zum schnellen Lauleu, zur Begaltung u. s. w. unbrauchbar, führen Zerstörung der Organe, zuweilen heftige Blutungen, bösartige Geschwüre und durch Verjauchung und Erschöpfung der Kräfte zulctzl Cachexie und selbst den Tod herbei. Heilbar sind die Polypen nur durch operative Entfernung oder durch Zerstörung bis in ihre Wurzel; erfolgt dieselbe nicht gründlich, so entwickelt sich aus den Resten sehr leicht eine neue ähnliche Masse, welche aber fast immer noch schneller zu einem übermässigen Umfange wächst, als der ursprüngliche Polyp. Die operative Entfernung ist bei den vollständig entwickelten Polypen der i\asen- und der Rachenhöhle, so wie bei den Gebärmutterpolypen mehrentheils sehr schwierig, olt mit heftiger Blutung verbunden und dadurch zuweilen selbst lebensgefährlich.
Behandlung. Die Wegschaffiug der Polypen kann auf verschiedene Weise geschehen, nämlich durch Abschneiden, Abbinden, Ab-reissen und durch Zcrtheiluug mittelst des glühenden Eisens oder der Aetzmittel.
1) Das Abschneiden oder Ausschneiden der Polypen kann, je nachdem dieselben gestielt oder mit einer breiten Basis versehen sind, und je nach dem Räume und dem Orte des Ansatzes, mit Messern oder mit Scheereu und mit einigen JModificationen geschehen. Polypen an der Bindehaut des Auges ergreift man mit den Fingern der linken Hand oder mit der Pinzette und zieht sie möglichst weit, aber zugleich möglichst sanft hervor, während ein Gehülfe das betreffende nächste Augenlid mit den Fingern oder mittelst eines Augenlidhalters ein wenig nach aussen umbeugt, und mit der andern Hand schneidet man dann mittelst einer gewöhnlichen Scheere den Auswuchs an seinem tiefsten Punkte quer ab. Die Operation ist hiermit beendet und die iNachbehandlung besteht in dem fleissigen Anwenden des kalten Wassers während zwei bis drei Tagen oder so lange, als das Auge sich etwas gereizt zeigt. — Bei Nasenpolypen kann das Abschneiden mittelst einer Scheere direkt nur dann geschehen, wenn dieselben am untern Ende der Nasenhöhle in der Nähe ihrer Mündung sitzen; in allen anderen Fällen ist für diese, so wie für jede andere Art der Behandlung dieser Polypen immer die Trepanation als vorbereitende Operation, um den Eingang in die Höhle zu erlangen, erforderlich. Man macht die letztere Operation an der Stelle, welche sich am meisten vorgedrängt zeigt, in der gewöhnlichen Weise. Wenn man hiernach die polypöse Masse in der Höhle so stark angehäuft findet, dass man nirgends mit einem Finger sie umgehen und ihre Wurzel auffinden kann, so muss man entweder die eben zunächst erreichbare Parthie des Polypen mit dem Messer theilweise ablösen, die hierbei entstehende, oft sehr bedeutende Blutung mit dein glühenden Eisen stillen und sich auf diese Weise den nöthigen Raum und den Zugang zu der Wurzel des Polypen verschaflen und dann die letztere mit einem nach der Fläche gebogenen Messer (z. B. mit dem lorbeerblattförmigen) oder mit einer eben so gebogenen Scheere möglichst dicht an der Schleim-
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Die Polypen. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 775
haut abschneiden. Zuweilen erreicht man aber durch die OefTnuug von nur einer Trepankroue die Wurzel des Polypen, auch selbst auf die angegebene Weise nicht, und man ist dann genöthigt, neben jener Oeffnung noch eine zweite Trepankrone, ja zuweilen selbst eine dritte aufzusetzeu und dann weiter zu verfahren, wie eben gesagt worden ist. Die Blutung bei dem Ablösen der Polypenmasse ist in manchen Fällen so ausserordenllich heftig, dass sie selbst durch energische Anwendung des Glüheisens und durch die styptischen Mittel nicht gestillt werden kann, sondern nur allein durch vollständige Tamponation des in der Kiefer- oder Nasenhöhle u. s. w. gewonnenen Raums zu überwältigen ist. Zu diesem Verfahren ist man zuweilen während der mühsamen Operation gezwungen, wenn man nicht das Thier der Gefahr einer Verblutung aussetzen will. Die Operation kann dann nach circa 48 Stunden fortgesetzt und beendet werden. Da bei diesen heftigen Blutungen ein Theil des Blutes durch die Choanen in die Rachenhöhle und zum Kehlkopfe gelangt und die Stimmritze bedeckt, so hat man, um Erstickungsgefahr zu vermeiden, in solchen Fällen selbst die Tracheptomie unternommen und manche Thierärzte haben diese Operation als eine vorsorgliche vor der Ablösung der Nasenpolypen zu machen empfohlen. — In denjenigen Fällen, wo Nasenpolypeu bereits die Nasen-, Oberkieferoder andere Knochen durchbohrt haben, durchschneidet man die Haut auf der betrcflenden Stelle kreuzweis, präparirt sie nebst den übrigen Weichgebilden von den Knochen in der Umgebung der entstandenen Oeffnung ab und legt sie zurück; und wenn die Oelfnung in den Knochen nicht hinreichend gross zur Ausführung der Operation ist, so erweitert mau sie, entweder durch Ansetzen der Trepankrone, oder, was hier bei dem erweichten Zustande der Knochen leichter geschehen kann, vermittelst einfacher Umschneiduug mit dem lorbeerblattförmigen Messer. Im Uebrigen verfährt mau, wie im Vorstehenden angegeben ist.
Das Ausschneiden der Rachenpolypen bewirkt man, nachdem die Thiere niedergelegt sind und ihnen das Maul mit dem Maulgat-tcr geöffnet ist, auf die Weise: dass man mit der linken II a ml die Zunge flxirt und hervorzieht, mit der rechten aber mittelst einer nach der Fläche gebogenen Schcere den Polyp entweder frei abschneidet, oder, nachdem man denselben mit einer Korn- oder Kugelzange erfasst und etwas hervorgezogen hat. Die Blutung bei diesen Polypen ist in der Regel nur sehr unbedeutend und stillt sich leicht von selbst. •— Kehlkopfspolypcn können nach gemachter Tracheotomie, oder, wie manche wollen, selbst nach Spaltung des Ringknorpels und des Ringschildbandes mit einer Korn- oder Kugelzange ergrilfen, von einem Gehülfen hervorgezogen und dann unter Leitung des Zeigefingers der linken Hand mittelst der in der rechten Hand geführten Schcere von ihrem Ansatzpunkt getrennt werden. — Eben so verfährt man bei Mastdarmpolypen, bei welchen man das Abschneiden am besten in dem Moment schnell ausführt, wenn die Thiere Koth entleert haben-, doch'kann man auch uöthi-genfalls den After mit den Fingern künstlich erweitern, den betreffenden Theil der Darmwand mit den Fingern erfassen und hervor-
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Die Polypen. Behandlung.
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ziehen, den Polypen ergreifen, die Schleimhaut an seiner Wurzel spannen und das Abschneiden bewirken. Auch hier ist die Blutung nur gering. #9632;— Jiei Scheiden- und Gebärmutterpolypen verfahrt man im Wesentlichen ebenso.
2)nbsp; Das Abbinden bestellt in dem Umlegen einer runden Schnur oder eines gut ausgegliihleu Wetalldrahtes um die Wurzel des Polypen und in der Zusamnienschnürung derselben bis zu dem Grade, dass gänzliche Absterbung des Gebildes erfolgen muss. Dies Verfahren, welches nur bei den gestiellen Polypen anwendbar ist, hat den Vorthcil, dass keine i51iiliiiig und keine Wucherung entsteht, ist aber mühsamer und hat ausserdcin den Xachtheil, dass während der Behandlung zuweilen eine sehr stinkende Verjauchung des Polypen durch mehrere Tage eintritt. Das Umlegen der Schlinge um die V\ urzel der Polypen geschieht in den Fällen, wo man hinreichenden Raum dazu hat, mit der blossen TIand, an engen Stellen aber mittelst eines Ligaturinsfrumentes, zu welchem man am besten und einfachsten den sogenannten doppelten Levret'schcn Cylinder l) wählt. Mittelst desselben führt man eine, dem Uinfangc des Polypen entsprechend weite Scblinge über den Polypen zu seiner Wurzel, verengert dann die Schlinge durch stialles Anziehen der Enden des Drahtes und bindet dieselben an die an den Seiten der Röhrchen befindlichen kleinen Ringe. Hierauf dreht man letztere mehrmals um ihre Achse, so lange wie dies eben leicht geschehen kann. Die Schleife wird hierdurch fest zugedreht und der Polyp eingeschnürt. Das Instrument bleibt an der Operationsstelle liegen und das Drehen wird öfters bis zur gänzlichen Äbscbnnmng des Polypen wiederholt. — Operirt man mit blossen Händen, so wird die umgelegte Schleife einfach zugeschnürt und nöthigenfalls späterhin, um die Wirkung fortdauernd zu unterstützen, eine zweite oder selbst eine dritte Schlinge nachträglich umgelegt. — Sollte der eingeschnürte Polyp stark anschwellen, so macht man Scarificationen in ihn; im Uebri-gen sorgt man durch Einspritzungen von Chlorkalk und dergleichen für Reinlichkeit.
3)nbsp; Das Ausreissen und Ausdrehen der Polypen besteht darin, dass man das Aftergebilde mit einer hierzu eigens geformten Zange, im Nothfall mit einer Kugelzange oder mit einer Kornzange an seinem Stiel erfasst und denselben um seine Längenachse so Tange herumdreht, bis er abrelsst; oder auch darin, dass das Abreissen nach ein paar Drehungen gewaltsam vollführt wird. Dieses Verfahren ist nur an gestielten Polypen und an solchen Stellen ausführbar, welche
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') Dieses Instrument besteht aus zwei Röhrchen von Blech, jedes circa zwei bis drei Linien dick und von beliebiger Länge; beide sind an der einen Seite an einander gelöthet, und jedes ist an der äussern Seite mit einem kleinen Ringe verseben. Bei dem Gebrauch führt man durch jedes Röhreben das Ende eines gut ausgpglühten Drahtes oder einer Seidenschnur, so dass der railtlere Theil vor den Röhrchen eine Schlinge bildet, und verfährt dann, wie angegeben.
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Die Polypen. Behandlung.
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einen festen Untergrund besitzen; es ist oft mit nicht unbedeutender Verletzung der Schleimhaut verbunden und in seinem Erfolge nicht sicher; auch entsteht zuweilen eine durch längere Zeit fortclauernfle jauchende Eiterung, aber Blutungen werden dabei ziemlich sicher vermieden und das Abdrehen ist selbst da ausführbar, wo wegen Enge des Raums und wegen gehinderten freien Zuganges mit schneidenden Instrumenten zu dem Anheftungspunkte andere Methoden nicht anwendbar sind. Nach geschehenem Ausdrehen mindert man die entstehende Entzündung durch Injectionen von Blcizuckerauf'lö-sungen so viel als möglich, und die entstandene Eiterung beschränkt man mit adstriugirenden Mitteln. Entsteht Wucherung an der verletzten Stelle der Schleimhaut, so müssen Aetzmittel oder das Glüheisen angewendet werden.
4) Die Zerstörung des Polypen durch Aetzmittel und das Brenneisen ist am wenigsten gebräuchlich, weil durch diese Mittel die Er-tödtnng und Beseitigung dieser Aflergebilde selten gründlich gelingt und weil bei dieser Behandlung immer eine lange dauernde Verjauchung unvermeidlich eintritt. Doch ist man in manchen Fällen genöthigt, diese Mittel zu benutzen, -wenn durch die übrigen Methoden die Polypen nicht gründlich entfernt werden können. Das Verfahren ist in einzelnen Fällen etwas verschieden; kleine Polypen ätzt oder brennt man ohne weitere Vorbereitung, so weit wie der Kaum es gestattet, an ihrer ganzen Oberfläche, besonders aber an der Wurzel; grosse Polypen trägt man am besten mit dem Messer ab und wendet die in Rede stehenden IMittel kräftig auf den Rest an. Die zweckmässigste Anwendung ist die, dass man in den Polyp eine Oelfnung sticht oder mit einem spitzen Brenneisen brennt und dann in diese Oeffuung, so tief wie möglich hinein, ein geeignetes Aetzmittel legt, namentlich Acidum arsenicosum, oder Quccksilbersubli-mat, oder Cuprum sulphuricum. Die Anwendung dieser Mittel kann, je nach dem Orte, in einem kleinen Stückchen geschehen, oder in Salben, welchff letztere man auf einen derben Werg-Tampon streicht und diesen in die Oeffnung legt. Es entsteht hiernach, wie bei den in ähnlicher Weise bebandelten Balggeschwülstcn, jauchende Eiterung, allmäliges Ertödten des kranken Gebildes und Abstossung desselben von seinem Ansatzpunkte. Man muss sowohl bei, als auch nach der Anwendung der Aetzmittel für Schutz der umliegenden, namentlich der niedrigen Theile gegen die Einwirkung der scharfen Jauche und des Aetzmittels selbst sorgen, indem man die Theile recht scharf reinigt und ausserdem die Wachssalbe oder einen Mehlbrei aufstreicht.
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778nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krebs.
Achtes Ctipitel.
Scirrhus und Krebs. (Scirrhus, Cancer. Carcinoma).
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Als Krebs bezeichnet man diejenigen bösartigen Aftergebilde, welche sich anatomisch durch eine eigenthümliche netzartige oder zellige Textur und in ihrem Verlaufe durch die Neigung sich zu erweichen und in bösartige, zerstörende Geschwüre überzugehen, cha-rakterisiren. Es sind zuerst Geschwülste, welche im Allgemeinen aus zwei, durch unbewaffnete Augen uuterscheidbare Substanzen bestehen, nämlich a) aus einer fibrösen, welche in Fasern von weiss-licher Farbe und von verschiedener Stärke erscheint, die in verschiedenen Richtungen liegen und unregelmässige Fächer oder Zellen bilden und — b) aus einer zweiten Substanz, welche weicher, gröss-tentheils ohne organische Form ist und die von der ersten Substanz gebildeten Fächer ausfüllt. Diese zweite Substanz ist bald mehr bald weniger weich oder selbst flüssig (der sogenannte Krebssaft oder die Krebsmilch), besteht aus Serum, Eiweiss, Casein, Fettkörper-chen, zuweilen auch Pigment und enthält als wesentlichen Bestand-theil die (nur mikroskopisch sichtbaren) Krebszellen oder Krebskerne; sie ist wegen der abweichenden Zusammensetzung, so wie auch wegen den in den Krebsgeschwülsten eintretenden Veränderungen in den einzelnen Fällen von verschiedenen Aussehen. — Diese Geschwülste sind in der ersten Zeit ihres Bestehens derbe, unempfindliche Knötchen, äusserlich oft rundlich, oft aber auch lappig und an der Oberfläche glatt, später uneben, höckerig; sie haben keine eigene Hülle, sondern zuweilen nur eine Umkleidung von zusammengedrängtem Zellgewebe und sind bald mit wenigen, in einzelnen Fällen aber mit vielen Gefässen versehen; doch finden sich an den umliegenden Theilen, und namentlich in der Haut oft viele Venen und selbst im krankhaft ausgedehnten Zustande, aber dieselben hängen nicht mit der Geschwulst in der Art zusammen, dass sie das Blut aus ihr zurückführen. In neuerer Zeit ist von berühmten Anatomen, namentlich von Schröder van der Kolk, bei wiederholten Injec-tionsversuchen gefunden worden, dass die Krebsgeschwulst nur Arterien besitzt und der Kückfluss des Blutes in ihr nur durch Anasto-mosen stattfindet. Ob Nerven im Krebsgebilde bestehen, ist noch nicht entschieden. Der Krebs kommt in fast allen Gebilden, namentlich in Drüsen und in der Haut vor, und man nennt ihn nach diesen Theilen Hautkrebs, Drüsenkrebs u. s. w. Die im Vorstehenden angegebene Beschaffenheit der Krebsgeschwülste wird in den einzelnen Fällen dadurch modificirt, dass: 1) der eine oder der andere Be-standtheil prävalirend ist, und 2) dadurch, dass der Krebs mit der Zeit verschiedene Entwickelungsstufen erreicht.
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#9632;r
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Krebs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 779
Auf die erstere Weise entstehen vielfältige Varietäten des Krebses, welche man jetzt in drei Hauptformen zusammenstellt, nämlich:
a)nbsp; der Faserkrebs oder der Knotenkrebs (Carcinoma fibro-sum s. Scirrhus), bei welchem das Fasergewebe vorwaltet. Er bildet eine harte, unebene höckerige Geschwulst, die langsam wächst, in der ersten Zeit keine Schmerzen macht, bei schneller Zunahme aber durch Druck Schmerz erregt und am häufigsten in drüsigen Theilen, namentlich im Euter, vorkommt.
b)nbsp; Der Gallertkrebs (Carcinoma alveolare. Cancer gelatini-forme) enthält in grösseren Höhlen eine gallertartige, mit losen Krebszellen gemengte ftlaterie und kommt in der Haut der Geschlechts-theile, an der Ruthe des Pferdes und zuweilen auch an andern Theilen vor.
c)nbsp; Der Markschwamm (Carcinoma medullare, Fungus medul-laris) besteht hauptsächlich aus dicht zusammengedrängten Zellen und kommt in der Augenhöhle, im Euter, zuweilen auch an Knochen vor und charakterisirt sich besonders durch schnelle Entwickelung. Zuweilen bildet er eine rothe, leicht blutende, schwammige Älasse, #9632;welche man Blutschwamm (Fungus haematoides. Carcinoma tcle-angiectoides) genannt hat.
Hinsichtlich der Verschiedenheiten, welche durch die Entwickelung des Krebses in verschiedenen Stadien herbeigeführt werden, ist in Kürze zu bemerken:
a)nbsp; dass in der ersten Entwickelungsperiode der Krebs in der Regel eine kleine rundliche und an der Überfläche glatte Geschwulst bildet, welche im Innern noch wenig fibröse Scheidewände enthält, sondern eine weiche, zelligc Masse mit der Krebsflüssigkeit getränkt darstellt, so dass man die letztere als eine trübe lymphatische Feuchtigkeit aus dem Gewebe herausdrücken kann;
b)nbsp; dass in einer weitern Entwickelung die Masse immer fester wird, deutlich fibröse Scheidewände zeigt, in den Zwischenräumen derselben die Krebsflüssigkeit mehr fest geworden ist, und dass sie an der Oberfläche uneben, höckerig und nun gewöhnlich als Scirrhus bezeichnet wird;
c)nbsp; in einem dritten Stadium beginnen im Innern der Krebsgeschwulst verschiedene Veränderungen, indem in seltenen Fällen einzelne Zwischenräume verkreiden oder verknöchern und ihren Inhalt von der übrigen Masse abschliessen, oder was am häufigsten geschieht, indem die Masse erweicht, sich auflöst und zugleich das umliegende normale Gewebe zerstört. Hierbei erfolgt bald früher, bald später bei den einer Oberfläche naheliegenden Krebsen das Durchbrechen derselben durch die Haut und es bildet sich in Folge dessen das Krebsgeschwür.
Die Krebsgeschwülste bestehen zuweilen sehr lange Zeit ohne bedeutende Veränderung, gewöhnlich wachsen sie aber allmälig grosser und wirken durch Druck auf die umgebenden Gebilde störend und reizend. Die meisten von ihnen werden dann plötzlich krankhaft empfindlieh, mit der Vergrösserung auch mehr heiss, die Haut wird etwas geröthet oder bläulich, und bald früher, bald später fühlt
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Krebs.
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sich die Geschwulst an einer Stelle elastisch weich, endlich selbst fluetuireud an. Bei diesen Veränderungen heisst das Uebel verbor-getier Krebs (Cancer oecultus). Die Geschwulst bricht dann auf und entleert dann eine, dem Fleischwasser ähnliche, röthliche, sehr stinkende Jauche. Die Oeffimng vergrössert sich gewöhnlich sehr schnell, indem die llautriiiider und die Substanz des Theils, in welchem die Geschwulst sitzt, allmälig mehr aufgelöst werden; zugleich biegen die Ränder sich um, verdicken sich und es wachsen dunkcl-rothe, grossc Fleischwarzeil aus dem Geschwür hervor, welche leicht bluteraquo;, und, wie der übrige Tlieil des Geschwürs, jene röthliche Jauche von sich geben. Man bezeichnet nun den Zustand als offenen Krebs (Cancer apertns) oder als Krebsgeschwür (Ulcus can-cerosum). Während des Entslcliens der Erweichung und bei dem
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Krebsgeschwür
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schwellen gewöhnlich die in der Nähe des Theilcs
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liegenden Lymphdrüsen, zuweilen auch die Lymphgefässe, immer aber die Venen bedeutend mit an, wenn letztere nicht etwa schon früher angeschwollen waren'; die Thiere zeigen viel Durst, zuweilen auch gelinde Fieberzufälle, sie werden allmälig mehr matt,' magern immer mehr ab und gehen zuletzt entweder an Entkräftung und Säfteverlust, oder an hinzugetretener Dyskrnsie, oder auch in Folge der Störung der Functionen der betieflcnden Organe zu Grunde.
Die Diagnosis der Krebsgeschwulst ist nicht immer so einfach und so leicbt, wie es nach manchen Angaben zu sein scheint; denn theils sind ihre Zufälle nach den verschiedenen Stadien verschiedenartig, theils bieten auch andere Aftergebilde, und selbst einfache Verhärtungen drüsiger Theile, ähnliche Erscheinungen dar, wie sie. Man muss daher immer die Entstehungsart, die Daner und den Verlauf des Ucbels berücksichtigen. Demnach ist die Krebsgeschwulst in den ersten Stadien als eine kalte, sehr derbe und selbst harte, scharf be-gränzte und an der Oberfläche mehrentheils höckerige Geschwulst zu erkennen, die ihren Sitz in verschiedenen Geweben haben kann, und in der Hegel nicht aus einer Entzündung, sondern mehrentheils ohne bekannle Veranlassung langsam entstanden ist. In den späteren Stadien, nachdem die Geschwulst mehrere Wochen, oder mehrere Monate, selbst Jahre liindurch bestanden hat, treten in ihr die oben angegebenen Veränderungen ein und die Diagnosis ist, wenn mau die frühere Beschaffenheit kennt, ziemlich leicht, ohne diese Kenntniss aber schwerer, da das Uebel in diesem Zustande mit einer Entzündungsgeschwulst verwechselt werden könnte. Doch wird dies nicht geschehen, wenn man die ungleiche Härte der im Erweichungs-prozess begriffenen Geschwulst berücksichtigt. #9632;— Das Krebsgeschwür ist an dem umgebogenen, oft zackigen, dicken Rande, an der bräunlichen Färbung des Grundes, den lockeren, schwammigen Auswüchsen, der stinkenden Jauche und an der Art der Entstehung und weiteren Ausbildung, zum Tlieil auch an seiner Hartnäckigkeit zu erkennen.
Die Ursachen des Krebses sind nicht bekannt; man beschuldigt örtliche Reizungen, namentlich durch Druck und Quetschung; allein diese örtlichen Erscheinungen sind bei einem völlig gesunden Kör-
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Krebs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 781
per wohl nicht hinreichend, um für sich das Uebcl zu erzeugen, sondern man muss auch hier wieder eine eigenthümliche krankhafte Stimmung der Bildungsthätigkeit als mitwirkend annehmen. Nach manchen Beobachtungen scheint es, dass Krebs auch durch Implung und durch Resorption von einem Theile auf den andern und von einem Thier auf das andere übertragen werden könne. Jene krankhafte Stimmung in der Bildungstbätigkeit wird zuweilen von den Eltern auf die Jungen vererbt, denn man sieht bisweilen, dass einzelne Thiere einer Familie durch mehre Generationen mit dem Krebs behaftet werden. Zuweilen tritt das Uebcl als eine örtliche Erscheinung einer allgemeinen Dyskrasie auf, in anderen Fällen ist es rein örtlich entstanden und die Dyskrasie bildet sich erst nach langer Zeit, wenn die Erweichung der Krebsgeschwulst und Resorption der Krebsjauche stattgefunden hat.
JJie Beurlheilung ist bei dem Krebs im Allgemeinen ungiinslig, jedoch in den einzelnen Fällen verschieden, und zwar: a) nach dem Stadium der Entwickelung; b) nach der Form und (irössc des Krebses; c) nach dem Orte und d) nach dem Körperzustande des Thiers. Hinsichtlich des ersten Punktes lehrt die Erfahrung, dass Krebse im ersten und zweiten Stadium als heilbar zu beliachlcn sind, wenn eine vollständige Ausschälung ilcr Geschwulst bewirkt werden kann und wenn das Uebel nicht ererbt oder mit einer allgemeinen Dyskrasie verbunden ist. Letzlere Wide Verhältnisse sind oft schwer oder gar nicht zu erforschen und die Bcurtheiliing bleibt daher oft unsicher. In den höheren Graden der Entwickelung ist die Beur-theilung stets zweifelhaft, oder bei olfcneni Krebs selbst ungünstig ZU macheu, weil in diesen Stadien gewöhnlich Kcsorplion von Krcbs-jauche stattgefunden hat und die Saite bereits vergütet sind. Es nutzt deshalb selbst die vollständige und gut gelungene Exstirpation der Krebsmasse entweder nur für kurze Zeit oder selbst gar nichts, sondern der Krebs bricht bald früher, bald später an derselben Stelle oder auch an einem andern Punkte wieder hervor. Diese Wiederraquo; kehr des. Uebels setzt jedoch nicht nothwendig voraus, dass gerade dieselbe Form wieder entsteht, sondern es kann hierbei statt des früher bestandenen Faserkrebses nun Markschwamm und dergleichen entstehen. Gewöhnlich nehmen diese neuen Krcbsgebilde einen schnellen Verlauf und führen auf die oben angegebene Weise die Lebensgefahr um desto schneller herbei. #9632;— Hinsichtlich der Form hat die Erfahrung gelehrt, dass der Faserkrebs verhältnissmässig der gutartigste ist, indem er am langsamsten sich entwickelt, am spätesten in Erweichung übergeht und auch weniger wuchert und zerstört, als die beiden anderen Formen. Am übelsten ist der Mark-schwamm, indem er schnell wächst und zuweilen in kurzer Zeit fürchterliche Zerstörungen herbeiführt. Oft kann mau von aussen her die speciellc Natur des Krebses nicht sicher erkennen, aber man kann immer annehmen, dass, je schneller eine Krebsgeschwulst wächst, sie um desto gefährlicher ist. Hinsichtlich der Grosse ist der Zustand immer um so bedenklicher, je mehr der Krebs selbst gross ist, denn cinestheils stört er im \ erhältniss zur Grosse durch
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seinen Druck die Function und die Ernährung der augränzenden Theile, andemlheils bietet die grössere Masse Gelegenheit zur Erweichung au mehreren Sielleu und ausserdem ist die Exstirpation bei den grosseu Massen schwieriger, weil gewöhnlich Gefässe, Nerven und andere Theile in die Cieschwulst hineingezogen sind. — In Betreff des Dries, an welchem der Krebs sitzt, ist die Beurtheilung sehr günstig zu machen, wenn das Uebel in der Haut, im Zellgewebe oder in Muskeln seineu Silz hat, und am wenigsten günstig, wenn es iu Knochen sitzt. — So lange die Thierc ohne Fieber, bei gutem Appetit und in einem guten-Körperzustande sind., ist die lloHimug auf Heilung des Krebses sehr begründet, wenn aber Fieber, viel Durst, Mattigkeit, grosse Schmerzen und Abmagerung bestehen, muss man immer fürchten, dass das Thier in Folge der allgemeinen Dyskrasie zu Grunde geht, und dass die Operation eben deshalb keinen besondern Nutzen haben wird.
Kur. Man hat sehr vielfaltig versucht, den Krebs durch Arzneimittel zu heilen und zu diesem Zweck innerlich namentlich das Co-nium maculatum, die Belladonna, den Arsenik, den yuecksilbersubli-mat, die Thierkohle, das Jod und das Eisen gegeben, äusserlich aber ebenfalls die genannten narkotischen Mittel, die Quecksilber- und Jod-salbcn, den Arsenik und das glühendequot; Eisen angewendet; allein der Erfolg von dieser therapeutischeu Behandlung war im Allgemeinen ein sehr zweifelhafter, und viele fferzte sind schon in alleren Zeiten zu der Ansicht gelaugt, dass man namentlich durch örtliche Beiz-miltel oft mehr schadet als nützt, indem durch sie die Enlwickelung des Krebses zu seinen höheren Stadien beschleunigt wird. Alan nannte deshalb das Uebel auch: Noli me längere! Es ist daher am geialhensten, eine solche Behandlung nur bei schon ollenem Krebs, bei welchem die Exstirpation oft sehr schwierig ist und wo es mehr auf Umstimnmng in der Beschaffenheit der Säfte und der örtlichen Thätigkeit ankommt, als Versuch in Anwendung zu bringen, übrigens aber in allen Fällen die operative Exstirpation so bald wie möglich zu unternehmen, wenn die Krebsgeschwulst anfängt, schnell zu wachsen und schmerzhaft zu werden. Sie könnte auch noch früher unternoimneu werden, allein die Eigenthümer unterlassen sie gern und man muss ihnen dabei gewissermassen Hecht geben, da blosse Krebsknoten, wie oben erwähnt, oft durch viele Jahre bestehen, ohne irgend einen wesentlichen Schaden zu stiften, uud da die Exstirpation auch nicht iu allen Fällen die wirkliche Heilung zur Folge hat.
Die Ausschälung der Krebsgeschwülste und uöthigenfalls auch der Krebsgeschwüre findet im Wesentlichen ganz auf dieselbe Weise statt, wie dies hinsichtlich dieser Operation bei den übrigen Aftergebilden angedeutet worden ist, und man hat nur den Hautschnitt darnach zu modificiren, ob die Haut auf der Geschwulst noch gesund, oder bereits mit Geschwüren durchbohrt, oder mit Verhärtungen versehen ist. Ist dieses der Fall, so macht man um die kranke Uautstelle einen doppelten, halbmondförmigen Schnitt, dessen Enden sich berühren, lässt die Haut auf der Geschwulst sitzen, ergreift
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diese mit den Fingern, oder mit scharfen llakcu, oder an einer durch sie gezogenen Fadenschlinge, zieht sie aus der Tiefe mehr und mehr hervor und präparirt sie möglichst rein von allen umgebenden Thei-len ab. Ist die Haut unverletzt und die Geschwulst klein, so genügt zu deren Blossleguug ein einfacher Längenschnitt, bei grossen Geschwülsten aber ein Kreuzschnitt, und im üebrigen verfahrt man, wie eben angegeben. Blutende Gefassc werden unterbunden und die VVundflächen gegen einander gebracht, die Ränder durch die Naht vereinigt und die Heilung durch schnelle Vereinigung, oder wo diese nicht gelingt, durch Eiterung bewirkt. In denjenigen Fällen, wo die ausgeschälte Krebsgeschwulst noch in ihrem ersten oder zweiten Stadium bestand, ist eine innerliche Behandlung mit Medikamenten nicht erforderlich, sondern man giebt den Thiercn blos gutes Futter in massiger Menge, hält sie reinlich und sorgt für gesunde Luft im Stalle. War aber bereits das Stadium der Erweichung oder gar der Ulceralion eingetreten, so kann man die oben genannten narkotischen und umstimmenden Mittel in Verbindung mit bitteren Mitteln, und von Zeit zu Zeit ein Laxans anwenden. Eben so muss verfahren werden, wenn die Geschwulst oder das bereits entstandene Geschwür nicht exstirpirt werden kann und wenn (loch noch ein Heilversuch geschehen soll. In solchen Fällen kann man auch äusserlich auf die Geschwulst, in Zwischenzeiten von S bis 10 Tagen wiederholt, eine Anzahl Blutegel setzen und ausserdem Umschläge von den narkotischen Mitteln machen.
Bei den Krebsgeschwülsten kann man, nachdem sie zuerst vollständig gereinigt sind, ein Aelsmittcl, am besten Chlorziuk oder weissen, pulverisirlen Arsenik, auf die Geschwürsfläche appliziren, und zwar entweder rein (wenn die Krebsmasse sehr dick ist), oder ein Gemenge von gleichen Theilen Arsenik und Kohlcnpulver, oder das Cosme'sche Pulver'). Alan streut diese Mittel etwa eine halbe Linie dick auf die Fläche und Bänder, oder man macht sie mit Wasser und Mehl oder mit Speichel zum Brei und trägt denselben mit einem Spatel gegen i bis 1 Linie dick auf. Damit diese Mittel an der Geschwürsfläche erhalten werden, bedeckt man dieselben mit etwas Werg oder mit einer Bandage. Es bildet sich unter helligem Schmerz eine entzündlich-ödernatöse Geschwulst in der Umgegend
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') Das Mittel des Fröre Cos me besteht nach alter Vorschrift aus: Pulv. Cinnabar, artefact. Jj, „ Sanguin. Dracon. J^ „ Arsenic, alb. 3Ji Ciner. solcar. calceamentorum 3j-M. f. pulv. silbtilissimus. 2) Nach einer Vorschrift des Wundarztes Uellmund: Rec. Arsenic.-alb. Qi),
Ciner. solear. vetust. gr. xij, Sanguin. Dracon. gr. xvj, Cinnabar, fact, praepar. 3ij. M. f. pulv. subtilissitnus.
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des Geschwürs und in demselben ein Schorlquot; von verschiedener Dicke; nach etwa S bis 14 Tagen löst sich derselbe und es tritt, wenn der Zustand günstig ist, eine reine, feinkörnige Granulation in dem Geschwüre ein, worauf die Heilung erfolgt; in ungünstigen Fällen wiederholt sich aber die üppige Granulationsbildung und die Verjauchung und man ist genöthigl, auch die Mittel zu wiederholen.
Um die möglicherweise entstehende Ansteckung zu vermeiden, ist es noting, die mit Krebsgeschwüreu behafteten Thiere von anderen, welche an Wunden oder Geschwüren leiden, abgesondert zu halten, die Abflüsse und gebrauchten Verbandstücke zu vernichten und die Instrumente immer gründlich mit Chlorkalkauflösung zu reinigen.
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Dritter Abschnitt.
Die Degenerationen.
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Die bereits im ersten Abschnitt sub B. im Allgemeinen angedeuteten Entartungen der iiornialen organischen Gebilde kommen in allen Geweben und in der grössten Verschiedenartigkeit vor, indem durch die Ablageruug von Eiweiss- und Fascrstollquot;, Blut, Fett, mela-notischer Materie, Knorpel und Knochensubstanz, Tuberkelmaterie, phosphorsaurem Kalk u. s. w. in die Zwischenräume der Gewebe die Organe vergrössert, in ihrer Textur und Verbindung verändert, in ihren Functionen gestört werden. Es giebt verschiedene Grade dieser Umänderungen. Man erkennt dieselben im Allgemeinen a) an der veränderten Form und Grüsse, indem entweder au einer Stelle Beulen, Höcker und Verdickungen hervortreten oder das ganze Organ grosser wird; — b) au der grössern und oft ungleichen Derbheit oder Härte bei dem Befühlen; — c) an den Störungen in den Functionen; und — d) durch die mikroskopische Untersuchung.
Die Ursachen sind oft Entzündungen, oft andere Krankheitsprozesse und besonders Metastasen bei denselben.
Die Beurtheilung ist, je nach der Art, dem Grade und der Dauer der Entartung und nach dem belrolTenen Theile sehr verschieden. Bei den geringeren Graden und den frisch entstandenen Degenerationen ist noch Zerlheilung möglich, bei den älteren und grösseren aber gewöhnlich nicht; oll nehmen dieselben von Zeit zu Zeit noch zu und das ganze Organ wird zerstört. In einzelnen Fällen entsteht auch bösartige Ulceration.
Die Kur besteht in der Anwendung auflösender, zertheilender Mittel, oder bei manchen Organen in der operativen Entfernung derselben.
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Erstes Caigt;ltel.
Die Warzen (Verruca e).
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Die Warzen bestehen in Auswüchsen aus der Plaut oder auch aus der Schleimhaut und beruhen in einer Entartung des sogenannten Papillarkürpcrs der Cutis oder der Schleimhaut. Einige dieser Körperchen wachsen mit einander verbunden üppig hervor und sind gewöhnlich mit einer Hülle von Oberhaut, von entartetem Zellgewebe und zuweilen auch von Faserstoff umgeben; sie besitzen fast immer viel Gei'iisse und zugleich Nerven und sind deshalb (wenigstens in einer gewissen Tiefe) oft sehr empfindlich. Die Warzen kommen bei allen Hausthieren in der Haut überall vor, — und an der Schleimhaut im Maule, an den Lippen, am Zahnfleisch, an der Zunge, an den Backen, selbst in der Kachenhöhle und an den Ge-schlechtstheilen. An der Haut sind die mit dünner, feiner Haut bedeckten Stellen an den Augenlidern, an den Lippen, am Halse, in der Gegend des Genicks, vor und unter der Brust, unter dem Bauche, am Euter und an der innern Fläche der Gliedmaassen am häufigsten ihr Silz. Sie sind zuweilen nur einzeln, oft aber auch mehrlaltig und zuweilen selbst in sehr grosser Anzahl an einem Thiere zugegen. Ihre Form und Grosse ist sehr verschieden; manche Warzen bilden nur begränzte Verdickungen in der Haut und sind mit einer grauen oder braunen, mehr oder weniger rauhen Decke von verdickter, spröder Epidermis versehen; andere wachsen bis gegen 2 Zoll lang und gleichmässig cylindrisch aus der Haut hervor; noch andere besitzen einen dünnen Stiel, vermittelst dessen sie mit der Haut zusammenhängen; oft sind sie überall, namentlich an dem freien Ende, gleichmässig trocken, aberweich; in andern Fällen ist das freie Ende mit einer dicken, mehrfach getheilten Hornmasse besetzt und in noch andern Fällen sickert die Oberfläche eine seröse, röthliche Feuchtigkeit ab. Diese letztere Art von Warzen nennt man Feucht- oder Feigwarzen. Dieselben finden sich am gewöhnlichsten in der Nähe des Afters oder der Geschlechtstheile.
Die Erkennung dieser Auswüchse ist sehr leicht, da man sie überall sehen und fühlen kann.
Ihre Ursachen sind zuweilen Druck und mechanische Reizung überhaupt, in andern Fällen aber eine krankhafte Bildungsthätigkeit in der Haut, ohne dass man im Stande ist, dieselbe näher nachzuweisen. Dass sie aber besieht, geht aus dem vielfaltigen Vorkommen dieser Gebilde bei einem Thiere, theils aus der Vererbung der Anlage zur Warzcnbildung auf die Nachkommen hervor; ich selbst sah oft bei Pferden, Rindern und Hunden die Nachkommen in zwei bis drei Generationen schon im ganz jugendlichen Alter mit Warzen behaftet.
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Warzen. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;787
Die Beurtheiluiig ist im Allgemeinen günstig zu maclien, da die Warzen in den meislcn Fällen keine giosse Störung veranlassen und gründlich beseitigt werden köimcu; doch hängt in den einzelnen Fällen die Leurtheiluug von dem Sitze, von der Form, der Grosse und der Zahl der Warzen ab. Warzen auf und an den Augenlidern und tief in der iVlaulhöhle sind schwerer- zu beseitigen, als an anderen Stellen; Warzen mit breiter Basis und in einer grössern Zahl nahe zusammensilzend geben bei der Exstirpation zu nicht unbedeutenden Verletzungen Veranlassung; Warzen in der Mähe beweglicher Theile werden oft gezerrt und verletzt, so dass Blutung, Eiterung und Gestank entsteht and im Sonnncr durch letztem die Insekten angelockt und die Thiere dadurch sehr belästigt werden. In der Kegel sind die Warzen sehr hartnäckige, andauernde Uebel, zuweilen sterben sie aber von selbst ab und verlieren sich, #9632;— und zwar oft sänuutliche vorhandene Warzen gemeinschaftlich sehr schnell.
Behandlung. Warzen können entweder aus- oder abgeschnitten, oder abgebunden, oder durch Aetzmittel zerstört, oder durch spezifische iWittel zum Absterben gebracht werden. Das erstcre Verfahren ist in allen Fällen anwendbar und bei breiten, tiefsitzenden und mit einer dicken Masse umgebenen Warzen nur allein brauchbar. Seine Anwendung ist sehr einfach; man unterscheidet bei Warzen mit breitem Stiel den letztem rund herum so weit, wie man in der Haut eine abnorme Derbheit fühlt, zieht dann die Warze von der Haut ab und löst sie an ihrer Wurzel bis in das Untcrhautzellgewebe aus, oder wenn die Warze nur oberflächlich in der Haut zu wurzeln scheint, wenn namentlich die letztere an der Stelle des Ansatzes der Warze ganz weich ist, so spannt man die Warze durch Abziehen von der Haut etwas und schneidet sie dann mit einer dünnen Schicht der letztern flach ab; oder man schneidet auch bei Warzen mit ganz dünnem Stiel den letztem unmittelbar an der Haut ab und betupft die Wurzelstelle mit dein glühenden Eisen oder mit einem Aetzmittel. — Das Abbinden kann zweckmässig nur bei solchen Warzen geschehen, welche mit einem dünnen Stiel versehen sind. Man legt um den letztem eine Schlinge von einem Seidenfaden und zieht dieselbe unmittelbar an der Haut so fest zu, dass die Erniihrungsgefässe in der Warze hierdurch verschlossen und die Warzen zum Absterben gebracht werden. Schrumpft die Warze binnen 24 Stunden zusammen, so ist die Wirkung genügend, im entgegengesetzten Falle aber muss noch eine zweite Schlinge unigelegt werden. Die Warze fallt nach etwa 8-—14 Tagen ab und in der Regel bildet sich keine neue wieder. — Die Zerstörung der Warzen durch Aetzmittel oder das Glüheisen ist besonders bei Warzen mit breiter Basis anwendbar und geschieht so, dass man diese Mittel einmal oder wiederholt mit dem gehörigen Nachdruck auf die Warze applizirt. Es entstellt hiernach Sehoi-rbilduHg, Eiterung und theilweises Absterben der Warze, zuweilen aber auch wuchernde Granulation und langwierige Eiterung; auch wachsen die so gereizten Warzen zuweilen zu nnfbnnlichen Massen an und man ist dann genöthigt, die Exstirpation mit dem Messer zu machen. — Zuweilen sind .Warzen besonders bei dem
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Kropf.
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Rindvieh allmälig abgestorben und vertrocknet, wenn man sie mit grauer Quecksilbersalbe, oder mit Arseniksalbe, oder mit concentrir-ter Essigsäure einige Mal bestrichen hatte. Bei den lang hervorstehenden Warzen pflegt man auch diese Mittel auf Leinwand zu streichen und diese um die Warze zu binden.
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Zweites Ca|gt;itel.
Der Kropf (Struma, Bronchocele).
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Als Kropf bezeichnet man eine Vergrösserung der Schilddrüsen mit Umänderung ihrer Textur. Die letztere ist entweder so, dass theils geronnener Faserstoff, theils eine plastische Flüssigkeit die Zwischenräume des Drüsciigcwcbes einnimmt, oder es sind eine Menge krankhaft erweiterter Blutgefasse in dem Drüsengewcbe vorhanden. Oft sind auch Kuochenkcrne in ihr enthalten. Man findet diese Entartung zuweilen bei Pferden und beim Rindvieh, und am häufigsten bei Hunden.
Die Erkennung ist leicht, da sich die vergrösserten Schilddrüsen als, oft mehr als 4 •— C Zoll dicke, massig derbe, etwas elastische Geschwülste unter dem Kehlkopfe deutlich wahrnehmen lassen. Zuweilen senkt sich die enorm giosse Geschwulst mehrere Zoll weit von der ursprünglichen Aiiheftiingsstclle der Drüsen herunter. In den meisten Fällen leiden beide Schilddrüsen, zuweilen aber auch nur eine. Von der Entzündung der Schilddrüsen unterscheidet sich der Kropf durch den Mangel der S. 150 angegebenen Symptome der Entzündung; aber die Unterscheidung von der durch die Entzündung herbeigeführten einfachen Verhärtung der Drüse ist, wenn mau den Verlauf des Uebels nicht kennt, in manchen Fällen kaum zu begründen.
Der Kropf beginnt gewöhnlich mit allinäliger Vergrösserung der Drüse und wächst mehrentheils zu einer sehr umlangreichen Masse; zuweilen hat man aber seine Entwickelung sehr schnell erfolgen sehen, namentlich bei Hunden. Er geht in der Regel in keinen andern krankhaften Zustand über und nur zuweilen hat man ein abwechselndes Zu- und Abnehmen der Masse beobachtet.
Als Ursachen dieser Degeneration hat man öfters wiederholte gelinde mechanische Verletzungen, z. B. durch Druck vom Halsbande etc., in andern Fällen Erkältungen beschuldigt, und ausserdem nimmt man auch noch eine krankhafte Ernährung und Säftebildung, bedingt durch kalkhaltiges Trinkwasser u. dgl., als vorbereitende Ursachen an. In Folge dieser letzfern Ursachen findet sich der Kropf in manchen Gegenden häufiger als in andern.
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Fleischbruch.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;789
Bcurtheilung. Der Kropf führt in der Kegel keine üblen Ausgänge herbei, aber er stört durch seinen Umfang zuweilen das Athmen und die Henulzung der Thiere zu Dienstleistungen, welche mit schnellem Laufe verbunden sind. Die Heilung ist mit Arzneimitteln immer sehr schwer, oft gar nicht zu bewirken. Bei sehr grosscu Kröpfen ist man zuweilen zu der Exslirpation gezwungen, diese ist aber wegen der heiligen Blutung nicht immer ohne Gefahr.
Behandlung. Man versucht die Zeitheilung durch äusserliche Anwendung der Jodsalbc (3// Jodkali zu iß grüner Seife), oder durch Waschungen mit einer Jodkalilösung (5(S zu gvj Wasser), durch Einreiben der grauen Merkurialsalbe mit Potasche, des Kampher- oder Ammoniakliniments, durch Umschläge von narkotischen IMitteln und dergleichen und unterstützt dieselbe auch durch innerliche Verabreichung des Jodes, des Calomels, der Thierkohle, der urintreibenden Mittel und dergleichen. Wenn aber diese Mittel fruchtlos sind, oder der Kropf sehr gross und bereits veraltet ist, bleibt nur noch die Ausschälung der entarteten Drüse übrig. Alan verfährt bei dieser Operation im Wesentlichen eben so, wie dies S. 151 angegeben worden ist.
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Drittes Ctiiiitel.
Der Fleischbruch (Sarcocele).
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Mit dem unrichtigen Namen Fleischbruch bezeichnet man jede Vergrösserung eines Testikcls, welche zugleich mit abnormer Derbheit des Organs verbunden und nicht eben Erscheinung einer bestehenden Entzündung ist. Eine solche Vergrösserung beruht in den einzelnen Fällen auf verschiedenen pathologischen Zuständen, indem ihr in manchen Fällen eine bloss durch Entzündung herbeigeführte plastische Ausschwitzung, in andern Fällen eine fibröse, oder eine der Fleischgcschwulst ähnliche Masse, in noch anderen ein Carcinom und zuweilen auch Tubcrkclmasse zum Grunde liegt.
Die Erkennung dieser verschiedenen innern Zustände ist erst bei der anatomischen Untersuchung möglich; dagegen ist die Erkennung des Fleischbruchs in dem zuerst bezeichneten generellen Sinne sehr leicht, da man das vergrösserte und mehr derbe Organ deutlich sehen und fühlen kann. Nur bei gleichzeitigem Bestehen von Darmoder Netzbrüchen, oder des sogenannten Blutbruchs oder Wasser-
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Fleischbruch.
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bruchs (S. 6B2 und 633) ist die Eikenuung ein wenig schwieriger, aber doch durch die bei diesen Zustünden angegebene Untersuchung mit Sicherheit zu erlangen.
Ursachen des Klcischbruchs sind zuweilen mechanische Verlez-ziingen, in andern Fällen aber dyskrasische Beschairenheit der Säfte, namentlich bei Pferden Rotz und Wurm; denn nicht selten sieht man der offenbaren Entwickelung dieser Krankheiten eine Entartung der Hoden vorhergehen.
Die Beurtheiluug ist in denjenigen Fällen einigermaassen günstig zu machen, in welchen das Uebel in Folge mechanischer Einwirkungen entstanden und noch neu ist, denn in solchen Fällen gelingt zuweilen die Zertheilung. Dagegen ist die Heilung nicht zu holl'en, wenn das Uebel in Folge dyskrasischer Leiden entstanden ist, oder schon durch längere Zeit in einem hoheu Grade bestanden hat. In den Fällen der letztem Art kann der kranke Hode nur durch die Castratiou beseitigt weiden. Sich selbst überlassen nimmt gewöhnlich die Entartung allmälig mehr iiberhand und der übermäs-sig grosse und schwere Hode belästigt die Thiere bei dem Gehen, zerrt beständig den Saanieustrang und giebt zuweilen zu kolikäbn-lichen Leibschmerzen Veranlassung. In einzelnen Fällen hat man auch den Hoden in Erweichung und Ulceraliou verfallen sehen, was namentlich geschehen kann, wenn die Crundlage der Entartung Krebs- oder Tuberkehnaterie ist. •— Ausserdem sind Thiere mit solchen Hoden zur Zeugung untüchtig.
Kur. In den vorstehend angedeuteten milderen Graden des Ucbels kann man die Zeitheilung versuchen, indem man äusser-lich wanne Hader an das Scrotum von Seifenwasser, von Aschenlauge oder von Kaliaiiflösung, oder warme Breiumschläge von narkotischen und schleimigen Mitteln, oder auch die graue iVlerku-rialsalbe, oder eine Jodsalbe täglich zwei bis drei Mal anwendet, innerlich aber das Thier in magerer Diät hält, ihm von Zeit zu Zeit wiederholt eine l'urganz und ausserdem durch längere Zeit fortgesetzt Calomel, Digitalis, Conium inaculatum, Stibium sulphu-ratum nigium, Jod und dergleichen Mittel giebt. — Wo diese Mittel in längerer Zeit nichts fruchten, oder der oben bezeichnete dyskrasische Zustand besteht, befreit man das Thier durch die in gewöhulicher Weise ausgeführte Castration von dem entarteten Theil.
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Knollhuf, Rhehehuf oder Vollhuf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 791
Wlertes Capitel.
Der Knollhuf, Ehehehuf oder Vollhuf.
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Der Knollhuf, oft auch Vollhuf genannt1), besteht in einer gemeinschaftlichen Veränderung der Textur, Lage und Verbindung fast sämmtlicher den Huf bildenden Theile in der Art: dass eine über- quot; massig reichlich in die Haut, #9632;welche das Huf bein umkleidet (Fleischwand), ausgeschwitzte faserstoffige fllaterie sich am vordem Theil des Hufes zwischen die Hornwand und das Huf bein ergiesst, sich hornartig verhaltet, die Fleischblättchen tlieilweise vernichtet, die Horuwand enorm verdickt und sie nach vorn von der Fleischwand abdrängt; dabei wird, doch grössteutheils nur scheinbar, zugleich auch das Huf bein mit seiner Spitze und mit seiner Sohlenfläche mehr nach hinten gedrängt und hierdurch die Fleisch- und Hornsohie gewölbt, so dass die Thiere auf der letztern als auf einer couvexen Fläche stehen und gehen müssen. Selbst äusserlich ändert sich die Hornwand; sie wird rauh, bekommt ringförmige Ei-höhungen, welche an dem Zehentheil nahe zusammenstehen und nach den Trachtenwänden mehr auseinander gehen; die Zeheuwand wird mehrentheils schmäler, ihre Mitte erscheint mehr oder weniger eingesunken, die Zehe ist vorn aufwärts gebogen.
Die Erkennung laquo;lieser Entartung ist immer sehr leicht, da man schon äusserlich die abnorme Beschaffenheit der Wand und die con-vexe Form der sonst im normalen Zustande coneaven Hornsohie deutlich wahrnehmen kann; ausserdem sieht man auch die bedeutende Verdickung der Wand im Umfange der Zehe, und bei dem Abnehmen von nur wenigen Spänen des Horns in der Witte der Sohle findet man, dass dieselbe nicht dicker ist, wie es den Anschein hat, sondern dass sie im Gegentheil sehr dünn ist; denn gewöhnlieh scheint nach solchem ganz massigen Ausschneiden die Fleischsohle durch die Hornsohie hindurch. Auch haben die mit diesem Uebel behafteten Pferde stets einen sehr blöden Gang und sie können mit uubeschlagenen Füssen fast gar nicht gehen.
Die Ursachen sind stets vorausgegangene Hufentzündungen, na-
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1) Die Bezeichnung dieses Uebels als Vollhuf ist zwar sehr gehräuch-lich, aber eigentlich nicht ganz passend, da der Vollhuf und der Knollhuf zwei verschiedene Abweichungen vom normalen Hute sind, welche nur das mit einander gemein haben, dass bei beiden die Sohle convex hervortritt. Der Vollhuf (oder die Anlage dazu) ist angeboren; seine Wände sind mehr flach und wenn Ringe an ihnen bestehen, laufen sie ziemlich parallel um dieselben; die Dicke der Wände ist fast ganz wie bei gesunden Hufen, und ihre innere Fläche ist mit der aussein Fläche des Hufbeins gleichlaufend, daher auch die weisse Linie von der normalen Breite wenig abweichend. Die Sohle ist auf der ganzen Fläche ziemlich gleichmässig hervorstehend.
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Knollhuf.
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mentlich rlicunialischer Art und mit chronischem Verlauf, selten traumatischer Art.
Die Beurtheilong ist mehreiithcils ungünstig zn machen, da es äusscrst sch^vieiig ist, die bezeichneten mehrlachen Entartungen wieder zu beseitigen; doch soll dies in einzelnen Fällen auf operative Weise nach und nach, wenn auch nur nach längerer Zeit, gelungen sein. Sich selbst überlassen dauert die Entartung während des ganzen Lebens fort, ja sie nimmt in manchen Fällen noch mehr zu und die Thicrc werden hierdurch immer weniger brauchbar, indem die zu stark hervorsteliendc Sohle von dem Fussboden häufig gedrückt wird und hierdurch Eiitziiudung, Eiterung und Lahmheit entsteht; zuweilen wird bei diesen Quetschungen selbst das Huf bein mitbetroffen und hierdurch zu Caries die Veranlassung gegeben. Die Thiere werden daher oll lange Zeit dem Dienst entzogen. Wie bereits oben erwähnt, sind dieselben überhaupt nur im beschlagenen Zustande brauchbar.
Die Behandlung. Gewöhnlich beschränkt man sich auf eine bloss palliative Behandlung dieses Uebcls, indem man den Huf durch Fuss-bäder von Wasser, durch Umschläge von Kuhmist oder von schleimigen Mitteln und durch sogenannte Hulsalben weich und geschmeidig erhält und ausserdem ihn mit einem entsprechenden Hufeisen beschlägt. Letzteres muss ein sogenanntes Kesselbufeisen sein, d. h. ein solches, dessen obere Fläche, der Convexität der Hufsohle angemessen, hohl gearbeitet, und zugleich breiter, als ein gewöhnliches Hufeisen ist, damit die Sohle gegen äussere Einwirkungen möglichst geschützt werde. Bei dieser Behandlung können die Thiere oft viele Jahre brauchbar erhalten werden. Einige Thierärzte, namentlich Gohier l), Grosz 2), Meyer a) und Günther*) haben sich aber auch bemüht, das ücbel wirklich zu heilen. Dies hatten zwar auch frühere Thierärzte versucht, jedoch unrichtigerweise nur durch das Ausreissen der Hornsohle. Gohier war der Erste, der eine bessere Bildung des Hufes durch Wegnahme der Hornwand zu bewirken suchte; er nahm aber die ganze Wand weg. Grosz verdünnt mit einer Raspel den oberu Thell der Zehenwand (den Saumrand) von einer Seitenwand bis zur andern so, dass die Fleischkrone nur noch ganz schwach mit Horn bedeckt bleibt, bestreicht dann die operirte Stelle mit Unguent. Basilicum und reibt in die Fleischkrone selbst eine gelind reizende Salbe, z. B. 01. Lauri. Wenn hiernach ein Streifen regelmässigen Horns gewachsen ist, wird unter demselben ein anderer Thcil des alten Horns abgenommen, und so fortgefahren, bis
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') Memoires et Observat. sur la Chirurgie et la Medecine veterinaire. Tome I. Lyon 1813. p. 306.
2)nbsp; Die Iliifenlzündung dor Pferde mit besonderer Beziehung auf die Ursachen, das Wesen und die Behandlung des Knollhufs. Mit 25 Abbildungen. Stuttgart 1847.
3)nbsp; In dem Organ der Pferdewissenschaft von Bartels, Stes Heft, 1843; und — im Magaz. für die ges. Thierhcilk. Bd. XIV. S. 295.
l) Protokoll der Versammlung des thierärztl. Generalvereins für d. Königreich Hannover vom 29. Sept. 1847.
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Knollhuf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 793
die ganze Wand mit geradem Horn bedeckt ist. IMeyer und Günther haben gleichzeitig ein ähnliches Verfahren und nach denselben Prinzipien in Anwendung gebracht. Ersterer will, dass die nachwachsende lloruwand den nachtheiligen Einwirkungen der alten Hornwand entzogen werde und somit ein normales VVachslhuin der ersteren wieder eintrete. Er macht für diesen Zweck eine Trennung, welche sich unter dem Saume der Zehenwand durch die ganze Dicke derselben und im Verlauf der Krone bis zu den Trachlenwänden erstrecken muss, — und schneidet demgemäss mit einem Kinnmesser an der bezeichneten Stelle die Hornwand so tief ein, dass mau die weichen Hornblättchen sehen und fühlen kann; dann schneidet er alles härtere Horn über dieser Rinne von der Kronenwulst ab. Nach dieser im Allgemeinen unblutigen Operation behandelt man den Fuss mit Breiumschlägen oder mit Fussbädern, um hierdurch das sitzengebliebene Horn weich zu erhalten und das Wachsthum des neuen Horns zu befördern. Das Thier wird am besten, wenn die Jahreszeit es gestattet, auf eine feuchte Weide geschickt; wo dies nicht angeht, täglich massig auf weichem Boden bewegt. Gewöhnlich vergehen mehrere Monate, ehe die neue Bildung von der Krone her in regelmässiger Beschaffenheit über den grössten Theil des Hufes sich erstreckt und gewöhulich wird dabei auch die Sohle erst zuletzt, wenn das neue Horn bis zu ihr herunter gewachsen ist, in eine bessere Form versetzt. Es sind mehrere Beispiele von dem Nutzen dieser Operation bekannt.
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Vierter Abschnitt.
Die Steine (Lapides, Calculi) oder Concremente.
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Wie bereits im ersten Absclinitt sub C. angedeutet worden ist, giebt es im Thierkörper eine Art von Neubildungen, welche nur allein durch chemische und mechanische Zusammenfügung verschiedener Stoffe entstehen und die daher nicht organisirt und nicht lebendig sind. Diejenigen unter ihnen, welche hauptsächlich aus erdigen und salzigen IMaterien gebildet sind, pflegt man als Steine (Lapides) oder als Concretionen zu bezeichnen. Dieselben finden sich fast überall da, wo Schleimabsonderung besteht und wo sich Excretions-stoffe durch einige Zeit aufhalten, namentlich im Speichelgange der Ohrdrüse, in der Urinblase, in der Harnröhre und in der Vorhaut, ausserdem im Wagen und Dannkanal, in den Nieren und Harnleitern; und man pflegt sie nach diesen verschiedenen Orten als Speichel-steinc. Blasen-, Harnröhren- und Vorhautsteine, als Magen-, Darmund Nierensteine zu bezeichnen. Die drei letzteren werden hier nicht weiter berücksichtigt, weil man bei ihnen in der Regel keine chirurgische Hilfe anzuwenden pflegt. Ihre Entstehung ist mehren-theils in einer von dem normalen Zustande abweichenden Beschaffenheit der abgesonderten Säfte, namentlich in einem zu grossen Reich-thum derselben an erdigen und salzigen Bestaudtheilen begründet und zuweilen besteht in dieser Hinsicht ein krankhafter Zustand in der Ernährung und Blutbildung überhaupt. Die Steine an den verschiedenen Ursprungsstellen sind in verschiedener Weise chemisch zusammengesetzt, mehrentheils von rundlicher Form, zuweilen aber auch, namentlich wenn mehrere Steine neben einander liegen, sind sie mit Flächen und Ecken versehen, an der Oberfläche bald rauh, bald auch ganz glatt; ihre Grosse und Schwere ist sehr verschieden. Sie wirken durch Druck und Reizung nachtheilig auf die umgebenden Theile und hindern zuweilen den Durchgang der Excretions-Flüssigkei ten durch die Höhle, in welcher die Steine liegen, und sie
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Speichelsteine.
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können auf diese Weise zu mancherlei heftigen Zufallen, selbst zu Lebensgefahr die Veranlassung geben. Ihre Auflösung durch Arzneimittel gelingt äusserst selten und ihre Entfernung ist nur auf operative Weise möglich, — was in den einzelnen Fällen bald mit mehr, bald mit weniger Schwierigkeit verbunden ist.
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Erstes Caiiitel.
Die Speichelsteine.
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Die in dem Ausführungskanal der Ohrspeicheldrüse sich bildenden Steine werden als Speichelsteine bezeichnet. Dieselben sind bei Eseln, Maulthieren, Rindern und Schafen gefunden worden und bestehen der Hauptmasse nach aus kohlensaurem Kalk (circa 84 pCt.), phosphorsaurem Kalk, thierischer Materie und etwas Wasser. Zuweilen ist ein Getreidekorn oder eine Granne, ein Stückchen Stroh u. s. w. die Grundlage, um welche sich die Steinmasse angesetzt hat. Ihre Form ist gewöhnlich rundlich oder länglichrund; zuweilen bestehen diese Steine aus mehreren Abtheilungen, welche sich an ihren Enden berühren und daselbst Flächen bilden, welche gegenseitig an einander passen. Sie sind von sehr verschiedener Grosse, von dem Umfange einer Erbse bis zu dem einer Faust. Bei dem grossen Umfange füllen sie nicht nur den Speichelgang vollständig aus, sondern sie dehnen ihn auch zuweilen bis zu dem Grade aus, dass derselbe berstet. In diesen Fällen wird der Stein theilweise oder ganz in das Zellgewebe gedrängt und zugleich lliesst Speichel in dasselbe und erzeugt bedeutende Infiltrationen und ödematöse Anschwellungen am Unterkiefer und au den Backen.
Die Erkennung der Speichelsteine ist immer leicht; man sieht und fühlt im Verlaufe des Stensonschen Kanals eine begränzte Geschwulst von verschiedener Grosse; dieselbe liegt nahe unter der Haut, ist sehr hart, ein wenig verschiebbar, in der Regel ohne Entzündung und seit längerer Zeit zugegen; zwischen der Geschwulst und der Ohrdrüse sieht man den genannten Kanal stark ausgedehnt und mit Speichel erfüllt.
Die Ursachen sind, wie in Vorstehendem angedeutet, fremde Körper, welche in dem Kanal durch die Mündung desselben an der innern Seite der Backe eingetreten sind; in manchen Fällen auch Verengerungen des Kanals in Folge von Verletzungen u. dgl.
Die Beurtheilung ist günstig zu machen, und zwar um so mehr, je kleiner der Stein ist; denn mau kann diese Steine durch einen gemachten Einschnitt ohne Gefahr beseitigen, aber die Heilung der Wunden an dem Speichelgange überhaupt ist mehrentheils schwie-
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796nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milchsteine.
rig und es bleibt nach ihr zuweilen eine Speichelfistel fiir einige Zeit zurück.
Die Hilfe besteht darin, dass man einen der Grosse des Steins entsprechenden Schuitl durch die Haut, den Gcsichtshautniuskel und die Wand des Speichclganges macht, den Stein mit der Pinzette aus dem Kanal zieht, die Wunde reinigt, sie dann heftet und hiernach so verfährt, wie dies bei den Wunden des {jpeichelganges S. 390 u. ff. angegeben -worden ist.
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Zweites Cafiitel.
Die Milchsteine.
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In dem Kanal der Zitzen und in den Sinus (der Cysterne) des Euters weiblicher Tbiere, namentlich bei milchenden Kühen und Ziegen, hat man hin und wieder steinartige Concretionen gefunden, welche den Durchgang der Milch bald mehr bald weniger hindern und dadurch üble Zufälle erzeugen. Man nennt diese Concretionen im Allgemeinen Milchsteine, unterscheidet sie aber nach Fürstenberg') in wahre Milchsteine, Pseudo-Milcbsteine und in Conkremente. Die erstem finden sich in den Milchbehältern, entstehen aber im Sinus des Euters, und sind aus den Erdsalzen der Milch und aus den in ihr enthaltenen organischen Bestandtheilen zusammengesetzt; in ihrer Mitte enthalten sie einen festen unorganischen Kern, ihre Form ist rund, länglich rund, selten eckigt; sie sind von der Grosse eines Hirsekorns bis zu der Grosse einer kleinen Bohne, an der Oberfläche glatt, glänzend, selten etwas uneben, weiss-lich, gelblich oder grau. — Die Pseudo-Milchsteine entstehen auch in der Cysterne und sind äusserlich den vorigen ähnlich, unterscheiden sich aber von diesen im Innern dadurch, dass sie statt des festen Kerns einen hohlen Raum enthalten. Die Conkremente finden sich im Sinus, seltener in den Milchgängen, sie sind unregelmässig gestaltet, ihre Oberfläche ist rauh, die Farbe weiss, die Masse im Innern homogen, ohne Schichten und ohne Kern.
Mehrentheils findet sich in einem Euter nur ein Milchstein, zuweilen sind aber deren zwei oder mehrere zugegen. So lange sie in der Cysterne liegen, verursachen sie keine Beschwerden; wenn sie aber in den Milchkanal treten, werden sie beim Melken immer tiefer
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') Die Milchsteine. Von Dr. Fürstenberg in Eldena. Im Magaz. für d. ges. Thierheilk. von Gurlt Und Hartwig. Bd. XXI. S. 420 u. f.
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HarnblasenBteine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 797
herunter gedrängt; sie drücken und reizen hier und hindern den Durchgang der Milch, so dass dieselbe nur in einem dünnen Strahl oder troplenweis oder auch gar nicht abgeht. Die Thiere zeigen dabei etwas Schmerz und Unruhe, und manche treten auch, -wenn sie nicht eben gemolken werden, oll unruhig hin und her. Bei der örtlichen Untersuchung des Euters findet man im Innern einer Zitze einen harten Knoten, welcher in der Kegel sich etwas verschieben lässt, zuweilen aber fest eingeklemmt ist; die Mündung des Kanals ist ollen, mittelst einer eingeführten metallenen Sonde fühlt man den Stein, und über demselben ist die Zitze und der betrelfende Theil des Euters von der angesammelten Milch stark aufgetrieben. In der ersten Zeit besteht keine Entzündung, dieselbe findet sich aber später hinzu und führt üble Zufälle herbei.
Die Ursachen sind in fehlerhafter, an gerinnbaren und erdsalzigen Bestandtheilen zu reicher Milch zu suchen und diese beruhen auf mangelhafter Ernährung, ausserdem auf Congestions- und Entzündungsprozessen.
Die Beurtheilung ist günstig, wenn die Steine zeitig entfernt werden; kleine Steine mit glätter Oberfläche sind zuweilen beim Melken abgegangen, grössere, festsitzende müssen durch Operation beseitigt #9632;werden. Letztere ist ohne üble Folgen. Nach Entfernung des Steins hören die Beschwerden beim Melken sogleich auf.
Die Operation besteht in einem.einfachen bis in den Milchkaual führenden Schnitt, welchen man in der Längenrichtung der Zitze macht, nachdem der Stein bis in die Mitte derselben zurückgedrückt und zwischen den Fingerspitzen llxiit ist; der Stein dringt sogleich durch die Oelfnung hervor und es folgt ein reichlicher Milchausfluss. .Nach Beendigung desselben kann die Wunde mit Collodium, oder einem Klcbpflastcr, oder nach Fürstenberg mit einem Fingerling von Kautschuk oder nach Rychner mittelst der Naht verschlossen werden. Die llcilnng erfolgt nach wenigen Tagen.
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Drittes Capitel.
Die Harn blase n steine.
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Steine in der Harnblase finden sich bei allen unsern Haussäuge-thieren, bei den weiblichen jedoch sehr selten, weil ihre Harnröhre viel weiter und kürzer ist und deshalb kleine Steine leichter aus der Blase abgehen. Die Grosse dieser Harnblasensteine ist sehr verschieden, mitunter erreichen dieselben den Umfang eines Hühnereies; ihre
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Marnblasenstelne.
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Form ist mudlich, ihre Oberiläclie bald glatt, bald sehr rauh; die meisten sind sehr fest, zuweilen sind sie aber auch bröcklieh, quot;wie aus einzclnea Krystallcn zusammengeklebt. •— Aussei- den wirklichen Steinen finden sich, besonders bei mänulichcu Thieren, auch Anhäu fungen von sandförmigeu Massen und zwar oft in der Menge, so dass die Hälfte der Blase damit angefüllt ist. Man findet die Blasenstcine bei einzelnen Tbiergattungen in manchen Gegenden häufiger, als in anderen, so namentlich in kalkigen Gebirgsgegenden, wie in der Schweiz, Steiermark u. s. w. Am häufigsten sind sie bei Pferden, ziemlich häufig beim männlichen Kindvieh, seltener bei Hunden und noch weniger bei Ziegen, Schafen, Schweinen und Katzen. Beim männlichen Rind trägt vornämlich die Kriimniung der Harnröhre, wodurch der Urin mit Beschwerde und nur langlam abgesetzt wird, zur leichtern Bildung der Steine bei. Kleine Blasensteine und nicht #9632;mit rauher Oberfläche verscheue machen in der Regel keine Beschwerden, sie können aber in den Blasenhals und in die Harnröhre dringen und Harnverhaltung erzeugen, nur wenn sie die Grosse eines Taubeneies überschritten, verursachen sie Druck und Reizung. Manche Steine liegen beständig an einer Stelle, andere gleiten herum in der Blase und rufen so nur von Zeit zu Zeit die Symptome der Reizung hervor. Wenn im letztern Falle ein Stein sich in den Blasenhals lagert, können die Thiere den Urin entweder gar nicht oder nur tropfenweis von sich geben; sie nehmen dabei eine gestreckte Stellung an, wedeln mit dem Schweif, werfen sich bisweilen nieder u. s. w. Dies kann eine oder auch mehrere Stunden dauern und eine wirkliche Harnverhaltung werden (S. 733); zuweilen aber, wenn der Stein wieder mehr nach der Blase zurück gleitet, hören plötzlich alle Symptome auf und das Uriniren geht frei von statten. Bei grossen Steinen findet sich bisweilen als ein besonderes Symptom Lahmheit an einem Hinterschcnkel, ohne dass eine andere Ursache dieser Lahmheit zu entdecken wäre; und manchen Pferden geht bei angestrengtem Reiten und Fahren blutiger Urin ab. Untersucht man in solchen Fällen durch den Mastdarm, so fühlt man bei genauer Betastung der ganzen Blase, besonders wenn sie leer ist, den Stein. In zweifelhaften Fällen geschieht diese Untersuchung sehr zweckmässig, wenn das Thicr auf den Rücken gelegt ist. Bei der Untersuchung zeigen die Thiere gewöhnlich keinen Schmerz, aber zuweilen, besonders bei blutigem Urin, ist der Blasenhals und die Umgebung der Vorsteherdrüse geschwollen und empfindlich. Besteht Harnverhaltung, so fühlt man Stein in dem Blasenhalse. In solchen Fällen kann man auch den Stein fühlen, wenn man mit einer sogenannten Steinsonde (d. i. eine, der Länge der Harnröhre entsprechende, an ihrem vordem Ende etwas gebogene dicke Metallsonde) oder mit einer mit einem Metallknopf versehenen Fischbeinsonde eingeht, wo man dann auf einen harten Körper stösst. — Bei dem sandigen Niederschlage in der Blase sind ähnliche Erscheinungen von Harnbeschwerden, jedoch milder und treten in den meisten Fällen erst spät ein; bei der örtlichen Untersuchung fühlt man durch den Mastdarm in der Blase eine teigweiche [Masse, in welche man mit den Fingern Gruben drücken kann.
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inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Harnblasensteine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;799
—• Bei den Rindern findet man dieselben Zufälle, aber sie treten langsamer ein; und bei der örtlichen Untersuchung findet man die Steine wie beim Pferde. In manchen Fällen bestand Harnverhaltung durch 8—15 Tage, ohne dass sich Symptome eines grossen Leidens zeigten. — Schafe verfallen leicht in Harnverhaltung; sie werden traurig, drehen öfters mit dem Schwanz, heben die Nase auf und stellen sich zum Harnen fruchtlos oder pressen nur einzelne Tropfen hervor und geben dabei klagende Töne von sich. Die Huude stellen sich oft zum Uriniren, sie drängen dabei stark, aber vergeblich, zuweilen kratzen sie mit den Füssen, legen sich auf den Kücken und ziehen die Beine an.
Die Untersuchung auf Steine und Saud in der Blase findet gewöhnlich erst dann statt, wenn Harnbeschwerden oder Harnverhaltung eingetreten sind; sie muss daher mit Berücksichtigung der verschiedenen Ursachen der Harnverhaltungen und nöthigenfalls nicht nur am stehenden, sondern auch am liegenden Thiere mit der Hand (bei kleinen Thieren mit einem Finger) durch den Mastdarm geschehen und man muss dabei die Grosse, den Sitz und die Beweglichkeit des Steins erforschen.
Die Ursachen der Blas.enstelne liegen mehrenthcils im Dunklen. Zuweilen scheinen kleine Steine aus den Niereu durch die Harnleiter in die Blase zu gelangen, in der Regel entstehen aber die Steine in der Blase selbst, wenn der Urin zu reich an kohlensauren und an erdigen Salzen ist. Diese Beschalfenheit des Urins ist von der Nahrung und vom Getränk, z. B. von kalkhaltigem Wasser und von einer krankhaften Thätlgkcit der Nieren abhängig. Hierbei giebl sehr oft ein Blut- oder Schleirnklümpchcn, oder ein in die Blase gedrungener fremder Körper, die Gelegenheit zum Krystallisiren der Harn-salze und so zur Bildung der Steine.
Beurtheilung. Fast immer vergrösseru sich die Blasensteine all-mälig immer mehr und geben zur Eutzi'mduug und Entartung der Blase, so wie zu gefährlichen llarnverlialtungen Gelegenheit; sie sind in der Blase nicht aufzulösen, sondern nur durch den Blasenschnitt zu entfernen. Der sandige Niederschlag ist in einzelnen Fällen durch urintreibende Mittel zu mindern und durch mechanische Mitwirkung mittelst der Hände gänzlich zu beseitigen. Zuweilen gelingt es auch, die krankhalte Absonderung uinzustiinmcn.
Die Hilfe ist bei den Blasensteincu der Thiere fast nur auf die Operation des Blasen- oder des sogenannten Steinschnit-tes beschränkt. Zur Ausführung derselben bereitet man die Thiere zuerst, wenn nicht Harnverhaltung besteht, während 24 Stunden zur Operation vor, indem man ihnen nur wenig Futter, aber hinreichendes Getränk giebt. Dann wartet man den zur Operation günstigen Moment, wo die Blase mit Urin angefüllt ist, ab, reinigt vor der Operation den Mastdarm durch Klystiere und mit der Hand und spannt dann die Thiere an den llintcrfüsseu, bremst sie und lässt sie durch Gehilfen gehörig festhallen; oder man legt sie, wenn nicht eben eine Harnverhaltung besteht, vorsichtig nieder, bindet ihnen die Füsse jeder Seite zusammen, zieht dieselben dann mittelst Gurten
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Harnblasensteine. Schlundschnitt. '
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und Stricken nach vorn und befestigt sie an einen um den Hals gelegten Gurt. Hierauf lässt mau ihnen eine Rückenlage geben und durch einen besondern Gehilfen den Schwanz nach einer Seite hinziehen.
Die Operation kanu bei männlichen Thieren nach zwei Methoden ausgeführt werden, nämlich:
1)nbsp; durch das obere Ende der Harnröhre und den Blasenhals und
2)nbsp; durch den Mastdarm.
Die erstere Methode wird am gewöhnlichsten in Anwendung gebracht, weil sie weniger mit Gefahr begleitet und die bei ihr entstandene Wunde leichter heilbar ist. Zu ihrer Ausfuhrung macht man zuerst die Harnröhre im Mittelfleische etwas mehr sichtbar, um ihr Auffinden und das Eindringen in sie zu erleichtern. Für diesen Zweck bringt man entweder bei Pferden eine eiserne 2$ Fuss lange, 3 Linien dicke, am vordem Ende nach der Krümmung der Harnröhre gebogene und an der convexen Seite mit einer Rinne versehene Sonde in die Harnröhre auf die Weise, wie der Katheter eingebracht zu werden pflegt; besser aber ist es, einen elastischen Katheter oder eine entsprechend lange und dicke Fischbeinsonde bis zu dem Blasenhalse in die Harnröhre einzuführen', oder auch die letztere mit lauwarmem Wasser oder mit einer schleimigen Flüssigkeit mittelst einer Spritze vollzuspritzeu. Im letztern Falle muss man, um die Flüssigkeit in der Harnröhre zu erhalten, ein breites Band über der Eichel um das Glied legen und dasselbe hierdurch massig fest zusammenschnüren; in den andern Fällen lässt man die Sonde oder den Katheter während der Dauer der Operation durch einen besondern Gehilfen in der Harnröhre erhalten. Nach geschehener Ausdehnung der Harnröhre macht man mit einem geballten Bistouri unmittelbar unter dem After in der Mittellinie des iMittelfleisches einen ungefähr 11—2^- Zoll langen Schnitt durch die Haut, durch die sehr dünne sehnige Ausbreitung, durch den After-Ruthenmuskel und den Harnschneller bis auf die hintere Wand der Harnröhre selbst. Dieser Schnitt muss vorsichtig mit sanften Messerzügen auf die Weise gemacht werden, dass die Wunde äusserlich etwas länger als in der Tiefe und an ihrem untern Winkel recht eben erscheint, damit Infiltrationen des Urins vermieden werden. Girard') hat empfohlen, den Schnitt nicht in der Mittellinie, sondern ein wenig seitlich neben der Harnröhre zu machen, weil man dann bei dem weitern Aufspalten der Harnröhre nach oben am besten Verwundungen des Mastdarms, der Arterien und des Bulbus urethrae vermeidet, während diese Theile bei dem Aufschneiden der Harnröhre in der Mittellinie leicht betroffen werden. #9632;— In die blossgclegte Harnröhre macht man einen Einstich oder Einschnitt mit einem spitzen Bistouri und führt dann in denselben eine Hohlsonde mit ihrer Spitze nach dem Bla-seuhalsc zu, die Rinne nach oben gekehrt. Dass man in die Harn-
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') Memoires sur les calculs vesicaux et i'operation de la Taille dans le cheval. Paris 1823.
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Die Harnblasensteine. Blasenschnitt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 801
röhre wirklich eingedrungen ist, zeigt das Sichtbarwerden des Katheters oder der Sonde, oder auch das Ausfliessen der vorher in den Kanal injicirten Flüssigkeit. In die llohlsonde, von ihrer Kinne geleitet, setzt man das Knopfbistouri und schneidet die Harnröhre und den hintern Theil der Blase durch, indem man das Messer nach oben und ein wenig seitlich neben dem After vorwärtsschiebt. Wenn der Blasenhals eingeschniiteu ist, entsteht sogleich ein reichlicher Aus-fluss des Urins. Die Grosse der hier zu machenden Wunde muss immer der Menge des Urins in der Blase entsprechend sein und ungefähr bei Pferden 1^ bis 2 Zoll betragen. Gleich nach dem Aufspalten des Blasenhalscs geht man unter der llohlsonde mit dem linken Zeigefinger in die Blase ein und leitet an ihm sogleich die mit Oel bestrichene Steinzange geschlossen in dieselbe und sucht mit ihr den Stein auf, indem mau die Zange mit der coneaven Seite nach dem Schaambeiu gekehrt allmalig tiefer einführt und sie dabei beständig von rechts nach links und wieder zurück halb um ihre Längenaxe wendet. Zuweilen bleibt der Stein während der Operation an derselben Stelle liegen, wo man ihn vorher bei der Untersuchung durch den Mastdarm gefunden hatte und es ist deswegen zweckmässig, die Zange bis zu dieser Stelle hinzuführen. Findet man ihn aber aul die bezeichnete Weise nicht, so muss man die Untersuchung durch den Mastdarm wiederholen und die Zange dann dahin führen, wo man ihn eben fühlt. Man erkennt das Auffinden des Steins durch den eigenthümlichcn harten, gewissermassen metallischen Ton, welcher bei dem Anstossen der Zange an den Stein entsteht. Ist der Stein gefunden, so ölfnct man vor ihm die Zange ganz vollständig, schiebt sie dann noch etwas tiefer in die Blase, so dass ein Zangen-löd'el rechts und der andere links neben dem Steine liegt und drückt hierauf ihre Handgriffe langsam und massig fest aneinander. Nach der Regel soll der Stein in seinem schmalen Durchmesser ergriffen werden, um ihn so möglichst leicht durch die Wunde zu bringen; dies ist jedoch nicht immer möglich, wenigstens nicht, so lange der Stein im Grunde der Blase liegt; hat man ihn aber bis zu dem Bla-senhalse gebracht, so kann man die Zange öffnen, dem Stein durch die in den Mastdarm geführte Hand eine andere Lage geben, ihn dann von Neuem ergreifen und herausziehen. Wenn der Stein in der Blase mit der Zange allein nicht gut zu erfassen ist, so kann man zur IMithülfe die in das Uectuin geführte Hand benutzen. Dass der Stein sich in der Zange befindet, fühlt mau wieder an dem harten Ton bei dem Schliessen derselben und ausserdem ist das letztere in dem Verhältnisse unvollständig, wie eben der Stein gross ist. Nach dem Erfassen legt man den Zeigefinger der rechten Hand zwischen die beiden Handgrilfe, um das zu feste Zusammendrücken und die Zermalmung des Steins, wie auch, um Quetschungen der Wundränder oder der Blasenwandungen zwischen dem Schloss der Zange zu verhüten. Um zu erforschen, ob letzteres geschehen ist, macht man mit der Zange eine halbe Drehung um ihre Achse, und wenn dieselbe ohne Widerstand gelingt, zieht man Zange und den Stein allmalig aus der Wunde hervor. Das Hervorziehen gelingt jedoch
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g02nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die Harnblasensteine. Blasenschnitt.
in manchen Fällen sehr schwer, in anderen gar nicht, weil entweder 1) die Blase sich zu sehr zusammengezogen hat; oder 2) weil die Wunde im Verhältniss des Steins zu klein ist; 3) weil der letztere nicht in seinem schmalen Durchmesser erfasst ist; 4) weil er in seiner sackartigen Vertiefung liegt und 5) weil er zu zerbrechlich ist.
Das sub 1. angegebene Ilinderniss tritt am häutigsten ein, besonders wenn der Schnitt im Blasenhalse sehr gross gemacht ist und in Folge dessen der Urin sich plötzlich entleert, besonders bei sehr reizbaren Thieren, oder auch wenn man mit dem Einfuhren der Zange nicht gleich nach gemachtem Schnitte vorgeht. Man spritzt hier durch die Wunde irgend eine lauwarme, schleimige oder selbst narkotische Flüssigkeit in die Blase und versucht dann die Einführung der Zange sogleich und wiederholt es nöthigenfalls noch mehrmals. #9632;— Eine zu kleine Wunde muss mittelst des Knopfbistouris auf dem in den Blasenhals geführten Finger bis zur erforderlichen Weite vergrössert werden. 1st aber der Stein so übermässig gross, dass die Spaltung des ganzen Blaseuhalses zur Herausbefürderung nicht genügt, so muss mau entweder den Stein mittelst der Zange zu zerdrücken versuchen, was aber nur bei mürben Steinen gelingt, oder mau dehnt die Wunde und den Blasenhals durch allmälige Erweiterung der Steinzange mein- und mehr aus, bis die nöthige Weite zum Durchführen des Steines gewonnen ist. Dieses Verfahren ist jedoch wegen der hierbei entstcheudeu Quetschung und möglichen Zerreissung der Blase ein gewagtes Unternehmen. #9632;— Das sub 3. angegebene unrichtige Erfassen des Steins bemerkt man, wenn derselbe nicht herauszubringen ist und wenn man in Folge dessen durch den IMastdarm fühlt, sehr deutlich. Man öffnet die Zange etwas, schiebt den Stein vom Rectum her in eine andere Richtung und eriasst ihn dann wieder in dieser. — Das sub 4. genannte Hinderniss ist durch genaues Befühlen des Steins und der Blase in seiner Umgebung mit der in den Mastdarm gebrachten Hand zu erkennen und die Hülfe hierbei leistet man auf die Weise, dass man den Stein ebenfalls mit der in das Rectum geführten Hand durch die Blase hindurch ergreift und ihn aus der eingesackten Stelle hervorzieht, worauf er mit der Zange in vorher angegebener Weise entfernt werden kann. — Die zu grosse Mürbigkeit mancher Steine ist schuld, dass dieselben bei dem Schllessen der Zange zerbrechen und hierdurch ihr Herausziehen erschwert wird; indem man genöthigt ist, mit der Zange zu wiederholten Malen in die Wunde und in die Blase einzugehen und die zurückgebliebenen grösscru Stücke in derselben Weise, wie vorher den ganzen Stein aufzusuchen, zu erfassen und herauszuziehen. Die kleineren Stückchen sucht man durch wiederholtes Einspritzen einer schleimigen Flüssigkeit, oder auch blos durch warmes Wasser aus der Blase zu spülen. Manche Thierärzte empfehlen das Herausholen der kleinen Steinstückchen mittelst eines lölfelartigen Instrumentes; dies ist jedoch mit grösserer Mühe uud mit mehr Reizung verbunden, als das Herausholen derselben durch die Injectionen. In. derselben Weise muss man auch verfahren, wenn man genöthigt war, wie
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Harnblasensteine. Blasenschnitt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 803
sub 2. angegeben ist, einen zu grossen Stein durch Zerdrückung zu zerkleinern. Nachdem der Stein entfernt ist, muss man noch einmal die Blase durch den Mastdarm untersuchen, um zu erforschen, ob dieselbe nun ganz frei von den Concretionen ist, oder ob noch irgend wo ein üeberrest sich befindet, welchen man dann in der angegebenen Weise entfernen miisste.
Nachdem der Schnitt in die Blase geschehen ist, kann der Katheter, oder die Sonde, oder das um das Glied gelegte Band entfernt werden. — Die etwa entstandene Blutung stillt man sogleich durch die Unterbindung oder die Torsion und durch kaltes Wasser. — Es entsteht nach der Operation immer eine Entzündung der verletzten Theile; ist diese massig, so darf man nur örtlich kalte Umschläge von Wasser oder Bleiwasser machen, erreicht sie aber einen hohen Grad, so sind auch Blutentziehuugen und innerlich einige Gaben von Kalomcl, bis Laxiren entsteht, anzuwenden. Der Urin fliesst nach der Operation zum Theil durch die Harnröhre, zum Theil durch die Wunde aus und diese wird durch den letztern Umstand gewöhnlich schwielig und ihre Heilung erfolgt schwer. Um diese üble Wirkung und zugleich das Einsickern des Urins in das Zellgewebe neben der Harnröhre zu verhindern, ist es zweckmiissig, gleich nach der Operation die Wunde mit Collodium, oder in Ermangelung desselben, mit Gerat zu bestreichen. Man hat auch für diesen Zweck vorgeschlagen, einen Katheter für den grössten Theil der Heilungszeit in der Wunde liegen zu lassen, um den Urin durch ihn auszuleeren; allein dies ist sehr umständlich und bei sehr reizbaren Pferden, so wie bei den übrigen Thieren, wegen der doppelten Krümmung ihrer Harnröhre nicht gut auszufahren. Dagegen ist es zweckmässig, den Thieren in der ersten Zeit wenig Getränk zu geben, damit sie weniger Urin bereiten. #9632;— Wenn die Harnröhre sich im Umfang der Wunde bedeutend ^verdickt, so wird hierdurch immer eine Verengerung ihres Lumens herbeigeführt und dadurch der Urin um so mehr gezwungen, durch die Wunde abzufliessen. Es entsteht eine Harnfistel. In diesem Falle wendet man die graue Mcrkurialsalbe, 'die .Todsalbe in Verbindung mit Extract. Hyoscyami oder Extract. Bella-donnae und warme Breiumschläge von narkotischen und schleimigen Mitteln auf die verletzte Stelle und ihre Umgebung an und erweitert nöthigenfalls die Harnröhre mittelst Durchschneidung der verdickten Wände.
2) Der Blasenschnitt durch den Mastdarm findet nach Girard besonders dann Anwendung, wenn die Blasensteine so gross sind, dass man sie durch den Blasenhals und somit nach der ersten Methode nicht entfernen kann, ohne die betreffenden Theile grob zu zerren oder zu zerreissen; in anderen Fällen ist sie aber weniger zu empfehlen, weil die Wunde des Mastdarms durch Koth u. s. w. beständig verunreinigt wird und deshalb schwer zu heilen ist, auch weil Theile der Exkremente in die Blase dringen und hier die Anhaltspunkte für neue Concretionen bilden können. Ausserdem kann auch in unglücklichen Fällen der Urin sich in die Bauchhöhle er-giessen, wenn der Schnitt ein wenig weit nach vorn, da wo die
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Harnblasensteine. Blasenschnitt.
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Bauchhaut die Blase überzieht, gemacht wird. Bei kleinen Thieren ist diese Methode wegen Enge des Raumes im Mastdarm gar nicht anwendbar.
Die Ausführung dieser Operation geschieht, indem man die linke Hand in deu Mastdarm führt, die letztere mit den Fingerspitzen etwa 3 Zoll von dem After entfernt auf die Blase setzt und dann, an dieser Hand und den Fingern geleitet, mit der rechten Hand ein gerades Bistouri in deu iMastdann führt und dasselbe durch die untere Wand in die Blase sticht. Das Messer wird hierbei mit der Schneide nach der Aftermundimg zu gebalten und bei dem Zurückziehen desselben aus der Blase erweitert man in dieser Richtung die Wunde auf 1Y, selbst bis auf 2^ Zoll Länge, je nach der Grosse des Steins. Hierbei wird die untere Wand ties Mastdarms, die obere Wand der Blase an ihrem hintern Ende und ein Theil des Blasenhalses, meh-rcntheils auch der hintere Hand der Vorsteherdrüse verletzt. Gleich nach dem Herausziehen des Messers dringt man mit zweien von den in der iNähc befindlichen Fingern der linken Hand in die Blase und sucht entweder mit ihnen unmittelbar den Stein zu erfassen, oder man hält nur mit ihnen die VVundränder auseinander und leitet an ihnen die in das Rectum geführte Steiuzange in die Blase ein und sucht den Stein mit derselben zu erfassen und herauszuziehen.
Die Nachbehandlung ist auf öftere Reinigung des Mastdarms mittelst schleimiger Klystiere und auf magere Diät beschränkt.
Den oben erwähnten erdigen Bodensatz in der Blase kann man versuchen dadurch zu entfernen, dass man durch einen Katheter oft wiederholt die Blase mit Seifenwasser füllt und dann dasselbe durch gelindes Drücken milleist der in den Mastdarm eingeführten Hand weder entleert. Im äussersten Fall muss ebenfalls der Blasenschnitt durch den ßlasenhals gemacht und dann dieser Niederschlag theils durch einen schmalen Löffel, theils durch oft wiederholte Injectionen von schwachein Seifenwasser entfernt werden.
Obgleich bei den weiblichen Thierc die Steine gewöhnlich durch die weile Harnröhre abgehen, so geschieht es doch zuweilen, dass sie sich längere Zeit in der Blase aufhalten und eine ungewöhnliche Grosse erreichen, und eben so häuft sich zuweilen das erdige Sediment in der Blase bei ihnen an. Es entstehen dadurch dann eben solche Zufälle, wie bei den männlichen Thieren, und man fin-•det bei der Uulcrsuchuug mit dein in die Harnröhre eingeführten Finger, oder bei kleinen Thieren mit einer Sonde, den Stein in der Harnröhre oder im Blasenhalse festsitzend, selbst tiefer in der Blase. Um hier die Steine zu lösen und zu entfernen, genügt häufig die künstliche Erweiterung des Blasenhalses oder der Harnröhre. Alan bewirkt dieselbe, nachdem das Thier gebremset und gehörig befestigt ist, durch allmälige Ausdehnung entweder mit einem Finger oder bei kleinen Thieren auch mittelst einer recht dünnen Kornzange, welche letzlere man geschlossen einführt und sie nach und nach weiter öffnet. Dies darf jedoch immer nur sehr vorsichtig geschehen, damit keine Zen-eissungeu entstehen. Gelingt dies aber nicht, so kann man die Harm-öhre auf den Anfang des Blasenhalses vorsichtig einschnei-
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Harnrührensteine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;805
den und hierdurch erweitern. Dies geschieht, indem man bei gros-sen Thieren einen Finger, bei kleinen eine Hohlsonde in die Harnröhre bringt und, hiernach geleitet, mit einem schmalen Knopfbis-touri den Blasenhals in der Richtung nach vorn etwa 6 bis 8 Linien tief einschneidet. Hierauf kann man den Stein mit der Zange oder auch selbst mit einem Finger hervorziehen. Ein sandiger Niederschlag kann bei den Stuten mittelst eines kleinen Löffels und durch Einspritzungen von warmem Wasser beseitigt werden.
Die Nachbehandlung besteht in Einspritzungen von kaltem Wasser in die Scheide, in Ruhe und in magerem Futter.
Bei allen mit Blaseusteiuen behafteten Thieren ist Veränderung der bisherigen Nahrungsmittel und des Getränks, selbst Versetzung in eine andere Gegend, nützlich, um die Neigung zur Steinbildung im Urin zu beseitigen.
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Viertes Capitel.
Die Harnröhrensteine.
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In der Harnröhre männlicher Thicrc finden sich Steine, welche aus der Blase in sie mehr oder weniger tief eingedrungen sind. Am häufigsten findet man sie bei männlichen Kindern, weniger oft werden sie bei Schaafen, bei Hengsten und Wallachen und bei männlichen Schweinen und Hunden gefunden. Gewöhnlich sind diese Steine rundlich oder länglich-rund, glatt, zuweilen aber auch mit Ecken und Spitzen versehen. In der Regel ist nur ein Stein zugegen, in seltenen Fällen haben sich deren auch zwei und mehrere vorgefunden. Bei Pferden hat man sie an verschiedenen Punkten, vom Blasenhalse bis zur Eichel und, im Vergleich zu anderen Thieren, am grössten gefunden, z. B. in der Grosse eines Taubeneies und selbst einer Wall-nuss. Bei dem Rindvieh sitzen sie zwischen der Sitzbeinsfiigung und dem oberen Ende des Hodensackes, gewöhnlich an oder in der zweiten (der S-fgrmigen) Krümmung der Harnröhre (weil hier dieselbe bedeutend enger wird und weil die Krümmung an sich den Durchgang erschwert). Bei Schaafen findet mau die Steine mehrcnthcils zwischen der S-formigcn Krümmung und dem vorderen Ende des Gliedes (weil die Harnröhre hier am engsten ist), zuweilen aber auch in der Krümmung und selten über ihr. Bei Hunden können sie im ganzen Verlauf der Harnröhre sitzen, gewöhnlich aber findet man sie am oberen Ende des Ruthenknochens. Bei dem Rindvieh sind diese Steine ungefähr von der Grosse einer Erbse bis zu der einer kleinen Bohne, bei den übrigen Thieren etwas kleiner. Die
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Harnröhrensteine.
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glatten Steine sind zuweilen durch Druck mit den Fingern von der Stelle, wo man sie zuerst findet, etwas zu verschieben, zuweilen sind sie aber sein- eingeschnürt und festsitzend und die mit Rauhigkeiten verseheneu Steine verändern in der • Regel ihren Ort nicht.
Man erkennt das Dasein eines Steins in der Harnröhre aus einem öfters wiederholten Drängen zur Urinentleerung, wobei aber entweder gar kein Urin, oder nur einzelne Tropfen, oder ein dünner Strahl mit Mühe entleert wird; bei der örtlichen Untersuchung findet man weder die Ilarnröhreninünduiig verstopft, noch irgend ein Ilinderniss in der Harnblase (siebe Harnverhaltungen Seite 735), wohl aber bei wirklicher Harnverhaltung die Harnröhre im Mittelfleisch bis zu der Stelle, wo der Stein sitzt, sehr ausgedehnt und elastisch lluctuirend, und unter der ausgedehnten Parthie dieses Theils fühlt man bei sorgfältigem Betasten immer eine Härte in der Harnröhre an der Stelle, wo eben der Stein sitzt; bei stärkerem Druck zeigen die Thiere an dieser Stelle mehr oder weniger Schmerz; bei dem Einfuhren eines Katheters oder einer entsprechenden Sonde in die Harnröhre fühlt man au der betreffenden Stelle Widerstand durch einen fremden Körper. Ausserdem findet mau in der Regel auch die Harnblase voll von Urin, ja zuweilen bedeutend ausgedehnt. Bei allen Thieren finden sich die bei den Harnverhaltungen (Seite 733) angegebenen Symptome bald mehr, bald weniger ausgebildet hinzu, jedoch treten dieselben bei dem Rindvieh gewöhnlich erst nach Verlauf von mehreren Tagen deutlich erkennbar hervor; die Thiere zeigen vielmehr während der ersten Tage guten Appetit, kein Fieber, ein munteres Benehmen und auch verhältnissmässig sehr geringe Urinbeschwerden, obgleich sie wenig oder gar nicht harnen. Man kann bei diesen Thieren fast in allen Fällen annehmen, dass, wo Erscheinungen der wirklichen Harnverhaltung und allgemeine Krankheitssymptome bemerkbar werden, das Ucbel bereits seit mehreren Tagen besteht. Diese allgemeinen Symptome sind unruhiges Hin- und Hertreten, Schlagen mit den Füssen nach dem Leibe, fruchtloses Drängen zur Harnentleerung, Traurigkeit, Zurücktreten von der Krippe und etwas beschleunigter Puls u. s. w.
Bei Schaafen treten dagegen die Erscheinungen gleich vom Anfange an deutlicher hervor, indem die Thiere das Futter versagen, sich ruhig in einen Winkel des Stalles stellen, auf der Weide zurückbleiben, den Hals öfters dehnen und strecken, den Kopf zur Erde senken, mit den Zähnen knirschen und oft auch aus dem Maule geifern; dabei stellen sie sich oft mit den Hinterfüssen breit, wedeln mit dem Schwänze und heben den Kopf in die Höhe und geben einen schmerzhaften, blökenden Ton von sich, während mitunter einige Tropfen Urins abgehen. Um bei den erwähnten Erscheinungen und bei der Anfüllung der Blase noch sicherer zu wissen, ob die Thiere nicht uriniren können, hält man einem Schaafe durch einige Sekunden die Nase zu, worauf es gewiss harnt, wenn kein Hinderniss vorhanden ist.
Hunde zeigen sich bei einem Stein in der Harnröhre unruhig,
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Harnröhrensteine. Harnröhrenschnitt.
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stellen sich oft vergeblich zum Uriniren, oder sie pressen nur einige Tropfen hervor; durch den After fühlt man die Blase sehr voll, den Blaseuhals aber gesund, und zuweilen fühlt man den Stein in der Harnröhre und bei angebrachtem Druck zeigen die Thiere deutlichen Schmerz. Fast immer kann man mittelst einer Sonde den Stein deutlich fühlen.
Beurtheilung, Die Steine in der Harnröhre verursachen örtlich Reizung, Entzündung, zuweilen selbst Eiterung oder Brand, doch kommt es zu diesen letzteren beiden Ausgängen sehr selten, da die Thiere in der Regel eher an Entzündung und Berstung der Blase und an den Folgen derselben zu Grunde gehen. Die Berstung der Blase erfolgt bei verschiedenen Thieren bald schneller, bald langsamer und es tritt in Folge derselben gewöhnlich grössere Mattigkeit, Fieber mit kleinem, schnellem Puls, stierer Blick, mehr angestrengtes Ath-men, Ausdehnung des Bauches, selbst ödematöse Anschwellung an der untern Wand desselben und zuweilen schon nach 3 Tagen, gewöhnlich aber erst nach 8 Tagen und bei dem Rindvieh nicht selten erst nach 14 Tagen der Tod ein. Nur in seltenen Fällen löst sich ein Stein aus der Stelle, in welcher er gleichsam eingeschnürt ist und geht entweder durch die Harnröhre nach aussen ab, öderer weicht wieder in die Blase zurück. Thiere, welche einmal diesem Uebel unterworfen waren, leiden zuweilen nach einiger Zeit an Rückfallen.
Die Kur besteht nur allein in der Entfernung des Steins aus der Harnröhre. Dieselbe kann bei Pferden dadurch versucht werden, dass man Einspritzungen von Schleim oder von einem milden Oel in die Harnröhre macht, dann das Glied über der Eichel zusammendrückt und die Flüssigkeit in der Harnröhre durch Streichen mit der Hand gegen den Stein treibt, hierdurch die Harnröhre erweitert und den letzteren löst, so dass man ihn dann durch gelindes Streichen und Drücken von oben nach unten zu der Mündung der Harnröhre drängen kann. Morton l) zerdrückte sogar einen Stein der Harnröhre und konnte dann die Stücke leicht entfernen. Bei den übrigen Thieren ist ein solcher Versuch nicht anwendbar und auch bei Pferden gelingt er nicht immer. Es bleibt dann hier und so auch immer bei den übrigen Thieren nichts anderes zn thun übrig, als der Harnröhrenschnitt.
Der Harnröhreuschnitt (Urethrotomia) kann bei recht ruhigen Pferden und Rindern im Stehen gemacht werden, nachdem dieselben gespannt, gebremset und von Gehülfen gehörig fest gehalten sind; da aber die Thiere hierbei selten in der nöthigen Ruhe aushalten, so ist es in den meisten Fällen nöthig, abzuwarten, bis sie sich von selbst niederlegen, oder man sucht sie möglichst sanft auf eine recht hohe Streu niederzulegen. Jedes zu plötzliche Niederwerfen der Thiere kann bei der Fülle der Blase leicht eine Berstung
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') On calculous concretions in the horse etc. bildiingen.
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London 1844. Mit Ab-
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Harnrührensteine. Harnrührenschnitt.
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derselben herbeifiihren. Die Thieve werden auf die linke Seite gelegt, der rechte Uiuterftass wird entweder auf den rechten Vorarm gebunden, oder mittelst eines Strickes oder Gurtes au den Hals gezogen. Schaafc und Hunde legt man auf einen Tisch, am besten auf den Rücken, und bindet die Fasse jeder Seile kreuzweis an einander; Hunden bindet man zugleich das Maul zu. Hierauf fühlt man an die Stelle der Harnröhre, wo man früher den Stein gefunden, ob derselbe auch jetzt, nach dem Niederlegen, noch an derselben Stelle liegt. Ist dies der Fall, so macht man unmittelbar auf dem Stein einen der Grosse desselben entsprechenden Einschnitt, bei Pferden von circa li Zoll Länge, bei Rindern ebeu so, bei Schaa fen einen Schnitt von etwa einem Zoll. Man spaltet in der Längen-richtuug der Harnröhre die Haut, das Zellgewebe und die hintere oder untere Wand der Harnröhre selbst, und presst dann den Stein aus der letztem hervor oder zieht ihn mit einer Pinzette heraus. Bei dem Einschneiden hat man darauf zu sehen, dass die Wundrän-der recht gleichmässig und eben werden, und dass an dem untern Winkel (das Thier stehend gedacht) in den durchschnittenen Schichten keine Höhlen sich bilden, in welche der Urin infiltriren könnte. Nach Entleerung des Urins wird gewöhnlich nur sehr geringe Blutung gestillt (am besten durch kaltes Wasser), auch wohl die Wunde durch die Naht, oder Collodium oder ein Heftpflaster geschlossen; doch sind hierüber die Ansichten verschieden. Viele Thieriirzte lassen die Wunde offen und heilen sie durch Eiterung, weil dabei weniger leicht Infiltrationen des Urins in das Zellgewebe entstehen. — In denjenigen Fällen, in welchen man den Stein äusserlich nicht deutlich fühlt, was besonders bei Hindern öfters vorkommt, macht man den Einschnitt da, wo das Thier bei dem lleruntcrstreichcn mit den Fingern an der Harnröhre Schmerz änssert; und wenn auch dieses Merkmal fehlt, schneidet man gerade über dem Scroto, möglichst nahe der S-förmigen Krümmung, in die Harnröhre ein, weil dann, wie oben angedeutet, der Stein gewöhnlich in diesem Theile der Harnröhre steckt. Bei dem Rindvieh und bei Schaafen kann man, nachdem der llaulschnilt an dieser Stelle gemacht ist, die S-förmig gekrümmte Harnröhre mit den Fingern umfassen, aus der Haut hervorziehen und den Einschnitt in sie an der Stelle machen, wo mau nun eben den Stein gefunden hat; doch ist dabei zu bemerken, dass der Schnitt nicht über dem Stein nach dem After zu, sondern lieber eine Linie unter ihm gemacht werden soll, weil dann der Stein leichter zu entfernen ist und der Urin sich nicht so reichlich zwischen die verwundeten Theile ergiesst, wie wenn der Schnitt über dem Stein gemacht worden ist. Nachdem der Stein hervorgepresst oder mit einer Pinzelte herausgenommen worden ist, geht man mit einer Sonde in die Harnröhre und untersucht mit ihr dieselbe nach oben und unten, ob sie völlig frei oder ob noch ein zweiter Stein zugegen ist. Im letzteren Falle bemüht man sich, denselben durch gelindes Drücken und Streichen zur Wunde hinzubewegen und durch dieselbe zu entfernen. Sollte dies nicht nützlich sein, so muss an der Stelle, wo der Stein eben fest-
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Harnröhrensteine. Harnrührenschnittnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;809
sitzt, ein zweiter Einschnitt auf dieselbe Weise gemacht und verfahren werden, wie angegeben ist. Nach dem Aufstellen stellen sich die Thiere gewöhnlich zum Uriniren, und wenn man sieht, dass dasselbe im vollen Strahl geschieht, kann man annehmen, dass die Harnröhre völlig frei und die Operation gelungen ist. Wenn der Urin während der Operation durch die Wunde vollständig abgeflossen ist, findet das Urinircu gewöhnlich eist nach mehreren Stunden statt. Dieterichs1) hat empfohlen, in denjenigen Fällen, wo der Stein nicht von aussen gefühlt wird, immer den Einschnitt zwischen dem Blasenhalsc und der S-förmigen Krümmung zu machen und dann mit einer Sonde den Stein in der Harnröhre aufzusuchen; dies ist jedoch, wenn man auf die im Vorstehenden angegebene Weise verfährt, nicht nothig und ausserdem auch nicht zweckmäs-sig, weil der Urin sich dann gewöhnlich vollständig entleert, die Harnröhre sich zusammenzieht und der Stein dadurch mehr fest eingeschnürt, oft auch eine zweite Oefl'uung noting wird.
Da zuweilen die Heilung der Harnrölnenwunden schwer gelingt und Fisteln zurückbleiben, bei welchen beständig der Urin den Thie-ren an den Schenkeln herunterläuft und die Haut wund macht, so hat Rächer2) bei mehreren Ochsen eine —| formige Röhre von Blei gleich nach der Operation in die Harnröhre eingesetzt und sie in derselben einwachsen lassen. Die Thiere uiiniren dann durch diese Röhre nah hinten, last in ähnlicher Weise wie die Kühe.
Bei Schaafböcken und Ilannncln wird die Operation ein wenig abweichend von dem angegebenen Verfahren auf die Weise ausgeführt, dass der Operateur mit den Fingern der linken Hand die Vorhaut erfasst, sie etwas erweitert und zurückschiebt, darauf aber mit der rechten Hand den gewöhnlich in die Höhe gezogenen Penis von aussen, vom JVlittelfleisch her, hervorschiebt; ein Gehülfe ergreift dann denselben und der Operateur, der indessen seine rechte Hand frei bekommen hat, führt eine dünne Metallsonde durch die Mündung der Harnröhre bis zu dem Stein. Neben demselben drängt man die Sonde nach hinten, um äusserlich die betreffende Stelle bemerkbar zu machen, und lässt sie von einem GehiiHen genau eben so halten. Hierauf scheert man an der hervorgedrängten Stelle die Wolle im Verlaufe der Harnröhre gegen zwei Zoll lang und einen Zoll breit gründlich ab. Nun macht man daselbst einen sechs bis zwölf Linien langen Hautschnitl, präparirt das unter der Haut liegende Fett rein ab und durchschneidet die Harnröhre etwa vier Linien laug gerade auf dem Knopf der Sonde, drängt dann mit den Fingern den Stein zu der Oeflhung, ergreift ihn mit einer Pinzette und zieht ihn hervor.
Bei Hunden verfährt man im Wesentlichen eben so.
Wenn sich bei einem Thiere der Stein iu dem untern Theile der Harnröhre, wo der Penis von der Vorhaut bedeckt ist, findet,
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') Handbuch der Veterinär-Chirurgie. Seite GIO. Berlin 1.822. J) Archiv Schweizer Thierärztc. Bd. I. Stück 4. Seite 47.
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Vorhautsteine.
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und derselbe nicht durch die Mündung hervorgepresst werden kann, so ist auch hier entweder der Einschnitt an der betreffenden Stelle in die Harnröhre zu machen, oder auch die Harnröhrenmündung durch Aufspalten zu erweitern.
Die Nachbehandlung besteht am ersten Tage in der fleissigen Anwendung des kalten Wassers auf die Wunde und später, #9632;wenn Eiterung eintritt, in Waschungen mit schleimigen Mitteln. Wird die Wunde callös, so betupft man sie von Zeit zu Zeit mit Höllenstein und macht dann warme Umschläge von schleimigen Mitteln. Zuweilen entstehen durch Infiltration des Urins in das Zellgewebe neben der Harnröhre grosse üedeme an dem unteren Theile des männlichen Gliedes, am Scrotum und au der Vorhaut; diese Anschwellungen scarifich-t man und wäscht sie mit geliud aromatischen und zusammenziehenden Mitteln. Uebrigens müssen die Thiere in der ersten Zeit ruhig gehalten, wenig getränkt und mit milden Nahrungsmitteln in massiger Menge ernährt werden.
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Fünftes Capitel.
Die Vorhautsteine.
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Bei männlichen Pferden kommen zuweilen, bei Schweinen sehr oft Steine in den blinden Taschen der Vorhaut vor, weil bei diesen Thieren sich Urin in dem frühern sackförmigen Theil, der eben die Taschen bildet, ansammelt. Diese Steine sind meist länglich-rund, bei Pferden oft zwei bis drei Zoll lang und gegen einen Zoll dick, bei den Schweinen sind sie eben so geformt oder auch kugelförmig, von der Grosse einer Haselnuss bis zu der einer Wallnuss; bei beiden ist die Oberfläche mit warzigen und spitzigen Erhabenheiten besetzt und rauh. So lange diese Concremente nicht die bezeichnete Grosse erreicht haben, veraidassen sie gewöhnlich keine nachtheiligen Folgen, dann aber drücken und reizen sie und erzeugen in manchen Fällen Urinbeschwerden, indem sie den Abgang des Harns aus der Harnröhre bald mehr, bald weniger hindern, so dass die Thiere eine ungewöhnlich lange Zeit zu diesem Geschäft brauchen.
Man erkennt den Zustand leicht, wenn mau, aufmerksam gemacht durch das beschwerliche Uriniren, die Vorhaut in ihrem ganzen Umfang, und besonders nach oben und hinten, mit den Fingern untersucht und dabei den rauhen, festsitzenden Stein fühlt.
Als Ursache ist lediglich das beständig wiederholte Einsickern
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Vorhautsteine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 811
des Urins in die bezeichneten Taschen der Vorhaut und das Verweilen desselben in ihnen zu betrachten; die Steine bilden sich dann durch Krystallisation der Ilarnsalze.
Die Eeurtheilung ist günstig, denn man kann die Steine leicht entfernen.
Die Hülfe besteht darin, dass mau mit dem mit Oel bestrichenen Zeigefinger in die taschenförmige Vertiefungen einzudringen und den Stein hervorzuheben sucht, oder, wenn dies nicht gelingt, darin, dass man einen Einschnitt in den Rand der Tasche, innerhalb der Vorhaut, macht und nun den Stein hervorzieht. Durch einen solchen Einschnitt wird zugleich der ferneren Ansammlung des Urins vorgebeugt.
Die Nachbehandlung besteht in dem durch etwa drei Tage wiederholten Bestreichen der Taschen und der VVundränder mit Fett oder mit Ceratum saturni.
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Fünfzehnte Classe.
Geschwüre (Ulcera).
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Erster Abschnitt.
Von den Geschwüren im Allgemeinen.
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Als Geschwür (Ulcus, Helcos) bezeiclinet man jede solche Eiter oder Jauche absondernde Secretionsfläche, in welcher der Vegeta-tiousprozess so abnorm ist, dass ihr die Tendenz der Wiederherstel lung der organischen Coiitinuität für immer oder für einige Zeit abgeht. Das Wesentliche bei den Geschwüren ist ein modificirter Eite-rungsprozess, welchen mau V erschwärung (Ulccratio s. Helcosis) nennt. Dieser abnorme Eiterungsprozess beruht seinerseits wieder auf einer unregelmässigcn, oft speeifischen und in den meisten Fällen schleichenden Entzündung. Der Ulcerationsprozess kann, -wie der Entzündmigs- und guiartige Eiterungsprozess bei der Abscessbil-dung durch einige Zeit in dein Gewebe der Theile bestehen und daselbst in der Tiefe Zerstörungen erzeugen, aber er wird erst dann ein wirkliches Geschwür, wenn die Ulceration eine frei liegende Fläche erreicht. Die in den Geschwüren erzeugte Flüssigkeit pflegt mau im Allgemeinen als Jauche (Jchor, Sanies) zu bezeichnen und als ein cigentliümliches, keiner anderen thierischen Flüssigkeit vergleichbares Sekret zu betrachten. Allein, wenngleich allerdings die Jauche einen vom guten Eiter abweichenden und in manchen Geschwüren selbst einen speeifischen Charakter besitzt, so ist man doch genöthigt, sie für modificirten Eiler zu halten, da sie stets, wie der Eitei-, mikroskopische Eilerkügelchen besitzt, die aber gewöhnlich in geringerer Menge mit vielem Serum und mit !'artikelchen von der aufgelösten organischen Substanz, oft auch mit den in dem Organ abgesonderten Säften und zuweilen mit einer schleimähnlichen Feuchtigkeit gemengt ist. Die Geschwüre sind mehrentheils mit der Seite 57 angegebenen Geschwürshaut ausgekleidet und manche Pathologen finden darin das Wesentliche der Ulceration und die
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Geschwüre im Allgemeinen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 813
Eigenthümlichkeit der ulcerativen Absonderung; allein diese Haut fehlt häufig, namentlich in denjenigen Geschwüren, deren Tendenz vorwaltend auf Zerstörung gerichtet ist.
Die Erkennung der Geschwüre im Allgemeinen beruht auf dem Dasein einer eiternden oder jauchenden Fläche, welche in der Regel eine missfarbige, oft bläuliche, gelbliche oder sehr blasse Farbe besitzt, dabei bald wuchernde und schlaffe, bald wieder eine ganz mangelnde Granulation zeigt, und deren Ränder zuweilen verdickt, in anderen Fällen zernagt, abgelöst oder umgebogen' sind, und aus welcher eine dünne, röthliche oder bräunliche, zuweilen auch eine eiterig schleimige, zähe iMaterie (die Jauche, der Geschwürseiter) schwitzt, die nicht selten die umliegenden Theile anfrisst. Oft sind ausserdem noch um das Geschwür ödematöse Anschwellungen, Callositäten, angeschwollene Lymphgefässe und Drüsen, oder die Haut ist missfar-big, dunkelroth oder bläulich. In den einzelnen Fällen findet man jedoch bei den Geschwüren mehrlältige Verschiedenheiten, welche man unter folgende Gesichtspunkte gebracht und die Geschwüre danach eingetheilt hat: nämlich: I. nach der Dauer, II. nach der Form und Beschalfenheit, 111. nach dem Zustande der Vitalität oder der Reaction, IV. nach den ursächlichen Verhältnissen und V. nach den anatomischen Gebilden, in denen sie bestehen.
I.nbsp; Nach der Dauer unterscheidet man die Geschwüre in frische und veraltete, je nachdem sie erst vor Kurzem entstanden oder schon seit längerer Zeit gedauert haben. Manche Geschwüre dauern durch das ganze Leben eines Thiercs, werden dem Körper gewisser-maassen zur Gewohnheit und man pflegt sie dann habituelle Geschwüre zu nennen.
II.nbsp; nbsp; nbsp;Hinsichtlich der Form berücksichtigt man den Grund, den Rand, das Sekret und die umgebenden Gebilde eines Geschwürs; und man unterscheidet hiernach a) runde Gcscliwiire, b) unregclmäs-sig gestaltete Geschwüre, c) flache, d) vertiefte, c) llohl-geschwüre, f) fistulöse, g) erhabene, h) reine, i) unreine, k) callöse, 1) fungöse, m) fressende, n) faulige, o) brandige, p) kariöse Geschwüre.
a)nbsp; Die runden Geschwüre geben sich durch die rundliche Be-gränzung der Geschwürsränder deutlich zu erkennen; sie können übrigens hinsichtlich ihrer Tiefe und der Reschalfenheit ihres Grundes und ihrer Ränder sehr verschieden sein, doch neigen sie meh-rentheils zur Heilung.
b)nbsp; nbsp;Die unregelmässig gestalteten sind an den Rändern und am Grunde mit verschiedenen Ecken und Winkeln versehen, dabei ihre Ränder ungleich dick, mehr oder weniger umgebogen; im Uebrigen ist ihre Beschaflcnheit verschieden, ihre Tendenz fast immer schlecht.
c)nbsp; Die flachen Geschwüre zeichnen sich durch ihre geringe Tiefe und ihre niedrigen, mehrentheils glatten Ränder aus.
d)nbsp; Die vertieften Geschwüre haben immer eine mehr in die Tiefe gehende Geschwürsfläche, welche jedoch olfen ist und wodurch sich diese Geschwüre von den Ilohlgcschwüren unterscheiden.
e)nbsp; Die Hohlgeschwüre zeichnen sich daduich aus, dass ihre
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Geschwüre im Allgemeinen.
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Ränder über den Grund nach der Breite zu lose hervorstehen und hierdurch Höhlen bilden; die Oeflnung des Geschwürs ist dabei stets weniger umfangreich als die Grundfläche.
f)nbsp; Ein fistulöses Geschwür oder eine Fistel hat eine röhrenförmige Gestalt; sein Grund ist entweder eben so eng, wie das Geschwür selbst, oder er bildet eine Höhle, und zuweilen steht derselbe mit einem Absonderungsorgan oder mit dessen Ausfuhrungsgang, mit kariösen Knochen oder Knorpeln oder mit halbzerstörten Bändern, Sehnen u. s. w. in Verbindung. Ist die Fistel an beiden Enden offen, so heisst sie eine vollkommene, mit nur einer Oeffnung aber eine unvollkommene Fistel. #9632;— Man bezeichnet ferner die Fisteln, wenn sie mit einem Absonderungsorgan in Verbindung stehen, entweder nach diesem Organ oder nach seinem Sekret, z. B. Thrä-nenfistel, Urinfistel, Kothfistel, Gelenkfistel u. s. w.
Die Erkennung der Fisteln ist zuweilen leicht, in anderen Fällen schwierig; gewöhnlich wird man zuerst auf das Dasein einer Fistel geleitet, wenn aus einer Geschwürsöflhung eine grössere Menge Eiter entleert wird, als nach dem äussern Umfange des Geschwürs zu vermuthen ist; noch mehr aber, wenn der Ausfluss durch gelindes Drücken oder Streichen an der Umgegend des Geschwürs von einer gewissen Kichtuug her vermehrt wird. Hiernach kann das wirkliche Dasein der Fistel sicher durch das Sondiren des Geschwürs in verschiedenen Kichtungen erforscht werden. Man benutzt hierzu am besten metallene, biegsame Sonden, welche man vor der Einführung mehr oder weniger krümmen kann, wenn das Eindringen der geraden Sonde nur in einer geringen Tiefe gelingen will. Zuweilen ist es noting, vorher die äussere Mündung der Fistel auf der Hohl-sondc etwas zu erweitern, ehe man mit der Sonde in die Tiefe eindringen kann.
g)nbsp; Die erhabenen Geschwüre sind eigentlich schwammartig über die zerstörte Haut hervorgewachsene dichte Granulationen, unter denen die Hautränder vertieft und zurückgetreten sind.
h) Reine Geschwüre sind solche, welche sich in ihrer Beschaffenheit einem gutartigen Abscess ähnlich zeigen; ihre Form ist gewöhnlich rundlich, ihre Ränder sind weich und flach, der Grund blassroth, mit ziemlich guter Granulation bedeckt, das Sekret dem guten Eiter ähnlich. Sie neigen zur Heilung.
i) Die unreinen Geschwüre verhalten sich den vorigen entgegengesetzt; ihre Form ist mehr unregelmässig, die Ränder sind ungleich, hart, aufgeworfen, zackig, ihr Grund bald sehr blass, bald dunkelroth, livide, speckig, weisslich, oder die Granulation wuchert, blutet leicht, oder es befinden sich halb abgestorbene Gewebe (Zellgewebe, Sehnenlasern, kariöse Knochen u. dergl. in ihm; das Sekret ist dünne Jauche.
k) Das kallöse oder schwielige Geschwür zeichnet sich durch harte, zuweilen spechähuliche Ränder, oft auch durch eben solchen Grund aus; das Sekret ist von verschiedener Beschaffenheit.
1) Bei dem fungösen oder schwammigen Geschwür wächst eine üppige Granulation mit lockerer Masse schnell und übermässig hervor. Das Sekret ist verschieden.
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m) Als um sich fressendes oder phagedänisches Geschwür bezeichnet mau dasjenige, -welches sich immer mehr in der Oberfläche und oft auch in der Tiefe ausbreitet und somit die organische Substanz fortschreitend zerstört oder verzehrt.
n) Das faulige (putride) Geschwür hat an seiner Oberfläche eine weiche, schmutzige, stinkende Schicht von aufgelöster organischer Substanz, die sich leicht abwischen lässt; das Sekret ist eine sehr stinkende, grünliche oder graue Jauche; die Ränder sind blass, welk, die Umgegend ist oft ödematös.
0)nbsp; Bei dem brandigen Geschwür erscheint ein Theil der Oberfläche oder der Ränder in einer gewissen Dicke wie bei dem Brande abgestorben, aber die Ränder sind bläulich, oft sind noch Entzündungssymptome zugegen.
p) Das car i öse Geschwür raquo;ist wesentlich mit Caries oder mit Necrosis (Seite 206) eines Knochens verbunden.
111. Nach dem Zustande der Vitalität oder der Reaction kann man die Geschwüre unterscheiden: 1) in entzündliche, 2) in crethischc und 3) in atönische Geschwüre.
1)nbsp; Das entzündliche Geschwür (Ulcus inllammatum s. inflam-matorium) äussert sich durch dunklere gleichmässige Rüthung des Geschwürsgrundes, des Randes und der Umgebung; die Theile sind auch angeschwollen, vermeint warm und schmerzhaft, letzteres jedoch nur in dem Grade, wie der Grad der Entzündung dies mit sich bringt. Die Absonderung in diesen Geschwüren vermindert sich oder sie hört auch gänzlich auf, während sie bei dem frühem Zustande und Charakter des Geschwürs reichlich war, und zuweilen wird sie auch scharf. Gewöhnlich schwellen auch die Lymphgefässe und Lymphdrüsen in der Umgegend des Geschwürs an. In manchen Fällen trägt die Enlzüiidung den evysipclatösen Charakter an sich, was man daran erkennt, dass die Röthe bei dem Fingerdruck gröss-tentheils weicht und dass auch gewöhnlich ödematöse Anschwellungen, -welche vermehrt warm sind, in der Umgegend des Geschwürs bestehen. Häufig zeigt auch der Puls eine fieberhafte Reizung. Der entzündliche Charakter der Geschwüre entsteht gewöhnlich nicht selbstständig, sondern in Folge von Reizungen, Anstrengungen etc.
2)nbsp; Das erethische Geschwür (Ulcus irritabile oder erethicum) ist schmerzhaft, bei Berührung sehr empfindlich, hat oft eine unre-gelmässige Form und einen ungleichen, mit zinnoberrothen oder dun-kelrothen Granulationen versehenen Grund; das Sekret ist dünn, scharf, die Haut anätzend; die Umgebungen zeigen sich leicht ge-röthet und vermehrt warm, und zuweilen bestellt auch ein gereizter Puls. Diese Geschwüre kommen besonders an nerven- und gefäss-reichen Theilen vor, oft auch an hervorrragenden Körperstellen und haben gewöhnlich eine Dyskrasie zur Grundlage. Doch können sie auch durch äusserliche andauernde Reizung, durch oft wiederholtes Reiben und Scheuern, oder auch durch eine zu reizende Behandlung erzeugt werden.
3)nbsp; Das atonische, asthenische, torpide Geschwür (Ulcus atonicum) zeichnet sich dadurch aus, dass seine Ränder gewöhnlich blass ober bläulich und mehreutheils hart, zuweilen auch weich und
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schlaff sind; der Grund grauulirt wenig, oder es wachsen schlaffe, blasse Granula liouen aus demselben hervor. Die abgesonderte Jauche ist entweder wässerig weich oder entgegengesetzt reich an. Eiweiss und Schleim und bildet in letzterem Falle beim Vertrocknen leicht Borken; die Empfindlichkeit ist immer nur gering und gewöhnlich treten Veränderungen nur langsam ein.
IV.nbsp; nbsp; nbsp;Nach den Ursachen und den Krankheitsverhältnissen theilt man die Geschwüre in i diopathische und symptomatische. Die Ersteren entstehen durch örtliche Einwirkungen aus Quetschungen, Abscessen und Wunden, wenn z. B. durch ünreinlichkeit, un-zweckmässige Behandlung, wiederholte Reizungen durch fremde Körper u. s. w. der Eilcrungsprozess gestört und die Heilung gehindert worden ist. — Den symptomatischen Geschwüren Hegt ein anderer Krankheitszustand zum Grunde, namentlich eine Dyskrasie, welche entweder bei der Entwickelung bis zu einem gewissen Grade örtliche speeifische Entzündungen und hierdurch den Ulcerationsprozess herbeiführen, oder auch auf bestehende Wunden oder Abscesse gleichsam Metastasen bilden und die vegetative Thätigkeit in denselben abnorm machen. Dies ist besonders der Fall bei dem Rotz und Wurm, bei manchen Hautkrankheiten, namentlich bei Flechten und bei dem Krebs, und mau bezeichnet nach diesen Krankheiten die Geschwüre als Rolzgechwüre, Wurmgeschwüre, Flechtengeschwüre, Krebsgeschwüre u. s. w. Jede specielle Art dieser Geschwüre ist durch eigenthümliche Charaktere von anderen unterschieden und theils deshalb, theils weil sie die Folge eines speci-fischen Krankheitsznstandes sind, nennt man sie auch speeifische Geschwüre. Sie sind nur au den, jeder solchen Krankheit eigen-Üiiimlichen Symptome zu erkennen.
V.nbsp; nbsp; Nach ihrem Sitze unterscheidet man die Geschwüre hinsichtlich des afficirlen Gewebes in Haut- und Schlcimh autge-schwüre, in Zellgewcbs-, Muskel-, Drüsen-, Knorpel- und Knochengeschwüre u. dergl. Diese Verschiedenheiten sind mit Berücksichtigung der ergriffenen Gebilde sehr leicht zu erkennen.
Die Ursachen der Geschwüre sind zunächst eine abnorme Vegetation und Reproduction der afficirten Gebilde; denn nur hieraus lässt sich die geringe oder unregelmässige Bildung der neuen Masse, die Erzeugung der Jauche und das Auflösen und Zerstören der organischen Substanz erklären. Wie aber geschieht dies aber? —#9632; das bleibt eben so ein Geheiinuiss der Natur, wie der regelmässige Bildungsprozess selbst, und namentlich ist die Erzeugung des an dem Sekret mancher Geschwüre haftenden Ansteckungsstoffes grössten-theils unerklärlich. — Als Gelegenheitsursachen zur Erzeugung der ulcerativen Thätigkeit kann mau alle Einflüsse beschuldigen, welche entweder die Mischung der Säfte im ganzen Organismus oder in einzelnen Systemen von dem normalen Zustande abweichend machen, oder welche örtlich durch Reizung oder Erschlaffung die Bildung guter Granulationen andauernd stören, wie z. B. in erster Hinsicht zu wässerige, zu saure, verdorbene Nahrung, Unterdrückung der Haut-ausdünstuug. Zurücktreiben flechtenartiger Hautausschläge, die Ansteckung mit verschiedenen Contagien, namentlich durch Rotz- oder
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Wurm-Contagium, Ablagerungen (Metastasen) von Säften bei akuten Krankheiten u. s. w.; — in anderer Hinsicht das zu oft wiederholte Sondiren, Ausspritzen und feste Verbinden einer Wunde oder eines Abscesses, die zu lange fortgesetzte Anwendung kalter Umschläge oder entgegengesetzt erweichenderBreVumschläge, scharfreizender Mittel u. dgl. Ausserdcm haben manche Aftergebilde, wie namentlich der Krebs, eine in ihrem Wesen begründete Neigung zur Zersetzung ihrer heterologen Bestandtheile und hierdurch zur Erzeugung spezifischer Geschwüre, wie dies in der XIV. Classe angegeben worden ist.
Die Beurtheilung der Geschwüre im Allgemeinen ist sehr verschieden zu machen, je nach der Art derselben und nach ihren übrigen Eigenthümlichkeiten. Alle Geschwüre belästigen durch Verunreinigung, Anlockung von Insekten, Heizung, Jucken, zuweilen selbst durch wirklichen Schmerz; sie geben zu Heiben und Scheuern, dadurch zu wiederholten Entzündungen, hierdurch zu Störungen in der Function der Theile und hiernach zur Werthverminderung der Thicrc Veranlassung; ausserdem schwächen sie, wenn sie gross sind, durch beständigen Säfteverlust; oft wird auch ein Theil der Jauche wieder eingesogen und durch beide Umstände werden die Säfte des Thiers krankhaft verändert und seine Ernährung gestört, zuweilen selbst Ca-chexie und der Tod herbeigeführt. Manche Geschwüre produziren auch in ihrem Sekret einen Austeckungsstotf und geben hierdurch für andere Thicre, selbst zuweilen für Menschen Gelegenheit zur Ansteckung. — Die Heilbarkeit der Geschwüre ist ebenfalls sehr verschieden; einfache, örtliche Geschwüre mit runder Form heilen in der Kegel sehr leicht, wenn man nur ihre Ursachen entfernt; dagegen sind unregehnässig geformte Geschwüre mit vertieftem Grunde, besonders Hoblgeschwüre und Fisteln stets mehr hartnäckig, ja mit die hartnäckigsleu von allen äusserlichen Krankheiten; sie sind dies um so mehr, je mehr sie veraltet sind, je mehr der Körper an ihre Absonderung gewöhnt ist, je mehr derselbe zugleich in seiner' Ernährung und Säftcbildung im Allgemeinen abweichend vom normalen Zustande ist. Die spezifischen Geschwüre sind in dieser Hinsicht nur nach der bekannten Eigenlhümlichkeil der Krankheit, welcher sie angehören, zu beurtheilen. Hinsichtlich der vitalen Reaction lehrt die Erfahrung, dass Geschwüre mit entzündlichem Charakter immer verhältnissmässig eher zur Heilung zu bringen sind, als solche mit crethischem und noch mehr als die mit atonischem Charakter. Hinsichtlich des Sitzes sind Geschwüre in der Haut eher zu heilen, als die in der Schleimhaut; Geschwüre in Knochen, Knorpeln und l)rü-sen, so wie diejenigen, welche überhaupt mit einem Absonderungsorgan oder mit dessen Ausführungskanal in Verbindung stehen, sind stets sehr hartnäckig. In allen Fällen sind die Geschwüre eher zu heilen, wenn man ihre Ursachen erforschen und gründlich entfernen kann, als da, wo dies nicht möglich ist; im letztern Falle machen die Geschwüre oft Rücklalle entweder an derselben Stelle, oder es bilden sich neue Geschwüre an andern Punkten.
Die Kur. Die Heilung der Geschwüre erfolgt nur, indem dieselben ihren abnormen Vegetations - Charakter ablegen, in einfache, gutartig eiternde Flächen umgewandelt und ihre mangelhafte Formen,
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verbessert werden. Jedes Geschwür durchläuft dabei vier Stadien, nämlich:
1)nbsp; Das Stadium der Reinigung (Stad. detersiouis s. mundifica-tionis), in welchem die missfarbigen, verdorbenen Theilc entweder durch Abstossung oder durch unmerkliche Aufsaugung entfernt
#9632; 'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;werden;
2)nbsp; das Stadium der Eiterung (Stad. suppurationis s. digestio-| nis), in welchem normale Eiterung den Ucbergang zur Heilung bezeichnet;
3)nbsp; nbsp;das Stadium der Fleischwärzchenbildung (Stad. granulationis), in dem die Wiederbildung einer guten Substanz in der Form gesunder Flcischwärzchen zu erkennen ist; — und
4)nbsp; nbsp;(las Stadium der Vernarbung (St. cicatrisationis), in welchem durch die Fleischwärzchcn die Lücke oder Höhle des Geschwürs möglichst gelullt ist und ihre Oberfläche sich von den Ilauträndern her allmiilig mit einer feinen Haut bedeckt, die sich später gewöhnlich mehr verdickt und organisirt.
So wie aber die Geschwüre nicht immer bloss als örtliche Uebcl bestehen, so sind auch diese Umänderungen nicht immer durch örtliche Behandlang allein zu bewirken. Man muss deshalb in jedem Falle vor der Kur gründlich ermitteln: ob ein Geschwür aus einer örtlichen oder aus einer allgemeinen Ursache entstanden ist und ob das Thier in seinem Allgemeinbefinden gestört ist? Im letztem Falle muss noch wieder besonders erforscht werden: ob das Geschwür früher bestanden hat, als das Allgcmeinleideu, oder ob letzteres zuerst bemerkt worden ist und das Geschwür gewissermaassen nur als der örtliche Ausdruck des Krankseins, also nur ein Symptom desselben ist? Nach diesen Ermittelungen und nach der Beschaffenheit und dem vitalen Charakter der Geschwüre wird dann der Knrplan gemacht. ]}ci bestehenden allgemeinen Symptomen muss zunächst eine Umänderung der krankhaften Thätigkcit in den affizirten Systemen bewirkt werden. Dies geschieht, indem man nach den Kegeln der speziellen Therapie die gegen die einzelnen dyskrasischen Krankheiten bekannten Heilmittel, bei einem bloss als Folgeleiden entstandenen Zustande von Schwäche und Cachcxie aber eine gründliche Stärkung durch bittere, gelind aromatische und adstringirende Mittel, in Verbindung mit einer guten Diät in Anwendung bringt. In ersterer Hinsicht würde man z. B^ bei Kotz- und VVurmgcschwüreu das Schwefelantimonium, den Sublimat, das Jodquecksilber, die Jodtinktur, Conium maculatum, Belladonna, Semen Phellandrii u. dgl. anwenden; bei veralteter Mauke aber drastische Abführungsmittel und diuretische Mittel, abwechselnd mit Stibium oder auch mit kleinen Gaben von Sublimat u. dgl., bei Flechtengeschwüren das Calomel, den Sublimat, kleine Gaben von Arsenik u. dgl.
Bei solchen Geschwüren, die dem Körper durch ihre lange Dauer zur Gewohnheit geworden sind, muss man die Heilung nur vorsichtig und allmälig bewirken, damit nicht durch die plötzliche Unterdrückung der gewohnten Absonderung Congestionen zu inneren Organen und üble Zufälle erzeugt werden. Man giebt deshalb bei der Einleitung der Kur Abführungsmittel oder Urin treibende Mittel
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Geschwüre im Allgemeinen. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;819
und #9632;wiederholt diese von Zeit zu Zeit, wenn das Geschwür mehr trocken und in seinem Umlange gemindert wird. Zuweilen applizirt mau auch, besonders gegen Ende der Heilung, ein künstliches Geschwür durch Fontanelle oder llaarscile in nicht zu weiter Entfernung von dem ursprünglichen Geschwür.
Was nun die örtliche Uehandluug der Geschwüre betrilR, so muss sie theils darauf gerichtet sein:
a)nbsp; nbsp;das Geschwür von einem unreinen Zustande in einen reinen umzuwandeln;
b)nbsp; nbsp;den abnormen Ueactionscharakter umzustimmen und
c)nbsp; nbsp;die öi'tlicheu Complikationeu, welche in der Form und Bc schaffenheit des Geschwürs selbst liegen, zu beseiligen.
In ersterer Hinsicht hat man zunächst die etwa vorhandene Ge-schwürsmcnibrau zu zerstören und die Fläche in eine gute Eiterungs-und Granulationsflächc umzuwandeln. Für diesen Zweck wendet man in denjenigen Fällen, wo jene Membran wirklich besteht und wenn der Charakter nicht ein zu erefhischer ist, ein Aetzmittel oder das glühende Eisen an und zwar so, dass die Kaut, je nach ihrer Dicke, dadurch vollständig zerstört wird. Hiernach muss man das Abstosseu des Aetz- oder Brandschorles abwarten oder selbst durch erweichende Umschläge befördern. In andern Fällen, bei reinen Geschwüren, genügt es, sogleich gemäss der zweiten Indikation, diejenigen Mittel anzuwenden, durch welche der übermässige Erethismus oder die Entzündung oder die Atonie in dem Geschwür beseitigt werden und durch welche zugleich gute Granulation und Eiterung herbeigclührt wird, •— wie im Folgenden angegeben ist.
Hinsichtlich der zweiten Indikation hat man die Aufgabe: bei den Geschwüren mit dem Charakter der Entzündung zuerst die Ursachen zu enlfernen, die entzündliche Heizung durch schleimige und narkotische Mittel, innerlich durch salzige und andere Laxinnitlel, so wie durch sehr magere Diät, am besten (wenn es zu haben) durch Gras, Mohrrübeo u. dgl., und durch ruhiges Verhalten zu beseitigen. — Auch bei den er ethischen Geschwüren muss man die Ursachen der krankhaften Reizbarkeit entfernen und innerlich und äusserlich besänftigende lUiltel anwenden. Demgemäss muss man in den Fällen, wo bloss eine erhöhte Sensibilität besteht, die Thicre möglichst ruhig halten, bei Krämpfen das Opium oder Uelladonnaextrakt in angemessenen C'aben reichen, gastrische Unrcinigkeiten durch Abfüh-rungsmittel entfernen und örtlich schleimige und narkotische Umschläge oder Ueberschlägc applizireu. Fruchten diese Ulitlel nichts, so gelingt es zuweilen dadurch, den Erethismus in dem Geschwüre selbst aufzuheben, dass man die Geschwürsllächc durch ein Aetzmittel zerstört. — Bei den atonischen Geschwüren muss, mit Rücksicht darauf, ob die Erschlaflüng bloss örtlich oder auch im ganzen Organismus besteht, durch die örtliche oder allgemeine Anwendung von tonischen Wittein die ErschlalTung und Schwäche gehoben werden. Demnach wendet man örtlich Umschläge und Bcicuchtungen von erregenden, gelind aromatischen, oder auch von adstringirenden Mitteln an, z. B. von Kamillen, Quendel, von Hopfen, VVermuth, oder auch
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von Eichenrinde, Weidenrinde, von gährendem Sauerkohl, von Bierhefe, Auflösungen von Zinkvitriol, von Kupfervitriol, von Salpeter-saurem Silber, Kalkwasser, Creosot u. dgl. Bei Blässe und Un-einpfindliehkeit der Granulation ist der rothe Präcipitat als Pulver in das Geschwür gestreut oder mit einer Harzsalbe gemengt ein vor-trelllichcs Mittel, eben so bei sehr stinkender Jauche der Chlorkalk und das Kohlenpulver, thcils einzeln, theils in Verbindung mit den vorhin genannten tonischen Alitteln. Fette Salben sind bei diesem Znstande mehr schädlich als nützlich. Hierzu muss stets reine Luft, gute kräftige Nahrung und bei allgemeiner Schwäche die innerliche Anwendung von bitteren, aromatischen und zusammenziehenden Mit-Icln kommen. In einzelnen Fällen kann mau auch durch spezifische llmstiinmungstnittel von innen her den atonischen Zustand eines Geschwürs verbessern, so namentlich durch die Kanthariden, den Sublimat, Arsenik und durch äknliche Mittel.
Hinsichtlich der dritten Indikation hat man bei den flachen und runden Geschwüren nichts Besonderes zu beobachten; aber bei den buchtigen und Hohlgeschwüren muss mau immer für freien Ablluss der Jauche und später, wenn Neigung zur Heilung eintritt, auch dafür sorgen, dass letztere nicht an den Rändern früher stattfindet, als am Grunde. Um den Abfluss der Jauche zu befördern, ist es am besten, den Rand an dem abhängigen Theile des Geschwürs, wo der Eiter im Innern sich anzusammeln pflegt, mit dem Messer zu durchschneiden und zwar so tief, wie eben das Hinderniss besteht. Zuweilen ist ein solcher Einschnitt hinreichend, in andern Fällen sind deren mehrere erforderlich, — was dem Ermessen des Thier-arztes in jedem besondern Falle überlassen bleiben muss. Darf man wegen Gelassen, Nerven oder andern wichtigen Theileu, die in dem Rande liegen, denselben nicht durchschneiden, so kann man von der niedrigsten Stelle des Geschwürs aus eine Gegenötfnung machen, indem man mit einem Troikar von dieser Stelle her die VVeichgebilde nach aussen in schräger Richtung durchbohrt. Gestattet auch dies die BeschalTenhcit des Theils nicht, so bleibt nichts Anderes übrig, als durch öfteres Ausspritzen mit lauwarmem Wasser die Jauche zu verdünnen und wegzuspülen, nöthi-genfalls sie auch mit einer Spritze einzusaugen und zu entfernen. Sind die über die Fläche hervortretenden Geschwürsränder sehr dick, kailös oder sehr schlaff und zeigen keine Neigung zur Heilung, so ist es am zweckmässigsten, sie mit einem Aetzmittel, z. B. mit Höllenstein, Aetzstein, Spiessglanzbutter, Zinkbutter, oder auch mit dem glühenden Eisen zu zerstören und so das Geschwür in ein offenes umzuwandeln und zugleich seinen Heiltricb zu verbessern.
Fistelgeschwürc verlangen, was die äussere Form betrifft, in der Regel die grösste Berücksichtigung. Zunächst kommt es darauf an, ob ihre äussere Oeflnung weit genug ist und so liegt, dass sie den Ausfluss des Eiters vollständig gestattet. 1st dies nicht der Fall, so tnuss man die Oelfnung erweitern, oder eine Gegeuöll'uung schaffen, oder die äussere Wand der Fistel vollständig durchschneiden und die
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letztere in ein offenes Geschwür umwandeln, — wie flies eben die Lokalität und die Beschaffenheit der Theilc gestattet. Denn durch das zurückbleibende Sekret wird die Entartung der umliegenden Theile beständig vermehrt und die Heilung des Geschwürs verhindert. Die Erweiterung geschieht in der Regel durch das Messer, seltener durch Aetzmittel. Die Erweiterung mit dem ftlesser ist immer am zweckmässigsten, weil sie in einem Moment vollständig und in solchen Graden, wie man es für uothig hält, bewirkt werden kann. Man führt sie aus, indem man entweder eine llohlsonde in die Fistelmündung einfuhrt und auf ihr mittelst eines Kuopl'bistouris die Durchschneidung der Fistelränder und nöthigenfalls eines Theils der Wand bewirkt; oder indem man hierzu das sogenannte Fistelmesser ') oder das verborgene Bistouri benutzt. Mit dem letzteren Instrumente dringt man so tief, wie eben die Umstände die Erweiterung erfordern, in die Fistel ein, hebt dann durch einen Druck auf den Stiel der Messerklinge die letztere aus ihrer Scheide hervor und zieht in demselben Moment das Instrument aus der Fistel zurück. Es wird dabei die Klinge in die Fistelwand gedrückt und eine mehrere Linien tiefe Durchschneidung derselben bewirkt. Auch hier ist, wie bei den Hohlgeschwüren, in manchen Fällen die Erweiterung nach einer Seite genügend, in andern Fällen muss man aber den Einschnitt an zwei oder mehreren Stelleu machen. — Die Erweiterung der Fistelmündung durch Aetzung nutzt wenig, da gewöhnlich sehr bald die zerstörten Weichgebilde durch neue Granulationen ersetzt werden.
In den meisten Fällen ist es zweckmässig, nicht nur die Fistelmündung zu erweitern, sondern auch die ganze Fistel aufzuspalten, sie in ein offenes Geschwür umzuwandeln und die Fistelhaut zu zerstören. Man verfährt hierbei mit der llohlsonde und dem Messer im Wesentlichen eben so, wie dies im Vorhergehenden angedeutet worden ist. Dieses Verfahren ist aber häufig, namentlich bei Fisteln, welche sehr lang sind, welche unter Sehnen, Knochen und anderen Theilen liegen, nicht gut ausführbar. In diesen Fällen muss man sich zuweilen darauf beschränken, bloss die Mündung, wie eben angedeutet ist, zu erweitern oder am innern Ende der Fistel eine Gegenöffnung zu bilden, was in der Seite (34 angegebenen Weise geschieht. Dm die Geschwürshaut, welche sich bei Fisteln in der Regel mehr als bei andern Geschwüi-en entwickelt zeigt, durch neue
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') Das sogenannte Arnemann'sche Fistelmesser besteht a) aus einer gegen 3 Linien dicken Sonde, welche bis an ihr oval abgerundetes vorderes Ende gespalten, an ihrem hintern Ende mit einem hölzernen Handgriff versehen ist; b) aus einem Messer, dessen Klinge in der Spalte der Sonde verborgen und am hintern Ende mit einer Art Stiel versehen ist. Beide Theile sind an einer erhöhten Stelle des Stiels durch ein Niet so verbunden, dass die Klinge ähnlich einem zweiarmigen Hebel bewegt werden kann. An dem Stiel der Klinge befindet sich eine kleine Schraube, durch welche man das Maass bestimmen kann, in welchem die Klinge über die Sonde hervortreten und mehr oder weniger tief schneiden soll.
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Entzündung und Eiterung, oder auch direkt durch ätzende Mittel zu zerstören, kann man ein Haarseil durch die Fistel ziehen, oder verschiedene Aetzmittel oder auch das glühende Eisen anwenden. Er-steres ist nur in denjenigen Fällen anwendbar, wo entweder zwei Fistehnündungen schon bestehen, oder wo man doch die zweite Ocllnung leicht schallen kann. Man verfährt dabei ganz einfach, indem man mittelst einer Oehrsonde oder eines Troikars, einer I laar-seilnadel ein Band durch den Kanal zieht und die beiden Enden entweder zusammenbindet oder auch mit Knebeln versieht. Das Band kann nach der Weite des Fistelkanals mehr oder weniger dick, von Zwirn, von Wolle oder von Ilaaren sein; bei sehr dünnen Fistel-gängen genügen zuweilen auch runde Schnuren oder selbst einzelne seidene oder wollene Fällen. Zeigt der Kanal im Innern geringe Empfindlichkeit, so kann man das Band auch mit Terpenthinöl, mit Kantharideutinktur, mit rother Präcipitatsalbe, oder mit einer Auflösung von Sublimat oder von Höllenstein befeuchten und es in dem Kanal täglich einige Mal sanft hin und her ziehen. Tritt hiernach gute Eiterung ein, wird der Kanal enger, was man au etwas erschwerter Beweglichkeit des Bandes erkeimt, entsteht bei der Bewegung des Bandes Blutung und Schmerz, so kann man hieraus schliessen, dass das Band genügend gewirkt habe, und man entfernt es deshalb zu dieser Zeit. 1st ein Band wegen Mangel der zweiten Oeßhnng nicht einzuziehen, so wendet, man Aetzmittel an und zwar entweder in flüssiger Form durch Eingicssen, Einpinseln oder Einspritzen der Mittel, oder man berührt mittelst eines Stückchen Höllensteins, Actzsteins oder Sublimats, so weit wie man damit eindringen kann, die Fistelwände im Innern, oder man legt es selbst in die Fistel, — oder man bringt ein mit dem Aetzmittel bestrichenes Bougie (Seite 257) oder einen eben so bestrichenen VVergpfropf in das Geschwür. Es können für diesen Zweck ziemlich alle Aetzmittel gleichmässig angewendet werden, doch haben sich hierbei der Kupfervitriol, der Höllenstein, der Sublimat und in neuerer Zeit das Villatesche Mittel (Seite 245) besonders nützlich gezeigt. Man wiederholt diese letztem Einspritzungen täglich 1—2 Mal so lange, bis dabei Blutungen entstehen, aus welchen man auf eingetretene frische Granulationsbildung schliessen kann; dagegen werden die aus eon-centrirten Aetzinitleln bestehende Injcctionen in der Kegel nur einmal gemacht.
Die kallösen Geschwüre müssen, bevor sie heilen, ihre speckartige Derbheit verlieren und für diesen Zweck, wenn ein entzündlicher Charakter bestellt, mit erweichenden Breiumschlägen, bei erethischem Charakter mit narkotischen Mitteln und bei asthenischem Charakter mit aromatischen Mitteln, zu welchen man eine Auflösung von Kali carbonicum selzt, behandelt werden. Bei geringeren Graden dieses Zustaudes sind auch lauwarme Umschläge, oder Befeuch-iuugeu, Fussbäder u. s. w. von Seilenwasser oder von Asehenlauge zu benutzen; bei den höheren Graden wendet man, wenn die vorhin genannten Mittel vergeblich angewendet worden sind, die Kan-tharidensalbe oder das Brennen in Punkten oder Strichen auf die
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Haut in der Umgegend des Geschwürs an und auf die (iesclmürs-fläche selbst applizirt mau in den milderen Fällen die rothe Präcipi-tatsalbe, oder man streut den rothcn Präcipitat pulverisirt auf dieselbe; fruchten diese Mittel nichts, so muss die kailöse Masse selbst entweder mit Aetzmitteln oder mit dem glühenden Eisen zerstört oder mit dem Messer ausgeschält werden. Uebrigens muss man vermeiden, dass eine wiederholte Heizung durch Reiben, Scheuern, reizende Salben, noch mehr aber durch adstringirende Mittel in oder an dem Geschwüre stattfindet.
Bei den fuugösen Geschwüren muss man die schwammigen Auswüchse entfernen, indem man sie entweder bei den gelinderen Graden und wo der Ort das feste Anlegen einer Binde gestattet, mit festen Wergpolstern und mit einer Binde anhaltend und gleichmässig drückt; oder indem man sie mit Aetzmitteln zerstört, oder sie mit dem Messer oder der Scheere abschneidet. Das Letztere verdient in allen Fällen den Vorzug, weil es schnell und gründlich geschehen kann; indessen ist dieses Verfahren mit mehr oder weniger Schmerz und zuweilen wegen der in der Nähe liegenden grösseren Gefiisse und wegen der Unruhe der Thiere mit einiger Gefahr verbunden und man benutzt deshalb eben so häufig die Aetzmittel oder das Glüheisen. Die letzteren Mittel wirken immer zugleich umstimmend auf die Thätigkeit in den Geschwüren und sie können daher besonders dann nützlich sein, wo Schwäche, Erschlaffung und Reizlosigkeit in dem Geschwür besteht. Uebrigens muss in jedem Falle die etwa noch fortwirkende Ursache der fungösen Entartung des Geschwürs entfernt werden, so namentlich etwa vorhandene Knochensplitter, halbabgestorbene Knorpelstückchen oder Sehnenfasern, eingedrungene fremde Körper, das Verbinden mit reizenden Mitteln, z. B. mit harzigen Tinkturen, mit ätherischen Oelen u. dgl.; eben so muss das Reiben und Scheuern an andern Gegenständen vermieden werden. Sind die Thiere jung, gut genährt und vollsaftig, so setzt man sie auf magere Diät und wendet innerlich Ableitungsmittel, besonders kühlende Salze an; sind sie entgegengesetzt schlaff und schwach, kachektisch, so giebt man ihnen tonische Mittel, kräftige Nahrung und hält sie in einem massig warmen, mit reiner Luft versehenen Stall.
In den phagedänischen Geschwüren muss man durch warme Breiumschläge von solchen Mitteln, welche dem Charakter der Vitalität entsprechen, zuerst gute Eiterung herbeiführen und dieselbe durch innerlich gegebene umstimmende Mittel zu unterstützen suchen. Ausserdem ist hierbei immer die Regulirung des Verdauungsprozesses, so wie der Ab- und Aussonderungen zu beachten und man giebt deshalb in ersterer Hinsicht bei Trockenheit der Exkremente kleine Gaben von abführenden Mitteln, bei Mangel an Appetit bittere Mittel, oder wenn die Jahreszeit es gestattet, bei pflanzenfressenden Thieren Grünfutter oder Mohrrüben; bei mangelhaller Urinabsonderung befördert man dieselbe durch Wachholderbeeren, gekochten Terpenthin, Terpenthinöl und dergleichen. Im Allgemeinen vermeidet man bei diesen Geschwüren die reichliche An-
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Wendung salziger Mittel und örtlich die Anwendung von fettigen Substanzen.
Bei den fauligen und brandigen Geschwüren ist eine, allmälige Steigerung der Lcbcnsthätigkeit in dem Geschwür zu bewirken, damit eine bessere Absonderung und die Abstossung der bereits in Auflösung bcgrilleiien d'ebildc erfolge. Für diesen Zweck sind innerlich bittere, aromatische und adstringirende Mittel, bei sehr gesunkenen Klärten auch Kampher, Terpeuthmol, Arnica und bei kleinen Thic-ren auch die China zu verabreichen, dabei auch fiir reine Luft und gute Nahrung zu sorgen. Oertlich bewirkt man öftere Reinigung, streut Kohlenpulver mit gelind aromatischen Mitteln in das Geschwür oder mau applizirt Umschläge von Bierhefe, von Chlorkalk-Auflösung und dergleichen, bis der Zustand des Geschwürs geändert ist.
Die cariösen Geschwöre heilen nur dann, wenn die Abstossung oder Abblätterung (Exfolialio) der in Clccration begrilfenen Knochen-theile, oder die direkte Entfernung derselben durch das Messer geschehen ist. Cm die Abblätterung zu bewirken, wendet man erregende, den Lebensprozess erhöhende Mittel an, wie namentlich aromatische Breiumschläge, die harzigen Tinkturen, ätherische Oele, rektifizirten \\ eingeist und das glühende Eisen, jedoch nur so lange, bis der Zweck erreicht ist, oder bis gute Eiterung sich zeigt und die kranke Knochenstelle beweglich wird, weil sonst leicht Ueberreizung und neue Entartung des Geschwürs entstehen kann. Wesentlich ist es bei den cariösen Geschwüren, dass man immer für vollständigen AbJluss des Eiters sorgt. (S. 64.)
Zuweilen heilen Fistel- und andere Geschwüre nicht, wenngleich die Geschwürshaut in ihnen zerstört und das Geschwür in einen reizenden Zustand versetzt worden ist. Das Hinderniss in solchen Fällen ist gewöhnlich eine ganz geringe, schleichende Entzündung in der Umgegend der Fistel und damit in Verbindung stehende Congestion zu derselben. In solchen Fällen hat die Anwendung der Kantharidensalbe oder des Brenneisens auf die Haut der Fistel oder in der ganzen Gegend des Geschwürs, so weit dasselbe sich in die Tiefe erstreckt, oder so weit, wie eine Spur von entzündlicher Auflockerung wahrzunehmen ist, sich nützlich gezeigt, besonders aber, wenn man gleichzeitig den Ernähmngsprozcss im Allgemeinen auf einen recht geringen Grad herabstimmte. Für den letztern Zweck setzt man die Thiere auf ganz magere Diät, so dass sie nur eben dabei existiren können; man giebt ihnen von Zeit zu Zeit wiederholt Abfiihrungsmittcl und bei kräftigen Thieren kann man in der ersten Zeit dieser Behandlung auch eine, oder selbst eine wiederholte Blutentziehung machen. Die günstige Wirkung dieser Behandlung äussert sich dadurch, dass die Absonderung in dem Geschwür bedeutend in der Menge vermindert wird, dass sich an den Rändern des Geschwürs festsitzende Schorfe bilden und dass die Anschwellung im Umfange sich bedeutend mindert oder selbst gänzlich verschwindet.
Da die Geschwüre in den meisten Fällen nicht einen der im
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Vorstehenden bezeichneten pathologischen Zustände einfach und allein, sondern die Charaktere von mehreren dieser Zustände an sich tragen oder in ihrem Verlaufe annehmen, so ist auch die Behandlung nicht iu allen Fällen bei der einen oder der andern Art der Geschwüre ganz einfach nur auf eine Weise durchzuführen, sondern man muss oft zwei, auch mehrere der geuannteu Behandlungsarten bei einem Geschwür zur Anwendung bringen, so z. B. kann man in einem Geschwür zugleich ein Fislclgcschwiir und ein callöses, ein funguses Geschwür und zugleich ein cariöses u. s. w. vereinigt sehen und muss demgcinäss auch die iMillel für beide Zustände entsprechend anwenden.
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Zweiter Abschnitt.
Geschwüre im Besonderen.
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Erstes Capitel.
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Bei Pferden habe ich öfters am äusseru Rande und am untcni Ende der Ohrmuschel eine Fistel gefunden, welche aus einer kleinen randlichen Oefihung eine weisse, sehr zähe, mit Eiweiss gemengte Flüssigkeit aussickerte und dadurch die unter dem Ohr liegenden Ilaare beständig zusammenklebte und besudelte. Mit einer Sonde konnte man stets nach abwärts gegen 2 Zoll tief eindringen und zuweilen war der Kanal an seinem Grunde sackförmig erweitert. Der ganze Kanal war stets mit einer deutlich sichtbaren, einer Schleimhaut ähnliehen Haut ausgekleidet und ohne Granulation. In einzelnen Fällen stand der Kanal mit einem äusserlich unter dem Ohr sitzenden Backenzahn oder mit einer daselbst befindlichen Exostose in Verbindung, in den meisten Fällen war aber hiervon keine Spur zu bemerken, selbst nachdem die Fistel durch mehrere Jahre bestanden hatte.
Die Ursachen dieser Fistel sind unbekannt; in mehreren Fällen fand ich die Fistel bei ganz jungen Füllen und vermuthe daher, dass sie zuweilen angeboren ist.
Die Beurtheilung ist bei der einfachen Fistel günstig zu machen, da die Fistel, aussei- der bezeichneten Verunreinigung der Haut, keine üble Folgen erzeugt und bei einer zweckmässigeu Behandlung sicher zu heilen ist. Bei Exostosen und abnorm vorhandenen Zähnen ist die Heilung, allerdings schwieriger.
Behandlung. Am besten ist es, die einfache Fistel bis auf ihren Grund aufzuspalten und ihre Haut mit einem Aetzmiltel zu zerstören; doch kann letzteres auch durch Injectionen in die Fistel ge-
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Thräncnfistel.
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schehen, nachdem man eine Gcgenüflnuiig gemacht hat. Das Aufspalten geschieht auf die gewöhnliche Weise, indem man eine Ilohl-sonde in die Fistel setzt und, in ihr geleitet, das Messer einführt und die äusserc Wand der Fistel durchschneidet. Die hierbei etwa entstehende Blutung wird mit dem glühenden Eisen gestillt und hierauf die Haut des Kanals mit Lapis infernalis, oder mit Spicssglanz- oder Zinkbutter, Kupfervitriol u. dgl. bestrichen. Die Heilung erfolgt nach Ablösung der Schorle durch Eiterung und (iranulation sehr leicht.
Will mau die Heilung durch Injection versuchen, so macht man zuerst eine Gcgenöll'nung am Grunde des Kanals auf die Weise, dass man eine Sonde bis zu dem Grunde führt, denselben durch die Spitze der Sonde etwas hervordrängt und dann einen Einschnitt durch die Haut und bis in deu Kanal macht. Hierauf bestreicht man die Haut unter der Oclfnung mit Wachssalbe und injizirl in die obere Oeff-nung etwa 20—3Ü Tropfen einer concentrirten Auflösung von Lapis infernalis, oder von Kali causticum, oder auch von Chlorzink, und wartet die hierauf entstehende Entzündung und Eiterung ab. Unter günstigen Umständen entsteht bald gute Granulation und der Kanal verwächst vollständig.
Findet sich am Grunde einer solchen Fistel ein Zahn, so wird dieselbe aufgespalten, die Haut von dem Zahn und dieser an seiner Uasls von dem betrelfenden Knochen gelöst und hiernach die Wunde durch Eiterung geheilt.
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Kweites Capitel.
Die Thrähenfistel (Fistula lacrymalis).
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Die Thränenfistel besteht in einer Ulceration und Entartung der Haut des Thränensacks und des Thränenkanals und, in Folge dessen, in einem Ausfluss von Thränen und Eiter entweder aus deu Thrä-nenpunkteu oder aus einer abnorm entstandenen Geschwürsofihung. Im letztern Falle wird die Thränenfistel eine vollständige oder aus sere, im erstem Falle aber eine innere Thränenfistel genannt.
Die Erkennung der Thränenfistel im Allgemeinen ist ziemlich leicht, da man den Ausfluss einer eiterigen, mit vielen Thränen gemengten Flüssigkeit aus dem innern Augenwinkel oder aus einer kleinen Oeffnung unter demselben leicht wahrnehmen kann; allein in manchen Fällen ist doch die Erkennung des Znstandes weniger leicht, namentlich wenn grosse Anschwellung der Thräncnkarunkel, Auflockerung und Anschwellung der Bindehaut und der Augenlider vorhanden ist und keine oll'ene Fistelmündung besteht. In solchen
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Thränenfistcl, Behandlung.
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Fällen gilt als Criterium des Leidens, dass die Haut unter dem Innern Augenwinkel rundlich hervorgedrängt und elastisch gespannt ist und dass bei einem Druck auf diese angeschwollene Parthie der Auslluss aus. dem Auge bedeutend vermehrt, ja selbst in einem Strahl erfolgt. In denjenigen Fallen, wo eine äussere Oeflnung unter dem Auge besieht, kann man durch sie mit einer Sonde nach abwärts, zur Nase hin mehr oder weniger tief in den Kanal eindringen, zuweilen auch völlig durchdringen, so dass die Sonde durch die untere IMündung des Thräncnkanals wieder zum Vorschein kommt. Man bedient sich hierzu am besten einer Fischbeinsonde von entsprechender Länge. Da, wo man mit der Sonde nicht durch den ganzen Kanal gelangen kann, bestellt ein örtliches Hinderniss an irgend einer Stelle in dem Kanal, und dieses Hinderniss ist in der Regel zugleich eine ftlitursache, zuweilen sogar die alleinige Ursache der Fistel. Die Thränenfisteln kommen bei den Hausthieren im Ganzen selten vor, namentlich die äusseren, doch hat man sie bei dem Pferd, dem Esel, dem Rindvieh und bei dem Hunde gefunden.
Ihre Ursachen sind sehr verschieden; zuweilen ist eine chronische, katarrhalische oder dyskrasischc Entzündung die Veranlassung dazu, dass die Haut des Thränensacks und des Thräncnkanals sich stellenweis so verdickt, dass der Durchgang der Thränen hierdurch gehemmt und eine Anhäufung derselben in dem obern Ende des Thränensacks und Zuriickniessen der Thränen nach aussen entsteht; in andern Fällen bilden sich gleichzeitig durch dieselben Ursachen Ulcerationen; zuweilen sind Verdickungen der Nasen- und Oberkieferbeine, Knochenauswüchse, Polypen in der Nasen- oder Kieferhöhle, mechanische Verletzungen der Thränenbeine etc. die Veranlassungen zu dem Entstehen der Fistel.
Die Beurtheilung ist im Allgemeinen ungünstig, da es unter allen Umständen schwierig ist, die bezeichneten pathologischen Zustände, von denen die Fistel bloss als Folgelciden auftritt, zu beseitigen und somit die Fistel gründlich zu heilen; doch ist die Schwierigkeit, je nach Art dieser Zustände, in einem Falle grosser, im andern etwas minder. Bei blosser Verdickung der Schleimhaut des Kanals ist immer am ehesten noch Hilfe zu schaffen, bei Knochen-auftreibungen am wenigsten, und bei Polypen hängt die Beurtheilung von ihrer Grosse u. s. w. ab, wie dies bei den Nasenpolypen angegeben ist. Sich selbst überlassen heilen diese Fisteln niemals, sie veranlassen durch das beständige Abfliessen der Thränen Anätzung der Haut, Ausfallen der Haare, Jucken und Reiben und dadurch zuweilen Entzündung und Verletzung des Auges, und sie geben immer dem Thiere ein hässliches Ansehen.
Die Behandlung muss zunächst auf die Beseitigung der Ursachen, insofern dieselben noch fortbestehen, gerichtet sein; ausserdem aber muss auch der Kanal möglichst frei in seinem Lumen werden, damit die Thränen wieder auf dem normalen Wege abfliessen können; und wo chronische Entzündung und Ulceration besteht, da müssen diese Zustände beseitigt werden. Für den ersten Zweck macht man, wo dicker, zäher Schleim den Kanal verstopft, Injectionen von lauwarmem Wasser, welches man mit einem geringen Antheil Essig ver-
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Zahnflstel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;829
setzt. Diese Injectionen köuneu zum Theil durch die untere Miin-duug des Kauais gemacht werden; da sie jedoch von dieser Stelle her bei empfindlichen und uuruhigen Thieren schwer auzubriugeu sind, so ist es besser, sie durch die Fistelöffnung, im Falle eine solche vorhanden ist, zu machen; besteht keine solche äussere Fistelöffnung, so muss mau eine künstliche üeffuung machen, indem mau mit einem spitzen Bistouri gerade unter dem inueru Augenwinkel, etwa 2 Linien von demselben entfernt, einen Einstich macht, dessen Länge parallel mit dem Nasenrücken verläuft. Die so gemachte Wunde muss bis in den Thränensack dringen und bei Pferden gegen 4—5 Linien lang, bei kleineu Thieren ein wenig kürzer sein. — lie-steht noch deutlich wahrnehmbare entzündliche Reizuiig, so macht man warme Duustbäder von blossem Wasser und lüsst die Thiere den Dampf einathmen, oder man macht auch warme Umschläge über die leidende Seite des (iesichls bis zu dem Auge hinauf und giebt innerlich salzige Abführungsmiltel; ist eine solche Entzündung jedoch schon seit langer Zeit zugegen, so kann man auch, statt dem Umschläge, auf die ganze Gesichtsparthie im Verlaufe des Thränensack-kauals die Kanthaiidensalbe einreiben. Fruchten diese Mittel aber nichts, so kann man auch mittelst einer biegsamen Sonde eine Darmsaite oder einige seidene Fäden in den Kanal einzicheu und durch circa 14 Tage in ihm liegen lassen. Die .beiden Enden der Saite oder des Bandes werden nach dem Einziehen mit dicken Knoten oder mit kleinen Knebeln versehen, um ihr gewaltsames Herausziehen vor der angegebenen Zeit zu verhüten. Das Band wird täglich einige Male gelind nach oben und unten gezogen, um so die Ein-klemmung desselben von der Schleimhaut des Kanals zu verhindern. IMan schliesst auf einen guten Erfolg, wenn der Auslluss aus der Fi-steluffnung oder der künstlich gemaebteu Oeffnung sich mindert, dafür aber die Thränen wieder durch die untere Mündung des Kanals ablliessen. Ist diese Aenderung erreicht, so kann man das Hand entfernen und die weitere Heilung der Nalurthätigkeit überlassen.
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Drittes Cafraquo;itel.
Die Zsbnfistel.
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Zahnfisteln sind cariöse Geschwüre mit Fistelgängen, die zu einer Zahnhöhle führen. Sie bestehen in einer Ulceration von Zahnwurzeln, oder der Zahuhöhlcu, oder auch beider Theile zugleich und in den meisten Fällen nimmt auch die Substanz der Kieferknochen in einem bald grössern, bald kleinem Umfange au dem Uebel Theil. Sie kommen am häufigsten bei Pferden, besonders im jugendlichen
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Zahnfistel.
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Alter, seltener bei dem Rindvieh und bei Hunden, und sehr selten bei den übrigen Sätigethieren vor. iMan findet sie am häufigsten am Unterkiefer, und zwar am zweiten oder dritten, selten am ersten Backenzahnj weniger oft am Obeikieier, am ersten oder zweiten, seltener am dritten Zahn. An den übrigen Backenzähnen, an den Haken- und Schneidezähnen fiudcl man sie äusserst sehen. Sie münden in der Hegel äusserlich am Kinnbacken, der Zahnwurzel gegenüber, zuweilen auch im Zahnfleische oder auch neben dem Zahne imManie, zuweilen sind sie durchgehend und mit beiden Oeffnun-gen versehen.
Ihre Kennzeichen sind, je nach dem Grade ihrer Ausbildung, bald mehr bald weniger aulTallend, im Allgeuieinen folgende: der Kinnbacken ist an der leidenden Stelle dick aufgetrieben, in der ersten Zeit zugleich veimehrt warm und mehr empfindlich, ganz so, wie bei Knocheneiitzümlungeii; doch findet man häufig an der geschwollenen Stelle die Knochenmasse äusserlich beim Druck etwas nachgiebig, weil plastische Ausschwitzung in der Beinhaut stattge-funden hat. Etwas später wird die Haut erweicht, bricht auf, es bildet sich eine rundliche Oclfnung, aus welcher eine stinkende Jauche lliesst und wohl auch (aber nicht immer) üppige Granulation wächst; mit einer dünnen Sonde kann man dann durch die OefTnung zur Zahnwurzel, ja oft .durch die Zahnhöhle bis iu das Maul dringen, so dass das Ende der Sonde zwischen dem Zahnfleisch und Zahn zum Vorschein kommt. In diesem Falle wird auch ein Theil der Jauche in die Maulhöhle entleert und es entsteht als Folge davon ein übler Geruch im Maule. Zuweilen ist das Zahnilcisch geschwollen, schwammig aufgelockert, aus einer kleinen OelThung eiternd, und in einzelnen Fällen findet man auch, wenn das Uebel weiler vorgeschritten ist, den betreffenden Zahn entweder ein wenig über die Reihe der übrigen hervorstehend oder auch ein wenig beweglich, in manchen Fällen selbst ganz locker. Mitunter ist er auch gesplittert. — Aelterc Fisteln besitzen nicht selten äusserlich aufgetriebene, callöse Ränder und mitunter, namentlich bei dem Rindvieh, ist der Kinnbacken in einem grössein Umfange aufgelockert und unförmlich aufgetrieben (s. Winddorn S. 207). Bei Pferden wird auch, wenn die Zahnfistcl im Oberkiefer ihren Sitz hat, die Kno-chcnauflrcibung in den meisten Fällen weit grosser, als im Unterkiefer; nicht selten bilden sich mehrere Oelfnungeu, und man findet auch stinkenden Ausfluss und übel riechende Luft aus dem Nasenloche der leidenden Seife.
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Neben diesen
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der Fistel selbst findet man bei
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manchen Pferden noch Störun lieh mehr langsam und vorsichtig.
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im Kauen; die Thierc kauen näm-oft nur auf einer Seite, verstreuen
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Futter, oder bilden von dem halbgekautcu Futter Ansammlungen zwischen den Zähnen und den Backenwandungen, und manche halten den Kopf schief, oder sind wohl auch kopfscheu, wenn man sie berühren oder aufzäumen will.
Die Ursachen der Zahnfisteln sind immer Quetschungen der Zahnwurzel oder vielmehr des Kiefers, der Zahnhöhle und der sie auskleidenden gefässreichen Haut. Zu diesen Quetschungen geben
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Zahnilstol.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;831
Stösse und Schläge bei verschiedenen Gelegenheiten Veranlassung, am meisten aber das Fressen aus einer zu engen und mit scharfen Kauteu versehenen Krippe. (Hierin beruht es zum Theil, dass man in der Regel nur den zweiten oder dritten Backenzahn leidend findet, da die meisten Krippen eine solche Tiefe haben, dass die Thiere das Maul bis zu den genannten Zähnen in sie halten können; doch trägt auch der Umstand sehr viel hierzu bei, dass die drei ersten Backenzähne mit ihren Wurzeln der Oberfläche des Kiefers sehr nahe liegen, daher den äusseren Einwirkungen sehr ausgesetzt, die oberen mehr geschützt sind.) Zuweilen entstehen diese Quetschungen auch dadurch, dass fremde harte Körper, z. B. eiserne Nägel, Steine u. dgl. mit dem Körneriuttcr ins IMaul kommen und dass die Thiere heftig auf dieselben beissen.
Die Prognosis ist, je nach dem Grade der Knochcuauftrcibung, nach dem Mitleiden der ganzen Zahnhöhle oder nur eines Theils derselben, oder der Zahnwurzel, nach dem Festsitzen oder Lockerscin des betreffenden Zahns und nach dem Sitze der Fistel selbst in den einzelnen Fällen etwas verschieden. Zahnfisteln im Unterkiefer, bei welchen nur eine geringe Knochenauftreibung besteht, wo nur ein Theil der Zahnhöhle öder der Zahnwurzel von der Caries ergriffen ist, sind immer ganz günstig zu beurtheilcn, denn sie werden, wenngleich zuweilen erst nach 4 — 8 Wochen, doch immer gründlich geheilt und zwar mit Erhaltung des Zahns; Zahnfisteln, welche mit stärkerer Auftreibung des Kiefers verbunden sind und wo in der Regel auch die Caries in der Zahnhöhle einen grössern Umfang erreicht hat, sind weit übler, da sie immer einer längern Heilungszeit bedürfen und gewöhnlich eine, wenngleich verminderte Anschwellung im Kinnbacken zurücklassen; wenn hierbei der Zahn noch fest in dem Kinnbacken sitzt, erfolgt bei zweckmiissiger Behandlung die Heilung auch hier in den meisten Fällen mit Erhaltung des Zahns. Eben so werden auch diejenigen Fisteln, welche sich in die Waulhöhle öffnen, die aber zugleich mit einer äussern Oeffnung versehen sind und übrigens dieselben Eigenschaften haben, in gleicher Art, geheilt. Dagegen sind Fisteln mit starker, winddornartiger Auftreibung des Kiefers, oder wo ein Zahn zu lang hervorsteht, gespalten oder nur im geringsten Grade locker und beweglich ist, nicht anders, als mit Entfernung des letztern zur Heilung zu bringen. Alle Zahnlisteln im Vorderkiefer sind bei übrigens gleicher Beschaffenheit mehr zu fürchten, als dieselben Fisteln im Unterkiefer, weil oft die cariösc Jauche in dem erstem grössere Zerstörungen macht und weil auch nach dem Wegnehmen des kranken Zahns durch das Eindringen der Nahrung in die Kiefer- und Nasenhöhle noch üble oder lästige Zufälle entstehen. Zuweilen fallen bei den veralteten Zahnfisteln die locker gewordenen Zähne von selbst ans und die Fisteln gelangen dann, bald früher bald später, zur Heilung; ehe es aber dazu kommt, dringt, in die entstandene Lücke beständig gekaute Nahrung ein und verursacht, indem sis in Verbindung mit dem Speichel in der Wärme schnell fault, einen sehr üblen Geruch im Maule und beständige Heizung. Eben so ist es, wenn man die Zähne kunstlich entfernt. An dem Vorderkiefer dringt die Nahrung durch die Zahnhöhle zuweilen
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Zahnflstel. Kur.
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bis in die Kiefer- und Nasenhöhle (da der Grund der knöchernen Zahnhöhle durch die Caries zerstört ist) und giebt zu einem grünlichen, missfarbigen und stinkenden Ausfluss aus der Nase Veranlassung, in Folge dessen solche Pferde zuweilen als rotzkrank betrachtet worden sind.
Die Kur muss darnach verschieden eingeleitet werden, ob (wie bei der Prognosis angedeutet worden) der leidende Zahn noch erhalten werden kann oder ob er entfernt werden muss. Ersteres ist immer sehr vortheilhaft, da nicht nur die ganze Behandlung in solchen Fällen weniger eingreifend, sondern auch für die Folgen von Wichtigkeit ist. Denn, wo ein Backenzahn verloren gegangen, wächst der der Lücke gegenüberstehende Backenzahn in die letztere hinein, weil der Gegendruck und die Reibung fehlen. Dies geschieht allmälig bis zu dem Grade, dass ein solcher Zahn zuweilen 1^- Zoll über die Höhe der übrigen hervorsteht, bei dem Kauen das Zahnfleisch in der Zahnlücke verletzt, Schmerz, Versagen des Futters, Ulceration, üblen Geruch und dergleichen üble Zufälle erregt. ') Die Entfernung des Zahns ist aber auch wirklich in den meisten Fällen, wo die oben augedeuteten Verhältnisse bestehen, zur Heilung der Fistel nicht nolhig. In solchen Fällen leitet man vielmehr die Kur nach folgenden Aufgaben: a) man sorgt für freien Abfluss der Jauche, b) beseitigt die etwa noch bestehende Knochenentzündung, c) befördert die Exfoliation und d) die Vernarbung.
Der ersten Indication entspricht man dadurch, dass man entweder mit einem 3 — 5 Linien dicken Hohlbohrer oder mit einem entsprechend dicken und spitzen Brenneisen den Fistelkanal bis in die Zahnhöhle so erweitert, dass man bei Pferden wenigstens einen Gänsekiel in den Kanal einführen kann. Die Anwendung des Bohrers geschieht, nachdem der Hautrand ein wenig eingeschnitten und vom Knochen getrennt ist, in ganz gewöhnlicher Weise, durch massiges Eindrücken in die Knochenmasse und Vor- und Kückwärtsbe-wegen um die Längenachse des Instruments. Man wählt den Bohrer in denjenigen Fällen, wo im Umfange der Fistel noch deutlich Knochenentzündung besteht, — aber das Brenneisen, wenn diese Entzündung nicht mehr vorhanden, sondern der Zustand mehr torpide
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l) Die zu lang hervorstehenden Zähne soll man nach Dieterichs (Akiurgie, sect;. 314.) in derselben Weise, wie die cariösen Zähne, durch das Herausziehen mit dem Stempel aus ihrer Höhle entfernen. Dies ist jedoch mit einer, für diesen Zustand zu grossen und unnüthigen Verletzung verbunden und der Zweck kann weit besser auf folgende Weise erreicht werden: Man hält dem Thiere (welches dabei in der Regel steht) das Maul durch eine Maulgatter ofTen und die Zunge nach der gesunden Seite gezogen, schneidet mit einer scharfkantigen Feile an beiden Seiten des zu langen Zahns in der Höhe der übrigen Ziihne eine, circa 1 — li Linien dicke Querfläche, — setzt dann an seinen vordem Rand gerade vor die gemachten Furchen einen Meis-sel und treibt denselben durch kurze, kräftige Hammerschläge in den Zahn. Letzterer springt hierbei in der Richtung der Furchen quer durch, so dass man das obere Stück mit der Hand wegnehmen kann. Etwa norh vorhandene Unebenheiten werden mit einer Raspel ausgeglichen.
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ist. Beide Verfahrungsarteu können au stehenden Pferden und Rindern, nachdem dieselben gehörig gebremset und von Geholfen festgehalten sind, ausgeführt werden. Wenn bei Fisteln im Vorderkiefer eine bedeutende Knochenauftreibmig verbunden ist, wählt man zur Erweiterung der (Jellhung besser den Trepan, um eine grössere Oeflhuug zu erzeugen.
Die zweite Indication ist in den Füllen zu erfüllen nöthig, wo man noch die Knocheueulzündung deutlich wahrnehmen kann. Bei grossen Schmerzen applizirt man, wenn die Fistel ollen ist, warme ßrciumschlage von schleimigen oder narkotischen Mitteln; bei geringer Empfindlichkeit reibt man täglich zweimal die graue Merkurial-salbe, oder auch die grüne Seife mit Kali carbouicum versetzt, ein und bei mehr torpidem Znstande oder bei speckartiger Verdickung der ßeiuhaut brennt man eine Anzahl Punkte auf die verdickte Par-thie, oder mau reibt einige Male wiederholt die Cantharideusalbe ein.
Zur Erfüllung der dritten Indication macht man Einpinselungen oder Eiusprilzungeu von einer Auflösung des Kreosots (5/S zu gjS Branntwein), oder von der Aloetinktur, der j\lyrrhentinktur, oder auch bei grosser Torpidität von Terpentinöl, oder man brennt mit einem passenden weissglüheuden Eisen. Diese Mittel können, mit Ausnahme des Brenneisens, täglich so lauge wiederholt werden, bis gute Eiterung eingetreten ist.
Der vierten Indication leistet man Genüge, wenn mau täglich einmal die in guter Eiterung belindliche Fistel mit lauwarmem Wasser reinigt und zuletzt, wenn sie mit Granulation erfüllt ist, die Ober-lläche zuweilen mit etwas Zinkvitriolanflösung befeuchtet. Dabei giebt man den Thieren weiche Nahrung', z. B. Kleie, Gras u. dergl. und benutzt sie zur Arbeit.
Wenn aber bei einer Zahnfistcl der Zahn etwas locker, oder zu lang, oder gesplittert ist, oder auch wenn eine winddornartige Auftreibung des Kiefers im hohen Grade besteht, oder wenn die Fistel sich nur in das Maul öll'nct, ist es immer nöthig, den betreifenden Zahn zu entfernen. Dies geschieht, wenn derselbe wirklich locker ist, am besten mit der von Wendenburg angegebenen ') oder einer ähnlichen Zange (im Nothfalle mit #9632;einer Schmiede-Feuerzange, deren Maul über die Kante gebogen und gehörig gerichtet ist), mit welcher man ihn aus der Höhle herausziehl. Man setzt für diesen Zweck dem gut gebremsten Thiere ein weites Maulgatter ins Maul, zieht die Zunge hinter dem Maulgatter zur gesunden Seite heraus, führt die Zange durch das Maulgatter bis zu dem betreifenden Zahn, ergreift ihn und, indem man den Stützpunkt der Zange auf den zunächst in der Heihe vorhergehenden Zahn auflegt und dann die Handgriffe ausserhalb des Mauls kräftig herunterdrückt, hebt dann den Zahn aus der Höhle hervor und entfernt ihn 2). — Sitzt aber der Zahn
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') Magazin für die gesammte Thlerheilkundc. Jahrg. 1836, S. 490. Mit Abbildungen.
2) Es sind noch andere Zangen von Plasse (Rccucil veterin. T. IX. p. 317) und von Brogniez (.Traito de Chirurgie veterin. Vol. 11. p. 36) an-
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Zahnfistel. Kur.
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mich fest, so gelingt seine Entfernung am besten durch die von Ha vemann ') und E. Viborg2) hierzu empfohlene sogenannte Operation der Zahniistel. Zu derselben muss das Thier niedergelegt werden. Alan schcert auf der Geschwulst im Umfange der Fistelölf-nuiig die Haare ab, macht ciueu Kreuzschnitt, dessen Mitte die Fis-telölliiung ist, präparirt die Haut etc. von dem Kinnbacken in dem Umfange los, dass eine etwa einen Quadratzoll grosse Fläche des letztem entblösst wird und nimmt die lieinhaut in demselben Umfange von dem Knochen ab. Auf die entblösstc Fläche setzt man nun einen scharfen Aleissel und durchschlägt mit demselben rund herum die Wand des Knochens, gerade gegenüber dem Koden der Zahnhöhle, und entfernt das auf diese Weise vo.n allen Seiten getrennte Knochenstiick. Statt des Meisseis kann man auch nach dem von V iborg zuerst gemachten Vorschlage #9632;1) den Trepan zum Herausbohren des Knochcnstiickes benutzen, was in so fern besser ist, als dadurch Erschüttemhgen und Splitterungen des Knochens vermieden werden; aber die vollständige Durchbohrung mit dem Trepan hat bei der zuweilen sehr starken Auftreibung des Knochens darin Schwierigkeiten, dass die Knochenmasse dicker, als die Trepankrone tief ist. Bei diesem ganzen Vorgange muss man immer die anatomische Be-schall'euheit der speciellen Operationsstelle berücksichtigen, und besonders bei der Zahnfistel an dem Vorderkiefer den Uuteraugcuhöh-lennerv (zweiten Ast des fünften Paars), Besonders au den unteren Zähnen, nachdem er aus dem Infraorbitalloche getreten ist und auf dem Kieler fast gerade über den Zahnwurzeln verläuft. Um ihn nicht zu verletzen, schiebt man ihn nach dem Hautschnitt zur Seite. Am Unterkiel'er hat man besonders die Kinnbackenarterie, die gleichnamige A eiic und den S tensonschen Gang zu schonen und den Niederzieher der Oberlippe nach oben zu schieben. •— Nachdem die Oclfnung auf die eine oder die andere Weise gebildet ist, setzt man dem Thiere ein mit Werg oder Leinwand dick bewickeltes Maulgatter zwischen die beiden Kiefer, um die Backenzähne des Ober- und Unterkiefers von einander entfernt zu halten, führt dann einen eisernen Stempel *)
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gegeben worden, aber nicht besser, als die Wend enbnrgsclie. Auch benutzen französische Thierärzte hierzu den sogenannten Za h n-, englischen oder (ia rengotseben Schlüssel, der jedoch nur bei kleinen Thieren gut zu benutzen ist.
') Anleitung zur Benrtheilung des äussern Pferdes. Hannov. 1S05. S. 77, Anmerkung.
2) Veterimir-Selskabets Skrifter. Deel 2. S. 331. Kiobenhavn 1813.
*) a. a. 0. S. ',ii'i, — ein Vorschlag, dessen Priorität Dicterichs in Anspruch zu nehmen scheint (AUiuigie, S. 244).
*) Man muss zwei solche eiserne Stempel besitzen, nämlich: einen geraden, zum Gebrauch am Hinterkiefer, gegen ä Zoll lang, | Zoll breit und i Zoll dick, — und einen für den Vorderkiefer, in derselben Länge und Stärke, aber in der Mitte gegen 1 Zoll breit gekröpft, d. i. zweimal im fast rechten Winkel gebogen, so dass er eine fast S-förmige Gestalt erhält und hierdurch desto besser senkrecht gegen die Zahnwurzel gestellt werden kann, ohne durch die Wölbung der Vorderkieferbeine hierin gestört zu werden.
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After-, Mastdarm- und Beckenflstel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 835
in die Höhle gegen die Zahnwurzel ') und treibt den Zahn durch kurze, kräftige Schlüge mittelst eines Hammers auf das äussere Ende des Stempels aus der Zahnhöhle in das iMaul. Wenn man hierbei bemerkt, dass der Zahn locker wird, so lässl; man einen Gehnlfen seine Hand durch das Maulgattcr bis zu dem betreflenden Zahn führen und denselben mit den Fingerspitzen erfassen und wegnehmen, wenn er mit den letzten Hammerschlägen aus der Zahnhöhle ins Maul fallt 2). Hiernach wird das Waulgatter entfernt, die Ceschwürs-höhle von Knochenstückchen und Blut gereinigt und mit einem massig festen VV ergpfropf vollständig ausgefüllt. Der erste Verband kann durch 48 Stunden liegen bleiben, später, bei reichlich eingetretener Eiterung, muss er aber täglich ein-, selbst zweimal erneuert uud das Geschwür mit aromatischen Infusionen, oder, bei sehr geringer Thä-tigkeit, selbst mit dem Digesljvwasser (Seite 65) und den oben genannten, die Exfoliation befördernden l\litteln, — oder, wenn üppige Granulation entsteht, mit Auflösungen von Kupfervitriol, Zinkvitriol, Höllenstein und ähnlichen Mitteln befeuchtet werden. Dabei giebt man den Thieren weiches Futter und hält sie mehrentheils ruhig, bis die Heilung erfolgt ist.
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Viertes Cafiilel.
Die After- Mastdarm- und Beckenflstel.
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Bei Pferden und bei llnnden, selten bei den übrigen Säugethie-ren kommen an und um den After Fisteln von zweierlei Art vor. von denen man die eine als ächte After- oder iUastdarmfis-
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') Bei dem Ansetzen auf die Zalinwiirzel hat man zu beobachten: a) dass dies in möijliehst gleicher Kicbtung mit der Liingenachse des Zahns geschieht, damit die Seitenwände der Zahnhülile nicht gesplittert werden — und b) dass man die Stämme der Zahnnerven (den nerv, infraorbitalis und den nerv, al-veolaris maxillae inferior.) nicht zwischen dem Stempel und der Zahnwurzel zerquetscht. Wegen letzlerer RücUsicht schiebt man diese Nervenstämme entweder möglichst zur Seite, allenfalls naibdem man die aus ihnen zu dem kranken Zahn gehenden Zweige durchschnitten hat, oder man schneidet sie selbst (nach Viborgs Rath) durch.
2) Strauss hat das Verfahren dabin abgeändert, dass er nach dem Durchbohren des Kiefers am Grunde der Zahnhöhle noch eine zweite Oeif-nung mit dem Trepan an der Seite derselben macht und das Ende der Zahnwurzel quer durchbohrt. Das Stückchen Zahnwurzel wird entfernt und dann der Zahn selbst mit dem Stempel herausgetrieben, wie oben gesagt. Dies Verfahren ist höchst mühsam und gewährt keinen besondern Nutzen.
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After-, Mastdarm- und BeckenfUte).
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teln, die andere als unächte Aft|er- oder Mastdarmfisteln oder Becken fisteln bezeichnen kann. Die ersteren bestehen in einem Fistelgeschwür, welches immer in den Mastdarm mündet, am andern Ende aber ohne üelfunng (blind), entweder in dem Zellgewebe neben dem Mastdarm liegt, oder sich nach aussen durch die Haut erstreckt und bald seitlich neben dem After, bald mehr niedrig im Mittelfleisch eine Oefluung bildet, aus welcher Eiter oder Jauche, zuweilen mit Koththcilcu gemengt, fliesst, besonders aber dann, wenn das Thier Koth oder Urin entleert. Solche Fisteln der letztern Art bezeichnet mau als durchgehend oder vollständige, aber die mit einem blinden Ende versehenen als unvollständige Mastdarmfisteln. Bei den letzteren findet der Ausiluss von Eiter oder Jauche durch den Aller statt, ebenfalls am meisten zur Zeit der Kothentlee-ruug, und gewöhlich besteht dabei auch eine üdematöse Anschwellung an der einen oder andern Seite neben oder unter dem After. — Die anächten Alterfistelu bestehen in einem Fistelgeschwür in dem lockern Zellgewebe neben dem After und Mastdarm, ohne mit dem letzlern selbst eine Verbindung zu haben; sie erstrecken sich mehr oder weniger tief in das Zellgewebe und bald in der Richtung nach dem Rectum, bald mehr nach aussen zwischen die Beckenmns-kel und zuweilen bis auf die Beckcnkuochen.
Die Erkennung dieser verschiedenen Fisteln ist theils aus den angegebenen Erscheinungen und aus der fortdauernden Verunreinigung des Schweifes und der llinterschcnkel mit Eiter, theils durch das Sondiren zu erlangen. Die in dem iMastdarm selbst belindliche Fistelöllnung kann mau beim Pferde zuweilen auch äusserlich sehen, wenn eben das Thier Kolli absetzt und dabei wie gewöhnlich die Schleimhaut etwas hervordrängt; in anderen Fällen aber und bei den übrigen Thieren muss man dieselbe mittelst des in den After geführten Fingers aufsuchen und dann eine bogenförmig gekrümmte Sonde (am besten eine Sonde von Blei) in die Fistel einführen. Die äussere Fistelmündung siebt man immer deutlich und kann mit einer eingeführten Sonde ihre Länge und Richtung leicht erforschen; steht sie mit einer innern Oeflnung in Verbindung, so dringt die Sonde bis in den Mastdarm ein und man kann sie hier mit den Fingern deutlich lühlcn; bei den nnächten ist dies nicht der Fall, sondern die Sonde dringt nicht so tief ein, oder sie geht nach irgend einer Seile von dem Mastdarm ab, und zuweilen fühlt man eine harte, rauhe Stelle der Beckenknochen. Oft sind sie in der Tiefe Hohlgeschwüre.
Bei Hunden kommt nicht selten eine besondere Art dieser Fisteln vor, indem die neben dem After befindlichen Afterbentel entzündet werden und eine eiterige Flüssigkeit reichlich secerniren. Dieser Zustand ist an der Anschwellung der Beutel und ihrer Drüsen und an der im Rande des Afters liegenden, an beiden Seiten gleich-massigen runden OefTnung des Ausfiihrungskanals zu erkennen. In diese Oeflhnngen kann man mit einer Sonde gegen £ bis 1^- Zoll tief eindringen, gewöhnlich auch durch Druck mit den Fingern den Eiter spritzend entleeren. Die Thiere drängen auch oft zur Koth-entleerung.
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After-, Mastdarm- und Beckenfistel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;837
Die Ursachen der ächten Mastdarmfisteln sind Verletzungen der Mastdarmschleimhaut durch verschluckte Knochensplitter, Nadeln und andere Gegenstände, welche unverdaut den Darnikanal durchwandern und dann bei dem Drängen des Thieres in die Schleimhaut des Darms eindringen; zuweilen entstehen diese Verletzungen auch durch ungeschickte Manipulationen bei Untersuchungen des Mastdarms mit den Händen, bei der Application von Klysticien, bei dem gewaltsamen Ausräumen des Kothes u. s. w. Die uiiächtcn Afterfisteln entstehen durch Verletzungen von aussen her, zuweilen nach dem Schweif kerben uud in manchen Fällen auch durch Metastasen, besonders bei Druse.
Die Beurtheilung ist im Anfange der Behandlung stets zweifelhaft zu stellen, da diese Fisteln schwer heilen und in ungiiustigen Fällen dutch Senkung des Eiters in das Becken oder zwischen die Schenkelmuskeln fortschreitende Entzündungen und Zerstörungen, Caries und Zehrfieber herbeiführen können, und da man bei ihnen selbst in der Anwendung der Heilmittel, nainenllich der Aetzmittel und der Gegenöffnungcn in den meisten Fällen sehr beschränkt ist. Je kürzer die Fisteln sind, um desto eher ist lleilmig zu erwarten; Fisteln, welche nur eine innere Mündung besitzen, sind schwieriger zu heilen, als solche, welche mit zwei Mündungen versehen sind. Die unächten Afterfisteln sind in den meisten Fällen hartnäckiger und oft auch gefährlicher als die ächten, weil sie eben Senkungen und Caries eher erzeugen. Zuweilen bleiben die Fisteln von beiden Arten ungeheilt. Ihr Nachtheil ist dann der beständige Säfteverlust und die fortdauernde Vereinigung des Mittelfleisches, der Hinterbak-ken und des Schwanzes.
Die Behandlung. Bei vollständigen IMastdarmfisteln kann man, je nach ihrer Besclialfenheit, die äussere Mündung erweitern und dann ein ätzendes Bougie in der ganzen Länge -der Fistel einführen und es durch etwa 24 Stunden in derselben erhalten, hiernach aber die eintretende Eiterung und Granulationsbildung abwarten. Eben so kann man ein der Fistel entsprechend dickes uud gebogenes Brenneisen in dieselbe appliciren. Fruchten diese Mittel nichts, oder ist die Masse zwischen den beiden Fistelüfrnuugen nicht zu lang und übermässig dick, so kann man auch dieselbe mit dem Messer durchschneiden oder mittelst einer Drahtligatur alhnälig durchbinden. Für den ersten Zweck führt man eine Hohlsonde durch die äussere Üelf-nung in die Fistel, leitet in ihr ein Knopfmesser und durchschneidet alle Theile und die Mastdarmwand nach hinten bis an den Schliess-muskel, welchen man unverletzt lässt, — stillt die Blutung, füllt die Wunde massig tief bis auf den Grund mit Werg aus uud leitet dann die Eiterung zur Heilung. Um die Fistel zu durchschnüren, bringt man einen gut ausgeglühten Messingdraht oder einen Bleidraht durch die äussere üeffnuug in die Fistel, schiebt ihn bis zur üeffnung in dem Darme, beugt ihn hier nach dem After hinein und führt ihn durch den letzteren wieder heraus. Man dreht nun die beiden Enden mit einander so stark zusammen, dass der Draht auf die zwischen ihm liegende Masse einschneidend wirkt und wiederholt dann dieses Drehen täglich so lange, bis die Durchschueidung vollständig
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Krebsgeschwür am männlichen Gliede.
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geschehen ist. In der Regel wächst unmittelbar hinter dem Draht die durchschnittene Stelle #9632;wieder zusammen und es erfolgt so die Ileilung. Oft bleibt aber für immer eine offene Lücke, weil der Schliessmu.skcl durchtrennt ist. — Bei den nur mit einer innern Oeff-nung versehenen Fisteln muss man xuerst versuchen, eine äussere Oell'nung auf die Weise zu bilden, dass man eine stark gekrümmte Sonde in der oben angedeuteten Art bis auf den Grund der Fistel einführt und dann in der durch die Richtung der Sonde äusserlich etwas hcrvorgedränglen Stelle die Haut und das Zellgewebe durchschneidet, bis die Sonde zum Vorscheitraquo; kommt. IMan kann dann sogleich miltclsl der Sonde ein Band in die Fistel ziehen und hierdurch den Ausfluss des Eiters befördeni, die Fistelhaut umstimmen und hierdurch die Heilung vermitteln, oder auch später die Bougies, die Durchschneidung oder die Ligatur anwenden, wie es im Vorstehenden angedeutet ist.
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FuiiftCN Caitifel.
Die Krebsgeschwüre am männlichen Gliede.
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Bei Pferden und Hunden habe ich mehrmals den olfeuen Krebs an der Eichel des mäimlichen Gliedes gefunden.
Das Hebel aussei! sich durch Ausfluss einer stinkenden Jauche aus der Vorhaut, Geschwüre an der Eichel mit umgebogenen, zackigen Biindein, schmulzig-rothen, mit üppiger Granulation besetzten Grund, welcher bei der Berührung leicht blutet, scirrhöse, knotige Härte der Umgebung, heftige Schmerzen-, allmälige Vergrösserung der Geschwni-c, zuweilen erschwertes Uriniren, Anschwellung der Lymphdrüsen.
Uebcr die Ursachen weiss man nichts Sicheres, — ähnlich wie bei dem Krebs ühcihaupt.
Die Prognosis ist cinigermassen günstig, wenn das Uebel nicht lange bestanden hat und nur noch auf die Eichel beschränkt ist, dabei das Thicr kräftig und ohne ein bedeutendes Allgemeinleiden ist. In solchen Fällen kann durch Amputation die Beseitigung des Uebels, zuweilen für immer, zuweilen auch nur für einige Zeit bewirkt werden.
Die Kur besteht nur allein in der Entfernung des kranken Thcils des Penis, welche immer so viel wie möglich in der gesunden Substanz desselben geschehen muss und auf dreierlei Weise ausgeführt werden kann, nämlich: 1) durch das Abbinden, 2) durch das Brenneisen und — 3) durch das Messer.
Das Thier muss zur Operation auf eine Seite oder auf den Rük-
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Krebsgeschwiir am münnlichcn Gliede.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;839
ken gelegt und im erstem Falle der oben liegende Hinterfuss auf den Vorarm der obern Seite gebunden -werden, im letzteren Falle aber werden die Füsse jeder Seite kreuzweis zusammengebunden. — Hierauf zieht man das Glied langsam aus dem Schlaucbe hervor, reinigt dasselbe, so wie den Schlauch selbst, mit kaltem Wasser und verfährt dann, wie folgt. Erstreckt sich aber die Entartung des Gliedes so weit über die Eichel hinauf, dass der kranke Theil ohne \\ eitercs nicht frei aus dem Schlauche hervorgezogen werden kann, so muss als Vorbereitung erst der letztere in seiner Mittellinie in entsprechender Länge aufgespalten werden.
1)nbsp; Um das Abbinden zu bewirken, führt man durch die lUün-dung der Harnröhre eine Röhre von verzinntem Blech, welche der Dicke der Harni-öhre entspricht und so laug ist, dass sie noch einige Zoll über die Uuterbiudungsstellc hinaufreicht. Hierauf legt man auf die letztere eine aus einem starken runden Bande gebildete Schlinge (am besten eine sogenannte Kastrirschlinge) und schnürt dieselbe möglichst fest zu, so dass die vor der Schlinge befindlichen Theile absterben müssen. Das Zubinden geschieht mit einem auflösbaren Knoten, so dass man die Schlinge nachschnürcu kann. Das Thier wird nun entfesselt. #9632;— Das Nachschnüren inuss täglich wiederholt werden, bis das Band tief, bis fast auf die Harnröhre eingeschnitten hat, — was bei Pferden gewöhnlich mit circa 6 bis 8 Tagen geschehen ist. Nun kann man die Trennung der abgebundenen Par-thie des Gliedes vermittelst des Messers vollenden, jedoch so, dass die Harnröhre gegen ^ bis 1 Zoll über die schwammigen Körper hervorstehen bleibt, damit ihre Mündung nicht mit Granulation überwächst. Zu dieser Operation muss das Thier wieder niedergelegt werden. — Während die Ligatur noch liegt, schwillt das Glied bedeutend ödematös au und an der Uuterbindungsstellc sickert stinkende Jauche hervor; mau macht deshalb in den vorderen Theil des Gliedes Einschnitte und befeuchtet dasselbe oft mit einer Auflösung von Chlorkalk.
Nach Schellhase') modificirt man das Abbinden, wenn der vordere Theil des Penis sehr entartet ist, so: dass man da, wo die gesunde Substanz des Gliedes beginnt, die Harnröhre öffnet, durch diese Oeffnung eine Metallröhrc einführt, welche au ihrer Mitte etwas euger ist, als an den Enden, dann hierüber eine Schlinge von oben angegebener BeschalVenheit legt, dieselbe möglichst fest zuschnürt und das Glied etwa f Zoll vor derselben abschneidet. Die Schlinge wird auch hier täglich stärker zusammengezogen, bis der vor ihr befindliche Theil des Gliedes abfällt.
2)nbsp; Bei dem Abtrennen des kranken Kuthentheils durch das glühende Eisen will man durch letzteres zugleich die entstehende Blutung stillen. — Man legt hier, nachdem das Thier, wie oben gesagt, gebunden und nöthigenfalls der Schlauch gespalten ist, eine Bandschleife fest um das Glied über und eine zweite unter die üpera-
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') Exkursionen in der thiernrztlichcn Literatur. Theil I. S. 223.
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Krebsgeschwüi' am männlichen Gliede.
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tionsstcllc, um mit jener das (Vlictl hervorgezogen zu halten und zugleich den Blutandrang zu mindern, mit dieser aber das Glied bei der Operation im gespannten Zustande zu erhalten. Dann schneidet man mit gleichniässigen Zügen eines weissglüheiiden, messerförmigen Brenneisens das Glied an der Glänze der gesunden Substanz quer durch. Dieses Durchschneiden kann entweder von der oberu Seite (dem Rücken) oder von der untern Seite des Gliedes her begonnen werden. Im letzteren Falle wird aber, wenn dies ohne Vorsicht geschieht, die Harnröhre durch die länger dauernde Berührung mit dem Brenneisen zu sehr zusammongeselirumpil und eine dauernde Ver eugerung derselben vorbereitet. Deshalb ist es zweckmässig, zuerst die Harnröhre ungefähr 6 bis 0 Linien vor der Durchschneidungs-stelle des Gliedes quer zu durchschneiden, sie in der bezeichneten Länge völlig von den schwammigen Körpern abzupräpariren, sie mit einer eisernen Platte, z. B. mit einer 1 lauklinge, zu schützen und dann das Durchbrennen zu bewirken. Nachdem dies gesebehen, legt man in die Harnröhre eine entsprechend dicke, bei Pferden gegen 4 Zoll lauge und am aussein Ende mit einem Querblatt versehene Röhre und befestigt dieselbe mittelst zwei Heften, welche durch kleine OefFnuogen des Querblattes und durch den äusseru Band der schwammigen Körper gezogen werden. Die Röhre soll der Verengerang und üeberwachsung der Harnröhremnündung entgegenwirken und inuss deshalb bis zur gänzlich erfolgten Heilung, d. i. 6 bis 8 Wochen, liegen bleiben. Sie wird jeden zweiten oder dritten Tag durch Einspritzungen mit lauwarmem Wasser gereinigt; übrigens werden die Eutzündungszufälle durch narkotische iUittel und Bleiwasser beseitigt.
3) Die Amputation mit dem i'desscr geschieht schnell, gründlich und giebt eine reine Wundiläehe. — Man führt bei derselben, nach geschehener Vorbereitung wie oben, eine dicke Sonde in die Harnröhre bis an die zum Durchschneiden bestimmte Stelle, — drängt hier die Harnröhre recht stark und sichtbar hervor, durchschneidet sie 6 bis 9 Linien vor dieser Stelle, präpariit sie in dieser Länge nach oben von den schwammigen Körpern und durchschneidet dann die letzteren mit einem kräftigen Messerzuge. Hierauf werden die Arterien sowohl am Bücken des Gliedes, wie auch an der untern Seite desselben durch Unterbinden oder Zudrehen verschlossen, die Bänder gelüftet und wenn nun keine Blutung mehr entstellt, wird das Thier entfessell. Tritt aber noch starke Blutung aus den schwammigen Körpern ein (was gewöhnlich nicht der Fall ist), so müssen styptische Mittel oder selbst das Glüheisen angewendet werden.
Ich habe in einigen Fällen auch vor dem Durchschneiden der schwammigen Körper die Arterien aufgesucht und unterbunden und dann last gar keine Blutung gesehen.
Eine Bohre in die Harnröhre zu bringen ist hier weniger nöthig, als nach dem Abschneiden mit dem glühenden Eisen; doch kann sie aus Vorsieht, so wie dort angegeben ist, eingelegt werden.
Die iNachbehandlung ist zuerst kühlend, entzündungswidrig; später kann man gelind tonische Mittel anwenden.
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Hufknorpelfistel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 841
Bei Humlen muss man mit den schwammigen Körpern zugleich den Uuthenknochen entweder in seiner Substanz durchschneiden oder denselben an seinem hinteren Ende ablösen und ihn von der Harnröhre trennen.
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Reellstes Cafiitel.
Die Hufknorpelfistel.
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Die beiden, auf den Seitcnästen des Hufbeins bei den einhüfigen Thieren sitzenden Knorpel werden oft in UIceration versetzt und bilden dann cariöse GescliTviire, welche in den meisten Fällen den ganzen Knorpel sehr langsam, und zwar gewöhnlich in der Richtung von hinten nach vorn fortschreitend, zerstören, und bald mehr bald weniger üble Zufälle mit. sich führen. Diese Geschwüre münden an der Haut der Krone mit einer oder mit mehreren kleineu Oellnungen und werden im Allgemeinen als Knorpelfistel bezeichnet.
JMan erkennt dieselben daran, dass die Krone bald mehr bald weniger stark aufgetrieben und hart ist, die Haare gesträubt sind und aus den kleinen Oeil'nuugen eine eiterige oder jauchige, zuweilen grünliche und mit kleinen erweichten Knorpelstücken gemengte Flüssigkeit aussickert. Bei dem Einführen einer Sonde in die Oeflhun-gen kann man in einer oder der andern Richtung und mehr oder weniger tief eindringen, so dass man den Knorpel entweder nur an seiner Oberfläche rauh fühlt oder dass man denselben durchdringt und hierbei die harten, rauhen Ränder in seiner ganzen Dicke deutlich fühlen kann; in einzelnen Füllen führt die Sonde auch bis auf das Hufbein, was man an der grössern Härte deutlich unterscheiden kann. Sehr häufig findet sich die Hornwand unter der aufgetriebenen Krone abnorm zusammengezogen, hart und ausgetrocknet. Die Thiere zeigen in den einzelneu Fällen bald mehr bald weniger Schmerz bei dem Zusammendrücken des Hufes, und im Verhäitniss des Schmerzes stehen sie auch zuweilen unregelmässig, treten mit den Trachten nicht- gehörig nieder und manche lahmen auch bedeutend.
Die Ursachen sind Kronentritte, bösartige und vernachlässigte Steingallen, zuweilen auch Vcrnagelungen, heftige Quetschungen des Hufes und Knorpels, z. B. bei dem Uebeifahren mit Wagenrädern, Brüche des Hufbeins, bösartige Horuspalten, die auffallende oder Brandmauke u. dergl.
Die Beurtheilung ist, je nachdem das liebel bereits mehr oder weniger vorgeschritten ist, je nachdem der Huf dabei entartet ist, ferner darnach, wo das Uebel seinen Anfang genommen hat und ob
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Hufknorpelfistol. Kur.
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das Ilufbein mitleidet, sehr verschieden. Im Allgemeinen gehören die Ilufknoipelfistelu zu den hartnäckigsten Uebeln, welche sehr häufig dem Thierarzt und dem Eigenthiimer Verdruss und Sorge macheu und durch welche nicht selten Pferde völlig unbrauchbar werden, oder in Folge der heiligen Schmerzen, des bestiindigen Salle-verlustes und der hinzugetretenen Rotz- und VVunndyskrasie zu (irunde gehen. Bei einer zwcckmässigcn ßehnndlung sind die Knorpelfisteln in der Regel zu heilen, oll sind dieselben nach langem Restehen sogar von selbst geheilt, wenn sonst die Thiere einer zweckmässigen, diätetischen Pflege, namentlich dem Aulenthalt auf feuchter Weide, ausgesetzt waren. Frisch entstandene Knorpelfisteln sind in der Regel binnen etwa 4 Wochen zu heilen, und zwar um so sicherer, je mehr das Uebel dem vordem Ende des Knorpels nahe ist; denn (wie oben schon erwähnt) die Zerstörung dieser Knorpel schreitet in der Regel von dem hintern Ende derselben zu dem vordem fort und hört auf, wenn das letzte erreicht ist. In dieser Eigenthümlichkeit ist der Grund zu suchen, dass Knorpelfisteln zuweilen bei Anwendung eines unbedeutenden Mittels oder auch von selbst heilen, nachdem sie lange genug bestanden haben, und dass oft derjenige Thierarzt die Ehre der Heilung erhält, welcher erst dann hinzugerul'en worden ist, nachdem ein oder einige seiner Collegen in der Kur müde geworden sind. Diejenigen Knorpelfisteln, welche durch den Knorpel hindurchdringen und hinter demselben Höhlen bilden, oder wo zugleich das Hufbein cariös ist, sind immer die hartnäckigsten und konnten bisher mehrentheils nur durch die sehr schmerzhafte Exstirpation des Knorpels geheilt werden; in neuerer Zeit heilt man dieselben jedoch auch oft auf andre Weise. Knorpelfisteln mit 2 Dellnungen werden für leichter heilbar gehalten als diejenigen mit einer Oelfnung.
Die Kur der Knorpelfisteln muss darauf gerichtet sein, entweder die Caries im Knorpel zu vernichten, oder auch den ganzen Knorpel zu exstirpiren und dann die Heilung herbeizuführen. Das erstere Verfahren ist das ältere, aber in neuerer Zeit erst wieder zur Geltung gekommen, da man seit Lafosse die Exstirpation des Knorpels viel zu allgemein in den meisten Fällen als das allein gründliche Iliilfs-mittcl benutzt hatte. Um die Exfoliation zu bewirken, kann mau Aetzmittel verschiedener Art in flüssiger oder in fester Form, oder auch das glühende Eisen anwenden. Der Nutzen des letzteren und der trocknen Aetzmittel im Vergleich zu den flüssigen ist jedoch hier viel geringer; denn jene Mittel wirken immer nur auf eine begränzte Stelle, kommen oft nicht auf den Grund der verschiedenen leidenden Punkte, zerstören auch oll gesunde Theile (weshalb sie nicht gut anwendbar sind bei Fisteln in der' vordem Hälfte des Knorpels, wo das Kapselband des Hufgelenks nahe unter dem Knorpel liegt), sie machen grosse Schmerzen und die Thiere für einige Zeit lahm und dienstunbrauchbar, und lassen doch oft die Fistel ungeheilt. Dagegen dringen flüssige Aelzmitlcl überall in die Tiefe, zerstören die Caries gründlicher und, wenn die Mittel in richtiger Verdünnung ge wählt werden, ätzen sie gesunde Theile nicht an. Für die Anwendung dieser Mittel im Allgemeinen erweitert man die Fistelöffnung,
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im Falle sie nicht recht frei und offen ist, durch einen etwa einen halben Zoll laugen Einschnitt nach unlen, und wo die Fistel durch eine eiternde Stcingallc cntslaiiden ist, erweitert man auch die Stein-gallenöffnuug durch ßeschiicidcu der iloinrändcr, so dass ein freier Abfluss nach unten staUfimleu kann; wählt man das Brenneisen, so führt man es weissglühend bis auf den Knorpel, berührt alle Stellen des Geschwürs an demselben und erzeugt einen gleiclnnässigen Brandschorf. Hiernach macht man am besten durch einige Tage lauwarme Fussbäder von schleimigen oder, bei eingetretener Empfindlichkeit, auch von aromatischen Milldn. Nach eingclretener guter Eiterung wird das Geschwür täglich einmal oberflächlich mit lauwarmem Wasser gereinigt. — Von den trocknen Aetzmitteln bringt man am besten in jeden einzelnen Fistelgang ein nach dessen Tiefe abgemessenes, circa ein bis zwei Zoll langes Stückchen von dem S. 257 beschriebenen Sublimat-Bougie, legt einen Verband darüber und lässt denselben sechs bis acht Tage lang unverändert liegen. Die während der Zeit eingetretene Entzündung mindert man dann, wenn sie noch fortbesteht, durch schleimige Pussbäder. Es entsteht im Umfange der Fistel durchdringende Aetzung der betroffenen Theile und die zugleich zu einer zellig-fibrösen Substanz umgewandelten Kuorpelränder stossen sich hiernach gewöhnlich zwei bis drei Linien breit ab und die lleilnng erfolgt durch gute Granulation in Zeit von circa vier bis sechs Wochen. Wegen der oben genannten, oft bemerkbaren üblen Eigenschaften der trocknen Aetzmittel und des Brenneisens hat man häufiger und mit gutem Erfolge die massig verdünnten Aetzmittel angewendet, wie namentlich eine Auflösung von Argentum nitricum fusum (10 bis 12 Gran in 3j Wasser), eben so von Aetzsublimat in gleicher Stärke, oder von Kupfervitriol (3j in 3ij Wasser) und dergleichen. Am meisten aber verdient die von Villat') und Mariage2) empfohlene iMengung von Kupfer- und Zinkvitriol, Bleiessig und Wasser (Seite 245), und zwrar auf die von dem Letzteren vorgeschriebene Weise, nämlich dass man täglich ein-oder zweimal die gut umgeschüllelte Flüssigkeit mit einer Spritze in die Fistel einspritzt, so lange bis Schmerz und Blutung hierbei entsteht, benutzt zu werden. Wo mehrere Oeffnungen bestehen, macht man die Einspritzungen in jede derselben. Mehrere Oeffnungen tragen zum bessern Erfolge bei; man muss aber dabei so viel injiciren, wie in die Kanäle nur eindringen kann. lu den ersten acht Tagen wird hiervon die Eiterung sehr reichlich, der Eiter mehr weiss, die Geschwulst wird weicher, geringer, das Hinken weniger; und wenn dann bei weiteren Injectioncn die Flüssigkeit schwieriger eindringt oder Blutung entsteht, sind dies Zeichen der Heilung und man kann die Injectionen nun weglassen. Die gänzliche Vcrnarbnng erfolgt
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') Rccueil de med. vetcr. Tome VI. p. 10.
2) Guerison infailliblc, dans tons les cas, du javart cartilagineusc (vul-gairement appcle javart encorne), en quinzc jours sans operation etc. Paris 1847.
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nun in drei bis vier Woclien. Die Thicrc konucn während der Zeit massige Arbeiten verrichten. JMit Recht nennt II. Bouley diese Methode eins der wichtigsten Ereignisse, welches seit vielen Jahren in unserer chirurgischen Therapie eingetreten ist #9632;).
Die Exstirpation des Hnfknorpels von La fosse zuerst empfohlen, kann nach verschiedenen Methoden ausgeführt werden und zwar:
a)nbsp; indem man deu Knorpel zugleich mit der Haut der Krone und einem halbmondförmigen Stück der Hornwand wegnimmt;
b)nbsp; indem man die Krone und die Haut schont, aber die Hornwand wegnimmt und den Knorpel nach Durchschneidung der Fleischwand exstirpirt;
c)nbsp; indem man die Hornwand nur verdünnt, durchschneidet und die Auslösung des Knorpels hiernach bewirkt; oder
d)nbsp; indem die Hornwand abgenommen oder verdünnt, die Fleischwand quer durchschnitten und die Haut an der Krone senkrecht bis zum obern Rande des Knorpels gespalten und abgelöst wird u. s. w.
Jedes dieser Verfahren hat im Vergleich zu den übrigen Methoden in entsprechenden Fällen seinen besonderen Werth.
Das erste Verfahren ist da zu benutzen, wo die Haut und die Kronenwulst um die Fistel sehr entartet ist, die Fistel aber wenig in die Tiefe geht. Da bei diesem Verfahren die Hornwand grössten-theils erhalten wird, so wird auch die Zusammenschrumpfung des Hufes mehr als bei der zweiten Methode verhindert und die Heilung sehr erleichtert. Die Operation selbst ist leicht ausführbar; aber es entstehen zuweilen Senkungen des Eiters in den Huf, welche in der Regel Nachoperationen nöthig machen, und die Hornbildung erfolgt nicht immer ganz regehnässig. #9632;— Die zweite Methode gestattet eine genaue Erkennung der Beschaffenheit der Theile im Hufe und zugleich die gründlichste Entfernung der kranken Gebilde. Sie ist daher angezeigt, wenn die Fistel tief in den Huf eindringt, oder wo die Schmerzen sehr heftig sind und man deshalb ein Mitleiden des Hurbeins vermuthen kann. Die Operation ist aber sehr eingreifend und schmerzhait und führt eine grosse VVundlläche mit sich, bei welcher die Heilung langsam stattfindet. Bei dem dritten Verfahren ist die Auslösung des Knorpels etwas schwieriger, weil der am Saume sitzenbleibende Hornrand die Wendungen mit dem Messer erschwert; es sind deshalb auch Verletzungen des Kapselbandes leichter möglich. Bei tiefen Fisteln und bei dem Mitleiden des Knochens erfolgt wegen der hohen Stelle der Operationswundc kein guter Abfluss des Eiters, dagegen hat dies Verfahren den Vortheil, dass die Fleisch-blättchen nicht mit verletzt werden und dass daher auch die Reizung geringer ist, als bei den anderen schmerzhaften Methoden, wie auch, dass Wucherungen der Fleischwand und Trennungen derselben von dem llufbcin vermieden werden und dass die Heilung leicht erfolgt. — Die vierte Methode gewährt eine freie Ansicht der unter der Haut befindlichen Theile und mau kann bei ihr den Knorpel am
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'quot;) Rcciieil de med. veter. 1847. p. 492.
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leichtesten umgehen und ihn, ohne andere Tvichtige Verletzungen zu machen, am vollständigsten exstirpirca.
Vor der Operation liisst man den Huf erweichen und schneidet ihn regelmüssig aus. Auch kann man ein sogenanntes V'erbaudeisen (dessen Stollcnendeu und Zehe mit einem hakeiilormig in die Höhe gerichteten Aufzuge versehen sind, um die später anzulegende Binde festzuhalten) aufheften und sogleich wieder abnehmen, damit man nur die Nagellöchcr vorbereitet und später bei dem Aufnageln keine Erschütterung macht. Dann legt man das Thier so nieder, dass die kranke Seite des Hufes die obere wird, — bindet den leidenden Fuss mit dem Schienbein kreuz weis auf das Schienbein des andern oben liegenden Fusses, bindet ein Band fest um den Fessel, um durch seinen Druck auf die Gelasse während der Operation die Blutung zu verhüten und verfahrt dann nach den einzelnen IVlethodcn in folgender Weise:
a) Bei der ersten iMelhode scheeit man die Haare an dem kranken Theile der Krone ab, untersucht mit der Sonde noch einmal die Tiefe und Richtung der Fistel, um hierdurch die Ausdehnung und Tiefe des Schnittes einzurichten und macht dann mit dein Rinnmesser eine halbinoudförmige Furche in das Horn der Seiten- und Trachtenwand vom Saume des vordem Knorpelendes bis eben dahin am hintern Ende, und zwar so: dass die niedrigste Stelle dieser Furche unter der niedrigsten Fistelslelle sich befindet. Die Furche muss überall bis auf die Fleischblättcheu gehen und ihr unterer Band schräge abgedacht, somit; der eigentliche Rand möglichst dünn gemacht werden. ;\Iaii durchschneidet nun mit der Spitze eines lorbeerblattförmigen Messers in der ganzen Furche den Rest der llorn-wand, die Fleischwand und den Knorpel und führt dann den Schnitt nach oben vom vordem Ende der Furche in einer Bogeulinic über der Fistelöllhung hinweg bis zu dem hintern Ende der Hornfuiche, — erfasst hierauf das entartete 1 lautstück mittelst eines scharfen Hakens oder der Pinzelte, zieht es etwas hervor und präparirt es mitsammt dem Knorpel bis unter den Grund der Fistel gleichmäs-sig heraus, so dass eine eiförmige VVundlläche entsteht. In deisel ben sieht man genau uach, ob irgendwo noch grünlich oder gelblich gefärbte oder rauhe Stellen an dem zurückbleibenden Theile des Knorpels zu bemerken sind. Solche Theile müssen sogleich noch abgeschnitten oder mit dem Brenneisen gebrannt werden. Hiernach ebnet man die Hornränder, so dass nirgends lose oder hervorstehende Theilchen sitzen bleiben, welche die Wunde reizen oder den Abfluss des Eiters hindern könnten. — Nun löst man das um den Fessel liegende Compressionsband, und unterbindet die stark blutenden Gefässe oder dreht sie zu und stillt die Blutung aus kleineren Gelassen durch einen Driickveibaud. Für diesen Zweck bedeckt man die Wunde mit glattem, weichen Werg, legt darauf derbe Wergpolster so dick, dass sie gegen % Zoll über die Hautränder hervorstehen und umwindet dann die verletzten Theile mit einer Binde in verschiedeneu Richtungen, so dass sie einen gleichmässigeu Druck auf die Wunde macht.
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b) Bei der zweiten Methode besteht zunächst die Aufgabe, die Trachtcuwand und einen Theil der Seitcnwand zu entfernen. Für diesen Zweck schneidet man an dem, wie im ersten Falle, niedergelegten und gebundenen Pferde mit einem Kinnmesser in die Seiten-wand eine Kinne, welche von dem Saume unter dem vordem Ende des Hufknorpels anfängt und ein -wenig schräg nach hinten gehend am Tragerande endet, so dass sie von der senkrechten Linie ein wenig abweicht und schräge durch die llornfasern in einen spitzen V\inkel geht. Ein zu starkes Hinneigen nach hinten, so dass die Hornfasern, wie Dieterichs will, ') fast quer durchschnitten werden, ist nicht zweckmässig, weil bei dem spätem ABtrennen eines so sehr schräge gebildeten Hornlappcns die Horn- und Fleisehblätt-chen nicht in ihrer Längciirichtung, sondern zum Thcil seitlich auseinander gezogen werden und dabei leicht eine stellenweise Abreis-sung der Fleischwand von dem Hufbein entsteht. — Eine zweite Rinne schneidet man an dem hintern Ende der Trachlenwand vom Saume bis zum Tragerande, parallel mit den Hornfasern. — Eine dritte Rinne wird in der weissen Linie von der ersten bis zur zweiten Kinne der Wand geschnitten. An allen diesen Stellen müssen die hornigen Theile bis auf die fleischigen, ohne die letztern zu verwunden, durchschnitten werden. Den etwa dennoch hin und wieder bestehenden Rest des Ilorns durchschneidet man nachträglich mit der Spitze des Lorbeerblattmessers, ergreift dann mit einer Keiss-zange den von allen Seiten getrennten Theil der Hornwand an seinem untern Rande, zieht ihn langsam aber kräftig von der Sohle ab nach aussen, beugt ihn nach oben, d. i. gegen die Krone um und trennt an seiner innern Fläche mittelst des Lorbeerblattmessers die Hornblättchen von den Fleischblättchcn bis zur Krone. Ist auf diese Weise der Homlappen bis zum Saume gelöst, so dreht man die Zange in der Richtung von vorn nach hinten um ihre Längenaxe, so dass der Saum von vorn nach hinten von der Krone gelost und das ganze Hornstück abgenommen wird. Hierauf schneidet man sämmtliche Homränder in schräger Richtung recht dünn und glatt, um Druck und Reizung von ihnen zu vermeiden.
Um zu dem Knorpel zu gelangen, durchschneidet man mit einem geballten Bistouri ungefähr 2—3 Linien unter der Krone die Fleischwand in der ganzen Breite des blossgelegteu Theils und bis auf den Knorpel, trennt dann den obern Rand der Fleischwand und die Krone von dem letztem ab, indem man ein lorbeerblattförmiges iVIes-ser, die concave Fläche desselben gegen den Knorpel gekehrt, einführt und es abwechselnd vor- und rückwärts bewegt. Man gelangt so unter der Haut bis über den Rand des Knorpels, welchen man auf dieselbe Weise mit dem Messer und indem man die Spitze desselben etwas mehr in die Tiefe drückt, von allen umgebenden Thei-len trennt. Hierauf folgt, als der schwierigste Akt der Operation, die Ablösung des Knorpels von dem Hufbein und an seinem vordem
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und hiulern Ende, so wie auch an seiner untern Fläche von den umgebenden Thcilen. Namentlich ist die Trennung des Handes, welches das vordere Ende des Knorpels mit dem Hul'bein und mit dem Seitenbande des Krouenhul'gelenks verbindet, ziemlich schwierig und eben so die Trennung der innern Fläche des Knorpels von dem Kapselbande des Ilufgelenks, welcbe zugleich wegen der möglichen Verletzung dieses Bandes mit Gefahr verbunden ist. Jndess muss die Trennung doch auf die Weise geschehen, dass man die Spitze eines sehr schmalen oder halben lorbeerblattförmigen Messers zwischen die abgelöste Haut und den Knorpel zu dem hintern Ende desselben fuhrt, dieses mit der Schneide in schräger Richtung umgeht und nun das Messer dicht über dem Hufbein durch den untern Rand des Knorpels bis zum vordem Ende desselben hindurchluhrt; dann erfasst man das hintere Ende des Knorpels mit einem scharfen Ilaken und zieht es so viel wie möglich gegen die Krone in die Höhe, bringt hierauf das Messer mit der convexen Seite nach innen, unter den Knorpel, und löst, indem mau den Huf nach der entgegengesetzten Richtung beugen lässt, um das Kapsclbaud zu spannen, den Knorpel von dem letztem durch kurze JMesserziige bis gegen sein vorderes Ende ab. Nun kann man das hintere Ende des Knorpels durch die Wunde hervorziehen und das vordere Ende mit grösserer Sicherheit von allen Verbindungen lösen und den Knorpel entfernen. #9632;— Nach einem etwas abweichenden Verfahren trennt man das hintere Ende des Knorpels von den unter ihm befindlichen Theilen nur etwa bis zur Hälfte und schneidet dasselbe in der Mitte des Knorpels vom untern bis zum obern Ende vollständig ab. Man gewinnt hierdurch Raum und kann dann die Herauslösung des vordem Knorpelendes etwas leichter bewirken.
Nachdem der Knorpel entfernt ist, untersucht man mit der Fingerspitze die Wunde, ob noch einzelne Kiiorpelstückchcn halb getrennt sich in derselben befinden, und entfernt dieselben mit ililfe der Pinzette und des Messers. Eben so untersucht mau, ob das Kapsclbaud unverletzt geblieben ist, was man daran erkennt, dass es bei Bewegungen des Hufes blasenartig auftreibt, aber keine Synovia ausfliessen lässt. Nun löst man das Compressivband am Fessel, stillt die Blutung, reinigt die Wunde mit kaltem Wasser, drückt die Haut an die Höhle, bedeckt sie und die cntblösstc Fleischwand mit Werg, legt darüber ein Stück Pappe oder Leder und umwickelt das Ganze mit einer massig fest angelegten, gegen 4 Ellen langen Binde. — Nach Girard, Dieterichs und Anderen soll man besonders bei dieser Operationsmethode das vorher aufgeschlagene und wieder abgenommene Hufeisen nach Beendigung der Operation auflegen, weil gerade hier die stärkste Zusammenschrumpfung des Hufes zu fürchten ist. Das Eisen wird durch etwa 5 — 6 Nägel in die schon vorbereiteten Löcher befestigt und dann der Verband angelegt. Grossen Nutzen gewährt aber dieses Verfahren nicht.
c) Bei dem dritten (von Maillct angegebenen) Verfahren wird die Seiten- und Trachtenwand unter dem kranken Knorpel vermittelst einer Raspel so dünn gemacht, dass man sie mit dem Finger-
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nagel eindrücken kaun und dass die Fleischblättchen etwas durchschimmern; der Sauinraud bleibt jedoch etwa 3 Linieu breit in seiner ganzen Dicke stehen, damit er, wenn er bei den spätem Ver-richlungeu von der Krone abgezogen wird, nicht zerreisst. Eben so wird die llornsohle und der ilornstrahl ganz dünn ausgewirkt. Hieraulquot; durchschneidet man mit einem lorbeerblattlormigen Messer die Hornwand unter dein dick gelassenen Rande am Saume bis auf die Fleischwand quer über in der Länge des Knorpels, und ebenso durchschneidet man diesen llornraud am vordem und hintern Ende des Knorpels in senkrechter Richtung; dabei darf man jedoch die Fleischkrone nicht verletzen. Dann beugt man mit einer Ilaarseilnadel diesen llorustreifeu in die Höhe, erfasst ihn mit einer starken Pinzette und zieht ihn von vorn nach hinten zu von der Krone los, so dass die letztere hierdurch in der Länge des Knorpels entblösst wird. iNun macht man unter dem Rande der Fleischkrone einen Querschnitt durch die Fleischblättchen bis auf den Knorpel, führt die Spitze eines lorbeerblattförmigen Messers, die convexe Fläche desselben nach aussei! gekehrt, unter die Krone, trennt dieselbe und die Haut über ihr von der äussern Fläche des Knorpels und verfährt dann weiter, wie bei der zweiten Methode. — Nach dem Herauslösen des Knorpels wird die Wunde gereinigt, die Blutung gestillt, die Haut nebst Fleischkrone an die übrigen Theile gedrückt, ein VVergpolster auf die Operationsstelle gelegt und das Ganze mit einer Binde umwickelt.
d) Die vierte Methode wird immer in Verbindung mit der zweiten oder dritten angewendet. Nachdem man also entweder einen Theil der Seiten- und die Tiachlenwand weggenommen oder auch gehörig verdünnt hat, macht man durch die Fleischwand unter der Krone einen Querschnitt fast so lang, wie der Knorpel ist, dann führt man von der Mitte desselben einen senkrechten Schnitt durch die Krone und die über ihr befindliche Haut bis zum obern Rande des Knorpels; oder wenn die Fistclölfuung au der Krone um die i\litte des Knorpels ihren Sitz hat, so durchschneidet man von ihr aus die Krone und die Haut in senkrechter Richtung bis zu dem Querschnitt. In beiden Fällen entstehen an der Krone zwei Lappen, welche man von dem Knorpel abpräparirt und hierdurch denselben blosslegt. Der letztere wird hierauf entweder auf die sub b. angegebene Weise mit dem Lorbeerblattmesser gelöst, oder man trennt ihn nur am obern Hände und an beiden Enden von den augränzen-den Thcilcn, führt dann unter sein hinteres Ende ein starkes Knopfbistouri und schneidet ihn, indem man ihn in der Mitte in 2 HäHten theilt, heraus. Die Blutung wird gestillt, die Wunde von etwa noch vorhandenen Knorpelresten gereinigt, dann die senkrechte Wunde mit 3—4 einzelnen Hellen der Knopfnaht vereinigt, die Haut und Krone an die Wuudllächc gedrückt, mit entsprechend dicken Wergpolstern bedeckt und das Ganze mit einer Binde umgeben.
In manchen Fällen hat man, wenn die Caries nur auf eine kleine Stelle am vordem oder hintern Ende beschränkt war und die Krone wenig krankhafte Veränderung zeigte, auch nur den leidenden Theil
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des Knorpels, ungefähr bis zur Mitte desselben, ausgelöst und dadurch eine kleinere VVuiidflächc und eine schnellere Heilung herbeigeführt. Man kann für diesen Zweck die eine oder die andere Methode benutzen, modiflzirt aber das Verfahren dabei so, dass mau auch nur unter dem kranken Ende des Knorpels das Horn an der Wand trennt, resp. entfernt. Man muss bei diesen theilweisen Exstirpationen jedoch stets mit grosser Sorgfalt den Rand des Knorpels an der Trennungsstelle untersuchen und nichts Venlächtigcs, d. h. gelb oder grün gefärbte Stellen, an demselben zurücklassen.
Die Nachbehandlung besteht im ruhigen Verhalten des Thieres, in magerer Diät, in guter Streu und in der Anwendung kalter Fuss-bäder #9632;während der ersten 4—5 Tage. Der erste Verband bleibt in dieser Zeit unverändert liegen, wenn nicht besondere Zufälle, z. B. sehr heftige Anschwellung des Fusses, Nachblutung n. s. w. eine Aenderung bedingen. Vor Abnahme des ersten Verbandes erweicht man denselben in lauwarmem Wasser, und nach seiner Entfernung und geschehener Reinigung der Wunde verbindet man entweder trocken oder mit gelinden Digestivmilteln, z. B. einem Gemenge von Honig und Myrrhen- oder Aloctinklur, je nach der sich bereits zeigenden Eiterung und Granulation. Nach der Menge des Eiters wird der Verband täglich oder jeden zweiten Tag erneuert und dabei ganz nach allgemeinen Regeln, wie bei Abscessen, verfahren. Das sich neu bildende Horn von gelblich-weisscr Farbe wächst in der Regel auf der ganzen Wunddächc wieder, wenn die Granulation eine gewisse Hohe erreicht hat; man hat hierbei darauf zu achten, dass das neue Horn sich nicht an den alten llornrändern drückt, weil sonst Reizung und neue Eiterung unter ihm entsteht. Man beschränkt das zu üppige Wachstliuin durch austrocknende Mittel, oder durch einen Drnckverband, oder auch durch von Zeit zu Zeit wiederholtet Beschneiden sowohl des neuen, wie des alten Horns. Letzteres trennt sich zuweilen in Folge der nach der Verletzung entstandenen Entzündung an dem Rande mehrere Linien breit von der Fleischwand ab, drückt und reizt gleich einem fremden Körper und muss daher zuweilen mehrmals nachträglich weggenommen werden. Im Uebri-gen leitet man die Heilung nach allgemeinen Regeln. Nachdem die Vernarbung geschehen ist, kann man sehr zweckmässig, wo die Gelegenheit es gestattet, die Thiere auf weicher Weide gehen lassen und so die regelmässige Nachbildung des Horns befordern.
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Strahlfäule.
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Siebentes Cafiitel.
Die Strahlfäule und der Strahlkrebs oder die Feigwarzen
des Hufes.
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An dem Hufstrahl der einhufigen Thiere kommen zwei gesell würähnlichc krankhafte Zustände vor, nämlich: A. die sogenannte Strahlfäule, der faulige Strahl und — B. der Strahl- oder Hufkrebs, das bösartige Strahlgeschwür oder die bösartige Strahlfäule, die Feigwarzeu des Hufes.
A. Die gutartige Strahlfäule besteht in krankhafter Erweichung und Auflösung des Horns an dem Strahl und in Ausscheidung einer eigenthümlich übelriechenden Feuchtigkeit von blassgrauer, zuweilen auch von dunkelgrauer Farbe. Die Auflösung des Horns findet sich zuerst und meistens in der Strahlspalte (Grube) und greift seitlich in ungleichen Schichten weiter, so dass, wenn das Uebel etwas vorgeschritten ist, der Strahl wie aus einzelnen Blättern oder Schichten gebildet erscheint. Zwischen den Blättern befinden sich hohle Stellen von verschiedener Grosse, mehr oder weniger jene Feuchtigkeit enthaltend, zuweilen auch fast ganz trocken; au den Rändern sieht man hin und wieder die aufgelösten Hornfasern wie Zotten, oder einem Federbart ähnlich, und an der nach dem Fleischstrahl zu befindlichen Fläche des Geschwürs, wo eben die Secretion stattfindet, bestellen viele kleine, warzenartige Erhöhungen. Bei einem hohen Grade des Uebels schwindet das Iloni in der Strahlfurche bis auf den Fleischstrahl, — was man zum Theil sehen, noch mehr aber mit dem Finger oder mit einer Sonde fühlen kann. Mit dem Schwinden des Strahls wird oft auch der Huf an den Trachten enger (Zwanghuf). In der Regel ist bei der Strahlfäule am Hufe keine vermehrte Wärme, kein Schmerz und auf festem, ebenem Boden kein Lahmgehen zu bemerken, wohl aber zeigt sich das letztere zuweilen in einem geringen Grade, wenn die Thiere auf weichem oder auf hartem, unebenem Boden gehen; denn im erstem Falle drängt sich etwas Erde oder Sand in die hohlen Stellen und drückt den Fleisch-strahl und im letztern Falle erfolgt der Druck auf denselben durch hervorstehende Steine u. dgl. Unter diesen Umständen kann auch eine Entzündung des Fleischstrahls entstehen und dadurch Hitze, heftiger Schmerz, grosse Lahmheit und nach einigen Tagen Eiterung hinzutreten. Solche Fälle sind aber sehr selten. — Die gutartige Strahlfäule ist einer der häufigsten Huffehler und kommt an den Vorder- und Hinterfüssen vor; zuweilen leidet nur ein Huf, oft sind zwei, oft alle vier Hufe ergriffen. Sie findet sich bei alten und jungen Pferden von jeder Art, aber Pferde mit Platt- und Vollhufen sind ihr selten unterworfen.
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Strahlkrebs. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;851
Die meisten Thierärzte betrachten die gutartige Strahlfäule als ein rein örtliches Uebel, welches durch längere Zeit dauernde Einwirkung von Koth und Urin, durch zu dünnes Ausschneiden des Strahls, durch Quetschungen desselben, auch durch zu hohe Trachten, bei welchen der Strahl zu weit vom Boden entlcrnt bleibt und sich nicht selbst reinigen kann, entsteht. Wenngleich diese Ursachen das Entstehen des Uebels häufig herbeiluhren mögen, so habe ich doch auch bestimmte Erfahrungen darüber, dass es in manchen Fällen mit einem innern, krankhaften Zustande in Verbindung steht oder als Folge davon entstanden ist; denn ich sah es bei und nach Druse, bei gastrischen und rheumatischen Krankheiten u. s. w. zur Zeit der Genesung plötzlich hervortreten, und zwar bei Pferden, welche an den Füssen sehr reinlich gehalten wurden, und in einzelnen (allerdings nur seltenen) Fällen entstanden nach dem schnellen Austrocknen des Geschwürs Anschwellungen der Füsse, Appetitlosigkeit, selbst Augenentzündungen.
Die Bcurtheilung ist günstig, da die gutartige Strahlfäule in den meisten Fällen sich durch Jahre auf einer massigen Stufe erhält, ohne andere üble Folgen zu erzeugen; doch kann bei einem hohen Grade des Uebels auch (wie oben angedeutet) Lahmgchen oder auch Zwanghuf entstehen. Das Uebel ist mchientheils leicht und sicher zu heilen. Dass es im letzten Grade in das bösartige Strahlgeschwür übergeht, wie die meisten Schriftsteller sagen, h^be ich nie beobachtet.
Kur. Man entfernt die noch fortwirkenden Ursachen, sorgt für reinen, trocknen Fussboden, reinigt den Huf täglich mit Wasser, schneidet die losen Hornblätter und Lappen bis zum Grunde der Trennungen ab und wendet austrocknende und zusammenziehende Mittel an, wie namentlich: Dinte, Aloe- oder Myrrhentinktur, Holzessig, eine Auflösung von Kreosot, von Chlorkalk, von Kupfer- oder Zinkvitriol, oder diese Mittel als Pulver. In letzterer Form ist der Zinkvitriol selbst bei hohen Graden des Uebels fast spezifisch wirksam. — Entsteht zufällig Entzündung des Fleischstrahls, so sind Fuss-bäder von Bleiwasser anzuwenden. — Ausserdem müssen immer, wenn das Uebel plötzlich an mehreren Füssen entstanden, oder wenn es veraltet und reichlich secernireud ist, wenn die Thiere vollsäftig sind, Purgir- und diuretische Mittel, selbst Fontanelle und magere Diät in Anwendung kommen.
B. Der sogenannte Strahlkrebs oder Hufkrebs hat seinen Sitz zwar gewöhnlich an dem Fleischstrahl, oft aber auch an der Fleischsohle oder selbst an der Fleischwand und zeigt sich durch eine immer weiter um sich greifende Auflösung des Horns in Verbindung mit wuchernden Fleischwärzchen und mit Absonderung einer stinkenden Flüssigkeit.
Das Uebel kommt bei Pferden von jeder Art und jeden Alters vor und befällt bald nur einen, bald mehrere Füsse.
Es beginnt mit Erweichung und schmutzig-gelber oder röthlicher Färbung einer kleinen Stelle des Horns-an oder neben dem Strahl, an den Eckstreben. Dieselbe bricht bald auf und es drängen sich
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aus der OelFnung einzelne dunkelrothe Fleischwärzchen, welche eine gelbliche, sehr slinkende, lymphatisch-seröse, ammouiakalische Flüssigkeit aussickern. Die Fleischwärzchcn bleiben beständig von einander getrennt, bluten bei Verletzungen sehr reichlich, sind oi't sehr empfindlich und wachsen, wenn mau sie abschneidet, immer schnell #9632;wieder; au ihrer Spitze setzen sie zuweilen etwas Horn an und scheinen hiernach nur die krankhaft wuchernden Zotten der Fleischhaut zu sein. Die stinkende Jauche gerinnt zum Theil zwischen den Wärzchen und an der Oberfläche zu einer grauen, schmierigen Masse, dem alten, schmierigen Käse ähnlich. Die Hornränder im Umfange der otl'enen Stelle lösen sich allnuilig mehr und mehr auf und die letztere wird dadurch immer grosser, das Horn selbst wird dabei mehr müi'b und gewöhnlich findet man bei der Untersuchung mit der Sonde einen giösscren Theil desselben, als die olfeue Stelle zeigl, von den VVeichgebilden getrennt. Zuletzt wird der ganze Strahl, der grösste Theil der Sohle, namentlich am hintern Ende, auf die bezeichnete Weise zerstört und dann auch die Horuwaud von der Fleischwand allmälig immer höher hinauf getrennt. In den meisten Fällen erscheint bald vom Anfange des Leidens an auch das Saum-band verändert, mehr weiss und rauh, so dass man mehrentheils schon von fern her den leidenden Puss erkennen kann. Dabei schonen die Pferde denselben in der Hegel nur sehr wenig, besonders wenn sie so beschlagen sind, dass die leidende Stelle durch das Hufeisen geschützt ist; aber maunhc zeigen durch öfteres Kratzen oder Stampfen mit dein Kusse auf dem Erdboden ein unangenehmes Gefühl und andere haben einen blöden oder selbst. lahmen Gang, besonders bei den höhern Graden des Uebels.
Die mit. demselben behafteten Thicie zeigen übrigens nichts Krankhaftes und viele erhalten sich dabei lange Zeit in einem gut genährten Zustande, selbst wenn mehr als ein Fuss leidet; zuletzt magern sie allerdings in Folge des fortwährenden Säfteverlustes ab und bei einzelnen findet sich Rotz, Wurm oder Faulfieber hinzu.
Die Entwickelung und die Ausbreitung des Hufkrebses ist in den einzelnen Fällen und selbst an demselben Thicrc in verschiedenen Perioden sehr ungleich; zuweilen tritt das Uebel plötzlich mit Heftigkeit hervor und breitet sich schnell weiter aus; aber in den meisten Fällen geschieht Beides langsam, so dass gewöhnlich Jahre vergehen, ehe es einen solchen Grad erreicht, dass Unbrauchbarkeit oder Gefahr für die Erhaltung des Thiers eintritt.
Ueber das Wesen des Strahlkrebses sind die Ansichten noch nicht ganz klar; in früherer Zeit hielt man ihn für Feigwarzen des Hufes, — seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts ist er fast allgemein als krebsartiges Leiden angenommen und als Strahlkrebs bezeichnet worden; in neuerer Zeit wurde er von Eichbaum ') die
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Sirahlkrebs. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;853
bösartige StrahU'äulc und von Haubner ') wieder die Feigwarzen des Hufes genannt. Haubner hat auch nachgewiesen, dass das Leiden nicht ein Geschwür und auch nicht krebshafter Natur ist, sondern eine Wucherung (Hypertrophie) des Gewebes und der Papillcn des Ilorninatrix oder der sogenannten Fleischtheilc des Hufes ist, mit gleichzeitiger Aufhebung der Hornbildung und mit reichlicher Absonderung einer serös-lymphatischen, stinkenden Feuchtigkeit. Ich habe ebenfalls in dem Strahlkrebs, wenn er noch nicht durch gewaltsame EingiilTe verändert war, bei genauen wiederholten Untersuchungen weder eine eigentliche Geschwihsfläche noch unter dem Mikroskop das Krebsgewebe gefunden und deshalb auch früher schon das Leiden nicht für Krebs gehalten; bei empirischer Betrachtung bietet dasselbe jedoch hinsichtlich seiner krankhaften, der Geschwürsjauche ähnlichen Absonderung, so wie hinsichtlich seines Umsichgreifens und seiner Fleischwärzchcnwucheruiig eine grösserc äussere Aehnlichkcit mil den Krebsgeschwürcn dar.
Die Ursachen sind fast ganz unbekannt; man beschuldigt dieselben, wie bei dem fauligen Strahl und namentlich grobe mechanische Einwirkungen; ich halte aber solche Einwirkungen allein, ohne eine bestehende innere Anlage, nicht für hinreichend, das Ucbel zu erzeugen; das vielfach bchauplcte Entstehen desselben aus der Strahlfäule ist unerwiesen; höchst wahrscheinlich besteht in den meisten Fällen ein dyskrasisches Leiden als Hauptursache. Ansteckungsver-suche hatten keinen Erfolg.
Die ßeurthciluug ist einigermaassen günstig zu machen, wenn das betreffende Tlner jung, gut genährt und ohne andere Krankheiten, das Uebel erst kürzlich entstanden ist und nur einen massigen Grad der Ausbildung erreicht hat; ferner wenn es nur an einem Fusse erscheint; doch ist es auch unter diesen Umständen stets langwierig, oft bei der zwcckinässigstcn Behandlung auf drei und mehrere Monate ausgedehnt. Unter entgegcngcsetzlen Umständen ist de
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Strahlkrebs zuweilen gar nicht oder erst so spät heilbar, dass die Kur- und Erhaltuugskosleu den Wcrth des Tliicrs übersteigen und deshalb die Durchrührung der Kur aufgegeben werden muss. Oft bleibt aber das Uebel unheilbar, weil die Besitzer und Wärter der Pferde, so wie der Thierarzt, bei der langen Dauer des Leidens müde werden und die Kur nicht mit der erforderlichen Energie und Sorgfalt fortsetzen. In solchen Fällen schreitet das Uebel immer weiter zerstörend vor, so dass die Thiere nicht mehr zur Arbeit benutzt werden können und zuletzt sich die Hornwand auch von der Krone trennt. Zuweilen entwickelt sich auch in Folge des lange andauernden Säfteverlustes und der Resorption der Jauche Eiterknoten in der Lunge, Rotz, Wurm oder Faulfiebcr und die Thiere gehen zu Grunde.
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') Magazin für die gesainmte Thierheilkundc von Gurlt und Hcrtwig, Jahrg. XXI. S. 290 u. ff.
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Strahlkrebs. Kur.
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Die Kur ist von den thierärztlicheu Schriftstellern iu sehr verschiedener Weise gelehrt, jedoch nicht immer nach richtigen Prinai-pieu, da man das üebel zu allgemein für ein wirklich krebsartiges hält. Mau hat die Aufgabe: 1) alle losen Honithcile gründlich zu eutlcruen, um den Abfluss der Jauche und die vollständige Einwirkung der Heilmittel zu bewirken; 2) eben so die üppige Granulation wegzuiiehincn, ohne jedoch die Fleischhaut selbst zu verletzen; 3) die limslimniung der letztein zur normalen Bildung herbeizuführen und 4) innerlich abzuleiten und die Ernährung umzustimmen.
Die Erfüllung der ersten Aufgabe geschieht durch das Wirk- und Ilufmesser so weil, wie und wo sich nur eine Spur von Trennung vorfindet, und immer muss sie bei der fortgesetzten Kur noch mehrmals wiederholt werden.
Das Abschneiden der warzenähnlichen Auswüchse bewirkt man mit einem scharfen Bistouri nur ganz flach und stillt die Blutung durch kaltes V\ asser. Hierauf bestreut man sämmtliche eiitblösste Stellen mit fein pulverisirlem Eisenvitriol und legt einen Verband von Werg und Leinwand an, welcher überall gleichmässig drückt. Nach 24 Stunden nimmt man denselben ab, reinigt das Geschwür mit Wasser und nagelt, — wenn die Wände es gestatten, — ein hohl gerichtetes Huleiseu auf, unter welches man eine feste Schicht Werg und einen Deckel legen und somit einen gleichmässigen Druck auf den Strahl anbringen kann; an den entblössten Wänden muss der Druck mittelst Binden ausgeübt werden. Der Druck ist eine wesentliche Mithilfe, aber er darf immer nur in der Stärke stattfinden, wie etwa von dem gesunden Horn. Im Uebrigeu wendet man bei dem feinem Verbinden auch entweder den Eisenvitriol in Pulver an, wenn die Wucherung sehr bedeutend ist, oder in Auflösungen (oj zu Jiij bis Jvj Weingeist oder Holzessig), wenn sie geringer ist, oder den Kupfer- oder Zinkvitriol, Aloetinktur und dergleichen. Nach meinen Beobachtungen mass ich den Eisenvitriol für das wirksamste Mittel und — wenn die Fläche cinigeimaassen rein ist, den Theer für das geeignetste Heilmittel halten. Letzteres wendet man recht reichlich au und verbindet, wie angegeben ist, täglich damit.
Dabei erhalten die Thiere mageres Futter und alle acht Tage eine Purgirpillc, oder auch diuretische und umstimmende Mittel, namentlich Spiessglanz, Quecksilber, kleine Gaben Arsenik, Wasserfenchel u. dgl.
Es sind jedoch noch mehrere Methoden gegen das Leiden empfohlen worden. So z. B. soll man, nach Dieterichs1), das Pferd niederwerfen und alles Entartete und Krankhafte am Hufe, nicht nur des Strahls, sondern auch seiner Umgebungen bis auf das
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') Handbuch der Veterinär-Chirurgie. Gste Autlage. Seite 2'44. Berlin 1845.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;*
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Hufbein und die Beugesehne desselben mit dem Messer wegnehmen (nur das Gelenk und die Sehnenscheide nicht öffnen), die blutenden Arterien unterbinden, dann ein schon vorher aufgepasstes Hufeisen in die alten Löcher -wieder aufnageln, die mit einem Schwamm getrocknete Wundiläche mit pulverisirtem Kupfervitriol so dick bestreuen, dass sie völlig bedeckt ist; dann soll man die ganze Fläche mit Chlorkalk, welcher mit Kalkwasser zur stark gesättigten Milch gemacht worden ist, betünchen, und zuletzt mit trocknem Werg und mit einem unter das Eisen geschobenen Spahu verbinden, um einen Druck auf die operirte Fläche zu veranlassen. Ausserdem soll man noch einen 4 Zoll langen und 1-J Zoll dicken, hölzernen Keil, welcher so breit ist, dass er zwischen den Schenkel des Hufeisens sich auf und nieder bewegen kann, vermittelst eines Riemens oder einer Binde an den Huf oder resp. an das Hufeisen unter den hölzernen Spahn befestigen und dadurch einen stärkern Druck auf den Strahl appliziren. Hierauf beachtet man die eintretenden Zufälle. Der erste Verband soll drei Tage liegen bleiben, dann aber alle zwei Tage mit denselben Mitteln erneuert werden. Innerlich giebt man dabei etwa alle acht Tage eine Aloepille mit Calomel und ausserdem Spiessglanz - und Terpenthin - Mittel, und endlich soll man auch an der Brust oder an den Hinterschenkeln ein Haarseil ziehen.
Bei diesem Verfahren geht jedoch der Fleischstrahl verloren und es bildet sich dann kein gesundes Horn wieder, sondern höchstens ein trocknes, sprödes Narbenhorn, auf welchem die Pferde schlecht gehen. Ausserdem ist das Verfahren sehr schmerzhaft und die Thiere kommen gewöhnlich bei demselben sehr herunter; auch ist es sehr schwierig durchzuführen, wenn die Zerstörung sich auf die Fleischwand erstreckt. — Will man dasselbe bei einem Pferde anwenden, bei welchem mehrere Füsse leiden, so darf dies bei dem zweiten Fusse nur dann geschehen, wenn das Thier bereits wieder auf dem ersten Fusse ohne Schmerzen stehen kann.
Dagegen ist eine von Eichbaum empfohlene Behandlung 1} viel milder. Nach ihm beruht die Kur in der Entfernung der zerstörenden Eigenschaft der abgesonderten Jauche und in der Aufhebung der Absonderung selbst. Diesen Indicalionen gemäss wird zuerst der kranke Fuss rein abgewaschen und dann alles überflüssige Horn, besonders da, wo es der Einwirkung der Arzneimittel hinderlich ist, weggenommen. Leidet der Strahl allein, so höhlt man die Sohle aus und lässt die Wände stehen; wo aber eine oder die andere Wand leidet, nimmt man sie auch so weit weg, wie sich eine Spur von Trennung zwischen ihr und der Fleischwand zeigt; eben so die Eckstreben. Dabei ist es wesentlich, alle Blutungen zu vermeiden und man nimmt deshalb auch die Wucherungen selbst nur so weit weg, als die Blutung möglich ist; denn letztere stört die
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•) Magazin für Thierhcilk. Jahrg. XII. S. 272.
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Strahlkrebs. Kur.
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weitere Behandlung und ein tieferes VVcgschnciden iiulzt laquo;nrh sehr wenig, da die Wucherung in kurzer Zeit wieder üppig nachwächsl. Nach geschehener Blosslegung der ganzen ulcerirenden Fläche bedeckt man dieselbe mit einem frisch zusaiiinieiigorührtcn Brei von Chlorkalk und VN asser an allen Punkten und drückt ihn bis in die tielstcn Spalten und Zwischenräume, so dass er mit der kranken Fläche selbst in unmittelbare Berührung kommt. Es ist hinreichend, wenn der Brei etwa zwei Linien dick liegt. Da aber eigentlich eine so dicke Schicht aufgestrichen werden muss, dass sie mit dem Tragerandc der Jloniwand gleich hoch ist, so kann man, um Kosten zu ersparen, diese dickere Schicht von blossem Aetzkalk, mit Wasser zum Brei gerührt, machen. Nun zieht man einen Lederschuh über den Huf und lässt diesen Verband 24 Stunden silzen, wonach man ihn und fernerhin täglich ein bis zwei Mal erneuert. Sind die Absonderungen sehr profns, so nimmt man zu dem feineren Verbinden ein Gemenge von Chlorkalk und Eichemindcnpulvcr, streut dasselbe einige Linien dick auf die Geschwürsflächc, überklebt es mit Actz-kalkbrei und zieht dann den Schuh darüber, Gleich vom Amfauge der Kur giebl man eine Laxirpille aus Aloe und Seife und wiederholt dies zwei bis drei IMal in Zwischenzeit von acht Tagen, und in schwierigen Fällen reicht man auch von Zeit zu Zeit diuretische Mittel, namentlich Kanthariden. Ausserdcm applizirt man Fontanelle an und unter die Brust, und wenn das Uebel an einem Hiuterfusse ist, llaarseile an der Jlinterbacke. Bei dieser Behandlung erhärten die Wucherungen zu einer spröden llornmasse, die man recht oft, jedoch ohne Blutung zu erregen, immer vor dem neuen Verbände mit einem Bistouri wegnimmt. Wenn sich hierbei der Geruch verliert und keine neue Wucherungen erscheinen, was mit zwei bis drei Wochen geschieht, so kann man annehmen, dass die zerstörende Kraft der Jauche aufgehört hat. Es ist nun hinreichend, den kranken Fuss täglich durch etwa vier Stunden in ein Fussbad von Aetzkalk in Breiconsisteiiz zu stellen, öder, wo mehrere Fiisse leiden, einen Verband von diesem l\liltcl täglich erneuert anzuwenden. Die Heilung wird auf diese Weise, und indem man zuletzt einen passenden Hufbeschlag dazu benutzt, nach Eichbaums Angabe in manchen Fällen binnen vier bis fünf Wochen herbeigeführt.
Ich habe in manchen Fällen dieses Verfahren genau nach der Vorschrift angewendet und zuweilen auch Besserung bis zu einem gewissen Grade, in andern Fällen auch wirkliche Heilung, aber niemals in der angegebenen kurzen Zeit erfolgen sehen.
Eben so war es bei Anwendung der, vor einigen Jahren von der Kaiserlich österreichischen Regierung als Geheimmittel angekauften sogenannten Krebstinktur des Oberschmiedes Hoffmann. raquo;)
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') Dieselbe besteht aus: 4 Gran weissem Arsenik, 60 Gran Aetzstcin und 2 Unzen destillirtcm Wasser, worin man nach der Auflösung noch 60 Gran fein gepulverte Aloe hinzuthut.
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Strahlkrebs. Kur.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;857
Dieselbe wird, nachdem alles getrennte Horn mit grösster Sorgfalt entfernt ist, mittelst eines VVeigbüiidcls, welches man mit einer Kornzange in die Tinktur getaucht, auf alle von dem Uebcl ergriffene Stellen bei jedem Verbinden wiederholt gewischt und gestrichen; darauf bedeckt man die Fliichc mit Werg, verbindet kunstge-mäss und zieht einen Lederschuh über oder umwickelt den Huf mit einem Lappen von Leinwand und dergleichen. Sind die V\ ucherun-gen bedeutend, so legt man nach dem Bestteichen mit der Tinktur auch noch mit ihr befeuchtete Wergpolster auf die kranken Thcile. Vor dem neuen Verbinden müssen die sich abschälenden Massen mit einem stumpfen Spatel (llaarseilnadcl) abgestrichen werden. Das Verbinden geschieht täglich 3 Mal, so lange bis die Absonderung nachlässt und das Werg anklebt, — wo dann das zweimalige Verbinden genügt. Erscheinen dann einzelne Stellen speckigt, so reibe man sie blutig, bestreue sie mit Aloepulver und bedecke sie mit trockenem Werg, alle wuchernde Stellen aber mit der Tinktur; dies ist besonders mit einzelnen Stellen der Fall, die gleichsam tiefe Wurzeln bilden. Zuletzt kann man noch ein Pulver von gebranntem Alaun und Aloe aufstreuen, um das junge Horn härter zu machen, (j'ut genährten Pferden giebt man von Zeit zu Zeil eine Purganz. Die Heilung soll in 4—6 Wochen erfolgen.
Nach llurtrel d'Arboval') soll man ein (Tcmcnge aus Schiesspulver und Schwefel auf die vorher durch das Messer geebnete kranke Stelle streuen, durch das Glüheisen das Pulver abbrennen, dann vorsichtig durch Abschaben den entstandenen Hrandschorf verdünnen und in dieser Weise wiederholt alles Kranke entfernen. Hierauf wird die ganze Höhlung mit geschmolzenem Colophonium oder Pech ausgefüllt und wenn gute Eiterung entsteht, verbindet man mit Digestivsalbe und \\ erg bis zur Heilung.
Ausserdem hat man, bald mit mehr bald mit weniger Glück, die arsenige Säure,'die Salpeter- und Schwefelsäure, den Holzessig, den Sublimat, das phagedänischc Wasser, den Grünspan, die ägyptische Salbe, Chlorzink und CMorspiessglanz, Höllenstein und dergleichen Mittel angewendet.
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') Wörterbuch der Thierhcilkundc. Deutsch von Renner. Bd. 4. S. 149.
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#9632; #9632; • #9632;: #9632; ..
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Bösartiges Klauengeschwür der Schafe.
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Achtes Ca|iitel.
Das bösartige Klauengeschwür der Schafe.
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An der Klaue der Schafe kommen mehrere Entzündungen und Ulcerationen vor, welche entweder Folge örtlicher Verletzungen oder rein epizootischeu Ursprungs sind und von denen die letztern in der Regel eine chirurgische Behandlung nicht erfordern; Eine besondere Art aber, welche man als das bösartige oder contagiöse Klauenweh, das spanische Klauenweh, die spanische Krümpe oder, weil sie gewöhnlich bei vielen Thieren verbreitet auftritt, die bösartige Klauenseuche nennt, kann nur durch eine chirurgische Kur gehoben werden und gehört daher vollständig in das Gebiet der Chirurgie.
Dieses letztere Fussleiden soll angeblich in Deutschland erst seit Einführung der Merinoschafe bekannt geworden sein. Dasselbe äus-sert sich dadurch, dass die Thiere zuerst einen oder den andern Fuss etwas schonend bewegen, beim Gehen auch mit dem Kopfe wackeln und beim Stehen, wenn die Vorderlusse leiden, die hinteren mehr unter den Bauch stellen. Bei der Untersuchung des leidenden Fusses findet man die Klaue, besonders an der Krone und an den Ballen, vermehrt warm, die erstere auch stellenweis oder ganz angeschwollen, den Klauenspalt trocken, das Horn daselbst spröde, schuppig oder splitterig und am obern Ende des Spaltes ist die Haut geröthet und oft mit einer lymphatischen Feuchtigkeit bedeckt. Weiterhin, mitunter schon nach einigen Tagen, ist die Hitze und der Schmerz vermehrt und zuweilen Eiterung zugegen; die Klauen entfernen sich mehr von einander, so dass der Spalt zwischen ihnen breiter wird; die Zehe und die Sohle werden ebenfalls rauh und splitterig, die abgesonderte Flüssigkeit übelriechend, die Krone wird weich und an einer oder der andern Stelle findet sich eine Oeffnung, aus welcher eine übelriechende Jauche sickert; auch löst sich in dieser Periode gewöhnlich an einer oder der andern Stelle der Saum von der Krone ab, besonders an der innern Seite im Klauenspalt. Dabei sind die betreffenden Thiere ohne Fieber, bei sehr gutem Appetit und überhaupt völlig gesund; doch wird bei dem weitern Verlauf durch die heftigen Schmerzen und durch den Verlust an Säften der Appetit vermindert und die Verdauung gestört. Denn in der Regel breitet sich in dem leidenden Fusse das Uebel allmälig mehr aus, indem im Innern die Jauche sich anhäuft, die Hornklaue von den Weichgebilden trennt und die Klauenknochen nebst Bändern anätzt, so dass Caries zuweilen an verschiedenen Punkten entsteht. Gewöhnlich wird auch mehr als ein Fuss auf dieselbe Weise ergriffen. Beim höchsten Grade des Uebels löst sich die Hornklaue vollständig ab, aber bald, d. i. in etwa 14 Tagen, erzeugt sich hier eine neue Klaue, welche jedoch, zuweilen kaum ausgebildet, durch neue Ulceration
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Bösartiges Klauengeschwür der Schafe. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;g59
von der Fleischwand und von dem Hufbein her in derselben Weise zerstört wird. Bei diesen höheren Graden des Uebels liegen die Thiere viel, und sie rutschen, wenn sie sich fortbewegen, häufig mehr auf den Knicen, als sie wirklich gehen. Auf diese Weise dauert bei einem Thiere das Leiden nicht selten einige Jahre.
lieber die Ursachen dieses Leidens weiss man nur das mit Ge-wissheit, dass die Geschwürsjauche einen AnsteckungsstolT enthält, durch -welchen das Uebel sich sehr leicht überträgt, wenn gesunde Thiere in die Fusstapfen der Krauken treten, oder auf der mit Jauche besudelten Streu stehen. Ob das Uebel wirklich, wie man glaubt, bei uns ursprünglich nicht entsteht, sondern durch Merinoschafe aus Spanien und Frankreich zu uns eingeführt worden ist, — oder ob es unter noch inibckaimten Umständen durch Entartung des epizootischen Klauenwehs auch in Deutschland erzeugt wird, ist noch nicht entschieden.
Die Behandlung. Zuerst schneidet man mit einem geeigneten Messer, am besten mit einem schmalen lorbeerblattförmigen Messer alles splilterigc und getrennte Horn der Klaue rein ab, so dass die Geschwürsfläche an der Fleischwand oder der Fleischsohle in ihrem ganzen Umfange vollständig blossgelegt wird. Hierauf bestreicht man dieselbe mit irgend einem kräftigen umstimmenden, austrocknenden oder selbst mit einem ätzenden Mittel, z. B. mit brenzlichem Holzessig, mit einer concentrirten Auflösung von Kupfer- oder Zinkvitriol oder Grünspan in Essig, mit dem ünguento egyptiaco oder einer Salbe aus Grünspan (Jo') und Leinöl (5ij), oder mit einer Auflösung von Chlorkalk (3j zu 5j Wasser) '), oder mit pulverisirtem Kupfervitriol, oder mit Spicssglanzbutter oder mit rauchender Salpetersäure. Von allen diesen Mitteln haben sich der Kupfervitriol als Pulver eingestreut und die Salpetersäure den ineisten Kuf erworben; allein der erstere heilt oft nicht gründlich, indem er zu schnell an der Oberfläche eine Kruste bildet, unter welcher die Ulceration noch fortdauert. Deshalb ist das von Ehreufels angegebene 2) Verfahren, die Geschwürsfläche mit Salpetersäure und unmittelbar darauf mit stinkendem Thieröl zu bestreichen, vorzüglicher, um so mehr, da man hierbei keinen künstlichen Verband not lüg hat und zugleich die Ansteckung sicher vermieden wird. Das letztere Verfahren muss in Zwischenzeiten von etwa 6'—8 Tagen noch ein oder zwei Mal wiederholt werden, bis neue Hornbildung auf der ganzen Geschwürsfläche gleichmässig eingetreten ist.
Die Thiere müssen von den gesunden getrennt gehalten, wäh-
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') Wo viele Thiere zugleich leiden, wie es so häufig der Fall ist, kann man, um die Heilung und zugleich die Desinfection der Heeidc auf leichte und schnelle Weise zu bewirken, 1—2 Pfund Chlorkalk mit 2 Eimern Wasser gemengt, in einen Trog giessen, neben denselben in seiner Längenrichtung zu beiden Seiten Hürden so stellen, dass die Thiere nicht anders gehen können, als in den Trog zu treten, und nun die Heerde täglich 2 Mal durch den letztern treiben.
2} Oekonom. Neuigkeiten u. Verhandlungen. Von Andree. Jahrg. 1819.
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Bösiirligcs Klaiicngoschwiir der Schafe. Behandlung.
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rend dieser Krankheit gut genährt und der Stall täglich mit frischer Erde oder mit Sand ausgestreut werden.
AusarUingen des epizootischen Klauenwehes in bösartige (beschwüre werden nach allgemeinen Kegeln behandelt.
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Ucber die Speichelfislel siehe S. 388 u. ff., über die Aderfislel S. 15quot;i, über die Kothfistel S. 434, über die Saauienstrangnstel S. 448, über die iMilchfislel S. 451, über die Schweiffistel S. 452 und über die Harn- oder die Urinfislel S. 803.
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U|i
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Jt-Ä,
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Register.
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Abbimlen des männlichen Gliedes
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Mastdarrnfistel . . .
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Polypen......
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Stolllieulen.....
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Warzen ......
AbbliiUening............
Ablagerung von Serum . . . 48, Abnorme Bildungen im Allgem. . Abscess...............
— kalter...........
Abscesshaut ............
Absterbnng.............
Abtragung der Zungenspitze . . . Abweichung der Bcckenknochen .
Achternaht.............
Aderfisteln.............
Aderpresse........
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Seite
amp;39 S37 77ü 263
787
rn
753
56
56
57
69
592
555
354
152
339
bSS
79
434
693
753
853
49
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Seile
Amputation des mannt, (iliedes . 839 — des Mastdarms .... 59S
Anätzungen............. 79
Anchylosis.............699
Aneurysma.............660
Angeborner Fehler........749
Anticoeur..............258
Antiphlogistische Methode..... 34
Apostema.............. quot;6
Atheroma..............^66
Atresieen..............quot;SS
Atrophia ..............'47
Aufreiten, Auftreten der Pferde . 285
Augapfel-Vorfall..........585
— Wassersucht.......730
Augenentzündung im Allgemeinen 100 —nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Kolgen dersel-
ben .......... 122-140
Augenentzündung, interniittirendc 115
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; katarrhalische 110
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; periodische . . 115
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Pocken . . 122
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; rheumatische , 112
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; specifisclie . . 115
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; traumatische . 102
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; von Würmern 121
Augenfell..............'26
Augenseuche............113
Augenverlctzungen siehe Verlez-
zungen. Ausdehnungen im Allgemeinen . . 648 Ausdehnung und Erweiterung der | Arterien............660
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Adhäsionen........
|
4a,
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Aetzungen.........: • #9632; •
After, künstlicher......-.'..
— verschlossener .......
Afterbildungen...........
Afterfisteln.............
Afterhaut..............
Afterverletzungen s. Verletzungen
Akiurgie.............#9632;
Albugo ...............
Alienthesen............
Amaurosis ............
Amputation des Euters.....
— der Gebiirmulter . . ,
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3 123 701 135 173 607
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862
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Register.
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II
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Seite Ausdehnung und Erweiterung der
Blutadern...........6(50
Ausdehnung und Erweiterung der
Gelenkkapseln ........652
Ausdehnung und Erweiterung des
Mastdarms..........6;)7
Ausdehnung der Muskeln.....650
Ausdehnung und Erweiterung des
OhrcndrüsenkanaU......664
Ausdehnung und Erweiterung der
Schleimbcutel.........652
Eusdehnung und Erweiterung des
Schlundes...........665
Ausdehnung der Sehnen ..... 6Ü3
Ausdehnung und Erweiterung der
Sehnenscheiden........652
Ausreissen der Polypen......776
Ausschiilung s. Exstirpation. Ausschwitzung, entzündliche ... 47
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; plastische..... 49
Ausziehung des Staars......132
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Seile
Blasensteine............797
Blasenstich.............741
Blastem...............753
Blutadergeschwulst ........660
Blutbruch...........612, 632
Blutegel............... 37
Blulentleerung, allgemeine .... 34
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; örtliche...... 36
Blutlassen.............. 34
Blutohr der Hunde........302
Blutpfropf (Thrombus) . . . 153, 337
Blutscbwamin ...........779
Blutspath..............661
Blutstillung.............337
Blutungen bei Wunden......325
Bougies...............257
Brand, heisser........... 69
—nbsp; nbsp; nbsp; kalter ........... 70
—nbsp; nbsp; nbsp; trockner und feuchter . . 71
—nbsp; nbsp; nbsp; im Schweife........455
Brandblasen............ 71
Brandfieber............. 72
Brandfleck............. 71
Brandjauche............ 71
Breigeschwulst...........766
Breiumschläge, V/ärmegrade derselben ............. 42
Bremscnlarven in der Stirnhöhle 705
Breinsenschwindel.........705
Bremsenstiche...........367
Bronchocele............788
Bruch, Knochenbruch (Fractura)
im Allgemeinen........4SI
Bruch des Armbeins .......520
—nbsp; nbsp; nbsp;des Beckenbeins......534
—nbsp; nbsp; nbsp;der Beckenknochen .... 516
—nbsp; nbsp; nbsp;des Ellenbogenbeins .... 522
—nbsp; nbsp; nbsp;des Fesselbeins......527
—nbsp; nbsp; nbsp;der Griffelbeine......625
—nbsp; nbsp; nbsp;der Halswirbelbeine .... 512
—nbsp; nbsp; nbsp;des Hinterkiefers......508
—nbsp; nbsp; nbsp;des Hirnschädels......498
—nbsp; nbsp; nbsp; des Hornfortsatzes .... 503
—nbsp; nbsp; nbsp;des Huf- und Strahlbeins . 531
—nbsp; nbsp; nbsp;des Jochbeins.......503
—nbsp; nbsp; nbsp;der Kniescheibe......536
—nbsp; nbsp; nbsp;des Kronenheins......529
—nbsp; nbsp; nbsp;der Lenden-Rückenwirbel 512
—nbsp; nbsp; nbsp;der Nasenbeine ......505
—nbsp; nbsp; nbsp;der Rippen.........514
—nbsp; nbsp; nbsp;des Schienbeins......525
—nbsp; nbsp; nbsp;des Schulterblattes.....519
•— der Schwanzwirbel .... 518
—nbsp; nbsp; nbsp;des Sprunggelenks.....538
—nbsp; nbsp; nbsp;der Stirnbeine.......501
|
|||
B.
ßärenfuss..............65)
Balggeschwülste..........765
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; äclite, unächte . 766
Balkenstaar.............J27
Ballengeschwür s. Panaritium.
Bauchbrüche............fill
Bauchbruch.............639
Bauchfellbruch...........fi4I
Bauchwunden ...........423
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;oberflächliche . . . 423
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;einfache, eindringende .............425
Bauchwunden, complicirte, eindringende ...........427
Beckenfistel.............837
Beinfrass..............206
Beinhautentzündung........204
Beinbautschnitt...........215
Beinschwiele............484
Bienenstiche............367
Bildungsfehler...........749
Bindehautentzündung, katarrhalische .............110
Binden bei Wunden........355
Bisswunden.............364
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; mit Wuthgift.....367
Blasen-Polypen ..........770
Blasenschnitt............799
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^W
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Register.
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863
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Seite
Bruch des Strahlbeins ......531
—nbsp; nbsp; nbsp;des Unterschenkelbeins . . 537
—nbsp; nbsp; nbsp;des Vorarms........522
—nbsp; nbsp; nbsp;der Vorderkieferbeine . . . 507
—nbsp; nbsp; nbsp;des Vorderkniees.....525
—nbsp; nbsp; nbsp;des Zungenbeins......510
—nbsp; nbsp; des Penis..........303
Bruch (Hernia) im Allgemeinen . 610
—nbsp; nbsp; nbsp;wahrer und falscher .... 612
Brucheinklemmung.........614
Bruchgeschwulst..........610
Bruchoperation...........618
Bruchring..............610
Bruchsack .............610
Brustbeule.............258
Brustlahmheit............557
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;rheumatische .... 91 Brustwunden, durchgehende . . . 415
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;einfache......415
Bubonocele .............628
Buglähme, Buglahmheit......557
— — rheumatische ............. 91
Bundnaht..............351
|
Seite
Cosmesches Pulver........nbsp; 783
Courbe (curb) ...........nbsp; 234
Cystides, Cystis..........nbsp; 765
Cystotomia.............nbsp; 799
Cytoblastem ............nbsp; 753
|
|||
D.
Darmbruch.........611, 629
Darmfistel..............434
Darmnaht..............354
Darmvorfall bei Wunden.....427
Darmwunden............432
Dasselbeulen............704
Decubitus..............291
Degenerationen..........754
Demarcationslinie......... 73
Diastasis..............555
Digestivwasser........... 65
Dismorphen.............744
Distorsio..............540
Drehen oder Drillen der Blutge-
i'ässe..............346
Drucksebaden ........... 246
Durcbliegen, das..........291
Durclilingung der Blutgefiisse . . 347 Dysuria..............733
|
||||
c.
Calculi...............794
Callus ...............484
Capelets ..............273
Cancer...............778
Carcinoma.............778
Caries................206
Cataracta..............127
Catheter s. Katheter.
Cele.................610
Chirurgie, allgemeine....... 3
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Begriff......... 1
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Inhalt.......... 2
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;specielle........ 3
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Geschichte der..... 4
Chondroiden............708
Cicatrix............... 49
Cirsocele..............612
Commotio cerebri.........373
Concremente, Concretionen .... 754
Conglutinationen....... 49, 688
Conquassationes..........237
Contracturae............679
Contrafissurae...........498
Contrafracturae...........498
Contusiones.............237
|
||||
E.
Ecchymosen............nbsp; 237
Ectopia...............nbsp; 582
Eingypsung.............nbsp; 494
Einklemmung............nbsp; 614
Einschiebung............nbsp; 582
Einschnitte.............nbsp; nbsp; 36
Einschuss..............nbsp; 179
Einllieilung der Chirurgie ....nbsp; nbsp; nbsp; 2
Eiter und Eiterung........nbsp; nbsp; 53
Eiterauge..............nbsp; 139
Eiterbeule.............nbsp; nbsp; 56
Eitererzeuffende Mittel ......nbsp; nbsp; 60
Eiterungsfieber...........nbsp; nbsp; 56
Eitergeschwulst..........nbsp; nbsp; 56
Ellenbogenbeulen.........nbsp; 263
Emphysem..........406,nbsp; 416
Encephaloid............nbsp; 760
Enchondroma............nbsp; 761
Engerlinge.............nbsp; 704
|
||||
|
||||
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864
|
Register.
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||||
Seile
Entartung der Gewebe......754
Entziimlnng im Allgemeinen ... 14
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;asthenische...... 31
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Ausien 101, 110, 112
115, m, 122
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Bcngcschnen . . IS9
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Behandlung im Allgemeinen ............. 33
Entzündung der Drosselvene ... 152
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;dyscratische..... 27
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;erethische.....30
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;erysipelatöse..... 83
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gangraenöse..... 29
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des äiisseni Gcliör-ganges............. 99
Entzündung der Hoden......159
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Hufe und der Klauen.............191
Entzündung, idiopathische .... 29
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;katarrhalische .... 27
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Knochen und der Beinhaut............204
Entzündung der Lymphdrüsen im
Kehlgange...........114
Entzündung der Lyniphgefasse . . 177
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des männl. (iliedes . It)3
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Milchdrüsen oder
des Euters...........167
Entzündung des Nabels......158
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Ohrdrüscn . ... 141
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Ohrmuschel ... 98
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;rosenartige...... 83
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Scbamlefzen und
der Mutterscheide......174
Entzündung der Schilddrüse ... 150
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;scorische .......22
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sthenische...... 30
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sympathische..... 29
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;synochöse...... 30
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;torpide........ 31
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;traumatische ..... 26
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der (Jnterkieferspet-cheMrüse ...........146
Entzürdung der Unterzungenspeicheldrüse ...........146
Entzündung der Vorhaut und des
männlichen Gliedes......161
Entzündung der Zunge......147
Entzündungsausgänge....... 24
Entzündungsfieber......... 19
Entzündungshaut.......... 21
Entzündungsverlauf, Dauer und
Ausgänge........... 23
Vorhersagung. ........... 31
Erfrierungen............ 82
|
Seile
Ernährung, übermüssige.....744
Erschütterung des Gehirns .... 273
Erweichung ............ 49
Erweiterungen...........048
Erysipelas............. 83
Esparvin..............226
Euterentzündung...........167
Exania...............593
Exfoliatio...............206
Exomphalos.............623
Exophthalmos...........585
Exogt;tosis..............209
Exstirpation des Augapfels .... 587
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Balggeschwülste 768 des Euters......173
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Polypen.....774
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Stollbeulen . . . 268
Exsudatio.............. 47
Euravasat.............238
|
|||
F.
Fadenwiirmer in den Augen ...nbsp; nbsp;121
Fäulniss der Ruthe........nbsp; nbsp;162
Fasergeschwulst..........nbsp; 758
Faserkrebs.............nbsp; 779
Feifolgeschwulst..........nbsp; 141
Feigwarzen.............nbsp; 786
— des Hufes.......nbsp; 850
Festhaken der Kniescheibe ....nbsp; 574
Fcttlcll...............nbsp; nbsp;126
Fettgeschwulst...........nbsp; 757
Fibroid...............nbsp; 758
Filaria papillosa im Auge.....nbsp; 121
Fissura...............nbsp; 481
Fistelgeschwürc..........nbsp; 826
Flankonbruch ..... .......nbsp; 639
Fleisobbruch.........612,nbsp; 719
Fleischfell..............nbsp; nbsp;126
Flcischgeschwulst.........nbsp; 760
Fleischpolyp............nbsp; 770
Fleischwärzchenbildung......nbsp; nbsp; 57
Flügelfell..............nbsp; 126
Flussgallen............nbsp; 653
Fluxion lunatique.........nbsp; 115
Formfehler.............nbsp; 753
Fractura..............nbsp; 481
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;logitudinalis.......nbsp; 481
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;obliqua..........nbsp; 481
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Iransversalis.......nbsp; 481
Fremde Körper..........nbsp; 701
— — im Maule.....nbsp; 715
|
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||||
Register.
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865
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||||
Seite
Fremde Körper im Schlünde . . . 716
-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - in Wunden . 332, 349
Fungöses Geschwür........814
Fungus haematodes........779
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;medullare.........779
Fussräude..............1S7
Fussrollenentzündung.......218
|
Seite
Geschwüre reine..........814
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;runde.........813
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;schwammige......814
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;schwielige.......814
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;symptomatische .... 816
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;unregelmäss. geformte 813
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;unreine........814
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;veraltete....... 613
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;vertiefte........813
Geschwürshaut........ 57, 812
Getrennte Wand......... 321
Gewächse..............754
Gipsguss..............494
Glaucoma..............135
Granulationen........... 57
— träge, üppige .... 58 Grützbeutel, Grützgeschwulst . . . 766 Gutta serena............135
|
|||
G.
Gallae................052
Gallen................652
— durchgehende........653
Gallertkrebs............779
Ganglia..............652
Gangraena............. 69
Gebärmutteramputation......607
Gebärmutterbruch.........629
Gebärmutterpolypen........773
Gebärmuttervortall.........602
Gegenbrüche............498
Gegenspalten............498
Gehirnerschütterung........373
Gelenk, künstliches........4SH
Gelenkgallen...........652
Gelcnkwassersucht.........652
Gelenkwunden...........462
Genickbeuie, Genicklisteln .... 241
Geschichte der Chirurgie..... 4
Geschirrdruck...........246
Geschwülste, heterologe, homologe 755 Geschwüre im Allgemeinen .... 812
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;atonische.......815
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;brandige........815
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;callüse.........814
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;caneröse........816
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;carcinomatösc.....816
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;cariöse.........815
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;entzündliche . ... 815
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;erethische.......815
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;erhabene.......814
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;faulige.........815
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;fistulöse........814
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;flache......... 813
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;fressende.......814
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;frische......... 813
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;fungöse........814
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;habituelle.......813
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;hohle..........813
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;idiopathische.....816
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;phagedänische.....814
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;pulride.........815
|
||||
H.
Harngeschwulst ..........nbsp; 766
Hacmatocele.........612,nbsp; 639
Hängegurt.............nbsp; 496
Harnblascnschnitt.........nbsp; 799
Harnblasensteine..........nbsp; 797
Harnblasenstich...........nbsp; 741
Harnfisteln.........quot;T ...nbsp; 443
Harnröhrenschnitt........ .nbsp; 807
Harnröhrenstelne..........nbsp; 805
Harnröhrenverengerung ......nbsp; 675
Harnverhaltung s. Urlnverhaltung.
Hartschnaufigkeit..........nbsp; 402
Hasenhacke.............nbsp; 234
Hasenohrigkeit...........nbsp; 679
Hasenschartennaht.........nbsp; 354
Hasenspath.............nbsp; 234
Hautschlacke............nbsp; nbsp; 87
Heften der Wunden s. Naht.
Heftnadeln.............nbsp; 351
Heftpflaster.............nbsp; 358
Helcos, Helcosis..........nbsp; 812
Hernia...............nbsp; 610
Herz wunden............nbsp; 417
Hiebwunden............nbsp; 362
Hirnerschütterung.........nbsp; 373
Hirnschädelbrüche.........nbsp; 498
Hodenentzündung.........nbsp; 204
Hodcnsackabscesse.........nbsp; 447
Hodensackbruch..........nbsp; 628
Hodensackverletzungen......nbsp; 445
Hodenverletzung..........nbsp; 445
Hohlgeschwüre...........nbsp; 813
55
|
||||
|
||||
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||||
866
|
lister.
|
|||
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||||
Seite
Honiggeschwulst..........766
Hornbildung, pathologische .... 766
Hornhautflecke...........122
Hornhaulgcschwüre........137
Hornklufte.............319
Hornspalten............312
Hüftgelenkslahmheit........573
Hüftlahmheit............573
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; rheumatische..... 91
Hufentzündung...........19t
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;metastatische ... 199
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;rheumatische . . . 194
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;traumatische . . . 191 Hufgelenkslahmheit, chronische. . 218
Hulknorpelflsteln..........841
Hundebiss, wuthkranker.....367
Hydatides..............766
Hydrarthos.............652
Hydrocele..............731
Hydrophthalmus..........730
Hydrops articulorum.......652
Hygroma..............766
Hyovertebrotomie.........711
Hyperostosen.........205, 209
Hypertrophie, ächte, unächte 744, 754
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; entzündliche .... 49 Hypopium..............139
|
Seite
Kleisterverband..........493
Kniebeule und Knieschwaram. . 271
Knochenbrand ........... 206
Knochenbrüche im Allgemeinen . 481 —nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Speciellen siehe
Bruch.
Knocheneiterung..........206
Knochenentzündung.......204
Knochenfrass s. Beinfrass.
Knochengeschwulst........761
Knochenschwärung ........206
Knochenschwiele s. Callus.
Knochen-Speckgeschwulst.....7G2
Knochenlaquo; urm...........207
Knollhuf..............791
Knopf................641
Knopfnaht.............351
Knorpelfistcl............841
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Operation......844
Knorpelgeschwulst.........761
Knoten, schwarze.........763
Knotengeschwulst, Knotenkrebs . 779
Knotennaht............351
Kothfistel..............434
Krampfaderbruch..........612
Krebs................778
—nbsp; nbsp; nbsp;offener............780
—nbsp; nbsp; nbsp;verborgener ......... 780
Krebsgeschwür...........780
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;am männl. Gliede 838
Krebskörper............778
Krebsmilch.............788
Krebssaft..............778
Krebszellen.............778
Kreuzgalle.............653
Kreuziähmung, rheumatische ... 88
Kronentritt............467
Kropf................788
Künstliches Gelenk ........486
Kürschnernaht...........354
Kumratdruck............246
|
|||
Jauche............ 54, 812
Ichor............. 54, 812
Igelfuss...............183
Incai ceratio............614
Induratio............50, 51
Inflammatio............. 14
Insektenstiche...........367
Instrumental-Chirurgie....... 3
Invaginatio.............582
Inversio...............582
Ischuria..............733
|
||||
|
||||
K.
Kälte, Anwendung derselben ...nbsp; nbsp; 3!)
Kapselstaar.............nbsp; nbsp;127
Kathcterapplication.........nbsp; 738
Kalzenpeter.............nbsp; 141
Kehlkopfspfeifen..........nbsp; 402
Klauengeschwür der Schaafe . . .nbsp; 858
|
Ladenränder, verletzte . . . 386, 508 Lahmheit, Erkennung im Allgem. 91
Lapides...............794
Leist .............215, 574
Leistenbruch............628
Lendenlahmheit...........573
Leucoma..............123
Ligatur...............342
|
|||
|
||||
Jk
|
||||
|
||||
Register.
|
867
|
|||
|
||||
Seile
Linsenstaar.............127
Lipoma...............757
Lithotomia.............799
LuftröhreneröOhung........403
Luftröhrenverengerung......672
Luftsackkatheter, Anwendung . . . 701 Luftsäcke, Anschwellung der . . . 707
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Eröffnung der.....711
Lund's Trachtenzwinger......601
Luxationes.............540
Lymphabscess........... 57
|
Seite
Nageltritte.............475
Nasenpolypen............771
Navicülares lamenes........218
Nebula...............128
Necrosis ........... 69, 205
Nervenschnitt (Nevrotomie) ... 217
Netzbruch...........611, 629
Neubildungen, pathologische im
Allgemeinen..........753
Nubecula..............123
|
|||
|
||||
M.
Maculae corneae..........nbsp; 122
Mahler, blaue, rothe........nbsp; 286
Männliches Glied, Amputation desselben .............nbsp; 839
Maladie naviculaire........nbsp; 218
Mangel einzelner Theile.....nbsp; 751
Manual-Chirurgie.........nbsp; nbsp; nbsp; 2
Markschwamm...........nbsp; 779
Mastdarmfisteln...........nbsp; 835
Mastdarmvorfall..........nbsp; 593
Mastitis...............nbsp; nbsp;167
Mauke (B.and-).......182;nbsp; 184
—nbsp; nbsp; nbsp; des Rindviehes......nbsp; 187
—nbsp; nbsp; nbsp; (Schrunden-) ......nbsp; 183
—nbsp; nbsp; nbsp; (Schutz-)..........nbsp; nbsp;182
Maulwurfsgeschwulst.......nbsp; 241
Melanosen..............nbsp; 762
Meliceris..............nbsp; 766
Metamorphosen...........nbsp; 754
Milchslaar.............nbsp; 127
Milchsteine.............nbsp; 796
Missbildungen...........nbsp; 749
Mondblindheit..........nbsp; 115
Mortificatio.............nbsp; nbsp; 69
Mumificatio.............nbsp; nbsp; 69
Mumps...............nbsp; 141
Muskelbruch............nbsp; 295
Muskelzerreissung.........nbsp; 295
Mutterkränze............nbsp; 601
|
0.
Obliteration der Schenkelarteriennbsp; 697
Ochsenspath............nbsp; 654
Oedem, akutes........ 48,nbsp; 727
— kaltes...........nbsp; 727
Oesophagolomie..........nbsp; 724
Oesophagus ventriculosus.....nbsp; 655
Ohrfistel...............nbsp; 825
Ohrgeschwüre........ 98,nbsp; nbsp; 99
Ohrspeicheldrüsenentzündung . . .nbsp; 141
Ohrwunden.............nbsp; 376
Ohrwurm........... 98,nbsp; nbsp; 99
Omphalitis .............nbsp; 158
Omphalocele............nbsp; 623
Operative Chirurgie........nbsp; nbsp; nbsp; 3
Ophthalmia.............nbsp; 100
Orchilis...............nbsp; nbsp;159
Oscheocele.............nbsp; 628
Osteitis...............nbsp; 204
Osteo-gangraena..........nbsp; 206
Osteo-necrosis...........nbsp; 206
Osteophyten............nbsp; 205
Osteoporosis............nbsp; 204
Osteostealom............nbsp; 762
Otterbisse..............nbsp; 368
|
|||
P.
Pannus...............nbsp; nbsp;126
Panaritium..........191,nbsp; 199
Paraphimosis............nbsp; 676
Paronychia equi..........nbsp; 171
Parotitis...............nbsp; nbsp;141
Penis, Amputation des.......nbsp; 839
—nbsp; nbsp; nbsp; Bruch des.........nbsp; 303
—nbsp; nbsp; nbsp; Entzündung des......nbsp; nbsp;161
—nbsp; nbsp; nbsp;Krebs des..........nbsp; 838
Periosteitis.............nbsp; 204
Periostotomie............nbsp; 215
55*
|
||||
Nabelbruch.............623
Nabelentzündung..........158
Nabelgeschwür...........158
Nackenfisteln............241
Nähte, blutige...........351
|
||||
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if
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868
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Register.
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; -'i
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Seile
Perlmutterfleck...........123
Pessaricn..............601
Pflaster, englisches, scharfes ... 51
Phimosis..............676
Phlebitis...............152
Phlegmone............. 27
Phlogosis.............. 14
Piephacke..............273
Plasma...............753
Pol-evil...............251
Polypen...............769
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Bindehaut ...... 771
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Kehlkopfe......772
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Mastdarm.......772
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; in der Mutterscheide . . 773
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; in der Nasenhöhle .... 771
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; in der Rachenhöhle . . . 772
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Urinblase......773
Procldentia.............5S2
Prolapsus..............582
Pseudo-organa ........... 754
Pseudo-plasmata..........754
Pterygium..............126
Pulsadergeschwulst........ 660
Pus (Eiter)............. 63
Pyogenia.............. 53
Pyosis................ 53
|
Seile
Reposition der Knochenbrüche . . 489
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Verrenkungen . . 544
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Vorfälle......583
Resolutio.............. 25
Retentio urinae..........733
Rhehe................194
Rhehehuf..............791
Rheumatische Lahmheiten..... 91
Rheumatismus..........87
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;akuter........ 87
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;chronischer..... 91
Ringbein..............215
Ringeln der Schamlefzen.....602
Rinnmaschine............524
Rose, Rothlauf........ 27, 83
Rupturen im Allgemeinen.....293
Ruthe, Fäulniss derselben .... 162
— Amputation.........839
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|||
Saamenstrangfisteln........nbsp; 448
Saamenstrangwunden.......nbsp; 455
Sanies...........54,nbsp; 812
Sarcocele.............nbsp; 789
Sarcoma..............nbsp; 760
Sarcosis...............nbsp; 760
Satteldruck.............nbsp; 246
Scarilicalio............nbsp; nbsp; 36
Schale................nbsp; 215
Schädelbrüche...........nbsp; 498
Schädelvvunden...........nbsp; 372
Schenkelbruch...........nbsp; 637
Schenkelgeschwulst, heisse ....nbsp; 179
Sohienenverband..........nbsp; 490
SchifiTörmigcs Bein, Krankh. desselben .............nbsp; 218
Schilddrüsenausschälung. . . 171,nbsp; 788
Schilddrüsenentzündung......nbsp; 150
Schlangcnbiss ...........nbsp; 368
Schlauch s. Vorhaut.
Schleimbeutel-Wassersucht ....nbsp; 652
Schleimpolyp...........nbsp; 770
Schlund, Oeffnen desselben ....nbsp; 724
Schlumlbruch............nbsp; 665
Schlundschnitt...........nbsp; 724
Schlundvvunden ..........nbsp; 412
Schlundzange............nbsp; 721
Schnittwunden...........nbsp; 362
Schönblindheit...........nbsp; 135
Schulterlahmheit..........nbsp; 558
— rheumatische . .nbsp; nbsp; 92
Schusswunden...........nbsp; 365
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Q.
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k
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Quetschungen im Allgemeinen . . 237
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Ballen.....284
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Beugesehne . . 276
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;an der Brust . . . 258
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;am Ellenbogen . . 263
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;am Genick.....241
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;am Knie......271
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Kölhengclcnks 278 der Sohle.....286
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;d. Spitze d. Sprunggelenks ............273
Quetschungen vom Uebertreten d.
Halfterkette..........276
Quetschungen am Widerrüst . . . 246
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R.
Rachenpolypen...........nbsp; 772
Ramm, Ramp, Rampf.......nbsp; 574
Rehbein...............nbsp; 233
Reposition der Brüche......nbsp; nbsp;619
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li
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*m.
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Register.
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869
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Schatzmauke............182
Schwarze Knoten.........763
Schwebe, die...........496
Schweiffisleln............452
Schweifschnitt...........686
Schwinden, Schwund.......747
Scirrhus...............778
Sehnengallen............653
SehnenWapp.........189, 276
Sehnenstelzfiiss...........681
Sequester..............206
Seröse Bälge............766
Setaceuin s. Haarseil.
Sohlenflecken, rothe........286
Sonde, somüren..........331
Spalten...............4SI
Späth ...............226
Specks;eschwiilst..........757
Speckhaut............. 21
Speichelfistel............389
Speichelyang-Erweiterung .... 664
Speichelsteine...........795
Speiseröhre, das Oeffnen derselben 727
Sphacelus.............. 70
Spina ventosa..........207
Spondylarthrocace.........496
Staar, grauer............127
—nbsp; nbsp; nbsp;grüner............135
—nbsp; nbsp; nbsp;schwarzer.........,135
Staaroperation...........132
Staarpimkte.............127
Standmaschine...........496
Staphylom.............125
Steatoma..............757
Steine................794
Steingalle..............246
Steinschnitt . . . ;.........799
Stelzl'uss..............681
Stelzfussmascliine.........496
Stenochorieen...........658
Stenosen..............658
Stiche von Insekten........367
Stichwunden............362
Stollbeule und Stollschwämme . . 263
Strahlbeinlahmheit........218
Strahlfäule............. 85
Strahlkrebs.............850
Stranguria.............. 733
Straubfuss..............183
Streifen oder Sireichen......278
Stricturen..............658
Strickgitter.............601
Struma...............788
Sabluxatio.............540
Sugillation.............238
|
Seite
Suppuratio............. 53
Sutura................351
Symblepharon...........690
Synechia..............692
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Talpa................241
Tampon, Tamponation.......341
Taupe, mal de...........241
Teloangiectasie...........660
Tetanus traumaticiis........328
Thräncnfistel............827
Thrombus...........153, 337
Thrombosis.............152
Torsion der Blutgefässe......346
Tourniquet.............339
Träberausscblag..........187
Tracheotomia............403
Trachtenzwinger von Lund .... 601 Tragen des Schweifes, schiefes . 686 Treten über die llalfterkette . . . 276
Tripper...............1(52
Trismus traumaticus........328
Tumor cysticus...........765
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||||
ü.
Ueberbein...........205, 209
Ueberköthen............565
Uebertreten über die Halflerkette 276
Ueberwurf.............641
Uoberzabl der Theile.......749
Ulceratio..............812
Ulcus................812
Umschlungene Naht........354
Umstülpung.............5S2
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Gebärmutter . . . 603
Unbeweglii her Verband......493
Unterbindung der Blutgefässe . . 342 Unlerbinduug des Kanals der Ohrspeicheldrüse .........392
Unterbindung s. auch Abbinden.
Urcthrotomia............807
Urinverbaltung...........733
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Varix................660
Verhallen..............284
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870
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Register.
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I
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Seite
Verborgener Krebs........780
Verbrennungen mit Eisen..... 76
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; mit Kalk, s. An-
ätzung. Verdunkelungen der Hornhaut . . 122 Verengerungen und Verkürzungen
im Allgemeinen........G5S
Verengerung des Afters und des
Mastdarms...........674
Verengerungen des Geliörganges 671
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Harnröhre . . 675
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Luftröhre . . 642
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Schlundes . . 673
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Vorhaut ... 676
Vereinigung der Wunden.....351
Vereinigungsbinden........355
Verfangen..............194
Vergiftete Wunden.........367
Verhärtung (Induratio)...... 49
Verkürzungen der Muskeln und
Sehnen.............689
Verkürzungen der Aufhebemus-
des Ohrs............679
Verkürzung der Beugesehnen . . . 681 —nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Niederziehers der
Ohrmuschel..........681
Verkürzung der Schweifmuskcln. 686 Verkürzung des Spanners der breiten Schenkelbinde......685
Verkürzung der Streckschne der
Fusswurzel..........685
Verletzungen des Afters.....438
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Augen.....381
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Augapfels .... 381
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Augenlider . . . 377
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Bauches .... 423
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; —nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;compli-cirt.........427, 430, 437
Verletzungen des Blinzknorpels . 380
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Brust......415
der Drosselarterie . 408
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Drosselvene . . 408
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Euters.....449
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Flcischkrone. . 467
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Fleisehsohle . . 475
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Fleischstrahls . 475
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Fleischwand . . 469
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Gallenblase . . 435
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des harten Gaumens 398
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Gebärmutter . . 436
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Gedärme .... 432
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Gelenke .... 462
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Gliedmaassen . 457
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Halsblutader . . 408
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Halspulsader . . 408
|
Seile Verletzungen der Harnblase . . 437
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Harnröhre . . . 443
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Herzens .... 417
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Hoden.....445
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Hodensacks . . 445
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Hornhaut.... 381
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Hufbeinbeugesehne ........476
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Kehlkopfes ... 406
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Krone d. Hufes 467
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Laden.....508
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Leber. . . . i . 435
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Luftröhre . . . 406
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Lungen.....418
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Magens.....430
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Mastdarms . . . 438
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Maulwinkel . . 386
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Milz......435
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Muskeln .... 457
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Mutterscheide . 441
—nbsp; nbsp; nbsp; • der Nase......385
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Nieren.....435
der Obrdrüse.... 388
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Ohrs......376
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;in der Rachenhühle 401
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Ruthe .....443
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Saamenstranges 445
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Schädels .... 372
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Schamlefzen . . 441
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Schlundes ... 412
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Schweifes . . . 452
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der sehnigen Ausbreitungen .....457
Verwundungen der Sehnen und
Sehnenscheiden........459
Verwundungen des Speichelganges 388
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Wurfs.....441
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Zahnfleisches . 386
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Zitzen . quot;. . . . 449
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Zunge.....395
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;dss Zwerchfells. . 418
Vernageln..............460
Verrenkungen im Allgemeinenen . 540 Verrenkung des Armbeingelenks 556
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Backenbeins . , 670
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Bcckenlinochcn . 555
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Ellenbogens . . . 563
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Fesselgelenks . . 565
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Halswirbel . . . 550
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Hinterkiefers . . 548
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Kniescheibe . . . 574
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Lenden- u. Rük-kenwirbel......554
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Rollbeins .... 580
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;im Sprunggelenk . . 580
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lift!
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^^M.
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Register.
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871
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Seile
Verrenkung d. Unterschenkelbeins 580
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Vorarms.....563
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des Vorderknies . . . 564
Verrucae..............786
Verschlag..............194
Verschvvärung...........812
Verstauchung............540
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;im Fesselgelenk . . 565 Verwachsung des Afters.....693
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Augenlider . . . 690
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des äussern Gehör-ganges .......689
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Gelenke .... 699
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Mutterscheide u.
des Muttermundes . 695
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;der Pupille.....692
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;d. Schenkelarteriennbsp; nbsp;597 Verwachsungsentzündung 29, 49,nbsp; 336
Villat'sche Liquor.........nbsp; 245
Vipernbisse.............nbsp; 368
Vitia primae formalionis.....nbsp; 749
Vollhuf...............nbsp; 791
Vorfall im Allgemeinen......nbsp; 582
—nbsp; nbsp; nbsp; des Augapfels.......585
—nbsp; nbsp; nbsp; der Gebärmutter.....602
—nbsp; nbsp; nbsp; der Harnblase.......60S
—nbsp; nbsp; nbsp; des Mastdarms......593
—nbsp; nbsp; nbsp; der Mutterscheide.....599
—nbsp; nbsp; nbsp; der Zunge.........689
Vorhautsteine............810
Vorhautsverengerung........676
Vulnus...............323
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Seile
Widernatürlicher After......434
Widernatürliches Gelenk.....486
Widcrrüstfisteln..........249
Widerrüstschäden.........246
Wildes Fleisch........... 58
Winddorn..............207
Würmer in den Augen......121
Wunden, s. auch Verletzungen . . 323 Wunden, allg. Verschiedenheiten . 329
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ursächliche Verschiedenheiten ..........3112
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;einfache........330
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gerissene, gebissene . . 364
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;vergiftete........367
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; mit Quetshung......364
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;verwickelte.......330
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;zusammengesetzte .... 330
Wundfieber.............327
Wundliegen............291
Wundnähte.............35i
Wundstarrkrampf.........328
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Zahnhalgcschwulst.........nbsp; 766
Zähne, zu lange..........nbsp; 832
Zahntisteln.............nbsp; 829
Zapfennaht.............nbsp; 353
Zerreissungcn im Allgemeinen . .nbsp; 293
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Achillessehne .nbsp; 307
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Beugers des Schien- und Wadenbeins . .nbsp; 308
Zerreissungcn der Beugesehnen .nbsp; 305
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; von BlutgefSssen .nbsp; 298
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Muskeln ....nbsp; 295
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Sehnen ....nbsp; 297
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der sehnigen Ausbreitungen .....nbsp; 294
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der schwammigen Körper.......nbsp; 303
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; d. Zwillingsiuuskelnnbsp; 307
Zerthcilung.............nbsp; nbsp; 25
Zudrehen der Blutgefässc'.....nbsp; 346
Zungenstrecken ..........nbsp; 590
Zurückhaltung von Säften.....nbsp; 701
Zwerchfellsbrüche.........nbsp; 421
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w.
Warzen...............786
Wasserbalg, Wasserblase.....766
Wasserbruch............731
Wassergeschwulst.........727
Wassersucht des Angapfels .... 730 Wassersucht der Scheidenhäute s. Wasserbruch.
Weitohrigkeit............681
Wespenstiche, siehe Wunden, vergiftete.
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Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin.
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mi'
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F. H: DANNER
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UTRECHT
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