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BIBLIOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT
2856 785 1
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#9632;J?JcP.
Theoretisch-practische Anleitung
zur
Ausübung
des rationellen Hufbeschlags
von
Fr. Dominik,
Königlichem Ober-Bassarzt, Vorstand und erstem Lehrer an der lehrschmiede der Uilitair-Sossarztschale zu Berlin.
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Berlin, 1870. Verlag von August Hirschwald
unter den Linden 68.
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Seiner Excellenz
dem
Königlich Preussischen General-Lieutenant
und Director des Allgemeinen Kriegs-Departements,
Ritter des Ordens pour Ie mérite etc.
Herrn von PodMelski
Ehrerbietigst gewidmet
vom
Verfasser.
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Vorwort.
Die nachstehenden Blätter sind der Versuch einer Zu­sammenstellung der Grundsätze, welche für den Unterricht in der Lehrschmiede der Militair-Rossarztschnle zu Berlin maassgebend sind und sollen zunächst den Zweck haben, den Schülern nach ihrem Abgange von der Lehranstalt zur Re­capitulation der daselbst gehörten Vorlesungen und In-structionen zu dienen, namentlich in Hinsicht auf jene Punkte, worin andere Bücher unvollständig sind oder abweichenden Prinzipien huldigen.
Dieselben sollen aber auch ferner noch dazu dienen, den deutschen Hufbeschlag, welcher bisher den professionellen, schematischen Standpunkt nicht hat verlassen wollen, überzu­führen auf den Standpunkt des Individualisirens, den Stand­punkt, der einzig und allein geeignet ist, unsere Schmiede bei ihrer Arbeit zum Nachdenken anzuregen, dem Hufbeschlage eine weitere gedeihliche lebendige Fortentwickelung zu ver­leihen und ihn zur Kunst zu erheben. Durch Betrachtung des Hufes im organischen Zusammenhange mit dem Körper des Pferdes, Beurtheilung des Einflusses der Bewegung des Körpers auf den Huf, Beschreibung der verschiedenen Stel­lungen der Gliedmaassen und der davon abhängigen ver­schiedenen Hufformen, sowie der verschiedenen Richtungen der Hnfwände zum Erdboden, und durch Angabe der noth-wendigen Verschiedenheit des Tragerandes der Huf­eisen, mit einem Wort, „durch Befolgung des Prinzips, der Natur in allen Fällen beim Beschläge nachzu-
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gehen und den Hufen ihre naturgemässe gesunde Form zu erhaltenquot;, ist danach gestrebt worden.
Mit dem Bewusstsein dies gewollt, wenn auch vielleicht nicht erreicht, so doch ein Werkchen geschaffen zu haben, das bei aller Verwandtschaft mit den Grundsätzen des Herrn Grafen von Einsiedel und mit denen von Miles und Field dennoch auf ganz eigenen Füssen steht, übergebe ich dasselbe der Oeffentlichkeit, bei der Schwierigkeit der angestrebten Aufgabe auf ein billiges Urtheil rechnend.
Berlin, den 7. Februar 1870.
Der Verfasser.
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1
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Inhalt.
Seite
Einleitung......................nbsp; nbsp; nbsp;1
Erster Theil.
Erster Abschnitt. Schmiedeeinriclituiig und Schmieden der
Hufeisen...................nbsp; nbsp; 3
Das Schmiedefeuer..................nbsp; nbsp; nbsp;3
Der Ambos.....................nbsp; nbsp; nbsp;4
Die Zangen....................nbsp; nbsp; nbsp;4
Die Hämmer....................nbsp; nbsp; nbsp;6
Das Schmieden des Torderhufeisene ohne Stollen.......nbsp; nbsp; nbsp;8
Das gewöhnliche Hinterhufeisen mit Stollen.........nbsp; nbsp; 11
Das Vorderhufeisen mit Stollen und mit Griff und Stollen. ...nbsp; nbsp; 12
Das Hintereisen mit Griff...............nbsp; nbsp; 13
Das Streicheisen..................nbsp; nbsp; 13
Das Greifeisen...................nbsp; nbsp; 14
Das geschlossene Eisen . . . . •...........nbsp; nbsp; 15
Das Dreivierteleisen.................nbsp; nbsp; 15
Der Winterheschlag:
Geschärfter Griff..................nbsp; nbsp; 15
Schraubstollen...................nbsp; nbsp; 15
Das Graf Einsiedel'sche Wintereisen...........nbsp; nbsp; 16
Die Dominik'sche Patent-SchärfTorrichtang........nbsp; nbsp; 18
Die amerikanischen Einsteckstollen...........nbsp; nbsp;20
Zweiter Abschnitt. Das Pferd.
Die Anatomie des Pferdes...............nbsp; nbsp; 21
Einleitung....................nbsp; nbsp;22
Die Knochen des Eopfes...............nbsp; nbsp; 23
Die Knochen des Halses...............nbsp; nbsp; 25
Die Knochen der Eückenwirbelsänle...........nbsp; nbsp;25
Die Knochen der Gliedmaassen.............nbsp; nbsp; 26
Die Muskeln...................nbsp; nbsp;28
Die Haut....................nbsp; nbsp;31
Der Huf.....................nbsp; nbsp;32
Der Gang des Pferdes und dessen Einflnss auf den Huf ....nbsp; nbsp;38
Die Beweglichkeit oder der Mechanismus des Hufes......nbsp; nbsp;43
Allgemeine Betrachtungen über denEinfluss der Länge der Knochen, Richtung und Winkeltmg auf die Gebrauchsfähigkeit und Ver-
schiedenhenheit der Racen..............nbsp; nbsp;46
Die Stellung der Gliedmaassen insbesondere.........nbsp; nbsp; 50
Die unregelmässigen Stellungen der Gliedmaassen.......nbsp; nbsp; 53
Die Bewegung der Gliedmaassen.............nbsp; nbsp; 59
Der Huf des Pferdes.................nbsp; nbsp; 61
Der enge Huf....................nbsp; nbsp; 63
;. i
#9632;#9632;
#9632;.;
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Der weite Huf...................nbsp; nbsp; nbsp;64
Der halbeugc und halbweite oder bodenweite Huf......nbsp; nbsp; nbsp;65
Der enge und halbweite oder bodenenge Huf........nbsp; nbsp; nbsp;66
Der diagonale Huf.................nbsp; nbsp; nbsp;67
Zweiter Theil.
Dritter Abschnitt. Der Hufbeschlag..........nbsp; nbsp; 71
......nbsp; nbsp; nbsp;74
......nbsp; nbsp; nbsp;78
......nbsp; nbsp; nbsp;78
Das Ausschneiden oder Beschneiden der Hufe........^
Das luchten und Aufpassen der schon geschmiedeten Hufeisen auf
den Huf.................; • •
Das Hufeisen für den regelmässigen oder geraden Vorderhuf . .
Das Hufeisen für den engen Vorderhuf..........
Das Hufeisen für den weiten Huf............
Das Hufeisen für den bodenweiten Vorderhuf........
Das Hufeisen für den bodonongen Vorderhuf........
Das Hufeisen für den diagonalen Vorderhuf.........
Das Hufeisen für den vorderstiindigen und spitzen Vorderhuf . . Das Hufeisen für den unterständigen und stumpfen Vorderhuf . . Das Eichten der Hinterhufeisen, Eisen mit Stollen und Griff . .
Das Aufschlagen der Hufeisen.............
Prüfung des Pferdes nach dem Beschlag.........
Der Beschlag lahmer Pferde..............
Das Klammgehen der Pferde..............
Vierter Abschnitt. Die Lahmheiten.
81 S4 S4 85 85 86
bc;
86 87
87 bS 89 90 94
Die Huflahmheiten......
Der Nageltritt........
Die Vernagelung.......
Die Steingalle........
Die Hornspalten.......
Die Hornkluft........
Sohlenbrüclio........
Die lose Wand........
Die getrennte quot;Wand......
Der faule Strahl.......
Die Deformitäten der Hufhornkapsel Der Ringel- oder Vollhuf ....
Der Zwanghuf........
Die hohlequot; Wand.......
Der Knollbuf........
Die Gelenklahmheiten.....
Das Streichen........
Das Verballen........
Die Köthenschüssigkeit.....
Das Greifen oder Anschlagen . . .
96
07 98 99 102 105 10S 107 108 10S 109 110 110 116 117 119 120 123 124 126
Fünfter Abschnitt. Die Hufpflege . . .
Pflege unbeschlagcner Hufe......
Pflege beschlagener Hufe.......
Pflege der Hufe lahmer resp. kranker Pferde
128
130 133 134
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#9632;
Verzeiclmiss der Illustrationen.
Seite
Fig. 1. Der Ambos..................nbsp; nbsp; nbsp;4
nbsp; nbsp; nbsp;2. Die Feuerzange.................nbsp; nbsp; nbsp;5
nbsp; nbsp; nbsp;3. Die Ausschweisszange...............nbsp; nbsp; nbsp;5
nbsp; nbsp; nbsp;4. Die Handzange.................nbsp; nbsp; nbsp;5
nbsp; nbsp; nbsp;5. Der Vorhammer.................nbsp; nbsp; nbsp;6
nbsp; nbsp; nbsp;6. Der Handhammer................nbsp; nbsp; nbsp;6
nbsp; nbsp; nbsp;7. Der Palzhammer................nbsp; nbsp; nbsp;6
nbsp; nbsp; nbsp;8. Der Stempel..................nbsp; nbsp; nbsp;7
nbsp; nbsp; nbsp;9. Der Spitzhammer................nbsp; nbsp; nbsp;7
nbsp; nbsp;10. Der Verhauhammer................nbsp; nbsp; nbsp;7
nbsp; nbsp;11 u. 12. Das Graf Einsiedel'sche Kinneisen........nbsp; nbsp; 17
nbsp; nbsp;13—IG. Die Dominik'sche Patent-Schärfvomchtung......nbsp; nbsp; 18
nbsp; nbsp;17. Das abgeänderte Judson'sche Hufeisen.........nbsp; nbsp; 20
nbsp; nbsp;18. Das Skelett des Pferdes..............nbsp; nbsp; 24
nbsp; nbsp;19. Die Hebelwirkungen des Kopfes und Halses.......nbsp; nbsp;39
nbsp; nbsp;20. Der Hufmechanismus...............nbsp; nbsp;44
_, „nbsp; nbsp;21. Das mathematische Pferd.............nbsp; nbsp;49
nbsp; nbsp;22.nbsp; nbsp;Die gerade Stellung der Vorderbeine (von der Seite gesehen) .nbsp; nbsp;51
nbsp; nbsp;23.nbsp; nbsp;Die gerade Stellung der Vorderbeine (von vom gesehen) . .nbsp; nbsp;52
nbsp; nbsp;24.nbsp; nbsp;Die gerade Stellung der Hinterbeine (von hinten gesehen) . .nbsp; nbsp; 52
nbsp; nbsp;25.nbsp; nbsp;Die gerade, vorständige, rückständige Stellung der Vorderbeinenbsp; nbsp;53
nbsp; nbsp;26.nbsp; nbsp;Die gerade, vorständige, rückständige Stellung der Hinterbeinenbsp; nbsp;54
nbsp; nbsp;27. Die rückbiegige und vorbiegige Stellung........nbsp; nbsp;54
nbsp; nbsp;28. Die stampfe Stellung...............nbsp; nbsp;55
nbsp; nbsp;29. Die spitze Stellung................nbsp; nbsp;55
nbsp; nbsp;30. Die bodenweite Stellung..............nbsp; nbsp; 56
nbsp; nbsp;31. Die bodenenge Stellung..............nbsp; nbsp; 57
nbsp; nbsp;32. Die diagonale Stellung..............nbsp; nbsp; 57
nbsp; nbsp;33. Die Xbeinige Stellung...............nbsp; nbsp; 58
nbsp; nbsp;34. Die fassbeinige Stellung..............nbsp; nbsp; 58
nbsp; nbsp;35. Der Vorderhuf.................nbsp; nbsp; 61
nbsp; nbsp;36.nbsp; nbsp;Längendurchschnitt eines regelmassigen Vorderhufes ....nbsp; nbsp; 61
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Seite
Der weite Huf...................nbsp; nbsp; nbsp;64
Der halbenge und halbweite oder bodenweite Huf......nbsp; nbsp; nbsp;65
Der enge und halbweite oder bodenenge Huf........nbsp; nbsp; nbsp;66
Der diagonale Huf.................nbsp; nbsp; nbsp;67
Zweiter Theil.
Dritter Abschnitt. Der HufbescMag..........nbsp; nbsp; nbsp;71
Das Aufhalten der Pferde zum Beschlag.......' . .nbsp; nbsp; nbsp;74
Die Abnahme der alten Hufeisen............nbsp; nbsp; nbsp;78
Das Ausschneiden oder Beschneiden der Hufe........nbsp; nbsp; nbsp;78
Das Eichten und Aufpassen der schon geschmiedeten Hufeisen auf
den Huf.....................nbsp; nbsp; nbsp;81
Das Hufeisen für den rcgelmässteen oder geraden Vorderimf . .nbsp; nbsp; nbsp;84
Das Hufeisen für den engen Vorderhuf..........nbsp; nbsp; nbsp;84
Das Hufeisen für den weiten Huf............nbsp; nbsp; nbsp;85
Das Hufeisen für den bodenweiten Vorderlraf........nbsp; nbsp; nbsp;85
Das Hufeisen für den bodenengen Vorderhuf........nbsp; nbsp; nbsp;86
Das Hufeisen für den diagonalen Vorderhilf.........nbsp; nbsp; nbsp;86
Das Hufeisen für den vorderständigen und spitzen Vorderhuf . .nbsp; nbsp; nbsp;86
Das Hufeisen für den unterständigren und stumpfen Vorderhuf . .nbsp; nbsp; nbsp;87
Das Pachten der Hinterhufeisen, Eisen mit Stollen und Griff . .nbsp; nbsp; nbsp;87
Das Aufschlagen der Hufeisen.............nbsp; nbsp; nbsp;88
Prüfung des Pferdes nach dem Beschlag.........nbsp; nbsp; nbsp;89
Der Beschlag lahmer Pferde..............nbsp; nbsp; nbsp;90
Das Klammgehen der Pferde..............nbsp; nbsp; nbsp;94
Vierter Abschnitt. Die Lahmlieiten.
Die Huflahmheiten.................nbsp; nbsp; nbsp;96
Der Nageltritt...................nbsp; nbsp; nbsp;97
Die Vernagelung..................nbsp; nbsp; nbsp;98
Die Steingallc '...................nbsp; nbsp; nbsp;99
Die Hornspalton..................nbsp; nbsp; 103
Die Hornkluft...................nbsp; nbsp; 105
Sohlenbrüche...................nbsp; nbsp; 106
Die lose Wand...................nbsp; nbsp; 107
Die getrennte Wand.................nbsp; nbsp; 108
Der faule Strahl..................nbsp; nbsp; 108
Die Deformitäten der Hufhornkapsel...........nbsp; nbsp; 109
Der Ringel- oder Vollhuf...............nbsp; nbsp; 110
Der Zwanghuf...................nbsp; nbsp; 110
Die hohle Wand.............'.....nbsp; nbsp; 116
Der Knollhuf...................nbsp; nbsp; 117
Die Gelenklahmheiten................nbsp; nbsp; 119
Das Streichen...................nbsp; nbsp; 120
Das VerbäUen...................nbsp; nbsp; 123
Die Köthenschüssigkeit................nbsp; nbsp; 124
Das Greifen oder Anschlagen..............nbsp; nbsp; 126
Fünfter Abschnitt. Die Hufpflege...........nbsp; nbsp;12s
Pflege unbeschlagener Hufe..............nbsp; nbsp; 130
Pflege beschlagener Hufe...............nbsp; nbsp; 133
Pflege der Hufe lahmer resp. kranker Pferde........nbsp; nbsp; 134
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#9632; #9632;
Verzeichniss der Illustrationen.
quot;Mi
#9632;:-H
Seite
Fig. 1. Der Ambos..................nbsp; nbsp; nbsp;4
nbsp; nbsp; nbsp;2. Die Feuerzange.................nbsp; nbsp; nbsp; 5
nbsp; nbsp; nbsp;3. Die Ausschweisszange...............nbsp; nbsp; nbsp;5
nbsp; nbsp; 4. Die Handzange.................nbsp; nbsp; nbsp;5
nbsp; nbsp; nbsp;5. Der Vorhammer.................nbsp; nbsp; nbsp;6
nbsp; nbsp; nbsp;6. Der Handhammer................nbsp; nbsp; nbsp; 6
nbsp; nbsp; nbsp;7. Der Palzhammer................nbsp; nbsp; nbsp; 6
nbsp; nbsp; nbsp;8. Der Stempel..................nbsp; nbsp; nbsp; 7
nbsp; nbsp; nbsp;9. Der Spitzhammer................nbsp; nbsp; nbsp; 7
nbsp; nbsp;10. Der Verhauhammer................nbsp; nbsp; nbsp; 7
nbsp; nbsp;11 n. 12. Das Graf Einsiedel'sche Einneisen........nbsp; nbsp; 17
raquo;nbsp; nbsp;13—16. Die Dominik'sche Patent-Schärfvorrichteng......nbsp; nbsp; 18
nbsp; nbsp;17. Das abgeänderte Judson'sche Hufeisen.........nbsp; nbsp; 20
nbsp; nbsp;18. Das Skelett des Pferdes..............nbsp; nbsp; 24
nbsp; nbsp;19. Die Hebelwirkungen des Kopfes und Halses.......nbsp; nbsp; 39
nbsp; nbsp;20. Der Hufmechanismus...............nbsp; nbsp; 44
nbsp; nbsp;21. Das mathematische Pferd.............nbsp; nbsp; 49
nbsp; nbsp;22.nbsp; nbsp;Die gerade Stellung der Vorderbeine (von der Seite gesehen) .nbsp; nbsp; 51
nbsp; nbsp;23.nbsp; nbsp; Die gerade Stellung der Vorderbeine (yon vom gesehen) . .nbsp; nbsp; 52
nbsp; nbsp;24.nbsp; nbsp;Die gerade Stellung der Hinterbeine (von hinten gesehen) . .nbsp; nbsp; 52
nbsp; nbsp;25.nbsp; nbsp;Die gerade, vorständige, rückständige Stellung der Vorderbeinenbsp; nbsp; 53
nbsp; nbsp;26.nbsp; nbsp;Die gerade, vorständige, rückständige Stellung der Hinterbeinenbsp; nbsp; 54
nbsp; nbsp;27. Die rückbiegige und vorbiegige Stellung........nbsp; nbsp; 54
nbsp; nbsp;28. Die stumpfe Stellung...............nbsp; nbsp; 55
nbsp; nbsp;29. Die spitze Stellung................nbsp; nbsp; 55
nbsp; nbsp;30. Die bodenweite Stellung..............nbsp; nbsp; 56
nbsp; nbsp;31. Die bodenenge Stellung..............nbsp; nbsp; 57
nbsp; nbsp;32. Die diagonale Stellung..............nbsp; nbsp; 57
nbsp; nbsp;33. Die Xbeinige Stellung...............nbsp; nbsp; 58
nbsp; nbsp;34. Die fassbeinige Stellung..............nbsp; nbsp; 58
nbsp; nbsp;35. Der Vorderhuf.................nbsp; nbsp; 61
,,nbsp; nbsp;36.nbsp; nbsp;Längendnrchsclmitt eines regelmässigen Vorderhufes ....nbsp; nbsp; 61
J
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Seite
Fig,nbsp; 37. Der Hinterhof.................nbsp; nbsp; 62
, „nbsp; nbsp;38. Der enge (edle) Huf...............nbsp; nbsp;63
nbsp; nbsp;39. Längendurchschnitt desselhen............nbsp; nbsp;64
nbsp; nbsp;40. Der weite (gemeine) Huf.............nbsp; nbsp; 64
nbsp; nbsp;41. Längendurchschnitt desselhen............nbsp; nbsp; 64
nbsp; nbsp;42. Der bodenweite resp. hodenenge Huf.........nbsp; nbsp; 65
nbsp; nbsp;43. Der diagonale Huf................nbsp; nbsp;67
nbsp; nbsp;44. Der regelmässige Huf mit Eisen...........nbsp; nbsp;82
nbsp; nbsp;45. Der enge Huf mit Eisen..............nbsp; nbsp;82
nbsp; nbsp;46. Der weite Huf mit Eisen.............nbsp; nbsp; 82
nbsp; nbsp;47. Der halhenge und halbweite Huf mit Eisen.......nbsp; nbsp; 83
nbsp; nbsp;48. Das Hufeisen für den regelmässigen Vorderhuf......nbsp; nbsp; 84
nbsp; nbsp;49. Das Hufeisen für den engen Vorderhuf.........nbsp; nbsp;84
nbsp; nbsp;50. Das Hufeisen für den weiten Huf..........nbsp; nbsp; 85
nbsp; nbsp;51.nbsp; nbsp; Das Hufeisen für den hodenweiten und bodenengen Huf . .nbsp; nbsp;85
nbsp; nbsp;52. Das Uammgehende Pferd.............nbsp; nbsp;95
nbsp; nbsp;53. Das gesimde Hufbein...............nbsp; 118
nbsp; nbsp;54. Das kranke Hufhein...............nbsp; 113
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#9632;
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Emleituns.
Die Natur hat dafür gesorgt, dass bei den in Freiheit leben­den Pferden das Wachsthum des Hufes von obenher, mit der Ab­nutzung desselben von unten aus in gleichem Verhältniss steÈt, so dass Form und Länge sich im Ganzen unverändert erhalten. Bei den Pferden jedoch, 'welche der Mensch sich dienstbar gemacht, hat sich dieses Verhältniss zum Nachtheil des Nachwuchses geän­dert, die Last, welche dem Rücken aufgebürdet wird, fällt natür­lich auf den Huf und vermehrt nicht bios die Abnutzung beim Stützen, sondern bringt auch durch das Erforderniss einer grosseren Kraftentwickelung beim Abschieben und Abschwingen vom Boden eine verstärkte Reibung hervor. Analog ist die Wirkung beim horizontalen Fortbewegen von Lasten beim Zuge. Hierzu kommt noch, dass unsere vielen künstlichen Wege, wie Chausseen, Stein-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; t
pflaster u. dgl. m., auf den Huf ungleich schärfer einwirken, als die elastische Grasnarbe jener Gegenden, wo die Pferde sich noch heutigen Tages ihres Naturzustandes erfreuen.
Mit der fortschreitenden Cultnr bemühte sich deshalb der Mensch auch mehr und mehr die allzustarke Abnutzung der natürlichen Hufe durch künstliche Mittel zu vermindern, und es entstand so aus den, zur Verstärkung der in ältester Zeit üblichen Bandagen und Sandalen dienenden unförmlichen eisernen Platten, nach und nach ein, der Hufform angepasstes und mit eisernen Nägeln in der Hufwand befestigtes (zuerst etwa zu Karl d. G. Zeit im 9. Jahr­hundert) sogenanntes Hufeisen.
Da nun jeder Hufbeschlag im Grunde nachtheilig auf die Ge­sundheit und die Verrichtungen des Hufes wirken muss, und des­halb nur ein nothwendiges Uebel ist, so ist es natürlich, dass von jeher die Ansichten über die Art und Weise, wie man diesen Nach­theilen möglichst begegnen solle, sehr verschiedene waren.
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Die Engländer, welche in der Vervollkommnung der Pferde­zucht sich die ersten Verdienste erwarben, waren auch hierin die Ersten, welche die Notwendigkeit einer Verbesserung des Huf­beschlages erkannten und versuchten. Länger dauerte es bei uns, und erst in neuerer Zeit hat sich Herr Graf von Einsiedel auf Milkel in Sachsen ein hervorragendes Verdienst dadurch erworben, dass er seine, durch persönliche Anwesenheit in England und Nord­afrika, bei seiner besonderen Vorliebe für diesen Zweig erworbe­nen Kenntnisse, durch Belehrung in der von ihm in Milkel errich­ten Lehrschmiede für weitere Kreise, speciell auch für die preus-sische Armee nutzbar machte.
Die in der Königlichen Militair-Lehrschmiede adoptirten Grund­sätze sind mit einigen Modificationen die von ihm aufgestellten.
In derselben wird alljährlich eine grosse Anzahl von Beschlag­schmieden aus der Armee mit der rationellen Ausübung des Huf­beschlages vertraut gemacht, ausserdem aber auch den künftigen Militairrossarzteleven diejenige praktische Geschicklichkeit bei­gebracht, welche sie geeignet macht, später als Rossärzte weniger den Hufbeschlag selbst auszuüben, als die Ausübung desselben von Seiten des Beschlägers richtig überwachen und sich geschickte Hufschmiede ausbilden zu können. Diese Aufgabe kann man aber nur von dem Rossarzt vollkommen gelöst erwarten, welcher das selbst zu leisten vermag, was er von den Schmieden verlangt, ebenso wie man auch nur von einem solchen vermuthen darf, dass er die früher bei den Rossärzten eingeschlichenen Vorurtheile über­winden und sich der Pflege der Hufe der ihm anvertrauten Pferde, dieses wichtigsten Theils der Thierarzneikunde für die Armee, mit der dem so theuren Material entsprechenden Lust und Liebe wid­men wird.
Ehe Jemand sich mit dem Beschläge selbst befassen darf, muss er eine gewisse technische Gewandtheit im Schmieden selbst sich erworben haben. Wir werden unsere Aufmerksamkeit daher analog dem Lehrgange in der Militair-Lehrschmiede zunächst diesem Zweige zuwenden und das dahin Gehörige speciell bei der Anfertigung der Hufeisen besprechen, welche am meisten zur Anwendung kom­men, um später zu lernen, in welchem speciellen Falle das eine Tor dem anderen den Vorzug verdient.
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H
I. Theil.
I. Abschnitt;
SduniedeeinricMimg und Schmieden der
Hufelsen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;|
A. SchmiedeeinricMung.
#9632;•.#9632; #9632;
I. Schmiedefeuer mit den, zu dessen Instandhaltung nothigen
Werkzeugen.
Zum Schmieden gehört zunächst das Schmiedefeuer, aus dem Heerd oder der sogenannten Esse und dem Blasebalg bestehend, dessen Beschreibung füglich übergangen werden kann.
Die Güte, d. h. die höhere Gluth des Feuers hängt von dem regelmässigen und langsamen Herabziehen und schnellen Indiehöbe­lassen des Blasebalgs and dem gehörigen Zusammenhalten und Nasshalten der Kohlen ab.
Zu seiner Instandhaltung sind folgende Werkzeuge nothwendig :
a)nbsp; der Kohlenhacken und die Kohlenschippe;
b)nbsp; der Löschwisch;
c)nbsp; der Löschspiesa und
d)nbsp; nbsp;der Sandlöffel.
Der richtige Gebranch dieser Werkzeuge muss durch die Praxis gelernt werden, und lässt sich hier nicht viel mehr darüber sagen.
1raquo;
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4
2. Der Ambos (Figur 1). Der Ambos mit einem — für den davorstehenden Schmied — auf der linken Seite befindlichen Home versehen, darf nicht unter 3 Centner schwer sein, weil er sonst nicht fest unter den Schlägen steht und muss von gutem Schmiedeeisen sein.
Fig. 1. Der Ambos. Die obere, verstählte Fläche oder Bahn desselben nicht unter 6 Zoll breit, muss glatt geschliffen und ganz wagrecht, die vordere Fläche oder die Brust und die hintere Fläche oder der Rücken, ebenfalls eben und genau lothrecht sein (siehe Fig. 1).
'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;#9632;
3. Die Zangen. .
Die Zangen werden in Feuer- und Schmiedezangen eingetheilt.
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Erstere — siehe Figur 2 — sind grosser, haben stärkere, stumpfe Mäuler, lange Schenkel, und dienen zum Festhalten des Eisenstückes im Feuer; die letzteren, zweierlei, eine, deren eines Maulende auf 3/4 Zoll Länge mit 2 seitlichen Aufzügen (siehe Fi­gur 3) versehen ist, zwischen welchen das andere Maulende liegt, dient zur bequemeren Haltung zusammengelegter alter Eisenstücke,
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Fig. 4.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fig. 3.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Fig. 2.
Die Handzange. Die Ausschweisszange. Die Feuerzange.
die zu Hufeisen ausgeschweisst werden sollen, daher auch wohl Ausschweissezange genannt; die andere, deren Maulenden von glei­cher Form (siehe Figur 4) sind, dient zur bequemeren Haltung von schon fertigen Hufstabstücken. Beide sind kleiner, haben schwache und keilförmige Mäuler, kürzere Schenkel, und dienen nur zum Festhalten des warmen Eisenstückes beim Schmieden auf dem Ambos.
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Die inneren Flächen der Manier müssen sorgfältig rauh erbal­ten werden, um das Eisen festhalten zu können.
4. Die Hämmer.
Fig. 5. Der Vor­hammer.
Pig, 7. Der Falzhammer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fig. 6. Der Handhammer.
Die Hämmer zerfallen in grosse und kleine.
Zu den ersteren gehört:
a) Der Vorhammer.
Derselbe unterscheidet sich von dem früher gebräuchlichen da­durch, dass er statt des schmalen Theiles — Finne — einen kugel­förmigen Theil, den sogenannten Ballentheil — siehe Fig. 5 — zum Schlagen der Abdachung hat. Es ist nicht zu empfehlen, den­selben schwerer als 10 Pfund zu machen.
b) Der Handhammer.
Derselbe ist in Form dem Vorigen gleich, nur bedeutend klei­ner und leichter, und mit kürzerem Stiel versehen. Er darf nicht über 3 Pfund schwer sein (siehe Figur 6).
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7
Zu den kleinen Hämmern gehören:
a) Der Falzhammer (siehe Fig. 7).
Derselbe ist dem gewöhnlichen Schrootbeil ähnlich, nur ist der Band der Schneide nicht auf beiden Seiten gerade, sondern auf der einen Seite von vorn nach hinten gesehen, halbrund. Während die linke Seite gerade und parallel mit den Seitenwänden des Stielloches verläuft, geht die rechte Seite in schräger Richtung nach unten links, sich in der Schneide mit jener vereinigend, und ist halbrund.
Der der Schneide entgegengesetzte Kopftheil unterscheidet sich von dem des Schrootbeils dadurch, dass er statt lothrecht über dem Stielloche aufwärts zu stehen, sich schräg nach rechts wen­det, also dieselbe schräge Richtung nach aufwärts verfolgt, wie die rechte Seitenfläche nach unten. Diese schräge Richtung des Kopftheils (siehe Figur 7) ist deshalb empfehlenswerth, weil die auf den Kopf fallenden Hammerschläge in directer Richtung durch das Stielloch auf die Schneide wirken, während bei gerader Rich­tung des Kopftheils die Schläge in schräger Richtung und nicht direct auf die Schneide wirken, sich im Stielloche brechen, der Hammer deshalb leicht im Stielloche bricht, oder der Falz schräg statt gerade wird. Letztere Eigenschaft ist jedoch für den richti­gen Ansatz des Hufnagels durchaus nothwendig.
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Fig. 8. Der Stempel.
Fig. 9. . Der Spitzhammer.
Fig. 10. Der Verhanhammer.
b) Der Stempel (siehe Fig. 8). Derselbe ist ein stumpf zugespitzter Spitzhammer und dient nur als Vorzeichner oder Vorbeisser der mit dem Spitzhammer zu schla­genden Nagellöcher. Die Stärke der Spitze darf die Weite des Fal­zes nicht überschreiten.
c) Der Spitzhammer (siehe Fig. 9). Derselbe unterscheidet sich von dem sonst gebräuchlichen nicht.
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muss möglichst kurz, nicht über 5 Zoll lang sein, das Stielloch mass sich l'/ä Zoll vom Kopf ab nach der Mitte gerechnet, befinden und die Spitze desselben darf nicht keil- oder pyramidenförmig, sondern von fast gleicher Stärke unten wie oben sein. Keilförmige, kulpige Spitz­hämmer lochen schwer, verbiegen das Eisen beim Lochen und lassen sich schwer aus dem gemachten Loche herausziehen.
d) Der Verhauhammer (siehe Fig. 10).
Derselbe ist ein halbrundes Schrootbeil, daher bekannt und dient zum Be- oder Verhauen der Schenkelenden des Hufeisens.
Zur besseren Haltbarkeit der Hämmer müssen die Stiellöcher derselben abgerundete Ecken haben und mit Ausnahme des Vor­hammers, welcher aus Eisen mit verstählten Enden versehen ist, aus Gussstabl gefertigt sein.
B. Das Schmieden der Hufeisen. I. Das gewöhnliche Vorderhufeisen ohne Stollen.
Je nach der beabsichtigten Grosse des Hufeisens nimmt man ein entsprechend langes und dickes Hufstabstück, welches man entweder von einer Hufstabstange abhaut, oder aus alten Hufeisen zusammengeschweisst hat. Zu einem mittelgrossen Vorderhufeisen ist ein Stab von Vs Zoll Breite und V2 Zoll Stärke und 9—10 Zoll Länge erforderlich.
Das Hufstabstück wird zur Hälfte im Feuer, bis zur Weiss­glühhitze erwärmt, mit der Handzange erfasst und auf dem Ambos in folgender Weise geschmiedet.
Zuerst wird das fast um Vlaquo; Zoll breitere als starke Eisenstück auf hoher Kante gehalten und zusammengeschmiedet, bis es so breit als stark ist. Darauf wird die der linken Hand zugewendete Kante desselben (durch eine halbe Rechtswendung der linken Hand nach oben gekehrt) stark und ihrer ganzen Länge nach gebrochen, so dass das ganze Eisenstück eine spiesskantige Form erhält und die Durchschnittsfläche ein verschobenes Viereck darstellt.
Hierauf wird die der rechten Hand zugewendete Kante des spiesskantigen Eisenstückes (durch eine halbe Linkswendung der linken Hand nach oben gebracht) leicht und bis auf 3/4 Zoll vor dem Schenkeleude gebrochen, so dass nur der scharfe Rand der­selben verloren geht.
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Hiernach wird das ganze spiesskantige halbe Stück mit Hülfe von Links- und Rechtswendungen der linken Hand und darauf geführten gleichmässigen leichten Hammerschlägen auf allen vier Flächen gleichmässig glatt nacbgeschmiedet.
Der in dieser Weise geschmiedete halbe Eisenschenkel wird nun, auf hoher Kante gehalten, mit dem Handhammer, ohne Beihülfe des Vorhammers, selbst ohne Auflegen des Eisenstückes auf den Vorhammer, genau halbkreisförmig gebogen und dann abgedacht.
Zur Einschmiedung der Abdachung, welche mit Vor- und Handhammer zugleich geschieht und bis auf 3/4 Zoll vor dem Schenkelende reicht, wird das gebogene Eisenstück so auf dem Ambos gehalten, dass dem vor dem Ambos stehenden Arbeiter (Zuschläger) der äussere Rand zugekehrt ist. Die innere obere Kante dieses Randes wird nun mit Vor- und Handhammer ge­brochen, wobei beide Hämmer mit etwas nach unten gehaltenem Stiele in sicheren Schlägen, der erstere mit dem hinteren (dem Stiele zugekehrten) der letztere mit dem vorderen (dem Stiele entgegengesetzten) Rande ihres Ballentheils auf den gedachten Rand geführt werden. Die äussere obere Kante darf von den Hämmern beim Abbauen nicht berührt werden. Dieselbe wird nachher mit dem Handhammer allein wagerecht (möglichst mit einer kleinen Neigung nach aussen) gehämmert, damit sie bei der späteren Fal­zung des äusseren unteren Randes eine horizontale Unterlage und demnächst einen guten horizontalen Tragerand abgiebt.
Hierauf wird das Eisenstück umgewendet und auf der bis­herigen unteren äusseren Kante die Falzung vorgenommen.
Zu derselben wird der Falzhammer dicht am Ende und ganz genau auf den Rand des geschmiedeten Schenkels aufgesetzt und auf letzterem unter leichten Schlägen des Vorhammers bis zur Mitte des Eisenstückes herumgeführt. Die Art der Vorwärts­bewegung des Falzhammers ist eine wiegende. Der Führende hebt nach erfolgtem Hammerschlage den Stiel in die Höhe und zieht ihn schleifend, um etwa Vs Zoll nach sich, ohne die Schneide vom Eisenstück abzuheben, oder vom Rande abweichen zu lassen. Vor dem neuen Schlage lässt er dagegen den Stiel wieder bis zur wagerechten Lage herab und hält ihn gerade und sicher fest. Auf diese Weise findet ein fortwährendes Heben und Sen­kenlassen des Hammerstiels mit wiegender Vorwärtsbewegung der Schneide statt. Es ist praktisch, wenn der Falzende nach
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jeder Vorwärtsbewegung der Schneide mit dem Kopfe nickt und damit dem Zuschlagenden andeutet, dass der Falzhammer für den neuen Schlag in der geeigneten Lage sich befindet. Je geschickter Jemand ist, desto rascher, je ungeschickter, desto langsamer lässt er schlagen. Je schneller die Schläge auf den Falzhammer fallen und je unmerklicher die Vorwärtsbewegung ist, desto schöner und sauberer wird der Falz.
Die einmalige Herumführung des Falzhammers unter leichten Schlägen genügt indess f3^ die nöthige Tiefe des Falzes nicht, dieselbe dient gewissermassen nur zur Vorzeichnung, eine zweite Herumführung unter recht raschen und kräftigen im gleichmässi-gen Tempo erfolgenden Vorhammerschlägen ergiebt erst dieselbe, welche 2/3 Theil des Eisenstückes betragen muss. Hat der Falz die entsprechende Tiefe und Glätte, so werden mit dem Stempel die Punkte im Falze vorgezeichnet, durch welche der Spitzhammer zu treiben ist, und darauf mit diesem die Löcher geschlagen. Wichtig in Bezug auf das Lochen ist, dass Stempel, sowie Spitz­hammer bei der Lochung der Zehenlöcher mit der Spitze etwas schräg nach der Mitte des Eisens zu, bei den Seitenlöchern aber ganz lotlirecht, und bei den Trachtenlöchern etwas schräg nach aussen gehalten werden.
Um einen schönen horizontalen Tragerand zu erzielen, müssen die beim Lochen auf der entgegengesetzten Fläche hervorgetriebenen Eisenbröckchen vor dem Nachglätten des Eisens mit dem Hand­hammer entfernt werden;
Das Glattschmieden geschieht mit dem Handhammer allein. Zuerst wird die Abdachung mit kräftigen, gleichmässigen Schlägen, einer dicht neben den andern fallend, so gehämmert, dass Ab­dachung und Tragerand sich an dem inneren Bande der Nagel­löcher scharf begrenzen, worauf der Tragerand und der äussere Band des Eisens mit ganz leichten Schlägen geebnet wird. Bei Glättung des Letzteren dürfen die Schläge nicht auf den unteren scharfen Falzrand, sondern auf den oberen, die abgedachte Seite begrenzenden Band fallen, da sonst der Falz zusammengetrieben und ihm die für die Aufnahme der Nagelköpfe erforderliche quot;Weite genommen werden würde.
Hiermit ist die eine Hälfte des Eisens fertig, es -wird nun die andere Hälfte im Feuer erwärmt und analog geschmiedet, nur müssen natürlich die Wendungen mit der linken Hand in entgegen-
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gesetzter Richtung erfolgen; wo dort eine Linksdrehung erforder­lich war, hat hier eine Rechtsdrehung stattzufinden und umgekehrt; die Falzung geschieht ausserdem von der Mitte des Eisens nach dem Schenkelende zu.
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Eigenschaften des Vorderhufeisens.
Das geschmiedete Vorderhufeisen muss mehr rund, als läng­lich, gleichmässig stark und breit, die Löcher nicht über das letzte Dritttheil des Schenkels hinaus vertheilt, sondern mehr nach der Zehe hin gedrängt sein. Auf eine ebene Platte gelegt, müssen alle Theile, die Falz- sowie die Tragerandfläche, sich mit derselben berühren. Der äussere Rand desselben muss schräg nach innen, nach der unteren (das Eisen aufgeschlagen gedacht) Fläche ver­laufen, d. h. die untere Kante des äusseren Randes muss einen geringeren Umfang als die obere haben, welche (die Letztere) genau der Weite des Hufes entsprechen muss; das Eisen muss also bodenenge sein. Falz und Nagellöcher müssen gehörig offen sein; die innere Fläche des ersteren muss lothrecht zur unteren Eisenfläche verlaufen und darf nicht schräg nach innen gerichtet sein. Die Zahl der Nagellöcher richtet sich nach der Grosse und Stärke der Eisen; für ein mittelgrosses Hufeisen sind 6 Nagel­löcher über und über ausreichend.
Rechte und linke Vorderhufeisen unterscheiden sich dadurch von einander, dass das innere Trachtennagelloch um Va Zoll weiter nach dem Zehentheile zu gelocht ist, als das äussere.
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2. Das gewöhnliche Hinterhufeisen mit Stollen.
Das Hintereisen wird ähnlich wie das Vordereisen geschmiedet, die Abdachung braucht jedoch nur sehr schwach zu sein und kann mit dem Handhammer allein eingeschlagen werden. Die Biegung, welche ebenfalls freihändig bewirkt werden muss, findet vorzugs­weise an dem Zehentheile statt, so dass das Eisen annähernd die Form eines offenen Triangels bekommt. Nachdem dasselbe gefalzt, (d. h. nur bis etwa 1 Zoll vor den Schenkelenden) gelocht und geglättet worden ist, werden die Schenkelenden noch einmal er­wärmt und die Stollen entweder „angestauchtquot; oder „angewickeltquot;.
Beim Anstauchen werden die Schenkelenden auf 3U Zoll Länge nach der Falzseite zu stumpfwinklig aufgebogen und dieser Theil
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von oben und den Seiten her so lange gestaucht, bis er recht­winklig anf der Eisenfläche steht.
Beim quot;Wickeln wird dahingegen das Ende des erwärmten Eisen­schenkels halbrund aufgebogen, so dass, wenn Schläge auf den umgebogenen Theil fallen, sich dieser ganz umlegt, gewissermassen umwickelt. Das Ende des umgelegten Theiles darf indessen nicht auf den graden Theil des Schenkels aufstossen, sondern muss durch Schläge von hinten nach vorn auf den umgewickelten Theil dahin gebracht werden, dass es sich nach hinten zusammenschiebt, zusammenwickelt oder rollt. Der so zusammengewickelte Theil wird dann ebenfalls mit dem Handhammer von allen Seiten so lange gestaucht, bis daraus ein Würfel geworden ist, welcher gleich­sam auf der Eisenfläche aufruht.
Dieser letzteren Art der Anfertigung der Stollen ist der Vor­zug zu geben, weil sie den Eisenschenkel nicht an der ersten Um-biegungsstelle schwächt. Bei der ersten Art wird die Stelle häufig durch die Stauchung eingekniffen und dadurch Veranlassung zum Abbrechen der Stollen gegeben.
Eigenschaften des Hintereisens,
Ein Hintereisen muss am Zehentbeil mehr spitz als rund, gleichmässig stark, am Zehentheil etwas breiter als am Schenkel­ende sein; die Nagellöcher müssen Vraquo; Zoll über das letzte Dritt-theil des Schenkels nach den Stollen zu, vertheilt und nicht nach der Zehe zu gedrängt sein. Die Stollen müssen von allen Seiten etwas sich nach der Spitze zu verjüngend, lothrecht auf dem Eisen stehen, gleich hoch und zwar so hoch sein, als das Eisen stark ist, und an der Basis — dem unteren Theil so stark sein, als das Eisen breit ist. Ob die Form derselben vier- oder achtkantig ist, ist gleichgültig. Jedenfalls muss aber die mit dem Hufe in Berüh­rung kommende Fläche des Eisens, über dem Stollen, ganz eben sein. In Bezug auf Falzung und Lochung gilt dasselbe wie bei den Vordereisen.
3. Das Vorderhufeisen mit Stollen, und mit Griff und Stollen.
Das Schmieden eines solchen Eisens geschieht zunächst so wie das eines Vordereisens ohne Stollen, worauf auf die oben be­schriebene Weise die Stollen angebogen werden. Beim Griffen •—
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einer Procednr, die jedem Schmidt bekannt ist — muss beobachtet werden, dass, damit der Griff fest wird, das Ver-schweissen in zwei und nicht in einer Hitze geschieht. Die erste Hitze dient nur zum Schweissen des kleinen, spitzen Theiles des Griffes, welcher kalt in den warmen Zehentheil des Eisens hinein­getrieben wird. Da dieser Theil schwach ist und deshalb leicht verbrennt, so muss die erste Hitze nur leicht gemacht werden; die zweite Hitze jedoch, welche zum Einschweissen des ganzen Griffs mit dem Eisen bestimmt ist, muss, da beide Theüe von gleicher Stärke sind, dieselben auch gleichmässig stark in Schraelzgrad bringen, damit der Griff fest wird. Am besten geschieht das Ver-schweissen des Griffs bei der zweiten Hitze in einer eigens dazu hergerichteten Unterlage welche eine für den Griff passende Ver­tiefung hat. Das hinreichend erwärmte Eisen wird dann so auf die Unterlage gelegt, dass der zu verschweissende Griff auf der Vertiefung ruht, in welche er mit schnellen leichten Schlägen hin­eingetrieben wird.
Bei dieser Art der Manipulation lässt sich die Abdachung am Zehentheil des Eisens auch wieder bequem herstellen, während sich
das ohne Unterlage sehr schwer machen lässt.
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4. Das Hintereisen mit GrifT.
Das Hintereisen mit Griff wird auf die soeben beschriebene Weise aus dem gewöhnlichen llintoreisen angefertigt. Vortheilhaft ist es jedoch, dasselbe beim Ausschmieden von vornherein an der Zehe etwas stärker zu lassen, damit dieser Theil beim Schweissen des Griffs nicht zu sehr geschwächt wird.
Die Höhe des Griffes muss dieselbe sein, wie die der Stollen.
5. Das Streichelsen.
a)nbsp; nbsp;Vorderstreicheisen mit einseitiger, mit beiderseitiger Lochung.
b)nbsp; Hinterstreicheisen mit einseitiger und beiderseitiger Lochung.
Unter Streicheisen versteht man die Hufeisen, deren inwendiger Schenkel (das Eisen aufgeschlagen gedacht) entweder vom Zehen-theile, oder vom dritten Trachtennagelloche aus nach dem Ende zu auf hoher Kante so zusammengedrückt ist, dass derselbe die
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Höhe seiner früheren Breite und die Breite seiner früheren Stärke einnimmt, oder auch nur etwas schmäler, aber nicht stärker und höher als der andere ist. Derselbe darf dabei aber keineswegs auf der zusammengedrückten Strecke mit Falz oder Löchern ver­sehen sein. Streicheisen, deren ungelochter schmaler Schenkel vom ersten Zehennagelloche beginnen, heissen Streicheisen mit einseiti­ger Lochung oder ganze Streich eisen; solche, deren schmale Schenkel vom 3. Traehtennagelloche aus beginnen, heissen Streich­eisen mit beiderseitiger Lochang oder halbe Streicheisen.
a. Vor derstreicheisen.
Bei Anfertigung der Vorderstreicheisen muss der Streich- oder zusammengedrückte Schenkel schon beim ersten Schmieden des Eisens schmal gehalten oder zusammengedrückt werden, und zwar in derselben schrägen Richtung, wie dies beim Schmieden des Vor­dereisens angegeben worden ist. Der schmale, hohe Streicbschen-kel muss mindestens die Breite des Tragerandes der Hufwand haben, worauf er ruhen soll. Seine Höhe muss vom Zehen- resp. dritten Traehtennagelloche an, mit der gewöhnlichen Eisenstärke anfangend, allmälig bis zur Breite des Eisens zunehmen.
Der schmale, angefalzte, |aber nicht höhere Streichschenkel beim Yordereisen, muss Abdachung haben, wie der andere gefalzte Schenkel, Derselbe ist dem regelmässigen Schenkel sonst gleich, nur ist der Tragerand etwas schmäler, damit er nicht über das Hufhorn der Seitenwand, sondern dieses über ihn hinweggeht.
b. Hinterstreicheisen. Die Hinterstreicbeisen sind stets solche mit schmalem, hohem Schenkel, weil sich derselbe in seiner Höhe mit dem äusseren, mit einem Stollen versehenen Schenkel ausgleichen muss. Sie können gleichfalls mit einseitiger, oder beiderseitiger Lochang versehen sein. Der Streichschenkel darf nicht zu schmal sein, weil er sonst leicht in die weisse Linie einschneiden und getrennte Wand ver­ursachen kann.
6. Das Greifeisen.
Dieses Eisen kann aus jedem beliebigen, fertigen Eisen her­gerichtet werden.
Das Yordereisen ohne Stollen muss kurz sein; bei dem mit Stollen müssen diese schräg nach vorn gerichtet werden.
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Bei dem Hintergreifeisen darf der Zehentheil des Eisens das Horn an der Hafzehe nicht überragen, derselbe muss deshalb ab­gestumpft, statt rund bleiben.
7. Das geschlossene Eisen.
Das geschlossene Hufeisen vird in der Regel nur bei Vorder-
hufen' angewendet und in der gewöhnlichen Weise geschmiedet, nur dass ein entsprechend längerer Stab genommen werden muss, und die Schenkel statt 3/* Zoll, zwei Zoll vor dem Ende entfernt, ohne Abdachung bleiben müssen. Diese Enden behalten also ihre Tolle Eisenstärke, werden erwärmt, regelrecht abgeschärft, auf hoher Kante über dem Horn des Ambos angebogen, mit ihren ab­geschärften Theilen über einander gebogen und zusammengeschweisst. Der zusammengeschweisste Theil heisst der Steg und muss an sei­ner oberen Fläche, mit der er bei aufgeschlagenem Eisen den Strahl berührt, abgedacht oder ausgeballt sein.
8.nbsp; nbsp; Das Dreivierteleisen.
Dieses Eisen kann aus jedem gewöhnlichen Vorderhufeisen ohne Stollen durch [Abschlagen von 'A des einen Schenkels mit dem Schrootbeil, angefertigt werden. Das Endtheil des verkürzten Schenkels muss, von der Huffläche des Eisens aus auf Va Zoll nach der Bodenfläche zu, keilförmig abgeschärft sein.
9.nbsp; nbsp; Der Winterbeschlag.
Wir haben schliesslich noch die beim Winterbeschlage üblichen Hufeisen und deren Anfertigung zu beschreiben.
a. Geschärfter Griff und äusserer Stollen.
Die gebräuchlichste Art, namentlich bei gewöhnlichen Zugpfer­den, ist das Schärfen von Stollen und Griff. Es wird zu dem Ende ein gewöhnliches Eisen mit Griff und Stollen genommen und Griff und der änssere Stollen im Feuer erwärmt und zugespitzt, oder zugescbärft.
Dies ist die älteste Art des Winterbeschlages. In neuester Zeit haben sich
b. die sogenannten Schraubstollen
mehr Eingang verschafft, wegen der Leichtigkeit, den stumpfen
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Beschlag in einen scharfen und umgekehrt, zu verwandeln durch entsprechendes Aus- resp. Einschrauben stumpfer und scharfer Schraubstollen.
Bei der Anfertigung solcher Schraubstolleneisen #9632;werden in die Schenkelenden, -welche die Stärke -des Eisenstabes beim Schmieden behalten müssen, Löcher entweder mit Hülfe des bekannten Mutter­hammers eingeschlagen, oder eingebohrt und in diese Schraubenge­winde für die Schraubstollen hineingeschnitten. Beim Einschlagen mit dem Mutterhammer bedarf man eines kleinen gussstählernen Dornes von 3 Zoll Länge, der an beiden Enden rund zugespitzt und in der Mitte in der Ausdehnung von Vi Zoll genau die für den Gewindezapfen des Schraubstollen nöthige Stärke hat. Zur Erreichung einer gleichmässigen Weite des Loches, muss dieser Dorn durch jedes, mit dem Mutterhammer geschlagene Loch ge­trieben werden.
Zur besseren Befestigung der Schraubstollen und zur Verhütung eines Abbrechens derselben, ist eine Versenkung des Schraubstol­lenloches nothwendig, welche mit dem bekannten, runden Stempel geschieht. Um die dadurch entstandene Verengerung am oberen Rande des Loches zu beseitigen, muss der Dorn noch einmal durch­getrieben werden.
Noch vor der Versenkung muss das Bebauen der Schenkel­enden mit dem halbrunden Schrootbeil geschehen.
Die Schraubstollen werden in Fabriken gearbeitet und hat der Schmied also mit ihrer Herstellung nichts zu thun.
Das Bohren der Schraubenlöcher geschieht mit der Bohr­maschine, deren Bohrer ebenfalls genau nach der Stärke des Stol­lenzapfens bemessen sein muss, wenn die Löcher die nöthige quot;Weite haben sollen.
Die Versenkung wird ebenfalls mit einem Bohrer, und zwar mit dem sogenannten Gesenkbohrer angebracht.
c. DieGrafEinsiedel'schen Wintereisen (siehe Fig. 11 u. 12).
Wir kommen nunmehr zur Anfertigung der von dem Grafen von Einsiedel eingeführten Wintereisen, für welche die gewöhn­lichen englischen Renneisen die Idee hergegeben haben.
Erforderlich ist hierzu eine Unterlage mit keilförmigem Aus­schnitt, auf dessen Grunde sieb der ganzen Länge nach eine Gesenkrippe oder Zunge befindet. In diese Unterlage wird
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ein gewöhnliches Stabstück warm hineingetrieben, wobei dasselbe sich dreikantig formt, und au der unteren Kante durch die kleine Rippe in 2 scharfe Ränder, die zwischen sich eine kleine Vertie­fung haben, getheilt wird. Hierauf wird das mit einer solchen kleinen Rinne versehene dreikantige Eisenstuck erst zur Hälfte, dann ganz gebogen und gefalzt. Die Falznng geschieht abwech­selnd mit einem schlanken, scharfen, und mit einem dicken, stumpfen Falzhammer. Zuerst wird der schlanke Falzhammer in der klei­nen Rinne unter Schlägen herumgeführt, bis der Falz die nöthige Tiefe, d. h. bis auf 'A Zoll die ganze Stärke des Eisenstückes ge­spalten hat. Hierauf wird der dicke Falzhammer ebenfalls unter leichten Schlägen herumgeführt, um dem Falze oder der Rinne die gehörige quot;Weite zu geben.
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Fig. 11.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fig. 12.
Das Graf Einsiedel'sche Rinn-Eisen.
Nachdem Stempelang und Lochung wie gewöhnlich geschehen ist, wird das Eisen auf einem Holzklotze (damit die scharfen Rän­der der Rinne nicht verloren gehen) gerade gemacht und dann, wenn es nöthig ist, eine Abdachung eingefeilt.
Bei Hinterhufeisen werden die Schenkelenden auf etwa l1/^ Zoll Länge in derselben Weise wie beim Streichsohenkeleisen ungefalzt gelassen, und dann zusammengedrückt (siehe Fig. 12.).
Je schmaler und höher der Stab und je scharfkantiger die beiden Ränder des Eisens sind, desto mehr Halt, je breiter und niedriger dahingegen, desto weniger Halt gewährt das Eisen, dessen Vorzüge bei einem Boden, welcher gleichmässig mit Schnee und Eis bedeckt ist, unleugbar sind, jedoch weniger hervortreten dürften,
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wenn, wie dies bei ans so häufig vorkommt, Glätte und Schmutz abwechseln und die nicht mit Schnee und Eis bedeckten Stellen die scharfen Ränder abgenutzt haben.
Zum Aufnageln der Einsiedel'schen Rinneisen auf den Huf sind Nägel mit möglichst kleinen Köpfen zu wählen, deren Ein­treibung bis auf den Grund des Falzes mit Hülfe eines Stempels geschehen muss, der auf den Nagelkopf gehalten und auf den mit dem Hufhammer geschlagen wird.
Immerhin bleibt die Anfertigung dieser Wintereisen eine schwierige, und finden sie deshalb auch nur beschränkte Anwendung.
d) Die Dominik'sche Patent-Schärfvorrichtung. (Siehe Fig. 13—16.)
Die Idee, welche auch bei den Schraubstolleneisen zu Grunde lag, mit Leichtigkeit den stumpfen in einen scharfen Beschlag ver­wandeln zu können und umgekehrt, führte zur Erfindung der Do-minik'schen Patent-Schärfvorrichtung.
Dieselbe besteht aus
2 Stücken, einem Län­genstück oder einer Schraube, bestehend aus dem Gewindetheil mit
einer eicheiförmigen Mutterschraube und dem Kopf- oder Grifftheil, welcher an der einen Seite einen Griff, an der anderen einen ga­belförmigen, für den vor­deren inneren Rand des Zehentheils des Eisens passenden Ausschnitt hat, und aus einem
Fig. 13. Dominik'sche Patent-Schärfvorrichtung. Unteransicht.
Querstück, dem sog. Steg. Derselbe ist an
jedem Ende mit einem scharfen Stollen und ebenfalls auf der entgegengesetzten Seite mit gabelförmigen Ausschnitten versehen, die für den hinteren inneren Schenkelrand des Eisens bestimmt sind. In der Mitte des Steges befindet
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sich ein der Form der eichelförmigen Schraubenmutter entsprechendes rundes Loch. Soll die Vorrichtung angebracht werden, so steckt man die Schraube bis an die Schraubenmutter, welche zuvor ent­sprechend weit zurückgeschraubt werden muss, in das Loch des Steges, schiebt den Steg mit seinen Ausschnitten gegen die inneren, hinteren Ränder des (aufgeschlagenen) Eisens, bringt durch Herab­lassen des vorderen Grifftheiles der Schraube, den daran befind­lichen Ausschnitt ge­gen den inneren Ze­henrand des Eisens, indem man die Schraube an sich zieht, und schraubt darauf die Schrau­benmutter nach dem Stege zu aarück, bis die Vorrichtung sich spannend und an dem inneren Rand des Eisens stützend, fest­steht. Vortheilhaft ist es, den inneren Fig. 14. Dominik'sche Patent-Schärfvorrichtimg. ßand des Eisens vor Seitenansicht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; dem Aufschlagen mit
der Feile oder dem Hammer etwas zu brechen, damit die Ausschnitte denselben mög­lichst weit umfassen können.
Diese vor 3 Jahren patentirte Vorrichtung hat sich mehrfach be­währt und bietet den
Vortheil gegen die Schraubstolleneisen dar, dass der Huf der im
Sommer ohne Stollen
Fiff. 15. Querstück der Dominik'scben Patent- , ,.
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Schärfvomchtung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „r 3nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; , lt;••• j
irferde nun auch mr den
Winterbeschlag nicht umgeformt zu werden braucht.
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Fig. 16. Längenstück der Dominik'schen Patent-Schärfvorrichtuiig.
e) Die amerikanischen Einsteckstollen. (Siehe Fig. 17.)
Der Versuch, Stolleneisen dadurch herzustellen, dass man Statt der festangeschmiedeten Stollen und des Griffs vier conische, auf dem Prinzip der Adhäsion beruhende Einsteckstollen (ohne Gewinde, sonst den Schraubstollen ähnlich), nämlich zwei am Zehentheil und je einen auf jedem Schenkelende, anbrachte, nrraquo; einen abgelaufenen Stollen schnell durch einen neuen ersetzen zu können, führte den Amerikaner Judson zu einem analogen Ver­fahren beim Winterbeschlage.
Stollenzapfen und Loch müssen sich beide conisch nach unten verjüngen, in Folge dessen sitzt der Stollen, durch einen leichten
Schlag hineingetrieben, ebenso fest in dem Loche, wie ein ein­geriebener Glasstöpsel in der Glasflasche. Die damit ange­stellten Versuche, welche na­mentlich vom Stabsrossarzt Neumann des 2. Garde-Drago­ner-Regiments mit vieler Sorg­falt und Mühe angestellt worden sind, haben gezeigt, dass die Stollen bei sorgfältiger Bohrung der Löcher in den Schenkel-Fig. 17.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;enden genügend festsitzen, an
Das algeänderte Judson'sche Hufeisen, der Zehe des Eisens indess häufig verloren gehen. Letzteres wahrscheinlich in Folge der Ver­änderung der Löcher, welche durch Schwächung des Zehentheils beim Bohren eintritt. Der Werth der Methode ist aber gerade in den Stollen an der Zehe zu suchen. Der Huf wird, wenn vorn und hinten im Eisen Stollen von gleicher Höhe stecken, gleich-
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massig hoch gehoben und der Gang des Pferdes dadurch bequemer. Auf Grund dieses wichtigen Umstandes ist nach dem Prinzipe, dass 3 Punkte besser stützen und halten als 4, von mir eine be­
sondere Construction des Zeheneisentheils (siehe Fig. 17) vor-
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genommen worden, welche das Eisen an dieser Stelle verstärkt und die Einbohrung eines Loches vor dem Aufpassen (die Zehen-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 'tj
löcher konnten bisher immer nur nach dem Aufpassen eingebohrt werden) gestattet. Dies eine Loch bleibt beim Richten unverändert und sitzen die Stollen darin fest. Die Versuche damit sind indessnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '#9632; ^i
als beendet nicht zu betrachten und müssen noch fortgesetzt werden.
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II. Abschnitt.
Das Pferd. Die Anatomie des Pferdekörpers.
Es ist fast gebräuchlich geworden, in Lehrbücher über den Hufbeschlag nur die Anatomie eines Theiles des Pferdekörpers, gewöhnlich eines Vorderfusses aufzunehmen und daran die Be­schreibungen der fehlerhaften Stellungen der Gliedmaassen, sowie der kranken Hufe anzureihen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ji ;|
Auf diese Weise lehrt man aber dem Hufschmied gleichsam nur ein Eisen auf einen vom Körper losgetrennten todten Fuss aufheften und erwartet, dass er nun von selbst im Stande sein wird, jedes beliebige Pferd nach seiner Eigenthümlichkeit in Stel­lung und Gang, nach seiner verschiedenen Race und seinem ver­schiedenen Gebrauche richtig zu beschlagen.
Will man vom Schmied verlangen, dass er sich über den ge­wöhnlichen handwerksmässigen Standpunkt erhebt, dass er beim Beschläge überlegt, und sich die Gründe klar zu machen sucht,
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warum in jedem einzelnen Falle das Pferd gerade so und nicht
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anders beschlagen werden muss, so wird man ihm wenigstens eine oberflächliche Kenntniss des ganzen Pferdes, des Knochengerüstes, der Verbindung der einzelnen Knochen, des Muskelapparates und eine genauere Kenntniss vom Hufe selbst beibringen müssen.
Hat man ihm dann den Einfluss des Ganges des Pferdes auf den Huf erklärt, so wird man ihm bei einem normal gebauten Pferde die Richtung und Winklung der Knochen, sowie die Form zeigen, in der die Natur den Huf bei eipem solchen haben will, um ihn dann die Naturnothwendigkeit einer Modification dieser Form bei abweichender Stellung der Gliedmaassen erkennen zu lassen.
Auf diese quot;Weise wird der Schmied wissen, wie sehr er durch einen falschen Beschlag sündigen kann, wird den ihm vorkommen­den Beschlag nach den angerichteten Fehlern beurtheilen und schliesslich seinen eigenen so einrichten können, wie er für das vorgeführte Individuum gerade geeignet ist.
Das Pferd gehört zur Klasse der einhufigen Säugethiere, nährt sich von Gräsern und Körnern verschiedener Getreidearten, hat einen einfachen Magen, weitbauschige Gedärme und keine Gallen­blase. Es erreicht ein Alter von 25—35 Jahren, selten darüber, erliegt aber auch schnell entzündlichen Krankheiten, z. B. Lungen-und Darmentzündung. Die sogenannte Rotz- und Wurmkrankheit entwickelt sich nur beim Pferde. Das männliche Pferd heisst Hengst resp. castrirt Wallach, das weibliche Stute. Die Stute geht 11—12 Monate trächtig und bringt gewöhnlich nur ein Junges (Füllen) zur Welt.
Der Pferdekörper besteht aus festen und flüssigen Theilen. Zu den ersteren zählt man die Knochen, die Knorpel, die Muskeln, die Sehnen, die Bänder, die Nerven, Haut, Haare n. s. w. Sie sind sämmtlich in ihren Bestandtheilen und in dem Geflecht und Gewebe ihrer Fasern verschieden; sie sind es, mit denen wir uns vorzugsweise zu beschäftigen haben.
Zu den flüssigen Theilen zählt man das Blut, die Lymphe, den Speichel n. s. w.
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Die feste Grundlage geben dem Körper die Knochen.
Mit alleiniger Ausnahme der Zähne sind sämmtliche Knochen mit einer änsserst empfindlichen Haut, der Bein- oder Knochenhaut, überzogen, welche die Ernährung derselben vermittelt. Viele der­selben sind inwendig hohl, werden Eöhrknochen genannt und ent­halten das Knochenmark.
Das Knochengerüst oder Skelett (s. Fig. 18) besteht aus 252 Knochen, welche theils unbeweglich in genau auf einander passen­den Flächen durch Knochennähte, die nur im jugendlichen Alter deut­lich sichtbar, im Alter aber verschmolzen sind, theils beweglich durch Bänder mit einander verbunden sind.
Diese Bänder zerfallen wieder in 2 Arten, solche, die Knochen­ende und Knochenende sackähnlich umschliessen und Kapselbänder genannt werden, und solche, die wie Bandstrahlen von Knochen­ende zu Knochenende kreuz und quer verlaufen und die Knochen fest aneinander binden. Letztere heissen Haft- oder elastische Bänder.
Die Kapselbänder liegen unter den Haftbändern und verbinden die Knochen locker; sie sondern an den, dem Knochenende zu­gekehrten Flächen eine Feuchtigkeit, Gelenkwasser (Gelenkschmiere oder Gliedwasser) ab, wodurch die leichtere Beweglichkeit der Knochen gegen einander bewirkt wird.
Die Gelenke können entweder eine Bewegung nach allen Seiten hin gestatten und heissen dann freie' Gelenke, oder nur nach einer Richtung hin, und heissen alsdann Scharnier-Gelenke.
Bei den freien Gelenken gestaltet sich das Ende des einen Knochens zur Kugel, während das Ende des Nachbarknochens sich zur Pfanne aushöhlt.
Die Knochenenden der Gelenke sind stets mit einem feinen, elastischen Knorpel überzogen, gewissermaassen überpolstert, damit sie nicht zu hart aufeinander stossen.
Das Knochengerüst besteht aus der Wirbelsäule, welche sich auf die Knochen der Gliedmaassen stützt und an die sich die des Halses and Kopfes anschliessen.
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Die Knochen des Kopfes.
Von den Knochen des Kopfes, einige 20 an der Zahl, mit Ausnahme der Zähne, sind für uns nur die Schädelknochen und Ober- und Unterkiefer zu merken. In letzteren sitzen die Zähne
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und zwar hat die Stute 6 Schneide- und 12 Backenzähne in jedem Kiefer, der Hengst, oder Wallach noch in jedem Kiefer 2 sogenannte Hackenzährie.
Ober- und Unterkiefer sind ebenfalls, wie das Hinterhauptsbein (ein Knochen vom Schädel) mit den Knochen des Halses, durch Heft- und Kapselbänder verbunden. Die Bewegung zwischen beiden Kiefern ist eine von unten nach oben und zur Seite mah­lende, die Bewegung zwischen Kopf und Hals dahingegen ist eine freie nach allen Seiten hin.
Die Knochen des Halses.
Die Knochen des Halses — viereckige, mit vorwärts und rück­wärts in einander greifenden Fortsätzen versehene Knochen — heissen Halswirbel, sind 7 an der Zahl, gelenkartig mit einander verbunden und der Länge nach mit einem runden Loche (Kanal) versehen, welcher die Verbindung des Gehirns mit dem in der Eückenwirbelsäule befindlichen Eückenmarke vermittelt.
Die Knochen der Rückenwirbelsäule.
An den untersten siebenten Halswirbel schliesst sich dieselbe mit ihren 18 Rückenwirbelknochen an.
Indem jeder dieser Wirbel einem Paare Rippen zum Ansätze dient, entsteht der Brustkorb.
Die ersten 9 Rippenpaare schliessen sich zu vollständigen Kreisen, sind durch das Brustbein, — ein schaufeiförmiger, platter Knochen, der den Boden des Brustkastens bildet — unten mit einander vereinigt und heissen die wahren Rippen. Die 9 folgen­den jeder Seite, welche nach unten tounenförmig gekrümmt sind, reichen nicht mehr zusammen, sind unter sich und mit dem Brust­bein nur durch Knorpel verbunden und heissen die falschen Rippen.
Vom letzten Rückenwirbel ab nach hinten folgen die 6 Lenden­wirbel, ersteren ganz ähnlich, nur dass keine Rippen sich daran an­heften, und auf diese die Kreuzwirbel, gewöhnlich 5 an der Zahl, welche nur im jugendlichen Alter gegen einander beweglich sind, später zu einem Ganzen verschmelzen und dann Kreuzbein heissen.
Rücken-, Lenden- und Kreuzwirbel werden an ihrem oberen Ende von einem Knochensäulchen gekrönt. Diese Säulchen heissen Stachelfortsätze und dienen zur Vermehrung der Tragefähigkeit des
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Rückens. Die ersteren 9 sind die längsten und höchsten und bil­den das Widerrist. .Die Stachelfortsätze stehen nicht senkrecht auf der Wirbelsäule; dadurch, dass die der ersten Rückenwirbel nach rückwärts, die der letzten Rückenwirbel und der Lenden­wirbel nach vorwärts und die der Kreuzwirbel wieder nach rück­wärts geneigt sind, wird schon der Stoss, welcher den Rücken des Thieres trifft, gebrochen, ehe er das Rückgrat erreicht.
Eine fernere bedeutende Verstärkung der Tragefähigkeit er­hält der Rücken durch das Nackenband. Es läuft dieses starke elastische Band über die Stachelfortsätze jedes Wirbels hinweg, jedoch vom ersten des Widerristes unmittelbar zum Genick. Zwischen Genick und Widerrist führen Nebenäste zu jedem Hals­wirbel hinab, so dass Kopf und Hals beim Weiden des Pferdes ohne jede weitere Muskelthätigkeit vom Nackenbande getragen wird.
Nach hinten verläuft das Nackenband sich mit scharfen Aus­läufern in den ersten Schweifwirbeln, 7 bis 19 solcher Schweifwirbel bilden den Schweif.
Die Knochen der Gliedmaassen.
Der Rückgrat ruht hinten in fester, unbeweglicher Verbindung auf dem Becken, dessen vorderster Theil in dem hervorstehenden Hüftbeine sichtbar wird, und welches in den Sitzbeinen, welche die letzten Spitzen der Hinterbacken bilden, endigt; nach unten sind diese beiden Theile des Beckens der Quere nach durch das Schambein verbunden. Zwischen dem Sitzbeine und dem Hüft­beine, doch dem ersteren bei Weitem näher gelegen, hat das Becken eine Pfanne, worin der Kopf des Backenbeines eingefugt liegt.
Der Winke], den Becken und Backenbein mit einander bilden, wechselt zwischen 80—100deg;. Das Backenbein ist es, welches das ganze Hinterbein, das an ihm hängt, bewegt.. Unter einem Winkel von 130—135deg; ist es im hinteren Kniegelenk mit dem Schenkelbein verbunden. Hüft- und Kniegelenk werden in der Reitersprache ge­wöhnlich mit „Hankequot; bezeichnet.
Dem Becken hinten entsprechen unter den Knochen der Vor-dergliedmaassen die Schulterblätter, welche die vordere Seite des Brustkorbes, mit dem sie nur durch Muskeln und die Deckhaut befestigt sind, auf beiden Seiten tragend einschliessen.
Das Schulterblatt ist ein flacher Knochen, der nach oben breiter, nach unten schmaler und durch eine Erhabenheit, Schulter-
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blattgräte genannt, der Länge nach in zwei ungleiche Theile ge­trennt ist. Der obere, breitere Theil des Schulterblattknochens endigt mit einem einige Finger breiten Knorpel, der zur Beweg­lichkeit der Schulter sehr nothwendig erscheint.
Das Schulterblatt ist am unteren Ende durch ein Kugelgelenk mit einem starken Knochen, dem Armbein, verbunden, und zwar ebenfalls in einem Winkel von 80 bis 100deg;, wie das Hüftgelenk ihn zeigte, jedoch ist die Richtung des letzteren Winkels gerade entgegengesetzt dem des Hinterschenkels, nämlich von vorn nach
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hinten und vorn, während der des Hinterschenkels von hinten nach vorn und hinten geht.
Das durch Schulterblatt und Armbein gebildete Gelenk heisst das Buggelenk. Im TJebrigen ist die Verbindung hinten durch den tief in die Pfanne eingreifenden Gelenkkopf des Backenbeins eine bedeutend innigere und festere als die vorn im Buggelenk. Hierzunbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .,
kommt hinten noch die ganz feste Verbindung des Beckens mit der Wirbelsäule. Wir werden später auf den Grund zu dieser hier
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lockeren, dort festen Verbindung zurückkommen.
Das untere Ende des Armbeins ist mit dem senkrecht ver­laufenden Vorder-Unterschenkel (Ellenbogengelenk), das untere Ende des Backenbeins mit dem in schräger Richtung nach hinten laufenden Hinter-Unterschenkel (Kniegelenk) im Winkel von 130 resp. 140deg; verbunden.
Mit dem hinteren, oberen Rande des Vorder-Unterschenkel-beins (auch Vorarm oder Speiche genannt) ist das Ellenbogenbein verschmolzen, das sich nach hinten und oben mit einem Höcker über die Gelenkfläche erhebt und die übermässige Biegung des Gelenkes nach hinten verhütet.
An dem hintern, oberen Rande des Hinter-Unterschenkelbeins lehnt sich das Wadenbein, ein jj kleiner unbedeutender Knochen, locker an. Nach vorn liegt die Kniescheibe, die durch drei ganz starke Bänder gehalten wird und das Gelenk sich nicht zu stark nach vorn biegen lässt.
Vorder- und Hinter-Ühterschenkelbein verbinden sich mit dem senkrecht verlaufenden Schienbein. Die Verbindung vorn, Fnss-wurzelgelenk oder Vorderknie genannt, wird durch 7, die Verbindung hinten, das hintere Fusswurzelgelenk, Sprunggelenk, durch 6 kleine Knochen vermittelt, welche unter sich und mit den grossen Knochen­enden verbunden, einmal eine grössere Beweglichkeit gewähren, andrer-
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seits durch die vielen an- und übereinander liegenden Gelenk­knorpel die starken Stösse, welche die Knochen namentlich vorn bei ihrer senkrechten Stellung auszuhalten haben, bedeutend mildern.
Das untere Ende des Schienbeins (das nun Folgende gilt für Vorder- und Hinterfuss gemeinsam) verbindet sich mit dem in schräger Richtung nach vorn laufenden Fesselbein (erstes Zehen­glied), dem sich in derselben Richtung das Kronen- (zweites Zehen­glied) und Hufbein (drittes Zehenglied) anreiht, in einem Winkel von 130 resp. 140deg;. Durch die erste Verbindung wird das Fessel­oder Köthengelenk, durch die zweite das Kronen- und durch die dritte das Hufgelenk gebildet.
Hinter dem Fesselgelenk liegen noch 2 kleine Knochen, die Sesam- oder Gleichbeine, welche in einer starken Sehnenlage, dem sogenannten Fesselbeinbande, welches das Schienbein mit dem Fesselbein nach hinten verbindet, eingeschlossen sind. Ebenso fin­den wir an der hintern Fläche des Hufgelenks einen fast vier* eckigen kleinen Knochen, das Strahlbein, liegen, das mit Gelenk­knorpel überzogen und von der starken Hufbeinsbeugesehne, welche an der unteren Fläche des Hufbeins endigt, und den Zusammen­halt des Huf- und Kronenbeins bewirkt, eingeschlossen ist.
Die Sesambeine und das Strahlbein stellen wirkliche Gleit­scheiben dar und man könnte sie deshalb auch wohl „Gleitbeine* nennen. Sie dienen den Sehnen, welche sie einschliessen, zur Ver­stärkung und verhüten bei der senkrecht nach hinten und unten abfallenden Last die Zerrung derselben.
Die genannten Knochen haben, wo dies nicht speziell angege­ben ist, mehr oder weniger eine runde Form, mit Ausnahme des Hufbeins. Dasselbe ist ein dreieckiger Knochen, vorn gewölbt, unten ausgehöhlt, mit 2 seitlichen nach hinten gebogenen Fortsätzen, woran sich die Hufknorpel befestigen.
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Die Muskeln.
Wir haben nun in allgemeinen Umrissen die Knochen des Fferdekörpers kennen gelernt.
Die Knochen zeigen Erhabenheiten und Vertiefungen, welche den Muskeln und Sehnen als Befestigungs- (Ansatz-) Punkte dienen.
Die Muskeln, welche das Fleisch geben, haben die Fähigkeit sich zusammenzuziehen und auszudehnen und bringen so die Be-
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wegung hervor. Sie werden daher auch die knochenbewegenden Theile genannt.
Wir wissen, dass die Nerven (Fäden, welche vom Gehirn und Rückenmark zu den Muskeln laufen) die telegraphischen Drähte sind, welche nach dem Willen der Thiere die Muskelthätigkeit hervorrufen. Wir wissen es dadurch, dass mit Durchschneidung (Tödtung) des Nervs der betreffende Muskel dem Willen nicht mehr folgt und zu spielen aufhört. Aber nicht nur die Bewegung vermitteln die Nerven, sondern auch das Gefühl. Wie nach jeder Muskel vom Gehirn oder Rückenmark ein Bewegungsnerv hinläuft, so geht auch ein Gefühlsnerv zu ihm hin.
Wird er durchschnitten, so wird der Theil, zu dem er hinläuft, empfindungslos. Es kann demnach ein Glied gelähmt sein, ohne gefühllos zu sein und bei vollständiger Gefühllosigkeit volle Be­wegungsfähigkeit besitzen.
Dass die Bewegung durch die Wirkung der Nerven auf die Muskeln hervorgebracht wird, wissen wir, wie aber diese Wirkung vor sich geht, wissen wir nicht.
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Es giebt indessen auch Muskeln, welche unwillkürlich, ohne die bewusste Willensthätigkeit des Thieres ihre Arbeit verrichten. Zu diesen unwillkürlichen Muskeln gehören die Herzmuskel, die Zwerchfellmuskel, dieMuskelndesMagens und der Eingeweide u.s.w., ohne deren selbstständige Thätigkeit die Maschine bald stillstehen und der Vernichtung anheimfallen würde.
Wir haben es nur mit den willkürlichen Muskeln zu thun. Die Zahl dieser Muskeln ist erstaunlich gross und muss es sein, um jedem Gliede oder Theile die grosse Menge der in Richtung und Stärke so vielfach verschiedenen Bewegungen zu gewähren.
So wird z. B. das Ohr durch 17 Muskeln bewegt und die Lippen
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bedürfen deren 11. Bei denjenigen Gliedern, welchen nur Bewe­gung in einer Richtung gegeben ist, kommen nur Beuger und Strecker vor. Wenn die Beuger das Glied bewegen, so bestimmen die Strecker die Grenze der Bewegung und umgekehrt. Muskeln, welche so die Grenze der Bewegungen eines Gliedes bestimmen, nennt man Antagonisten.
Zu beiden Seiten des Nackenbandes, vom Kopf bis zur Brust hinab liegen breite Muskellagen, welche durch ihre Zusammen­ziehung den Kopf in die Höhe heben und näher an den Körper bringen; unter den Halswirbeln vom Rande des Unterkiefers bis
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zur Brast, liegen ebensolche Muskelstränge, #9632;welche durch ihre Zu­sammenziehung Kopf und Hals wieder niederziehen. Mit den heben­den Halsmuskeln in Verbindung und vom ersten Rückenwirbel ab, bis zum Kreuzbein, liegen zu beiden Seiten der Stachelfortsätze und auf der oberen Wölbung der Rippen lange dicke Mugkeln, die, wenn sie sieh gemeinsam mit den hebenden Muskeln des Kopfes und Halses zusammenziehen, das ganze Vordertheil des Pferdes auf den Hinterbeinen ruhend, in die Höhe heben (das Steigen des Pferdes). Es sind dies die stärksten und längsten am ganzen Pferdekörper und heissen die langen Rückenmuskeln. Ziehen sie sich zusammen bei gleichzeitiger Niederziehung des Kopfes nnd Halses, so heben sie das Hintertheil in die Höhe (Bocken, Hinten­ausschlagen).
Vor dem Schulterblatt unter dem Halse und vor dem Arm­bein liegen starke Muskeln (Schulter- und Brustmuskeln) die die Schulter nach vorwärts ziehen. Weiter abwärts am äusseren Rande des Unterschenkelbeines vereinigen sich mehrere Muskelbündel zu einem Strecker der Gliedmaassen nach vorwärts, dem sogenannten Zehenstrecker. Derselbe läuft am vorderen Rande des Schienbei­nes hinab, über die Gelenke hinweg, indem er einzelne Faden an diese abgiebt und heftet sich schliesslieh am vorderen Rande des Hufbeins, dem sogenannten Kamme, an.
Die Antagonisten dieser Muskeln finden wir an der hinteren Seite; hinter dem Schulterblatt und dem Armbein, sowie auf den Rippen, liegen starke Muskeln, welche das Buggelenk beugen und dadurch die Thätigkeit der Schultermuskeln begrenzen. Mit diesen in Verbindung stehen die Kronen- und Hufbeinbeuger. Beide lau­fen als starke Muskelbündel, die mit einer strammen Sehnenlage eng umschlossen sind, bis zum Knie, von da ab als daumenstarkes sehniges Seil am hinteren Rande des Vorderunterschenkels über das Vorderknie und Fesselbeinband hinweg und zwar, der Kronen-beinbeuger, als der oberflächlichere bis zum hintern, oberen Rande des Kronenbeins, woselbst er sich befestigt, während der Hufbein­benger, der tiefere, bis zur unteren, ausgehöhlten Fläche des Huf­beines herabgeht, an die er sich mit einer platten Verbreitung an­heftet. In Folge jener Lage, vor oder unter dem Kronenbeinbeu-ger ist er genöthigt, diesen, welcher ihn an der Beugung des Fesselgelenkes mit einer breiten Sehnenplatte schützt, gleich unter
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dem Fesselgelenk zu durchbohren und liegt von da ab also mehr oberflächlich.
Weit kräftiger und stärker als die Muskeln der Vorder- sind die der Hintergliedmaassen. Mit diesen muss das Pferd aber auch seine ganze Körperlast vorwärts schieben, während sich die Vor­derbeine dabei passiv verhalten, dadurch erklärt sich auch, dass ein Pferd mit zusammengebundenen Hinterfüssea nicht vorwärts kommen kann, während es dies ganz gut bei zusammengebundenen Vorderfüssen vermag.
Der Raum von dem Darmbein (den Hüften) unter dem Schwänze
nach abwärts, wird auf beiden Seiten von den Gefässmuskeln aus-
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gefüllt, welche die Wirbelsäule nach hinten und unten ziehen. Ueber diesen liegen bis zur Kniescheibe herab nach aussen die auswärtsziehenden, nach innen und hinten die einwärtsziehenden Muskeln des Oberschenkels. Vor dem Becken und dem Becken­beine liegen ebenfalls starke Muskeln, die sehnige Ausläufe an die Bauchmuskeln schicken, wodurch die sogenannte Kniefalte ge­bildet wird. Diese bringen durch Zusammenziehung das Knie nach vorwärts.
Vom Knie abwärts am vorderen Rande des Unterschenkel-
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beines liegen die Strecker der Zehe, welche oberhalb des Sprung­gelenks sich zu einer starken Sehne vereinigen, die vor dem Sprung­
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gelenk und am vordem Rande des Schienbeins herabläuft und sich gerade, wie beim Vorderschenkel am vorderen Rande des Hufbeins anheftet.
Ansser den Beugern der Zehe liegen an der hintern Seite des Unterschenkelbeines die starken Wadenmuskeln (Zwillingsmuskeln), die am Höcker des Sprungbeines sehnig endigen. Sie beugen dasnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3 *
Knie mit gewaltiger Kraft und tragen dadurch viel zur Hebung des Körpers nach oben und zur Schiebung desselben nach vorn, bei. Analog vorn schicken die Beuger des Kronen- und Hnfbeines, welche am Sprunggelenk jeder für sich in sehnige Stränge zusammenlau­fen, ihre Beugesehnen über das Sprunggelenk hinweg bis zur Zehe hinab.
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Knochen, Bänder, Muskeln und Sehnen werden von der all­gemeinen Körperdecke, der Haut, umschlossen. Dieselbe besteht
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aas zwei Schichteu, einer dunnen oberflächlichen, der Oberhaut, und einer stärkeren tieferen, der Lederhaut.
Die erstere ist unempfindlich, besteht aus kleinen, hornigen Schuppchen und deckt die letztere, welche aus einem fasrigen und sehr empfindlichen Gewebe besteht, gegen die Einflüsse von aussen her.
Die ganze Haut ist zum besseren Schütze des Körpers gegen Kälte und Nässe mit Haaren bedeckt, (welche sie selbst erzeugt) mit Ausnahme des Theiles derselben, welche das Huf- und Kro­nenbein umschliesst. Zum Schütze gegen die harten Stösse des Erdbodens ist dieser Theil der Haut mit einer ebenfalls aus ihr hervorwachsenden Hornkapsel, dem Hufe, bekleidet. Man kann sich deshalb den Huf aus zusammengewachsenen Haaren hervor­gegangen denken. Wir können zur Unterscheidung die behaarte Haut „die Haarhauf, die den Huf erzeugende „die Hufhorn­hautquot; nennen.
An den natürlichen Oeffnungen des Körpers, als Maul, Nase und After schlägt sich die behaarte |Hant um und bekleidet die inneren Körperhöhlen, nur ist sie im Inneren zarter und statt mit Haaren, mit Schleim bedeckt, sie heisst deshalb auch Schleimhaut.
Der Huf.
Wir wenden nunmehr unsere Aufmerksamkeit speciell dem aus dieser Hufhornhaut hervorgewachsenen untersten Theile der Gliedmaassen, auf dem der Pferdekörper ruht, dem Hufe zu.
Aus der Beschreibung des Knochengerüstes ist klar geworden, dass das Pferd, mit dem Menschen verglichen, auf der äussersten Finger- und Zehenspitze geht. Der Hund tritt auf die 3 ersten Gelenke, dagegen nimmt der Bär, der Affe und der Mensch eine Tragfläche von 4 Gliedern in Anspruch. Das Pferd müsste mit den Sprunggelenken noch die Erde berühren, um diese Stellung ein­zunehmen.
Das Innere des Hufes, das unterste Ende des Knochengerüstes, der Knochenhuf, besteht, wie wir gesehen haben, aus Krön,- Huf-und Strahlbein. Dieser Knochenhuf ist mit dem Fleischhuf (Huf­hornhaut), welcher zumeist aus Blutgefässen, Nerven .und Zellge­webe besteht, umhüllt. Der Schmied nennt diesen Fleischhuf wegen seiner grossen Empfindlichkeit auch das „Lebenquot; des Hufes.
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Man unterscheidet bei diesem:
1.nbsp; nbsp;den Säumen oder Fleisch säumen;
2.nbsp; nbsp;die Kronenwulst oder Fleischkrone;
3.nbsp; nbsp;die Fleisch wand;
4.nbsp; nbsp;die Fleischsohle;
5.nbsp; nbsp;den Fleischstrahl. Aus dem Säumen, der sich unter den Deckhaaren als ein 2 bis
3 Linien breiter Streifen falzähnlich markirt, wächst die oberfläch­liche Hufhornschicht, die sogenannte Glasur- oder Deckschicht hervor, welche die darunter liegende Wand überzieht und sich mit ihr innig verbindet.
Die Fleischkrone, welche sich gleich unter dem Säumen als eine fleischige, rings um das Kronenbein herumgehende und mit unzähligen Zotten versehene Wulst darstellt, ist das Organ, worin das Material für die oben mit einer Rinne zur Einlagerung der Fleischkrone versehene Hornwand, die stärkste Schicht des Hufes, welche deshalb auch die Schutzschicht heisst, bereitet wird. Aus jedem ihrer fadenförmigen Zottchen wächst nämlich ein Hufhorn-
röhrchen hervor, welche, alle unter sich verklebt, die consistente
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Masse der Hornwand bilden. Die Fleischkrone ist vorn etwas stärker als an den Seiten und hinten.
Eine von der Hornwand bedeckte Fortsetzung der Fleischkrone ist die unter derselben beginnende Fleisch- oder Blättchenwand, welche nach innen mit dem Hufbein fest verbunden ist, indem es dieses als eine dünne, blutreiche Haut überzieht. Sie ist dünner als die Fleischkrone und kennzeichnet sich hauptsächlich dadurch, dass die der Hornwand zugekehrte Aussenseite mit 5—600 Fleisch-blättchen bedeckt ist, welche soweit auseinanderliegen, dass sie je ein Hornblättchen der Hornwand zwischen sich aufnehmen und da-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;L •quot;
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durch eine innige Verbindung der Fleisch- und Horntheile bewir­ken können. Die Blättchen der Fleischwand geben das Material her zur Bildung der Blättchen der Hornwand, weshalb das Wachs-thum zwischen Fleischwand und Hornwand nicht wie bei der eigent­lichen Hornwand (Schutzschicht) von oben nach unten, sondern von innen nach aussen erfolgt. Die blättrige Horrischicht nennt
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man Blatt, oder Verbindungsschicht der Hornwand.
Die untere ausgehöhlte Fläche des Hufbeins überzieht dieFleisch-
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sohle, welche verhältnissmässie dunner als die Fleischwand ist. Mit
dieser verbindet sie sich am Umfangsrande und nach innen fest mit
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dem Hufbein. Sie zeigt dieselben fleischigen Zottchen wie die Fleischkrone, aus denen die, die Hornsohle bildenden Hornröhr-chen, hervorwachsen.
Nach einwärts geht die Fleischsohle in den Fleischstrahl über, #9632;welcher das Strahlpolster überzieht. Das Strahlpolster, aus dem Un­terhautzellgewebe gebildet, stellt eine keilförmige Masse dar und ist aus schwammigen, theils elastischen Fasern zusammengesetzt, welche sich durchkreuzen und nach verschiedenen Richtungen gehen und so ein mit einer fettartigen Substanz ausgefülltes Polster darstellen, wel­ches am hinteren Rande des Huf beins, unter dem Hufgelenk beginnend, sich ein Stück weit gewölbt über den Huf hinauf erstreckt und so die Ballen oder Fersen bildet. Die seitlichen Ausläufer dieses Polsters stehen in Verbindung mit den Hufbeinsknorpelästen und gewähren in dieser Verbindung eine schützende elastische Unterlage für Huf-und Kronengelenk. Der hintere dickere Theil ist mit einem Aus­schnitt versehen. Die untere Fläche dieses Polsters ist, wie schon gesagt, vom Fleischstrahl überzogen, welcher sich in die Vertie­fungen desselben einsenkt. Die untere Fläche des Fleischstrahls ist ebenfalls (wie die Fleischsohle) mit kleinen Zotten bedeckt, aus denen der Hornstrahl herauswächst. Die auf die eben beschriebene Weise aus den Fleischtheilen hervorgewachsenen Horntheile, Horn-wand, Hornsohle und Hornstrahl stellen in ihrer Verbindung denHuf dar.
Die Hornwand mit der sie bedeckenden Glasurschicht, hat die Form eines zusammengebogenen Mützenschirmes, der an den bei­den spitzen Enden auf 2 Zoll Länge in einen spitzen Winkel um­gebogen ist und bildet den vorderen, seitlichen und zum Theil auch den hinteren Theil des Hufes.
Der obere Rand heisst Kronenrand, hat die oben erwähnte Rinne zur Aufnahme der Kronenwulst und ist enger als der untere, mit dem Boden resp. mit dem Eisen in Berührung kommende Rand, dieser heisst Tragerand.
Der äussere Theil der Hornwand heisst vorn „Zehenwandquot;, auf beiden Seiten „Seitenwandquot;, hinten „Trachtenwandquot;; die nach innen umgebogenen spitzen Enden „Eckstrebenquot;; der von Trachten­wand und Eckstrebe gebildete Winkel „Eckstrebenwinkelquot; oder „die Tracht.quot;
Die Richtung der Wand entspricht der des Hufbeins; die Zehe hat die grösste Neigung zum Erdboden, ungefähr in einem Winkel von 45deg;. An den Seiten wird die Neigung allmälig nach den Trach-
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ten zu geringer, -welche in der Regel senkrecht zum Erdboden ge­neigt sind.
Die Richtung der Zehen- und Trachtenlinien, von oben und hinten nach unten und vorn, ist parallel.
Die Hornwand ist 3/8 bis V2 Zoll stark, und zwar an der Zehe etwas stärker als nach den Seiten und Trachten hin. Daraus geht hervor, dass ihre innere Fläche etwas weniger gewölbt ist, als dienbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; , *
äussere. Die innere Fläche ist mit den erwähnten Hornblättchen versehen, welche in die Fleischblättchen der Fleischwand hinein­greifen und auf diese Weise eine sehr innige Verbindung her­stellen.
Die Eckstreben haben dieselbe Neigung zum Boden, wie die Seitenwände, nur dass sie nicht freistehen, sondern mit dernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'X
Sohle nach aussen und dem Strahle nach innen durch eine Weichhornschicht, d. h. eine der Glasurschicht ähnliche, elastische, mehr weiche als harte, fasrige Hornsubstanz, verbunden sind.
Die Hornsohle ist eine 3/8 bis Va Zoll starke Komplatte, welche zwischen dem Tragerande und den Eckstreben unter der Fleisch-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i
sohle liegt, und den eigentlichen hörnernen Boden (das Gewölbe) des Hufes bildet. Sie lässt einen dreieckigen, hinten offenen Raum für die Lage des Strahls. Ihre obere Fläche ist gewölbt, die untere ausgehöhlt, so liegt sie zwischen den Wänden, welche gewisser-maassen ihr Fundament abgeben, ausgespannt. Die Hornsohle istnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -raquo;
elastischer und weicher als die Hornwand.
Die Vereinigung der Tragefläche der Hornwand mit der Horn­sohle wird durch eine, heller als das Horn gefärbte Masse, vermit­telt. Diese Masse, welche Vs Zoll breit, sich ringförmig um die untere Huffläche, zwischen Hornwand und Hornsohle zieht, nennt man die weisse Linie. Für den Beschlag ist dieser Umstand höchst •wichtig, indem die Natur dem Schmied in der weissen Linie vor­zeichnet, wo er den Hufnagel einzuschlagen hat. Setzt er einen Nagel ausserhalb der weissen Linie an, und treibt ihn nach aussen durch, so wird derselbe nur die Hornkapsel des Hufes, das gefühl­lose Horn der Wand durchbohren und ausserhalb zum Vorschein kommen. Setzt der Schmied ihn aber innerhalb jener Linie an, oder treibt er ihn, wenn auch ausserhalb angesetzt, nach innen, so wird der Nagel im ersten Falle die Hornsohle, im zweiten Falle den inneren Rand der Hornwand durchbohrend, die Fleischsohle
resp. die Fleischwand, mithin in beiden Fällen das Leben treffen.
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Die Hornsohle stösst die abgestorbenen Horntheile schuppen-artig ab und ist in der Regel von einerlei Farbe, entweder weiss oder blau.
Der Hornstrahl ist ein keilförmiger, elastischer Horntheil, der äusseren Form nach dreieckig, wie das darüber liegende Zellen­polster, quot;welches den Raum zwischen den Eckstreben ausfällt und mit ihnen sowie mit dem Säumen durch quot;Weichhorn verbunden ist. Der hintere Theil des Strahls, der Ballentheil, muss in seiner Höhe sich mit den Trachten ecken vergleichen.
Die äussere Fläche ist wie der ganze Strahl dreieckig und wird nach hinten zu durch eine Grube (Strahlgrnbe) in 2 Theile oder Schenkel getheilt. Zwischen dem Strahl und den Eckstreben entstehen in jedem Hufe zwei Furchen, Strahlfurchen genannt. Die nach innen liegende Fläche des Strahls hat nach hinten eine der Grube entsprechende starke Erhöhung, der Hahnenkamm ge­nannt und ist mit Ernährungslöchern versehen, in die die Fleisch­zotten des Fleischstrahls sich hineinsenken.
Wir haben zum Schluss des Kapitels über die Anatomie des Pferdes nur noch den Prozess der Ernährung klar zu machen.
Zur Ernährung des Körpers ist zunächst die Zufuhr von Nah­rungsmitteln nothwendig, welche, wie wir gesehen haben, beim Pferde aus Pflanzen und Körnern bestehen.
Das Futter wird mit dem Maule aufgenommen, mit den Zäh­nen durch die mahlende Bewegung der Kiefern zerkleinert, mit dem Speichel beim Kauen vermengt und gelangt so als sogenann­ter Speisebrei in den Magen. Hier wird derselbe durch Beimen­gung des Magensaftes vollständig verdaut, d. h. verflüssigt und ge­langt dann in den Darm. In den Darmhäuten, mit dem Darm in Verbindung stehend beginnen die sogenannten Lymphgefässe, mit unendlich vielen kleinen Verzweigungen, durch deren Vereinigung ausserhalb des Darmes ein grösseres Gefäss entsteht, welches sich wiederum in die Blutgefässe, welche das Blut zum Herzen führen, ergiesst. Diese Lymphgefässe saugen aus dem in dem Darm be­findlichen Speisesaft die für die Ernährung des Körpers geeigneten Bestandtheile auf und führen sie den Blutgefässen zu. Die Blut­gefässe, welche diesen Saft (Lymphe) aufnehmen und zum Herzen führen, heissen die Venen oder Blutadern. Der dem Blute bei­gemengte Saft ist weiss, das Venenbint dunkelroth. Diese gemischte Flüssigkeit wird von einigen grosseren Gefässstämmcn, welche sich
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durch Zusammenfluss vieler kleiner Venen gebildet haben, der rech­ten Herzkammer zugeführt. Von dieser geht ea in die Lungen,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;V wird hier durch den Athmungsprozess, d. h. durch Hinzutritt des der Luft entzogenen Sauerstoffs in schönes hellrothes Blut verwan-delt und kommt dann aus den Lungen zurück in die linke Herz­kammer. Von dieser gelangt es wieder in grössere Gefassstämme j-jk und durch deren unendlich feine Verzweigungen in alleTheile des Kör­pers. Diese vom Herzen wegführenden Gefässe heissen wegen des
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Pulses, den man an oberflächlich liegenden fühlen kann. Puls-oder Schlagadern (Arterien). Die feinsten Verzweigungen der Schlag­adern kehren sich an den entferntesten Körpertheilen um und füh­
ren das im Körper nicht verbliebene Blut wieder unter Beimengung
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des Speisesaftes zum Herzen zurück. Von der TJmbiegungsstelle heissen sie dann selbstredend wieder Venen. Das Zurückfliessen des Blutes zum Herzen geschieht ohne Puls. Der Puls wird durch die Zusammenziehung des Herzens, wobei jedesmal eine Blutwelle aus dem Herzen in die Schlagadern gepresst wird, hervorgebracht.
So wird in beständigem Kreislauf des frischen, zur Ernährung geeigneten Blutes durch die unendliche Vertheilung der Schlag­adern in unsichtbaren Gefässchen, jedem einzelnen Körpertheil der Ernährungsstoff zugeführt. Jedes Körpertheilchen entzieht dem Blute nur die zu seiner Ernährung geeigneten Bestandtheile, das im Uebermaass vorhandene, sowie das Blut, dem der Ernährungs­stoff entzogen ist, kehrt zurück nach dem Herzen um nach neuer Verbindung mit Lymphe von Neuem jenen Kreislauf zu beginnen.
Die Ernährung setzt jedoch eine gewisse lebendige Thätigkeit und Empfänglichkeit der einzelnen Theilchen voraus, ohne welche die Zufuhr von Ernährungssäften nutzlos wäre. Diesen anregenden Reiz bewirken die Nerven, jene kleinen, weissen, markigen Fäd-chen, welche wir schon oben als die Telegraphendräthe des Ge­hirns bezeichnet haben. Das Gehirn ist gewissermaassen der Re­gulator der Nerventhätigkeit bei der Ernährung.
Die Ernährung oder das quot;Wachsthum des Hufes (Hufkapsel) findet jedoch auf andere Weise, als die eben erwähnte statt. Im Horn befinden sich weder Blutgefässe noch Nerven. Wir haben gesehen, dass der Huf aus der Hufhornhaut, die ausserordentlich reich an Blutgefässen und Nerven ist, ja fast nur aus solchen be­steht, hervorwächst. Dieser ausserordentliche Reichthum setzt eine erhöhte Thätigkeit voraus, die sich in der Bildung von kleinen
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Hornzellen zu erkennen giebt. Jedes Zottchen der Hufhornhant producirt in rastloser Thätigkeit eine kleine Hornplatte nach der anderen. Die jüngste schiebt immer die ältere vor sich her, bis endlich in Folge des Zusammenhanges untereinander ein Säulchen, oder Hornröhrchen entstanden ist. Dieses Herabschieben von oben nach unten geht natürlich langsam von Statten, es ist l/s bis 3I* Jahr erforderlich, ehe das heut am Säumen gebildete Hornplätt-chen den unteren Tragerand erreicht.
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Der Gang des Pferdes und dessen Einfluss auf den Huf.
Denkt man sich ein auf ebener Grundfläche stehendes Pferd, so ruht der Körper desselben auf den 4 Beinen, wie auf 4 Säulen. Die einfache Anschauung lehrt, dass das Vordertheil, die schwere Brust mit dem auf ihr ruhenden Widerrist und dem vorn überstehen­den Pferdehals, an dessen Ende noch ein besonderes Gewicht, der Kopf angehängt ist, schwerer sein muss, als das Hintertheil. Der Schwerpunkt des ganzen Pferdes in natürlichem Zustande muss deshalb verhältnissmässig mehr nach dem Vordertheil za liegen.*)
Hieraus folgt, dass sich der Pferderumpf, selbst auf ebenem Boden stehend, immerwährend in einer Neigung nach vorwärts be­findet und dass es einer besonderen mechanischen Einrichtung und Kraft bedarf, um dieses Uebe.rgewicht des Vordertheils im Stehen nnd Gehen in's Gleichgewicht mit dem Gewichte des Hintertheils zu bringen. Diese Einrichtung besteht darin, dass durch die Empor­richtung des Halses und des Kopfes, das Gewicht dieser Theile nicht allein für sich relativ vermindert wird, sondern eine Ver­legung des Gewichtes nach rückwärts im ganzen Pferdekörper zur Folge hat. Der Bau der Hinterbeine lässt es zu, dass dieselben durch massiges Zusammendrücken in ihren Gelenken, dieses Mehr­gewicht aufnehmen und tragen können. Kopf und Hals bilden näm-
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*) Unter Schwerpunkt versteht man denjenigen Punkt eines Eörpers, der eine solche Lage hat, dass, wenn er unterstützt ist, alle Theile rings­herum im Gleichgewicht sich befinden. Er drückt daher anf seinen Unter-stützungspunkt so, als ob das ganze Gewicht des Körpers in ihm vereinigt wäre.
Eine senkrechte Linie von dem Schwerpunkte auf die Basis des Körpers, ist dessen Schwerpunktslinie.
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lieh zwei einarmige Hebel, das Genick yerbindet beide und giebt somit dem Kopfe als Hebel seinen Stützpunkt; der Hals findet den seinigen bei der Verbindung mit dem ersten Rückenwirbel im Widerrist. Beide zusammen wirken demnach auf letzteren Unter­stützungspunkt wie ein Hebelarm, an dessen anderem Ende ein Ge­wicht angebracht ist.
Stellen wir uns nun in der folgenden Figur (die Hebel-•wirkungen des Kopfes und Halses auf die Unterstützungspunkte) vor: a sei der Punkt des Widerrist, an dem sich der Hals des Pferdes anheftet, ab, mn, der Rumpf des Pferdes. f.
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Fig. 19. Die Hebelwirkungen des Kopfes und Halses.
Denkt man sich den Hals des Pferdes durch die Linien ac, ad und af in verschiedene Höhen gebracht, so drückt das Gewicht von Hals und Kopf um so weniger auf a, je mehr dieselben erhoben •werden. Nach dem Gesetze vom Hebel, wirkt nämlich das relative Gewicht des Hebelarmes um so geringer, je senkrechter der Hebel­arm gerichtet ist, je spitzer also der Winkel wird, den er mit seiner Schwerlinie bildet, je kürzer die senkrechten Abstände vom Unter­stützungspunkte, hier also ca, ga, und ha, werden.
Man sieht hieraus auch, wie nothwendig die im Widerrist statt­findende kammförmige Erhöhung der 9 ersten Rückenwirbel ist. Ohne diese Erhöhung würde nämlich bei der Länge des Pferde­halses, die Last des Pferdekopfes durch das Nackenband nicht ge­hörig unterstützt werden können.
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Der Gang des Pferdes ist nun das Ergebniss der Muskel-thätigkeit des Bewegungsapparats in Verbindung mit dem Hinweg­gehen des Körpers über die stützenden Beine, durch Verlegung des Schwerpunktes, je nach der Bichtung des Ganges, ein abwech­selndes Entlasten und wieder Belasten der einzelnen Stützen, ver­bunden mit Schieben und Abschwingen vom Boden.'
Beim regelmässigen Schritt, den ein auf ebener Fläche stehen­des Pferd beginnt, werden die Füsse, einer nach dem andern, unter ebenmässiger Hebung und Senkung des Kopfes, kreuzweise vor­gesetzt, d. h. will das Pferd die Bewegung mit dem rechten Vorder-fuss anfangen, so legt es durch Heben des Kopfes die Last mehr auf den linken Vorder- und rechten Hinterfuss, deshalb folgt der ausgeführten Bewegung des rechten Vorderfusses der linke Hinter­fuss, indem er vortritt und nun beim Vorschieben des Körpers mit dem diagonal gegenüberstehenden rechten Vorderfuss die Last aufnimmt.
Durch erneute Hebung des Kopfes wird der linke Vorderfuss entlastet, dadurch neigt sich der rechte zurück gegen die Schwer­punktslinie des Körpers, dieser und der linke Hinterfuss überneh­men allein die Last und es erfolgt das Vortreten des rechten Hin-terfusses. Auf diese Weise wird der Gang fortgesetzt und es entstehen die deutlich vernehmbaren 4 Hufschläge der Schrittbewe­gung.
Beginnt das Pferd mit einem Hinterfuss, so tritt dieser vor und unter den Körper, er übernimmt die ihm durch Hebung des Kopfes zugewiesene Last zugleich mit dem diagonal gegenüber­stehenden Vorderfuss, es folgt der erleichterte andere Hinterfuss. Also z. B. erst rechter Hinterfuss, dann rechter Vorderfuss, linker Hinterfuss, linker Vorderfuss. Steht ein Pferd vor Beginn des Schrittes mit einem Vorderfuss mehr zurück, als mit dem anderen, so fängt das Pferd mit diesem an zu gehen, denn durch die be­reits mehr auf der Hufzehe ruhende Last kann also die Fessel die zur Bewegung nöthige Schnellkraft leichter ausüben und der wei­ter vorstehende Fuss ist ganz in der Verfassung, die sich vorwärts bewegende Last, gleich beim Beginn der Bewegung, zu stützen.
Steht ein Hinterfuss mehr zurück, so beginnt dieser die Be­wegung, denn der bereits vorwärts unter dem Leibe stehende Hin­terfuss ist ganz vorbereitet, die Last, welche der bereits gestreckte ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;andere Hinterfuss vorwärtsschiebt, aufzunehmen.
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Auf das Aushalten jeden Fusses zwischen dem Er-
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heben undVorsetzen ist bei der Beurtheilung einbeson­deres Augenmerk zu richten, denn ein Pferd, welches Schmerz in den Hufen empfindet, trachtet immer sich von der Last, welche auf einem Fusse ruht, während dem der andere sich erhebt und vorsetzt, sobald als möglich zu befreien.
Dadurch entstehen kurze übereilte Tritte (Lahmgehen). Man muss also die 3 Momente, Aufheben des Fusses, Schweben und Vorsetzen, dann Niedersetzen und Stützen genau von einandernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; :,:
unterscheiden können. Alle übrigen Gänge, als Trab, Galopp und der Rennlauf sind Varietäten der Schrittbewegung und haben diese für uns weniger Werth.
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Betrachten wir nun aber die Art und Weise, wie die Glied-maassen die Bewegung ausführen.
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Wir haben gesehen, dass die Unterstützung des Körpers immer durch 2 diagonale Füsse geschieht, woraus hervorgeht, dass der
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Schwerpunkt nie nach aussen zu liegen kommt, von den besonde­ren Fällen, in denen das, wie z. B. beim Pass dennoch vorkommt,
''#9632; können wir hier füglich abstrahiren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'
Betrachten wir nun ein Pferd im Schritt in dem Momente, wonbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;jgj
es eben seine Stütze auf den nach vorwärts gebrachten linken Vorder- und rechten Hinterfuss genommen hat, und zwar zunächst die Bewegung des linken Vorderfusses.
Der vorgestreckte linke Vorderfass hat soeben die Last des Pferdekörpers, indem der Huf zur Erde trat, aufgenommen. Der Körper hat, sich vorwärts über das Bein hinwegbewegend, das Bein zur Stütze, der Huf bildet das Pivot der Bewegung, giebt den Drehpunkt ab, während die Schulter den Bogen über denselben hinweg beschreibt. Die Last liegt beim Fussen vorherrschend auf den Trachten des Hufes, die Fessel ist stark durchgetreten, die Beugesehnen in der grössten Dehnung. Je mehr das Bein aus der Streckung sich zur Senkrechten aufrichtet, um so mehr wird die Last auf den ganzen Huf vertheilt und Sehnen und Fessel treten in ihre natürliche Spannung, der Körper selbst war beim Fussen am dichtesten über dem Boden und ist beim Vordringen im stei­genden Bogen begriffen, er erhebt sich.
Der Körper ist nun soweit vorgedrungen, dass die Schulter senkrecht über dem linken Hufe steht. Es trägt der Huf den Kör-
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per mit seiner ganzen Fläche. Der Pferdeleib ist in dieser Stel­lung am höchsten über dem Boden. Der Körper, nunmehr immer weiter vordringend, lässt den Huf hinter sich; das Bein kommt hinter die Senkrechte zu stehen. Die Trachten lüften sich mehr und mehr, bis die Zehe allein tragend wird. Mit diesem Moment beginnt aber die schiebende Thätigkeit des Beines, welche in dem Maasse wächst, als das Bein hinter die Senkrechte kommend ausharrt und der Schub mithin mehr und mehr wagrecht auf den Körper wirkt. Der Körper macht den fallenden Bogen, er senkt sich mithin wie­derum. Der Körper ist vorgedrungen, hat den Huf so weit hinter sich gelassen, dass dieser endlich auch nicht mehr mit der Zehe den Boden berühren kann und somit die wagrechte Kraft des Ab-schubs mit dem Abschieben vom Boden beschliesst. Das Neben­bein ist nun fassend, stützend geworden und das in Betracht ge­zogene geht, sich allmälig streckend, vor, passirt auf seinem Wege das senkrecht stehende Nebenbein, geht vor den Leib, sich allmä­lig streckend, und fusst in der beschriebenen Weise.
Die Action des rechten Hinterfusses ist ganz analog der des linken Vorderfusses, nur ist bei ihm die Action des Schiebens eine noch stärkere. Wenn wir also die Art der Bewegung zusammen­fassen, so sehen wir 3 Hauptmomente bei der Bewegung der Glied-maassen.
1.nbsp; nbsp;Die Streckung der Gliedmaasse und das Aufsetzen des Hufes;
2.nbsp; nbsp;die Vorwärtsschiebung des Körpers und die Belastung des Hufes;
3.nbsp; nbsp;die Beugung der Gliedmaassen und die Entlastung des Hufes.
Man nennt diese 3 Momente auch der Kürze wegen:
1.nbsp; nbsp;das passive,
2.nbsp; nbsp;das mechanische,
3.nbsp; nbsp;das active Tempo.
Bei schnelleren Gängen, vom Trabe an, genügt die ruhige quot;Vor­wärtsschiebung des Körpers über die Schwerlinie allein nicht, es muss der Körper bei diesen noch vorwärts geschnellt, abgeschwun­gen werden. Dieses Vorwärtsschnellen bewirkt die Hebelkraft der beugenden Muskeln der Gliedmaassen, sprungfederartig. Je weiter der ganze Körper vorwärts geschnellt wird, je weiter die vor­gestreckte Gliedmaasse vorgeworfen, in einem desto spitzeren
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Winkel erreicht der Huf den Erdboden und empfindet deshalb ebenso wie der Reiter den Stoss um so weniger heftig. Je kürzer die Gliedmassen vorgeschnellt werden, je mehr sich der Winkel, welchen die Richtungslinie des vorgestreckten Beines mit dem Erdboden bildet, dem rechten nähert, um so empfindlicher wird der Stoss auf Huf und Reiter wirken.
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Die Beweglichkeit oder der Mechanismus des Hufes.
Der Huf hat nicht allein nur den Zweck, die von ihm ein­geschlossenen Knochen und Weichtheile gegen die verletzenden Einwirkungen des Bodens zu schützen, sondern soll auch den beim Aufsetzen empfangenen Stoss geeignet auffangen und in ge­milderter Form den übrigen Körpertheilen mittheilen.
Wir haben bereits gesagt, dass der Huf, wenn sich die Glied-maassen im vorwärtsgestreckten Zustande befinden, den Stoss, na­mentlich mit seinen hintern Theilen, den Trachten, Eckstreben, Ballen und Strahl empfängt. Es wird zwar beim Aufsetzen des Hufes Zehe und Tracht in einem Moment, also gleichmässig auf­gesetzt, indessen liegt die Tracht der Schwerlinie des Körpers
näher und muss deshalb auch momentan mehr tragen und, als dem
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Lothe näher, eher etwas früher als später auf den Boden kommen.
Wenn von Einigen behauptet worden ist, dass die Zehe auf den Boden zuerst aufgesetzt wird, so ist diese Behauptung wohl nur das Ergebniss von Studien, die an einem Karrengaule gemacht sind, welcher eine bedeutende Last vor sich her schiebt. Dieser krallt sich allerdings mit der Zehe in den Boden ein, doch befin-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i
den sich seine Gliedmaassen dabei auch nicht in gestrecktem, son-
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dern in gebeugtem Zustande.
Bei einem Pferde, welches frei auf uns zu trabt, sehen wir ganz deutlich im Momente, ehe der Huf aufgesetzt wird, bei aus­gestreckter Gliedmaasse die untere Huf fläche, die Zehe oben, die Tracht unten.
Wenn nun also der Fuss, nachdem er stützend zur Erde kam, tragend wird und die Last des Körpers aufnimmt, so presst diese auf die Fersentheile des Hufes, welche von der Mitte und oben, nach hinten, aussen und unten Hegen, den Zellenstrahl, Fleisch­strahl, Hornstrahl, die Hornsohlenschenkel und die Eckstreben.
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Beim unbesehlagenen Hufe geben diese Theile dem Drucke nach, das Strahlpolster und der Strahl dehnen sich aus, die Sohlen-sehenkel senken sich hinten herab, die Eekstreben werden nach unten und innen gedrängt, wobei die Trachten zur Seite nach aussen geschoben werden, so dass die ganze Hufferse unter der Last Vis bis Vi Zoll in ihrer hinteren Ausdehnung zunimmt.
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Fiff. 20. Der Hufmechanismus.
c. Zefaenmechasismus. b. Sohlenmechanistuus. a. Fersenmechaaismus.
Die in der Hegel in einem Winkel von 221/20 zum Erdboden geneigte innere obere Huffersenfläche a. (siehe Fig. oben), welche gebildet wird durch die von der Mitte des Hufes nach hinten gehende Abwärtsneigung der erwähnten Theile, in Verbindung mit der Nachgiebigkeit derselben, fängt den von oben kommenden Stoss der Last geeignet auf, bricht ihn, und verhindert die Quet­schung der Verzweigung der tiefen Hufbeugesehne unter dem Huf-
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bein, vermindert den Rückprall, die stauchend auf die Gliedmaasse wirkende Rückdröhnung und trägt mitbin zur Conservirung der Gliedmaasse wesentlich bei.
Die Nachgiebigkeit des Hufes oder die Ausdehnung desselben erreicht in diesem Moment, dem des Fussens des Hufes — im passiven Moment — ihren höchsten Grad.
Die Belastung der Sohle des Hufes beginnt allmählig beim Hinweggehen des Körpers über den stützenden Puss und erreicht ihren Höhepunkt, wenn derselbe senkrecht unter dem Körper zu stehen kommt.
Es wird beim Beginn dieses Moments die Last von dem Fersen­theil auf die Mitte der Hufsohle gehoben, welche als der höchste Funkt des gewölbeartigen Hufbodens am Besten zum Tragen geeignet ist. (Siehe Fig. 20 b.) Die nach unten gedrückten Fers en­theile treten allmählig in dem Maasse nach oben zurück, als die Last nach oben, auf die Mitte geschoben und die Hufsohle dabei herabgedrückt wird, und wirken so, bei senkrechter Richtung der Gliedmaasse unter dem Körper, der übermässigen Senkung der Sohle entgegen.
Der Grad der Nachgiebigkeit oder Ausdehnung der Fersen-theile des Hufes vermindert sich also mit der beginnenden Be­lastung und wird bei höchster Belastung sich nur analog dem Senkungsgrade der Hornsohle verhalten, welcher bei harten, trock­nen und sehr hohlen Hufen gleich Null ist.
Bei weiterem Hinweggehen des Pferdekörpers über den Huf wird nun die Ferse (Tracht) mehr und mehr gelüftet, das Bein wirkt immer weniger tragend, immer mehr schiebend, bis sich der Huf vom Boden abschwingt. Das elastische Polster des Strahls wird hierbei eine federnde Wirkung ausüben und Druck und
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Schwung mithin die Muskelthätigkeit unterstützen.
Die Last gleitet in diesem Moment von der Mitte des Hufes nach vorn abwärts der Zehe zu und schliesslich über diese hinweg. Vom Augenblick der Belastung bis zur Abschiebung vom Boden bildet der Huf einen einarmigen Hebel (Fig. 20 c), bei dem die Zehenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;lt;
den Unterstützungspunkt abgiebt, die Last auf die Mitte wirkt und hinten an der Ferse der Ansatzpunkt für die Kraft gegeben ist. Mit dem Beginn des Zurücktretens des Fusses hinter der Senk-
rechten, wo die Last der Zehe näher rückt und durch die Muskel­thätigkeit die Ferse ganz zurücktritt, verliert sich die Ausdehnbar-
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keit der Ferse und das Senkungsvermögen der Sohle und der Huf kehrt auf sein früheres Volumen zurück.
quot;Wir nennen die Erweiterung und Verengerung des Hufes wäh­rend des Fussens der Gliedinaasse
„Hufmechanismusquot; und theilen denselben, je nachdem er durch die Ferse, Sohle oder Zehe hervorgebracht wirdj ein in
Huffersen-,
Hufsohlen- und
Hufzehen-Mechanismus.
Der Hufmechanismus oder die Hufausdehnung .vermehrt die Sicherheit des Ganges, wie das die Erfahrung bestätigt, indem man auf glattem Terrain ein barfussgehendes Pferd noch mit genügen­der Sicherheit reiten kann, während man mit einem beschlagenen aus dem Gleiten nicht heraus kommt. Indem das Thier fusst, ist gleichzeitig durch die Bewegung des Beines wie durch den Druck der Last der Drang nach vorwärts gerichtet, die Gefahr des Glei­tens nach vorwärts mithin bedeutend. Die Ausdehnung der hin­teren Theile des Hufes veranlasst ähnlich der Ausbreitung der Zehen eine dieser Richtung widerstrebende nach seitwärts ge­richtete Reibung und giebt dadurch Anhaltspunkte, welche die Ge­fahr des Gleitens vermindern. Ist der Huf durch Nägel an das Eisen befestigt, so wird diese Ausdehnung um so mehr gehindert, je weiter die Nägel nach der Tracht zu reichen.
Hat ein Pferd schon längere Zeit Eisen getragen, so vermin­dert sich erfahrungsmässig die natürliche Elasticität des Hufes dahin, dass es barfuss gehend nur eine kaum merkliche Hufausdeh­nung zeigt, welche sich bei längerem schlechten Beschlag ganz verliert.
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Allgemeine Betrachtungen über den Einfluss der Länge der
Knochen, Richtung und Wlnklung auf die Gebrauchsfähigkeit
und Verschiedenheit der Racen.
quot;Wenn sich auch die Muskelkraft eines Pferdes und damit die Gebrauchsfähigkeit nach der allgemeinen Kräftigkeit des Thieres hemisst, so wird doch auch die Wirkung der Thätigkeit einer
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Muskels, seine Kraftausserang auf das Glied, ebenso sehr von der Entfernung seiner Ansatzpunkte von einander, mitbin von seiner Länge, als von der Lage dieser Punkte gegeneinander, d. h. von der Richtung abhängen, aus welcher er auf das Glied wirkt. Mit der Entfernung der Ansatzpunkte mindert sich die Einwirkung. Je länger mithin die Muskeln sind, um so grösserer Kraft bedürfen sie bei gleicher Wirkung. Die senkrechte quot;Wirkung ist ferner nothwendig die stärkste, je kleiner der Winkel, je geringer die Wirkung.
Wir finden bei den Thieren aber eine grosse Verschiedenheit in den Längenverhältnissen der Knochen und in den Winkelstel­lungen, in denen die Knochen in den Gelenken miteinander ver­bunden sind.
Diese Verschiedenheit, welche sich bis ins Unendliche com-binirt, macht das Charakteristische in der Knochenbildung der Racen und der Individuen aus, sie begünstigt die Kraftäusserung einzelner Muskeln, beschränkt die anderer und bestimmt somit das Kraftverhältniss des Thieres und damit die Verwendbarkeit dessel­ben für die verschiedenen Gebrauchszwecke.
Es giebt Pferdegebäude, welche die Schnelligkeit auf das äusserste begünstigen, andere, die ausserordentliche Zugkraft oder bedeutende Tragfähigkeit begründen. Denkt man sich die Formen und Verhältnisse, welche zu einem Gebrauchszwecke in höchster Potenz befähigen in einem einzigen Thiere vereinigt, so wird man damit das Ideal eines Pferdes für diesen speciellen Gebrauchs­zweck erhalten.
Bei näherem Eingehen auf die Eigenthümlichkeiten, welche jene Eigenschaften hervorrufen, werden wir aber finden, dass grade die Eigenschaften, welche zu dem einen besonders befähigen, dieselben sind, welche zu dem andern unfähig machen. Es wird z. B. das Ideal eines Rennpferdes von dem Ideal eines schweren Zugpferdes bedeutend abweichen.
Es lässt sich nun aber ein Gebäude denken, das beide Spitzen vermittelt, dessen Körper nicht so schwer ist, wie das Ideal eines Zugpferdes, nicht so leicht als das eines Rennpferdes u. s. w., mithin nach beiden Richtungen hin noch brauchbar bleibt, wenn auch nicht auf der äussersten Höhe jeder einzelnen Leistung. Denken wir uns in der Art alle Eigenschaften, welche die ver­schiedenen Gebrauchszwecke besonders begünstigen, ausgeglichen,
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so erhalten -wir das Thier der höchsten allgemeinen Brauchbarkeit, das wahre Ideal des Pferdes. Sachen wir dieses in der Natur, so finden wir es in dem arabischen Pferde. Es ist nicht so schnell als das englische, nicht so zugkräftig als das Percheron, nicht so zähe als das rassische a. s. w., aber es vereint in gewissem Grade alle diese Eigenschaften und stösst keine völlig zurück.
Wollen wir also die im allgemeinen günstigen Formen, Lun­ten Verhältnisse und Wirkungen finden, so werden wir uns das arabische Pferd als Modell suchen.
Man hat deshalb auch erkannt, dass das arabische Pferd zur Veredelung der ßacen das geeignetste ist. Es bedarf nur der Zubringung einer hervorragenden Eigenschaft, um für einen be­sonderen Gebrauchszweck besondere Befähigung anzubahnen.
So ist durch Einführung arabischer Hengste in England and
durch sorgfältige Züchtung auf den eigenen Gebrauchszweck her­vorragende Schnelligkeit des englischen Vollbluts, bei uns die edle
Trakehner Race und das echt preussische Pferd entstanden.
Wir gehen nun zur Betrachtung der Verhältnisse bei einem solchen als Ideal gedachten Pferde, um darnach die Abweichungen, fehlerhaften Stellungen u. s. w. erkennen zu können.
Wenn wir nunmehr zur Stellung der Gliedmaassen, d. h. ihrer Richtung zum Erdboden und gegeneinander übergehen, so werden wir uns an einem normal gebauten, auf ebenem Boden auf allen vier Füssen gleichmässig stehenden arabischen Pferde, von den Seiten, von vorn und von hinten, die Stellung der Gliedmaassen und die Winklung der Knochen aufmerksam betrachten müssen, um daran einen Maassstab für Beurtheilung der abweichenden Stel­lungen zu haben.
Bevor wir jedoch noch die Gliedmaassen insbesondere be­trachten, lassen wir unser Auge über das ganze Pferd schweifen,
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um die Regeln für die Harmonie sämmtlicher Theile zueinander kennen zu lernen.
Denken wir uns bei einem normal gebauten arabischen Pferde Kopf, Hals und Schweif weg und begrenzen den Rumpf von oben,
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unten und von beiden Seiten mit geraden Linien, so erhalten wir
ein Quadrat. Versehen wir dieses mit seinen Diagonalen und ziehen durch den Durchschnittspunkt eine Parallele zu der oberen und unteren Quadratseite, so bezeichnet diese die Tiefe des untern
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Fis 21
Das mathematische Pferd.
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Rnmpftheils (Bauches) des Pferdes. Länge der Beine und Tiefe des Leibes sind also gleich.
Verlängern wir die eine Diagonale nach oben hin um 2h der Tiefe des Rumpfes, also Va der Höhe des Quadrats, so haben wir Richtung und Länge des Halses, ein Perpendikel auf dem End­punkt nach unten von gleicher Länge giebt Richtung und Länge des Kopfes.
Findet unser Auge diese Verhältnisse bei einem uns vor­geführten Pferde, so werden wir dieses als regelmässig gebaut be­zeichnen.
Betrachten wir uns nun das Pferd von vorn und denken uns gerade Linien vom linken Buggelenk bis zum linken hintern
Kniegelenk und vom rechten Buggelenk bis zum rechten Knie-
gelenk, ebenso von Bug- zu Buggelenk und von Knie- zu Knie-
gelenk gezogen, so erhalten wir ein Paralleltrapez, in dem die letzteren Linien die Parallelen sind, die beiden anderen über die Brust des Pferdes hinaus nach vorn verlängert, sich schneiden würden. Die Seitenlinien haben selbstverständlich die Länge der Quadratseiten, die Verbindung der Kniegelenke die der Tiefe des ijnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rumpfes gleiche Breite des Pferdes hinten, also die halbe Höhe,
die Verbindung der Buggelenke die Länge des Kopfes, als 2lz der
der halben Höhe.
An den vier Ecken dieses Paralleltrapezes schliesst sich loth-recht nach unten die Richtung der Gliedmaassen an, es stehen deshalb nothwendig die Vorderbeine etwas enger zusammen als die Hinterbeine und bilden die vier Hufe auf dem Erdboden die Projection des Paralleltrapezes.
Findet unser Auge diese Verhältnisse wiederum bei einem uns Torgestellten Pferde, so werden wir auch wiederum urtheilen, das Pferd ist auch von vorn gesehen regelmässig gebaut (siehe Fig. 21.).
Die Stellung der Gliedmaassen Insbesondere.
Wir benennen eine derartige Stellung der Gliedmaassen, wo die Richtung von vorn und der Seite betrachtet, eine lothrechte ist, eine gerade Stellung. (Siehe Fig. 22.) Wir haben schon bei der Beschreibung des Knochengerüstes erwähnt, dass eine fortlaufende senkrechte Aneinanderfügung der Knochen der Gliedmaassen dem
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Rumpf am sichersten stützen würde. Um die heftigen Erschütte­rungen, welche dieselben aber bei der Fortbewegung erleiden, wieder zu brechen, ist die Zusammenfügung der verschiedenen Theile der Gliedmaassen unter Winkeln nothwendig, deren Grosse wir demnach am regelmässigen Pferde ebenso studiren müssen, wie die Länge der Knochen.
Bei der geraden Stellung der vorderen Gliedmaassen finden wir das unter einem Winkel von 45deg; gegen die Horizontale schräg gestellte Schulterblatt um Vs länger als den Vorarm. Der Winkel, den beide bilden, ist ein rechter. Speiche oder Kegel und Schien­bein sind gleich lang, das Fesselbein um ein Drittel länger als das Kronenbein. Die Winkel, welche Vorarm und Speiche oder Kegel,
sowie Schien- und Fesselbein miteinander bilden, sind jeder gleich 135deg;, der Win­kel, den die Richtung des Fesselbeins gegen die Horizontale bildet 45deg;. Ein Loth aus dem Winkel, welcher unter der Brust von den Brust- und Speichenmuskeln gebildet wird, trifft die Zehenspitze des Hufes. Das Backenbein des Hinterschen­kels hat die Länge des Darmbeins und bildet mit diesem einen Winkel von 90deg;. Unterschenkel- und Schienbein sind gleich lang, ebenso ist das Fesselbein nur um Vs länger als das Kronenbein. Der durch Unterschenkel- und Schienbein gebildete Winkel, ebenso der Fesselwinkel, ist wie vorn gleich 135deg; und der Winkel, den die Richtung des Fesseis mit dem Boden bildet, gleich 45deg;.
Ein Loth, welches aus dem Punkte,
Fig. 22. Die gerade Stellung wo Rücken und Backen verbunden sind, zur
der Vorderbeine (von der Erde gefällt wird, trifft die Kniescheibe,
Seite gesehen).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;un(j ein L0th vom hintersten Punkte des
Sitzbeins, die Hanke (Hesse) und hinteren Rand des Schienbeins.
(Siehe das mathematische Pferd.)
Die Summe der Winkel, welche die Richtung nach unten
fortsetzen, muss nach dem Lehrsatze der Mathematik, dass die
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Summe zweier Nebenwinkel zwei Rechte beträgt, stets zwei Rechte betragen.
Wir finden beim regelmässig gebauten arabischen Pferde diese einzelnen Winkel am günstigsten gruppirt. Ist bei einem Pferde der eine Winkel grosser oder kleiner als das angegebene Maass, so muss ein anderer diese Differenz immer wieder ausgleichen.
Fig. 23. Die gerade Stellung der Vor­derbeine (von vom gesehen).
Fig. 24. Die gerade Stellung der Hinterbeine (von hinten gesehen).
Die unregelmässigen Siellungen der Gliedmaassen.
In der Praxis findet man nun aber vielfache Abweichungen von der geraden Stellung der Gliedmaassen, wie wir sie eben beschrieben haben.
Betrachten wir das Pferd wiederum zuerst von der Seite, so kann die allgemeine Richtungslinie der Gliedmaassen von der
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Senkrechten nach vorn oder nach hinten der ganzen Länge nach d. h. von oben bis unten, oder vom Knie oder Sprunggelenk ab nach unten, abweichen. Der Grund zu dieser Abweichung liegt dann in einer abweichenden Länge oder Kürze des Rückens, oder in einer abweichenden Gruppirung der Winkel der einzelnen Knochen und in einem Missverhältniss zwischen der Länge. So entsteht der rückständige Stand (siehe Fig. 25c):,
1)nbsp; nbsp;bei zu langem Rücken;
2)nbsp; wenn bei kurzer und steiler Schulter das Armbein zu iang ist,
3)nbsp; wenn bei langer und steiler Schulter das Armbein zu schräg steht;
4)nbsp; wenn das Schienbein vom Knie ab nach hinten gerichtet steht (das Pferd krumm ist);
6) wenn der Fessel zu steil ist.
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Der vorderständige Stand kann eintreten (siehe Fig. 25b):
1)nbsp; bei zu kurzem Rücken;
2)nbsp; wenn die kurze schräge Schulter ein zu steiles Arm­bein hat;
3)nbsp; wenn die lange schräge Schulter ein zu kurzes Armbein hat;
4)nbsp; wenn das Schienbein vom Knie ab nach vorn gerich­tet steht (Kälberbein);
5)nbsp; wenn die Fessel zu schräg und lang ist.
Aehnlich ist es bei der Hinter­hand.
Die vorständige Stellung kann stattfinden (siehe Fig. 26b):
1)nbsp; weil der Rücken zu lang ist;
2)nbsp; weil das Backenbein zu schräg steht und dadurch, namentlich bei steiler Krupe, das Kniegelenk zu weit vorkommt;
•. •
Fig. 25.
a.nbsp; Die gerade Stellung.
b.nbsp; Die vorständige Stellung.
c.nbsp; Die rückständige Stellung.
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3)nbsp; weil das Schenkelbein im Kniegelenk zu steil an das Backenbein angesetzt ist;
4)nbsp; weil das Schienbein im Sprunggelenk schräg nach vorn gerichtet ist (säbelbeinig);
5)nbsp; weil die Fessel zu lang und schräg steht. Die rückständige Stellung (siehe Figur 26c) tritt ein:
1)nbsp; wenn der Rücken zu kurz ist;
2)nbsp; wenn das Backenbein zu steil ist;
Kg 26.
a.nbsp; nbsp; Die gerade Stellung.
b.nbsp; nbsp; Die vorständige Stellung.
c.nbsp; nbsp; Die rückständige Stellung.
Fig. 27. Abweichung vom Vorderknie ab.
a.nbsp; nbsp; Die rückbiegige Stellung.
b.nbsp; nbsp; Die vorbiegige Stellung.
3)nbsp; wenn das Schenkelbein mit ihm im Knie zu schräg verbunden und zu lang ist;
4)nbsp; wenn das Schienbein im Sprunggelenk zu steil zum Schenkelbein steht;
5)nbsp; wenn der Fessel zu steil steht.
In Bezug auf die Winkelung der Gliedmaassen haben wir bei Betrachtung des Pferdes von der Seite noch zwischen einer
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stumpfen (harten) und einer spitzen (weichen) Winkelung zu unter­scheiden (siehe Fig. 28 und 29).
Mit der ersteren bezeichnen wir die quot;Winkelung, welche sich mehr dem gestreckten Winkel nähert, als dies bei der beschriebe­nen geraden Stellung der Fall ist, mit der letzteren die spitzere Winkelung.
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lïg. 28. Die stumpfe Stellung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fig. 29. Die spitze Stellung.
Die schärfere oder schwächere Winkelung erstreckt sich oft nicht gleichmässig auf sämmtliche Gelenke. So kommt es z. B. Tor, dass Schien- und Fesselbein ganz gerade auf einander gerich-
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tet stehen, oder dass das Fesselbein zum Schienbein sich fast wagerecht verhält. Erstere Stellung nennt man die stelzbeinige, letztere die bärenfüssige.
Betrachten wir nun die Richtung der Gliedmaassen von vorn und von hinten, so finden wir ebenfalls häufige Abweichungen vom Lothe und zwar entweder nach aussen, oder nach innen.
Erstere Stellung, wo die Schen­kel gleichsam auseinander laufen, nennt man die „bodenweite^siehe Fig. 30), die andere, wo sie gleich­sam zusammenlaufen die Bb o den­en gequot; (siehe Fig. 31) Stellung und ist es hierbei gleichgültig, ob der Beginn der Abweichung von der Schulter, vom Knie, oder von der Fessel zu rechnen ist. Indessen bedarf es bei dem letzteren Falle, wo also bei bis dahin gerader Schenkelstellung nur vom Fessel­gelenk abwärts eine Abweichung stattfindet, noch einer Bemerkung. Es kann nämlich die Abweichung in gerader Längenrichtung vom Lothe nach aussen oder innen ge­schehen und unterscheidet man dar­
^--1 Fig. 30. Die bodenweite Stellung.
nach zehenweite oder zehen-
enge Stellung, oder sie kann (von oben nach unten) in schräger, diagonaler Richtung nach aussen oder innen geschehen und spricht man dann von „französisch-boden­weiter oder bodenengerquot; Stellung (siehe Fig. 31).
Ausser diesen mehr oder weniger geradlinigen Abweichungen findet man auch noch andere Variationen der bodenweiten und bodenengen Stellung, wobei die Schenkel statt gerade, gekrümmt sind. Sind in diesem Falle bei den Vordergliedmaassen die Kniee eng zusammen, so spricht man von x beiniger, bodenweiter Stel­lung (siehe Fig. 33). Sind hinten die Sprunggelenke enge zusammen, so spricht man von „kuhhessigerquot; bodenweiter Stellung. Sind da­gegen die Kniee oder die Sprunggelenke zu weit, so dass die Gliedmaassen gleichsam zwei Bogen nach aussen beschreiben^ s*
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nennt man diese Stellung die „fass- oder o beinigequot; bodenenge Stellung (siehe Fig. 34).
Beim Schluss dieses Kapitels über die unregelmassigen Schenkel­stellungen wollen wir über die Abweichungen der Vorder- und Hinterbeine, welche bei Betrachtung derselben von der Seite, vom Knie resp. Sprunggelenk ab nach hinten oder vorn, von der
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Fig. 31. Die bodenenge Stellung. Fig. 32. Die diagonale Stellung, senkrechten (geraden) Richtung stattfinden, (siehe Fig. 26 und 27) zur Vermeidung von Irrthümern, welche bei den Vorderbeinen durch andere als bisher gebräuchliche Benennungen entstehen könnten, folgende Bemerkungen hinzufügen.
Abweichungen von der geraden Richtung, welelie vom Vorder­knie ab nach hinten stattfinden und wobei das Torderknie wie nach vorn gebeugt ist, bezeichnete man bisher mit „vorbiegigquot; oder „kniehängigquot;, solche vom Vorderknie ab nach vorn, wo­bei das Knie scheinbar nach hinten durchgebogen, mit „rückbie-gigquot; oder „kälberbeinigquot;.
Abweichungen von der geraden Richtung vom Sprunggelenk ab nach hinten oder vorn, wo im ersteren Falle das Unter-
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scbeiikelbein mit dem Schienbein im Sprunggelenk geradlinig auf­einander stehen, im anderen Falle gegeneinander einen quot;Winkel von 125—120o bilden, wurden „geradequot; oder „stuhlbeinigquot; und „scharf gewinkeltquot; oder „säbelbeinigquot; genannt.
Zur Vereinfachung und zum besseren quot;Verständniss haben wir statt dieser 4 verschiedenen Benennungen, welche im Grunde ge-
Fig. 33. X beinige Stellung. Fig. 31 Fassteinige Stellung.
nommen nur zweierlei bezeichnen, 2 gewählt, und zwar: die Ab­weichung vom Vorderknie resp. Sprunggelenk ab nach hinten nennen wir analog der rückständigen Stellung „die rückbiegige Stellungquot;, die vom Vorderknie resp. Sprunggelenk ab nach vorn analog der vorständigen Stellung, „die vorbiegige Stellungquot;.
Die frühere Vorbiegigkeit beim Vorderbein und gerade Winke-lung beim Hinterbein ist also jetzt die „rückbiegige Stellungquot; und die frühere Rückbiegigkeit des Vorderknies und scharfe Win-kelung des Sprunggelenks, die jetzige „vorbiegige Stellungquot;.
Rückständige und rückbiegige und vorderständige und vorbie­gige Stellungen sind Abweichungen vom Lothe nach ein und der-
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selben Richtung und haben, wie wir im nächsten Kapitel sehen wer­den, gleiche Hufformen. Dies ist der Grund weshalb die Ver­änderung der Benennungen der gedachten Stellungen vorgenommen wurde und soll damit zugleich angedeutet werden, wie nothwen-dig es ist, solchen Benennungen den Vorzug zu geben, welche das Verständniss fördern.
Die Bewegung der Gliedmaassen.
a) Bei regelmässiger, gerader Stellung.
Die Bewegung der Gliedmaassen bei der geraden Stellung ge­schieht in gerader Richtung, von hinten nach vorn, so dass man sie mit den Schwingungen eines Pendels vergleichen kann, wenn man sich das Pferd in der Luft sehwebend und die Bewegung der Gliedmaassen ohne Beugung derselben geschehen denkt. —
Diese Beugung selbst geschieht in der Richtung von vorn nach hinten und vorn, ohne seitliche Abweichung nach aussen oder nach innen.
Unterständige oder vorständige Stellungen bei gerader Rich­tung von vorn betrachtet, verändern diese Art der Bewegung nicht.
b) Bewegung der Gliedmaassen bei unregelmässiger (von vorn betrachtet) Stellung.
1. Bei boden weiter Stellung. Während der Beugung und Streckung beschreibt der Fuss einen Bogen, so dass der Huf von seiner Fussstapfe nach innen sich der Fussstapfe des Nebenfusses nähert und von da an bis zur nächsten eigenen Fussstapfe, sich wieder nach aussen wendet. Die Bewegung geschieht also nicht in gerader Linie von vorn nach hinten und vorn, sondern von vorn und aussen nach hinten und innen und vorn und aussen.
2. Bei bodenenger Stellung.
Von einem Aufsetzen des Hufes bis zum nächsten beschreibt die Gliedmaasse einen Bogen nach aussen. Die Bewegung ist also von vorn und innen nach hinten und aussen und vorn und innen.
Es ist klar, dass wenn auch jeder Punkt am Fuss den Bogen nach innen resp. nach aussen beschreibt, derselbe desto grosser wird, je entfernter wir denselben vom Knie nach unten gerechnet annehmen, dass also der Huf den gross ten Bogen beschreibt. Selbstverständlich kann es bei der Art der Bewegung der Glied-
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maassen der bodenweiten Stellung leicht vorkommen, dass der vor­beigehende Fuss den stützenden Fuss, namentlich mit dem inneren Rand des Hufes, am Fesselgelenk streift und verletzt. Man nennt dies das Streichen, auf welches bei Ausführung des Beschlages be­sondere Rücksicht genommen werden muss.
Die Art der Bewegung der Gliedmaassen bei bodenenger Stellung giebt natürlich viel weniger Veranlassung zum Streichen.
Analog der Bewegung bei der bodenweiten resp. bodenengen Stellung ist die bei den Modificationen derselben, der bodenweiten-französischen und xbeinigen, resp. der bodenengen-französischen und fassbeinigen Stellung.
Bei der xbeinigen und fassbeinigen Stellung tritt namentlich bei den Hinterfüssen oft eine nach aussei! resp. nach innen er­folgende Drehung der Gliedmaassen, im Momente der Belastung ein, die zum Streichen Veranlassung giebt. Da diese Verdrehung eine naturgemässe ist, so muss sie unterstützt werden, man hat nur beim Beschläge bei xbeiniger Stellung den inwendigen, bei fass-beiniger Stellung den auswendigen Stollen am Hufeisen fehlen zu lassen, wie wir später noch sehen werden.
Tritt zur unterständigen oder vorständigen Stellung von der Seite gesehen, auch noch eine Abweichung der Richtung von vorn gesehen, hinzu, so ist die Bewegung bei derselben auch resp. die der bodenweiten oder bodenengen Stellung. Von der Seite gesehen gewahren wir bei der unterständigen und vorständigen Stellung bei sonst gerader Richtung nur eine Verschiedenheit in der Länge des Schrittes. quot;Während bei letzterer die Fussstapfe der Hinterfüsse oft bis zu einem Fuss und darüber hinter denen der Vorderfüsse zurückbleiben, liegen bei ersterer die der Hinterfüsse fast eben so viel vor denen der Vorderfüsse. Dadurch kann leicht, namentlich wenn die Breite des Ganges hinten dieselbe wie vorn ist, ein An-stossen der Zehe des Hinterfusses an den Ballen des Vorderfusses, das sogenannte Greifen oder Einhauen, erfolgen.
Die Bewegung der stumpf- oder spitzgewinkelten Gliedmaassen, des Stelzfusses und der bärenfüssigen Stellung ist mit dem Gesag­ten ebenfalls schon abgemacht und ist hierzu nur noch hinzuzufü­gen, dass Pferde mit stelzbeinigen Gliedmaassen sich kurz und stossend, solche mit spitzwinkligen, oder bärenfüssigen dagegen, lang und weich bewegen. Letztere bieten daher mehr Gelegenheit zum Greifen als erstere.
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Der Huf des Pferdes.
Die Form und Beschaffenheit des Hufes hängt zunächst von
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der Grosse und Race der Pferde ab.
Wir unterscheiden Vorder- und Hinterhufe.
Der Vorderhuf (siehe Fig. 35) in seiner normalen Beschaffen­heit ist mehr rund als länglich, die quot;Wand desselben glatt, eben und von feiner Textur. Ein Maass für seine Grosse giebt es nicht, jedoch muss er zur Grosse des Pferdes in einem harmonischen
Verhältnisse stehen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; _.._..nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .•,.,,.
-fciin der Lange nach durch die
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Mitte geführter Schnitt theilt ihn in zwei gleiche (symmetrische) Hälften (siehe Figur 36). Die Sohle, deren Zehenlinie mit der horizontalen Erdbodenfläche un­gefähr einen Winkel von 20—22'A0 bildet, ist massig gewölbt, der Tragerand der Wand überragt die Sohlenfläche nur etwa um '/s Zoll, weil er sich entweder in den weichen Boden eingraben, oder auf hartem die Sohle vor der Berührung mit demselben
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schützen soll.
Die Verbindun­gen sind überall
Fig. 35. Der Vorderhuf (von unten gesehen).
innig, ohne Risse und Trennungen; der Strahl kräftig,
ebenfalls ohne Risse,elastisch un d mit scharf abge­grenzten Vertie­fungen und Erha­benheiten. Die Ecken desselben
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(hinten) haben die gleiche Höhe der Trachtenecken.
Fig. 36. Längendurchschnit eines regelmässigen Vorderhufes
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Die Richtungslinien der Zehenwand und der Trachten sind, yon der Seite gesehen, parallel; die Wände, die innern sowohl wie die äussern, verlaufen in gleich schräger Richtung nach abwärts und das Yerhältniss der Trachtenhöhe zur Zehenlänge ist wie 1 : 2th, oder höchstens wie 1: 3. Die Zehenwand ist stärker als die Trachtenwände, die Eckstreben gerade und haben dieselbe Richtung wie die Hornwand. Der hintere Trachtentheil ist beweg­lich und die ganze Hufwand hat eine grosse Kraft der Zusammen-ziehung, welcher das Ausdehnungsvermögen beim Druck der Last von oben wiederum entgegentritt.
Die Richtungslinie der vorderen Zehenwand bildet mit der horizontalen unteren Fläche einen Winkel von 45deg;, (siehe Huf der geraden Stellung), die der Trachtenwand einen von 90o und muss also bei der kreisförmigen Richtung der Wand dieser Winkel auf den Seiten und aussen und innen gleichmässig von 45deg; bis 90deg; wachsen. Das Pferd tritt beim Fussen der Gliedmaasse auf den Boden gleichmässig mit allen Thèilen des Tragerandes zugleich auf. Die Yorderhufe haben im Stande der Ruhe mindestens a/i des absolu­ten Körpergewichts zu tragen, in der Bewegung fast das ganze fallende Körpergewicht aufzufangen und dasselbe über die Zehe hinwegheben zu lassen.
DerHinterhuf ist mehr spitz als rund (siehe Fig. 37).
Denkt man sich den Längen­durchschnitt eines Hühnerei's quer halbirt, so stellt ungefähr die spitzere Hälfte die Form des Hinterhufes, die rundere die des Vorderhufes dar.
Die Zehenwand beim Hinter­huf ist nicht stärker als die Trachten wand und die Zusammen-ziehungskraft der ganzen Horn­wand nicht so stark als beim Vorderhuf.
Fig. 37. Der Hinterhuf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Im Uebrigen gilt in Bezug auf
Beschaffenheit der Theile, Winkelstellung und Richtung der Wände lum Erdboden dasselbe wie beim Vorderhuf.
Die Hinterhufe haben im Stande der Ruhe nur etwa Vlaquo; des
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absoluten Körpergewichts zu tragen, in der Bewegung dagegen den Stützpunkt für die Kraft der Vorwärtsschiebung, gewissermaassen die Stütze des Gewichtes der physischen Kraft des Pferdes zu sein, mit welcher der Körper vorwärts geschoben oder geschnellt wird.
Wenn man diese verschiedene Belastung der Vorder- und Hin­terhufe während der langen Zeit der Ruhe erwägt, so erklärt sich der stärkere Bau des Vorderhufes; erwägt man ferner, dass in der Bewegung die Vorderhufe die ganze Last aufzufangen, die Hinter-füsse nur fortzuschieben haben, so ist die Notwendigkeit der grosseren Zusammenziehungsfähigkeit der Hornwand des Vorder­hufs ersichtlich, welche die übermässige Erweiterung des Hufes beim Empfang des Stosses vom Erdboden her verhütet, und aus allem geht klar hervor, dass die Vorderhufe häufigeren Erkrankun­gen unterworfen sein müssen, als die Hinterhufe, dass es eine grosse Einseitigkeit wäre, Vorder- und Hinterhufe gleichmässig beschlagen zu wollen, dass der Beschlag der Vorderhufe aber ganz besondere Sorgfalt erfordert.
Den beschriebenen Huf finden wir bei einem normal gebauten Pferde mit gerader Schenkelstellnng, sofern das Messer eines un­geschickten Schmiedes die von der Natur hergestellten Formen nicht vernichtet hat. Die Race des Pferdes hat hierbei aber den Einfluss, dass bei den edleren der Huf enger, bei den gemeineren derselbe weiter ist.
quot;Wir unterscheiden demnach im Allgemeinen „engequot; und „weitequot; Hufe.
Der enge Huf (siehe Fig. 38).
Der enge Huf kommt bei edleren Racen, die auf festem Boden gezogen sind, hauptsächlich vor und unter­scheidet sich von dem ebenbeschrie­benen regelmässigen durch eine mehr längliche, gleichsam zusammenge­drückte Form, er ist im Verhältniss zur Höhe und Länge zu eng; die Seiteliwände verlaufen fast senkrecht zum Erdboden. Bei einem Winkel an der Zehe von 45deg;, steigt derselbe an den Seitenwänden bis zu SOraquo; und Fig. 38. Der enge (edle) Huf. i8t an den Trachten oft grosser als
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90 bis zu 120o, so dass dieselben eingezogen - erscheinen.
Der Tragerand ist schmal, die Sohle zeigt bei einem Län­gendurchschnitt (sie­he Fig. 39) sich scharf gewölbt und die Rich­tungslinie desselben am Zehentheil hat zur
pjo, ggnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; horizontalen Boden-
Längendurchschnitt eines engen (edlen) Vorderhufes, fläche einen Winkel
von 25 bis 30deg;. Die Textur ist sehr fein, das Aussehen zart und glänzend, seine
Zusammenziehungsfähig-keit sehr stark, demnach die Neigung zum Engwerden vorherrschend.
Der weite Huf
(siehe Pig. 40). Der weite Huf kommt vorzugsweise bei den ge­meinen Racen, welche auf weichem, sumpfigem Boden gezogen sind, vor, die Form
Fig. 40. Der weite (gemeine) Hut.
ist entschieden rund, die
Höhe desselben
ist zu gering zur quot;Weite der Boden-fiäche, der Trage­rand der Horn-
wand erscheint sehr breit, die Wände verlaufen in schräger Rich­tung zum Erdbo-
Rg. 41. Längendurchschn. eines weiten (gemein.) Hufes.
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den, der Winkel an der Zehenwand ist spitz, kaam 25 bis 30deg; and wächst nur wenig bis zu den Trachten, beträgt in der Mitte etwa 50 bis 60deg;, an den Trachten 80 bis 85o, Die Sohle zeigt bei einem Längendurchschnitt (siehe Figur 41) sich nur sehr massig gewölbt, die Richtungslinie des vorderen Zehentheils derselben fällt fast mit der horizontalen Bodenfläche zusammen, die Zusammen-ziehungsfähigkeit der ganzen Hornwand ist nur gering, die Neigung zum Weiterwerden vorherrschend.
Zu diesen beiden Hauptarten des engen und weiten Hufes gehören nun sämmtliche vorkommenden Hufformen.
Auf die besondere Gestaltung hat jedoch die Schenkelstellung und Winkelung der Gliedmaassen einen hervorragenden Einfluss und wollen wir jetzt bei jeder einzelnen Stellung die Notwen­digkeit der Modification der resp. Form nachweisen.
Der halbenge und halbweite oder bodenweiie Huf.
Die Natur lässt jeden uubeschlagenen Huf sich an seiner Bodenfläche so abnutzen, dass das Pferd gleichzeitig mit allen
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Theilen des Tragerandes den Boden berührt und ein Kippen nach irgend einer Seite hin vermieden wird, da durch dieses die Gelenke und Sehnen über-mässig angegriffen und ver­letzt werden würden.
Denkt man sich nun zunächst ein Pferd mit bodenweiter Stellung der Gliedmaassen mit beschrie­benem regelmässigemHufe, so ist es klar, dass es nicht mit allen Theilen
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Fig. 42. Der bodenweite resp. bodenenge Huf.
der unteren Huffläche gleichzeitig auftreten kann.
es würde auf der inneren Kante stehen (siehe Fig. 30. Die
bodenweite Stellung. Huf derselben.), die äussere in der Luft
schweben.
Damit nun das Kippen nach aussen und dadurch die Zerrung
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der Gelenkbänder und Gelenke vermieden wird, reibt die Natur beim unbeschlagenen Pferde mit bodenweiten Gliedmaassen soviel an der inneren Hufkante ab, bis die ganze untere Huffläche beim Aufsetzen gleichmässig den Boden berührt.
So entsteht der Huf der bodenweiten Stellung.
Betrachten wir nun denselben genauer, so finden wir zu­nächst, dass der Huf gewissermaassen auf der inneren Kante ge­stellt ist, dass die inwendige Wandseite zur besseren Aufwärts­leitung des Stosses steiler, senkrechter zum Erdboden steht, als die äussere und als solche (senkrechte) kürzer ist, der innere Tragerand muss in Folge dieser senkrechten Richtung schmaler, als der äussere erscheinen, und wenn wir uns den Huf der Länge nach in zwei Hälften getheilt denken, so wird die innere Hälfte ein enger, die äussere ein weiter Huf sein, auf sie also die resp. Winkelverhältnisse der engen und weiten Hufe ihre Anwendung finden. (Siehe Fig. 38 und 40.)
Der inwendige Sohlentheil ist ebenso in Folge dessen scharf, der auswendige flach gewölbt, der Huf der boden weiten Stellung demnach eine Zusammensetzung des weiten und engen Hufes, und kann leicht zum halben Zwanghuf werden, in Folge der ver­schiedenartigen Kraft der Zusammenziehungsfähigkeit der Wände, die innere mehr, die äussere weniger, um so mehr, wenn das von der Natur angezeigte Verfahren des niedrigen Haltens der inwen­digen Wand nicht bei der künstlichen Beschneidung beibehalten wird. Wir konstruiren uns auf analoge Weise den Huf der boden­engen Schenkelstellung.
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Der enge und halbweite oder bodenenge Huf.
(Siehe Fig. 42 u. 31. Der bodenweite Huf und die bodenenge Stellung.)
Denken wir uns ein Pferd mit bodenenger Stellung mit einem regelmässigen Hufe, so könnte dieses nur auf der äusseren Kante stehen und müsste, um mit der ganzen unteren Huffläche den Boden berühren zu können, nach innen umkippen, also die Gelenke an­greifen. Die Natur beschneidet also durch die Abreibung so lange die äussere Wand, bis das Pferd, ohne nach innen zu kippen, den Boden mit der ganzen unteren Hnffläche berührt.
Die äussere Wand muss hierbei also auch nothwendig steiler
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verlaufen als die innere, und kürzer sein. Der Huf ist ebenso eine Zusammensetzung des engen und weiten Hufes, nur mit dem Unterschiede, dass hierbei die äussere Hälfte den engen Huf bildet.
Bei der künstlichen Beschneidung muss also das Verfahren der Natur, die äussere Wandseite niedriger zu halten, beibehalten werden, um den halben Zwanghuf zu vermeiden.
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Der diagonale Huf.
Der diagonale (französische) Huf kann einer der vorgenannten Formen angehören, jenachdem die Schenkelstellung gerade, boden­weit, bodenenge ist. Er unterscheidet sich von diesen nur dadurch, dass er auf dem Boden ruhend, statt mit seiner Zehe gerade nach
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vorn, in diagonaler Richtung nach aussen oder innen zeigt, wodurch seine innere Trach­tenecke bald mehr nach vorn der Schwerlinie näher, bald mehr nach rückwärts, dieser entfernter liegt. Zu bemerken ist noch, dass bei diagonal-bodenweiter Stellung die in­nere, bei der bodenengen die äussere Tracht desselben niedriger und steiler seinmuss. Bei der ersteren ist die Rich­
tungslinie der äusseren
Fig. 43. Der diagonale Huf.
Tracht von der Krone nach dem Tragerande in der Regel parallel der Richtungslinie der Zehe, die der inneren Tracht läuft dagegen senkrechter und wird nach unten verlängert, sich von jener entfernen, nach oben verlängert, sich mit jener schneiden; bei der diagonal-bodenengen Stellung ist das umgekehrt der Fall. Gehen wir nun zur vorderständigen Stellung über, so ist es klar, dass bei derselben ein Pferd mit dem regelmässigen Hufe zuerst mit den Trachten auftreten und nach der Zehe überkippen
uiüsste. Die Natur beschneidet durch Abreibung dem entsprechend
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die Trachten so lange, bis ein gleichzeitiges Auftreten mit allen Huftheilen möglich ist. Die Folge davon ist ein Missverhältniss zwischen Länge der Tracht zu der der Zehe, dieselbe beträgt 1:3 bis 4. Da zur vorderständigen Stellung noch die bodenweite oder boden­enge und französische (diagonale) hinzutreten kann, so kann der Huf sich auch noch nach dem vorher Gesagten modificiren müssen.
Bei dieser Stellung steht die Tracht nicht nur nicht im Lethe, sondern vor dem Lothe, die Schwerpunktslinie fällt über die Tracht nach hinten zu herab. (Siehe Fig. 25 b.)
Gehört der Huf der vorderständigen Stellung auch noch den engen Hufen an, so liegt die grösste Neigung für den sogenannten Zwanghuf vor, besonders wenn die Trachten noch kürzer ge­schnitten werden, als die Natur sie haben will.
Bei der rückständigen Stellung (siehe Figur 25c) ist das Umgekehrte der Fall. Das Pferd würde mit regelmässigem Hufe zuerst immer mit der Zehe auftreten und darnach die Fessel so lange durchtreten, bis die Trachten den Boden berühren. Die Natur nimmt also so viel von der Zehe weg, bis ein gleichmässiges Auftreten möglich ist. Das Verhältniss der Trachten- zur Zehen­länge ist hierbei wie 1:2. Die Neigung zum Stelzfuss ist gross, namentlich wenn man der Natur zuwider durch Niederschneiden der Trachten ihn verbessern will.
Bei der stumpfgewinkelten Stellung ist dasselbe Verhältniss. Die Zehenwand ist nur fast noch senkrechter und die Trachtenwand mit dieser gleich hoch. Die durch die Stumpfheit der Gelenke entstandene Kürze der nach hinten liegenden Beugesehnen ver­bietet ein zu starkes Durchtreten (Zerrung der Beugesehnen) und erfordert diese Form. Man nennt diesen Huf Stumpf- oder auch wohl Bockhuf. (Siehe Fig. 28.)
Aehnlich dem Hufe der vorderständigen Stellung ist der der spitzgewinkelten, bei Pferden mit langen und weichen Fesseln, deren Fesselgelenke sich scharf ein- oder durchbiegen.
In der Regel ist dies ein weiter Huf mit schräge zur Erde verlaufenden Wänden, dessen Tracht also im Verhältniss zur Zehe sehr niedrig ist.
Wir kommen zuletzt noch zur bärenfüssigen Stellung.
Da Kronen- und Hufbein sich dem fast wagerecht liegenden Fesselbein im rechten Winkel nach unten anschliessen, so muss der dieser Stellung eigenthümliche Huf analog der der stumpf-
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gewinkelten Stellung ein stumpfer sein. Ein Herunterschneiden der Trachten -würde hier, wenn auch bei der wagerechten Lage des Fesselbeins nicht Stelzfuss, so doch Zerrung und Verdickung der Beugesehnen und ein Leiden des Fessel-, Kronen- und Huf­gelenkes herbeiführen.
ßecapituliren wir das in diesem Kapitel Gesagte, so sehen wir, dass die Natur jeder Stellung eine nach derselben modificirte Hufform bestimmt zuweist. Jede derselben kann man deshalb in gewissem Maasse mit dem Ausdruck „normalquot; bezeichnen.
Wir sehen aber umgekehrt daraus, wie falsch es sein würde, einen Huf überhaupt als Normalhuf hinzustellen und darnach jeden nicht normalen Huf auf das normale Verhältniss zurückführen zu wollen.
Die durch dieses Bestreben hervorgerufene Einseitigkeit ist hauptsächlich an den vielfachen Sünden Schuld, deren der Hufbeschlag
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sich an den Pferden schuldig gemacht hat.
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Wir unterscheiden also statt eines normalen Hufes folgende verschiedene naturgemässe Hufformen:
a.nbsp;je nach der Race der Pferde:
1)nbsp; den Huf der edlen Race (engen Huf),
2)nbsp; den Huf der gemeinen Race (weiten Huf),
b.nbsp; nbsp;je nach der Stellung der Gliedmaasse:
3)nbsp; den Huf der geraden Stellung,
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4)nbsp; den Huf der bodenweiten Stellung,
5)nbsp; den Huf der bodenengen Stellung,
6)nbsp; den Huf der diagonalen (französischen) Stellung,
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7)nbsp; den Huf der vorständigen und vorbiegigen Stellung,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,
8)nbsp; den Huf der rückständigen und rückbiegigen Stellung,
c.nbsp; nbsp;je nach der Winklung der Gliedmaasse:
9)nbsp; den Huf der stumpfwinkligen Stellung (stumpfen Huf, Huf mit hoher Tracht),
10) den Huf der spitzwinkligen Stellung (spitzen Huf, Huf mit niedriger Tracht. Die bisher üblichen Benennungen für die verschiedenen un-regelmässigen Hufformen als: Eselshuf, Flachhuf, Bockhuf und schiefer Huf sind entschieden nicht gut. Ob die damit ge­meinten Hufe zu den kranken oder gesunden Hufen zu zählen seien, war zweifelhaft. Der Beschlagschmied, bei seinem
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geringeren Beurtheilungsvermögen, hielt sie natürlich stets für „krankquot; oder doch für „abnormquot; und machte sie gesund resp. normal, wodurch den armen Pferden seither entsetzliches Unrecht zugefügt worden ist.
Wir haben diese Benenntingen ganz verworfen und an ihre Stelle solche gesetzt, die den Beschlagschmied möglichst davor bewahren, der Natur zuwider zu han­deln, die ihm vielmehr anzeigen und ihn darauf hinführen, stets der Natur nachzugehen, indem wir dieselben je nach Race, Stellung und Winklung der Gliedmaassen der Pferde (wovon, wie wir gesehen, dieFormen der Hufe bestimmt werden) gewählt haben.
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#9632; #9632; • quot;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; #9632;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;#9632;
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III. Abschnitt:
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Der HufbescMag.
Wir kommen nunmehr zur praktischen Anwendung dessen, was
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wir in den vorhergehenden Abschnitten gelernt haben.
Dem eigentlichen Beschläge des Pferdes muss eine eingehende Prüfung des zur Schmiede gebrachten Pferdes vorangehen. Mannbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;:.'||i
besichtige dasselbe auf einem möglichst ebenen Boden, auf den das Pferd, auf allen 4 Füssen gleichmässig stehend, hingestellt wird, zunächst von der Seite und frage sich, welche Schenkelstellung das Pferd hat, ob es unterständig oder vorderständig, stumpf- oder spitzgewinkelt ist, betrachte den Huf ganz genau, ob das Verhält-niss der Zehen- zur Trachtenlänge der Schenkelstellung entspricht und ob derselbe gesund oder krank ist.
Hierauf trete man vor das Pferd und betrachte es von vorn,
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stelle die Richtung der Gliedmaassen von vorn fest, ob sie boden­weit, bodenenge oder diagonal ist, mache sich darauf ein Bild, wie die Natur den Huf der Stellung gemäss zugerichtet hätte, wennnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i
dieselbe an ihrer Arbeit nicht durch das aufgeschlagene Hufeisen verhindert worden wäre und prüfe, in wiefern der Huf, wie wir ihn sehen, mit diesem Bilde übereinstimmt. Dann hebe man die Füsse auf und stelle fest, ob die Hufe der engen oder der weiten Gattung angehören.
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Nachdem man hierauf das Pferd im Trabe hat führen lassen, um zu sehen, ob es nicht lahm zur Schmiede gekommen ist, lässt man es im Schritt einmal von sich -weg, dann wieder auf sich zu­führen und prüft nun den Gang des Pferdes, ganz speciell quot;wie die Gliedmaassen bewegt werden, ob das Pferd gl eichmässig mit allen Theilen der unteren Tragewand der Huffläche auftritt.
Tritt das Pferd mit einem Theil der unteren Hufwandfläche zuerst (früher) auf, als mit den übrigen Theilen, so ist das stets ein Beweis dafür, dass der zuerst aufgesetzte Theil zu hoch oder zu lang ist. Die Art des Auftretens muss das Urtheil, was wir über die Richtigkeit der Form des Hufes bei der Prüfung des Pfer­des im Halten gefasst haben, bestätigen, dieselbe ist gewissermassen der Prüfstein dafür, ob der Huf in naturgemässer Form erhalten, oder wo an derselben gefehlt worden ist.
In Fällen, wo die Gliedmaassen zu einander verschieden ge­stellt sich verhalten und wo jeder einzelne Huf der besonderen Prüfung bedarf, genügt das einmalige Ab- und Zuführen des Pfer­des nicht, dasselbe muss dann mehrmals geschehen.
In dem richtigen Erkennen des gerade in dem vor­liegenden Falle erforderlichen, dem Maasse der Ab­weichung der Stellung der Gliedmaassen entsprechenden Grades der Modification der Hufform, in dieser Nothwendig-keit zu Indivldnallsiren, liegt die ganze Eunst des Hnflbeschlages, aber auch die Klippe, an der die Einseitigkeit der deut­schen handwerksmässigen Hufschmiede bis jetzt ge­scheitert ist.
Wir haben gesehen, dass das unbeschlagene, im Freien sich Selbst überlassene Pferd, den Huf an seiner unteren Tragerand­fläche in dem Maasse plan abnutzt, als er von oben nachwächst.
Wir können diese Abnutzung „die natürliche Beschnei­dang der Hufequot; nennen.
Wir haben ferner gesehen, dass die natürliche Beschneidung den Huf stets in die seiner Natur gemässe Form bringt.
Bekämen wir ein solch.es Pferd also vor die Schmiede, so wür­den wir an der Form der Hufe nichts zu ändern haben.
In der Praxis tritt dieser Fall aber nur sehr selten ein, meistens bekommen wir Pferde, deren Hufe entweder schon mit Eisen ver­sehen waren, oder aber, wie bei den Kavalleriepferden nach der Winterperiode solcheHufe, wo bei der geringen Bewegung der Pferde
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die Natur nicht Zeit und Gelegenheit hatte, soviel unten abzureiben, als der Nachwuchs von oben betrug.
Es wird dann also eine künstliche Beschneidung eintreten müssen, die in ihrem Erfolge dasselbe erreichen soll, wie die natür­liche, nämlich: Entfernung des abgestorbenen Hornes und Erhal­tung des Hufes in seiner naturgemässen Form.
Handelt es sich darum, bei früherem Beschläge begangene Sünden wieder gut zu machen, so wird uns die Betrachtung der Abnutzung der alten Hufeisen einerseits, andererseits die der Oberfläche der Hufwand, beachtenswerthe Winke geben, welche uns die so schwere Beurtheilung der individuellen, natur­gemässen Hufform erleichtern.
quot;Wir haben gesehen, dass die Natur die untere Huffläche so haben will, dass das Pferd gleichmässig mit allen Theilen des Hornwandtragerandes zu gleicher Zeit den Erdboden berührt und darnach den Huf natürlich beschneidet. Ist die vollständige Ausfüh­rung dieses Bestrebens bei der zu harten Beschaffenheit des auf­geschlagenen Eisens nun auch nicht möglich, so wird das Bestre­ben, selbst die zu hohen Stellen des Hufes abzuschleifen, sich doch (sobald das Eisen schon längere Zeit gelegen hat) an der stärkeren Abnutzung des entsprechenden Theiles des Eisens zeigen, da diese Stellen zuerst den Boden berühren, deshalb auch den ersten und stärksten Stoss und die grösste Eeibung auszuhalten haben.
Finden wir bei Betrachtung des alten Eisens eine Seite des­selben mehr abgenutzt, wie die andere, so schliessen wir also rück­wärts, dass die Natur die Hufwand an dieser Stelle niedriger haben will, finden wir ebenso die untere Fläche des Eisens an dem Zehentheil nicht gleichmässig bis zu den hinteren Trachtennagel­löchern, wenn auch etwas stärker an der Zehe, (in Folge des Ein­setzens der Zehe ia den Erdboden, bei der Beugung des Gliedes und der üeberhebung der Last über die Zehe) abgerieben, sondern an der Zehe bis zu den ersten Zehennagellöchern wie abgeschnit­ten stärker, die übrigen hinteren Theile des Eisens dagegen gar-nicht abgenutzt, so war die Zehe zu lang. Finden sich endlich die Trachtentheile des Eisens zti stark im Verhältniss zu den übrigen abgerieben, so sind die Trachten des Hufes zu hoch gewesen und früher auf den Boden gesetzt worden.
Man sieht hieraus, wie ungemein wichtig die aufmerksame Be­trachtung der Art der Abnutzung der alten Eisen ist und wie der
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Beschlagschmied nicht genug darauf sein Augenmerk zu richten angewiesen werden kann.
Ist der Huf schon längere Zeit durch falsche Beschneidung in einer nicht naturgemässen Form erhalten worden, so zeigt sich das Bestreben der Natur, die naturwidrig zu hoch oder zu lang gelas­senen Theile der Hornwand niedriger oder kürzer zu machen, (namentlich bei Hufen mit schwachen Wänden) durch eine Stau­chung des betreifenden Theils, durch eine Ein- oder Ausbuchtung nach innen oder aussen. Finden wir also umgekehrt eine solche Stauchung, oder Ein- oder Ausbuchtung der Hornwand an einem Hufe, so ist dies demnach ein Fin­gerzeig der Natur, dass diese Stelle niedriger oder kürzer geschnitten werden soll.
Hat der Beschlagschmied durch die Benrtheilung des Pferdes im Halten und beim Vorführen, sowie durch die Betrachtung des Hufes und der Abnutzung der alten Eisen, sich ein Bild von der herzustellenden, naturgemässen Form des Hufes gemacht, so be­ginnt der, wenn man so sagen will, mechanische Theil des Huf­beschlages:
„Das Abnehmen der alten Eisen, die künstliche Beschneidung der Hufe, das Schmieden der Hufeisen, resp. das Eichten und Auf­passen der schon geschmiedeten Hufeisen und schliesslich das Auf­nageln, die Befestigung der Hufeisen.quot;
Bevor der Schmied jedoch an das Werk geht, soll er noch die Frage an den Eigenthümer oder Pfleger des Pferdes stellen: ob sich das Pferd das Aufheben der Füsse gefallen lässt oder nicht, ob es vielleicht das ist, was man mit dem Ausdrucke „bösequot; bezeichnet, und richtet sich darnach, um Unglücksfälle zu verhüten.
Das Aufhalten der Pferde zum Beschlag.
Der englische Hufschmied braucht keinen Aufhalter, er hebt sich den Fuss selbst auf und hält ihn zwischen seinen Knieën fest. So empfehlenswerth es auch ist, wenn auch unsere Schmiede sich diese Geschicklichkeit zu erwerben suchen, so ist diese Methode doch bei unseren Pferden, welche durchschnittlich schlechter als die englischen beim Beschläge stehen, da sie nicht wie diese, von Jagend auf daran gewöhnt sind, nicht im Allgemeinen durchführ-
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bar und wird, da bei den Militairpferden immer auch Leute genug zum Aufhalten disponibel sind, wohl auch schwerlich zur Regel #9632;werden. Jedenfalls muss dem Schmied das Verfahren beim Auf­halten eines Pferdes bekannt sein.
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1) Aufhalten der Füsse zum Beschläge bei ruhigennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^
Pferder.
Das zu beschlagende Pferd wird bequem, so dass es sich mög­lichst gut umsehen kann, angebunden, worauf der Aufbalter mit dem Pferde sprechend und es klopfend, so dass die Aufmerksam­keit desselben auf ihn gelenkt wird, vorn an dasselbe herantritt. Wenn das Pferd ruhig bleibt, tritt er (wir nehmen an, dass dasnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; If I]
rechte Vorderbein aufgeboben werden soll) nach der rechten Schul­ter zurück, legt die linke Hand flach gegen dieselbe, bückt sich, das Gesicht dem Pferdekopfe zugewendet, umfasst mit der rechten Hand die Fessel und scbiebt mit der linken Hand den Körper des Pferdes nach der entgegengesetzten Seite hinüber. In Folge dieses Manövers lässt sich das Bein mit Leichtigkeit aufwärts krümmen. Ist das Pferd bis zu dem Moment des Krümmens des Beines ruhig geblieben, bis zu welchem das Auge des Aufhalters auf das Pferde­auge gerichtet bleibt, so macht er eine Wendung nach links, legt die linke Hand um die Fessel, stützt das Vorderknie des Pferdes auf seine rechte Lende und hält den Huf zum Beschläge hin.
Analog geschieht das Aufheben des linken Vorderbeines nur mit Wechsel der Hände und rechts statt links Wendung.
Ist der rechte Hinterfuss aufzuheben, so geht der Aufhalter langsam vom Kopf her mit dem rechten Arm den Körper berüh­rend und unter Schmeichelreden klopfend nach hinten bis zur - .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ..nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;..nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; sj
Hüfte, indem er sich möglichst nahe an den Pferdekörper anlehnt,
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was das Pferd vertrauter und gehorsamer macht.
Er stützt nunmehr die rechte Hand gegen die Hüfte, streicht mit der linken flachen Hand allmälig den ganzen Schenkel abwärts, fasst das Fesselgelenk und zieht den Fuss nach vorn und unter den Leib, während er zu gleicher Zeit den Körper mit der rechten Hand nach der entgegengesetzten Seite schiebt. Hierauf tritt er mit dem rechten Fuss soweit vor, dass seine Lende eine Stütze für den nach vorn aufgehobenen Hinterfuss abgiebt, lässt die rechte Hand von der Hüfte los, führt sie streichelnd über das Sprung-
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gelenk hinweg nach der Fessel, wo er sie anlegt, und umspannt so mit beiden Armen und Torn mit seinem Leibe den ganzen Hintern fuss vom Sprunggelenke ab und hält ihn für den Beschläger fest. Das Ueberfassen mit dem rechten Arm über das Sprunggelenk nach der Fessel, das Vorwärtstreten gegen den gekrümmten Fuss und das Zufassen mit der rechten Hand muss Alles möglichst leise und behutsam aber schnell und in einem Tempo geschehen.
Analog geschieht das Aufheben des linken Hinterbeines mit entsprechendem Wechsel der Hände.
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2) Das Aufhalten der Füsse zum Beschläge bei unruhigen Pferden.
Als erste Regel hierbei gilt, das Pferd nicht etwa am Kopfe durch eine starke Halfter festzulegen, da dies dasselbe nur noch widerspenstiger machen würde, sondern es durch einen ruhigen, verständigen Mann an den heruntergenommenen Trensenzügeln (die Trense stets ohne Scheuklappen) mit spielender Hin- und Herbe­wegung des Gebisses im Maule, halten zu lassen, damit dadurch die Aufmerksamkeit des Pferdes auf den vor ihm stehenden Gehülfen gelenkt wird. Hierauf tritt der Aufhalter vorsichtig heran und verlaquo; sucht die so eben beschriebene Manipulation. Schlägt das Pferd aus, oder begeht sonst irgend eine Ungezogenheit, so bekommt es einen strafenden Ruck mit der Trense im Maule. Der Gehülfe hat hierbei wohl aufzumerken, dass die Strafe der Ungezogenheit fast in demselben Momente folgt und nicht etwa eintritt, wenn das Pferd gehorsam war, dem ein lohnendes Streicheln vielmehr folgen muss.
Durch Geduld und Ausdauer wird es auf diese Weise in vie­len Fällen gelingen, das Pferd zu beruhigen.
Statt der Trense kann man sich auch des sogenannten Kapp­zaumes bedienen, doch ist dieser Gebrauch mit noch grösserer Vorsicht verbunden, da der bedeutend heftigere Schmerz die Pferde leicht erst recht zu Widersetzlichkeiten reizt.
Je nach der Ungezogenheit ist ein mehrmaliges Rückwärts-tretenlassen des Pferdes, namentlich im tiefen Sande, unter leich­ten ruckweisen Trensenanzügen sehr vortheilhaft.
Schlagen Pferde sehr heftig und lassen sie sich gar nicht an-kommen, dann wird ihnen durch zwei Mann, welche rechts und links in die Trensenmundstücke fassen, der Kopf möglichst hoch und
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fest gehalten. Ein dritter Gehülfe streift über des Pferdes Bücken and sucht behutsam bis zum Schwänze zu kommen, den er an den Haaren erfasst und nach dem Kreuze zu scharf aufwärts krümmt.
Vermag er der Kraft der niederziehenden Schwanzmuskeln halber
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ihn nicht allein in der aufgebogenen Lage zu halten, so greift noch ein vierter Gehülfe mit zu. In dieser Stellung ist das Pferd un­vermögend zu schlagen, die Kraft der langen Bückenmuskeln und niederziehenden Halsmuskeln ist gebrochen, der Aufhalter kann nun dreist zufassen und das Bein, welches sich etwas schwer aufbiegen lassen wird, aufheben, vorausgesetzt, dass die vier Gehülfen fest­halten.
Es giebt nun aber Pferde, welche trotz dieser Procedur, so­bald ein Bein berührt wird, vorwärts stürmen und die vier Ge­hülfen mit sich fortreissen. In solchen Fällen wird der Kopf statt aufgehoben herabgedrängt. Sechs Mann, drei an jeder Seite, welche sich gegenseitig ihre Hände reichen oder einzeln ihre Arme über den Hals des Pferdes legen, ziehen den Kopf fast bis zum Erdboden herab und lassen ihn nicht in die Höhe. Die Last des ganzen Pferdekörpers wird dadurch auf die Vorderfüsse verlegt, wodurch das Vorwärts stürmen verhütet wird, während das Hinter-theil ebenfalls seine Kraft zum Vorwärtsschieben der Last durch die Aufwärtskrümmung des Schwanzes verloren hat.
Hierbei kommt es vor, dass die Pferde, weil ihnen die Last zu schwer wird, niederknieen, oder wohl gar sich niederlegen. In beiden Fällen dürfen die Gehülfen nicht loslassen, sondern müssen, wenn das Pferd kniet, aufpassen und parat sein, es fest­zuhalten wenn es sich wieder erhebt, oder müssen, wenn es sich niederwirft, sich daraufsetzen und es nicht wieder in die Höhenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,
lassen. In diesem Zustande werden die Beine aneinandergefesselt und es so beschlagen. Es versteht sich von selbst, dass solche Proceduren nur auf weichem Boden vorgenommen werden können.
Andere Zwangsmittel, als: Bremse jedweder Art, festes Ankne-beln des Pferdes, Aufziehen mit Seilen, Nothstall etc. machen das Pferd nur noch böser (besonders wenn es der edlen Race an-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. 4
gehört), so dass es ohne dieselben garnicht mehr beschlagen wer­den kann, sind also entschieden zu verwerfen.
Ruhige Behandlung, kleine Strafen zur rechten Zeit und dreistes Anfassen machen die Pferde nach und nach so vertraut, dass sie schliesslich ganz von selbst stehen.
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78 Die Abnahme der alten Hufeisen.
Mit Hülfe der bekannten Nietklinge und des Klöppels schlägt der Schmied die Nieten der Hufnägel zurück und lüftet durch Eintreibung der Klinge, zwischen Huf und Eisen das letztere, zieht darauf mit der Abnahmezange die Nägel einzeln heraus und hebt mit ihr, indem er die Mäuler derselben zwischen Huf und Eisen genau schliesst und die Schenkel nach sich überdrückt, das Eisen vom Hufe ab.
Die Nietklinge muss natürlich gehörig scharf sein, damit man die eingelassenen Nieten bequem fassen kann und darf nicht zu lang sein, damit man mit derselben nicht zu grosse Gewalt anwen­den kann. Will man mit derselben das Eisen lüften, so drückt man das Ende nach unten, nicht nach oben, da sonst der spitze Theil auf die Sohle drücken und dem Pferde Schmerz bereiten würde.
Die Abnahmezange muss recht lange, höchstens 3/4 Zoll breite und ganz keilförmig zugespitzte Mäuler haben. Der Durchmesser des geschlossenen Maules muss mindestens 2—3 Zoll gross sein, damit auch das breiteste Eisen bequem umfasst werden kann. Will man sie zum Abheben der Eisen benutzen, so müssen die Mäuler unter dem Eisen geschlossen sein, bevor man sie als Hebel be­nutzt und sich beim Ueberbiegen nur auf dem Tragerand der Wand stützen. Sind sie nicht geschlossen, so drückt die Ecke des einen Maules beim Ueberdrücken der Schenkel schmerzhaft die Sohle.
Die linke Hand hält in beiden Fällen des Abhebens den Huf an der Zehe umspannt und verhindert, dass das Fesselgelenk ge­zerrt wird. Es kann nicht sorgsam genug auf alles dieses geach­tet werden, da hierdurch ein ruhiges Stehenbleiben der Pferde bewirkt wird, im anderen Falle dieselben aber unruhig gemacht werden.
Das Ausschneiden oder Beschneiden der Hufe.
Die künstliche Beschneidung der Hufe hat, wie wir gesehen haben, nur den Zweck, die natürliche, welche durch das aufgelegte Eisen verhindert wird, zu ersetzen. Es mass demnach das über­flüssige todte Horn an der unteren Fläche in der Art entfernt wer-
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den, dass der Huf mit seiner unteren Fläche gleichmässig und mit allen seinen Theilen beim Aufsetzen den Boden berührt.
Ist dieses Prinzip bei einem früheren Beschläge nicht befolgt, so zeigt uns die Prüfung des Ganges vor dem Beschläge, durch die Art und Weise des Auftretens des Pferdes, sowie die Betrach­tung der Abnutzung der alten Hufeisen und die Beschaffenheit der äusseren Wandoberfläche die Stelle an, wo nachgeholfen werden muss.
Immer wieder ist es Pflicht des Beschlagschmiedes sich klar zu machen, dass er, um das zu viel und zu wenig bei der Be­schneidung beurtheilen zu können, individualisiren muss. Jeder einzelne der 4 Füsse eines Pferdes kann verschieden behandelt werden müssen.
Desshalb Feststellung der Form, welche der Huf bekommen soll vor der Beschneidung. Kein Schmied kann sich vermessen, das Maass einer, für die Stellung und Bewegung der Gliedmaassen geeigneten planen Beschneidang, ohne vorangegangene Prüfung zu kennen und wird durch eine Unterlassung derselben dem armen Thiere viel Schmerz, dem Eigenthümer grossen Schaden ver­ursachen.
Bei der Arbeit des Beschneidens ist etwas zu beachten, was sich nicht lehren, sondern nur aus der Praxis lernen lässt; das ist die Unterscheidung des todten vom lebenden Horn. Ersteres ist mürber und sieht auf der Schnittfläche immer grauer, punktirter aus als letzteres.
Das todte Horn (aber nur dieses) ist zu entfernen, das leben­dige in Ruhe zu lassen und liegt hierin die Grenze, weshalb es nicht immer möglich ist, in der Form misshandelten Hufen auf einmal ihre naturgemässe Form wiederzugeben. Dies kann nur nach und nach geschehen, indem man bei jedem neuen Beschläge, bei jedem neuen Ausschneiden ihr näher zu kommen sucht.
Wenn es im Grunde auch gleichgültig ist, mit welchem Messer man ausschneidet, vorausgesetzt, dass man nur überhaupt gut und richtig schneidet, so hat doch die Erfahrung gelehrt, dass für unsere Verhältnisse das von dem Grafen von Einsiedel eingeführte arabische Messer, nebst dem englischen Rinnmesser und der Ras­pel die practischten Werkzeuge sind.
Der englische Schmied gebraucht hauptsächlich nur die Raspel zur Verkürzung des Tragerandes, das Rinnmesser zur Reinigung
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der Sohle, waa vermöge der Art und Weise, den Fuss ohne Hülfe anderer zu halten, leichter auszuführen ist, namentlich, da bei der Gewohnheit der Engländer ihre Pferde öfter beschlagen zu lassen als dies bei uns geschieht, auch nie sehr viel Horn auf einmal zu entfernen ist.
Da die deutschen Schmiede im Allgemeinen mit dem Aufhalten der Füsae aus verschiedenen Gründen noch nicht allein fertig wer­den und sie bei der Beschaffenheit unserer Hufe und dem seltenen Beschläge viel Kraftaufwand und die doppelte Zeit brauchen wür­den, so müssen sie neben dem englischen noch ein anderes Messer haben. Wegen seiner vielfachen Vorzüge (deren Ausführung zu weit führen würde) vor dem alten deutschen Stossmesser ist bei uns das arabische Messer in seiner bekannten Form eingeführt worden.
Sind die alten Nieten (Stifte) beseitigt, so wird die scharfe äussere Hornwandkante mit der Raspel weggenommen, dann ent­fernt man mit dem englischen Rinnmesser die todten Horntheile aus der Sohle und vom Strahle und schneidet darauf mit dem arabi­schen Messer den, nach Entfernung des todten Sohlenhornes, die Sohle zu weit überragenden Tragerand der Wand rund herum so­weit nieder, dass derselbe nur noch um eine Linie die weisse Linie überragt.
Ueber die Art des Gebrauches des arabischen Messers giebt der Graf von Einsiedel folgende Vorschrift:
„Nachdem der Fuss gehoben und der Huf in die linke Hand genommen worden, lasse man sich auf das rechte Knie nieder und stemme den linken Ellenbogen auf das linke Knie. Will man zu­erst die rechte Seite des Hufes niederschneiden und steht das Trach­tenende tiefer als der Strahl, so setze man die äussere Ecke der Messerklinge an dem Winke], welcher Tracht und Eckstrebe bil­det, an und schneide damit auswärtsziehend im Bogen der Zehe des Hufes zu. Beim Beschneiden der linken Seite des Hufes setze man die dem Schaft nahestehende innere Ecke des Messers am Eckstrebenwinkel an, schneide so zuerst seiner linken Schulter zu, dann von derselben Tracht ungefähr im entgegengesetzten Bogen wie vorher der Zehe zu, bis man dem schon ausgeführten Schnitte der rechten Hufseite begegnet,quot;
Die Eckstreben dürfen nicht herausgeschnitten, sondern nur in dem Maasse beschnitten werden, wie die Wand und da sie nach
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der Strahlspitze zulaufend, vom Erdboden sich entfernen, so sind dieselben von dem Winkel, der sie mit der Wand verbindet, nach der Strahlspitze zu allmälig mehr zu beschneiden. Den eingeschobe­nen Sohlentheil, welcher bei Beschneidung der Sohle besonders sorgfältig von todten Hornmassen zu reinigen ist, muss die Eck­strebe aber immer noch überragen. Im Allgemeinen hat der Schmied beim Ausschneiden die Trachtenhöhen des Itufes mit einander zu vergleichen und ebenso die Grosse der correspondirenden Hufe überhaupt mit einander.
Man hüte sich ausserdem, die Glasur der Wand beim Umras-peln des Tragerandes zu zerstören und vor dem Brennen der Hufe mit glühenden Eisen oder Schlacken, um ihn weich zu machen.
Das Richten und Aufpassen der schon geschmiedeten Hufeisen
auf den Huf.
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Die technischen Handgriffe beim Schmieden der einzelnen Huf­eisen haben wir bereits im ersten Theile angegeben, wir haben uns an dieser Stelle also nur mit dem Richten, d. h. dem Passend­machen derselben für den Huf, je nach seiner Weite und Richtung der Hufwände zum Erdboden, zu befassen.
Je nach der Grosse und dem Dienstgebrauch des Pferdes wird das Eisen verschieden gross und stark, oder klein und schwach ausgewählt.
In Bezug auf die Weite muss das Hufeisen so gerichtet wer­den, dass es von der Zehe an bis zu den beiden Trachtennagel­löchern ganz genau passt und der Aufzug*) oder die Kappe ganz genau in der Mitte zwischen den beiden Zehennagellöchern sich befindet.
*) Der praktische Vorgang heim Anhämmem des Aufzuges (Kappe) ist folgender: Nachdem das Eisen zum Eichten im Feuer gleichmässig hoch-roth wann geworden und ihm auf dem Ambos mit Hülfe des Handhammers die Form gegeben ist, wie sie die Perepherie der Homwand des Hufes vor­schreibt, wird der Aufzug angehämmert. Zu dem Ende wird das ganze Eisen in einer Richtung zur vorderen Ambosfläche von 45 o genau mit dem mittle­ren Zehentheile auf den vorderen Band (Kante) des Amboses gehalten, so dass der Zehentheil diesen um V4 Zoll überragt. In dieser Haltung wird der überragende Zeheneis entheil mit dem Handhammer, welcher beim ersten
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Von den Trachtennagellöchern ab bis an das Ende, muss das Eisen ganz allmälig und unmerklich weiter werden, bis es höchstens um Ys Zoll die Trachtenwände überragt.
In Bezug auf die Länge gilt als Regel, dass die Eisen mit ihren Schenkelenden die Tracht des Hufes nach hinten um min­destens V* Zoll überragen müssen.
Fig. 44. Der regelm. Huf in. Eisen.
Kg. 45. Der enge Huf m. Eisen.
Was nun den Tragerand betrifft, so muss derselbe stets so gerichtet sein, „dass durch denselben die Hornwand rechtwinklig unterstützt wird.quot; (Siehe Fig. 44^47.)
Hierans ergiebt sich mit Nothwendigkeit, dass der­selbe ebenso wenig stets wagerecht sein darf, wie ihn Miles haben will, noch stets schräg, wie die alten deutschen Eisen ihn zeigten, sondern je nach der Sichtung der Hornwände zum Erdboden das eine oder das andere.
Das in dieser Weise gerichtete Eigen wird nun auf den Huf aufgepasst, d. h. es wird in schwarzrothem Zustande auf den Huf gelegt, entweder mit Hülfe der Zange oder des Hufeisendornes,
Schlage so darauf geführt weiden muss, als wolle man die Amboskante brechen, während die folgenden Schläge bei gleichzeitiger Senkung des gan­zen Eisens nach der vorderen Ambosfläche mehr und mehr auf die obere Ambosfläche und somit auf den über die Amboskante gequetschten Eisentheil fallen müssen, zum Aufzug angehämmert. Der Aufzug mnss eine dem Eisen entsprechende Stärke und Grosse haben und muss an der Basis stärker sein als an der Spitze. Er muss angerichtet die Verschiebung des Eisens nach hinten bei der Bewegung des Pferdes verhüten, darf also nicht so schwach sein, dass er sich hierbei aufbiegt.
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Länge und Weite beurtheilt und der Tragerand desselben mit dem Tragerand der Hornwand in gleichsam luftdichte Berührung ge­bracht. Letzteres erreicht man am sichersten, wenn man den Horn-wandtragerand abwechselnd mit dem Eisen ansengt*) und mit der Raspel etwaige Erhabenheiten ebnet. Hiernach wird das Eisen ab­gekühlt und dann noch einmal kalt aufgehalten und zugesehen, ob
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Kg. 46. Der weite Hof m. Eisen
Yig. 47. Der halbenge u. halbweite Huf m. Eisen.
Länge und Weite desselben passen und ob Eisen- und Wandtrage­rand sich genau berühren. Ist das der Fall, dann raspelt man von dem Tragerand der Trachtenwände und zwar von vorn nach hin­ten allmälig zunehmend soviel herunter als nöthig ist, um bei auf den Huf gehaltenem Eisen eine Messerklinge zwischen Eisenschen­kel und Trachtenecken schieben zu können. Der Act des Auf-passens der Eisen ist damit beendet.
*) Das gelinde und verständige Aufsengen des Hufeisens auf den Trage-rand der Wand ist zum Zwecke der gleichmässigen Berührung beider nicht allein sehr vortheilhaft, sondern sogar zur besseren Haltbarkeit des Beschla­ges und zur Conservirung der Hornwand geboten. Die Poren der Homröhr-chen der Hornwand werden durch das Sengen zugeschmort (geschlossen) und der Tragerand dadurch dichter und widerstandsfähiger.
Die Homsohle darf nicht gesengt werden, die Pleischsohle liegt unmittel­bar über derselben. Der Pleischtheil der Hornwand, die Homwulst, liegt dagegen weit über dem Tragerand der Hornwand und kann beim Aufsengen der Eisen gamicht lädirt werden.
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Das Hufeisen für den regelmassigen oder geraden Vorderhuf.
(Siehe Fig. 48).
Bei dem Hufeisen für den regelmässigen oder geraden Huf •wird der beim Schmieden angebrachte horizontale Tragerand also an der Zehe herum in einen nach dem Erdboden zu schräg nach innen verlaufenden verwandelt werden müssen, während er dort, wo die Richtung der Wand zum Erdboden senkrecht ist, horizon­tal bleiben muss. Die einfache Ueberlegung muss uns sagen,
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dass ebenso wie die senkrecht zum Erdboden stehende Trachten­wand in ihrer Ausdehnung gehin­dert und eingeklemmt wird, wenn sie auf einem schräg nach innen gerichteten Tragerand, also in einem stumpfen Winkel ruht, die schräg zum Erdboden gerichtete Zehenwand auf einem horizontalen oder gar schräg nach aussen ge­
richteten Tragerand, mit dem sie also einen spitzen Winkel bilden würde, nach aussen weichen und sich in ihrer Verbindung mit der
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Fig. 48.
Hufeisen für den regelmässigen oder geraden Vorderhuf.
Sohle, in der weissen Linie trennen müsste.
Das Hufeisen für den engen Vorder­huf. (Siehe Fig. 49.)
Das gerichtete Hufeisen für den engen Huf muss mit Ausnahme eines kleinen Theiles an der Zehe, wo es entweder mit Zehenrichtung*) oder mit einem schräg nach innen verlaufenden Trage­rand versehen ist, durchweg einen horizontalen Tragerand haben.
Fig. 49. Hufeisen für den engen Vorderhuf.
*) Unter Zehenrichtung versteht man ein von beiden Zehennagellüchern ab nach oben Gerichtetsein des Zehenhufeisentheils. Ein mit Zehenrichtung versehenes Hufeisen auf eine wagerechte Platte gelegt, berührt diese mit der
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85 Das Hufeisen für den weiten Huf. (Siehe Fig. 50.)
Mit Ausnahme des hintersten Trachtentheiles, der einen hori­zontalen Tragerand der senkrechten Stellung der Trachtenwände
halber haben muss, muss der Tragerand der Rich­tung der quot;Wände halber schräg nach innen ver­laufen, also das Eisen dem
alten deutschen hierin gleichen.
Ein horizontaler Trage­rand würde die, wie wir gesehen haben, bei diesen Hufen bereits vorhandene Neigung zum Weiterwerden noch vermehren.
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Fig. 50. Hufeisen für_den weiten Huf.
Das Hufeisen für den boden­weiten Vorderhuf. (S. Fig. 51.)
Da der bodenweite Huf aus einer weiten (äusseren) und einer engen (inneren) Hälfte zusammengesetzt ist, so muss das Eisen dem entsprechend auch an dem äusseren Schenkel einen bis zum Trachtenende schrägen (deutschen), an dem inneren Schenkel einen horizon­talen Tragerand haben.
Fig. 51. Hufeisen für den bodenweiten und bodenengen Huf.
ganzen unteren gefalzten Fläche bis zum vorderen, inneren unteren Zehen­rande ganz genau, von hier ab hebt sich der Zehentheil desselben, nach Art des vom Erdboden aufwärtssteigenden Theiles eines Schlittenbaumes, also vom inneren Zehenrande allmälig anfangend und bis zum vorderen Zehen-rande zunehmend, von der Platte um so viel ab, dass der mittelste und
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Das Hufeisen für den bodenengen Vorderhuf. (S. Fig. 51.)
Für dieses gilt das Umgekehrte. Horizontaler Tragerand auf dem äusseren, schräger auf dem inneren Schenkel, gleichfalls mit Ausnahme des Trachtenendes, welches einen horizontalen Trage­rand behalten muss.
Das Hufeisen für den diagonalen Vorderhuf.
Das Hufeisen für den diagonalen Huf muss, da die inwendige Trachtenecke desselben mehr nach vorn, d. h. nach der Mitte des Hufes zu gerichtet oder gestellt ist, an seinem inwendigen Schenkel zur besseren Unterstützung der Last um so viel länger sein, als die auswendige Trachtenecke mehr wie die inwendige nach hinten reicht. Eine von der äusseren Trachtenecke quer durch die Län­genachse des Körpers gezogen gedachte Linie muss mit dem hin­teren Rande des inwendigen Schenke]endes zusammenfallen.
Da der diagonale Huf der geraden, engen, weiten, bodenengen und bodenweiten Form angehören kann, wird der Tragerand der Eisen sich stets nach den entsprechenden Formen richten.
Das Hufeisen für den vorderständigen und spitzen Vorderhuf.
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Dieses muss bei der scharfen Neigung der Trachtenwände zum Erdboden und bei dem Niedrigersein derselben um 'A bis V2 Zoll länger als gewöhnlich sein, damit die Körperlast, welche mehr nach hinten herabfällt, gehörig unterstützt wird. Ein von dem hinteren Ballenrande herab gefälltes Loth muss die Schenkelenden des Eisens treffen. Im Uebrigen gilt für das­selbe das beim geraden, engen, weiten, bodenweiten, bodenengen Huf Gesagte.
vorderste Zeheneisentheil um die Höhe der halben Eisenstärke von dieser entfernt ist. Zehenrichtung erhalten die Hufeisen bei Pferden, die schon etwas gebraucht, d. h. deren Kräfte etwas geschwunden sind, und bei solchen, die viel auf dem Pflaster traben müssen. Sie dient dazu, die Ueberhebung der Körperlast über die Hufzehen zu erleichtern.
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87 Das Hufeisen für den unterständigen und stumpfen Vorderhuf.
Dasselbe darf bei der fast senkrechten Neigung der Trachten­wände zum Erdboden und bei dem Höhersein derselben durchaus nicht länger, muss sogar bei unterständiger und rückbiegiger Stel­lung der Gliedmaassea kürzer als gewöhnlich sein, damit die Pferde sich nicht greifen.
Je nachdem der unterständige und stumpfe Huf ein gerader, enger, weiter, bodenweiter, bodenenger ist, gilt für die Richtung der Eisen das bei diesen Formen Gesagte.
Der Schmied hat also beim Richten der Hufeisen behufs Her­stellung des Tragerandes genau die Richtung der quot;Wände, und be-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;hufs Abwägung der Länge die Neigung der hinteren Trachten­linie zum Erdboden zu beurtheilen. Da wo die Wände, von vorn nach hinten gesehen, senkrecht zum Boden verlaufen, muss der Tragerand horizontal, da wo sie schräg nach aussen laufen, muss derselbe schräg nach innen gerichtet sein; und da, wo die Trachter;-vvände, von der Seite gesehen, scharfe Neigung nach vorn haben (untergeschoben sind), muss das Eisen länger, wo sie senkrechter geneigt (steil) sind, kürzer als gewöhnlich sein. — Selbstredend muss der Tragerand der Hornwand des Hufes stets so geschnitten werden, dass er in seiner ganzen Breite von dem des Eisens be­deckt wird, die äussere Kante muss also bei schrägem Tragerand des Eisens abgenommen werden. Das Resultat muss beim Auf­passen der Eisen immer das sein, dass der plane Tragerand des Eisens möglichst luftdicht an den des Hufes sich anschliesst.
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Das Richten der Hinterhufeisen, Eisen mit Stollen und Griff.
quot;Wir haben gesehen, dass die plane Berührung des Hufes und somit die des Hufeisens mit dem Erdboden, die Hauptaufgabe bei Beschneidung der Hufe und Richten der Eisen ist; Hufeisen mit Stollen oder Streichschenkel an den Enden, oder solche mit Griff und Stollen verhindern aber selbstverständlich dieselbe. Bei Huf­eisen mit Stollen oder Streichschenkel und bei solchen mit Griff und Stollen kommen zuerst diese hervorstehenden Theile des Eisens auf den Boden.
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Um auch bei diesen eine plane Berührung mit dem Boden zu erzielen, müssen bei Eisen mit Stollen oder Streichschenkel die Trachtenwände verhältnissmässig mehr als die Zehenwand, und bei Eisen mit Griff und Stollen Trachtenwände und Zehenwand mehr als die Seitenwände beschnitten werden, so dass in letzterem Falle das Hufeisen von der Seite gesehen eine fast kahnähnliche Richtung erhält.
Auf diese Weise wird eine möglichst plane Berührung der­selben mit dem Boden bewerkstelligt und der so sehr gefürchtete Nachtheil der Stollen vermieden.
In Bezug auf die Beschaffenheit des Tragerandes, Länge und quot;Weite desselben gilt alles das über Vorderhufeisen Gesagte.
Das Aufschlagen der Hufeisen.
Passen die Hufeisen genau auf die Hufe, sind die Nagellöcher noch einmal aufgelocht, so dass ein Nagel leicht bis an seinen Kopf durchfällt, sind die inneren Ecken an den Trachten weg­gehauen, und ist der äussere Rand etwas befeilt, so werden sie aufgeschlagen oder aufgenagelt. Hierzu gehören eigens gerichtete oder gezwickte Nägel, d. h. Nägel, welche an ihrem unteren Ende auf folgende Weise spitz gemacht sind:
Mit Hülfe des kleinen Zwickhammers wird die Spitze des Nagels von der einen Breitseite der andern zu dachartig zuge­schärft. Dieser zugeschärfte 'A Zoll lange Theil heisst die Zwicke und darf um keinen Preis unganz, d. h. gespalten sein. Sie be­wirkt, dass der Nagel, wenn der dachartige Theil nach der Mitte des Hufes hin gewendet wird, sich beim Einschlagen nach aussen krümmt und die Wand rechtzeitig durchbohrt. Von der Zwicke aufwärts bis zum Kopf muss der Nagel eine sanfte Biegung nach der entgegengesetzten Seite der Zwicke hin haben, damit er beim Einschlagen, statt sich zu sehr nach innen zu krümmen, nur gerade wird.
Sind die Nägel gerichtet, dann werden zuerst zwei an der Zehe eingeschlagen, worauf man das Pferd auftreten lässt um sich zu überzeugen, ob das Eisen auch gerade liegt. Liegt es gerade, so werden die übrigen Nägel eingeschlagen. Das von manchen Schmieden beliebte Beisetzen des Hammers auf
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das Eisen nach jedem Schlage auf den Nagelkopf ist zu unter­lassen, da laquo;jeder Schlag auf das Eisen dem Pferde Schmerz ver­ursacht und es unruhig macht.
Sind alle Nägel eingeschlagen, so umfasst man den Huf mit der linken Hand am Zehentheil und treibt alle Nagelköpfe fest bis auf den Grund des Falzes hinab, hierauf wird die Zange unter jede Nagelspitze, welche die Wand durchbrochen hat, gehalten und der Nagel durch leichte auf den Kopf geführte Hammer­schläge allmälig gegen die Hufwand zu aufgebogen. Der Huf wird dann auf den Bock gesetzt, die hervorstehenden Nagelspitzen mit der Beisszange dicht am Hufe abgekniffen, unterhalb des ab­gekniffenen Nageltheiles wird mit dem Nietstemmer ein kleines
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Stückchen Horn als Bett für die aufzubiegende Niete herausgehoben und dann der Nagel umgebogen. Das Umbiegen oder Zumachen kann bei aufgehobenem Fusse oder auf dem Bocke gemacht wer­den. Die Zange oder auch das Nieteisen wird gegen den oberen
Rand des abgekniffenen Nagels gehalten und die Spitze durch leichte auf den Kopf geführte Schläge auf Vs Zoll umgebogen und in die für sie eingestemmte Grube gelegt. Es versteht sich von
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selbst, dass dabei die Zange zuerst in einer der Hornwand gleich­laufenden Richtung untergehalten und dann mit der allmäligen Aufwärtskrümmung der Nagelspitze auch allmälig mehr von der Richtung der Wand ab aufwärts gehalten werden muss.
Der über den Zehentragerand des Eisens etwa hervorstehende Hornrand wird nun vorsichtig, ohne die Glasurschicht des Hufes weiter als bis zu den Nieten hinauf zu verletzen, abgeraspelt und dann der Huf mit einem fettigen Lappen abgerieben.
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Prüfung des Pferdes nach dem Beschlag.
Nach Ausführung des Beschlages wird das Pferd wiederum auf einen möglichst ebenen Platz analog wie bei der Prüfung vor dem Beschläge vorgeführt und der Beschlagschmied vergewissert sich nun, ob er das Erstrebte erreicht hat, ob das Pferd jetzt mit allen Theilen der unteren Fläche des Hufeisens gleichmässig den Boden beim Aufsetzen des Hufes berührt, ob die hergestellte Form desselben also die seiner Natur gemässe ist.
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Einige Tritte Trab überzeugen darauf den Schmied, ob das Pferd nicht etwa durch einen falsch eingeschlagenen Nagel lahm geworden ist.
Der Beschlag lahmer Pferde.
Es ist Erfahrungssatz, dass von allen Lahmheiten der Pferde 2/3 ihren ausgesprochenen Sitz im Hufe haben. Bei vielen aber ausserdem noch lässt sich die Ursache auf den Huf oder richtiger gesagt auf Beschlagsfehler zurückführen.
Wir haben gesehen, dass jede Gliedmaassenstellung ihre na-turgemässe Hufform, d. h. ein bestimmtes, dem sogenannten nor­malen oft widersprechendes Verhältniss der Höhe der Seitenwände gegeneinander und der Höhe der Tracht zur Länge der Zehe verlangt.
Die unterlassene Herstellung dieses richtigen Verhältnisses bestraft sich entweder direct am Hufe, z. B. durch Steingallen, Hornspalten, Zwanghufe etc. oder auch an den Gelenken. So be­wirkt ungleiche Höhe der Seitenwände durch das starke Ueber-kippen des Fusses von der höheren nach der niedrigen Seite, auf der höheren leicht Verstauchungen der Gelenke, auf der niedrigen leicht Dehnungen der Gelenkbänder; ein Missverhältniss zwischen Trachtenhöhe und Zehenlänge entweder durch die zu starke Er­schütterung der hinteren Kronen- und Hufgelenktheile bei zu hoher Tracht den entzündlichen Zustand, den wir mit Verbällung be­zeichnen, oder bei zu niedriger Tracht und zu langer Zehe Köthen-schüssigkeit. Stelzbeinigkeit, und durch die Zerrung der Sehnen bei dem zu starken Durchtreten der Fessel Sehnenanschwellung.
Wir haben ferner gesehen, dass jede Hufform eine der Rich­tung der Wände zum Erdboden entsprechende naturgemässe Be­schneidung, d. b. einen bestimmten, dem sogenannten normalen oft widersprechenden Durchschnittswinkel der Hornwand, und zwar allemal einen dieselbe rechtwinklich kreuzenden verlangt, und dass das Hufeisen einen der Schnittfläche der Hornwand ent­sprechenden Tragerand haben, d. h. bald schräg nach innen, bald horizontal, bald schräg nach aussen sein muss.
Eine Unterlassung dieser Regeln bei der Beschneidung des Hornwandtragerandes und Anhämmern des Hufeisentragerandes
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bestraft sich ebenfalls direct am Hufe, z. B. durch Trennungen der Verbindungen: lose, getrennte Wand, und durch Zusamnienklem-mung und Stauchung der Wände, Hornspalten, Steingallen etc. oder auch an den Gelenken. So bewirkt eine schräg nach innen und oben gerichtete Schnittfläche des Wandtragerandes, bei senk­rechter Wandstellung neben schräg nach innen und unten gerich­tetem Hufeisentragerand, durch Zasammenklemmung des Hufes Quetschung des Huf- und Kronengelenkes; eine horizontale Schnitt­fläche, bei schräg nach aussen gestellter Wand neben horizontalem Eisentragerand, durch Auseinanderweichen des Hufes Fussentzün-dung (Verschlag) und eine schräg nach aussen gerichtete Schnitt­fläche bei schräg nach innen gestellter Wand, neben schräg nach aussen gerichtetem Eisentragerand, wie im ersten Falle durch Zusammenklemmung Kronen- und Hufgelenklahmheit.
Wir werden uns aus diesen Bemerkungen demnach die Lehre abstrahiren, uns bei Pferden mit verstauchtem Fessel-, Kronen- und Hufgelenk oder dicken Sehnen, mit Ent­zündung des Kronen- und Hufgelenks oder Fussentzün-dung (Verschlag) stets zu fragen: in wie weit kann eine unrichtige Behandlung des Hufes dazu beigetragen ha­ben, den leidenden Zustand herbeizuführen?
Findet man nun wirklich Missverhältnisse in der Hufform, Beschneidung des Wandtragerandes, Richtung des Eisentragerandes in der angedeuteten Weise, so wird es selbstverständlich die erste Pflicht sein, das naturgemässe Verhältniss erst wieder herzustellen und dadurch die Veranlassung weg­zuschaffen, die zweite erst, durch scharfe Einreibungen oder dergleichen den leidenden Theil selbst wieder heilen zu lassen.
Leider raquo;wird dieses Verfahren, die Ursachen der Lahmheiten aufzusuchen, in der Praxis noch zu selten eingeschlagen.
Ist eine Verstauchung der Gelenke, Sehnenanschwellung, Ent­zündung des Kronengelenks, der Fleischtheile des Hufes (Ver­schlag) oder chronische Hufgelenklahmheit constatirt, so zieht man sofort gegen diese, die Wirkung der Ursache, mit entsprechen­den Salben und Waschungen zu Felde. Was ist aber die Folge, wenn die primäre Veranlassung zu diesen gewissermassen secun-dären Leiden nicht 'weggeschafft, der Huf nicht naturgemäss corri-girt worden ist? — In kurzer Zeit ist, durch dieselben Ursachen
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herbeigeführt, auch dasselbe Leiden wieder da, und das Pferd wird durch sogenannte chronische Gelenklähme oder Sehnenklapp ganz unbrauchbar, trotzdem es durch einen rationellen Beschlag hätte ge­rettet werden können.
Abgesehen von diesen Fällen, wo das seciindäre Leiden offen zu Tage liegt und nur das primäre gewissermaassen im Hufe zu suchen ist, kommt auch noch vielfach der Fall vor, dass der Sitz der Lähme überhaupt sich schwer feststellen lässt, von Unkundigen in anderen Theilen des Pferdekörpers, z. B. in der Schulter ge­sucht wird und doch schliesslich nur im Hufe zu finden ist. Wir wollen hier unter mehreren anderen nur die Zwanghufigkeit, welche sich in ihren Anfängen sehr schwer und ohne genaue Kenntnislaquo; der angegebenen Regeln über Hufbeschlag gar nicht feststellen lässt, und welche nur durch naturwidrige Beschneidung des Hufes und Beschaffenheit des Eisentragerandes entsteht, anführen, wie der Sitz derselben trotz des fortwährenden Beschlagsfehlers mo­natelang, selbst jahrelang in der Schulter und so lange dort ge­sucht wird, bis dieselbe mit einem Mal durch augenscheinliches Kleinerwerden des Hufes als ein Leiden desselben deutlich, und zwar für jeden Laien deutlich sich ausspricht.
Es sollte demnach stets eine sorgfältige Untersuchung des Hufes und Eisens vorangehen, ehe ein bestimmtes Urtheil über den Sitz der Lähme abgegeben wird.
Diese Untersuchung geschieht auf folgende Weise: Nach vorangegangener Frage an den Eigenthümer oder Pfleger des Pferdes, bei welchem Gebrauch und unter welchen Umständen dasselbe lahm geworden ist, lässt der Schmied es im langsamen Schritt zuerst auf hartem, dann auf weichem Boden vorführen. Bemerkt er dabei, dass das Pferd auf ersterem mehr lahmt als auf letzterem, so darf er bereits mit einiger Ge^issheit den Sitz der Lähme im Hufe vermuthen. In jedem Falle nimmt er das Eisen aber sorgfältig ab und untersucht den Huf mit der so­genannten Visitirzange, welche, ans fingerdicken Rundeisen gefer­tigt, so weite Mäuler haben muss, dass man damit den ganzen Hof umfassen kann, ganz genau.
Man hat zweierlei Arten solcher Zangen, nämlich Visitirzangen mit zwei spitzen Maulenden und solche mit einem spitzen und einem breiten Maulende. Erstere dient zur Untersuchung enger, letztere zur Untersuchung weiter Hufe.
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Jene legt man so an, dass das eine Maulende sich gegen die Wand, das anderlaquo; gegen die Sohle stützt, diese so, dass das spitze sich gegen die äussere Wandseite, das breite Maul zwischen Wand und Sohle in der weissen Linie (die gewöhnlich bei weiten Hufen lose ist) einklemmt.
Beim Zusammendrücken der letzteren zur Untersuchung zerrt man durch eine Abwärtsbewegung mit den Schenkeln die Wand von der Sohle ab, verstärkt also das Weiterwerden, im ersteren Falle drückt man die Sohle aufwärts und erhöht dadurch das Eng­werden des Hufes.
Giebt das Pferd in beiden Fällen an irgend einer Stelle Schmerz durch Zucken zu erkennen, so ist es huflahm, zeigt es keinen Schmerz und deuten auch andere Erscheinungen, als ver­mehrte Wärme, auffallende Kleinheit oder Verkrüppelung des Hufes, oder fehlerhafte Beschneidung der Wand und regelwidrige Be­schaffenheit des Eisentragerandes nicht auf den Sitz der Lähme im Hufe, so ist das Pferd gelenklahm.
Nicht immer darf man sich aber bestimmt für das Vorhanden­sein des Sitzes der Lahmheit im Gelenk entscheiden, wenn das Pferd keinen Schmerz im Hufe bei der Untersuchung äussert, da Fälle genugsam bekannt sind, wo Pferde als gelenk- resp. schulter­lahm behandelt wurden, die später sich doch als huflahm er­wiesen, ebenso darf man sieh nicht durch das Vorhandensein von Anschwellung des Fesselgelenkes und der Sehnen verleiten lassen, die Lahmheit als im Hufe nicht befindlich zu erachten, und wohl gar die Untersuchung des Hufes auf Grund eines solchen Befundes zu unterlassen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; f
In allen und namentlich in zweifelhaften Fällen bleibe man immer beim Hufe stehen, halte das lahme Pferd stets zuerst für huflahm, corrigire die geringsten, selbst unwesentlich erscheinenden Fehler in der Beschneidung des Hufes und Richtung des Huf­eisens, lasse den Huf kalt einschlagen und warte es zwei Tage lang ruhig ab, ob sich die Lahmheit verliert, was in den meisten Fällen geschehen wird. Verliert sie sich nicht, so wird eine zweite genaue Untersuchung uns um so sicherer vor Täuschungen bewahren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
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Das Klammgehen der Pferde.
Wir hätten hiernach nun die verschiedenen Huf- und Gelenk­lahmheiten speziell zu behandeln. Bevor wir jedoch dazu über­gehen, müssen wir uns die Frage vorlegen: „tritt Hinken oder Lah­men allemal unmittelbar nach der Einwirkung eines Beschlagsfeh­lers ein, oder nicht?quot;
Die Frage ist dahin zu beantworten: „es giebt grobe Be­schlagsfehler, denen das Lahmgehen unmittelbar folgt, aber viel mehr leichte, welche langsam einwirkend, einen Zustand bei Pferden hervorrufen, welchen wir mit dem Ausdruck „Klammquot; oder „Blödegehenquot; bezeich­nen. Derselbe kommt vorzugsweise bei Vorder fassen vor.quot;
Das Klammgehen der Pferde nach leichten Beschlagsfehlern geht dem Lahmgehen voraus, ist gewissermaassen das erste Symp­tom der Lahmheit und muss bei jedem Pferde, welches zur Schmiede gebracht wird, ganz besonders vom Beschlagschmied beachtet wer­den, wenn er die wichtigste seiner Aufgaben (Verhüten der Lahm­heiten) erfüllen will.
Hat der Beschlagschmied sich keine Kenntniss von dem natür­lichen Gange des Pferdes verschafft, kennt er den freien, schmerz­losen, ungenirten Tritt desselben nicht, dann wird es ihm schwer, ja unmöglich, den klammen Tritt zu erkennen und bei Ausübung des Beschlages Lahmheit zu verhüten. Das als klamm gehende zur Schmiede gebrachte Pferd wird dieselbe so verlassen, als es gekommen, bis es dahin lahm zurückkehrt.
Pferde, Welche auf den Vorderfüssen klamm gehen, im Stande der Ruhe einige Augenblicke beobachtet, schillern mit den Beinen, d. li. setzen bald den einen bald den anderen Fuss vor, wobei sich häufig an dem mehr rückwärts gestellten ein Ueberkippen nach vorn im Fesselgelenk bemerkbar macht und suchen so die Last des Vordertheils, bei vor- und rückwärtsgespreitzten Beinen mit der Muskelkraft statt bei nebeneinander stehenden Beinen ohne Muskelkraft zu tragen. Im Schritt und Trab beobachtet, bewegen sie die Vorderfüsee gespannt, ängstlich, massig nach vorn gestreckt, wie wenn der Mensch mit steifen Knieën geht; die Hinter­beine schieben sie weit nach vorn unter den Leib, wobei der Rücken sanft gekrümmt, die Muskeln desselben gespannt und dadurch eine Verlegung der Last, des Vordertheils auf diese (die Hinterbeine)
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bewirkt wird. (Siehe Fig. 52). So suchen sie im Stande der Ruhe die Last, und in der Bewegung den Stoss der Last von ihren schmerzhaften Yorderfüssen abzuhalten.
Dieser Zustand kann nun vorkommen bei barfüssigen und bei beschlagenen Pferden.
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Fig. 52. Das klanungehende Pferd.
Zu den Ursachen desselben bei barfüssigen Pferden gehören:
1)nbsp; zu stark ansgeschnittene Hufe;
2)nbsp; zu kurz abgelaufene Zehen;
3)nbsp; zu niedrig geschnitte Tracht und
4)nbsp; ungleichmässige Höhe der Seitenwände.
Im ersten Falle entsteht Klammgehen durch Quetschung der Fleischtheile des Hufes, im zweiten durch Stauchungen im
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Kronen- und Fesselgelenk, im dritten durch Zerrungen der Beuge­sehnen und im vierten durch Zerrungen der Seitenbänder des Fesselgelenkes.
Zu den Ursachen bei beschlagenen Pferden gehören alle die Beschlagsfehler, welche bei der Beschneidung des Hufes und dem Richten der Hufeisen gemacht werden; z. B. zu hohe Tracht neben kurzer Zehe und umgekehrt, ungleichmässige Höhe der Seiten­wände, schräger Tragerand bei senkrechter Richtung der Wand. Stauchungen der Gelenke, Zerrungen der Sehnen und Bänder, Zusammenklemmungen und Auseinanderzerrungen der Hufwände rufen hier das Klammgehen hervor.
Wenn wir zu den Bemerkungen über Klammgehen der Pferde noch hinzufügen, dass dieselben bei der Untersuchung der Hufe mit der Visitirzange in den seltensten Fällen Schmerz durch Zucken zu erkennen geben, dass sie in der Regel ebenso lahm im weichen wie auf hartem, mitunter sogar in weichem lahmer, als auf hartem Boden gehen, also eher für gelenk- als huflahm gehalten werden können und dabei doch relativ huflahm sind; wenn wir ferner hin­zufügen, dass aus dem Klammgehen Huflahmheiten aller Art, selbst Gelenklahmheiten entstehen, welche letztere in ihren späteren Er­scheinungen kaum noch den Ursprung im Hufe vermuthen lassen, wenn wir endlich hinzufügen, dass solche Gelenklahmheiten, ohne Rücksicht auf deren Ursprung im Hufe, selbst geheilt, sich oft und iu kurzen Zwischenzeiten wiederholen und dadurch häufig mit Rheumatismus verwechselt werden; so dürfen wir uns nicht ver-schliessen zu bekennen, dass die rationelle Aufsuchung, Beurthei-lung und Abhülfe des Klammgehens der Pferde mit zu den bei weitem wesentlichsten Aufgaben des Hufbeschlages gehört und ein ganzes Heer von Lahmheiten aller Art verhütet werden könnte, wenn unsere Beschlagschmiede mehr durch Wort und Schrift dar­auf hingeleitet würden, als bisher geschehen.
Die Huflahmheiten.
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Huflahmheiten können herrühren:
1)nbsp; von Verletzungen und Zasammenhangsstörungen der Hornkapsel, oder
2)nbsp; von. Deformitäten des Hufes, die wir also jetzt zu behandeln haben.
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Eine Verletzung der Hufe kann auf zweierlei quot;Weise geschehen.
Es können Nägel- oder auch Glasstücke, oder sonst Gegen­stände mit scharfen Kanten und Ecken, welche auf dem Boden liegen, in die Hufsohle oder den Hufstrahl sich einzwängen und diese Theile durchbohrend die Weichtheile verletzen, oder es kann ein Nagel beim Beschlagen selbst aus Unvorsichtigkeit oder Ungeschick in das „Lebenquot; eingeschlagen worden sein.
Der erste Fall wird der „Nageltritt,quot; der letztere die „Ver-nagelungquot; genannt.
Der Nageltritt.
Nägel mit starken Köpfen und auch Nägel aller Art kann sich das Pferd leicht durch Sohle und Strahl des Hufes in die quot;Weich­theile treten, wenn sie gerade unglücklich liegen, und zwar weniger in der Schmiede, als auf der Landstrasse in weichem Boden, wo verloren gegangene Nägel, dem Auge verborgen, aufrecht stehen. Die abgekniffenen Nagelspitzen, welche beim Beschlagen auf den Boden fallen, werden auch, obschon mit Unrecht angeklagt, Nagel­tritte zu erzeugen, demnach muss empfohlen werden, dieselben bei Seite zu schaffen.
Findet der Schmied bei Untersuchung des Hufes einen Nagel an irgend einem Sohlen- oder Strahltheil sitzen, so zieht er ihn recht vorsichtig heraus, damit nicht die eingedrungene Spitze im Hufe selbst abbricht. Bei gehöriger Behutsamkeit ist es recht gut möglich, sogar eine bis in das Hufbein eingedrungene Nagelspitze herauszubekommen.
Ist der Nagel glücklich entfernt, so schneidet er die in der Nähe der verletzten Stelle liegenden Horntheile so dünn als mög­lich, erweitert das Loch trichterförmig, schickt das Pferd ohne Eisen mit verbundenem Hufe nach Hause und lässt kalte Umschläge machen. Am besten geschieht dies auf die Weise, dass ein recht grosser Scheuerlappen um den Huf von unten nach oben hinauf­geschlagen und dieser Tag und Nacht mit kaltem Wasser befeuch-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; raquo; tet wird.
Geht das Pferd nach 4 Tagen nicht mehr lahm, so schlägt er ein Eisen mit einem Querstück (Quersteg) auf, das gerade so an­gebracht wird, dass die durch den Nageltritt verletzte Stelle ge-senutzt liegt.
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Bei Verletzungen der Weichtheile durch andere spitze oder scharfe Gegenstände ist das Verfahren analog, Hauptsache ist die hehutsame Entfernung des eingedrungenen Glasstückchens und dergleichen.
Die Vernagelung.
Schlägt der Schmied einen Hufnagel zu tief in den Huf, so dass das Pferd lahm geht, so sagt man: „das Pferd ist vernagelt.quot;
Die leichtere Art der Vernagelung ist der sogenannte „Stichquot;, wo das Pferd beim Einschlagen des Nagels plötzlich zuckt und an dem herausgezogenen Nagel etwas Blut haftet. Lässt der Schmied diesen Nagel nunmehr fehlen, so hat der Stich nichts weiter auf sich.
Die gefährlichere Art der Vernagelung ist die, wenn der Nagel entweder zu nahe an dem Weichtheil vorbei gegangen ist und den­selben gequetscht, oder wenn er einen kleinen Theil der Fleisch­wand oder Sohle direct verletzt hat, ohne sichtbare Blutung.
Die erstere Art nennt man das „Brennen des Nagelsquot;, die letztere die „wirkliche Vernagelungquot;.
Bei unempfindlichen Pferden kann es vorkommen, dass Blut oben an der Spitze des eingeschlagenen Nagels hervorquillt, nament­lich nachdem das Pferd einige Tritte gemacht hat, ohne dass es lahm geht. (Man sieht hieraus, wie nothwendig es ist, jedes Pferd nach ausgeführtem Beschläge nochmals vorführen zu lassen und sorgfältig zu prüfen.)
Wird der betreffende Nagel sofort oder doch wenigstens nur wenige Stunden nach dem Beschläge entfernt, so hat auch diese Art der Vernagelung nicht viel auf sich.
Wird nichts bemerkt, oder hat der Nagel unmerkliche Blu­tung hervorgebracht, oder nur gebrannt, so tritt in der Regel erst am 3. Tage nach dem Beschläge Lähme ein.
Der Schmied nimmt, nachdem er durch Untersuchung mit der Zange oder durch Anklopfen mit dem Hammer gegen die Niete den betreffenden Nagel gefunden, diesen heraus und verfährt so wie beim Nageltritt.
Um das Festsetzen von Schmutz im Nagelkanal zu verhindern, spaltet er denselben nach aussen so, dass er ganz frei liegt.
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Selbstredend darf an dieser Stelle kein neuer Nagel eingeschlagen werden und darf auch das Eisen nicht fest aufliegen.
Das Pferd muss nach Entfernung des Nagels drei bis vier Tage stehen bleiben. Ist nach dieser Zeit dasselbe noch lahm, der Schmerz womöglich noch grosser, hat das Pferd nicht gefressen und zeigt sich Eiter im Loche, so brenne man, nachdem man jetzt jedenfalls, wenn es nicht vorher schon geschehen, den Nagelkanal frei gelegt bat, mit einem ganz weissglühenden Brenneisen den ganzen Nagelkanal aus und zerstöre die hervorgequollenen bluten­den Weichtheile vollständig. Den ausgebrannten Nagelkanal fülle man dann mit trockenem Werg aus, lege darüber eine Kompresse von Leinwand, welche durch eine Binde aus gutem leinenen Schürzenband (nach Art des sogenannten Kettenverbandes) fest­gehalten wird, und über diese Kompresse den alten Scheuerlappen, der durch ununterbrochen darauf gegossenes Wasser feucht er­
halten wird.
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Zögert man mit dem Freilegen des Nagelkanals, dem Bren­nen desselben, macht wohl gar warme Bäder, so läuft man
Gefahr, dass das Pferd am Starrkrampf plötzlich oder nach und
#9632;j i 1 nach vor Schmerz zu Grunde geht.
Der Beschlag wird wie vorher ausgeführt, wenn das Pferd
nach acht bis zehn Tagen keinen Schmerz mehr äussert und nicht
lahmt. Sollte durch Spaltung des Nagelkanals der Verband des
Hufes etwas gelockert sein, — was namentlich bei Spaltung des
Trachtennagelkanals der Fall ist, so wird ein geschlossenes Eisen
genommen.
Die Steingalle.
Unter Steingalle versteht man die durch Quetschung oder Zerrung der Weichtheile entstandene, in den Eckstrebenwinkeln oder den Sohlenschenkeln sich vorfindenden, braun oder blau ge­färbten Flecken.
Je nachdem die Steingalle ihren Sitz in der äussersten Ecke und mehr nach der äusseren Wand zu, oder in der Mitte der Eck­strebenlänge, mehr nach dem Strahle zu, hat, spricht man von „Wand-quot; oder von „Eckstreben-quot; Steingallen.
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1. Die Wandsteingallen.
Die Wandsteingallen kommen bei solchen Hufen vor, die eine vorwiegende Kraft der Zasammenziehung der Hornwand besitzen, also zu den engen Hufen zählen. Wenn solche Hufe, deren Wände eine senkrechte Richtung zum Erdboden haben, mit Hufeisen be­schlagen werden, deren Tragerand, statt horizontal zu sein, eine schräge Richtung nach innen hat, also mit der Richtung der Trachtenwand einen stumpfen Winkel bildet, so entstehen durch die hierdurch gesteigerte Wirkung der zusammenziehenden Kraft, durch dieses Zusammenzwängen des Hufes Quetschungen und Blutungen der hinteren Weichtheile. Das Blut sickert in die Hornröhrchen nach unten hinab, färbt das Horn braun oder blau und zeigt so an, dass eine Quetschung im Inneren stattgefunden hat.
Macht man sich auf diese Weise klar, wie die Steingalle ent­steht, so wird man zugeben müssen, dass das sogenannte Aus­schneiden oder Herausholen der braunen oder blauen Flecke — Steingalle — bis zur Blutung, ein unnützer, ja sogar verderblicher Act der Thierquälerei ist. Die blau oder braun gefärbte Stelle im Hufe ist es ja nicht, welche den Schmerz verursacht, sondern die Quetschung der Weichtheile. Diese muss also beseitigt werden und zwar dadurch, dass durch quot;Verkürzung der Zehe des Hufes die Kraft der Zusammenziehung der Hornwand vermindert, durch Herstellung eines horizontalen Tragerandes am Eisen die Einklem­mung der Trachtenwand verhütet wird. Der Sohlenwinkel wird wie gewöhnlich ausgeschnitten, d. h. die todten Horntheile daraas entfernt, und die Hornwand, um den Seitendruck derselben zu ver­hüten, von dem Eckstrebenwinkel an auf einen Zoll nach dem Trachtennagel zu nach ausseu segmentartig herabgeschnitten, so dass sie von dem Eisen gar nicht berührt wird.
2. Die Eckstrebensteingallen.
Die Eckstrebensteingallen kommen vorzugsweise bei weiten Hufen vor, deren Wände also eine vorherrschende Neigung zum Auseinander weichen, dahingegen weniger Kraft, sich zusammen­zuziehen haben.
Unterstützt man diese Neigung zum Weiterwerden noch durch horizontalen Tragerand des Eisens, auf dem die Wände in
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einem spitzen Winkel ruhen und sind die Eisen enger, als der Huf weit, so legen sich die Eckstreben, welche der Neigung der Wand nach aussen folgen müssen, durch den Sohlenschenkel aber daran verhindert werden, hart gegen diesen, indem sie sich nach aussen überdrehen und erzeugen diesmal durch Zerrung und Blutung der Eckstrebenfleischwand, Steingallen, d. h., zeigen durch braun oder blau gefärbte Flecken an, dass die gedachte Zerrung stattfindet.
Der Schmied hat also wiederum diese Zerrung zu verhindern, was durch Benutzung eines Eisens mit schräg nach innen gerich­tetem Tragerand und hierdurch bewirkte Einschränkung des Ver­
mögens der Wände, nach aussen auseinanderzuweichen, geschieht.
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Die um ihre Axe gedrehte Eckstrebe ist durch Wegnahme des todten, harten Horns mit dem Messer nur um soviel zu schwächen, dass sie dem durch das Eisen bewirkte Zusammenhalten des Hufes nicht entgegentritt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '
Das häufige Vorkommen der Steingallen an der inneren Seite des Hufes erklärt sich dadurch, dass die inneren Ecken des Hufes der Schwerlinie des Körpers näher liegen, deshalb namentlich im Stande der Ruhe stärker belastet werden, als die äusseren, die Fehler des Beschlages sich also an der inneren Seite eher zeigen und bestrafen müssen. Dies ist namentlich der Fall bei diagonalen (französischen) Hufen, wenn die auswendige Wand höher stehen bleibt als die innere, die Last also um so mehr diese trifft.
Bei bodenweiten und bodenengen (früher schiefen) Hufen, bei welchen irrthümlich die weite Hufhälfte stets als zu hoch erachtet und immer tiefer heruntergeschnitten wurde als die enge, kommen Steingallen an der inneren und äusseren Ecke zu gleicher Zeit vor. An der engen -Hälfte, deren Trachtenwand durch zu hohes Stehenlassen früher auf den Boden kommt, als die der weiten, entsteht die Steingalle durch Aufwärtsstauchung und gleichzeitige Einklem­mung des Ballens, bei dieser (der weiten Hälfte), deren Wand durch zu starkes Beschneiden später auf den Boden kommt, durch Herabsenkung and gleichzeitige Zerrung des Ballens. Findet der Schmied also in beiden Ecken des Hufes Steingallen, so kann er versichert sein, dass eine ungleichmässige Beschneidung (also eine ungleichmässige Höhe) der Trachten- und Seitenwände des Hufes zueinander die Ursache derselben ist. Durch Niedrigerschneiden der engen Hufhälfte und künstliche Erhöhung der weiten erzielt
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er eine plane Bodenfläche des Hufes, verhütet dadurch an der engen Hälfte die Stauchung und Klemmung, an der weiten die Herabsenkung und Zerrung und somit die Steingallen an beiden Seiten.
Eiternde und veraltete Steingallen werden bei Befolgung der gegebenen Regeln verhütet. Die eiternden Steingallen entstehen durch zu scharfes und blutiges Ausschneiden, -wobei die Matrix des Hufes verletzt wird, die, einmal zerschnitten, nie mehr gesundes, normales Hufhorn produzirt und so die Ursache zu den veralteten Steingallen abgiebt.
Die Zusammenhangsstörungen der Hornkapsel.
Der Zusammenhang der Hornkapsel kann gestört sein:
1)nbsp; durch Trennung der Hornwand in Längen- und Quer­richtung (Hornspalten resp. Hornkluft),
2)nbsp; durch Trennungen der Hornsohle in Längen- und Querrichtung (Sohlenbruche),
3)nbsp; durch Trennungen der Wand von der Sohle (lose und getrennte Wand),
4)nbsp; durch Trennungen des Strahls (fauler Strahl).
Die Hornspalten.
Trennungen der Hornwand in ihrer Längenrichtung, die soge­nannten Hornspalten, heissen „durchgehende Hornspaltenquot;, wenn sie vom Kronen- bis zum Tragerande sich erstrecken; „Kronenrandspaltenquot;, wenn sie von der Krone etwa bis in die Mitte des Hufes hinab, und „Tragerandspaltenquot;, wenn sie vom unteren Huftragerand etwa bis zur Mitte des Hufes hinauf­reichen.
Am häufigsten kommen die Kronenrandspalten, und zwar auf der inneren Trachtenwand vor; Tragerandspalten, welche vorzugs­weise bei barfussgehenden Pferden vorkommen, sind ungefährlich, durch einen Querschnitt, am Besten qnergebrannten Strich von Va Zoll Länge, welcher dicht über dem Endpunkte derselben in der Wand anzubringen ist, wird das Weiteraufplatzen verhütet.
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Fragen wir nach der Ursache, welche Hornspalten hervorruft, so ist diese in einer Stauchung der Hornwand von unten her zu suchen; durch Aufhebung dieser Stauchung ist also auch die Hei­lung einzuleiten, resp. das Vorkommen von Hornspalten überhaupt laquo;zu verhüten.
Die Kronenspalten, welche gewöhnlich, wenn die Ursachen derselben nicht beseitigt werden, nach unten durchgehend werden, kommen vorzugsweise bei engen Hufen vor. Bleibt z. B. die inwendige Trachtenwand zu hoch stehen, so wird diese durch das aufgenagelte Eisen unablässig nach oben geschoben.
Die Wand giebt dieser Aufwärtsstauchung nach, indem sie sich krümmt, es entsteht zunächst lose Wand, d, h. Trennung der Hornwand von der Hornsohle, hierdurch bei der Lockerung dernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ij^
Theile vermehrte Wirkung der Stauchung und so eine Ausbuchtung der Wand in der Mitte nach aussen, am Tragerand nach innen. Bleibt die Wand beim nächsten Beschläge auch noch zu hochnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,. j
stehen, hat sich der entsprechende Theil des Kronenrandes soweit aufwärts geschoben als er kann, tritt das Hufbein bei der Belastung in Folge der Einwärtsbiegung des inneren Tragerandes unten nicht tief genug herab und wird die Last bei Erschütterungen auf hartem Boden zu sehr gegen die inwendige schon ausgebuchtete Wand geworfen, so platzt der Kronenrand der Hornwand au dieser Stelle, und die Hornspalte ist fertig.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 'jt
Bei weiten Hufen kommt eine Hornspalte dadurch zu Stande, dass durch Zuhochlasseu der Wand ein Weichen derselben am Tragerande nach aussen und Einbuchtung unter der Krone nach innen stattfindet, namentlich wenn ausserdem das Eisen auch noch einen horizontalen Tragerand hat.
Zur Verhütung der Hornspalten ist das plane Beschneiden der Wände in der Art, dass alle Theile der unteren Huffläche beim Aufsetzen gleichmässig den Boden berühren, ausreichend, da hier­durch eine Stauchung eines Theiles der Wand vermieden wird.
Bei der Heilung einer vorhandenen ist zweierlei erforderlich:
1)nbsp; Verhütung der Stauchung des betreffenden Wandtheils und
2)nbsp; Verhütung der Ausbuchtung oder Einbuchtung der
Wandseite.
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Ersteres erreicht man durch das plane mit der entgegen­gesetzten Seite verglichene Beschneiden der leidenden Wandseite,
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wie es zum gleichmassigen Aufsetzen des Hufes erforderlich ist und dessen Verabsäumung die Spalte nur hervorbrachte. Letzteres durch Zusammennieten der Hornspaltenränder.
Das Zusammennieten geschieht dadurch, dass man einen nicht zu starken Hufnagel, dessen Kanten mit der Feile gebrochen sind^ und der am Kopfende nicht stärker als in der Mitte der Klinge ist, etwa 3/4 Zoll unter der Krone quer durch den aufgespaltenen Wandtheil schlägt und die hervorgekommene Spitze und den Kopf-theil gegeneinander biegt. Hierauf werden Spitze und Kopf bis an den Huf abgekniffen und die Enden wie gewöhnlich eingelassen und vernietet.
Bei durchgehenden Hornspalten schlägt man solcher Nägel zwei bis drei, je nach Bedürfniss, einen von dem andern 3/4 Zoll entfernt.
Zur Bequemlichkeit und damit der Nagel nicht zu tief geht und vielleicht das Leben verletzt, bohrt man sich das Loch mit einem vierkantigen Stahlpfriemen bis zum ersten Spaltenrande vor.
Die Nietung gewährt vor allen anderen Künsteleien den we­sentlichen Vortheil, dass sie einmal den Zusammenhalt der Ränder herbeiführt und das Weiterplatzen verhütet und dann durch den Nagel, als quer hindurchgehenden Pfahl, die Verschiebung der Spaltenränder gegeneinander verhindert. Die Ausführung ist jedoch schwer, weshalb diese Methode, — obschon nicht neu — von allen denen verworfen wird, welche einen Nagel richtig einzuschlagen nicht verstehen.
Beim Auflegen der Eisen hat man, nachdem dasselbe (am Besten ein Eisen ohne Stollen) so aufgepasst ist, dass der Trage­rand des Eisens sich mit dem des Hufes vollkommen deckt, mit der Raspel vom Tragerand der Wand an der Stelle, welche in der Yerlängerung der Spalte liegt, so viel wegzunehmen, dass ein V* Zoll tiefer und 1 Zoll langer halbmondförmiger Ausschnitt ent­steht, über welchem das Eisen wie eine Brücke liegt. Liegt die Spalte weit nach dem Trachtenende zu, so raspelt man die ganze Trachtenwand um so viel weg.
Die Eisen müssen natürlich möglichst plan sein und einen der Richtung der Wand entsprechenden Tragerand haben, alle sonstigen Yorrichtungen am Eisen sind dann unnöthig und deshalb ver­werflich.
Kann man ein Pferd 4 bis 6 Wochen lang im Stalle stehen
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lassen, dann helfen die sonst üblichen Methoden auch insoweit, als sie nicht schaden; muss das Pferd aber seinen Dienst weiter verrichten, so ist das Nieten gleich auf frischer That, selbst wenn die Spalte blutet, das einzig practische Hilfsmittel. Die Niete nicht .-zu fest angezogen, den Huf 24 Stunden lang kalt eingeschlagen in der bekannten quot;Weise, machen das Pferd wieder gängig.
Bei frischen Hornspalten und solchen, bei denen noch nicht Eiterung der Weichtheile eingetreten, ist noch neben dem Nieten das Brennen der Spaltenränder sehr zu empfehlen, nicht etwa, weil es zur Heilung beiträgt, sondern weil durch Schmelzen des Horns die Spaltenränder mit einander verklebt werden und dadurch das Hervorquellen der Weichtheile, das Eindringen von Schmutz und Sand verhütet wird. Kein Klebemittel bindet so innig die Spaltenränder aneinander und schliesst den Weichtheil besser her­metisch ab, als die eigene geschmolzene Hornmasse.
Eiternde Hornspalten können natürlich nicht eher genietet werden, als bis die Eiterung beseitigt ist, wozu das Pferd längere Zeit ruhig stehen bleiben und der Huf kalt eingeschlagen werden muss. Es kommt aber gar nicht zur Eiterung, wenn man bei Zeiten das Pferd vor die richtige Schmiede bringt.
Die Hornkluft.
Ist die Trennung der Hornwand der Querrichtung nach ge­schehen, so nennt man dieselbe „Hornkluftquot;. Dieselbe entsteht durch Verletzungen der Krone, herbeigeführt durch Streichen oder durch Tritte auf dieselbe mit scharfen Stollen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (
Der Schmied hat hierbei nur darauf zu achten, dass das Eisen an der Stelle der Wand, worüber sich eine Kronenverletzung oder spätere Hornkluft befindet, nicht zu hart aufliegt, und dass er, wenn die letztere durch das Wachsthum des Hufes von oben her dem Tragerande näher gerückt ist, sich hütet, einen Nagel beim Einschlagen gerade in der Kluft zum Vorschein kommen zu lassen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4
Es würde dies das gänzliche Abbrechen des entsprechenden Theiles der Wand bis zum Tragerande zur Folge haben.
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Sohlenbrüche.
Unter Sohlenbrüchen versteht man die Trennungen in der Hornsohle, welche in Folge der verletzenden Einwirkungen scharf­kantiger Gegenstände auf dieselbe entstehen. Da barfussgehende Pferde diesen Einwirkungen mehr ausgesetzt sind als beschlagene, so kommen Sohlenbrüche auch hauptsächlich bei solchen vor.
Eben entstanden, sind sie gar nicht zu bemerken, bringen aber in ihren Folgen ein Lahmgehen der Pferde dadurch hervor, dass sich in die eingebrochene Stelle zunächst etwas Sand einschiebt, wozu sich im Stalle die Düngerjauche hinzugesellt. Es entsteht hierdurch ein kleiner Schmutzfleck, der den Bruch verschliesst und in Folge der Hebung und Senkung der Sohle bei der Bewe­gung immer höher hinauf den Jüngern Hornschichten der Sohle zugeschoben wird. Als fremder Körper bewirkt er ein Schwinden des Horns und durch die fortwährende Zufuhr von Ammoniak­dünsten tritt nach und nach eine Verjauchung der jüngeren Horn-zellen ein, welche bis an die Weichtheile der Sohle hinaufdringt und schliesslich eine förmliche Scheidung der Hornsohle von der Fleischsohle in einer Ausdehnung von 1—2 Zoll und darüber Durchmesser zu Wege bringt.
Ein zufälliger Tritt, der gerade den Sitz der Verjauchung trifft, macht dann das Pferd plötzlich stocklahm.
Wir finden bei der Untersuchung diesen kleinen schwarzen Schmutzfleck, verfolgen ihn behutsam, ohne die Weichtheile zu ver­letzen, mit dem Messer und entleeren, endlich bis auf den Grund ge­kommen, die Jauche, welche die Weichtheile zu beschädigen droht. Hierauf bleibt nichts übrig, als das Pferd 2—4 Tage stehen zu lassen und die Lähme durch kalte Umschläge zu beseitigen. Ist das geschehen, so wird das Pferd wieder zum Dienst verwendet, oder wenn es nicht barfuss war, wie gewöhnlich beschlagen.
Man hat diese Sohlenhornbrüche in den Lehrbüchern mit dem Namen ,,Hufgeschwürquot; bezeichnet, ohne diese Bezeichnung zu rechtfertigen.
Einer Geschwürsbildung (Neubildung) gehen Erscheinungen wie Wärme, Schmerz u. s. w. voraus, die sich nicht übersehen, das Pferd sogar lahm gehen lassen, noch ehe es zur Eiterbildung kommt. Wie oft findet man aber in Folge von Hornbrüchen Ver-
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jauchung der Hornfasern in der Sohle, ohne dass das Pferd lahm geht, erst wenn die Jauche den Weichtheil in Mitleidenschaft zieht, ansteht der Schmerz und die Lahmheit. Schneidet man bei Ver­folgung des schwarzen Fleckchens mit dem Messer nicht vorsich­tig genug und in den Weichtheil, so dass er blutet, dann entsteht allerdings eine Geschwürsfläche, diese aber steht mit dem ursprüng­lichen Sohlenbruche in keinerlei Beziehung. Dahingegen haben die Sohlenbrüche grosse Aehnlichkeit mit den Hornspalten, in die sich ja auch Schmutz hineinschieben und in denen sich Eiter bilden kann, unterscheiden sich aber von diesen dadurch, dass die Ver­letzung des Weichtheils hier in zweiter, bei den Hornspalten mit in erster Linie steht.
quot;Wenn auch Namen nichts zur Sache thun, so dürfte es doch nicht angebracht sein, solche zu gebrauchen, welche das Verständ-niss völlig verwischen und ist es in diesem Falle praktischer, sich der Bezeichnung „Hufgeschwürquot; nicht mehr zu bedienen.
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Die lose Wand.
Unter „loser Wandquot; versteht man eine Trennung der Horn-wand von der Hornsohle, die Aufhebung der hornigen Verbindung zwischen Wand und Sohle. Die Pferde gehen häufig an ihr nicht lahm, wenn die Trennung nicht eine zu grosse Ausdehnung er­reicht. Erstreckt sich die Trennung rund um den Huf herum, hat die Sohle ihren ganzen hornigen Halt verloren und senkt sich zu sehr herab, dann gehen Pferde daran lahm.
Sie entsteht durch Anwendung von Hufeisen mit einem der Rieh-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;|
tung der Wände nicht entsprechendem Tragerand, auch durch Ein-schiebung von Sand und Steinchen in die weiche weisse Linie, gleich­sam auf mechanischem Wege. Es kann dies unter dem Eisen leicht geschehen.
Zur Beseitigung der losen Wand wird demnach ein der Rich­tung der Wände entsprechender Tragerand für das Eisen zu wählen sein; zur Verhütung der Einschiebung von Schmutz und Steinchen belegt man den Horntragerand nach vorangegangener sorgfältiger Reinigung der hohlen Stellen mit einer schwachen Lage der Defay'schen künstlichen Hornmasse.
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Die Defay'sche künstliche Hornmasse besteht aus gleichen
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Theilen Gutta-Percha und Ammoniak-Gummi, welche in einem eisernen Tiegel bei ganz gelindem Feuer zusammen geschmolzen sind. In warmflüssigem Zustande auf das Horn aufgetragen, ver­bindet sich die Masse innig mit der Hornmasse und erlangt eine dieser gleiche elastische Härte bei der Abkühlung im kalten Wasser. Dieselbe ist deshalb bei losen Wänden sehr zu empfehlen und darf in keiner guten Beschlagschmiede fehlen.
Die getrennte Wand.
Von der losen Wand unterscheidet sich die getrennte Wand dadurch, dass diese sich höher hinauf erstreckt und nicht nur die Verbindung zwischen den Horntheilen, sondern auch die zwischen den Weichtheilen stört. Sie ist schmerzhafter als jene und verursacht deshalb auch heftige Lähme. Sie entsteht aus den­selben Ursachen, nur haben diese heftiger eingewirkt. Man hat dasselbe Verfahren wie hei der losen Wand einzuschlagen, ausser-dem aber noch den losgetrennten Wandtheil so tief wie möglich wegzuschneiden und die Stelle durch einen Seitenaufzug am Eisen, welcher locker anzurichten ist, zu schützen.
Der faule Strahl.
Unter faulem Strahl versteht man die Aufhebung des Zu­sammenhanges der Strahle in Folge von Verjauchung des Strahl-horns. Er kommt vornehmlich bei engen Hufen vor, bei denen die Trachten senkrecht zum Boden verlaufen und die Strahlfurchen tief und enge sind, so dass sich in letztere leicht Schmutz fest­setzen und Veranlassung zur Fäulniss und Verjauchung geben kann.
Der faule Strahl ist also ein örtlicher Verjauchungsprozesa des Strahles.
Um ihn zu beseitigen darf man aber nicht direkt austrocknende Mittel anwenden, sondern muss durch Wegschneiden der losen Theile des Strahls Oeffnung der Strahlfurchen bewirken und durch Wegschneiden der scharfen Kanten eingebogener Trachtenecken den permanenten Druck derselben auf den Strahl beseitigen.
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Daneben darf das Reinmachen und Auswaschen des Strahles und des Hufes mit kaltem Wasser nicht verabsäumt werden.
Wird der faule Strahl durch austrocknende Mittel plötzlich be­seitigt, so entsteht gern in Folge der Zusammenziehung der Horn-kapsel, Anschwellung der Beine, die bei dem Wiedererscheinen des faulen Strahls verschwindet. Diese Erscheinung hat zu dem Glauben Veranlassung gegeben, der faule Strahl sei inneren Ur­sprungs, indessen ist diese Erscheinung nur die Folge einer durch die plötzliche Zusammenziehung des Hufes und des Strahles nach austrocknenden Mitteln gestörten Circulation des Blutes.
Von den Deformitäten der Hufhornkapsel, den sogenannten kranken Hufen.
Unter den Deformitäten der Hufkapsel verstehen wir die Ver­unstaltung des Hufes, welche sich in der regelwidrigen Form ein­zelner oder auch sämmtlicher Theile der Hufkapsel zeigt, und welche das Resultat vorangegangener Entzündungen der Weichtheile des Hufes ist.
Bei Entzündung der Weichtheile des Hufes leidet die Ernäh­rung, womit eine Störung des Wachsthums der Hornfasern, welche sich durch Kleinerwerden oder Verkrüppeln der Hornkapsel oder einzelner Theile derselben zu erkennen giebt. Hat Entzündung alle Weichtheile ergriffen, aber nur auf kurze Zeit und in unbe­deutendem Grade, dann aber sich von Zeit zu Zeit wiederholt, so finden sich Ringeln, d- h. Vertiefungen und Erhabenheiten in der Querrichtnng rund herum an der Hornwand. Haben sie mo­natelang und darüber angehalten, so finden wir je nach der Dauer den Huf in seiner ganzen Gestalt zusammengeschrumpft und kleiner geworden. Haben sie endlich nur einzelne Weichtheile mehr oder weniger lang andauernd ergriffen, so nimmt entweder die Hufmasse an der ergriffenen Stelle eine regelwidrige Beschaffenheit, oder der Huf an der ergriffenen Stelle eine regelwidrige Gestalt an.
Als Resultat des ersten Falles haben wir dann Ringel- oder Vollhuf, als das des zweiten den ganzen Zwanghuf und als das des dritten den halben Zwanghuf, die hohle Wand und den Knollhuf zu betrachten.
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110 Der Ringel- oder Vollhuf.
In der Regel geht der Ringel- oder Vollhuf aus weiten Hufen hervor, indem diese vermöge der natürlichen Lockerheit des Zn­sammenhanges der Hornfasern, bei trockenem Wetter ebenso leicht zusammenschrumpfen, als sie andererseits bei feuchtem Wetter auch wieder schnell erweicht werden.
Zu dieser grosseren Disposition für die physikalischen Ein­wirkungen des Wechsels von Trockenheit und Feuchtigkeit kommt noch die geringe Zusammenziehungskraft der Wand, die in der Weite des Hufes und Flachheit der Sohle ihren Grund hat. Tritt nun hierzu von Zeit zu Zeit ein leichter Verschlag (Entzündung), in Folge dessen die Pferde 8 bis 14 Tage stehen bleiben und dabei tüchtig eingeschlagen werden mussten, so senkt sich die Sohle ganz herab, tritt convex hervor, und die Wand erhält die Ringeln.
Für den Beschlag gilt die Regel des weiten Hufes. Von der Sohle wird nichts weggeschnitten, da dieselbe geschwächt sich unter dem Druck des Hufbeines widerstandslos noch mehr senken würde; vom Tragerand auch nur so viel als zum Auflegen des Eisens nöthig ist, also sehr wenig. Dieses lässt man mit einem schräg nach innen verlaufenden Tragerande so weit sein, dass es die ganze untere Peripherie des Hufes umfasst und dadurch den Huf zusammenhält.
Zur Verhütung der nachtheiligen physikalischen Einwirkung des Wechsels Ton Trockenheit und Feuchtigkeit werden solche Hufe bei trocknem Wetter täglich einmal eingeschlagen, d. h. die Sohle derselben zur Nacht mit Kuhmist bedeckt, bei nassem Wetter dagegen unten aussen mit Fett bestrichen.
Man hüte sich überhaupt davor, diese Hufe zu weich werden zu lassen, wie dies so häufig durch Einstellung der Pferde in einen sogenannten Lehmstand geschieht, sie trocknen dann um so leichter und stärker aus, werden also für jene Einwirkungen um so mehr disponirt.
Der Zwanghuf.
Hufe, welche an irgend einer Stelle der Hornwand eingekniffene, eingezwängte Stellen zeigen, wodurch Schmerz und Lahmheit er­zeugt wird, nennen wir Zwanghufe.
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Je nachdem die Einzwiuigung ihren Sitz an der Bodenfläche oder an der Krone hat, sprechen wir von einem Zwanghuf „enger Hufequot; oder „weiter Hufequot; und je nachdem sich dieselbe auf den ganzen Umfang oder nur auf eine Hälfte des Hufes erstreckt, von einem „ganzenquot; oder einem „halbenquot; Zwanghuf.
Der ganze Zwanghuf enger Hufe.
Derselbe geht selbstverständlich nur aus engen (edlen) Hufen, namentlich aus solchen mit niedrigen, schwachen Trachten und langer Zehe hervor. Vermöge der bei diesen Hufen vorherrschen­den Neigung zur Verengerung, welche in der mehr senkrechten Richtung der Wände zum Erdboden, langer Zehe, niedriger Tracht, scharf gewölbter Sohle ihren Grund hat, giebt sich der Zwanghuf derselben durch Engerwerden des ganzen Tragerandes der Wand namentlich des der, der Kraft der Zusammenziehung am wenigsten Widerstand leistenden Trachten wände zu erkennen; der Huf ist, von vorn oder hinten gesehen, unten enger als oben. In der Regel wird das Engwerden erst dann bemerkt, wenn damit Lähme ver­bunden ist; dieser gehen aber Erscheinungen voraus, welche das Engwerden deutlich erkennen lassen, und die nicht übersehen wer­
den dürfen.
Zuerst wird der Strahl klein und schwindet in Folge des An-einanderrückens der Trachtenwände; die Sohle wird hohler; die Richtung der Trachtenwände zur Erdbodenlinie immer mehr stumpfwinklig, der Huf immer schmaler und länger, später tritt fauler Strahl hinzu, wodurch das Aneinanderrücken der Trachten noch mehr begünstigt wird, welches mitunter einen so hohen Grad erreicht, dass für den Strahl kaum noch Va Zoll breiter Raum übrig bleibt. Werden diese Erscheinungen übersehen, geschieht nichts dagegen, geht in Folge öfter sich wiederholten Faulwerdens und Verkümmerns des Strahls das Erweiterungsvermögen des Hufes verloren, weicht die Sohle dem Drucke des Hufbeins bei der Be­lastung nicht mehr, bringt der auf das Hufgelenk wirkende Klemm­druck Schmerz hervor, dann gehen Pferde lahm. Und selbst dann, wenn Pferde lahm gehen, wird oft noch die Engheit des Hufes übersehen und der Sitz der Lahmheit ganz wo anders gesucht als im Hufe, wozu in vielen Fällen Erscheinungen, als Anschwellung der Fessel oder Sehnen, oder Schmerz in Gelenken Anlass bieten. Diese sind aber secundärer Natur. Sie entstehen in Folge vonnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; J
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Circulationsstörungen und Schmerz im Huf und namentlich dadurch, dass der unbeweglich gewordene Huf beim Fall des Körpers auf den Boden, den Stoss der Last dröhnend, prellend empfängt und nachtheilig auf die Gelenke überführt.
Einige Zeit Ruhe neben Waschungen oder Einreibungen be­seitigen diese secundären Erscheinungen oft, aber nur auf kurze Zeit, bald kehren sie wieder, Haarseile und scharfe Einreibungen werden nutzlos dagegen angewandt, und nun kehrt man zum Hufe, welcher mittlerweile einen so hohen Grad der Engheit erreicht hat, dass das Pferd daran fast dienstunbrauchbar geworden, zurück.
Man untersuche deshalb jeden engen Huf genau, um so mehr, als beim beginnenden Zwanghuf Schmerz darin mit Hülfe der IJntersuchungszange sich nicht allemal hervorrufen lässt.
Jeder enge Huf mit einer langen Zehe, niedrigen Tracht, kleinem Strahl, ist verdächtig, man führe jede Lahmheit, die darin vorkommt, darauf zurück, bevor man wo anders sucht. Nament­lich ist der Gang des Pferdes entscheidend. Ist derselbe stumpf und fühlend, dann ist in der Regel eine gestörte Beweglichkeit, durch Engheit entstanden, die Ursache der Lähme.
Zu den Ursachen dieses Zwanghufes gehört also in erster Linie die überwiegende Kraft der Zusammenziehungsfähigkeit der Hornwand enger Hufe, welche durch Gelegenheitsursachen, wie Schwächung der Eckstreben, des Strahles und der Trachten­wände, verschlimmert wird.
Zur Heilung des Zwanghufes führt daher selbstredend die Ab-schwächung der Kraft der Zusammenziehungsfähigkeit und dies erreicht man nur allein durch Verkürzung der Zehenwand.
In der verhältnissmässig zu langen Zehe liegt die grössere Kraft der Zusammenziehung. Je stärker der Bügel einer Zucker­zange ist, um so schwerer öffnet sie sich, je schwächer, um so leichter, weil die Summe der Kräfte abhängig ist von der Summe der Materie.
Die Trachten des Hufes öffnen sich dnrch Abschwächung der Zehenhornwand ganz sicher und mit der Oeffnung der Trachten werden Eckstreben und Strahl gesund, das Erweiterungsvermögen des Hufes kehrt wieder, und mit dieser quot;Wiederkehr verschwindet die Lahmheit bei der Zwanghufigkeit. Es versteht sich von selbst, dass neben der bei jedem Beschlag zu wiederholenden Verkürzung der Zehe Tragerand der Wände und Eisen zueinander so geschnitten
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und gerichtet werden müssen, wie wir dies bei engen Hufen bereits angegeben.
Anderer künstlicher Mittel, als Erweiterungsschraube, Feder etc., welche gegen die Wirkung der Ursache des Zwangbufes, nicht gegen die Ursache selbst in Anwendung gebracht und angerathen sind, bedarf es nicht.
Der ganze Zwanghuf weiter Hufe.
Derselbe geht nur aus weiten (gemeinen) Hufen, namentlich ans solchen mit gering gewölbter Sohle hervor.
Die bei diesen Hufen vorherrschende Neigung zum Weit­werden, welche in der mehr schrägen Richtung der Wände zum Erdboden und Flachheit der Sohle ihren Grund hat, giebt Ver­anlassung zum Engwerden derselben an der Krone. Von vorn oder hinten gesehen zeigen sich diese Hufe oben verhältnissmässig enger als unten, und 3/* Zoll unter der Krone bemerkt man rund herum eine eingekniifene Stelle der Wand, welche statt in gleich-massig schräger Richtung von oben nach unten zu verlaufen, vom Säumen an a/i Zoll weit herab senkrecht, und von hier ab, unter einem nach aussen geneigten Winkel schräg nach unten verläuft.
Dieser Zwanghuf kommt vorzugsweise bei solchen Pferden vor, welche von der Weide mit einmal in trockene Ställe versetzt und Arbeit auf harten trockenen Strassen verrichten müssen. In Folge des leichteren Austrocknens der Hufe (weiter Hufe) stellt sich bald ein Engwerden derselben ein und zwar an der Stelle, welche am wenigsten Widerstand leisten kann; dies ist hier die Horn wand unter der Krone, die Stelle, wo unterhalb der Fleiscbkrone die eigentliche Schutzschicht der Wand ihren Anfang nimmt. Der Tragerand wird vermöge der schrägeren Wandrichtung und flachen Sohle, wie sich leicht begreifen lässt, dabei eher weiter als enger nnd dies um so eher, wenn derselbe auf einem horizontalen Eisen-tragerand ruht. Das Engwerden oder Einkneifen der Wand unter der Krone nimmt sogar in dem Maasse zu, wie das Weiterwerden unten, und erreicht den höchsten Grad, wenn die schon flache Sohle durch die fortwährende Belastung, welche das Hufbein darauf ausübt, convex (voll) hervorgedrängt und die Hebung oder Aufwärtsweichung des Hufbeins, also die Mechanik des Hufes, ver­loren gegangen und der sogenannte Vollhuf entstanden ist.
In der Regel tritt gleich zu Anfange des Austrocknens Klamm-
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gehen der Pferde ein, welches in fast allen Fällen übersehen, oder wenn es bemerkt, keineswegs im Hufe gesucht wird. Und selbst wenn Lähme eingetreten und die eingekniffene Stelle unter der Krone ganz deutlich sichtbar geworden, beim Druck mit der Zange Schmerz hervorgerufen und der Sitz der Lähme im Hufe erkannt worden ist, so sucht man dieselbe doch nicht an der eingekniffenen Stelle, wo sich die vom untern Tragerand in schräger Richtung aufwärts geleiteten Stösse beim Fall brechen und dadurch die Weichtheile erschüttern und zerren, sondern in der Sohle. Diese wird dann in solchen Fällen auf eine unverantwortliche Weise zer­schnitten, abgeschwächt und dadurch dem langsam vorwärtsschreiten­den, sicher die Unbrauchbarkeit des Pferdes auf harten Strassen herbeiführenden Uebel (Vollhuf) Thür und Thor geöffnet. Man untersuche deshalb klammgehende Pferde mit weiten Hufen recht genau und achte dabei vornehmlich auf eingedrückte Stellen unter der Krone, setze das eine Maulende der Untersuchungszange stets gegen diese, das andere zwischen Wand und Sohle, drücke nach unten und aussen und man man wird sicher das Uebel er­kennen.
Als Ursache dieses Zwanghufes gilt die bei weiten Hufen vor­handene grössere Disposition fürraquo; die physikalischen Einwirkungen des Wechsels von Trockenheit und Feuchtigkeit und die Neigung zum Auseinanderweichen des Tragerandes der Wand.
Zur Verhütung derselben und somit des Zwanghufes dient das, was schon bei Verhütung des Vollhufes gesagt worden. Die Sohle darf nicht geschwächt werden. Der Tragerand des Eisens muss dem der alten deutschen Eisen entsprechen und das Eisen so weit sein, dass es die ganze untere Peripherie des Hufes umfasst.
Zur besseren Erreichung des Letzteren und wenn das Uebel schon weit vorgeschritten ist, sind zwei Seitenaufzüge, welche zwischen dem ersten und zweiten Zehennagelloche angebracht, sehr zu empfehlen. Es versteht sich von selbst, dass dieselben, da sie nur zur Verhütung des Ausweichens des Tragerandes und nicht zur besseren Befestigung des Eisens bestimmt sind, nicht fest angerichtet werden dürfen. Lose Wandtheile müssen endlich ausser Berührung mit dem Eisen gebracht und zu dem Ende herunter­geschnitten werden.
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Der halbe Zwanghuf.
Der halbe Zwanghuf kommt bei bodenweiten oder bodenengen also bei halbweiten und halbengen Hufen vor.
Je nachdem die engere oder weitere Hufhälfte, die erstere unten, die letztere oben, von Engheit befallen wird, sprechen wir von einem „engenquot; oder „weitenquot; halben Zwanghuf. Derselbe kommt sehr häufig vor, macht den Beschlagschmieden viel zu schaffen und die Pferde nur zu oft lahm. Er entsteht aus den­selben Ursachen, welche bei engen oder weiten Hufen Zwanghuf erzeugen, die hier, bald an einer oder der anderen Hufhälfte Platz greifen. Kommt zu diesen noch die der ungleichmässigen Höhe der Seitenwände des Hufes, die gerade bei bodenweiten oder bodenengen Hufen, welche Schmiede stets normal zu machen sich bestreben und wozu sie bisher bei den bestehenden Ansichten über die Höhe der Wände zueinander allen Grund hatten, so überaus nachtheilige Folgen hat, dann entsteht nicht allein halbe Zwang-hufigkeit, sondern auch noch Steingallen, Hornspalten, getrennte, gestauchte Wände etc. etc.
Wird z. B. der Tragerand der engen Hälfte höher gelassen, als der der weiten, so dass dieser beim Aufsetzen auf den Boden den Stoss zuerst empfängt, und ruht derselbe ausserdem noch auf einem schrägen (deutschen) Eisentragerand, so staucht und zwängt sich die höhere enge Wand um so schneller ein. Noch schlimmer ist es, wenn der Tragerand der weiten Hälfte zu hoch gelassen wird. In diesem Falle staucht sich die zu hohe weite Wand unten ab, oben ein, die niedrige enge dagegen senkt sich nach unten und innen der Mitte des Hufes zu, klemmt sich also unten zusammen und es entsteht an ein und demselben Hufe ein halber „weiterquot; und ein halber „engerquot; Zwanghuf, ein schwer zu beseitigendes Hufübel.
Sind bodenweite oder bodenenge Hufe zugleich diagonale, so leiden sie noch mehr durch ungleiche Höhe des Tragerandes, be­sonders die bodenweit-diagonalen.
Bei der Untersuchung wird also die enge Hälfte unten, die weite oben genau zu betrachten und bei Prüfung des Ganges be­sonders darauf zu achten sein, ob die Wände gleichmässig, d. h. innere und äussere gleichzeitig den Erdboden beim Aufsetzen be­rühren.
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Wird jede dabei aufgefundene üngleichmassigkeit der Seiten-und Trachtenwände nach den schon bekannten Regeln ausgeglichen, der Tragerand der Wände und der des Hufeisens für bodenweite und bodenenge Hufe sorgfältig zu einandar gepasst, so wird der halbe Zwanghuf verhütet, resp. geheilt. #9632;
#9632;
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Die hohle Wand.
Unter hohler Wand verstehen wir die Aufhebung der leben­digen Verbindung zwischen Fleisch- und Hornwand nach voran­gegangener Entzündung der Fleischwand, welche sich am Hufe durch eine Höhlung zwischen quot;Wand und Sohle, die mit abgestor­benen krümligen todten Horntheilchen angefüllt ist, zu erkennen giebt. Dieselbe erstreckt sich oft nur auf 1 Zoll in der Länge der weissen Linie, manchmal auch auf 2—3 Zoll.
Die Form des Hufes leidet in der Regel dabei nicht, namentlich nicht bei geringem Umfange und kurzem Bestehen, und da Pferde nur dann daran lahm gehen, wenn sich Sand und Steine darin fest­gesetzt und die Weichtheile dadurch gequetscht sind, so kommt sie uns nur zu Gesicht beim Beschlag und zwar erst nach Ab­nahme des alten Eisens. Bei grosser Ausdehnung und längerem Bestehen kann eine Formveränderung des Hufes eintreten, beson­ders an der Sohle und Wand. Wir finden die erstere neben der hohlen Wand mehr herab-, die letztere mehr nach aussen heraus­gedrängt (wahrscheinlich in Folge des Druckes, welcher durch Ein Schiebung von Schmutz und Sand entsteht).
Sie ist unheilbar. Die Vegetation der abgestorbenen Fleisch­blattschicht lässt sich nicht wieder herstellen.
Der Beschlagschmied hat beim Beschlag hohhvandiger Hufe nur dafür zu sorgen, dass Wand und Sohle in nächster Nähe der Höhlung nicht vom Eisen berührt werden, der Hohlraum vor dem Aufnageln des Eisens gründlich gereinigt und mit Werg und künst­licher Hornmasse gehörig verklebt wird, so dass sich nicht Sand und Steinchen einschieben können. Das aufzulegende Eisen kann bei gelinden Graden des Uebels einfach sein, bei höheren Graden wählt man am vortheilhaftesten ein geschlossenes.
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#9632; #9632;•#9632;
Der Knollhuf.
Der Knollhuf ist das Product einer Entzündung (Fassentzündung, Rehe, Verschlag), welche entweder einen Theil oder die ganze Hälfte der vorderen Fleischwand betroffen hat.
Zwischen der hohlen Wand und dem Knollhuf besteht der Unterschied, dass bei der ersteren die Entzündung mit Absterbung der von den Fleischblättchen erzeugten Hornblättchen endet, und die Lahmheit aufhört, sowie sich die hohle Wand gebildet hat, bei dem letzteren dagen die Entzündung fortbesteht, chronisch wird, und nach und nach sich eine verdickte Hornblattschieht bildet, welche durch Druck auf Horn- und Fleischwand Schmerz und fortwährende Lähme sowie endlich Verkrüppelung der Hufzehe (diese nimmt eine knollenartige, nach aufwärts gerichtete Form an) zur Folge bat.
Die übrigen Theile des Hufes, als: Trachtenwände, Seitenwände, Sohlenschenkel, Eckstreben und Strahl sind gesund und werden von dem Entzündungsprozess weder betroffen noch verändert.
Von der Dauer des Bestehens der chronischen Entzündung, von der grosseren Ausdehnung der kranken Hornblattschicht, hängt der Grad der Verkrüppelung der Zehe ab. Bei exquisit ausgebildeten Knollhufen kommt es vor, dass die Sohle mit aufwärts gegen die Spitze des Huf beins gedrängt wird, dabei schwindet und zerbricht, und die Hufbeinsspitze durchtreten lässt.
Der Durchbruch der Hufbeinsspitze in höheren Graden des Knollhufes hat Veranlassung zu der Vermuthung gegeben, dass das Hufbein durch die keilartige Wirkung der kranken Blatthornschicht nach unten herab durch die Sohle gedrängt wird.
Wäre dem wirklich so, würde das Hufbein aus seiner natür­lichen Lage mit der Spitze nach unten gedrängt, so müssten wir die kranke Blattschicht ebenfalls herabgedrängt, d. h. nach dem Hufbein zu gerichtet, vorfinden, was in der That nie der Fall ist. — Wir finden dieselbe stets der nach aufwärtsgewichenen Zehen-hornwand zu gewendet. — Es müssten ferner die Sectionen knoll-hufiger Pferde Veränderungen der Gelenkflächen des Hufgelenkes ergeben haben, was ebenfalls bis jetzt nicht beobachtet ist. Und endlich müssten Pferde mit Knollhufen bei mit nach unten ge­drängter Hufbeinsspitze die Gliedmaasse stets gebengt, statt —
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#9632;wie Jeder weiss, der einmal ein solches Pferd gesehen, — ge­streckt halten.
Wir müssen daher, auf dem Boden dieser Thatsachen stehend, behaupten, dass jene Vermuthang über die Senkung resp. Herab-drängung der Hufbeinsspitze irrig ist, dass das Hufbein seine Lage bei Bildung des Knollhufes nicht verändert, sondern zwischen der kranken Hornblattscbicht und Hornsohle fest eingekeilt liegt, dass durch die Auf- und Vorwärtstreibung der Hornwand die mit der­selben festverbundene Sohle mit auf- und vorwärts gegen die Spitze des Hufbeins gedrängt wird, in Folge dessen zerbricht und den Durchtritt der Hufbeinsspitze gestattet.
Sectionen an Knollhufen mit recht starker unzerbrochener Sohle beweisen die Richtigkeit der eben ausgesprochenen Behaup­tung. Wir finden nämlich bei solchen die Spitze des Hufbeins in derselben Weise aufwärts gekrümmt, wie die Hufsoble. (Siehe Fig. 53 u. 54.)
Fig. 53, Das gesunde Huf bein.
Fig. 54. Das kranke Huf bein.
Ueber die Ursachen des Knollhufes wollen wir uns hier weit­gehend nicht äussern, sondern nur die Bemerkung einfliessen lassen, dass die derzeitige Behandlungsmethode der Fussentzündung (Rehe, Verschlag) der Pferde, welche in der Regel mit Verdün­nung und Durchschneidung der Hornsohle am Zehentheil begleitet ist, die Bildung des Knollhufes am allermeisten begünstigt.
Für den Beschlagschmied ist nur nöthig, dass er den begin­nenden Knollhuf erkennt und die Neigung der Aufwärtsweichnng der Zehenhornwand, wodurch die Lähme bedingt wird, durch geeigneten Beschlag verhütet. Für ihn mag Folgendes dabei als Regel dienen.
Wird ihm ein Pferd mit Verschlag und beginnendem Knollhuf' welcher sich durch eine ringlige, aufwärtsgeneigte Zehenwand und
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beim Vorführen des Pferdes durch einen Gang mit weit vor­gestreckten Vorder- und weit unter den Leib geschobenen Hinter-füssen zu erkennen giebt, zur Schmiede gebracht, so raspelt er die ringlige, knollige Zehenwand tod oben nach unten und die Seiten um so viel weg als nöthig ist, derselben die frühere natur-gemässe gerade Richtung zum Erdboden zu geben, ohne Rücksicht darauf, ob er am unteren Rande dieselbe ganz oder noch einen Theil der kranken Hornblattschicht mit fortraspelt. Den Zehen­theil der Sohle beschneidet er um keinen Preis; Sohlenschenkel und Strahl werden nur von todten Hornmassen befreit und Trachten-und Seitenhornwände so viel beschnitten, als zur ebnen Auflage des Eisens und zur Verhütung des Druckes der Eisen auf die Sohle wünschenswerth ist.
Zur Verhütung der Aufwärtsschiebung der Sohle am Zehen­theil wählt er ein geschlossenes Eisen, dessen Zehentheil so ge­formt ist wie der Trachtentheil, d. h. an der Zehe statt rund, eckig wie an der Tracht ist, und legt es so auf, dass nur die Seiten- und Trachtenwände davon berührt werden, der ganze kranke Zehentheil aber brückenähnlich bedeckt wird. Um dies Letztere ganz sicher zu erreichen, bringt er in demselben die Nagellöcher mehr nach dem Trachtentheil zu an. Ist die Sohle an der Zehe sehr hervorgewölbt und sind die Seitenwände schlecht, so muss er zur Schonung der Sohle den vorderen Theil des Eisens entsprechend wölben. Nach dem Beschlag bestreicht er den von der Wand entblössten Zehentheil des Hufes mit einem Gemenge von Fett und Holztheer aus gleichen Theilen und verordnet, da dergleichen Hufe leicht austrocknen, tägliches Bestreichen der Sohle mit Kuhmist. Auf diese Weise beseitigt er, wenn auch nicht die krankhafte Wucherung der Hornblattschicht (diese ist unheil­bar), sondern die Einkeilung des Hufbeins, den Schmerz und die Lähme und erhält die Pferde brauchbar.
#9632;
Die Gelenklahmheiten.
Wir haben beim Beschlag lahmer Pferde gesagt, dass die Unterlassung der Herstellung der naturgemässen Huffonn, sowie des Verhältnisses der Höhe der Seiteuwände zueinander und Höhe der Tracht und Länge der Zehe gegeneinander, sich entweder direkt
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am Hafe oder an den Gelenken bestraft. Unter welchen Umstän­den das erstere der Fall ist, haben wir bei Behandlung der ein­zelnen Huflahmheiten kennen gelernt Unter welchen Umständen das letztere geschieht, wollen wir in Folgendem betrachten.
Gelenklahmheiten können auftreten, wenn bei der Beschnei­dung der Hufe das für die Stellung und Bewegung der Glied-maassen nöthige naturgemässe Verhältniss der Höhe der Seiten­wände und Höhe der Tracht und Länge der Zehe zueinander nicht hergestellt ist. Im ersteren Falle entsteht ein Ueberkippen der Gliedmaassen in den Gelenken nach der zu niedrigen Wandseite hin.
Durch dies Ueberkippen, sei es nach innen oder aussen, ent­steht ein unsicher wackliger Gang, welcher Veranlassung zu Ver­letzungen der Fesselgelenke giebt, welche wir mit dem Ausdruck „Streichenquot; bezeichnen.
Im anderen Falle entsteht bei zu hoher Tracht durch Stauchung derselben eine Erschütterung und Entzündung des Kronengelenks am Ballentheil, ein Zustand, den wir „ Verbällungquot; nennen, und bei zu langer Zehe durch Zerrung Entzündung der hinteren Bänder und Sehnen des Fesselgelenks, ein Zustand, den wir im gelinden Grade mit „Köthenschüssigkeitquot;, im höchsten Grade mit „Stelzbeinigkeitquot; bezeichnen.
Schliesslich kommt noch bei nicht gehöriger Würdigung des letzteren Verhältnisses Verletzung des Kronengelenks am Ballen­theil vor, welche „Greifenquot; genannt wird.
Das Streichen.
#9632;
Das Streichen oder auch Anschlagen der Pferde besteht in einer Verletzung der inneren Hautlläche des Fesselgelenkes oder Schienbeins, welche bei derBewegung der Pferde durch Anschlagen des Hufes an das gegenüberstehende Fosselgelenk oder Schienbein entsteht.
Dasselbe ist sehr schmerzhaft und Pferde gehen daran sehr lahm, fallen sogar nicht selten im Augenblick des Anschlagens vor Schmerz auf die Knie, oder gehen mehrere Secunden lang auf 3 Beinen.
Die Ursache des Streichens, mag die verletzte Stelle sitzen wo sie will, ist in der Regel ungleiche Höhe der Seiten-
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wände, entweder des Hufes der streichenden oder gestrichenen Gliedmaasse, wenn nicht hervorstehende Nieten oder zu weite oder verschobene Hufeisen dazu Veranlassung gaben.
In den Lehrbüchern über Beschlag wird vorzugsweise die un-regelmässige Stellung der Gliedmassen mit zu den Ursachen des Streichens gerechnet, aber mit Unrecht. Es streichen sich that-sächlich Pferde mit ganz regelmässig gestellten GHedmaassen und vielfach solche mit unregelmässigen nicht. Das Streichen der Pferde nach Ermüdung oder bei ungewöhntem Gebrauch derselben auf glattem Pflaster gehört streng genommen nicht hierher, weil sich dagegen mit dem Beschlag nichts ausrichten lässt.
Will der Schmied ein Pferd, das sich gestrichen hat, beschla­gen, so verfahre er dabei zur sicheren Auffindung der Ursache und Verhütung derselben auf folgende quot;Weise:
#9632;
Er prüfe beim Vorführen auf ebenem Boden zuerst den streichenden Fuss und merke sich die Stelle am Hufe ganz genau, welche zuerst auf den Boden gesetzt, bemesse dabei mit seinem Auge den Raum, welcher beim Aufsetzen zwischen dem Erdboden und der zu niedrigen Wandseite liegt, um bei Herstel­lung des planen Verhältnisses des Hufes von der zu hohen Wand­seite gerade so viel herunterschneiden zu können, als dieser be­trägt. Dieselbe Prüfung nimmt er mit dem gestrichenen Fusse vor. Hierauf prüft er die Bewegung des ersteren und sucht zu
ermitteln mit welchem Theil der inwendigen Wand der Huf beim
#9632;
Vorüberführen das ruhende Bein berührt. Bei bodenweiter und bodenweit-französischer Stellung ist es gewöhnlich die inwendige Zehenwand, bei bodenenger die Mitte der Seitenwand und bei bodeneng-französischer die vorderste Spitze der inwendigen Ze­henwand.
Selten streichen sich Pferde mit der hintersten Trachtenwand,
wie das zumeist geglaubt wird. Es ist deshalb sehr nachtheilig,
#9632; #9632;
wenn Schmiede auf diesen Glauben hin den inwendigen Schenkel­arm des Eisens scharf nach innen herumrichten und dadurch das­selbe schief auf den Huf auflegen, d. h. den inwendigen Zëhentheil des Eisens zu weit über den Rand des Hufes hinwegragen lassen, wodurch erst recht das Streichen hervorgerufen wird.
Hat der Schmied die Stelle entdeckt, so beraspelt er dieselbe, zieht die correspondirende Stelle am Eisen ein, so dass es hier
enger wird, als der Huf weit ist, und schlägt da keinen Nagel.
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Gleichzeitig achtet er auf den ruhenden Fuss, ob dieser nicht durch Znhochsein der auswendigen Wand und Ueberkippen der Fessel nach innen dem vorüberführenden näher gebracht wird.
Hat er durch plane Beschneidung und Beraspelung der strei­chenden Wandstelle die Hufe corrigirt, dann führt er das Pferd noch einmal vor, um zu sehen, ob das Gewünschte erreicht ist, dar­auf passt er das Eisen recht genau auf und lässt beim Aufschlagen die Nieten gut ein.
Ist durch Beschneidung ein planes Auftreten des Hufes nicht zu erreichen, weil von der zu hohen Wandseite nicht so viel als nöthig dazu ist, weggenommen werden kann, so erhöht er durch einen dickeren Schenkel {Streichschenkel) oder durch Unterlegen von Leder die zu niedrige Wandseite um so viel.
Bei der fass- und xbeinigen Stellung der Hinterfüsse hat er ferner noch darauf zu achten, ob die verhinderte drehtnde Be­wegung der Gliedmaassen, welche bei der erstem nach aussen, bei der letzteren nach innen stattfindet, nicht die Ursache zum Streichen abgiebt. Wird nämlich bei der ersteren die auswendige Wand zu hoch gelassen, oder ist der auswendige Stollen zu hoch, so wird die Drehung des Beines um die Längenachse nach aussen verhin­dert, d. h. die Gliedmasse bleibt der vorübergehenden zu nahe Stehen und es entsteht Streichen.
Das gehörige Niederschneiden der auswendigen Wandseite oder das Fehlenlassen des auswendigen Stollens beseitigt in diesem Falle das Uebel.
Wird bei der letzteren die inwendige Wand zu hoch gelassen oder ist der inwendige Stollen höher als der äussere, so wird die Drehung des Beines um die Längenachse nach innen verhindert, die Zehe des Hufes bleibt in Folge dessen zu weit nach innen gewendet stehen, und trifft bei der Vorüberführung, indem sie einen dem ruhenden Fusse näher kommenden Kreis beschreibt, diesen, und streicht ihn. Das gehörige Niederschneiden der in­wendigen Wandseite oder das Fehlenlassen des inwendigen Stollens wird hier die Drehung nach innen begünstigen und das Streichen verhindern. Bisher machte man es stets umgekehrt. Man hielt die drehenden Bewegungen dieser Gliedmaassen für regelwidrig und suchte sie dadurch regelrecht zu machen, dass man sie im ersten Falle dnrch hohe Stollen aaswendig, im andern Falle durch hohe Stollen inwendig verhinderte. Wir können nur warnen,
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natürliche Zustände der Bewegung der Gliedmaassen zu verhindern; es bestraft sich sicher frühe^ oder später. Im vorliegenden Falle wird durch solche Bestrebungen das Streichen hervorgerufen.
Das Verballen.
Unter Verballen (Verbällung) verstehen wir die Entzündung der Fleischballen, welche sich oft bis auf den hinteren Theil des Kronengelenkes erstreckt und Lähme verursacht. Dasselbe entsteht, wenn in Folge schlecht geleiteter Stösse beim Fall des Körpers auf den Erdboden Erschütterungen oder Zerrungen der Fleisch­ballen stattfinden.
Erschütterungen entstehen, wenn die Trachtenwände zu hoch sind, also früher auf den Boden kommen als die Zehe. Dies kann stattfinden bei zu scharfer Beschneidung der Zehe oder wenn bei sonst planer Beschneidung des Hufes Stollen am Hufeisen sind.
Zerrungen, wenn die Eisen zu kurz sind, die Schenkelenden die Trachtenecken nicht völlig und vorschriftsmässig decken, und zwar durch den vor der Traehtenecke aufwärts und vom hinteren Rande des Ballens, statt aufwärts zur Fessel, abwärts geleiteten (reflectirten) Stoss.
Verballen kann, je nachdem eine Tracht zu hoch oder ein Schenkel zu kurz gelassen, einen, je nachdem beide zu hoch oder beide zu kurz, beide Ballen betreifen.
Der Beschlagschmied suche bei vorhandenem Verhallen durch genaue Prüfung des Ganges die Ursache desselben aufzufinden und corrigire die bemerkten Beschlagsfehler mit besonderer Auf­merksamkeit. Sind die Trachten zu hoch, so verkürze er sie und suche die schmerzhaften Ballen durch ein Eisen zu schützen, dessen Schenkelenden auf der Huffläche von vorn nach dem Ende zu auf k Zoll Länge etwas keilförmig und so zugeschärft sind, dass dabei die Planheit der Bodenfläche derselben nicht verloren geht.
Sind Stollen die Ursache, so bleiben sie weg, und ist das Eisen zu kurz, so muss es länger genommen werden. In allen Fällen darf das Eisen die Trachtenecken nicht hart berühren und muss zu dem Ende stets die vorher angedeutete Beschaffenheit an den Schenkelenden haben.
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Die Köthenschüssigkeit.
Unter Köthenschüssigkeit verstehen wir ein nach vorn Ueber-gekipptsein des Fesselgelenkes.
Die Ursache der Köthenschüssigkeit ist eine zu lange Zehe des Hufes.
Ist die Zehe im Verhältniss zur Trachtenhöhe zu lang, kommt sie beim Aufsetzen des Hufes früher auf den Erdboden als die Tracht, so findet im Momente der Belastung der Gliedinaasse in Folge der nothwendigen Herabsenkung der zu niedrigen Tracht •auf den Boden, eine Dehnung (Zerrung) der hinteren Bänder und Sehnen des Fesselgelenks statt, welche anfänglich schmerzlos ist.
Bei fortbestehender langer Zehe tritt aber bald ein bei weitem wichtigerer Umstand mit hinzu, welcher Schmerz und Lahmheit hervorruft. Dieser ist vermehrter Kraftaufwand der beugenden Muskeln bei Abschwingung des Körpers vom Boden.
Nach dem Gesetze vom Hebel ist nämlich das Maass der Kraft abhängig von dem Grade der Entfernung zwischen Last- und Unterstützungspunkt. Je näher der Unterstützungspunkt der Last liegt, um so weniger Kraft ist zur Hebung der Last erforderlich.
Wir haben, als von der Mechanik des Hufes die Rede war, gesehen, dass der Huf bei Abschwingung der Last vom Boden einen einarmigen Hebel darstellte, bei dem die Zehe den Unter­stützungspunkt, die Mitte des Hufes der Ruhepunkt der Last und die Tracht den Anheftungspunkt der Kraft abgab.
Bei langer Zehe und niedriger Tracht wird die Last mehr nach den Trachten als nach der Zehe, also dem Kraftpunkte näher als dem Unterstützungspunkte verlegt, Last und Unterstützungs-punkt mithin von einander entfernt und zur Abschwingung der Last ein grösserer Kraftaufwand der Beugemuskeln erfordert.
Dieser vermehrte Kraftaufwand der Beugemuskeln in Verbin­dung mit der Dehnung der Sehnen (Endigungstheilc der Benge-muskeln) bei zu langer Zehe bringt bei anhaltendem Gebrauch der Pferde zuerst Ermüdung der gedachten Muskeln und einen knicken­den, stolpernden Gang und selbst Lähme hervor, wobei die Fessel­gelenke kurz vor der Beugung allemal nach vorn überschiessen.
Im Stande der Ruhe wechseln die Pferde die Beine, indem sie bald das eine bald das andere vorsetzen, wobei das mehr unter den
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Leib gestellte ebenfalls allemal im Fessel nach vorn überkippt. Stehen beide Beine nebeneinander, dann kippen oder schiessen beide Fesseln nach vorn über.
In dem Ueberkippen (Ueberschiessen) der Fessel nach vorn erblicken wir ein Bestreben der Natur, wodurch die zu niedrige Tracht erhöht wird. —
Wird, wenn ein Pferd in diesem Zustande zur Schmiede ge­bracht wird, die Hufzehe um so viel verkürzt, dass sie mit der Tracht gleichmässig den Boden berührt, das Eisen zur sicheren Unterstützung der Tracht vollkommen lang gewählt, so ist das Ueberkippen im Fessel (Köthenschüssigkeit) beseitigt und Lähme verhütet. Wird dagegen die Zehe nicht verkürzt, bleibt die Köthen­schüssigkeit unbeachtet, so tritt bei fernerer anstrengender Arbeit über kurz oder lang Entzündung und Verdickung der Fesselgelenke und Beugesehnen ein, welche nach Anwendung von Einreibungen zwar gemildert, bei unbeseitigter Ursache und fernerem Gebrauch der Pferde aber fort und fort wiederkehren und zu Gelenkever­wachsung und Sehneklapp führt.
Diese chronischen Uebel gestatten selbstredend eine Dehnung der Theile nicht mehr, die Tracht kann von jetzt ab den Boden nicht mehr erreichen, sie schwebt über demselben, während diö
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Zehe sich auf den Boden stützt, das Pferd allein darauf gehend sich fortbewegt, in Folge dessen sich staucht und nach aufwärtsnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; jl
biegt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ij
Pferde, welche mit der Zehe des Hufes allein den Boden beim Gehen berühren, werden stelzbeinig, und der dadurch an der Zehe gestauchte Huf, Stelzhuf genannt. Pferde mit Stelzbeinigkeit und Stelzhuf sind der Axt verfallen.
Wie furchtbare Folgen durch die Einwirkungen einer zu langen Zehe des Hufes entstehen können, erhellt hieraus zur Genüge.
Der Beschlagschmied achte deshalb bei jedem Pferd, das ihm vorgeführt wird, auf die Fesselstellung, und findet er den Winkel der Fessel statt nach hinten nach vorn geneigt, so verkürze er die Zehe des Hufes so viel als möglich, gebe dem Hufeisen danebennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;! i
derbe Zehenrichtung und wähle bei nach vorn geneigten Trachtennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i
recht lange Eisen. Kann er auf solche Weise die plane Berührung des Hufes mit dem Boden noch nicht erreichen, dann erhöhe er mit Hülfe von Stollen oder verdickten Eisenschenkelenden die Trachten um so viel als nöthig dazu ist. —
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Das Greifen oder Anschlagen.
Unter Greifen verstehen wir das Anstossen der Hinterhufe an die Vorderhufe, wobei nicht selten, namentlich wenn Pferde in sehr raschen Gangarten gebraucht werden oder springen müssen, die vorderen Ballen verletzt werden und Entzündung und Lähme entsteht.
Die Ursache des Greifens liegt zunächst im Bau des Pferdes Pferde mit langem Rücken, unter den Leib gestellten Vorder- und Hinterbeinen, also mit rückständiger Stellung vorn, und vorstän­diger Stellung hinten, greifen sich, weil die Hinterhufe lang und spitz, die Vorderhufe kurz und stumpf sind, und bei der Bewegung die Hinterbeine über die Fussstapfen der Vorderbeine hinwegtreten.
Unter solchen Umständen kann die Ursache des Greifens mit Hülfe des Hufbeschlages nicht verhütet werden.
Die Berührung des unbeschlagenen Hinterhufes bringt indess beim Anstossen gegen den Vorderhuf erhebliche Verletzungen der Ballen nicht hervor, namentlich hört man dabei ein Klappen nicht. Der beschlagene Hinterhuf dagegen verletzt mit dem vorderen Zehenrande die Ballen leicht und nebenbei entseht beim Gegen­schlagen an die Schenkel der Vordereisen ein unangenehmes Knap­pen. Um dies unangenehme Klappen und Verletzungen der Ballen zu verhüten, muss der Beschlag so eingerichtet werden, dass die Hufe an den Punkten, mit welchen sie sich berühren, im barfüssi-gen Zustande verbleiben.
Dies erreicht der Schmied dadurch, dass er Hinterhufe und Vorderhufe mit dem bekannten Streicheisen beschlägt. Das Hinter­streicheisen mit abgestumpftem Zehentheil und zwei Seitenaufzügen gestattet ein Ueberstehen der Hufzehe, welche unbedeckt beim Anschlagen den hörbaren Ton und schlimme Verletzungen ver­hütet, und das Vorderstreicheisen mit schräg nach vorn abgeschnit­tenen Schenkelenden oder untergeschobenen Stollen verhindert bei seiner Kürze, dass die Hufzehe sich daran verletzen (abschleifen) kann.
Eine viel häufiger vorkommende Ursache zum Greifen der Pferde giebt indess noch die zu lange Zehe der Vorderhufe ab. Es mag dies auf den ersten Blick unwahrscheinlich vorkommen, weil die Vorderhufzehe beim Gehen des Pferdes von der Zehe des
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Hinterhufes gar nicht erreicht und gestossen wird, und doch ist die zu lange Zehe der Vorderhufe in sehr vielen Fällen Veranlas­sung zum Greifen, weil sie beim Gehen des Pferdes die Ueber-hebung der Körperlast über die Vorderfiisse hinweg nach vorn bedeutend erschwert und eine Verzögerung der Aufhebung der Vorderhufe vom Boden, eine Verlangsamung des Tempos der Vorderfüsse bewirkt, welcher letztere Umstand das Gegenstossen der Hufe der sich leichter bewegenden Hinterbeine hervorruft.
Wir haben bereits den nachtheiligen Einfluss einer zu langen Zehe des Hufes bei Behandlung der Köthenschüssigkeit kennen gelernt und dabei hervorgehoben, dass eine zu lange Zehe einen grosseren Aufwand von Muskelkraft zur Ueberschiebung oder Ueberhebung der Körperlast über dieselbe nach vorn erfordert, nach dem Gesetze vom Hebel ist ein um so grösseres Maass von Kraft nöthig, je weiter der Unterstützungspunkt (hier die zu lange Zehe) vom Lastpunkt (hier die Mitte des Hufes) entfernt liegt.
Wir haben dabei ferner gesehen, dass die zu lange Zehe beim Gebrauch der Pferde einen Zustand der Beugemuskeln der Glied-maassen hervorruft, welchen wir Ermüdung nennen.
Muskeln, welche übernatürlich angestrengt werden, ermüden, ihre Thätigkeit verringert sich, die Schnelligkeit ihrer Zusammen-ziehungs- und Ausdehnungsfähigkeit nimmt ab, der Gang der Pferde wird matt und stolpernd, und in diesem Zustande greifen sie sich.
Namentlich geschieht dies in den beiden Gangarten Schritt und Trab, Gangarten, wo die Beugemuskeln mehr schiebend als werfend wirken, also andauernder thätig sein müssen als im Galopp etc.
Wenn wir nun erwägen, dass die Beugemuskeln der Vorder­beine bei den gedachten Gangarten des Pferdes unverhältniss-mässig mehr Last über die Hufzehe wegzuschieben haben, als die Beugemuskeln der Hinterbeine, so werden wir mit Leichtigkeit begreifen können, dass jene eher als diese ermüden müssen, und dass in Folge der früheren Ermüdung der vorderen und des noch Frischseins der hinteren eine Verschiedenheit des Tempos zwischen beiden eintreten muss. Die Vorderhufe werden später als die Hinterhufe den Boden verlassen, die Hinterbeine sich früher strecken und ihre Hufzehe den Huf der noch in der Beugung be-griiFenen Vordergliedmaasse treffen, das Pferd sich also greifen.
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Die Erfahrung bestätigt dies. Ermüdete Pferde greifen sich, selbst bei verbältnissmässig nicht zu langer Zehe der Vorderhufe. Um wie viel eher wird dies der Fall sein, wenn die Zehe zu lang und damit eine Vergeudung an Kraft vorn, und Unregelmässigkeit des Tempos zwischen vorn und hinten verbunden ist.
Wird dem Bescblsgschmied ein Pferd mit dem Bemerken vor­geführt, dass sich dasselbe greift, so genügt bei Prüfung des Ganges die Beurtheilung des Rückens, Stellung der Gliedmaassen, Länge der Hinterhufzehe, Beschaffenheit der Hufeisen allein nicht, sondern er muss vorzugsweise darauf achten, ob die Zehe der Vorderhufe nicht zu lang ist, ob beim Vorbeiführen des Pferdes im Schritt nicht diese zuerst oder früher auf den Erdboden gesetzt wird, als die Tracht.
Ist das der Fall, so muss er dieselbe verkürzen, und wenn dies bei zu starker Beschneidung der Tracht in dem Maasse nicht auszuführen, als zur planen Berührung des Hufes mit dem Boden nöthig ist, so verdickt er die Schenkelenden des Eisens um so viel.
Besonders hüten muss er sich, bei zu langer Vorderhufzehe die Eisen zu kurz zu wählen, dieselben wohl gar daneben noch an den hintern Enden keilförmig von unten nach oben und hinten abzuschärfen. In beiden Fällen wird die Last noch stärker nach hinten herabsinken, also weiter vom Unterstützungspunkt entfernt verlegt, die Ursache des Greifens also noch vermehrt werden.
Nur zu oft suchen unverständige Schmiede das Greifen der Pferde hierdurch zu verhüten, schaden damit aber mehr als sie nutzen.
Die Hufpflege.
Zur Gesunderhaltung der Hufe und zur Verhütung von Lahm­heiten bei Pferden gehört aber nicht allein uer rationelle Huf­beschlag, d. h. die Kenntniss des Schmiedens der Hufeisen, die Kenntniss des Pferdekörpers, Stellung und Bewegung der Glied­maassen, sowie der davon abhängigen naturgemässen Hufformen, wie wir dies Alles kennen gelernt, sondern auch die künstliche Pflege der Hufe und zwar im unbeschlagenen Zustande.
Die meisten Pferde unserer Armee gehen einen grossen Theil des Jahres, circa 8 Monate lang, barfuss. Beim Gebrauch derselben in der Reitbahn während dieser Zeit nützen die Hufe sich wenig ab,
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Wachsthum und Abreibung des Hornes stehen in keinem gleichen Verhaltniss zueinander, die todten Hornmassen häufen sich nach und nach an und machen die Hufe unförmlich und unbeweglich, so dass eine öftere Beschneidung (Berundung) derselben nöthig ist.
Diese Berundung der Hufe ist sehr wichtig, wichti­ger als der Beschlag. Sie ist ein Vorbereitung zum Beschlag, d. h. sie setzt, wenn sie nach naturgemässen Regeln ausgeführt wird, die Hufe barfussgehender Pferde während des Winters in den Stand, den nachtheiligen Einflüssen des Beschlages während des Sommers Widerstand zu leisten.
Werfen wir, bevor wir dazu übergehen, einen Blick auf die Art und Weise und auf die Folgen des Rundmachens, wie es zur Zeit ausgeführt wird.
Motive zum Rundmachen sind: wenn die Hufe ganz unförmlich geworden oder sehr ausgebrochen sind, oder wenn eine Besichti­gung der Pferde bevorsteht.
Im ersteren Falle wird tüchtig ausgeschnitten, im zweiten tüchtig geraspelt. Im dritten Falle werden 120—140 Pferde in einem Tage von Schmieden rund gemacht, unter denen welche sind, die kaum den Namen Schmied, geschweige Beschlagsehmied verdienen.
Die Folgen eines solchen Rundmachens, wobei die Hufe ver­stümmelt resp. verschnitten werden, sind, dass die meisten Pferde klamm gehen und dann beschlagen werden müssen. Der Beschlag wird in solchen Fällen als eine Strafe des schlechten Berundens angesehen resp. anbefohlen, ist aber effectiv nur eine Strafe für das arme, an seinen Hufen verstümmelte Pferd.
Seine Hufe werden unnützerweise den nachtheiligen Einwir­kungen des Beschlages ausgesetzt, d. h. seine Wände zernagelt, eingezwängt und die Beweglichkeit, auf welcher vorzugsweise die Gesundheitspflege der Hufe basirt, beeinträchtigt, und die Pferde frühzeitig zum Dienst unbrauchbar gemacht.
Die Pflege der Hufe im unbeschlagenen Zustande bei unseren Pferden, welche in Folge des Winterdienstes wenig und nur auf solchem Boden (Reitbahnboden) Bewegung haben, wobei sich ihre Hufe ungenügend abreiben und vom Stallkoth reinigen können, ist wenn nicht wichtiger, so doch ebenso wichtig als die Pflege der Haut. Hierzu werden in der Regel 2 Stunden Zeit des Tages verwendet, während für die Pflege der Hufe einige Minuten nach der Putz­stunde genügen sollen.
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Mit Rücksicht auf die hohe Wichtigkeit dieses Gegenstandes der Diätetik der Pferde und in Anbetracht, dass darüber in den Lehrbüchern über Beschlag bisher sehr wenig gesagt ist, wollen wir in Folgendem allgemeine Regeln angeben, welche theils vom ßeschlagschmied, theils vom Pfleger der Pferde bei der Pflege der Hufe zu beachten sind.
Pflege unbeschlagener Hufe.
Das Rundmachen derselben.
Wenn Pferde sich den ganzen Tag auf der Weide tummeln können, so reiben sie sich dabei ihre Hufe so ab, dass Wachsthum und Abreibung in gleichem Verhältniss zu einander stehen, d. h. es werden so viel todte Horntheile unten an der Bodenfläche ab gerieben, als oben erzeugt werden.
Stehen Wachsthum und Abreibung in gleichem Verhältniss, kann die die Sohle nicht mehr als eine Linie überragende Horn-wand sich nicht von dieser lostrennen, sind die Sohle und der Strahl durch zu viel daran haftende todte Hornmassen, die erstere in ihrer Senkung und Hebung, der letztere in seiner Elastizität nicht behindert, dann bleibt der Huf gesund und der Tritt des Pferdes frei und sicher.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,
Wollten wir hiernach eine allgemeine Regel für das Rund­machen aufstellen, so müssten wir sagen:
„Barfuss gehende Pferde müssen sich viel bewegen und die abgestorbenen Horntheile müssen täglich aus ihren Hufen entfernt werden.quot; —
Dies ist indess beides nicht so correct ausführbar, weil erstens unsere Pferde nach dem Dienst, welcher ungefähr eine Stunde dauert, im Stall angebunden stehen, statt in Boxen sich frei zu bewegen, und weil zweitens eine Abreibung der todten Horntheile ähnlich wie sie beim Weidegang unter Einwirkung von Feuchtigkeit (Thau) erfolgt, im Stalle nicht bewirkt werden kann. Wir müssen deshalb einen Mittelweg einschlagen, welcher einerseits die An­häufung zu vieler todter Hornmassen und deren nachtheiligen Ein-fluss auf die Beweglichkeit des Hufes und Gang des Pferdes, und andererseits die ungeschickte Entfernung der todten, selbst auch
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gesunden Horntheile bei seltenem und starkem Berunden, #9632;welches Entzündung und Verballen der Weichtlieile des Hufes be­wirkt, verhiitet.
Dieser ist:
„Dass die Hufe eines jeden Pferdes von 8 zu 8 Ta-„gen und dann mit keinem andern Instrument, „als mit der Raspel berundet und täglich vom „Pfleger des Pferdes genügend gereinigt werden.quot;
Für den Beschlagschmied gelten dabei folgende Regeln:
Bei dei Abnahme der alten Eisen (wenn solche vor dem Be­runden abzunehmen sind) umgeht er mit der Raspel den äussern scharfen Rand der Horn wand und raspelt denselben so viel weg, bis der Tragerand derselben, ähnlich wie die Finger der Hand, abgerundet ist und er dadurch die Neigung zum Absplittern ver­loren hat. Eliermit ist die Berundung nach Abnahme der alten Eisen beendet.
Acht Tage später wird dasselbe Pferd vor dem Berunden auf möglichst ebenem Boden vorgeführt und geprüft, ob der Huf beim Aufsetzen den Boden mit allen Theilen gleichmässig und zu gleicher Zeit berührt. Der früher auf den Boden kommende Wand-, Zehen­oder Trachtentheil wird dann mit der Raspel um so viel erniedrigt, als zur planen Berührung des Hufes mit dem Boden nöthig ist und darnach wieder der äussere scharfe Rand der Hornwand berundet, •wie oben angegeben. Bei engen Hufen, deren Strahl häufig ver­kümmert und faul ist, wird, wenn die Planheit in der Bodenfläche auf die eben erwähnte Weise hergestellt ist, die ganze vordere äussere Zehenwand rund herum in einer Höhe von 1 bis l'/a Zoll um die Hälfte ihrer Stärke mit der Raspel verdünnt und dadurch derselben die Kraft der Zusammenziehung, welche Engheit der Trachten, Zwanghuf und faulen Strahl erzeugt, genommen. Genügt die Verdünnung der Zehenwand dazu nicht, so werden auch noch beide Seitentrachtenwände zwischen der Trachtenecke und der Stelle, wo gewöhnlich der erste Trachtennagel geschlagen wird, auf einen Zoll Höhe und um Vs ihrer Stärke mit der Raspel verdünnt.
Bei weiten Hufen wird die schräg nach aussen geneigte Horn­wand, wenn sie zuvor ebenfalls plan gemacht worden ist, am äusseren Rande herum scharf berundet (gebrochen), so dass beim Aufsetzen nicht dieser, sondern der der weissen Linie näher ge-
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legene Theil den Boden berührt, wodurch die vorherrschende Nei­gung zum Abtrennen der Wand von der Sohle verhütet wird.
Die Sohle und der Strahl dürfen vom Schmied nicht berührt werden, diese werden täglich zwei Mal, also nach jeder Putzstunde ein Mal vom Pfleger des Pferdes mit kaltem Wasser gründlich ab- und ausgewaschen und gleichzeitig mit dem Hufkrätzer die Furchen und Fugen des Strahls und die Sohlen fläche ausgekratzt und bekratzt, wobei Schmutz und die todten Horntheile zu ent­fernen sind. Lose daran hängendes altes Sohlenhorn wird mit dem Krätzer ausgebrochen und loses Strahlhorn mit Daumen und Krätzer erfasst und ohne Anwendung von Gewalt entfernt und hohle, fau­lige Strahlstellen jedesmal nach dieser Procedur mit trocknem Werg (Heede) ausgestopft.
Von der Gründlichkeit und gewissenhaften Ueberwachung die­ser Arbeit des Pferdepflegers hängt die Verhütung des Fäulniss­prozesses des Strahles und der Anhäufung von zu viel todtem Sohlenhorn ab.
In dieser Weise wird das Rundmachen barfussgehender Pferde von 8 zu 8 Tagen vom Beschlagschmied und die Reinigung der Hufe täglich vom Pferdepfleger wiederholt. Zum Frühjahr, wenn der Gebrauch der Pferde auf hartem Boden den Beschlag erfor­derlich macht, hat der Schmied nur den Tragerand des Hufes mit der Raspel geeignet für den Tragerand des Eisens zu ebnen und das Eisen aufzupassen und aufzuschlagen, wie wir es bereits kennen gelernt. Der Beschlag wird dann bei so während des Winters ge­pflegten Hufen zur Sommerzeit weniger nachtheiligen Einfluss auf den Huf ausüben, als dies bisher der Fall war.
Der Rossarzt, welcher bei Prüfung des Ganges des Pferdes vor dem Rundmachen dem Beschlagschmied die nöthige Anleitung und Zurechtweisung zu ertheilen hat, wird dabei gleichzeitig sich die für ihn so sehr nöthige Kenntniss der Individualität des Pfer­des, Stellung und Bewegung seiner Gliedmaassen, sowie der davon abhängigen naturgemässen Hufform verschaflen und dadurch in den Stand gesetzt werden, für die Gesunderhaltung und längere Brauch­barkeit des Pferdes geeignete Anordnungen und Vorschläge zu treffen, wozu er ohne jene Kenntniss factisch ausser Stande ist.
Dem Beschlagschmied ist endlich auf solche Weise für den Winter eine mehr als ausreichende Beschäftigung geboten.
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Pflege beschlagener Hufe.
Das Einschlagen und Einschmieren derselben.
Zur Gesunderhaltung der Hufe gehört ausserdem noch die Zu­fuhr von Feuchtigkeit, wie sie denselben auf der Weide durch bethautes Gras oder beim Gehen in feuchten Wegen bei Regen­wetter zu Theil wird.
Wir haben schon beim Rundmachen das tägliche Auswaschen der Hufe anempfohlen, wodurch denselben einige Feuchtigkeit zu-fliesst, welche für gewöhnlich, besenders in der Winterzeit, aus­reichend ist.
Im Sommer aber, und namentlich in der heissen Zeit, genügt die Feuchtigkeit, welche beschlagenen Hufen beim Auswaschen zufliesst, nicht. Die Verdunstung des Wassers in dieser Zeit ist so stark, dass das beim Waschen auf den Huf gebrachte Wasser aufgetrock­net ist, bevor es in denselben hat eindringen können, und da be­schlagene Hufe den Einwirkungen der Feuchtigkeit des Erdbodens mehr entzogen sind als unbeschlagene, so ist das Einschlagen und Einschmieren derselben nöthig.
Dasselbe geschieht bei trockner Jahreszeit (bei nasser Jahres­zeit wird den Hufen der Pferde während einiger Stunden Gebrauchs Feuchtigkeit genug zugeführt) am besten wöchentlich zwei Mal in folgender Weise:
Nach dem Dienst wird der Stand des Pferdes von Streu be­freit und vorn, wo die Vorderbeine (die Hinterbeine erbalten die Feuchtigkeit des eigenen Dunges, auf welchen Pferde gewöhn­lich treten, und kommen hierbei nicht in Betracht) stehen, frischer Pferdedung einen Zoll hoch ausgebreitet, mit kaltem Wasser über­gössen und das Pferd 2—4 Stunden darauf gestellt, so dass die Sohle und Strahl des Hufes (der untere Theil des Hufes ist nur zugänglich für Feuchtigkeit) gehörig erweicht werden. Nach Ablauf der festgesetzten Zeit werden die Hufe dann wie gewöhnlich ab-und ausgewaschen und gleich, sowie sie trocken geworden sind, mit Fett unten und aussen bestrichen.
Das Bestreichen mit Fett geschieht am besten mit einem Fett­lappen, nicht Bürste, und soll nur dazu dienen, die schnelle Ver­dunstung des in den Huf eingedrungenen Wassers zu verhüten. Mit der Bürste aufgetragenes Fett läuft am Hufe herab in die Streu,
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wird unnütz vergeudet und wenn es bis zum nächsten Tage die Pferde in der Streu sich nicht selbst abgerieben haben, giebt es beim Gebrauch der Pferde Veranlassung zum Festsetzen von Staub, es bildet sich in Folge dessen eine firnissartige Rinde auf dem Hufe, welche die Glasurschicht zerstört und die Hufe spröde und hart macht. Man lasse deshalb, um diesen Nachtheil des Einfettens zu verhüten, nur mit einem Fettlappen die Hufe so einreiben, dass sie wie der Gewehrlauf nach dem Einfetten ihren Glanz behalten, d. h. Glasurschicht, Sohlen- und Strahlhorn deutlich erkenntlich bleiben.
Das Einschmieren der Hufe mit geschwärztem Fett geschieht am liebsten von faulen Pferdepflegern, welche damit den Schmutz am und im Hufe verdecken wollen, ist deshalb schon garnicht zu empfehlen.
quot;Wir sehen also auch hier beim Einschlagen und Einschmieren der Hufe, dass es ebenso falsch ist, immer einzuschlagen und immer einzuschmieren, wienie einzuschlagen und nie einzuschmieren. Die Pferde im Dienste des Menschen sind ihren natürlichen Ver­hältnissen entrückt, die Aufgabe des Menschen ist die künstlichen Verhältnisse, in welchen die armen Thiere leben müssen, möglichst natürlich zu machen. Will man aber natürlich verfahren, so gehe man der Natur nach.
Pflege der Hufe lahmer resp. kranker Pferde.
Die Hufe der Pferde sind, wie wir bei Besprechung der Mechanik derselben gesehen haben, beweglich. Diese Beweg­lichkeit, welche vorzugsweise bei der Bewegung der Pferde lebhaft in die Erscheinung tritt, ist gewissermaassen der Eeiz für die Gesundheit derselben. In Folge der Beweglichkeit ist der Zufluss und Abfluss -von Blut zum und vom Hufe lebhafter, die Ernährung und somit das Wachsthum derselben also eine bei Weitem bessere, als ohne dieselbe. So wie die Bewegung oder die Arbeit der Thiere ihre Muskeln stärkt und gesund erhält, so kräftigt sie auch die Hufe und erhält sie gesund. Wird die Be­weglichkeit derselben durch den Beschlag oder durch Mangel an Bewegung der Pferde beeinträchtigt, so sehen wir sie erkranken. Auf welche Weise bei dem nothwendigen Uebel, dem Beschlag,
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die Beweglichkeit und somit die Gesundheit der Hufe während des Gebrauchs der Pferde am geeignetsteh zu erstreben ist, haben wir beim Beschlag kennen gelernt. In Folgendem wollen wir yer-suchen die Art und Weise anzugeben, welche die Beweglichkeit der Hufe bei lahmen resp. kranken Pferden, welche längere Zeit stehen müssen, begünstigt.
Lahmen resp. kranken Pferden, welche voraussichtlich längere Zeit zum Dienst nicht verwendet werden können, müssen, falls dieselben beschlagen sind, sofort die Eisen abgenommen werden, ganz gleich, ob sie huf- oder gelenklahm oder an welcher Krank­heit sie leidend sind. In zweiter Linie muss für eine dem leiden­den Zustand entsprechende körperliche Bewegung derselben gesorgt werden, welche durch Losbinden von der Krippe und Einstellen in eine Box oder sonst geeignet dazu hergerichteten gewöhnlichen Pferdestand in allen Fällen erreicht wird. Gestattet der Zustand der Pferde das Hochheben der Beine, so werden die Hufe wie be­kannt berundet und gereinigt, gestattet er es nicht, so muss durch tägliche sorgfältige Reinigung des Standes die Bildung von Am­moniak, welches nicht blos den Hufen, sondern auch den Pferden sehr nachtheilig ist und sich, wenn Pferde lange stehen, unter der Streu in Folge Urin- und Mistabsatzes sehr leicht bildet, verhütet werden.
Am besten und sichersten wird dies durch Einrichtung eines Lohstandes erreicht. Man nimmt statt der Streu eichene Lohe und stellt die Pferde darauf. Indess ist die Lohe nicht allenthalben zu haben, und erreicht man auch fast dasselbe, wenn neben guter Streupflege, worunter die quot;Wegnahme des Dunges und Abfegung des Urins zu verstehen ist, täglich einmal unter die Streu, nament­lich an den Stellen, wo die Pferde den Urin fliessen lassen und wo ihre Hufe stehen, eine Metze Gyps gestreut wird. Der Gyps bindet das Ammoniak und so wird durch ihn die Verpestung der Luft und zugleich die Zerstörung des Hufes, namentlich die Bildung von faulem Strahl und Strahlkrebs, Leiden, welche sehr häufig nach langwierigen Krankheiten, z. B. Influenza auftreten, verhütet.
Die Pflege der Hufe nach dieser Richtung hin ist bisher sehr mangelhaft, wir möchten sagen garnicht ausgeführt worden. Wäh­rend des Sommers, wo die Pferde unserer Armee wöchentlich ein und zwei Mal besichtigt und wobei Putzzustand und Beschlag
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nachgesehen werden, die Pferde überhaupt mehr den natürlichen Witterungsverhältnissen ausgesetzt sind, zeigt sich der Mangel der Hufpflege weniger nachtheilig, als während des Winters, wo die Pferde trotz geringerer Bewegung in frischer Luft und auf feuch­tem Boden selten oder garnicht in Bezug auf Putz und Beschlag besichtigt werden.
Wir sehen denn auch zur Winterzeit den faulen Strahl so stark und oft so allgemein auftreten, dass es im Stalle danach riecht.
Die Hufe verlieren durch denselben in Folge der zerstörten Verbindung zwischen Sohle und den Eckstreben, welche der Strahl im gesunden Zustande mit diesen Theilen eingeht, die für ihre Gesundheit höchst nöthige Beweglichkeit und das Vermögen, bei heftigen Paraden den starken Erschütterungen Widerstand zu leisten und die Pferde gehen klamm und stolpernd.
Die so nahe liegende Ursache des faulen Strahls und seine Folgen, klammer, struppirter Gang, welcher die Pferde frühzeitig unbrauchbar zum Dienst macht, (Pferde mit faulem und verküm­mertem Strahl werden factisch um einige Jahre früher kriegs­untüchtig als solche mit gesundem Strahl) wird dann in weiter Ferne gesucht. In erster Linie steht der nachtheilige Einfiuss der Wärme der Matratzenstreu, in zweiter die vorwiegende Disposition mancher Hufe zum faulen Strahl.
Die Wärme der Matratzenstreu begünstigt den Fäulnissprozess des Strahls allerdings in sofern, als sie den in den Hufen fest­sitzenden Schmutz und Koth schneller in Verjauchung überführt und die Bildung des Ammoniaks befördert, und was die Dispo­sition mancher Hufe zum faulen Strahl anlangt, so halten enge Hufe (diese \yerden als besonders dazu disponirt bezeichnet) ver­möge der schärferen Sohlenwölbung und grosseren Tiefe und Eng­heit der Strahlgruben und Strahlfurchen den Schmutz und Koth fester, als weite Hufe mit flacher Sohle und weit geöffneten Strahl­furchen.
Die Matratzenstreu, welche zur Gesunderhaltung der Pferde ganz besonders geeignet ist, weil sie im Winter die Bauchdecken des Pferdes, welche bekanntlich innen nicht wie die des Rindes durch ein Fettpolster (Netz) gegen Kälte geschützt sind, genügend erwärmt und somit zur Verhütung der so häufig vorkommenden und oft tödtlich endenden Koliken beiträgt, ist die Ursache des faulen Strahls nicht, und ebenso wenig ist der enge Huf mehr zum
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faulen Strahl disponirt als jeder andere, denn -wir sehen, dass Pferde mit engen Hufen, wenn sie auf der Weide gehen, ebenso gesunden Strahl behalten, als solche mit weiten Hufen; vielmehr ist der Mangel an Kenntniss des Hufes, seiner verschiedenen naturgemässen Formen, seiner Mechanik, seines Beschlages, sowie seiner Pflege die Ursache des faulen Strahls und der vielen struppirten Pferde.
Wir rufen deshalb am Schlüsse dieser Blätter den Beschlag-sehmieden zu, bei ihrer Arbeit am Hufe nicht durch grosse Kunst­fertigkeit, welche in der Regel darin besteht, dass sie den Hufnagel mit ein bis zwei Schlägen in den Huf treiben und am Hufe mit dem Messer herumschneiden, oder mit der Hauklinge daran herum­hauen, dass die Späne nur so fliegen, zu glänzen, sondern sich durch Nachdenken, Bedächtigkeit und Vorsichtigkeit auszuzeichnen, sowohl bei Prüfung des Ganges, Beurtheilung der Gliedmaassen und Hufformen der Pferde, als auch bei der Beschneidung und dem Beschläge der Hufe.
Bei der Hufbeschneidung wiederholen wir zweierlei, wonach stets zu verfahren ist:
1)nbsp; den Tragerand der Wand so zu beschneiden, dass alle Theile desselben gleichzeitig beim Aufsetzen des Hu­fes (also im passiven Moment) auf den Boden mit diesem in Berührung kommen, und
2)nbsp; nur die todten Horntheile dabei wegzunehmen und sich in allen Fällen zu hüten, den Huf, ganz gleich ob gesund oder krank, an irgend einer Stelle durchzuschneiden, so dass Blut daran zum Vorschein kommt.
Beim Beschlag oder am Eisen ist nur eins zu merken und zwar: „Den Tragerand des Eisens stets der Richtung der Wand zum Erdboden entsprechend und die Bodenfläche desselben stets plan, d. h. so zu richten, dass alle Theile den Erd­boden gleichzeitig berühren. Der Huf ist gewissermaassen das Fundament des Pferdes, ein lebendiges mechanisch-physikalisches Gewölbe, worauf der Pferde­körper ruht und sich darauf im sausenden Rennlauf, Galopp etc. stützt. Wird derselbe durch schlechte, namentlich durch ungleiche Beschneidung der einzelnen Theile, unpassenden Tragerand, und falsche Bodenfläche des Eisens behindert, die Last des Körpers in der Ruhe wie in der Bewegung mit allen Theilen, insbesondere der Wand gleichmässig zu stützen, so steht und bewegt der Körper
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darauf sich unsicher. Und wird ein Theil desselben bis aufs Blut herausgeschnitten (gewöhnlich passirt dies der Sohle), so geschieht ihm, was dem Gewölbe von Maurershand, 'aus dem der Schluss­stein herausgenommen : dieses hat die Tragfähigkeit nicht mehr, und stürzt bei Erschütterungen zusammen; der Huf hat keine Stützfahig-keit, er verliert seine gesunde Form und wird und bleibt krank.
Ferner rufen wir aber auch den Truppencommandeuren und Pferdebesitzern zu, durch Anordnung sorgfältiger Pflege und Hal­tung der Hufe die überaus schwierige Aufgabe der Beschlagschmiede erleichtern, ihnen kleine Fehler, als Vernagelung, Verlieren der Eisen etc. (eingedenk, dass jeder Mensch Fehler macht), nicht zu hoch und zu schlimm anrechnen, den Denkenden und Yorsichtigen durch Anerkennung aufmuntern, den Sehwachen und quot;Willigen beim Individualisiren unterstützen zu wollen.
Und endlich rufen wir den Rossärzten zu, sich als Organ des Hufbeschlages zu betrachten, sich mehr und mehr mit dem Studium desselben zu beschäftigen und die gewonnenen Resultate den Be­schlagschmieden zu Gute kommen zu lassen, damit der Hufbeschlag einen, den jetzigen Culturverbältnissen entsprechenden Nutzen ge­währt und auf der Höhe derselben steht. Wir bitten sie, mehr Gewicht und Werth auf die Gesunderhaltung der Hufe zu legen, als bisher geschehen.
Es hat nicht in der Absicht der Alten gelegen, als sie die auf langen Märschen abgeschliffenen Hufe ihrer Pferde mit Sandalen oder Schuhen versahen, die Hufe zu verbessern, den Gliedmaassen andere Richtungen, den Hufen andere Formen zu geben, sondern sie wollten die Hufe nur gesund und die Pferde brauchbar er­halten, indem sie die Hufe schützten vor zu grosser Abreibung.
Wir würden heut zu Tage gut thun, wenn wir dieser Aufgabe der Alten bei Beschreibung und Ausführung des Beschlages ein­gedenk, unsere ganze Aufmerksamkeit darauf richten würden, ge­sunde Hufe gesund zu erhalten durch künstlichen Schutz, statt sie zumeist als kranke Objecte zu betrachten, welche mit Hülfe unserer medicinischen Weisheit gesund gemacht werden müssen.
Druck von A, Paul amp; Co. in Berlin, Kronenstr. 21.
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