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BIBUOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT
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DIE KRANKHEITEN
DES
UROPOETISCHEN SYSTEMS
UNSERER
HAUSTHIERE
DR GEORG PFLUG
ORD ÖPFENTL. PROFESSOR UKH VKTKRTNÄH-MKnurN DOT l.IRKCTOK HEU VETERINÄR-ANSTAT T
AN DER ÜXIVERS.TAT GIESSEX, EHREN'MITG UEn DES SENATS DES K. RUSS. T.UERARZNE,
INSTITUTS IN DOBPATeto.
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WIEN, 1876.
WILHEL
M BRAUMÜLLE
R
K, K. HOF- USD UNIVERSITÄTS-BUCHIIÄNDLEU.
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Druck von Carl Fromme in Wien.
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Vorwort.
Ich habe im Nachstehenden weder ein Handbuch, noch ein Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie der Harnoi'ffane geschrieben, sondern Vorträge bearbeitet und hier niedergelegt, wie sie; vom Munde des Lehrers kommen und von reiferen Studirenden der Veterinär-Medicin ver­stunden werden.
Obgleich ich nun aber vorzuffsweise für ansehende Thieräi'zte geschiieben habe, so werden doch auch ältere Collegen Mancherlei vorfinden, was sie für ihre Fach­wissenschaft und für ihre Praxis nützlich verwenden können; ja ich wünsche, dass selbst Mediciner, die In­teresse für die comparative Medicin haben, das Buch nicht unbefriedigt aus der Hand legen möchten.
Ich weiss es wohl, dass ich an manchen Stellen ziemlich lange verweilte, und dass manche Mittlieilungen nicht allgemein interessiren werden; wenn man aber be­denkt, dass ich unterrichten will, dass ich für manches Neue Beweise vorbringen musste und nicht blinden
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Autoritätsglauben fordern durfte, dass endlich Diejenigen, welche sich mit den Specialfragen eingehender beschäf­tigen . sie nie detaillirt genug dargestellt linden können, so wird man auch eine Entschuldiffung; für die Art meiner
Vorträge haben.
G i e s s e n im März 1875.
Pflug.
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INDEX.
S.ilc
Einleitung............................. \
I. Hyperämie der Nieren.
Stauungsniere. Albaminurie. Hämatarie. Katarrhalische Nephritis 1 II. Entzündung der Nieren Nephritlsi.
Interstitielle (purulente), parenchymatöse (Bright'sche), metastatische Nephritis. Perinephritis.................. 14
III.nbsp; nbsp;Degenerative Zustände der Nieren.
Fibröse Nierendegeneratdon. Amyloide Degeneration. Fettige De-generation. Nierenlipom. Cystoide Degeneration der Nieren. Hydronephrosis..................... öS
IV.nbsp; nbsp;Carcinom der Nieren. Im Text irrthümlich mit II bezeichnet.)
Älveolarkrebs. Medullarkrebs. Scinims. Colloidfcrebs..... 77
V. Lymphatische Neubildungen und Tuberkeln in den Nieren.
Tuberkel. Rotz und Wurm. Perlsucbt........... 86
VI. Hypertrophie und Atrophie der Nieren............ 91
VII. Nierensteine und Infarctbildung in den Nieren.
Nierencolik. Analytische Bemerkungen........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . 95
VIII. Krankheiten der Nierengefässe.
Thrombose und Anenrysmen der Nierenarterie. Ruptur einer Nierenyene. Zerreissungen von Grefässen in den Nieren. Ilii-morrbagie zwischen Niere und Nierencapsel.......I-211
IX.nbsp; nbsp;Entzündung des Nierenbeckens (Pyelitis).
Pyelitis catarrhalis et crouposa. Pyelitis diphtheritica. Pyelitis cal-culosa. Pyelo-Nephritis. Thierische und pflaazüche Parasiten im Nierenbecken ..................126
X.nbsp; Neubildungen im Nierenbecken und in den Ureteren.
Polypen. Carcinome. Lymphatische Neubildungen......140
XI.nbsp; Abnorme Beweglichkeit der Nieren ..........143
XII. Krankheiten der Ureteren.
Verengerung und Erweiterung. Entzündung der Ureteren . . . 146
XIII.nbsp; nbsp;Entzündung der Harnblase. Urocystitis.:
Hyperämie der Harnblase. Catarrhalische croupose, diphtheritische Entzündung. Perioystitis...............148
XIV.nbsp; Entzündung der Harnröhre. Urethritis.
Gonorrhoe desMenseheii. Urethritis catarrhalis. Urethritis crouposa. PhlyctSnenansschlag. Chankerkrankheit.....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. . 168
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Seite
XV.nbsp; Die durch Blasen- und Harnröhrensteine bedingten Krankheiten. Urollthiasis.
Blasen- uml Hamröbrensteme, Eichelsteine, Vorbautsteine. Harn-
vorlialtuiiL;-. Blasenruptur. VereiiKerunc dor Harnröhre. Harn-
.... Intiitr;ition. Blasenschnitt. Lithotripsie. Harnröhreuschnitt . . 1S8
XVI.nbsp; Parasiten in der Harnblase und in der Harnröhre.
Bustrungylus gigas. Ecchinococcen. Oestrus bämorrhoidalis .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'2r)9
XVII.nbsp; Neubildungen in und an der Harnblase und in der Harnröhre.
Tuberkel. Perlsuoht. Rotz. Carcinoni iIit Barublase. Polypen in der Harnblase. Neubildungen in der Harnröhre.......tiOl
XVIII.nbsp; Anomalien des Umfanges der Harnblase und der Harnröhre.
Hypertrophie und Atrophie der Blasenwandung und dorjeuigen der Harnröhre. Erweiterung und Verengerung der Harnblase
und der Harnröhre und deren Divertikelbildone......quot;2S8
XIX. Ectopieen der Harnblase.
|nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Inversio, Prolapsus und Hemia vesicae urinariae.......quot;J'.)8
XX. Missbildungen der Blase und der Harnröhre.
Offenbleiben des Urachus. Atresie der Urethra. Hypospadie . . . 316
XXI. Ruptur der Harnblase und der Urethra...........321
Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;XXII. Harnverhaltung. Retentlo urinae.
Hyperkinesis cystocolll. Oystopleerie. Seborrhoea eenitalium . . 3'J8
.1.-1nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; a
XXIII.nbsp; Unvermögen Harn zu halten. Incontinentia urinae.
Lähmung des Blasenhalses. Blasenkrampf..........üö:;
XXIV.nbsp; Polyurie. Diuresis , Harnruhr. Lauterstall.
Diabetes insipidus. Hydrurie. Diabetes mellitus. Mrliturie . . . ö(JO
XXV. Das Blutharnen. Hämaturia.
Hämorrhagische Diathese. Hämorrhagie per diapedesin. Amoeboide
Bewegung der rotlien Blutkörperchen. Autbracöse Hämaturienbsp; nbsp;-U4
XXVI. Chylurie; Urina chylosa; Lipurle; Lymphorrhagie.......nbsp; nbsp; 4:ii
XXVH. Urämie. — Ammoniämie..................nbsp; nbsp; 435
Verzeichniss der Abbildungen..................nbsp; nbsp; 4fiO
Register .............................nbsp; nbsp; 462
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DIE KEAMHEITEN
LI R 0 P 0 E T 18 C H E N 8 Y 8 T E M 8.
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Einleitung.
M eine Herren!
Zum Gegenstand meiner Vorträge habe ich zunächst jene Reihe von Krankheiten ausgewählt, welche im uropoetisehen System unserer Hansthiere entweder ihren Sitz oder ihre Ausgangsstätte haben.
Es ist eine Iteilie hochwichtiger Krankheiten, die uns in der nächsten Zeit beschäftigen werden, und die unsere ungetheilte Aufmerksamkeit erheischen, weil unter ihnen leider eine nicht geringe Zald ist, über welche uns nach verschiedenen Seiton hin noch die nöthige Klarheit fehlt, so dass uns bald die Genesis der Krankheit, bald deren Natur, bald die Diagnosis und endlich an cli eine geeignete Therapie Schwierigkeiten bereitet. Es haben diese fraglichen Krankheiten aber auch desshalb für die Thierärzte eine erhöhte Bedeutung, weil gar nicht wenige unter ihnen sind, die bei geeigneter ärztlicher Behandlung sich vollständig beben lassen, währenddem sie ohne üazwischenkunft des Veterinärs unzweifelhaft den Tod des Thieres veranlasst hätten. Es ist in Betreff der Krankheiten des uropoötischen Systems aber trotz alledem noch unendlich viel zu thun, und Sie werden sich wundern, wie viele und grosse Lücken die Medicin überhaupt und die Voterinürmedicin im Speciellen gerade hier aufzuweisen hat. Sie werden in meinen Vorträgen Lücken finden, von denen es kaum denkbar erscheint, wie solche noch bestehen können.
Pflug, Krankheiten laquo;Icb uropo^tiscben Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
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JInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einlelttmg.
Sind wir freilich erst am Endraquo;! dieser Vorträge, so werden Sie begreifen, warum ich wiederholt in die Lage versetzt war, eingehendere, detaillirtere Mittheilungen Ihnen nicht machen zu können.
Manche dieser Lllcken werden im Laufe der Z(!it durch (li(! exaete Forschung auf dem Gebiete der Naturwissenschaften und der Thiermedicin ausgefüllt werden, und wenn Sie vielleichl die Meinung haben, class dieses schon langst hätte geschehen können, so wollen Hie bedenken, wie wenige I bierärzt liehe Forseher und wie wenige öffentliche th ierä r zt liehe Anstalten gegenüber dem colossalen medicinischen Lehrapparate in Stand gesetzt sind, die thierärztliche Wissenschaft mil Erfolg zu betreiben!
In solange, als man der Thierarzneiwissenschaft die Eben­bürtigkeit mit anderen Wissenschaften noch so häutig aberkennt, in solange, als der geistige Hochmuth einer grossen Anzahl mass-gebender Vertreter der Medicin die Thierarzneiwissenschaft fernhält, an dem Borne der Wissenschaften, an den Hochschulen, sieh zu erfrischen, zu kräftigen und zu erstarken — in solange, als selbst von vielen befähigtem Medicinern und dabei zunächst inter-essirten Landwirthen die Bedeutung der Thierheilkunde für die Sanitätspflege und die Nationalökonomie nicht einmal be-griffen wird und die Thierarzneiwissenschaft immerfort die Thier­heilkunde heisst, welche unwissende Medieiner en passant be­treiben, und zu deren Studium unreife Knaben anstandslos zugelassen werden, in solange, als die Pointe dos thierärztlichen Berufes lediglich im Viehcuriren gesucht wird und der Thierarzt nur ein Thierarzt ist, über dessen Thun und Lassen man vielfach sogar noch Cavallerieofticiere für competente Vorgesetzte? erachtet, in solange? wird es mit unserer Wissenschaft allerdings nur lang­sam vorwärts gehen.
Kommt dann endlich einmal die Zeit, in der man allgemein weiss. dass für einen Culturstaat die wissenschaftliche Veterinär-
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Binleitung.
in
medicin mit zu den Grandbedingungen seiner Entwicklung und seiner Bliithe gehört, und dass das Thierarzneiwcsen somit zu den Grundpfeilern zählt, auf welchen der moderne Staat aufgebaut ist, und hat man erkannt, dass eine Summe sich jetzt noch mächtig aufblähender Wissenschaften nur ein Stück Decoration unserer Existenz sind, dann, meine Herren, wird es auch rascher mit unserer so vielfach verleumdeten und doch so schwierigen Wissenschaft vorwärts gehen; denn dann wird man die für die Thierarzneiwissenschaft und die thicrärztliche Forschung unbedingt nöthigen Mittel nicht melir so ängstlich bemessen, wie es gegen­wärtig fast noch überall geschieht; — dann wird man aber auch im Stande sein, Hunderte von Lücken zuzudecken, die heutigen Tags wegen Mangel an Mitteln und an Arbeitskraft noch offen stehen müssen.
Einzelnes natürlich, was man jetzt nichtweiss, wird man auch in aller Zukunft nicht ermitteln können — denn für uns Thier-ärzte bestehen bei der Erforschung und Heilung der Thierkrank-heiten ganz andere — ungleich grössere Schwierigkeiten, als für die Aerzte bei Erforschung und Heilung der Mensohenkrank-heiten!
Ganz abgesehen davon, dass uns nur die objective Beobach­tung der Patienten möglich ist, haben wir noch damit zu kämpfen, dass wir die Initialstadien mancher Krankheiten gar nie zu Gesieht bekommen, dass wir über die Krankheitsursache — wieder abgesehen von einer absichtlich gefälschten Anamnesis — nicht das Geringste zu ermitteln im Stande sind, dass unsere Patienten nur mangelhaft beobachtet und gepflegt werden, dass eine länger andauernde Cur, namentlich bei nicht sicherem Erfolge, bei allen unseren Patienten von vorn eherein unzulässig ist, und dass wir in der Wahl unserer Arzneikörper theilweise wegen ihres höheren Preises, theilweise wegen ihrer fleischvergiftenden Wirkung vielfach äusserst be­schränkt werden.
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JVnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Einleltang.
Was ich zuloizt hier im Allgemeinen sagte, können Sie in gleicher Weise speciell auf die Krankheiten des uropoetischen Systems beziehen und dürfen besonders dabei noch beachten, was Roll darüber in seiner speeiellen Pathologie und Therapie sagt:
„Obwohl die Erkrankungen der Ilarnorgane und insbesondere die der Nieren bei den Hausthieren nicht zu den Seltenheiten gehören, so entgebt doch ihre Gegenwart während des Lehens theils wegen der Unbestimmtheit der Erscheinungen, theils wegen der Unmöglichkeit einer genauen Untersuchung dieser Theile und der dadurch bedingten Schwierigkeit, die erhobeneB Symptome richtig zu deuten, häutig der Erkenntniss.quot;
Das, meine Herren, was Roll sagt, ist ein wesentlicher Grund, warum bei den Krankheiten des uropoetischen Systems der Hausthiere für alle Zeiten Lücken bleiben werden, es ist das aber auch der Grund, warum ich gerade mit diesen Verträgen vor Sie trete: ich möchte Ihnen den Weg bahnen, auf dem Sie gehen sollen, wenn Sie unserer Wissenschaft und dem Wohl­stande Ihres Vaterlandes nützen wollen; Sie sind dann vielleicht gar manchesmal in der glücklichen Lage, kraft Ihrer Forschung und Ihrer Erfahrung eine Lücke zuzumachen, die Ihr Lehrer noch hat offen lassen müssen. Hei der Betrachtung der Krank­heiten der Ilarnorgane wird unsere Aufmerksamkeit auch auf jene Momente gelenkt, welche die Ursache der Erkrankung abgehen. Sie werden erfahren, dass es vielfach änssere atmosphärische Einflüsse und unter diesen namentlich intensive Erkältungen es sind, welche sie hervorrufen — dann gelten als weitere ursächliche Momente: Die Futterstoffe und das Getränke, wenn diese eine bestimmte Beschaffenheit haben, so z. ]gt;., dass die ersteren harzige oder überhaupt die Diuresis anregende Bestandtheile enthalten, wenn sie faul oder schimmelig sind, oder vielleicht auch in trockenen Jahrgängen auf Kalkboden gewachsen sind: das Wasser, wenn es reich an Kalksalzen oder an organi­schen Zevsetzungsproducten ist.
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Einleitung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; V
Mechanische Momente der verschiedensten Art bewirken gleichfalls Krankheiten in den Harnorganen; ich mache heispicis-weise Sie jetzt nur auf Contusionen in der Kierengegend auf­merksam, auf heftigen Fall bei prall gefüllter Blase, auf Stiche und Schüsse u. s. w.
Nicht selten liegen den Krankheiten des uropoetischen Systems allgemeine Ernährungsanomalien, Störungen in der Blut­mischung und in der Bluteirculation zu Grunde. Sie werden erfahren , dass z. B. die häufige Bildung von Steinen und Gries sich vielfach auf Störungen der normalen Nutrition und der Qualität der Ernährungssäfte zurückfuhren lässt, und dass bei Krankheiten innerhalb der Circuhitionsorganc auch die Harnorgane öfters in Mitleidenschaft treten.
Ja selbst bei verschiedenen Krankheiten des nervösen Apparates im Thierkörper und bei Krankheiten der den Harnorganen nahe liegenden Thoile ebenso wie bei allgemeinen Infectionskrankheiten bleiben die uropoetischen Organe häufig nicht aussei- dem Spiel.
In der Hauptsache werden die Erscheinungen der durch genannte Ursachen hervorgerufenen Krankheitszustände sich anfeine gestörte Harnpreduction oder Harnentleerung zurückführen lassen, die in den meisten Fällen mit Fieber und oft genug mit heftigen Schmerzensäusserungen, daher mit Co lik- Erscheinungen verbunden sind. Bei den grossen Hausthieren kann man durch eine Untersuchung per rectum gar nicht selten die Natur der Krankheit feststellen, doch vertraue man darauf nicht allzuviel da z. B. heim Pferd häutig die Nieren mit der untersuchenden I land gar nicht erreicht werden können und oft nur die linke Niere dieser Art der Untersuchung zugänglich ist, während beim Rindvieh zuweilen nur die rechte Niere — oder nicht einmal diese — gefühlt wird, weil die linke Niere durch den vorliegenden gefüllten Wanst leicht verdeckt werden kann. So natürlich es erscheint, dass ge­legentlich einer Exploratio per rectum der Zustand der Harnblase
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,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;VInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Einleitung.
i
leicht ermittelt werden könne, so werden doch genug Falle vor­kommen, dass aus vielerlei, später näher zu erörternden Gründen, dieses Ihnen nicht tijelinii't. ('dücklicher sind Sie bei der Untersuchung der Harnröhre weiblicher Thiere, denn diese ist leicht zugänglich und desshalb auch der Inhalt der Harnblase und die Weg-samkeit der Harnröhre bequemer zu ermitteln. Schwieriger ist dasselbe bei männlichen Thicren, am meisten gar bei männlichen Wiederkäuern und Schweinen, die wegen der normalen Harn-röhrenkrilmmung auf unblutigem Wege nicht catheterisirt werden können.
Schätz ens werth für die Diagnose ist häufig auch die che­mische und physikalische Beschaffenheit des Urins — und doch sei man darauf vorbereitet, dass der Urin , dessen chemische Constitution noch so wenig bekannt ist, in weitaus den meisten Fällen nicht den Barometer des Gesundheitszustandes der Harnorgane abgibt. Bezüglich seiner chemischen Zusammen-setzung, des speeifischen Gewichtes, der Reaction, der Farbe etc. etc. linden Sie bei den verschiedensten Krankheiten wesentliche Ver andenmgen und ist überhaupt schon dnrrh den fieberhaften Process eine qualitative Veränderung des Harnes bedingt: nur Blut, Eiter, Schleim, Eiweiss sind abnorme Beimischungen des­selben, welche fast immer mit einer Affection der Harnorffane in Connex gebracht werden können.
Bei der Untersuchung des Harnes auf seinen Eiweissgehalt, wollen Sie aber das im Urin der Pferde und des Rindes normal vorhandene Mucin nicht mit Albumin verwechseln, wie es zuweilen schon vorgekommen ist.
Am trügerischesten ist die abnorme Farbe des Urins — diese steht gewöhnlich nicht in Verbindung mit einer Krankheit des uropoötischen Systems — ja in einzelnen Fällen ist das scheinbare Blutrotb des Urins gar kein Blutfarbstoff, sondern irgend ein anderer färbender Stoff; nicht selten sind es Gallenfarbstoffe, welche eine ITämaturie simuliren.
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EiDleltung.
VII
Ob es Grallenfarbstoffe .sind, davon können Sie sich durcb die leicht ssu bewerkstelligende chemische Untersuchung iibor-zeugen. Sie schütten in eine Eprouvette eine Harnprobe und geben salpeterige Salpetersäure oder eine Mischung von 1 Tbeil Schwefelsäure und 2 Theilen Salpetersäure hinzu. Entstellt darauf eine grüne Farbe, die im Verlaufe in Violett, Blau und Roth übergeht, so können Sie von der Anwesenheit eines der Gallen­farbstoffe im Urin überzeugt sein. '
Der Ausgang der fraglichen Krankheiten ist ein sehr verschiedener; manche Krankheiten sind nur leichte Affoctioncn, andere ausscrordentlich schwere, die absolut zum Tode führen: es sind Krankheiten, deren Therapie nach unseren bisherigen Erfahrungen ganz trostlos ist.
Mehrfach kommt es vor, dass nur eine rasche rationelle, Hilfe dem letalen Ausgang der Krankheit vorbeugen kann und hangt dabei von der Geistesgegenwart des Arztes nicht selten das Leben des Patienten ab; Sie werden dieses bei der Uro-lythiasis eingehender besprechen hören und erfahren, dass in diesen Füllen meistens Gefahr auf Verzug ist.
So häufig, als Sie im Stande sind, die Krankheiten des uropoötischen Systems durch gut gewählte Arzneien zu mildern oder zu beseitigen, ebenso oft können Sie durch ein entsprechendes diätetisches Regime vortheilhafi gegen die Krankheit einwirken: aber nicht allein durch Mediciniren können Sie alle heilbaren
1 Die Heller'sche Probe ist folgende: Man giesst In ein Gläschen c. 6 CG. reine Salzsäure und tröpfelt zu derselben sn viel Harn, bis dieSalz-säure deutlich gefärbt erscheint.
Versetzt man nun diese Mischung mit reiner Salpetersäure, so entsteht an der Debergangsstelle der Salpetersäure und der obigen Mischung ein schönes Farbenspiel. Wird mittelst eines Glasstäbchens die Salpetersäure mit der in Rede stellenden Mischung zusammengerührt, so erscheinen alle Farben, wie dieselben vorhin übereinander gelagert waren, nacheinander in der neuen Mi­schung. Dieses Farbenspiel kann man besonders gut bei durchfallendem Lichte beobachten. Ist der Urin sehr dunkel, so muss demselben zuvor etwas destil-lirtes Wasser zugesetzt werden. Mit diesen beiden Methoden langt mau gewöhnlich aus.
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VI11nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; KililiMtunt'.
Krankheiten der Harnorgane lieben —• Sie sind oft genöthigt, zum ]\[os.scr zu greifen und auf blutigem Wege die Hilfe zu schaffen. Blutscheue Aerzte werden manche ihrer Patienten rettungslos zu Grunde gehen lassen. Ich hoffe, auf Sie findet Letzteres keine Anwendung, und damit es überhaupt nicht geschehen kann , werde ich im Nachstehenden es nicht versäu­men, den akiurgischen Theil der Therapie geeignet zu berück­sichtigen.
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I. Hyperämie der Nieren.
Slauungsniere, Albuminurie. Hämalurie, calarrhalischo
Nephritis.
Die II
y peril in ie
der Nieren ist eine allen unseren Hans
tliieren eigene, sehr häufig vorkommende Krankheit. Sie gelangt am öftesten bei Pferden und beim Rindvieh zur Beohachtung und zur Behandlung. Es ist eine Krankheit, die sich durch übermässigen Blutgehalt der ganzen Niere oder ein­zelner Abschnitte derselben: z. B. entweder der Rinden­substanz oder der Pjramidensubstanz charaktorisirt und sowohl durch vermehrten Blutzufluss zu den Nieren bei nicht gesteigertem Bliitabfiusse oder durch ver­ringerten Abfluss des Blutes entstehen kann. Im ersteren Falle spricht man von arterieller oder activer Hyperämie (RiUhung der Rindensubstanz), im anderen Falle von venöser oder passiver Hyperämie (Röthung der Marksabstanz).
Die arterielle Hyperämie macht sich in den Nieren wegen des vorhandenen grösseren Widerstandes besonders in jenen Verzweigungen der Nierenarterien geltend, welche zu den Mal-pighischen Körpern führen und die erst hinter denselben sich in das zwischen Arterien und Venen eingeschaltete Capillametz auflösen.
Es sind aber auch die interstitiellen — die nutritiven — Grefilssbahnen bei der Hyperämie von grösster Bedeutung, denn sie sind es, von welchen zum grössten Theil, wenn auch indirect, die in dem Harn auftretenden Albuminate stammen, und welche hei länger andauernder Hyperämie die nächste Veranlassung zur bindegewebigen Induration der Nieren geben.
Pathologische Zootomle. In den meisten Fällen finden wir, dass die Niere ganz allgemein blutreicher und desshalb
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inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hyperämie der Nieren,
i
röther, selbst dunkelroth, saftiger, grosser, schwerer und brücliiger— weicher— ist. DieMembrana proprialässtsich leicht abziehen, die Oberfläche der Niere ist bläulich roth uiilt;l die Verheyn'sehen Sterne sind deutlich zu schon. Man sieht, dass insbesondere die Blutgefässe stark injicirt sind, und es fällt auch die höhere Röthe, respective der Blntgehalt der Glomeruli in die Augen. Die Glomeruli sind nämlich als intensiv rotho Körner schon mit blossem Auge deutlich sichtbar: kleinere Extravasate sind zerstreut auf der kSchnittfläche in grösserer oder geringerer Menge vorhanden. In den Ilamcamtlehen findet man die Epithelzellen vergrössert, stärker gekernt und von derselben geil dich bräunlichen Farbe wie rothe Blutkörperchen in dünner Schichtung, dadurch wird der Zellenkern verdeckt und ist also auch nicht sichtlich. Man sagt, die Epithelien seien im Zustand der trüben Schwellung — durch vermehrte Zufuhr des Er-nährungsmaterials. Diese Epithelien haben grosso Neigung zu zerfallen, indem sie entweder durch die überreiche Aufnahme. moleculärer alhuminöser Massen zu Grunde gehen oder durch fettige Metamorphose des Inhaltes lebensunfähig werden. Als fettiger und albuiuinöser Detritus werden diese Massen entweder mit dem Urin aus den Harncanälchen herausgespült, oder sie kommen zur Resorption. Es ist dieses ein Process, dem wir auch im Lungengewebe begegnen und der unter verschiedenen, öfters unbekannten Verhältnissen nicht immer von gleichen Folgen ist. Ich glaube, dass in den meisten Fällen das Epithel regenerirt und die Harncanälchen wieder intact werden. Die physiologische Regeneration der Epithelzellen leitet sich unzweifelhaft durch fettigen Zerfall der alten Epithelzellen ein, denn man begegnet einem massigen Fettgebalt der Epithelien so häufig, dass ich dieser Erscheinung keine andere Deutung als die obige zugehen vermag.
Andere Erscheinungen als die der trühen Schwel­lung und die bisher angedeuteten, dürfen nicht mehr als Nierenhyperämie aufgefasst werden und finden desshaib auch an anderer Stelle ihre Besprechung.
Den Nachweis des fettigen oder albuminösen Zerfalls der Epithelien, als den der Zellendesquamation kann man schon hantig bei der Section dadurch liefern, dass man mit dem .Messerrücken von der Peripherie der Pyramiden gegen die
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Hyperämie der Kioven.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3
Nierenwärzchen gt;:ii streicht, — es entleert sich eine trübe, rahmige Materie, die aus Zellen und fettigem tun! eiweissigem Detritus bestellt: zuweilen kommen auch vom Blut gefärbte oder ungefärbte Gerinnsel zum Vorschein, die meiner Meinung nach gewöhnliche postmortale Faserstoffgerinnungen dann sind, wenn gleichzeitig eine Hämaturia renalis, die ja so häufig Theilerscheinung der Nierenhyperämie ist, während des Lebens bestand.
Die Hyperämie ist nicht immer ein acutes Leiden der Nieron, wir begegnen ihr sicherlich ebenso häutig als einem länger andauernden, meistens auf venöser Stauung beruhenden Processe. - Es gibt also neben der acuten auch eine chro­nische Nierenhyperämie (chronischeÄlbuminurie) und diese letztere charakterisirt sich auf dem Sectionstische durch Hyper­trophie und Induration (Derberwerden) der Niere, Die Vcr-hcyn'schen Sterne auf der Oberfläche und die; Glomeruli auf der Schnittfläche sind blutreich und auch sonst ist der Blutgehalt der Niere ein reichlicherer als ausserdem.
Neben dem bemerkt man, und zwar unzweifelhaft wieder in Folge einer besseren Ernährung, eine Zunahme des inter-stitiellen Hindegewebes (Induration). Diese interstitielle Bindegewebswucherung wird sehr häutig — gerade wie die Des-quamation der Epithelien — für einen entzllndlichen Process gehalten: hier aber von einer Stauungsnephritis zu sprechen, das halte ich niehl für geeignet — man müsste denn unter chronischer Entzündung etwas ganz Anderes verstehen, als man der althergebrachten , sesshaften Terminologie nach darunter verstellen darf. Bei massiger Neubildung zwischen den iiarn-canälchen kommt es schliesslich zur eigentlichen fibrösen De­generation der Nieren — wieder ein Process, der hier nicht seine Erledigung finden kann.
Wenden Sie nun noch schliesslich dem Urin selbst Ihre Aufmerksamkeit zu, so finden Sie in demselben gelöstes Eiweiss oder Fibrin.!
1 Senator sagt mit Recht, was man „Fibrinquot; nennt, wird vie) weniger dnn-li seiuo chemischen Beactionen, als ilnrdi sein äusseres Ansehen und seine physikalischen [Eigenschaften von anderen Eiweissgerinnungen unterschieden#9632; wir bezeichnen ansser dem Blntfarbestoff auch jeden EiweissktSrper, über dessen Herkunft wir nichts wissen, und welcher ohne künstliches Znthnn, namentlich ohne Siedhitze, spontan in eine gallertige, faserige oder hautartige Gerinnung
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4:nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hyperämie dt-iquot; Nicron.
Das Eiwciss, das im Harne gefunden wird, soll in den­selben hineinkommen:
a)nbsp; bei erhöhtem Blutdruck in den Nierengefässen,
b)nbsp; bei einer Veränderung der zwischen Blut und Harn befindlichen Gewebe, also hauptsächlich bei einer Ver­änderung der Nieren, und endlich
c)nbsp; wenn abnorme Eiweisskörper, die besonders leicht transsudiren (Hühnereiweiss), im Blut auftreten.
Im Blut kommen bekanntlich mehrere Eiweisskörper vor (Serumeiweiss, — A Ikalialbuminat — Globulin oder ti-brinoplas tische Substanz — Fibrinogon ). Es ist nun wahrscheinlich, dass im Harn je nach den herrschenden Verhältnissen auch die verschiedenen Albuminate entweder einzeln, oder alle miteinander übergehen können, ja es dürfte sogar der Fall ein­treten, dass im Harn noch andere Eiweisskörper auf­treten, als bislang im gesunden Blut gefunden wurden, und ist dieses um so wahrscheinlicher, da im kranken Blut auch verschiedene Eiweisskörper vorhanden sein sollen. Senator1 ist in der That zu dem Resultat gekommen, dass — beim Menschen — wirklich verschiedene Eiweisskörper im pathologischen Harn auftreten, nämlich Serumalbumin, Paraglobulin undPepton; aber diese Albuminate linden sich bei verschiedenen Zustanden der Nieren (Stauungshyperämie — chronische diffuse Nephritis — acute Nephritis — amvloide Degeneration) in verschiedener Menge mid im wechselnden Verhältnisse zu einander, so dass an ein blosses und gleichmässiges üebertreten der Eiweisskörper aus der Blutflüssigkeit in den Harn nicht gedacht werden kann, zumal, da gewis.se Albuminate (Alkalialbuminat) im Harn zu fehlen scheinen, die doch im Blute vorhanden sind, so wie umgekehrt im Harne wiederum Albuminate auftreten, die im Blut bisher noch nicht gefunden wurden (Pepton).
Interessant ist daher immerhin die Frage, wie bei einer Blutstauung in den Nieren gleichzeitig neben that-sächlich verminderter II am pro due ti on überhaupt Al­bum i n urie auf tre te ?
iibergegaugeu ist, als Fibrin. uubekiUnmert darum, wio t^r, von den allgemeiiicu Ehveissreactionen abgeseheu, sich siingt;t in chemisuher Beziehung verhält. 1 Virchow's Archiv LX,, !•gt;. 470.
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ITyporilmic rlcr Niornn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7
Es wird doch zu beachten sein, dass dort, wo wenig Flüs­sigkeit aus den Gcfiissbalinen tritt, auch der Blutdruck in den Gelassen ein niederer sei, während anderseits die Exsudation des Albumens nur bei gesteigertem Blutdrücke geschieht. Man sagt freilich., dass bei verringertem arteriellen Drucke in den (üo-merulis die Hammenge sich vermindere, die Transsudation von Eiweiss aber in Folge erhöhter venöser Spannung eintrete. Senator findet aber auch diese Erklärung unzureichend, denn es fänden die gleichen Spannungsveränderungen bei allen mechanischen Wassersuchten statt, bei denen doch immer nicht weniger, sondern mehr Flüssigkeit aus den Blutgefässen austrete. Zudem könne durch blosse Drucksteigerung einGef'äss niemals für Eiweiss nllein durchgängig gemacht werden, immer trete auch gleichzeitig mehr Wasser, als normal, mit aus.
Dieses von den Verhältnissen in anderen (.)rganen abweichende Verhalten in den Nieren erklärt sich theilweise durch die eigen-thümlichen Circnlationsverhältnisse in den Nieren, theilweise durch den Verlauf und die Anordnung der llarncanälchen. Bezüglich der Circnlationsverhältnisse in den Nieren wollen Sie sich erinnern, dass das interstitielle Capillarnetz der Nieren nur zum Theil .aus den Vasa efferentia gespeist wird, da der andere Theil der Capil-laren direct aus den Verzweigungen der Nierenarterien sein Blut erhält.
Mehrfach hat man gewisse Fälle der Albumiuurie von einer Drueksteigerung in arteriellen Gefässen abhängig gemacht, allein die Steigerung des arteriellen Druckes hei un gehindertem Venenabf'lusse bedingt nur eine grössere Absonderung von normalem Harne: Eiweiss tritt selbst beim stärksten Drucke im arteriellen Ge­biete nie aus (Senator).
Es erscheint ganz unverständlich, wie bei allgemeiner Venen­stauung, bei Henimnisscn im Lungenkreisläufe ein zugleich wasserarmer und eiweisshaltiger Harn von den Mal-pighi'schen Schlingen geliefert werden könnte, selbst wenn es richtig wäre, dass in ihnen der Seitendruck so bedeutend zu­nehme, wie mehrfach behauptet wird. Senator sagt, dass jedes Ilinderniss im Venenabfluss am stärksten auf das interstitielle Capillarnetz rückwirke und von hier aus sicli die Rückwärts­stauungen nur zum Theilo auf die iutracapsulären Gcfässknäuel, zum anderen Theile aber auf die Nierenarterie fortpflanzen.
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6nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hyperämie der Nieren.
Da nun die pathologischen Zustände, welche eine solche allgomeine Bltitstauimg verursachen, fast immer zugleich mit einer Druckabnalimo im art'u-iellen (icbiete einlicrgehen, so könnte in den (iloincvulis, abweichend von allen anderen CapUlaren, sogar ein abnorm geringer Druck herrschen; denn die arterielle Drnckabnahme macht sich in den Glomerulis ganz geltend, während die venöse Stauung in ilmen nur theilweisc vermerkt wird. Wio es aber unter solchen Verhältnissen zu einer albuminösen Exsudation aus den Gefässen kommen soll, ist gar nicht ab­zusehen . da nur die Verringerung der Hammenge sich daraus erklären Hesse. Zur Erklärung dieser Verhältnisse gehört eben nneli die Berücksichtigung eines anderen Mo­mentes, nämlich die der Widerstände in der Bahn des Harn­stroms, welche eintreten, sobald der Druck des Venenblutes steigt.
Mit der Steigerung des Blutdruckes in den Venen dehnen sich natürlich Venen und Capillaren soweit als nur immerhin möglich aus und comprimiren dadurch die Ilarncanälchen. Nun kann der Harn durch letztere nicht ablaufen, es kommt zur Harnstauung, und diese selbst bedingt wieder eine verminderte Harnproduction, und zwar solange, bis durch Ueberwindung des Hindernisses der Harndruck wieder nachgelassen hat.
Mit der Stockung der Absonderung entwickelt sich aber die Albunünurie.
Woher das Eiweiss kommt, ist fraglich. Aus den Gefäss-knäueln — in denen gleichzeitig der Secretionsdruck abnimmt, kann es nicht kommen, es könnte also nur aus den unter starkem Druck stehenden interstitiellen Gefässen der Nieren stammen und in die Ilarncanälchen gepresst werden, deren Epithelien es wegen der allzu grossen Menge und wegen der eigenen Er-nährnngsstörung nicht assimiliren.
Aetiologio. Diese Ihnen nun geschilderten Zustände in den Nieren werden vcranlasst durch eine gesteigerte Fluxion oder durch Stauung des Blutes in den Nieren. Wir sehen, dass die Nephritis, d. i. die Entzündung der Nieren, sich regel-mässig durch Hyperämie einleitet, oder dass von einer ergiebigeren Hyperämie nur ein kleiner Schritt zur Entzündung sei, ja dass unter Umständen die Grenze zwischen beiden Krankheiten gar nicht aufirefunden werden kann. Eine solche entzündliche Reizung der Nieren sehen wir nach dem Genüsse mancher
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TTyperämu! ilcr Nioren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; /
Acria — scharfer, harziger — ätherisches Oel haltiger Substanzen eintreten, so nach dem Genüsse z. B. von jungen Sprossen der Nadel- und Laubhölzer, des Wacbholder-strauches, der Ranunculaceen, der Haselwurz, der Canthariden u. dergl. m.
Ferner muss hier als Kvanklieitsursaehc erwähnt werden der Genuss verdorbenen, schimmlichen oder befallenen Futters, der Begang mooriger, sumpfiger Weiden und das Saufen von Wasser, in dem organische Substanzen wich zersetzen, z. 15. Wasser der Flachsrösten, Sumpf­wasser, Uutergrundwasser etc.
Nach Heizung des Vagus und nach Lähmung der vom Nierengeflecht abgehenden öefässnerven tritt eine Er­weiterung der Nierengefässe ein. Zerstört man durch eine vor­übergehende Umschnürung der Xierenarterie die Öefässnerven der Niere, so wird der Urin eiweiss- oder bluthaltig (Brächet, Müller i.1 Auch bei Paraplegie der Nachhand — ich erinnere an die sogenannte Windrehe der Pferde — sieht man den Blut quot;ehalt der Nieren so zunehmen, dass Ilämorrliatrien und Hämaturie erfolgen. Die Pathogenesis der Paraplegie der Nachhand, die gewöhnlich — aber nicht immer— mit Nieren­hyperämie und mit Hämaturie verbunden und unter dem Namen „Windrehequot; bekannt ist, kann ich ihnen mit Sicherheit nicht mittheilen und mit unfruchtbaren Hypothesen möchte ich Ihr Gedächtniss nicht belästigen; Thatsache ist es aber, dass in Folge einer plötzlichen intensiven Erkältung eine Paralysis insbesondere der Naehhand sich entwickelt und gleichzeitig blutiger Urin ab­gesetzt wird. Durch eine im XL1N. Bande, S. -70 des Vir-chow'sehen Archivs niedergehigten Studie des Oberarztes Dr. Feinberg in Kowno'2 finden wir vielleicht — im Zusammen­halt mit der vorhin erwähnten Brachet-Müller'schen Beob­achtung— eine Erklärung für die in conereto vorkommende Nieren-hyperämie. Die grössere Mehrzahl der Öefässnerven verläuft im Dorsaltheil des Kückenmarkes nach rückwärts, diejenigen Öefäss­nerven, welche zu den Hinterleibseingeweiden gehen, verlassen
i Vierordt'a Physiologie S. 235, sect;. 290.
2 üeber reflectorische Gefitssnervenlähmung nntl Rfickenmarksaffection etlaquo;;. nach Unterdrückung der Hantperspiration.
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onbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hyperämie dor Nieivn.
das Rückenmark zwisclien dem dritten und eilften Brustwirbel, um in die Bahnen des Ncrvus splanclmicns überzugehen. Der Mechanismus, welcher die Gefässtliätigkeit regulirt, hat seinen Sitz in der Medulla oblongata, von liier aus werden die Gefässe erweitert und verengert. Wird dieses Centrum gelähmt, so erfolgt eine Dilatation der Gefässe; es wird eine Lähmung der Splanch-niei, des von ihnen ausgehenden Ncrvcngefloehtes und eine Er­weiterung der Nierenge fasse erfolgen und so eine Ueborsehwem-mung der Nieren mit Blut ermöglicht. Dasselbe Moment, welches das Centrum der Cefässthätigkeit lähmt, mag auch die Paralyse der Nachhand oder des ganzen Thieres, wie es bei der Wind rehe der Fall ist, veranlassen. Vielleicht kann in dieser Richtung sogar auch die Beobachtung noch fruchtbringend verwerthet werden, dass das refleetorische Centrum der Harnentleerung im Lendenmark zu suchen sei.1
Bei verschiedenen Herzfehlern, namentlich bei Hyper­trophie des linken Ventricels, bei Marasmus und Schwächezuständen des Herzens (Herzmuskelerkrankungen), bei Störungen im Respirationsprocess (Pneumonic), wenn dadurch eine Stauung in der Pulmonalis eintritt, bei Lebercirrhosis, bei Druck auf die Hohlvenen, desshalb bei Coliken in Folge 1'eberfüllung und ttbergrosser Ausdehnung der Baueheingeweide entsteht Nieren­hyperämie. Der Druck auf die hinter den Nierenarterien gelegenen grösseren arteriellen Bahnen wird ebenfalls beschuldigt, ein Hyperämie der Nieren zu bedingen, und desshalb soll in der letzten Zeit der Trächtigkeit, gerade so wie bei Ausschaltung der letzten grossen Arterienstämme aus der Circu­lation (Verstopfung der Arteriae iliacae oder einer Arteria cruralis durch Thromben) eine Nierenhyperämie sich entwickeln. Bezüglich der durch Trächtigkeit bedingten Nierenhyperämie muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass man vor längerer Zeit zur Feststellung der Diagnosis auf Trächtigkeit empfohlen hat. den Urin auf Eiweiss zu untersuchen. Wenn Eiweiss sich im Harn vorfände (Nierenhyperämie?), dann wäre anzunehmen, dass das fragliche Thier trächtig sei. Abgesehen von allem Andern hat man aber bei Aufstellung dieses diagnosti-
: Das Lcndenmark i.-t ein rcflectorigclies Organ für die Entleerung dor Harnblase, von Prof. Fr. Goltz in Strassburg (Pflüger'a An-liiv VIII., S. 474).
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Hyperämlo der Nieren,
schon Merkmale für Trächtigkeit zu beachten vergessen, dass auch andere Zustände, z.B. Ohliteration der Cruralarterie und
mehr derartige Circulationsstörungen eine Ni
erennypei'amie und
Albuminurie ' bedingen können, somit das empfohlene Verfahren kein diagnostisches Merkmal ist. Das Interessanteste von der ganzen .Sache scheint mir aber das zu sein, dass man die Al­buminurie, die sich bei schwangeren Frauen einstellen soll, einfach auch für trächtige Thiere als bestehend annahm: aber auch bei schwangeren Frauen ist die Existenz einer physiologischen Albuminurie fraglich, denn obgleich deren Vorhandensein mehr lach l)c;iiau[)tet wird, so liegen doch eine ifeilie eingehender Unter­suchungen vor, welche das Unhaltbare dieser Behauptung darthun und beweisen, dass eine während der Schwangerschaft vorkom­mende Albuminurie immer eine pathologische Erscheinung sei. So ist /.. B. Kaltenbach2 nach einer längeren Arbeit zu dem Resume gekommen, dass eine physiologische Albuminurie weder in der Schwangerschaft noch im Wochenbette existire.
Ich habe den Urin trächtiger Stuten und Ktthe selbst unter­sucht und solchen von, mehreren Kühen durch meinen Assistenten, Herrn Thierarzt Schulz, untersuchen lassen und den Befund controlirt, aber icii konnte in dem Harne nie Eiweiss linden.
Durch Behinderung der Circulation kommen bei trächtigen Thieren aber Gefässrupturen und in Folge dessen M ämatu rie vor.
Endlich darf ich hier nicht unterlassen zu erwähnen, dass beim Milzbrand neben anderweitiger Hyperämie die der Nieren sehr häutig, und dann gewöhnlich mit Hämaturie verbunden, vorkommt — ich mache Sie beispielsweise nur auf die Blutseuche der Schafe aufmerksam.
Symptome. Die Erscheinungen des fraglichen Leidens sind nicht so auffallend und deutlich wahrnehmbar, dass es leicht wäre, eine Nierenhyperämie zu erkennen. In gar vielen Fällen wird die seeundäre Hyperämie durch die wesentlichen Erschei­nungen des primären Leidens merklich verdeckt, so dass man
1nbsp; nbsp;Wie ulien gesagt, entsteht durcli einseitige ümcksteigomng im arteriollen System keine Albnminnrie.
2nbsp; Kaltenbach: Uobei Albumumric und Erkrankungen in der Fort-pflanssungsperiode. Archiv f. Gynäkologie III., S. 1.
Pflug, Kranklieilcn dm nroiKräUiicliini Sjrstcnu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2
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10nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hyperämie 'lor Nieren.
sie ganz übersieht oder nur gelegentlich von der bestehenden Hyperämie Notiz nimmt, #9632;/.. B. durch rothen Urin während einer Pneumonie. In massigen Graden der Hyperämie werden die Erscheinungen auch verschieden sein, je nachdem, ob es sieh um active oder um passive Hyperämie handelt.
Bei hochgradiger und allgemeiner Hyperämie der Nieren werden sich die Erscheinungen aber nicht mehr aus­einanderhalten lassen; es werden die Symptome, welche der Stauungsniere zukommen, allein nachzuweisen sein, und man darf sich zufrieden geben, mit der Diagnosis so weit zu kommen, eine Hyperämie von einer Nephritis zu unterscheiden.
Bei einem verstärkten Blutznflusse (fluetionäre Hy­perämie) zu den Nieren dürfte man, wie gewiss jeder Tbier-arzt nach Darreichung grösserer Mengen Diuretica es beobachtet hat, die Thiere alle Augenblicke zum Harnlassen sich anstellen sehen, es geht ein heller, dünner, ei weissloser, leichter Urin meistens in kleineren Quantitäten ab (siehe Polyurie).
In dem Urin sind Blutkörperchen und Nierenepithelien besonders dann in grösserer Menge zu finden, wenn plötzlich durch ein merkliches Hinderniss eine venöse Stauung bedingt wird. Die Erscheinungen der Blutstauung in den Nieren sind übrigens nicht ganz dieselben, wie bei Stauungen in anderen Organen. Das Secret wird nicht reichlicher, im Gegentheil, es wird weniger, dafür aber con-centrirter. Eiweiss erscheint aber frühzeitig im Urin; anfänglich ist es zwar nur wenig, es wird aber im A erlaufe mehr und mehr und nicht selten ist es ziemlich reichlich vor­handen (Albuminurie). Da das Eiweiss sich beim Kochen des Urins nach Zusatz von etwas Salpetersaure in Flocken aus­scheidet, die bei einiger Ruhe einen lockeren Bodensatz bilden, so benützt man dieses Verfahren auch gewöhnlich, um den Ei-weissgehalt des Urins zu constatiren.
Bei Stauungsnieren bemerkt man nicht selten auch eine Schwäche in der Nachhand, einen schwankenden Gang, selteneren ürinabgang; der Urin ist blutig, meist dunkel-roth bis schwarzbraun, enthält entweder noch Blutkörperchen, oder es sind diese nicht mehr in ihm nachzuweisen; in letzterem Fall ist dor Urin durch gelösten Blutfarbestoff (Hämoglobin) mehr oder weniger intensiv roth gefärbt. So wesentlich die rothe
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TTyporiimU' der Kioron.
n
Färbung dos Urins für eine bestehende Nierenbyperämie und selbst Ncpliritis oft ist, so darf man aber docb nicbt jeden rothen Hain geradezu für blutigen Urin erklären, da auch andere Farbstoffe, z. Pgt;. das Urobilin, nach den Angaben M. Jaffe's dein Urin eine rotbe und rotbbraune Farbe geben soll.
Scbliesslicb finden sicli im [Irin oft auch Faserstoff-e\ linder (Fibringerinsel) oder Cylinder, die aus körniger, fettig-eiweissiger Materie bestellen und aus den Hamcanälcben stammen.
I\Iit Eiweissharn dürfen Sie den an und für sich sehr trüben und schleimigen, aber normalen i'ferdeharn nicht verwechseln-Die Trübung des Pferdebames rührt von seinem Keichthmn an kohlensaurem Kalk her, wessbalb auch der Urin beim Zusatz von Säure stark aufbraust. Der kohlensaure Kalk findet sich als feinkörnige Masse oder in Form geschichteter und radiär gestreifter Kugeln (Taf. 1, Fig. 1), die sich leicht blutig-roth tingiren. Bei bestebender Nierenbyperämie sind diese Kalkkügelchen besonders reichlich im Harne vertreten.
Diese genannten Erscheinungen lassen sich als der Nieren-hyperäinie zugehörig erklären. M-enn man die Ursache der Hyper­ämie ermittelt oder einen febrilen Zustand nachzuweisen nicht im Staude ist. Ein gleichzeitig bestehendes Fieber ist entweder der Ausdruck einer Nierenentzündung oder der eines Primärleidens, dem die Nierenbyperämie selbst ihre Entstehung verdankt.
Eine antbraeöse Hyperämie erkennen Sie gewöhnlich aus der bestehenden Flämatnrio und dem Auffinden von Bac-toridien (stäbebenförmigen Körpern I im Harne neben den al lg cm einen Milzbrand-Erscheinungen.
Der Verlauf des Leidens ist acut — rasch vorüber­gehend — oder chronisch. 15ei bestehenden organischen und unlösbaren Fehlern dauert der in Kode stehende Zustand so lange fort, als das primäre Leiden selbst.
Die fluxionäre Hyperämie läuft meistens in kurzer Zeit ab und ist auch gewöhnlich von einem günstigeren Ausgange begleitet, doch kann nicht geleugnet werden, dass durch reich­licheren Blutverlust auch ein liydrämisclier Zustand geschaffen werden kann, der direct oder zuweilen unter den Erscheinungen der allgemeinen Hydropsie zum Tode führt fsielie Hämaturie).
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12nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;HyinTilmif der Kioreu.
In maiiclicu Fällen beobachtet mau sleiclizeiti^; bei einer be-stehenden Nierenhyperämie — nachdem gewöhnlich die Krankheit einige Zeit angedaiiert hat, einen rothbraunen, sehr stark faden­ziehenden, syrupartigen Urin, leh erinnere mich neben einer gi-ossen Reihe derartiger Fälle eines Pferdes, das an Pneu-monie und seeundärer eiteriger Gelenkentzündung er­krankt war. Die Pneumonie wurde geheilt, die Arthritid purulonta dauerte fort und neben dem erschien ein brauner, stark faden-ziehender Harn. Durch Essigsäure und Kochen konnte kein Ei-weiss nachgewiesen werden: durch Alkohol entstand ein trüber Niederschlag, ebenso wie mit Tanin beim Kochen. Ich konnte demnach mich für das Vorhandensein gewöhnlichen Serumeiweisses nicht entscheiden, sondern für eine Zunahme des besonders im Pferdeharn normal schon reichlich vorhandenen Mucins, ' das gewöhnlich aus den im Nierenbecken des Pferdes so zahlreichen Sehleimdrüsen stammt.
Wegen des Gelenkleidenä wurde das Pferd getödtet; ich hatte Gelegenheit, die Mieren des Patienten im frischen Zustand #9632;/Ai untersuchen, und fand, dass die Epithelzellen der Harn-canälehen in der Mähe der freien — dem Lumen der Canälchen zugekehrten Fläche eine öfters die Hälfte der Zelle einnehmende, helle, glasige Zone hatten, dass die freie Fläche der Zellen mehrfach stark convex war, und dass manche Zellen ganz und gar in diese helle homogene Masse umgewandelt waren. - In der tieferen, der Membrana propria der Harncanälcben anliegenden, Hälfte der meisten Epithelzellen fand ich körniges Protoplasma angehäuft (Taf. I, Fig. 3). Es ist dieser Zustand jedenfalls eine col-loide, resp. schleimige Umwandlung der Kpithelzellen — einet
1 Znr Constatirnng des Sohleims im l'iiii empfiehlt ültzmann (Anleitung zur Untersuchung des Harns, Wien tsTli folgendes Verfahren: Hat man kein Eiweiss im Harne, so fällt man den Schleim mit Alkohol, dem etwas Jodtinctnr zncesetzt ist. als streifig-faserige Masse. Odcv man fällt den Schleim mit Essig­säure, der etwas in Jodkalium gelöstes Jod beigesetzt ist. Die Essigsiluro erzeugt nämlich in Macinlösungen eine Trübung (? —i ilie durch üeherscliuss der Säure nicht gelöst wird, wohl aber verschwindet die Trübung bei Ziilt;at/. von ein Paar Tropfen Salzsäure. Wenn die Trübung bei blossem Anuännen verschwindet, so wares kein Schleim, der ausgetallt war, sondorn es waren t'rate.
- Dies.' homogenen Zillen waren kein Kunstproduct, anf das die I listo loeen, •/.. I!. ICiillikcr j. 1SS1 s. Gcweliclelire, aufincrksam machen.
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Hypm'äniH' der NitTPii.
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Metamorphose, der wir hei Catarrhen im II. Stadium auch in anderen Bpithelien begegnen, und es dürfte dessbalb dieser stark zähe Urin vielleicht als Erscheinung einer catarrhalischen Nephri­tis, und nicht allein als Syptom einer Stauungsniere betrachtet werden. Ich bemerke jedoch noch, dass bei einer catarrhalischen Pyelitis sich ebenfalls dem Harne aus den Schleimdrüsen der Mucosa des Nierenbeckens reichliche Schleimmassen heimischen können, aber in Verbindung mit vielen abgestossenen Epithelien derselben Schleimhaut.
Therapie. Entfernung der Ursachen — wenn man die­selben kennt und beseitigen kann — ist die goldene Regel jeder rationellen Behandlung. Einer durch scharfe Diuretica u.dgl. hervorgerufenen Hyperämie wird man somit zunächst durch Aussetzen solcher und auch anderer harntreibenden Arzneien — durch Abwaschen der (Janthariden-Einreibungen etc. bekämpfen.
Ist in Folge scharf-giftiger oder terpentinhaltiger Pflanzen oder durch Begang schädlicher — sumpfiger oder waldiger Weiden eine fluetionäre Hyperämie entstanden, so wird man natürlich die Fütterung ändern, das schlechte, schimmeUge Futter nicht mehr oder wenigstens nicht mehr pure verfüttern und die verdächtigen Weiden insolange nicht mehr beschicken, als bis dieselben meliorirt sind: man wird auch zu verhindern suchen, dass die kranken Thiere nicht fortgesetzt ungesundes | wie oben geschildertes) Wasser saufen. Die öftere Darreichung von gutem, frischem Quellwasser möchte ich besonders empfehlen - kleineren Thieren kann man sogar von dem jetzt allent­halben vorhandenen, k o h I e n s ä u r e h alti g e n . künstlichen Mineralwasser einschütten.
#9632; Zuweilen sind ableitende Abführmittel lAloe — Oleum Crotonis — bei kleineren Thieren: Tinctura Rhei aquosa) am Platze. Aus gleichem Grunde empfiehlt sich auch bei gut ge­nährten Thieren eine Venaese ction, die aber doch immer mit grosser Vorsicht vorgenommen werden soll, weil bei gleich­zeitiger hvdräinischer Crasis sehr leicht die im Anzüge stehende Hydropsie rasch hervorgerufen werden kann.
Deri vationen (01. Crotonis — TJnguentnm Tartari stibiati) haben in sclnveren Fällen ebensowenig wie Ilaarseile
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14nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hyperamp;rala rler Nlaron.
und Fontanelle einen Worth: in leichten Fällen kann mau einer derartigen Ableitung aber enthehren.
Zweckmässig erweisen sich öfters Adstringentien in Ver­bindung mit Xareoticis (Perrum sulphuricum oxydula-tnm — Saccharum Saturni — Acidum tannicum mit Opium oder Extractum Hyoscyami) neben leicht verdau-licherNahrung (Mehlsanfen, (iras; kein Klee und kein Grummet; aber gutes Wiescnhcu, gekocht(^ Körnerfutter, Zuckerrüben, Möhren).
Weiter will ich mich hier nicht über die Behandlung des fraglichen Leidens verbreiten, weil ich bei Besprechung der Nierenentzündung und des Blutharnens ohnehin darauf zu­rückkommen muss: nur das will ich noch bemerken, dass, wenn die Hyperämie Folge eines Primärleidcns ist, diesem vor Allen die ganze Aufmerksamkeit zuzuwenden ist, denn auch in dieser Richtung hat der Satz: ..Entfernung der Ursachenquot; seine vorz üidichste Bedeutung.
II.
Rntzimdimg' der Nieren; Nephritis.
Intcrstitielle (purulente) — parenehymatöse (Bright'sche) — metastatische Nephritis — Perinephritis.
Wir haben nunmehr eine Krankheit der Hausthiere einer eingehenden Betrachtung zu unterziehen, über die im Allgemeinen und insbesondere in der Thierheilkunde noch mancherlei Unklar­heiten bestehen, die erst im Laufe der Zeit der regen Forschung weichen werden.
Um in dem (lange meiner Darstellungen Wiederholungen zu vermeiden und um das Verständniss der Sache nicht zu er­schworen, werde ich ihnen zunächst die pathologische Anatomie der Nierenentzündung in übersichtlicher Weise vortragen.
Pathologische Zootomie. Wir wollen als die gewöhnlichsten Formen der Nephritis die interstitioll o und die parenehy­matöse Entzündung hier berücksichtigen, uns von vorne-herein aber wohl merken, dass diese Entzümlungsfonnen vielfach in einander übergehen und wohl in keinem Falle eine der beiden Formen für sich allein besteht.
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Bntzfindong der Nieren; Nephritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;15
a) Die interstitielle Nierenentzündung (Nephritis in-terstitialis) oder einfache Nierencntzündnnfj; (Nephritis .simplex) hat ihren Sitz in dem bindegewehigen Matcriale, welches zwischen den Harncanälchon und den Glomemlis liegt, in dem sogenannten interstitiellen Bindegewebe.
In weitaus den meisten Fallen sehen wir beide Nieren erkrankt, doch kommt es auch nicht selten vor, dass nur eine Niere leidet, ebenso wie die Entzündung über die ganze Niere sieh erstrecken kann oder auch nur circumscript auftritt, um entweder local — begrenzt — zu UeiUen oder sieh im Verlaufe von dem primären Herde aus weiter über die Niere auszubreiten.
Sie werden sicii erinnern, dass ich bereits gesagt habe (siehe Ilvperämie der Nieren) die Entzündung leite sieh durch eine flnetionäre Hyperämie ein. Demzufolge muss man auch im An­fange der Erkrankung noch vorzugsweise die Erscheinungen einer stärkeren Blutfülle des Organs nachweisen können, nämlich merkliche Schwellung und gleichmässig dunkle oder fleckige Röthe. lgt;oi partieller Nephritis wird man diese ini­tialen Erscheinungen wohl nur an den betroffenen Partien suchen dürfen.
#9632;ie nach dem Stadium der Entzündung ist die Niere bald weich, bald ziemlich derb. Die Mombrana propria ist succuleiu, etwas dicker und leicht abziehbar. Bei einem Median-schnitt durch die Niere siebt man auf der Schnittfläche die Grenze zwischen Marksubstanz und Kinde verwischt; durch eine dunkle Itoflic gibt sich auch hier die Hyperämie der Niere kund, später findet sich die Schnittfläche weniger blutreich, sie wird brannroth, gelbbraun bis grau, und gleich­zeitig stellt sie dem Messer beim Durchschneiden einen grösseren Widerstand entgegen, es ist die Niere derber und trockener geworden.
Nicht selten sind in der noch braunrothen Schnittfläche gelbe oder graue Flecken, die durch Anhäufung von Lymphzellen entstehen, in verschiedener Menge und Grosse nachweisbar; denn bei fortschreitendem Krankheitsproeesse be­gegnen wir einer diffusen Eiter-Infiltration des interstitiellen Gewebes oder der Entwicklung meist miliarer Abscess-chen. (Taf. I, Fig. 3.)
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10nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Eutzündang der Nieren; Nephritis.
licsi einer diffusen eitoi'zelligen lnlllrration (ü-^iesst sich tlber die Schnittfiäclie ilev weichen, graulichen Niere eine ^elli-oder grau-röthliche, eiterähnliche Flüssigkeit, welche --neben fettigem Detritus aus den Harncanftlchen — auch viele lymphoide Elemente (Eiterzellen) enthält.
Die Abscedirang kommt verhältnissmässig öfters vor. Lym phoide Elemente — sie mögen wohl grösstentheils ausgewan­derte farblose Blutkörperchen sein — sammeln sich an verschie­denen Stelion zu Häufchen und sind als solche entweder gleich-massig durch die ganze Niere zerstreut oder mehr auf eine cir-tnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;cumscripte Stelle beschränkt.
Die schon vorhin genannten gelben Flocken, die wir als beginnende Absccsse ansehen müssen, sind anfänglich ziem­lich derb und bedingen dadurch hauptsächlich die grössere Con­sistent der kranken Nieren in diesem Stadium.
Dieser Erscheinung begegnen wir auch anderwärts und sie lässt sich durch die feste Zusammenlagerung der Zellen, den Mangel einer intercellulären Flüssigkeit und wahrscheinlich auch durch das gleichzeitig vorhandene, die Zollen eng zusammen­fassende fibrinöse Exsudat erklären.
Später wenn mehr seröses Exsudat zwischen die Eiterzellen (lymphoide Elemente) tritt, wird die Masse weicher, sie wird zum gewöhnlichen Eiter pus bonum et laudahile; — der Abscess hat sich gebildet. [nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Finden sich derartige Abscesschon nahe beisammen,
se fliessen sie in einander und stellen dann grössere Eiterherde dar.1 Auf diese Weise kann eine ganze Niere in einen einzigen Abscess umgewandelt werden, der von der ver­dichteten Membrana propria der Niere überzogen und bedeutend grosser ist, als die Niere es ursprünglich selbst war. -
1 Gross-Claucle beobachtete eine sechsjährige Stute, welche au Nephritis und BInthavnen litt: nach t Wochen starb Patient und man fand die linke Niere um das Dreifache vergrössert und so degenorirt, dass von der Kindeu-substanz nur noch wenig zu erkennen, die ganze .Niere auf der Schuittfläche speckig und hart, wie eine verhKrtete Lymphdrüse, war und in der Mitte einen Abscess von Qänseeigrösse hatte, der gelben, geruchlosen Eiter enthielt, Mittli. aus der th. Praxis in Preussen, V., S, 11 l',
- Chonard: Qnelqnes observations sur la Nephrite dn Cheval. Recneil
de nied. vc'ti'r. 1824.
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Entaündung der Nieren : Kephritis.
17
Fälle von sogenannter Nierenvereiterung mit mehr­fachen Eitercysten in den Mieren sind ein verhältnissmässig nicht so seltener Befund. Zuweilen fieht die Eiterung continuir-lich peripherisch weiter, es wird dabei die Mcmbrana propria, ja
sclilicsslich die Nierenkapsel selbst perforirt und sogar noch das nächste Bindegewebslager in den Eiterungsprocess hineingezogen, so dass unten- Umständen an Stelle der Niere nur ein grosser Eiterherd sitzt, der im retroperitonealen Binde­gewebe nach verschiedenen Richtungen hin Fisteln bil­det. Diese grossen Abscesse können natürlich anch perforiren; höchst selten jedoch dürfte ein derartiger Abscess bei Thieron durch die allgemeine Decke nach aussen durchbrechen ; dagegen kommt es vor, dass der Abscess das Nierenbecken öffnet und der Eiter durch die Barnwege schliesslich zur Ent­leerung kommt (P vurie), dann kann sich der Eiter aber auch in die Bauchhöhle ergiessen oder in den Darmcanal, wenn zuvor durch eine adhäsive Entzündung ein Darmstück mit der Nierenkapsel und dadurch mit der Niere in fester Verbin­dung stand: dass Fistelgänge von einem Nierenabscess bis in die Brusthöhle führen, kann ebenfalls vorkommen.
Die zuletzt geschilderten ausgedehnten pathologischen Pro-cesse kommen ans dem Grunde nur selten zur Beobachtung, weil die Patienten grösstentheils schon in früheren Stadien sterben.
im günstigen Falle — natürlich immer nur bei einseitiger Nephritis — tritt nach Entleerung des Eiters die Vernarbung und Verödung der Niere ein.
Wird der Eiter nicht entleert und kommt er auch nicht zur Resorption, so wird er encystirt und er verkreidet dann in seiner Bindegewebskapsel. Aussei- in Eiterung sehen wir die interstitielle Niorenentzündimg auch öfter in Induration — Verhärtung, fibröse Degeneration — der Niere übergehen. (Taf. 11, Fig.7).
Granz natürlich können bei intensiver interstitieller Erkrankung der Nieren die 1 [arncanälchen nicht unbe­rührt bleiben, man begegnet Blutgerinnseln und Exsudat in den Hamcanälchen oder molecularem Zerfall der Epithelien schon sehr frühzeitig. Wenn dann noch eine massige Zunahme des inter-stitiellen Gewebes stattfindet, so veröden die Hamcanälchen und die Glomeruli gänzlich. Die Niere ist ansserordentlieh
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18nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzündung der Nieren; Nephritis,
aneben, höckerig und nntci- das normale Niveau eingesunken. Beim Durchschnitt ist die Niere resistent, oft hart, selbst knorpelig, auf der medianen Schnittfläche sieht man die Kinde von der Peripherie her geschwunden, die Grenze /-wischen ihr und der Pyramide verwischt und an Stelle der normalen rothen Substanz ist ein meistens nebelgraues, streifiges Bindegewebe getreten. Eine solche Niere ist dann auch atrophirt.
Ein dritter nicht sehr seltener Ausgang der Nierenentzün­dung, wenigstens nicht selten hei Pferden und Kindvieh, ist der gangränöse Zerfall des Organs. Man findet die Niere ent­weder mit einer indurirten Rindenschichte und einer brandigen Marksubstanz ' oder auch ganz zerstört und an ihrer Stelle eine giindich-grauo, morsche, mit stinkender Jauche durchsetzte Masse. Die brandige Jauche zerstört auch naheliegende Gewebe und Organe, es perforirt der Jaucheherd die Bauchhöhle und bedingt Peritonitis und Septicämie.
Zuweilen sind in solchen Fällen auch die Harnleiter erkrankt, oder es geht die brandige Nephritis aus einer Pyelitis oder einer Infiltration des Harnes in's Nierengewebe hervor. oder der Nierenbrand wird durch eineHarnretontion bedingt. Irminger- erzählt so z. Pgt;. von einer Kuh, die an brandiger Zer­störung der Nieren litt, bei welcher man die Harnleiter hart, völlig verschlossen und von der Stärke eines Fingers land. \y\i- andere Form der Nierenentzündung ist: bi die naronchv matöse Nierenentzündung (Nephritis parenehymatosa), die croupöse Nierenentzündung (Ne­phritis crouposa s. albuginea), diffuse Nierenentzündung (Nephritis diffusa), Morbus Brightii? Granular-Entartung, desquamative Nierenentzündung. Man unterscheidet hier eine acute und eine chronische parenehymatöse Krankheit und muss an dieser Trennung beider Formen umsomehr fest­halten, als doch wesentliche Unterschiede zwischen ihnen bestehen. Heide Formen kommen bei unseren Hausthieren vor. Die acute parenehymatöse Entzündung dürfte am öftesten bei
i Rodet: Observation de Nephrite. Eü^ueil de müd. vöt. Is^i;. Hering's spec. Pathologie and Therapie für Thierärzte. 2. Aufl.. S. 453. 2 .Schweiz. Archiv für Thierheilkunde III., S. 405.
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Gntzfindung der Nioren ; Kepliritls.
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den Pferden vorkommon und wohl in den meisten Fallen jene Krankheit darstellen, die im südlichen Baiern unter dem Namen; „schwarze Harnwindequot; bekannt ist.'
Trennen wir von der schwarzen Harnwinde (Nephritis hämorrhagica) der Pferde jene Fälle, welche unter die Ka­tegorie der Nierenhyperämie (Windrehe etc.) gebracht werden müssen, so bleilit eine ziemliche Anzahl von Krankheitsföllen übrig, lt;}'\o wir mii einigem Recht als acute Bright'sche Krank­heit 2 bezeichnen dürfen, und die wegen ihrer mancherlei Eigen-thttmlichkeiten vielleicht auch als Nephritis hämorrhagica11 in der Literatur ihren Platz finden mögen.
Bei dieser acuten parenehymatösen Nierenentzündung sind die gewöhnlich beiderseits erkrankten Nieren immer geschwollen, sie erscheinen dunkelroth, mürbe und darum leicht zerdrückbar.
Die Membrana propria renis lässt sich leicht abziehen; die medianen Schnittflächen zeigen sich hyperämisch und namentlich ist der Blutgehalt der Rindensubstanz grosser und treten die stark blutig injicirten Grlomeruli deutlich hervor. In den Pyra­miden dagegen ist die Blutmenge nicht selten sogar verringert.
P)ei der mikroskopischen Untersuchung rindet man nur wenige ganz nurmale Harncanälchen; gar viele derselben Mild erweitert und enthalten Zellen im Zustand der trüben Schwellung und raolecularen Detritus.
Streift mau mit dem .Messer über die Schnittfläche, so rindet man in dem Abgeschabten zahlreiche längere und kürzere Cylinder von blassem Aussehen oder von gelbbrauner Farbe. Diese Cylinder rindet man auch im Harne beim Stehenlassen als kleinflockigen Niederschlag. Es sind dieses Abgüsse einer fibrin Ösen (?) Exsudation in die Harne anälchen.
1 Kolh im thierärztl. Wochenblatt von Nielas. ISöö. Nr. -.'t I.ecli 1 enthner : Adam's Wochenschrift. XII. Xr. 45.
- Hofer: Die acute Bright'sohe Krankheit. Wietier Vierteljahrsschrift für Thierheilknnde. lt.
l'rank; Zum (Drweiss- resp. zum Blntharnen der Pferde und speciell der Brigt'schen Krankheit Adam's Wochenschrift XVII. Xr. 15.
3 Adam und Achatz: Sehwarze Harnwinde der Pt'onlc. Wochenschrift von Adam. IV. Nr. 16.
. #9632;.
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20nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzttndnng lt;lt'r 'Nii'rfn; NepUritii
Als anderweitigen Sectionsbefuncl miiss ich die häufig vor­kommende lohmfarbige Leber (Fettleber -- Anämie?), dio Lungenhyperämie, das hämorrhagische Exsudat in Brust-und F.iinclihöh 1c und das gellx^ Aussehen dor weichen Musculatnr (Anämie mit niedergradiger Fettdegeneration) erwähnen.
Mag nun hei Pferden diose Xejjliritis hämorrhagica sidi gleichwohl häufiger einstellen, so kommt doch auch hoi ihnen und hei den anderen Hausthieren, he sonders häufig beim Hund und Schwein, Jone Form der parenchyinatöscn Krankheit vor. die ich Ihnen hier als Nephritis diffusa oder — wenn Sie lieher wollen — als eigentliche Bright'sche Krankheit vortragen werde, d. h. wenn Sie dabei unterstellen, dass dieses von mir hier geschilderte Leiden in patho­logisch-anatomischer Beziehung eine mannigfache Aehn-lichkeit mit jener von dem englischen Arzte Richard Bright ' beschriebenen Menschenkrankheit hat, dass aber das klinische Bild der zu besprechenden Thier-krankheit noch nicht so dargestellt werden kann, wie es in der humanen Medicin in dem Zeitraum von 1827 an his jetzt möglich gemacht wurde.
! in Anfange mag auch hier die Krankheit mit Hyperämie sich einleiten: kommen jedoch Thiere in diesem Stadium zur Section . so kann man natftrlich für laquo;jewöhnlicli nicht bestimmen, ob diese nachweisbare Hvperämie der Anfang einer diffusen Nephritis war oder nicht. Da wir aber bei vorgeschrittenen Ver­änderungen in den Nieren nicht selten noch die Ueberreste früherer ETäinorrhasden linden, so können wir auf den anlänglichen Bestand einer Hyperämie — noch dazu in Analogie mit anderen Entzündungen — nicht mit Unrecht schliessen.
Aber jedenfalls schon frühzeitig gesellt sich zur initialen . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.
Hyperämie die Exsudation einer fihrinoiden Masse in
die II am canälchen (Epitbelien?) als charakteristische Er­scheinung.
Man findet unter dem Mikroskope sehr viele Harncanälchen zwar noch intact, aber es liisst sich doch schon eine Anzahl derselben — die hei Thieren wohl nie besonders gross wird —
|
' Eeport .in medical cases. London Guys Hospital Reports 1827,1836 n. 1S40,
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Kntziinihing der Xu-ren : Nephritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 21
nachweisen, in welchen eine glasige, homogene, fibrinoide, am besten könnte man sagen colloide Masse das Innere dei* llarneanälchen ausfüllt. Das Epithel kann dabei noch ziemlich wohl erhalten sein; es bleibt aber im Verlaufe von dem Krankheitsprocesse nicht unberührt, denn man bemerkt die Epithelien häufig im Zustande der trüben Schwellung, also mit undeutlichem körnigen Inhalte, gelblich-bräunlicher Färbung, stark vergrössert und dadurch die Harncanälchen erweiternd.
Neben den geschilderten Harncanälchen findet man aber auch solche, welche mit mehr oder weniger zerfallenen oder nur 1 osgestossenen, aber immerhin getrübten Epithelien oder mit einem fettig-körnigen Detritus gefüllt sind. Mit­unter begegnet mau auch Harncanälchen, in welchen das Lumen durch ein Congloxnerat von fibrinoider Masse, Detritus und Epithelien verlegt ist.
Das interstitielle Gewebe ist in diesem Stadium noch un-betheiligt. Diese Pfropfe in den Harncanälchen, welche einen Abguss der letzteren darstellen, somit eine cylindrische Form besitzen und die wir — wenn auch nicht ganz correct, so doeb des Usus wegen — Fibrincylinder nennen wollen, sind nicht alle fest in den Canälchen eingekeilt, sondern lassen sich durch den von den Glomerulis aus nachdrückenden Urin zu den Xieren-wärzchen herausdrängen: sie gelangen so in das Nierenbecken und endlich in den Harn, woselbst wir diese fraglichen Cylinder schon zu Lebzeiten der Thiere nachweisen können.
Sind die Grerinusel entfernt, so können sich an Ort und Stelle neue Cylinder bilden. Cylinder, die nicht ausgestossen werden, gehen die fettig eiweissige Metamorphose ein und werden als die schon oben erwähnte cylindrische fettig-körnige Masse in den Canälchen und in dem abgesetzten Urin nachgewiesen- Sie sind unter dem Mikroskope leicht zu erkennen, denn sie haben die Form der Harncanälchen und bestehen aus einer Summe fest aneinander gedrängter, sehr kleiner, staubartiger, selten etwas grösserer, das Licht stärker brechender, Fetttröpfehen und aus den Eiweissmolecülen, welche weniger reflectiren.
Von ähnlich aussehenden, geschlängelten Kalkstanb-anhäufungen unterscheidet man sie dadurch, dass sie bei Säurezusatz nur thoilweise verschwinden und keine Gasentwicklung stattfindet, in Folge dessen aber doch sich stark aufhellen.
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22nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entanndttiig der Hieren; Keplirltts.
In einem grösseren mikroskopischen Präparate kann man nicht selten alle diese Veränderungen gleichzeitig übersehen, da die geschilderten Veränderungen alle nehen einander in ver­schiedenen Harncanälchen vorkommen können. —
Noch ist die Niere geschwollen; ihre Meuxbrana propria liisst sieh, wenn sie auch succulenter ist, leicht von der glatten Nierenoherfläche abziehen.
Beim Durchschnitt der Niere bemerkt man eine ziem­lich normale Consistenz; auf der Schnittfläche erscheint die llindensubstanz mehr ergriffen; sie ist braunroth oder auch etwas röthlich grau gefärbt und meistens merklich ge­schwollen (vergrössert).
Die Grenze zwischen Cortical- und Medullar-substanz ist verwischt (undeutlich). — Die Pyramiden sind wenig gefärbt, blassgraulich gestreift (gefasert) und scheinen zuweilen mit einzelnen Faserzügen in die Rindensubstanz einzudringen.
Die Faserung der Marksubstanz, welche in die Rinden­substanz einzudringen scheint, ist meistens erzeugt durch die ver­dickten Eigenmembrane der Tubuli Belliniani, von denen Sie wissen, dass dieselben auch in die Rindensubstanz eindringen, um hier in die gewundenen Harncanälchen überzugehen.
Diese Faserung, so wie anderweitige Veränderungen ent­stehen aber auch noch in Folge anderer Vorgänge.
Der fettig-eiweissige Detritus in den Harncanälchen wird nämlich entweder aus denselben hinausgespült oder er wird resorbirt. Wo auf die eine oder die andere Weise das Lumen der Harncanälchen leer geworden ist. collabiren dieselben umso-mebr, da jetzt auch sich nicht selten eine interstitielle Schwel­lung einstellt.
Auch die dem gleichen Proeesse verfallenden Gdomeruli atrophiren; eine Anzahl von Blutgefässen veröden, und wenn sieh auch aufanglich saftiges Bindegewebe neu bildet, so wird es später trockener und ersetzt die Masse der zu Grunde gegangenen Harncanälchen, doch nicht in so ergiebiger Weise, dass nicht Contracturen — narbenartige Schrumpfungen — in den Nieren erfolgen mtissten.
In Folge dieser Schrumpfung entwickelt sich eine unebene --mit der Membrana propria renis verwachsene — sogenannte
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Entzltndung tier Nieren; Nephritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2^)
granulirte Oberfläche der Niere und eine — auf dein Median-sclinitt deutlicli erkennbare — Atroiihic der Rindensubstanz.
Dieser Schwand der Rindensubstanz kann so be­deutend werden, dass in ausgedehnter Weise die Uinde ganz zu Verlust geht, ja selbst die Pyramiden von der Basis aus der Atrophie verfallen.
Der Total-Effect des Processes ist also eine fast gänzliche Degeneration der Nieren; denn finden sieb auch in dem Gewebe noch wohlerhaltene HarncanäJchen, so sind der­selben doch zu wenige, um den für das Leben unbedingt notbigen Process der llarnabsonderung hinreichend besorgen zu können. Die Degeneration der Nieren besteht hauptsächlich im Verluste der Grlomeruli und der 11 am can äl c he n, in Zu­nahme des fibrösen Gewebes der Nieren bei gleichzeitiger, meistens sogar hochgradiger Verkleinerung (Atrophie) des Organs, dessen Consistenz derb, fest, ja dabei selbst zähe werden kann.
Ein von Leisering (S. 2i5 des sächs. Veterinärberichtes für das Jahr 1868) beobachteter Fall'gehört unzweifelhaft hieher.
Sehr häufig begegnet man beim Durchschnitte der Nieren kleinen, gelben Flecken (Taf. I, Fig. 4), — ja zuweilen pro-ininiren kleine gelbe Knöteben nach Abnahme der Mem-brana propria renis über die Oberfläche der Niere. Diese gelben Stellen oder Knötchen gleichen miliaren Abscessclien und könnten ohne mikroskopische Untersuchung auch für solche gehalten werden. Unter dem Mikroskop findet man aber, dass es fettige Massen sind, welche in einer Kapsel ein­geschlossen liegen. Ihre Entwicklung ist folgende:
Ich habe vorhin gesagt, dass sich in den kranken llarn-canälchen fettig-eiweissiger Zerfall des Epithels etc. einstelle, der resorbirt oder mit nachfliessendem Urin ausgespült werde.
Es mag dieses Regel sein — aber auch sie ist nicht ohne
Ausnahme. In den llarncanälchen wird nämlich der fragliche
i
Detritus nicht immer sämmtlich beseitigt, an circumScripten Stellen bleibt derselbe vielmehr in den Harncanälchcn liegen. Oberbalb und unterhalb der fettigen Materie collabirt das Ilariicanälclien, dort, wo der Detritus liegt, dort bleibt das Canälchen natürlich erweitert, es hat sieb liier ein förmliches Cystchen mit
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ButzOiudang der Nioron; Nephritislaquo;
i.\
at hero mat (is em Inhalt gebildet. Dieser Vorgang wiederholt sieh in manchen Nieren sehr häufig — vielleicht confluiren auch einzelne solche Fettherde untereinander — und sie sind es, welche die his crbsengrossen gelben Kiiötchen in den Nieren darstellen.
Uic Ihnen, meine Herren, bisher geschilderten Vorgänge ent­sprechen zwar nicht ganz meinen eigenen Untersuchungen, aber ich wollte Ihnen das nicht vorenthalten, was fast allgemein als richtig erkannt wurde: ich fand auch bei Hunden die Veränderungen in den Nieren vielfach so, wie ich sie Ihnen ge­schildert habe, (loch mit der Ausnahme, dass ich ein freies fibrinöses Exsudat in den Harncanälchen eigentlich nicht so gesehen habe, dass die Epithelien dabei noch intact gewesen waren.
J]ei Sehweinen habe ich bisher die pathologischen Er­scheinungen der Brightsehen Krankheit am eingehendsten studiren können und ist auch das Ihnen hier vorgelegte mikro­skopische Bild (Taf. I, Fig. 5 i den Nieren eines Schweines entnommen, welche vom Herrn Kreisthierarzt Dr. Schäfer in Darmstadt erst vor Kurzem der pathologisch-zootomischen Sammlung unserer Hochschule zugeschickt wurden.
Diese Nieren waren mit dem verdickten Nierenüberzug theil-#9632;weise fest verwachsen, sie waren auf der Oberfläche höckerig und eine der Nieren hatte eine Cyste, von der Grosso einer kleinen Welschnuss, dicht unter der festgewachsenen Kapsel in der Rindensubstanz. Die Nieren erschienen ver-grössert. sie waren verhältnissmässig schwer und blutarm. Beim Durchschneiden zeigten sie sich sehr derb und setzten dem Messer einen merklichen Widerstand entgegen. Die Schnittfläche ist, wie die ganze Niere, anämisch, die Grenze zwischen Mark-iiml Rindensubstanz verwischt: in letzterer finden sich un­zählige stecknadelspitz- bis höchstens hirsekorngrosse eystoide Räume; die Pvramiden-Snbstanz erscheint besonders und gleichmässig derb. Auch die Rindensubstanz ist ziemlich derb, doch sieht man in ihr von den Pyramiden zur Peripherie mehrfach Streiten gehen, welche viel weicher, resp. lockerer er­scheinen als ihre Umgebung und welche auch besonders reich­lich mit den vorerwähnten cvstoiden Räumen bedacht sind. Das Schwein litt an Hydrops ascites.
i;
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Eutzflndtmg der Nieren; Ndpbrltis
•2r.
Als erste entzündliche Erscheinung finde ich gewöhn­lich eine trühe Schwellung der Nierenepithelicn; diese sind merklich vergrösscrt, braungelb, stark granulirt und dadurch trüb und der Zellenkern unsichtbar. Als Folge dieser Epithel-Schwellung betrachte ich eine stets merkliche Erweiterung der Harncanälchen.
Bald verlieren die Epithelien ihre Form, sie lösen sich von der Peripherie los, zerfallen und verkleben mit einander zu festen Massen, welche die Form der Harncanälchen annehmen und schliesslich auch ein mehr gleich-massiges, theilweise staubiges, theilwoise glänzendes Aussehen bekommen. Durch Essigsäure heilen sieh diese Massen nicht voll­ständig auf. Vielfach sieht man die fibrinoide Masse, welche sieh aus dem Epithelinhalt entwickelt hat, mit Fett­tröpfchen reichlich durchsetzt, diese fliessen endlich zu grösseren Tropfen zusammen, welche sich bei der mikroskopischen Prä­paration häufig herausdrücken und dann ein leeres Harncanäl­chen zurücklassen.
Es scheint, dass um diese Zeit sich von den Nieren Wärz­chen aus ein interstitieller Entzündungsprocess auf die Rindensubstanz fortsetzt. Dadurch, dass nun die Glomeruli jetzt noch intact sind und das Harnwasser aus dem Blute ausscheiden, die Tubuli recti aber durch die interstitielle Schwellung zusammengedrückt werden, kommt es zu immer stärkerer Erweiterung und endlich zur Zerreissung der Harncanälchen in der Rindensubstanz; die zerrissenen Harncanälchen confluiren und geben zur Bildung kleinster, selten grösserer bis nussgrosser Cysten Veranlassung. Diese erweiterten und cvstoid entarteten Harncanälchen fand ich auch in den erweiterten lockeren Streifen der vorhin erwähnten Nieren.
Vielfach begegnet man bei Durchmusterung von Nieren mit diffuser Entzündung um das Doppelte vergrösserten Grlo-merulis —- ich glaube, dass dieses diejenigen sind, welche an Stelle bereits zu Grunde gegangener Grlomeruli vieariren und wäre somit ihre Vergrössorung als compensatorische Hyper­trophie aufzufassen.
Die Gewebsschwellung ergreift aber nicht nur das inter-tubuläre Gewebe, sondern auch die Wandungen der Harn.
1'II as, Krji
3
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•20
Entzflndung der Nieren; NepUritls.
canälclieu selbst, dann die malpighischen Kapseln und namentlich die (iefässc, bei denen icli aueb die Media oft um das Drei- und Vierfache hypertrophirt fand. Diese Schwel­lung charakterisirt sich dnreii Verbreiterung namentlich des binde-gewebigen Materials, in dein man reichliche Zellen nach­weisen kann, die stollenweise sogar in solcher Menge zusammengebäuft sind, dass dadurch miliare Abscesschen entstehen.
Der ETaupteffect der Bindegewebs-Entzündung ist und Ijlriht alier di(gt; Bindegewebs-Hypertrophie, welche, je* bedeutender sie wird, auch /.u den wichtigsten Ver-ilnderungen des Nierengewebes führt, nämlich bis zur vollkommenen Atrophie der Glomeruli und der llarn-canälchen.
Man sieht ganz deutlich, wie um die Glomeruli, die TTarn-canälchen und um die Gefässe herum das Bindegewebe immer reichlicher und reichlicher wird; man sieht dasselbe in concentrischen Schichten sich um die genannten Gebilde hernmlegen, bis von diesen gar nichts mehr oder nur noch eine Spur übrig bleibt.
Die Spuren der Harncanälchon sind kleine, blassgelbe, glänzende, homogene oder auch granulirte Körperchen, um welche herum die Bindegcwebsschichten sich concentrisch lagern. Von den Glomerulis bleibt ein unklares Schlingensystem übrig, um das ebenfalls Bindegewebe concentri b ange­ordnet ist.
Die atrophirten Glomeruli liegen nicht selten, oft 3 — 5 derselben sehr nahe bei einander, oft so nahe, dass sie sieh fast berühren. Ich erkläre mir diese Erscheinung in fol­gender Weise: Es schiebtet sich um einzelne Ilarncanälchen und Glomernli kein neues Bindegewebe; die 1 larncanälchen und die Glomeruli werden nun von weiter her, d. h. von dort, wo die inter-stitielle Wucherung sehr bedeutend ist, an einander gedrängt — die 1 larncanälchen werden ganz zusammengedrückt, die Glome­ruli bleiben dagegen als überhaupt widerstandsfähigere Gebilde längere Zeit kenntlich, und da zwischen ihnen alles l'arenchym bis anfein Minimumnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bis auf die collabirten I larncanälchen---
verschwunden ist, so müssen sie natürlich sehr nahe aneinander gedrängt werden.
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Kntzündiini,' (li'i- Nli'mi; Nephritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 27
Die Blutgefässe scheinen sieh besonders durch eine con-centrische Hypertrophie ihrer IVIedia zu verengern und mag dadurch die Anämie der diffus entzündeten Niere theihveisc er­klärt werden.
Schliesslich schwinden alle Spuren des Nieren-parcnehyms, man sieht nur noch ein grösstentheils in concontrischen Schichten angeordnetes, zellenärmeres Bindegewebe — ein sclcrotisches Bindegewebe — die Stelle des eigentlichen Niercnparenehyms einnehmen.
Obgleich in solchen Nieren oft der grösste Theil des Paren-chyms versebwunden ist, so folgt daraus doch keineswegs notli-wendig eine allgemeine Atrophie der Nieren; im (Jcgentheil, es kann unter Umständen die Niere sehr vergrössert worden, wenn die schiebtenweise Bindegewebs-Neubildttng um möglichst viele llarncaniileben, Glomeruli und Oefässe in sehr luxuriöser Weise geschieht.
Ich habe Ihnen schon gesagt, dass man diese Veränderungen nicht selten an einer Niere studiren kann, da sich alle diese Stadien in ein und derselben Niere finden können; wir haben bei der Brigbt'scben Nierenkrankheit es also auch mit keinem Entzündungsprocess zu thun, welcher die ganze Niere gleichzeitig befällt, sondern mit einem Vorgange, bei welchem die Niere partienweise ergriffen wird, und dadurch können wir es uns auch erklären, wamni diese in Rede stehende Krankheit ge­wöhnlich auch von längerer Dauer ist.
Dieser ganze degenerative Process in den Nieren, der häufig längere Zeit, vielleicht bis zu einem Jahre, andauern kann, ist reich an consecutiven Zuständen. Wir sehen die dadurch be­dingten Circulations- und Ernährungsstörungen wieder in den Vordergrund treten, es entwickelt sich eine hydrämisehe Grase, der Hautwasscrsucht (Anasarca),I5aucbwassersucht(Ascites), Brustwassersucht (Hvdrotborax), Oedeme, z. 13. Ilirnödem u. dgl. in., auf dem Fusse folgen.
Eine Hypertrophie des linken Ventrikels kommt auch bei Hausthieren, insbesondere Hunden, zur Beobachtung — ob aber dieses dann in Folge der Stauung des Blutes in der Aorta posterior geschieht, —wie Traube bei Menschen es zu erklären versnebt — das erscheint mir wenigstens bei grossen Hausthieren zweifelhaft.
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Entasündung dor Kieron; Xophritis.
I !!
Umgekehrt dürfte es aber auch vorkommen, dass die Herz­krankheit, die man in der Leiche von an diffuser Nephritis zu Grande gegangenen Tliieren findet, das primäre Leiden ist, dem nicht nur die parenehymatöse Nephritis, sondern auch eine gleich­zeitige Bronchitis chronica, ein Puliuonalödeni, Magen- und Darm catarrh, Hyperämie und Cirrhose der Leber, Milztumor und manche andere Krankheiten nachfolgen.
()!) bei bestimmten constitutionellen oder Infectionskrankheiten der Thiere auch ein Morbus Brightii sich ausbilden kann, darüber kann ich Ihnen keine Mittheilungen machen.
Eine amyloide Degeneration der Niere, wie solche bei Morbus Brightii des Menschen gar nicht, selten vorkommt, ist hei Tliieren his jetzt noch nicht nachgewiesen worden; wohl aber beobachtete ich eine kalkige Infarctbildung in Folge der parenehymatösen Nierenentzündung bei Hunden.
In der Hoffnung, dass Sie durch die bisherige, etwas ein­gehende Schilderung pathologisch - anatomischer Processe noch nicht ermüdet sind, möchte ich jetzt gleich noch zwei andere Krankheitsprocesso erwähnen, welche sich hier bequem anreihen lassen, und die jedenfalls besprochen werden dürften, bevor ich Ihnen das klinische Bild der Nierenenlzündnng unserer Thiere vortrage.
Ich meine hier
c)nbsp; die metastatische Nierenentzündung (Nephritis metastatica) und
d)nbsp; die Entzündung der Nierenkapsel (Perinephritis). Metastatische Processe linden .sich in den Thiernie-
ren keineswegs selten. Wenn Sie die Kapsel von der Niere abziehen, so lallen ihnen sofort die metastatischen Horde auf. Ks finden sich oft nur einzelne, häufig sogar nur ein Herd zuweilen sehen Sie die Metastasen in multipler Weise auftreten. Vereinzelte Herde sind gewöhnlich grosser, multiple Herde hirsekomgross, erbsengross oder auch so klein, dass sie kaum mit dem blossen Auge erkannt, werden. Auf der Oberfläche der Niere sieht man hier gelbliche Flecke, welche nach Angabe einiger Autoren öfters einen hvpcräinischen Hof hatten. Durchschneidet man ungefähr in der Mitte einer solchen gelben Stelle die Niere, so ergibt sieh nicht immer, aber doch in den meisten Fällen, dass die belle gelbliche Stelle sich gegen
Hi'
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Bntzlindung der Klaren ; Xcpiiritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 29
die Pupille hin zuspitzt, so dass die fragliche Stelle einem Keile ^leielit, dessen Basis von der Nierenoberfläche gebildet wird. Die meisten Keile liegen in der Riadensabstanz und reichen nur selten tiefer in die Pyramiden hinein.
In menschenärztlichen Pathologien sowohl, als auch in thier-ärztlichen Werken ' können Sie lesen, dass am Anfange die metastatischen Herde als dunkelrothe Flecken sich zeigen; es dürfte dieses aber nicht immer der Fall sein, wieauch Beckmann - glaubt. Dieser ist nämlich dor Meinung, dass bei den Nierenmetastasen sich nicht immer Hyperämie und Hämorrhagie entwickle, sondern dass gleich vom Anfange an der Keil anämisch sei und desshalb blass, gelblich weiss aussehe. Audi icli hin geneigt, dieser Angabe beizustimmen, und kann vielfachen Beobachtungen zufolge mittheilen, dass die anämischen Keile in den Nieren, und besonders in den Pferdenieren, wenn auch nicht ausschliesslich, so doch fast gewöhnlich sieh von dieser Beschaffenheit finden.
Aon den gelben Flecken wird gesagt, sie bildeten sich dadurch, dass in dem rothen Keile centrale Verfärbung, d. h. Abblassen und Gelbwerden der Masse eintrete, dass dieses Gelb-werden centrifugal weiter um sich greife, bis der ganze Keil gelb geworden sei.
Anfänglich sind diese Keile etwas derber, dieses dauert aber nicht lange, denn schon frühzeitig mindert sich ihre Consistenz und so immer mehr und mehr, bis sio eine breiige, puriforme Masse darsteilen.
Dem äusseren Aussehen nach sollte man glauben — und um so mehr, da sie um diese Zeit das keilförmige Aussehen einigermasson einbtlsscn dass hier miliare, oder auch grössere Abscesschen sich vorfänden, und mache ich besonders Unerfahrene darauf aufmerksam, diesen Zustand nicht mit miliaren Abscesschen einer intersütiellen Nephritis, wie es sehr leicht geschehen kann, zu verwechseln.
Das Mikroskop gewährt einigennassen Schutz gegen Tau schung. Untersucht man noch so ziemlich consistente metasta-tisehe Herde, so findet man (Taf. II. Fig. 6) Eiterkörperchen in dein
1 Brackmüller: pathologische Zootomie. S. Ö48,
Roll: sp. Path. u. Therapie. S. 353. - Virchow's Archiv. XX. 217.
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Batzünduug tt**r Nieren; Nephritis.
LnterstitieUen Bindegewebe; die Epitlielien tlur Harncanälch.eii sind geschwollen, trüb, sj)ättn- fettig zerfallen; in den Harn-canälchen selbst zuweilen Eiterkörperchen. I\lit Zunahme des Gewebszerfalls, der Eiterzellen-Infiltration in dem safitigen Zwischen­gewebe wird der Herd weicher; die Eiterzellen ebenso wie die Epitliclim und alles Bindegewebe, das innerbalb der Grenzen der Keile liej^t, zerfällt ungemein rasch und die ganze Masse stellt unter dem Mikroskop einen t'e ttig-ei weissigen Detritus dar.
Auch dieser Detritus kann zur Resorption kommen, die Nierensubstanz zieht sich an dieser Stelle zusammen, die Ober­fläche sinkt etwas ein und wird dadurch uneben (granulirt), oder es bildet sich fibröses Narbengewebe, oder der Herd verkalkt durch Imprägnation von Salzen.
Die nach Angabe Bruckmüller's und Roll's sich findende Hyperämie in der Peripherie der metastatischen Herde ist jeden­falls — wie in der menschlichen Niere — der Ausdruck einer demarkirenden Entzündung und Eiterung, welclie unter Um­standen eine Losstossnng des Keiles bewerkstelligen kann.
Das, was ich bisher schilderte, finden Sie in Handbüchern der pathologischen Anatomie auch unter dem Namen: „Niereninfarct (Nephritis embolica-arterialis)quot; beschrieben1, zum Unter­schied einer anderen metastatischen Nierenerkrankung-, welclie als eine Capillarembolie in der Niere aufgefasst wird.
Diese Capillarembolie in der Niere- dürfte auch bei Thieren vorkommen; icii fand diesen Zustand z. B. bei Kühen wiederholt über beide Nieren verbreitet, auch liei Pferden und anderen Thieren wurden metastatische Herde gefunden, welche in Folge einer Capillarembolie entstanden zu sein scheinen. :f .Man sieht die ganze Niere, insbesondere die Corticalsubstanz, mit mikroskopisch kleinen, bis hirsc- und hanfsamenkomgrossen, gelben Knötchen durchsetzt und theilweise durch die Membrana propria durchschimmern.
Auf der Schnittfläche derartiger Nieren sieht man nicht selten kleine bis hanfkorngrosse cvstenartice leere Räume
1 IClolis: Handbuch der pathologischen Anatomie. S. 650. - V i ic. Im w , dessen Archiv. .\. S. 179. Beckmann, ebendaselbst. MI. S. 'l!). 3 Wiener Vierteliahresschrift f. Vct. Medk-in. VIII. S. 150.
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Kiit/.inuluiii: der NiiTPn ; Nephritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;31
nelion solchen, die mit einer weisslich-grauen, käsigen oder eiterigen Materie gefüllt sind. Die leeren Etäume sind keine Cysten, sondern es sind Abscesshüiilcn, aus welchen durch die Schnittftlbrang das Messer den Inhalt herausgedrückt hat.
Unter dem Mikroskop erkennt man, dass diese gelben Knötelien aus einer Sunmie von Kiterzellen bestehen, welche sich besonders gerne in der Umgebung der Glomeruli anhäufen und die nicht selten eine kleine Arterie — öfters mit verdickter Wandung — in ihrer Mitte liegen haben. Diese kleinen Ab-scesschen drängen das Nierengewebe auseinander und indem sie sicii selbst den nötiiigen Platz Schäften, drücken sie besonders die Harncanälchen zusammen, was um so leichter geschehen kann, als die Epithelzellen der Harncanälchen gleichzeitig in der Nähe des Abscesses molecular zerfallen.
In der Mitte der Nierensubstanz sind die Abscesschen rund, fi'egen die Peripherie zu manchmal, aber nicht immer, keilförmig.
Bei einbolischen Abscesschen in der Nähe der Nierenober-lläche sieht man öfters besonders schön, dass durch den Druck der Eiterzellenhaufen das Lumen der Harncanälchen verringert und letztere breitgequetscht werden.
Von einer interstitiellen , purulenten Nephritis, glaube ich, kann man diesen Zustand — bei dem man die Emboii gewöhn­lich nicht findet — dadurch unterscheiden, dass aussei- den ein­zelnen embolischen Abscessen #9632;weder in dem Nierenparenchvm, noch in dein interstitiellen Bindegewebe sich Symptome einer bestehenden Entzündung; finden, gleichzeitig aber häuftii- primärenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i
Herde, z. B. acute Endocarditis mit Gerinnselbildung im linken Ventrikel und embolische Abscesse in anderen Organen — Leber, Milz. Hirn etc. — nachgewiesen werden können. So z. B. be­schreibt Leisering1 einen Fall von einem an chronischem
Lungenkatarrh leidenden Pferde, bei welchem nicht nur im
.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;...nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'*'
Leben mit dem hämorrhagisch-eiterigen Urin abgelöste Nieren­fetzen abgingen, sondern bei dein man nach dein Tode des Thieres die linke Niere mit einer puriformen Masse geftlllt fand, in der noch drei grössere, durch dissecireude Nephritis frei ge­wordene Nierenstücke lagen. Es ist dieses ein Zustand, der sich dann einstellen wird, sobald einzelne Abscesschen confluiren und
1 Sachs. Vet. BcricLt IST-'. S. 21 u. -IS.
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Kiii/.iiuiUui:r der Nieron; Nephritis.
iJi'1
ein Stück wohl erhaltene Niere sequestriren, so wie wir das auch in der Lunge und in der Leber bei ähnlicten Procossen wieder­finden können.
Endlich orwiihne ich hier noch, dasa die inetastatisclu'ii Keile, so wie auch die metastatisehen Aoscossc zu Jancheherden werden, wenn an den Embolis Fäulnisserreger —- putride Stoffe — haften. (Pyämie.)
Nachdem Sie nun im Bisherigen auch über dir; anatomischen Vorgänge bei Nephritis in etastatica hinreichend unterrichtet wur­den, kann ich jetzt noch zur Besprechung der Perinephritis, d. i. der Entzündung der Membrana albuginea s. Membrana propria renalis und der Entzündung der Nierenkapsel — der Fettkapsel iler Niere — übergehen.
Schon gelegentlich der Besprechung der entzündlichen Fro ccsse in der Niere selbst haben Sie erfahren, dass der Nieren­überzug und die Nierenkapsel sich an der Entzündung betheiligen, wenn der Krankheitsprocess der Nierenoberflächc zustrebt. Sie haben gehört, dass dann die Membrana propria der Niere, d. i. die Albuginea, mit dem Nierenparenchyui fester zusammenhält, dass der Ueberzug hyperämisch und sucoulenter wird, dass sieb seine' Oberfläche durch Exsudation trübt und dass die Albuginea selbst perforirt werden kann.
Von der Albuginea setzt sich die Entzündung auf die Nierenkapsel fort, und von da aus entwickelt sich schliess-lich eine Entzündung des nächsten Bindegewebes, d- i. ein Zustand, den man auch Paranephritis nennen hört. Die A a sgiinge der Perinephritis sind meistens entzündliche Neu­bildung1 oder Eiterung, .'ielleicht öfters auch Gangrän, welch letzteres wenigstens daraus zu schliessen sein dürfte, dass Thier-ärzte nicht selten in Sectionsberichten von einer Umwandlung des Gewebes in eine matsche, breiige, rothschwarze oder bräun­liche, selbst schwarzgrünliche Masse sprechen, im ersteren Fall begegnen wir schwartigen Verdickungen und Verwach­sungen der Albuginea und der Nierenkapsel einerseits und der Albuginea und der Nierensubstanz anderseits. Bei sieh bildenden Abscessen kann es endlich noch, wie ja
1 [n der Sammlung der nertiner Tliiorarzneischxili linder sieh die Niere eines Zebu mit einer Ku ochunkapsel umhüllt. I *.is Mierengewebe ist ganz gesund. Magazin v. (i. 11. II. XI.., S. 406.
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Bntztindang der Nieron; Nephritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3H
bereits (Nephritis .simplex) erwähnt wurde, zu Perforationen und
anderweitigen unangenelmien Folgezuständen kommen.
Wie nun dieses fragliche Leiden sieh als Consecutiv-Loidcn von einer Nephritis aus entwickeln kann, so finden wir es von anderwärts her per continuitatem und per con-tinguitatem von der Leber, den Wirhein und dem retroperito-noalon Bindegewebe aus zu Stande gekommen und endlieh auch selbsständig entstanden.
Aetiologie. Ich hätte Ihnen nun — Sie sagen vielleicht: „endlichquot; — die wichtigsten Punkte der pathologischen Zootomie dor Nephritis vorgetragen und nun liegt Ihnen die Frage nahe, wodurch die verschiedenen Formen der Nephritis er­zeugt werden? — Wenn ich diese Frage beantworte, so betreten wir damit das Gebiet der Aetiologie der Nierenentzündungen, ein hochwichtiges Capitel, das bei gehöriger Ausnutzung Ihnen später für die Diagnose; und die Therapie der in Frage stehenden Krankheit gute Dienste leisten wird.
Sie haben verschiedene Formen der Nierentzündung kennen gelernt:
a)nbsp; die einfache Nierenentzündung,
b)nbsp; nbsp;die diffusse;
c)nbsp; nbsp;die metastatische Nephritis und
d)nbsp; nbsp;die Entzündung der Nierenkapsel. —
Diesen hätte ich hier gleich noch mehr Krankheiten, z. 1raquo;. die l'vclitis anreihen können, ich habe aber dieses zum Theil gerade der ätiologischen Momente wegen nicht gethan.
Die genannten verschiedenen Entzündungsformen hahen allerdings mehrfach gemeinschaftliche Ursachen, il. h. Ursachen, die je nach der Disposition bald eine einfache, bald eine diffuse Nephritis etc. hervorrufen können; aber Sie werden erfahren, dass die Pyelitis in weitaus den ineisten Fällen zu Frkrankungen anderer Organe des uropoetischen Systems in viel näherer Beziehung steht, als zur Nierenentzündung. Aetiologie, Symptomatologie und Therapie der Pyelitis machen es nothwendig, letztere eigens zur Sprache zu bringen.
Wenn nun gleichwohl die verschiedenen Formen der Nephritis auf dorn Sectionstische zum Oefteren zur Beobachtung kommen, so haben Sie aber doch viel seltener Gelegenheit, eine Nieren­entzündung während des Lebens des Thicres zu beobachten, und
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EntKflutlang ilcr Nieren; Nephritis.
1 1
aoch weniger Veranlassung, dan Ursachen des fraglichen Leidens nachzugehen.
Es darf Sie desshalb auch nicht Wunder nehmen, wenn ich Ihnen über die Ursachen der Nierenentzündung verhältnissmässig nur wenig berichten kann, und wenn es mir nicht leicht möi;-lieh ist, die Ursachen der interstitiellen, der dif­fusen und der Perinephritis strenge von einander gesondert zu halten.
In weitaus den meisten Fällen, und zwar hei allen unseren Uausthieren kommt die interstitielle und die Perinephritis zur Beobachtung.
Am häufigsten werden als Ursachen beschuldigt: traumati­sche Einwirkungen, z. B. Schläge und Stösse auf die Nieren­gegend, Contusionen, plötzliches Pariren der Pferde im schnellen Laufe, starke Anstrengungen im Zugdienste und Verwundungen der verschiedensten Art.
Nächst diesen Einwirkungen dürfte die Schuld zur Nieren­entzündung in vielen Fällen dem Gemisse ätherisch-öliger und scharfer Pflanzen zuzumessen sein. So sieht man sehr häufig die Nierentzündung entstehen, wenn die Thiere in reich­licher Menge solches Gras oder Heu verzehrten, unter dem sieh Schilf oder Binsen in grösserer .Masse befanden. Das Gleiche ist der Fall nach dem Genuss von Ginster, Ranunkeln, den Sprossen der Nadelhölzer, des Wachholderstrauches, den Knospen der Erlen, Birken, Buchen, Eichen, Eschen etc. etc. Desshalb ist aber auch der Begang der Waldweiden und das Treiben durch Niederholz für die Thiere so überaus schildlieh, dass man früher eine Krankheit, bei welcher auch eine Nieren­entzündung nicht selten unterlief, kurzweg die Waldkrankheit nannte.
Auch der Genuss schimmeligen Futters und der des Moor- und Untergrundwassers (Drainagewasserl wird
beschuldigt
ganische Bestandtheile faulen
assers, in dem viele or-
z. Pgt;. Pfützenwasser, Wasser
aus Flachsrösten. Gerade wie ätherisch-ölige und harzige Stoffe enthaltende Pflanzen, so wirken auch scharfe Diuretica, namentlich wenn sie in grösserer Quantität oder anhaltend fort­gebraucht werden. Wir haben ja schon gesagt, dass diese Diuretica acria eine Hyperämie der Nieren zur Folge haben —
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Entzflndung 'llt;'r Kicrcn; Nophriils.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;85
von der Hyperämie ist und bleibt aber immer nur ein kleiner
Scliritt las zu jenen Veränderungen, dir. man Entzündung nennt. Besonders dürfen liier als häufige Veranlasser der fraglichen Krank­heit von den Thierarzneien die Digitalis und die Canthariden genannt werden. Die Cantharidensalbe, die so ausgedehnt in Gebrauch gezogen wird, muss stets mit Vorsieht angewendet werden; denn abgesehen davon, dass die Thiere sieh lecken konnten oder an der Stelle, auf welcher sie allzu intensiv ein­wirkte, keine Ilaare mehr waehsen, können Sie sehr leieht beobachten, dass nach andauerndem, äusserem Gebrauche dieser Salbe sich eine Nierenaffection einstellt, die bei imklugem Fortgebrauch des Unguentum Cantharidum zur schwe­ren Nephritis werden kann.
Von dem Bezirks-Thierarzte Neubert' wird angegeben, dass eine fast seuchenartige Nephritis nach der Verfiltterung von Weisskraut, das mit Baupen und Blattläusen verunreinigt, ge­froren und faul war, hervorgerufen wurde.
Nierensteine bilden sich sowohl im Nierenparenchvm als auch im Nierenbecken -- ich werde Ihnen über diese anorgani­schen Bildungen später weitere Mittheilungen machen, hier muss ich derselben nur als öftere Ursache der Nierenentzündung er-wilhnen, welch letztere gewöhnlich in Folge grob mechanischer Reizung der Nieren durch die Steine oder Concremente hervor­gerufen wird.
Wie durch Steine, so kann auch durch Schmarotzer eine Nephritis veranlasst werden; ich sah in Folge von Cysticercus tenuicollis eine Perforation des Nierenbeckens und der Niere un 1 dabei Nephritis und Perinephritis entstehen.
Dass Neubildungen, wie z. B. Tuberkeln bei der Rotz­krankheit und der Perlsucht als Ursache fraglicher Krankheit wirken, das werde ich Ihnen gelegentlich näher auseinander­setzen. Ferner findet man Nephritis nach Paraplegic der Nach­hand entstehen. Ich habe Sie auch schon auf die Paraplegic bei der Niorenhvperämie aufmerksam gemacht und dort erklärt, dass, obgleich der physiologische Zusammenhang zwischen einer Lähmung der Lenden und Kreuzpartie der Medulla spinalis und der Nephritis, sowie der Nierenhyperämie noch nicht ganz klar
1 .Siidi.s. Vct. Bericht 1861, 8. 111.
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Bntzuudaug rtet Nieren; NepUritis.
gelegt ist, über das Pactum doch keine Einsprache erhoben wer­den kann.
Intensive und plötzliche Erkältung und Durchnässnng des echauffirten Körpers, Aussetzen desselben den Einwirkungen des Regens, des Sturines und kalter Zugluft wird fast überall, sicherlich nicht mit Unrecht, auch als Ursache der in Frage stebeiulen Krankheit gemannt, hauptsächlich dann, wenn die Nieren ein Locus minoris resisteutiac sind, d. h. dieselben eine geringere Widerstandskraft, eine bestimmte Schwäche, eine Prädispositiou zur Erkrankung besitzen oder ganz besonders von dein nach­theiligen Einflüsse getroffen werden.
Es ist ja bekannt, dass durch Einwirkung intensiver Kälte auf den Körper Entzündungen der verschiedensten Körpertheilo entstehen können. Gewöhnlich dachte man sich, dass durch Zurückdrängen des Blutes in das Innere des Körpers die Hyperämie und die Entzündung der Organe veranlasst würden. Dass diese Theorie für Erkältungs-Krankheiten nicht zutreffend ist, geht schon aus dem Umstände hervor, dass die äusserc Haut, welche thatsächlich in Folge der Kälte oligämisch wird, sich doch auch entzündet — was nicht der Fall sein dürfte, wenn obige Theorie über die Wirkung der Kälte richtig wäre.
Bekanntlich kann ein erhitzter Körper sich beson­ders leicht und intensiv erkälten. Während des Echauffe-inents tritt eine Fluxion des Blutes nach der Peripherie des Kör­pers ein, die Gefässc erweitern sich und nehmen grosse Mengen von Blut auf. Wirkt nun auf einen so hochgradig erhitzten Kör­per die Kälte ein, so wird nicht sogleich, sondern erst alluiälig — wenn auch verhältnissmässig immer noch schnell — eine Contraction der Blutgofäss - Lumina zum grossen Theile durch die Wirkung der Erectores pili erfolgten und wird währenddem auch das in der Körperoberfläche kreisende Blut durch Wärme­entziehung selbst auf eine niedere Temperatur gebracht. Dieses abgekühlte Blut gelangt alsbald in die inneren, immer gut durch­wärmten Organe, z. B. in die Nieren, und kühlt diese— und bei vorausgegangenem Echauffement viel plötzlicher —ab, als dieses bei blosser Kin Wirkung der Kälte ohne vorhergegangene Erhitzung der Fall gewesen wäre. Die plötzliche Abkühlung eines Organs gilt aber allen Erfahrungen zufolge als Krankheitsursache, und wir werden umso eher dort Organentzttndungen begegnen, wo
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Ent/.ümlunp: der Nieren; Nephritis.
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ein Organ vorher schon widerstandsunfiihiger, ein Locus minoris resistontiae ist, und ausserdem — wie in diesen Füllen immer — wir durch eine gleichzeitige collaterale Hyperämie, die der Con­traction der Hautgefässe folgt, noch einen weiteren Insult der inneren Körperorgane coustatiren können.
In der allgemeinen Decke wird die durch die einwirkende Killte bedingte Wärme-Entziehung (die Abkählung) jedenfalls sehr bedeutend sein und kann dadurch die Haut wohl noch leichter und intensiver erkranken als tiefer liegende Organe, die nie von einem Blute durchströmt werden, das so viel Wärme verloren hat, als das die Haut durchfliessende Blut; denn bis letzteres von der Haut zu den tieferen Geweben und Organen kommt, bat es sich immerhin schon wieder einiger masse n erwärmt '.
Die Nierenentzündung complicirt sicli häufig mit sogenann­ten rheumatischen Affectionen und es ist, fraglich, ob sie gleichzeitig mit Entzündungen der serösen und sehnenfaserigen Häute durch Erkältung bedingt wird, oder ob die sogenannten rheumatischen Affectionen: Pleuritis, Endocarditis, Arthritis acuta, primär entstellen und die Nephritis seeundär folgt. Meinen Er­fahrungen zufolge können zwar beiderlei Möglichkeiten eintreten, häutiger aber sehen wir in dieser Complication die Nephritis je­doch seeundär auftreten.
Bei der sogenannten Influenza der Pferde, einer Krank­heit, über die ich mich später auslassen werde, bemerken wir nicht selten als Consecutivleiden Artritis und Abgang eines diek-syrupartigen Urins, ein Umstand, der immer auf eine entzündliche Affection der Nieren (Morbus Brightii chronicus — Catarr-hus renalis) hinweist.
Von den anderen ätiologischen Momenten, die hier in Be­tracht gezogen worden dürften, nenne ich ihnen auch die Krank­heiten in der Umgebung der Nieron und insbesondere die­jenigen in anderweitigen Abschnitten des urop oetischen Systems.
Wir dürfen hierher zählen: den behinderten Ilarnabfluss, wie solcher durch Steine und Gries, durch Stenose der Urethra, durch Prostata-Hypertrophie, die so häufig bei Hunden ist, u. dgl. m.
1 Bosonthal: lieber Erkälttmg. Berliner kliuisclie Wochensclirift. 1872.
Nr. 38.
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Butzdndnng der Nieren; Nephritis.
hervorgerufen wird. Dann begegnet man einer sccmidärcn Nephritis in Folge einer Pyelitis, Perinephritis und einer Para-nephritis, ja von einer Cystitis aus und finden wir in der men-schenärztlichen Literatur die Mittheilung wiederholt, dass eine schwere purulente Nephritis nach einer (ungeschicktenVj Catheterisation per urethram sich ausbildete.
Die metastatische Nierenentzündung findet sich bei pyämi-schen Zuständen: ich begegnete ihr bei Endometritis septica in Folge nicht abgegangener Secundinae bei Kühen, dann kann sie sich bei Endocarditis entwickeln, sobald die Auskleidung des linken Ventricels rauh wird, sich hier Faserstoff anlegt, der später zerlallt und mit dem Blute Emboli in alle Körpertheile schickt. Nieren-Metastasen und embolische Nierenentzündung finden sich ferner bei Thrombosis in der Aorta posterior, die bei Pferden zuweilen auftritt, welche an Wunnaneurysmen der Gekrös-Arteriun leiden; natürlich muss sich hier erst von den Aneurysinen aus ein fortgesetzt wandständiger Thrombus in die Bauchaorta hineinbilden, ehe Abbröcklungen von demselben in die Nieren-Arterien gelangen können. Auch Wunnaneurysmen in den Nierenarterien sind zuweilen die Ursache der embolischen Nephritis. '
Bei ausgebreiteten Eiterungen, z. B. bei Widerrüst­fisteln, Hufeiterungen u. dgl., bei Pyämie, z. K. in Folge der Klauenseuche findet man nicht selten die Nieren mit zahl­reichen Eiterherden durchsetzt, oder die Niere selbst zu einem grossen Abscesso umgebildet; letzteres ist der Total-effect zahlreicher metastatischer Herde, welche confluirten.
Dieses werden Sie von gar manchen Thierärzten bestätigen hören, vielleicht mit dem Beiftigen, dass alle Organe im Körper vereitert waren und selbst Eiter und Blut mit dem Urin ab­ging. Wie Hie alsbald erfahren werden, ist das keine Ueber-treibung des praktischen Arztes und Sie werden den Zusammen­hang dieser Erscheinungen erfahren, wenn Sie' nicht schon selbst sich die Sache jetzt erklären können.
Ueber die Ursachen der Perinephritis dürfte wonig zu sagen nöthig sein. Meistens ist das Leiden seeundär, es ist ent-
1 Vergl. vv. h. „Krfinhhßitcn flt-r Niereiigcfasse** 11. Lustig: ..laquo;lie cmbol. Nephritis der Pferde u. das Wnrnianenrysma.quot; Deutsch, /ritsch. Iquot;. Thicrmed. u. vergl. Pathol. I., S. 1laquo;0.
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Entzündung diT Xifron; Nephritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;39
weder zuerst die Niere oder das Peritonaeum erkrankt: naeli Spiuöla soll die primäi'e Krankheit auch eine Metritis sein können. Eine Entzündung der Wirb el knoc lien oder der l'soasmuskeln, eine Samenstrang-Entzündung oder Samenstrangfistel ist auch zuweilen der Ausgangspunkt des Leidens.
Primär mag die Perincphritis auch entstehen durch Er­kältung, dann in Folge traumatischer Einwirkungen. •/.. 15. durch Stich, Stoss, Schuss, Fall u. dgl.
Es erübrigt uns nun noch einige Bemerkungen tlber die parenchymatöse ^Nephritis, der sogenannten diffusen Nieren­entzündung, zu machen, die dem anatomischen Befände zufolge von Thierärzten auch Bright'sche Krankheit genannt wird. Ich habe schon angedeutet, dass man üher dieses Leiden in der Thierheilkunde noch nicht im Keinen ist.
Die Krankheit kommt hei unseren Hausthieren vor, es unterliegt dies keinem Zweifel, aber über die Aetiologie und Symptomatologie diesen- Krankheit wissen wir noch sehr wenig und doch ist, es nöthig , dass wir uns mit einem Leiden, das keineswegs selten ist, näher vertraut machen, und dieses können wir zunächst nur durch comparative Studien ermöglichen.
Die Bright'sche Krankheit entsteht beim Menschen nach Erkältungen und kalten Durchnässungen, namentlich des schwitzenden Körpers allerdings nur selten; auch trauma­tische Einwirkungen und scharfe Diuretica führen nur aus­nahmsweise zu der in Rede stehenden Krankheit; dagegen werden als häufige Ursachen des Leidens genannt: chronische Herz­krankheiten, Circulationsstörungen in der hinteren Hohl­vene, langwierige Eiterungen, Caries, Necrosis, Skro-fulosis, Tuberculosis, Rachitis, Gicht, schlechte Ernäh­rung und ungesunde Wohnungen, ferner der gewohn-heitsmässige reichliche Genuss spirituöser Getränke, dann manche acuten Exantheme, als Pocken und Scharlach, und endlich die Cholera, Phosphorvergiftung n. a. m.
Als Ursache jener Pferdekrankheit, welche süd­deutsche Veterinäre die schwarzen Harn wi ndc nennen , die Hofer als acute Bright'sche Krankheit bezeichnet und die wir vielleicht mit Achatz am besten „Nephritis hämorrhagicaquot; nennen, gelten Erkältungen, dann der Aufenthalt der Pferde in
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Bntzfindang dör Kierea; Nojihritis
moorigen Gegenden, dor Genuss saueren, moosigen Futters und kalten, harten Untergrundwassers.
Die diffuse Nierenentzündung hat Roll bei solchen Pferden beobachtet, die, anscheinend gesund, wegen Knochen-brttchen und Ilufkrankh eitcn getödtet wurden; Luugcn-und Brustfellentzündungen, Endocarditis und Peritoni­tis sullen häufig gleichzeitig mit Nierenentzündung vor­kommen.
Bei Hunden kommt diese fragliche Krankheit ans mir un­bekannten Gründen — vielleicht durch intensive und plötz­liche Erkältung beim Apportiren aus dem Wasser — öfter vor und ebenso wird sie beim Rindvieh beobachtet. Hier denke ich immer und immer wieder an die ziemlich verbreitete Sehlcin pofiitte rung dieser Thiere und — wenn man den Zu­stand mancher Brennereien auf dem Lande kennt, bei welchen in der Schlempe oft noch ein ziemlicher Procents atz von Alco­hol enthalten ist — an eine chronische Alkoholvergiftung, die ja auch beim Menschen den Morbus Brightii erzeugt.
Symptome. Wenden wir uns nun zu den Erscheinungen, welche wir bei den llaus-Saugethiereu, die an Nierenentzün­dung leiden, wahrend des Lebens beobachten , so muss ich gleich im Voraus Ihnen sagen, dass die Nierenentzündungen eine grosse Reihe verschiedener Symptome zur Folge haben, dass aber unter allen diesen objoctiv wahrnehmbaren Erscheinun­gen kaum einzelne sind, die wir als diagnostische Merk­male auffassen können. Der Com})lex aller Symptome und der Verlauf der Krankheit machen es allein möglich, dass wir unter Umständen die Nephritis während des Lebens erkennen.
Die acute Nephritis ist immer mit Fieber verbunden; dasselbe ist anfänglich nicht immer hochgradig, erst im Verlaufe steigert sich dasselbe und ist aus dem beschleunigten, gegen das Ende der Krankheit kaum fühlbaren Puls, der erhöhten inneren Körpertemperatur, der zeitweise wechselnden Temperatur der extremitalen Theile, dem verminderten Appetite, der Sauflust und der belegten Zunge des Thieres zu erkennen.
Als erste wesentliche Erscheinung fällt an Patienten das er­schwerte Biegen der Lenden beim Umwenden auf und der krattlichc, steife (Jang mit der Nachhand. Während der Bo-
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Entztiixdung der Nieron; Ncpliritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;41
wegong siolit man nicht selten das II intertheil hin- und her­wanken, zuweilen ist eine Fortbewegung der Thiore kaum mög­lich und manchmal bemerkt man das Nachziehen einer hin­teren Extremität.
Im Zustande der Ruhe stehen die grösseren Hausthiere mit zurückgestellten oder gespreizten Ilintcrfüssen oder auf-gekrümmten Lenden. Das Niederlegen geschieht ungern und meist beschwerlich. Bei männlichen Thieren sind zuweilen die Hoden schmerzhaft und in die Höhe gezogen. Drückt man auf die Nierengogend, so verrathen die Thiere durch Ausweichen, Einbiegen der Lenden und durch andere Er­scheinungen Schmerz.
Selten besteht Ischurie, d. h. Harnverhaltung, doch kommt dieselbe aueb zuweilen vor. Thierarzt Funk ' in Rodach (Sachsen-Coburg) erzählt von einer Kuh , welche fünf Tage lang keinen Urin gelassen habe ; später entleerte dasselbe Thier einen dunkelgelben Urin in einem strohhalmdicken Strahle; auch Kreis-thierarzt .lost- beobachtete ein an Nephritis leidendes Pferd, das mehrere Tage lang täglich nur 1—2 Tassenköpfe voll Harn ent­leerte. Enuresis (Harntröpfeln) ist gleichfalls hie und da als eine Erscheinung der Nephritis beobachtet worden.
Die Thiere uriniren in den meisten Fällen häufiger, aber mit Anstrengung (I)vsnrie) und dabei geben nur kleine Mengen Urin ab.
Der Urin ist anfänglich dünnflüssig, später wird er dicker und enthält Albumin, noch später wird er oft syrup-artig — nicht selten ist er schon vom Anfange an blutig und tiefrothbraun oder bierbraun gefärbt.
in manchen Fällen beobachtet man in dem Urin eine eiter­artige Materie, die als Eiter aber nur dann angesprochen wer­den kann, wenn sich die Elemente desselben unter dem Mikro­skop nachweisen lassen und es nicht vielleicht Krvstalle, v.. B. von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia oder die im Zustande der Desquamation betindlichen Epithelien des Nierenbeckens etc. sind.
' Sachs. Vet. Berieht. 1869. 8. -25.
- Tb. MUtlioiliingon a Preussen. isä?, s. laquo;m.
Pflug. Cranklieiten des uropolHisclHiii Systems.
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Eatzftmhmg ilür Nieron ; Nephritis.
Der Abgang von Eiter mit dein Urin deutet, wie Sie später hören werden, allerdings nicht immer auf Nephritis; wenn Sie aher gonöthigt sind, eine Nierenentzündung zu diagnosticiren und es stellt sich Eiterharnen — Pyurie — ein, so dürfen Sie mit Recht an eine purulente oder metastatische Ne­phritis denken. Bei purulenter Nephritis bemerkt man zwar nicht in allen Eällen eine Pyurie, aber zuweilen findet man im Urin auch Blut neben Abgang von Eiter; dadurch erhalt der Urin nicht selten ein dickes, klüinperiges, lehmfarbiges Aussehen.
Bei ausgebreiteter Verjauchung der Nieren, wie sie hie und da in Folge von Pvilmie vorkommt, hat der Urin einen ühlen, stinkenden Geruch und gehen sogar seque-strirte Fetzen der Nierensubstanz mit demselhon ab. Weitere Erscheinungen, die während des Bestehens der Krankheit sich öfters zeigen, sind das zuweilen auftretende wehenartige Drängen der Thiere und die sich wiederholenden Colikanfälle. 1 )ie Thiere scharren mit den Vorderfüssen, suchen sich zu legen, stehen aber, einmal auf der Streu liegend, nicht gerne wieder auf. Die peristaltische Bewegung ist zwar hörbar, aber es be­steht doch gewöhnlich eine leichte Obstruction , meistens schon vom Anfange der Krankheit an. Durch diese Colikanfälle werden Sie vielleicht, wenn Sie es nicht schon früher gethan haben, veranlasst, eine Exploration per amun vorzunehmen. Sie finden die Harnblase leer und beim Betasten der Nieren, was besonders bei der linken, weiter nach hinten gelagerten Niere leichter zu ermöglichen ist, erscheinen dieselben ge­schwollen und äusserst schmerzhaft.
In den meisten Fallen verläuft eine schwere Entzündung innerhalb i—3 Tagen tödtlieb, selten währt die Krankheit bei ungünstigem Ausgange länger. Bei länger dauernder Krank­heit ist die Nephritis weniger intensiv und öfters kehrt dann, wenn auch langsam, die Genesung noch zurück.
Wenn die Thiere zu Grunde gehen, so sind die Schmerzen und desshalb die Colikanfälle heftiger, die Thiere können mit dem Hintertheil sich nicht mehr stehend erhalten, sie sinken hinten zusammen und bleiben dann, wie in der Nachhand gelähmt, auf dem Boden liefen.
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Batzftndtmjg der Nieren; Xopln-itis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;43
Bei dem selten vorkommenden Durch!)rncli der Nieren-ahscesse in den Dann kann man eiterige Darmdejectionen wahrnehmen.
Die anfänglich so nnniliigon Patienten werden endlich ruhiger, es treten Schweisse auf, der Puls wird klein, häufig, schwer fühlbar (Gangrän der Nieren). — Collapsus tritt ein und unter dem Ausbruch kalter Schweisse gehen die Thiere an Orämie oder an Erschöpfung zu Grunde.
Im Fall der Wiedergenesung mindert sich das Fieber, die Wärme im Rectum fallt um mehrere Zehntel und schüesslich um einen bis anderthalb Grad, die Thiere werden ruhiger, die Dysurie lässt nach, der blutige Urin hellt sich auf, er wird in grösseren Portionen entleert. Ich empfehle Ihnen, na­mentlich bei blutigem Urin, denselben des Tages mehrmals durch Catheterisatiou hei weiblichen oder durch Unterbinden eines Gefässes unter den Bauch bei männlichen Thieren, wenn man nicht catheterisiren will, darf oder kann, aufzufangen und in reinen Arzneigläsern aufbewahren zu lassen. Sie haben dadurch immer Gelegenheit, die Farbe des Harnes controliren und dadurch Ihre. Prognosis moditiciren zu können.
Endlich wird die Beweglichkeit in der Lende freier, die Thiere werden munterer u. s. f., bis alle Erscheinungen nach und nach verschwinden und die Convalescenz vollständig geworden ist.
Aussei- den beiden genannten Ausgängen — Tod oder Ge
nesung — gibt es aber noch eine dritte Möglichkeit des
Ausganges der fraglichen Entzündung; es verschwinden nämlich
die acuten Erscheinungen und der Zustand wird chronisch.
Die Nierengegend bleibt etwas schmerzhaft und die Beweglichkeit
in der Lende ist erschwert: Störungen in der Ilarnbcreitnng
treten ein, es entwickelt sich Cachexie, Urämie, oder allgemeiner
Hydrops — alles Zustände, denen die Thiere nach längere Zeit
andauerndem, niedergradigem Fieber doch schliesslich erliegen.
In Füllen, in welchen die Nephritis vom Anfange an
chronisch auftritt — wobei dann gewöhnlich das Fieber fehlt
und auch die Schmerzhaftigkeit des Leidens unbedeutend ist,
ja vielleicht gar nicht besteht — ist die Diagnosis bei
Thieren bis jetzt nicht wohl möglich, es müssten denn
Erscheinungen zufällig bemerkbar werden, welche der Arzt als
richtigen Fingerzeig benutzen kann.
4 *
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Entzüaduag '1er Nieren: Kepbrltis.
Bei der Perinephritis werden die Symptome der Ne­phritis durch solche Erscheinungen getrttbt, die auf eine Peritonitis schliessen lassen: nainciitlich ist die Dysurie geringer, dagegen das Abdomen mehr aufgetrieben und die Colikanfälle sind besonders iieftig. Es ist ja auch mitunter der Fall, dass eine Perinephritis auf das Peritonaeum übergreift und sogar eine tödtlichc Entzündung dieser Membran hervorruft.
Bei der metastatischen Nephritis kennt man häutig schon den primären Herd. Es besteht seit längerer Zeit eine profuse Eiterung, wie #9632;/.. B. bei Widerrüstschäden, Huffisteln, oder man weiss, dass die Nachgeburt einer Kuh nicht abgegangen ist; man ist bereits von dem Bestände einer eiterigen oder käsigen Pneu-monie mit Cavemenbildung überzeugt, hat schon cine Endocar­ditis u. dgl. in. constatirt: da auf einmal treten die Er­scheinungen einer Nierenaffection ein, und was wird das nun weiter anders sein, als eine Entzündung, bedingt durch Emboli und dergleichen Dinge, die vom primären Herd aus in verschiedene Organe, darunter zufällig in grösserer Menge in die Nieren hineingesebwemmt wurden.
Bietet die Diagnosis der einfachen und metastatischen Ne­phritis und der Perinephritis dem Aiv.te schon manche Schwierig­keit, ja in gar nicht seltenen Fidlen unübersteigliche Hinder­nisse, so darf er tiberzeugt sein, dass die Diagnosis der noch su wenig erforschten diffusen Nierenentzündung ihm un­gleich schwerer gelingen wird, namentlich wenn er nicht im Stande ist, die Faserstoffgerinnsel im Harne der Patienten unter dem Mikroskope nachzuweisen.
Ihnen ein klares Krankheitsbild der diffusen Nephritis vorzuführen, ist nicht leicht — doch ich will es versuchen, und zwar zuerst mit derjenigen Krankheit, die ich Ihnen Nephritis häm orrhagi ca zu nennen empfohlen habe;.
Anfänglich ist das Allgemeinbefinden des Kranken ziemlich ungetrübt, die Thiere fressen noch und saufen in normaler Weise, sie erscheinen nur etwas matt, müssen zur Arbeit mehr als sonst angetrieben werden, schwitzen leicht und haben gerothete Schleimhäute. Zuweilen kommt es vor, dass die Thiere nicht gut fressen, sie legen sich nieder und stehen bald wieder auf. Das Aufstehen geschieht mit einiger Anstrengung.
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Erttzflndung tier Niereu; Nephritis.
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Keim Liegen hört man die Thiere öfters stöhnen; die Getränk-antiiiilinie wird venaehrt. Die Schleimhaut im Maul ist warm und trocken, der Puls ist schwach und beschleunigt - -50 liis 60 Mal in der Minute zu fühlen; die Respiration noch normal. Das llintertheil ist, steif, der Gang krattlich.
Kotii selten, trocken, mit einem braungrünen üeberzug ver­seilen; der Urin ist gleichfalls selten, es besteht um diese Zeit eine lletentio urinae — die Harnblase ist jedoch strotzend mit Urin gefüllt.
Das auffallendste, für den erfahrenen Thierhesitzer wich­tigste Symptom ist der kaffeebraune, tief bierbraune Urin, auf dessen Oberfläche sieb nach einigem Stehen ein bläulich schillerndes Häuteben bildet; in dem sich reichlich Hippursäure-Krystalle linden. Versetzt man den Urin mit etwas Salpetersäure und kocht ihn, so gerinnt er fast sämmtlieh zu einem lockeren Kiwcisscoagulum. Die dunkle Färbung des Urins rührt vom Blut her; man kann unter dem Mikroskop ein­zelne rothe Blutkörperchen nachweisen, meistentheils freilich sind dieselben im Harne zerstört.
Einmal habe ich in dem Urine eines kranken Pferdes, das dem 11. baierischen Artillerie-Kegimento in Würzburg an­gehörte, Bacteridien, ganz gleich denen im Milzbrandblut, nachgewiesen.
Gerade dieser Befand hat mich auf die Meinung gebracht, dass in manchen Fällen das, was man als Nephritis hämor-rhagica beschreibt, keine Nierenentzündung, sondern eine Er­scheinung des Anthrax ist, an den wir unwillkürlich denken müssen, wenn wir beachten, was Thierarzt Kolb aus Ziemets-hauson in Baiern uns über diese Krankheit erzählte. — Er sagt, dieses Leiden sei in seiner Gegend besonders auf moorigem Boden so häutig, dass er oft alte Männer habe äussem hören: „Meinem Vater sind in diesem oder jenem Jahre so und so viele Pferde an der Harnwinde gefallen, wir sind dadurch ganz ruinirt wordenquot; — und ferner schildert er uns die Oedeme auf der Croupe, die anfänglich schwappend sind, dann grosser und härter werden und sich über die #9632;Hinterfösse, die Schultern und selbst bis zum Kopfe ausdehnen! —
Doch, meine Herren, ich will Sie nicht verwirren, indem ich diese Form der Nephritis mit dem Milzbrande in Verbindung
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BntxQndung der Nierelaquo;: Sfephritis
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bringe — ich habe Sie hiermit nur auf einen Umstand aufmerksam machen wollen, den ich gerade wegen der gefundenen Bacteiidien im blutigen Harne nicht ganz unberücksichtigt lassen durfte. In concrete braucht die Ursache ja gar nichts Milzbrandiges zu sein, der Grenuss der scharfen Gräser, Binsen, Schilfe u. dgl. ist hinreichend, um eine enzootische blutige Nephritis zu erklären — doch mahne ich zur Vorsicht, damit Sie keine Nephritis mit dem Milzbrand-Blutharnen verwechseln!
Im Anfange der Erkrankung sind die sichtlichen Schleim­häute hvperämisch , bald aber werden sie livid und bekommen bei fortschreitender Oligämio später einen Stich ins Gelbe, sind auch wohl mit einzelnen Petechien bedeckt.
Die Ihnen vorhin erwähnte Steif'igkeit der Kranken in der Nachhand macht sich im Verlaufe schon frühzeitig auch an den vorderen Extremitäten geltend; daneben treten profuse Schweisse auf, entweder über den ganzen Körper verbreitet oder nur partiell. Ich erinnere mich noch recht deutlich eines Fuchspferdes, das ich 1861 in dem damals churhessischen Doric Dittershausen behandelte; dieses Pferd schwitzte periodisch, nur immer an einzelnen Körperstellen, aber so intensiv, dass der Schweiss von den Ilaaren abträufelte; in späterer Zeit begegnete ich diesen partiellen profusen Schweissausbrüchen wohl noch öfter. Allgemeine profuse Schweisse sind bei der in Kede stehenden Krankheit keine Seltenheit.
Der Urin wird nach grossen Zwischenräumen, alle 6—8 Stunden abgesetzt; er ist im Glas ganz schwarz und nur heim Ausgiessen erscheint er an den transparenten Rändern des Strahls bräunlich gefärbt.
Auf dem Boden des Glases, in dem der Harn längere Zeit stand, findet sich ein reichliches, grüngelbes, schleimiges Sediment, in dem sich auch Faserstoffcylinder unter dem Mikroskope nachweisen lassen. Futter- und Sauf lust dauert bei vielen Patienten nicht selten fort, und öfters erscheint auch das Thier nach anderen Richtungen hin nicht so schwer erkrankt, als es wirklich ist. Ich habe aber auch Fälle beob­achtet, bei denen sehr schwere Colikc rs cheinungen bestanden; die Colik dauerte entweder bis zum Absatz des blutigen Harns oder gewöhnlich noch längere Zeit fort, jedenfalls wegen des Nierenschmerzes; die Thiere ächzen und stöhnen
#9632;
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Entasttndung der Nieren; Nepliritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;47
dabei, sulnvitzen, geberden sich sehr unnihig unrl werden schliesslich auch in der Nachhand total gelähmt.
Manche erzählen, dass im Verlaufe Schlingbe8.chwerden sich einstellen und completer Trismas sich entwickle; ich selbst habe jedoch dieses noch nicht beobachtet , — jedenfalls ist es nur eine zufällige und selten bestehende Complication der Krankheit.
Sind die Thicrc nicht mehr im Stande aufzustehen, so gehen sie auch bald zu Grunde; und zwar unter den Erscheinungen einer hochgradigen Athemnoth, jedenfalls in Folge hypostatischer Processe in den Lungen, sowie wegen des im oligämischen Körper unmöglich gewordenen hinreichenden Gas­austausches.
Glücklieber Weise sterben nicht alle derartigen Patienten — viel Pferde werden allerdings nicht gerettet; aber so trostlos, wie von mancher Seite die Prognosis hingestellt wird, ist sie nicht; natürlich ist eine rationelle Behandlung der Kranken erste Bedingung der Heilung!
Thiere, welche genesen, und zwar in 24 bis 48 Stunden — wie uns erzählt wird — sind, und das wollen Sie wohl be­achten, nicht an der Nierenentzündung krank gewesen; das Leiden war in solchen Fällen nichts Anderes, als eine Kierenhyperämie (Windrehe), die Sie ja bereits kennen gelernt haben.
Die Nephritis dauert immer längere Zeit; meistens nach 6—8 Tagen bemerken Sie als erste Erscheinung der Ge­nesung ein leichtes Auf liellen des Urins — kaum ist es merklich — aber vielleicht schon der nächstc Harn ist so viel klarer geworden, dass an einer Abnahme der Hämaturie nicht mehr gezweifelt werden kann.
Die Klärung des Harns geschieht allmälig im Verlauf von quot;2 :gt; Tagen — oder auch zuweilen ziemlich rasch. Man findet den Abendharn fast, ganz normal, während doch der Morgenham noch ein sehr dunkles Coloi'it besass.
Mit dem Hellerwerden des Harns verschwinden auch die Anschwellungen, sie werden weicher und kühlen sich ab. Manchesmal dauert es bis zu 14 Tagen und darüber, bis die fraglichen Geschwülste gänzlich vergangen sind - und ebenso verhält es sich mit der Steifigkeit,
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Batzündttng der Nieren; Nephritis,
Die; Schwäche der Nachhand merkt man noch lange Zeit fort, und nach 4—6 Wochen kennt man den Thieren es an, dass sie die hinreichende Kraft in der Nachhand noch nicht erlangt haben. Ich habe gesagt: ,,clie Oedeme „sollenquot; ver­schwindenquot;, und zwar desshalb, weil ich die von mehreren Seiten beschriebenen, im Verlaufe dieser Krankheit zur Beobachtung kommenden Geschwülste selbst noch nicht gesehen habe.
Dass Thiere, welche so bedeutenden Blutverlust durch die lliimaturie erlitten haben, stark abmagern, bedarf kaum einer besonderen Erwähnung — aber darauf mochte icii Sie. aufmerksam machen, dass die Abmagerung des Körpers bei dieser Krankheit, sowie bei allen ähnlichen, mit grossen Blutverlusten verbundenen Leiden, besonders erst im Stadium reconvales-centiae so auffallend merklich wird. Das verlorene Blut muss wieder ersetzt werden, und da hiezu die Nährstoffzufuhr von aussen nicht ausreicht, so müssen diejenigen Gewebe des Körpers, welche als Nährstoffreservoires im Körper gelten, alles halbwegs entbehrliche Nährmaterial an's Blut abgeben!
Abgesehen von diesem eben erwähnten Stadium reconvales-centiae dauert die zuweilen sehr acut verlaufende Krank­heit ö—U Tage.
Wie Sie gehört haben, ist die Krankheit ein von den Land-wirthen gefürclitetes Leiden, da ein grosser Theil der Patienten demselben erliegt.
Auf jeden Fall müssen Sie die Prognose im Anfange der Krankheit sehr vorsichtig stellen und dürfen sich nach keiner Seite hin binden. Für alle Fälle werden Sie den Thierbesitzer auf einen leicht möglichen ungünstigen Ausgang der Krankheit rechtzeitig vorbereiten.
Ausserdem mache ich Sie darauf aufmerksam, diese eigen-thümliche Form der Nephritis nicht mit einer plötzlich entstandenen rheumatischen Paraplegic der Nachhand, welche Nierenhyperämie und Eämaturie zur Folge hat, zu verwechseln; es geschieht letz­teres um so leichter, als sicherlich diese Nierenhyperämie unter gewissen Bedingungen sich bis zur Nierenentzündung steigern kann.
Die chronische, diffuse Nephritis, die eigentliche paren-chymatöse Nephritis, die am Menschen besonders von R. Bright
studirt wurde.
diese Krankheit ist wegen ihres chronischen
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Knt/.ünduiiK laquo;ier Nieren; Nephritis,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 49
Vorlaufs und wegen der anfänglich so wenig in die Augen fallenden Erscheinungen bei Thieren noch nicht gentlgend erforscht.
Verheyn, ' Professor an der Thierarzneischule in Brüssel, theilt allerdings einen Fall mit, der vielleicht hierher gezählt werden dürfte. Die fragliche. 10 Jahre alte Stute erschien nicht krank, hatte aber immer viel Durst und litt an Polvurie. Die sichtlichen Schleimhäute waren blass, die Lenden nach oben gebogen und steif. Schliesslich frass Patient nicht mehr seinen Hafer, die Abmagerung wurde hochgradig, die Haut lag fest auf. Der Urin war dick und trübe, grünlich gelb und gerann durch Salpetersäure und Kochen fast ganz zum Albumin
Bei der (irünfütterung trat Besserung ein. Mit dem Aus­setzen des Grünfutters verschlimmerte sich der Zustand wieder, und nachdem das Pferd vom 10. März bis 4. August Eiwoissharn abgesetzt hatte, stürzte es zusammen, konnte sich nicht mehr vom Boden erbeben und starb am 7. desselben Monats. — Ob der an derselben Stelle erwähnte Fall von John Markham hiehergehört, kann ich nicht entscheiden, es ist jedoch immerhin interessant von diesem Falle Kenutniss zu haben. Markham erzählt nämlich im „The Veterinarian', 184-2. S. 81, ein Pferd beobachtet zu haben, bei dem er innerhalb fünf bis sechs Monaten viermal Albuminurie constatirte Beim letzten Anfall litt das Pferd an Ilarncolik; nachdem es urinirt hatte, wurde es ruhiger, allein am Penis hing ein circa '/., Pfund schwerer Klumpen gallertartigen Urins, der beim Kochen voll­ständig wie Eiweiss gerann. Nach einer Venaesection nebst einem Purganz und der mehrtägigen Anwendung von An-timonpräparaten soll das Thier vollkommen genesen sein.
Die Bright'sche Krankheit dürfte unter den Hausthiercn wohl am häufigsten beim Hunde vorkommen, bei dem man oft genug neben Ascites die der Brightquot;sdien Ivrankheit folgende Nierendegeneration nachweisen kann.
Die Thiere kommen fast immer erst zur Beobach­tung, wenn sie schon an den Folgen der Krankheit laboriren; — die seeundären Zustände werden dann für das Hauptloiden gehalten, und ihre Genesis wird
1 Magazin v. Gmlt amp; Hertwig, X., S. 1.
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Entzündung laquo;l^r Nieren; Kephrltia.
wäurcnd des Lebens go wo Im lieh gar nicht erkannt. Nicht Gleichgiltigkeit der Thierärzte ist es, dieses Capitel Doch so wenig eultivirt zu haben, denn die Constatirang und Beob­achtung dieses Leidens bietet besondere Schwierigkeiten, und zwar desshalb , weil die Thiere nicht so bequem zu beobachten sind, als wie der Mensch, der im Stande ist, frühzeitig auf sein Unwohlsein aufmerksam zu machen. Auf dem Sectionstische, da freilich bietet sich die Gelegenheit, sich zu überzeugen, dass auch bei Thieren die dem Menschen eigene Bright'sche Krank­heit vorkommt.
Die Menschenärzte scheuen sich nicht, Erscheinungen, welche sie an krankgemachten Thieren beobachten, auch für Menschen zu unterstellen, die an ähnlichen Krankheiten laboriren: mag es mir desshalb hier erlaubt sein, wegen Mangels hinreichender Beob­achtungen über die Bright'sche Krankheit bei Thieren, Sie auf einige wesentliche Erscheinungen dieser Krankheit beim Menschen aufmerksam zu machen; mit der Zeit wird es uns dann sicherlich auch noch gelingen, die hier vorhandene Lücke durch eigene Beobachtungen auszufüllen.
Ein febriler Zustand ist anfänglich bei den Krankon nicht nachzuweisen, docli sind sie matt und zur Arbeit nicht aufgelegt: sie haben einen merklichen Durst und Schmerz in der Lendengegend. Urin wird öfters, aber in kleinen Portionen abgesetzt: er ist blass und bat ein niederes speeifisches Gewicht; beim Kochen mit Salpetersäure scheidet sich Ei weis s aus und unter dem Mikroskop finden sich im Urin wohl erhaltene oder im Zerfall begriffene fibrinoide Cylinder.
Zuweilen ist der Gehalt der tibrinoiden Cylinder im Urin so reichlich, dass man dieselben als Flocken im üringlase schwimmen sieht. Kocht man den Urin mit Salpetersäure, so erhält man eine bläulich-violette Eärbung. die von blauen Kry-stallnadeln herrühren, welche Uroglaucin und Cyanosurin sein sollen. Ein blauer Farbstoff wird auch im Harne der Pferde, die an Nephritis hämorrhagica leiden, gefunden.'
Lässt man den menschlichen Urin einige Zeit stehen , so bekommt er einen reichlichen Bodensatz, der aus Blut-
1 Frank: Beiträge zum Eiwoiss-, resp. Blntliarneu der Pferde und specioll der Brigtli sehen Krauktieit derselben. Adam's Wochonsehrift, XVII., S. 133.
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Eutsündungder Nieren; Nephritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;51
körperchen, fibrinoiden Grerinuseln, Epithelien aus dem
Nierenbecken und dor Harnblase, sowie aus Uraten besteht.
Jn vielen Fällen stellt sich bei andauernder Albuminurie
eine Hydrämie und Hvdrops (Anasarca, Ascites, Hydro-
tlioi-ax etc.) ein, denn das mit dem Urin entleerte Eiweiss wird immerhin dem Blntserum entzogen, und mag auch bis zum Eintritt des Albumens in die Harncanälchen innerhalb des Nierengewebes eine Umänderung des Eiweisskörpers in einen andern (siehe Hyperämie und Albuminurie) erfolgt sein, so ist das Blut doch um die ausgeschiedene Eiweissmenge ärmer geworden.
Die Wassersucht schreitet entweder in ihrer Entwicklung fort oder es tritt in derselben ein Stillstand oder gar eine Bes serung ein.
Es lässt sich nicht leugnen, dass man zuweilen Hunden mit Ascites ohne weitere Krankheitserscheinung be­gegnet: gehen die Hunde endlich zu Grunde, so findet man bei der Section, und namentlich in den Nieren, hinreichend Anhalts­punkte, die Krankheit für Morbus Brightii zu erklären.
Zuweilen verschwindet, der Hvdrops, die Thiere genesen. — War dann ein solcher Fall ein Bright'scher Hvdrops ? — Bei Menschen wenigstens wird die Beobachtung gemacht, class unter der Erscheinung einer bedeutenden Diuresis ein theilweises oder gänzliches Verschwinden der hydropischen Geschwülste erfolgt.
Während dieser Zeit findet sich im Urin aber fast immer Eiweiss, und ist dieser letztere Befund auch der Beweis, dass nicht das eigentliche Uebel, sondern nur ein Symptom der Krank­heit verschwunden ist, das jedem Augenblick reeidiv werden kann.
Im Verlaufe mögen sich zu diesem die Körperkräfte erschöpfenden Leiden noch Störungen in der Respiration und in der Verdauung, ja selbst in den Cerebrospinal-funetionen hinzugesellen.
Unter den Erscheinungen der Cachexie, der Wassersucht oder der Urämie oder schwerer entzündlicher Leiden, insbeson­dere häufig der Lungen, collabiren endlich die Kranken voll­ständig und sterben nach Monate langem Krankenlager.
Ich habe Ihnen hier in allgemeinen Zügen das Bild der menschlichen Bright'schen Krankheit vorgeführt: es wird Ihnen das genügen, um bei Thieren nach ähnlichen Erscheinungen während des Lebens suchen zu können. — Vergessen Sie dabei
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EntsUndiuig der Nieren; Nephritis.
ali
mi's Exrni
zu machen — sio ist in allen
Fällen, wo es angeht — die Section! —
Therapie. Nachdem ^ie sieh wohl jetzt ein Bild jener Krankheiten vorstellen können, welche man im Allgemeinen „Nierenentzündungquot; nennt, darf ich auch zum letzten Ab­schnitte, nämlich der Therapie der Nephritis übergehen.
Ich werde hier zuerst die Therapie der interstitiellen und der metastatischen, sowie die der Perinephritis besprechen, und dieser dann die Behandlung der Bright'scben Krankheit und die der schwarzen Harnwinde hinzufügen.
Der Causalindication muss wohl soweit als möglich in erster Linie genügt werden.
Wir fragen ja immer uns selbst oder die Personen, weiche um das kranke Thier sind: wodurch ist wohl die Krankheit entstanden? In concrete müssen wir uns immer nach den Futter­mitteln erkundigen, ja dieselben mitunter selbst einer Prüfung unterziehen. Finden Sie, dass die Tbiere mit sauerem, schilfigem oder moorigem Grase gefüttert werden — oder schimmeliges Futter bekommen — oder dass die Thiere Waldweiden besuchen — oder Untergrundwasser saufen können, — dieselben überhaupt eine Nahrung bekommen, von der Sie wissen, dass dieselbe eine Nierenaffection bedingt, so werden Sie natürlich in erster Linie dafür sorgen, dass die verdächtigen Futtermittel etc. be­seitigt werden.
Sind scharfe Diuretica die mögliche Ursache der Krank­heit, so sind natürlich diese auszusetzen.
Leider aber erkennt man so häufig die Ursache der Krank­heit gar nicht: denn wie selten können wir aus Erscheinungen schliessen, dass das ursächliche Moment ein Nierenstein oder ein thierischer Schmarotzer ist! —
Wieder gibt es eine Reihe von Fällen, in denen die Nieren­erkrankung seeundärer Art ist; da natürlich müssen Sie Ihr Augenmerk dem Primftrleiden zuwenden, denn ohne, Hebung desselben kann an eine Heilung der Nephritis nicht gedacht werden.
So wissen Sie, dass eine Paraplegic der Nachhand gar nicht selten eine Nephritis nach sich zieht, — die Erfahrung wird Sie lehren, dass mit der Bekämpfung der primären Paraplegic Sie zur Beseitigung der seeundären Nephritis um so mehr bei­tragen werden, je früher Ihnen die Heilung der Paraplegic gelingt.
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Entzfindong draquo;-r Nierenj NuphritU.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;53
Doch es würde zu weit führen , wollte ich Sie hier lehren, jede einzelne Ursache der Nephritis zu beseitigen: es muss Ihnen genügen, Sie besonders auf die I ndicatio causalis aufmerksam gemacht zu haben; der wissenschaftlich gebildete Arzt weiss, wohin er lummehr sein Augenmerk zu richten hat.
ich betone hier nur noch, dass Sie nicht auf den Gedan­ken kommen dürfen, zur Heilung der in Rede stehenden NierenaffeetioneD solche Mittel zu gebrauchen, welche den scharfen Diureticis und überhaupt jenen Arznei-körpern angehören, die das uropoetische System be­sonders afficiren, also eine Fluxion auch nach den Nieren hervorrufen, und welche die ältere Medicin: „Diuretica calida, hitzige harntreibende Mittelquot; genannt hat.
Haben Sie eine besondere Indication für solche Mittel, so seien Sie mit deren Gebrauch vorsichtig und ziehen Sie dieselben wohl kaum für längere Zeit in Anwendung. So werden Sie wohl den Grebrauch von Oleum terehinthinae oder den der Cautharides, selbst den des Unguentum cantharidum möglichst beschränken und eine gleiche Vorsicht auch gegen die Kali- und Natronsalze, z. 1j. das Kali nitrieum, den Tartarus stihiatus etc. üben.
Vom Balsamus Copalvae, überhaupt den verschiedenen, ätherisches Ocl enthaltenden Harzen, den harntreibenden Samen und Heeren, wie z. B. Semen Phellandrii ai|iiatici, Baccae Juni-]ieri, dann der Herba Sabinae, der Herba Digitalis, den bekannten Hausmitteln: Petersilie, Sellerie, Lauch u. dgl. m. gilt die gleiche Warnung.
Ist die Nephritis in Folge einer traumatischen Ein­wirkung zu Stande gekommen, so kann man zuerst kalte Uebersehläge — Eis- oder Schnoeüberschläge im Winter — versuchen, auch wird bei gut genährten Thieren eine Vcnae-seetion vortbeilhaft wirken.
Glaubt man in einer Erkältung die Ursache der Krank­heit zu finden, so kann man gleichfalls bei stärkerem Fieber einen Aderlass an der Vena jugularis vornehmen — in der Jsierengegend wird man aber derivatorische Einreibun­gen mit Unguentum tartari stibiati machen, oder man wird durch flüchtige Hautreize, wie z. B. durch Spiritus camphoratus oder Liquor Ammoniaci canstici die Haut in eine ableitende Entzündung versetzen. Auch feucht-warme Uebersehläge
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Batzandimg der Nieren; Nnpliritis
können Sie appliciren und Sie würden dazu Kataplasmen oder in warmes Wasser getauchte Tücher benutzen.
Junerlicli empfiehlt man violfacli schleimige und ölige Mittel. Ich kann jedoch nicht einsehen, was man mit derartigen Mitteln bezwecken will, die doch sicherlich keinerlei Wirkung auf die Nieren ausüben. Jedenfalls ist ein kräftiges Abführ­mittel gleich am Anfange der Krankheit am Platz. Für Pferde eignet sich am besten nach entsprechender diätetischer Vor­bereitung — die allerdings gewöhnlich durch die bestehende Appetit­losigkeit schon gegeben ist — Aloe soecotrina pulv. 30 bis (30 Gramm, je nach der Grosse des Thieres mit Pulv. rad. Alth. et Aqua font q. s. zum Bolus gemacht.
Bei ausgewachsenem Rindvieh möchte vielleicht eine kräftige Gabe 01. Crotonis, und zwar circa 18—20 Tropfen mit 200 Gramm 01. Ricini am meisten zu empfehlen sein.
Um jedoch keinerlei reizende Nebenwirkung auf die Nieren zu bekommen, wären die Oele besser wie die drastischen Mittel; so Hesse sich z. B. 01. Lini 300—600 Gramm für Pferde und Rindvieh verwenden. Die Wirkung der Abführmittel werden Sie durch die Application von Seifen-Ivlvstieren unterstützen.
Kleineren Hausthieren, wie z. B. Hunden, gebe ich je nach deren Grosse Tinctura Uhei aquosa '/.. Theelöffel bis 2 Ess-lötfel voll auf einmal.
Bei durch Acria hervorgerufener Nephritis würde sich eine reichliche Zufuhr möglichst frischen Wassers in erster Linie empfehlen; kann man kohl ensiiure haltiges Wasser bekommen, so ist diesem der Vorzug zu geben: dann sah ich nach der Anwendung der Adstringcntien in Ver­bindung mit Narcoticis guten Erfolg. Pferden gebe ich Saccharnm Saturni ö-O—7-0 Gramm mit Extractum Ilyos-cyami •i-O-öf) Gramm, und zwar des Tages 3—4mal mit Aqna fontana und Rad. Alth. pulv. zur Latwerge gemacht. Nach dem zweiten Tage setze ich jedoch während 24 Stunden mit diesem Mittel aus. Beim Rindvieh gehe ich an Stelle des Bleizuckers : Ferrum sulphnricum oxydnlatuin, und zwar pro dosi 10 Gramm.
Entstellt die Ni eren affection durch Canthariden, Ranunkeln u. dgl., so wenden Sie in diesen Fällen Alkalien an, z. 11. Kali carbouicum 5-0, oder Magnesia carbonica ö'O bis
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Entziiiiilung iler Kleren; Nephntis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;55
S-0 Gramm, welche Sie in der hundertfachen Menge Wassers lösen und des Tages mehrmals geben.
Besteht heftige Kierencolik, welche Sie nicht mit der sogenannten Harncolik. der Dysurie, verwechseln wollen, so wenden Sie Morphium sulphuricum 0-3—0*5 Gramm, mit Aqua de-stillata 7-0 -1:2-0 Gramm hypodermatisch an.
Nächst dieser medicamentösen Behandlung richten Sie Ihr Augenmerk auf eine entsprechende Diät. Pferde bekommen kein Körnerfutter, Rindvieh kein Gesiittc oder Schlempe u. dgl. — Pferden lassen Sie Heu oder gutes Gras — keinen Klee-- und einen Trank mit Weizenkleie anbieten. — Rindvieh bekommt, Heu und Kleien- oder Leinkuchensaufen — oder (Jras und Ruben-fatter. Hunden verabreicht man Milchsuppen.
Dabei gönnt man allen Thieren Ruhe auf weichem, trockenem und warmem Lager und sorgt für gesunde Luft im Stall.
Ueber die Perinephritis brauche ich keine besonderen Bemerkungen zu machen. Die Diagnosis lässt uns während des Lebens der Thiere gewöhnlich im Stich — und dann ist es auch nicht weit gefehlt, wenn wir statt der Perinephritis eine Nephritis oder eine Peritonitis behandeln.
Aehnliches gilt auch von der metastatischen Nephritis: hier muss auch nur der primäre Zustand die gehörige Würdigung finden.
Zur Behandlung der Nephritis hämorrhagica wurde gar Mancherlei und selbst von Lehrern der Thierheilkunde empfohlen, obwohl man auf den ersten Blick gesteben musste, dass ein der­artiges Mixtum compositum absolut nichts bessern kann.
So wurde in der Mitte der Fünfziger-Jahre an der Mün­chener Schule die schwarze Harnwinde — und so nannte man dort jede mit Dysurie verbundene Hämaturie der Pferde -nach einer Schablone behandelt, welche ihre Entstehung dem Thierarzt Kolb in Ziemetshausen verdankte. Diese Schablone wurde beibehalten, obgleich sie keinen besonderen — und heute sage ich, nur ausnahmsweise einen günstigen Erfolg bat.
Die Pferde wurden in der Nierengegend mit Essig und Lehm oingeschmiert und diese Masse immer nass erhalten. Innerlich wurde gegeben in einem Infusum von Pfeffermünze: Tart. stibiat. oß; Ferr. Bixlph.31, Extract, saturn. sect;1, Napht. vitriol. 0-3. Dieser Einguss wurde alle 3 Stunden wiederholt.
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Hut/.iunluiig iler Nioron; Nepbrttls.
Heute wird man wohl in München, wie auch anderwärts, die Krankheit rationeller behandeln.
In die Nierengegend lasse ich ßubefacientia wie Liq.
Aimnoniaci caustic, oder Spirit, camph. einreiben und gehe innerlich Saccharum Saturni oder Ferr. sulph. oxyd. mit Extract. Hyoscyami oder mit Extract. Opii in der vorhin angegebenen Weise.
Am weitesten bin ich immer mit Bleizucker und Hyoscyamus-Extract gekommen.
Secale cornutum, von welchem ich glaubte, dass es eine Contraction der Nierengefässe erzeuge, hlicb ohne Erfolg. Nux vomica dagegen ist wegen ihrer Wirkung auf die motorischen Nerven in Verbindung mit Ferr. sulph. oxydulat. wiederholt zu versuchen. Vom Ferr. sesquichloratam innerlich wollen Sie jedoch keinerlei Wirkung erwarten, da es nur dort der Hämor-rhagie entgegenwirkt, wo es direct mit dem Blute in Contact gebracht wird.
Auch Aciduin tannicum mit Opium kann endlich empfohlen werden. Einen besonderen Wertb lege ich auf gutes Zudecken der Kranken, reichliche trockene Streu und einen wannen Stall, die Thiere müssen öfters frottirt werden. Ich sehe es gar nicht ungern, wenn ein tüchtiger Schweissausbruch erfolgt, da meiner Erfahrung zufolge nach diesem eine Bes­serung öfters zu bemerken ist; — partielle Schweisse gefallen mir jedoch nie. Thiere, die schwitzen, müssen aber gegen Er­kältung besonders in Acht genommen und vor Zugwind geschützt werden.
Aderlässe sind hie und da empfohlen worden, ich kann mich aber bei diesem Leiden nur ausnahmsweise, bei hesonders üppig genährten Pferden und ganz im Anfange der Krankheit dazu eutsehliessen, da durch die andauernde Hämaturie die Blut­verarmung ohnehin rapide Fortschritte macht und ganz hesonders das Leben der Thiere in Gefahr bringt.
Besteht Obstruction, so gebe ich den Pferden Hydrar­gyrum muriaticum mite :5—5 Gramm :!mal innerhalb eines Tages und setze dann damit aus, oder ich verabreiche Oleum Crotonia 15—18 Tropfen in 01. Ricini 1000 Gramm. Man erhält hier verhältnissmässig rasch einen hreiigen Koth, ohne dass gleichzeitig durch eine profuse Diarrhöe, wie sie nicht selten
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Bntzüadung lt;lor Niüren ; Nephritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;o7
durch eine Aloepille entstellt, dorn Körper eine merkliche Menge von Albumin auf diesem Wege entzogen wird, und überdies ist die diuretische Nebenwirkung des 01 Crotonis von keinem be­sonderen Belang.
Im Stadium recon valescentiae emptiehlt sich eine kräftige Diät für die Patienten, d. h. man verabreiche gekochte Körner, Mehl- und Kleientränke, Bohnenscbrott, gutes Heu — aber kein Grummet und keinen Klee-
lieber die Behandlung der diffusen Nephritis kann ich Urnen aus naheliegenden Gründen keine genügende Mittheilung machen.
Ilaben Sie Gelegenheit, derartige Patienten zu bebandeln, so werden Sie zunächst die Fütterung und Verpflegung so regeln. dass die Thiere leicht verdauliches, an Protein reiches Futter in einer warmen, gut ventilirten Stallung bekommen.
Das bei anderen Formen der Nephritis mehr oder minder ausgiebig in Anwendung gezogene antiphlogistische Heilverfahren wird hier nickt zum Ziele führen.
So weit es nicht schon durch Ordination geeigneter Nahrungs­mittel geschehen ist, werden Sie noch weiter dem stetigen Verlust des Eiweisses durch den Harn soviel als möglich entgegenwirken. Durch das viel gerühmte Acidum tanuicum mit einem Amarum (Aloe) wird aber kaum mehr als eine nur vorübergehende Ab­nahme des Eiweisses im Harn erreicht werden. Man erwartete von der Gerbsäure eine günstige Wirkung, weil diese Säure durch die Nieren wieder zur Ausscheidung kommt, — wie Sie aber gehört haben, hat sich die theoretische Calculation in praxi nicht bewährt.
Im Verlaufe der Krankheit muss man zur Hebung der Körperkräfte zu Roburantien seine Zuflucht nehmen. Hieher gehören die Eisenpräparate und unter diesen für Thiere: Ferrum hydrogenium reduetum, Ferrum sulphuricum oxydulatum in kleinen Gaben. Mit den Eisenpräparaten kann man Cortex Chinae und bei kleineren Thieren das Chininum sulphuricum verbinden.
Um die Ilvdrämie und die Wassersucht zu bekämpfen, empfiehlt sich eine Diaphoresis durch gutes Zudecken der Kranken und Verabreichung von Antimonpräparaten oder von Lindcnblüthen- oder Ilollunderthee (Inf. iiorum Tiliae s. inf. florum Sambucij mit etwas Liquor Ammoniaci acetici. Gegen
I* O u g , Kranklitjiten des uropoüLiHClicn SyBU'uiB.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sect;
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Degenerative Zustände laquo;Iim- Nieren.
den Hydro ps müssen auch die schon mehrgenannten DraBlica und sogar milde üiuretica, z. B. Cremor tartari 25*0 — 30*0 pro dosi bei dem Pferde, und 1*0—5'0 Gramm pro dosi bei dem Hunde täglich 3 — 4mal in Anwendung gezogen werden. In gleicher Menge können Sie auch Tartarus boraxatus verabreichen lassen. Vom Natrum boracicum, das gleichfalls gebraucht wird, lassen Sie pro dosi tlein Pferde ca. 10-0, und dem Hunde ()-2 —2U Gramm in Latwerge geben. Zuweilen wird selbst Digitalis, Juniperus, Scilla niaritima u. dgl. m. ins Feld geschickt.
Wie in Folge einer Diuresis eine Verminderung der hy-dropischen Ergüsse zuweilen ermöglicht wird, so kann dieses mitunter auch durch die bekannten Purgantien wie Aloe, 01. Crotonis, Calomel und 01. Ricini erzielt werden.
III.
Degenerative Zustände der Nieren.
Fibröse Nierendegeneration — amyloide Degeneration -fettige Degeneration — Nierenlipom — cystoide Degeneration der Nieren — Hydronephrosis.
Durch die entzündlichen Processe werden in den Nieren eine ganze Reibe degenerative!quot; Vorgänge bedingt, die einer eingehen­deren Besprechung werth sind, als es gelegentlich der Darstellung anderer Krankbeitsprocesse möglich ist.
Dadurch, dass ich eine Anzahl pathologischer Processe hier in einem eigenen Capitel behandle, dürfte auch Ihre Aufmerk­samkeit, und das ist es ja, was ich wünsche, auf dieselben ganz besonders gelenkt werden.
Nicht in allen Fällen ist es Hyperämie und Entzündung, welche eine Degeneration der Nieren be­dingen; wie Sie im Folgenden hören werden, influiren hiebei noch andere ifornente, j;i mitunter ist uns die Ursache der Nierenentartung noch ganz unbekannt.
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Degenerative Zustände tlor Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 59
J cli will zuerst:
die fibröse Degeneration der Nieren
zur Sprache bringen.
Jm Verlaufe der Nephritis, und zwar ganz besonders wäh­rend der institiellen Nephritis, haben Sie Gelegenheit, unter dem Mikroskope in dem verbreiterten, inter stitiellen Bindegewebe eine ziemliche Anzahl jener lympboiden Ele­mente zu beobachten, welche die entzündliche zellige In­filtration des bindegewebigen Materials charakterisiren.
Nach dein heutigen Standpunkte unseres Wissens nehmen wir an, dass diese Kundzellen nichts Anderes sind als ausge­wanderte, weisso Blutkörperchen,1 die in Folge der ihnen zukommenden amöboiden Bewegungsfähigkeit in die prae-existirendon Lücken des Bindegewebes sich eindrängen, die Bindegewebs-Fibrillen anseinanderschieben und wenn sie dann in grösserer Menge das Gewebe durchsetzt haben, die zellige Infiltration — oder wenn sie in noch grösserer Masse sich zu­sammenfinden, die eiterige Infiltration und den Abscess darstellen.
Wenn diese Zellen durch ihre allzugrosse Anhäufung nicht einen eiterigen Zerfall des Gewebes bedingen, sondern sie noch eine entsprechende Zufuhr von Blut oder Blutplasma in's Ge­webe und mithin auch die Gewebsernährung gestatten, so finden wir, dass bei längerem Bestehen einer zolligen Iti-filtration sich stets eine Hyperplasie des Gewebes, also hier des interstitiellen Bindegewebes herausbildet.
Es ist hier nicht der Ort, Ihnen jene Streitfragen vorzu­führen, wie die Bindegewebs - Neubildung geschieht: es dürfte Ihnen genügen, zu erfahren, dass die Ivmphoiden Zellen zur Bin degewebs-Neubildung unumgänglich nöthig sind.
Was Sie hier gelegentlich einer Nephritis zu beobachten Gelegenheit haben, das können Sie auch als Folge chronischer Hyperämie wahrnehmen, ja in allen Fällen es bemerken, wenn ein Organ aus irgend einem Grunde neben leichter Reizung an­dauernd und ziemlich reichlich mit Nährstoffen versehen wird.
1 Ich werde au einem anderen Orte zeigen, dass in Folge gemachter Beob­achtungen ich nfich jenen Forschern anschliesse, welche auch eine endogene Zellenhildnng .'ins den Wanderzellen zulassen.
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Dogeiiorative Zustiimle der Nieron.
Mit dem, dass sieb aber das interstitielle Gewebe mas­siger entwickelt, bemerkt man auch einen Schwund, eine Atrophie des eigentlichen Nierenparenchyms, d. h. der Harncanäleben inclusive der Glomeruli.
Meistens degenerirt das Epithel fettig, der Detritus wird resorbirt und die Membranae propriae der Canälchen collabiren, vielleicht hie und da eine kleine, mit gelblichem, fettigem Detritus gefüllte, cirenmscripte, scheinbar erweiterte Stelle in einem Harncanäleben znriicklasseud.
Dieser Process der interstitiellen Bindegewebs-rivpertrophie ist entweder allgemein oder eircumscript in den Nieren verbreitet und bedingt, je nachdem, eine verschiedene Form und Bescliaffenbeit der Nieren: bei ausgebreiteter Degeneration derselben auch Functions-störungen.
Man iiat Gelegenheit, Nieren zu sehen, die stellenweise mehr einem Fibrom als einem drüsigen Organe gleichen. — Solche Nieren sind nicht selten klein, zähe und fest; doch kann auch eine solche Niere hypertrophirt sein.
Beispielsweise beziehe ich mich auf die Nieren eines Schweines, welche ich der Güte des Herrn Kreisthierarztes Eberbardt in Fulda verdanke, der sie selbst wieder vom Herrn Kreistbierarzt Ellen berger in Biedenkopf zugesandt erhielt. Diese hypertrophirten Nieren erregten umsomehr mein Augenmerk, als sich aussei- in denselben auch in Milz und Leber eine fibröse Neubildung fand. In diesen drei Organen erschien das neugebildete Bindegewebe in Form kleiner bis hirsekorngrosser Knotchen — makroskopisch mochte man diese Gebilde für Tuberkeln halten. Unter dem Mikroskope er­gab sich aber, dass die disseminirten, miliaren Knotchen aus einem zellenreichen, intertubulären Bindegewebe bestanden und durch weniger reiches, aber immer noch hypertrophisches Binde­gewebe unter einander zusammenhingen (Taf. 11, Fig. 7).
1st die Bindegewebs-Neubildung eircumscript, so sclien wir häufig schon an der Nierenoberfläche die Stelle eingesunken, oder es zeigt sieb die früher erwähnte Granular-Entartung oder aber Sie finden Contracturen, welche oft so bedeutend sind, dass die Nieren förmlich lappig werden.
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Dlaquo;generativlaquo;; Zustände rlor Niernn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;6 1
An dieser Stelle möchte ich auch auf eine Verknöche-rung der oS'ieren aufmerksam machen, die mehrmals zur Be­obachtung kam und vom interstitiellen Bindegewebe ihren Aus­gang nimmt. In der pathologischen Sammlung der Berliner Thierarzneischule finden sich solche verknöcherte Nieren von Pferden und geschieht derselben im XXVIII. Bande, Seite 290, des Magazins von Gurlt und Hartwig Erwähnung.
Die amyloidc — wächserne Degeneration der Nieren
wurde bis jetzt bei Thieren mit Sicherheit noch nicht eonstatirt.
Leisering, Roll und Brackmüller behaupten allerdings die amyloide Degeneration bei Thieren — Hühnern, Fasanen, Hunden und Pferden — gefunden zu haben. Interessant sind dabei die Mittheilungen Bruckmüller's, ' amyloide Degeneration in den Nieren und anderen pa-renehymatösen Organen bei einem Fohlen und einem alten Pferde gefunden zu haben, die längere Zeit mit Brannt­weinschlempe gefüttert wurden. Beachtenswerth sind diese Angaben insoferne, als bei der Sauferdyscrasie der Menschen sich gewöhnlich auch amyloide Degeneration in ver­schiedenen parenehymatösen Organen findet.
Ich selbst habe mit einer wahren Leidenschaft die verschie­denen thierischen Organe, die mir nur halbwegs verdächtig schienen, und darunter auch eine grosse Zahl verdächtiger Nieren, untersucht, aber noch nie diese fragliche Degeneration gefunden.-Wohl kommt auch im thierischen Körper in den quer ge­streiften Muskelfasern eine hyaline Degeneration bei Muskelentzündung, Erysipelas und Milzbrand vor, allein so täu­schend diese Umänderung der Muskelfaser einer amyloiden Meta­morphose ähnlich sieht, so bleibt doch stets die Amyloid-Reaction aus.
Ich wäederholo also nochmals, bei Thieren die amyloide De­generation noch nicht und also auch nicht in den Nieren wahr-irenommen zu haben.
1nbsp; Bruckmtiller, patholog. Zootomie. Seito 050.
2nbsp; I't'Iug: Einige fiemerknngen über Elophauti.isis und verwandte Zustände bei unseren Hauatliiereu. Magaz. v. Gurlt u. Hertwig. XXXVII., S. 157 und 160,
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DegOBOratlve Zuatüiide tier Nieren.
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Bei Menschen kommt sie dagegen Läufig vor und bildet zuweilen einen Theil des anatomischen Befundes bei chronischem Morhos Brightii.
Jn den meisten Fällen rindet sich die amyloide Entartung neben jener der Xieren ziemlich allgemein im Körper verbreitet.
Die amyloide Entartung oder auch Infiltration, wie man auch neuerdings zu sagen beliebt, rindet sich vorzugsweise in den kleinen Gefässen und den Glomerulis, dann kommt sie vor in der Membrana propria und den Epithelien der Harn-canälchen. Selten ist das mtertubuläre Bindegewebe degenerirt.
Bekanntlich erscheint das amyloide Gewebe leicht weisslich transparent und gleicht bezüglich seiner physikalischen Eigen­schaften am ehesten dem weissen Wachs oder noch besser dem Paraffin. Beschreiben lässt es sich nicht gut — haben Sie es aber einmal genau betrachtet, so erkennen Sie es sicherlich wieder, zudem ein amyloid entartetes Organ anämisch er­scheint, hypertrophirt und ziemlich consistent ist.
Zur Sicherstellung der Diagnose ist die mikro­chemische Reaction nöthig. Virehow macht in seiner Cellular-Pathologie darauf aufmerksam, dass gerade bei der Niere zur Constatirung der amyloiden Degeneration schon vor der mikro­skopischen Untersuchung Jod in Anwendung gezogen werden muss, und zwar nachdem man zuerst das Blut soviel als mög­lich aus dem Organ ausgewaschen habe, da ein mit Blut gefüll­tes Gefäss nach Anwendung des Jods genau dieselbe Farbe zeigt, wie ein mit Jod behandeltes amyloid entartetes Gefäss.
Giessen Sie Jodtinctur auf die Schnittfläche einer anämischen, amyloiden Niere, so entstehen rothe Punkte und rothe Streif­chen, welche den Glomerulis und den Arteriis afferentibus ent­sprechen. Auch die Arteriolae reetae werden bei hochgradiger Degeneration innerhalb dei-Markkegel roth und als dicht neben­einander liegende parallele Streifen kenntlich.
Untersuchen Sie ein feines Schnittchen unter dem Mikro­skop, so wird dasselbe an reinen amyloiden Stellen unter Einwirkung einer diluirten wässerigen Jodlösung nie blau — man sieht eine eigenthümlich gelb-rothe Farbe ent­stehen, welche in manchen Fällen einen Stich in's Weinrothe (Kothviolette) zeigt. Setzt man aber dann noch recht vorsichtig Acidum sulphuricum oder Zincum chloratum hinzu, so ent-
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Degeuerative Znstamp;ndQ laquo;l^r Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bo
steht eine blaue, meistens violettblaue bis tief-schwarz-blauc Färbung der amyloidon Substanz.
Man muss einige Uebung zur Beobachtung dieser mikro-ebeinisehen lleactii)n besitzen, weil sonst die Blaufärbung so sebnell vorübergeht, dass man nicht Zeit bat, sie zu seben. Die bestgelungenstc Keaetion verschwindet übrigens nach mehre­ren Tagen.
Um nicht zu weit in meinem Vortrage abzuschweifen, will ich Ihnen an einem anderen Orte noch weitere Mittheilungen über die amyloide Substanz und die Controversen, die darüber unter den Gelehrten bestehen, raittheilen; hier erwähne ich nur noch, wie leicht es dadurch erklärlich ist, dass eine Niere, deren wichtigsten secretorischen Theile in besagter Art zerstört sind, nicht in physiologischer Weise weiter funetioniren kann. Man be­gegnet desshalb hier der Albuminurie, Anuresis, Anasarca und der Urämio: kurz Zuständen, die man gewöhnlich als Bright'sche Krankheit beschreibt, die aber als besondere Krankheitsform hin­zustellen sind.
Die fettige Degeneration der Nieren.
Mit dem Eiiithel der Harn canälc heu geht es wie mit den Zellen der Leberacini — mau kann auch hier nicht um­hin, eine transitorische Fettinfiltration von einer fettigen Degeneration zu unterscheiden, wobei ich jedoch hervorheben möchte, dass die Fettinfiltration häufig in fettige De­generation übergeht.
Bei der Fett infiltration der Epithelien unterstellen wir eine Aufnahme der Fettmolecule von lebenskräftigen Zellen und die Möglichkeit, dass durch Resorption das Fett wieder aus den Zellen verschwindet, ohne dass diese dadurch in ihrer Integrität irgendwie beschädigt werden.
Bei der fettigen Degeneration scheinen die Eiweissmolecule des Zellen-Protoplasmas in Fetttröpfchen sich umzusetzen und da­durch die Existenz der Zellen zu gefährden.
Bei einer gesteigerten Nährstoffznfohr zu den Nieren , wie z. B. bei Hyperämie, dann bei Lipämie, wie solche durch die Mästung bedingt wird, finden wir, dass das Epithel trüber wird und Fettmolecule enthält. Man begegnet solchen Zu-
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DegeneratiTe Zostfinde der Nieren.
ständen gelegentlich so häufig, dass wir dieselben nur für trans-itorische und nicht für degenerative halten können; dann iuiisk ich, mehrfachen Beobachtungen zufolge, annehmen, dass die alt gewordenen Zollen durch fettige Degeneration dem Tode ver­fallen , d. h. durch einen necrobiotischen Process zu Grunde gehen, und neue — junge — Epithelien treten im Stelle der alten.
Wir hätten es also hier zum Theil mit Formen physio­logischer Fettdegeneration der Epithelien zu thun: das da­bei in geringer Menge frei wordende Fett dürfte wohl grössten-theils innerhalb der Harmvege — vielleicht hauptsächlich durch das Nierenepithel zur Resorption kommen. Wird ein üeberschuss von. Fett frei, so finden wir dasselbe, wie allgemein bekannt, gar häufig als Fetthäutchen auf dem einige Zeit ruhig gestandenen l rin und ebenso begegnet man auch darin hei pathologischer Fettdegeneration den Fetttröpfchen vereinzelt oder zusammen­gehäuft als Kömchenzellen oder in Form der Hamcanälchen.
Die eigentliche pathologische Fettdegeneration (Steatose) der Nieren bezieht sich sowohl auf das Epithel als auch auf das interstitielle Gewebe. Die Epithelien sind es freilich wohl, welche gewöhnlieh betroffen werden, während eine fettige. Degeneration des Bindegewebes sich seltener findet; letztere am häufigsten nach eiteriger Infiltration und beiJnfarcthildungen: Zustän­den also, die ich gelegentlieh dor Nephritis metastatiea erwähnt habe.
Bei Morbus Brightü tritt eine Necrobiose der Epithe­lien frühzeitig auf: man beobachtet zuerst Schwellung der Zellen, Erweiterung der liarncanälehen und Vergrösse-rnng der Nieren, später Zerfall der Epithelien, häufig einen dauernden Verlust derselben und schon dadurch Collap-sus und Atrophie der Nieren.
Zuweilen hat man jedoch auch Gelegenheit, Hamcanälchen unter dem Mikroskop im nicht collabirten Zustande und auf weiten Strecken frei vom Epithel zu sehen. Ka dürfte diese Er­scheinung auf Rechnung der mikroskopischen Präparation zu setzen sein, indem die weichen und nur locker anhaftenden, oft in förmliche Körnchenkugeln umgewandelten Epithelzellen hei der Schnittführung herausgewischt werden, und das Hamcanälchen so sein unverändertes Lumen zeigt.
Äusscrdem soll eine Fettdegeneration der Nieren nach langwierigen, erschöpfenden und bei manchen constitu-
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Dognnerativ^ Zustände der Niereraquo;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 65
tionellen und Infections-Krankheiten vorkommen, und endlich muss ich Sie noch auf die Fettinfiltration der Epi-tlielien nacli Phosphorvergiftung aufmerksam machen.
Eine fettig infiltrirte oder degonerirte Niere ist an-tlinglieli geschwollen, spater wird sie mit dem Verschwinden des Fettes atrophisch. Während ihres hypertrophischen Zustandes ist sie mürbe, oligämisch und desshalb und wegen ilires Fettgehal­tes blass, gelbbraun, gelbgrau oder gelblieh, theils über weitere Strecken, theils ganz und gar. Auf der Schnittfläche treten die fettigen Stellen meistens als gelbliche Streifen in der Rich tung der Markstreifen auf.
Noch will ich Ihnen eine Entartung der Nieren erwähnen, die zwar, strenge genommen, nicht liieher gehört, sich aber der LTebersichtlichkeit wegen doch jetzt am besten besprechen lässt.
Bei stark gemästeten Thieren, bei Rindvieh, Schweinen. Schafen und auch den übrigen Hausthieren findet man die Nierenkapsel in eine grosso Fettmasse umgewandelt, ohne dass z. B. durch Druck auf die Nieron eine Veränderung der letzteren eingeleitet wird.
Wieder in anderen Fällen sieht man nach einseitiger Verkümmerung der Nieren eine unförmliche Fettmasse die Nierenreste umgeben.
Mir kam ein besonders interessanter Fall zur Beobachtung, den ich der Güte eines meiner Schüler, dos nunmehrigen Kreis-thierarztes Dr. Schäferin Darmstadt, verdanke. Herr Schäfer fand als Geburtshin der niss bei einer Kuh eine colos-sale Fettgeschwulst in der Bauchhöhle des Kalbes. Die nähere Untersuchung ergab, dass es sich hier um ein con-genitales Nierenlipom handelte. Die Geschwulst wog im frischen Zustande 12'^ Pfd. hessisch (6250 Gramm i, sie bestand mir aus Fett, in deren Mitte eine geringe, bräunliche, schmierige Masse eingelagert war, die unter dem Mikroskope sich deutlich als Ivudera des Nierengewebes erkennen Hess. Ich bin geneigt, hier anzunehmen, dass die colossale Fettbildung in der Nierenkapsel die Ursache zur behinderten Entwicklung und endlich zur voll­kommenen Atrophie der Niere war.
Interstitielle Fettablagerung, wie sie ja auch in anderen (raquo;rganen und zwischen den Muskelfasern namentlich des Herzens so häufig zur Beobachtung kommt, erwähnt Bruckmüller auch
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66nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Degenerative Zustände der Nieron.
buim Rindvieh, bei Pferden und bei Hunden geseben zu haben; bei letzteren wurde sie zuweilen in Form von kleinen Lipomen aufgefunden; beim Rindvieh fand ich gelegentlieh anderweitiger Durchsuchung der Nieren ebenfalls ein kleines Lipom in der Grenzschiehte des Nierenparenchyms. Auch bei Katzen kommen derartige Fettnieren so häuüg vor, dass Lei­sering in Dresden geneigt ist, diesen Zustand für einen mehr physiologischen zu halten.
Die cystoide Degeneration der Nieren und Hydronephro.sis.
Die genannten Zustande werden bei Thicren in derselben Weise beobachtet wie bei Menschen; nur mag die Cysten-niere hei Thieren unverhältnissmässig seltener vorkommen. Bruekmüllor zwar hält die Cystenniere für keine seltene Erscheinung bei Pferden, Rindvieh, Ziegen, Schweinen und Hunden.
Sie erkennen die Cystenniere leicht, denn meistens ist sie vergrössert, fluetuirt, über ihre Oberfläche prominiren öfters mit Flüssigkeit gefüllte Blasen — oder es hängt an der Niere ein grosser, mit Flüssigkeit gefüllter Sack, von dem sich oft noch die Tunica albuginea renis leicht abziehen lässt. Schneidet man die Niere in der Mitte durch, so sehen Sie die Schnittfläche mit mehr oder weniger verschieden grossen, rundliehen Räumen durch­setzt, in denen sich schleimige, oder noch öfters seröse Flüssigkeit findet. Die Grenze swischen Rinden- und Mark-snbstanz ist undeutlich geworden.
Wie beim Menschen, so kommt auch beim Thiere eine con-genitale Cystenniere vor. La Notte ' fand bei einem neu­geborenen Hengstfohlen beide Nieren durch unzählige kleine llvdatiden (Cysten) enorm vergrössert, und ich selbst beobachtete bei einem hydrocephalisehcn, durch und durch rhachitiseben Kalbe, neben cystoider Degeneration sämmtlicher noch knorpeliger Rippen, mehrfache Cysten in den Nieren. Gurlt- sah ein acht Wochen altes Lamm mit vielen llvdatiden.
1 Magazin für Thierheilkund'e von Gurlt u. Bertwig. II., Ö. •224. - Masrazin v. G. u. II. XL , S. 4r).rgt;.
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Degenerative Zustände der Nit-ron.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;67
Ueber die Entwicklung der angebornen Oy.stonnieren — die beim Menschen so gross werden können, dass sie ein Geburts-hinderniss abgeben ' - bestehen noch mancherlei Controversen.
Es sind diese Cysten grösstentheils Bildungen nach dem Schema der Retentionscysten ; sie stellen also Erweiterungen der Harncanälcben und der Malpighischen Kapsel der Glomendi dar. — In manchen Fällen sind es aber auch Bildungsfehler in Combination mit anderen, intrauterinen Entwicklungsstörungen. Diejenigen Cysten, welche als congenital e Retentions­cysten angesehen werden, entwickeln sich nach der Meinung Vircho w's, Rindfleisch'raquo; u. A. inFolge von Verengerung (Atresia) der Harn canälchen nach einer congenitalen, entzündlichen (?) inter-stitiellen Wucherung innerhalb der Papillen. Für alle Fälle mag diese Erklärung jedoch nicht ausreichen, da, wie Klebs voll­kommen richtig bemerkt, sich auch Cysten finden, ohne dass eine die Atresie der Tubuli recti bedingende interstitielle Hyper­trophie nachzuweisen wäre. Wo die Hindernisse für den Harn-abfluss fehlen, kann man wohl nicht anders, als eine fötale Ent­wicklungsstörung der Nieren für die Ursache der Cystenbildung anzunehmen.
Dass eine Obliteration oder Obduration der Harn­leiter, der Blase oder der Urethra die Ursache der Cysten­bildung in den TIarncanälchen ist, halte ich nicht für gewöhnlich, - da wir als Folge solcher Zustände die Hy d r o n ep hr o s e zu sehen gewohnt sind.
Diese congenitalen Cysten sind vereinzelt oder stehen dicht nebeneinander gedrängt, so dass zuweilen von der Nieren­substanz nur noch eine dünne Scheidewand zwischen den Cystchcn nachzuweisen ist. In der Grosse vaniren die Cysten von nur unter dem Mikroskop kenntlichen bis zu solchen, die über hühnereigross geworden sind und die sowohl durch ihre Zahl, als auch durch ihre Grosse in vielen Fällen die hochgradige Hypertrophie der Nieren hervorrufen.
Von den congenitalen Cysten wird mehrfach behauptet, dass sie sich nicht durch Confluenz vergrösserten, sondern dass jede
1 Virohow's Gesoliwtilste. [., 8. 271. Klobs, patholog. Anatomie. S. 658. - Roson stein: Nierenkranklieiten. 8. 378.
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De^om-rative Zustünde der Nieren.
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Cyste einer erweiterten Malpighischen Kapsel, oder einer ecta-tischen Stelle eines Harnciinälcliens entsprecho. Die einzelnen Cysten werden durch derbe Scheidewände getrennt, und ihre Innenfläche durch die präexistirende Membran des Harncanälchens gebildet, das als solches auch ein polygonales Pflasterepithel trägt. Jn den Cysten findet sich eine schwach gelbliche seröse Flüssigkeit, welche meistens die wesentlichsten BeStandtheile des Harns und auch Eiweiss enthält. Zuweilen ist der Inhalt schleimig (colloid) oder er ist durch Blutfarbstoff rothbraun gefärbt und enthält auch oft Cholestearin und die Producte fettig zerfallener Gewebe.
Im extrauterinen Leben finden sich auch Cysten-nieren, von welchen man glaubt, dass sie bei geringer Anzahl oder bei nur einseitigem Vorkommen in einer Niere aus dem Fötalleben mit herübergenommen wurden; unzweifelhaft können diese Cysten aber auch im späteren Leben noch erworben werden.'
Es sind Retentionscysten gerade so, wie es auch ein grosser Theil der congenitalen Cysten sind.
Man findet in der Kegel vereinzelte, oft schon auf der Ober­fläche der Nieren sichtbare, oder gar weit über dieselbe pro minirende, grosse seröse Cysten, welche nur partiell die Function der Niere beeinträchtigen, ohne dass daraus eine Störung des Allgemeinbefindens folgt. Ja, es gibt Niorencysten, welche, wenn sie einseitig sind, sehr gross werden können, ohne das Thier sichtlich krank zu machen.
So beschreibt auch Leiser in g im sächsischen Vet. Bericht 1865, S. 38, die Niere eines Pferdes, welche vier Cysten ent­hielt. Die eine Cyste hatte die Grosse einer kleinen Kegelkugel, die drei anderen variirten in ihrer Grosse von der eines Pfeffer­korns bis zu jener eines Kirschkerns. Die Umhüllung der grossen Cyste wurde von der Membrana propria renis gebildet, der jedoch nach innen eine dünne Bindegewehshaut anlag, die auch die Ab­grenzung vom Nierenparenchvm bildete; sie war so durchsichtig, dass man die streifige Marksubstanz durch sie hindurch wahr­nehmen konnte.
Auch die kleinen Cystchon lagen unmittelbar unter der Al-buginea in der Bindensubstanz und enthielten, wie die grosse
' S. o. Seite --M und 25 über Cystenbildung bei Morb. Brightii.
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Dcgeneritive Zustände der Nieron.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;69
Cyste, klare, seröse Flüssigkeit. Es ist möglieb, dass diese Cysten sich aus gewundenen und so oberflächlich gelagerten Harncanäl-chen oder solchen Glomerulis hervorgobildct haben, dass dadurch das Nierenparenchym kaum alterirt wurde, und zwar um so weniger, als die Allmginea dem Drucke wachsender Cysten nach­gab. Auf diese Weise dürfte sich dann auch die vorgefundene doppelte Cystenwand erklären. Selbst colossal gross gewordene Cysten, die ausserordentlicli dünne Wandungen haben, oder deren Wandung mit dem interstitiollen Gewebe zu einer homo­genen Masse verwachsen ist, besitzen auf ihrer Innenfläche noch eine einfache Lage Pflasterepithel; sie enthalten auch eine seröse Flüssigkeit, die zuweilen sehr reich an Eiweiss ist. Manchesmal ist ein consistenter Brei darin, in dem sich concenti-isch ge­schichtete Colloidkügelcben finden, wie ich solche wiederholt auch aus serösen Cysten in der Vagina von Kühen genommen habe.
Eine solitäre Cyste fand ich einmal zufällig in der linken Niere einer Kuh. Diese Cyste hatte die Grosse einer Aprikose und beschränkte sich lediglich auf die Marksubstanz eines Re-nulus, die sie fast gänzlich verdrängte. Die Cyste selbst war buchtig, enthielt Urin und war unzweifelhaft eine Roytentions-cyste, denn die Nierenpapille war fibrös entartet.
Seltener als die solitären Cysten findet sich die im Fötal­zustand häufiger zur Beobachtung kommende cystoide De­generation der Niere, die sich durch das multiple Auftreten verschieden grosser, meistens aber doch immer nur kleiner und mittelgrosser Cysten charakterisirt. '
Es ist wohl erklärlich, dass der Totaleffect einer so sehr grossen Anzahl von Cysten eine Vergrösserung der Niere und eine auffallende Fluctuation derselben ist.
Sind die Cysten sehr enge an einander gedrückt, so kommen an der Stelle des stärksten Druckes die Scheidewände zur Atro­phie; die einzelnen Cystenräume confluiren, die durch-rissene Wandung zieht sich zurück, und so kann beim Fort­schreiten des Processes sich eine grosse Cyste herausbilden, die den Umfang der Niere mehrfach übertrifft und durch Transsudation von flüssigem Material durch die Cystenwand ihren serösen Inhalt vermehrt.
1 Lorgo: iiher eine cy.stmcl entartete Niere l)eiin Schwein. Ainiale.-; ile Mü-decine veter. imbliees i Brazelles. XX., 1871.
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De^enfrative Zustände iler Nieren.
Die Entwicklung dieser Cysten aus den Harncanalchen und den Malpighischen Kapseln dürfte kaum in Zweifel gezogen werden. Untersucht man fleissig das zwischen den Cysten liegende Gewebe, so kann man hier verschiedene sehr kleine (Jystchen wahrnehmen, ja nimmt man das Mikroskop zu Hilfe, so findet man nicht nur mikroskopisch kleine Cvstchen, sondern nehen ihnen auch erweiterte Harncanalchen und die Uebergän^e von diesen bis zu den nachweisbar kleinsten Cysten. (Taf. II, Fig. 8.)
Gelegentlich einer Atrophie der Nieren mögen auch bei Tliicren kleinere, oft sehr kleine Cysten mit meistens colloidem Inhalt in verschieden grosser Anzahl vorkommen. Diese Col-loidcysten haben nach den Angaben Förster's eine fibröse Wand mit einer Epithclialauskleidung. Dieselben sollen mit einer ITarnretontion nichts zu thun haben, sondern in Folge einer chronischen Entzündung entstehen, wobei ein allniminöscs Ex­sudat — die sogenannten Faserstoffcylinder — in das Lumen der Harncanalchen abgesetzt wird und die Harncanalchen dadurch an verschiedenen Stellen ausgebuchtet werden.
Durch Fortdauer dieser plastischen Exsudation kann die eetatische Stelle sich auch vergrössern und sich so allmäliR in verschieden grosse Cysten transformiren.
Nicht für alle Fälle jedoch möchte ich die Behauptung ver­treten , dass durch Bildung von Faserstoffcylindem die colloid-haltigen CVstcn entstehen; denn ich habe die Meinung, dass auch hier neben der vorhin geschilderten Entwicklungsweise der Cysten eine Retention des Harns z. B. durch Gries, Steine, selbst durch Faserstoffgerinnsel etc. eine häutige Ursache ' der Nieren­degeneration sei, und dass die colloide Masse durch Umbildung des in den Cysten eingeschlossenen Epithels entstehe.
Mit dieser Cvstenbildung in den Nieren (Hydro ps renum cysticus) darf die Blasenniere, die sogenannte Nieren­wasser s u c h t (B y d r o n e p h r o s i s), nicht identificirt werden: letztere ist genetisch etwas ganz Anderes: sie ist eine colossale Erweiterung des Nierenbeckens rait gleich­zeitiger Atrophie des Nierenpare nehyms.
' Arloing: Entartung der Nieren eine: Journal de Meil. veter., Tome XV. 1809.
Pferdes durch Cystenbildtmg,
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Degeneraüvo Zoständfl der Niereu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;71
H y dr o aephr o s e.
Icli halte es für zweekmässig, Ihnen hier gleich das Wichtigste über Hydronephro81 s zu bemerken, wenn es auch, strenge genommen , erst bei späterer Gelegenheit zur Sprache gebracht werden sollte, und Sie es domgemäss in verschiedenen Iland-büchem in einem eigenen Capitel abgehandelt finden.
ist die Abfulir des in einer Niere producirten Harnes von dem Nierenbecken aus behindert und kann Harn weder nach anssen entleert, noch vielleicht auch nur in die Harnblase ergossen werden, so entsteht eine Stauung des Harns, die schliesslicb zur Erweiterung des Nierenbeckens führt.
In einzelnen Fällen mag die Blasonniere auch an­geboren sein; so z. B. finden Sie im sächs. Vet. Bericht 1872, S. 23, eine Niere von einem acht Tage alten Kalbe beschrieben, bei welcher die Marksubstanz gänzlich fehlte und die Rinden­substanz an einzelnen Stellen so dünn war, dass der in das Lumen eingebrachte Finger hindurch schimmerte. 1st das den llaniabfluss behindernde Moment hinter den IJreteren, so werden dieselben dabei oft recht weit, stärker ge­wunden und dadurch hie und da geknickt. '
Nach der Dilatation der Harnleiter erweitern sich nicht nur das Nierenbecken, sondern auch oft die Harn-canälchen, wo solche vorhanden sind; das Nierenparench vm atrophirt ganz oder theihveise und die Niere wandelt sich in einen colossal grossen häutigen Sack um, der meistens mit einer urinösen Flüssigkeit gefüllt und dessen Wandung aus der Tunica albuginea renis und der das Nierenbecken bildenden Schleimhaut zusam­mengesetzt ist.
Dieses ist also der Zustand, den man Hydronephrosis — Nieren Wassersucht — Blasenniere nennt.
Bei Schweinen kommt er ungemein häufig vor, ist aber
' Wieners, Thierarzt in Clironau lioi Elzo: Wassersucht der Niere beim Schwein. Magazin v. (i. n. H. XII., Seite 68.
Leise ring;: säclis. Vet. Bericht 1867, 8. 27 and 1864, gt;S. 33.
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Deffenerative /ustilnüo ilcr Nieren.
auch bei Ziegen, Hunden und selbst schon bei Pferden und Kindvieh oft genug gefunden worden. '
Bei den erstgenannten Thieren (Schweinen) und dem Rindvieh - geht die Bildung nicht selten von den Calices aus; man findet in solchen Fällen anfanglieh eine Anzahl haselnuss-bis tauheneigrosser, mit Schleimhaut ausgekleideter und mit Harn oder Schleim gefüllter llülden; die Papillen sind völlig abgeflacht und das Nierenparenchym zur Hillfts oder zum dritten Theil geschwunden — trotzdem aber der Umfang der ^Xiere vermehrt: wie hochgradige das gebt aus einer Mittheilung Spinola's :'' hervor, der einer Niere erwähnt, bei welcher alle Nierensubstanz geschwunden, der Harnleiter '/,quot; (O'Oll Mtr.) erweitert und der Sack mit 27 Pfund (13.500 Gramm) klarer Flüssigkeit gefüllt war; die aufgeblasene Xiere hatte die Grosse eines Schweins­magens.
Die Umwandlung der eystoiden Höhlen in eine complete Blasenniere lässt sich leicht erklären. Die primären Höhlen werden durch den sieb ansammelnden Urin immer mehr aus­gedehnt und das zwischen ihnen liegende Nierenparenchym natürlich nun auch immer mehr und mehr gedrückt und so theils in Folge des Druckes, theils in Folge entzündlicher Processe zur Atrophie gebracht. Diese Atrophie dauert so lange fort, bis nichts weiter mehr übrig bleibt, als ein durch Conflux der ein­zelnen Höhlen entstandener, mehrkammeriger Sack.
Mit dem gänzlichen Schwund des Nierenparenchyms hört dann auch die Harnab sonderung auf, und der in der Cyste eingeschlossene Harn kann sich zersetzen, was an
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1 Pathologia e terapia speciale degli animali domestici |ior A. do Sil-vestri. Torino 1873. S. 40.
Pathologische Anatomie von Förster. II. B., S. 525.
Verzeichniss der path.-tinat. Präparate da Thierarzneischulc in München von A. Postl., 8. 83 u. 84.
Sachs. Vet. Berichte, verschiedene Jahrgänge,
Dittweiler: Thierärztliche Zeitung 184t, S. 9.
Fürstenberg: Mittheilung aus der th. Praxis in Preassen von Müller und Roloff. 1866, S. 179.
- Kauz fand sein- grosse Nieren bei einer Knh; die Marksuljstanz war er­weicht, an verschiedenen Stellen landen sich statt derselben sackförmige Höhlen, mit zäher Masse gefüllt. Mitth. aus der th. Praxis in Preassen. I, S. 87.
3 Spinola: Die Krankheiten der Schweine. 8 •H2.
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Degenerative Zustände lt;lcr Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7;5
seinem üblen Geruch und seinem schmutzigen Aussehen leicht kenntlich ist. Es kommen aber alsdann auch Transsudate von der Wand aus in den sich noch fortwährend vergrössernden Sack vor, und schliosslich geschieht es, dass der Inhalt der Blasenniere mit dein Harn gar keine Aehnlichkeit mehr hat. Mit der Zeit verliert sich auch der Harn voll­ständig in der HydronepLrose, der Inhalt ist helles klares Serum ohne urinösen Geruch. Zuweilen ist dieser Cysteninhalt blutig roth bis schwarzbraun, und auch die Wandung nicht mehr als Schleimhaut zu erkennen: sie trägt einen einfachen Epithel­überzug.
Einseitige Hydronephrosis wird gewöhnlich ohne Nach-tlieil ertragen; die meisten Blasennieren der Schweine sind nach dem Schlachten gefunden worden, und nebenbei war dann immer eine compensatorischc Hypertrophie der gesunden Miere nachzuweisen, wie das ja auch in dem vorhin ciürteu Wiener'schen Fall erwähnt wird.
Auch eine beiderseitige; Hydronephrose kann er­tragen werden, solange das Hinderniss durch den er­höhten Druck des stauenden Harns über wunden wird; — die pathologische Veränderung der Nieren wird unter solchen Umständen nur langsam weiter fortschreiten, bis dann endlich allerdings auch der Zeitpunkt heranrückt, der für das Leben des Tbieres ernstlich bedrohlich wird.
Hat sich beiderseitige Hydronephrose hochgradig herausgebildet, oder wird im Verlauf bei einer einseitigen completen Blasenniere die gesunde Niere anderweitig krank — und das ist nicht selten der Fall — so treten schwere, selbst tödtlicbe Zufälle ein: solche, die wir später unter dem Namen „Urämiequot; näher besprechen werden.
Zuweilen entwickelt sich aber in der Cystenniere eine hochgradige Entzündung (Nephritis, Perinephritis, Pyelitis), selbst per continuitatem eine Cystitis, welche für die Fortexistenz des Patienten besorgnisserregend wird. Auch kann es gelegentlich zu tödtlichen llämorrhagieu kommen, wie ein Fall beweist, den wir in der Literatur niedergelegt ' linden und den ich hier ein­gehender wiedergeben will.
1 Sachs. Vet Bericht 1864., S. 33.
Pfla^, Krankheiten des uropoQtiitchen S^Btems.
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Degenerative Zustilmlc tlor Nieren.
Derselbe betrifft ein Pferd, dessen beide Nieren erkrankt waren. Die eine Niere war um das Dreifache, die andere über das Doppelte vergrössert; dabei waren beide Harnleiter in der Nähe der Nieren bis zur Weite eines Pferdedünndarms ausgedehnt. In den Nieren und in der Harnblase wnv eine aus Blut und Harn bestehende Flüssigkeit und ausserdem noch Blutcoagula. Die rechte Niere hatte einen dicken, schwartigen üeberzug (Peri-nephritis) und enthielt in ihren natürlichen, aber stark aus­gedehnten Hohlräumen eine sehr betrachtliche Menge Blut. Nierenwärzchen und Marksubstanz waren geschwunden und an einzelnen Stellen selbst auch die Rindensubstanz. Da die Nieren­gänge durch diesen Schwund enorm erweitert waren, so flössen sie mit dem Nierenbecken so zusammen , dass das restirendo Nierenparenchym einen einzigen mächtigen Hohlraum einschloss.
In der noch vorhandenen Nierensubstanz fanden sicli an vielen Stellen Extravasate vor, die mehr oder weniger grosse Blut-coairula bildeten. Am vorderen Ende fand sich das grösste Extra-vasat im Nierenparenchym; es stellte eine breiige, chocolade-farbige Flüssigkeit vor und hatte das Nierengewebe auseinander gerissen.
Die linke Niere war ähnlich, aber nicht so hochgradig ver­ändert. Auch in ihr hatte eine Iläm orrhagie, und zwar im vorderen Ende stattgefunden, in Folge deren der Nierenüberzug zerriss und eine reichliche Blutung in die Bauchhöhle erfolgte. Die Harnblase war normal weit, hatte aber verdickte Wandungen. Da, wo die Harnleiter die obere Harnblasenwand durchbohren , hatte die Schleimhaut das Klappenartige verloren, und statt dessen waren die Oeffnungen der Harnleiter mit einem dicken Schleimhautwulst umgeben. Versuche mit dieser Harnblase zeigten, dass von der Blase aus der Urin leicht in die Ureteren zurückstauen konnte, und steht demnach zu vermutben, dass in diesem Moment auch die Ursache der Nierenerkrankung zu suchen sei.
Symptome, üeber die Symptomatologie der Nierencysten und der Hydronephrose kann man nur wenige charakteristische Erscheinungen anführen. Wie bereits schon gesagt, treten nicht in allen Fällen merkliche Krankheitserscheinungen auf. Ich habe Ihnen vorhin jene Momente angeführt, welche erst im Verlaufe zur sichtlichen Erkrankung des Thieres führen, und Sie sehen
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Dofronorarive Zustände ilnr Niortm.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;75
daraus, dass wir gewöhnlich nur solche Thiere vor uns haben, die an sehr hochgradiger Destruction der Nieren krank erscheinen.
Bei der cystoiden Degeneration der Nieren tritt meist erst in der Folge wegen andauernder Anuresis die Urämie ein. Bei Hydronephrosis merkt man, dass die Thiere anfänglich an llarnbeschwerclen, an Ischurie leiden, während späterhin erst die Anuresis und Urämie folgt.
Ohne dass immer die Anfangsstadien beobachtet werden, sind die Thiere längere Zeit krank, sie sind öfters unruhig, sie scheinen mit habitueller Harncolik behaftet. Pferde sollen sich dabei nur schwer vom Boden erheben, oft wie Hunde eine Zeit lang auf dem llintertheile sitzen; sie schachten häufig aus, ohne zu uriniren; geht Urin ab, so ist derselbe nicht selten blutig und wird nur in geringer Menge abgelassen. Die Thiere schwanken bei jeder Bewegung mit dem Hintertheile; im Stehen zeigen sie eine eigenthümliche, steife Haltung; sie krümmen die Lenden auf und machen einen sogenannten Katzenbuckel. Es stellt sich Fieber ein — der Appetit verschwindet. Geht man bei grösseren Thieren mit der Hand ins Rectum ein, so kann man die weiter nach hinten zu liegende linke Niere fühlen — und auch die rechte Niere ist gewöhnlich mit der Hand zu unter­suchen und dann deutlicher fühlbar, wenn sie hyper-trophirt ist.
Die Thiere verrathen beim Druck auf die Nieren häufig — aber nicht immer — .Schmerz. Die Nieren selbst sind nicht fest, sondern weich, fluctuirend, und Letzteres um so mehr, je bedeutender die Hydronephrosis bereits entwickelt ist.
Auch bei cystoider Degeneration kann man ähnliche Erscheinungen an den meistens geschwollenen Nieren durch Palpation nachweisen.
Ist die Geschwulst sehr gross, so kann schon durch Druck, der von aussen unter die Querfortsätze der ersten Lendenwirbel subcostal gerichtet ist, den Thieren Schmerz verursacht werden. Auf der kranken Seite liegen die Thiere auch gar nicht gerne, xind manche stehen gegen das Ende der Krankheit fast ausschliesslich.
Manchesmal fühlt man auch per anum die Uretoren als dicke, fluctuirende Stränge, ohne gleichzeitig eine prall gefüllte Harnblase nachweisen zu können.
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DcgeuerativQ Zaatiindo der Nie
Bei kleineren Thieren fttlilt man die stark vergrösserten Nieren zuweilen durch die Bauclidecke durch.
Qlauben Sie nun wohl, meine Herren, nach dem lluioii Vor-getragenen in den Stand gesetzt zu sein, keinerlei diagnostischen Fehler machen zu können?
Sieherlich raquo;lenken .Sie in dieser Sache zu bescheiden, denn die Ihnen genannten Krankheits-Erscheinungen sind in keinerlei Weise diagnostische Merkmale!
Erinnern Sie sieh doch gefalligst nur einmal an die Er­scheinungen bei der internen Untersuchung der Nierenabscesse und der Nierenentzündungen, so linden Sie da und heim Nieren­krebs und noch bei so mancher anderen Nierenkrankheit ganz ähnliche Erscheinungen, wie sie bei Nierencysten und bei der 1 raquo;lasenniere vorzukommen pflegen.
Bei genauer Erwägung aller vorhandenen Symptome können Sie unter besonders günstigen Umständen vielleicht einmal die Diagnosis richtig stellen; — halten Sie sich desshalb aber nicht für einen grossen Arzt, denn diese Ihre richtige Diagnosis ist bftufig nichts Anderes als eine Erbse, die Sie im Dunklen gefunden haben.
Therapie. Die Therapie ist bei der unsicheren Diagnosis natürlich rein symptomatisch, und auch bei gesicherter Diagnosis ist eine Radicalcur kaum möglich, wenn es sich um ein Nieren-eystoid handelt. Bei Hydronephrosis aber kommt alles auf die Möglichkeit an. ob rechtzeitig das ursächliche Moment entfernt werden kann. Eine Function der Niere vom Rectum aus mit dem Win ekler'schen oder einem Explorativ-Troikart, die unter Umständen sehr nahe liegt, ist kaum zu empfehlen, und nur in verzweifelten Fällen zu versuchen, obgleich eine Verwundung der Niere nicht absolut tödtlich ist. (Sachs. Vet. Bericht 1858, S. 100.) Ob in der Thierheilkunde diese Operation schon versucht wurde, ist mir nicht bekannt; beim Menschen hat man sie jedoch gemacht, freilich aber — soviel ich weislaquo; — immer daraufhin eine tödtliche — eiterige? — Entzündung des Sackes erfolgen sehen. Jedenfalls ist beim Pferd die Operation ge­fährlicher, als heim Rinde, da letzteres viel weniger vulnerabel wie ersteres ist.
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IL
Das Carcinom der Nieren.
Alveolarkrebs — Medullarkrebs — Scirrhus — Colloidkrebs.
Dieser Zustand kommt unzweifelhaft bei allen unseren Haus-tliieren primär und seeundär — wenn auch nur selten — vor. Am öftesten begegnet man dem Leber- und dem Nierenkrebs gleichzeitig und dürfte in den mir bekannten Fällen immer der Leberkrebs die primäre Affection darstellen.
Leider .sind die in der thiorärztlichen Literatur niedergelegten Angaben über das Xiereneareinom sehr gering und dann auch noch desshalb meistens dime wissenschaftlichen Wertb, weil sie die Probe durch das Mikroskop nicht bestanden haben.
So dürften #9632;/.. 1gt;. vielleicht mehrere von (Jurlt in seiner pathologischen Zootomie (I.. S. 204 und 205 und Nachtrag, S. 87) angeführte Fälle hiehergerechnet werden, wenn die Histologie der dort erwähnten Geschwülste bekannt wäre; auch ein von Rossignol in Pierre ' beschriebener Fall: „Hypertrophie und Degeneration der linken Niere einer Kuhquot;, und mehrere Angaben in den Mittheilungen aus der th. Praxis in Preussen scheinen hierher zu gehören, während wiederum andere als Krebs beschriebene Fälle offenbar das nicht sind, was sie sein sollten!
ich werfe hier zusammen, was man als Carcinom, ('an­eroid und auch theilweise als Adenom zu beschreiben pflegt.
Unter Adenom verstehe ich eine selbstständige und permanente Drilsenneubildung, während eine luxuriöse, zur Degeneration führende Wucherung eines prae-existirenden Drüsenparenchyms mit dem ('aneroid und dieses wieder nach den Waldeyer'sehen Untersuchungen mit dem Carcinom zusammenfällt.
Hei Pferden, Rindvieh, Hunden und Schweinen ist der Nierenkrebs beobachtet worden. Rayer sah einen Gallertkrebs der Nieren beim Ochsen. Medullarkrebs will Bruckmilller2 hei Pferden und Hunden gefunden haben.
1 Jonrnal gt;lv med. vrirr. .-'i l'ecole de Lynn 1848. Bering's Repertoritun EX., S. 224.
- Pathologisclie Zootomie und Wiener Vierteljahressi-hrifl f. wis.seuschaftl, Veteriuärkunde. I\'., S. .'i8 uml 39.
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Oamp;b Carcinoxn dor Nieren.
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Roll1 Bpricht vom Markschwamm und Cystenkrebs bei Pferden. Aueli in den siichsisehen Veterinärberichten, die so viel schätzenswerthes Material enthalten, Enden wir einige Fülle von Nierenkrebs verzeielinet: .so sind in dem Berielitc von 1872 erwähnt, Seite 25: ein Medullarearcinom beider Nieren einer Kuh; S. 23: Medullarcarcinome in der Niere eines Kindes und in der Niere eines Schweines, und endlieh besehreibt in dem Berichte für 1873 Lungwitz: Ketention sey s ten und Alvelarearcinom in einer Pferdeniere.
Bei dem Schweine, bei welchem die cystoiden üestruetionen der Nieren so häufig vorkommen, scheinen auch Carcinome sich öfters als bei anderen Thieren zu rinden.
Sie wissen, dass man carcinomatöse Organe nicht so rund­weg schildern kann. Diese Dinge sehen einander oft sehr nn-ähnlich, und macht man ja desshalb, je nach dem makroskopischen und mikroskopischen Bilde, verschiedene Unterschiede, die eine eigene Nomcnelatur der Krebse bedingen.
Sie haben ja schon vorhin verschiedene Namen car-cinomatöser Gebilde kennen gelernt und Sie wissen auch, dass dieselben sich grösstentheils auf das Verhii 1 tniss zwischen den Epitbelialgehilden und dem bindege-webigen Gerüste beziehen.
Gewöhnlich begnügt man sich, eine Krebsbildung, die wegen des vorherrschenden Bin dege websgerüstes hart ist, Scirrhus, und eine solche, die wegen der zahlreichen Krebszellen und des geringen Bindegewebsmaterials ausserordentlich weich und zerfliessend erscheint: Mark­schwamm, Medullarkrebs zu nennen. Zwischen Beiden steht der sogenannte Alvc olarkrebs, den man lange als den eigent­lichen Typus des Carcinoms demonstrirte.
Man sagt, dass der Krebs eine bösartige, zu Recidiven ge­neigte, gerne Metastasen bildende und das betroffene Organ und die nächsten Gewebe allmälig zerstörende Neubildung sei; diese Neubildung bestehe aus einem Bindegewebsgerüste, das vielleicht ähnliehe Alvcolen bildet, als wie Sie solche in einer gesunden Rindslunge rinden, in den Alvcolen liegen aber die Krebszellen, d. s. Epithelialgebilde vom Charakter der Epithelzellen oder dem
1 Wiener Vierteljahresschrift f. wissonsch. Veterinärlttinde. III.. 8. 15 n. 46.
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Has CaiTinuiu der Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 79
der Epidermiszellen. 1st ein Krebs angefähr so beschaffen, wie ich denselben mit den wenigen, grül)en Zügen lliuen entwürfen litibe, so wäre das der Alveolarkrebs.
üeber die weiteren Unterarten des Krebses, wie z. 15. den Grallertkrebs, den Cystenkrebs; über die Unterschiede zwischen Carcinom und Cancroid will ich Sie hier nicht weiter unterrichten, da ich voraussetze, dass Sie sich gelegentlich Ihrer pathologisch-anatomischen Studien hinreichend mit diesen Verhältnissen ver­traut gemacht haben. Sollte aber das Gehörte dort nicht mehr so ganz fest in Ihrem (Jedächtnisse haften, so empfehle ich Ihnen in Meyer's allgemeiner pathologischen Anatomie das Studium derjenigen Q-eschwülste, die nur, oder doch vorzugsweise aus epithelialem Gewebe bestehen. ' Auch in dem Ihnen bekannten Handbuch der allgemeinen Pathologie von Uhle und Wagner2 können Sie sich einigen Rath erholen. Sie werden in diesen Büchern auch über dieKntwicklung der Krebse das Notlüge linden.
Man hat darüber noch so viele divergirende Ansichten,:i dass es schwer ist zu entscheiden, wem Kocht zu geben sei; — wahr­scheinlich hat keinesfalls der Recht, der zu oxelusiv verfahrt.
Ich kann nicht umhin, mich für Waldeyor's Theorie der Krebsentwicklung zu interessiren, die darin gipfelt, dass nach vorhergehender kleinzelliger Infiltration des interstitiellen Bindegewebes eine Lockerung desselben eintritt und dass dann die wuchernden, d. h. die zahlreicher und oft auch grosser werdenden Epithelzellen bequem in Form von Schläuchen in das an kleinen Ivmphoiden Zellen reiche und weiche Bindegewebe hineinwachsen. Querschnitte durch diese Schläuche und durch das interstitielle Gewebe geben dann das Bild, das ich Ihnen vorhin vom Alveolarkrebs gezeichnet habe. —
Der Nierenkrebs ist meistens ein Modul larearcinom, also eine ziemlich weiche, markartige Neubildung,
1 Epitlieliom, Adenom, Cancroid und Carcinom S. 388 im Lehrbuch der allg. path. Anatomie von Dr. K. Meyer. 1S71.
- Leipzig liei Otto Wiegand, 5. Auflage, Seite 506 uml 512, über Adenom und Carcinom.
3 Thiersch, der Epithelkrebs, namentlich der Haut. Leipzig 1865. Röster, die Entwicklung der Carcinome. Würzburg 18G!i. Waldeyer, die Entwicklung der Carcinome. Virchow's Archiv, XLI., 8. 470. nnd LV.. S. 07.
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Das Carcinoiu der Nieren.
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welche eine bedeutende Vergrösserung der Nieren bedingen kann und dabei letztere gewöhnlich uneben, bück er ig oder lappig uiaebt.
Von den in den .säulisiseben Veterinärberichten erwähnten Nieren war die eine Niere einer Kuli 24 Pfund schwer; von einer anderen Kuh wog die linke Niere 57 Pfund, die rechte Niere derselben Kuh wurde nicht gewogen, sie bestand aus zwei durch Nierensubstanz zusammengehaltenen Tumoren. Der vordere Tumor war 0*19 Mtr. lang, (H7 Mtr. breit und 0-15 Mtr. hoch; der hintere Tumor war ()•(raquo;'.raquo; Mtr. lang und breit, und O'O? Mtr. hoch.
.Sowohl Roll als auch Siedamgrotzky in Dresden fanden in den Nierencarcinomen wiederholt bedeutende ilämorrhagieu im Parenchym und ausserclem auch erbsen- bis haselnussgrosse Cvsten, die mit gallertiger, rötblicher oder graulicher Materie gefüllt waren.
Ein Medullarcarcinom der Niere eines '#9632;'' t Jahr alten Schweines will ich Ihnen hier näher beschreiben, und zwar desshalb, weil man an diesem Pi'äparate deutlieh sieht, dass auch in den Nieren die Carcinome aus den Epithelien, resp. den Drüse n seh laue ben . d. s hier die 11 arneanäle hen? sich hervorbilden können. Ich denke, das.s dieser Befund eine weitere Stütze der Waideversehen Theorie über die Krebs­entwicklung sein dürfte.
Die vorerwähnte Niere ist auffallend vergrössert, sie wiegt gegen 2500 Gramm und hat eine im Allgemeinen zwar platte Oberfläche, aber ein undeutlich lappiges Aussehen, indem sie sieh an manchen Stellen mehr hervorwölbt, während sie zwischen diesen Prominenzen eingezogen ist. Die Niere stellte so einen grossen Tumor vor, der dem äusseren Ansehen nach die Form einer Niere nicht mehr erkennen Hess, zum grössten Theil eine gelblich graue Färbung hatto und der bei angebrachtem Drucke eine woich-schwanimige Con.sistenz zeigte: desshalb war die Ge­schwulst auch leicht zu durchschneiden.
Auf der Sehnittiläehe fand man ebenfalls nicht die geringste Aehnliehkeit mit der Schnittfläche einer Niere. Vom Nieren­becken konnte man nichts erkennen: in der Gregend, in welcher man das Nierenbecken zu suchen hatte. fand sich die Ge­schwulstmasse ziemlich derb wie festes Bindegewebe; man sah
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Das Carcinom tier Kieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;81
an verschiedenen Stellen Hämorrhagien von nussgrossem Umfang und ixntersolüed dann eine verschieden dicke, schwartige Hülle, von der aus ein Gerüste sich in die Mitte des Tumors in der Weise hineinzog, dass dadurch die Schnittfläche in haselnuss-his wallnussgrosse und noch etwas grössere Lappen getheilt wurde, die sich in ihrer Anordnung am besten mit Lungen­läppchen und den diese constituirenden Lungenaiveolen ver­gleichen Hessen.
In den Alveolen lag eine weiche, hirnmarkähnliche, weisse Masse, die beim UTeberstreichen mit dein Messer Satt in grösserer Menge abgab. So weich diese Masse war, und obgleich sie alle Augenblick zu zerfliessen schien, so hielt, sie verhältnissmässig doch fest zusammen.
Diese inedullare Masse wurde von einem ilusserst zarten Gerüste getragen. An einzelnen Steilen, namentlich dort, wo die inedullare Masse in die mehr tiindcgewebige gegen den llilus zu überging, fanden sich auch einzelne Herde, welche aecurat Herden in der Lunge im Stadium der weissen Hepatisation glichen.
Also schon makroskopisch hatten wir der Hauptsache nach den alveolaren Hau eines (Jarcinoms; wir durften nur nachweisen, dass der inedullare Inhalt aus Epithelien oder deren Derivaten bestand, und es genügte einigermassen, den Tumor für eine carcinomatös entartete Niere zu erklären.
Die vorgenommene mikroskopische Untersuchung ergab aber einige weitere interessante Aufschlüsse.
Die erwähnte schwartige Hülle, welche den Tumor periphe-risch bildet und zum grössten Theil eine Dicke von 0-001 Meter besitzt, sich aber an einzelnen Stellen bis zu (H)I5 Meter Dicke erhebt, besteht äusserlich aus der etwas verdickten und nicht liberall gut abziehbaren Albuginea, zum grössten Theil aber aus einer weisslich-gelben, ziemlich consistenlen Masse, die wohl der
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Hauptsache nach Binde
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ewebe ist. in der man viele Gefilsse mi
verdickter Media und ausserdem mehrfach noch eine reichlichere kleinzellige Infiltration findet: lerner sieht man in dieser schwar­tigen Masse deutlich eine Anzahl oft stark atrophischer Glomeruli, an denen man hie und da verdickte Kapseln erkennt, und endlich findet man in ihr bräunliche Flecken, die aus einer körnigen Substanz zu bestehen scheinen und sich wohl nicht anders deuten
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D;is Cl
rimmi der Nieren.
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hissen, als die Rudera ehomaliger llarncunälelien. Wenigstens halte ich mich zu diesem Scblusse berechtigt, weil sieh hie und da ein grösserer bräunlicher Fleck deutlich als der Quer­oder Sciiiet'scliiiitt eines noch ziemlich gut erhaltenen Harn-canälchens entpuppte. Es unterliegt somit keinem Zweifel, dass die fragliche Schwarte, die sich so deutlich von dem übrigen Gewebe ahhebt, Nierenparenchym ist; jedenfalls Theile der Rindensubstanz im Zustande der interstitiellen bindegewebigen Induration mit gleichzeitiger, fast totaler Atrophie des Drüsen­gewebes.
Unser Hauptinteresse wurde durch die in den grossen Alveolen eingeschlossene, hirnmarkartige Masse in Anspruch genommen.
Das Gerüste wurde durch fibrilläres, mehr oder weniger zellenreiches, an verschiedenen Stellen mit kleinen Ivmphoiden Zellen durchsetztes Bindegewebe gebildet. Das starke Gerüste löste sich in immer feineres Bindegewebe auf, das sehliesslich die zarte Stütze der in den grösseren Alveolen eingeschlossenen, eigentlich medullären Masse bildete. Letztere bestand aus dem angedeuteten zarten und den in dessen Maschen eingeschlossenen Zellen von epithelialem Charakter. Die kleineren Alveolen waren mit epithelialen mittelgrossen Zellen gefüllt, ähnlieh denen in den Sammelröhren des Nierenparenchyms; an vielen anderen Stellen sah man deutlich, dass die Epithelzellen in querdurchschnittenen oder längs getroffenen sehr weiten Schläu­chen lagen, die man unschwer als bedeutend dilatirte Harn-canälchen erkennen konnte, deren zelliger Inhalt die Derivate des Epithels der Harncanälchen sind. (Taf. II, Fig. 9.) Wir haben es hier also mit nichts Anderem zu tliun, als mit einer Hyperplasie des Nierenepithels und Erweiterung der Harn­canälchen, welche sehliesslich mehrfach miteinander confluirten und so die in einem feinen Gerüste eingelagerte medulläre Masse darstellen. Ich bezeichne diesen Zustand, wie es auch ältere Autoren thun würden, als Medidlar-Carcinom; neuere Autoren, mit Ausnahme Waldoyer's und seiner Anhänger1 würden in diesem Falle vielleicht von einem Adenom der Niere sprechen.
Die vorhin mit einer weissen Lungenhepatisation verglichenen Stellen waren Epithelzellen im Stadium der Rückbildung, des
1 Dr. J. v. Perewerseff; Entwicklnug des Nierenkrebses ans den Epitbelien der HarneanSlchen. Virchow's Archiv. L1X., S. 227.
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Igt;as Carciuom der Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 83
fettislt;3n Zerfalls, und die derbere Masse, ilic sich in ziemlieher Ansdehimng zeigte, war übrillilres, oft sehr reicblich mit Zellen iniiltrirtes Bindegewebe, in dem sich noch mehrfach Herde fanden, die den Alveolen der Hauptmasse ilhnlieh sind. Da ein Theil dieser Herdchen oder kleinen Alveolen ebenfalls öfters zerfallene Zellen enthielt, so nehme ich an, dass wir es auch hier mit einer Rückbildung des hyperplastischen Processes zu thun haben, und dass das sich bildende indurirende Bindegewebe zur Er­zeugung einer harten Krebsgeschwulst, eines Scirrhus, beiträgt.
In einer, der Stuttgarter Sammlung zugehörigen, Hunde­niere konnte ich einen ganz gleichen Process constatiren. Die Pyramiden sind gegen das Nierenwärzchen hin scirrhös, während sich in der Grenz-und Rindenschichte die medullären Herde linden
Von allgemeinerem Interesse dürfte wohl auch ein weiteres Präparat der Stuttgarter Sammlung sein. Es ist dieses ein Oolloidkrcbs in einer Rindsniere.
Die fragliche Niere barg in ihrer Substanz eine grosse Höhle, die sehr wahrscheinlich eine colloide — gelblich-schleimige Masse enthalten haben mag, denn eine ältere Bezeichnung nannte sie; ..Niere mit Colloidcyste.quot;
In dem Weingeistpräparat war die Holde collabirt und ent­hielt noch etwas von einer kriimlichen Masse, die als Zellen­derivate und Colloidmasse erkannt wurde. Neben dieser grossen Höhle fanden sich aber noch kleinere Herde im Nierenparenchym ja sogar im scheinbar intacten Parenchyme konnte man solche Herdchen auffinden und gerade daraus die Natur der Neubildung ermitteln.
Man fand auch in dieser Niere bezüglich der Consistenz der Masse verschiedene Grade. Ausgebreitete seirrböse Degeneration mit nur noch schwachen Andeutungen ehemals vorhandener Harncanälchen und Glomerulis wechselten mit entweder scheinbar mehr normalen oder stark erweichten Stellen, die einen krümlich-bröcMichen — jedenfalls ehemals medullären — Inhalt hatten.
Auch in diesem Falle liess sich ganz unzweifelhaft die Ent­wicklung des Carcinoms von dem Hamcanälchen-Epithel ans nach­weisen. (Taf. 11, Fig. 10.)
Die Harncanälchen wurden zu weiten, mit grossen Zellen gefüllten Schläuchen, die schliesslich mit einander zu grossen, zellenreichen Cavernen confluirten.
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lraquo;alt; Caiviimin der Nieren.
In solchen durch CouHiixus entstandenen Cavernen fand man die Zellen häa£g niclit mehr von epithelialem Aussehen, sondern sie glichen den Eiterkörperchen, und wohl kaum würde Jemand, der lediglich diese letzteren Stellen durchmustert, sie für etwas Anderes wie für Eiterkörperchen halten und sie am wenigsten für Derivate der Epithehen der Harncanälchen erklären. '
An hinreichend grossen Schnitten, die eine weite mikrosko­pische Betrachtung gestatten, kann man sich aber überzengen, dass die anfänglich grossen Epithelzelien allmiilig kleiner und reichlicher werden und schliesslich in jene Formen tibergehen, welche wir lymphoide Zellen zu nennen pflegen.
Ausserdem zeigte sich in dieser fraglichen Rindsniere noch eine weitere Veränderung, welche mich veranlasst, vom Colloid krebs zu sprechen.
Unter Colloidsubstanz verstehen wir eine Masse, die sich am besten mit zähflüssigem Leim ( yo.Worjy;..:, leimartig) vergleichen lässt. Das, was wir Colloidsubstanz nennen, ist eine selten farb­lose, meistens schwach gelbliche, homogene, mattglänzende und durchscheinende Masse, die völlig austrocknen und dann hart und spröde werden kann.
Im Wasser, und zwar sowohl im kalten, als auch im heissen Wasser, im Aether und im Weingeist tritt mit der Colloidsubstanz ebensowenig eine Veränderung ein, als bei ihrer Behandlung mit Aciduin aceticum oder der Jodschwefelsäure, zu deren Verwen­dung man häufig veranlasst wird, weil Colloidsubstanz in Zellen den letzteren ein ganz ähnliches Aussehen gibt, als unterlägen dieselben der amvloiden Degeneration. Mit concenti irter Kali-lange sind Sie jedoch öfters im Stande, die resistente Substanz zu lösen. Mit ereschichteten Colloidkugeln aus Vaginalcysten von
' [cli liabj mirli iiberzeunft, dass Eitor uicht allein durcli üagewanderte Zellen ßebildel wird, sondern dass dies-j Wandorzellen auch zu grossen Mutter­zellen werden könuon, i)i denen siuli Eiterzellen entwickeln. Ich habe diesen Vorgang an eiuem Granulom vom Hiute.kiofer einer Kuh sehr schön beobachtet. Auch habe ich die Ueberzeugung, dass ,miis Epithelzellen Eiter entstehen kann, wie die Epitlielien srllist sich theilvveise auch durch zugewanderte Zellen rege-neriren können. Wie Sie wissen, habe Ich zur Stütze letzterer Ansicht einen kleinen Beitrag geliet'erl (Wiener Vierteljahrssohr. f. wissonsch. Veterinitrkunde'. \l.ll.. s. 143), bedimre aber die mehrfach dariu vorkommenden, siuustörenden Druckfehler, die besonders in der Verweehslung von „interquot; mit „intraquot; gipfeln.
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Das Oardnom dor Nieren.
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Kühen ist mir dasselbe aber nicht gelungen, ich brachte es nicht weiter, als his zu einem geringen Aufquellen der Masse.
Beim Kochen j^ibt die Colloidsubstanz keinen Leim.
Dieselbe; bat überhaupt nur negative Erkennungszeichen. Sie unterscheidet sieb vom Albumin durch ihre Unlöslichkeit in Acidum aeetieum, — vom Schleim durch Nichtgerinnung nach Zusatz von Essigsäure , — von der amyloiden Substanz, durch das Ausbleiben des Roth- und Blauwerdens nach Zusatz von Jod und später von Schwefelsäure.
Diese Colloidsubstanz ist ein modiiieirter Schleim; nach Wagner ein mit Kohlenhydrat gepaartes Natronalhuminat.
Eine Umwandlung in diese Colloidsubstanz — nicht in Schleimgewebe, wie es so häutig irrtbümlich für gleichbedeutend mit Colloid gebalten wird — treffen wir in einigen Geweben, namentlich aber sind es die Zeilen, und zwar besonders die Epithelzellen, welche einer colloiden Degeneration erliegen.
Auch in unserem Falle sehen wir die Colloidsubstanz sieb aus den Zellen entwickeln. — Es fiel mir sofort auf, dass im Lumen der Harncanälchen häufig eine homogene, gelbliche, mit Vacuolen durchsetzte Masse lag, gerade so wie man sie in den Drüsenbläschen der Thyreoidea anzutreffen pflegt. In sehr vielen Harncanälchen konnte man das Epithel noch deutlich erkennen, es war aber nur selten intact: meistens waren die Zellen auf­gequollen, homogen und glasig, ja mehrfach schon zu einer drusigen Masse zusammengeflossen; in anderen Canälchen waren die Epithelien ganz oder theilweise verschwunden und nur die glänzende Colloidiiiasse füllte die Harncanälchen aus. Die in dem Colloid vorhandenen Vacuolen waren nicht alle leer, sondern enthielten öfters kleine glänzende Kernchen, wahrscheinlich Felt-körnchen, als üeberreste ehemaliger, nicht in toto in Colloid-degeneration zu Grund gegangener Zellen.
Symptome. Die Erscheinungen des Nierenkrebses sind nicht charakteristisch; sie können mit einer grossen Reibe chronischer Nierenaffectionen verwechselt werden und sind sicherlich kaum zu deuten, wenn auch noch in anderen Organen z. B. der Leber, sich Krebs entwickelt hat.
Man bemerkt beim Nierenkrebs in manchen Fällen — also nicht immer — periodisch wiederkehrende Häma-turie, grössere Empfindlichkeit in der Nierengegend —
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Das Carcinoin dor Nicron.
Schwäche der Nachhand — Verlust des Appetits — an­dauerndes Fieber und rapide Abmagerung. Zuweilen stellen sich auch Athemheschwerden ein. Letzteres dann, wenn die Nierenschwellung gar zu umfangreich wird. Per anum ist eine solche Niere wohl auch als weiche, massig .schmerzhafte Geschwulst zu fühlen. J.st die Schwellung nur massig, so kann man wenigstens die Niere als das aflicirte Organ erkennen, ist aber die Niere bereits in einen so eo-lossalen Tumor umgewandelt, wie es mehrfach beob­achtet wurde, so dürfte es nur schwer möglich sein, in der vorgefundenen Geschwulst eine veränderte Niere zu erkennen.
Im Verlauf stellen sich urämisehe Erscheinungen ein, das Thier bekommt Krämpfe, verfällt rasch darauf in einen sopo-rösen, bewusstlosen Zustand und verendet.
Prognose und Therapie. Die Prognose ist ganz; ungünstig, selbst bei möglicher richtiger Diagnosis, und desshalh ist auch ein therapeutisches Eingreifen nicht zu empfehlen.
Von den in der letzten Zeit so hochgerühmten Specificis gegen Krebs ist nichts zu halten.
Das Fleisch gut genährter geschlachteter Thiere, z. B. vom Schweine, kann zwar ohne Nacbtheil genossen worden, eignet sich aber unter keinen Umständen für den öffentlichen Markt. Finden Sie nach der Schlachtung auch Krebsmetastasen , so schliessc man Fleisch und Fett vom menschlichen denusse ans.
üeber lymphatische NeuMldimgen imd Tuberkeln in den Nieren.
Tuberkel
Rotz und Wurm — Porlsucht.
lieber diese. Dinge ist nicht viel bekannt. Allerdings kommen derartige Neubildungen bei allen unseren FEausthieren vor und mangelt es keineswegs an Mittheilungen, nanieutlich, dass man in den Nieren Tuberkeln gefunden hat. Wer aber wei.ss, wie gerade in der Thierheilkunde selbst vielfach heute noch jeder
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I1ober lymphatische Kfinbüdungfin und Tuberkeln in ilon Xiornn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 87
gelbe käsige Knoten ein Tuberkel genannt wird, wer sich über­zeugt, wie selten bei Thicreu Neubildungen vorkommen, welche dem inenscbliehen Tuberkel von heute gleichkommen, und wer endlich erfahren hat, wie so häutig gelbe miliaro Knötchen mul­tipel in den Nieron auftreten, die nichts Anderes sind als Ab-scesschon, metastatische Herdchen, Ectasien von mit Fett ge­füllten Ilarncanäicheii, der wird ausserordentlich misstrauisch gegenüber den Fällen, in welchen Tuberkel überhaupt und speciell in den Nieron gefunden worden sein sollen.
Neben allgemeiner Tuberculosis hat Professer Förster in Würzburg in den Nieren hei Pferden, Hunden und Affen Tuberkeln gesehen.
Fs dürften vereinzelte oder conglomerirte Knötchen sein, die central ihre Kiesenzellen hätten ' und zum grössten Theil aus lymphoiden Elementen aufgebaut sind, welche von einein zarten Bindegewebsgerüste getragen werden.
Beim Kotz und Wurm kommen zuweilen kleine Knötchen in den Nieren vor, dieselben sollen nach Bruck-müller Metastasen sein, was sich dadurch nachweisen lasse, dass in den Blatgefässen häutig Pfropfe (Emboli) gefunden werden.
In einem von Fischer- beschriebenen Falle fanden sich jedoch in der linken Niere eines Pferdes Neubildungen, die nicht als Metastasen aufgefasst werden können.
Eine 14jährige Stute bekam Colik, hinkte währenddem mit dem linken Hinterfusse und starb nach '22 Stunden. In der Bauchhöhle und in der linken Nierengegend fanden sich grosse Blutextravasate. Die Extravasate in der Nierengegend haben sich bis in die Bauchhöhle verbreitet und lagen retroperitoneal. Das Blut stammte aus dem Becken der linken Niere.
Das Nierenbecken war zerrissen und mit Geschwüren bedeckt, wie man solche bei rotzigen Pferden auf der Nasenschleinihaut findet. Auf der Oberfläche der Niere waren eine Menge tuberkelähnlicher Punkte zerstreut. Auf der Schnittfläche ergab sich, dass diese Neubildungen von der Peripherie gegen das Centrum der Niere sich erstreckten,
1 Di^ Riesenzellen sitzen niclit immer central und sind aucli für den Tuberkel knin diagnostisches Merkmal I
- Fischer: Blutnng aus ilor linken Niere bei einem rotzigen Pferde. Journal veter. et .igricole de l!ellt;;i(iiio. Bruxelles lK4(i.
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I
SS
CTebor lympliatischoNeubildangen und Tuberkeln tndenNieron.
die Dicke einer Sckreibfeder und ein speckiges Ausselien hatten. Einzelne dieser Streiten waren härter, andere weicher.
Während des Lebens bemerkte man nur einmal, dass das Tliier längere Zeit rossig war.
Ans einem Briefe des Herrn Dr. .Schütz in Berlin ersehe ich, dass derselbe in den Nieren rotzkranker Pferde zwei wesent­lich von einander verschiedene Processe unterscheidet.
1.nbsp; nbsp;Eine interstitielle Nephritis, die zur Induration und Granular-Entartung der Niere führt und durchaus nicht als ein der Rotzkrankheit allein zukommender Process angesehen werden darf: — nnd
2.nbsp; nbsp;eine speeifische Porin. Hier entstellen begrenzte An­schwellungen im interstitiellen Gewebe, es erzeugen sich viele Granulations/.eileu und dann tritt Fettmetauiorphose ein. Diese rotzigen Neubildungen treten solitär und multipel auf, sind erbsen-, bohnen-, selbst hühnereigross und stets so gelagert, dass sie dicht unter der Nierenobertlächc sitzen und kugelabschnittartig über letztere hervortreten.
Häufiger als beim Pferderotz findet man bei hochgradiger Perlsucht des Rindviehs verschieden geformte Neubildungen, nämlich bald kleine miliare und noch kleinere Knötchen, bald grössere, erbsengrosse Knoten, dann wieder einmal begrenzte, vom Ililus zur Peripherie angeordnete, streifige, oder über grössere Nierenpartien verbreitete diffuse Infiltration. Die Neubildung ist weiss oder weiss-gelb, derb, prominirt zuweilen über die Schnittfläche, zeigt nicht selten central einen käsigen Zerfall und bat ihren Sitz häutig in der Grenzschicht der Pyramiden und insbesondere in dem Ba­saltheil der letzteren.
Durch Conglomeration können eine Anzahl kleiner Knötchen zur Kntstebung eines grösscren Knotens beitragen, und kann es dann vorkommen, dass durch Zerfall der älteren, mehr central gelagerten Knötchen ein solcher Knoten eine Masse darstellt, die in ihrer Mitte einen grossen, käsigen, mit Kalksalzen durch­setzten Herd hat; denn wie überall, so auch hier in den Nieren, finden wir eine ganz vorzügliche Prädisposition der fraglichen Neubildung, sich mit Kalksalzen zu infiltriren, um dann schliess-
lich eine feste, sandige — mörtelartilaquo;.
Masse darzustellen.
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Ueber lymphatisoho NeabUdaugen uml Taberkeln in ilcu Nieron.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;S*,*
Wenn Sic die Fig- 11 (Taf. 11) betrachten, so sehen Sie das mikroskopische Bild eines Nierenausschnittes, wie Sie es unter dem Namen: „interstitielle Nephritisquot; oder im höheren Grade als fibröse Degeneration dor Nieren bereits kennen gelernt haben; liier ist es aber nichts Anderes als das erste Stadium dor in Rede stehenden Neubildung: „der Perlsuchtquot;, ich lege einigen Werth darauf, Ihnen auch in der Niere bei beginnen­der Perlsucht ein chronisch-entzündliches Anfangs­stadium zeigen zu können, weil ich hoffe, dass es mir später noch gelingen wird, Sie davon zu überzeugen, dass sich die so­genannte Perlsucht mit besonderer Vorliebe in einer auf ent­zündlicher Basis beruhenden Bindegewebsneubildung entwickelt.
liier mag es zunächst genügen, darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass bei der Perlsucht in den Nieren zuerst eine Massenznnahrae des intevstitiollon Gewebes erfolgt, das alsbald von Ivmphoidcn Zellen durchsetzt wird (Taf. III, Fig. 12) und endlich zur Bildung von Perlknoten (Taf. 111, Fig. 13) Veranlassung gibt, die central absterben und durch Kalkeinlagerung undurchsichtig und bröck-lich werden.
An Stellen, die sehr reich sind an interstitiellem und zellig infiltrirtem Bindegewebe, sind die Harncanälchen verödet und Knoten an Knoten gelagert, von denen jeder einzelne deutlich eine concentrische Anordnung von Bindegewebe und Lymphzellen erkennen lässt.
Endlich halte ich mich verpflichtet, Ihnen eine Mittheilung des Herrn Professors Dr. Bollinger in München nicht vor­zuenthalten, nämlich, dass: Tuberkel' in den Nieren besonders bei Kälbern mit angeborener Perlsucht vorkommen. Die Münchener Sammlung enthält mehrere derartige Präparate. Auch in der einen Niere einer 15 nil do es e fand ich der Perlsucht ganz ähnliche Knötchen und ülcera. Unter dem Mikroskop constatirte ich an verschiedenen Stellen eine zellige Infiltration des intertubulären Bindegewebes und dort fend ich auch mehrmals diese Zellen concentrisch zu einem Knötchen geordnet und die Bellinischen Röhrchen dadurch zur Seite ge­drängt; durch centralen Zerfall dieser Knötchen entstanden kleine
1 Perlsachtknoten.
I* t' I u ;r . Ki-nnklu-itt-n lies aropoStisdien Hysti
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Ueber lympbaüscbe KcubUduugen imd Taborkoln in den Nieren
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Ulcera, die durch Confliix sich vei'grösserten. Der llurcl, von dem diese fragliche Niere stammte, wurde im liiesigcn Thier-spitale wegen Phtysis pnlmonum lange Zeit behandelt. Xaeli seinem Tode fand man reichliche Zellenintiltration im inter-alvcolaren Lungengewebe und zellige Hepatisation in den Alveolen; durch Zerfall sowohl der Zellen im interstitiellen Gewehe, als auch der intraalveolaren Zellen und Conflux des Detritus mit theilweiser Resorption oder Expectoration desselben hatten sich mehrfache Lungencavernen gebildet. Das Mediastinum und die Pleura costalis waren in bis O'Ol Meter dicke, speckige und auf der Oberfläche zottige Schwarten umgewandelt, welche hei mikroskopischer Betrachtung kaum einen Unterschied von laquo;ähn­lichen, der Perlsucht des Rindviehs eigenen Schwarten erkennen Hessen; es mtisste denn der Mangel an Riesenzellen in der vor­liegenden Geschwulst als ein solcher angesehen werden — da man bei der Perlsucht in solchen mehr flach ausgebreiteten Neubildungen diese Myeloplaxes gewöhnlich in grossen Nestern, fünf bis fünfzehn und mehr Exemplaren zusammengehäuft, findet.
Bei dem fraglichen Hund handelte es sich unzweifelhaft um ein Lymphosarcom mit Metastasten in der Niere. Die Aehnlichkeit dieser Neubildungen mit der Perlsucht ist sehr gross; ja von manchen Forschern wird letztere geradezu dem Lympho­sarcom angereiht. '
Symptome. Die ihnen soeben geschilderten anatomischen Veränderungen sind zuweilen sehr hochgradig, und es ist dann kaum denkbar, wenn ich Ihnen sage, dass wir Thicrärztc leider nicht in der Lage sind, die fragliche Nierenaffection während dos Lebens zu diagnosticiren. Die auftretenden Erscheinungen sind im Allgemeinen die einer Nierenaffection; oft — und hei niedergradigen Veränderungen ganz bestimmt — fehlen alle ob-jeetiv bemerkbaren Krankheits-Erscheinnngen. Mit wenig Worten: die lymphatischen Neubildungen in den Nieren geben für den behandelnden Arzt kein klinisches Bild.
Wenn wir aber ein Leiden seiner Natur und oft sogar seinem Sitze nach nicht erkennen — ja wenn wir, wie im vorliegenden Falle , selbst in die Verlegenheit gebracht werden , ein Krank­sein an den Thieren gar nicht wahrzunehmen, so kann von einer Prognosis nnd Therapie auch gar keine Rede sein.
1 Virchow, Geschwülste. 2. Band, S. 733 a. 739.
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ITobcr Iviiiiiliatiscln-XcniiiMunffeo and Tnborkeln In den Kioren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;91
Nacli dem Tode des Tlii ores können wir uns über unsere Unwissenheit jedoch einiger Massen trösten , denn es ergibt sieb wohl immer auf dem Sectionstische. dass das Leiden in den Nieren nicht allein bestand uml auch nicht die primäre oder Hauptkrankheit des Thieres aasmachte.
Rotzige Pferde gehen nach unserem heutigen Wissen so wie so zu Grunde, ganz glcichgiltig, ob die Nieren in Mitleiden­schaft gezogen waren oder nicht — und bei pcrlsü chtigem Rindvieh finden Sie gewöhnlich auch nur dann Knoten und Cavemen in den Nieren, wenn das Leiden des Thieres sehr alt und fast in allen Theilcn des Körpers verbreitet ist.
Kine Behandlung der Kranken ist aber auf keinen Fall indicirt. — Nur in so ferne gewinnen die in Rede stehenden Kraukheitsproeesse eine klinische Bedeutung, als durch die Zer­störung des Gewebes, also meinetwegen durch Ulceration, es zuweilen zur Corrosion von Blutgefässen und zur Perfora­tion der Nieren kommt. Im ersteren Falle treten Nieren­blutungen ein, im anderen Fall acute entzündliche Processe in den Nieren und deren Nachbarschaft, oder Harninfil­trationen — Alles Zustande, welche im Stande sind, den Patienten rasch dem Tode zuzuführen.
Sollte Ihnen einmal der Fall vorkommen — mir ist es nämlich noch nicht passirt — dass ein rotzverdächtiges Pferd oder eine sogenannte lungensüchtige Kuh sehr auffällig an einer Nierenaffection zu leiden scheint, so dürfen Sie an die eben ge­schilderten Processe denken und können eine Pallialivcur ein-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;H leiten oder rein symptomatisch hei der Behandlung der Kranken verfahren. Eine radicale Heilung der localen Krankheit wird Ihnen so wenig gelingen, als es bisher uns möglich war, den Rotz oder die Perlsucht zu heilen I
VI.
Hypertrophie und Atrophie der Nieren.
Die Hypertrophie der Niere ist eine wahre oder falsche. Erstere betrifft meistentheils nur eine Niere und ist eine compen-satorischc Hypertrophie, d. i. eine Hypertrophie, die bedingt
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Hypertrophlo und Atrophie der Nieren.
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ist durch die gesteigerte Thätigkeit dor einen Niere, während die andere durch degenerative Vorgänge functionsunamp;hig geworden ist.
Die erhöhte Function einer durch Compensation vergrösserten Niere erkennen .Sie leicht an den stärker gewordenen zu- und abführenden Blutgefässen.
Selten findet sich eine wahre Hypertrophie der beiden Nieren; letzteres dürfte bei Circulationsstörungen (In sufficienz der Valvula bicuspidalis^ zuweilen vorkommen. Ob eine beiderseitige Hypertrophie der Nieren bei Thieren vorkommt, die an Polvurie (Lauterstall) liiten, ist noch nicht sicher­gestellt: bei Menschen, welche längere Zeit an Diabetes krank lan-en, will man mehrfach nach deren Tod eine beiderseitige Nierenhypertrophie aufgefunden haben.
In unserer pathologisch-zootomischen Sammlung Hnden sich die beiden Nieren eines kleineren Hundes, der an Bright'scher Krankheit litt; die eine Niere ist herzförmig atrophirt und misst in die Länge 0-iraquo;38 Meter, ihre grösste Breite beträgt 0-03, ihre geringste Breite 0-02 und die grösste Dicke 0015 Meter, während die andere Niere 0-07:i Meter lang, (KUß Meter breit und 0,034 Meter dick ist. Letztere dürfte der Grosse des Hundes entsprechend um ein Viertbeil vergrössert sein; sie ist derb, schwor und hat weniger scharfe Ränder. Ihre Vergrösserung bezieht sich auf alle Theile der Niere: unter dem Mikroskope ist aber keinerlei Abweichung von der normalen Structur zu erkennen. Man muss hier desshalb fragen, worin nunmehr die Hypertrophie beruhe, da alle Theile im normalen Verhältniss zu einander sich Hnden! —
Ich wage es nicht, Ihnen diese Frage mit Bestimmtheit zu beantworten, glaube aber, dass unter den gegebenen Voraus­setzungen kaum ein anderer Sehlnss zulässig ist, als der, dass sieh in diesem Falle Drüsenparenchym neugebildet habe.
Neben Anderen hat auch Gurlt bei einein Ochsen und einem Schweine zu grosso Nieren gefunden, ohne eine pathologische Veränderung in deren Structur nachweisen zu können '
Aussei- einer allgemeinen Hypertrophie gibt es auch eine partielle Hypertrophie der Niere, die darin besteht, dass
1 Gurlt: Zusmnmenstellung interessanter Präparate der Sammlung der k. Thierarziieisuliale in Berlin. Magaz. v. (i. n. 11. XL., S. 4 40.
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Qypertrupliie aud Atruphie der Niereu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9^
bt-ii Vcrödiiiig' eines Nierenabsehnittes der übrig gebliebene liest nun in gröäserer Menge Harn absondert und sieh dadurch all-miilig in allen seinen Theilen stärker entwiekelt. Eine solche Niere wird allerdings höckerig und lappig urscheiuen, also eine Form annelnnen, die sich nur ausnahmsweise bei der wahren Hypertrophie entwickelt.
In oinuin gewissen Sinn kann man auch als eine Nieren­hypertrophie die luxuriöses Bildung von Nieren (iberhaupt ansehen. Wohl sind derartige Fälle sehr selten, aber sie kommen vor und dcssbalh darf icb Ihnen eine kurze Notiz darüber nicht vorenthalten. Gurlt ist es nämlich, der im Magazin für Thier-heilkunde XXXII., S. 191, angibt, drei Nieren bei einem ge­sunden Sehwein und vier Nieren bei einer Kalbsmissgeburt gefunden zu haben. #9632;Jedenfalls, meine Herren, ist es aber richtiger, die Bildung überzähliger Nieren für einen Entwicklungsfehler, für eine Lappung oder besser noch für eine totale Theilung der Gewebe sehen bei der Nierenanlage anzusehen, als an die Bildung besonderer Nieren zu denken.
Zustände, welche zu einer falschen Hypertrophie der Niere führen, haben Sie schon theilweise kennen gelernt. Im Allgemeinen bezeichnet man als falsche Hypertrophie jede Vergrösserung des Organs, die nicht durch Vergrösserung (Hypertrophie im engeren Sinne) oder Vermehrung (Hy p e rplasi e) des Pai enehyms entstanden ist. So ist t's Ihnen ja schon gesagt worden, daas bei einer ein­fachen Hyperämie die Niere grosser wird, und class dieses noch mehr geschieht durch entzündliche Exsudation, dann durch Schwellung der Epithelzellen, durch Verdickung der Membrana propria oder der Tubuli urinifeii , durch Wucherung dos inter-stitiellen Bindegewebes, durch Steatose, durch Eiterung, Krebs, Sarconiatosis. durch lymphatische Neubildungen, Cystenbildung und durch Hydronephrose. Auf diese Weise können dann die Nieren eine ganz enorme (.ü-össo erlangen, so z. B. fand man die beiden Nieren eines Schweines 27l/2 Pfd. prenss. und eine Niere davon allein 16'/j I'fund schwer:1 der preussische Thierarzt Hahn - fand sogar einmal eine Pferdeniere, welche nicht weniger, als 4t) Pfd. wog.
1 Spiitlie: Miltlicil. a. il. ih- Praxis in Preussen. II., S. MI - Mitili. n. (1. th, Praxis in Preussen. tsäT, S. 81
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Hypertrophio und Atrophie dor Nieren.
.So Läufig, wie eine Hyperü'ophie vorkommt, ebenso liiiutig ist auch eine Atrophie einer oder selten beider Niereu zu beobachten. Zuweilen ttiulon Sie, class cine Niere gänzlich zu Verlust gegangen ist, was aber nicht verwechselt werden darf mit der vielleicht schon angeborenen Verwachsung beider Nieren zu einer, z. B. bei der II ufeisenniere oder dem angeborenen Mangel einer Niere, wie solchen Thierarzt Weinemann1 in Edenkoben und T. Longo2 bei Pferden beobachteten. Ihre Diagnose wird in dieser Beziehung gesichert, wenn Sie von den Urotercn aus nach den Nieren suchen.
Eine congenitale Atrophie kann vorkommen, wenn durch Geschwülste oder durch übermässige Fettanhäufung die Nieren­substanz gedrückt wird, wie z. B. in jenem Falle, den icii Ihnen erzählte, als ich von einem Nierenlipom eines Kalbes sprach und erwähnte, dass dieses Lipom ein Geburtshinderniss war.
Gewöhnlich begegnen Sie einer Nierenatrophie — und meistens ist dann die Rindensubstanz davon betroffen — als Ausgang der Nierenentzündung i Granularcntartung, Nierenscirr-hose). Bei Hydronephrosis, Carcinom u. dgl. m. halten Sie wohl äusserlich eine Vergrösserung der Niere, aber auf Kosten des eigent­lichen Nierenparenchyms; letzteres schwindet zuweilen ganz und gar.
Die Atrophie beruht meistentheils auf Verlust der Epithelien, Collapsus der llarucauäiclieu und Schrumpfung von neugebildetem interstitiellen Gewebe. Eine Atrophie des interstitiellen Gewebes bis zum totalen Verlust desselben findet sich beim Kalkinfarct und kann dabei die Niere einen mörtelartigen Knoten darstellen.
Während die Oberfläche einer hypertrophirten Niere glatt ist, zeigt sich dieselbe bei der Atrophie uneben, höckerig, knotig, runzelig, stellenweise narbig eingezogen und kann dadurch ein lappiges Aussehen bekommen.
Ueber die Symptome auch dieser Zustände kann ich Ihnen liier ebenfalls nichts Besonderes mittheilen. Diagnostische Merkmale gibt es nicht, und das, was ich anführen könnte, habe ich Ihnen an anderen Orten bereits auseinander gesetzt, wie ich auch noch späterhin Gelegenheit finden werde, allenfalls hierher Gehöriges vorzutragen.
1 Wochenschrift von Adam. VIII., S. 161. - M medico veterinario. Torino 1863, S. 260.
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Nicreusicine u. [ntJarotbiidung in don Nitiren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;9raquo;gt;
Wo sich cine compensatorische Hypertrophie huriiiis-bililet, ist die Gesundheit und das Leben der Thierc gewöhnlich nicht besonders gefährdet; denn durch die Vergrössenmg der einen Niere wird die Störung wieder ausgeglichen, welche die verödete andere Niere im thierisclion Körper hervorruft. Es wird ein Ausgleich geschaffen und so ein Gleichgewicht zwischen Gresund-lieit und Krankheit hergestellt. In der richtigen Erkenntniss dieser Verhältnisse liegt auch der Grund, eine compensatorische Hypertrophie als eine Art Naturheilung anzusehen.
Was wir zur Beseitigung anderweitiger Hypertrophien und der Nierenatrophien beitragen können, das ist Ihnen grösstentheils aus meinen bisherigen Mittheilungen über die Nierenkrankheiten bekannt; das noch Fehlende werden Sie in den nächsten Ver­trägen erfahren.
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Nierensteine u. IniairtlMMimiraquo;' in den Nieren.
Nierencoük — Analytische Bemerkungen.
Pathologische ZootOUlie. Sie haben vielleicht schon Ge legenheit gehabt, bei kleinen Weltbürgern, welche! eben erst an­fangen, das Bett zu nässen an den feuchten Stollen der Windeln einen feinen ziegelrothen Sand zu finden, welcher der Rück­stand des abgesickerten Urins ist.
Bei denselben Kindern Hndet man in den Nieren, und zwar auf der Schnittfläche in der Pyramidensubstanz sehr deutlich gelbrothe Streifen in der Richtung der geraden Harncanälchen. Untersucht man diese Stellen mit einem Mikroskope, so sieht man, dass die Harncanälchen mit einer körnigen Masse gefüllt sind, die für Harnsäure gilt, wenn sie sich nach Zu­satz concentrirter Kalilösung auflöst und dann nach fol­gendem Säurezusatz die Ilarnsäurekrystallc (Taf. III. Fig. II) anschiessen. Löst sich die amorphe körnige blasse in Essigsäure oder in Salzsäure, und treten spater Ilarnsäure­krystallc auf, so dürfte man es wohl mit harnsaurem Natron (Taf. IV, Fig. 15) zu thun haben. Ebenso findet sich hier auch das saure harnsaure Ammoniak (Taf. IV, Fig. 16), das unter dem Mikroskope in Form stacheliger Kugeln auftritt
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NuTt'iistt'im! U. [Qamp;rotbilduilg in 'ion Nicivn.
und durci; die Murexidprobe nachweisbar ist- Dieses, sowie das amorphe, saure harnsaure Natron, sind an einen rothen Farbstoff gebunden, der die rothe Färbung des erwähnton Harnsediments in den Windeln der kloinen Kinder bedingt.
Diese, in Form von Staub in den II arncanälclien oder deren Epithel sieb findenden harnsauren Salze müssen als 11 arnsedini ente aufgefasst werden, die in den ersten Lebens­lagen allmälig mit dem Harne, nach aussen geschwemmt werden und deren Entstehung darin zu suchen sein dürfte, dass mit der Geburt in dein kindlichen Organismus ähnliche Aenderungen des Stoffwechsels vorkommen, wie bei Fieberkranken. Virchow ist es vorzugsweise, der die Meinung vertritt, dass die-e Infarete mit dem Respirationsprocesse in nächster Beziehung stehen, was allerdings durch mehrere Fälle, in denen man den Infarct ante partum sah, eine Widerlegung finden dürfte.
Aehnliche Verhältnisse scheinen bei unseren Haus-ihieren nicht vorzukommen; freilichwohl besitzen wir darüber keine näheren Beobachtungen, und bin auch ich nicht in der Lage, Ihnen Bestimmtes darüber mittheilen zu können, in mehreren von mir untersuchten Nieren neugeborener Thiere land ich keinerlei Infarct.
Ich habe übrigens die Meinung, dass bei unseren jungen Hausthieren der harnsaure infarct sich desshalb kaum finden dürfte, weil die Carnivoren in ihrem Urin zwar viel Harnstoff aber nur wenig Harnsäure haben. Im normal sauren Hundc-harn kommen nur Spuren von Harnsäure vor, und in dem alkalischen Harn der Schweine scheinen Harnsäure und Hip-pursäure ganz zu fehlen. Im sauer reagirendon Harn der Säuglinge der Berbivoren (Fohlen, Kälber) kommen auch nur ganz geringe Mengen der Harnsäure vor, die Hippur-säure aber, die im alkalischen Harne erwachsener Pflanzenfresser in ziemlicher Menge sich findet, fehlt liier ganz; dagegen ist das Allantoin im Kälberharn reichlicher vorhanden.
Es fehlen bei unseren Thieren also hauptsächlich jene Be­dingungen , unter denen beim Menschen der harnsaure Infarct bestehen kann.
Bei alleren Thieren, namentlich den Pferden, kommen Niederschläge von kohlensaurem Kalk constant vor, man kann dieselben im Harne unter dem Mikroskope leicht auffinden,
L.j .
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Nierensteine u. [nfarctbtldnng In den Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;97
da niclii aolteil die kloinen Kalkkörporclien die Form der Harn cylinder noch hei behalt on haben.
Bei leichteren Niercnaffectionon. Nierenhyperämie und dem Catarrh der llarncanälchcn, bei Zustanden, welche einen dunklen Harn zur Folge haben, hnden sich diese Kalkcylinder (Taf. V, Fig. 17) immer sehr reichlich im Harne und können bei den­jenigen, die mit der Harnuntersuchung nicht vertraut genug sind, die Meinung hervorrufen, dass sie es mit Faserstoffcylindern und df-r Bright; sehen Krankheit zu thun hätten. —
Wenn sich in den Harncanälchen grössere Mengen eines amorphen Harnscdiincnts bilden, so können wir kaum zweifeln, dass dadurch eine catarrhalische Affection der Nieren zu Stande kommt, dass Harncanälchen verstopft werden und so vielleicht der Grund zu einem Nierencystoid oder zur Bildung von Nierensteinen u. s. w. laquo;releirt wird.
llt;ci Besprechung der Hypertrophie und der Atrophie der Nieren habe ich der Nieren eines Hundes gedacht und dort vorzugsweise die hypertrophirte Niere betont; jetzt möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die atrophirte Niere lenken. Dieselbe ist herzförmig, ungefähr wie drei aneinander gewachsene Klee­blätter, sie hat die (Jrösse des letzten Daumengliedes einer kleinen Männerhand; ihr Ueberzug ist zwar nicht rauh, aber trotzdem findet sich die Oberfläche der Niere höckerig, weil unter der Albuginea körnige Erhabenheiten sind.
Ausserdem war die Niere ziemlich hart und setzte beim Durchschneiden dein Messer einigen Widerstand ent­gegen, wie es kalkig infiltrirte üewebe zu thun pflegen, Die Schnittfläche erschien trocken, die Corticalsubstanz fehlte an einzelnen Stellen ganz, an anderen ist sie bis auf ein Minimum verschwunden, nur an einer O'OOl Meter langen Stelle hat sie eine Dicke von (Hraquo;07 Meter, währenddem sie an derselben Stelle in der hvpertrophirten Niere (HU7 Meter inisst.
Auch die Pyramiden Substanz erscheint atrophirt. Das Becken ist normal und stark mit Fett durchwachsen.
Die Schnittfläche hatte ein weisslich gelbes Aussehen, und gleich von vorne herein unterlag es keinem Zweifel, dass liier Salzeinlagerungon bestehen Diese Salzeinlagerungen fanden sich ausschliesslich in der Corticalsubstanz, die beim Ueherstreichcn mit dem Finger rauh und sandig sich anfühlte und unter dem
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Nierensteine u. tafaretbUdung in raquo;Ifn Nieren.
Messer knirschte. Die Pyraimdensnbstanz war weich und kein Sand darin zu t'iilden. Unter dem Mikroskope zeigte es sich, dass die gewundenen Ilarneanalchen fast säuiintlicli mit starren Cylindern gefüllt waren; in vereinzelten gewundenen und in einem oder dem anderen geraden ('anälchen fanden sich übrigens auch colloide Cylinder. Die mikrociieinisclic Unter­suchung der infarcirten Stellen ergab, dass es sich hier um Ab­lagerung von kohlensaurem Kalk handelte, der wahrscheinlich die sogenannten Faserstoflfcylinder durchsetze; denn nach Lösung des Kalkes durch Salzsäure blieb eine weiche, structurlose Masse in den ilarneanalchen zurück. Das ganze Präparat stellt eine Schlussscene der Brightschen Krankheit in der Niere vor.
Aehnliche Fälle beschreiben auch Professor Damman1 und Kr.-Th. Kathke. - Ersterer fand bei einem Schafe eine Grranular-atrophie der rechten Niere und Einlagerung von oxalsaurem Kalk in den Harncaiiiilchen. In beiden Nierenbecken und im linken Harnleiter fanden sich kleine gelbbräunliebc Con-cretionen, welche nach der Untersuchung des Prof. K rocker in Proskau vorzugsweise aus Kieselerde bestanden.
Kathke berichtet etwa Folgendes:
20 Kühe und 25 Ochsen erhielten lediglich Zucker­rüben als Futter. Die Thiere frassen diese Rüben sehr be­gierig, blieben aber dünnlcibig und misteten weich. 30 Zug­ochsen erhielten neben den Rüben noch Heu, Stroh, Pressung, Rübenplatten und Oelkuchen. Nach :gt; Wochen erkrankten ;! Kühe an Bintharnen und mussten geschlachtet werden. Bei dor Section fanden sich Muskeln und Bindegewebe ganz gelb gefärbt, die Harnblase mit blutigem Urin gefüllt, und aussordeni war in der­selben viel Gries und 50 UU Steinchen von der (.Jrosse eines Nadelkopfes bis zu der einer Bohne. Das ganze Nierengewebe war mit denselben Steinmassen durch und durch ge­pflastert: die N ierenbeek en enthielten Gries und mehrere erbsengrosse Steine. Die Leber war sowohl in den Gallen­gängen wie in ihrer Substanz mit Hunderten von Steinen
' Dr. C. I).'iminn ii: Gramilaratrophio der rechten Niero. Hyilronephrose der linken Niere durch Kioselsäuresteiue, Tod durch uriimisclio Intoxication. Magazin von t!. u. II. XXXVI., S. 4--,7.
- K.'ithkr: Stcinbildtnig wabrscheinlicb in t-1laquo;raquo;!laquo;;!' von Zuckerrübenfütterung. Tb. Mittheil, aus Prenssen tsiiT.
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Nioronsteinlaquo; u. Enforotbildung in den Nioren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;99
durchsetzt. — (Jleich darauf erkrankten nock .quot;gt; Ochsen unter denselben Erscheinungen; nur mit dein Unterschiede, duss auch Steine in der Harnröhre eingekeilt waren.
Bei einem Ochsen bestand bereits eine Blasenruptur. Bei den anderen noch übrig gebliebenen Ochsen zeigten sieh nach dieser Zeit wiederholt Harnröhrensteiue, die durch die Operation entfernt werden mussten. Bei einem Ochsen wurde dreimal der Harnrührenschnitt gemacht und ihm im Ganzen 10 Steine entfernt. Die 30 Zugochsen hlieben gesund.
Mau findet also auch im Nierengewebe, d. h. in den Harncanälchen, und zwar besonders in den Tnbulis rectis grössere Körnchen (Harngries) und selbst kleine, hanf-korngrosse und etwas grössere Steinchen (Nephrolithen); letztere liegen in ausgebuchteten Canälchen, die an diesen Stellen eine verdickte Wandung haben, so dass die Nephrolithen in einer Kapsel eingeschlossen zu sein scheinen.
Diese Nierenconcretionen bleiben nun entweder am Orte ihrer Entstehung liegen oder sie werden mit dem Urin weggeschwemmt, gelangen ins Niererenbecken, in die Ureteren, die Harnblase und die Harnröhre. An allen diesen Stellen können sie liegen bleiben und durch Accretion sich vergrössern ; im glücklichen Fall können sie aber auch nach Ausson geschafft werden, und es geschieht dieses namentlich dann, wenn die Coneretionen noch nicht so gross sind, um irgend wo die Hamwege zu verstopfen. Die sogenannten Nierensteine liegen nun allerdings seltener im eigentlichen l'arenchym, sondern werden gewöhnlich in den Nierenkel eben oder dem Nieren­becken gefunden, gerne klemmen sie sich dort ein, wo das Becken in den Harnleiter übergeht.
Aussei- den Steinen findet man im Nierenbecken aber auch feinen Saud und Ories, ähnlich wie in den Harncanälchen. Es ist dieses meistens das sogenannte Harnsediment, das sich aus den festen, im Harne nicht gelösten, sondern nur suspendirten Stoffen bildet, indem letztere sich allmälig dort niederschlagen, wo der Harn einige Zeit verweilt; — oder es kommt vor, dass die Bestandtheile des Sediments anfänglich im Harne gelöst sind und sich erst in Folge eigenthündicher Umsetzungen des Harnes bilden und dann als feste pulvorige Masse sich ab­scheiden.
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NkTuiistume u. Iiifaretlgt;ililuiii; in den Nieren.
Bezüglich der Form und ihrer cheuiisclien Zusammen-setzung l)cstolieii je nach der Thiergattung wesentliche Ver­schiedenheiten /.wischen den Nierensteinen.
Die Nierensteine des Pferdes sind, da die kleineren Steine öfters mit dem Urin fortgeschwemmt werden, gewöhnlich gross und von der Form des Nierenbeckens; sie sind ent­weder ungeschichtet oder mehr oder weniger deutlich ge­schichtet; meistens haben sie eine warzige Oberfläche und eine graulich-weisse bis graulich-braune Farbe; ihr Ge­wicht ist sehr verschieden: in der Münchener Sammlung findet sich ein nierenförmiger, bräunlich-gelber, zum Theil warziger, zum Theil glatter Nierenstein, der drei Medicina Ipfund oder 10S0 Gramm wiegt, während ein anderer nierenförmiger, zum Theil bläulich lichtbrauner, zum Theil grauer rauher Nieren­stein 1380 Gramm schwer ist und dabei noch diei kleine graubraune, rundliche Nierensteine hatte, die wieder zusammen liSö Gramm wogen. Der grösste Nierenstein vom Pferd, den wir in hiesiger, erst seit wenig Jahren angelegter Sammlung haben, wiegt nur 2:gt;3 Gramm. Es finden sich in dein Nieren­becken aber auch kleinere Steine, je nach ihrer Grosse in ver­schiedener Zahl, so z. B. wurden einmal neben einem grös-seren Stein 31 kleinere Steine gefunden, die zusammen 480 Gramm wogen. Dass Sand und Grios auch öfters im Nieren­becken vorkommt, davon können Sie tgt;ich sehr leicht bei Sec-tionen überzeugen. — Je nach ihrer Farbe sind die Steine auch immer von etwas verschiedener chemischer Consti­tution und je nach ihren Bestandtheileii sind sie auch verschieden fest.
Am häufigsten kann man in den Nierensteinen der Pferde und auch in denen der Esel nachweisen: kohlen­sauren Kalk, kohlen sau re Bitter er de und Oxalsäuren Kalk.
Die Nierensteine des Rindviehs finden sich nicht so häufig wie die vorigen; sie sind zackig, drusig, korallen-förmig oder rund, bald wie Perlmutter, bald wie Gold glänzend; bald schmutzig weiss oder graubraun; einzelne sind geschichtet, andere ungeschichtet, manche hart und wieder andere leicht zu zerbröckeln.
Ihre Grosse ist verschieden, doch erreichen sie meines Wissens nie das Gewicht der Nierensteine, wie man solche
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Nierensteine a. lafarctblldang in don Nteron.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 101
beim Pferde zuweilen sieht; endlich trifft man entweder einen oder mehrere Nierensteine, ja sogar oft mehrere Hundert, natürlich dann aber nur kleine Steine, in einer Niere an.
In den Nierensteinen des Rindviehs ist enthalten: oxalsaurer Kalk, phosphorsaurer Kalk, kohlensaurer Kalk und kohlensaure Bittererde und öfters - namentlich bei den metallisch glänzenden — findet man auch kohlen­saures Eisen oxydul und dann auch zuweilen Kieselerde.
Beim Schaf sind die Nierensteine noch seltener als beim Rindvieh, und von Nierensteinen bei Ziegen ist mir aussei-einer Notiz in Bruckmüller's pathologischer Zootomic, dass diese Steine aus kohlensaurem und kleesaurem Kalke bestellen, nichts erinnerlich.
Die Nierensteine des Schafes sind sehr klein, höchstens erbsengross, sie sind weiss, haben eine glatte Oberfläche, sind aus dünnen Schichten zusammengesetzt und bestehen vorzugsweise aus kieselsaurem und kohlensaurem Kalke, kohlensaurer Magnesia und etwas Eisen.
Auch die Nierensteine Lei Schweinen sind nicht häufig: so hatte im Jahre 1857 die Münchener Thierarzneischule erst einen eiförmigen, plattgedrückten, gelblich-weissen Nierenstein, der 1 Drachmen und '. Skrupel (circa 17-5 Gramm) wiegt. Auch die Sammlung der früheren Carlsruher Thier­arzneischule hatte im Jahre 1859 nur eine solche Nummer. Fuchs ' sagt, dass sich in diesem Falle in der iS'iere mehrere Steinehen von der Grosse eines Mohnsamens bis zu der einer Erbse gefunden hätten. Die Steinchen waren röthlich gelb, metallisch glänzend, rundlich, mit Eindrücken versehen, welch letztere durch die Nebeneinanderlagerung der Steine ent­standen. Analysen derartiger Sternchen sind mir nicht bekannt, wahrscheinlich aber bestehen diese Steine hauptsächlich aus phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia und kohlensaurem Kalke.
Bei dein Hunde weiden die Nierensteine öfters, aber keineswegs so häufig wie heim Pferd und beim Rindvieh ge­funden; sie sind klein, flach, tafelförmig geschichtet oder mohnsamen- bis erbsengross, unregelmässig rund und
1 Fnclis: Patholoirisclie Anatomie der HaussSncethiere. IS50.
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Nierensteine a. InfarctbUdung In den Nioren.
selbst warzig; ihre Farbe ist gelblich oder gelblich-braun. Die mehr tafelförmigen Steine hen sind nach Roll ' im tVischcn Zustand weich und enthalten in grrösserer Menge Cystin. Die derberen Steinchen enthalten harnsaures Ammoniak, phosphorsauren, kohlensauren und Oxalsäuren Kalk.
Thatsächlich besteht bed allen Hausthiergattnngen und scheinbar verhältnissmässig am häufigsten bei Hunden zuweilen eine besondere Disposition (Diathese) zur Concrement-bi Idnng. Im ..Recueil de Med. vi;t. prat. 18-14quot;quot; finden Sie einen darauf bezüglichen interessanten Fall initgetlicilt.
Eine Hündin starb an Wassersucht; es fanden sich bei der Seelion Steine in den Is'ioron, den Harnleitern und in der Blase, auch in der Leber waren Neubildungen grösstentheils im verkalkten Zustande und aussei- diesen noch Cysten mit grau­grüner, albuminöser Materie, die Gallenfarbstoff, phosphorsauren und kohlensauren Kalk enthielten. Die Harnconcremente waren grün und enthielten 6quot;2ü Procent Harnsäure, 2iVl Am­moniak, 12,1 grünen Gallenfarbstoff und Spuren vom phosphor sau rem Kalk.
Die Nierensteine der Katze endlich werden nur ganz ausnahmsweise gefunden: sie verhalten sieh wahrscheinlich wie die des Hundes: jedenfalls gibt es auch eystinhaltige Nierensteine bei der Katze. '-
Genesis der Nephrollthen. Wie entstehen nun alle diese (Joncretionen in der Niere und im Nierenbecken?
Wenn Sie mit Aufmerksamkeit meinen bisherigen Mitthei­lungen gefolgt sind, so können Sie sich eigentlich diese Krage schon zum Theil beantworten: allerdings ist diesem noch Manches beizufügen, und desshalb will ich auch das Capitel über die Entstehung der Nierensteine - in nuce ziisammengefasst — Ihnen vortragen.
Die meisten Bestandtheile der Nierensteine stammen aller­dings aus dem Urin, aus dem sie sich aus irgend einem Grunde absetzen oder niederschlagen. Dieses können wir von allen jenen Bestandtheilen der Harnsteine annehmen, welche sich im Urin entweder schon vorgebildet finden, oder die bei chemischen
1nbsp; nbsp;Roll: SpecicIIe Pathologie und Therapie der Hnnssängethierc, I., S, 1'Jquot;gt;.
2nbsp; .Sic-lii! Röll'a speciello Pathologie und Therapie. I., S. 125.
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Nierensteine u. [nfbrctbildnng in il^n Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;103
Umsetzungen des Harns Jch leicht entwickeln können. Etwas anders verhält es sich dagegen mit jenen Stoffen, die gewöhnlich als Extractivstoffe in älteren Analysen bezeichnet werden und deren Bildungsstätte selbst noch nicht sicher squot;quot;quot;^ bekannt ist.
Dann muss unzweifelhaft auch die Frage näher in Betracht gezogen werden, war tun bei einzelnen Thieren über­haupt oder wenigstens eine so reichliche Bildung von festen Bestandtheilen aus dem Harne in den Nieren stattfindet, währenddem dieses doch bei der Mehrzahl der Thiere nicht geschieht? — Liegt der Grund hievon in einer qualitativen Veränderung dos Urins, oder in einer patho­logischen Veränderung des Nierengewebesquot;? — Die Einen stehen auf einem mehr bumoral-pathologischen Standpunkte; sie ver-inuthen eine besondere Krase oder Diathese des Blutes, in Folge deren dasselbe Blut — selbst reich an Salzen — diese mittelst des Urins theilweise zur Ausscheidung bringt. Der an ver­schiedenen Salzen oder deren Bestandtheile reiche Harn wird bei einiger Ruhe oder bei beginnender Zersetzung (Scherer), je nach der Thiergattimg, verschiedene Niederschläge bilden, die zuerst zur Bildung eines Kerns des Nierensteins dienen, um den sich dann schichtenweise neue Ausscheidungen aus dem Harne in Form von Schalen anlegen und so den Nephroliten auf­bauen. Verbinden sich die aas dem Harne ausgeschiedenen Massen nicht miteinander, so haben wir es mit amorphem oder krystal-linischem Sediment zu thun. Bei vielfacher Kernbildung werden die einzelnen Steine nicht gross: wir bekommen dann Sand und Gries, die, wenn sie aneinanderbacken, drusige und beeren­artige Nephrolithen darstellen.
Andere Autoren nähern sich in ihrer Anschauung mehr den SoUdarpathologen. Sie glauben, dass die Steinbildung zusammen­hängt mit einer Nierenaffection . mit einem Catarrh der Theile. II. Me ekel spricht dabei sogar von einem speeifischen Catarrh.
Thatsache ist es, dass bei catarrhalisehen Affectionen der Nieren immer eine reichliche Schleimabsonderung und zuweilen auch eine stärkere Abstossung des Epithels stattfindet. Abgesehen nun von der Möglichkeit, dass mit Epithel reichlich durchsetzte Schleinnnassen hier liegen bleiben und um so rascher verkäsen, resp. verkalken können, als ja Kalk- etc. Salze immerfort in verhältnissmässig grosser Menge direct zugeführt werden, so muss
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Xieri'iisii'inc u, EnfarutbUdaug in den Nioren.
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doch zugestanden werden, dass die Schleimmassen sell)st vielfach Gelegenheit zum Festhalten des Harnsediments bieten.
Je nachdem der Urin nach Thiergattung und Individuum besonders reich an Salzen i^t, werden wir auch häufig der Stein­bildung und dergleichen begegnen.
Bei Pferden ist der normale Urin schleimig, trüb und sehr reich an Sediment; er ist alkaliseh und enthält überaus viel doppeltkohlensaure Alkalien, alkalisehe Erden, Oxalsiinre und oft in grösserer Menge Krystalle von hippursaurem Kalke. Ent­wickelt sich in der Niere — oder in der Harnblase — ein Catarrh, so kann es dann gerade beim Pferde besonders leicht zur Steinbildung kommen.
Da heim Rindvieh ähnliche Verhältnisse
wie
beim
gt;ferdt
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bestehen, so können wir bei dieser Thiergattung gleichfalls öfters die Steinbildung beobachten.
lgt;ei Thieren. die einen bellen und klaren Urin absetzen, z. Pgt;. bei Schweinen, Ziegen und Katzen Hndet sich die Steinbildung seltener.
Wir sehen also, dass es bei sedimentreichem Harne sehr leicht zur Steinbildung kommt, wenn in den Nieren sich eine catarrhalische Affection entwickelt.
Gewöhnlich schlagen sich die Harnsedimente innerhalb der Niere nieder, vergrössern sich hier oder werden, wm es am häufigsten geschieht, in das Nierenbecken durch den Urin ge­schwemmt und geben hier zur Steinkernbildung die erste Ver­anlassung. Die Bildung der Steine geschieht in den ineisten Fällen sicherlich sehr langsam, wenn der vorherrschende Be-standtheil nicht aus phosphorsaurem Kalk oder aus phosphor-saurer Ammoniak-Magnesia gebildet wird: im letzteren Fall wird vermuthot, dass die Steine rascher eine beträchtliche Grosse erhalten können.
Der sedimentreiche Harn ist aber nicht allein durch die Thiergattung bedingt, sondern kann, wie bereits angedeutet, in­dividuell sein, bedingt durch gewisse Aussenverhältnisse oder vielleicht auch durch Krankheiten des Thieres, wobei Kalksalze, z, B. phosphorsaure Salze zur Bildung kommen; denn gerade so gut wie nach Resorption der Knochensalze sich in Lunge oder sonstwo Kalkmetastasen bilden können, kann das im Blut anf-genommene Kalksalz auch mit dem Urin zur Ausscheidung kommen.
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Nierensteine u, Enfarctblldong in den Kierea.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;10,j
Von inanclien Aerzten hört man zuweilen die Behauptung aussprechen, dass die Disposition zur Lithiasis erblich sei, — im Gebiete der Thierheilkunde weiss man darüber gar nichts zu sagen. Auch das Alter und das Geschlecht scheinen keinen besonderen Einfluss auf die Steinhildung auszuüben. Mir ist es, als hätte ich einmal irgendwo gelesen, dass man selbst beim Fötus schon Steine gefunden habe, doch kann ich mich dieser Sache nicht mehr bestimmt genug erinnern; wohl aber weiss ich, dass beim menschlichen Fötus Nierensteine nachgewiesen worden sind. Bei einem sehr jungen Stierkalne habe ich selbst schon in der Niere entstandene Steineben durch die ürethrotomie entfernt. Dass bei älteren Thicren, bei männlichen sowohl, als wie bei weiblichen, und ich meine hier besonders Pferde und Rindvieh — Nierensteine ungemein häufig gefunden werden, davon können Sie sich in jeder pathologisch-zootomischen Samm­lung genügend überzeugen.
Einen grossen Einfluss auf Steinbildung üben, meiner Meinung nach, auch die Bodenverhältnisse, dann die Futterver­hältnisse1 und das Wasser. Auf kalkreichem Boden, in wasserarmen Jahren sieht man die Steinkrankheit wiederholt auftreten, während man im gleichen Jahr auf Basaltboden von der Steinkrankheit nichts wahrnimmt, -'
In diesen eben erwähnten Verhältnissen dürfte unzweifelhaft auch die Erklärung eines enzootischen Auftretens der Stein­krankheit zu suchen sein.
Symptome. Die Krankheitserscheinungen, welche durch die Nierensteine hervorgerufen werden, sind zunächst und hauptsäch­lich von jenen Zuständen abhängig, welche durch Anwesenheit von Steinen in den Nieren hervorgerufen werden.
Nicht alle Nierensteine afficireu in gleicher Weise die Niere; es kommt gar sehr darauf an, in welchen Ab­schnitten der Niere die Steine gelagert sind, und auch welche Grosso und Form sie haben! —
Wohl wird man immer eine grössere oder geringere Reizung des den Concrctionen nächstlieeenden Gewebes wahrnehmen, man
1 Vergleiche die Mittheilung Gatbke's.
- Pflug: Bemerkungen iilier die Steinkrankheit. Adam's Wochensclirift. III., S. 17.
Pflug j KrunkliiMten dea nropoStisoIien Sy-tcms.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;S
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Niiivcnstciun u. [nfarctbildang in don Nloren,
findet so: entweder eine Nephritis oder eine Entzündung des Nierenbeckens — oino Pyelitis, — oder auch beides zusammen. Ja gleichgiltig, ob die Steine im Nierenparenchym oder im Becken liegen, sie werden, wenn sie nur von einigein Umfange sind, im ersteren Fall immer, im letzteren Fall sehr häufig direct eine Atrophie des Gewebes in verschieden hohem Grade, je nach den Verhältnissen zur Folge haben.
Durch die Steine wird ferner sein- häufig die Harnaus­scheidung gestört, entweder .schon von den Hamcanälchen oder erst dein Nierenbecken aus, je nacii dem Ort, wo sich das Qinderniss — hier also ein Stein — festgekeilt hat. Auch hierdurch entsteht Catarrh und intensive parenehymatöse und interstitielle Entzündung der Niere.
Sobald der Secretionsdruck durch ein Hinderniss im Ab-zugsc.-uial parallelisirt wird, tritt Harnstanung ein, welche eine Erweiterung der vor diesem Hinderniss liegenden Canälchen und Hohlräume, also Cystenbildung und Hydronephrosis her­vorruft, Zustände, von denen Sie bereits wissen, welche weitere Bedeutung sie haben. Diese Folgezustände sind gewöhnlich Atrophie des Nierengewebes mit Functionsstörung der ergriffenen Niere.
Sie wissen, dass wenn beide Nieren ergriffen sind, was zu­weilen der Fall ist, die Störungen ungleich grosser sind und desshalb auch leichter in die Augen fallen, als in jenen Fällen, in welchen durch die vicarirende Thätigkeit der einen Niere, das Gleichgewicht hergestellt wird, liier begegnen wir denn auch einem mehr chronischen Verlauf.
Wir dürfen aber nicht denken, dass bei einer einseitigen Nop hrolithiasis nicht auch zeitweise sehr stürmische Exacerbationen unterlaufen, und ebenso umgekehrt ein latenter Zustand sich ausbildet, wenn Concretionen auch in beiden Nieren sind.
Wir begegnen in erster Beziehung gar nicht selten sehr bedeutenden Schmerzensäusserungen, die wegen der bei Thieren möglichen, lediglich objecliven Beurtheilung derselben gewöhnlich nicht während dos Lebens, sondern erst post mortem des Patienten, als d;is erkannt werden, was sie sind. Für solche Dinge sind allerdings „Col i kquot; und „idiopathi sehes Fieberquot; in der Thierheilkunde scheinbar ganz unentbehrliche Bezeichnungen.
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Xierenstciiii' u. Enfftrotbildmig in don Nierun.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;107
Um sich von der Richtigkeit dos elxin Gesagten zu über-zeugen, darf man nur an den Zufall denken, dass ein mittel-grosser Stein, der bislang fast unschädlich im NierenLeekon lag, plötzlich die Ansniündung des letzteren verstopft. Es wird zur Harnstauung und zur schmerzhaften Ausdehnung des Niercn-beckens kommen und „Colikquot; (Nierencolik), d. h. in concrete grosso, durch Schmerzen bedingte Unruhe wird eintreten.
Wird nun z. B. durch den Secretionsdruck und durch den Wanddruck des Beckens der Stein bis in die Harnblase ge­schoben , so hört die Colik auf, die aber natürlich wieder ein­treten kann, sobald dasselbe Hinderniss, der Stein also, sich von Neuem im Blasenhals oder in der Urethra einkeilt.
Finden sich Concretionen in beiden Nieren, so kann auch hier — und in der That geschieht es — der Verlauf ein äusserst langsamer sein, denn es ist ja bekannt, dass, wenn auch einzelne Abschnitte der harnbereitenden Drüsen erkrankt sind, andere Ab­schnitte dafür die Harnabsonderung besorgen.
Liegen glatte Steine in dem Nierenbecken auch heider Kieren und verursachen dieselben keinerlei besondere Affection der Nieren, so wird, insolange als dieses Verhältniss andauert, es wohl kaum zu irgend einer Exacerbation der Krankheit kommen. Ja wir haben sogar Beispiele, dass man in beiden Nieren sehr alter Thiere Concretionen fand, ohnedass man während des Lebens auch nur durch eine Spur auf die Vermuthung von der Existenz derselben gebracht worden wäre.
Aus allcdcm ersieht man, dass durch die verschiedenen Folgezustände, welche, durch die Nierenconcretionen hervor­gerufen werden, das Krankheitsbild in gar mancherlei Weise inoditicirt wird, und dass die Diagnosis dieser Leiden gerade für die Thierärzte, denen doch nur die objective Beobachtung zur Disposition steht, ihre ganz besondere Schwierigkeit hat und in sehr vielen Fällen nicht sichergestellt werden kann.
Wenn wir von Krankheitserscheinungen sprechen, so müssen wir unterstellen, dass solche vorhanden sind; ich muss dieses erwähnen, weil, wie Sie bereits erfahren haben, es zum Oofteren vorkommt, dass Nephrolithen keinerlei merkliche Symp­tome veranlassen.
In jenen Fällen, in deinen uns jedoch Krankheitserscheinun­gen sichtlich werden, sind es häufig die einer Nierenreizung
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Nierensteine a. Infarctbildanff in den Nieren.
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überhaupt. Ich rechne hieher: Schmerzhaftigkeit in der Lendengegencl, Aufkrtimmen der Lenden (Katzenbuckel), geringere Beweglichkeit der Lenden, schwankenden Gang, periodische Entleerung blutigen Urins, reichlichen Schleims und selbst auch Eiters, oder gar Abgang von Sand und Gries oder kleinen Steinen mit dem Harn.
Gar häufig bemerkt man beschleunigten Puls, erhöhte innere Körperwärme, wechselnde Temperatur der ex-tremitalen Theile, mit einem Worte also: „Fieberquot;. Die Schmerzen steigern sich oft sehr hochgradig, es besteht ein an­haltender Harndrang, ein Drücken und Pressen zum Harn­absatz mid manchesmal ist die entleerte Harnmenge auf­fallend gering. Gänzliche Behinderung der Harnabson­derung tritt bei Nierensteinen sicherlich nur ganz, aus­nahmsweise ein. da es lediglich zu den Zufälligkeiten gehören dürfte, wenn die Becken beider Nieren gleichzeitig durch irgend eine Concretion vorlegt sein sollten.
Den hochgradigen Schmerz geben die Thiere durch an­haltende, mit profusen Schweissen verbundene Colikanfälle (Nierencolik) zu erkennen.
Diese Art Colik ist sehr schwer in ihrer wahren Bedeutung zu taxiren, da man neben einer nicht ganz unterdrückten peri-staltischen Bewegung weder eine Verstopfung des Darmcanals, noch (line solche der Harnblase hat, was mau bei manchen Thieren, z. B. dem Hunde, ganz bequem mittelst des Catheters constati-ren kann. Ja, es kann vorkommen, dass trotz Nierencolik Urin abgesetzt wird, natdrlicb, wenn das Leiden nur einseitig ist.
Im „Recueil de med. vet.quot; 1828, S. 315, erzählt Loutour von einem Hunde, der mehrere Jahre lang an Harn­beschwerden laborirte. Er litt sehr häufig an Ischurie; der Urin ging trotz aller Anstrengung nur tropfenweise ab, dabei bellte der Hund beständig, wälzte sich auf dem Kücken, beim Gehen krümmte er den Kücken so stark, dass die vier Extre­mitäten unter dem Bauche sieh berührten. Auch die Kothent-leerung machte dem Thiere arge Schmerzen, es frass nicht und magerte ab. Durch .Milch , warme Bäder und Klystiere wurde das Thicr soweit gebessert, dass erst nach sieben Monaten neue Anfälle sich zeigten. Da wurde aber die Nachhand gelähmt, der Hund schrie Tag und Nacht und musste desshalb getödtet
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Nierensteine u. [uforctbUdong in lUm Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;109
werden. J]ei der Section fand man die Nieren bedeutend byper-trophirt mit gleichzeitiger Veränderung ihre)' Substanz. Im Becken der rechten Niere lag ein 36 Gran (2-16 Grm.) schwerer Stein.
]jei iillen Coliken und sonstigen Krankheiten grösserer Hausthiere, bei welchen eine Betheiligimg der Nieren vermuthet werden kann, sollte man eine Exploratio per anum nie ver­säumen; iiueh bei der in Frage stehenden Krankheit führt eine derartige Untersuchung noch am ehesten zu einer Diagnosis; denn geht man mit der Hand ins Rectum ein und dringt bis in die Nierengegend vor, so constatirt man hier zuweilen Ge­schwülste, feste oder fiuetuirende, die sein- schmerzhaft sind; gleichzeitig fühlt man die Harnblase wenig gespannt, selbst leer. Man kann dann unter Zuhilfenahme alier wahrnehmbaren Er­scheinungen und unter günstigen Umständen, die richtige Deutung der Erscheinungen zuweilen ermöglichen.
Im Verlauf des Leidens gesellen sich nicht selten eine tödtliche Peritonitis oder die unzweifelhaften clonisch-tonischen Krämpfe und comatösen Erscheinungen der Urämie hinzu, und an einem der beiden Zustände — Peritonitis oder Urämie — gelten die meisten Thierc zu Grund; aussei- es tritt durch irgend einen Zufall eine Ruptur der wassersüchtigen Niere und damit eine tödtliche Häm orrhagie ein — oder es erfolgt der Tod durch ausgedehnte Nephritis und hochgradige Pyelitis. '
Prognosis. Im Allgemeinen ist ein Steinleiden im­merhin ein ungünstig zu beurtheilender Zustand, der jeden Augenblick tödtlicb werden kann. AVie lange ein Nieren­stein unschädlich in den Nieren ruhen kann, darüber lässt sich gar nichts bestimmen, es hängt wohl vielfach von reinen Zu­fälligkeiten ab.
Eine einseitige Nephrolithiasis ist dann vielleicht noch am wenigsten gefahrbringend, wenn die eine Niere für die erkrankte vicarirt.
Ist eine einseitige Nephrolithiasis aber schon bedenklich, so ist eine beiderseitisce einer der schwierigsten Fälle, — die
Dnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;DJ
Thiere stehen jeden Augenblick in Todesgefahr.
Müssen wir nun die Prognosis im Allgemeinen als eine höchst bedenkliche hinstellen, so wird in dem Einzelfall
Diiminan: Beiträge zur Eenntniss äer Harnsteine des Schaft a. a. 0,
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NuTtnistoini' u. EufiftrctbUdiuis iigt; üen Nieren.
laquo;ick Manches modeiiren lassen, und je nach der Sachlage kann man Fälle für weniger, andere für ganz ungünstig erklären
Aber darauf achten Sie, meine Herren, dass, insolange die Störung der Nierenfunction, namentlich bei unseren grösseren Hausthieren, nicht besonders in den Vordergrund tritt, das Leiden auch noch keinen besonders bedenklieben Grad angenommen bat; J:iss aber, wenn bereits merkhehe Exacerbationen zur Beobachtung kommen, die Prognosis immer auf die ungünstigste Seite sich wenden muss. Je leichter die Diagnosis, desto schwerer der Fall!
Bei kleineren Hausthieren, besonders bei Hunden, mögen wohl schon anfänglich zuweilen Coliken auftreten; - - es wird aber nur selten möglich sein, ante mortem der Tliierc sieh zu ver­gewissern, dass die sichtlichen Schmerzen von denNieren ausgehen. Bei Hunden haben die ..Würmerquot; das traurige Vorrecht, den Sündenbock für alle Hinterleibsschmerzen abzugeben. Die Pro­gnosis dieses Leidens bei Hunden stelle man nicht voreilig, — man hüte sieb zu sprechen, ehe man mit einiger Sicherheit etwas zu sagen weissl
Therapie. Eine Krankheit, die ein so lange andauerndes, laten­tes Stadium hat, ja die vielfach inter vitam gar nicht erkannt wird und die, sobald sie diagnosticirt wird, nur eine höchst ungünstige Prognosis zulässt, ist nicht leicht zu beseitigen.
Selbst in dem günstigen Falle, dass man schon frühzeitig auf den Abgang von Grries aufmerksam wurde, wird die Heilung des Leidens kaum gelingen, weil eine durch längere Zeit fort­gesetzte, systematische In'handlung beiThieren nicht leicht durch­zuführen ist. Man hates ja nicht mit einem ängstlichen Patienten, sondern oft nur mit einem arbeitsscheuen Bediensteten oder einem leichtsinnigen Eigenthümer zu thun, die nie zur Aus­führung bringen, was der Arzt ordinirt, und die mit kranken Thieren sich durchaus nicht herumplagen wollen.
Dann dürfen wir aber auch nicht vergessen, dass unsere Patien­ten T hi ere sind, die man tödtet, wenn die Behandlung langwierig und kostspielig wird, und das um so früher, wenn keine besondere Hoffnung zur Genesung besteht.
Wir Thierärzte werden wohl am besten thun, wenn wir — nach gestellter Diagnosis — zunächst ein symptomatisches und palliatives Heilverfahren einleiten.
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Nlerenstftlne u. [nfarctblldung in den Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ill
Vielleicht wird dabei am meisten durcb Narcotica geleistet, und zwar dureb die liypodermatiscIieAnwendungvon Morphium siil|i luuicum; grossen Thieren können Sie bis zuO-ä Gramm, Hunden u. dgl. 0-05—0*1 Gramm, je nach der Grosse der Tbiere, in aqua destillata q. s. unter die Maut spritzen, oder Sie geben Hydratum Chlorali 120*0 Gramm den grossen Thieren und ö'O—lS'OGramm kleineren und mittelgrossen Hunden in eineiu dünneu Gummiscbleim per anitiu. '
Viel wird man freilicb damit nicht erreichen, wohl aber werden sehr unruhige Tbiere leichter zu behandeln sein.
Klysmata von Kxtractuin Hyoscyami mit warmem Wasser oder warmemCamillenthee(£nfasumFlor.Cbamomillae) oder von warmem Bilsenkrautdecoct und Einreibungen in derNierengegend vonSpiritus campboratus oder Linimen-tum campboratum mag man alsSedativa gleicbfalls inAnwen­dung bringen. Aucb die Anregung einer leiebten Diaphorese ist zuweilen zu empfeblen.
Bei Hunden und Schweinen, die sich gewöhnlich während der Krankheit öfters erbrechen, gebe man aussei- der subeutanen Injection von Morphium sulphuricum lauwarme Klystiere mit Asa foetid a.
Diagnosticirt man eine Nephritis oder Pyelitis, so wird man nattlrlicb diese zu liehen versuchen, lieber den Wertli der Function einer durch Urin stark ausgedehnten Niere habe ich mich bereits geäussert.
Oder kommen Sie vielleicht auf den Gedanken, man könne eine diagnosticirte (!) einseitige Nephrolitbiasis durch Exstirpation der kranken Niere lieben:' — Prof. Dr. Simon in Heidel­berg hat beiMenseben in der That Nieren exstirpirt! —Wollen Sie sich in dieser Angelenheit näher unterrichten, so lesen Sie seine Arbeit: „Exstirpation einer Niere bei Steinkrank­heitquot; im Archiv für klinische Chirurgie von Langen-beck. XVI., S. 48. Es ist übrigens diese Operation schon mehr­fach bei Menschen versucht worden und auch mit Erfolg.
15ei Schlachtthieren, d. h.also hei Rindvieh, Schafen und Schweinen, ist je nach Umständen die sofortige Tödtung
1 Vergleiche auch: Vogel, eiui;;u Studien über das Chloral and die Kgt;i-labarbohne. Repert. XXXII., 8. IOC.
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NiorcnstoUxe u. Infarctbildung in illt;*n Nie
oder, w(j us noch angeht, die alsbaldige Mästuog der Thiore das Zweckmässigste, was man anrathen kann.
Sic fragen, lt;ib man denn die Nierensteine nicht cnt-fernen könne, sobald man cine Ahnung von ihrer Existenz, hat, oder doch wenigstens dann, wenn sie deutliche Störungen des Gesundheitszustandes der Thiere hervorrufen?
In diesen Fallen setze ich natürlich immer eine möglichst gesicherteDiagnosis und wenigstens dicKennt-niss von den hauptsächlichsten Bestandtheilen der Nierensteine bei den einzelnen TbicrGattungen voraus.
Kleine Steine, Sand und Gries kann man durch Steigerung der Harnproduction in glücklichen Fällen aus den Harnorganen hinausschwemmen. Sie werden dabei wohl zu denjenigen Diure-ticis ihre Zuflucht nehmen, die Hie als Hausmittel ilbcrall finden; Sellerie, Petersilie, Knoblauch, Wachholderbeeren werden Sie dem Thiere mit dem Futter und dem Getränke oder, wenn nicht anders möglich, als Einguss in grösserer Menge beibringen.
Andererseits wurde der Vorschlag gemacht, in den Thier-körper solche Stoffe zu bringen, welche die Nieren­steine allmälig ganz oder t heil weise lösen; im letzteren Falle wenigstens soweit, dass sie vielleicht aus den Nieren und der Harnblase geschwemmt werden könnten. Auch von diesen Mitteln wolle man nicht viel erwarten und den vielen Ruhmredereien für ein derartiges Mediciniren nicht so unbedingt vertrauen.
In den Nierensteinen der Pferde, Schafe, Schweine und des lündviches spielen die phosphorsauren und die kohlensauren Salze eine Hauptrolle; bringen wir dieselben im Körper zur Lösung, so ist unser eben angedeuteter Zweck erreicht. Als sehr entsprechendes Heilmittel wurde hier der andauernde Genuss von künstlichem kohlensäurehaltigen Wasser, dem keinerlei Salze zugesetzt sind, empfohlen. 15ei Hunden lässt sich dieses vielleicht durchführen — bei grossen Thieren würde es lächerlich sein, wollten wir verlangen, dass ein Ochse oder ein Pferd täglich so und so viel Flaschen kohlensäurehal­tigen Wassers consumire — es würde, abgesehen von der Mühe, dieses Getränk beiznsebaffon, bei längerem Fortgebrauch des Mittels eine solche Behandlung bald unverhältnissmässie theuer
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Nieren steine u. [namp;rctbUdmtg in raquo;Ion Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;llii
werden, zudem, da während der dir das Thier mir zu beschränk­tem Dienst gebraucht werden kann — und der Erfolg der Bo-handlung ein äusserst fraglicher bleibt! —
Man hat Salzsäure empfohlen, dieselbe aber auch schon als wortldos für den in Rede stehenden Zustand bezeichnet; — mm Sie können es machen, wie ich es seiner Zeit auch getlian habe: Sie können die Salzsäure bei grösseren llaustliicren ver­suchsweise unter das Tränkwassor geschüttet, bis dasselbe etwas angesäuert ist, in Anwendung ziehen, wenn Sie auch dafür sorgen, dass die Thiore gleichzeitig kein hartes — d. h. an kohlensaurem Kalk reiches Wasser zu saufen bekommen, und die Fütterung möglichst aus üppig gewachsenem Gras und Wurzelwerk neben dem unbedingt nöthigen Kraftfutter besteht. Sie weiden aber finden, dass Sie auch mit dem genannton Mittel, sowie mit den anderen Mineralsäuren keinerlei Erfolg coiistatircn können.
Auch der andauernde Gebrauch von Essig oder saurem Wein, Apfelwein, saurem Obst, also der Gebrauch von Pflanzensäuren überhaupt, wird empfohlen, freilich mit der Vorsicht, diese Flüssigkeilen nicht so reichlich zu verwenden, dass dadurch die Verdauungsorgane molestirt werden.
Diese Säuren werden empfohlen, — geholfen haben sie aber noch nichts.
Die bei steinkranken Menschen in Anwendung kommenden Arzneikörper eignen sicli wegen der veränderten chemischen Constitution ties Harns für unsere llansthiere im Allgemeinen nicht; in Ausnahiusfällen können sie höchstens einmal für Hunde versucht werden, welche an Harnsteinen leiden, denn bei den­selben bestellen diese Coucretionen zuweilen aus harnsauren Salzen1 — freilich verhältnissmässig in nur geringen Procent­sätzen — gegen welche man dann abwechslungsweise die koh­lensaure Magnesia, das doppeltkohlensaure Natron und das doppeltkohlensaure Kali vorsuchen kann.
Das Kali carbonicum könnte man als Liquor Kali carbonici geben, d. i. trockenes reines kohlensaures Kali llTheile in 20 Theilen destillirten Wassers gelöst. Je nach der Grosse der Hunde gibt man 1-0—4-0 Gramm des Liquors, den man
1 Das Vorkommen von harnsanren Salzen in den Coucretionen der Hunde wird Übrigens von namhaften Chemikern (Liebig) bezweifelt.
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Nierensteine u. Enfarolbildung in den Nieren.
zuvor, um die entsprechende Verdllnnung zu orhaltea, mit der nöthigen Menge Wassers vermischt. Von Natrum p ho sphoricum, Magnesia oarbonica, Natrum bicarbonicum und Kali bicarbonicum kann man circa Oö—2quot;0 Gramm pro (llt;isi und täglich zAveimal mit Wasser (1:30) geben. lgt;ei dem nöthigen längeren Fortgebrauche dieser Arzneien muss jedoch zeitweise damit ausgesetzt werden.
Die Magnesia carbonica ist von den genannton Mitteln wohl am wenigstens heilbringend, inehr wird schon die .Magnesia phosphorica als Dialyticuin zu empfehlen sein.
Das Natrum bicarbonicum ist ein kräftiges Antacidnra und wirkt besonders der Harnsäurebildung entgegen; das Kali carbonicum und namentlich das Kali bicarbonicum wirken als Diuretica und als auflösende Mittel und sind dort zu empfehlen, wo neben den Concrementen auch eine entzündliche Niereuatfection besteht.
Man muss bei der Anwendung dieser Arzneikörper aber doppelt vorsichtig sein, weil durch sie sehr leicht die Ver­dauungsorgane affieirt werden und unter Umständen die Bildung von unlöslichem harnsauren Natron oder basisch phosphorsaurer Magnesia sogar begünstigt wird.
Eine wiederholte Harnuntersuchung dürfte dessbalb hier wie in allen ähnlichen Fällen, angezeigt sein.
Gestatten Sie mir, dass aus diesem Grunde ich Ihnen über die Erkennung der im Harn e unserer Haust liiere sieh finden­den, Sediment bildenden Stoffe hier Einiges sage und diesem auch einige anaKtisehe Hemorkungen ' über Harnsteine beifüge, vielleicht mögen diese Notizen Sie für die Erfahrung entschädigen, dass in der Thierheilkunde die Nicrenconcremente nicht nur schwer zu diagnosticiren sind, .sondern dass ihre Beseitigung und die der
1 Vergl o ich e:
Neubauer und Vogel; Analyse des Harns. Wiesbaden bei Kreidel.
LTltzmann und Hofmauu: A.iileitnng xur Untersuchung des Harns. Wien bei Braumüller, 1871.
Ul tz iTi.-ni n und II nl'in.'i ii u : Atlas der physiologisoben und pathologischen Harusedimente. Wien 187'J.
Pelz: Analyse des Harns. Giessen bei Kieker.
Hoppe-Seyl e r: Handbuch der physiologisch- and pathologisch-chemischen Analyse. Berlin bei Hirschwald.
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Nierensteine u. ramp;farctbildtmg in dt-n Nicrtn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1 15
Folgozustände, welche durch sie hervorgerufen werden, noch un­gleich schwieriger, ja in den öftesten Fällen ganz unmöglich ist.
Der kohlensaure Kalk (Taf. I Fig. 1) ist nicht löslich im Wasser, aber in allen Säuron unter Freiwerden (Aufbrausen) der Kohlensäure und Bildung eines [Calksalzes der verwendeten Säure; so z. B. bildet sieh schwefelsaurer Kalk (Gyps) bei Lösung durch Schwofelsäure. l
In dein Urin der Pflanzenfresser ist übrigens auch einTheil des Kalkes als doppeltkohlensaurer Kalk gelöst und dieser ist es auch, der sich beim Erhitzen des Urins unter Abgabe von Kohlensäure als einfach-kohlensaurer Kalk niederschlägt.
Aus kohlensaurem Kalk bestehende Steinchen lösen sich besonders leicht in Salzsäure unter starkem Aufbrausen.
Nach starkem Glühen des kohlensauren Kalkes entsteht Calciumoxyd (Aetzkalk), das, in destillirtes Wasser gebracht, eine alkalische Eeaetion zeigt, d. h. Curcuma bräunt und gerüthetes Lakmuspapier bläut.
Der basisch phosphorsaure Kalk- tritt gewöhnlich in Gesellschaft mit phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia auf. Ersterer erscheint im Sediment als ein amorphes, sehr selten als krystal-linisches (Taf. 111 Fig. 18) Pulver, das in Säuren, selbst in Essig­säure, in geringer Menge, aber nicht im Wasser löslich ist. Mitunter ist der phosphorsaure Kalk, worauf ich Sie besonders aufmerksam mache, namentlich in schwachsaurem Urin nur durch Kohlensäure gelöst. Wird durch Erhitzen des Urins die Kohlensäure ausgetrieben, so scheidet sich der nhosphorsaure Kalk als ein Sediment ab, das Aehnlichkeit mit einem Eiweiss-niederschlag hat, sich aber von letzterein dadurch unter­scheidet, dass es löslich in Salpetersäure ist.
Concremcnte, die aus phosphorsaurem Kalk bestehen, ver­brennen beim Glühen nicht, schmelzen aber zu einer weissen,
1 Die Gypskrystalle sind unter dem Mikroskop kenntlich; es sind zahllose Ulciiio uadelförmige Erystalle, die sich zu stentförmigeu und sanduhrförmigeu Gruppen vereinigen, deren Gastalt sieb wegen ihrer Feinheit nicht Daher be­stimmen lässt. Wird die Schwefelsäure guur, allmälig zugesetzt, dann bilden sich grössere Krystalle, — lange abgeplattete sechsseitige Prismen, die an beiden Bnden eine schiefe End6äche Imlien. Harting, das Mikroskop. 11., S. 17i; und Filt;r. 7n.
#9632;-' Bei Camivoren und Omnivmvn findet sich im Urin saurer phosphor-sanrer Kalk.
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NitM'cu.sieiiu* n. lofarctbtldung in don Mieren.
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emailartigen Masse zusammen. Aucb nacb stärkerem Glühen reagiren sic nicht alkalisch und unterscheiden sich dadurch von dem oxulsaurcn und kohlensauren Kalk. In Salzsäure lösen sich dieselben, ohne aufzubrausen: die Salzsäure Lösung des geglühten Pulvers ist durch Ammoniak fällbar.
Phosphorsaure Ammoniak-Magnesia (Tat. 111, Fig. 19) scheint sich gewöhnlich nur im stagnirenden Harn zu entwickeln, sie bildet meistens die Sargdeckelkrystalle im alkalischen Harn. Von den zuweilen ähnlichen Krvstallen des oxalsauren Kalkes unterscheiden sie sich durch ihre Löslichkeit in Essigsäure; im heisson Wasser sind sie ziemlich löslich, im kalten Wasser unlöslich, auch von Alkalien werden sie nicht angegriffen.
Die einfachste Methode, den phosphorsauren Kalk von der phosphorsauren Ammoniak-Magnesia zu unterscheiden , dürfte darin bestehen, dass man das geglühte Pulver in Salzsäure löst und dann filtrirt. Dem Filtrat setzt man in solange Ammoniak zu, bis es nur noch ganz schwach sauer reagirt oder selbst soweit neutralisirt ist, dass eine Trübung entsteht, die man durch einige Tropfen Essigsäure löst. Wird jetzt oxalsaurer Ammoniak zu­gefügt, so wird nur der Kalk gefällt, während die phosphor­saure Ammoniak-Magnesia in Lösung bleibt und nach Abfiltriren des Kalksalzes durch Uebersättigung mit Ammoniak allein zu erhalten ist.
Der oxalsaure Kalk (Taf.HI, Fig. 20) bildet kleine regel-mässige OetaBder,lt; welche einem Briefcouvert gleichen. Selten krystallisirt er in Form der bekannten Trommelschlägel (Dumb­bells). Er ist unlöslich im Wasser, Essigsäure und in alkalischen Lösungen, dagegen löslich in Mineralsäuren, z. 1!. in Salzsäure, ohne aufzubrausen. Er findet sich im Harne der Herbivoren gewöhnlich nur in geringer Menge als Sediment. Grössere Sedi-mentmengen oder Concremente von oxalsaurem Kalk schwärzen sich beim Glühen, indem die immer beigemengte organische Substanz verbrennt; bei fortgesetztem Glühen wird das Pulver aber wieder weiss, es entsteht Aetzkalk, welcher, in destillirtes Wasser gebracht, gelbes Curcumapapier bräunt.
Bei nur massigem Glühen bildet sich kohlensaurer Kalk, der sich durch Salzsäure unter Aufbrausen löst.
Die kohlensaure Magnesia findet sieb wahrscheinlich im Harn der Pflanzenfresser als solche nicht, sondern es ist die
i #9632;
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Nierensteine u. rnfarctbildnng iraquo; den Kieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;117
doppeltkohlensaure Magnesia, die beim Vordunsten des Wassers und unter Abgabe von Kohlensäure sich in neutrales Magnesium-carbonat umsetzt, das im Wasser sehr wenig löslieli ist. Versetzt man einen Harn mit Säure und braust derselbe auf, so entweicht die Kohlensäure, die an Kalk und an Magnesia gebunden sein konnte. Q-ewöhnlioh findet sich aber im Urin Calcium- und Magnesmmcarbonat giuich/.eitig, und nun muss nach Entfernung der Kohlensaure durch eine Säure (Salzsäure) der gelöste Kalk zunächst noch gefällt werden, oho man die vorhandene Magnesia nachweisen kann.
Der Kalk wird aus der Lösung entfernt, indem man die letztere annähernd mit Ammoniak neutralisirt (sollte hierbei ein geringer Niederschlag entstehen, so säuert man mit ein Paar Tropfen Essigsäure wieder an). JS'un setzt man oxalsaures Amo-niak und etwas freien Ammoniak hinzu und lässt das Ganze einige Stunden stehen. Es scheidet sich währenddem aller Kalk als oxalsaurer Kalk ab. Nun fiitrirt man und setzt zum Filtrat phosphorsaures Natron und phosphorsaurea Ammoniak, wodurch die Magnesia als phosphorsaure Ammoniak-Magnesia gefällt wird.
Die basisch phosphorsaure Magnesia findet sich bei pflanzenfressenden Thieren wiederholt als Sediment. Sie krvstal-lisirt in sechsseitigen Verticalprismen (Taf. VI, Fig. 21); bei Zusatz von Säuren löst sie sich, ohne aufzubrausen.
Um sie auf chemischem Wege im Sediment nachzuweisen, muss man sich zuerst durch das Mikroskop vergewissert haben, dass keine Trippelphosphate (siehe Fig. 19) gleichzeitig vorbanden sind.
Allenfalls vorhandener Kalk wird in der vorhin angegebenen Weise aus dem mit destillirtem Wasser versetzten Sediment ent­lernt und dann überschüssiges Ammoniak zugesetzt.
1st phosphorsaure Magnesia vorhanden, so scheidet sich die­selbe aus. Die Bestimmung dos Trippelphosphats (pbosph. Ammoniak-Magnesia) habe ich Ihnen bereits mitgetheilt.
Ilabon Sie has. phosphorsanre Magnesiakrystalle unter dem Mikroskop und versetzten zur Vergewisserung der Diagnose das Präparat mit Ammoniakflüssigkeit, so entwickeln sich darauf­hin gleichfalls die bekannten Sargdeckel-Krystalle der phosphor­sauren Ammoniak-Magnesia.
Aus Kieselsäure bestehende Sedimente kommen nach einer mir von Herrn Feser in i\Iuneben gewordenen brieflichen
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Nierenstolne a. Infarctbildung in raquo;leu Nieren.
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Mittheilung bei Pflanzenfressern in Ffilge von Strohftltterung
nicht seltun vor. Meistens ist es freie Kieselsäure, die im saurem Harn ^efumlen wird Die freie Kieselsäure; erscheint meist als amorpher Körper, ist unloslieli in Säuren (Flusssäure ausge­nommen), sie löst sich jedoch in ätzenden und kohlensauren Alkalien, aus welcher Lösung sie durch Salzsäure gallertig aus­geschieden wird: verdampft man diese Kieselsäuregallerte auf dem Wasserbade zur völligen Trockne, so hinterbleibt feines weisses Pulver, dem mit salzsäurehaltigem Wasser alle Ver­unreinigung — ausgenommen Sand und Kohle — entzogen #9632;werden kann.
Das saure harnsaure Ammoniak (Taf. Ill, Fig. 10) Hiulct sich als Sediment im alkalischen Harn, es bildet unter dem Mikroskop braun gefärbte Kugeln, die entweder als Einzel- oder Doppelkugeln vorkommen. Zuweilen stellen sie ganze Conglo­merate mit nierenförmiger Oberfläche vor. Ihre Oberfläche ist glatt oder mit Stacheln versehen, oder es finden sich lange Fort­sätze, die getheilt sein können und meist umgebogen sind.
Wenn man dem mikroskopischen Präparat einen Tropfen Salzsäure zusetzt, so verschwinden nach einiger Zeit die Kugeln und kleim; rhombische Harnsäurekryställchen treten auf. Nimmt man statt Salzsäure Aetzkalk, so entwickeln sich Luftblasen d. h, freigewordenes Ammoniak. Das harnsaure Ammoniak gibt wie die anderen Urate die Mu rexid probe, d. h. wird es in Salpetersäure gelöst und die Lösung his zur Trockene abgedampft, so bleibt ein zwicbelrother Rückstand, der nach Befeuchten mit Ammoniak noch schöner und lebhafter roth wird. Befeuchtet man die rothe Masse (Murexid oder purpursaures Ammoniak) mit concentrirter Aetzkalilösung, so wird die Masse prachtvoll blau. Diese Reaction zur Erkennung der Harnsäure nennt man die Murexidreaction.
Das saure harnsaure Natron (Taf. III, Fig. 14 a und b) bildet ein Sediment, das aus amorphen, unregelmässigen, sehr kleinen Körnchen besteht. Nur bei ganz schwach saurer Reac­tion des Harns erscheint es zuweilen auch in prismatischen Krvstallen, die sich gerne sternförmig gruppiren. Im Wasser ist es schwor löslich, mit Salzsäure versetzt, scheidet es Krvstalle von Harnsäure ab. Mit Kali erhitzt entwickelt es kein Ammoniak und hinterlässt nach dem (Jlühen einen weissen Rückstand, der
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merenstoioe a. [nforctblldang In den Nteren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;119
im Wasser rothes Lackmuspapier blau f'ärlit and nach Säure­zusatz aufbraust (kohlensaures Natron).
Cystin (Taf. IV, Fig. 22) kommt seiton vor; es krvslalli-sirt in farblosen sechsseitigen Blättern oder Prismen, die oft dachziegelartig in verschiedener (Jrössc übereinander gruppirt sind; es ist unlöslich im Wasser und in Essigsäure, aber löslk-h in Oxalsäure und im kaustischen Ammoniak; aus letzterer Flüssigkeit krystallisirt es bei deren langsamem Verdunsten in den geschilderten Krvstallon.
Von beigemengten phosphorsauren Erden und harnsauren Salzen lässt es sich leieht durch Kochen und Behandeln mit Essigsäure trennen, da erstere hierdurch gelöst werden. Eine Verwechslung kami vorkommen mit Harnsäure, die auch in reebtseitigen Tafeln krystallisirt; hier entscheidet aber die Muro­xidprobe, die, wenn nur Cystin und keine Harnsäure im Spiel ist, keinen purpurrothen oder purpurblauen Rückstand, sondern eine braunrotbe Masse bildet.
Die Behandlung des Cystins mit Kalilauge, in der man zuvor Bleioxyd aufgelöst hat, ist nicht zuverlässig, denn, wenn sich auch liier Schwefelblei in reichlicher Menge absetzt, so darf doch nicht unbeachtet bleiben, dass sieb auch andere schwefelhaltige Körper, z. B. Albumin, Fibrin etc., ähnlich verhalten.
Ausser diesen Ihnen vorgeführten Sedimenten kommen aller­dings hie und da noch manche andere vor, v.. B. Harnsäure­sediment, ' schwefelsaurer Kalk, - Hippursäure u. a. m. Diese; sind aber im Allgemoinen sehr selten und werden Sie nur aus­nahmsweise beschäftigen.
In jenen Fällen, in welchen Sie sich von der chemischen Constitution der Steine und Concremente vergewissern wollen, werden Sie zunächst die feinsten Theilcben odequot; von pulverisir-ten grösseren Stückchen etwas unter dem Mikroskope betrachten, vielleicht dass Sie aus der Form der Partikelchen oder der Krv-stalle schon Stoffe erkennen, welche den Nephrolithen aufhauen. Zum Zweck der chemischen Üntersnchnng werden Sie die grössten Kömchen auswählen, diese mit dcstillirtem Wasser gründlich
1 Feser and Friedberger: Krystallisirte Sedimente im Harn gosmider und kranker Pferde. Zoitschr. f. pract. Veteriniirwissonscliafteii. II., S. 8.
- Fesor and Friedborger: Kotier Bililung von Gyps im Pferdeharn. Zeitsclir. f. prakt. Vet, III., S. U.
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Kraukln'itt'n il(gt;r Kierengefamp;sae.
reinigen und dann pulverisiren. Grössere Sternchen werden Sie zer-sägen, um sich zu überzeugen, ob dieselben geschichtet sind; im letzteren Fall werden 8ie Proben von jeder Schale nehmen und eigens für sich pulverisiren. Diese Pulver werden der Vorsieht wegen auch mit destillirtem Wasser ausgewaschen. Neubauer und Vogel empfehlen in ihrem Buche über Analyse des Harns den Ungeübten, etwas von der gepulvertenMasseauf einem Platin-blech zu glühen. Verbrennt die Substanz dabei vollständig oder mit Hinterlassung eines geringen Rückstandes, so kann die Substanz besteben aus Harnsäure (Ilippursäure), harnsaurem Ammoniak, Cystin, Xanthin, Prote'msubstanz u. dgl. m. verbrennbaren Sub­stanzen. 1st die Concretion auf dem Platinblech nicht verbrannt, oder erhält man einen bedeutenden Rückstand, so dürfte die. weitere Untersuchung sich auf kohlensauren Kalk, kohlensaure Magnesia, phosphorsanren Kalk, phosphorsaurc Ammoniak-Magnesia, oxalsauren Kalk und saures harnsaures Katron erstrecken. Eingehenderes über die Vornahme der weiteren chemischen Analyse müssen Sie aber in den Ihnen empfohlenen Werken nachschlagen, da hier sonst die Zeit über Gebühr in Anspruch genommen würde.
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Krankheiten der Nierengefasse.
Thrombose und Aneurysmen der Nierenarterien - Ruptur einer Nierenvene — Zerreissungen von Gefässen in den Nieren — Hämorrhagie zwischen Niere und Nicrenkapsel.
Bekanntlich ist das Blutgefilsssystem der Nieren ein äusserst coinulicirtes, und dürfte es uns desshalb auch nicht wundern, wenn wir in demselben mehrfachen Veränderungen begegneten. Leider aber sind in unserer Literatur darüber nur vereinzelte Beobachtungen niedergelegt, und ich selbst habe hierin nur wenige Erfahrungen zu machen Gelegenheit gehabt.
Theilweise ist dieses Capitel schon bei der Hyperämie der Nieren, bei der Nephritis und bei der Hämaturie zur Sprache
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Kraukhelten der Nicreiigenisae.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;121
gekommen und kann aus diesem Grunde von den dort berührten Zuständen liier füglich Umgang genommen werden.
In den arteriellen Bahnen, und zwar in grösseren oder in kleineren Gelassen hat man Emboli geftinden, die, wie Sie ja wissen, meistens grössere oder kleinere, häufig multiple Abscesse in den Nieren bedingen.
Die Thrombose der Nierenarterien kommt nicht häufig vor, und hat dieses wahrscheinlich theilweisc seinen Grund in dem kurzen Verlaufe der fraglichen Arterien. Bruckmüdler ' beobachtete einen solchen Thrombus in der (?) Nierenarterie, der sich his in die Aorta hinein fortsetzte. Von diesem Thrombus scheint ein Stückchen sich losgelöst und Veranlassung zur seeundären Thrombusbildung in der einen Sehenkel­arterie gegeben zu haben.
Schon etwas häufiger als die Arterienthrombose sind die Aneurvsmon der Nierenarterien. So viel mir bekannt ist, belinden sieb im Besitze der pathologisch-zootomischen Samm­lung der Berliner Thierarzn eis chule mehrere derartige Präparate von Pferden; in der Sammlung der früheren Carls-ruher Tin era rzneischul e war ein sackartiges, faust-grosses Aneurysina von der linken Nierenarterie eines Pferdes; - in der Sammlung der Thierarzneischule zu München linden sich Aneurysmen in den beiden'Nieren-arterien eines Pferdes, und ausserdem sind noch drei Prä­parate von Aneurysmen der Nierenarterien im Besitz dieser Schule.
Leisering3 fand bei einem Pferde circa 1quot; von jeder Niere entfernt in den entsprechenden Arterien je ein umfäng­liches Aneurvsma, in welchem zahlreiche Exemplare von Strongylus armatus sich fanden.
Die Entzündung der Nierenarterien — wohl am öf­testen in Folge von Strongylus armatus — kommt bei Pferden nach Bruckmüller ' nicht selten vor.
Mehrfach sind in Folge einer durch Strongylus armatus bedingten Endarteriitis Aneurysmen mit Thrombosis com-
' Patholog. Zootomie. S. 184.
2nbsp; Fuchs: Pathologische Anatomie dor Haussäugethiere. 8. 213.
3nbsp; Bericht über das Vot. Wesen in Sachsen. X., S. 25.
4nbsp; Patholog. Zootomie. S. 173 und 17(5.
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fluff, Krankheitea lt;li-s uroiioStisclMii SyMems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; *-
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Krankhuitcn der NierengefSsse
plicirt. Ks beweisen dieses theilweise schon die eben angefilhrten Beispiele; ciiiigo andei'e solche Fälle theilte aber in jüngster Zeit aucb Dv. Lustig in Il.-inunver ' mit.
Es fand derselbe gelegentlich der Section eines Pferdes, welches an Alhuminurie etc. litt, in der linken atrophischen Niere viele narbige Retractionen, während andere Stellen gelb, roth oder grau gefärbte Partien zeiglen. Die reelite Niere war praller und blutreicher, im Wesentlichen aber von gleicher Be­schaffenheit wie die vorige.
Beide Nierenarterien waren vor ihrer Theilung aneu-rysmatiscb erweitert, ihre Wandungen verdickt und die lutimae raub und uneben; namentlich zeigte sieb dieses in der linken Nierenarterie, welche eine feste, kalkartige Beschaffen-beit hatte In jeder der beiden Arteriae renales war ein wandständiger, theils grau, theils roth gefärbter Throm­bus; im Thrombus der rechten Ai'tcrie war übrigens mich ein und in jenem der anderen Nierenarterie waren zwei Strongyli.
In einem andern Fall land derselbe Auter bei der Section eines Pferdes, das ante inerten gleichfalls an Albuminurie litt, die Aorta dicht vor dem Ursprünge der Nierenarterien aneurys-inatiseh erweitert, die dilatirte Partie zur Hälfte verkalkt, an der nicht verkalkten Hälfte einen etwa haselnussgrossen, grauen, wandständigen, im Zerfall befindlichen Throm­bus mit einigen Strongylis.
Eine Nierenarterie enthielt ein weiches, rothes Blut­gerinnsel. Beide Nieren zeigten sehr viele, meist anregelmässig stemfönnige, erbsen- bis haselnussgrosse dunkelroth gefärbte .Stellen, - zum Theil narbige Retractionen, die sieb einerseits als grauweise Stränge von dunkelrothen Partien umgeben, anderseits von graurotherBeschaffenheit, meist geradlinig in die Substanz der Niere verfolgen Hessen.
In einem dritten Fall fand Lustig bei einem Versuchspferde den Urin auch eiweisshal tig. Gelegentlich der Section dieses Thieres ermittelte man in beiden NierenarterienWurmthrom-ben und in einem derselben einen Strongylus. Diese beiden
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•Lustig: Dip embolische Nephritis der Pferde und dasWurmanenrysma. Deutsch. Zeitschr. f. Thiennedicin und vergleichende Pathologie. I-, S. 180. 2Vergleiche meine Angaben über metastatisebe Ilcnllaquo; 8. 29.
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Krankbsiten der Nierongeffisse.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 123
Thi'omben hatten sich von lt;ler Aorta posterior ;ms in die Ar-teriae renales liinein fortgesetzt.
Ferner fand Lustig nach dem Tode eines an Albaminnrie leidenden Pferdes ein Wurmaneurysma in der Aorta un der Ursprungsstelle der vorderen Gekrösarterie und embo-iische Nephritis.
Diesen Eigenbeobaclitnngen fügt Lnstig emllieh noch die Beschreibung eines Präparates bei, die ich hier — da sie in mehrfacher Beziehung interessant ist, — Ihnen auch nicht vor­enthalten will.
Departement-Thierarzt Haarstik aus Hildesheim sandte die linke Niere und hintere Aorta an die Hannover'sche Schule mit folgenden Bemerkungen:
„Die Aorta abdom. ist von der vorderen Grekrösarterie an mit allen davon ausgehenden kleinen (iefassstäinincu bis zur Schenkel- und Beckenarterie beinahe vollständig durch einen Thrombus obturirt; bis zum Brusttheile der hintern Aorta o-eht von dein Thrombus ein im Verlauf dünner werdender Ausläufer. Die rechte Niere zeigt dieselben pathologischen Veränderungen, wie die linke.
Das Präparat stammt von einem halbjährigen Ardenner Foh­len, welches Anfangs (Jetober an aciitem Rheumatismus litt und bei dem sieh am -i. Tage der Krankheit in den Auffen-komraern eine Menge gelben Exsudats zeigte.
Die Genesung erfolgte innerhalb 14 Tagen; es blieb nur eine Schwäche im Kreuze zurück und auch der Puls war stets klein und intermittirend.
Erst drei Tage vor dem Tode — Anfangs December — hat das Thier etwas vom Fressen abgelassen und sieh nach dem Leibe umgesehen. Zwei Stunden vor dem Tode wurden die Colikzufälle heftiger und der Hinterleib tympanitisch. Der Tod erfolgte plötzlich.quot;
In den Thromben der Aorta fanden sieh stellenweise meh­rere Schichten, die sieh dnreh Ucbergänge von einer weissen derben und fibrösen Beschaffenheit in graue, graurothe und rothe Partien von mehr oder weniger lockerer und weicher Censistenz kennzeichneten. Die linke Niere hatte ein Gewicht von 2060 Gramm; sie war stellenweise sehr blutreich, von praller Beschaf­fenheit und mürbe, an einzelnen Stellen sogar weich. Auf dem
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inkiii'iicii der Nierengeni
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Durchschnitt zeigten sic-li verachieden grosse, blutig infiltrirte Stellen; an welchen das Parenchym ganz erweicht und wie zer­trümmert war. Die Glomeruli hoben sieb von dem dunklen Grunde .nls submiliare gelbgraue solide Knötchen ab. Der Stamm der Nierenai-terie war abgeschnitten; die Leiden davon ab­zweigenden Arterien waren aber vollständig durch grau-röthliche massig feste Thromben verstopft, von welchen sieli rotlie und weiche Gerinnsel bis in die kleinsten Arterien verfolgen Hessen. Die Venen waren stark erweitert und mit schwarzrothen, weichen, aber doch cohärenten Blutmassen strotzend angefüllt.
Ueber die Symptome dieser Leiden weiss ieli nicht viel mehr zu sagen, als dass sie keineswegs charakteristisch sind; sie finden im Allgemeinen die Erscheinungen einer Nierenaffection, ob das eine Entzündung, eine Hyperämie oder sonst etwas ist, das findet sieh auf dem Sectionstische.
Lustig scheint bei den von ihm beobachteten Leiden der Pferde einiges Gewicht auf den protrahirten Verlauf, der fort­schreitenden Abmagerung der Patienten bei guter Fresslust, der Albumiuurie und der Desquamation der Nierenepithelien zu
legen.
Von Venen-Erkrankungen ist mir nur die Ruptur einer Nierenvene bei einem Pferde bekannt. Thierarzt F. Merkt1 in Kempten theilt darüber mit, was ich ihnen hier wiedergebe.
.Merkt wurde am 6. zn einem kranken Pferde gerufen, das am quot;2. noch eingespannt war, am 3. aber schon schlecht gefressen hatte. Patient hatte Fieber, 80 Pulse per Minute, prellenden Herzschlag, an der linken Brustwandung bis gegen den Rücken starkes Pochen und Pulsiren (Vl, die Sehleimhäute waren blass. Bewegte mau das Thier einige Minuten, so wurde die sonst ruhige Respiration sehr beschleunigt; ausserdem zeigte sieh das Thier sehr matt. Der Hinterleib war leer, Darment­leerungen regelmässig, der Urin dunkelbierbraun.
Während der Untersuchung per rectum drängte das Thier stark. Beim Befahlen der Aorta war der Puls schwirrend, das Thier zeigte grosse Unruhe und begann zn schwitzen.
1 Merkt: Berstnng der Nierenvene bei einem Pferde. Adam's Woclien-schrift. XIV., 8. 137.
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KiMiiUh.-ih-n der NierongefSssp
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\\'(üter ge.^en vorwärts kamen die Fingerspitzen bdm Jio-luhlen des Rückens an eine Gesctwulst von ziemlichem umfange, gleichzeitig wurde das Pferd sehr unruhig, und nachdem Merkt diese Geschwulst leicht drückte, sprang das Thier in den Barren, wart' sich nieder und verrieth Colikerscheinungen, nach etwa fünf Minuten stand es wieder auf, trippelte hin und her, schwankte, stürzte nieder und verendete unter heftigen Krämpfen nach Ver­lauf von wenigen Minuten.
Die Section ergah: tiieils flüssiges, theils geronnenes Blut in der Bauchhöhle; am Rücken war eine kopfgrosse Ge­schwulst, die meist aus geronnenem Blute bestand und deren äussere umhüllende Wand von der Nierenkapsel gebildet war. Nach Entfernung der Blutgerinnsel fand sich eine lierstung der [Nierenvene gerade da, wo diese in die hintere Hohlvene einmündet. Die innere Venenwandung dieser Stolle war mit vielen Concrementen besetzt, die nur mit dem Messer aus der Wandung entfernt werden konnten und die feinen, dünnen, knochenartig geschieferten Plättchen1 ähnlich waren
Bei Zerreissungen grösserer Grefässe in der Niere kommt es zur Bildung von hämorrbagischen Herden. Diese Blutherde linden sich in der Niere indess nicht oft, immer ist aber dabei Nierengewehe zertrümmert oder auseinandergerissen und in dem freien Räume Blut, resp. Blutcoagulum eingebettet. In den liäniigeren Fällen bohrt sich das aus den zerrissenen (befassen .stammende Blut selbst diese Herde.
Bei solchen Zuständen besteht nicht selten während des Lebens Hämaturie, zuweilen Abgang von Blutgerinnseln, wodurch Verstopfung der Harnwege, Nieren- und Ilarn-colik u. s. w. eintreten kann. — Beim Befühlen der Niere, d.h. wenn dieses ermöglicht werden kann, ist dieselbe schmerzhaft.
Aus diesen Angaben sehen Sie. dass diese Leiden keine diagnostischen Merkmaie besitzen und im glücklichen Falle mit Nephritis verwechselt werden.
Oefter als dieser Blutung ins Nierenparenchym begegnet man einer Blutung zwischen Niere und Nierenkapsel. Eine derartige Blutung dürfte durch Zerreissung oberflächlicher Blutgefässe herbeigeführt werden.
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1 Verkreidong der Intim.a?
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Bntzfindung des Nioreubeckeus. Pyelitis.
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Es versteht sich von selbst, dass bei ergiebiger Blutung die Kapsel weit von der Niere abgehoben und letztere in ein Blutcoagulum eingeschlossen wird. Nach Knptur der Nierenkapsel kann eine Verblutung des Thieres eintreten.
Im Allgemeinen sind derartige Blutungen gefährlich, denn sie führen keineswegs soltcn zur brandigen Zerstörung der be­troffenen Niere, zur Septicämie und zum Tode des Thieres.
l)ie per rhoxin erfolgenden lläm o rrhagien der Nie rengefässe werden durch gar verschiedene Momente be­dingt; abgesehen davon, dass die Wandungen der Gefässe selbst krank und darum brüchig sind, oder dass Ulcera, atheromatöso Processe etc. in ihnen vorkommen, oder die Gre fasse in einen Ulcer ationsprocess hineingezogen und also von der Adventitia her zerstört werden, können wir wohl behaupten, dass als die gewöhnliche Ursache der in Rede stehenden Blutungen traumatische Einwirkungen an-gesebon werden, wie z. B. zu grelles Anfahren schwerer Lasten, plötzliches Pariren, Uebersetzen über Hinder­nisse, Schlag, Stoss, Fall, Stich, Schuss u. dgl. Zufällig­keiten mehr. Bei Hunden treten solche Hämorrhagien öfters in Folge Ueber fahren Werdens ein und bei Kühen begegnet man ihnen, wenn diese Thiere von einem zu schweren oder zu ungestümen Zuchtstierc besprungen und dabei „nieder­gerittenquot; werden.
Eine Therapie der hier zur Sprache; gekommenen Krank­heiten ist mir nicht bekannt; bei der kaum möglichen Diagnosis der fraglichen Leiden bat dieses übrigens wohl auch keinen weiteren Nachtheil!
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IX.
Entzimdmig des Nierenbeckens. Pyelitis.
Pyelilis calarrhalis et crouposa — Pyelilis diphlheritica —
Pyelitis calculosa — Pyelo-Nephritis — Thierische und
pflanzliche Parasiten im Nierenbecken etc.
Schon mehrmals war ich genöthigt, auf Erkrankungen des Nierenbeckens, der Nierenkelche des Rindviehs und der Schweine oder der Nierengange dos Pferdes
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Eul/.iiM.hui; .l.-s Nlorenbockons, Pyolltis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 127
mill Hundes liinzuwcisen, und desshalb lialtc ich es auch für angezeigt, nunmehr die Krankheiten dieser Thoile der Nieren einer eingehenden Betrachtung zu unterwerfen; leider bin ich nur nicht in der Lage, Ihnen nach jeder Richtung hin wünschens-werthe Aufschlüsse gehen zu können, denn auch hier linden wir, dass die Thierheilkunde noch lückenhaft ist.
Die Gründe, warum letzteres der Fall ist, werden Sie ein­sehen, wenn Sie sich erinnern, was ich Ihnen gelegentlich der Diagnose des Nierenkrebses und der Nierensteine vorgetragen habe.
lieber Hydronephrosis und über die Concretionen im Decken haben Sie bereits das Nähere erfahren; über die Ent­zündung des Nierenbeckens ( Pyelitis) will ich jetzt spi-echen.
Die Entzündung des Nierenbeckens ist gewöhnlich eine catarrhalische und findet sich entweder als selbstständiger Process oder gleichzeitig neben einer Affection des Nierenparenchyms; gar nicht seilen lasst es sich nachweisen, dass die Entzündung sich auf das Nierenparen chvm verbreitet hat, es ist dieses dann die Pv'clo-Nephritis.
Auch auf die Ureteren und die Vesica urinaria, wie auch in umgekehrter Reihenfolge, kann sich eine Ent­zündung ausdehnen.
Beim Rindvieh habe ich auch eine Pyelo-Nephritis ' crouposa constatirt: die Nieren sind hierbei hypertrophisch, auf der Schleimhaut des Nierenbeckens finden sich gelbliche, leicht abziehbare Croupmembranen; letztere sind theilweise schon gelöst und zusammengerollt und bis in die gleichzeitig erweiterten Ureteren vorgedrun­gen. Auch die Schleimhaut der letzteren ist mit Pseudomem-branen belegt. In der Pyramidensubstanz einzelner Ren­euli finden sich Abscesse; die Oberfläche mancher Reneuli war übrigens auch rauh und fest mit der Membrana propria der Niere an diesen Stellen verwachsen.
Diese membranöse Entzündung im Nierenbecken dürfte vielleicht ein Fingerzeig sein, wie zuweilen häutige Gebilde in die Harnröhre der Thiere kommen. Ich erinnere mich eines
1 D.'is l'rjipar.'it verdankt die hiesige pathologisch-ssootomische Sammlung dor Güte des Herrn IVoiessois Dr. Vogel in Stuttirart.
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Pyelitis.
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Falles vor circa 11 bis 15 Jahren: damals wurde ich zu einem Jäbrlingsstier gerufen, der nicht harnen konnte. Ich hind in der S-förmigen Krllmmnng das Hinderniss und machte sofort die Urethrotomie, bekam jedoch keinen Stein, sondern ein Stückchen einer dem Scbafleder ähnlichen Membran heraus. Damals zer­brach ich mir den Kopf, wie wohl dieses Stückchen Haut in die Urethra hinemkommen konnte — jetzt wird es mir immer wahrscheinlicher, dass es ein Croupfetzen war, der aus dem Nierenbecken, den Urcteren oder der Harnblase stammte.
Die acute Entzündung des Nierenbeckens ist häufig Folge einer Nephritis, währenddem die selbstständige Pyelitis meistens einen chronischen Verlauf hat.
Bei der acuten Pyelitis ist das Nierenbecken mit seinen Adnexen nicht selten etwas erweitert, die Schleimhaut selbst erscheint stärker injicirt und mit einer schleimig-eiterartigen Masse gefüllt.
Gewöhnlich wird dieser Inhalt des Beckens von den Un­erfahrenen für Eiter gehalten, und gar nicht selten hat man es hier mit Mohren zu tliun, die nicht weiss zu waschen sind, selbst wenn man ihnen die Sache ad oculos unter dem Mikroskope demonstrirt. Diese allerdings einem zähflüssigen Eiter sehr ähnlichen Massen sind abgestossenes, in Desqua-mation befindliches Epithel, das durch ein catarrhalisch-schleimiges Exsudat zusammengehalten wird.
Unter dem Mikroskope (Taf. IV, Fig. 23) erkennen Sie sehr leicht das geschichtete Epithel, das in seinen oberen Lagen polygonale platte Zellen, in den tieferen Schichten grosse, mit ein oder mehr Fortsätzen versehene cylindrische Zellen und auf der Schleimhaut aufsitzend kleine rundliche Zellen besitzt. In den walzenförmigen Epithelzellen namentlich finden Sie nicht selten Schleimkugeln oder auch Fettkügelchen, und kann man letztere oft bis in die feinsten Ausläufer der Zellen ver­folgen.
Wenn ich diese schleimig-eiterartige Masse, die man so häutig zu linden Gelegenheit hat, nicht für Eiter erkläre, so ist damit jedoch noch nicht gesagt, dass nicht Eiterung und Vcrschwä-rung und selbst Brand in der Wandung des Nieren­beckens vorkämen, oder in manchen Fällen nicht auch ein eiteriges Exsudat in das Nierenbecken abgesetzt werden
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Entzündung '\flt; merenbeokens. Pyelitls.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 120
könnte. In diesen Fallen müssen Sie aber unter dem Mikro­skop statt der Epitliclzellea die Eitcrzellen nachweisen.
Es ist dann anch immer ein höherer Grad der Entzändnng vorhanden, der sich durch stärken^ diffuse Röthe, Schwellung und Wulstung der Schleimhaut, durch oberflächliche Ulcera ete, eluirakterisirt. Der Harn der Carnivoren besitzt während des Bestandes des fraglichen Leidens eine alkalische Heaction — der­jenige derPferde und der Wiederkäuer ist noniial immer alkalisch.
Der Schleim im Nierenbecken rührt zum grössten Theil gewöhnlich von den Schleimbälgen her, die sich im Becken der Pferdeniere finden— die Schleimkugeln in den Epithelien dürften von aussen her gerade wie das Fett in dieselLe hineingekommen sein.
Beim chronischen Vorlauf der Entzündung tritt wie überall so auch hier, die Hyperämie mehr zurück und nur selten wird man eine dunklere venöse Röthe nachweisen können: in den meisten Fallen ist die Schleimhaut schmutzig bräunlich-rot h, schieferfarbig, mit rothen Flecken besetzt, aufgelockert — zuweilen mit rahmigem Eiter bedeckt, der sich wenn er von Pferden stammt, zwischen den Fingern rauh — sandig — an­fühlt und sehr viel kohlensauren Kalk enthält; an manchen Stellen fhulen Sie die Wandung des Nierenbeckens in einer ähnliehen Weise von Kalksalzen incrustirt, wie Sie es so häutig in den Grallengängen älterer Kühe und Schafe sehen könnennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;an anderen Stellen finden Sie die Schleimhaut
vielleicht ulcerirt, wodurch sogar bei fortschreitender Ver-schwänmg in seltenen Fällen eine Perforation des Nieren­beckens hervorgerufen werden kann, welche sich mit Harn-infiltration und brandiger Zerstörung des retroperito-nealen Bindegewebes und selbst mit rasch tödtender Peri­tonitis u. s. w. complicirt. Oberflächliche, also wenig tief gehende Geschwüre vernarben.
Der grösste Theil der Beckenwandung ist verdickt, das submueöse Gewebe zuweilen sclerotiscb mit einzelnen Blutextravasaten oder Pigmentflecken durchsetzt; hin und wieder erheben sich von der Sehleimhatit aus auch villöse oder poly-pöse Neubildungen.
Das Nierenbecken ist erweitert und violleicht der Anfang zurHydronephrosis vorhanden oder letztere selbst schon deutlich
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EntKÜndtmg laquo;ins Nierenbeckens. Pvelltla
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entwickelt; — im Verlauf kann sieh per continuitatem eine
Pcrine[)!u-it is purulenta s. septica auch noch hin zugesellen.
Mehrfach gibt die Pyelitis Veranlassung zur Concre-
mentbildun^'. Kalk-, Magnesia- mul Auimoniaksalzo etc. durch­setzen den zilhen, sehleiini.^eu oder eiterigen Beckeninhalt, und während das flüssige Material S|iäter mehr und mehr aus dem Salzconglomerat verschwindet, mnss gleichzeitig die Masse con-sistenter werden, his sie schliesslich die Beschaffenheit lockerer Concretionen und solcher Steine gewinnt, die ihrerseits wieder den chronischen Entztindimgsprocess unterhalten.
Auch eine diphtheritische Pyelitis kommt vor, und werde. ich darüber nachher auch einige Bemerkungen machen.
Aeliologio. Die I'velitis kann durch verschiedene Momente bedingt worden; die gewöhnlichsten dürften sein: Nieren con­cretionen, Harnstauung, thierische und pflanzliche Parasiten und scharfe Diuretica; dann kann sie sich auch per continuitatem von der Niere oder der Harnblase und den üreteren aus entwickeln.
Ks ist wohl leicht einsehbar, dass Steine oder Grries, also rauhe, oft spitze fremde Körper, die sich im Nierenbecken und dessen Adnexen bilden, die Schleim haut des Beckens umsomehr reizen, je grosser und rauher sie sind. - Es ist allerdings richtig, dass man in gar nicht seltenen Fällen bei vorhandenen Nierensteinen keinerlei Entzündungserscheinungen wahrnimmt, warum? — ist nicht immer klar: aber Thatsacbe ist es, dass in weitaus den meisten Fallen durch Concretionen eine chronisch-entzündliche Affection der Beckenwandung nicht nur erzeugt, sondern auch unterhalten wird, dass diese Entzündung (Pyelitis calculosa) sieh ofl sehr bedeutend steigert, Blutungen und Ver-schwärungen entstehen und selbst zur Perforation des Beckens führen kann.
Ist der Harnabfluss aus dem Becken behindert, gleichgiltig aus welchem Grunde, z. 1!. durch Blasenlähmung, wie es ja öfters bei Pferden der Fall ist, die an Paraplegie der Nachhand leiden, oder durch Steine, die in einer der üreteren, in der Pdase oder in der Urethra eingekeilt sind, oder durch Prostata-Hypertrophie, die bei Hunden häufig ist, u. dgl. m., so sammelt sich der Harn in solange im Becken an, als das Nieren-parenehym denselben noch producirt. Jn öfteren Fallen zersetzt
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Bntzundnng des Nierenbeckens, Pyelitis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 131
sich dieser stagnironde Harn und dann wirkt das dabei frei-werdende Ammoniak andauernd reizend auf die Hclileiinliaut und ruft so eine Pyelitis catarrhalis hervor.
Thierische Parasiten kommen in den Nieren und deren Becken bei unseren Hausthiercn vor. Bei Pferden, Rindvieh und Hunden wird öfter Strongylus (Eustrongylus) gigas, der Riesenpallisadenwurm in mehrfachen Exemplaren gefun­den.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ich selbst1 fand einen Blasenwurm (Cysticereus tenuicollis), der Perforation der Niere und Hämorrhagie be­dingte. —
Echinococcen sind bis jetzt, so weit ich es erfahren habe, nur erst in dem Nierenparcn chym der Wiederkäuer gefunden worden. Ich mache hier auf diosc Schmarotzer nachträglieh aufmerksam, damit Sie dieselben, die eine Atrophie des Nieren­gewebes bedingen, nicht mit der Cystenniere verwechseln. Pei der Echinococcus-Niere — die übrigens nur selten vor­kommt — findet man in der Cyste eine seröse Blase eingelagert, welche selbst wieder Scolices enthalten kann. Die Echinococcen können in der Niere sehr gross werden. Roloff - beschreibt eine Kubniere, in der eine „ungefähr hühnereigrosse Echino-coceus blasequot; lag. Der Renculus, in welchem die Blase sich befand, war stark vergrössort, die Nierensubstanz verschwun­den und zu einer grösstontbeils fibrösen Kapsel umgewandelt. Ausserdem fanden sich in noch mehreren Reneuli je ein haselnuss- bis wallnu ssgrosser Hohlraum mit glat­ten aber buchtigen Wandungen (Retentionscysten), welche mit Concretio nen ausgefüllt waren. Durch den Druck der Echinococcusblase auf die Nierenkelche dürften diese Retentionscysten sieh entwickelt haben — wenn nicht, wie es auch möglich sein kann, diese als Retentionscysten bezeichneten Hohlräume Lagerstätton von zu Grunde gegangenen Echinococcen waren mul die in jenen Cysten eingeschlossenen Concretionen aus den mit Salzen durchsetzten Ueberbleibseln der Eccbino-coccen bestanden.
Durch directe Reizung und durch Druck werden von den genannten Parasiten dfe entzündlichen Affectionen bewirkt: über-
' Pflug: Perforation der Niere eines Schafes inFolge eines Blasenwurms.
Adam's Wochenschrift. VIII., S. -.'S:!. 2 Jlittli. a. d. tli. Praxis in Frenssen. XXL, S. 105.
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KiiI/.timlmiLT 'Ic- Nicrfiilii'iktiis
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haupt erzeugen dioso ScKmarotzer öfters ganz ähnliche Zustiludo, wie die Nierensteine.
Besonders ist Eustrongylus gigas (Taf.1V, Pig. 25.)' zu turchteii. der unter den thierischen Schmarotzern in den Nieren am häufigsten vorkommt; derselbe wird namentlich durch seine Grossenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;das Weibchen kann bis zu :gt;' lang und bis zu 6quot;
dick werden — gefährlich, sowie auch noch dadurch, dass sieh gar nicht selten gleichzeitig mehrere Exemplare finden. Glück­licher Weise erlangen diese Würmer im Nierenbecken nicht immer eine besondere Grosse. Ans einer Notiz in Hering s Repertorium XXXIV, S. 368, ersehen wir, dass Professor
Wirtz in Utrecht
oei einer
1872 abgehaltenen Versammlum
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holländischer Thierärzte drei Exemplare des Riesenpallisaden-wurmes, und zwar zwei weibliche und ein männliches Exemplar vorzeigte, die bei einem Hunde gefunden wurden. Wirtz scheint dabei bemerkt zu haben, dass seit 1590 nur 50 solche Falle von Hunden bekannt geworden seien; dazu kommen vier Fälle beim Pferde, ein Fall beim Rind und ein Fall beim Menschen. Von den fünfzig Fällen bei Hunden kommen zehn auf Holland. — Die Richtigkeit dieser Angaben wage ich jedoch nicht zu bestätigen, da man wenigstens bezüglich der Menschen mehr als einen hierher gehörigen Fall aufzählen kann. Küchenmeister allein zahlt in seinem llandbuohe- vierzehn Fidle bei Mensehen auf.
Gewöhnlich wird durch diese Würmer auch der Harn-abfluss behindert und entstellt dann Nlerencolik, l'velitis und schliesslich Hv drone ph ro se.
Das Aullinden des Cysticerous tenuicollis in der Niere ist insofern interessant, als mir selbst kein weiterer Fall eines srleichen Wohnortes dieses Schmarotzerthieres bekannt ist: dann
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1 Eustrong. lt;/i^. kommt besonders hänlit;- bei Fischottern and Robben vor. Wahrscheinlich wird der Jngendznstand durch Fische iibertr.agen. Durch r.;il-liKini Ist festgestellt, dass die Entwicklang erst im Wasser oder in teuchler Erde stattfindet. Höchst wahrscheinlich ist, Kilaria cystica l.'ml.i ans Sym-branchns laticaudns und Galaxias eine Eustrongyliwlarve. igt;;is einzige auf­bewahrte Exemplar .'iiis dem Menschen befindet sieh im Musen m des College of surgeons in London.
- Küchenmeister: Die ;iii und auf dem Körper des lebenden Menschen vorkommenden Parasiten. 1855, S. 'Jttquot;2.
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Entzündung doa NlerenbeckGnlaquo;. Pyelltllaquo;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 133
ersah ich über auch aus diesem Fall, dass ein im Nierenbecken gelagerter Blasenwurm durch Druck Pyelitis, Nephritis, Peri-nephritis, dann Atrophie der Beckenwandung and des Nieren-parenchyms und endlich Perforation der dem Wurme anliegen­den Tiieile hervorrufen kann: eine grünliche, etwas blutig schim­mernde Flüssigkeit hatte sich von dem massig erweiterten Nieren­becken aus durch die abnorme Oeffiiung zwischen Nierenkapsel und Niere ergossen und hier eine sackartige Ausbuchtung der Kapsel veranhisst.
in der jüngsten Zeit werden auch pflanzliche Parasiten mehrfach als Ursache einer Pyelitis beschuldigt. 1st es richtig, dass die Diphtherie nur durch einen Pilz erzeugt werde, und kommt ähnlich, wie hei Menschen, so auch bei Thieren eine Pyelitis diphtheritica vor, so ist dann damit schon gesagt, dass ein pflanzlicher Parasit, dor Diphtheriepilz — der freilich sehr verschieden beschrieben wird — die Ursache der Krank­heit sei.
Einen Fall von Pyelo-Nephritis diphtheritica bei einem in Folge von Cystoplegie zu Grunde gegangenem Pferde habe ich erst dieser Tage beobachtet. Ueber den Krankheitsfall werde ich ihnen später referiren; auf dem Änatomietische aber fand ich in beiden Nieren das leistenförmige Nieren-wärzclieii hochgradig hyperämisch, das Gewebe am die Wärzchengänge herum war ulcerirt und mit einem gelblichen diphtheri tisch e n, vom h v peril mis ch cn Grund sich deutiieh abhebenden Schorf bedeckt. Unter dem Mikroskop sah ich von dem di phtheriti sehen Schorf an der leistenartigen Papille in den Sammelröhren ent­lang Mikrococcen liegen. Die Epithelien der Ilarncanalehen waren mohrfach in eine homogene, stark reflectirende — nicht amyloide — Masse umgewandelt. In den Blutgefässen lag gelb­liches, ebenfalls stark reflectirendes Fibringerinnsel. Dann land man im intertubulären Gewebe zerstreut mehrfach miliare Knöt-chen, die man für Tuberkel halten konnte. Nach wiederholter Betrachtung und Präparation dieser GebUde erkannte ich ganz deutlich, dass ich es mit querdurchschnittenen Gelassen zu thun hatte, in deren Lumen weisse Blutzellen oder Blutfferinnsel lasen, und deren Peripherie reichlich mit concentrisch angeordneten lymphoiden Zellen umgeben war.
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PyelitU.
Die Mikrococcen ' spielen jetzt eine so grosse Rolle in der Pathologie, dass wir auch ihrer hier gedenken müssen. Die Mierococeen sind ja heute — und wie lange noch fort, das kann ich Ihnen nicht sagen — die .Materia peccans, der Sündenbook, der alles Unglück und bald alle Krankheiten erzeugt. — Nun es wird auch die Zeit kommen, in der die Mikrococcen der heutzutage alles beherrschende Popanz nicht mehr sind — aber ganz werden sie sieh nicht aus dem Wege schaffen lassen, ihr Fehl wird begrenzt werden, aber an lgt;c-deutung als schädliches Agens für manche Krankheiten werden sie gewinnen.
Diese Mierococeen sollen nun auch Pyelitis oder eigent­liche Pyelo-Nephritis hervorrufen können, wie Traube es schon beim Menschen nachgewiesen hat. Sie kommen meistens gelegentlich durch das Catheterisiren oder von Wunden der Harnblase etc. aus in die Harnorgane.
Man hat in solchen Fällen im Nierenbecken und im Nieren-parenehym gelbliche Flecken oder Streifen gefunden, die bei näherer Untersuchung sich als Bacterienherde entpuppten. Unter dem Mikroskope sieht man in den Harncanälchen kleine, glan­zende Kügelchen in grosser Menge, welche meist reihenweise in der Langsame des Canälchens angeordnet sind und weder durch Alkalien noch durch Säuren, Alkohol oder Aether gelöst werden und bei Jodeinwirkung sich auch nicht bläuen. Im weiteren Verlauf entwickelt sich eine diffuse, jauchige Entzündung mit Zerstörung des Organgewebes und Neigung zur septischen Verbreitung des Krankheitsprocesses.
Hierdurch können grosse Abscesse sieh bilden, welche die Nieren ganz zerstören und selbst Septicämie bedingen: in glück­licheren Fällen jedoch tritt Heilung mit Schrumpfung und Ver­narbung ein.
Ein einschlägiger Fall wurde von mir in der Niere einer Kuh beobachtet, welche an Septicämie in Folge von Klauen­seuche zu Grund ging. (Siehe Taf. IV. Fig. 24.)
Ich nannte Ihnen vorhin auch scharfe Diuretica als Ursache einer Pyelitis; diese Diuretica kennen Sie bereits als
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' Klebs: Beiträge zur Kenntniss der Mikrococcen. Archiv f. experimentelle Pathologie u. Pharmakologie. I., S. 31.
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Batzttndung dos Nior^ibeokeiis, Pyelitis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; IBi)
solclic StofFe, welche die Harnorgaue in allen ihren Tiieilen reizen, es ninfl dieses besonders die Canthariden und die harzigen, terpenthinhaltigen Körper oder solche Pflanzen tiberhaupt, die ein scharfes Princip enthalten.
Ausserdem dass. wie bereits bemerkt, eine Pyelitis sich per contintütatem entwickelt, soll auch in Folge atmosphärischer Einflüsse, wie z. B. durch Erkältung, diese fragliche Krank­heit entstehen können.
Symptome^ Beisedimentreichera Harne und vennuthe-ten Nieron steinen oder bei Nierenschmerzen, y,.Vgt;. Nieren-eohk, schwerer Beweglichkeit in den Lenden, Sehmerz bei Druck in die Nierengegend oder direct auf laquo;lie Nieren ' mich Exploration per finiun, hei öfterem Anstellen der Patienten zum Harn­lassen mit bestehendem Harntröpfeln, bei Abgang von Schleim, Eiter oder Blut mit dem Urin ist eine Xicrcn-affection unzweifelhaft, und in solange höhergradige, febrile Erscheinungen nicht bestehen, dürfte allenfalls auf eine Pye­litis geschlossen werden.
Wir haben grosse Mühe, dieses Leiden zu diagno-sticiren;2 die Harnanalysen kranker Thiore sind noch sehr mangelhaft und desshalb nicht hinreichend verliisslich. Mau findet sicherlich in manchen Fallen auch Albuminurie hei Pyelitis, der reichliche Scbleimgebalt des Harns spricht aber nur theil-woise für eine Entzündung des Nierenbeckens, und eine bestehende Hydronephrose kann man nicht immer mit einer Pyelitis in Ver­bindung bringen; denn nicht sowohl durch die seeundäre Pyelitis, sondern vielmehr durch die vorausgehende Harnstauung haben die Thiere Schmerzen, und wenn z. 1!. Hunde Tag und Nacht schreien und blutigen Harn absetzen, oder andere Thiere Monate lang periodenweise Harnbeschwerden zeigen, so kann die Ver­anlassung dieser Schmerzen ebensowohl ein Nierenstein als auch ein Strongylus sein. — Eine Pyelitis nehmen wir bei solchen Erscheinungen vielleicht mit demselben Hechte an, als wir auch cine Nephritis überhaupt diagnosticiren könnton.
Bei diesem Alangel positiver Erscheinungen werden wir vielleicht der Diagnose uilher kommen, wenn wir hei chronischem
1nbsp; Vergleiche die Einleitung.
2nbsp; nbsp;Vergleiche Spiuola'a .spec. Pathologie and Therapie. I., S. öT-J.
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Kul/ünilniij;- #9632;
Verlauf des Leidens, niedergradigem Fieber, öfterem Harndrang, schleimigem, eiterigem, zeitweise blutigem, sedimentreichem Harn und schwerer Beweglichkeit in den Lenden unter dein Mikroskope im Urin Epithelien ünden, die denen des Nierenbeckens gleichen.
lithelien im IL
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doch kein
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pathosrnomisches Merkmal, denn die Epithelien der üreteren und
sogar die der Harnblase lassen sieh kaum von denen des Nieren­beckens unterscheiden 1
Sie werden' aber bei weiterer Untersuchung vielleicht die Harnblase leer und auf Druck nicht schmerzhaft finden.
Eine Pvelitis von einer Cystitis zn unterscheiden, wird nicht leichter sein, als sie nicht mit einer Nephritis zu verwechseln.
Im Verlauf der Krankheit treten natürlich schwerere Erscheinungen auf, die aber auch wieder im Zusammenhange stehen mit Nephritis. Paranephritis und Peritonitis, mit der sich hervorbildenden Hydronephrosis und der Urämie. Letztere wird um so rascher und sicherer eintreten, wenn beide Nierenbecken afticirt sind und die Hamstauung zu den regelmässigen Vor­kommnissen zählt so dass sich förmliche Anurie einstellt.
Prognosis. Uie Prognose hängt im Wesentlichsten ab von der Aetiologie und von der Diagnosis! — 1st die Pvelitis durch Erkältung oder durch Acria entstanden, so könnte die Diagnose sich günstiger gestalten. Hat sie sich per conti-nuitatem vom Nierenparenchvm oder der Blase aus entwickelt, so wird sie sich je nach dem primären Leiden richten. Die durch thierischeParasiten bedingte Pvelitis undPyelo-Nephritis und noch mehr die durch Concretion (Mi hervorgerufene Krank­heit ist sehr ungünstig zu beurtheilen. ich habe Ihnen darüber schon meine Meinung bei der Nephrolithiasis gesagt.
lieber die septische Pyelitis stehen mir keine Erfahrun. gen zur Disposition.
Die diphth eri tische Form wird von den Menschenärzten nicht besonders ungünstig beurtheiltnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ich aber glaube, dass
es auch diesen Herren gar oft wie uns Thierärzten gehen wird, sie werden von der bestehenden diphtheritischen Pyelitis erst nach dem Tode des Patienten Kenntniss bekommen. Ich halte solche Fälle für im höchsten Grade gefährlich, and werden wohl die meisten der daran Erkrankten Sectionsobjecte werden. Ich und
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EntzüiuUin^ ilos Niorenltockens. Pyelitis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; lo7
auch Andere ' haben neben der fraglichen Pyelitis entweder eine intcrstitielle purolente Kc[iliritis oder eine Olceration der Nieren­wärzchen — und Mikrococcen im Nierenparenchym, also lauter Zustande gefunden, die für die Fortexistenz nicht nur der ho-troffenen Nieren, sondern sogar für die Erhaltung des Lehens der kranken Thiere keine günstige Aussicht offen lassen,
üeber die durch Mikrococcen hervorgerufene Pyelo-Nephritis finden wir auch in medicinischen Handbüchern keine eingehenderen Angaben — es ist das auch natürlich, da man die Existenz der Mikrococcen in den Nieren immer erst auf dein Sectionstische constatiren kann.
Hat sieh in der Niere einmal ein Leiden mit jauchigen Herden ausgebildet, so halte ich dasselbe immerbin für ein sehr schweres, das vielleicht auch einmal heilt, aber wohl ge-wöhnlich durch allgemeine Sepsis zum Tode führt.
Therapie. Mittheilungen über die Behandlung einer Pye­litis kann ich Ihnen nur insofeme machen, als dieselben für Sie in jenen Fällen, in welchen eine Diagnosis ermöglicht wird, eiiiigermassen als Wegweiser dienen.
Amove eausam!— Die causale Indication ist die wichtigste, nicht selten aber auch diejenige, der am schwersten Rechnung zu tragen ist, und darum sind wir oft genöthigt, in erster Linie lediglich vorhandene schwere Symptome zu bekämpfen.
Wie Sie bei Nierensteinen, Sand und Gries im Nieren­becken vorzugehen haben, dazu habe ich Ihnen den Weg bereits gezeigt, ich wünsche nur, dass Sie jeder Zeit recht glücklich mit Ihrem Heilverfahren wären.
Sollten Sie durch einen glücklichen Zufall die üeberzeugung erlangt haben, dass tbierische Schmarotzer die Ursache der Krankheit sind, so werden Sie wohl zu den Diureticis frigidis, den Alkalien, greifen und darunter namentlich zum Kali car-bonienm, als einem jener Diuretica, welche bei entzündlicher Affection der Niere noch wohl ertragen werden, aber trotzdem eine Diuresis vermitteln, um dadurch vielleicht Schmarotzer zu entfernen und gleichzeitig das schleimige Secret des Nieren­beckens zu verflüssigen. Wird ja doch gerade das Kali car-
1 Interstitielle eiterigo Nephritis in Folge v.n Pyelitis beim lliuid. Sachs. Vet.-Borioht. 1871, S. 71. In diesem fall hat man diphtheritUchen Beleg im Becken und in den Harnleitern nachgewiesen.
Pflaff, Krankhtifcii (U-s urt.pol-tistlieii Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^Q
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EntzüntluDg d^s Kierenbeokeas. Pyelttis.
bonicum als Specificum gegen catarrhalische Leiden so vielfach gerühmt! —
Gegen scharfe Diuretica als concrete Ki'ankheitsursacbe
werden Sie jedenfalls auch hier vorfahren, wie ich es Ihnen schon bei der Nierenhyperämie und der Nephritis zu thnn em­pfohlen habe.
Uegcn pflanzliehe Parasiten ist die innerliehe Dar­reichung von Aciduni carbolicnm er vs talliwatum oder von Ai'idum salieylicum in grossen Mengen schleimiger Flüssigkeit zn versnelien. In diesem Falle muss die Carbolsänre aber mit einiger Vorsicht gereicht werden, weil gerade durch sie die Nieren von Neuem afficirt werden, da bekanntlich die Carbolsänre zu Jenen Arzneikörpern zählt, welche, in grösserer Menge angewendet, Nierenhyperämie und Entzündung der Nieren mit Hämaturie hervorrufen; übrigens ist meinen Erfahrungen zu­folge die Wirkung der Carbolsänre bei septischen Zuständen eine viel sicherere als die der Salicylsäure, und wünsche ich nicht, dass Sie sieh hei Krankheiten, die mehr oder weniger Beziehung zur putriden oder ichorösen [nfection haben, zu sehr auf Aciduni salieylicum verlassen.
Man sagt, dass als Antiparasiticum die Carbolsänre nur in geringer Menge gegeben zu werden braucht: ist dieses richtig, so würden Sie mit :gt; —10 Gramm pro die in einer grossen Menge Flüssigkeit (1 : 300—500) wob] zu Recht kommen, znmal wenn Sie sich nicht allein auf dieses Mittel verlassen.
Sie mögen ja allenfalls statt der Carbolsänre auch einmal Magnesia sulphurosa oder die Salicylsäure versuchen, von welch' letzterer Sie nach Feser einem grossen Thiere 5 —10 Liter der warmen wässerigen Lösung (1 : •280 aqua) geben können. Die Salicylsäure wird sehr rasch durch die Nieren ausgeschieden und soll dabei keine merkliche Nierenreizung eintreten.1
Gegen die reichliche Schleim- oder Eiterp roduetion, den blennorrhoischen Zustand der Schleimhaut des Beckens sindmehrfach die Adstringentien: Aciduni tannienm, Alumen crudum, Ferrum sesquichloratum empfohlen worden, letzteres wohl besonders dann wenn gleichzeitig Häma­turie besteht.
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1 Feser: Salicylsäure untl ihre thcrapentiscli wiclitigon Eigenschaften, orlach's Archiv f. Tliierheilknnde. 1. S. quot;gt;.'i.
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Entzündung dos Sfterenbeokenfi. PyelitU.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 139
Wollen Sie zu Adstringentien greifen, welche die Verdautmgs-organe weniger als die eben genannten afticiron, so mache ich Sie noch aufquot; Had. Bistortae, Rad. Tormentillae, Terra Catechu u. dgl. aufmerksam.
Den grossen Hausthieren gibt man in solchen Fällen ge­wöhnlich Acid, tannicum pro dosi 20—S'O Gramm täglich 2—quot;unal im Wasser gelöst und mit Kad. Altb. pulv. zum Bolus gemacht. Ebenso gibt man auch Alunien crudum vielleicht bis zu 20*0 Gramm pro die; vom Ferrum sesqui cbloratum gibt man pro dosi 2'0—8'0 Gramm, taglich auch 3 — -Imal mit viel Wasser, oder noch besser als Electuarinm. Tormentilla, ßistorta werden als Latwerge mit Mehl und Wasser oder als Decoct pro dosi 30*0 Gramm und täglich dreimal verabreicht; ebenso oft gibt man auch Catechu, aber davon pro dosi nur 8—lO'O Gramm in Latwerge oder als Bolus.
Die Adstringentien gibt man, um eine Verstopfung des Darmtractus zu verhüten, mit der nöthigen Vorsicht und bei grösscren Thiorcn neben Leinkuchentranken. Gras oder sonstigem Grünfutter mit Ausnahme des grünen Klees und der Runkel-rilbenblätter; bei kleinen Thieren verabreicht man sie neben Milchfutter; auch wird man zeitweise mit diesen Mitteln aus­setzen — vielleicht gibt man dazwischen auch einmal ein Ab-führmittel: „Calomel oder Aloequot;, oder bei Hunden: „Syrupus Itbei thee- oder esslöffelweise mehrmals des Tages.quot;
Symptomatisch und auch zur Bekämpfung der entzündlichen Hyperämie mag eine Venaesection am Platze sein, ebenso. wie auch zur Milderung hochgradiger Schmerzen eine Morphium-injectioB und warme Klysraata per amun nicht unversucht bleiben sollen. Diese warmen Klv stiere müssen bei grossen Thieren die warmen Bäder ersetzen, die sich bei kleinen Hunden recht gut einrichten lassen.
Zu den Ivlvstieren oder den Bädern wählt man Camillen-thee, Baldriantbc c, Belladonna- oder Hyoscyamus-decoct; legt auch feucht-warme Lappen — die man natür­lich häufig erneuern muss — auf die Nierengegend unter eine wollene Decke.
Gleichzeitig vermeide man es, blähendes Futter in reichlicher Menge zu geben. Man lasse den Thieren gutes, leicht verdauliches Futter und namentlich dicke Mehl- oder Kleientränke oder Oel-
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Kenbllduagon im Nierenbecken und in itou (Jroterea.
kuchentränke zum Saufen vorsetzen, auch Gras, Rüben, ja sogar rohe Kartoffeln können den Patienten unter Umständen verahreiclit, werden — und hat man frisches, unreifes oder abgefallenes Obst zur Hand, so verabsäume man nicht, dasselbe andauernd den Herbivoren und Schweinen zum Fressen vorzulegen, wenn sie nicht gerade Alkalien als Arznei erhalten.
Vom Getränke gestatte man den Thieren ad libitum zu sieb zu nehmen.
Die Dan'eichung des in der Thierheilkunde so vielfacli be­liebten Camphers hat keinen wesentlichen Einfluss, wollen Sie alier doch desselben nicht ganz enthehren, so reihen Sie öfters Spiritus camphoratus oder Linimentum camphoratum in der Nierengegend ein. es ist dann höchst wahrscheinlich nicht allein dem Patitüiten geholfen, sondern auch dem Thierhesitzer, der nicht nur sehen, sondern auch riechen will!
X.
Neubildimgeii im Nierenbecken und in den
Unteren.
Polypen — Carcinom — lymphatische Neubildungen.
Ich möchte Sie hier zunächst auf zwei verschiedene Nen-bildungen aufmerksam machen, die sich im Nierenbecken und auch — wenn gleich seltener — in den üreteren finden.
Es sind dieses :
1. nolypöse Neubildungen, die in das Lumen des Nierenbeckens oder eines Harnleiters hineinwuchern, und
#9632;2. lymphatische Neubildungen, unter welchen ich im Augenblick: Tuberkel, Rotzknoten, Perlsucht etc. zu­sammenfasse.
Die polypösen Neubildungen, schlechtweg Polypen genannt, sind Auswüchse des Schleimhautbindegewebes oder des submueösen Bindegewebes in Form von ein­fachen oder dentritischen Zotten von verschiedener, oft nur fadenförmiger Dicke, die sich gegen die .Spitze zu verschmalern oder auch zu Kolben oder Knoten verdicken. Sie tragen Blut-
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NeubüduDgen ini Klereubeekeu and in lt;llt;-ii Ureteren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ill
jjjctilsso und sind mit mein- oder weniger Epithel überzogen: sie sind also analoge Bildungen , wie mau sie häutiger noch auf anderen Sclilciiuhauten findet und die auch mit den sogenannten Warzen (Verrucae) auf der äusseren Haut recht wohl verglichen werden können.
Wie Sie schon im vorigen Capitel erfahren haben, entwickeln sich solche Neubildungen zuweilen besonders bei chronischer Pyelitis, und einmal angelegt, vergrössern sie sich sehr gerne.
Sie entwickeln sich aber auch in Fällen, in denen von einer vorausgegangenen Entzündung nichts bekannt ist.
Solche kleine Excrescenzen sind wohl von keiner besonderen Bedeutung, namentlich wenn sie im Nierenbecken entstehen; sie gewinnen aber einen sehr grossen Eiut'luss auf den thierischen Gesundheitszustand dann, wenn sie in der Ureterenschleimhaut zur Entwicklung kommen und hier das enge Böhrenlumen verlegen, oder wenn sie im Nierenbecken stärker hervorwachsen, namentlich kolbig, knotig und verästelt werden und bis in die Urcteren-öfihung hineinragen und so den Harnabfluss erschweren oder ganz unmöglich machen.
Ich brauche Ihnen nach diesen Andeutungen über dieses Leiden kaum noch etwas hinzuzufügen; Sie wissen nun, dass zunächst Harnstauung eintritt, deren Folgezustände Sie nun­mehr hinreichend zu würdigen gelernt haben.
Den fraglichen Zustand ante mortem des Patienten zu diagnosticiren, wird Ihnen kaum gelingen, denn wenn Sie ihn vielleicht errathen sollten, so ist dieses doch wohl keine Diagnose!
Der Natur der Neubildung entsprechend wird sich dieses Leiden allmälig entwickeln, und so lange, als die Harnwege nicht verlegt sind, wird auch keine Nierencolik eintreten.
Wenn man ein Leiden während des Lebens nicht diagno­sticiren kann, so bleiben Prognosis und Therapie missliche Sachen, sie beschränken sich auf die Berücksichtigung einzelner Symptome, und man wird hier vielleicht an Nierensteine, Würmer, l'yelitis u. s. w. denken und darnach die Vorhersage und die Behandlung einrichten.
Die Polypen können ihrer Morphologie zufolge bekannt­lich von einander sehr abweichende Eigenschaften besitzen, und
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Nöubildniiffei] im Nierenbocken und In dön üretoren,
#9632;#9632;#9632;-#9632;
wenn man gleich am häuügsten den fibrösen Polypen be­gegnet, so können doch auch carcinomatöse, sarcoinatöse u. dgl. m. in den in Rede stellenden Geweben zur Entwicklung
Die grossen Gresclnvülste, welche naeh Bruckmüller in den Nierenbecken der Hunde vorkommen, gegen die Niere vor­dringen und das Nierenbecken erweitern, wage icli — nach den gegebenen Auseinandersetzungen — nielit y.n elassificiren, möglicher Weise sind es sarcomatöse oder gar carcinomatöse Neu­bildungen, die. #9632;wie ich Ihnen eben vortrug, ja auch an diesen Stellen vorkommen.
Ein Carcinom des Harnleiters wies Siedamgrotzky, Professor an der Thierarzneischule in Dresden, nach; l er fand bei einem sechs Jahre alten Patienten (Hund?) während seiner letzten Lebenstage eine Paresis der Nacbhand, Obstruc­tion und Schmerz beim Druck auf die Wirbelsäule.
Eine Veränderung des Harns wurde nicht bemerkt.
Bei der Section fand man beiderseits den Harnleiter um das Doppelte verdickt und durch die Schwellung der Mucosa das Lumen des Liretors verengt. Die ganze Schleimhaut­oberfläche Avar mit weisslichen weichen Knoten besetzt, die leicht zerreisslich, hirnmarkälmlich, auf den leisesten Druck einen milchartigen Saft entleerten. Auch das Nierenbecken war erweitert, die Schleimhaut verdickt und mit kleinen derben, zuweilen knorpelähnlichen Wucherungen be­setzt. Die Nierensubstanz war atrophirt.
Auch ich habe im rechten Ureter eines männlichen Pferdes ein Carcinom neben solchem in und an der Harnblase gesehen: das Nähere darüber will ich Union bei Besprechung des Carcinoms der Harnblase sagen.
Leber die lymphatischen Neubildungen kann ich beute leider keine genügenden Mittheilungen machen, da ich selbst derartige Neoplasinen in der Schleimhaut des Nierenbeckens und der Lreteren noch nicht wahrgenommen habe. Audi die mir gewordenen, darauf bezüglichen Mittheilungen, dass sich hier bei Perlsucht, Kotz und Tuberculosis knotige Ge­bilde sowohl, wie Infiltrationen und Geschwüre entwickeln
Sächä, Vet.-Bericlit. XVI.. S. 76.
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AbuormQ La^e und Beweglichkeit der Nieren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;14o
können, sind mir zu unsicher, um sie llmcri gegenlibor vertreten zu können. Nach mir zugekommenen brieflichen Mittheilnngeii des Herrn Dr. Schütz in Berlin komme in den Nierenbecken und don Calyces renales, sowie auch in den üreteren die „Tuberculosisquot; vor; an letzterem Ort in Form von (Jürtei-gesebwüren. Die Nachbarschaft schwelle an und es entstehe in Folge dessen sehr oft Hydronepbrose.
Jedenfalls, meine Herren, ist es gut, wenn Sie selbst an solche Vorkommnisse denken und geeignete Fälle seiner Zeit zur allgemeinen Kenntniss bringen.
So würden Sie vielleicht auch einmal Cystenbilduiigcn in der Schleimhaut wahrnehmen, die dann wahrscheinlich Retentionscysten sind und von den Schleimbälgen ausgehen, die in grosser Zahl namentlich in der Beekenschleimhaut vertreten sind.
XL
Abnorme Lairo und Beweglichkeit der Nieren.
im (lebiet der Thierheilkunde sind wenige Fälle aufgezeich­net, dass die Nieren nicht ihre normale Lage gehabt hätten, oder gar beweglich an den Insertionsptinkten auf­gehangen gewesen wären.
Bekanntlich liegen die beiden Nieren nicht in einer Frontal­ebene, die linke Niere ist stets mehr nach hinten angeheftet. — .Man thut gut, bei Sectionen daran zu denken, denn es erspart sich dann vielleicht derjenige einen unangenehmen Augenblick, der es versäumt hat, die Zootomie zur richtigen Zeil und am rechten Orte zu studiren: übrigens wissen Sie auch recht wohl, dass die Lage der Nieren nicht immer ganz genau dieselbe ist; es hat darauf schon vor lauger Zeit Gurlt aufmerksam gemacht, sowie auch auf den Umstand, dass bei Wiederkäuern die linke Niere durch den Wanst oft nach der rechten Seite hinüber­gezogen werde, wenn das Thier auf der rechten Seite liegend stirbt und in dieser Lage auch erkaltet. Fände man, dass die linke Nierenvene sich über die Hohlveno nach rechts herttber-gescblagen habe, so sind nrspünglich beide iSiieren nicht auf der
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Ml
Abnorme Loge '.m't Bewegliclikeit dor Nieren,
rechten Seite gelegen. Die abnorme Luge dar Niere fällt wohl am häufigsten mit anderen Missbildungen zusammen.
1st letzteres nicht der Fall, so ist die fehlerhafte Lage der Nieren oder der einen der Nieren eine sehr wenig auffallende.
Besonders erwähnenswerth dürfte folgender Fall sein.' Bei einem an Pferdetyphus2 zu Grunde gegangenem Wallachen fand mau eine Abweichung an den Nieren, die jedoch während des Lebens des Thieres nie Störungen verursachte. Beide Nieren waren grosser als gewöhnlich, die rechte wog 35, die linke 37 Unzen,3 das Innere beider Nieren war normal. Die rechte Niere lag um die ganze Länge einer Niere weiter zurück, als gewöhnlich, sie berührte somit nicht die Leber, an welcher so­wohl der Ausschnitt, als auch der Spigel'sche Lappen fehlte. Die Form der rechten Niere war oval mit dem dickeren Theil nach hinten, gegen das Becken gewendet, in welches sie mit der Hälfte hineinragte. Der Harnleiter ging von dem Ausschnitt der Nieren nach rückwärts statt nach innen und war kürzer als gewöhnlich: ausser ihm lag im Ausschnitt der Nieren nur noch die Yene, die Arterie fehlte an dieser Stelle; dagegen gingen vier verschiedene Arterienzweige in verschiedenen Punkten, zum Theil an der oberen, den Lendenmuskeln zugewandten Fläche, in die Niere hinein; die bedeutendste dieser Arterien kam ans der rechten Becken­arterie, die drei übrigen aber entsprangen direct aus der Aorta. Die linke Niere bot ausser der Hypertrophie nichts Abnormes dar.
1 Vergrösserung der Nieren mnl abwoicliencle L:iuv derselben heim Pferd. Horing's Ropertorium. IX., •'!, Heft.
- Wenn icli wirderholt „Pfordetyphnsquot; sage, so füge icli mic-b liier lediglicli dem thierarztliehen Sprachgebr.iucli, unterstelle aber keineswegs, dass diese Krankheit ein „Typhusquot; und identisch mit irgend einer Form der mensclilichen Typhoiile sei. Ich kenne bis jetzt keine, den monschlicheti Typhen (Abdominal- und Petecohialtypus) vollkommen gleiche Thierkrankhe it! — Was laquo;lii- Thierärzto beim Pferd „Thyphusquot; nennen, ist in den beiweitem häufigsten fällen eine Affection des lympha­tischen Apparates, eine Urticaria oder noch liiinfi j;-(_t ein Kry s i pel a s malignum ; — in manchen fällen ist tier Pferdetyphns aber auch eine A nthrax-form, ili'' sogenannte Beulenseuche. Dieser bösartige Rothlauf der Pferde gclit gewöhnlich durch einen Status typhosus in den Tod über, daher auch die wiederholte Bezeichnung derselben Kraukheil mit; „Faulfieberquot;, was man in späterer Zeit in den vornehmer klingenden Namen: ..Typhus'quot; übersetzt hat.
3 1050—1110 Gramm.
Ü.
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Abnorme Lage umi BetvegUahkeil lt;l(-u- Nieroa.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 145
Uober die sogenannte bewegliche Niere findet sich in der Tidskrift foi' Veterinairer udgivet at' Prof. Beiulz og Bagge (XVr. 3. Heft. 1868 Kopenhagen) eine Beobachtung von Stok-fleth. Eine kleine Kuh war bald nach der normalen Geburt sein1 elend und mager geworden, sie hatte eine festliegende Haut, keine Fresslust, langsamen und schwachen Puls, drängte und setzte blutigen Urin ab. Man vermuthete einen Harnstein, nahm desshalb eine Exploration per anum vor und fand im Ab­domen eine kindskopfgrosse Geschwulst, die von der Wirbelsäule herabhing und leicht nach links und rechts vorschoben werden konnte. Hie Harnblase wurde nicht ge­fühlt, die Harnleiter aber waren dilatirt. Vier Wochen später kam die Kuh zur Tödtung und wurde secirt. Die Section ergab eine Dislocation der rechten Niere. Es hatte sich dieselbe von den Lenden herabgesenkt, so dass sie frei an den verlängerten Gefässen hing und so während des Lebens leicht hin und her bewegt werden konnte.
Die Niere war bleich, die Nierenbecken waren erweitert und der Urin hatte sich einen Weg durch die Nierensubstanz gesucht und in die Nierenkapsel ergossen. — Daher auch die g rosse Geschwulst! — Der betreffende Ureter war gleichfalls dilatirt und zog sich mehrfach gewunden gegen das Becken, woselbst er seine normale Weite wieder bekam. Die Harnwege (welche'?) waren verdickt, ihr Lumen aber verringert (concentrische Hypertrophie) und die Schleimhaut mit warziger Granulation besetzt. Die linke Niere lag am richtigen Platz, hatte aber ein erweitertes mit eiterigem(?) Harn und einigem Gries gefülltes Becken, das­selbe fand man auch in der verkleinerten Harnblase. Stokfleth ist der Meinung, dass der Fötus die nächste Ursache dieser Ver­hältnisse gewesen sein dürfte, und ich halte auch dafür, dass man es hier mit einem acuten Zustand zu thun gehabt hat. Der Fötus mag durch Druck auf die Blase den Harnabfluss behindert haben, dadurch entstand Dilatation des Nierenbeckens, Ruptur der Nieren­beckenwandung und der Niere selbst, Erguss des Urins in die Nierenkapsel und endlich Lockerung der Verbindung der Niere mit den Lenden.
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MG
Ki-.-uikliiium der Uretereu.
XII.
Krankheiten der üreteren.
Erweiterung und Verengerung — Entzündung der Ureleren.
Wir müssen hier zunaclist an den Zufall denken, dass Ilarn-steine im Lumen eines Ureters sieh für längere oder kürzere Zeit einkeilen: es wird dann der Harn ab flu ss be­hindert und eine Nierencolik entstehen. Es wird, wenn der Nierenstein in der Nähe der Ei um ü ndung des Harnleiters in die Blase sieh festsetzt, gerade so, als wie wenn hier der Harnleiter verwachsen oder sonst wie verlegt wäre, oder wenn der Harnabfluss aus Blase oder Harnröhre überhaupt unmöglich ist, zu einer verschieden hochgradigen Dilatation des Ureters u. s. w. und zur Entzündung kommen.
Das Gleiche wird eintreten, wenn die Urcterenöffnung in die Blase nicht fest genug verschlossen ist, wenn also eine Insufficienz des Verschlusses dieser Oeffnung besteht, so dass von der Blase aus der Urin in die üreteren zuriickfliessen kann'. Die Erweiterung der Üreteren ist mit oder ohne Ver­dickung ihrer Wandungen verbunden, so z. 15. fand W. Cart-wright bei einem l'/j—2quot; erweiterten Harnleiter dessen Wand
#9632;
H
lick und knorpelig hart.
Uneleich hs
ufiger sind die Erwei-
tenmgen der Üreteren ohne Verdickung der Wandungen, und dabei findet man sie gar nicht selten seihst bei mittelgrosscn Ilausthieren - den Schweinen -- bis zur Grosse eines l'lerde-dünndarms ausgedehnt.
Gewöhnlich ist nur ein Harnleiter verändert, aber doch geschieht es auch recht häufig, dass man beide üreteren gleich stark oder verschieden stark erweitert findet. Sitzt dasHinderniss für den Harnabfluss mehr in der Mitte oder etwas vor der Eiumttnduug des Ureters in die Blase, so ist auch nur bis zu dieser Stelle der Ureter dilatirt und hinter dem Hinderniss von normaler Weite.
Ans dem Mitgetheilten erstdien Sie, wie sehr sich die Üreteren ausdehnen können, und in diesem Unistande müssen Sie auch die
!) Sachs. Vet.-Bericht. IX., S. 35.
I
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Krankheiten der Dreteren.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 147
Ursache suchen, class man in ihnen nur ausnahmsweise Harnsteine eingekeilt findet.
Durch die Harnsteine sowohl, als auch durch den angestauten Harn, dann vom Nierenbecken und der Harnblase aus, also per contimiitateui, kann sich eine Entzündung der üreteren ent­wickeln. Die Entzündung ist auch zuweilen eine croupösc. An einer von mir untersuchten Rindsniere, in der ich Pyelitis crouposa mit Abscessen in mehreren Pyramiden nächst dem Nieren­becken nachwies, fand ich auch noch ein Stück des Ureters; der­selbe war daumenstark erweitert, die Schleimhaut mit Croup-membranen bedeckt, und auch die Wandung erschien in An­betracht seiner cylindrischen Erweiterung verdickt. Ueber den Zustand in der Harnblase und die Erscheinungen wahrend des Lebens des Thieres konnte ich nichts erfahren.
Ueber die Ureterenentzttndung habe ich aber eigentlich auch nicht noting, Ihnen mehr zu sagen, als dass sie fast in allen Punkten mit dem zusammenfällt, was ich Ihnen über Pyelitis mitgctheilt habe. In den meisten Fällen wird man dieses Leiden wahrscheinlich mit Nephritis, Pyelitis oder Cystitis ver­wechseln.
Zwar kann man bei grossen Hausthieron die üreteren unter Umständen per rectum fühlen, nämlich bei Schwellung und Erweiterung derselben als ein Paar wurstartige Stränge links und rechts des Rectoms in der Richtung von den Nieren zur Harnblase; ja diese Üreteren können auf Druck sogar auch schmerzhaft sein, — allein aus diesen Erscheinungen lässt sich kein genügender Schluss bezüglich der Entzündimg ziehen, zu­dem derartige Zustände der Harnleiter gewöhnlich untergeordneter und seeundärer Art sind.
Prall ausgedehnte Harnleiter können natürlich zerreissen und kann dadurch der Urin in das retroperitonäale Binde­gewebe gelangen, zu brandigen Zerstörungen, Peritonitis, Septi-cämie und Urämie Veranlassung geben. In seltenen Fällen ergiesst sieh nach Harnleiterruptur der Erin auch in den Peritonäalsack.
ilit diesen fraglichen Rupturen stehen auch die mehrfach beobachteten Hämo rrliagien in der Umgebung des einen oder beider Üreteren in Zusammenhang.
Eine Verengerunng der Üreteren kommt endlich vor: durch nebengelagerte Geschwülste, so z. B. verhältnissmässig
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Ktil/iuiilmiii der llaiiilthi-
Urocystitis
lululi^ bei starker Fettanhäufuug am llilus der Nieren; solche Fettmassen drücken das Lumen des Ureters zusammen mid können sogar auch so Hydronephrosia reranlassen. Seltener wird eine Obliteration des Ureters dureli entzündliche Schrumpfung, durch zottige oder andere Neubildungen, durch Hypertrophie der Wandungen oder durch Würmer (Strongylus gigas) bedingt.
Dass Krebs das Linnen der Harnleiter verlegt und dann eine Blasenniere zur Entwicklung kommen kann, dürfte aus einer Mittheilung des Herrn Professors Siedamgrotzky bervorgehen, der diesen Fall bei einem Hunde(Vj beobachtete.1
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XIII.
Entzimdimg der Harnblase, üroeystitis.
Hyperämie der Harnblase — catarrhalische — croupöse — diphlheritische Entzündung — Pericystitis.
Wir müssen liier drei Formen der Harnblasenentzün­dung ins Bereich der Besprechung ziehen, nämlich
1.nbsp; nbsp;die catarrhalische,
2.nbsp; nbsp;die croupöse und
3.nbsp; nbsp;die diphtheritische Entzündung.
Unter diesen ist unzweifelhaft die catarrhalische Ent­zündung (üroeystitis catarrhalis) die häufigste, die am meisten bekannte und desshalb auch diejenige Form, welche uns vorherrschend beschäftigen wird.
ich will auch zuimchst nur von dieser sprechen.
Ä.etiologie. Die catarrhalisohe Blasenentzttndung können alle unsere Haustbiere acquiriren und in der That leiden sie auch gar nicht selten daran.
Bei Hunden und Pferden sind es wohl recht häutig inten­sive Erkältungen, welchen die Thiere aus Rohheit oder Dumm­heit der Menschen ausgesetzt werden: ich möchte ihre Aufmerk­samkeit nur auf das Baden und Schwemmen dieser Thiere
1 SäoUs.-Vet. Bericht. XVI., S. 76.
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Bntsrilndiuig der HamblasG. Urocystitls.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;149
richten und darauf hinweisen, wie ansinnig und roh hierbei nicht .selten von Seite der Eigner oder der Bediensteten vorgegangen wird.
Ein vom Schweiss triefendes Pferd oder einen ecbauffirten Hund in kaltes Wasser treiben, das können Sie gar hau Hg sehen und gleichzeitig beobachten, dass in Folge dessen Coliken, Rheu­matismen und derartiges mein- entstellen.
Diese Coliken sind aeben anderen gar manchesmal von der Harnblase ausgehende Schmerzen, wie solche ja auch heim Blasencatarrh zur Beobachtung kommen.
Bei Rindvieh, Schafen und auch Pferden tritt die Cystitis catarrhalis am öftesten auf nach dem Genüsse scharfer, harziger, ätherisches Oel haltiger Pflanzen oder schimmeligen Putters oder auch nach intensiver An­wendung der spanischen Fliegen u. dgl. m.
Sie wissen, dass die genannten Pflanzen ete. entweder scharfe oder flüchtig reizende Diuretica (Diuretica acria s. ex-citantia) sind und diese auch in anderen Abschnitten des uropoöti-schen Systems einen ähnlichen Effect hervorrufen. Ferner entsteht bei allen Thieren — wenn auch hin und wieder die croupöse oder diphtheritische, so doch — am häufigsten die catarrhalische Entzündung der Blase in Folge von (Joncrementen und Steinen, von Würmern (Strongylus gigas) und anderen in die Pdase gelangten fremden Körpern, (Sonden, Holz­stücke u. dgl. m.).
Die Cystitis entwickelt sieh auch bei Harnstauungen in der Harnblase, wie solche bedingt werden z. B. durch Fibroide oder durch Steine oder durch Stricturen der Harnröhre oder durch Tumoren am Blasenhals (Prostatahypertrophie), Läh­mung der Harnblase, bei der Staupe und der Paraplegie der Nachhand, ' bei Dislocation der Blase etc. etc. In diesen Fallen ist es gewöhnlich der sieh in der Blase zersetzende, ühel-riechende Harn und der sieh durch den mehrenden Urin immer steigernde Wanddruck, welcher die Sehleimhaut bis zur Entzündung zu reizen vermag.
Dass eine Cystitis per continuitatem entsteht, haben Sie aus früheren Vorträgen schon entnehmen können: besonders
1 Isnunl: Blasenentüündung complicirt mit Lähmung dar Nftchhanrl und dos KnplV's. .Jc.iiirn. de nu'd. vi'ti'r. de Lyon. X., S. (;.'!.
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Entzftndutxg dor Harnblase. UroeystitU.
sind es Entzündungen der Nieren, der Nierenbecken, der Harn­röhre und bei weiblichen Thieren auch der Vagina, welche beim Weiterumsichgreifen zur Cystitis führen.
Per continguitatem sieht man eine Cystitis bei Peritonitis, Metritis, insbesondere bei der Perimetritis, der Proctitis, bei Ent­zündungen und Eiterungen im retroperitonäalen Bindegewebe entstehen.
Bei Sara enstrangentziindungen und Samenstrang­fisteln, wie solche wiederholt nach Castrationen entstehen, be­gegnet man zuweilen einer Entzündung des Peritonäums, des retroperitonäalen Bindegewebes etc. und auch der Harnblase, ja es können sich sogar Abscesse aussei-halb der Blase bilden, welche dann zur Ulceration und Perforation der Blase (Pericystitis ulcerosa) mit all ihren weiteren Folgen führen. Bei weiblieben Thieren, namentlich aber bei solchen Schweinen, die kurz nach der Ovariotomie sterben, findet man neben verbreiteten Entziindungserscheinungen im Hinter­leibe meistens auch eine intensive Urocystitis.
Dann begegnen Sie noch Blasen e n t/, ü ndüngen bei manchen schweren Leiden, namentlich bei Infections-krankheiten, z. B. der Rinderpest, den Pocken der Schafe und öfters auch bei Septicämie und jener Krankheit, die man Pferde­typhus zu nennen pflegt.
Audi in Folge traumatischer Einwirkungen, wie z. B. nach Quetschung und Zerreissung der Harnblase bei Ge­burten, nach Prolapsus uteri, Inversio vesicäe urinariae, nach Blasensteinoperationen, dem Verlieren des Catheters in der Blase, Einkeilen fremder Körper in der Blase weiblicher Thiere in böswilliger Absicht kann Cystitis zur Entwicklung kommen.
Die croupöse Entzündung, welche wir als eine Steigerung der einfach catarrhalischen Entzündung ansehen können, die sich bei dazu besonders disponirten Thieren nach intensiverer Einwirkung mancher Schädlichkeiten und auch in einzelnen Organen mit besonderer Vorliebe entwickelt, sehen wir in der Harnblase der Thiere verhältnissmilssig nicht sehr häutig.
Nach sehr schweren Geburten, hei rauhen und grossen Harnsteinen, oder fremden, in die Harnblase gekommenen, Körpern, nach Umstülpung und Vorfall der Blase, durch
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Entzündung doc Harnblase. [Trooystltis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 151
reizende Einspritzungen in dieselbe ' und uneli bei manchen infectiösen Krankheiten können wir eine Urocystitis oron-posa antreffen.
Die Diphtherie der Harnblase Ist ausserordentlicb selten bei Tliieren zur Beobachtung, oder richtiger gesagt, zur Bescbrei-bung gekommen. — Sie ist eine seltene Krankheit, und da wir sie gewöhnlich mit putriden Processen in Verbindung finden, können wir kaum die sogenannten Fäulnisserreger als die eigentliche Ur­sache dieses Leidens zurückweisen, und zwar dieses um so weniger, als sogar mehrfach Stimmen (Klebs) laut werden, welche als Ursache schon der einfachen catarrhalischen Cystitis die Bacterion anseben.
Ijei jauchigen Entzündungen im Uterus, also z. B. bei En-dometritis septica puerperalis habe ich mehrmals die diphdieritischo Entzündung (Urocystitis diphtheritica) in der Harnblase gefunden.
Pathologische Zootomie. Die Entzündung der Harnblase verläuft bald acut, bald ist ihr Verlauf ein langwieriger, chro­nischer, sie erstreckt sich dabei seltener über die ganze Blasen­wandung, sondern ist vielmehr meistens in ihrer Ausdehnung beschrankt, sogar zuweilen nur auf eine kleinere Stelle, also circumscript, und im letzteren Fall ist es der Vertex oder noch häufiger der Hals der Harnblase.
Bei einer aenten Cystitis findet man die Harnblasenschleim-hant geschwollen, succulent und hyperämisch, d. b. reichlich von dendritischen Blutgefässen durchzogen; an den Thei-lungsstellen der Gefasse sieht man nicht selten kleinere oder grössere Extravasate, und es entsteht dadurch das den acuten Schleimhautentzündungen eigene Bild einer bald diffusen, bald streifigen, bald fleckigen Eöthe.
Bei einer verbreiteten Blasenentzündung erstreckt sieb eine bedeutende, oft dunkle, an manchen Stellen besonders intensive Röthe über die Oberfläche der ganzen Blase, so dass dieselbe beim Oeffnen des Abdomens besonders und um so mehr in die Augen fällt, als sie in manchen Fällen, z. B. bei Cystitis in Folge von Cystoplegie, auch sehr stark mit Harn angefüllt und dadurch ausgedehnt ist. Ich möchte Sie aber hier doch gleich auch darauf aufmerksam
1 Wiener Vierteljfthresschrift f. wissensch. Veterinärkunde. XXXVIII., S. 1-27.
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r.ni/.iimlimg der Harnblase. Drooysütis
machen, diese oft dunkle Hötlie der Harnblase nicht — wie es so oft i;-escliielit — rundweg für den Ausdruck der Entzündung oder, wenn die Harnblase so reckt blau- oder scbwarzroth ist, gar gleich für Brand zu halten. In diesen Fehler verfallen mit der pathologiscken Anatomie weniger Vertraute gar nicht selten und sind diese kaum eines Besseren zu belehren. Diese Köthe der Blase ist gewöhnlich nur verschieden hochgradige Hyperämie, also keine Entzündung und noch weniger Brand, es ist eine Ueberfilllung der Blutgeßlsse mit Blut. Drücken Sie auf eine so geröthete Stelle, und wird sie unter Ihrem Finger heller, weiss (anämisch), dann dürfen Sie wohl den Process für Hyperämie er­klären, wenn Sie nicht auch gleichzeitig eine Exsudation nachweisen können Aus dieser Hyperämie entwickelt sich aber Entzündung und diese kann in Brand (Gangrän) übergehen. Zur Entzündung gebort die Exsudation, und vom Brand können Sie nur reden, wenn das Gewebe wirklich mortificirt ist; denn der Brand ist nichts Anderes als örtlicher Tod in Folge von behinderter Circulation des Blutes im betroffenen Gewebe. Beim Brand ist die Blase auch dunkelhlutroth, dabei aberentivcder weich, leicht zerreiblieh, brüchig, vielleicht übelriechend oder pergamentartig, mehr starr und trocken.
Die Hyperämie der Blasenschleimhaut, die auch durch Acria und bei Störungen der Circulation im Gebiete der hinteren Hohlvene erzeugt wird und keineswegs selten bei Thieren vorkommt, führt sogar oft zur Cystitis und bedingt mehrfache Varicositäten und Hämorrhagien (Blutharnen) in die Harnblase. Die Hyperämie der Harnblase kann man am besten in vielen Fällen der Rinderpest, beim Pferdetyphua und bei der Einkeilung von Steinen in der Harnröhre und dem dadurch be­wirkten frühzeitigen Tode; der Thiere studiren.
Bei der Entzündung der Blase findet man auf der Schleim­haut nur wrenie zeilenreiches Exsudat, weil dasselbe sich sogleich mit dem Urin vermengt und diesen trübt. Der Urin ist auch öfters durch beigemischtes, von kleinen Extravasaten stammendes Blut roth oder bierbraun gefärbt. Aussei- dem Blute können dein Urin abgestossenes Harnblasenepithel, reichliches Sediment, seihst Gewebsfetzen u. dgl. beigemengt sein, und wird je nach der Art dieser Beimischung der Urin mehrfach verändert.
Gelegentlich der acuten Cystitis kann sieh der Process auch steigern. Man bemerkt dann neben der hochgradigen Röthe
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Batztlndaag 'lt;r Harnblase. Urocystitis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 153
und Schwellung der Sclileiinluiut nicht seiton die ganze Blase mit einer plastischen gelblich-bräunlichen Membran belegt, die sich ziemlich leicht und ohne merkliche Verletzung der Schleim­haut abheben lässt. Es ist dieses die Cystitis croup os a, die Sie auf dem Sectionstische von der Cystitis diphthoritica dadurch unterscheiden werden, dass die Diphtherie häutiger ins ei­förmig auftritt und das gelblich-bräunliche Exsudat, welches in einem gerötheten Schleimhauthofe liegt, sich nicht leicht von der Unterlage abheben lässt und, wenn es gelingt, immer einen Substanzverlust, oft sogar eine wunde, blutende Stelle zuriieklässt.
Von der Cystitis acuta ca tarrhalis, ernuposa et d iphtheritica aus kann sich eine P ericysti ti s und dann eine Peritonitis und Enteritis entwickeln, und können dadurch die betroffenen Organe vielfach unter einander durch plastisches Exsudat verkleben und später selbst auch verwachsen.
Die acute Blasenentzündung geht nun entweder in Heilung über, oder es entwickelt sich aus ihr die chronische Form.
Sie sehen am Anfange der chronischen Entzündung noch die wesentlichsten Erscheinungen des aeuten Catarrhs, dann aber merken Sie eine grössere schleimige Exsudat ion, die bald mit Eiterzellen reichlich vermischt wird. Die höhere Röthe weicht, die Farbe wird mehr bläulichroth, die Extravasatc verfärben sich, werden bräunlich und stellen zuletzt Pigmentflecken dar. Dabei ist die Schleimhaut mit erweiterten Venen durchzogen, welche an manchen Stellen sich zu wahren Varices erweitert haben.
Die Schleimhaut, selbst ist dick und serös durchtränkt; die Muscularis nicht seilten contrahirt, und erscheint desshalb die Harnblase verkleinert und ihre Wandung auffallend verdickt. Der Urin ist sedimentreich, bräunlich, schleimig, eiterig und meistens nur in geringer Menge vorhanden, wenn es sich nicht um eine R ententionscystitis handelt.
Im weiteren Verlaufe wird die Mucosa bräunlich oder grau, schieferfarbig mit röthlichen, braunrothen und selbst schwärz­lichen Flecken durchsetzt; es entwickeln sich nun durch Ablage­rung von Salzen 1 nerustationen der Blasenwände oder entzündliche Neubildungen, die vorwiegend fibröser Natur
r fi n g, Krankheiten des aropoSUBOhen Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; | |
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BntzQnduag der EEarablase. Drooyslitis.
sind und wobei es auch unter der Schleimhaut urul zwischen der Mnskelhaat zu einer mehrere Zoll dicken Binde-gewebshypertrophie kommen kann. Mit Zunahme des intermuskulttren Bindegewebes tritt allerdings eine Verdickung der Blasenwandung ein, aber es geschieht dieses auf Kosten der Muscularis. Durch den allseitigen Druck des neugebildeten Bindegewebes werden die musculösen Kreuzfasern atrophisch und zudem auch noch auseinander gedrängt. Der Effect dieser pathologischen Organisation der Blasenwand muss eine Blasen-lähmuug zur Folge haben. Sie finden dadurch wiederum eine Harnretention bedingt und so eine neue Ursache zur Steigerung des Krank hei tsjirocesses.
Es giht Falle, dass bei chronischer Cystitis trotz Weg-barmachung des Hlaseuhalses und der Harnröhre d(n• Urin niclit, ausfliesst; hier besteht eine Blasenlähmung, d. h. ein Unvermögen der 1 raquo;lasenwandung, sich zu contrahiren und den Urin in den Blasenhals n. s. w. zu pressen, hu VI. Hefte, S. 114, der Sachs. Veterinär-Berichte ist die Rede von einem einjährigen Ochsen, der längere Zeit gekränkelt hatte und bei dein in der letzten Zeit der Urin nur tropfenweise abging. .Man machte die Cystotomie, aber es gelang niclit. die zum Zerplatzen gefüllte Blase zu entleeren. Die Blase war zwar mit Eiter gefüllt, aber da hier die Blasenwände verdickt und entartet genannt werden, so möchte ich glauben, dass dieser Fall hierher passt und es sich um eine Blasenlähmnng in Folge Desorganisation der Blascnwand ung handelte.
Bei einer durch Bindegewebsneubildung bereits veränderten Harnblase ist eine Heilung kaum zu erwarten, die pathologischen Veränderungen gehen Schritt vor Schritt weiter und führen zunächst zu polypösen Excrescenzen, Verschwärung der Schleim­haut und zu Abscessen unter derselben. Die Geschwüre sowohl, als auch die Abscesse können zur Perforation der Blase führen, oder es entwickeln sich Fistel^änge in der hyper­trophischen Wand und plastische Entzündung auf dem peritonäalen Blasenüberz ug (Perioystitis), die zu­nächst zur Verklebung und später zur Verwachsung mit den nächstliegend en Darmschlingen führt.
in diesem neugebildeten Gewebe dauert die Eiterung nicht .selten fort und gibt dann zuweilen Gelegenheit zur Per­foration des Darmes und Er/niss des Eiters oder seihst
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KiitzümUiug der Harnblase. Drocystitts.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1 55
urinoscr Flüssigkeit in den Darmcanal, oder umgekehrt vom Darm aus dringen Darmcontenta in die Harnblase
hinein. Belege für derartige Vorgänge sind die Sectionen von solchen Schweinen, die in Folge der Ovariotomio zu Grunde gingen und wo eine adhäsive Entzündung die Baucheingeweide und die Harnblase mit einander verband.
Bei Perforation des Peritonäalüberzuges der Blase kommt es zu einer tödtlichen Peritonitis, bei einer Ruptur der Blase hinter dem Pcritonäum zu einer Harninfiltration und Necrosis des retroperitonäalen Gewebes, zur Ichorrbämie oder ürämie.
Bei Harnretentionen und wahrscheinlich durch das gleich­zeitige Zusammenwirken des stagnirenden und sieh zersetzenden Harns mit der üb er massigen Ans dehnung und Anspannung der contractilen Fasern des Detrnsors entwickelt sieb Entzündung und Lähmung der Harnblase.
In solchen Fällen wird die Blasenschleimhaut vorherrschend gern brandig, sie stösst sieb los, es kommt zur Verjauchung der übrigen Wandschichten und dann auch auf diesem Wege zur Perforation der Blase.
Die Gangränescenz der Harnblase charakterisirt sieb durch die weiche, matsche Beschaffenheit der Schleimhaut und der übrigen Schichten der Wand. Meistens ist die Blasenwandung bräunlichroth, schwärzlichgrün, die Schleimhaut stösst sieb in bräunlichen Fetzen ab, ja in einzelnem Fällen kommt es sogar zur Ablösung eines grösseren Theils der Mucosa. Der Blaseninhalt besteht in einer bräunlichen, oft kramlichen, übelriechenden Jauche.
Symptome. Jn einer der nächsten Vorlesungen werde ich über Blasen- und Hamröhrensteine sprechen und werde dort besonders jene Erscheinungen hervorheben, welche auf einen mechanischen Versehluss der Harnwege hinweisen.
Dieser Versehluss der Harnwege ist aber eine der häufigsten Ursachen der Cystitis und das Wesentlichste, um das sieh die gesammten Krankheitserscheinungen drehen, so dass man eigentlich in Verlegenheit kommt, will man künstlich trennen, was die Natur so enge aneinander gefügt hat! — und doch, es muss hier geschehen, weil wir ja doch auch eine Cystitis ohne me­chanische Verlegung der Harnwege kennen und die Schilderung der Symptome dieser letzteren Cystitisformcn meine jetzige Auf­gabe ist.
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Bntzfliidimg del Sarnbloso. ürocystitis.
Wunn wir strenge daran festhaJten, die Erscheinungen der Cystitis von jenen zu trennen, welche die Einkeilung der Steine u. dgl. in den harnausfiihrenden Wegen be­dingt, so wird es mir auch gelingen. Sie insoferne zu befrie­digen, als Sie sich in praxi in den Stand gesetzt sehen, mit annähernder Sicherheit die Diagnose auf Entzündung der Harnblase stellen zu können. — Ereilichwohl werden Sie trotzdem dabei Ihre Mühe haben, aber eine ausgedehntere Praxis wird Ihnen noch manche Erfahrungen bringen, und so wird mit der Zeit Manches gelingen, was am Anfange unendlich schwer erscheint. Sie werden sich überzeugen, dass man sich auch einen praktischen Blick erwerben kann, der — wenn er Sie nie von gründlicher Untersuchung der Patienten abhält — eine sehr schöne Beigabe für den ausübenden Arzt ist.
Am leichtesten werden Blasenentzttndungen verwech­selt mit Krankheiten der Nieren und der Barnröhre. Die Differentialdiagnosis dieser Krankheiten ist dessbalb auch das Wichtigste, was wir hier zu beachten haben.
Als Erscheinungen, welche uns zunächst veranlassen, das uropoötische System für erkrankt zu halten, dürfte das öftere Anstellen der Thiere zum Urinircn sein.
Die Thiere stellen sich oft zum Harnen an und setzen unter S chmerzensäusserungen entweder gar keinen oder nur wonig Urin ab. Hengste und Wallachen schachten häutig aus und alle Augenblick befindet sieb die Ruthe in Erection. — Weibliche Thiere, und darunter namentlich die Stuten, täuschen einen erhöhten Geschlechtstrieb vor, sie erscheinen rossig, kitzlich, schreien bei jeder Berührung, schlagen aus und zucken beständig mit der Clytoris. Gelegentlich des beständigen Drängens wird auch eine schleimige Flüssigkeit ausgepresst.
Wenn Sie bei Stuten diese Erscheinungen wahrnehmen, dürfen Sie aber durchaus nicht sofort auf eine Cystitis schliesscn, denn bei Reizungsznsülnden des weiblichen Grenitalapparates und bei Entzündung der Urethra bemerkt man ähnliche Zufälle. Man untersuche dessbalb auch weiter noch Blase und Harnröhre und vergewissere sich auch des Gesundheitszustandes der Ge­nitalien.
Bei Thieren, die man bequem catheterisiren kann — weib­liche Thiere. gutartige männliche Pferde und Hunde — Hndet
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Kiil/.iiruluii^ tier Hariilthiäi1. llroc.ystitls.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;li)7
mau die Elarnwege nicht Verschlüssen, die Blase selbst aber mit Ausnahme weniger Fälle gewöhnlich leer. Das Catheterisiren wollen Sie sich nicht in allen Fällen zu leicht vorstellen und aus diesem Grunde dabei auch nie unvor­sichtig verfahren.
Die entzündete Harnblase ist ausseror dcntlieh empfindlich (hyperästhetisch), wenige Tropfen durch die Ureteren ihr zugeführten Urins belästigen sie und werden desshalb wieder per urethram hinausge­drängt; neben dem ist dor Sphincter vesicae fast beständig contrahirt, und dieses ist es auch, was dem einzuführenden Catheter oft einen merklichen Widerstand entgegensetzt und oft eine in-osse Unruhe des Patienten veranlasst. Brauchen Sie heim
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Catheterisiren Gewalt und gehen Sie nicht ganz leise drehend und langsam vor, so perforiren Sie die Schleimhaut der Urethra in der Nähe des Blasenhalses und geben dadurch zu unange­nehmen Krankheitscomplicationen Veranlassung.
Eine an der Mündung der Harnröhre oder in der Vagina wahrgenommene schleimige Masse lässt sich öfters mittelst des Auges eines Catheters herausholen, wenn sie aus der Blase stammt. Die Harnblase fühlt sich per rectum — und ich erinnere Sie, dass ich nicht von einer Retentionscystitis spreche — ge­wöhnlich wenig gefüllt an, oder sie ist gar nicht zu fühlen. Drückt man im Rectum auf die Blase oder gegen die Blasengegend, so verrathen die Thiere Schmerz, sie stöhnen, biegen sich ein und drängen merklich zum Harnabsatz. Manchesmal fühlt man die Harnblase verdickt und zuweilen einen in der Harnblase gelagerten Stein.
Der Urin ist sedimentreich und trüb und enthält eiterige oder eiterartige Massen, die sich unter dem Mikroskop ent­weder als wirkliche Eiterzellen erkennen lassen oder die nichts Anderes sind, als in Desquamation befindliche, abgestossene, geschichtete Epithelien der Blasenschleimhaat, die Sie, bei einer mikroskopischen Betrachtung aber wohl kaum vom Epithel des Nierenbeckens unterscheiden und desshalb ihre Herkunft auch nicht bestimmt nachweisen können.
Zuweilen geht bei Blasenentzündung auch Blut ab, und hie und da werden sogar Gewcbsfetzen und Cronpmembranen mit dem Harn entleert. Die Hamabsondernna: ist bei einer
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Etatztludnng iler Harnblase. Urocystitie
Cystitis nicht vermindert und auch nicht vermehrt, innerhalb 2i Stunden wird unzweifelhaft eine normale Harnmenge ab­gesondert, was dadurch ermöglicht wird, class alle Augen-hliek einige Tropfen trüben Urins hervorgepresst worden.
In einzelnen Füllen, wenn bei circumscripter Entzün­dung der Blaseubals befallen ist und es dabei zu einer an-daaernden Contraction des Sphincter vesicae urinariae kommt, sammelt sich auch Urin in der Blase an und spannt dieselbe weit auseinander. Hier haben wir dann natürlich als wesentliche Erscheinungen diejenigen der Dysurie, und nur durch ein schon frühzeitig und gleichzeitig mit der Harnstrenge bestehendes — wenn auch nicht gerade hochgradiges — Fieber mögen wir auf eine Blasenentzündung aufmerksam gemacht werden und dadurch, dass wir bei der Untersuchung der Harnröhre diese passirbar linden, das Uemm-niss des Urinabflusses im Blasenhals suchen.
Auch kommen Patienten zur Beobachtung, die ruhig, in sich gekehrt und stumpfsinnig dastehen, die hie und da mit den Hinterftlssen trippeln, mit dem Schweif wedeln und öfters Urin in unbedeutender Menge absetzen. Hier kann nur die Untersuchung durch das Rectum einigermassen die Dia­gnosis sichern; ob dabei die mehrfach behauptete erhöhte Wanne im Rectum verwerthet werden kann, lasse ich dahingestellt.
Die Exploration per anuin, ja selbst die per vaginam ist zur Constatirung des Leidens bei grösseren Thieren von immen­sem Werthe, selbst wenn wir zugestehen, dass dadurch nicht immer die Diagnosis die gewünschte Stütze findet. Wir lernen aber diese Untersuchungsmethode schätzen, wenn wir ihrer bei kleinen llaus-tliieren -- Schweinen, Hunden, Katzen etc. — entbehren müssen, üei Schweinen werden Sie hier, wie auch in anderen Fällen, fast immer einen schweren .Stand haben; bei Hunden aber können Sie durch die Bauchpresse hindurch drücken, und wenn bei Druck in die Blasengegend der Hund Schmerz verräth und sehr unruhig ist, wenn er oft hin und her läuft und sich öfters zum Harnen anstellt und immer und immer wieder nur einige Tropfen Harns herausbringt, dabei abmagert, wenig frisst und traurig ist, bei Druck in die Nierengegend nichtschi'eit, und es unschwer gelingt, den
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Entzdndung der Ihiniblaso. l'roeystilis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;150
Catheter bis in die Harnblase zu bringen, da kann man es wagen, eine Cystitis zu diagnosticiren.
Die niedergradige Entzündung dor Harnblase ist gewöhnlich mit keinem merklichen Fieber verbunden, die Thiere fressen mit ziemlichem Appetit und saufen auch in gewohnter Weise. Bei höheren Graden des Leidens versagen sie aber das Futter, fiebern und geben letzteres durch die wechselnde Temperatur der extremitalcn Theile, der Ohren, Hörner, des Flotzmaules und der Nasenspitze je nach der Thiergattung zu erkennen. Der Nasenspiegel des Kindviehs ist meist trocken und lieiss, und auch die Hörner bis zn ihren Spitzen hinauf sind auffallend warm. Die sichtlichen Schleimhäute röthen sich, der Puls ist voll, häufig, die Körpertemperatur — per anum bestimmt — erhöht.
Im Verlaufe steigern sich diese Zufälle bei Zunahme der Entzündung; es wird namentlich die Blase sehr schmerzhaft, sie verliert ihre Coutractilität und nun kommt es zur Retention des Harns; die Thiere sind sehr unruhig — Harn­verhaltungskolik —, schwitzen, setzen keinen Harn ab und geberden sich so, wie icii Ihnen demnächst die Erscheinungen der Harnstauung schildern werde.
Bei einer Untersuchung per rectum linden Sie neben den bestehenden Erscheinungen oft keinen Harnstein, weil ja ein solcher zur Urocystitis auch nicht unumgänglich nothwendig ist.
Entwickelt sich Brand, so werden die Thiere aussen kühl, während die innere Körperwärme sehr bedeutend steigt; der Puls wird so klein und so beschleunigt, dass er kaum mehr zu fühlen und zu zählen ist. Der Urin ist bräunlich und gewöhnlich auch übelriechend, bei Herbivoren fortgesetzt alkalisch und reich au Bacterien. Endlich verfallen die Thiere in einen comatösen Zustand, liegen viel und erliegen endlich dem Leiden, d. h. der brandjauchigen Infection oder der sich hinzugesellenden Pyelo-Nephritis oder vielleicht auch der Uräiuic.
Tritt Genesung ein, was bei acuter Cystitis nach einigen Tagen und bei leichter BlascnaH'ectionrespectiveBlasenhv perämie sogar schon nach 24—36 Stunden geschehen kann , so verliert sich die Aufregung und die Unruhe des Thieres, sie haben den ständigen Harndrang nicht mehr, und bestanden Fiebererscheinun­gen, so nehmen auch diese gradatim ab.
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Enteüudung der Harublase. arooystltls.
Der Verlauf der Cystitis ist nicht selten äusserst [h'ü-truliirt. Man pflegt in diesem Falle gewöhnlich mir vom „Blasen-catarrhquot; zum unterschied von der meistens intensiveren Blasen­entzündung, der Cystitis acuta, zu sprechen.
Beim Blasencatarrh, der chronischen Cystitis, ist die Schleimhaut immer dicker und als solche zuweilen per rectum zu fühlen, — gewöhnlich ist die Blase aber nicht gefüllt! —
Bei solchen Patienten bestehen die Ihnen vorhin genannten Symptome Monate lang und noch länger fort; aber immer weniger auffallend, weniger stürmisch — man denkt gewohnlich mehr an Satyriasis oder Nymphomanie als an Cystitis; doch dürfte die Schmerzhaftigkeit der Blasengegend, die Ver­dickung der Blasen Wandungen, der Schmerz hei öfterem Harn­absatz, ja zuweilen seihst bei der Kothentleerung und die hin und wieder bemerkbare Schwäche der Nachhand ihre Aufmerksam­keit auf die Blasenentzündung lenken. Der Urin ist schleimig, eiterig, zeitweise mit Blut und Blutcoagula verschen, sediment­reich und dabei gewöhnlich auch übelriechend.
Eiter und Blut können periodenweise in grösscrer Menge bei Ulceration der Blase nachgewiesen werden. Sie werden dabei die Patienten auch abgemagert, mit aufliegender Haut und struppigen, glanzlosen Haaren finden.
An dieser progressiven Cachexie gehen auch gar viele kranke Thiere zu Grund. Uebrigens treten bei chronischer Cystitis wiederholt Remissionen und Exacerbationcn ein und erscheint die chronische Blasenentzündung dem simplen Thierbesitzer und dem unerfahrenen Veterinär nichts anderes, als wie eine Peihe sich wiederholender Anfälle von acuter Ent­zündung der Harnblase.
Kommt es im Verlaufe der Krankheit durch Verscinvärung zur Perforation der Blase, so ergiesst sich der Urin cut weder in die Bauchhöhle oder ins Becken.
Die Thiere werden in solchen Fällen etwas ruhiger, doch besteht der Harndrang immer noch fort. Hat man im ver­einzelten Falle vielleicht zuvor eine gefüllte Blase constatirt und sich vergewissert, dass kein Ham auf natürlichem Wege ent­leert wurde, hei einer erneuerten Untersuchung die ühise aber immer noch leer, respective bei einer Exploratio per aimm gar nicht mehr gefunden, so unterliegt es kaum einem Zweifel,
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EiitzQndtmg der Barnblose. rrorygt;titis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 161
thiss durch cine abnorme Oeffimng der Harnblase der Urin sich einen Weg gesucht hat.
Schwerer wird die Diagnosis der Blasenruptur in solchen Fällen, in welchen die Harnblase immer hyperästhetisch ist, keinen Urin in sich duldet und durch Ulcera perforirt wird, liier werden Sie zu keiner Zeit eine gefüllte Blase nachweisen können und müssen die Diagnosis dabei lediglich darauf gründen, dass Sie keinen Urin durch die Harnröhre ausfliessen sehen, die Bauchhöhle aber trotz der allgemeinen Ab­magerung voluminöser wird und ein hochgradig febriler Zustand besteht!
Aber auch diese Merkmale sind nicht immer hinreichend, um diagnostische Irrungen zu vermeiden; denn es kommt vor, dass von einer durch ülceration durchbrochenen Harn­blase zeitweise auch noch Urin durch die Urethra ab-fliesst; es ist dies möglieh, da einmal die Oeffnungen in der Blase gewöhnlieh sehr klein sind, so dass dieselben später nur durch Aufblasen der Harnblase nachgewiesen werden können, und dann, weil auch die Blase bei diesem Leiden so häufig in einein contrabirten Zustand sich befindet, und es dadurch nicht zur Auseinanderzerrung der Risswunde kommt, im Gegen-tbeil die Ruptur durch die Contraetionen des Detrusors förmlich verschlossen wird.
Auf jedem Fall wird die Füllung der Bauchhöhle mit Urin nur ganz allmälig geschehen, wenn es sich nicht um eine Reten-tionscystitis handelt, und ein Tbeil des Urins von der Blase aus sich noch durch die Urethra entleert.
Ich habe diesen Fall beobachtet und gestehe, dass mich derselbe in meiner Diagnosis „Blasenrupturquot; anfänglich doch etwas schwankend machte.
Da man weder in der Spitalpraxis, noch weniger aber in der Landpraxis — wenn man nicht selbst die Stall wache über­nimmt — versichert ist, dass der Patient keinen Urin nach aussen entleert, so lasse ich solche fragliche Thiere — auch solche, die cathetcrisirt werden können, —auf reichliche, trockene Streu stellen und ihnen ein reines Leintuch um den Bauch oder die Schaam legen. Haben die Thiere urinirt, so sieht man das an den grossen nassen Plaques und Sie sind Ihrer Sache gewisser, als wenn der Wärter Sie versichert, Patient habe nicht geharnt.
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BnUündung dor Harnblase. LTrocyätitiä,
Bei der Ruptiir der Blase gehen numche Tliiere schon nach wenigen Stunden zu Grund, oft leben sie noch längere Zeit fort, sie haben — wie vorhin schon gesagt, — Fieber und kleinen häufigen Puls, sie fressen noch hie und da etwas, bekommen aber einen voluminösen Hinterleib und selbst Ödeme am llinter-theil (Harninfiltration).
M. Vaes1 erzählt von einem Ochsen, der seit 2-t Stunden keinen Urin abgesetzt hat und nun an Hamcolik litt. In Folge einer üleeration perforirte die Harnblase und nachdem der Patient 20 Tage lang keinen Urin gelassen hatte, wurde er ge­schlachtet. Neben dein perforirenden ülcus fand man noch in der. Blase Erscheinungen der chronischen Cystitis und in der Bauchhöhle gegen 20 Stalleimer voll einer klaren, gelben urinösen Flüssigkeit.
Ob Sie es bei einzelnen Patienten mit einer croupösen oder einer diphtheritischen Cystitis zu tlmn haben, das meine Herren können Sie intra vitam des Patienten nur dann bestimmen, wenn Ihnen der Zufall sehr günstig ist und Sie bei bereits con-statirter Blasenentzündung einzelne Croupfetzen oder diphtherisches Exsudat im ausgeschiedenen Urin nachweisen.
Bei einer durch Einführung von Baumwollenzeug in die Harnblase einer Stute entstandenen Cystitis, wurden nicht nur reichlich Sedimentmassen ausgespüblt, sondern schliess-lich unter starkem Pressen und Stöhnen auch streifige Massen und ein Pfropf von der Grosse eines Kothballens herausgedrückt. Beides bestand nach der von Leisering - vorgenommenen Unter­suchungaus Faserstoff. Diese Massen waren also Croupmassen, die unzweifelhaft darlegen, dass diese Stute an Cystitis crouposa gelitten hat.
In dem Urin der an Blasencntzündung leidenden Thiere bemerkt man zuweilen gelbliche, fadenförmige Massen; — es sind dieses weder Fibrincylinder aus den Ilarncanälchen, noch Croupfetzen, sondern es ist Faserstoff, der bei einer Blasen­blutung entstand, und dessen Blutfarbe durch den Urin aus­gewaschen wurde.
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1nbsp; M. Vaes: üleeration und Perforation der Uarabhue. Journal veter. et agric. do Belgiqm . HI. 1814.
2nbsp; Sachs. Vet.-Bericht. IV.. S. 26. Mittii. des Thierarztes Langer in Erd in aim sdo rf.
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Kut/.iiniluiig ilur Harnblase. Urocystitis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 163
Schliesslicb möchte ich noch auf die Ensclieinung des be­ständigen llamdrängens, auf den Tenesraus vesicao aufmerk­sam machen, damit Sie diesen nicht ausschliesslich für die Diagnose der Cystitis verwerthen. Sie werden nämlich bald erfahren, dass eine ähnliehe Erscheinung auch bei Harn­röhrenentzündung entstehen kann, dieser Tenesmus aber auch noch zur Beobachtung kommt, wenn ausserhalb der Blase liegende Tumoren das Blasenlumon verringern. Einen hierhergehörigen höchst interessanten Fall finden Sie ebenfalls in den sächsischen Veterinärberichten, und zwar im V11I. Bande, S. 81, angeführt.
Thicrarzt Köhler in Weissendorf bei Zeulenroda schickte eine Neubildung an die Dresdner Thierarzneischule; nach der Schilderung des Herrn Professors Leisering dürfte es ein Mvxom gewesen sein. Es war eine schleimige, mit Blutgetasseu durchzogene, grüngelbe Masse von der Grosse zweier Mannsfäliste, die sich von vorne nach hinten in die Harnblase hinein schob und dadurch natürlich den Vortex vesicae gegen das Oolluin zu hineinstülpte und auf diese Weise einen grossen Theil des Blasenlumens ausfüllte.
Die Muscularis war durch die andringende Geschwulst bereits durchbrochen, die Schleimhaut aber noch ganz; um ihren in die Blase hineingeschobenen Theil hatten sich mehrere Keihen Schleim­hautfalten gebildet, welche so mit Zotten besetzt waren, dass sie an einzelnen Theilen wie gefranst erschienen.
Die hineingedrängte Schleimhaut zeigte ebenfalls kleine papillose Wucherungen, und gruppenweise fanden sich hier noch langgezogene, gestielte, etwa l/2quot; lange feinhäutige Cysten, die mit einer klaren, nur wenige runde Zellen enthaltenden Flüssig­keit angefüllt waren. Ausserdem waren noch an verschiedenen Stellen kleine mehr oder weniger dicht zusammenstehende, punkt-förmige Hämorrhagien bemerklich.
Diese Harnblase mit der chronisch entzündeten und mit Neubildungen besetzten Schleimhaut stammte von einem 1' ., Jahr alten Siiere. Derselbe urinirtc, wie Kühe zu thun pflegen und Hess dabei den Ilarnschneller so stark wirken, dass Zuckungen am ganzen llintertheil wahrgenommen wurden; es folgten dann 2 —3 Schübe Urin im starken Strom und hierauf noch einige Tropfen. Dieses Uriniren wurde regelmässig alle 8 —10 Minuten ausgeführt.
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Eutzünduug der Uarublaiso
liui der Untersuchung pur rectum bemerkte Uöhlcr die Geschwulst, die gleichzeitig fest am vorderen Schaiubeinrandc s;iss.
Durch zuweilen eintretende Compile ationen wird das Krankheitsbild oft bedeutend modifieirt; Sie haben ja gehört, dass sieh Peritonitis, Enteritis und selbst Metritis, am häufigsten aber Nephritis im Verlaute der Krankheit zur primären Cystitis hinzugesellen kann. Je nach der Art dieser Complicationcn werden dann nalürlieli auch die Symptome andere, sein, oft sogar wird dadurch das primäre Leiden vordeckt werden.
Hier muss Erfehrung und Ueberlegung den rechten Weg zeigen und Sie werden ihn finden, wenn Sie die spccielle Patho­logie nach keiner Seite hin vernachlässigt haben.
Ueber Ischurie und Ruptur der Harnblase werde ich — wie bereits bemerkt — in einer der nächsten Vorlesungen mich verbreiten und werde dort auch über die seeundäre Peritonitis als einer der häutigsten Complicationen mich weiter auslassen und glaube somit jetzt meine Schilderung der Symptome der Cystitis schliesscn zu dürfen.
Prognosis. Die Prognosis der Cystitis ist günstig und ungünstig, je nach dem ursächlichen Moment und dor Möglich­keit der Beseitigung dos letzteren.
Diejenigen Cystiten, welche häufiger vom Veterinär bcob-achtet werden und die meistens durch den (Jenuss speeifisch reizender Substanzen oder theilweise auch durch Erkältung ent­stehen, sind gewöhnlich höchst acuter Art und verlaufen nicht selten in zweimal vierundzwanzig Stunden: diese rasch ver­laufenden Blasenaffectionen sind übrigens keine wirk­lichen Entzündungen, sondern meistens nur Hyperämien, die im Allgemeinen schon günstiger beurtheilt werden dürfen.
Dauert die Krankheit aber längere Zeit fort — kann die Ursache nicht beseitigt werdentreten Compli­cationen ein — alles Zustände, die bei der Cystitis durchaus nicht selten sind — ist das Fieber intensiv, besteht noch dazu II arnstan u ng, so ist die Beurtheilun g der Krankheit höchst ungünstig, und Sie müssen darauf gefasst sein, dass die Krankheit ganz unerwartet einen letalen Ausgang nimmt: dieses kommt sogar vor bei zwar andauernden, aber nie hochgradigen Fieberorscheinungen, wie z. 15. bei einem perforirenden ülcus.
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Entzllxutang laquo;lin- Harnblase. Uroeystitis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 165
Bei weiblichen Thieren, insbesondere solchen grösserer Hausthiergattnngen ist, weil die Ilarnröhre kurz und weil man bequemer zur Blase kann, die Krankheit auch weniger be­denklich, als wie bei den inännlichen Thieren.
Der Ausgang der Krankheit ist zuweilen kein absolut ungünstiger, denii es tritt manchesmal eine relative Genesung ein: so bleibt z. B. einmal eine verdickte Blasen wand zurück, oder es haben sich papillose Neubildungen, Diverticelu. dgl. m. entwickelt, wodurch zu gar verschiedenen Störungen beim Marnabsatz Ver­anlassung gegeben und zu mancherlei Krankheiten im uropoe-tischen System der Grund gelegt wird, — und wohl mögen diese Residuen der früher überstandenen Krankheit auch die Dis-position des Organs zu Recidiven unterhalten.
Therapie. Wie Sie aus meinen letzten Bemerkungen ent­nommen haben werden, ist der Indicatio aetiologica in erster Linie Rechnung zu tragen, soweit es im Bereich der Möglichkeit liegt, und desshalh wird mau sich bemühen, den Thieren Futter vorlegen zulassen, das keine Acria enthält, man wird mit den Thieren überhaupt Sumpf- und Wald weiden meiden und nur frisches gutes Wasser ihnen als Getränk reichen lassen.
Der Arzt wird bei merklicher Affection des uropoctischen Systems den Gebrauch der Diurotica und namentlich den der Canthariden einstellen. —#9632; Bei Harnstauung wird man mittelst des Catheters den sich zersetzenden Urin und bei Blasensteinen u. dgl. diese die Schleimhaut reizenden Körper zu entfernen suchen.
Bei nachgewiesener Erkältung empfiehlt es sich, die Pa­tienten warm zu halten und durch Diaphoretica, wie z. B. Flores Tiliae s. Flores Sambuci s. Fl. Chamomillae s. Fl. et Herbae Menthae piperitae s. Flor. Primulae veris, welche sämmt-lich theiforme gegeben werden, die Ilautthätigkeit anzuregen. Wollen Sie eine stärkere Diaphoresis erzielen, namentlich bei Pferden oder sogar bei Rindvieh, bei welch' letzterer Thier-gattung jedoch nicht wohl eine sudorifere Wirkung, sondern mehr nur eine Steigerung der unmerklichen Hautperspiration zu erwarten steht, so empfehle ich Ihnen das Ammoniacum car-bonicura — flüchtiges Laugensalz, Sal volatile Ammoniaci — das im Wasser in allen Verhältnissen löslich ist. Neben dem, dass dieses kohlensaure Ammoniak die 1 lautthätisrkeit, und zwar
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Ent/.iimiiing der Harnblase. Urooystitlfi
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bei dazu disponirten Thicrcn bis zum Scliwcissausbrucli anregt, bemerkt man allerdings eine reichlichere Hampreduction, aber auch eine Liquefaction aller Secrete der Schleimhäute und also auch eine solche des Harnblasensecretes und damit eine Ver­hinderung zu reichlicher Sedimentbildung. Dieses flüchtige Laugensalz wird man wegen seiner diuretischen Wirkung nur gleich im Anfange der Erkrankung und mit wonigen Dosen in Gebrauch ziehen. Man gibt es in Gaben von 5—20 Gramm den Pferden und dem Rindvieh, diesem in den grösseren Quantitäten alle 2—3 Stunden, vielleicht im Ganzen 3—tmal, am besten mit den vorhin genannten Theen und etwas Schleim (Gummi arabicum). Hunden werden Sie 0-2—1*5 Gramm kohlen­saures Ammoniak geben.
Zur Beseitigung des durch Canthariden entstandenen acuten Blasencatarrhs wird der Campher (Camphora trita) allgemein empfohlen, obgleich eine Kalilösung im Verhältniss zu Wasser wie 1:5—100 oder Magnesiamilch (Magnesia usta l:aqua 50) diesem vorzuziehen ist. Camphora trita worden Sie mit reichlichem Schleim oder im Bolus geben, anfänglich mehr: .,10 Grammquot;' und dann in den nächsten 2 — 1 Stunden immer nur ;gt;•() Gramm.
Bei Tenestnus empfiehlt sich Opium oder hypodermatiseh Morphium hydrochloratum oder M. sulphuricum (O-öGrm. grossen Thieren); Hun den kann man statt dessen das D o we r'sche Pulver, das aus 8 Theilen Kali sulphuricum pulverisatum, 1 Theil Opium und 1 Theil Rad. Ipccacuiinhae pulverisatae be­steht, reichen; man gibt davon 0-2—TU Gramm pro dosi.
Grossen llausthieren lassen Sie bei andauerndem Harn­drang täglich mehrere Schoppen Hanfsamenmilch, den Hun­den Mohnsamenmilch einschütten.
Acidum tannicum wird in der humanen Medicin bei sehr hartnäckigen Fällen acuten Blasencatarrhs mit gutem Erfolg ge­braucht. Es wird in kleinen Dosen , aber längere Zeit fort­gegeben. In gleichen Fällen kann es desshalb auch bei unseren llausthieren versucht werden, z. B. den Pferden 1—üO Gramm in einem Electuarinm.
Ist der Krankheitsanfall gleich am Anfange sehr stürmisch, so rathe ich zu einer Venaesection und empfehle Ihnen, wieder­holt warme, schleimige, sonst aber indifferente Klystiero appliciren
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Eutzündtuig diM- Samblaae. Urocy.stiti.s.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 167
zu lassen. Kleine Hunde können täglich aucli einmal warm gebadet werden.
Die stark gefüllte Blase muss mit dem Catheter oder, wo dieses nicht angeht, durch Druck von der Bauchpresse aus (bei Hunden) oder vom Rectum aus (Ochsen) entleert werden, gelingt dieses nicht, so kann die P unction der Blase nölhig worden.
Einreibungen mit Quecksilbersalbe oder mit Oleum Crotonis ins Mittelfleisch haben keinen besonderen Wertli.
Bei chronischer Cystitis lassen Sie Ihren Patienten Kalk­wasser saufen oder, wenn Sie damit nicht zum Erfolg gelangen, greifen Sie zu den harzig-balsamischen Mitteln und ver­ordnen z. B.: Kali subcarbonici 15-0—20-0 Grammata solve in aquae fontanae 300-0 Grammatis et adde: resinae l'ini 10*0 Grammata. M. f. oraulsio. Diese wird gut geschüttelt und täglich dreimal dem Pferde oder Rinde gegeben. Hunden gibt man pro dosi 0-5 —1-0 Gramm Resina Pini. Selbst das Oleum Terebinthinae (Pferden und Rindvieh: 1 — 5—10-0 Gramm, Hunden: 5—15 Tropfen) kann man bei chronischem, mit schleimi­gem und sedimentreichem Urin verbundenem Blasencatarrh ver­abreichen.
Man lässt aus Radix Altheae pulverisata und kochendem Wasser eine Latwerge machen, und set/.t dann das Terpentinöl hinzu. Bei Hunden kann man letzteres mit Viteilum ovi abreiben lassen.
Bei stinkendem — faulem — Urin wollen Sie Aci-dum carbolicum oder Acidum salicylieum innerlieh ver­suchen.
Als Hausmittel mögen Sie gegen den chronischen Blasen­catarrh auch Decocte von Fichtennadel- oder von Waohholder-sprossen anwenden lassen.
Mehrfach,und zwar insbesondere bei weiblichen Thieren, wird die directe Application flüssiger Arzneien in die Harnblase durch die Urethra empfohlen.
Die Einspritzung einer schleimig-narkotischen Flüs­sigkeit im milchwarmen Zustand halte ich in manchen Fällen für geeignet; bei chronischer Cystitis mag man auch eine schwache Kalilösung (Kali snbearbonicum I:aqua fontana 50-0j versuchen; mit adstringirenden Lösungen, z. B. von
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KutzümUmg der Harnröhre. Llrethriiis.
Acidum tannicum, Ferrum sulpharicam oxydulatum, Cupram sulphuricum, Ziucum sulphuricum, Alumen crudum, Argentum nätricum sei man aber äusserst vorsichtig und verwende sie nur höchst diluirt und nicht gleicii täglich. Die eben ge­nannten Arzneien und dann aber besonders eine sehr wässerige Tinctura Ferri sesquichlorati (1—4:100 aqua) kann bei ulcerativen Processen, bei Blennorrhoon, bei Blutungen etc., in die Harnblase gespritzt werden. Bei jauchiger Zer­setzung in der Harnblase, und zwar sowohl bei solcher des Ge­webes, als auch der des Harnes habe ich höchst verdünnte Carbolsäure (1 Thl. : 2 Till. Spirit, vini und 100 Theile Aqua fontana) eingespritzt, und zwar auch bei männlichen Thieren. In Zukunft werde ich die Salicylsilure (1 :400 Wasser) versuchen.
Als Futter gebe man den llerbivoren möglichst Grün-fütter, und zwar Wiesengras oder Runkelrüben, aber keine llun-kelblätter, keinen Klee, keine Schlempe, kein gesäuertes Brüh-futter; wohl aber Mehl, Kleien oder Leinsaufen. Für Hunde und Schweine eignen sich Milch, Buttermilch oder Molke mit Brod. Diesen kleinen Thieren ist statt der Venaesection auch das 01. Ricini als Laxans recht heilsam.
Complicationen der Cystitis mit den Ihnen bekannten Krank­heiten werden selbstverständlich je nach der Art der Compli­cation mehrfach verschieden behandelt.
XIV.
Entzündung der Harnröhre, ürethritis.
Gonorrhoe des Menschen. — Urelhritis catarrhalis — Üre­thritis crouposa — Phlyctänenausschlag — Chankerkrankheit.
Sie werden es natürlich linden, wenn ich der Besprechung der Urocystitis unmittelbar die der ürethritis, der Harn­röhrenentzündung, folgen lasse und werden es auch für zwecknülssig halten, wenn ich dieser Krankheit unserer Haus-thiere, obgleich sie keine häufige ist, eine grössere Auf-merksamkeit zuwende, als es bislang in den tlüerärztlichen Pa-
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EatzQndtuig den- Hamr5lxre. l^rut'iritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;109
thologien geschah; denn diese Urethritis tritt sowohl bei Thioren, als wie auch bei Menschen häutig unter eigenthümlichen ätio­logischen Verhältnissen auf und ist es desshalb werth, in com-jiarativer Weise als Thier- und als Menschenkrankheit betrachtet zu werden.
Zunächst bemerke ich, dass die Urethritis bei weibliclien Tliieren eine geringe Bedeutung hat, sehr selten idiopathi .seh vorkommt, dagegen öfters bei den Krankheiten der Vagina und der Harnblase als Consecutivleiden gefunden wird und dass sie sich gewöhnlich durch Erscheinungen ähnlich denen eines erhöhten Geschlechtstriebes charakterisirt. Wegen der grösseren Bedeu­tung der Entzündung der mannlieben Harnröhre, werden wir hauptsächheb auch nur männliche Patienten im Auge haben.
In der humanen Medicin pflegt man einen virulenten und einen nicht virulenten Catarrh der Harnröhre zu unterscheiden, und ausserdem kommt eine croupöse Entzün­dung der Urethra — aber nur sehr selten — bei Kindern vor.
Bei unseren Hausthierou finden wir eine einfache catarrhalische Affection der Harnröhre nur ausnahmsweise; ob ein virulenter Catarrh, ähnlich wie er bei dem Menschen vorkommt, auch unseren llausthioren eigen ist, darüber sind die Meinungen getheilt; ich habe noch nicht Gelegenheit gehabt, eine mit dem menschlichen Tripper indentische Thierkrankheit zu beobachten.
Einer croupösen Harnröhrenentzündung begegnet man jedoch zuweilen bei den Tliieren und ausserdem ist bei den verschiedenen Formen der sogenannten Beschälseuche die Harnröhre, namentlich der männlichen Thiere, immer — bald in grössere bald in geringere — Mitleidenschaft gezogen.
Wollen wir im Nachstehenden die Frage eruiren, ob auch bei Tliieren ein virulenter Harnr öbrencata rrh zuweilen vor­komme, so erachte ich es vor allen Dingen für nothwendig, erst einmal zu untersuchen, was denn das für eine Krankheit sei, die allein dem Menschen eigen sein soll und die man vulgär den Tripper nennt. Nach diesem können wir vergleichen und eine Antwort auf die Frage geben.
Die virulente Hamröhrenentzündang des Meiisclion —
der Tripper, unrichtig Gonorrhoe — von yovo? = Samen und rjor, psrv = Fluss, fliessen — genannt, kommt bei Tliieren wahr-
IM'Iur, KriiuklieUen des UropoütiBOhSD Öysloina-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;\'Z
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Entzündung dor [larnrühro. Urcthritis.
sclieinlicli nicht vor. wenigstens sind mir und Anderen Ucbei-impfangen vom Menschen auf Thiere weder gelungen, noch hatte ich während meiner langjährigen tliierärztlichen Praxis Ge­legenheit, diese fragliehe Krankheit bei Thieren zu sehen; denn der sogenannte Tr i]gt; pe r der H u n de ist nicht das, was der menschliche Tripper ist; ersterer ist eine Vorhautblennorhoe, ein Vor­hau tt rip pe r.
Der virulente Urethra] catarrh des Mannes ist eine contagiöse Krankheit, die dort nie entstellen wird, wo nicht das Triperc o ntagium zur Einwirkung kommt; — wohl aber kann es vorkommen, dass trotz Einwirkung des fraglichen Con-tagiuras auf die Harnröhre, eine Trippererkrankung nicht erfolgt, denn nicht alle Menschen haben die gleiche Empfänglichkeit für dieses Contagium.
Das Trippercontagium ist fixer Natur und haftet an der dickrahmigen, puriformen Materie, die zur Harnröhre heraus-fliesst. Q-ewöhnlich wird der Tripper gelegentlich eines unreinen Beischlafes acquirirt und kommt dann nach einein drei- bis achttägigen Encübationsstadium zum Ausbruch.
Das Virus selbst kennt man noch nicht, doch weiss man. dass es mit dem syp hilitischen Gifte nichts gemein hat, und die Blennorrhoea (von jSXsvvlaquo; = Schleim und öov) = Fluss) virnlenta, die Pyorrhoea uroth raiis, d. i. der Trip­per, eine andere Krankheit sei, als die Syphilis. Von dem Trippergifte ist ferner bekannt, dass es bei Männern vor­zugsweise auf die Harnröhr en seh leimhaut inficirend wirkt bei Frauen aber die O en it a i seil i ei inliaut es besonders ist. welche zur Erkrankung disponirt und von den übrigen Schleim­häuten nur die Conjunctiva und die Mucosa des Rectums eine Empfänglichkeit für don Tripper haben, während den an­deren Schleimhäuten eine [mmunität gegen das fragliche Con­tagium innezuwohnen scheint.
Nacli Ablauf der Incubation entwickelt sich die Krankheit und sind deren erste Erscheinungen die einer erhöhten ge­schlechtlichen Erregung und einer schleimigen Abson­derung aus der Harnröhre. Bald wird der Zustand schmerz-liaft, es besteht heftiges Jucken am Gliede, Harnbrennen, Schmerz beim Uriniren, sowie beim Coitus und Überhaupt eine grosse Empfindlichkeit gegen die verschiedensten Heize;
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Bntzfindvmg der BamrSbre. Ilretliritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;171
die Schleimhaut erscheint gcrötliet, und die Lippen der Harn­röhre sind vom Anfange an gesehwollen. Das Exsudat ver­liert im Verlaufe der Krankheit bald seine schleimige Heschaft'en-heit, es wird mehr und mehr eiterartig, schliesslich puru­lent und hat dann gewöhnlich eine hellgelbgrünliche Farbe (Pyorrboe = Eiterfluss). Der Ausfluss kann sehr copiös werden und anfänglich oft continuirlicli andauern; hie und da kann ihm auch etwas Blut beigemischt sein.
Zuweilen ist auch die vordere Fläche der Eichel ent­zündet, die benachbarten Lymphgefasse werden mitafficirt, es kommt zur ödematösen Schwellung des Präputiuras, selbst zur Entzündung und — wenn auch selten — zur Abscedirung der Inguinaldrüsen (Tri pperbubonen). Albniilig wird die Harnröhre bis hinter das Scrotum hin schmerzhaft, das Sitzen wird unangenehm, der Harnabsatz erschwert, der Harnstrahl kloin und der Stuhlgang schmerzhaft (Pr o statiti s). Fieber ist nur in seltenen Fällen mit diesen Erscheinungen verbunden.
Unangenehme C omplicatiouon des Trippers sind: Ent­zündung dos Zellgewebes um die Urethra und dadurch bedingte stellenweise Verdickung des Penis und Krümmung des letzteren (Chorda). Die Zellgewebsentzündung kann auch zur Eiterung und Absccssbildung führen5 die Abscesse können sich in die Harnröhre öffnen und dann heilen, oder wenn letzteres nicht geschieht, zur Harninfiltration Veranlassung geben. — Ferner kommt Entzündung und selbst Eiterung der Coo-per'schcn Drüsen und der Prostata vor.
Sehr lastig ist eine gleichfalls sich mitunter einstellende Entzündung des Blasenhalses durch das beständige Be-dürfniss zum Harnlassen. Bei abscedirender Prostati tis wird nicht selten die Harnblase perforirt und der Eiter ergiosst sich in dieselbe. Die Patienten haben sofort Erleichterung denn sie können wieder leichter uriniren. In diesem Urin finden sich nun immer Eiterzellen. Hört die Eiterung in der Vorsteher­drüse auf, so verheilt die Wunde, ohne dass Harninfiltration in die Prostata sich einstellt. Der Prostataabscess kann übrigens auch nach anssen das Perinäum oder nach innen das Rectum perforiren. Durch eine in Folge des Trippers ent­stehende Orchitis und Epididymitis kann endlich eine Impotenz des Mannes bedingt werden.
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Bntstfijidung der HamrShre. Drothrltis.
Alle diese genannten Erscheinungen steigern sieh gewöhnlich vom Anfange an in den ersten 8 —1-1 Tagen; bleiben dann längere Zeit auf der Höhe und verlieren sich allinälig, so dass nach 3 — 8 Wochen der Tripper vollkommen verachwunden sein kann.
Der Verlauf dieser acuten Tripperform kann proti'ahirt werden, ja es besteht sogar eine gewisse Tendenz des Harn­röhrentrippers, chronisch zu werden. Die Krankheit (Go­norrhoe;', seeundaria, Nachtripper) wird weniger schmerzhaft, selbst schmerzlos und das purulente Ex­sudat wird spärlich. Dieser Nachtripper ist ausserordentlich hartnäckig; er dauert Monate, ja seihst Jahre lang und manche Patienten sollen ihn nie mehr vollständig verlieren; er verschwindet zeitweise und kehrt wieder ; das Exsudat jede ch hat seine virulente Eigenschaft verloren.
Von den sogenannten Trippermetastasen bemerke ich nur, dass dieselben mit Ausnahme der Augcnh len norr hue. die zur Erblindung führen kann und der Tripperarthritis (Rheumarthritis gonorrhoica) mit dem Tripper seihst in keinem genetischen Zusammenhang stehen sollen.
l)ie Tripperarthritis hat für mich ein besonderes Interesse, insoferne als ich Gelegenheit hatte, eine eigenthümliche Com­plication der Blasen- und Harnröhrenentzündung mit einer Entzündung des rechten Sprunggelenks hei einem Pferde zu beobachten.
Das fragliche Wallachpferd litt nämlich seit längerer Zeit an Dysurie, die aber von dem Eigenthümcr nicht besonders beachtet wurde. Eines Tages bekam das Thier Colikanfälle und da es keinen Harn absetzen konnte, wurde ich consultirt. ich beigab mich mit meinem Assistenten Herrn Schulz zum Patienten und fand denselben nicht sehr unruhig, die. Harnblase aber hochgradig und prall bis zum Horsten ausgedehnt. Es gelang weder mir noch Herrn Schulz, den Catheter in die Urethra vollständig einzufahren, ein Stein oder dergleichen lag nicht vor, denn zuerst brachte ich den Catheter höher hinauf, als später Herr Schulz und ich beim zweiten Versuch. — Die Function der Binse hatte nicht den gewünschten Erfolg; ich machte dcsshalb unterhalb des Afters den Harnröhrenschnitt und entleerte so ein wenig Urin, die Blase collabirte etwas, blieb aber doch noch sehr stark gefüllt; durch Druck auf
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EntxUndang der Harnröhre. (JretlirltiB.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1 7S
die Blase, vom Rectum aus, gelang os nicht, eine grössere Marnin cn ge zu entleeren.
Da ich nun ein Hinderniss in (ler Blase selbst vermuthete mifl den Blaseuschnitt für angezeigt hielt, liess ich das kranke Tliier ins hiesige Thierspital bringen und versuchte, daselbst angekommen, nun nochmals den Catheter; derselbe Hess sich auf einmal mit grösster Leichtigkeit bis in die Harnblase hinein­leiten, ohne dass ich ermitteln konnte, warum dasselbe wenige Stunden früher weder mir, noch meinem Assistenten gelungen war. Aber mittelst des Catheters brachte ich auch nur eeringe Mengen Urins heraus; die Harnblase wurde nie leer, der Urin war im hohen Grade übelriechend (faul). Das Pferd wurde vorläufig täglich 3mal catiieterisirt und so immer einiger Urin entleert, oft ging beim gleichzeitigen .Druck auf die Blase mehr Urin ab, oft aber konnte durch Druck kein Tropfen davon entleert werden.
Die Diagnosis schwankte zwischen Cystoplegie und einer Weichgeschwulst oder Sediment in der Harnblase, da ein Blasenstein oder eine derbere Geschwulst bei wieder­holter und eingehender Untersuchung nicht ermittelt werden konnte.
Unzweifelhaft bestand auch ein Blasencatarrh, der durch den stagnirenden und sich zersetzenden Urin veranlasst sein mochte. — Einmal hatte ich den faulen Uriu ziemlich entleert und nun spritzte ich eine lauwarme, höchst verdünnte wässerige Carbollösung durch den Catheter in die Harnblase. Als beim nächsten Mal der Catheter wie immer durch das Ostium urethrae — nicht durch die Harnröhrenwunde —eingeführt werden sollte, konnte man nur bis zur Harnröhrenwunde gelangen, weiter ging derselbe nicht vorwärts; die Ilarnröhrenwunde — um nun durch diese mit dem Catheter einzugehen — konnte aber nicht auf­gefunden werden. Da nun auch freiwillig kein Urin abfloss und wiederum eine Blasenruptur zu befürchten stand, so entschloss ich mich zur Uretbro-Cystotomie. Ich konnte dann mit In­strumenten und den Fingern in die Blase kommen, fand aber kein Hinderniss; — ich erweiterte die Wunde, bis es mir gelang mit der Hand in die Harnblase einzudringen; da zeigte sich die Blase colossal ausgedehnt und in ihr nur eine ganz unbedeutende Menge eines vorzugsweise aus kohlensaurem Kalk bestehenden Sediments. Da auch jetzt noch der Uriu nicht freiwillig
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Butzfindong der HamrCbre. Dretliriüs.
abfloös, so konute ich nur auf Blasonlähmung mciiic Diagnosis stellen; ihre Beseitigung gelang mir leider nicht.
Einige Tage, nachdem Patient im Thierspital aufgestellt war, sehoute er die rechte hintere Extremilät, das Sprung­gelenk war warm, massig geschwollen, sehr schmerz­haft — es war entzündet. Hasch steigerte sich diese üe-leaksen tzündimg, das Pferd konnte nicht mehr auf dieser Ex-tremität stehen, die Geschwulst wurde bedeutend und schon nacli mehreren Tagen fluetuirtc dieselbe.
Es war bestimmt, diesen Abscess am andern Tag zu offnen, in der Nacht aber verendete das Thier.
Bei der Section fand ich die Sprunggclenkshöhle mit dünnflüssige in, übelaussehendem Kiter gelullt und die Korpel an den verschiedenen Tarsalknochen mehrfach corrodirt, theihveise erweicht, bräunlich grau, an manchen Stellen röthlich und durchscheinend.
Für diese unter meinen Augen entstandene Gelenkent­zündung lässt sich keine andere Ursache ermitteln, als die, dass das primäre Leiden mit der Arthritis in einem metastatischen Counex gestanden haben muss, und halte ich auch diese An­nahme um so mehr für berechtigt, als auch bei Menschen, die au Entzündung der Harnröhre etc. — wenn gleich an einer
virulenten Form — leiden,
man ähnliche Complicationen öfter
schon beobachtet hat.
Die Prognosis des in Rede stehenden virulenten Trip pers ist keine ungünstige, nur, wenn sich die Blennorrhoe auf den Blasenhals fortsetzt, wenn sich Abscesse in der Harnröhre bilden und Prostataabscedirung sich einstellt, ist der Zustand bedenklich und wird dadurch der Verlauf der Krankheit sehr in
die Länge bereits gesagt
gen. In Folge des Trippers können sich — wie Krümmungen des Peuis, Atresie der
Harnröhre, Impotenz u. s. w. einstellen.
Hat man Gelegenheit, bei einer zufällig tripperkranken Leiche die Section zu machen, so findet man, wenn die Krankheit noch nicht lauge bestand, in dem vorderen Theil der Harnröhre namentlich in der Fossa navicularis, die Sehleimhaut geröthet.
geschwollen und mit einer eiteriireii
Materie belegt.
Bei
schwerer Erkrankung findet mau auch die Corpora eavernosa entzündet und geschwollen und dadurch die Harnröhre
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EuMn.hmu der UarurOture. Uretbriüs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;175
obliterirt. — Zuweilen siud diu vorhiu besprochenuu Cum-plicatiouea: Blaseueatzttaduag, ProstataentzUnduug, Eut-ziiudiiiig der Cooper'schen Drüsen, dor Lymphgefässe und der Lymphdrüsen, Eiterung, in ;ill den genannten Tb eilen
vorhanden. In inanehen Fällen finden sieb dieSymptome einer vur-liandeneu Orchitis und einer Epidi dy m itis.
Der clironiselie Tripper cbarakterisirt sieh auf dem Seetionstisclio durch die gewulstete, zuweilen mit Wucbe-rungen belaquo;etzte Scbleimbaut der üretbra, durch ein scbleimiges Secret; — mebrfacb ist auch das submueöse Gewebe vordickt und dadurch eine llarnriih r enstrictur bedingt, lliu und wieder rinden sich auf der Scbleimbaut auch Erosionen und Ulcera, welche leicht zur Verwechslung des Trippers mit Cbanker Veranlassung geben. Durch Vernarbung dieser Greschwüru kann ebenfalls eine Verensrerune der Urethra herbeigeführt werden.
Der nicht virulente Catarrh der Harnröhre ist bei Menschen so seilen, als wie bei den Thieren und da er auch keine wesentlichen Abweichungen von der Uretbritis catarrbalis animalium bietet, so ist es unnöthig ihn hier besonders auf­zuführen.
Nachdem Sie nun in groben Umrissen erfahren haben, was die Menschonärzte einen: nviruleuten Catarrh der urethraquot; nennen, ist es an der Zeil, über die verschiedenen bekannten Formen der JI arnröh ren entz iiudung der Hausthiere uns zu äussern.
Meine Herren! Ich möchte die verschiedenen Formen der Harnröhrenentzündung in folgender Ordnung zur Sprache bringen:
1. den einfachen, nicht virulenten, llarnrohreu-catarrh,
quot;2. die noch fragliehe virulente Uretbritis,
.quot;gt;. die bei der gutartigen und bösartigen Beschäl­seuche vor komme n de Harnröbrenaffectioii und
4. die Uretbritis crouposa.
Der diifache, nicht virulente HarnrohreiLcataiTli kommt bei unseren Haussäuge thieren nur auss er ordentlich selten vor; er dürfte in den meisten Fällen ein von der Blase aus fortgeleiteter Catarrh sein, oder er ist durch scharfe Diurctica, die ja auch dem Futter und dem Getränke beigemischt sein
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Entzündung fler UamrSbro. Mrctliritis.
können, durch Steine, durch ungeschicktes Catheterisiren, vielleicht auch durch intensive Erkältung hervorgerufen worden.
Nach Hurtel d'Arboval ' sollen einmal viele Ilonyste durch den (innerlichen?) Missbrauch der Canthariden am Tripper (?) zu Grund gegangen sein!
Ich erwähne diese Mittheilung, nicht um Sie üher die Wir­kung der Canthariden oder die Gefährlichkeit des Trippers bei Thieren zu unterrichten; sondern um Ihnen sagen zu können, dass ich solchen Mittheilungen gegenüber ungeheuer skeptisch biu und bleibe, denn erstens entsteht durch Canthariden nie ein Tripper — ein virulenter Urethraleatarrh — sondern nur ein einfacher Harnröhrencatarrh und zweitens würden auch am Tripper nicht ..viele'' Hengste sterben. Möglich, dass in Folge des Missbrauches der Canthariden eine Vergiftung mit einer natürlich besonders hochgradigen Irritation der Earnorgane und dadurch der Tod der Thiere herbeigeführt wurde. Wahrschein­lich hat man bei diesen Pferdeleichen nur die Harnröhre untersucht und diese entzündet gefunden, denn es lässt siedi kaum denken, dass im concreten Fall nicht auch eine Nephritis, ja sogar noch eine Cystitis bestanden haben soll.
Bei der Section von Thieren die an Harnröhren­catarrh während des Lehens gelitten haben, findet man: Hyper­ämie der Schleimhaut, Schwellung derselben, selten einen reichlichen schleimig-eiterigen Beleg auf derselben. Bei Harnrührensteinen und anderen mechanischen Einwirkungen auf die Harnröhrenschieünhaut findet man die Entzündung selbst bis zum Brand gesteigert oder Ulcera, häufig circumscript; so bei Hunden z. B. in der Pars prostatica und am Os Priapi, bei Wiederkäuern und Schweinen in der S-förmigen Krümmung, bei Pferden im Rutbenstttck über dem Ostium uiethrae; bin und wieder findet man auch stellenweise cataivhalischo Erosionen, ähnlich wie bei anderen .Schleimbautentzündungen.
Als Ers man im Stande ist, eine Urethritis von der vorhandenen Cystitis und Nephritis zu unterscheiden: Häufige Erectionen, Ausfluss von schleimig-eiteriger Materie aus der Harnröhre, öfteres Harnen, Schmerz beim Harnlassen
^Ile PAthologie uiul Thenipie fiir Thierlirzte v. Heriiig. S, 604.
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Bntzfiuduug iler HamrObre. Urethrltis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 177
Abgang kleinerer Haruportionen im schwaclien Strahl, öfteres Absetzen während des Hamens,
Zuweilen bemerkt man leichte Harncolik, Füllung- der Blase, Schmerz bei Einführung des Catheters, Unmög­lichkeit, den Catheter einzuführen. Die Krankheit ist nicht ansteckend, es werden weder andere Thiere, noch andere Schleimhäute (Conjunctiva, Maulschleimhaut) des Patienten inticirt.
Zuweilen kann der Zustand chronisch werden und so zu polypösen Excrescenzeu in der Urethra und zur Atresie der letzteren führen.
Der virulente Catarrh — der Tripper — soll nach mehr­fachen Behauptungen auch bei allen unseren Hausthieren und darunter namentlich oft bei Hunden vorkommen. Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich den Harnröhrentripper bei Thieren seit dem Jahre 1853 zu beobachten noch nie Gelegenheit hatte und habe auch mit wohlerhaltener menschlicher Materie Hunde und Kaninchen erfolglos geimpft und letzteres auch von Anderen be­haupten hören.'
Allerdings fehlt es auch nicht an Angaben, welche das Gegentheil meiner negativen Beobachtungen behaupten, und wird bei dieser Gelegenheit namentlich Deconde vorgeführt, welcher mit Erfolg die Trippermaterie vom Menschen auf die Bindehaut von Hunden überimpfte und bei letzteren dadurch eine entzünd­liche Granulation wie bei der Ophthalmia militaris hervorbrachte.
Bei manchen Impf versuchen mag es sich übrigens mehr um eine putride, als um cine speeifische Infection gehan­delt haben.
Beim Studium dieses Capitols in unserer Literatur kann ich nur wenig Vertrauenerweckendes Huden, es werden immer wieder alte Geschichten aufgewärmt und in manchen Büchern sogar stets nur die Worte ein und desselben älteren Autors gebraucht; und so fürchte ich denn, dass es mit der Beweisführung der Existenz eines virulenten Harnröhren catarrhs schlecht bestellt sei, und dass es in manchen Fällen An-
1 Vergleiche auch: Spinola spec. Path. u. Therapie der Hausthiere. II., S. 298.
Hör and, über den Tripper bei Hunden, Journal de mddecine vetüri-naire 187laquo;.
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EntzQndaxig der Harm'übrfi
deren geht, wie Herrn Sheuton,' der das, wiis uns :illeii als gutartige ßeseliiilseuelie hiuläuglieli bekannt ist, als Gonorrhoe des Rindviehes, ;ilso als Tripper, besehreibt.
Ebenso kommen auuh Verwechslungen mit dem Vorliaut-tripper der Hunde und der bösartigen Besebälseuche der Pferde vor.
Der gewöhnliche Vorhauttripper der Hunde ist eine ganz gemeine Krankheit und meiner Erfahrung nach ge­wöhnlich nieht contagiös. Die Harnröhre ist dabei unbo-theiligt. In sehr seltenen Fällen scheint jedoch diese Materie virulent zu sein;- unter welchen Bedingungen bald das eine, bald das andere der Full ist, kann ich ihnen niebt sagen. So sehr ich — wie Sie erfahren haben werden — geneigt bin, das Vorkommen eines virulenten Trippers bei Thieren in Frage zu stellen, so will ich Ihnen doeli diesem entgegenstehende Thatsachen nicht vorenthalten, freilich unter dein Vorbehalt, dass ich für die richtige Beobachtung der einzelnen Fälle nicht einstehen kann. So erzählt z. B. Schneider (Hering's specielle Pathologie und Therapie — Med. Annalen 1840) von einem Hunde, der seit Jahren am Tripper (Harnröhrentripper?) und Condylomen litt und die Krankheit durch den Coitus auf Hündinnen übertrug. — Spinola sagt, dass dem Tripper sich
Entzündungen des zugesellen vermögen, wo dann die Kranken grüssere Schmerzen und Unruhe äussern und Fieber bekommen. Es sollen Geschwüre auftreten und blumenkohlartige Auswüchse am l'enis entstehen, namentlich sich letztere bei Hunden im Präputialsacke, dann aber auch im Maule, an den Augen und an den Ohren ent­wickeln. Ks komme zur Degeneration den- Harnröhre zur Lym-phaugiotis, Prostatltis, Orchitis etc. selbst zu letalem Ausgange. Die gutartige Beschälseuche, - der Beschälausschlag, die Aphthenseuche, der Phlyctänenausschlag an den Ge­nitalien — ist gleichfalls eine gutartige, Krankheit, vorzugsweise des Genitalapparates, die besonders bei weiblichen Thieren und unter denselben bei Kühen und Stuten häufig in der Vagina
1 .Sheuton: Die Gonorrhoe beim Kiudvieh. Journal vetdr. et agric. de Belgique. 1847.
- Eichbanm: Mittheiluugen ans ilur th. Praxis in Preussen. 1., S. 40. — Maczynski: ebendaselbst. II., S. (56.
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Entüauduiig ilor Harnröbre. UretliriUs.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 179
vorkommt (Vaginitis aphthosa.) — Bei männliclieu Tliieren ist
der Sitz des Leidens wieder der Präputialsack, selten die Ilarnrölire.
Kreisth. Wolf1 in Nimptsch beobachtete bei einem Bullen: Harncolik, gefüllte Blase; auf Druck wurde unter Schmcrzens-äusserungen des Thieves Urin im dünnen Strahle entleert, der Penis war geschwolleu, geröthet, mit kleinen Bläschen und Gesciiwüren bedeckt; letztere hatten aufgeworfene, zer­nagte Händer, weissen speckigen Grund und waren mit einer schmierigen, jauchigen Materie bedeckt. Gleiche Geschwüre zeig­ten sich auf der Innenfläche2 der Vorhaut und, so weit sich diese untersuchen Hess, waren solche wahrscheinlich auch in der Harnröhre vorhanden, denn die Mündung derselben war dicht von Geschwüren umsäumt. Dem Entleeren des Urins ging immer der Abfluss einer schmierigen Jauche vorher. Der zu­erst ausgeschiedene Urin erschien trübe und zähe. Eine schmerz­hafte Auschwellung der Rutlie war noch oberhalb des Hodensackes bemerkbar. — Geschwüre an der Schleimhaut desOstiuni urethrac wurden auch bei Hengsten beobachtet. :i
Dieser Phlyctänenausschlag ist eine änsserst contagiöso Krankheit, sie gewinnt sowohl durch den Coitus als auch durch nahes Anei n an d ersteh en der Thiere, so dass die Hintertheilc sich berühren können, eine rasche und grosso Verbreitung. Ich erinnere mich so z. B. eines Zuchtbullens, an dessen Genitalien ich nichts weiter als einige Hyperämie entdeckte, bei dem aber die Urethra und der Präputialsack krank gewesen sein konnten, welcher die Krankheit unter den Kühen mehrerer Dorfschatten theils direct, theils indirect verbreitete.
Die Krankheitssymptome bei weiblichen Tliieren sind hauptsächlich Bläschen- und oberflächliche Geschwürs­bildung auf den Schleimhäuten des Gen i tal a pp a ra tos, namentlich jener der Vagina. Diese Geschwürchen decken sich mit einem gelblichen Schorf ein und heilen. Das latente Stadium des Phlyctänenausschlages schwankt zwischen 2 und 8 Tasren.
1nbsp; Mittli. ans d. th. Präzis in Preussen. XUI., 8. öcgt;.
2nbsp; Die Iimcntiäclie der Vorhaut mag nur bei einem Bullen nicht bequem zu nntersuciien sein !
3nbsp; Mittli. a. (1. th. Praxis in Preusen. XIV. S. 68.
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ISO
Ejutzündung dor Hamrlihre
Eäufig heilt die Kraaklieit ohne Zuthuu des Arztes hei Be­achtung nur einiger Kcinliclikeit innerhalb 5—14 Tagen voll­ständig ab.
Zur Section sind derartige Patienten mir — und es scheint, auch Anderen — noch nicht gekommen.
Der Chanker der Zuchtpferde ^ —die bösartige Beschäl­seuche der Pferd e — ist eine schwere, häufig tödtlieh ver­laufende Krankheit der Genitalien der Pferde, die gleich­falls in hohem Grade ansteckend ist und ganz auf deni-selbenWege wie die Phlyetänen, nämlich durch geschlech-liehe Berührung und durch Beisammenstehen der Thiere,1
eine rasche Verbreitung gewinnt.
Es ist hier nicht der Platz über diese Beschälseuche der Zuchtpferde eingehend zu referiren, es mag Sie aber zu erfahren interessiren, dass der Hauptsitz des Leidens bei männ­lichen Thieren sieb in der Harnröhre befindet, dass je­doch der ganze Verlauf der Krankheit ein anderer, als derj enige des virulenten Trippers oder jener des mensch­lichen Chankers ist.
Die Chankerseuche der Zuchtpferde ist demnach eine eigenartige Krankheit, die eine besondere Stelle in der comparativen Pathologie verlangt!
1 )io Ursachen einer spontanen Entwicklung der Beschäl­seuche sind nicht bekannt — in den gewöhnlichen Fällen ist es die Ansteckung und ist der Träger des fixen Contagiums bei Hengsten d.-is aus der Harnröhre ab fliesscnde Secret. Hengste stecken Stuten an und diese umgekehrt wieder die Hengste. Nach Haubner und Mai esch dauert die An­steckungsfähigkeit der Patienten über Jahr und Tag fort, wenn sie schon längst, wieder hergestellt erscheinen. Der Grund dieser Erscheinung liegt unzweifelhaft darin, dass die frag­liche Krankheit bei Hengsten während der geschlechtlichen Ruhe merkliche Kemmissionen zeigt und während dieser Zeit eine Gonesunquot;' der Patienten vorgetäuscht wird.
1 Dr. Mareseh, Landesthierarzt in Böhmen: Nachtrag zur Abhand­lung, die Chankerseuche der Pferde. Wiener Vierteljahressehrift. Will., S. 102.
Mitth. a. (1. tli. Praxis in Prenssen. VIII., 8. 77.
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Bntzündansf der Harnröhre. Un-thritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;181
Die Krankheit kommt nur bei Zuchtpferden vor urd liisst sielt — nach dem Stand unseres heutigen Wissens — auf andere Thiergattungen niclit übertragen; oh auf die Q-eschlechts-orgaiie und die Hararöhre der Menschen? — derartige Experi­mente wurden noch nicht gemacht!
Das Incubatlousstadium dauert s —(50 Tage; die ganze Krankheit 1—jquot;) Monate, ja sie kann selbst mehrere (4—5) Jahre lang- sich hinausziehen.1
Der Landesthierarzt für Böhmen Dr. Maresch hat bezüg­lich dieser Beschälkrankheit uns schätzbares Material geliefert.2 Er sagt: ,,Die Chankerkrankheit heim Hengste liat ihren Sitz in der Harnröhre und besteht in einer specifischenEntzündung ihrer Schleimhaut, welche entweder hier localisirt bleibt oder aber nach einiger Zeit und unter gewissen Umständen secundäre Zufälle nach sich zieht. — Da jedoch die Affection der Schleimhaut der Harnröhre nur an dem kleinen Punkte ihrer Ausmündung gesucht und beurtheilt werden kann, so geschieht es, dass sie je nach der Dauer und dein Grade ent­weder gar nicht gesehen — oder aber übersehen wird, zumal man aus der Theorie gewohnt ist, die Krankheit in grossartigen Dimensionen zu finden.quot;
Bei der Untersuchung der Hengste findet mau zuweilen an der Eiche] einzelne kleine weisse Flecken als Zeichen früher hier gesessener Phlyctänen. Ks entstehen nämlich an der Glaus und seihst amOstium urethrae rundlicheKnöteben von der Grosse eines Hanfkorns bis zu der einer Dohne, die Knöt-chen sind derb, hyperämisch, wärmer, etwas schmerzhaft, bei grosser Anzahl von Knötchen schwillt die ganze Ruthe an. Aus diesen Knötchen entwickeln sich Bläschen und aus diesen wieder kleine Dlcera.3 Diese Ulcera findet man öftei'S auch an der Harnröhrenschleimbaut, die Harnröhre selbst aber dick und härter; innerhalb der Rutho dicht unter der Harnröhre kommen mitunter Abscesse vor und auch die Samenstränge schwellen zuweilen an.1 Häufig ist die geschwollene Hai'nröhi-en-
1nbsp; Haubner: Veterinärpolizei. S. 271.
2nbsp; Maresch: Wiener Vierteljahrsschrift. XI.V. S. 149 and XXIII., S. 99.
3nbsp; Nei tliardt : Die Thierseuchen. S. Tu.
4nbsp; Mittheil. a. d. tli. Praxis in Preasaen. X., 8. 7ü a. f.
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Bntziludong *U'r Ilarnrühre, rrethritis.
sclileitnliaut über die Harnrölirenöffnung hervorgewulstet und zu-weilen finch liiilier geröthet. In manchen Füllen ist die Hervor-wölbung der Schleimluiut kaum merklich, aber trotzdem ist sie doch intensiv roth and entzündet. '
Heim Ausdrücken der Harnröhre mit der Hand kommt zum Ostium urethrae eine granweissliche Flüssigkeit henius. — Diese Erscheinungen treten bald zurück und der Patient orcheint dann unverdächtig, und allein nur der Umstand, dass er die Krankheit auf Stuten weiter zu verbreiten im Stande ist, zwingt uns, einen solchen Beschäler noch für chankerkrank zu halten. Bisweilen bestehen aber für längere Zeit ödematöse Anschwellungen des Präputiums, und wegen der andauernden Hamröhrenaffection bemerkt man immer­fort häufiges Anstellen zum Uriniren, Abgang nur kl einer
Quantitäten Urins unter Schmerzensäusseruna'ei
#9632; auf
geregten Gcsebi echtstrieb.
Im Verlauf der Krankheit werden die Thiere mager und bekommen einen matten sehwankenden Gang (Paresis der Nachhand), über dem Körper sind die bekannten Quad­deln verbreitet, es stellt sieb hie und da starkes Jucken (Juek-kraukheit) und Geschwttrsbildung auf der Haut ein; der paretische Zustand des Tbieres geht in partielle (Lippe, Ohren etc.), dann in totale Paralysis über, und endlich ver­enden die Tbiere. Die Hengste geben an dieser Krankheit viel häufiger zu Grunde, als wie die .Stuten. Roll glaubt, weil bei jenen die Krankheit in der Pegel sehr spät erkannt wird, und sich um diese Zeit schon nielirfacbe seeundäre Zu­stände entwickelt haben.
Bei der Section von an der Chankerkrankheit zu Grunde gegangenen Hengsten findet man neben den anderen, der Krank­heit eigenen, pathologischen Zuständen: die lirethrasebleim-haut entzündet, Schlauch und Hodensack ödeinatos ge­schwollen, zuweilen verhärtet, sclcrosirt und auf der Schi ei in ha ut der Harnröhre kleinere Geschwüre.2 Bei einem
1 Ich erinnere daran, dass die Harnröhre des Pferdes mit oinom c. 0-02 Meter laugen cylinderisuben Vorsprang — dem Harnröhrenfortsatz — endigt und dieser schon öfter für eine abnorme Vorstülpung der Harnröhren-schleiinhant gehalten wurde.
- Vergleiche Cap. XVI., Kotz, die Bemerkungen von Anginiard.
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Entzümlung dnr Harnröhre. Urathritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;183
Wipitihirsch, der unter ähnlichen Erscheinungen, wie den der Chankerkrankheit der Zuchtpferde zuGrande gegangen sein soll, fand man neben .-indorcn Symptomen die stark geschwollene Ruthe in der Nähe und unmittelbar an der Harnröhrenmündung mit tiefen Geschwüren von der Grosse eines Hirsekorns bis zu der einer Bohne dicht besetzt. Die Bänder dieser Geschwüre waren hart, unregel-mässig, der Grund glatt, sie lieferten ein jauchig blutiges Seeret. Kleinere Geschwüre derselben Art fanden sieb in der Harnröhre, deren Wände verdickt waren, ete. '
JMe croapöse Harnröhrenentzandung — wird wiederholt beobachtet, und zwar meistens bei Pferden.'- Es ist dieses eine Krankheit, die gewöhnlich längere Zeit andauert und die ihren Sitz entweder in der Beckenportion oder nur im Ruthenstttcke der Harnröhre hat und die sieh nur selten über die ganze Harn­röhre verbreitet.
Eine der hervorragendsten Erscheinungen ist die bestehende Harnstrenge — die Dysurie — welche oft mit Enuresis verbunden ist.
Die Thiere uriniren oft, stets aber im dünnen Strahl, mit öfterer Unterbrechung; es geben meistens nur geringe Mengen, oft nur einzelne, Tropfen Urin ab, die Thiere strengen sich dabei an und zeigen grosso Schmerzen; der Urin ist blass gelblich, stark schäumend (bei Pferden) und reich an Kalk salzen. — Der Penis ist geschwollen und schmerzhaft.
Mit dem Urin werden manchesmal Croupfetzen oder Stückchen von Croupröhren herausgepresst; nach dem Abgang dieser Pseudoinembranen stellt sich öfters eine unbedeutende Harnröhrenblutung ein, der dann vorübergehend erleich­te ter Harnabsatz folgt.
Die Einführung des Catheters gelingt nicht immer.
Die Krankheitsdauer ist verschieden, häufig mehrere Monate lang und führt nicht selten zur bleibenden Verdiekung und zur Atresie der Harnröhre.
Scctionsberich te über solche Leichen sind nur wenige vorhanden; Annacker theilt den Leichenbefund von cinciu
1nbsp; W.ilf, Krcisth Mittb. a. ä. tli, Praxis in Preassen. XIV, 8. 59.
2nbsp; Säclis. Vet. Berichte: III., S. 50. VI., S. 65 und VII., 8. H.
Magaz. v.m G. u. II. XL., S. 4G7. Cronpöse EnteOndniig der Blase und der Harnröhre; die Krankheit danerte bis zum Tode zwölf Tage.
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Kut/.iinilmiK ilor Ilarnröhrp. Uretliritis.
Ochsen mit. ' Man fand, dass Patient Beschwerden heim Uri-niren zeigte, his endlich der Harn nur noch in Tropfen abging. Annacker öfVnotc die Harnröhre unterhalb des Afters, aber es Hess kein Urin ab. Der Ochse wurde geschlachtet und es fand sich der Penis an der S-förmigen Krümmung knorpelartig verhärtet, angeschwollen — und ein Abscess. Die Harnröhre war in ihrer ganzen Länge mit plastischem Exsudat voll­gestopft, die Harublasenwandung verdickt und der Urin enthielt f'ibrinöses Exsudat. Ueber der Naht des Mittel-tteisclics war eine Narbe — vielleicht, dass hier früher schon (#9632;in Einschnitt in die Urethra gemacht worden istl —- Dieser operative Eingriff kann auch die Ursache der zuletzt bestehenden Krankheit gewesen sein; scheint es ja doch überhaupt, dass der­artige Eingriffe mehrfach die Ursache zur cronpösen ürethritis abgehen, denn auch Guemand- theilt mit, dass er bei einer Stute nach Entfernung eines Blasensteines mit der Hand eine Entzündung der Urethra und der Vagina beobachtete, bei welcher an der Harnröhremniindung (vielleicht auch in der Harnröhre?) fortwährend Pseudomembranen sich bildeten , die erst nach Jod-bepinselung sistirten.
Nachdem Sie nun meine Herren jetzt, die verschiedenen Formen der Harnröhrenentzündung kennen gelernt haben, ist es uns auch möglich, dieselben mit der virulenten Blen-norrhoe der Urethra des Menschen zu vergleichen! Sie werden dabei finden, dass manche dieser virulenten Thier-krankheiten einegrosse Aehnlichkeitmit dem menschlichen Tripper haben, und dass manche Verschiedenheiten der Krankheiten, die sich bei Thieren und den Menschen finden, vielleicht auf Rechnung der verschiedenen Thiergat-tungen gebracht werden können, wenn das Virus seihst im Stande wäre, vom Thier auf den Menschen und von die­sem wieder auf das Thier überzugehen! — So lange aber diese Frage noch nicht endgiltig entschieden ist, dürfen wir alle die genannten Krankheiten auch nicht mit einander identificiren.
Therapie. Es ist nothwendig, dass ich die mehrfach so wesentlich von einander verschiedenen Harnröhrenentzündungen
i A n 11 acker: Mitth. a. d. th. Praxis in Preussen. V., S. 140. - Jonrnal ie nuii. vrt. milit. de France. 1S07.
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Eiiuiuiiliing der Hamr5hre. TTrethritis.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 185
bezüglich ihrer Therapie einzeln bespreche; ich werde zuerst die Behandlung der nicht virulenten und dann die der viru­lenten Harnröhrenentzündungen vortragen.
Die Urethritis catarrhalis wird leicht zu beseitigen sein, wenn Sie eine weitere Einwirkung des ursächlichen Momentes verhindern können, Sie also z. B. die Steine ent­fernen, die scharten Diuretiea aussetzen, das schädliche Futter und Getränke verbieten, damit auch dadurch keine weitere ent­zündliche Irritation der Schleimhaut der Ilarnorgane möglich ist.
Wie in dieser Beziehung so fällt überhaupt die Therapie (1 er Urethritis mit der der Urocystitis in der Hauptsache so vollkommen zusammen, dass ich hier lediglich im Weiteren auf die dort angegebenen Verhaltungsregeln u. s. w. verweisen kann.
Bei der Urethritis crouposa wollen Sie eine leichte Diät und Ruhe für das kranke Thier anordnen, unter Umständen können Sie bei gut genährten Thieren auch eine Venaesection versuchen, üie Harnröhre wollen Sie durch unnöthige Versuche mit dem Catheter nicht noch mehr afficiren; Einspritzungen von Mohnsamen- oder Hanfsamenmilch, die mit etwas Kali carbonicum versetzt sind, gelingen nur bei sehr frommen Thieren, ebenso die Einspritzungen mit schwacher Lapissolu tion oder mit einer schwachen Jodkalilösung bei dickein Belege und hochgradiger Obliteration der Urethra; — Einspritzungen von warmem Goulardischen Wasser nach Ausstossung von röhrigen Massen, unter Umständen die Ein­führung eines feinen, elastischen, mit Mercurial- oder noch besser mit Bleisalbe stark bestrichenen Catheters lässt sich in ratblosen Fällen versuchen.
Aeusserlich lassen Sie öfters ganz einfach Bähungen mit warmem Wasser oder mit einem warmen narkotischen Decoct machen und reiben längs der Harnröhre auch Unguent um m er curia le oder vielleicht als Derivans sogar Unguentum Tartari stibiati ein oder meinetwegen auch, wie es Ilaubner macht, die Jodqueks i 1 b er s all) e (1 Theil Kali hydrojodati : 8 Theilen Unguentum mercuriale).
Innerlieh geben Sie Kali nitricum oder Kali subcar-bonicum mit Baccae Juniperi, wenn kein Fieber besteht, bei Fieber mit Herb. Digitalis purpureae.
Pflug) Krankhoitcn des urol'OL-tischcu Systemlaquo;,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; J3
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\igt;,C)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzdndong der Sornruhro. CTretlirltls.
Die Phlyctanen, die gutartige Beschälseuche, erfordern vor allen Dingen laquo;lie nicht weitere Benützung der Thiere zum Sprung, nichl nur für den Augenblick, sondern seihst noch einige Zeit lang fort nach Abheilung des Ausschlages; auch trage man dafür Sorge, dass die kranken Thiere mit dem Hintertheil gesunder weder direct noch indirect, d. li. durch Zwischenträger in Bei'tthrung kommen. Nächstdem empfiehlt sieh grosse Rein­haltung der kranken Tlieile; das Waschen derselben mit ganz schwachem Carbolwasser oder einer gleichen Salicyllösung.
Uei dicsei'Behandlung werden Sie in verliältnissmässig kurzer Zeit Genesung eintreten sehen. In hartnäckigen Fällen mögen mitunter Waschungen und Einspritzungen von verdünnten Lö­sungen der Adstringentien, von schwachem Bleiwasser, von Borax- oder Tanninlösung cte. am Platze sein.
Ein altes Renonnnee haben Einspritzungen von Salbei-decoct (Decoct. Herhae Salviae), laquo;las man bei Geschwüren durch ein Decoetum Radieis Consolidae majoris ersetzt und dorn man auch etwas Tinctura Myrrhae hinzufügen kann. Das Salbei- und das Schwarzwurzel decoct kann man abwecbslungsweise mit Car­bolwasser gebrauch en.
Die Anwendung von Sublimat- oder von Lapis-Lösung ist, wohl nur ganz ausnahmsweise in Gebrauch zu ziehen; über­haupt aber möchte ich Ihnen ratlien. hoi diesem Leiden das viele Medikastern unterwegs zu lassen, es geht meistens allein mit dein Waschwasser!
Die Chankerkrankheit der Zuchtpferde dagegen er­fordert eine umsichtige Behandlung. Ich kann aber auf dieselbe hier nicht genügend eingehen, da ich mir die Aufgabe gestellt habe, später in meinen Vorträgen über dieKrankheiten derSexual-organe darüber zu sprechen.
Beachten Sie, nur vorläufig, dass es nöthig ist, di e Patienten sofort und für lange Zeit mit anderen Pferden nicht in geschlechtliche Berührung kommen zulassen, derartig Kranke überhaupt strenge isolirt, nicht aber im Stall eingesperrt zu halten. Die geschlechtliche Hube ist ein wesentlicher Factor zur Heilung der Krankheit, und desshalb mag in manchen Fällen die rechtzeitige Gas trat! ob der krankem Hengste, d. h. sobald paretisebe Erscheinungen auftreten, ein Radicahnittel gegen den Pferdechanker sein.
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EutzilmUiug den Harnröhre. Urethrltts.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;187
Ansserdem sollen die Kranken im Anfang dos Leidens auf eine massige Diät gesetzt werden, bei drohendem Ver­fall der Kräfte ist aber protein reiche und Icieht ver­dauliche Nahrung zu verordnen, so z. B. gekochte Gerste Bohnenmehl, Erbsenmehl, geschrotene und gebrühte Maiskörner, geschrotene Kosskastanien.
Innerlich kann man am Anfange ein Laxanz versuchen, die Tiiiere aber im Allgemeinen nicht durch übermässiges Arznei-goben quälen. Im Verlauf der Krankheit eignen sieh zu Ver­suchen innerlich: T erebin th ina communis, das mit Gummi arabieum und Aqua fontana zur Emulsion gemacht und dann mit bitter-aromatischen Mitteln versetzt wird, um auf diese quot;Weise die Bolusconsistenz herauszubekommen. Sie gehen einem Pferde 2—3 Mal täglich je lOO Gramm des Terpentins und setzen diese Behandlung einige Zeit fort. Zur Abwechslung kann viel­leicht statt des Terpentins auch das Thecrwasser (AquaPicis = 1 Theil Pix liquida : 10 Th. Aq. font.) und zeitweise Kali nitricum oder Kali oder Natron subcarbonicum während zwei bis drei Tagen in kleinen Graben, 5-0 Gramm pro dosi, täglich 4 Mal mit Schleim gebraucht werden.
Andere empfohlen Spiessglanz (Antimonium crudum), Tar­tarus stibiatus. Hydrargyrum muriaticum corrosivum, Acidum arsenicosum, Camphora, Fernini sulphuricum oxydulatum etc. mit bitter-aromatischen Pflanzentheilen.
Ueber den Werth dieser Mittel will ich bei einer andern Gelegenheit mich äussern -- jetzt will ich noch der localen Behandlung dos Leidens, als des hier wichtigeren Thoilos der Therapie, gedenken.
Anfänglich werden Sie die kranke Ruthe und namentlich die Urethra gerade so behandeln, wie ich es Ihnen bei den Phlyctänen angegeben habe. Reinlichkeit und Einspritzungen von lauwarmem schwachen Carbolwasser in den Präputialsack und in die Urethra sollen versucht werden.
Gegen Anschwellung der Eichel und starke Wulstung empfehle ich Ihnen den Gebrauch von warmem Goulard'schen Wasser (Aqua Plumbi Goulardi, = Aq. comm. 40 Thl. : Liquor Plumbi subacetici 1 Thl. : Spiritus dilutus 4 Theile) oder Bleiwasser (Aqua saturnina = Acet.is Plumbi liquidus 1 Thl. : Aq. fontan. 30—40 Thle.). Bei grosser Schmerzhaftig-
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188nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzfindung raquo;It'i- HomrDhro, Urethritlfi.
keit der Theile kann man statt des AVassr^rs aarkotische Decocte (Decoct. Herb. Byoscyam., BeUadonnae etc.) benutzen.
Bei stärkerer Blennorrhoe macht man Einspritzungen von Tanninlösung oder Lapislösung (1:100) oder von phagadaenischem Wasser (Aq. phagadaenica = Hydrar­gyrum bichloratum corrosivum I Tlieil : Aqua calcaria 3O0 Th.) in die Earnröhre; die ersten Einspritzungen appliciren Sie selbst und miterriebten dabei den Pferdewärter, damit in Zukunft dieser die Einspritzungen besorgen kann.
Bei Geschwüren wird man zuweilen zur Anwendung des Lapisstiftes oder zur Bepinselung der Ulcera mit Lapis­lösung (1:30—50) oder mit Snblimatlösung (1:10) ver-anlasst.
XV.
Die (lurcli Blasen- und Harnröhrensteiue bedingten Krankheiten. Urolithiasis.
Blasen- und Harnröhrensteine — Eichelsteino — Vorhaut-Steine — Harnverhaltung — Blasenruptur — Verengerung der Harnröhre — Harninfiltration — Blasenschnitt — Litho-tripsie Harnrölirenschnitt.
In einer früheren Vorlesung habe ich Ihnen die Erkrankung der Thiere durch Steinbildung in den Nieren näher geschildert und habe dabei hervorgehoben, dass die in den Nieren und Nieren­becken entstandenen Steine und Concretionen leicht in die Urcteren, in die Harnblase und Harnrühre hineingeschwemmt werden können, um dann an diesen Orten Veranlassung zu weiteren krankhaften Störungen zu geben.
Es geschieht dieses am häufigsten beim Ilindvieli und dann nur insolange, als die Nierensteinchen noch sehr klein sind, während bei Pferden und anderen Thieren die Nierensteine häufiger am Orte ihrer Entstehung liegen bleiben.
Nierensteine, welche in di e Harnblase gelangen, geben nicht selten den Kern ab, um den sieb neue Salzmassen
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Die durch Blasenlaquo; and UamrQlirenstelne bodlngton Krankheitonu Urolitbiasls.
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niederschlagen. Aber auch ohne class Steine u. dgl. von deu Nieren aus in die Harnblase gelangen, kann es in der Blase selbst zur Bildung von .Steinen, Concretionen und Sediment kommen. Wir sehen in solchen Fällen rceiit häufig um Kerne, die zuweilen nichts Anderes sind, als Seh leim, Blut, Epithelien u. dgl., sich die verschiedenen unorganischen und organischen Stoffe, die den Stein dann bilden, ablagern.
Jn sein-vielen Fällen findet man nur einen einzigen Stein, und uamentlich dann, wenn derselbe gross ist; kleinere Steine, so gross wie Vogeldunst und etwas grosser, kann man oft nach vielen Hunderten zählen.
Die Blasensteine sind öfter concentrisch geschichtet: sind sie einzeln und aus der Niere stammend, dann sind sie eckig oder warzig, bildeten sie sich dagegen erst in der Blase, o.ler haben sie sich wenigstens daselbst vergrössert? so sind sie in den meisten Fällen rund. Sind mehrere gross ere Blasensteine vorhanden, so tragen dieselben gewöhnlich Eeib-flächen.
Hierauf lässt sich eine Prognosis nach der Lithotomic, deren ich eine schöne Anzahl namentlich an Ochsen machte, nach meiner auf den Erfolg gestützten Ansicht — wenn auch Aus­nahmen ' vorkommen mögen— gründen, dass nämlich dort, wo schrottrunde oder abgeschliffene Steine entfernt wurden, die Lithotomien nur einen vorübergehenden Erfolg haben, da andere Steine nachkommen, die sich in der nach der Operation (Urethrotomie) verengten Urethra einkeilen. Bei warzigen, rauhen Steinen ist die Prognosis in der Regel eine eünstierere.
Harnröhrensteine bilden sich nur selten in der Harnröhre. Vorhautsteine (Calculi urinarii praeputiales) sind bei Pferden, Eseln und Schweinen und sedimentartige Cuu-cremente im Schlauch der Ochsen und Widder gefunden worden.
Aus dem Gesagten geht schon hervor, dass Harnsteine bei allen unsereu Hausthieren vorkommen, wenn auch solche
1 Gowinp; amp; Solm fanden #9632;/.. B. in der Harnblase eines Sundes zwei stachelige Blasensteine. The V et er in ariaraquo; , Vol. 42. 1869.
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Diu durch Blasen- and BarurBhreuitelDs bedingten B^auklieiten. Urolitlüasis,
bisher liui einzelnen Gattungen uusei'er Haustliiere nur selten angetroffen wurden.
Am häufigsten lindet man diese Steine Leim Rindvieh (Ochsen), bei Pferden, Hunden und Schweinen, seltener bei Eseln, Schafen und Ziegen und nur ganz ausnahmsweise bei Katzen.
Das Geschlecht macht keinen Unterschied bezüglich der Bildung der Blasensteine, wohl aber kommen sie bei weiblichen Tlücren seltener zur Beobachtung und sind bei diesen auch die Folgen, welche dadurch entstellen, günstiger zu beur-theilen, weil kleinere Steine den Weg durch die kurze und weite Urethra leichter passiren können, somit nicht so hantig sich einkeilen und zur Harncolik und Blasenberstung, wie bei männ­lichen Tliicren, führen. Auch sind die Steine bei weiblichen Thieren durch rationelle, rechtzeitige llili'e leichter zu beseitigen. Steine, die sieh bei männlichen Thieren am Ende der Urethra festgekeilt haben oder die hier oder in der Vorhaut sich ent-wickelten, sind ttbrigens auch nicht schwer zu entfernen.
Ausserdem ist es bemerkenswerth, class zwar das höhere Alter zur Stein- und Concrementbilduug besonders disponirt, dass aber bei Thieren jeden Lebensalters Blasensteine schon gefunden wurden; —ja selbst bei ganz jungen Thieren, Lämmern, Kälbern, Fohlen hat man die Steine zu wieder­holten Malen angetroffen, so z. B. fand der Thierarzt Leclcrq in Mellet1 bei einem 87 Tage alten Kohlen, das an Blasen­ruptur zu Grunde ging, gegen 100 Blasensteine. Der Veterinär Sharman2 fand bei einem 10 Tage alten Fohlen einen 4f) Gran schweren weisslichen Harnstein 5 Zoll vor dem Ende der Harnröhre, und es gelang durch Drücken, den Stein der Harnröhrenmündung allmälig näher zu bringen. Bezirksthierarzt Gluthmann8 erwähnt eines 10 Tage alten Kalbes, das an Bhachitis litt und später an unzweckmässiger Behandlung eines Nabelbruches starb; schon vor dem Tode des Thieres bemerkte man am Pinsel des Schlauches rundliehe bis erbsengrose, kreide­artige Massen und bei der Section fand man in der verdickten Harnblase: Sediment und arrössere Brocken einer kreide-
1nbsp; Journal vi'ix't. et agricole de Belgique. 18-W.
2nbsp; The Veterinarian. London 1859. quot; Sachs. Vet. Bericht. I., S. 50,
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Die (lini-li Blasen- and Hamtöhrensteiae bedlagten Kmnkbalton. Drollthlasia. 191
artigen M.-istsc. Eudlich t'uml auch Bezirkstbierarzt Füufstäck' in der Harnblase mehrerer Lämmer viol Harngries.
Wie die Nierensteine, so sind auch die; Blaseusteine, die Harnröhrensteine und die Vorhautsteine je nach der Thier-gattung von verschiedener Beschaffenheit
Beim Pferde sind die Blaseusteine geiblieli-weiss, braun, weiss, hart oder sedimentartig, d. h. sie sind eine sein- locker zu-sainmen^efiigte, verschieden grosse, gelblichweisse ungeschichtete Masse. Ausserdem findet man bei Pferden noch selir häutig den Blasengries und das Sediment. Das Harnsediment kommt bei ihnen zuweilen in ganz beträchtlicher Menge vor; Gurlt fand einmal bei einem Pferde nicht weniger als 18 Pfund 1quot;2 Loth preuss. derartiger Masse und in der Sammlung der Stuttgarter Schule ist auch eine solche von einen: Pferde, die nach llering's Mittheilung 73/s Pfund wiegt.
Das Gewicht der Blaseusteine ist je nach ihrer Dichtig­keit und ihrer Grosse natürlich sehr verschieden.
Ich kenne Blaseusteine — und sie sind gar nicht selten — welche nahezu I Pfund, d. h. circa 20(H) Gramm schwer sind. Guinet2 fand bei einem sieben Jahre alten Hengste einen Blasen-stein, der beinahe 7 Pfund (3500 Gramm) schwer war, und in der Sammlung der Turiner Schule ist der Blasenstein eines Pferdes, der 20 Pfund (i Unzen wiegt.quot;
Diejenigen Blasensteine im Gewicht von lü 30 Gramm sind jedoch die häufigeren.
Die Harnröhrensteine sind selten über SU Gramm schwer.
Die Vorhautsteine tinden sich im Schlauche und sollten strenge genommen hier nicht zur Sprache kommen, da sie aber unter Umständen gerade so gut als wie die Ilaniröhrensteine zur Harncolik Veranlassung geben können, so glaube ich es mir gestatten zu dürfen, das System dem praktisch Nützlichen zu opfern.
Die Vorhautsteine des Pferdes sind meistens rundlich, mit Warzen, Spitzen oder Drusen besetzt, braun von Farbe,
1 Siielis. Vct. Bericht. XV., S. '.IS.
- Gurlt's path. Anatomie der Haassäugethiere, I., 8. 217.
;, Caustatt's Jahresbericht. VI., S. -2.
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Die dorcli llhiscii- unil Ilanmiliivnstt'iiu* budingteD KranlihfiiL'ii. Urolithiasia
bustchou vorzugsweise aiiri kohlensaurem Kalk (bis 71quot;/,,). In einem von Fürstenberg untersuchten Vorhautsteiue fand sicli phosphorsaurer und schwefelsaurer Kalk, kohlensaure Magnesia, organische .Substanz, Wasser und Spuren von Eisen.
Dass an den Haaren und der Wolle der Vorbautmttndung bei Ochsen und Sehafbocken, selbst schon bei Kälbern und Lämmern, sich aus dem abtröpfelnden [Irin kleine, in ihrer Zusammensetzung den Harnsteinen ähnliche Steinchen bilden, sei hier noch erwähnt.
Die Harnblasen- und Harnröhrensteine des Pferdes und Esels bestellen meistens aus kohlensaurem Kalk, kohlen­saurer Magnesia, organischen Materien und Spuren von
i ho
rsaurer
und oxalsaurer Kalk.1
Die Blasen- undHarnröhrensteine des Rindviehs zeigen ebenfalls verschiedene Formen und Farben. Man unterscheidet #9632;\veissc, gelblich-weisse, braune, weisse mit mattem Glanz, die perlenähnlich sind, und endlich goldig aussehende Steine.
Letztere sind meistens geschichtet. Siebestehen aus Kiesel­säure, kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Talkerde, etwas Eisen, Fett, extractive!' Materie und Wasser.
Die Blasen- und Harnröhrensteine des Schafes sind verhältnissmässig selten- und meistens klein.
Ein von Lassaigne3 untersuchter Stein war weiss, etwas in's Rosenrothe spielend, cylinderisch, an beiden Enden spitz.
i Vergleiche: Pürstenberg: Steine und Concremente im Körper der Haussäugetliiere. Von den Harnsteinen. Magazin von (!. u, II. X., S, t61.
Gnrlf: Von den Steinen und Concrementen im menschlichen und thie-risohen Körper. Magaz. v. G. u. II. XXXIX., S. 1(17.
Von Bibra: Chemische Analysen von Concretioneu der Thiere. Bepert. von Hering. IV., S. 306.
- Im Verzeichniss der path. anat. Sammlung der Müneliener Tliier-arzneisuhule von ISöT findet sich nur ein Fall erwähnt: „Harnsteine ans der Urinldaso eines 2jährigen Widders.quot; — 1844 land sich noch kein derartiger Stein im Museum der Berliner Thierarzneischule, und auch für unsere seit 6 Jahren hesteliende pathologisch-zootomische Sammlung konnte noch kein Blasenstein vom Schafe acquirirt werden.
Vergleiche übrigens: Fttrsteuberg, über Steinkrankheiten der Schafe. Mittheil, aus d. th. Praxis in Preussen. 18(18, S. 124.
3 Keeneil de mod. vet. 1830, S. 44ö.
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Die durch Bloseu* uud Harnramp;hrensteiae bodiugtea Crankhelten. Urolithiasls.
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duljui war or circa ü'014 Meter laug und circa 0quot;0Ü4 Meter breit leicht zerreiblieli und geschiehtet. Er bestand aus Kieselsäure, Eiseuspureu und orgauischer Substauz. Professor Lintncr in Weyhenstephau' fand in llarusteiueu des Schafes: or­ganische Substanz ll-03, Kieselsäure 71ü'i, Schwefel­säure 6-24, Kalk 11*62, Magnesia und Eisen in Spuren. Ijouley- sah bei wenig Monate allen Lämmern in der Blase, Urethra, im Schlauche und an der Wolle des Präputiums erbsen-grosse Steinchen, die aus phosphorsaurer Ammoniak-Mag­nesia bestanden.
Auch der sächsische Bezirksthierarzt Fünfstück beobachtete in einer Schäferei acht an Harncolik leidende Bocklämmer. Die Thiere wurden geschlachtet und es fand sich in der Blase viel Harngnies und ebenso sah Dammanu (Magazin von Gr. und II. XXX\ I., S. 441) bei einem Masthammel ein Sediment in Blase und Urethra, das aus phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia bestand.
Andere Blasensteine, die Dammann durch Dr. Weiske in Proskau untersuchen liess, enthielten kohlensauren Kalk, Kieselerde, Magnesia, organische Substanz und Wasser.
Die Steinchen in der Wolle am Präputium sollen nach Fuchsquot; Mittheilung aus phosphorsaurer Ammoniak-Mag­nesia, kohlensaurer Kalkerde, Spuren Oxalsäuren Kal­kes, organischer Materie und Wasser bestehen.
Die Blasen- und Harnröhrensteine des Schweines sind weiss, gelblich, goldglänzend schwarz, kreide- oder sediment-artig; sie sind rauh, rund, oft geschichtet uud erreichen ein Gewicht bis zu 60 (irainm.
Sehr häufig ist in der Harnblase phosphorsaure Ammoniak-Magnesia in grosser Menge vorhanden. In der Münchener Sammlung ist eine solche nahezu G Pfund bair. schwere Masse, auch in hiesiger Sammlung habe ich gegen l/2 Pfund (250 Gramm) trockene phosphorsaure Ammoniak-Magnesia aufbewahrt. Der hiesige Fleischbeschauer fand sie bei einem sonst vollkommen
1 May in Weyhenstephan: Earnverlialtung bei Schafen. Wiener Viertel-jahressohrift f. Vef. XXVII. 8. 158. - Ramp;c de inc'cl. vc't. 1874. 3 Fuchs: Patholog. Anatomie flcr Sanssäugethiere. 8. #9632;-'(i'.i.
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IM.' durch Blasen- untl liarnrQlii'eusteiuo bedlugteu Kraiikbeitou. Urolithiaäls.
gesunden Mastschweino; er Lielt diu gelbliclie, diukliube Masse, die auf dem BrucL gricslich, wie Butterschmalz aussah, l'iir Eiter ([ms). l)iu mikroskopische Untersuchung zeigte aber sofort, dass es die schönsten phosphorsauren Aiumoniak-Magnesia-Krystalle (Tut'. Ill, Fig. 19) waren, die durch sehr consistenten Schleim zusammengehalten wurden.
Naeh von Bibra's analytischen Untersuchungen bestehen die Harnsteine der Schweine ans kohlensaurer Kalkerde, pliosphorsaurer und kohlensaurer Talkerde, organischer Materie, Fett, Wiusser, Spuren von Ki.sen — oder Sie tiu-den in denselben phosphorsaure Ammoniak Magnesia.
Uio Vorbautsteine sind ähnlich zusammengesetzt und können bis htihnereigross werden. Sits kommen uiciit selten bei Schweinen vor: häufiger wenigstens, als wie bei anderen Thieren, weil bei diesen oberhalb der Mündung des Präputiums der sogenannte Nabelbeutel Hegt, der bei ausgewachsenen Thieren durch Aufblasen bis htihnereigross wird und die Lagerstätte der Vorhautsteiue ist.
Die Blasen- und llanirölire ns teine bei Hunden sind, wenn auch nicht sehr häufig, doch keineswegs selten. Wenn Sie Gelegenheit nehmen, unsere Sammlung zu besuchen, so kann ich Ihnen auch mehrere Steine zeigen, die sieh in der Harn­blase eines Wolfes vorgefunden haben.
Die Blasensteine des Hundes haben meistens eine warzige oder krvstaliinisehe, zuweilen sogar mit Stacheln besetzte Ober­fläche; sie sind geschichtet und gewöhnlich sehr fest, auch können sie in seltenen Fällen ein (ieuielit bis gegen 60 Gramm erreichen. Dvr Farbe nach sind die fraglichen Steine gelblich-weiss, ganz weiss oder gelb. Die vorzüglichstenBestaudtbeile sind; phosphor­saure Ammoniak-Magnesia und solche Kalkerde, Harn­säure und kohlensaurer Kalk; auch kommen cystinhaltige Steine vor und solche — namentlich Harnröhrensteine, — welche K i eselsäure enthalten.
Analytische Untersuchungen der höchst seltenen Harnsteine bei Katzen sind mir nicht bekannt. Fs findet sieh übrigens ähnlich, als wie bei Schweinen in der Blase zuweilen eine schleimige, eiterartige Masse, die sich unter dem Mikroskop aber auch wieder als mit Schleim verbundene phosphorsaure Ammoniak-Magnesia-Kryställchen erkennen lässt; sie soll bei Katzen öfters die Ursache von Ischurie sein.
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Die durch BlaseU' und BararSlirenstoiuo bedingten Kratikheiten. Urolittiiaifis, 195
Genesis dor Urolithen. Wir sind nun wieder zu der Frage gekommen, wiu sclion eiamal bei den Nierensteinen, woher kommen die llcirnsteiiits, die Blasensteine, die Harn-röhrensteino und die Vorhautsteine?
Dass sie zum Tlioil von den Nieren herkommen, wissen wir; wie aber entwickeln sieh die ursprünglich in der Blase oder in der Vorhaut (Nabelbeutel) entstandeneu Steine und Concremente?
Im Allgemeinen ganz so, als wie die Concretionen in der Niere und dein Nierenbecken.
Ich sagte ja bei Gelegenheit der Besprechung der Nephro-lithen, dass die meisten Bestandtheile derselben aus dem Urin stammen und entweder durch eine besondere Diathese oder einen speeifischen Catarrh „den steinbildendeu Catarrh Meckelsquot; in den Harnorganen zur Bildung kommen.
Die Bestandtheile der Harnsteine sind entweder als solche im Harne bereits vorgebildet oder sie entwickeln sieh erst bei chemischen Umsetzungen des Barnes, indem sieh die Bestand­theile des Letzteren in verschiedener Weise gruppiren und neue chemische Körper bilden.
Dass die Ftttteruag respective die Qualität des gereichten Futters und Getränkes auf die Steinbildung einen Einfluss hat, davon glaube ich mich zur Genüge überzeugt zu haben. Warum sollten aber auch die Nahrungsmittel nicht auf die Steinbildung influiren, da wir ja doch jeden Augenblick wahrnehmen, welchen Einfluss das Ernährungsmateria] stündlich auf den secernirten Harn ausübt! Je nach der systematischen Veränderung des Urins können wir aber sicherlich auch unter sonst begünstigenden Momenten (Diathesis — Gährung — Catarrh) die Steinbildung vor sieh gehen sehen. Us wird dies um so leichter geschehen, wenn sieh erst ein — ich möchte sagen: Krystallisationskcm ge­bildet hat. Es dürfte dieses auch durch einige Experimente bewiesen sein, die Dr. Studensky in Kasan angestellt und im Oentralblatt für medicinische Wissenschaften Nr. 53, 187-2 veröffentlicht hat.
Studensky brachte nämlich Glasperlen und Guttapercha-Kügeleben in die Blase dreier Hunde. Die Hunde erhielten Fleisch, Drod und Wasser. Einen Monat später starben die Thiere und es fand sieh ein weisser, jedoch äusserst unbedeuten­der Niederschlag auf den Kügelchen und Perlen
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196 Die durch Blasen* uud UaruröUrüujituiUQ bodington i^ranklisiteu. tlrolitbiattis.
Andere Hunde erhielten Trinkwasser mit Kalk (1 Kalk; 1000 aqua). Dei- Tod dieser Hunde erfolgte in verschiedenen Zeiträumen nach Einbringung der fremden Körper in dio Blase. Es ergab sich, dass bei einemHunde schon drei Tage nach Ein­führung einer Perle diese fast vollständig mit einer dünnen Schichte eines weissen Niederschlages bedeckt war, so dass man die Farbe derselben niebt mehr erkennen konnte. Vollständig und dicker und von etwas gelblicher Farbe war der Niederschlag auf einer Perle, die 16 Tage in der Harnblase sich befand. Die Stärke des Niederschlags sowohl auf den Perlen, als auf der Guttaperchakugel betrug da, wo die fremden Körper einen Monat in der Blase waren, fast l Millimeter.
Sie haben von mir vorhin erfahren, dass nach Ftirsten-b erg's Analysen die Harnsteine, z. 13. die der Pferde, aus kohlen­saurer Kalkerde, kohlensaurer Talkerde, organischer Materie, Spuren von Eisen und ans Wasser bestehen. Zuweilen enthalten die Harnsteine der Herbivoren auch schwefelsauren Kalk. '
Der Urin von vier Pferden enthielt nach v. Bibra- keine phosphorsauren , aber kohlensaure und schwefelsaure Salze uud Chlornatrium mit Harnstoff. — Fraas 3 fand im Pferdeharn Kalkerde, .Magnesia, Schwefelsäure, Chlor, Harnstoff, Hippur-säure und Schleim.
Eine Analyse der Asche des eingedickten, sugar vom Sediment abfiltrirten Harns ergab von öoo Cubikcentimeter (nach Abzug von 0'2S6 .Milligramm Kohle) l()-i;il Milligramm Asche oder -2 Procent.
In 100 Theileu dieser Asche waren:
Chlor......7-971
Schwefelsäure . . . 10-200 Eisenoxyd .... 0-639 Phosphorsäure . . . 0-256
^ 1.....70-1U
Natron (
Kalkerde.....0-578
Talkerde.....0-234
Der Rest war Kohlensaure, Kieselerde und Verlust.
1 Fit rste n b erg, a. a. ').
- Aim.'ilon der Chemie and Pharmacie. LIU., S. 98.
3 Jahresbericht der Münchener Thierarnieischule. l^öö, S. 14.
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Die durch Blas™- mi.l HamrOhretutelne bedingten EranKbellen. Orollthtasts. 197
Das überaus roicliliclie Sediment im Pfei'deham bestellt zum grössten Tlieil aus kohlensaurer Kalk- und ans Bittererde.
Im Urin des Rindviehs1 finden Sie an Salzen: Kohlen­sauren Kalk, kohlensauren Talk, kohlensaures Kali, Chlomatrium, Kieselerde, Spuren von Eisen. Die Harnsteine des Rindviehs be­stehen aus Kieselsäure, kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Talkerde etc.
Wir sehen aus diesen Beispielen, dass die meisten Bestand-thcile der Steine im fertigen, normalen Harn schon vorgebildet sind und sieh nur aus demselben abzusetzen brauchen, um zur Steinbildang wesentlich beizutragen. Diese Abscheidnng wird ahm- erfolgen, wenn das Verhältniss der Harnbestandtlieile, wo­durch die Salze gelöst oder gebunden bleiben, sich ändert und /.war dadurch, dass eine vermehrte Zufuhr der Salze von anssen stattfindet, oder Umsetzungen im Urin selbst geschehen oder end­lich durch Krankheiten im uropoötischen System (Catarrh) Stoffe producirt werden (Schleim, Eiter), welche die Ausscheidung der Ilarnsalze begünstigen.
Den Werth der vermehrten Zufuhr von Salzen ins Blut durch die Nahrung und die daraus resultirende reichlichere Ausscheidung der S.-ilze setze ich. wie schon gesagt, sehr hoch, und es ist mir sehr wahrschein­lich, dass die fragliche steinbildende Diathese mehr darin als in der Veränderun g der Grewebe zu suchen sei.
Vergleichen Sie nur das Futter mit dem Urin der einzelnen Individuen verschiedener Thiergattungen und Sie werden auch dadurch meine Behauptung bestätigt finden, dass vielfach die in dem Futter enthaltenen Stoffe es sind, die direct in den Urin übergehen oder durch Wahlverwandtschaft im Organismus zur Bildung von chemischen Körpern Veranlassung gehen, die mit dem Urin zur Ausscheidung kommen und ihn so übersatt igen oder in seinem Mischungsverhältnisse so verändern, dass ihre Aus­scheidung in fester Form schon innerhalb der Blase erfolgen muss.
lieber die Art und Weise, wie die Umbildung der in den Thiernahrungsmittelii enthaltenen Stoffe in Harnsteine erfolgen dürfte, muss ich Ihnen bezüglich der hauptsächlichsten Bestand-theile der Steine nun einige Mittbeiluneen machen.
Wciss: specielle Physiologie für Thierärzte. 8. 229.
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Dir laquo;lurch niiisen- ninl iliiniröln'onshVmlaquo;! lraquo;üraquo;liii^toii Kraukhtüton. Ut'olitliiasis .
Ein lliuiptbestarultheil der Steine der Herbivoren , der sich aber auch bei Omnivoren und Garnivoren in oft beträchtlicher Menge liinlct, ist der kohlensaure Kalk. Derselbe kommt mit dem Tränkwasser uls doppeltkohlensaurer Kalk in den Organis­mus. In den Nahrungsmitteln lindet sieh der Kalk grösstentheils an organische Säuren gebunden, kommt also als kohlensaurer Kalk mit dem Futter eigentlich nicht in den Thierkörper, sondern muss erst durch chemische Umsetzungen in ihm gebildet werden.
Der Kalk kommt somit an Kohlensäure (mit dem Wasser), oder an eine organische Säure (mit dem Futter) gebunden in den Organismus, in die Nährsnfte, ins Blut. Aus letzterem wird der Theil iles Kalkes, der nicht zur Uckonomie des Thieres verbraucht wird, hauptsächlich durch die Nieren ausgeschieden, wofür sein massenhaftes Auftreten in dem llani der Herbivoren spricht. liier ist er entweder als neutraler kohlensaurer oder als saurer kohlen­saurer Kalk vorhanden und ^-iht so das Material für die sieh bildenden Harnsteine ab (Fttr stenb erg). Der im Körper zurückgehaltene Theil des Kalkes dürfte schon im Blute durch phosphorsaure Alkalien in phosphorsauren Kalk umgesetzt werden.
Endlich kann auch nicht bezweifelt werden, dass unter ge­wissen Umständen durch Zersetzung kohlensaurer Alkalien und anderen- Kalksalze im Körper kohlensaurer Kalk gebildet werde.
Die kohlensaure Magnesia oder kohlensaure Bit­tererde findet sich auch im Harn der Herbivoren; wenn auch im Verhältnisse zum kohlensauren Kalk nur in geringer Menge. In den Vcgetabilien, welche unseren pflanzenfressenden Haus-thieren zur Nahrung dienen, ist die Bittererde nur an Phosphor­säure gebunden; da aber durch den Harn dieser Thiere immer­hin eine ziemliche Menge kohlensaure Magnesia ausgeschieden wird, so ist anzunehmen, dass erst im Organismus dieselbe ge­bildet wird. Wahrscheinlich dürfte es sein, dass ein Theil des in den Pflanzen enthaltenen und an vegetabilische Säuren cre-bundenen Kalks sich im thierischen Körper mit der in letzterem enthaltenen phosphorsauren Magnesia in phosphorsauren Kalk und pflanzensaure Magnesia umwandelt und diese wieder ähn­lich wie der phosphorsaare Kalk sieh in kohlensaure Bitter­erde umsetzt.
.
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Die lurch Blasen- and BarurShreiuteine üedlngten KranklnMiun. [JroUthlastB- 199
Die Oxalsäure — die Sauerkleesäure — an Kalk gebunden, ist als oxalsaurer Kalk ein regelmässiger Bestand-tlieil des Harns der Herbivoren, namentlich nach dem Genüsse von an Oxalsäure und Pflanzensäuren iiberhaupt reichen Vege-tabilicn' (sauren G-räsern, Bunkelblätteru, Ampfer etc.): dann tritt der oxalsaure Kalk auch reichlicher auf im Ifame nach dem arzneilichen Gebrauch von doppeltkohlensauren Alkalien, man darf desshalb bei nachweissbarer Oxalurie nicht immer sogleich an eine besondere Krankheitsform denken, die man mit dem Namen „Oxaluriequot; bezeichnet. Er ist auch, wie bekannt, ein häufiger Bestandtheil der Concretionen in den Harnorganen. Im Harn ist der oxalsaure Kalk gelost, was durch irgend einen nicht näher bekannten Bestandtheil dos Harnes ermöglicht wer­den muss. Er wird aber frühzeitig aus dem erkalteten Harn als Sediment ausgeschieden; ja unter freilich nicht bekannten Um­ständen geht diese Ausscheidung schon innerhalb der Harnorgane vor und wird eben dadurch die Bildung von Oxalsäure haltigen Concretionen ermöglicht. Der oxalsaure Kalk im thierischen Körper stammt unzweifelhaft zum Theil von den eingenommenen Futtermitteln ab, -— ein anderer Theil des Kalkoxalats findet sich aber auch im Körper unter Umständen, die es uns gestatten, seine Zufuhr von Aussen auszuschliessen. Wo hier u. A. haben z. I!, gezeigt, dass nach Einbringung von Harnsäure und deren raquo;Salzen in die thierischen Halte oder nach dem Genüsse von Hit-termandelöl die Oxalsäure in reichlicherer Menge im Urin nach­zuweisen sei.
Dann berechtigt uns der Umstand, dass bei gleichbleibender Nahrung im Harne unter gewissen Verhältnissen Oxalsäure auf­tritt und wieder einmal fehlt, gleichfalls zu dem Schlüsse, dass im Organismus des Thieres selbst Oxalsäure entstehen kann.
Im letzterem Fidle ist sie ein Endproduct der regressiven Metamorphose. Die (gt;xalsäure ist ein Spaltungsproduct der Harn­säure! und wird in normalen Verhältnissen noch weiter zerlegt — in anormalen z. B. bei Störungen des Stoffwechsels, der Respi­ration u. dergl. geschieht die Zerlegung der Oxalsäure nicht
1 II. Müller und Kölliker beobachteten, dass auch einMädohon, welches Citronensaft einnahm, mit ilcm Harne grössere Mengen von Oxalsäure ausschied. JI. Bericht über die pbysiol. Anatomie in Würzburg. 1856, S. S4.
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Die ilm-rli Blasen- und HamrOhrensteine bedingten Krankbeiten. QrolitUiosifl
mf.
weiter und sie tritt dann
Kalk gebunden im Htm
(() x a luri e).'
Die Kieselsilure, die Kieselerde kommt von Aassen mit dem Getränke und dem Futter in den Organismus. Jeden­falls ist die Kieselerde in einer löslichen Verbindung in der Nah­rung — besonders in Körnern, in dem Getreide und mehreren anderen Pflanzen — da dieselbe in den Verdauungsorganen für den thierischen Körper gewonnen werden kann. Wie? — ist unbekannt, und auch über die Form, in welcher die Kieselerde sich in den Saiten des Körpers gelöst oder in den Geweben abgelagert findet, haben wir eigentlich noch keine Kenntniss; denn dass man sagt, die Lösung der Kieselerde im Blute, im Harne etc. werde durch organische Stoffe vermittelt, ist eine An­gabe, die sehr natürlich erscheint, der aber doch noch die sie stützenden Beweise fehlen.
Auch über die Ausscheidung der Kieselerde aus dem Körper sind wir noch im Unklaren. Es ist durchaus nicht festgestellt, ob die im Harne sich findenden Spuren der Kieselerde nicht viel­leicht den ganzen Stoffumsatz der Kieselerde darstellen. jS'ur soviel kann man mit einiger Sicherheit behaupten, dass die Kie­selerde, wie sie im Harne angetroffen wird, vordem Bestand-theil der Gewebe war.
Der phosphorsaure Kalk findet sich im Harn der Carni-voren und Omnivoren wahrscheinlich als saures Salz, das im Wasser löslich ist. Wo der Harn wie z. B. bei den Herbivoren keine freie Säure — aussei- Kohlensäure — wohl aber kohlen­saure} Alkalien enthält , finden sich die gelingen Mengen des phosphorsauren Kalkes im Urin auch meistens nur suspendirt und sedimentbildend. Bei Thieren und namentlich solchen, die animalische Nahrung zu sich nehmen, kommt der phosphorsaure Kalk mit dem Futter in den Organismus. Auch mit dem Tränkwasser werden häufig grössere Mengen desselben Salzes dein Körper zugeführt und scheint es nach den Versuchen
1 Seligsohn (Oxalsäure Concremente. Ceutralbl. für med. Wissenschaft. Nr. 22. 1873) sagt: „Das Attftreten der Oxalsäure im menschlichen Harn ist eine Oxydattonshemmnng, dnreh welche es nicht zur Bildung von Harnstoff kommt. Bei dauernder Herabsetznng und Verlangsamung der Pulsfrequenz, insbesondere bei Krankheiten der Centralorgane des Nervensystems tritt Oxal­säure im Harn auf.
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Die (Uircli Blasen- and HarnrShrenstolne bedingten Erankbetten. rrolithiaiis. 201
Lassaigno's, ' class die Kohlensauere es sei, welche einen Thcil des fraglichen Salzes in Lösung halte.
Es fragt sich nur, wodurch der hasisch phosphorsaurc Kalk im Thierkörper gelöst wird?
Man ist geneigt anzunehmen, dass desshalb, weil in den Albuminaten immer phosphorsaurer Kalk enthalten ist, er in den thierisclien Flüssigkeiten an Alhuminate gebunden und in dieser Verbindung löslich sei.
Ein Theil des phosphorsauren Kalkes wird sicherlich auch erst im Körper, besonders in dem der Herbivoren gebildet. Die organisch sauren Kalksalze werden im Thierkörper in kohlen­sauren Kalk umgesetzt, der sich weiter mit den phosphorsauren Alkalien des Futters in kohlensaure Alkalien und phosphor­sauren Kalk umwandelt.
Der mit den Pflanzen in den Körper gekommene phosphor­saure Kalk wird für den Thierkörper sicherlich nur in massiger Menge verwendet, und desshalb geht er auch zum grösseren Theil unverdaut mit den Faeces ab. Ein grösserer Procentsatz des phosphorsauren Kalkes in den Pflanzen dürfte aber assimilirt werden, wenn die Thiere gleichzeitig Kochsalz erhalten; da eben auch nach Versuchen Lassaigne's kochsalzhaltige Wasser- die Eigenschaft besitzen, den phosphorsauren Kalk in geringer Menge zu lösen. Ich bemerke Ihnen hier dieses besonders desshalb, um bei arzneilichem Gebrauehe des phosphorsauren Kalkes die Salz-lecken nicht zu vergessen.
Bei Omnivoren und Carnivoren ist die Sache anders; bei diesen Thieren kommt der phosphorsaurc Kalk in löslicher Form in den Thierkörper und dieser phosphorsaurc Kalk so­wohl, als wie derjenige, der im Körper gelöst wurde, geht bei den Schweinen, Hunden und Katzen zum grössten Theil mit dem phosphorsäurehaltigen Urin fort und darum ist er auch in dem Urin dieser Thiere reichlich nachzuweisen, und desshalb sehen wir, dass die Harnsteine dieser Thiere phosphorsauren Kalk in beträchtlicher Menge enthalten können.
Die phosphorsaure Magnesia findet sich gewöhnlich in Harnconcretionen mit Ammoniak verbunden. In den Oreanis-
1nbsp; Frisches koMensäurereiches Brunnenwasser befördert cbcufiills die Ver­daulichkeit des basisch phosphorsauren Kalkes.
2nbsp; Repertorium von Hering. X., S. 113.
Pflug, Krimkheiten des uropoötlflohen Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;J/JL
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202 Die torch Blasen- und HararSlireustolne bcdlugton Krankbeiten. UroUtblasla.
mus kommt die pliosphorsaure Magnesia mit dem animalischen
und vegetabilischen Futter; iliro Assimilation geschieht ähnlich, wie die des phosphorsauren Kalkes, jedoch mit dem Unterschied, dass die Cbylusgefässe eine grössere Resorptionskraft für den pbosphorsaaren Kalk besitzen. Im Harn der Fleischfresser ist die phosphorsaure Magnesia durch dessen freie Säure gelöst. Im Harn der Pflanzenfresser ist die phosphorsaure Magnesia häufig in ungelöstem Zustande enthalten und hilft dann die Trübung und das Dicke des Urins mit erzeugen.
Die phosphorsaure Ammoniak Magnesia ist im Harne der Thiere, und zwar in dem der Omnivoren und der Gar-nivoren sowie in den llarnsiemen dieser Thiere in grösserer Menge vertreten. Sie ist Zersetzungsproduct des Körpers und entsteht überall da, wo Ammoniak im Thierkörpcr frei wird: letzteres bindet sich sofort mil der allentbalben vorhandenen pbosphorsaaren Magnesia und bildet dann das in Rede stellende Doppelsalz.
Wenn durch Blasenkrankheiten (Blasencatarrh) und durch Retention des Harns in der Harnblase eine faulige Zersetzung ties Urins sieh einstellt, so dass Ammoniak frei wird, so tritt das­selbe, da im Urin immer phosphorsaure Magnesia anzutreffen ist, an letztere und bildet dann das Doppelsalz, das sieh als krystallinisches Pulver absetzt, und zur Steinbildung weitere Veranlassung bietet.
Cystin findet sich in Harnsteinen von Hunden. In einem Fall, in dem ein mir befreundeter Herr anno 1858 Harnsteine vom Rindvieh analysirte, will derselbe; auch Cy stin gefunden haben, doch ist die von ihm beliebte Untersuchungsmethode -Lösung in Kalilauge und Fällung mit essigsaurem Bleioxyd — keine sichere gewesen. Unmöglich wäre es übrigens nicht, dass in der That in dem fraglichen Harnstein (Jystin gewesen wäre, da dasselbe anderwärts auch in der Niere des Rindviehs nachgewiesen werden konnte.
Leber das Cystin sind wir auch noch sehr im Dunkeln; es ist ein Stickstoff- und schwefelreicher Körper, der nur von Stick­stoff- und schwefelhaltigen Körpern herstammen kann, der unter physiologischen Verhältnissen entweder gar nicht entsteht, oder alsbald weiter zersetzt wird. Bei beschränkter Sauerstoffaufhahme soll sieb Cystin aus Harnsäure, Benzoösäure, Schwefelwasserstoff
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Die durch Blasen- inid BarnrOhransteine bedingten Krankheiten. Urolithia.sis. 203
und quot;Wasser st.-itt des Harnstoffs, der Kohlensäure, Sctwefel-säure und des Wassers entwickeln Demnach dürfte also das Cystin für ein Zersetzungsproduct dos Thierkörpers betrachtet werden und ist somit ein Stoff, der gewöhnlich nicht als solcher mit der Nahrung in den Organismus gelaugt; ja selbst in dem Fall, class Cystin mit einem aus Rindsniere bestellenden Putter in den Magen der Carnivoren kommt, dürfte es dort alsbald zer­setzt werden.
Das Eisen stammt als Element, das nicht im Körper er­zeugt werden kann, natürlich von Aussen. Es gelangt in einer leicht löslichen Verbindung mit Futter und Getränk in die Ver­dauungsorgane und wird von diesen in den Organismus aufge­nommen. In demselben ist es als Oxyd oder als Oxydul Qdios-phorsaures?) oder, wie mehrfach behauptet wird, in organischer Verbindung, z.B. im Hämatin, zu finden. Audi darüber, wie das Eisen den Organismus verlässt, sind die Gelehrten noch nicht einig. In den Harnsteinen dürfte es vielleicht öfters direct ans dem Blute stammen, z. 1!. bei Blutungen im uropoötischen System.
Symptome. Durch das Vorhandensein der Blasen- und Harn-röhrensteine werden eine Reihe verschiedenartiger Krankheits­erscheinungen hervorgerufen, die sich aber meistentheils zurück­führen lassen:
a)nbsp; auf eine ürocystitis oder
b)nbsp; auf eine Ketentio urinae.
Nicht selten finden sich in der Blase aber auch Concretionen, und trotzdem konnten während des Le­bens an den Thieren kcinerlci Kraukheitserscheinunquot;-on constatirt werden. In diesen Fällen sind es meistens kleinere Harnsteine, die wohl oft selbst durch die lange, S-förmig ge­krümmte Urethra der männlichen Wiederkäuer und Schweine abgeben. Ungefährlich sind die kleinen Steine nicht, weil sie sieh immerhin auf eine Zeitlang in der Harnröhre festsetzen und so wenigstens eine Harn strenge, Dysuria, für einige Zeit hervorrufen können. Aber auch nur bei einiger Grosse der Steine kann es sehr leicht geschehen, dass sich dieselben einkeilen und das Lumen der Urethra so verschllessen, dass kein Urin mehr abgesetzt werden kann.
Bei weiblichen Thieren kann es wohl noch vorkommen, dass selbst grössere Steine durch das ständige Drücken und
14laquo;
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204 Die durch Blaaen- and HamrShreiutetne bedingten Krankhoitou. ITroUthiasis.
Pressen duvcli die Urethra hinausgedrängt worden. So erzählt uns z.B. Poyser1 in Peshawar (Indien), dasa bei einer Stute, welche drei Tage lang an Harncolik litt, endlich ein über 100 Gramm schwerer Stein ausgepresst wurde. Aebnlicbe Beispiele findet man in der Literatur noch mehrere verzeichnet.
Die wesentlichsten Erscheinungen der Harnblasen stein-krankheit sind häufig die der schon geschilderten Blasen­entzündung. Man siebt die Thiere öfters Harnlassen, oft mit Anstrengung, oft mit kleinem Strahl, oft siebt man blutigen Urin, namentlich nach Anstrengungen des Thieres absetzen oder der 11 am tröpfelt nur unter starkem Drängen heraus. Einige Zeit darauf geht Alles gut, bis auf einmal wieder das alte Lied mit dem gestörten Harnabsatz von vorne angeht.
So kann es lange Zeit fortgehen, namentlich bei Stuben­hunden, die von ihrer aufmerksamen Herrin gut bedient und beobachtet werden. Grössere Hausthiere magern zuweilen dabei ab und leiden an periodisch wiederkehrender Harn­colik. Bei Stuten bemerkt, man häufiges Rossigsein, AusHuss von übelaussehendem Schleim aus der Vagina, wiederkehrende leichte Colikschmerzen u. dgl. m. Wallachen werden mit der Zeit bösartig, haben einen krattlicben, oft schwanken­den Gang, schachten jahrelang nicht mehr aus, be-uässen die innere Fläche des Schenkels fortwährend, so dass scbliesslich die Haare ausfallen und die Haut selbst corrodirt wird. Solche Hosenpisser — sit venia vei'bo — werden zeitweise von Colik befallen und leiden öfters an Harnstrenge. Zuweilen findet man, und namentlich bei Fohlen, dass diese Thiere die Ruthe beständig aus dein Präputinm heraushängen. Kino solche beständige Harnbeschwerde mit zuweilen blutigem Urin muss Sie schon auf eine Behinderung des Harnabflusses in der Blase hinweisen und zur eingehenden Untersuchung dieser Partien veranlassen. — Bei Hunden sieht man die Blase zu­weilen so ausgedehnt, dass sie aussen am Damme eine ela­stische Geschwulst bildet.'-
1nbsp; The Veterinarian. Vol. 4pi. London. 1869.
2nbsp; Growing amp; Snliii fanden dieses In-i einer Harnverhaltung In Folijn einer grossen Anzahl von Steinen in der Harnblase eines 1-t Monate alten Hundes. The Veterinarian. Vol. 43. London 1869.
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Die durch Blason- and SdrarDbrenäteine bodlugteu Krankheitou. CJroIiÜtlasla
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Nielit .sclteu kommt us vor, dass während des Harnub-satzes ganz plötzlich der Harustrahl stockt oder nur noch in Tropfen abgesetzt wird. Es wird dieses im Moment des Eintrittes dos fremden Körpers in den Blasenhals oder in die Harnrölne der Fall sein. Die Tliiere werden dabei unruhig, trippeln hin und her, drängen und drücken; allein trotz­dem geiien nur einige Tropfen oder selbst gar kein Urin ab.
Nun fangen die Tliiere an mit dem Schweif zu wedeln, zu peitschen, sie spreitzeu die Miuterfiisse auseinander, ächzen, stöhnen — Hunde schreiensenken Lende und Kreuz tief abwärts, aber Alles ohne Erfolg.
Jetzt werden die Thiere sehr unruhig, scharren mit den Vorderfüssen, peitschen anhaltend mit dem Schwänze, sehen sich nach dem Hinterleib um, springen unruhig hin und her, schlagen aus; Kindvieh schlägt mit den Hinterfüssen gegen den Bauch. Die Thiere steigen in den Barren, werfen sich dann nieder, wälzen sieh, springen wieder auf, und so toben sie mehrere Stunden lang ganz fürchterlich; sie sind kaum zu bändigen, sie roisson sich überall los und (Pferde) schlagen Alles kurz und klein.
Am Anfang der Krankheit besteht in der Gefässthätigkeit und in der Respiration gar keine Aufregung. Die Thiere fressen gierig noch einige Wisch Heu und saufen auch wohl einige Schluck Wasser; bald aber bemerkt man rascheren Athem, die Circulation ist beschleunigt und die sichtliehen Schleimhäute sind gerötliet. Die Thiere haben dadurch und durch die weit offenen Augen und die aufgesperrten Nüstern und die sich immer steigernde Unruhe ein ängstliches Aussehen. — Ueber dem ganzen Körper sind die Thiere wann, sie fangen an stärker zu transpirIren, bis endlich der Schweiss in Strömen von ihnen fliesst. Der Puls ist jetzt aber voll und stark, die Re­spiration flüchtig, die ausgeathmete Luft wann, und die Temperatur — per anum gemessen — wesentlich erhöht. Der Hinterleib füllt sich etwas an, — Koth wird nur anfänglich, bald aber gar keiner mehr abgesetzt, wohl aber gehen Flatus mehrfach ab. Die peristaltisehe Bewegung ist unterdrückt, aber doch noch als vereinzeltes, leises Gurren hörbar. Bei alledem besteht nur Harntröpfeln — oder Abgang des Harnes in schwachem Strahle — oder Harn wird gar nicht abgesetzt.
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200 Die durch Blasen* uml HamrüliTenateine bedingten Ki-aiikheilen. Uroltthiasls.
Je weniger Harn entleert wird, desto grosser ist die Unruhe dos Thieres.
Bei Wahrnehmung derartiger Erscheinungen, wie Sie solche von mir soeben geschildert erhielten, werden Sie natürlich keinen Augenblick säumen, eine Exploratio per auuui vorzunehmen, um sich zunächst über den Stand der Harnblase zu Orientiren.
Liegt das Thier, so lassen Sie dasselbe aufstehen und gehen mit der gut eingeölten und keilförmig gemachten Hand per anum iu's Rectum. — Sie fühlen oft schon, kaum dass Sie noch mit der ganzen Hand ins Rectum eingedrungen sind, einen sich von un ten nach oben und hint en vo r drängen den Körper. Oft müssen Sie denselben weiter nach vornen suchen, ffeeen den vorderen Schambeinrand zu, und oft raet die Blase so weit in die Bauchhöhle hinein, dass ihr Faule mit der Hand nicht erreicht werden kann.
Dieser Körper ist elastisch, oftkindskopfgross, beim Drücken — und das werden sie sehr vorsichtig vornehmen — empfinden die Thiere Schmerz, sie senken die Lenden, sie werfen sich oft sofort zu Boden. Auf letztere Eventualität müssen Sie gefasst sein, um nicht vielleicht bei dieser Gelegenheit den eigenen Arm zu brechen. Wenn Sie den beschriebenen, elasti­schen Körper fühlen — und Sie werden ihn um so grosser fühlen, je praller er gespannt ist, — so erkennen Sie sofort, dass es eine mit Luft oder Flüssigkeit gefüllte Blase ist, die in weiterer Be-rilcksichtigung ihrer Lage und der bestehenden Harnverhaltung nichts Anderes sein kann, als die stark gefüllte Harnblase.
Bei Pferden mag man einer Mittheilung Schmidt's ' in Wtlrzburg zur Folge die gelullte Harnblase nicht immer so leicht finden. Bei einem Wallachen, der an Harnstrenge und Enuresis litt uml einen höchst sedimentreichen Urin entleerte, ffinff Schmidt so tief als möglich mit der Hand in's Rectum ein und war erstaunt, die Urinblase nicht sofort ermitteln zu können. Endlich orientirtc er sich und fand dieselbe über den vordem Schambeinraud in die Bauchhöhle tiefer als im Normalzustand hinabhängend. Da die Blase aber so doch noch nicht deutlich gespürt werden konnte, so Hess er den Bauch des Thieres lieben, und uuu ge-
1 A. Schmidt, Veteriuär in Wflrübarg. Harnröhrenschnitt bei Pferden. Nebel amp; VIn, Zeitsehrift f. Th. n. Viehzucht. XI., S. IßS.
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Die dnroli Blasen* und QornrOlirGnBteUiG bedingten Kr;iuklioiUm. llngt;litliia.lt;is. 20/
laug es, einen festweichcD Kiirpor (Polyp, Sediment oder dgl.) von der Grü.sse einer Mannsfaust zu fühlen.
Ich werde über diesen interessanten Fall Urnen später noch weiter referiren, vorläufig mag es zu erfahren genügen, dass zwei Jahre später erst der Harnblasensehnitt gemacht und dabei gegen 6 haier. Pfd. (3360.0 Gramm) einer oberflächlich zähen, in der Tiefe thonharten, aschgrauen Masse mit der Hand entleert wurden.
Gar nicht selten wird es Ihnen vorkommen, dass Sie zu einem colikkranken Pferde oder zu einem anscheinend tobsüehtie gewordenen Ochsen gerufen werden, ohne dass Sie weitere anamnestische Momente erhoben können, als dass das fragliehe Thier plötzlich krank geworden sei — Vormittags war es noch ganz gesund, hat auch noch gut Mittags gefressen, auf einmal wurde es krank.
Oder Sie hören erzählen: als wir heute Früh in den Stall kamen, war der Ochse sehr unruhie, er muss die ganze Nacht hindurch getobt haben, man sieht das an der auscinandergerisseiien Streu und au dem schmutzig gewordenen Körper, — wir schickten gleich zu Ihnen und nun sehen Sie ihr, selbst, wir wissen nicht, was mit ihm ist; oder es heisst: der Bote war kaum fort, da wurde er ruhiger und suchte auch etwas (näsolte) im Futter herum, soff etwas Wasser; oder: der Ochse ist, ruhig und liegt fast schon seitdem der Bote nach dem Arzte ging.
Meine Herren I So wenig diese Worte Ihnen sagen, was Sie augenblicklich so gerne wissen möchten,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;su sind sie doch
ganz kostbare Mittheilungen, die ich in meinem heutigen Vortrag noch recht gut verwerthen werde.
Vorläufig kümmert uns aber die Frage: bat der Patient urinirt? — Niemand kann Äufschluss geben!
Was haben Sie nun zu thun? wie constatiren Sie, ob das Thier Ilarncolik (Steincolikj hat? — oder ist vielleicht gar schon die Harnblase zerrissen und hat sich der Harn bereits in die freie Bauchhöhle ergossen! —
Wenn nämlich die Harnretention längere Zeit, 10 bis 24 his 36 Stunden, angedauert hat, zerreisst die Blase mei­stens gelegentlich des Ni ederfallens der Thiere auf den Boden u. dgl. — Die Spannung in der Blase lässt nach, der Urin fliesst in die Bauchhöhle ab und das Thier wird ruhiger, bleibt entweder stumpfsinnig auf dem Boden liegen
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Die tlurcb Blasen- imil HaroröhronsteiHQ bedlnfften Krankheiten. Urolithiasia
oder wird solbst wieder munterer, sieht sieh um, t'risst und säuft sogar etwas und kann in einzelnen Füllen so uoch einige Tage fortleben, bis Peritonitis, brandige Cystitis oder eine urä-mische Intoxication den Tod des Thieres herbeiführt.
Alle diese Zustände — auf die Sie durch die Anamnese schon aufmerksam gemacht wurden — sind zu diagnosticirenj das Wie? werden Sie sofort hören.
Wenn Sie per anum exploriren und Sie fühlen die Harnblase gegen den Mastdarm gedrängt und prall gespannt, so drücken Sie auf dieselbe. Kann das Thier harnen, so wird bei einem gelinden und allmäligen Drucke von dem Blasenscheitel srcirou den Blason-hals zu mittelst der ausgebreiteten Hand es sich zum Harnlassen anstellen und wirklich auch urinireu.
Bei kleinen Tlueron und auch bei Pferden sollen Sie immer, wenn Sie nur im Besitze eines hinreichend langen Catheters sind, catheterisiren und so die Urethra und den Blasenbals gleichzeitig auch auf ihre Wegsamkeit untersuchen. — Uebrigeus können sie bei kleineren Thieren, bei Schweinen, Schafen, Hunden, auch mit dem Zeigefinger per amim eingehen und den Versuch machen, ob Sie eine gefüllte Harnblase oder gar einen Harnstein finden. Bei grüssereu weiblichen Thieren ist die Unter­suchung der Blase mit einem langen Aufsatzrohr einer Klysticr-spritze sehr leicht zu ermöglichen. Tritt in Folge des syste­matischen Druckes auf die Blase kein Harnabsatz ein, so ist das ein Zeichen, dass Patient nicht leicht Harn lassen kann und somit ein Hindcrniss (vielleicht ein Stein) sich vor den Blasenbals gelegt hat, das den Harnweg verstopft.
Suchen Sie bei einem anderen Patienten per anum nach der Blase, so finden Sie auch mitunter keine Spur von derselben — die Harnblase ist leer, das Thier hat kurz zuvor Urin abgesetztoder die Harnblase ist zer­rissen und der Urin hat sich iu die Bauchhöhle ergossen.
Um namentlich bei Thieren, die an der Vorhautspitze lange Haare haben, sich zu vergewissern, ob das Thier kurz zuvor urinirt habe, wird man wohl diese Ilaare näher be­trachten und befühlen und sehen, ob dieselben nicht feucht sind!
Ist die Blas(
Folgendes:
z e rn ssen,
so erfahren Sie eewöhnlich
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Dio durch Blasen- uml HorarObrenstelne bedingten Krankheiten. Qroilthiasls. 201)
Das Tliior nrarsehr anruhig — stellte sich zum Haraen,
iiclizte und stölmto; man kaun sich iiielit erinnern, es harnen gesehen zu haben, odor man weiss ganz bestimmt, dass Patient keinen Harn abgesetzt hat. — Das kranke Tliier ist seit einiger Zeit ruhiger; es hat sich vielleicht hart auf den Boden geworfen, und seitdem hört die übergrosse Unruhe auf. — Patient wird für wesentlich besser gehalten.
Sie constatiren aber schon ein merkliches Fieber durch Puls, Respiration und Thermometer.
Um sich genau zu überzeugen, dass kein Urin abgesetzt wird, lassen .Sie für ganz trockene Streu sorgen, binden dem Thiere locker um das Präputialende ein reines weisses Tuch und veranlassen zu aliein Ueberfluss noch die Aufstellung einer zuverlässigen Stallwache. Am andern Tage ist Streu und Tuch noch trocken — di e Stall wache hat nicht gesehen, dass das Thier urinirt hitttel
Sie finden die Körpertemperatur des Patienten wechselnd, Flotzinau! kühl und nass — oder heiss und trocken. Obren und Hörner: wann, heiss — oder kühl. Puls häufig, klein, die Tem­peratur im Allgemeinen und im Rectum stark erhöbt. Koth wenig, hart, trocken, dunkel gefärbt. Das Thier ist wenig munter, frisst nicht und säuft wenig. Die Haare stellen längs der Wirbelreihe zu Berg. Hie und da hört man ein leises Aechzen und Stöhnen. — Patient liegt vielleicht auch viel.
Bei der Auseultation der Bauchhöhle nach Anschlag an die Hauch decke, was den Thieren gewöhnlich Schmerz verursacht, hört man „Wasserschwankenquot;.
Aber, meine Herren, hier vorsichtig! Im Dünndarm des Rind­viehs und im Dickdarm der Pferde findet sich nicht selten flüssiger Inhalt, der das Wasserschwanken sehr deutlich — ja deutlicher vernehmen lässt, als wenn Wasser (Urin) in der freien Bauch­höhle sich fände. Den' Percussionston an der untern Bauchfläche ist dumpf, es ist dieses eine Erscheinung, die nur in Verbindung mit den anderen Symptomen für die Diagnose verwendet werden kaun, da harte, die Bauchdeckc berührende Fäcalniassen den­selben dumpfen Ton bedingen können.
Es treten auch hin und wieder Oedeino an abbänsisren Kör-perstellen auf, der Hinterleib wird voluminöser, und ist dieses
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210 Die durch Blasen- und HamrSbreiutoItte bedingten Eraukheiten. Urolithlaais.
letztere besonders bei kleineren Hausthieren z. B. bei Hunden leicht zu beobachten, kann aber anch bei grösseren Thieren oft genug constatirt werden. In einzelnen Fällen wird der Bauch dureb eine consecutive Peritonitis, namentlich aber durch den massenhaften Urin, der sieh in die Bauchhöhle ergossen hat, so aufgetrieben, dass man, besonders bei Ochsen, an Tym­panitis denkt und vielleicht die. Function des Wanstes mit dem Troikart versucht.' Statt Luft spritzt aber nicht selten aus der Cantile eine Flüssigkeit, die meistens wenig nach Urin riecht, in
grossem Bogen heraus, und man sieht da
df
das
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mehrere Tage andauernde, nicht für besonders bedenklich ge­haltene Leiden des Thieres nichts mehr und nichts weniger als eine Harnblasenruptur ist.
Aus der Summe dieser Ihnen vorgetragenen Erscheinungen können Sie mit ziemlicher Sicherheit die Diagnose auf Blasen­ruptur stellen und können das um so mehr, wenn
L. sie seihst die prall gefüllte Harnblase zuerst ge­fühlt haben, kein Urin abgesetzt wurde und doch die runde Blase verschwunden, d. h. dieselbe mittelst der explorirenden Hand nicht mehr aufzufinden ist;
3. sie deutlich die kopfgrosse Harnblase fühlen; Sie drücken vorsichtig und leisesiehe da, auf ein­mal wird die blase kleiner und kleiner unter Ihrer Hand. Sie sehen nach der Prttputialöffnung, aber kein Tropfen Urin fliesst ab, — die Blase ist: unter Ihrer Hand zerrissen; gewöhnlich war das Thier dabei unruhig geworden, hat stark die Lenden eingesenkt und die Hinterfüsse gespreizt: Sie hörten vielleicht einen leisen Knall — oder Patient warf sieh plötzlich zu Boden — Sie haben sich beeilen müssen, Ihren Arm frei zu bekommen, gehen aber alsbald wie­der per anum ein und finden — keine Blase mehr. Die Harn­blase ist zerrissen.
Die durch diese Verhaltnisse scheinbar gesicherte Diagnosis kann jedoch in Zweifel gezogen werden, wenn Sie den jedenfalls sehr seltenen Fall auch einmal beobachten sollten, dass nach gc-
i Thierarzt Haselbacli im Kreis Kempom Beratung der Urinblase einer Kuli. Magaz. v. G. a. II. XXVI., s. -Jos.
Bez.-Thierarzt Deisinger in Pappenlielm: Harninftltration bei Ochsen in Folge des Harnröhrenschnitts. Adam's Wochenschrift. X., S. 276.
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Diu dorcb Blasen- nii'I HamrOhrenstetito bedingteii Krankheiten. (JrolUhlaBia. 211
stellter Diagnosis: „Blasenrupturquot; auf einmal noch ein, wenn auch nur schwacher Earnstrahl abgesetzt wird. Ich haho eines solchen Falles bei Besprechung der Urocystitis bereits gc-dacht und diese Erscli ei innig überhaupt zweimal beobachtet. Auch Militärveterinär A. .Schmidt1 in Wllrzburg hat einen solchen ..fatalenquot; Fall bei einein Ochsen gehabt. Patient harnte mehr­mals vom -2. bis -20. März, an welchem Tage durch Function des Bauches eine grosse Menge heller, wenig nach Urin riechender Flüssigkeit entleert wurde. Nach der Schlachtung fand sich die Ruptur im Hals der Blase.
Nun, meine Herren, kommen wir endlich zur Beantwortung der Frage: „Wie erkennen wir, dass alle diese Erschei­nungen durch einen Blasenstein oder überhaupt durch ein Conerem ent in der Har nblase bedingt werden seien?quot;
\\ ir sind zu dieser Frage berechtigt, weil wir bereits erfah­ren haben, dass sowohl Cystitis als auch eine Retentio urinae durch noch andere Ursachen als nur durch Blasensteine ent­stehen kann.
Ob Blasensteine oder Harnröhrensteine die Veranlas­sung zur Erkrankung des Tbieres abgeben, lässt sich allein dann sicher constatiren, wenn man vorhandene Harnsteine in Blase oder Harnröhre überhaupt nachzuweisen im Stande ist, eine .Sache, die freilich wohl nicht immer gelingt; — und dann müssen wir uns begnügen, nur von einer Blasenentzündung, Harnröhrenent­zündung oder gar nur von einer Harnverhaltung aus unbekannten Gründen zu sprechen.
Das Vorhandensein von Blasensteinen kann con-statirt werden, wenn die Steine gross genug sind, um sie wäh­rend einer Exploratio per anum bei grösseren Thieren mit der Hand fühlen zu können. In diesen Fällen findet die tastende Hand gegen den Blasenhals zu eine harte, schmerz­hafte — nicht mit der Prostata zu verwechselnde —Geschwulst, bei deren Berührung die Thiere gewöhnlich zum Harnen sich stellen und auf den Erin drängen.
Bei Hunden kann man gewöhnlich nur mit einem Finger eingeben und kann mit der anderen Hand den Bauch nach auf-
1 Zeitschrift für Thierheilkun.de und Viehzucht von Xebul und Vix. XV. S. 266.
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212 Die dorcb Blasen- and EfarurChrenstoiue bedingten Krankheiten. Urolithiasls.
Wärts drücken; ist der Stein nicht zu klein, so fühlt man deu-selljcii zuweilen. — Bei Schweinen ist es das Sediment der phosphorsauren Ammoniak - Magnesia, welches häufige Harn­beschwerden bedingt. 1st es in grosser Menge iu der Harnblase, so dürfte der per auum eingeführte Finger eine festweiche, teigige Geschwulst au Stelle der Blase fühlen. Unter dem Mikroskop sind dann die phosphorsauren Ammoniak-Magnesia-Krystalle in dem sedimentreichen Harne nachzuweisen.
Kommt es bei grösseren Thieren vor, class die Blase sehr stark angespannt ist, so kann sie mitunter nicht gut durchtastet werden. Sie fühlen keinen Stein und kommen vielleicht dadurch auf den Gedanken, class auch kein solcher vorhanden ist. Aber hüten Sie sich auch hier vor voreiliger Diagnosis; denn bei prall gefüllter Blase -werden Sie gut thun, den Stein im Blasenhalse zu suchen, und erst dann, wenn sie sich überzeugt haben, dass auch hier kein lliuderniss ist, wollen Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Urethra lenken.
Bei Hunden und männlichen Pferden catheterisirt man und findet — wie auch schon gesagt — gelegentlich dieser Operation auch gleich, ob die Urethra frei und das lliuderniss somit in der Blase zu suchen sei. Beim Eindringen in den Blasenhals fühlt man zuweilen mit der Sonde einen harten, rauhen Körper, den Harnstein!
Bei Pferden erfordert das Catheterisiren einen langen, ela­stischen Catheter, wie solcher bei praktischen Thierärzten ge­wöhnlich nicht zu linden und im Falle der Noth auch nicht leicht zu beschaffen ist. Bei Wiederkäuern und Schweinen hindert die S-förmige Krümmung die nähere Untersuchung mittelst des Catheters.
Erscheint bei letztgenannten Thieren die Untersuchung der Blase mit Catheter unbedingt geboten, so muss zuvor der Harn-röhrenschyitt gemacht und durch die geöffnete Urethra der wohl eingeölte Catheter vorsichtig eingeführt, werden.
ist man veianlnsst bei Hunden oder Schafböcken, bei letzteren wenigstens den Weg vom Orificium urethrae bis zur Harnröhrenschleife, zu untersuchen, so werden diese Thiere auf den Rücken gelegt und das Hintertheil, indem man die Hinter-füsse etwas nach vornen ziehen lässt, gleichfalls nach vornen gedrückt; man umfasst dann mit den Fingern der linken Hand die
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Die durt'li Blasen- und Harnröhrenstoino bodiagten Krankheiten. Urolithiasis. 213
Vorhaut, mit der rechten Hand aber den Penis hinter dem Scrotum und schiebt das Präputinm nach hinten und drückt gleichzeitig die Rutbe nach vornen. Auf diese Weise schiebt sicli der gewöhnlich in die Höhe gezogene Penis zur Präputialöffiiung heraus, um sofort von einem Assistenten festgehalten zu werden. Der Operateur kann nun mit der rechten Hand die Ruthc fahren lassen und den Catheter einführen.
Bei Pferden müssen Sie die Rnthe etwas hervorziehen, kommen Sie in Fingergliedslänge mit dem Catheter schon nicht mein- vorwärts, so sind sie in der Eichelgrabe, Sie ziehen darauf den Catheter wieder heraus und suchen an dieser Grube vorbei zu kommen. Die Einführung des Catheters in die Pferdeblase geht bei ruhigen Wallachen und Eengsten ganz gut.
Gewöhnlich hält aber der angehende Veterinär das Cathete-risiren für noch leichter, als es an und für sich ist; es ist aller­dings kein Kunststück, aber mit der nöthigen Vorsicht muss es doch immerhin besorgt werden.
Besonders bei unruhigen und bösartigen Pferden ist es nicht leicht, den Catheter einzuführen, und manchesmal kommt man leichter in die Samenblascn, als wie in die Harnblase. Ko ging es z. 1). Favcr,' derselbe kam immer in die Samenblasen und erst dann gelang es ihm in die Harnblase zu kommen, nachdem er die Urethrotomie gemacht hatte.
Vor Allem muss ein geeigneter — elastischer, gegen 0 9 M. langer Catheter mit einem Ptthrungsdraht (Fischbein, Rohr, Gutta­percha) vorhanden sein, dann legt man ein bösartiges Pferd um, wenn es wegen der Füllung der Blase noch ohne Gefahr geschehen kann, oder Sie legen — wenn das Thier nicht geworfen werden darf, Spannseile an. Am besten ist es, wenn man an der rechten Seite des stehenden Pferdes manipuliren kann. Man sucht die Ruthe hinter der Eichel zu fassen und, wenn nöthig — wie ja schon gesagt — etwas aus dein Präputium vorzuziehen. Indem man den Penis mit der linken Hand fixirt, lässt man sich die Spitze des gut geölten Catheters von einem Assistenten in die rechte Hand geben, während das Ende des Catheters von dem Assistenten noch ge­halten wird. Nun schiebt man die Catheterspitze in die Harn­röhre und meistens wird man auch vorsichtig drehend und schie-
1 Kocueil do mod. vetör. III., 1850.
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Die tiurch Blasen- imd Harnrtthrenstoine bodiu^tcn SlrankheUen. ürolithiaaUt
bond bequem vorwärtskommen. Gewalt darf nie angewendet werden. Zur Unterstützung der richtigen Führung des Catheters
kann ein (-icliilfe im Mitteitieisch vom Scrotum gegen den After zu mit der Hand streichen und besonders dafür sorgen, dass der Catheter sich leichter um den Gcsässbeinaussehnitt umbiege und dann in die Harnblase gleite. Meistens geht aber auch das be­quem ohne jegliche weitere Beihilfe. Der Assistent, welcher das eine Ende des Catheters in der Hand behielt, wird natürlich ent­behrlich, sobald der Catheter so hoch in die Harnröhre binauf-geschoben ist, dass der Arzt selbst dasselbe fassen und vor Ver­unreinigung bewahren kann, denn nur ein möglichst reiner, von faulen Stoffen vollkommen freier Catheter darf zur Verwendung kommen, will man verhüten, dass mit demselben Fäulnisserreger in eine vielleicht kranke Harnblase, hineingeschoben werden.
Der Catheter kann zuweilen schon gelegentlich der Passage durch die Urethra auf Hindernisse stossen oder beim Eingang in die Harnblase, innerhalb oder hinter dem Blasenhals, aufgehalten werden, /.. ]!. bei krampfhafter Contraction des Blasensphincters, oder der Catheter stösst auf seinem Wege oder gar erst in d er II am b läse auf einen harten, rauhen Gegen­stand (Harn s te in!).
Ob der Catheter in der Harnblase und der ganze Weg pas-sirbar ist, sehen Sie sofort, wenn Sie den im Catheter liegenden Leitungsstab entfernen und alsbald Urin ausfliesst. Haben Sie einen Kautschukeatheter, wie solche im hiesigen Thierspital ge­braucht worden, so können Sie auch des Führungsstabes ent­behren; der Urin wird ausfliessen, sobald Sie mit dem Instru­mente in der Harnblase angekommen sind. Ein Catheter mit Führungsstab hat jedoch den Vortheil, dass derselbe einigermassen gereinigt werden kann, ohne dass er zuvor herausgenommen zu werden braucht.
Es kann aber der Weg zur Harnblase passirhar sein, ja aus der Länge des eingeschobenen Catheters sehen Sie ganz genau, dass er in der Blase sein muss, und doch iliesst kein Urin ab!
Bezüglich dieser letzteren Bemerkungen muss ich Ihre Auf­merksamkeit auf einige Ausnahmezustände lenken.
Wenn nämlich Urin durch den Catheter abläuft, so ist lediglich der Beweis geliefert, dass das Instrument
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lgt;ie laquo;lurch Blasen- uml HarurOhreosteiue böcUugten Krankheiten. Qrolithiasis
21i
bis in die Harnblase hat vordringen können, die Augen des Catheters nicht verlegt sind und Urin in der ]gt; 1 nse ist.
Ein vorhandener Blasenstein ist vielleicht von dem eindrin­genden Catheter weggeschoben worden und dadurch die Harn­verhaltung momentan beseitigt: es wäre desshalb irrig, daraus zu schliessen, weil nun Urin aus dem Catheter abfliesst, könne auch kein Harnstein vorhanden sein.
Zweitens wäre auch die Schlussfolgerung falsch, dass dess­halb, weil kein Urin durch den Catheter herauskommt, kein Urin in der Blase sein könne und eine per rectum gefühlte Geschwulst auch nicht die Harnblase sei.
Die Augen des Catheters können sich mit Schleim und Se­diment verstopfen, oder der elastische Catheter wird durch den sich contrahirenden Blasenhals so sehr zusammengedruckt, dass das Catheterlumen unwegsam wird. Fahren Sie in diesem Fall mit dem Ftihrungs- oder Leitungsstab sofort wieder in den Catheter- hinein, so werden Sie eine grössere Strecke bequem in demselben vorgehen können, bis Sie auf einmal in der Gegend des Blasen­halses — wenn der Stab also nicht ganz noch in den Catheter eingedrungen ist — stärker drücken müssen, um ihn vollends in
Auch kann der Fall vorkommen, dass bei bestehender Cy-stoplegie die Harnblase gefüllt ist, sieh kiuderkopfgross anfühlt, aber aus dem Catheter doch nur ganz wenig oder auch gar kein Urin abfliesst.
Aus allcdem, was Sie bisher von mir über die Harnsteine erfuhren, werden Sie gefolgert haben, dass Blasensteinc nicht immer zu diagnosticiren sind. Kann man eine Retentio urinae als Folge anderer ursächlicher Momente nachweisen, z. B. als Folge von Blasenpolypen, von Hyperkinesis des Blasensphincters, von Cystoplegie oder von Hypertrophia prostatae u. dgl. m. so dürfte die Existenz eines Harnblasensteins bezweifelt werden, obwohl man nicht geradezu sagen darf: „nun kann auch kein Blasenstein vorhanden seinquot;, denn gar nicht selten ist ein Con-crement die Ursache eines Sphincterkrampfes oder einer Blasen­lähmung, ja sogar die Veranlassung von zottigen Exerescenzen innerhalb der Blase — in den angedeuteten Fällen also doch die indirecte Ursache der Ilarnverhaltunir.
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316 Die .lurrli Blasen- and HarnrBbrenstelne bedingten Krankheiten, Drollthiasls.
Lelclitci- sind die Harnröhrensteine zu diagnosti-ciren, und noch leichter siud die Eiclicisteine als Krank­heitsursache nachzuweisen.
Zur Diagnosis der Harnröhrensteine bedient man sich fast überall da, wo es angeht, dos Catheters. Man macht zu diesem Zweck zuweilen sogar den Harnröhrenschnitt. — In vielen Fällen sind die Steine von aussen mit der Hand zu fühlen und durch einige weitere Erscheinungen, über die ich sogleich sprechen werde, zu constatiren.
So ganz sicher dürfen Sie sieb jedoch nicht fühlen nach der Catheterisation. Es sind der Fälle mehrere bekannt, dass Harn­strenge (Dysurie), also ein Schwerharnen, besteht und Sie die Harnröhre nicht vollständig verschlossen linden; Sie kommen dann — wenn vielleicht auch nicht ganz leicht, so allmälig aber doch in die Harnblase und der Urin fliesst in reichlicherer Masse aus dem Catheter ab, — Sie sind neben einem kleinen Stein hinweg mit dem Catheter in die blase gekommen; beden­ken Sie aber dabei, dass derCatheter sich nicht leicht einfüh­ren Hess, dass wahrscheinlich die Spitze des Instrumen­tes für einen Augenblick auf ein (rauhes?) Hinderniss stiess, das erst auf die Seite gedrängt wurde, um sodann die Weiterführung des Instruments zwar nicht unmög­lich zu machen, aber doch zu erschweren, so haben Sie Anhaltspunkte, dass wahrscheinlich ein kleinerer Harnstein sich an irgend einer Stelle der Harnröhrenwand festsetzte, um durch Verringerung des Harnröhrenlumens eine Dysurie hervor­zurufen. Oder es tritt auch möglicher Weise der Fall ein, dass Sie gelegentlich der Einführung des Catheters auf ein Hin­derniss stossen, welches dem Drucke weicht und dem Catheter es gestattet, wenn auch nicht leicht, so aber doch allmälig vorwärts zu dringen, bis Sie mit ihm das Lumen der Harnblase erreichen. Hier kann es sein, dass Sand oder Cries in dor Urethra angehäuft ist, der sich vor dem vordringenden Catheter hersebieht, oder es ist ein Harnstein, der sich in die Harnblase zurückschieben lässt. In allen diesen Fällen erzielen Sie durch die Untersuchung schon eine Erleichterung für den Patienten und selbst, wenn Sie den Catheter herausgezogen haben, erfolgt oft noch für so­lange ein besserer Hamabfluss, bis das Hinderniss in der früheren
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Die durch lilaseu- und llanirührou.steiiu' beiUugten Krankheiten, ürolithiasis. 217
Weise die Harnwege wieder unpassirbar macht. Der sächsisclie Bezirks-Thierarzt Sclileg1 hat einen derartigen Fall bei einem Pferde beobachtet; ich erwähne denselben besonders, weil er auch noch in anderer Beziehung interessant und lehrreich ist. Ein Harn­stein, der in der Urethra sass, wurde mittelst des Catheters in die Harnblase zurückgeschoben. Beim Entfernen des Cathe­ters aus der Harnblase drang aber der Stein neben dem Instrumente mit in die Urethra ein und keilte sich in der Gegend des Sitzbeinausschnittes zwischen Catheter und Harnröhrenwandung so fest, dass ersterer nur mit JMiilie entfernt werden konnte, in Folge der angewende­ten Gewalt ahriss und seine Spitze in der Urethra zu­rückblieb, so dass alsbald derllaruröhrenschnitt gemacht werden musste.
Bei weiblichen Thieren setzen sieb in der Urethra Harn­steine nicht so leicht fest und ist es der Fall, so werden sie zu­weilen verhältnissmassig leicht durch die Gewalt des Wanddruckes der Blase etc. noch vollends zur Urethra hinausgedrängt.
Bei männlichen Thieren kommt das Einkeilen der Harn steine in der Harnröhre oft vor und sie bedingen dann eine Retentio urinae mit allen bereits genannten Erscheinun­gen inclusive der Blasenruptur oder bei niclit gänzlichem Ver-schluss des Lumens der Harnröhre tritt Dysurie und beständi­ges Harntröpfeln (Enuresis) ein.
In allen Fällen der Ischurie müssen Sie die Harnröhre untersuchen.
Es ist dieses zwar leichter gesagt, als gethan, aber haben Sie sich nur einige Mal in dieser Untersuchung geübt, so haben Sie auch hierin die nöthige Praxis erlangt und das dazu nöthige feine Gefühl in Ihren Fingerspitzen erworben.
Wo Sie catheterisiren können, haben Sie viel be­quemer und sicherer zu untersuchen. Bei Thieren mit einer S-förmigen Krümmung der Harnröhre müssen Sie aber versuchen, die Harnröhre soweit als nur immerhin möglich mit Ihren Fingern zu durchtasten, um die vom Stein bedingte geringe Schwellung der Röhre und den dort bestehenden Schmerz durch angewandten Druck zu ermitteln,
t Sachs. Vet. Boricht. XVII., S. 12-t.
Pflug. KranklicUeii dus iiroiiortisclieii Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1 £)
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218 Dlo (lurch BUisou- uml HarniBhrensteine bedingten Krankheiten, Urolithiasis.
wollen Sie nicht Behufs dor Untersuchung schon die Ure-throtomie und später nochmals an dor Stelle des eingekeilten raquo;Steins einen zweiten Einschnitt machen.
Ich habe zum Zwecke der Untersuchung nie die für das Loben des Thieres immerhin gefährliche ürethrotomie gemacht und empföhle auch Ihnen, Ihre Finger damn zu gewöhnen, dass Sie den Stein in der Urethra durch die Haut hindurchfühlen lernen.
Einigen Worth hat in diesen Fällen die Erfahrung, dass die Harnsteine hei Wiederkäuern und Schweinen sieh mei­stens in dor S-förmigen Krümmung einkeilen. Sie müssen also bei der Untersuchung diese Stelle ganz speciell durchsuchen.
Bei Thieron, bei welchen Eichelsteine und Vorhaut­steine vorkommen, müssen natürlich die entsprechenden Stelleu besonders genau untersucht werden. Sie finden fast immer eine Anschwellung der betreffenden Theile, und natürlich ist hei Eichelsteinen, die in dor Fossa navicularis sieh finden, das Ende der Ruthe geschwollen und schmerzhaft, das Thier schachtet fortwährend aus u. dorgl. m. Die Er­scheinungen, welche darauf hinweisen, den Sitz des Leidens am Ende der Ruthe zu suchen, sind so deutlich, dass man sieh wundert, wenn das Uebel nicht frühzeitig genug erkannt wird. Aher manche Herren machen es sich bequem, sie untersuchen nicht gründlich und müssen es sich dann gefallen lassen, wenn ein anderer College das Corpus delicti findet und mit ihm das erlangte Renoinme davonträgt.
Verschliessen Earnsteine nicht vollständig das Lumen der Harnröhre, so bedingen sie zuweilen Perforation derselben, Barninfiltration und Fistelgänge. Veyan ' in Calliau beobachtete z.H. ein Maul thier, dessen Ruthenende zwei Faust dick geschwollen war und drei fistulöse Geschwüre hatte, aus denen, nicht aber aus der natürlichen Oeffnung, beim Harnen der Urin abfloss. Bei der Untersuchung fand sich ein nierenformiger Stein in der kahnförmigen Grube.
Der Stein wurde entfernt und das Thier genas!
Im Verlauf der Harncolik bei Harnröhrensteinen bemerken Sie nun folgende Symptome:
1 Journal de. nu'd. vrti'r. ilo Lyon. 1S-I7.
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Die durch Blasen- und Haroröhrensteino bedingten Krankheiten, rrulitliiasis. 219
Dio Sensibilität, das Gcfiiss- und Respirationssystem werden erregt.
Die Bauchpresse ist schmerzhaft beim Druck. Der After wird biuifig hervorgedrängt und unterhalb desselben sieht man die Harnröhre besonders bei mageren Ochsen strotzend voll; an ihr kann man ein beständiges Zucken beobachten, beim Anfühlen ist sie derb, fest, zuweilen fluetuiread. Inder Gegend, in welcher das Coucroment sitzt, ist gewöhn­lich eine schwache Geschwulst wahrnehmbar, die bei angebrachtem Druck schmerzt.
Bei mageren Thieren ist diese Stelle leichter zu ermitteln, als bei fetten; denn bei ersteren kann man sehr wohl die Urethra in ihrer ganzen Länge von handbreit unter dem After an fast ganz durch zwei Finger laufen lassen und so dieselbe genauer untersuchen. Bei ausgeübtem Druck auf die Uriublase stellen sich die Thiere zum Harnen, und das Zucken und Kucken in der Harnröhre unterhalb des Afters ist auffallend sichtbar. Ich halte diese Bewegung in der Urethra für ein diagnostisches Moment und schliesse daraus, dass der Harn durch ein Hinderniss in der Harnröhre aufgehalten wird.
Es kann der Fall vorkommen — und ich habe ihn in meiner Praxis wirklich erlebt, dass trotz Weffbarmachung der Harn-wege der in der Harnblase angesammelte Urin nicht ab-fliesst. Es handelt sich hier unzweifelhaft um eine Blasenläh­mung (Cystoplegie, Akinesis).
In einem von den mir zur Beobachtung gekommenen Fällen konnte ich die Urethrotomie, da ich die nöthigenInstrumente nicht bei mir hatte, nicht sofort vornehmen. Als die Instrumente bei­geschafft waren und icli die Blase bei dem fraglichen Ochsen noch nicht zerrissen fand, machte ich den Harnröhrenschnitt. Ich hatte damals schon eine gewaltige Fertigkeit in Ausführung der frag­lichen Operation und brachte dem zufolge dieselbe auch rasch und glücklich zu Ende; allein der Urin, der mir sonst oft recht unbequem wurde, floss dieses Mal nicht durch die Wundöfihung und auch nicht durch die natürliche Oeffhung der Harnröhre ab. ich vermuthete noch einen Stein, führte die Sonde ein, konnte aber mit dieser bequem bis in die Harnblase gelangen.
Ich untersuchte nun per antun; die Blase war noch prall gefüllt, ich drückte dieselbe mit den fünf etwas ausgespreitzten
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220 lgt;ie durch Blasen- and Hararöhrensteine bedingten Krankheiten. Uroltthiasis.
Fingern meiner Hand längere Zeit und entleerte so allmälig
gegen 2 Liter Urin. Da der Eigenthümer sieh mit dem Thiere nicht plagen wollte, weil ich ihm nicht versprechen konnte, d.ass dasselbe auf alle Fälle wieder hergestellt werde, und ein längeres Zuwarten, ob nicht doch endlich noch — wie Hering in seiner speciellen Pathologie anführt, — freiwillig Urin abgehe, wegen der drohenden Blasenruptur nicht räthlich erschien, so wurde es geschlachtet.
Man hat ja ohnedies die Erfahrung gemacht, dass nur dann, wenn die Ausdehnung der Blase nicht bereits mit Zerreissung der Muscularis verbunden ist, sich dieselbe nach geschehener Ent­leerung durch eontinuirlichen Druck später erholt und wieder contractil wird. Auch im VI. Bande der säehs. Vet. - Berichte, S. 114:, ist mitgetheilt, dass bei einem einjährigen Stier, der an Enuresis litt und bei dem die Blase bis zum Zerspringen ge­füllt war. der Blasenhalsschnitt gemacht werden musste. Die Blase konnte jedoch nicht entleert werden. Freilich wohl soll dieselbe mit Eiter gefüllt gewesen sein: die Blasenwände waren aber verdickt und entartet, ich glaube, dass hier durch Bindegewebs-neubildung eine Atrophie der Muscularis und dadurch eine Blasenlähmung veranlasst wurde.
Bei Hunden, die an Blaseusteinen leiden und bei welchen ein solcher in die Harnröhre eingekeilt wurde, findet man, dass sie sich verkriechen. Ist die Blase stark gefüllt, so hängt oft der Bauch herab und die Blase kann durch die Bauch­wandungen hindurchgefühlt werden, ungefähr wie eine grössere Kugel. Drückt man auf den Bauch, so verräth Pa­tient Schmerz, zuweilen — wenn die Harnwege nicht complet verstopft sind — tröpfelt noch etwas Urin ab.
Die geringste Mühe macht die Diagnosis der sogenannten Vorhautsteine, wie sich solche in den Taschen des Präputiums des Pferdes und häufiger noch beim Schweine finden. Die Thiere leiden an Harnbeschwerde, untersucht man nun die Vorhaut und durchtastet sie mit den Fingern recht vorsichtig, so fin­det man nach oben gewöhnlich auch einen harten, rauhen Körper — den Vorhautstein.
Prognosis. Die Prognosis bei vorkommenden Blaseusteinen ist nur mit der grössten Vorsicht zu stellen. Zunächst muss man bedenken, dass auch andere Zustände vorkommen, welche
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lgt;in laquo;iun-li Blasen- and Sarnröhrensteixio bedingten Erankheiten. (JroUtblasis. 221
zur Harnverhaltung und Blasenraptur tiiliren w, z. B. Exostosen und andere Tumoren (Melanome), Brüche der Rutlie, Ansamm­lung von Smegma im Präputium und in der Eichel, Prostata­hypertrophie, Polypen in der Blase, Blasenlähmungen u. dergl. m.
Ehe Sie also irgendwie sieh zu einer Prognosis herbeilassen, mnssea Sie Ihrer Diagnosis vollkommen sicher sein.
Blasen- und liarnrührensteine verursachen immer­hin schwere und lehensgefährliche Leiden und sind dess-lialb nie mit zu sanguinischen lloH'nuugeu zu beurtheiien. ßlaseu-steiue können allerdings Jahre lang bestehen und während dieser Zeit die Thierc an mehr oder weniger heftigen Uarnbesciiwerdcu leiden. Ja es kommt sogar vor, dass Thiere, obgleich mit Harn­steinen behaftet, doch nie Krankheitserscheinungen an sich wahr­nehmen bissen. So z. B. ging der berühmte englische Voll­bluthengst „Rainbowquot; in Folge einer Harneolik zu Grunde, die durch einen sehr grossen Blasenstein bedingt war. Vordem harte das Thier nie Krankhcitser.scheiuungen gezeigt. Thierarzt Päpke ' in Arnswalde beobachtete dagegen ein Pferd, das 15 Jahre lang an Blasensteinheschwerden litt. Schliess-lich starb es an Colik (Harneolik?) — und man fand einen damenfaustgrossen Harnstein. In sehr vielen Fallen sieht man, dass die Thiere mehrere Jahre lang an Harneolik laboriren, bis auf einmal das Unglück sein Spiel hat und durch den Stein eine tödtliche Cystitis oder eine Retentio urinae erzeugt wird.
Diese Harnverhaltung ist höchst bedenklicher Natur, denn wenn nicht rasche und rationelle Hilfe geschafft wird, z err ei ss t die Blase.
Die Blasenruptur erachte ich für fast absolut tödt-lich, die Thierc mögen — wie in einzelnen Fällen — auch noch Wochen lang fortleben, schliesslich gehen sie an Peritonitis oder Uramio docli zu Grunde. In den meisten Fällen wird die Harnblasenruptur am 5. bis 8. Tage zum Tode führen und gehört ein Fortleben solcher Thiere bis zum 14. Tage gewiss zu den Seltenheiten. Cruzel (Rec. de med. vet. IV. S. 185) spricht allerdings von einem Ochsen, der mit zer­rissener Harnblase dre issig Tage lebte, und Kr.-Tb. Stöiir erzählt in den Mittheilungen ans der tlncrärztlichen Praxis in
' Magazin von G. u. II. XXXV., S. 122.
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222 Die dareh Blasen- and QarnrOhrenstelne bedingten Kraukheitoa. Urolitbiasia
Preussen (1^07, S. 181) von einem Ochsen, der sogar bis zu sechs Wochen nach der Ruptur dor liln.se am Leben blieb.
Dads je eine Harnblasenruptur wieder geheilt und da.s Thier genesen wäre, davon weiss ich nicht viel vollkommen Zuvor-lässiges. Das Nähere darüber werde ich Ihnen später mittheilen. '
Das Fleisch von Tiiieren, welche auch nur einige Tage mit zerrissener Harnblase fortlebten, ist wegen seines uriuösen Geruches und Geschmackes als menschlicheNahrung nicht mehr x.u verwenden.
Sicherlieh wird man bei Beurtheilung eines bestimmten Falles auch einen Werth auf die Thiergattung legen, welche uns beschäftigt: denn es ist bekannt, dass gegen derartige Leiden und gegen die dabei nöthigen operativen Eingriffe das Rind­vieh viel indolenter ist, als wie Hunde, Ziegen oder Pferde. Bei letzteren Thieren ist also die Prognosis mit noch grösserer Vorsicht zu stellen, wie beim Rindvieh, das uns so sehr häutig wogen der Steinkrankheiten im uropoötischen System zu schaffen macht.
Die Entfernung der Harnsteine aus Blase und Harnröhre erfordert, wenn sie gelingen soll, einen geschickten Operateur, der auf alle solche Fälle schon vorbereitet sein muss, ehe seine Hilfe in Anspruch genommen wird, liier ist keine Zeit, erst einmal noch ein Bischen im Hertwig oder im Hering nachzu­lesen, hier muss rasch gehandelt werden, sonst zerreisst während­dem die Blase und das Thier ist verloren.
Vom Augenblick der Harncolik an bis zur Zerreissung der Harnblase vergeht in vielen Fällen eine Zeit von höchstens 12 Stunden, selten dauert es 24 oder gar 36 Stunden. Erfahrun­sren letzterer Art erinnere ich mich nicht gemacht zu haben.
Selbst bei wohlausgeführter Operation ist man des Erfolges nichl immer gewiss; denn leider nur zur häufig sind die der Operation nachfolgenden Zustände höchst I eb ensgefäh rliehe I Als solche höchst unangenehme Conse-cutivzustände nenne ich Ihnen die häufig eintretende \ er-engorung der Harnröhre an der Schnittstelle, das Nach­schieben von neuen Harnsteinen, die Blasen- und Blasen-halslähmung, die tödtlich verlaufende Entzündung der
i Vergleiche: „Blasenruptar, den Fall von Mousis.quot;
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Uli; durch Blasen- and Snrnrührensteine bedingten Knuiklieitun. UroUtbiasIii. 223
Blase und der Harnröhre, diu Harninfiltratiou und endlich die Harnfisteln, die viele Monate laug bestehen können, ehe sie heilen oder zu weiteren unangenehmen Complicationen führen. Ausserdemist beobachtet worden, dass bei Thieren, die dazu disponiren, Harnsteine sich bald wieder entwickeln können. '
lieber einzelne solche Vorkommnisse sind Sie schon unter­richtet, über andere werde ich im Verlautquot; noch zu sprechen haben.
Die Stenose der Urethra und die Harn infiltration will ich aber jetzt sofort einer näheren Betrachtung unterziehen.
UrethrOStenOSiS. Eine Verengerung des Lumens der Harnröhre tritt freilich wohl in Folge verschiedener Umstände ein, z. B. durch Druck von Geschwülsten auf die Harn­röhre oder durch Geschwülste und Schwellungen der Schleimhaut in der Harnröhre, endlich durch narbige Con-tracturen bei Verwundungen u. dgl. m.
Zu den Verwundungen der Harnröhre zählt aber sicherlich auch die ürethrotomie, und in der That beobachteten ich und Andere, z. B. Schmidt2 in Würzburg, mehrmals die Er­scheinungen der Harnröhrenstenose als Folge des Harnröhren-sebnittes.
Einige Zeit, nachdeni die Harnröhren wunde vollkommen geschlossen ist, kommt ffewöhnlieh die Klatro, dass das Thier ausserordentlich lange brauche, den Harn zu entleeren, dass es dabei sich unruhig geberde, mit den Füsseu scharre, nach dem Bauch schlage, sich umsehe, ächze, und stöhne.
Der Urin Hiesst in einem ausserordentlich dünnen Strahle durch die Harnröhrenmiindung aus. An Stelle der ehemaligen Wunde ist eine Narbe, durch die man die verdickte Harnröhre fühlen kann.
1 Bouley, Blaseustein bei einem Pferd. Reo. de im'lt;l. veter. de pratique Tome II. 1845.
G m'r in ;iuil (.Journal de m6d. vdtamp;r. milit. de France 1807) hat bei einer Stute einen lilasenstein mit iler Hand entfernt — nach einigen Monaten war ein neuer Stein entstanden.
- Scbmidt, Andreas: Harnröhrensteinschnitt bei Uunden. Hebel amp; Vix, Giessen VIII., S. 34.
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2'2i lgt;io dorcb Blasen- unti llarnrnlirensteine bedingten Krankheiten. Orolithiasis.
Bei Thieren, welche leicht catheterisirt werden können, wird es Ilinen kaum gelingen, den gewöhnlichen Catheter :vn der stenotischen Stelle vorwärts zu bringen; nehmen Sie dann ein dünneres Instrument, so gelingt es vielleicht, dasselbe durch die Strictor mit mehr oder weniger Anstrengung hindurch zu schieben.
Diese Urethrost enosis fuhrt zu Blasenlähmang, Enu-resis und auch wohl endlich zu Hydronephrosis; am unan­genehmsten ist sie aber, wenn in der Harnblase mehr als ein Blasenstein sich findet und später ein weiterer Stein sich in der Harnröhre einkeilt.
Es entsteht natürlich dann wieder eine heftige Harncolik mit Zurückhaltung des Harnes.
Dieser Zustand ist dann äusserst bedenklich, weil man — srewöhnt an die steten Harnbeschwerden des Thieres — dem neuen Leiden die nöthige Aufmerksamkeit nicht zuwendet, und überdies ist auch die Diagnosis des jetzigen Zustaudes schwieriger laquo;rewordeu. Der Stein ist nun in der verengten Partie, der Urethra eingekeilt, aber mit Bestimmtheit lässt es sich nicht nachweisen, weil durch massiges, narbiges Bindegewebe die Urethra nicht mehr so leicht durchfühlt, resp. durchtastet werden kann, als wie es vordem hat geschehen können.
Drittens ist in diesem Fall der llarnröhrenschnitt selbst sehr erschwert und gelingt wegen der Verwachsung aller Theile unter einander nicht leicht.
So sehen Sie also manchesmal ein Thier, das Sie zu den besten Iloffimugen bezüglich seiner (lonvalescenz be­rechtigte, unerwartet schwer krank werden und dem Leiden erliegen.
Sarninflltratioil. Die Harninfiltration entwickelt sich nach Zerreissungeu und absichtlichen Ver­wundungen der Harnröhre i llarnröhrenschnitt) häufig dann, wenn die Hautwunde höher liegt, als die Wunde in der Harnröhre oder die Hautwunde auch zu klein gemacht ist — oder bei querdurchschnittener Harn­röhre. Bei zufälligen Verletzungen der Harnröhre i z. B. Quetschung) kann, wie Sie leicht einsehen, unter Umständen eine Wunde in der allgemeinen Decke gar nicht bestehen.
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Die dnrcli Blason- uml Hamröbrenstelne bedingten Krankheiten. Urolitbiasis. 22;)
In einem von mir f'riiliur erwähnten Falle' sah ich ciuesu Ochsen in der 3. Woche nach der ürethrotomie von Neuem erkranken, nachdem ich ihn längst für genesen hielt. Das Thicr hatte ein heftiges Fieber und versagte das Futter. Am andern Tage war es besser, aber ein Oedem zeigte; sich von der vormaligen Hautwunde bis zum Ende des Präjjutiums. Ich behandelte diese Harninfiltration mit einigem Erfolg acht Tage lang, da trat wieder Ilarncolik ein — ich rietb zur Schlachtung und fand post mortem des Patienten eine Blasenruptur und die ganze Harnröhre durch Sand und Gries verstopft, in der Harnröhre aber noch viele, viele Steine. Die Nach­schübe des Harngrieses verstopften die Harnröhre und wurden so die Ursache nicht nur der Harninfiltration, sondern auch der Blasenruptur.
Statt, dass nun der Urin durch die natürliche Oeffnung der Harnröhre abfliesst, oder in einem massigen Strahle zur Wunde herausspritzt, sprudelt derselbe zur Fistelöffnung der Urethra hervor, bahnt sieh aber alsbald grösstentheils einen Weg im subeutanen, intermusculären und anderem naheliegen­den Bindegewebe, so dass eine immer grosser und grosser werdende ödematöse Geschwulst in Verlauf von einem bis einigen Tagen auftritt, welche im höchsten Grade ihrer Ent­wicklung von der Hautwunde im Mittelfleisch bis zur Vorbrust reicht und am Scrotum, dem l'riiputium und in der Nabelgegend eine colossale Ausdehnung erlangt. Dieses Oedem ist also durch Harninfiltration des bindegewebigen Materials bedingt und wird schlechtweg als Harninfiltration bezeichnet.
Die Geschwulst ist anfänglich warm, schwappend und lässt Fingereindrücke zu. Die Haut ist glänzend und be­sonders roth an der Präputialspitze. Wenn mau das gewich­tige Präputium auf der Hand wiegt, so schlagen die Thiere mit den Füssen nach der Hand oder sie suchen auszuweichen, — sie verrathen also Schmerz.
Später wird die fragliche Geschwulst kalt, indolent, die Haut selbst trocken, sphacelös. Im subeutanen Gewebe ent­wickelt sich übelriechender, jauchiger Eiter, Fistelgänge verbreiten sich nach allen Seiten hin; dann stirbt die Haut in
1 Wochenschrift f. Thierheilkande und Viehzucht von Adam. III., S. 52.
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22G lgt;io (liirL-h ühi.sen- und tütmrtthreuiitöiue bedingten Krankheiten. UroUtbiasis.
weiter Auddelimni^' ab und scliliesslich gebeu die Thiero an ürämie, Septioämie oder Pyämie zu Umud.
Bezirksthierarzt Maisei in Gerolzhofen1 sagt, dieser ganze Process dauere, abgesehen von dem zwischen dem achten und vierzehnten Tage mitunter erfolgenden Tode durch ürämie etc., nielit unter vier Wochen, öfter bis zu drei Monaten. Eine voll­kommene Wiederherstellung sei eiue Seltenheit.
l'iitholoidsclic Zootoinio. In den Leichen der in Folge der ürolithiasis direct odor indirect zu Grunde gegangenen Thiere, findet man Cystitis mit Blasenruptur und den Erscheinungen der ürämie; — oder bei Harninfiltration neben den örtlichen Erscheiuungen auch solche der Septicämie oder ürämie. Am häufigsten begegnen Sie wohl der Blasenruptur.
Die Harnblase ist meistens zusammengezogen und klein, so dass die Rissstelle nicht leicht aufgefunden wird; letztere kann sogar Übersehen werden, wenn man versäumt, eine ver­dächtige Blase aufzublasen. Die Ruptur ist oft desshalb schwer nachzuweisen, weil der Riss in den verschiedenen Hautschichten der Blasenwand nicht genau auf einanderpasst und jedenfalls zuerst die Muscularis und nach dieser erst die ausdehnungsfähige Mucosa und zuletzt die Serosa zerreisst. Dass die Muscularis zu­erst cinreisst, dürfte; aus dem mehrfachen Befunde zu schliessen sein, dass sie, oft an vielen Stellen zerrissen und contrahirt ist, während Mucosa und Serosa noch intact sind.
Einen interessanten Sectionsbefand, den ich hier desshalb nicht unerwähnt hvsseu möchte, weil dadurch gezeigt wird, dass die Serosa in diesem Falle sehr lange ansgehalten zu haben schien, besehreibt Theodor Adam in Augsburg in seiner Wochenschrift.2 Er sagt: Die Harnblase (eines Wallachen) er­schien auf den ersten Anblick als ein ungeheuer erweiterter derber Sack, der unten neben dem Grunde einen circa 2 Zoll langen frischen Einriss hatte, durch welchen eine bedeutende Quantität Urin mit ganzeu EOumpen von Sedimenten aus dem selben in die Bauchhöhle eingedrungen war. Nach Oeffaung dieses fraglichen .Sackes, dessen innere Fläche mit Harnsteinen stark
incrustirt war, gelangle mau zu einer kleinen Blase, die also
Maisei, Fr.: üeber Harninfiltration. Adam's Wochenschrift. XIV.,Nr.2ö. Band Vlü., S. 310.
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Iraquo;iu durdi Blasen- and BarnrOhrensteinG bedingteD Krankbeiten. Orolitbiaais. 227
iiirinlicli in dem ersten Sacke eingeschachtelt war und nur am Halse, an den Mündungen der Ureteren und der dort liegenden Drüsen mit ihm in Verbindung stand. L)ie innere Blase war leer, ihre Schleimhaut angeschwollen, braun und grau gefleckt, an manchen Stellen zottig, mit grössercn Gefässen durchzogen, das submucöse und intermusculäre Bindegewebe hypertrophirt, die Muskelbündel waren vergrössert, so dass die Muskelhaut oft eine Dicke von 4—5quot;' erhielt. Am unteren Tbeil des Körpers der Blase waren ihre beiden Häute (Schleim- und Muskelhaut) ganz dünn und hatten hier einen Riss von '#9632;',quot; Länge, dessen Ränder ungleich und wulstig, also bereits länger bestehend waren und in ihrer Umgebung auf der Mucosa Spuren von ülceration zeigten. Zwischen der Muscularis, welche die äussere Haut der inneren Blase bildete, und der fibrös entarteten Serosa, als welche der äussere Sack sich darstellte, befand sich eine Menge lehmgelben Harnsediments von der L'onsistenz eines steifen Kleisters.
Die Schleimhaut der Harnröhre war ebenfalls verdickt, sie verlief als ein hohler, circa 9quot; langer Strang, der in seiner ganzen Länge bis l'/V' von der Eichel ausseiquot; aller Verbindung mit den umgebenden Theilen frei dalag. Das cavernöse Gewebe dor Urethra war also getrennt und waren in dem dadurch ge­bildeten Raum etwas Urin und wieder reichlich von dem oben beschriebenen Harnsedimeut zu linden; auch die Wände dieses Raumes waren förmlich incrustirt.
In den Lungen warenbohnen-biswallnussgrosseweissgelbe Eiter enthaltende Herde (metastatische) in grösserer Anzahl eingebettet.
In diesem Fall sind die inneren Häute zuerst zerrissen, der Peritonäalüberzug der Blase bildete dann einen zweiten Harnsack — ja die Harniuliltration setzte sich sogar um die Schleimhaut in die Urethra bis in die Nähe der Glans fort.
Der erste Riss mag hinge bestanden haben; dafür sprechen sowohl die Inerustationcn des Peritonäalsackes als auch diejenigen, welche innerhalb des Hohlraumes zwischen der Schleimhaut und dem caVernösen Körper der Urethra vorgekommen sind.
Schliesslich ist der seröse Harnsack auch zerrissen und in Folge dessen das Thicr gestorben.
Die Ruptur findet sich meistens am Vertex (Scheitel) der Blase, doch kann sie auch an anderen Stellen vorkommen und ist selbst am Blasenhals keinesweirs selten.
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228 Die durch Blasen- ima HarnrWirensteluo bedingten Kraiikln.ii.-n. Ucolithiasis
Gewöhnlich ist nur eine Perforation vorhanden.
Die Ruptur kennzeichuet sich als antemortale durch ihr franziges Aussehen, clio gerötheten, oft etwas gewulsteten Ränder und die Ulcerationen in der uumittelbaren Umgebung.
Die Schleimhaut ist verdickt, auf den freien Rändern der Schleimhautfalten ist stärkere Röthung, es finden sieh grössere und kleinere Extravasationen oft in Form kleiner Hämatome oder ausgebreiteter Blutungen zwischen Serusa und Muscularis oder letzterer und der Mucosa — oder man findet auch Blutungen in das Lumen der Harnblase, ja unter Umständen sogar in das retroperitonäale Bindegewebe. Vorhandene ülcera sind oft mit einem diphtheritischen oder erou|iösou Belege versehen. Zum Oeftesten werden in der Harnblase bei Lithiasis polypöse Ex-ereseenzen auf der Schleimhaut gefunden oder letztere ist. mit Salzen hochgradig incrustirt. Der Ihnen vorhin niitgetheilte Adain'sche Fall beweist dieses schon, aber doch ist eine andere von Thierarzt Hasselbach1 beschriebene Beobachtung noch instruetiver.
Herr Hasselbach laud nämlich bei einer Kuh in derüm-biegungsstelle, wo sich die Harnblase verengt, unten eine Ruptur und die Schleimhaut des Blasenhalses von steinigen Massen SO incrustirt, dass dadurch die in die Harnröhre führende Oeffnung total verstopft war. Die; Oberfläche dieser Incrustation war in feine Spitzen auslaufend: ihre ganze Masse erstreckte sieh bis in die Hälfte der Harnröhre. An der Stelle, an welcher der Riss war, fanden sieh Blutergiessungen zwischen Serosa und Muscularis. Die Blaseuwandungen waren verdickt. Ausserdem fand sich Peritonitis und natürlich auch Urin in der Baueh-
höhle.
In der zerrissenen Harnblase oder doeb in der Harnröhre ist fast immernoch laquo;las Corpus delicti anzutreffen; es ist ent­weder eine grosse Menge von Sediment, oder einer, mehrere, zuweilen Hunderte von Harnsteinen.
Mitunter kommt es vor, dass hei einer Blasenruptur kein Stein gefunden wird und es fragt sieh dann, was die Ursache der Blasenberstung gewesen ist? — Möglicher Weise war diese doch ein Stein, der aber mit dem in die Bauchhöhle abfliessen-deu Urin in das Cavum abdominale geschwemmt und hier nicht
aufgefunden wurde.
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Die diiri-li Blasen- and HararBbrenstelnG bedingtes Krankheiten, ürotithlasis, 229
Ein weiterer Befund der Urolithiasis ist gewöhnlich auch die Erweiterung der üreteren und selbst Hydronephrosis, letztere namentlich bei jahrelangen Blasenleiden.
War der Sitz des Steines in der Harnröhre, so findet man zuweilen sogar die letztere von der Blase an bis zur Stelle des eingeklemmten und die Röhre nicht vollständig ohturirenden Steines erweitert.
Der in Baieru jetzt noch als tüchtiger Praktiker vielfach bekannte ßegimentsveterinärarzt A.Schmidt fand die Harnblase eines Hundes stark ausgedehnt, obgleich mit wenig Urin gefüllt und den Blasenhals, sowie die Urethra bis zum Ruthenknochen erweitert. In der Kinne des Ruthenknochens lagen viele Steine und in der erweiterten Harnröhre auch noch circa 150 Steinehen.
Es sind dieses Thatsachen, die wohl die meisten Veterinäre schon selbst erfahren haben — oder doch leicht erfahren können.
Bei Harnröhrensteinen findet man die Urethra da, wo die Steine sich eingekeilt haben, entzündet, selbst brandig und corrodirt, die Umgebung hyperämisch und geschwollen.
Nach jeder Blasenruptur findet sich in der Bauchhöhle der Urin in um so grösserer Menge angehäuft, je länger der Kiss bestand.
Nach mehrtägigem Bestehen einer Blasenruptur pflegt man den in der Bauchhöhle sich findenden Urin nach Stalleiinern zu messen.
Diese urinöse, meist helle und klare Flüssigkeit, dringt heim Einschneiden der Bauchpresse sofort im starken Strahle hervor, selten findet sich die erstere etwas blutig gefärbt und mit Faser-stoffgrinnseln vermischt. 1st letzteres der Fall, so ist das ein sicheres Zeichen der bestehenden Peritonitis, die bei Pferden viel häufiger, als wie beim Rindvieh angetroffen wird. Werden die Tbierc frühzeitig, gleich nach dein Zerrcissen der Blase getödtet, so ist nur selten eine Bauchfellentzündung nachzuweisen. Je alter aber das Leiden ist, desto ausgebreiteter finden Sie die Peritonitis und dann auch noch die Erscheinungen der Urämie und unter Umständen selbst die der Pyämie. — Ueber letztere Krank­heiten habe ich hier noch nicht zu referiren.
Bestand endlich während des Lebens eine Harninfiltration, so können Sie diese natürlich auch noch post mortem des Patienten
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230 Bie durch Blasen- und Hamröhrcnstoine bedingten Krankliciten. Urolithiasis.
nachweisen; Sie finden überall, wo eine solche Infiltration sich ent­wickelt hat, namentlich also das subcutane und intermusculäre Gewebe des Mittelfleisches, Scrotums und Präputiums ödematös,
d. h. diese Gewebe sind von Flüssigkeit — dem Urin -- durchtränkt und autgedunsen. Später erscheint das Gewebe necrotisch und man findet eine stinkende Jauche unter der Haut mehrfach tiefe oder oberflächliche Fistelgänge bildend. — Endlich ist die Haut in grossen Stucken von den unterliegenden Theilen losgetrennt; sie seihst trocken (Sphacelus) oder weich (Gangrän) und an meh­reren Stellen perforirt oder gänzlich zu Verlust gegangen.
Auch die von der Jauche bespülten Muskeln sind nicht selten afficirt, mürbe und sehichtenweise roth (hyperämisch) und gelb­lich (necrobiotisch) gefärbt, zuweilen sogar mit diphtheritischen Massen bedeckt.
Lilst man an solchen Stellen die Haut ab und reinigt die Wundfläche, so bemerkt man zuweilen einen käsigen Beleg auf der Wundfläche oder die letztere auch gut aussehend, mit Gra­nulationen besetzt und zwischen diesen thrombosirte Gefässstummel hervorstehend.
Finden Sie an diesen Stelleu ausgebreitete, jauchige Zer­störungen und keine reine Wundfläche, so können Sie wahr­scheinlich auch in der Lunge und in andern parenehymatösen Organen Metastasen (Pyämie) nachweisen und dann von einem längeren — mehrtägigen — Bestand der Barninfiltration über­zeugt sein.
Therapie, lieber die bei Blasen- und Earnröhrensteinen empfohlenen Arzneikörper will ich hier nicht viel sagen, da Sie bereits wissen, dass dieselben nicht im Stande sind, zur Lösung solcher Steine etwas Wesentliches beizutragen. Wollen Sie innere Mittel gebrauchen, nun so nehmen Sie Ihre Zuflucht zu jenen, die ich Ihnen bei den durch Nierensteine bedingten Kranklieits-zuständen empfohlen habe.
Ich hätte dort vielleicht noch manche Arzneien nennen können aber ich glaube doch, des Guten genug gethan zu haben — und es wird auch Ihnen hier genügen, wenn ich vielleicht jetzt nur noch über solche Arzneikörper Einiges bemerke, die besonders bei weiblichen Thieren direct in die Blase gebracht werden können.
Vielle
icht erwarten Sie einige Bemerkungen über das viel ge-
priesene Lithium carbonicum.
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T)!o dnrcb lilaicn- and HamrSbreiuteine bedingten Erankbeltan. üroIUUasla. 231
Das Lithium carbonicum ist nämlich im Stande harn-sanre Concretionen verhältnissniässig rascher, als ein anderes Alkali y.n lösen und desshalb hat man es auch gegen Li-thiasis versucht — nach Einigen mit sehr gutem Erfolge. Thatsächlich ist aber sein diesbezüglicher Werth äusserst problematisch.
Doch wollen wir zugeben, dass es im kohlensauren Wasser innerlich oder per urethrain angewendet bei Steinen, die aus harnsauren Salzen bestehen, einigen Vortheil bietet, so frage ich: was wollen Sie mit dem Lithium beginnen gegenüber den Harn­steinen der Einhufer, der Wiederhäuer und der Schweine? — Sie können es doch nur bei Hunden versuchen, wo ausnahms­weise hamsaure Salze; vorkommen, bei anderen Thieren ist und bleibt es absolut unnütz.
Eine andere Frage, die auf reellerer Basis zu beruhen scheint ist die, ob durch gewisse Säuren die per os in den Körper gebracht werden, nicht eine allmälige Lösung und Verkleinerung der Harnsteine ermöglicht werden kann? - Sie kennen zwar über die Wirkung dieser Arzneimittel nieine Ansicht; ich will aber doch hier noch einmal darauf eingehen, weil die ..Säuren'' in allen Handbüchern der speciellen Pathologie eine so bedeu­tende Kolle spielen.
Man muss allerdings gerade bei unseren grösseren llans-thicren an die Säuren denken, weil bei ihnen die meisten Harn­steine auch aus (in Säuren löslichen) Kalk- und Magnesiasalzen bestehen. — Leider aber nur, dass die in Anwendung kommen­den Säuren mit dem Urin nicht als freie Säuren ausgeschieden werden und sie also schon aus diesem einfachen Grunde nichts lösen und nichts verkleinern können. Die Säuren verlassen an Uasen gebunden den Körper theilweise durch die Hamwege ' und können desshalb eher zur Bildung, als zur Beseitigung der Harnsteine mitwirken. Ich habe mehrfache Versuche mit Säuren, und zwar mit Mineralsäuren bei Pferden gemacht, aber rue, wenn ich nur solche Dosen per os anwendete, #9632;welche für den Ver-dauungscanal keine Gefahr brachten, eine solche Veränderung des Urins erzielt, dass dadurch eine günstige Einwirkung auf Harnsteine zu erhoffen gewesen wäre.
1 Herrmann: Experimentelle Toxicologie. liorlin 1874.
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233 Die
durch Blaaeo- aaä HarnrOhrenäteioe bedingten Krankheiten. OroUthiasis.
Aber selbst in dem günstigen Falle, dass eine Lösung der Steine in der Harnblase durch fortgesetzte innerliche Darreichung entsprechender Säuredosen (Salzsäure) erfolgte, so wäre damit doch nur sehr wenig gewonnen, besonders bei Thieren, bei welchen die Hilfe immer erst verlangt wird, wenn Gefahr im Verzüge ist und woselbst bei der geringsten Besserung des Zustandes von einem laugen therapeutischen Regime vom Eigeuthümer Abstand genommen wird. Zugegeben jedoch, Sie wären in der glücklichen Lage ein Thier „behandelnquot; zu können, was bezwecken Sie durch eine allmälige Lösung der HarnsteineV — Die allmäligc Verkleinerung und Zerbröcklung eines — vielleicht grösseren Harnsteins! Die kleineren Stückchen oder der klein gewordene Stein selbst dringen nun mit viel grösserer Leichtigkeit m die mannliehe Urethra und verstopfen dieselbe. — Nur in dem Fall, wenn Sand und Grries oder nach der Lithotomie noch weitere Steine vermuthet werden, wäre der Versuch der Lösung der Steine in der Blase zu machen, sobald wir eine Substanz kennen lern­ten, die in den Urin überginge und das nöthige Lösungsvermögen für die Harnsteine hätte.
Bei weiblichen Thieren und hier wieder vorzugsweise solchen unserer grösseren llansthiergattungcn wäre die Einfüh­rung der Lösungsmittel — also der entsprechend verdünn­ten Säuren — per urethram zu versuchen. Fürstenberg glaubt auch, dass die Säuren, in sehr verdünntem Zustande oder in Verbindung mit schleimigen Mitteln in die Blase gebracht, Mittel seien, den Stein zu lösen. Er empfiehlt besonders die Salzsäure, da sie die genannten Salze leicht löst und so eine allmälige Verkleinerung des Steines herbeiführt. Die Schwefel­säure und die Salpetersäure hält er für weniger geeignet; erstere bildet sofort wieder ein schwerlösliches Salz: „Gypsquot;, und die letztere erachtet er für zu reizend.
Injectionen von diluirter Oxalsäure in die Harnblase hat desshalh keinen Sinn, weil manche Steine — und man kennt ja doch deren chemische Zusammensetzung im Voraus nicht — durch dieselbe gar nicht angegriffen werden und weil sich die kohlensauren Salze mit der Oxalsäure zu schwer löslichen Oxalsäuren Salzen verbinden.
Am geeignetsten zu Injectionen in die Harnblase weiblicher Thiere habe auch ich die officinelle Salzsäure befunden und
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Die durch Blasen- und Hanuröhremteine bedingten Krankheiten, DrolitMasis, 233
zwar mit destillirtem Wasser in Verhältnisse von 1:25, welche Mischung die Thiere bei täglich mehrmaliger Annendung so ziemlich gut vertragen können; die Lösung geht hier gewöhnlich, wenn auch langsam von Statten und dürften innerhalb 24 Stun­den gegen 0-5ti Gramm des Steines gelöst werden.
Hinderlich für eine derartige fortgesetzte Behandlung ist die reichliche Gasentwicklung (Kohlensäure), welche eintritt; ebenso der allmälige Reizzustand, in den die Blase versetzt wird und der den Urin nur kurze Zeit auf den Stein in der Blase ein­wirken lässt; der Urin wird gewöhnlich alsbald wieder ausge­spritzt, täglich allzuhäufige Injcctionen verträgt aber die Harnblase nicht. Ferner tritt noch der Umstand ein, dass wenn eine Partie des Steines gelöst ist, ilas organische Substrat, welches die Steine immer mit bilden hilft, sich membranartig um die restirendc, anorganische Substanz legt und eine weitere Lösung des Con-crements verzögert.
Endlich muss ich auch bemerken, dass als Hindcrniss derStein-lösungdurch Salzsäure das Sediment gilt, welches in der Blase selbst nach einer jeden Catheterisation zurückbleibt, weil dieses für sich selbst zur Lösung gewöhnlich die ganze Säureinenge in Anspruch nimmt und desshalb der Stein häufig ganz unberührt bleibt. Ver­säumt man vor der Säure-Injection in die Blase das Catheterisiren, so verdünnt der in der Blase vorhandene Urin die Säure wie­derum zu sehr.
Aclinlichc. aber schwächere Dienste bat mir auch die Es­sigsäure geleistet; ganz unbrauchbar jedoch erwies sich mir die Salpet er säure.
Soll ich Ihnen die Wahrheit sagen, so muss ich eingestehen, dass meine Versuche in der Retorte zu den schönsten Hoffnungen berechtigten, dass aber in praxi. also bei Versuchsthlercn diese schönen Hoffnungen unerfüllt blieben.
Bei männlichen Pferden wurden entsprechende Versuche nicht gemacht, weil ich erfahren hatte, dass nach ein bis zwei­maliger Einspritzung mittelst einer grösseren Spritze durch den bohlen Catheter dieser später nicht mehr leicht genug in die Harnblase gebracht werden konnte.
Sie werden nun erkennen, welche Bedeutung die Anwen­dung der Arzneien- für die Entfernung der Harnsteine hat, und werden einsehen, dass man in Fällen der Noth von dem
Pflug, Krankheiten lt;U's aropoUtlsollen Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 16
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2a4 uie durcb Blasen- mill HarncDhrensteine bedingten Krankheiten. (TrolithlasU,
sofortigen operativen Einschreiten allein einen günstigen Erfolg erwarten kann.
AVir wollen hier die Operationen unterscheiden, je nach­dem wir es
1.nbsp; nbsp;mit Blasen steinen oder
2.nbsp; nbsp; mit Harnröhrensteinen zu thun haben, und wollen zuerst:
die Operationen zur Entfernung der Blasensteine besprechen, wenn auch nicht in der Ausführlichkeit, wie solche dem Unterrichte in der thierärztlichen Operationslehre zukommt, so alier doch eingehend genug, um vom Standpunkte des prak­tischen Arztes aus mehrfache Bemerkungen einfliessen lassen zu können. Das Ausführlichere wollen Sie in Bering's geschätzter Operationslehre oder auch in Hertwig's Chirurgie oder in Förster's Operationslehre nachlesen.
Da durch den Blasenstich nur eine momentane Erleich­terung aber keinei-lei Heilung der Blasensteinkrankheit bewerk­stelligt wird, so übergehe ich denselben hier, um sogleich den Blasenschnitt (Urocystotomie), der auch zur Entfernung verschiedener Neubildungen aus der Harnblase gemacht wird, und in concrete eigentlich ein Blasensteinschnitt — Uro-cystoli tli otomie — ist. zur Sprache zu bringen.
l'ei der Ausftlhrung der Operation, die bei männlichen Thieren ungleich häutiger, als wie hei weiblichen Thieren ge­macht werden muss, verdient die Thiergattung die erste Berück­sichtigung. Bei dem indolenten Rindvieh wird die Operation leichter gelingen als bed dem sensibeln Pferde und dann wird wiederum bei den grösseren Hausthieren bequemer zu manipu-liren sein als bei kleineren Thieren. Bei diesen wird die Cysto-tomie auch nur selten gemacht werden, wenigstens liegen mir nur vereinzelte Notizen über die Ausführung dieser Operation bei kleineren Thieren vor, darunter (due über diese Operation bei einem acht Jahre alten Sehwein, welche der französische Veterinär Uiss ' gemacht hat.
Die nächste Frage wird sieh darauf beziehen, ob das Thier im Stehen oder im Liegen operirt werden soll.
' Eeo. de nu'd. v!:tir. 1827. S. 638.
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Die dim-h Blasen- und llarnrilhn-nstoine bedington Krankheiten. üroUthiaslB. 235
Die Operation iiu Stehen wird viele Bequemlich­keiten bieten, vorausgesetzt, class das Thier gut und sicher gefesselt werden kann.
Am niedergelegten und auf dem Rücken liegenden Thiere kann die Operation — aber auch nicht immer — mit der ver-mutheten grösseren Ruhe vorgenommen werden.
Gegen das Niederlegen spricht zuweilen ein durch Harnübcrfüllimg hervorgerufener, bedenklicher Span­nungsgrad der Blas en wan dung.
Die (Jystolithotomie selbst macht man nun entweder vom Mittelfleische aus, indem man zuerst die Urethra öffnet, oder man dringt vom Mastdarm ans in die TIai-nbla.se ein.
Die Operation durch den Mastdarm ist bei kleinen Thieren wegen der geringen Räumlichkeit des Rcctums von selbst ausgeschlossen, bei grösseren Hausthieren wird sie dort empfohlen, wo der Blnsenstoin zu gross ist, als dass er durch den Blasen­hals extrahirt worden kann. '
Das Operationsverfahren ist nicht besonders schwierig, aber es wird wegen der damit: verbundenen grösseren Gefahr nur wenig beliebt. Es kommen hier sehr leicht tödtliehe Entzün­dungen des Peritonäums vor und ebenso auch Krgiessungen des Harns in die Bauchhöhle, wenn der Blasenschnitt zu weit nach vorn gemacht wurde, so dass der Pcritonäalsack dadurch ge­öffnet worden ist; oder es entstehen Mastdarmblasenfisteln durch die nicht selten Darmcontenta in die Harnblase gelangen, welche wiederum zur Bildung von Concretionen führen.
Ich empfehle Ihnen dieses Operationsverfahren nicht, sondern stimme mit Hering darin überein, in jedem Falle die Urethrocystotomie zu machen, und falls der Stein zu gross ist, um durch den Blasenhals entfernt werden zu zu können, denselben erst zu zermalmen (Lithotripsie) und dann ihn stückweise zu entfernen.
Wollen Sie aber — vielleicht durch mir momentan nicht ersichtliche Umstände dazu genöthigt — doch den Mastdarm-blasenschnitt versuchen, so reinigen Sie zuvor den Darmcanal
1 Bei Pferden und RindTieh kann man, win ich mich seihst überzeugt habe, grössere Steino durch eine entsprechend erweiterte Wunde vom Mittel­fleisch aus leichter hervorholen, als mittelst dos Mastdarmblasenschnittes.
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23G Hie durch Blasen- und llunmllirensteinc bedingten Kranklieiton. quot;Urolithiasis.
durch Klystiere und mittelst dor Hand, gehen dann mit der linken wieder gut gereinigten Hand ins Rectum ein, glätten und spannen mit derselben circa 0-06—0-08 Meter vor dein After die untere Wand des Rectums und schieben hierauf mit der rechten ein sein- spitzes gerades Bistouri unter die hohle linke Hand ins Rectum so ein, dass die Schneide nach hinten und unten sieht, die .Spitze, des Messers aber auf der untern Wand des Mastdarmes ruht. Mit einem vorsichtigen und sicheren Druck durchstechen Sie die untere Mastdarmwand und die Harn­blase und verlängern beim Zurückziehen des Bistouri's die Incision je nach Bedarf auf 0-04—0-06 Meter.
Mit Daumen und Zeigefinger oder mit Zeige- und .Mittel-tinger oder auch mit Steinzangen können Sie nun in die Blase eingehen und den Stein zu erfassen versuchen.
Findet sich nach der Operation in der Blase reichliches Sediment, so entferne man dieses; Sie finden es meistens gegen den Scheitel zu einem festeren Haufen zusammengebacken. Auch nach der Urethro-Cystotomie suche man in ähnlicher Weise das Concrement oder das Sediment zu entfernen; man mache es viel­leicht so, wie es Professor Varnell1 für weibliche Thiere zu thun empfiehlt; man soll nämlich die Harnblase wiederholt mit (salzsäurehaltiger) Flüssigkeit füllen und sie; dann immer wieder mit einer Saugspritze (Magenpumpe) entleeren — man wäscht also die Harnblase förmlich aas.
Bei grösseren weihlichen Thieren und nach der Urethro-Cystotomie grösserer männlicher Thiere mache, man — wenn man doch einmal das Messer gebrauchen muss — die Wund­öffnung auch gleich so gross, dass man mit der Hand in die Blase gelangen kann!
Ist die Operation des Mastdarmblasenschnittes (Recto-Cystotomie) glücklich vollendet, so setzen S:e das Thier auf Diät, gönnen ihm Buhe, reinigen öfters dessen Rectum mit der gut eingeölten Hand oder durch wässerige Klystiere.
Häutiger wird der BJasenschnitt durch den oberen Theil der Harnröhre und den Blasenhals gemacht. Diese Methode ist zwar schwieriger in ihrer Ausführung, aber sie ist
1 Kalkiges Sediment in der Harnblase eines Pferdes. Von (! rover, mit Bemevkunffen dazu von Varnell. The Veterinarian. ISOO.
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Die üiirch Blatten- nii'i QanurDhrexuteine bedingten Krankheiten. UroUtliiasta. 21^7
auch sicherer in ihrem Erfolge. Wenn ich Ihnen sage, dass die Operation schwieriger sei, so schrecken Sie desshalb nicht vor ihr zurück, denn sie ist schon sehr Iiäulig mit bestem Erfolge ausgeführt worden, und zwar nicht allein von gebildeten und geschulten Thierärzten, sondern selbst schon von Empirikern, gegen die Sie Ja doch nicht zurückstehen wollen. Ja in manchen Gegenden — so erzählt wenigstens Sehreger ' — sollen die Landleute bei Harnverhaltung mit einem Messer einen Längs­schnitt in's Mittelfleisch machen, die Blase öffnen und den Harn abfliessen lassen.
Also, meine Herren, muting zugegriffen, es ist Gefahr auf Verzug und darum müssen Sie auch jetzt schon erfahren, wie bei der Orethro-Cystotomie vorgegangen werden soll.
Ich unterstelle hier, dass Sie die Operation am stehenden, wohl gefesselten Thiere machen , obwohl Sie auch am liegenden Thiere operiren könnten. — Zuerst machen Sie die Harnröhre von aussen deutlicher sichtbar, indem Sie beim Pferd einen elastischen, circa 0-7—0'8 Meter langen Catheter — im Nothfall einen glatten Pischbeinstab — in die Harnröhre einführen und diesen so lange liegen lassen, bis sie geöti'net ist. Sollten Sie nicht im Besitz einer der genannten Sonden sein, so spritzen Sie in die Urethra lauwarmes Wasser und verhindern dessen Ausfluss dadurch, dass Sie ein breites Band massig fest hinter der Eichel um die Euthe schleifen. Bei Ochsen und solchen Thieren mit gewundener Harnröhre wird Ihnen die Einführung eines Catheters nicht möglich, aber auch das Einspritzen von Wasser in die Urethra wird Ihnen kaum gelingen. Bei diesen Thieren werden Sie desshalb wohl ohne vorherige Markirung der Harn­röhre operiren müssen.
Sind Sie mit allen den nöthigen Vorbereitungen fertig, so machen Sie entweder in der Mittellinie oder ein wenig seitlich dor Urethra unmittelbar unter dem After eine 0-08—O'l Meter lange Incision mit einem geballten Bistouri durch die Haut, dann durch die Peritonäalaponeurose, den Afterruthenmuskel und den Harnschneller bis zur Harnröhre; öffiien sodann mit einem spitzen geraden, aber gut schneidenden Messer die Urethra so weit, dass Sie mit einer gewöhnlichen Hohlsonde bequem in die gemachte
1 Försters Operationslekre, 8. 388.
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Dii' durch Blasen- und Hamröhrensteine bedingten Krankheiten. Droiitbiaa
Oefi'aung eingehen können. Die wohlgelangene Oefifnung der Urethra erkennen Sie ;in dem Sichtbarwerden des Catheters oder dem Ausfliessen des eingespritzten Wassers odor bei nicht verlegtem Blasenhals an der Entleerung des Harnes, auf jeden Fall aber daran, dass Sie die Sonde in der Harnröhre bis zum Blaseulials vorschieben können.
1st die Eröffnung der Urethra gelungen, so kann sowohl der Catheter, als auch die Bandscbleife hinter der Eiciiel entfernt werden.
Sie fuhren nun durch die Wundöffnung eine Bohlsonde ein und lassen deren Rinne nach aufwärts — dem After zugewendet — stehen. Hierauf bringen Sie auf der Hohlsonde ein schmales geknöpftes und gerades Bistouri so in die Wunde, dass dessen Schneide nicht ganz senkrecht zum Anus steht, sondern etwas nach liuks oder nach rechts vom Mittelpunkt des Afters abgerichtet ist, drücken dasselbe, das Sie mit der rechten Hand hinten etwas höher heben, in der Sondenfurche nach vorwärts und durchschneiden dabei die Harnröhre und den hinteren Tlieil der Blase (den Blasenhals) circa 0-04—0-06 Meter tief. Es wird dann wohl Urin abfliessen. Uas Messer nehmen Sie natürlich jetzt mit der nöthigen Vorsieht wieder heraus, die Sonde lassen Sie aber vorläufig noch liegen, um unter ihr mit dem Zeigefinger der linken Hand bequemer in die künstliche Oeffnung eingehen zu können. Sind Sie auch mit dem Finger eingedrungen, so lassen Sie die Hohlsonde entfernen und führen alsbald mit der rechten Hand die geschlossene Steinzange so ein, dass deren concave Seite nach unten (beim stehenden Thicr) gekehrt ist.
Zuerst bringt man die Spitze der Zange nach dem Punkte in der Blase, wo man vordem den Stein vernmtiiete; ist er hier nicht anzutreffen, so sucht man denselben, indem mau die Zange in verschiedener Richtung dreht. Dieses Suchen nach dem Stein kann noch dadurch unterstützt werden, dass man wiederholt per amim mit der Hand eingeht und die Lage des Steines von hier aus zu ermitteln versucht.
Kommt die Zange mit dem Stein in Berührung, so merkt man das sofort, denn der harte, oft gar rauhe Körper (Stein) ist mit der Zange deutlich zu fühlen.
Jetzt gilt es, den Stein zu fassen! — Ich rathe Ihnen, dabei in folgender Weise zu verfahren: Sie gehen mit der linken Hand
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Die tlnivli Blasen* und Elaroröhreiuteine bedingteja Crankheitexi, Urolitbiasis. 2*59
ins Rectum und versuchen den Stein gegen das Maul der Zange, welche Sie in der rechten Hand halten, zu schieben; dann iiffuet mau die Zange mit der rechten Hund und sieht zu, den Stein ins Maul der Zange Liiieiu zu bringen. Ist nach einigen Be­mühungen dieses gelungen, so suchen Sie den Stein — dessen längster Durchmesser eigentlich in die Wunde hineinstellen soll, zu extrahiren. Bei dieser Manipulation geschieht es zuweilen, dass der Stein zu fest get'asst und dadurch zermalmt wird; um nun dieses zu verhindern, lassen Sie ein fingerdickes Leinwand­wickel immittelbar vor dem Charnier der Zange zwischen die Zangenschenkel legen, es wird dadurch das allzufestc Schliessen der Zange anmöglich gemacht.
Es kommt auch vor, dass statt des Steines oder gleichzeitig mit demselben die Blasenwandung gefasst wird; davor muss mau sich natürlich sehr hüten und in allen Fällen darauf bedacht sein, dass es nicht greschieht. Gewöhnlich überzeugt man sieb dadurch, dass man die Zange, sohald sie geöffnet und wieder geschlossen ist , im Halbkreis vorsichtig um ihre Längsachse dreht, geschieht dieses leicht, spüren Sie nirgends ein llin-derniss, ein Festhängen der Zange, so ist es wahrscheinlich, dass mit der Zange kein Theil der Blase etc. gepackt wurde. — Das wäre nun die Operation, die in der That weniger zu scheuen wäre, wenn Alles immer so glatt abliefe, wie ich es im Vorstehenden geschildert habe; allein der hinkende Bote kommt immer zuletzt und so kommen auch hier manche un­angenehme Zwischenfälle vor, welche die Operation wesentlich erschweren und einen günstigen Ausgang fraglich machen.
Wird z. B. der Einschnitt durch Urethra und Blasenhals sehr gross gemacht, so tliesst der Harn rasch gänzlich aus und die Blasenwandungen contrahireu sich so stark und amschliessen den Blasenstein so fest, dass er nicht gefasst werden kann. Auch dann, wenn die Einführung der Steiuzangc zu lange ver­zögert wird, tritt dasselbe angünstige Verhältniss ein und die fest um den Stein zusammengezogene Harnblase erschwert das Erfassen des fremden Körpers. Aber nicht allein dieses Letztere wird erschwert, sondern auch die Extraction des Steines selbst und namentlich dann, wenn der Harnstein uneben ist und die sich contrahirendeBlase allseitig um ihn anlegt. In diesen Fällen sucht man sich damit zu helfen, dass man lauwarme, narkotische
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240 Die lt;liircli Blasen- und Harnröhrensteine bedingten Krankheiten. CJrolithiasia
Decocte einspritzt. Die Ausdehnung der Blase mit der Zange zu versuchen, kann ieli Ihnen nicht anrathen, weil dadurch zuweilen Quetschungen bedingt werden und die Blase auf derartige Beize hin sieh noch mehr zu contrahiren pflegt.
Koramt es vor. dass der Stein sehr gross ist, die Wunde also im Vcrhältniss zur Grosse des Steines zu klein gemacht wurde, so geht man mit dem Zeigefinger der linken Hand und auf demselben nochmals mit dem geknöpften Bistouri in die Wunde ein und dilatirt dieselbe, indem man sieh bemüht, genau in der Richtung des ersten Schnittes eine weitere Incision zu machen. Gelingt die Entfernung eines zu grossen Steines auch dann noch uieht, so zerdrücke mau denselben mit der Steinzange oder mit einem eigens dazu eonstruirtem Instrumente, dem Lithotripter', was aber bei sehr festen, harten Steinen keines­wegs leicht gelingt. Die grösseren Fragmente des Steines ent­fernt mau mit der Zange, die kleineren Stückchen, den Sand und Gries mittelst eines eigenen Löffelchens oder in der Ihnen schon angegebenen Weise durch Auswaschen der Blase.
Da nach der Zertrümmerung eines Steines es äusserst müh­sam ist, die einzelnen Fragmente desselben zu entfernen und auch durch das öftere Ein- und Ausfuhren der Zange die Wunde und die Blascnschleimhaut zu sehr irritirt wird, so sei man mit der keineswegs leichtem Lithotripsie nicht zu voreilig; gar oft ist der Stein nur unrichtig gefasst und dieses vielleicht auch der alleinige Grund, warum dessen Extraction nicht ge-lingen will.
Ist Letzteres in der That der Fall, so werden Sie den Stein soweit in den Blasenhals hineinziehen, als Sie annehmen dürfen, er halte und falle nicht wieder in die Harnblase zurück; dann öffnen Sie vorsichtig das Maul der Zange, bemühen sich mit der ins Rectum gebrachten linken Hand und mit der Zange, dem Steine eine andere Lage, zu geben und fassen denselben hierauf
von Neuem. Gar nicht selten gelingt nunmehr die vordem für unmöglich gehaltene Extraction.
Bei mürben Steinen sei man besonders vorsichtig, damit dieselben nicht zerdrückt werden: denn wie, bereits bemerkt, ist das Eierausholen der Fragmente leichter gesagt, als gethau.
1 Bouley, Rec. do mad. vi'trr. 1858, S. 193.
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Die durch Blasou- und ECamrShrensteine bedingten ErauklieUen. QrolitbiasiB. 241
Unter Umständen dürfte es viel gerathener sein, statt des langdauernden Operirens beiNichtauamp;iden des Steines, oder wenn derselbe durch die contrahirte Blase festgehalten wird u. s. \v., frühzeitig den Schnitt so weit zu machen, dass man mit der Hand bis in die Blase eingehen kann. Auch in den Fällen, in welchen der Stein in einer Aussackung der Harnblase liegt und es nicht gelingt, denselben bald genug zu extrahiren, indem man mit der linken Hand durch die Mastdannwandung ihn zu fassen und gegen die Wunde hin zu drängen versuchte, empfehle auch ich die hinreichende Vergrösserung der Wunde, um mit der Hand in die Blase eingehen zu können. Es haben dieses auch Gerlach1, Schmidt- und Andere mehr mit gutem Erfolge gethan. Exempla trahunt! — Ich möchte Ihnen desshalb auch einen Fall aus der Praxis mittheilen, und zwar gerade den­selben, den Schmidt beschreibt, weil dieser mir besonders lehrreich erscheint.
Ein Pferd litt nämlich Jahre lang an Harnbeschwerden und endlich sollte die Urethrocystotomie gemacht werden. Schmidt erzählt nun darüber Folgendes:
Ich zog vor, das Pferd stehend zu operiren, legte aber das Wurfzeug und eine Streu in Bereitschaft, um das Thier im Noth-fall sogleich umlegen zu können. Eine Bremse wurde angelegt und ebenso wurden auch an die Hinterfttsse die nöthigen Fesseln gebracht; einige Mann hielten das Pferd fest. — Her Mastdarm wurde von Excrementen entleert und darauf nahm ich nochmals die Untersuchung vor; diese gab mir indessen noch kein be­stimmtes Resultat über die Beschaffenheit des zu entfernenden Körpers, nur fand ich, dass letzterer sieh in Halbkugelform ge­bildet hatte und die Grosse einer gewöhnlichen halben Kegel­kugel hatte; er bewegte sieh in der Urinblase jedoch nicht, mochte man diese, oder das Pferd auch bewegen, wie man wollte.
Dadurch kam ich auf die Vermuthung, dass der fragliche fremde Körper mit ausgebreiteter Basis an der Innenfläche der Blasenwandung festsitze. Ich brachte nun eine Sonde in die
1 Jahresbericht der Thierarzneiscbule in Hannover. 1869. Zeitschrift für Thierheilkunde and Viehzucht von Nebel und Vix. XI.,
8. 169.
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212 l'ie dnreh Blasen- und SarariUirenstelue bedingten Eraukheiten. Drolitbiasls.
Harnröhre, welche bis zu deren ümbiegung unter dem After reichte. Auf dieser Sonde iii.-iclite ich unter dem Anus einen 2quot; (005—006 Meter) langen Schnitt und liess die Sonde zu dieser Oeffuung liernusseheu. Aus der so geöffneten Harnröhre floss kein Urin; als ich aber den Bauch durch Gehilfen in die Höhe heben liess und mit der rechten Hand im Mastdarme auf die Blase drückte, tloss vielleicht eine halbe baierische Mass (c. I/., Liter) Urin ab.
Die Blase konnte ich nun mit der Hand durch den Mast­darm — unterstützt durch das Hinaufdrttcken des Bauches — am Grunde erreichen und beabsichtigte dieselbe gegen die Wunde zu drücken: aliein dieses gelang nicht, die Festigkeit des Blasen­inhaltes leistete dieser Manipulation einen zu grossen Wider­stand. Ich ftthrte nunmehr eine starke, steife Sonde durch die Wunde in die Harnblase. Die Blase fand ich dabei geöffnet, den Blasenhals erweitert und fühlte den Inhalt der Blase als einen festweichen Körper, durch welchen die Sonde hindurch­dringen konnte.
Immer noch blieb ich im Zweifel über die Beschaffenheit des zu entfernenden Körpers. ' —
Ich erweiterte sofort mit einem verborgenen Bistouri die Harnröhre, den Blasenhals und die .Mündung der Blase, indem ich den Schnitt so tief führte, als es der .Mastdarm erlaubte, dessen Verletzung ich zu vermeiden suchte, da sich sonst ohne Zweifel eine Uloake gebildet haben würde. Aber immer noch nicht konnte' ich mit irgend einem Instrumente etwas von dem Inhalte der Blase ans Licht bringen und ebenso wenig glückte es mir, durch Drücken der Blase gegen die Wunde etwas mit dem Finger zu entfernen.
Nun musste ich zum verwegensten Mittel greifen: die Harn­röhre und der Blaseuhals waren nach oben der Länge; nach geöffnet und ebenso in derselben Richtung die Harnblase so weit aufgeschnitten, um mit zugespitzter Hand in die AVundc ein­dringen zu können: diese letztere musste durch die ein­dringende Hand gewaltsam erweitert und so ein Weg his in die Harnblase gebahnt werden!
i Hätte laquo;lie Sonde, reip. der Catheter sog. Augen gehabt, so wtirde in den­selben wahrscheinlich Sediment haften geblieben sein und der Operateur hätte sich dadurch über die Natur des fremden Körpers Gewissheit verschaffen köunen!
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Die lUircli Blasen- uml HamrSbrensteine bedingten Krankheiten, DroUtbiasls. 243
Ich drang mit der Hand in die Harnblase!
Wegen der Anwesenheit einer Anzahl angesehener Gäste konnte ich nicht wohl von der Operation abstehen und war dadurch indirect genötbigt, dieses Verfahren als den mir einzig möglichen Ausweg zu benutzen.
Als idi mit meiner Hand in die Blase gelangt war, fand ich dieselbe bis zur Hälfte gefüllt; doch war die ausfüllende Substanz nicht von gleicher Beschaffenheit. Die obere Schichte derselben war eine -/./' dicke schlamraige Substanz, weissgelb wie das Sediment des Pferde-Urins; tiefer wurde diese fremde Masse von der Consistenz einer Latwerge und je tiefer man kam, desto fester wurde sie; die unterste Lage endlich war so fest, wie getrockneter, nicht gebrannter Then, so dass ich sie zerbrechen musste. Die ganze Masse wurde mit Zunahme ihrer Festigkeit auch immer dunkler von Farbe, 80 dass die unterste Schichte ganz aschgrau war.
Während ich mich mit der Hand in der Blase beschäftigte, musste ich durch Gehilfen die untere Bauchwandung des Pferdes in die Höhe hoben lassen, um dadurch die Blase mehr in die Höhe zu bringen und sie besser fixiren zu können.
Ich nahm nach und nach den ganzen Inhalt heraus, und musste zu diesem Zwecke wohl zehnmal die Hand aus- und einführen. Die herausgenommene Masse betrug wenigstens 6 baier. Pfund (d. i. 3360-0 Gramm); durch Einspritzen lauwarmen Wassers wurde die Harnblase vollends von der in ihr liegenden Masse gereinigt.
Die Wunde wurde durch die Naht vereinigt. Das Pferd war durch die Operation ganz erschöpft, aber nicht durch Blut­verlust, denn dieser war nicht bedeutend gewesen Im Stalle angekommen, legte sich der Patient sogleich nieder und blieb mehrere Stunden ganz ruhig liegen.
Drei Tage lang hatte das Thier mit einem heftigen Wund-fieber zu kämpfen, doch nahm es dabei Futter und Getränke an.
Nach dieser Zeit verlor sieh zwar jedes Symptom eines innerlichen oder allgeineinou Leidens,'aber es fingen eine Reihe anderer Fatalitäten an sich einzustellen.
In den ersten Tagen hatten sieb die Wundränder durch die Entzündungsgeschwulst sehr genähert, so dass der Urin ganz und gar durch die Harnröhrenausmündung entleert wurde, nur wenig Urin sickerte zwischen den Nähten durch.
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21-1 Die durch Blasen- unfl HararSUrenstaine bedlugten Kraukheiten. l'rolithiasis.
Am füiiitcu Tage war die Entzündungsgeschwrüst vorüber
und mit ihr auch die Annäherung der Wundlippen an einander.
Der Urin wurde nun in einem Strome wie von einer 8tute
durch die Wunde entleert. Die Nähte wurden herausgenommen,
weil ieh da.s Aufschlitzen der Wundränder fürchtete.
Auch entleerte das Thier wieder dicken Urin, welcher vielen Bodensatz bildete.
Ich suchte durch ein besseres Futter und Aufenthalt im Freien, wobei das Thier auch grasen konnte, den Urin umzu­ändern, doch gelang dieses nicht.
Mit dem Frin floss auch eine Menge dünnen, schlechten Kiters ab und beide besudelten den Schweif in seiner ganzen Länge und obwohl die gehörige Reinigung stattfand, so erschien zwischen den Haaren desselben doeh eine unendliche Menge von Maden, welche selbst bis in die Harn rühre eindrangen.
Fast verzweifelte ich, diese, unangenehmen Gäste vertreiben zu können, und erst nach Anwendung von 01. c. c. foetidum ' verschwanden sie.
Die Wunde liess ich öfters mit einer aromatischen Flüssig­keit ausspritzen.
Aller Hindernisse ungeachtet heilte die Wunde doch schneller als ich glaubte; denn in 16 Tagen war sie so klein, dass man nur noch mit dem Finger eindringen konnte, leb legte in die Wunde Bäuschchen, abwechselnd mit ünguentum digestivum und Tinctura Mjrrhae befeuchtet. Waren diese Tampons ein­gelegt, so floss der Urin gewöhnlich per urethram aus. Häufig wurde durch den Strom des Urins der Verband weggestossen und dann Hess derselbe auch tbeilweise oben zur Wunde heraus. Dieselbe heilte rasch soweit, dass man kaum noch eine Schreib­feder einbringen konnte; dann aber wurde sie hartnäckig und durch die Oeffnung spritzte immer ein Theil des Urins bei der Entleerung des letzteren heraus.
I'm endlich auch noch den Verscbluss dieser Harnfistel zu bewirken, legte ich eine Zapfennahl an und wurde dadurch das Ausfliessen des Urins in der That verhindert.
Am 21. Tage nach der Operation wurde das Pferd dem Eigentliümer ausgehändigt.
quot; Wir wünlen Acid. carboUoum, — Addum pyrolignosum — Creosotum— versuchen.
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Die (lurch Blasen- uml Ilarm-lihrousicimi bedingten Krankbciteu. rrolitliiusis. 245
Ac-lit Tage nachher untersuchte ich das Pferd wiederholt, icli fand es arbeitend, die Naht war abgefallen und nur noch eine ganz kleine Oeffnung war vorhanden, gegen welche ich aber nichts weiter thun wollte.
Das Thier blieb gesund, arbeitete und entleerte den Urin gut, jedoch hängte es beim Harnlassen immer noch nicht aus.
Einige Monate nach vollkommener Heilung, fand man das Pferd Morgens todt im Stalle. Es soll an Maa-enberstuna' zu Grund gegangen sein.
Meine Herren! Ich habe die Hoffnung, dass die Mittheilune dieser Krankengeschichte Sie nicht ennnyirte — wie das Kran­kengeschichten gewöhnlich zu thun pflegen; ich glaube vielmehr, dass Sie aus dieser Geschichte wirklich gelei-nt haben und durch ihre Kenntniss auch den nöthigen Muth bekamen, das rasch zu thun, was keinen Aufschub duldet, d. h. Sie werden in Zukunft die Cystotomie sofort machen, wenn Gefahr auf Verzug ist.
Hoch ich habe eigentlich in meinem Vortrage vorgegriffen denn wir haben noch Manches über die Technik und die Folgen der fraglichen Operation zu besprechen, und desshalb wollen wir auch dabin zurückkehren, wo ich mit meiner Schilderung Sie auf die Nothwendigkeit aufmerksam inachte, unter Umständen mit der ganzen Hand in die Harnblase einzudringen.
Gefährlich bleibt diese Manipulation natürlich immerhin, und man wird sie desshalb auch nicht ohne dringende Indication machen; ist sie aber einmal indicirt, so wird man — wie Schmidt that — sie auch nicht unversucht lassen.
Sehr leicht kommt es bei diesem Operationsverfahren übrigens auch zu Verletzungen des Mastdarmes, die bekanntlich höchst unangenehmer Natur sind, und die nur zuweilen glück­lieb heilen.
So verletzte Fougcra ' während der Extraction eines Blasen­steines bei einem kleinen Hengste das Rectum dadurch, dass er mit der rechten Hand per rectum den Stein in der Blase gegen die geinachte Wundöffnung unter den After y.n drängen versuchte. Während der Manipulation zerbrach der Stein in mehrere Stücke und es floss rother heisser Urin, sowohl zur
1 Recueü de med. vet. pratique. Paris 1841,
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246 Die doreli BlaBen - ana HarnrDhrenateme bedingten Krankheiten. I'rolitUiasis.
WundöffouDg ;ils auch zum After heraus; das Rectum war in seiner untern Wand gegen 0-75 Meter quer eingerissen und Kotb und Urin kamen ungefähr 14 Tage laug sowohl zur Wunde als auch zum Anus heraus. Dann fing die Darmwunde an sich zu schliessen und schon nach 3 Wochen ging kein Koth mehr durch die Wunde und nach 5 Wochen war auch die Wunde im Mittelfleisch geheilt.
Eine weitere unangenehme Complication der Urethrocyto-tomie ist die Verletzung grösserer Gefasse und die damit in Verbindung stellende Blutung, welche, obgleich im Allgemeinen nicht gefährlich, doch dann, wenn sie nicht frübzeitig genug gestillt wird, hochgradige Schwächung der ohnehin durch Krank­heit und Operation angegriffenen Thiere und selbst den Tod der­selben zur Folge haben kann.
Um eine Verletzung des Rectums, grösserer Gefässe und des Bulbus urethrae zu vermeiden, empfiehlt Girard1 den Schnitt durch die Urethra nicht ganz in der Mittellinie zu machen, son­dern, wie bereits gesagt, ihn etwas nach links oder rechts vom Centrum des Afters abzulenken. Da jedoch hier die Prostata und die Mündung der Samenleiter, sowie die Samenbläseben der entsprechenden Seite verletzt werden, so kann die Brauchbarkeit zeugungsfähiger männlicher Thiere zur Zucht dadurch möglicher Weise beeinträchtigt werden.
Im Falle, dass ein grfisseres Blutgefäss verletzt würde, suche man dasselbe rasch zu unterbinden und wenn dieses Hiebt ge­lingt, versuche man durch Tamponade und Stiptica den Blut-fluss zu stillen.
Nach starken Blutungen treten leider zuweilen Blutinfil­trationen in die naheliegenden Gewebe ein, diese führen, ähnlich wie die Harninfiltration zu brandigen Zerstörungen und zur Pyämie. Ich verweise Sie vorläufig auf das bereits über Haininfiltration Gesagte und werde die Behandlung dieser Complication später noch eigens erwähnen: für jetzt wollen wir noch darüber sprechen, was zu tbun sei, wenn der Stein glücklich entfernt und unan­genehme Complicationen für den Augenblick beseitigt sind.
Nunmehr liegt Alles daran, die gemachte Wunde wieder rasch zu schliessen. Es geschieht dieses durch Anlegen einer i Mimöires snr les oalouls vrsica.ix et l'operation de la taille dans !es monodaetyles. Paris 182:!.
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Die durch Blasen- und BamrSlicensteiae bediugtan Krwkbeltea. Drolithiasls. 247
Naht und anter diesen dürfte bei einer grösseren Wunde der Zapfennaht der Vorzug gegeben werden. Man lässt die Ileite gegen 5 bis 8 Tage liegen. Kleine Wunden schliesst man mit Emplastrum adhäsivum. Weih am' verschloss bei einem Pferde die Wunde sofort mit Collodiuin und Watte, so dass kein Urin ausfiiessen konnte.
Ganz natürlich entwickelt sieh nach der Operation eine Ent­zündungsgeschwulst, und ein verschieden hochgradiges, meistens mehrere Tage andauerndes Wundfieber stellt sieh ein.
Einige Zeit fortgesetzte kalte öeberschläge massigen Ent­zündung und Fieber. Ferner wird man gut thun, schon früh­zeitig mit Antise jiticis - unter denen eine sehr verdünnte Carbolsäurelösung obenan steht — die Wunde zu reinigen. Innerlich gebe man Antipyretica: Digitalis, Chinin, Magnesia sulphurosa und wenn Sie ein Laxanz für indicirt halten, das Calomel täglich 1 bis 2ma] so lange, bis man Poltern im Leibe hört oder weicheres Mistern bemerkt, dem Pferde ö-0 bis 8-0 Gramm, dem Kindvieh H) bis 5 0 Gramm, mittleren Thieren '2-0 bis il-ö und Hunden 0-3 bis l-0 Gramm.
Die Digitalis ist ein im Gebiete der Thierheilkunde häufig in Gebrauch gezogenes Antipyreticum und würde jedenfalls auch hier vorzüglich entsprechen, wenn es nicht gleichzeitig eine in diesem Falle tnissliebige Diuresis anregte. Da die Haupt­wirkung der Digitalis aber in Verminderung der Zahl der llerz-contraclionen, in Zunahme des arteriellen Druckes, Vermehrung der Herzkraft und Pierabsetzung der Körperwärme besteht, so entspricht es immerhin ihren Wünschen, das vorhandene Fieber zu mindern. Sie werden also vielleicht Ilerba Digitalis purpurea — aber mit Vorsieht — in Anwendung ziehen, es jedoch nicht längere Zeit hindurch ununterbrochen fortgeben lassen. Die pas­sende Dosis fürgrössere Hausthiere ist 1-4 Gramm; für kleinere Thiere 10—20 Centigramra.
Ihre besondere Aufmerksamkeit in schweren febrilen Zu­ständen verdient; besonders bei kleineren Thieren das in Wasser leicht lösliche Chininum muriaticum. Für grössere Haus­thiere möchte es wohl in den meisten Fällen zu theuer sein, denn wenn ich nicht irre, kostet bei Droguisten 1 Gramm un-
1 The Veterinarian, Vol. 43. 18G0.
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248 Die .lurch Blasea- and Hamröhronsteine bedingten K.-.inklioiton. DroUthiaals.
gefähr 28 Pfennige. Geben Sie nun einem Pferde täglich 2 bis 3 mal je 1 bis 4 Gramm Chinin innerlich, so wäre die Ausgabe für Chinin allein täglich immer auf 75 Pfennige bis 1-5 Mark zu
(dien Pferden können Sie nun allerdings zum
schätzen. Bei wertin
('hinhium muriatieum greifen, bei anderen im Werth aber niederer stehenden Thieren suchen Sie durch Digitalis und durch Magnesia sulphurosa dein Fieber entgegenzuwirken.
Bemerken will ich noch, dass das Chininum muriatieum auch hypodermatisch anzuwenden empfohlen wurde.
Das Chininum sulph. empfiehlt Gerlach jedoch nicht; er beobachtete beträchtliche Temperatursteigerung und eine sehr bedeutende örtliche Wirkung. Letztere bestand in einer ausge­breiteten intensiven und schmerzhaften Entzündung, Necrosis des Bindegewebes und nachhaltiger Eiterung.
Für Pferde wurden 0-6 Gramm Chinin in 8'0 Gramm aq. destillata nebst einigen Tropfen Schwefelsäure benützt.
Die Magnesia sulphurosa, die unterschwefligsaure Mag­nesia, endlich soll nach den Behauptungen italienischer Aerzte, insbesondere nach G. Polli eine ähnliche Wirkung, als wie das Chinin besitzen; in Deutschland ist es zwar noch wenig m Gebrauch gezogen worden, doch, da es billig ist, so dürfte es in der Thier-heilknnde als Febrifugum und auch als Antisepticum vielleicht günstige Aufnahme finden.
Die Dosis vonMagnesia sulphurosa ist für grosse Thiere circa 30 bis 40 Gramm, für mittelgrosse 3 bis 5 Gramm und für kleine Hausthiere 0-5 bis 1-0 Gramm. Sie müssen es mit viel Wasser und täglich 3- his -hnal verabreichen lassen und neben dem
Diät anordnen. —
Nach der Operation fliesst der Harn noch längere Zeit durch die Wunde ans, allmälig jedoch wird die Barnfistel kleiner und kleiner und schliesslich ist sie cranz geheilt. Es dauert dieses verschieden lang; oft nur 10 bis 11 Tage, nicht selten aber merklich länger und zuweilen werden die Wundränder callös und es scheint, als ob eine Ilarnblasenfistel fortbestehen wolle.
Um diesen üebelstand und auch die höchst unangenehme Harninfiltration ins Bindegewebe abzuhalten, empfiehlt man das Bestreichen der ganzen Wunde mit Collodium oder die Einlage eines Catheters. Letzteres hat jedoch keinerlei Werth
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Die durch Bla.seu- und Harnröhreasteine becUngten Exankheiteu. tJrolithiasifl. 249
und ist für die Dauer auch schwer zu bewerkstelligen, nament­lich bei reizbaren Thieren. Haben sicli aber trotz aller Vorsicht callöse Ränder gebildet, so müssen diese mit Argentum ni-trieiira oder Kali causticum, dem Glüheiseu oder mit dem Messer zerstört und eine neue gesunde Granulation dadurch hervorgerufen werden.
Auch das Aultreten der Wunddiphtherie ist in derartigen Fällen keine Seltenheit, namentlich wenn man mit dem Carbol-wasser nicht fleissig zur Hand war, der Urin in den kleinen Taschen der Wunde zersetzt und dadurch die Bildung kleinster pflanzlicher Parasiten begünstigt wurde. Die diphtheritischen Infiltrationen müssen natürlich ebenfalls durch Caustica beseitia-t werden. Vielleicht leistet in diesen Fällen die Salicylsäure auch gute Dienste.
Bei den grösseren weiblichen Hau st liieren werden Sie nur selten genöthigt werden, die blutige Operation zum Zwecke der Extraction eines Blasensteins zu machen ; doch kommt es zuweilen auch vor, dass zu gross gewordene Blasen­steine nicht mehr durch die verhältnissmässig weite und kurze Harnröhre abgeben können.
Zur Feststellung des Zustandes wird man zuerst mit dem wohleingeölten Finger eine Untersuchung der Harn­röhre und Blase vernehmen, oder wo dieses mit dem Finger nicht geht, also z. B. bei kleineren Thieren, wird man sieb zur Untersuchung einer Sonde bedienen.
Der Stein findet sich entweder in der Blase oder im Blasenhals oder er ist selbst schon in die Urethra eineedrun-gen und da festgekeilt.
Ehe Sie nach geschehener Sicherung der Diagnose in diesen Fällen zum Messergreifen, versuchen Sie jedenfalls erst die all-mälige Erweiterung der Urethra mit dem Finger oder mit der Steinzange oder bei kleinen Thieren mit einer in die Urethra passenden Kornzange. Uebrigens wird es auch zweckmässig sein, den Inhalt des Kectums — ehe Sie weiter manipuliren — gründ­lich zu entfernen.
Die eingeölte Zange führen Sie natürlich geschlossen ein und erweitern dieselbe dann allmälig und ja recht vorsichtig, damit Sie weder Quetschungen noch Rupturen dadurch veran­lassen. Durch eine auf diese Weise dilatirte Urethra gelingt zu-
Pflug, Kranklicitdi des nropoStUcfaen Sj'Htems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;X7
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Uio duivh Bloseu- un
l lUnirühraistemc bedingten ICniukliuiton. Urolitliiasis.
weilen die Extraction des Steines mit der Zange oder mit dem Pinger, und dieses gelingt namentlich dann, wenn es möglich ist, den Blasenatein vom Rectum oder der Vagina aus gegen die Urethra zu drücken.
Gelingt der Versuch nicht, so müssen Sie die Zertrümmerung des Steines, wie es Straub1, Schmidt2 etc. thaten, versuchen oder zur blutigen Operation, dem Aufschlitzen der Harnröhre und tlieilweise auch der unteren Wand der Vagina schreiten.
Auf Anrathen mancher Veterinäre (Straub) soll man, weil die Operation längere Zeit dauert und änsserst schmerzhaft ist, die Thiere niederlegen, sie narcotisiren und ihnen die Rücken­lage gehen. — Ich demonstrire hier die Operation am stehen­den Thi er.
Zuerst erweitern Sie die Eamröhre mit einem und dann viel­leicht auch mit zwei Fingern und bringen hierauf eine passende Hohlsonde mit der Rinne nach aufwärts gekehrt durch die Urethra bis in die Harnblase hinein, um in der Sondenrinne alsbald ein längeres, schmales, geknöpftes Bistouri — die Seheide nach oben — ein­zufahren. Beim Herausziehen des Messers schneiden Sie 0-03 bis O-OSöMeter tief in die obere Wand derHarnröhre hinein. Manches­mal muss, um die nöthige Tiefe des Schnittes herzustellen, mit dem Messer ein zweites Mal nachgeschnitten werden.
Bei grossen Thieren können Sie auch dieHohlsonde entbehren und zwischen dem erweiternden Zeige- und Mittelfinger der linkem Hand den Schnitt in die obere Wand machen. Dauert die Operation längere Zeit, so machen Sie die betreifenden Partien mit Oleum Olivarum mehrmals schlüpferig,
DieColpo-Cystotomie— der Seheiden-B lasen schnitt— soll bei Thieren noch nicht gemacht worden sein; mir ist wenig­stens darüber nichts bekannt, und auch Forster in Wien sagt, dasselbe in seinem Compendium der thierärztlichen Operations­lehre.
Die Operation würde in ähnlicher Weise auszuführen sein, wie der Blasenschnitt per rectum: sie erscheint mir auch weniger gefährlich, als wie die letztgenannte Operation, weil ein Eindrin­gen von Koth in die Harnblase nicht, möglich und die Verletzung
r
Bering's Repertorium. XIX., S. 81.
IIaim's thierKrztliche Mittheilungen. München 1862., S. quot;285.
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lgt;ic durch Blasen- und Ilarumlireustciui; bedingtou Krankheiten. Urolifbiaals. 251
der Vagina meinen vielfaelien einscliläglichen Erfahrungen zur Folge sehr wenig pernieiös ist.
Die Nachbehandlung gestaltet sieh hier fast ganz so wie bei männlichen Thiercn; ich möchte hier aber als Nachtrag bemer­ken, dass zeitweilige Einspritzungen ganz schwach mit Salz­säure angesäuerter, schleimiger, lauwarmer Flüssigkeit so lange fortzusetzen sind, als das Thier sie verträgt und respect, sie duldet.
Andere in Folge der Operation auftretende Zufälle, z. B. Blasenentzündung, Bauchfellentzündung u. dgl. bedürfen natürlich einer vorsichtigen Behandlung; das Notlüge darüber habe ich Ihnen theilweise bereits früher gesagt, tbeilweise linden Sie in der thierärztliehen Literatur alle Sie weiter interessirenden Praeen, welche ich hier nicht erledigen kann, im Speciellen besprochen.
Ich muss mich eilen, das Gebiet der Operationslehre zn verbissen, will ich nicht den Vorwurf auf mich laden, dass diese ineine Vorträge allzusehr ins Breite gezogen seien ; ich muss mich umsomehr beeilea, meiner eigentlichen Aufgabe wieder näher zu kommen, weil ich nunmehr doch nicht umhin kann, auch den Harnrobrenschnitt bei männlichen Thieren zur Sprache zu bringen.
Die Urethrotomi e werden Sie gar manchesmal ausführen müssen, und desshalb ersuche ich Sie, die Topographie der be­treffenden Körperpartie und die Technik der fraglichen Opera­tion sich jetzt schon recht tief in Ihr Gedäehtuiss einzuprägen.
Die Urethrotomie ist eine uralte und von den Thierärztcn ungemein häufig gemachte Operation. Die Literatur darüber ist ausserordentlich reichhaltig; in Hering's geschätzter Opcrations-lehro finden Sie auf Seite 292, 293 und 2Ü4 eine Menge Autoren angeführt, und doch sind noch recht viele davon unberücksichtigt geblieben, wie z. B. ich selbst, der ich als noch junger Veterinär in A dam's Wochenschrift an bereits angegebenem Orte meine Erfahrungen darüber niederlegte.
Der Harurohreuschnitt kommt verhältnissmässig viel häufiger bei Ochsen als bei Pferden vor und ist bekannt­lich die S-förmige Krümmung der Urethra eine Haupt-ursaebe davon.
Die Operation wird immer an der Stelle gemacht, an welcher mau im Stande war, den Stein nachzuweisen. Kann der Sitz des
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252 Die durch Blasen- and Eamrülironstelne bedingten Krankheiten. DroUthlasla.
Steines nicht ermittelt werden, sprechen aber die vorhandenen Erscheinungen für die G-egenwart eines mechanischen Hinder­nisses des Harnabflusses in der Harnröhre, so macht mau beim Ochsen den Schnitt hinter der S-förmigen Krümmung oberhalb
des Scrotmns.
Professor Frank1 in München behauptet, und ich muss ihm beipflichten, dass der Stein am häufigsten in der oberen respective zweiten Windung der urethra sieh findet, also da, wo das Auf­hängeband aiigeliet'tet ist.
Bei Thieren, die man bequem catheterisiren kann, ist der Sitz des Steins ja leichter zu ermitteln.
Es empfiehlt sieb, die Operation an auf der linken Seite liegendem Thiere zu niaebeu; der rechte lliuterfuss wird mit einer Platelonge nach vorne gezogen und am rechten Verarm etc. befestigt.
Den Schnitt in die Harnröhre unterhalb des Amis babe ich bereits bei der Qrethro-Cystotomie geschildert — den Schnitt auf der S-förmigen Krümmung aber erachte ich für noting, detailirter vorzutragen.
Der Operateur kniet hinter dem Thiere und macht in der Mittellinie ungefähr CH Meter oberhalb des Scrotums der Ochsen, nachdem an dieser Stelle die Haare mit einem feinen Scheerchen abgeschoren sind, einen 01—0-15 Meier langen Hautschnitt, trennt dann mit dem geballten Messer das subeutane Bindegewebe vor­sichtig auseinander, bis man die Urethra deutlieh vor sieb liegen sieht. Sie umfassen hierauf die letztere mit Daumen und Zeige­finger der linken Hand und ziehen dieselbe soweit als nöthig und thunlich - circa 0-1 Meter laug heraus und suchen jetzl nach einer kleinen, harten, auf Druck äusserst schmerzhaften Geschwulst, d. h. nach derjenigen Stelle, woselbst der Stein innerhalb der Urethra
liegt.
Bei kleineren Wiederkäuern muss die Entfernung der Hautschnittes vom Scrotum nach oben und die Länge des Haut­schnittes selbst sieh nach der Grosse des Tbieres richten. Bei raittelgrossen Sehweinen dürfte der Schnitt ungeiahr einige Finger breit unter dem Hodensaek gemacht werden.
Adam's Wochenschrift. 1859, S. Ißö.
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Die (UiiH-h Blasen- and Eamröbrenfitetae bedingten Kraukbeiten. (JroUtUiasls. 2;quot;gt;^
Haben Sic den Hitz des .Steines ermittelt, so machen Sie un-mittelbar auf dem Stein eine Incision durch die Urethra, ver­längern dieselbe von der Höhe der Geschwulst eine Idee weit nacli unten und drängen und heben alsdann mit der Spitze einer Hohlsonde den Stein aus der Urethra heraus.
Für alle Fälle wollen Sie e.s sieli merken, die Incision so klein als nur immer möglich zu machen und den Stein mehr herauszudrängen, als herauszuheben. Kommt nach der Extraction des Steins ein kräftiger ürinstrahl zum Vorsehein, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass von der Incision bis zur Blase der Harnweg nicht verlegt ist. Kommt der Urin nicht zum Austhiss und ist der Harnweg auch nicht verlegt, so besteht eine allzu-grosse Expansion der Blase; die Contractilität ihrer Muscularis ist. wenn gewöhnlich auch nur vorübergehend, aufgehoben und Sie müssen desshalh mit der Hand per anum eingehen und einen leisen Druck auf die Harnblase ausüben, es wird dann wohl Urin zur Wunde und theilweise sogar zur natürlichen Oeffnung der Harnröhre ausfliessen.
Auf keinen Fall vergessen Sie — namentlich wenn kein Urin durch die Wunde abfliesst - mittelst einer geeigneten Sonde das Lumen der Harnröhre nach oben und unten zu untersuchen, denn es kommt verhältnissmässig nicht selten vor. dass noch ein anderer Stein über oder auch unter dem zuerst heraus­genommenen sitzt.
In ersterem Falle versuchen Sie den zweiten Stein gegen die Wunde zu drücken, was aber doch nur selten gelingt; ge­wöhnlich muss eine zweite Incision gemacht werden. Es ist dieses freilich eine unangenehme Geschichte, allein gar inanchcsmal kann davon nicht Umgang genommen werden; übrigens habe aher auch ich erfahren, dass bei gut gelungener Operation selbst zwei Harnröhrenschnitte in unverhältnissmässig kurzer Zeit heilen können '.
Bei der Sondirung nach unten kommt man bei Thieren mit S-förmig geschlungener Harnröhre nicht imnier aus: Sie werden dann, um sieh von der Wegsainkeit des untern Theils der Harn­röhre zu überzeugen, mittelst einer Spritze mit langein An-
1 Pflug: Bemerkungen über die Steinkraakheit in Adam's Woclien-sdirift. ISö'.l., S. 50.
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254 nie durch Blasen' und Hamrölirensteine bedingten Krankbeiten. UrolltbiasiB.
satzrö lircheu Wasser einspritzen und zusclieu, ob das­selbe aus der natürlichen Oelfnung der Harnröhre wie­der entleert w i r d!
Glauben Sie versichert zu sein, dass kein Hinderniss mehr das Lumen der Harnröhre vcrschliesst, so nähen Sie die Wunde der letzteren mit einem Seidenfaden zu; es genügt eine einfache Sutur; ich mache gewöhnlich die sogenannte Kürschnernaht, drehe die Fäden am Ende zusammen und lasse sie zur Hautwunde heraushängen.
Nach fertiger Naht reponirt man die Harnröhre, heftet die Hautwunde mit einigen Stichen und überlässt die Heilung mög­lichst der Natur. Nur die nöthige Reinlichkeit der Wunde mit
Carbolsäur
altiii'em Wasser und die tleissiü-o Contn
ob
nicht Harninfiltrationen sicli entwickeln, empfehle ich Ihrer Auf­merksamkeit. Ein recht glatter Schnitt im unteren Wuiidwinkel oder die Möglichkeit, den Haroröhrenschnitt vor dem Hodensack zu machen, trägt wesentlich zur Verhütung der Harninfiitration bei. Besonders begünstigt wird die Harninfiltration durch zu irrossc Einschnitte in die Harnröhre und durch Höher-stehen der Hautwunde über der Wunde in der Urethra. Kommt nach der Reposition der Harnröhre die Harnröhren wunde tiefer als die Hautwunde zu stehen, so verlängere man diese so­weit nach unten, das der Urin, der durch die Wunde der Ure­thra dringt, gleich ins Freie abfliesst.
Beim Pferde und dem Hunde linden sich Harnröhren­steine häutig unmittelbar vor der Harnröhrenmündung in der Eichel, weil die Urethra sieh hier verengert. Die Existenz eines Steines ist mit der Sonde leicht zu ermitteln.
Um den Stein zu entfernen, schneidet man, ohne die Harn­röhrenmündung zu spalten, auf dem Stein ein und entfernt ihn durch die Wunde, im Falle, dass die Entfernung des Steines mit dem Pinger nicht gelingt.1 Die Heilung dieser Wunde über-lässt man der Natur.
Bei Hunden müssen Sie aber auch die Stelle der Harn­röhre, wo der Ruthenknochen (os Priapi) ist, untersuchen, da hier die Urethra sich weniger weit auseinander dehnen kann.
1 Zwickl: Concremeute in der Eichelgrube ile.s Pferdes. Wiener Viertel-jahrsschrift. X., s. 94.
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Dia durch Blasen- und [[amröhrensteine bedingten iCrankhcitcu. Urolithlasla. 25raquo;)
und in Folge davon Stein und Grries sich oft hier fest­setzen.
Besonders aufmerksam muss ich Sie auf die Harnröhre n-steine bei Mnstt liiere n machen. Hier liegt eigentlieli nur daran, die Thiere noch zur Schlachtbank zu bringen — nicht sie radical zu lieilun; denn wollte mau dieses ermöglichen, so würden die Thiere während der Krankheit abmagern und dann müssten sie wieder intensiver ernährt werden, — ansserdera ist noch das Kisieo der Operation zu tragen. Der Laudwirth thut gut, solche Thiere, wenn auch mit Verlust, alsbald der Schlacht­bank zuzuführen; er hat so doch noch den grössten Nutzen von ihnen und gleichzeitig die geringsten Unkosten und Mühen
—nbsp; denn seliliesslich will der Thierarzt ja auch hezahlt sein. Hcrinjr hat desshalb auch ganz recht, bei solchen — in Mast stehenden
—nbsp; Thieren in der Mitte zwischen Anus und Scrotum im Mittel-fieisch einen Einschnitt zu macheu, die Harnröhre aufzusuchen, und dann quer zu durchschneiden. Die Hautwunde wird hierauf so geheftet, dass das eentrale Ende der Harnröhre im obern Winkel der Wunde hurvorsteht. Hering glaubt, dass sich dieses Verfahren besonders für Hammel eigne und die Thiere so zwei bis drei Monate fortleben könnten.
Leidet das Tliier an Vorhautsteinen, so versuchen Sie dieselben mit dem eingeölten Finger herauszuholen und erst, wenu dieses nicht gelingt, machen Sie innerhalb des Präputiums eine kleine Incision in den Rand der Tusche und heben nun den oder die Steine, heraus. Eine Nachbehandlung ist kaum nöthig, höchstens kann ein öfteres Bestreichen der Wunde mit Gerat und ein Ausspritzen derselben mit Inf. Chamomillae nöthig werden.
Wenden wir jetzt, nachdem die Operationstechnik auch der ürethrotomie besprochen ist, unsere Aufmerksamkeit der Therapie der Harnröhrenstenose und der Harninfiltration zu. Ich glaube, es ist dieses ein Thema, das worth ist, den Schluss des langen Capitels über Hrolithiasis zu bilden.
Nicht selten tritt im Verlauf der Zeit eine Besserung der Harnröhrenverengung ein. Ich habe mich von dieser That-sache überzeugt (Adam's Wochenschrift 1850, S. 55) und ge­funden, dass, wenn auch unmittelbar nach der Abheilung der Wunde der Harnstrahl noch so dünn war, er doch allmäliff
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206 lgt;i^ tiiiivli Blasen- mill HamrShrensteino bedingten Eranklieiten. tlrolithlosis.
i !
mehr und mehr an Stärke zunahm. In diesen Füllen ist das auch erklärlich. Wir sehen bei allen Narbenbildungen anfänglich die neugebildete Masse blutreicher und geschwollen, und erst mit der Zeit verlieren sich die reichlich zur Entwicklung ge­kommenen Blutgefässe durch Verödung ihrer Bahnen im Narben-eewebe und dieses schwillt ab. Das Lumen dor Harnröhre wird aber dadurch nicht selten wieder normal weit, weil durch den Seitendruck des öfters durchströmenden Urins von vorne herein eine zeitweise Dilatation der Harnröhre veranlasst wird, die der Narbencontractur entgegenwirkt.
Zuweilen kommt es aber trotzdem vor, dass durch die Narbencontractur eine Strictur der Urethra bedingt wird, und dann ist die Prognosis dieses Zustandes sicherlich ebenso un-
laquo;#9632;•ünstiquot;'. wie in ienen Fällen, in welchen die Stenosis durch 00/nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .'
andere chronisch entzündlicheProcesse, durch Tumoren u. s. w., hervorgerufen wird.
Glücklicher Weise scheinen aber diese letzteren Zustände nur höchst selten vorzukommen, denn ich selbst habe sie noch nie zur Behandlung bekommen. Jedenfalls aber hat Hcrtwig1 rocht, wenn er sagt, diese Verengoi'ungen seien in der Hegel nicht gründlich zu heilen.
Als Indicatio vitalis, wenn durch die Zurückhaltung des Urins eine? Ruptur der Harnblase droht, würde ich aber nach Hertwig's Rath verfahren, die Harnröhre oberhalb der Stenose öffnen und eine Metallröhre einlegen.
Befindet sich die Stenosis in der Nähe der Eichel, so em­pfiehlt Hertwig als kürzestes Verfahren, die untere Wand der Harnröhre, oder wo die Strictur besteht, zu durchschneiden und dann die Heilung mit einer recht breiten Narbe zu bewirken. Dazu mau,- das öftere Bestreichen mit einer Digestivsalbe und das zeitweise Einlegen eines dicken Catheters nützlich sein.
Ist die Verengerung an einer höheren Steile der Urethra, so soll man den Versuch machen, sie durch Einlegen von Darm­saiten,- wdche immer mehrere Stunden liegen bleiben und allmälig durch dickere Saiten ersetzt worden, nach und nach
1 Chirurgie für Thierärzte. 3. Auflage, S. 658.
- Vielleicht entspricht ein Prcssschvvamm oder der Stengel vou L;i-minaria digitata (Tangle) mehr, als wie die Darmsaiten.
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Die durch Blasen- und SamrSlireDsteinc bedingten Crankheitoa. QrolitbiasU. 257
zu erweitern. Gelingt dieses nielit, oder wüuscht laquo;ior Eigentbümcr schneller zu einem Resultate zu kommen, so muss die Ilarn-rölire oberhalb der Verengung durch circa 0*02 Meter langen .Schnitt geöffnet und dann durch eine in sie gelegte Röhre be­ständig offen gehalten werden.
Eine solche Röhre ist von Räber' construirtworden, sie wird
von Blei, Zinn oder Weissblecl
i (
Neils
V) in Form
liegenden T (also so „'j-.-') und in angemessener Dicke gemacht; das obere Ende des senkrechten Theils (also a—b) und der horizon­tale Thcil (b—c) sind durchbohrt, das untere Ende des ersteren (b—d) ist abgerundet (bei d). Mau bringt zuerst jenes obere circa 0-02 Meter lange Ende des senkrechten Schenkels in die Harnröhre nach oben und presst dann auch das untere ebenso lange Ende in die Urethra nach unten. Der horizontale Theil (b—c) muss durch die Wunde nach unten hervorragen. Um das Hindringen der Röhre zu erleichtern, ist es nörhig, die Wunde angemessen lang zu machen. Nach dem Einbringen der Röhre legt man nöthigen Falls ein oder zwei Hefte in die Wundränder. Die Röhre heilt förmlich ein und der Urin wird durch sie nach hinten ausgeleert.
üeber die Zweckmässigkeit dieser Behandlung erlaube ich mir kein Urtbeil, da ich selbst keine Erfahrung in der Sache habe, glaube aber, dass bei Schlachtthieren es meistentheils zweckmässig ist, deren rechtzeitige Schlachtung zu bewirken.
Die Harninfiltration bedingt in erster Linie die Berück­sichtigung der [ndicatio ocoasionalis. Die Ursache muss beseitigt werden, sonst hilft Ihnen alles Curiren und Schmieren nichts. Es muss verhindert werden, dass Urin aus der Harn-röhrenwuude in das subcutane und anderweitige bindegewebige Material hineinsickern kann. Desshalb rathe ich Ihnen hier wiederholt:
1.nbsp; nbsp;schon gleich bei der Operation in geeigneter und ihnen bereits angegebener Weise dafür Sorge, zu tragen, dass Harninfiltrationen nicht leicht möglich werden, und
2,nbsp; nbsp;bei auftretenden, durch Harninfiltration entstan­denen Oedcmeu gleich nachzuholen, was Sie anfäng-
Archiv Schweizer Thierärzte. I. Band. -t. Stück, 8. 47
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r
258 DSo durch Blasen- and HamcBlireiistelno bedingten Krankheiten. OroUtbiasis.
lieh zu tliuu versäumt oder nicht gut genug gemacht
haben.
Da Harnmfiltrationen aber auch nach zufälliger Ver­wundung der Harnröhre, /.. B. nach Ruthenhrüchen des Penis erect! oder nach Perforation dor Urethra vorkommen, so sind Sie zuweilen veranlasst, zunächst die kranke Stelle der Harn­röhre bloss zu legen.
Harninfiltrationen verlangen die sofortige — wenn auch bedeutende Erweiterung der Hautwunde, damit dem Urin die Gelegenheit genommen wird, ins Binde­gewebe zu infiltriren. Uie Hautwunden heilen alle leicht wieder und brauchen Sie desshalb mit dem .Messer nicht ängst­lich, wohl aber vorsichtig zu sein.
bei ausgebildeten Harnödemen müssen Sie scarificiren oder ein Haarseil durch das subeutane Bindegewebe legen.
bei Eiterung werden Sie ebenfalls die kranke Stelle bloss-legen und bei Sphacekis, der im Verlaufe immer eintritt, die uekrotischen -Massen abtragen. Die Wunde muss ausserdem
i:
Hei.
am besten mit Acidum cavbolicum dilutissimum,
gereinigt were
en. Das geeigneste Verhältniss wird sein: 1 Theil
Carbolsäure auf 50 Theilen Camillenthee.
uns häufig -leichzeitig vorhandene Fieber ist entweder ein Wundfieber, Septicämic oder Pyämie oder durch Urämie bedingt und muss diesen entsprechend behandelt werden.
Als Nahrung empfehle ich, den Thieren leichtverdauliches, aber gut nährendes Futter vorlegen zu lassen, — im Sommer den Herbivoren auch gutes Gras oder Grummet. Zum Getränke
eignen sich Mehl
Indem ich n
oder ivleiensaufen wohl am besten.
Capitol hier beschliesse.
wünsche ich, uass
is Gehörte Ihnen immer Glück bringen •#9632;liieklieher sind, als ich
möge, und Sie stets in diesen Sachen
es zuweilen war; denn um Ihneu dieses Alles sagen zu können,
musste ich manchesmal .lurch Erfahrung erst klug werden! -
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Parasiten in der BCamblaae und in der BarnrOhre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 259
XVI.
Parasiten in dor Harnblase und in dor Harnröhre.
Eustrongylus gigas — Echinococcen — Oestrus hämorrhoidalis.
Von cleu tlii criselieraquo; Parasiten ist es besonders der Riesenpallisadenwurm — Sti'ongylusseuEustrongylus gigas — (Taf. 1\', Fig. -25), der bei Pferden, Rindvieh und Hunden bekanntlich im Nierenbecken vorkommt, und der auch ausscrdem noch in der Harnblase und in der Urethra dieser Thiere gefunden wurde. Leblanc bat bei Hunden die Beobachtung gemacht, dass dieser Schmarotzer bei seine)' Auswanderung aus dem Wbhnthiere die Harnröhre durchbohrte und neben derselben in einer abgeschlossenen Hoble sich lagerte; die Höhle wurde durch den nachdringenden Urin nach und nach sehr erweitert.
Dieser fragliche Pallisadenwurm ist ein grosser Rund­wurm. Das Männchen bleibt jedoch immer merklich kleiner als das Weibchen, letzteres erreicht eine Länge von 013—U-7 Meter und 0-005—0-015 Meter Dicke. In der Harnblase erlangt er zu­weilen eine ganz beträchtliche Länge. Hufeland1 erwähnt eines 2['., Ellen laugen Wurmes in der Harnblase eines Hundes. Frisch ist der fragliche Wurm meistens blutroth, wird aber im Wasser und im Spiritus weisslich, blaugrau. Der Kopf ist stumpf und abgestutzt, der Saum des iiaulcs mit sechs flachen Wärzchen besetzt. Der Körper des Männchens ist vorne, jener des Weibchens beiderseits verschmälert. Der Schwanzbeutel des Männchens ist tellerförmig, das Schwänzende des Weibchens abgerundet, die Geschlechtsöffnung ist vorne. Die Jungen werden lebendig ge-boren. Der Wurm kommt im Allgemeinen so selten vor, dass Küchenmeister- es für wahrscheinlich hält, dass er in nicht zu langer Zeit nur noch der Geschichte angehören dürfte.
1nbsp; Journal der piakt. Heilkunde. XII[., #9632;gt;. Stück, S. 112.
2nbsp; Dio in und an dem Körper des [ebeuden Menschen vorkommenden Parasiten von Dr. F. Küchenmeister. 1855., S. i'Ji.
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260
Parasiten in der Harnblase un.l In der Elarnrübre
Diese Würmer bedingen - and zwar je grosser sie sind, um so leichter — Barnverhaltungen, die sieh durch Ham-coliken kenuzeichnon. Nicht leicht ist es jedoch, eine bestehende Harncolik auf das in Rede stehende ursächliche Moment zurück­zuführen. Die Diagnosis und gleichzeitig die Heilung wird Ihnen auch nur sollen in einer so glücklichen Weise gelingen, wie Seon.1 Dieser beobachtete nämlich einen Hund, der sieh öfters zum Uriniren anstellte und dabei heftig schrie. Aus dem Ostium urethrae ragte etwas hervor, das ganz herausgezogen als ein kleines Exemplar von Eustrongylus gigas erkannt
wurde.
Ob bei Harnverhaltungen die mikroskopische Untersuchung
des Mames zum gewünschten Resultate führt, wie Roll in seiner
d Therapie 1867. 11., S. 365 angibt,
specieilen fathologie um
zweifle ich, da sich in dem Urin wohl dosshalb keine Hier des thierischen Schmarotzers finden, weil dieser, wie Ihnen vorhin gesagt, ja ein vivipares Thier ist, - in einzelnen seltenen Füllen mögen allerdings die kleinen Embryonen des Parasiten unter dem Mikroskop entdeckt werden; wie selten aber, meine Herren, kommt hei Harncoliken der Urin zur mikroskopischen Unter­suchung!
Bei der stets zweifelhaften Diagnosis ist eine energische Therapie auch nicht möglich und nur eine l'all iati veur zu­lässig, so ungefähr, wie ich sie hei der Blasensteincolik empfohlen
habe!
Von Echinococcen, die in einzelnen Fällen in der Harn­blase des Menschen gefunden wurden, ist mir bei Thiercn nichts
OeK;
in i
innt; dagegen vveiss ich aus der Literatur, dass Pagliero 1 ler Schleimbaut der verdickten Harnblase eines Pferdes
zwei Larven von Oestrus hämorrhoidalis gefunden hat und dass auch Professor A. Keyquot; einen Fall von einem normanni­schen Hengste mittheilt, der unter Colikerscheinungen zu Grunde o-in- und in der Harnblase zwei Würmer hatte, die Professor
jes so na an (
[er Thierarzneischule zu Turin als Oestrus hä-
mor r ho n
lal is erkannte. Felder sind mir diese Fülle aus den
Dupuy's Journal, Mars. 1828., 8. 141.
Canstatt's Jahresberichte. 1857. VI., 8. 18.
Wiener Vierteljahresschrift. X. 1858. Annalecten, 8. 102.
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Neabilduagen in und an der Samblase und in der Harnröhre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 261
Original-Abhandlungen nicht bekannt — es kommt mir aber vor, als wäre es nur ein Fall, der aber von zwei verschiedenen Seiten veröffentlicht wurde.
xvn.
Neubildimgen in und an der Harnblase und in der Harnröhre.
Tuberkel — Perlsuchl — Rotz — Carcinom der Harnblase — Polypen in der Harnblase.
Ich werde hier die lymphatischen Neubildungen: Tuberkel, Perlsucht und Kotz, dann zweitens das Carcinom der Harn­blase und drittens die sogenannten Polypen, als Sarcome, Fi­brome, Papillome, Chondrome und dergl., zur Sprache bringen.
a) Tuberculosis, Perlsucht und Kotz.
Die Tuberculosis ist in der Schleimhaut der Harnblase selbst beim Menschen ein nur seltener Befund und man begegnet ihr da zuweilen dann, wenn sie im ganzen Körper verbreitet ist. Bei Thieren wissen wir über Tuberkelbildung in der Harnblase aber noch sehr wenig. Freilich wohl wird jetzt und namentlich nach den Untersuchungen Schüppel's ' in Tübingen von der grössten Mehrzahl der pathologischen Anatomen und der besseren Veterinäre die Perlsucht mit der menschlichen Tuberculosis für identisch erklärt. Audi ich bin nicht im Stande, die grosso Aehnlichkeit beider Krankbeitsprocesse leugnen zu können, aber trotzdem finde ich bei der anatomischen Untersuchung - und heim ätiologischen Versuch:| noch Erscheinungen, welche die Identität beider Krankheiten doch noch nicht so unbedingt zulassen und welche die Frage wegen der Identität der Perl­sucht mit der Tuberculosis noch lange nicht abschliessen. Ich kann
1nbsp; lieber die Identität, der Tnberonlose mit rler Perlsnelit. Virchow's Archiv. LVL, 8. 38.
2nbsp; (Schttppel).
3nbsp; (Klebs).
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I1'!
I!
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262
NeubUdangen in and an raquo;1er Harnblase und in dor ElamrDhre.
micb hier über diese BVagen leider nicht weiter verbreiten, sondern muss auf spätere Vorträge verweisen; ich musste die Sache aber hier erwähnen, um meinen heutigen Standpunkt in dieser Frage vor Ihnen zu wahren, d. b., um Ihnen sagen zu können, dass ich bis heute noch nicht überzeugt bin, ob Tuberculosis und Perlsucht in der That identische Krankheitsprocesse sind, die nur je nach der Thiergattung sich etwas anders gestalten; dann erwähnte ich Obiges, um von Ihnen verstanden zu werden, wenn ich abweichend von Anderen über die Perlsucht noch eigens referire.
Die Perlsucht kommt unzweifelhaft ausserordentlich selten in der Harnblase zur Entwicklung; ich habe noch niemals während meiner langjährigen thierärztlichen Thätigkeit etwas da­von gefunden und auch in allen von mir durchgesehenen Hand­büchern, die möglicher Weise entsprechende Notizen darüber enthalten konnten, war ich nicht im Stande, zuverlässige Notizen über die Perlsucht in der Harnblase zu finden. Bruck-müller1, Roll2, Fürstin- in Wttrzburg3, Fuchs in Carls­ruhe4, Gerlach5, G-urltquot;, Hering7, Spinola8, Silvestri in Turin'1, Leiseringquot;1 und Andere mehr erwähnen der Pevlsucht in der Sehleimhaut der Harnblase mit keinem Worte. Auch eine reichliche Sammlung der thierärztlichen periodischen Literatur habe ich durchstöbert und habe auch darin nichts Autheutisches gefunden. Nur Herr Dr. Schütz an der Thierarzneischule in Berlin, der bekanntlich auch in den Ureteren, im Nierenbecken und den Nierenkelchen Tuberkel ge­funden hat und der nach Schupp el's und eigenen Untersuchungen die Perlsncht mit Tuberculosis identificirt, hatte die Güte mir
1 PHthologische Zootomie.
- riiiocielle Pathologie and Therapie.
3 Pathologische Anatomie.
1 Pathologische Anatomie.
s öerichtliche Thierheilkunde. l^O-^.
,; l'atlKilügisclio Anatomie.
7nbsp; Specielle Pathologie und Therapie.
8nbsp; Specielle Pathologie und Therapie.
3 Compendio di Pathologia e Terapia specialo degli animali domestlci. Torino 187;;.
111 Zur pathologischen Anatomie der Perlsncht. Sachs. Vet. Bericht. IX.^
S. 87.
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Neubildungen In uml an dar Ilaniblase und in ilt-r irarnrülirc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 26)')
mitzutheilen, class die „Tuberkelquot; in der Schleimhaut der Harn­blase in der Regel in der Gegend von Trigonum Lieutaudii,
alsci in der Killic der Einmündung der Harnleiter, vorkämen.
Die Umgebung der Knoten ist ^eröthet (hyperämisch oder haemon'hagisch); ans den Knoten entstehen ülcera; Knoten und Ulcera können confluiren. Die Ulceration verläuft zuerst in der Schleimhaut, kann später aber in die Tiefe dringen; gleichzeitig kann bei männlichen Thieren die Prostata erkranken und können sodann in ihr grosse Herde; entstellen, die naeli innen in den Blasenhals oder nach aussen in das Perinäura durchbrechen und tuberculöse Fisteln bilden.
Im Verzeichniss der pathologisch-anatomischen Sammlung der Münchener Thierarzneischule von Postl finden Sie übrigens S. 85 unter Nr. 10 die von einer eilt' Jahre alten Kuh stammende Harnblase aufgeführt, welche eine verdickte Wan­dung und Greschwürchen auf der Schleimhant hatte: raöglichei--weise handelt es sich hier um perisüchtige Hyperplasie und Ver-schwärung der Schleimhaut.
Vom Rotz kann ich Ihnen hier Nichts sagen. Es scheint, dass Rotzknoten und Rotzgeschwüre in der Harnblasenschleim­haut noch nicht zur Beobachtung gekommen sind. In der Urethra will jedoch der französische Veterinär Anginiard1 Catarrh und zahlreiche kleine rotzähnliche Geschwüre und solche auch aussen an der Ruthe bei einem Beschäler gesehen haben; da nun aber dieses Pferd auch gleichzeitig an der Bescbäl-krankheit litt, so lässt sich nicht bestimmen, ob diese Ulcera auf Rechnung des Rotzes oder jener der Beschäl­krankheit zu setzen sind.
Symptome. Die Erscheinungen, welche durch perl süch­tige Geschwülste und solche Geschwüre hervorgerufen werden, sind jedenfalls ganz dieselben, wie man sie bei einer chronischen Cystitis zu beobachten Gelegenheit hat, d. Ines werden vorzugsweise andauernde Reizungszustände im uropoSti-schen raquo;Systeme sein. Da aber wahrscheinlich in jenen Fällen, in welchen „Perlsucht in der Harnblasequot; sich zeigt, die Sexualorgane von demselben Processe nicht unverschont geblichen sind, so werden wohl jene Erscheinungen prävaliren, welche
i Canstatrt's Jahresberichte pro 1852. V.l., S. 29 laquo;ml 30.
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Neubildungen in and au der Harnblase and In der Hamröbre.
I
der Perlsucht auch dieNamen: „Stiersucht, Brüllerkrankheit, Franzosenkrankheit etc.quot; eingetragen hahen.
Therapie. Von einer Therapie dieser Zustände kann nach unserem heutigen Wissen seihst dann keine Rede sein, wenn wir sie auch diagnosticireu könnten.
b) Das Carciuom dor Harnblase.
1 )as Carcinom der Harnblase knmmt hei Thieren ausser-ordentlich selten vor, wird aber doch hin und wieder beobachtet. Allerdings sind die älteren Angaben über Carcinom meistens ganz, unzuverlässig, da man früher jedes bösartige ..fressendequot; Geschwür und Jede mit sogenannten „geschwänzten oder Krebs - Zidlen' durchsetzte oder knorpelige Geschwulst1 ein Krebsgeschwür oder eine Krebsgeschwulsl nannte.
Nur einzelne wenige, besser beschriebene mikroskopische
Beobachtui
igen greoen
der Wahrscheinlichkeit Raum, dass man
auch in früherer Zeit hin und wieder krebsige Neubildungen in der Harnblase der Thiere fand.-
liöll schreibt in seiner Pathologie - und bei dem reichen Material in Wien ist das von Bedeutung, — dass er ein Carci­nom in der Harnblase bei Pferden und Rindvieh noch nicht beobachtel habe, und da er über den Harnblasenkrebs bei an­deren Thieren auch nichts sagt, so dürfte wohl anzunehmen sein, dass er überhaupt ein Harn blasen carcinom von Thieren noch nicht sresehen hat.
1 Hering: Carcinom der Har n lil asn bei einem Hunde. Koiiertorium VI., '-2. Hier stützt Hering seine Diagnose auf die knorpelige Beschaffenheit der Blasenwände. In eunereto konnte es sieb reebt webl nur um einen chro­nischen Blasenkatarrh gehandelt haben, wenn nicht in der Nähe des Halses und in Lymphdrüsen jauchige Zerstörungen etc. vorgekommen wären. Letztere deute ich für seeundjiie Careinome. Eine Entscheidung, um was es sieh hier handelte, kann jedoeli mit Sielirrheit nur die mikroskopische Analyse der Geschwulst geben. Aehnlich verhält es sieb auch mit einer Mittheilnng von Anderson (The Veterinarian 1842) bezüglich eines Blutschwammes einer Kuh. Dieser Fungns hämatodes sass auf der Schleimhaut auf, aus ihm konnte man ISlut hcraosdrücken; das Innere bestand aus sehr kleinen, hellen Hohlräumen, die thcilweise mit dünnem Blute, theilweise mit einer mnrkälinliehen Masse gefüllt waren.
- Scholl /.. 1!. beobachtete einen Marksehwamm der Harnblase bei einer Stute. Mittb. a. d. th. Praxis in Prenssen. 1857, S. 145.
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Keublldnngen in and au der Harnblase und in der Elomrölire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 265
Auch Bruckmüller dürfte in derselben Lage sein, denn dieser bemerkt in seiner pathologischen Zootomie, dass in de r thierärztlichen Literatur mehrere Fälle erwähnt seien, in welchen fk3r Markschwamm und Zottenkrebs in der Harnhlase
der Pferde und Rinder gefunden worden ist. '
Gurlt und auch Fuchs bringen in ihren pathologischen Zootomien nur fremdes Material. Ersterer erzählt von Miquel (Journal de med. vet. pratique 1827, S. 113), dass derselbe bei einem Maulthierwallachen einen Scirrhus an der rechten Wand der Harnblase fand. Dieser Scirrhus war in Krebs über­gegangen (— ?) und mündete mit einigen Fistelgäugen in die Harnblase. Es wurde dadurch eine Harnverhaltung erzeuert. Fuchs führt einen von Shorten (The Veterinarian 1855) beob­achteten Fall vor. Shorten will nämlich einen Epithelialkrebs in der Harnhlase eines Pferdes gefunden haben. Die Geschwulst, welche im Innern der Harnblase aufsass, wog 1-325 Kilogr., war knotig und zwischen den drei bedeutendsten Erhabenheiten be­fanden sich mit Fett gefüllte Gruben. Beim Durchschneiden des Aftergebildes zeigte dasselbe die Consistenz des weichen Käses, eine griinlich-weisse Farbe, und aus ihm konnte man eine in Cysten und Canälen enthaltene rahmartige Flüssigkeit herausdrücken, die unter dem Mikroskop sich meist als aus verschieden grossen, kernhaltigen Zellen bestehend erwies, theils geschwänzte und nicht geschwänzte pflasterepithelähnliehe Zellen enthielt. Diese Beschreibung ist allerdings auch vage, ich habe aber doch die Meinung, dass es sich hier um ein sogenanntes gewöhnliches Medullar-Carcinom gehandelt haben mug.
Im Kecueil denied, vei. 1857 soll sieh von Dupont noch eine Mittheilung über Harnblasenkrebs rinden: ich konnte aber leider diese Arbeit nicht selbst durchsehen und weiss Ihnen dess-halb darüber auch nichts zu berichten.
Aus dem ihnen von mir Vorgetragenen ersehen Sie nun wohl unzweifelhaft, dass in der That der Harnblasenkrebs bei Thieren eine seltene Krankheit ist, über die wir nichts besonders Authen­tisches besitzen; desshalb aber erlaube ich mir auch, Ihnen eine Neubildung näher zu besehreiben, welche sich in der pathologisch - anatomischen Sammlung der hiesigen Hoch­schule befindet.
1 Siehe auuli Försterquot;raquo; pathologische Anatomie. II., 537.
1'fing, KninkiiLitcn Ans uropu'OtiHcticn Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^S
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NettbUdangen in und an tier Harnblaslaquo;! und in der Harnröhn1.
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Das Weingeistpräparat ist als Carcinom der Harnblase eines männlichen Pferdes bezeichnet (Taf. V, Fig. 26), wiegt 11250 Gramm und besteht: aus der Harnblase, welche hinter der Prostata im Blasenhals von der Urethra abgeschnitten ist, — ans den beiden circa 0-1 .Meter langen Enden der Ureteren den je 0-22 und 0-23 .Meter langen Rudimenten der Vasa deferentia, den Samenblftschen, der Prostata und den circa 0-12—0-15 Meter langen Endigungen der beiden nicht obl tterirten Nabelarterien. Insoweit, als die Harnblase von dem Peritonäum amzogen ist, findet sich eine in ehr fach lap pige d riise na rtige Gesch willst, deren grösster Lappen von etwas rechts des linken runden Bandes his zum linken Ureter reicht, so das.s das linke runde Band ganz von der Geschwulst umschlossen ist. Die mehr rechterseits an der Blase befindlichen Geschwulstlappeu stehen mit den eben bezeichneten grössten Lappen in innigster Ver­bindung, sie sind aber durch mehrfache Furchen in blamen-kohlartige Massen umgewandelt. Das Ganze dieser lappigen Geschwulstmasse beträgt von rechts nach links gemessen (trans­versaler Durchmesser) 0-17 Meter, von vorne nach hinten (me­dianer Durchmesser) lt;raquo;-l2 Meter und von oben nach unten (frontaler Durchmesser) 0-07 Meter.
Die Stelle der Harnblase, an welcher die runden Bänder sich anlegen, ist in das Lumen der Blasenhöhle hineingestülpt. Die runden Bänder sind offene Canäle, welche in eine 0-12 Meter lange und O-lö Meter breite und an der Basis 0-075 Meter dicke blumenkohlartige Geschwulst führen, die innerhalb der Harn­blase an jener Stelle der Wand sitzt, wedeln; nach einwärts gestülpt ist. Dieser circa ll/2 Faust grosse Tumor ist auch durch seine Schwere die unzweifelhafte Ursache, warum die Harnblase an ihrem Gipfel und zum Theil ihrer oberen Wand nach innen in ihr Lumen hineingezogen wurde, respective eingestülpt war.
Samenleiter, Prostata und Samenbläschen erseheinen gesund.
Das an der Blase befindliche Rudiment des rechten Ureters steht mit der Neubildung in keinerlei Connex, währenddem das Rudiment des anderen Harnleiters mit der Geschwulst verwachsen ist. Die obere Wand der Blase erscheint, soweit als sie nicht von dem in das innce der Blase hineinragenden Tumor besetzt ist, normal dick, und ebenso verhält es sich auch mit dem grösscren gegen den Blasenhals zu liegenden Theil der unteren Blasen-
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Neabildangen in und an der Harnblase und in der HamrShro,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;267
wandung; dagegen geht die hintere Partie der oberen Wand gegen den Vertex der Blase hin ohne deutliche Grenzen in die anfänglich erwähnten Gesclnvnistmassen über. Dort, wo die äussero Geschwulst sieh in der Wandung der Harnblase verliert, schon wir letztere höckerig; ihre Oberfläche ist aber glatt. Auf dem Durchschnitt der Blasenwand erkennt man. dass diese Pro­minenzen, welche vom glatten Peritonäum überzogen sind, durch kleinere in der Wand befindliche Geschwülste veranlasst werden. Die Sehleimhaut der Harnblase erscheint intact und nur dort, wo die Neubildung vom Gipfel und einem Theil der oberen Wand aus in die Blasenhöhle hineinragt, ist die Mucosa von der Neubildung durchbrochen und letztere über die Schleimhaut herausgewuchert.
Der in der Blase befindliche Tumor ragt weit über das Trigonum nach hinten, his fast in den Blasenhals und war jeden­falls Ui'sache schwerer Störungen im Harnahsatze.
Die Schnittfläche des grossen ausserhalb der Blase liegen­den Neoplasma erscheint bei denn Weingeistpräparat blassgelblich, ist mehrfach von starken Bindewebszügen durchsetzt, welche ungefähr in der Mitte des Tumors einen sclerotischen Kern bilden (Scirrhus) und von da aus, gegen die Peripherie zu, die eigenthüinlichen, drüsig-weichen und cavernös aussehenden Lappen und Läppehen der eigentlichen Neubildung umschliessen.
Neben diesi in eben beschriebenen Präparate findet sich in demselben Standgefässe noch eine andere circa 117ft-0 Gramm schwere Masse, die aus einem Conglomerat grösserer und kleinster Geschwülstchen zusammengesetzt ist. Es sind dieses Greschwülst-chen, die in ihrer übrigen Charakteristik ganz und gar jenen Neubildungen gleichen, welche ich Ihnen als ausserhalb der Harnblase liegend geschildert habe.
Das Interessante dieser Geschwulst ist jedoch, dass wir in ihr den rechten Ureter ermittelten, der an einer Stelle er­weitert erschien.
Hier fand sich im Innern des Ureters eine ähnliche Neubildung wie in der Harnblase.
Die Basis der Gesehwulst ist beiläufig OOH Meter lane, 0008 Meter breit und 0-005 Meter hoch. Auch dieser Tumor ist unter der Wehleimhaut entstanden, hat letztere endlich per-forirt und ist über sie herausgewachsen.
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268nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildungen in uml an ilt'r llariilgt;hisfi und in laquo;Iit Hurmvhre
Ka dürfte kaum einem Zweifel unterliegen, dnss dieser Tumor eine Barnretention in def Niere erzeugte; leider aber ist über den Zustand der Nieren n-.-ir nichts und über das Thior selbst nur Weniges bekannt.
Der Localisation der Neubildung und insbesondere jener der älteren Tumoren zufolge scheint es mir, als ob die ersten (primären) Geschwülste sieb im Peritonäum gebildet und per con-tinguitatem auf Ureter und Harnblase übergegriffen hätten.
Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass ich es mit einein blumenkohlartigen alveolären Carcinom, d. li. einem saftigen Carcinom mit grob alveolärem Baue ausserhalb und mit einein zottigen medullären Carcinom innerhalb der Blase zu thun hatte.
Das Letztere nimmt man deutlich wahr, wenn man mit dein Rücken des Messers über die Schnittfläche streicht, einen miiehig-körnisreu Saft dadurch herausdrückt und dann die, Schnittfläche selbst betrachtet, man erkennl auf dieser das alveoläre binde-arewebiee Gerüste mit kleinen, höchstens hirsekornerossen Maschen-räumen.
Unter dem Mikroskop wird natürlich das liild noch deut­licher, jedoch nicht an allen Stellen, denn mehrfach findet sich das alveoläre Bindegewebe bis auf ein Minimum reducirt und die eingelagerten epithelialen Zellen scheinen /.war mich deut­lich in rundlichen Alveoleu zu liegen, allein von dem Alveolen-septum ist oft nur noch mit Mühe eine Spur nachzuweisen. Diese weichen und namentücli mehrfach in der Geschwulst innerhalb der Harnblase vertretenen Partien stellen neuere Bil-dungsformen vor und werden mit Recht: „markartige Krebs­gesehwulst (Carcinoma medullare)quot; genannt.
Diesem entgegen findet sich central in grösserer Menge das- Bindegewebe, bei dessen Untersuchung das zellige Material kaum mich zu linden ist. dagegen das fibriliäre Gewebe überaus prävalirt. Ich habe diese Stellen ihnen sehen früher mit Scirrhus bezeichnet.
Taf. IV. Fig. quot;27 a und b zeigt Ihnen die im Tumor reich­lich vertretene Mittelstufe des Carcinoms; nämlich die deutliche alveoläre Ötructur desselben. Man sieht hier librilläres Binde­gewebe netzförmig angeordnet und zwischen den Fibrillen hin und wieder grössere Zellen von .ähnlichem Charakter wie die
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Neubildungen in uud au der Ihimiilu c uu'l in der HururShre.
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intraalveolären eingelagert. Die Alveolen sind gefüllt mit grossen polygonalen, geschwänzten, ovalen und spindelförmigen Zellen, alle von epithelialem Charakter mit grossem, hellen Kern und mehrfach durch Fettmolectlle granulirt.
Symptome. Von dem Pferde, welches mit dem Carcinom des Ureters und der Harnblase behaftet war. kennte ich nur erfahren, dass es zwanzig Jahre alt wurde. Vier Wochen vor seinem Tode versagte es das Laufen, d. li. es wurde ernst­lich krank, nachdem schon frühen- mehrmals Blut; und mit-nnter Blutcoagula durch die Harnröhre abgegangen waren. Das Thier wurde getödtet.
Es sind das in der That die wesentlichen Erscheinungen, die man bei Thieren mit Carcinom der Harnblase erwarten darf. Sieher aber kommen zu den uns vom Eigenthtlmer geschilderten Symptomen noch manche andere hinzu, die im vorstehenden Fall wahrscheinlich nicht hinreichend gewürdiget und uns dess-ludb nicht mitgetheilt wurden. Patient stellte sich doch wahr­scheinlich öfters zum Harnlassen, hatte oft leichte HarncoHk, hie und da gingen unter Äechzen und Stöhnen blutiger Harn und Blutgerinnsel, vielleicht auch Schleim oder eiterige Materie ab.
Bei der manuellen Untersuchung würde mau die Ge­schwülste in und an der Harnblase! und in der Nähe derselben gefühlt haben, das Thier würde bei Berührung der carcinoniatösen Massen vielleicht Sehmerz gezeigt und sieh sofort zum Harnabsatz angestellt haben. Ich sage absichtlich: ..das Thier hätte vielleicht Schmerz gezeigt'', weil es mir be­kannt ist, dass für den Menschen die zottig-kugeligen Carcinome in der Harnblase nicht besonders empfindlich sind.
Bei gröss eren weiblichen Hausthieren kann bei der Untersuchung der Harnblase per urethram mit Pinger oder Sonde zuweilen auch eine Weichgeschwulst in der Blase constatirt werden. Auch hier muss ich Ihnen das ..zuweilenquot; betonen, und zwar darum, weil die Zottenkrebse in der Blase oft so weich sind, dass sie dem Finger und der Sonde allzu­leicht ausweichen und dadurch häufig unfühlbar werden; — in wieder anderen Fidlen dürften sie' mit Blasensteinen ver­wechselt werden, da hin und wieder auch diese Tumoren durch Harnsalze incrustirl und dadurch raulisch al ig werden.
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Ncablldungen in und :m der Harnblaso and in der HamrShro.
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hi der letzten Zeit dor Krankheit werden die Thiere apathisch gegen ihre Umgehung, es stellt sieh ein febriler Zustand, ein torpides oder asthenisches Fieber — wie man seiner Zeit zu sagen beliebte — ein, und unter comatösen Erscheinungen sterben end­lich die Kranken.
Sind bei krebskranken Thielen seeundäro Xeubil-duugen In anderen Organen vorhanden, wie das beim Carcinom fast immer, z B. in der Leber, Nieren, Lymphdrüsen und Lunge geschieht, so werden ganz natürlich die angegebenen Erscheinun­gen dadurch in verschiedener Weise modificirt.
Bei kleineren Thieren kann man vielleicht eine Schmerz-haftigkeit des Bauches, eine Vergrösseruug des Hinter­leibes, ja sogar durch die Bauchpresse hindurch oder per anum mit dein Finger eine Greschwulsl in oder an der Harnblase diagnostieiren — ob die auf diese Weise ent­deckte Geschwulst aber ein Carcinom sei, das zu constatiren quot;wird nur dem gelingen, der nach einer Operation ein Stück des Tumors der mikroskojiiseben Untersuchung unterwerfen kann.
Therapie. Fragen Sie nun aber, was es Für einen wirtli-schaftlicheu Fortheil habe, wenn wir rechtzeitig ein vorhandenes Carcinom erkennen, so ist meine Antwort die, dass wir häufig durch rechtzeitiges Tödten des Patienten den Eigenthümer von einem das Futter nicht mehr lohnenden Thiere und dieses selbst von seinen Schmerzen befreien. Von einer Schlachtung gewisser
Thiere zum Zwecke des Fleisel
igenusses
für Menschen k
um.
abgesehen von einer möglichen Infection, schon wegen der Un-appetitlichkeit des Fleisches keine Rede sein.
Man könnte möglicher Weise durch operative Eingriffe oder durch speeifische Krebsmittel die Krankheit heilen! — Sie haben darüber sicherlich schon Manches erzählen hören
und wollen Jedenfalls
von mir nun auch einiges
Näh
erfahren.
Ich halte mich für verpflichtet, Ihnen in besagter Angelegenheit einige Aufschlüsse zu geben.
Wollen wir mit dem Messer aus der Harnblase ein Carci­nom entfernen, so müssen wir es zunächst mit ablösbaren Tu­moren und nicht mit Flachgeschwülsten und Geschwüren zu thun haben, denn man kann wohl ein Krehsgeschwür in der Haut oder noch an manchen Stellen der Schleimhaut, ja seihst ganze Körpertheile, z. B. Penis, Clytoris, das Auge u.dgl. in. heraus-,
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Neubildungen In und ;iii der Harnblase und in der Sarnrfilire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 271
rcsp. abschneiden, aber ein Stück der Leber oder Harnblase kann mau doch nicht entfernen. Je nachdem aber die Geschwulst in oder au der Blase sitzt, müsste entweder von der Urethra aus oder durch die Bauchdecke zur Neubildung zu kommen versucht werden. Carcinomatöse Tumoren in der Harnblase wären im Allgemeinen nach ähnlicher Methode zu beseitigen, wie ich es Ihnen nachher bei der lüxslirpatiun der Polypen be­schreiben werde. Die Entfernung der Geschwülste an der Blase oder den Harnleitern könnte aber nur nach Oeffhung der Bauch­höhle, Biossiegen der kranken Theile und Abtragung der Neu­bildungen mit dem Messer bei vorsichtiger Unterbindung der Blutget'ässe ermöglicht werden! — Allein, meine Herren, wenn 8ie die unsichere Diagnosis, die vorbereitenden Operationen (Harnröhrenschnitt, Bauchdeckenschnitt), die eigentliche Opera­tion des Ablösens der Neubildung, die Nachbehandlung, den wahrscheinlich gewöhnlichen ungünstigen Ausgang der Operation durch seeundäre Zufälle, die fast regelmässige Recidive der Geschwulst, die wahrscheinlichen Krebsmetastasen, den Werth des Thieres, die .Mühen und Kosten der Behandlung und endlich die Thierquälerei in Erwägung ziehen, so werden Sie wohl klug genug sein, bei Thieren von einer kaum einen günstigen Er­folg versprechenden Operation Abstand zu nehmen.
Von den innerlichen Mitteln, welche den Krebs bekämpfen sollen, bemerke ich Ihnen hier ein für allemal, dass Specifica bis jetzt noch nicht entdeckt sind und auch wohl kaum ent­deckt werden. Die gegenwärtig, von Amerika und England aus, so sehr gerühmte Radix Cundurango wird wahrscheinlich auch gar bald den \\ eg gehen, den die unnützen Krobstincturen alle schon gegangen sind, d. h. sie wird vergessen werden! —
c) Die Harnblasen-Polypen.
Ich lasse unter dem Namen „Polypenquot; eine ganze Reihe von Neubildungen zusammen, die ihrer Morphologie und ihrer Genesis zur Folge wohl verschiedenen Kategorien der patho­logischen Neubildung angehören, die aber wegen ihrer oft den-tritischen Geschwulstformation in früherer Zeit uanz allsremein „Polypenquot;' genannt wurden. Nunmehr müssen Sie sich aber daran gewöhnen, durch eine die Natur der Neoplasmen
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in und an der Uarublaäe innl in der HarurOlire
$gt;
beschreibende Notnenclatur auch die Neubildungen sdion durch ihren Namen zu präcisiren und darum werden wir hier Sarcome, Papillome, Fibrome, Myxome, Chondrome und Osteome zu unterscheiden haben. Die fünf letztgenannten Neubildungen gehören ihrer Genesis und ihrer Natur nach der Gruppe der Binde­substanzen an, während das Sarcom eine Neubildung ist, die sich wohl auch auf der Basis der Bindesubstan^en entwickelt, die aber durch ihren ungeheueren Reichthum von grösstentheils fixen Zellen und durch ihre Neigung zur Verbreitung und Metastasen­bildung, also durch eine ähnliche Malignität, wie sie den Carci-uoinen eigen ist, sieh charakterisirt.
Da vom Sarcom in der Harnblase der Thiere mir wenig bekannt ist, so will ich bei einer anderen (!elegonheit Weiteres über dasselbe sagen, dagegen jetzt mich Ober die in der Harn­blase häufiger vorkommenden Zottengeschwttlste (die papillären Fibrome) etwas mehr verbreiten.
Die Zottengeschwiilste, oder wie sie Virchow genannt wissen will, die papillären Fibrome, die, wie Sie bereits gehört haben, auch im Nierenbecken und den LTreteren vorkommen können und auch, in vereinzelten Fällen schon in der urethra gefunden wurden, sind insoferne interessant, als sie hier eigent­lich heterotopische Tumoren darstellen, denn sie sind neu­gebildete hypertrophische Papillen, die sich an Stellen entwickeln, welche natu rgemä ss keine Papillen tragen. Wlv wollen diese Neubildung hier auch nicht Papillome, sondern papilläre Fibrome nennen, damit Sie sofort aus der Terminologie auf die Natur der in Rede stehenden Geschwulst schliessen können. Dabei dürfen Sie aber keineswegs auf den Gedanken kommen, dass diese Zottengeschwülste etwas dem uropoetischen Organe besonders Eigenthümliches wären, denn derartige Fibrome linden sich auf verschiedenen papillenfreien Schleimhäuten und selbst auf den serösen Häuten — auf letzteren sogar sehr häufig.
Virchow hat in seinem Werke über die krankhaften Ge­schwülste (I., S. 340) die Gallenblase einer Kuh mit diesen zot­tigen Vegetationen abgebildet; in unserer Sammlung können Sie ein ganz ähnliches Präparat von einer Ziege sehen- in der Mamma des Hundes kommen ferner jene Zottenbildungen vor, die Vir­chow „papilläre intracaniculäre F ihromequot; nennt und die mit sarcomatöser Grundlage Langhaus vom Menschen als „Sar-
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II
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Nimbildungen in ttnO an der Etamblaso mul In ihr Harnröhre.
comata phyllodesquot; mil' gezeigt hut. Die papillären Fibrome iinl den serösen Häuten kennen Sie hinreichend, denn diese .sind es, welche beim Rindvieh zur perlsüchtigen Degeneration so ganz besonders prädisponiren.
Auf der Schleimhaut der Harnblase entwickeln sich die­selben, und zwar mit besonderer Vorliebe an der oberen Wand, am Trigonum und der Einmtlndung der Ure-teren, was zuweilen zur Einstülpung der letzteren in die Harn­blase Veranlassung gibt, ' verhältnissmässig nicht gerade selten als kleinere und grössere bis hühnereigrosse und noch grössere Escrescenzen, ähnlich wie anfallen, namentlich den Papillen besitzenden Schleimhäuten des thierischen Körpers.
Diese zottigen Excrescenzen in der Blase sind meisten-theils kleine, fadenförmige oder blättchenartige oder knotige Ve­getationen, die nicht selten erst dann deutlich wahrgenommen werden, wenn wir die aufgeschnittene Harnblase — die Schleim­haut nach oben unter einen klaren Wasserspiegel tauchen und die Fädehen und Zöttchen flottiren sehen.
Die zartesten Filamente bestehen ans neugebildeten Capil-laren, die kaum mit etwas Bindegewebe umkleidet und mit locker angeordneten, meistens reichlicheren Epithelzellen bedeckt sind, — mit Epithelzellen, die auf der Oberfläche häufig erweichen und dann den rahmigen Beleg der Zotten darstellen. Die grösseren Zotten werden namentlich durch die Zunahme des bindegewebigen Materials, zuweilen auch durch ein reichlicheres Epithellager, meistens aber durch Verwaehsung mehrerer neugebildeter Pa­pillen zu grossen Tumoren und durch Einlagerung derselben in eine gemeinschaftliche Epithelhülle erzeugt. An Blutgefässen sind alle derartigen Bildungen sehr reich.
Die Oberfläche dieser zuweilen wie zwei Mannsfäuste grossen Geschwülste ist knotig, zottig, lappig oder drusig. Im letzteren Fall hören Sie derartige Geschwülste auch Hluinonkoh 1-geschwülste nennen, was jedoch wiederum eine Bezeichnung ist, welche zur Natur des Tumors in keinerlei Connex steht, son­dern sich allein auf dessen ftusserliche Form bezieht.
Diese Gebilde können übrigens an allen Stellen der Blasenschleimhaut sich entwickeln und linden sich fast
1 Neubildung in der Hainblase und Einstülpung dos Harnleiters. Sachs. Vet.-Bericht. \III., S. 27.
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Keubildaugeu In uii-i an der llaruMa-
id in der QamrQbre.
immer nach audauernder Reizung derselben und desshalb bei chronischer Blasenhyperämie, chronischer Cystitis nud beiBlasensteinen. Ihre erste Bildung ist unzweifelhaft durch eine cireuinseripte Bindegewebshypertrophie bedingt, der das Epithelsü'atum und die Gefässe folgen.
Ich habe mich vielfach mit dem Studium der papillären Bil­dungen bet'.isst und immer als erste Anlage der Neubildung das wuchernde Bindegewebe beobachtet. Hehrere andere Autoren sind aber nicht derselben .Meinung, so z. B. gibt Mayor ' als erste Wu­cherung der Zotten die Bildung epithelialer Knospen an, denen erst später das Bindegewebe und diesem die Neubildung der Capillareu folge, während wieder Andere 2 die Gefiissneubildung für das Initialstadium der papillären Fibrome halten.
Die Oberfläche der grösseren papillären Fibrome wird zuweilen nekrotisch, es erfolgen Blutungen aus corrodirten Grefässen in das Lumen der Harnblase, mit dem Urin gebt eine blutige und jauchige (nekrotische) Masse ab. Durch die allniälige Vergrösserung der papillären Neubildung treten Barn­störungen mit allen ihren Folgen, als Pyelitis, 1 iydronephrose und i'tergl. m. ein.
In manchen Fällen ist die papilläi-e Destruction der Blasen-schleimhaut anders charakterisirt; es erscheint die Neubildung nicht in Form deutlieb umschriebener Tumoren, als Zotten oder Fädeben, sondern die Sehleimhaut erscheint mehr oder weniger ausffebreitel verdickt und in eine weiche, leicht blutende Masse umgewandelt; gewöhnlich sind dann auch die übrigen Membranen verdickt, die Mucosa und Submucosa sind saltig und mit reichlichen Capillareu durchsetzt. Es stellt dieses eine poly-pöse Hyperplasle der Schleimhaut dar.
Von diesen Zott engesc h w ii Islen müssen Sie nun aber die reinen Fibrome unterscheiden, es sind dieses meistens ziemlich derbe, circumscripte, fibröse Geschwülste in der Submucosa, die wohl am öftesten ans stark hyperämischen Geweben sieb entwickeln, so class die jungen Geschwülstchen ganz das Aussehen kleiner Blutcoagula haben. Diese Fibrome werden öfters gleichzeitig mil llarnsleinen angetroffen, wie
1 Mayer: Allgem. patliolog. Anatomie. S. i')S. -' Virchow: Geschwülste. I., S. ool.
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Nenbllduagen in and an der Sarablase und in der llaruröhre.
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unter Ändernd auch aus einer Notiz im IV. sächsischen Veterinär-Berichte hervorgeht. Bezirksthiorarzt Neubert überschickte näm­lich die mit einer Ruptur in Folge einelaquo; Harnröhrensteines ver­sehene Harnblase eines Ochsen der Dresdener Thier-arzneischule. Die innere Fläche dieser Blase hatte nach Leisoring's Mittheilung ein höckeriges, knotiges Aussehen, doch aber war die Schleimhaut über den Knoten gesund. Dieselben waren erbsen- bis saubohnengross und stellten sieh als Binde-gewebsneubildungen (Fibrome s. Fibroide) im submueösen Gewebe dar.
Derartige Fibrome finden sich übrigens, sowie auch die Enchondrome — die Knorpelgeschwttlste — in der Harn­blase nur selten und sind auch die eigentlichen Osteome — Knochengeschwülste — meines Wissens in ihr noch nicht nachgewiesen, wohl aber kommt es zuweilen vor. dass Weich­geschwülste in der Blase entweder mit Kalksalzen incru-stirt sind und dann Knochentumoren vortäuschen oder es ist die Oberfläche der Geschwulst mehrfach mit wirklichen Knochenscbalen besetzt.
Wiederholt sind aber schon Myxome in der Harnblase der Thiere gefunden worden.
Manche Tumoren sind gestielt ', dabei zuweilen blumen-kolilfönnig, und können sich dann wohl auch von der Blasen­wand losreissen und als freie Körper den Harnabgang, ähn­lich wie Blasensteine, beh indem. Eine solche freie Gesc bwulst, und zwar ein Lipom, fand drove 2 in der Harnblase eines Pferdes; er hielt sie für einen Harnstein, da die Peripherie derselben verknöchert (?J war. Das Thier lilt an Harnverhaltung, weil sich dieser freie Körper vor die Mündung in die Baruröhre geschoben hatte.
In der tbierärztlichen Literatur ist nicht selten der Fund papillärer und anderer Neubildungen notirt; diese treten Ihnen aber unter sehr verschiedenen Kamen entgegen, sie heissen War­zen, Polypen, Sarcomc, Papillome, Fibrome, Zottengeschwülste,
1nbsp; Baeonnat in Clermont-Ferrand: Blasenpolyp bei einer Kub.Jour­nal il(! mddec. vef. publid a l'ecole ilo Lyon. Tome MI., 1S47 — Rruck-müller, path. Zootomie, S. 668; Zotteugeschmilst in der Hai-nblase eines Ochsen.
2nbsp; Gurlt's pathol. Anatomie der Hatissäneethiere 1., S. '.'lo.
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und an 'ilt;'i Uarnblase uii-l in tin- llamröhre.
Carcitiome and dergl. m.; ich mache Sic jedoch wiederholt dar­auf aufmerksaro , so weit als inö^licli vom Xamcn aus nicht auf die Natur des fraglichen Tumors au schliessen, ' denn unsere älteren Herren Colleger) nalmien es mit der Nomenclatur nieiit so genau und waren oft froh , nur einen Namen für einen „in­teressanten, noch nie dagewesenenquot; Fall zu finden. Die neuere Literatur ist in dieser Beziehung zuverlässiger.
Oh es richtig ist, class Polypen in der Harnblase des Kiml-viehes — wie es mehrfach behauptet wird — öfters als bei anderen Thieren vorkommen, wage ich hier nicht endgiltig zu entschei­den. Gurlt- behauptet es wenigstens, dass Polypen der Harn­blase bei Pferden viel seltener vorkommen, als beim Rindvieh.
Interessant sind zwei aus der Literatur mir bekannte Ge­schwülste, die ich für Myxome halte und die sieh an und in der Harnblase je eines Ochsen und eines Pferdes fanden. Das erstere Präparat erhielt die Dresden er Thier arzneischule :i vom Thierarzt Röliler zu Weissendorf bei Zeulenroda und das andere gehört der Mtinchener Seh nie und stammt von dem mehrgenanntcnMilitär-Veterinärarzt A. Schmidt in Würz-burg. '
[Jeher beide Präparate möchte ich hier einige Bemerkungen machen. Schmidt sagt von dem Seinigen Folgendes: Kaum war die Harnröhre (behufs des Blasenschnittes) geöffnet, als statt des Urins mehrere' hydatidenartige, eigelbe, haselnussgrosse Kör­per hervordrangen, so dass ich glaubte, der obere Theil der Harnröhre und der Blaseuhals sei ganz mit solchen Körpern be­setzt. Mit dem Finger sondirend, fand ich die Auskleidung ('der Harnblase) eben, die fraglichen Körper aber unter sieh zusammenhängend und das Lumen vollkommen ver­stopfend. Ich konnte diese Körper und einige weitere aus
:l;
1 Im Magazin filr ilie gesammte Tliiorlieilkuude von Gurlt und Hortwig III., S. 111. liiuK'ii Sie uuter de.n g'eiiieinscliat'tlichou TUol: „Afterbildungeu in der Harnblasequot; eine I'M eiscligescli vv ulst in der Harnblase eiiilt;;s Ochsen und einen Polypen in der Harnblase einer Kuh besuhrieben und abgemalt; allein es iM ans der vorhandenen Beschreibung absolut unmöglich, eine Diagnosis über die Natur der Geschwülste zu fallen.
- Harnblase mit einem Polypen an der Schleimhaut von einer zwanzig jährigen Stute. Magazin v. (1. u. II. WXIIl., S. 2(5.
3 Sachs. Vet. Bericht VIII.. S. 30.
1 llaiiu's thierärztl. Mittheilungen. München 1862, S. 28S.
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Keabildungen in und an der Harnblase und in der Harnrttbraquo;
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der Wunde hervorziehen, fand aber nun Widerstand. Mit einer langen starken Sonde konnte ich bis an den Q-rund der Blase gelangen, kam am den Körper, mit welehem das Hervorgedrungene zusammenhing, herum and fand, dass er gegen die Blase immer umfangreicher wurde, dass er den Blasenhals vollständig vorstopfte und ausfüllte.
Diese Neubildung wurde von Schmidt exstirpirt und dann in folgender Weise beschrieben: tichwere 2'/., Pfd. baier. (1400 Gramm); ausgebreitet nimmt die Neubildung die Fläche eines gewöhnlichen Tellers ein, ist jedoch nicht ganz ruiul. Der Umkreis ist mit rothgelben, verschiedengrossen zellartigen, blasenartigen Körpern besetzt, den Mittelpunkt bildet eine Duplicatur seröser (?) Membrane, zwischen welcher nicht unbe­deutende Uofässe und Nerven liegen, und weiche den im Um­kreis angehängten Körper aberzieht. Das Q-anze hat die Fieur eines Kälbergekröses, der zellartige Körper wäre als der {vom Metzger aufgeschlitzte Darmcanal zu denken. Die gelbrothe Farbe des Präparates verlor sieh im Weingeist, es wurde weiss und klar, jedoch nicht durchscheinend.
Mehrere Sachverständige (wahrscheinlich Professoren der Würzhurger Hochschule) sprachen sich über die Natur der Neu-
bildung verschieden aus: doch einiete man sieh clah
diesull
Polypus hydatidicus zu nennen.
Sollte man bei Durchlesung dieser Zeilen nicht unwillkür­lich an „Blasenmolenquot; denken, über welche, die Gelehrten
auch
lange im Unklaren waren?
Vergleichen Sie einmal
damit, was Virchow in seiner Geschwulstlehre1 über das My-xom der Placenta, über die Trauben- oder Blasenmole (Mola hv il a f idosa, vesi eul aris, cystica, botryoi d es s. racem osa) sagt und Sie werden kaum einer anderem Meinung Raum schaffen können, als dass es sieh hier um eine ähnliche Neubildung han­delt, die mit dem Namen: „Myxoma botryoides — trauben-1 örinigc Schleimgewebsgesch wulstquot; — annäherungsweise richtig charakterisirt sein dürfte.
lieber die andere Geschwulstart schreibt Leisering: Am Grunde der Blase, hing eine weiche, graugelbe, sieb schleimig anfühlende Masse, welche in ihrem Gewebe eine nicht unhe-
1 I., S. 405.
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KeubildtrngaD in und an del ElarnblasG and In der ECnrnröhre.
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I
träehtliche Menge von mit Blut gefüllten, feinen Gefässen zeigte. Die Masse selbst Hess sich lang ziehen, war aber so weich, dass man mit Leichtigkeit durch sie liindurch-greifeo konnte; ein isolirtes Stück derselben war bei ober­flächlicher Betrachtung wirklich mit nichts Anderem zu ver­gleichen, als mit einem zähen, zusammenhängenden, graugelben Schleim. Diese Masse, welche etwa soviel be­trug, wie zwei Mannsfäuste ausmachen, schob sieb von vornen nach hinten in die Bluse hinein — etwa so, als wenn man die Faust an dem Grund (vertex?) einer gefüllten oder aufgeblasenen Harnblase setzt und diese nach dem Blasen­halse zu drängt; — sie füllte somit einen grossen Theil laquo;1er Blase aus und beschränkte das Lumen derselben sehr beträchtlich. Die Schleimhaut, welche sie vor sich hergetrieben hatte, war an keiner Stelle durchbrochen, aber die Muscularis war an dieser Stelle bereits so geschwunden, dass die Neubildung unmittelbar an die Schleimhaut grenzte. Der Theil der Blasenwand Je­doch, welcher die in die Blase hineingedrängte Neu­bildung ringförmig umgab, war zolldick, hart, von festem, bi n dege w e b ige m (lefüge. Um die von der Neubil­dung vorareschobeno Schleimhaut hatten sich im Innern der Blase mehrere Bei hen Seh le i in hautf'al ten gebildet, weit-he so mit Zotten besetzt waren, dass sie aneinzelnen Theilen wie gefranzt erschienen. Die hineingedrängte Schleim­haut zeigte ebenfalls kleine papillose Wucherungen; grup­penweise fanden sich hier auch noch langgezogene, gestielte, etwa '•.,quot; lange, feinhäutige Cysten, die mit cnner klaren, nur wenige runde Zellen enthaltenden Flüssigkeit angefüllt waren.
Ausserdem waren noch an verschiedenen Stellen kleine, mehr oder weniger dicht zusammenstehende, punktförmige Hämor-rhagien bemerklieh. Die Elemente, aus welchen die gelbbraune, schleimarti ge Neubildung bestand, waren der grössten Menge nach runde, den Ei t erkö rp erchen ähnliche Zellen mit ein bis sechs Kernen: sehr sparsam fanden sich spindel­förmige oder geschwänzte Zellen darin. Von Faserzügen, Ge­rüstbild ungen etc. konnte ich nicht das Geringste dabei bemerken. Im Weingeist bildeten sich die gleichmässig schleimigen Massen zu weissen membranartigen Gebilden um, die ius
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Keubildangen in and an der Eüarnblase und In der Hamr5bre.
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Wasser gelcg-t, weder autquollen, noch sonstige Veränderungen erfuhren.
Von wo die Neubildung ihren Ausgang genommen hat, konnte Leisering an dem wenig kunstgerecht exenterirten Präparate nicht erkennen. Ich halte die Beschreibung dieses Präparates für hinreichend gut und glaube — obgleich ich das Präparat nicht selbst gesehen hahe — kaum zu irren, wenn ich die Neubildung als Myxoma medullare bezeichne.
Symptome. Da ich von den Ursachen dieser in Rede stehenden Neubildungen zu sprechen unterlasse — einfach dess-halb, weil ich nichts weiter zu sagen weiss, als dass nach an­dauernder Reizung der Schleimhäute sich solche Geschwülste allenthalben entwickeln, so will ich sogleich den Versuch machen diejenigen Erscheinungen zu einem Hilde zu vereinigen, von denen eh weiss, dass sie in Folge von „Blasenpolypenquot; hervor­gerufen werden.
Die Krankheit ist eine chronische, in den meisten Fällen leiden die Thiere Jahr und Tag an Earnbeschwerden, öfters treten Harncoliken auf, bis auf einmal der Krankheitsaufall so heftig wird, dass rascheste und rationellste Hilfe nöthig wird; in dieser letzteren Noth sind die Erscheinungen gewöhnlich so gehäuft, dass es für den um diese' Zeit erst herbeigerufenen Arzt leicht möglich wird, eine ziemlich richtige Diagnose zu stellen. Aber zur Constatirung der Krankheitsursache, d. h. zur Consta-tirung der Ursache der Haracolik, gehört eine doppelte Vor­sicht, denn nicht sehen findet sich neben dem Polypen noch ein Blasenstein — und wieder einmal ist der vermuthete Polyp nicht innerhalb der Blase, sondern ausserhalb derselben und hat vielleicht, wie in dem Liesering'schen Fall die Blasenwandung mannsfaustgross nach innen umgestülpt.
Diese an Strangurie (Dysurie) leidenden Thiere setzen nicht selten Blut ab oder leiden längere Zeit am Blutharnen.' Mehrfach bemerkt man, dass die männlichen Thiere nach Art der Kühe oder Stuten sieh zum Harnen anstellen, sie pressen stark, ächzen und stöhnen, es erfolgen einige
1 Prahl: Chronisches Blnthamon lgt;oi einem Ochsen in Folpi; vieler war­zenartiger, linsen- hitt haselnussgrosser telangiectatischer Polypen in der Harn­blase. Mitth. aus der th. Praxis in Prenssen 1808, S. 100.
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Neabtlduogen in und ;iii dar Harnblase und in der Harnröhre-
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8 cliübe Urins und dann folgt nur ein dünner Harnstrahl — odor dci-Harn geht gar nur tropfenweise ab. Männliche Pferde sebaeliten häufig continuirlich aus und immer und und Immerfort tröpfelt Urin ab (Enuresis); diesem entgegen eibt es aber auch Pferde, die nie ausschachten, einen ftusserst sedimentreichen Urin im dünnen Strahl oder tropfen­weise absetzen und bin und wieder von Colik beitngesucht werden.
Lange Zeit sind die Thiere bei diesem schweren Leidem scheinbar sonst wohlauf, sie sind munter, aufmerksam, fressen und verrichten ihre Arbeit während der Intermissionen oder Remissionen wie gewöhnlich.
Solche Thiere aber, welche durch periodische Häma-turie viel Blut oder die, wie es vorkommt, reichlich eiterige Materie verlieren, werden bald traurig, versagen das Futter, haben Fieber, sind in der Wirbelreibe empfindlich , zeigen Schwäche und Schwanken der Nachhand, die Hunger­gruben füllen sieli stärker an.
Im Verlaufe magern die Tbiere auffällig ab, leiden meistens an lläinaturie und an schwerer Harneelik und geben am öftesten während eines solehen Anfal 1s in Folge von Blasen-r n pl u r zu (! ru u d.
Am zweckmässigsten zur Fest st e 1 lung der Diagnose ist die manuell e Untersuchung per anum oder, wo es angeht, per vaginam. Bei der Untersuchung der Harnblase per anum oder per vaginam muss man hinlänglich vorsichtig sein, um sieb zu vergewissern, ob eine fühlbare Prominenz von einem Tumor in der Harnblase o der von einem s olcb en au sser-halb der Harnblase herrührt, ob die gefühlte; Geschwulst weich oder hart, fest oder lose ist. Ich weiss recht wohl, dass diese erkannten Eigenschaften des Tumors nicht von grossem Belange sind, aber Sie werden mir doch zugeben, dass, wenn ich eine öeschwulst in der Harnblase hart und verschiebbar linde, man eher an einen Blasenstein, als wie an einen Schleim­polypen denken kann und vice versa.
Bei der manuellen Untersuchung der Harnblase findet mau dieselbe elastisch oder weich, stark angespannt, nach hinten und oben gedrückt. Bei Compression der Blase mittelst der Hand entleert sieb wenig, gar kein oder etwas blutiger Urin. In der
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Neubildungen in und an der Harnblase und in der Uarnrülire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 281
Harnblase selbst ist ein rundlicher, festweicher, mehr oder weniger leicht verschiebbarer Körper zu fühlen; doch sei man auch hier nicht so siegesgewiss! Es sind mir mehrere Krankengeschichten im Gedächtuiss, in denen es heisst: Eine Geschwulst in der Harnblase konnte nicht wahrgenommen werden, das Thier zeigte beim Druck auf die Blase keinen Schmerz, durch die Unter­suchung per anura konnte an der Blase nichts Abnormes con-statirt werden — und doch fand sich hintennach ein mehrere Faust grosser Tumor in der Blase. Es ist also nicht jeder so glücklich, wie der Ab decker in Dresden, der bei einer Stute eine Neubildung in der Harnblase zeitweilig zur Schamspalte hat hervortreten sehen.'
Ist mit einer geknöpften Sonde eine Untersuchung möglieh, so versäume man diese nicht und besonders versuche man es bei grösseren weiblichen Haus thi eren, mittelst des Fingers durch die Urethra in die Harnblase einzugehen; auf diese Manier findet man manchesmal etwas, was uns sonst entgangen wäre und was für die Diagnose vom grössten Werthe ist.
Die eingeführte harte Sonde stösst in entsprechenden Fällen auf eine weiche Masse, die sich möglicher Weise verdrängen oder hin- und herschieben lässt, und die leicht blutet, so dass in Folge dessen blutiger Urin abgeht.
In besonders glücklichen Fällen löst sich auch einmal ein Stückchen los und geht mit dem Urin ab. Solehe losgerissene Stückchen wird man unter dem Mikroskope betrachten und dadurch die Natur der Neubildung zu ermitteln versuchen.
Prognosis. Die Prognose derartiger Neoplasmen ist keine gute. Die Krankheit kann allerdings Jahre lang bestehen, ohne die Gebrauchsfähigkeit des Thieres wesentlich zu beschränken, aber über kurz oder lang kommt doch der Zeitpunkt, in dem es so wie bisher nicht mehr geht. Die Thiere sterben entweder unerwartet, gelegentlich einer Harncolik an Blasenruptur, oder es ist Gefahr im Verzüge und es muss zur Exstirpation der Neubildung geschritten werden. Die O iteration ist immerhin gefährlich, und das um so mehr, als manche der hier zur Sprache gekommenen Tumoren breitbasig aufsitzen oder sehr ge-tässreich sind. Ausserdem muss man von vorneherein darauf
1 Sachs. Vet. Bericht XIIl.. S. 27.
rt'liiK, Kronkhoiton des uropoetlfldiea Systoms.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;19
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NeubUdongen in nnlt;\ an der Harnblase and in der Harnröhre.
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gefasstsein, dassdie Polypen dieNeigung baben, zu recidiviren. Endlich bemerke ich, dass bei kleinen Hausthieren die Ent­fernung der Blasenpolypen kaum möglich sein wird.
Therapie. Zum Zweck der Exstirpation der Polypen muss immer erst der Blasenschnitt in der Weise gemacht werden, wie ich solches bereits geschildert habe, und dann ver­sucht mau es, den Polypen selbst zu entfernen. Die Methoden, die uns dabei zur Disposition stehen, sind einigermassen von einander verschieden und lassen sieh oft genug nicht von vorne-herein bcstiimncn, sondern werden während der Operation durch die Verhältnisse, mehr oder weniger medilieirt. — Eine leichte Arbeit werden Sie in keinem Falle haben und jedenfalls müssen Sie versuchen mit der ganzen Hand wenn dieselbe nicht zu gross ist — in die Harnblase einzudringen, wenn auf andere Weise die Entfernung der Polypen Ihnen nicht ge­lingen will. —
Wir können die Entfernung der Polypen versuchen durch Abschneiden derselben, durch Abbinden oder durch Ab­drehen und Ausreissen.
Das Abschneiden der Polypen ist dasjenige Verfahren, welches wohl .im seltensten zur Ausführung kommen dürfte, wenn man über den Blutgefässroicbthura des Tumors nicht unter­richtet ist. Von erfahrenen Ühirurgcn ' wird behauptet, dass nach dem Abschneiden die Blutung beim Mensehen zwar ziemlich be­trächtlich, alier nicht gefährlich werden kann, und dieses mag möglicher Weise auch in gar vielen Fällen bei Thieren zutreffen, in manchen anderen fidlen aber eine äusserst riskante Sache sein, zudem wenn man bedenkt, dass bei Ochsen und männlichen Pferden durch die Ürethro-Cystotomie selbst schon eine grössere Menge Blut verloren gehen kann.
Solche Polypen, die weit zu Tage liegen und vor ihrer Exstirpation untersucht werden können, wie in den Fällen von Schmidt und dem Dresdner Alulecker kann unter Umständen das Abschneiden der Neubildung mit der Scheere das kürzeste Verfahren sein. Vielleicht lässt sieh auch ein Kerasscur- appliciren und die Geschwulst damit abquetschen.
'#9632; Wornhor: Handtmch der allgetn. ami spec. Chirurgie, ill. '2. Abth., S. 348.
- Siehe Pörstor'a luatrumentenlehro Fig. 154 and lö6, 8. 222 und 224.
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Neubildungen in und au der Harnblase und In der Harnröhre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;283
Das Abdrehen und Ausreissen der Blasenpolypen lässt sicli nur rechtfertigen, wenn dieselben sehr dünn gestielt sind. Als Instruniontc dazu kann man eigene Polypenzangen, dann aber auch Kugclzangen oder die Ch arlicr'scbe Zange, letztere bei den grösseren weiblichen Thieron, erstere bei denselben männlichen und eine ganz feine Kornzange vielleicht selbst auch bei kleineren weiblichen Hausthieren benützen.
Man geht je nach dein Geschlecht der Thiere durch die Harnröhren-Blasenhalswunde oder durch die Urethra bei den weiblichen Thieron mit der geschlossenen Zange ein, um-fasst den Polypen möglichst in der Mitte seines Körpers, indem man die Zange öft'nct, den Polypen in das Zangenmaul hinein­drängt und dann letzteres schliesst, — bei mangelhafter Vorrich­tung die Schenkel des Instruments aber mehrmals mit Bindfaden umwickelt und fest bindet. Durch mehrfaches Drehen der Zange um ihre Queraxe gelingt es in den angegebenen Fällen, den Po­lypen von seinein Stiele abzureisseil, respective abzudrehen. Man merkt es sofort, dass der Polyp lose geworden ist, da den Axendrehungeu der Zange kein Widerstand mehr entgegengesetzt wird und die Zange mit dem Polypen im Maul sieh nach aussen zurückziehen lässt.
In den meisten Füllen wird wohl das Abbinden des Po­lypen dasjenige Verfahren sein, welches am leichtesten aus­führbar ist und am sichersten zum Resultate führt, ohne beson dere ungünstige Complicationen fürchten zu lasstm.
Für vorkommende Fälle empfehle ich Ihnen folgendes Ver­fahren, und zwar um so mehr, als auch ziemlich breitbasig auf­sitzende Neoplasmen dabei entfernt werden können;, und bei Menschen dasselbe oder auch das etwas modificirte Verfahren von angesehenen Chirurgen z. B. von Diefenbach,' Wernher2 Bardeleben3 etc. empfohlen wird
Ich setze voraus, dass Sie alle vorbereitenden Operationen je nach der Thiergattung und dem Geschlecht richtig besorgt haben; namentlich wird das Rectum von seinem Inhalt
1 Diefenbach: Operative Cliirurgie. Hand L, S. 'AWgt;.
- Wemlier: Handbuch der Chirurgie. 111. Abth. z., S. 348.
3 Bardeleben: Lehrbuch der Chirurgie und Operationslelire. IV., S. 220.
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NeubllduugeD in and au der Harnblase und in dor Harnröhre.
möglichst gereinigt und die Harnblase durch eingespritztes Wasser ausgedehnt sein. '
Nun versuchen Nie — und so werden Sie in allen Fällen handeln, wenn irgend eine Neubildung ans der Harnblase, gleich-giltig nach welcher Methode, entfernt werden soll, — mit der rechten Hand in die Harnblase ein Instrument einzuführen, das nicht sehr dick ist, mit dem Sie aber wenigstens den Seheitel des Tumors festhalten können. Eine lange dünne, aber starke Hakenpincette, die man mit einem über die Sehenkel (Branches) gelegten Stellring fest schliessen kann, wird dazu am ehesten passen.
Gelingt es nicht, den Tumor zu fassen, so gehen Sie mit der linken Hand per anum ein und drücken die Spitze der Blase gegen die Zange — möglicher Weise kommen Sie so zum Ziel.
Zuweilen scheint die Umstülpung der Blase zu gelingen, und zwar sowohl bei männlichen Thieren durch die Wunde im Periuäum, als auch bei weiblichen Thieren durch die Harnröhre. Nach den Versicherungen Mogford's2 ist das Umstülpen der Blase eine sehr leichte Operation und sei es zu bedauern, dass die; Thierärzte so wenig Ge­brauch davon machten.
Auch Schmidt11 invertirte die Blase eines Wallachen und konnte dann bequem den Polypen abtragen.
Wollen Sie die Blase umstülpen - und den Versuch dazu werden Sie immer machen, — so drücken Sie mit der linken, im Red um befindlichen Hand die Harnblase nach rückwärts und ziehen mit der rechten Hand in gleichmässiger Weise mit dem am Polypen fixirten Instrumente nach hinten und aussen. So mag es Ihnen gelingen, die Harnblase umzustülpen, den Po­lypen zu Tage zu legen, den Sie dann abschneiden, ab­quetschen, abdrehen oder abbinden können, je nach Lust oder besonderer Indication.
Glückt das Umwenden der Blase nicht, so werden Sie wohl den Versuch machen, den Polypen mittelst einer Drahtschlinge
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i Civiale: Tiaiie de maladie des organes genito-urinaires. Paris 1845. Baud III.. S. 171.
- Mogford: Entfernung der Blasensteine. The Veterinarian 1843. '^ TUerärztliche Mittheilungen aus München von Ilalin. 1862, 8. 290.
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Neubildungen in und an der Harnblase und in der Bamrdhrc
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oder eines gutgewielisten, hänfenen Bindfadens zu taugen und abzuschnüren.
Die Ausftihrung dieser Operation ist mühevoll, sie erfordert
Z(ut und Geduld. iSie können die Levrct'sclie Dopp elriilir e ' mit gut ausgeglühtem Draht— oder auch einem andern Schiingenträger benutzen; am besten werden Sie fahren, wenn Sie zur Führung der von gut aasgeglühtem Eisen- oder Messingdraht gemachten Schlinge den Desault'schen ünterbindungsapp arat, den ich zu diesem Zwecke um ein Merkliches vergrösserte und etwas modificirte (Taf. V. Fig. 28) in Anwendung bringen. Dieser Apparat bestellt, wie Sie seilen, aus zwei Stücken: einem stäliiernen Stabe (Drahtfiihrer), der an einem Ende ein kleines mit einem Oebr versebenes Knöpfcben, am anderen Ende zwei flügelartige Lap­pen führt. Durch das Oebr ist ein langer Draht gezogen, der dann dem Drahit'iihrer entlang geht und um einem fiügolartigen Lappen mit seinem einen Ende (v) fest gewunden wird.
Der andere Tbeil des Instrumentariums, der Drahtträger, ist eine neusilberne, leicht gebogene, ziemlich massive Röhre mit einem stählernen hohlen Knöpfchen an einem Ende: am an­dern Ende sind seitlich zwei liinge angelöthet, die zur sicheren Führung dos Instrumentes dienen. Durch diese Röhre läuft das freie Ende des Drahtes, und zwar in die kolbige Spitze hinein und zur Oeffhung nächst den beiden Ringen wieder heraus.
Der Draht ist ziemlich lang und an seinem freien Ende um ein starkes Holzstäbehen (x) geschlungen. Die beiden Drahtführer (A und B) werden hart nebeneinander gelegt, der Draht mit seinem Ende x stark angezogen, damit an den Enden a und b der Träger keine Schleife hervorsteht; das (ranze ist gut mit Gel eingeschmiert. Während nun von einem Assistenten der mittelst Zange oder Pincette tixirte Polyp festgehalten wird, bringt man die beiden aneinander liegenden Drahtfiihrer neben der Pincette in die Harnblase. Ist das Instrument in der Tiefe der Blase an­gekommen, so fasst man den Drahtträger (A) mit der linken Hand und den Drahtfiihrer (B) mit der rechten Hand, hält den Drahtträger fest an eine Stelle möglichst nahe dem Grund des Polypen, geht dann mit dem Drahtfiihrer um den Polypen herum, indem der Assistent den festgehaltenen Polypen bald hebt, bald
Förster'laquo; Listntmentenlehre, S. quot;21fi.
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Neubildimgen in nml an iler Ilarublasü und in der Harnröhre.
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senkt, bald nach links oder nach rechts zieht. Wie gross man auch mit dein Drahtt'iihrer einen Kreis am den Polypen herum beschreibt, immer folgt durch das Kehr des Drahtträgers die nöthige Menge Drahtes nach. Ist endlich die Geschwulst in dio Drahtschlinge gelegt, so veranlassen Sie den Assistenten, der mit der einen Hand immer den Polypen in der Zange hält, dass er mit der andern Hand das freie Ende (x) des Drahtes fasst und stramm anzieht, während gleichzeitig mit dieser Manipulation Sie Drahtfiihrer und Drahtträger wieder in eine Hand zusammen nehmen und die beiden Stücke (A und B) SO um sicii herum­drehen, dass sich der Draht selbst einhalbmal umschlingt.
Nun nimmt der Operateur die Zange, von welcher der Polyp gehalten wird, dem Assistenten aus der Hand und vcranlasst denselben mit dem Aufwickeln des Drahtes um das Hölzchen (x) zu beginnen. Dadurch wird allmälig die Drahtschlinge immer fester zugezogen und der Polyp ähnlich wie von einem Ecrasseur abgeklemmt. Der Polyp ist vollkommen abgetrennt von der Blase, wenn sich die beiden Stücke (A und B) aus der Blase entfernen lassen und der Draht nicht abgerissen ist.
Jetzt bewerkstelligt man die Extraction des Tumors mit der ihn festhaltenden Zange auf die einfachste Manier durch Heraus­ziehen derselben aus der Blase.
Die Nachbehandlung ist wie beim Blasenschnitt; sollte eine stärkere Blutung sieh einstellen, so wird dieselbe durch Ein­spritzungen von kaltem Wasser und sehr verdünnter Solutio Ferri sesquichlorati zu stillen versucht; eine Sache, die dess-halb leichter gelingen dürfte, weil die vorher ausgedehnte Blase sicii auf ein geringeres Lumen contrahirt.
In manchen Fällen wäre zur Beseitigung derartiger Neoplas-men sicherlich die Galvanokaustik am Platze und würde sich dazu der etwas abgeänderte Middeldorpf sehe galvanokausti­sche Apparat qualiticiren, namentlich aber der mit längerer Ligaturröhre versehene Schiingenträger mit starkem Platindraht und verstärkter Grenett'scher Batterie.
Wenn Sie sich über diese galvanokaustischen Instrumente und ihre Anwendung näher instruiren wollen, so finden Sie neben vielen anderen Werken in Förster's thierärztlicher In­strumenten- und Verbandlehre Seite 217, in Bardeleben's Lehr­buch der Chirurgie und Operationslehre I, Seite 152, und beson-
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KeubUdungen in and an der UarnblasG und in der Elararöhre,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;287
ders in Middeldorpf's Monographie: „Die Galvanokaustik, ein Beitrag zur operativen Chirurgie, Breslau 1854quot;, hinreichen­des Material; auch hat Professur J)r. Armbrecht an der Thierarzneischule in Wien einige Versuche an Thieren gemacht und solche in der Wiener Vierteljahresschrift für Wissenschaft liehe Veterinärkunde XIII, Seite 170, veröffentlicht.
Die Kostspieligkeit und die beschränkte Gebrauchsfähigkeit des complicirten MiddeJdorpf sehen Apparates stehen seiner Verbreitung in der thierärztlichen Praxis hindernd im Wege, es Hesse sich jedoch ein einfacher Apparat für besonders wichtige Operationen construiren; das „Wiequot; gehört jedoch nicht hierher.
Endlich muss ich als Mittel zur Entfernung der fraglichen Xeoplasmen. namentlich von Schleim- und anderen wenig schmerz­haften und nicht grossen Polypen die Zerquetschung derselben erwähnen. Dieselbe wurde von dem vorhin schon erwähnten Arzte Civiale ausgeführt. Er quetschte die Neubildung mehr­mals, Hess sie dann frei und entfernte! das dazu verwendete In­strument. Mit dem Urin wurde aoeh an demselben Tage die zerquetschte Masse entleert.
01) alle diese Operationen, seihst bei glücklichem Gelingen derselben einen bleibend guten Erfolg haben, muss vielfach da hingestellt bleiben, weil, wie ich Ihnen bereits wiederholt gesagt die in Frage stehenden Neubildungen ausserordentbch gerne r e ci divire n.
lt;1) NeuMldnngen in dor Harnröhre.
Polypen habe ich in der Harnröhre der Thiere noch nicht gesehen, auch Bnickmüller ' weiss davon nichts zu erzählen. Es ist desshalb aber nicht gesagt, dassNeubildungen verschiede­ner Art nicht doch auch in der Harnröhre männlicher und weib­licher Thiere vorkämen. So z. B. beobachtete Kreisthierai'ztVor-berg- einen Ochsen, der fortwährend Hamcolik hatte und da­bei nur mühsam Urin entleeren konnte.
Es wurde der Harnröhrenschnitt gemacht, jedoch kein Stein gefunden, dagegen ein anderes (?) Hinderniss.
' Path. Znotoniic, S. 676.
2 Th. Mitth. aus Preussen 1858, S. 140,
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Anomalien .les Umfongs der Harnblase and der Harnröhre.
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Patient wurde geschlachtet and man fand in der Urethra 10—12 polypenähnliche Schwämmchen, theils gestielt, tiieils auf breiter Bcisis sitzend, l/4—1 Zoll lang und l/si/i Zoll breit an einer Stelle gürtelförmig zusammengedrängt.
Finden sieh Polypen in der Harnröhre, so bedingen die­selben mehr oder weniger Harnretention und Harneulik; bei Thieren, denen man bequem einen Catheter einführen kann, sind die Polypen annäherungsweise richtig zu diagnosticiren. Ihre Entfernung wird durch den Harnröhrenschnitt hol männ­lichen Thieren und durch Abquetschen bei weibliehen Thieren versucht.
lieber T uberculosis, Perlsucht undCarcinom der Harn­röhre weiss ich Ihnen nichts mitzutheilen; dagegen wurden aber bei rotzigen Pferden in der Urethra zuweilen schon Knoten und Geschwüre beobachtet.
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Anomalien des ümfangs der Harnblase und der Harnröhre.
Hypertrophie und Atrophie der Blasenwandung und der­jenigen der Harnröhre — Erweiterung und Verengerung der Harnblase und der Harnröhre und deren Divertikel-
bildung.
Meine Herren! Die Anomalien d es Umfa ngs de r llarn-blase und der Urethra beziehen sich entweder auf die Vor­dickung oder Verdünnung der Wandungen der genannten Körpertheile, also auf Hypertrophie und Atrophie derselben; dann auf die Weite, d. h. den Rauminhalt der Blase und dor Urethra und auf einseitige, cireumscripte Ausdehnungen derselben, auf die sogenannten Divertikol.
Wir worden über diese Zustände uns zwar nicht sehr zu verbreiten haben, aber trotzdem doch Alles gewissenhaft be­rühren, was für Sie nur einigermassen von Interesse sein dürfte. — Zuerst wenden wir uns zur:
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Anomalien des Umüeings äer Harnblase und cU-r QamrSbre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;289
a) Hypertrophie und Atrophie der Blasenwandungen und derjenigen der Harnrobre.
Die Verdickung der Blasenwand wird gewöhnlich erzeugt dureii Hyperplasie, d h. nlso durch Vermehrung des ilie ßlasenwand aufbauenden Gewebes. Sie betrifft meistens die Schleimhaut oder die Muskelhaut und ist gewöhnlich in einer Vennehrung des bindegewebigen Materials dieser Wandschichten begründet. Uebrigens kann die Blasenwand auch durch Einla­gerung verschiedener Geschwülste verdichtet werden.
In den thierärztlichen Mittheilungen aus Preussen ' finden Sie eine Notiz von Thierarzt Gehen, welcher bei einer vier Tage an Colik leidenden und daran auch zu Grunde gegangenen Stute eine stark verdickte Blasenwand fand, sie war circa 0-04 Meter dick; die Wandung des Mastdarms fand sich bis zu OOö Meter hypertropliirt und auch die Wände der Schenkelarterie waren tinger­dick und speckig, ohne dass dadurch ihr Lumen verringert wurde. Die Hypertrophie erstreckte sich nur auf die serösen und adven-titiellen Membranen.
Die Hypertrophie; der Schleimhaut ist eine Folge chro­nischen Blasencatarrhs; gelegentlich der Besprechung der Cystitis habe ich ihnen über diesen Zustand schon das Nöthigste mitgetheilt.
Die Hypertrophie der eigentlich contractilen Sub­stanz — der Muscularis — kommt auch zuweilen vor, es ist iu diesen Fällen meistens der Detrusor urinae in toto aflieirt.
Ich selbst habe diese Muskelhypertrophie nur bei Hunden einige Mal beobachtet; ich mache Sie aber gelegentlich diesem auf einen Irrthun aufmerksam, in den Sie sehr leicht verfallen, wenn Sie bei Ihren anatomisehen Studien und bei Seetionen nicht hinreichend Gelegenheit nehmen die Harnblase unserer Hausthiere zu betrachten. Die Harnblasen und namentlich die der Hunde und Katzen zeigen einen sehr entwickelten Detrusor, der bei der leeren contrahirten Blase Ihnen sicherlich auffällt und der nicht als Hyperplasie der Muscularis gedeutet wer­den darf.
Bei Rindvieh und Pferden soll eine Hypertrophie des Detrusors seltener zu beobachten sein.
1 1858, S. 171.
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Anomalien des Umfanga iUt Bbmblase und der BarnrBhre
Vorkommenden Falls findet sich die Muskelhaat um das Doppelte und Dreifache des Normalen verdickt, einzelne hyper-trophisclio Muskelbündel sollen zuweilen trabekelartige Vorsprünge
auf der innern Oberfläche der Blaso erzeugen. Auf diese Weise entstellen zwischen den Erhöhungen natürlich auch Vertiefungen, die uns bei der Diver tikelbildung weiter interessiren werden.
Nach dem Durchschnitt der Wandung erscheint die Hyper­trophie deutlich in ihrer ganzen Mächtigkeit. Die Schnittfläche ist glatt, glänzend, meistens saftig und von semmelgelber oder graugelber Couleur.
Leider habe ich eingehende Beobachtungen wegen mangel­haften .Materials über diesen Zustand nicht machen können, aber wahrscheinlich verhält es sich bei Thieren nicht anders, als wie bei Mensehen.
Nach Förster1 entwickelt sich diese Verdickung der Blase- hei Hindernissen im Abfluss des Urins, ausserdem bei chronischem Catarrh, Anwesenheit von Concremen-ten und St einem, Carcinom in der Blase.
Besteht ein mechanisches Hinderniss des Harnabflusses, so reicht zuweilen die grössere Muskelmasse hin, das Hinderniss zu überwinden und der Urin wird wie gewöhnlich aus der Blase entleert, ohne dass irgend welche Beschwerden eintreten; später aber reichen die Oontractionen der Muscidaris nicht mehr aus, um den Urin jedesmal vollständig zu entleeren und es wird dann durch die bleibend angesammelte ürinmasse eine Erweite­rung der Blase herbeigeführt, welche allmälig bis zu den höch­sten Graden wächst. In den anderen Fällennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; und solche sind es auch, welche ich bei den Hunden beobachtetenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; wird die Höhle nicht erweitert, sondern verengt, und es häuft sich dann der in seinem Abfluss behinderte Urin vorzugsweise in den Ureleren an, es entsteht Erweiterung derselben, Hydro-nephrose und Pyelitis.
Endlich bemerke ich noch, dass ich schon mehrmals bei allgemeiner Wassersucht auch eine seröse Durchtränkung und eine dadurch bedingte Schwellung und sueculenteVerdickung der Blasenwandung (Oedem) beobachtet habe.
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' Pathologische Anatomie IT., S. 533.
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Anomalien laquo;ic-s Umtangs lt;llt;-r Harnblase und der HamrObre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 291
Verdickuugen der Harnröhre kommen vor durch ent­zündliche Schwellung und Bindegewebsneubildung der Schleim­haut und durch Hypertrophie und Sclerosirung des die Urethra überziehenden Bindegewebes bei Hamröhrenentztindungen (Be­schälseuche!) und bei Quetschungen und Verwundungen der Harn­röhre.
Atrophie der Blasenwandungen und der Wan dun gen der Urethra sind mir noch nicht unter die Hände gekommen, vielleicht aber habe ich dieselben bei Sectionen auch nur über­sehen. Die Atrophie des Detrusors mao- wohl auch bei Thieren in Fol^-e von Blasenp ar aly si s vorkommen und zum totalen Schwund musculöser Elemente fuhren, so dass letztere kaum noch zu erkennen sind. Die Schleimhaut soll sich dabei immer auch verdünnen und glatt und glänzend werden.
Diagnosis und Therapie. Die Diagnosis der Hypertro­phie und der Atrophie der in Kode stehenden Theile wird aus dem einfachen Grunde kaum gelingen, weil charakteri­stisch e Erscheinungen dieser anatomischen Veränderungen fehlen. Die Erscheinungen, die man wahrnimmt, sind, wie Sie vor­hin gehört haben, entweder diejenigen der Harnretention oder solche der Blasenlähmung. Da aber diese beiden Zustände durch noch gar mancherlei andere Momente verursacht werden, so schon Sie wohl ein, dass man bei ihrem Vorhandensein weder auf eine Verdickung noch auf eine Verdünnung der Wandungen schliessen darf
Die manuelle Untersuchung, die bei grossen Thie­ren ja leicht per anum oder per vaginam zu ermöglichen ist, wird auch nicht zu dem gewünschten Resultate führen, da wohl eine vergrösserte Blase gefühlt werden kann, wir aber kaum ein weiteres Hilfsmittel finden werden, das uns sagt, ob diese fühl­bare Vergrösserung der Blase auf einer Hypertrophie oder auf einer Atrophie der Wandungen beruht.
Auch bei der Untersuchung der Urethra glaube ich, kann man nur die Verdickung der Wandung dann fühlen, wenn die Zunahme und Sclerosis des adventitiellen Bindegewebes eine besondere Mächtigkeit erlangt hat, man einen Catheter in die Urethra einführen und die gleichzeitige Strictur constatiren kann.
Die Untersuchung der Blase mit dem Catheter ermög­licht vielleicht — bei weiblichen Thieren — den Nachweiss vor-
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AiiomalifMi lt;lraquo;'s Umffuigs der Harnblase and dor Harnröhre.
handener Unebenheiten der Blaseninnenfläche, ist aber nicht im Stande nur zu sagen, wodurch, d. li. durch welche patho­logisch-anatomischen Veränderungen dieselben hervorgerufen wur­den. Bei grösseren weiblichen Thieren gelingt es zuweilen, in die Blase mit den Fingern zu kommen — ob dadurch die Diagnosis zu eiunöglichen ist, kann ich nicht sagen, wage ich auch nicht zu entscheiden, da mir darauf bezügliche klinische Erfahrungen fehlen.
Eine besondere Therapie lässt sich schon wegen der un­sicheren Diagnosis, dann aber auch wegen der kaum möglichen Beseitigung der fraglichen Zustände hier nicht augeben. Kann man die Ursache ermitteln, so wird es wohl das Natürlichste sein, die Entfernung derselben mil allen möglichen Mitteln zu erstreben. — In anderen Vorträgen werden Sie Manches von mir erwähnen hören, was sich bei günstiger Gelegenheit vielleicht hier verwenden lässt.
Würde man in der Lage sein, die Hypertrophie oder Atro­phie der Blase zu diagnosticiren, so hätte das, obgleich die The­rapie uns im Stiche lässt, doch den Vortheil, das wir nicht an andere, möglicher Weise vorhandene Veränderungen denken und gegen dieselben oft mit einem kostspieligen Apparate unter Auf­wendung vieler Mühe zu Eelde ziehen. — Wir würden nach Sicherung der Diagnosis nur so lange als es rentabel ist, die Patienten rein symptomatisch behandeln und, wenn dieses nicht mehr geht, sie anderweitig z. B. durch Tödtung, respective Schlachtung für die Oekonomie zu verwenden suchen.
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Iraquo;) Erweiterung und Verengerung der Harnblase und der Harnröhre und deren Dirertikelbildnng.
Wenn der Harnabfluss ans der Blase behindert wird, was z. U. durch Steine, Prostatahypertrophie, Neubildungen ausserhalb des Blasenhalses u. dgl. ja öfters der Eall ist, so er­weitert und vergrössert sich die Harnblase. Die Uriu-blasc kann sich dabei sehr bedeutend — um das Mehrfache ihres normalen Volumens — ausdehnen, wie Sie solches bereits bei Besprechung der Harnverhaltung durch Steine erfahren haben.
Wird die Blase rasch ausgedehnt, so kann sie nicht so viel Urin unifassen, als wenn die Ausdehnung der
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Anomalien des Dinfiftaga *lt*r Hamblaso und dor Harorfihre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;293
Harnblase, wie z. B. bei Blasenlähmung, allmälig er­folgt.
Bei behindertem Harnabfluss wird sicli die Blase füllen, die Wandungen werden durch den nachdringenden Urin immer mehr noch ausgedehnt, bis endlich der Ausdehnungscoöfficient erreicht ist, und dann zerreisst die Blase. 15ei Paralysis der Blase accom-modirt sich die letztere dem inneren Druck mehr; ihre Wände dehnen sieh aus und werden dabei selbst dünner und die Harn­blase wird dabei oft unendlich gross; hat doch Bezirksthierarzt Fünfstück1 die Harnblase einer Ziege nach Dresden ge­schickt, welche Oöl Meter lang, 0-38 Meter breit und 032 Meter hoch war, deren grösster Dickenumfang 1-18, und der in der Längsrichtung gemessene Umfang Wo Meter betrug und die über 40 Liter Wasser fassen konnte.
Vergleichen wir diesen Zustand mit analogen Leiden des Herzens, so können wir ihn eine excentrische Atrophie, eine Dilatatio vesicae urinariae nennen. In manchen Fällen ist die Blasenwandung jedoch auch nicht atruphiseh, sondern im Gegentheil, sie ist verdickt.2
Bei diesen letzteren Formen der Erweiterung der Blase finden wir, da durch den inneren Druck endlieh die Ostien der Harnleiter in der Blase verlegt werden, gewöhnlich auch Hydronephrosis mit Dilatation der Ureteren; so war es z. B. in einem von Brennwald3 mitgetheilten Falle bei einem VJährigen Schweine, welches gemästet wurde und nie krank erschien. Nach der Schlachtung fand man Hydronephrosis, Dila­tation der Ureteren und eine Harnblase, die so gross war, dass sie bis nahe an das Zwerchfell reichte und mit sammt ihrem Inhalte 29 Pfund wog.
Durch Gase wird die Harnblase vielleicht auch hie und da erweitert, wenn gleichzeitig eine jauchige! Cystitis besteht oder sich eine Darmblaseufistel gebildet hat, oder wenn Sie die Lösung von Concrementen in der Blase unserer grösseren Hausthiere
1nbsp; Sachs. Vet. Ueiiclit XIV., S. 28.
2nbsp; Sehr grosse iiiul dickwandige Harnblase eines Ebers, der an Wasser­sucht starb, Nr. 5490 des Museums der B e r I i n e r T I; i e r a r z n e i s ell u I e, Magazin von 6. und H. X.WIII., S. 200.
3nbsp; Caastatt'a Jahresbericht pro 1852, VI., S. 22.
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Anomalien iUgt;? ITmfangs illaquo;- Harnblase uml der HamrStire.
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mit Säuren versuchen, in welchem Falle sich bekanntlich eine quot;#9632;rosse Mense von Kohlensäure entwickelt.
Uass durch Steine und Geschwülste die Blase ausgedehnt werden kann, ist natürlich.
Bei sehr starkem, allmälig sich steigerndem inneren D rucke des Urins, fremder Körper oder Neubildungen auf die Blasenwandung kommt es zuweilen /au- Zerreissung der Muskelhaut und über diese Ruptur hinaus stülpt sich die noch ganze Schleimhaut in Form eines Knopfes, einer Nuss oder noch grosser hervor — es ist dieses ein Divertikel, eine Ausbuchtung der Harnblase.
Die Divertikel der Harnblase kommen aber auch noch auf anderein Wege zu Stande. Sie wissen, dass hei der Hyper­trophie der Blasenwand sich trabekelartige Vorsprünge bilden und zwischen diesen dann natürlich Vertiefungen vorkommen. Die Vertiefungen v ergrössern sich aber nicht in demselben Ver hältni ss, als wie die Hervorragungen auf der innern Blasenwand zunehmen, sondern im un-verhäl t nissm ässig höheren Grade durch den Druck, welchen der Urin auf diese weniger Widerstand leisten­den Buchten ausübt. So entstehen endlich ziemlich tiefe Ausbuchtungen, welche als kleine Blindsäcke über der Ober­fläche der Blase vorstehen. In den Wandungen dieser Blind-säckc oder Taschen ist das Muskelgewebe vollkommen atrophirt, und darum können sich diese Divertikel auch nicht mehr con-trahiren und den Urin entleeren. Der stagnirende Urin gibt aber Veranlassung zu Niederschlägen, Incrustationen und Steinen, und so geschieht es, dass man zuweilen in einer förm­lichen Tasche der Harnblase einen Blasenstein einge­schlossen findet, der erst hier sich gebildet hat. Allerdings kann mail das dem Stein nicht ansehen, da schwere Steine zur Bildung der Divertikel häufig genug die Gelegenheit bieten: aber das Erstere lässt sich oft als wahrscheinlich an­nehmen, wenn man die Form und Beschaffenheit des Steines, die Beschaffenheit der Tasche und die der übrigen Blasenwand, sowie die noch weiter vorkommenden Incrustationen u. s. w. in Betracht zieht.
Da die Divertikel wand ung häufig dünner ist, als die­jenige der übrigen Harnblase, so lässt es sich leicht begreifen,
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Anomalien de.s Umfanga der Harnblase und der Harnröhre,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;295
warum Rupturen der Uivertikel gleichfalls öfter zur Beob­achtung kommen.
Erweiterungen der Harnröhre begegnet man in solchen Fällen, wo fremde Körper: Steine, Sand, Blutcoagula, uecrotische Fetzen von höher liegenden Theilen der nropogtischen Organe, Neubildungen, der Riesenpallisadenwurm in der Harnröbre ein­gelagert sind; dann siebt man eiae Ectasie der Urethra ober-halb von Stricturen.
Die Divertikel der Harnröhre sind wegen des strammen adventitieilen Gewebes ausserordentlich selten. Einen Diver­tikel am vordem Ende der Harnröhre bat Gurlt bei einem Ziegenbock eben beobachtet.
Eine Verengerung der Harnblase findet sich bei der concentrischen Hypertrophie der Blase, wie solche bei Hunden zuweilen zur Beobachtung kommt.
Die Atresie der Harnröhre tritt als Folge entzündlicher Heizung ihrer Schleimhaut, bei Verdickung derselben bei Neu­bildungen und Stricturen ein.
Ich habe, über diese Zustände an einem anderen Orte Ihnen bereits das Nothwendigste gesagt und werde, wenn ich über die Harnverhaltung speciell spreche, Sie noeb weiter auf Gescbwöilste aufmerksam machen, die ausserhalb der Urethra liegen und im Stande sind, durch ihren Druck das Lumen derselben zu verengen.
Diagnosis. Die Verengerung der Harnblase isi nach meinem Dafürhalten mit Sicherheit nicht zu diagnosticiren. — Die Diagnosis der Atresie der Harnröhre wird durch eine bestehende Strangnrie, (lurch Betasten der Harnröhre von aussen und mittelst des Catheters, sowie durch den Nach­weis einer andauernd vergrösserten und mit Urin ge­füllten Harnblase ermöglicht.
Dass eine Plamblase vergrössert, respective erweitert ist, lässt sich bei grösseren Hausthieren leicht durch eine Exploratio per anum und bei weiblichen Thieren per vaginam ermitteln, da — wie Sie bereits erfahren haben — bei einer derartigen Untersuchung die Harnblase bequem be­fühlt und umgriffen, also auf ihrem Umfang taxirt werden kann.
Gewöhnlich liegt es daran, das ursächliche Moment zu er­mitteln, welches zur Dilatation der Blase führte. Zum Theil habe ich bei der Blasensteinkrankbeit über die Constatirunsr
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Anomalien des Umfangs der Harnblase und der Iliirurüluv.
solcher Ursachen schon gesprochen, zum andern Tlieil werde ich gelegentlich meines Vortrages über Harnverhaltung im All­gemeinen das Weitere noch nachtragen und glaube desshalb, jetzt über diesen Gegenstand nicht weiter sprechen zu müssen.
Sollte die Blase nicht durch Harn, sondern durch Blut, Eiter u. dgl. ausgedehnt sein, so liisst sich das durch die Untersuchung des mittelst Druck auf die Blase oder mittelst des Catheters Entleerten feststellen.
Die selten vorkommende pralle Füllung der Blase mit Gasen, wie z. B. durch Kohlensäure nach Einspritzungen diluirter Säure in die Blase behufs Lösung der .Sedimente und Steine, wird sieh vermuthen lassen, wenn eine leichte Kolik besteht, eine eigen-thümliche Elasticität der Blase mit der ins Rectum eingeführten Hand gefühlt werden kann, und wenn — was bei weiblichen grösseren Thieren leicht zu ermöglichen ist — aus dem eingefiihr-ten Catheter Luft sich entleert und die Blase dabei zusammenfällt.
Bei kleineren Thieren, die man nicht per anum unter­suchen kann, muss die Uni ersuchung der Blase am stehenden und dann am liegenden Thiere durch die Bauchpresse vor­genommen werden.
Kleinere Thiere mit sehr grosser und mit Flüssig­keit gefüllter Harnblase täuschen zuweilen durch den stark Ii e r a b hängenden, schwappenden Leib Ascites — Bauch wassersuehfvor. Da Sie aber bei den meisten kleineren Thieren doch wenigstens mit einem eingeölten Finger ins Rectum eingehen können, so ist es ihnen dadurch bin und wieder einmal möglich, die vergrösserte Blase zu constatiren.
Unangenehm wird für die Diagnosis eine Complication dos in Bede stehenden Zustandes mit der Wassersucht, was, wie aus einem vorhin erwähnten, von Gurlt notirten (Magazin XXVIII, S. 290) Fall ersichtlich, mitunter — wahrscheinlich in Folge einer accessorischen Peritonitis — auch vorzukommen scheint.
In wiederum anderen Fällen wird eine Diagnosis gar nicht provocirt; das Thier erscheint nicht krank, wenigstens wird kein Kranksein, oder höchstens einmal nur eine leichte Hamcolik an ihm beobachtet und erst nach der Schlach­tung findet man eine mitunter enorm vergrösserte Blase.
Die Divertikel zu diagnosti ciren hat wiederum seine Schwierigkeiten: glücklicher Weise wird man wohl nicht dazu
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Anomalien des (Tinfonga der Hamblaaa und fler HainrBhre.
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berufen, so lange dieselben noch klein und also aueb nicht zu ermitteln sind, weil sie dann noch keine besonderen Symptome am Thiere bervorrufen.
Grosse Divertikei lassen sich vielleicht (?) gelegentlich einer Exploration des Rectums oder mit dem durch die weih­liche Harnröhre eingeführten Finger bei gleichzeitig mit der linken Hand vom Rectum aus rückwärtsgedrängter Blase con-statiren. Mit der Sonde wird — wenigstens bei männlichen Thieren — nichts auszurichten sein.
Thei-apie. Hier handelt es sich nur um Beseitigung der Ursache — gelingt diese, so wird wohl eine krankhaft aus­gedehnte Blase oder Harnröhre manchesmal auch wieder ihr normales Volumen gewinnen.
Im Fall, dass die Ursache nicht zu ermitteln oder auch nicht zu beseitigen ist, sieht es mit der Heilung des fraglichen Zustandes schlecht aus. ein symptomatisches Heilverfahren ist dann um so mehr indicirt, als uns ja — ich möchte sagen: „ge­wöhnlichquot; die Natur der Krankheit unbekannl bleibt. — Oh der bei dem mehr symptomatischen Heilverfahren im Verlauf der Cur zur Ausführung kommende Blasenstich oder der Blasen­schnitt von Erfolg begleitet ist, bezweifle ich Erfahrungen zu­folge, die ich hei anderen ähnlichen Verhältnissen gemacht habe.
Auch die Beseitigung der (diagnosticirten) Divertikei wird kaum möglich sein und als eine bei Thieren wirthschaftlich nicht zu rechtfertigende, mühevolle, eingreifende und desshalb auch höchst lebensgefährliche, kaum einen Erfolg versprechende blutige Operation nicht zur Ausführung kommen.
Bei weiblichen grösseren Thieren wäre vielleicht nach gelungener Inversion der Blase eine etwaige Behandlung der Divertikei zu überlegen. Was nach umgestülpter Blase geschehen soll, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen — ich weiss es nicht — viel­leicht aber entscheidet im Augenblick dorNoth ein guter Gedanke.
Doch aber, meine Herren, ehe Sie operiren, vergessen Sie nicht, zu diagnosticiren,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; denn die Diagnose, die ist es,
die uns zuerst im Stiche lässt — und dann kommt, die Therapie und die — die lässt uns gewöhnlich auch rathlos undthatlos. —
Die Versuche zur Beseitigung von Harnröhrenstricturen habe ich bereits besprochen.
IM'lug, Kninkln-Itiu 'les uropogtlschen System)
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Etatopteen lt;ler Uarnblastraquo;.
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XIX.
Ectopieen der Harnblase.
Inversio — Prolapsus — Hernia vesicae urinariae.
In der thierärztlichen Praxis handelt es sich öfters um Dislocationen der Harnblase, währenddem solche der Harn­röhre wenig bekannt — weil auch nur schwer möglich — sind. Ans der Literatur kenne ich nur eine Mittheilung über Harnröhrendislocation von Andreas Schmidt in Würzburg, ' kann Ihnen aber leider davon keine nähere Beschreibung machen, da mir die Schilderung dieses Zustandes nicht recht klar wurde.
In Hirer Praxis werden Sie Gelegenheit finden, verschiedene Arten der Blascndisl oeati on zu beobachten.
Einmal ist die Blase in sich selbst hinein- und um­gestülpt, und durch die Urethra des weiblichen Thieres tritt die Sebleimhautfläche der Harnblase zu Tage: das ist die sogenannte ümstillpung der Blase — Inversio vesicae urinariae.
Kin anderes Mal bemerken Sie eine Ruptur in der Vagina und bei der manuellen Untersuchung finden Sie durch diese Wunde die Harnblase mit der Serosa nach aussen in das Lumen der Vagina getreten.
Sie nennen diesen Zustand einen H am b 1 as en v o rf al 1, — Prolapsus vesicae urinariae.
Endlieh ein drittes Mal finden Sie irgendwo in der Nähe des Hockens am Thier einen Bruchsack, in welchem die Harnblase liegt und dieses ist dann ein Bruch, eine Hernia vesicae urinariae.
Die Inversio, der Prolapsus und die Hernia der Harn­blase, das sind die Themata, über welche ich mich jetzt weiter verbreiten werde.
a) Die Inversion der Harnblase.
Diese kommt bei verschiedenen weiblichen Thieren, - am öftesten jedoch bei Kühen und Stuten zur Beobachtung.
1 Lageveränderung dor Harnröhre bei einem Ochsen. Nebel und Vix XIV.. 8. 256.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i
- X e ,a 1 c beobachtete die ümstillpung der Harnblase hei einem Schweine nach dem Gebären. The Veterinarian lgt;s;is, S. 410.
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Bctopiaen lt;llaquo;r Harnblase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 299
Aetiologie. Als Ursache dieses Leidens gelten in weitaus den meisten Fällen ttbergrosse Anstrengungen während des Geburtsactes, starke Nachwehen, Vorfall der Scheide oder Gebärmutter, Harncoliken, Tympaaitis. Manches­mal bestehen die genannten ursächliehen Momente nicht, ' und in solchen Fällen bleibt es dann auch häutig anerwiesen, was die Veranlassung zur Umstülpung der Blase war; dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass die um gestülpte Blase gar nicht selten erst ein, zwei und selbst noch mehrereTage nach heftigenAnstrengungen zwischen den Scbamspalten zu sehen ist.
Ausserdem linden sich Invagiuationen der Blase sowohl bei männlichen, als auch bei weiblichen Thieren, wenn an der Blasenwand schwere Tumoren hängen und einen Theil der Wand nach innen ziehen, wie ich es Ihnen z. B. bei Schilderung eines Hlasencarcinoms gezeigt habe.
Symptome. Die Inversion der Harnblase ist leicht zu dia-gnosticiren. Man bemerkt gewöhnlich, dass sich zur Schamspalte eine birnf örmige, ei- bis faust-, sogar fl as ch engross e Geschwulst mehr oder weniger herausdrängt; nach dem Auseinanderlegen der Scham und der Scheide erkennt man, dass dieser Tumor nach rückwärts gej^en die untere Scheidewand zu sich hinzieht und gleichzeitig bis dabin etwas verjüngt. Die Geschwulst, die entweder hochroth oder blauroth gefärbt ist, aber auch grau aussehen kann, lässt sich au ihrem hinteren, freien Ende bequem umgreifen und mit der Hand bis nach vornehin, woselbst sie mit der Vaginalwand in Verbindung steht, ver-f o 1 ge n.
Bei der Betastung des gewöhnlich schmerzhaften Tumors, den man schon aus dem bislang Mitgetheilten als umgestülpte Harnblase erkennen und kaum mit einem Prolapsus vaginae s. uteri verwechseln kann, constatirt man gar manchesmal, dass die Blasenwandungen verdickt sind und meistens die ganze Ge­schwulst eine eigenartige Fluctuation zeigt. Letzteres rührt gewöhnlich von der Schwellung der imllohlraum der um­gestülpten Blase liegenden, prall mit Urin gefüllten
1 Rychner's Bajatrik, S. 142.
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Eictopio6ll laquo;Um- llarnliluso.
üreteren her, aus denen durch die veränderte Lage der Blase der Urin entweder gar nicht zum Abfluss kommen kann, oder der nur bei manchen geschickten Bewegungen des Thieres schubweise in geringer Quantität herverspritzt.
ist die Inversion gross genug, so findet man die Ostien der beiden Ureteren am verjüngten, der Vagina zugekehr­ten Ende der flaschenfbnnigen Geschwulst. Heben Sie mit einer Sunde oder einem passenden Catheter die kleinen, vorliegenden, die Ostien bedeckenden Hautfalten auf, so diesst oder spritzt der Urin heraus, die ganze Geschwulst verliert allmäligihre Fluctuation and wird weich und kleiner, um in der nächsten Zeit bei Wiederfüllung der Ureteren mit Urin ihren früheren Umfang zu /.eigen.
Nicht immer rührt die eigenthümliche Elasticität des Tu­mors von der prallen Füllung der Ureteren her, denn es sind Fälle bekannt, dass selbst Eingeweide in die Excavation der Blase sich hin eindrückten und die umgestülpte Blase einen förmlichen Bruchsack bildete.
Einen solchen interessanten Fall besehreibt Bruckmüll er, ' der bei einem Pferde beobachtete, dass der Grimmdarm mit der freien Umbiegungsstelle in die vorgefallene Harnblase eingescho­ben und eingeklemmt war.
Besteht die Inversion längere Zeit, so treten natürlich die Erscheinungen der Hyperämie, der Entzündung und der ent­zündlichen Schwellung immer deutlicher hervor, zudem dieThiere sieh auch an festen Gegenständen reiben und dadurch die vor­gestülpte Schleimhaut hochgradig reizen, selbst verletzen. Als Folge dieser Verhältnisse bemerkt man, dass der vorliegende, anfänglich grauröthliche Tumor stärker hyperämisch — hoch-roth, blauroth — und varicös wird, dass er anschwillt, tune suc-eulente Schleimhaut und Oberhaupt dicke, derbe Wandungen be­kommt. Die Oberfläche belegt sich zuweilen mit Croupmem-branen oder sie wird rissig und wulstig, endlich ulcerös, gan­gränös, nekrotisch; sie vertrocknet und schrumpft ein, ja schliess-lich fällen seihst grosse Stücke der Harnblase ab.
Das Allgemeinbefinden ist je nach der Thiergattung ver­schieden: das irritable Pferd und der Hund und selbst auch das
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1 Path. Zootomie, S. 070.
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Ectopieen der Harnblase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;801
Schwein sind dem torpiden Bmdvieh ge^enübor meistens sulir unruhig und aufgeregt. Gewöhnlich leiden dieThiere an Strangurie
mit allen iliren Folgen.
Stuten athmen schneller, haben einen beschleunigten Puls, zittern, bewegen sich nur ungern von einer Seite zur anderen, legen sich nieder, springen wieder auf, drücken und drängen nach hinten — reihen das llintertheil au der Wand, bis dass die Blasenschleimhaut einreisst und alles hinter dem Patienten mit Blut beschmiert wird; dabei versagen die kranken Thiere das Futter und das Getränk.
Prognosis. Im Allgemeinen gilt die Beseitigung des fragliehen Leidens nicht für schwer und ist demnach die Prognosis — insoferne man nur rechtzeitig zur Hilfe gerufen wird und nicht bereits schwere Verletzungen der Blase vor­handen sind — auch eine günstige.
Selbst aber auch in jenen Fällen, in welchen man dieThiere ihrem Schicksal überlässt und nur die Harnretcntion in den Urcteren keine Ruptur derselben bedingt, hat man einen besseren Verlauf der Krankheit beobachtet, als man zu erwarten berechtigt war. In dem bereits angefahrten Falle von Neale wurde das Seh wein auch seinem Schicksal überlassen; es säugte seine Ferkel und wurde vier Monate nach der Geburt der letzteren geschlachtet. Das Thier hatte keine Harnblase mclir, es war dieselbe wahrscheinlich uekrutisch geworden und theilweise zu Verlust gegangen.
Auch nach längerem Bestehen der Inversion findet zuweilen Doch ein erwünschter Ausgang statt. Kurzawa ' konnte bei einer Stute die Blase nicht reponiren, weil sie zu stark ange­schwollen war. Sechs Tage spät erhattesich die Ge schwul st der Harnblase so vermindert, dass uunmehr die Reposition sehr leicht gelang. Der Blasenhals (und die Urethra?) war so erweitert, dass die ganze zugespitzte Hand ein-dr i age n k o n n te.
Therapie. Die Behandlung der Harnblasen-Inversion ist nur mittelst operativer Eingriffe zu ermöglichen; diese letzeren sind entweder unblutiger oder blutiger Art.
Mitth. ans d. tli. Praxis in Preussen. XXI., S. 145.
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Eotopieda amp;amp;r Qarnblftse.
Zunächst liej^t daran, die umgestülpte Harnblase z; u-rückznstülpen und in ihre normale Lage uielit nur zu bringen, sondern .-uich dort zu erbiilten.
Ich setze den Fall, die Inversion sei eben entstanden, und wir wären auch sofort vom Thierbesitzer requirirt worden; was
werden wir nun bi
nachdem wir unsere Diagnosis .,ln-
versio vesicae urinaequot; nach jeder Seite hin gesichert haben V Wir versuchen am hinten höher stehenden Thiere zu arbeiten; bei Kühen gelingt das leicht, bei Pferden ist eine grössere Vorsicht geboten und muss desshalb das Thier gut befestigt und mit seinem Kopf hoch so gehängt werden, dass es jeden Augenblick losgelassen werden kann; — die ITiuterfnsse werden gespannt, der Schweif wird von einem Gehilfen seitwärts srehalten.
Zuerst reinigen wir die Blase und alle unreinen Theile in der Nachbarschaft, dann ölen wir die Blasenoberfläche gut ein — oder im Falle die Blase stark geschwollen ist, versuchen wir die Ureteren mittelst eines Catheters vollständig zu entleeren, — rinden wir die Einmündungen der Ureteren in die Blase nicht, so punktiren wir mittelst eines Explorativtroikarts die Geschwulst an zwei Stellen, d. h. da, wo wir durch starke Hervorwölbungen erst den einen und nach Entleerung desselben den andern Ureter zu treffen hoffen. Bei versäumter vor­gängiger Entleerung der Ureteren kann während der Reposition leicht Ruptur derselben oder der Blase eintreten.' Rührt die Schwellung der Blase von den hyperä-mischen oder ödematösen Blasenwandungen her, so ver­suchen wir Et altwasserdouchen oder eine Zeit lang leichte Alaunbäder (1:50), um damit eine Schrumpfung und Ver­kleinerung der zu grossen Geschwulst zu erzielen.
Weicht nach diesen Versuchet] die Geschwulst nicht, so lässt sich vermutheu, dass in der Excavation der Blase ein an­derer Körper — Darm — die Vergrösserung bedingt. Es kann nunmehr das in der Harnblase liegende Darrastttck durch das Rectum zu reponiren versucht werden; gelingt dieses nicht , so bemühe man sieh, es gleichzeitig mit der Blase zurückzuschieben.
'
' Kim nc. Umstälpung der Blase bei einer Stute. In der Excavation der IJIase land sich Flüssigkeit. Jici der Reposition, die nicht gelang, zen'iss die Blase. Tidsskrift for Veterinairer, Kiobenhavn 1859, S. -J-J.
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Eetüpieon der Harnblase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 303
Wir entfernen nur erst noch mit der Scheere allenfallsige tudte oder dem Abstorben nahe iSchlcimliautt'etzen von der Oberfläche der Harnblase und stillen die mögliche Blutung durch die viel­leicht vorhandene Alaunsolutiou, durch kaltes Wasser oder durch vorsichtiges Betupfen der blutenden Stelle mit verdünnter Tinc-tura Ferri sesquichlorati und beginnen dann mit der wohl ein­geölten, aber sonst reinen Hand die Heposition.
Die Reposition der Blase bewerkstelligen wir aber, in­dem wir mit den Fingern die am weitesten nach hinteu hervor­ragende Spitze der Geschwulst — den Vertex der Blase — in das Innere der Geschwulst hiueinstiilpen und durch die immer­hin stark erweiterte Urethra zurückschieben; reichen die Finger zur completen Reposition der Blase nicht aus, so umwickeln Sie rasch ein stumpfes, glattes, entsprechend dickes und langes Holzstäbchen mit Werg und Leinwand, tunken alles in Oel und schieben mit diesem Instrument die Blase vollends durch die Harnröhre hinein und stülpen sie endlich auch noch vollkommen nach innen und unten in die Beckenhöhle wieder aus.
Mitunter gelingt es, mittelst der ganzen Hand durch die erweiterte Uretbra bis in die Harnblase zu gelangen. '
Will die Reposition durch die enge Urethra nicht ge­lingen, so dürfte eine Incision in ihre obere Wand vor-theilhaft sein. Sie werden zu diesem Zwecke eine llohlsonde vorsichtig zwischen die vorgestülpte Blase und die obere Wand der Harnröhre so einschieben, dass die Sonde mit ihrer Rinne nach oben steht und die .Spitze der Sonde die Blase nicht an ihrem umgebogenen Theile und in der .Nähe des Blasenhalses peribrirt.
Zwängen Sie nun ein schmales Messerchen — die Schneide nach oben — in der Kinne der llohlsonde nach vorwärts und ziehen Sie es in derselben Richtung und Lage wieder zurück, so ist durch den eigenen Druck der Weichtheile auf die Schneide der Klinge die Incision unzweifelhaft so tief geworden, dass man nunmehr die Reposition wieder versuchen kann.
Ist die Blase endlich auch glücklich reponirt, so dürfte Ihre Hilfeleistung docii noch nicht zu Ende sein, denn wie bei
1 Mann; Blasenvorfall bei eiser Stute nadi dorn Geburtsacte. Mitth. a. d. tli. t'iaxis in Preussen. 1859, S. 162.
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Eotopieen der Harnblase.
allen ähiilicliuu liivcröioucu — ich erinnere nur an die allbe-k;uiute Inversio uteri — besieht aucli hier und r.amentiich bei sehr weiter Urethra nicht selten ein Drücken und Drängen noch längere Zeit fort und eine neue Inversion ist die häufige Folge dieses wehenartigen Fressens.
Morphium-Injectionen direct in die Harnblase oder hypo-derniatisch, oder Chloralhydrat oder Chloroform, die beide per os oder per anum beigebracht werden können, führen häufig nicht zitin Ziele und so ist es das Beste, frühzeitig, wie Lönecker ' es macht, einen Bleidraht um die erweiterte Harnröhre so zu legen, dass das Lumen der Röhre dadurch nicht vollständig verschlossen wird.
Nach einiger Zeit beruhigen sich die Thiere, es hat sich die Urethra auf ihr normales Lumen zurückgebildct und imn dürfen Sie auch getrost den Draht entfernen.
Die Nachbehandlung beschränkt sich auf zeitweiliges, vor­sichtiges Ausspritzen der Harnblase mit leicht schleimigem, lau­warmem Wasser, unter das Sie eine Spur Oarbolsäure oder kSalicylsäure - gegeben haben, wenn der Urin übelriechend ist oder mit demselben eine jauchige Materie entleert wird; wo keine besonderen Indicationen für die Einspritzungen bestehen, sind alle Injectionen contraindicirt. weil durch die injicirte Flüssigkeit die Blase immer von Neuem zur Entleerung dieser Massen, zur Contraction ihrer Wandungen und dadurch zur Inversion gereizt wird.
Als Folge der mehrfachen Insulte', welche: eine umgestülpte Harnblase; hat ertragen müssen, entwickelt sich frühzeitig eine ('yst itis, über welche ich tin- bereits eingehend unterrichtet habe.
Leider aber geht in allen Füllen die Beseitigung des Uebels nicht so leicht ab, als wie ich es Ihnen bisher gesagt habe; denn in der Thai kommt es vor, dass die Blase nicht reponirt werden kann — oder nicht reponirt werden darf.
Die Blase kann bei zuweilen hochgradiger ödematöser und entzündlicher Schwellung — bei weich und morsch gewordener Wandung untnöglich mehr reponirt werden. Bei ausgebreitetem Brand, bei Ruptur der Blase darf dieselbe nicht zurück-
1nbsp; Magaz. von lt;i. a. II. XXXI., S. 16.
2nbsp; t :400- 500 anna dest
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Botopieen dor Santblase.
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g-ehniclit werden, and daiiu bleibt nichts weiter 111)1%, als sie zu amputiren. Diese Operation wurde sehen mehrfach gemacht und darunter selbst bei Stuten wiederholt mit günstigem Erfolg.
In Hering'a thierär/.tlieher Operationslehre finden Sie S. 300 und 301 eine ganze Reihe von Männern angeführt, welche die Amputation versuchten und die theilweise damit auch guten Erfolg erzielten.
Da aber die Amputation der Blase eine tief eingreifende Operation ist, so dürfen wir uns nicht wundern, wenn von den operirten Thieren immerhin ein ziemlieh hoher Procentsatz in Folge von Peritonitis, Nephritis, Gangrän und Septicämie zu Grunde geht.
Nehmen wir wieder einen concreten Fall an, der uns zur Amputation der Harnblase zwingt, und fragen wir, was werden wir thun? —
Ich ziehe die Operation am stehenden Thiere vor, doch mag auch die am liegenden Thiere gelingen.
Wir vergewissern uns von dem Inhalte des Blasensackes; sollte sich, wie es in seltenen Fällen vorkommt, wirklich ein Darmstück in die Blasenexcavation hineingedrängt haben und kann dasselbe nicht zurückgebracht werden, so muss das ganze Operationsverfahren wesentlich modificirt werden. Ich werde mich darüber sehliesslich äussern.
Angenommen also, der Harnblasensack sei leer, so erfassen Sie nun die Blase an der vorstehenden Spitze, ziehen Sie noch etwas weiter vor, vergewissern sieh der beiden [Jreterenöffnun-gen und binden hinter den letzteren — also zwischen Blasen­spitze und Ureterenostien -mittelst eines straff gewichsten kräftigen, nicht ganz rabenfedei'kiel-dicken Hanffadens die Blase ab und schürzen den Knoten so, class sie ihn täglich I —2 Mal kräftiger zuziehen können. Es wird nun gerade so, wie das Scro­tum eines Schafbockes, der abgeschnürte Theil der Blase an­schwellen, blau, schwarz und brandig werden und nach einigen Tagen entweder von selbst abfallen oder abgeschnitten werden müssen.
Man reinigt hierauf den Blasenstumpf mit carbolsäurehaltigem
Wasser, lüsst die noch anhängenden Ligaturfäden — die gross genug sein müssen, um nach der Reposition des Stumpfes noch
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solaquo;
Ectopieen dev Htumblasi
;uis der Schamspalte vorzuhängen — ruhig liegen und drückt das ülasunrudimeut durch die Urethra hinein. Letzteres gelingt leicht, ja vollzieht sich zuweilen von selbst, vvenu erst die Blasen-spitze abgetragen ist.
Die hinter den üstien der Uretheren angelegte Ligatur soll gerne nach vorwärts schlüpfen und dann die Uretercnmiin-dungeu verlegen.' Um dieses zu verhüten, empfiehlt Hering in seiner Operationslehre, eine mit doppeltem Fadeu versehene Wundnadel durch die Mitte der Blase durchzuführen und daun die Blase in zwei Portionen abzubinden.
Jn jenem Fall, in welchem ich einen mir fremden Körper im Blasensack vermuths, würde ich links und rechts, möglichst nahe der Blasenspitze eine Schlinge legen, um damit zunächst die Blase zu fixiren; daun würde ich allen Inhalt des Blasen­sackes möglichst weit von der Spitze zurückschieben und die Blase gleichzeitig soweit als möglich hervorziehen, hierauf den Vertex platt legen und ihn durchschneiden, und zwar so weit, um möglichst bequem in die Excavation der Blase hineinzu-gelangen, jedoch vermeiden, mit der Incision so tief, resp. so weit nach vorn zu kommen, dass bei der später nöthigen Ab­bindung der Blase vor der Incision die Uretcrenostien unter den Ligat11rfaden fallen.
lgt;ie eintretende Bhttung ist nicht bedeutend, im Nothfall stillen Sie dieselbe mit Tincl. Ferr. sesquichlorat. — raquo;Sie beeilen sieh, mit der eingeölten Hand in die Blasenexcavation zu kommen, und versuchen das vorliegende Eingeweide durch die Urethra in die Beckenhöhle zurückzubringen, wobei Sie es probiren können, ob Sie mit der andern Hand vom Rectum aus die zu bewerk­stelligende Reposition nicht zu fördern im Stande sind.
Ist die Reposition der in der Excavation der Blase liegen­den Theile gelungen, so wird die Blase abgebunden, aber mit der doppelten Vorsicht . dass nunmehr weder etwas von der Wundöffnung vor der Ligatur bleibt, noch die Ureterenöfinuugen unter oder gar hinter die Ligatur kommen, was übrigens bei nur einiger Vorsicht wegen der nahen Lage, der Ureteren-öffnung am Blasenhals kaum geschehen dürfte.
raquo;
1 Die üreterenmilndungen sind gewShnlicli so weit vom, dass kaum der Fall eintreten kann, diese unter die Ligatur zu bekommen etc.
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Ectopieen der llarnbla.sc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;307
Im weiteren Verlauf treten ganz dieselben Verhältnisse ein, die ich Ihnen vorhin geschildert habe, bemerke aber noch dabei, dass unter Umständen Sie nach der Amputation der Blase, insolauge als deren Stummel noch nicht reponirt ist, mefanuals des Tages und der Nacht für eine Entleerung des Harns ans beiden Ureteren sorgen müssen; vielleicht ist es Ihnen möglich, feine Kautschukcatheter einzulegen oder in der Einführung dieser Catheter Jemanden (?) zu unterrichten. — Ferner müssen Sie Ein­richtungen veranlassen, dass Patient nicht durch Reihen, Rutschen Benagen und Lecken die Heilung der Wunde verzögert oder gar die Ligatur abreisst.
Selbst bei glücklich vollendeter und glücklieh überstnndener Operation ist der Erfolg nur ein relativ guter; denn nun fehlt das contractile Element der .Harnblase — der Dotrusor: — der Urin kann nicht mehr im Strahl entleert werden, und da die Blase als Reservoir des Urins auch nicht vorhanden ist, so sehen wir, dass Thiere ohne Harnblase beständig nässen, sie sind unvermögend, den Harn zu halten, der Urin läuft durch den unteren Winkel der Schamspalte be­ständig ab und au den hinteren Extremitäten, die da­durch exeoriirt werden, hinunter. — Das Einlegen einer Blechröhre oder eines Catheters nützt dagegen nicht viel und kann auch für die Dauer nicht ertragen weiden.
Nach der Operation tritt gewöhnlich ein bedeutendes Wundfieher auf. dem eine Peritonitis, Nephritis, ja selbst bei noch ungünstigerem Verlaufe eine Septicämie oder Urämie folgt; es sind dieses alles Zustände, die ein wachsames Auge von Seiten des Arztes verlangen und die trotz aller Mühen leider nur allzu­häufig den Tod des Patienten veranlassen.
b) Prolapsus der Harnblase.
Der Vorfall der Harnblase ist nur möglich nach einer Ruptur, gewöhnlich in der unteren Wand der Scheide; davon, dass die Harnblase einmal bei männlichen Thieren, durch die untere Wand des Mastdarms vorgefallen wäre, ist mir nichts bekannt.
Der Prolapsus vesicae wird also gerade so, wie die Inversion der Blase nur bei weiblichen Thieren, u. zw. auch bei diesen nur selten beobachtet.
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Ectopte
der Elamblase.
Dio Aufmerksamkeit des Arztes oder Eigenthümers auf den fraglichen Zustand wird dadurch erregt, dass man Harn­beschwerden oder Störungen im Haraabsatze wahrnimmt, oder dass man gelegentlicli einer Exploratio vaginae et uteri auf die vorgefallene Blase stösst, — zuweilen tritt aber auch die Blase zwischen den Schamlippen hervor und kann dann natürlich von aussen gesehen werden.
Da derartige Vorfälle gewöhnlich nur gelegentlich einer schweren Gehurt vorkommen, während welcher entweder durch die geburtshilflichen Instrumente, z. B. durch spitze Haken oder durch die vorstellenden Extremitäten der Jung-en der Riss in die untere Wand der Vagina erzeugt und dann durch heftige Wehen die Blase sich umlegt und in die Geburtswege getrieben wird, so findet man sie auch meistens hei dem Begann der Geburts­wege mit der Hand in Form einer runden, fiuetuirenden, weisslich-grauen Kugel am Scheideneingang; bei genauer Besichtigung dieser Geschwulst findet man. dass es eine Blase ist, die Flüssigkeit enthält und die ganz und gar der noch unverletzten Eihttlle unserer Haussäugethiere gleicht. Ist das Junge noch nicht gehören, so liegt eine Verwechslang mit dem Thierei ausserordentlicli nahe und selbst, wenn ein Junges vorhanden ist, kann man heim Anblick einer neuen Blase leicht auf den Ge­danken kommen, dass noch ein zweites Junge geboren werde, oder dass doch wenigstens die Secundinae zu Tage treten, in deren einen heim Durchgang dureli die Geburtswege angespannten Tasche sich noch Fruchtwasser befinde.
Es gehört in der That eine grosse Vorsieht dazu, einen Prolapsus vesieae nicht mit den Eilulllen zu verwechseln, ich linde eine solche Verwechslung um so leichter möglich, weil man um die Zeit einer Geburt vielfach Gebilden begegnet, die gerade so aussehen können, wie prall gefüllte Harnblasen und in vielen Hunderten von Fällen es doch nicht sind; Ja, ich linde eine Ver­wechslung des Vorfalls der Blase mit den Eihäuten schon dess-halh für denkbar, wed der Geburtshelfer wohl gewöhnlich während seiner anstrengenden I Henste kaum an einenProlapsus vesieae denkt.
Aus diesen Gründen werfe ich auch gar keinen zu grossen Stein auf ('harlot,1 der, als er am Scheide-Eingange einer Kuh,
1 Journal pratique rle med. v.'ti'r. 18-2G, S. 165.
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Ectopieen tier Harnblase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 309
die heftige Gheb arts wehen hatte, eiae mnde, fibröse, weissliclic, fluctuirendeGeschwulst bemerkte, dieselbe für die hervorgedrängten Eiliäutc hielt, sie desshalb auch perforirte und nun erst, ;ils er Urin aasfliessen sah, in ihr lt;Vn: vorgefallene Harnblase
erkannte Als die Blase leer war, fand er erst den iiiss in der Scheide.
Diese Mittheilung Chariot's bat iiir uns grosseu Werlh, du wir liier — wie gar oft — aus den Feldern Anderer dieselben vermeiden lernen. — Ich lieffe, dass dieser unglückliche Fall Sie in Zukunft immer veranlasst, ehe raquo;Sie bei einer Geburtshilfe das vorliegende Tliierei öffnen, sieh hinreichend zu vergewissern, dass Sie in nichts Anderes — auch nicht in eine vorgefallene Darmschlinge — hineinschneiden und dass Sie namentlich die vorgefallene Barnblase nicht mit den Eihüllen verwechseln.
Sie haben hinreichend Anhaltspunkte, um Ihre Diagnose zu sichern! — 1st die Harnblase vorgefallen, so linden Sie meistens mehr oder weniger bedeutende Störungen im llarnabsatz
—nbsp; nbsp;ja Sie sehen im glücklichen Fall sogar die Blase zur Scham­spalte hervorstehen; die Blase ist gewöhnlich prall gefüllt und lässt sich leicht mit dem Finger umgreifen. Bei dieser Untersuchung stellen sich dieThiere zum IDimcu an; drücken Sie auf die Geschwulst, so fliesst Harn ab; die Blase entleert sich und wird unter Ihren Händen nach und nach kleiner.
In vereinzelten Fällen ist ein solcher in der Scheide gelagerter, blasenartiger Körper, bald einmal sichtbar — gefüllt, bald einmal nicht bemerkbar — nicht gefüllt und nach vorne gezogen; bald ist die Blase grosser, bald erscheint sie kleinen-, natürlich je nach Füllung mit Urin.
Gehen Sie endlich noch vorsichtig um die Geschwulst herum, so finden Sie dort, wo dieselbe mit der unteren Vagina-Wandung in Verbindung zu stellen scheint, eine
—nbsp; nbsp;je nach dem Umfange der Ruptur verschieden starke — Einschnürung an ihr, die durch die Wundränder erzeugt wird; geben Sie sich dabei Midie, so können Sie vielleicht mit dem wohl eingeölten Finger auch noch neben der Blase durch die Ruptur in die Beckenhöhle gelangen.
Bei grossen Rissen in der untern Vaginawandung oder bei leerer Harnblase fällt natürlich die Einschnürung fast ganz
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Ectfrpieea der Harnblase.
weg, man kann bequem den vorhandenen Riss constatiren und durch alle diese Momente die Diagnose sichern.
Therapie. Die Aufgabe des behandelnden Arztes ist, die in
die Vagina vorgefallene Blase durch den Riss wieder zurückzubringenj ohne sie dabei zu zerreissen.
Ich erwähne Letzteres ausdrücklich, und zwar aus dem ein-fachen Grunde, weil bei der nicht selten sehr stark ausgedehnten Harnblase und ihrer hochgradig verdünnten Wandung der leiseste Dnu-.k und das vorsichtigste Schieben hinreichen, die Blase zu sprengen. Der Urin spritzt dann im grossen Strahl nach aussen die Blase fällt zusammen und schlüpft wohl auch rasch in die Beckenhöhle zurück. Dieses wäre nun aber sicherlich eine sehr unangenehme Geschichte, denn dieses ist, wie Sie wissen, gleichbedeutend mit dem Tod des Thieres. Beim ganzen Operations-verfahren und namentlich bei gefüllter Blase ist also die grösste Vorsicht noting.
Ist die Blase prall gespannt, also durch viel Urin stark aus­gedehnt, so würde ich nicht viel versuchen, dieselbe zusammen­zudrücken, um dadurch den Urin zu entleeren, weil während dieser Manipulation leicht eine Ruptur derselben erfolgen kann. Ich würde in zweifelhaften Fällen die Function der Harn­blase mit der Lanzette einer kleinen Pravaz'scbeu Injoctions-spritze dem Kneten und Drücken zum Zwecke der Urinentleerung vorziehen.
Bei der Function der Blase würde ich die Hohllanzette an ihrem hinteren Ende mit einem Kautschukscblauch in Ver­bindung bringen und mich bemühen: erstens die obere Wand — die Blase in normaler Lage gedacht — den Fundus vesicae also, zu treffen und zweitens die Lanzette nicht gerade, sondern mögliebst schief durch die Hlasenwand in die Harnblase einzuschieben; üiesst kein Urin ab, so kann mau am Kautschuk­scblauch etwas saugen lassen und wird dann sicherlich etwas Urin bekommen, namentlich, wenn man die Lanzette nach ver­schiedenen Seiten hin bewegt. 1st ein Theil des Urins aus­gelaufen, so kann man die Blase auch mit den Händen in gleich-massiger Weise comprimiren und so den Urin theilweise zur natürlichen Oeffnung, theilweise zur Hohllanzette, herausbekommen. Glauben Sie, dass die Harnblase klein genug geworden sei, um durch den Vaginalriss reponirt werden zu können, so entfernt
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Eetoineen der Harnblase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 311
man die Lanzette, spreizt mit Zeig- und Mittelfinger die Wund­ränder auseinander und sucht zwischen diesen dann die Blase in der Weise zurückzascbleben, dass man immer die Tlieile der Blase, welche der Ruptur zunächst liegen, mit den Fingern der rechten Hand in die Wunde hineinstopft.
1st die Blase reponirt und steht eine Reeidive zu bet'iirditen, so kann man mit einigen Nähten die Vaginalwunde schiiessen.
Die durch die Pimction entstandene Wunde in der Harn­blase ist so klein, dass bei contrahirter Blasenwandung kein Urin durch dieselbe in die Bauchhöhle gelangen kann.
Aengstliche Aerzte mögen durch wiederholtes Catheterisiren dafür sorgen, dass die Harnblase sich nicht stark füllt.
Die Reposition der Harnblase wird übrigens auch da­durch erleichtert, dass man das Autsatzrohr einer grossen Klystier-spritzc in die Urethra bringt und durch einen intelligenten Ge­hilfen einen sanften Druck von oben nach unten auf die untere Wand der Harnröhre ausüben lässt, während man seihst von Zeit zu Zeit das Aufsatzrohr etwas tiefer in die Harnröhre und endlich in die Blase mit der rechten Hand einsenkt und mit der linken Hand in der Vagina verhindert, dass bereits reponirte Theile der Harnblase sich wieder vordrängen.
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Bestehen heftige Wehen, so mag man das Thier cliloro-formiren, oder ihm, wie ich zu thun pflege, Chloral hvd rat per os geben.
Ist die vorsichtige Function der Blase nicht zu ermög­lichen, oder will man dieselbe überhaupt nicht machen, so erweitere man den Einriss in der Scheide. Ich empfehle Ihnen, dabei in folgender Weise vorzugehen.
Unterstellen wir, dass die Ruptur sich zwischen dem Orificium uteri und denr Ostium urethrae befindet, die Harnblase nach hinten und oben umgeschlagen und so in die Vagina eingetreten sei. — .Sie bemühen sich mit dem Zeigefinger der linken Hand vor der Harnblase in die Ruptur der Vagina zu gelangen und dann schieben Sie neben dem Finger ein geknöpftes, concaves, schmales Bistouri, die Schneide nach vornen, den Rücken gegen die Blase gekehrt, ein und versuchen eine 002—0-03 Meter lange Incision in den vorderen Winkel der Ruptur; können Sie liier nicht ankommen, so versuchen Sie am hinteren Winkel der Ruptur — wenn wegen der allzugrossen Nähe der Urethra
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Eotopieen dt'v Harnblase.
dieses nielit uamöglißh sein sollte — den Einsclmitt. Sie müssen dann aber mit dem eingeölten Zeigelingcr der linken Hand hinter, resp. unter die Blase eingehen und zwischen Blase und hinterem Winkel der Ruptur in letztere zu gelangen sich bemühen. Das Bistouri wird — nun den Rücken nach vornen, die Sehneide nach hinten .gerichtet — neben dem Finger ein-geschoben und die Incision gemacht.
Will es Urnen nicht gelingen, einen Finger in die Vaginal­wunde noch neben der Blase hineinzubringen, so schieben Sie an irgend einer Stelle -- nur nicht unmittelbar vor der Urethra-miindiuig in der Scheidenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; das geknöpfte Bistouri platt ein,
kehren dann die Schneide des Messers gegen den Wundrand und schneiden, indem Sie das Instrument wieder langsam herausziehen, in denselben ein. Der stark gespannte Wundrand drückt sich dann selbst in die Schneide des Messers und die Incision vollzieht sich dadurch fast von selbst.
Durch die erweiterte Wunde mag es Ihnen nun leichter möglich werden, die Blase durch einen Catheter zu entleeren, sie selbst in ihre normale Lage zurückzubringen.
Fine besondere Nachbehandlung erscheint kaum nöthig; allenfallsige allgemeine Zufälle werden je nach ihrer Art und Natur behandelt.
Wichtig für Sie dürfte es endlich noch sein, zu erfahren, dass die vorgefallene Harnblase sich zuweilen von selbst reponirt M. Cox ' veröffentlicht einige derartige ihm zur Beobachtung gekommene Fälle und bemerkt dabei, dass dieses nur bei Pferden und Schweinen, nie aber beim Schaf und hei der Kuh vorkomme.
c) Der Blasenbruch (Cystocele).
Der Harnblasenbruch wird gewöhnlich mit Cystocele
oder als Hernia, vesicalis bezeichnet und kommt bei männ­lichen und weiblichen Thieren verschiedener Gattungen, glücklicher Weise aber nur ganz ausnahmsweise zur Beobach­tung. Ich seihst habe während meiner Praxis noch keine Blasen-hernic beobachtet und kann Ihnen desshalb hier auch nur das­jenige referiren, was ich aus der Literatur darüber kenne.
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BlasenTorfall liei Stuten. The Veterinarian. 1848.
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Bctopleon doi UarBblano
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Bei männlichen Thieren tritt die. ürinblase durch cinoii Bauchring (annulus abdominalis), bei weiblichen Thieren durch einen der Schenkelbögen (arcus cruralis) in den so-genannten Bruchsack.
Bei männlichen Hunden wurde öbrigens mehi'mals eine eigenthümhehe Blasenhernio unterhalb des Afters im Mittel-f'leisch beobachtet; die Decke des Brachsackes bildete die ;ill-i;eineine Decke des Perinäums.
Da derartige Hernien die selteneren sind, so will ich einige kurze Bemerkungen darüber sogleich erledigen.
Den einen Fall erwähnt Bruckmüller in seiner pathologi­schen Zootomie S. 670. a., — der andere Fall lindel sieh in dem sächsischen Veterinärbericht ' aufgeführt.
Bruckmüller sagt: „Ich fand bei einem Hunde einen Vorfall2 der Harnblase mit LTmbiegung derselben nach rück­wärts, su dass der Grund der Blase neben dem After in einem mit dem vorgefallenem Netze und mil Flüssigkeil gefüllten Sacke im Unterhautbindegewebe zu liegen kam!quot;
Leisering schreibt: „'raquo;ei einem männlichen Hunde, welcher sehr stark gedrängt und bei dem man die Harnentleerung verniisst hatte, fand sich unterhalb des Afters eine starke An­schwellung; der After selbst war verdickt und iuliltrirt. Bei der Section stellte sieh heraus, dass in der unter dem After befind­lichen Anschwellung ein Tlieil der Blase gelagert war. Die Blase selbst war stark aussredehnl und strotzend mit Urin ge-füllt; ihre Wände waren sehr dünn.quot;
Diesen zwei seltenen Fällen will ich sogleich noch einen dritten, auch interessanten Fall anfügen, den Prinz3 beschreibt.
' XIV., S. ^ö. Bericht über dilaquo; Anatomie von Leisering.
- Ist wohl incorrect den Vorfällen (Prolapsus) angereiht, da ein Prolapsus darin liostelit, dass Organe, welche in Höhlen liegen, aus denselben so hervortreten, dass sio si ohtbar werden, also frei zuTage liegen und unmittelbar der Einwirkung der Atmosphäre ausgesetzt sind; während Hernien diejenigen Ketopiecn der Eingeweide darstellen, bei welchen diese ans ihrer ESble durch Oeffnungen in den Wänden der letzteren so hervortreten , dass sie noch mit der Haut mnkloidet sind. Durch diesen letzteren Umstand unterscheiden sieh die Hernien wesentlich von dem Prolapsus. (Conf. Hertwig's Chirurgie, S. 50G und S. 594).
3 Wöchentliche Beiträge zur tned. und ehirurg. Klinik l.s:!3. S. 13.S und G11 rIt's path. Anatomie. Nachtrag S. 89.
Pflag, KrankliotteQ df* nropoStlnchcn Sys
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Ectopieen der Harnblase
#9632;
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Prinz land bei einer Kuh, welche eine Schwergebtirt hatte, ..einen Scheiden-Blasenbruchquot;. Die Kuh wurde bnlil kreuz­lahm und hatte einen Prolapsus vaginae in Kenn eines rundlichen Beutels. Dieser bestand ;iiis der linken Wand der Scheide nnd enthielt die nach links umgeschlagene Harnblase. Die Re­position wurde zwar mit Erfolg gemacht, aber das Thier wegen Kreuzlähmung nicht weiter behandelt.
Diesen Zustand dürfen Sie nicht mit jenen häufigen Fidlen von Prolapsus vaginae verwechseln, wo die Blase in die Ex­cavation der Scheide mit hineingezogen wird und wobei gewöhn­lich durch Druck auf die Urethra eine, Harnretention in der Blase insolange bestellt, bis die vorgefallene Portion der Vagina in die Höhe gehoben und mit der Blase etwas zurückgeschoben wird, wonach das kranke! Thier gewöhnlich sofort eine reichliehcre Menge Urins entleert.
Ein grösseros Interesse, als wie diese Aves rarae bieten dem praktischen Veterinär die häufiger vorkommenden Blasen-Leisten- und die Blasen-Schenkelbrüche.
Bei männlichen Thieren tritt die Harnblase durch den Annulus abdominalis, den Bauchring. Sanitas ' beobachtete derartige Brüche mehrmals bei Pferden. Die Pferde haben Colik, stellen sich häutig zum Harnlassen, können jedoch nur wenig Urin entleeren; am Bauchring findet man eine faust-grosse, Flüssigkeit enthaltende Geschwulst, die sich auf der entsprechenden Seite bis zum Damm und dem After ausdehnen kann.
Bei der Untersuchung per rectum wurde das Wesen des Leidens richtig ermittelt, die Reposition der Blase jedoch erfolg­los versucht.
Nach 24 Stunden starb das Pferd. Die Section ergab; Incarceration der Harnblase im Leistencanal, die rechte Samen­arterie war an der Aorta abgerissen und in Folge davon eine Hämorrhagie in die Bauchhöhle eingetreten etc.
Ein anderes Pferd fiel auf der Strasse nieder, die Nachhand schien gelähmt, man hatte sieb von der Existenz eines Blasen-Leistenbruches vergewissert, die Blase reponirt unil schon am anderen Tage war das Thier eenesen.
1 In Dnpuy'a Journal. 1826, S. 120. Gurlt's path. Anatomie. [., 200.
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Ectopteen dor Harnblase.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 315
Bei einem erst tiulit Tage alten Füllen wurde .^elegcnt-lieli einer Bruchoperation von Elövuet1 die Harnblase vorliegend gefunden. Obgleich die Bluse leicht zurück­gebracht werden konnte, so starb das Thier doch nach vierzehn
Tagen.
Ein on linksseitigen B1 as en - S ob enke 1 b r u c h fand D a n d r i e u -bei einer Kuh. Eine hochträchtige Kuh musste einen mehrere Meilen langen, bergigen Weg machen. Bei der Rückkehr der Kuh in den Stall zeigte sich dieselbe krank, sie verschmähte das Futter, käute nicht wieder und war unruhig. Es stellten sieb Weben ein und einige Stunden später erfolgte die Geburt, eine Inversio uteri und bald darauf der Tod des Thieros.
Grelegentlich der Section fand sieb unter der Maut an der inneren Seite des linken Schenkels eine Ge­schwulst von der Grosse und Gestalt einer Birne, welche von der herausgetretenen und mit sein- rothem, stinkendem ürine gefüllten Harnblase gebildet war. Einige Zoll vor dem Grunde (vertex?) hatte die Blase einen Kiss, durch welchen sich der Urin in das Abdomen entleerte. Beide Harnleiter waren ungefähr zwei Zoll vor ihrer Kinmündung von der Blase abgerissen und an der Rissstelle umgestülpt.
Therapie. Bei einer Blasenhernie unterhalb des Afters würde, ich — ich habe ja eine derartige Operation noch nicht gemacht — vorausgesetzt, dass die Diagnose gesichert wäre, einen Einschnitt ins Perinäum machen, die vorliegende Harnblase zurückschieben, sodann den Brucbsack wie eine offene Wunde behandeln und dabei jedenfalls Sorge tragen, dass das unter dem After liegende bindegewebige Material sieh vereinige und da­durch die erneute Bildung eines Bruchsackes verhindere.
Die Beseitigung der Harnblasen-Leistenbrüche und der Harnblasen-Schenkelbrüche wird auf dieselbe Weise besorgt, als ob andere Eingeweide, z. B. Darmschlingen, in den Bruchsack eingelagert wären, und wollen Sie sich, da die #9632;
i Recueil de möit. vr.tc'r. 1830, 8. 17t.
Gurlt's path. Anatomie. Nachtrag, S. 89. - Exemple de Cystocile par l'arcade crurale ohez la vache etc. Becueil ilo mi'd. vrk'r. 1827, S. 549.
Gurlt's path. Aunt. I., S. •-'10.
#9632;21*
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:!]6
Missbildungon dor Blase uml der Harnröhre
Beschreibung dieser Operation uns zu weit von unserer Auf­gabe entfernen würde, sieb vorläufig in dem ausgezeichneten Handbuche der tbierärztlichen Operationslehre von Hering1 den nöthisren ßath holen.
XX.
Missbildmigen der Binse und der Harnröhre.
OITenbleibcn des Urachus — Atrcsie des Urachus — Atresie der Urethra — Hypospadie.
Sowohl an der Blase, als auch an der Harnröhre unserer Hausthiere kommen Missbildungen vor, welche mehr oder wenio-er Gelegenheit zur ärztlichen Behandlung geben. — Ge­wöhnlich haben /.war für die Thierärzte die Missbildungen der Hausthiere nicht die Bedeutung, wie sie die Missbildungen der Menschen für den Arzl haben, denn das missgestaltete und dadurch meistens auch gebrauchsunfiihige Thier wird unmittelbar nach der Geburl getödtet oder — wenn es ein Schlachtthier ist — höchstens so lange erhalten, Ids der Metzger es ver­wenden kann.
Dass jedoch von dieser Regel zuweilen Ausnahmen vor­kommen, davon sich zu (iberzeugen, haben Sie jetzt Gelegenheit.
Wie ich angekündigt habe, werde ich nur die für den prak-ticirenden Thierarzt wichtigsten Anomalien berücksichtigen und desshalb TeratOsen, wie /.. B. Mangel der Harnblase,2 Spaltung der Blase :i u. dgl. m., nicht zur Sprache bringen. Ich ersuche Sie, zunächst Hire Aufinerksamkeit
1 Operation der Schenkelbriiche. S. 214, Operation der Leistenbrüche. S. 274.
a Gurlt's path. Anatomie. Tl.. S. 95. sect;. 57. Wernär in Lenbns beob­achtete einen sechsjalirigen Hengst ohne Harnblase. Die üreteren mfindeten dort, wo die Blase sein sollte in einander und setzten sich von da als Harn­röhre fort. Mittli. a. d. th. Praxis in Preussen. L, S. 87.
3 Gnrlt's path. Anatomie. II., S. 96 mid S. 400. Eggerdes sah ein erwachsenes Pferd, das aussorlich weder männliche noch weibliche Geschlechts-theile hatte. Anstelle des Euters waren zwei Papillen, dnreh welche das Thier den l'rin im diiinien Strahle entleerte.
;quot;
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Missbildangen
l'.la-
and der Ilann'olirc.
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a) dem Offenbleiben lt;llaquo;s Dracbns
zuwenden /ai wollen.
Sic wissen, dass durch den Nabelstraug die fötale Harn­blase mit dem Ällantoissack in offener Communication stellt und er.st nach Vcrschiuss des Nabels der Urin durch die Urethra nach anssen entleert wird, währenddem gdciclizeitijraquo;quot; der ürachus verödet und das Ligamentum vesico-umbilicale medium bilden hilft.
Hin und wieder verscbliesst sich jedoch der ürachus nicht, es bleibt eine offene Communication zwischen Nabel und Harnblase für längere Zeit bestehen und der Urin iliesst entweder nur durch den Nabel ab oder auch durch die Harnröhre, wenn diese Theile für den Urin wegsam sind. Letzteres ist aber auch nicht immer der Fall; es iinden sich die llarnwege zuweilen abnorm verengert oder die Mündung der Harnröhre ist sogar vollständig verschlossen und wird dann gerade dadurch das Offenbleiben der Blasenschnur bedingt. Ja es würde in solchen Fällen der Ürachus bleibend die Stelle der Harnröhre vertreten müssen — und durch die Urethra seihst würde natürlich kein Urin abgesetzt werden.
Am häutigsten begegnen Sie allerdings der Erscheinung, dass Urin durch den gewöhnlich erweiterten Ürachus ' und — wenn vielleicht auch in geringerer Menge, so immerbin deich — durch die Harnröhre abgesetzt wird. Hei den Thieren, namentlich bei den Kälbern, ist das gar keine seltene Erscheinung in den ersten Tagen nach der Geburt; ist dabei die Harnröhre entsprechend wegsam, so verödet der Ürachus all mal ig, und nach 14 — 39 Tagen findet man keine Abnormität mehr bei dem Thiere, der Urin entleert sich auf richtigem Wege nach ausseu.
Werden Sie je einmal zu einem Thiere gerufen, das seinen Urin durch den Nabel entleert, so müssen Sie sich vor allen Dingen überzeugen, ob die natürlichen Harn­wege intact sind, oder ob au irgend einer Stelle eine Atresie oder sonst ein Hinderuiss sich befindet. Dieses ermittelt man —
1 Zuweilen bleibt der erweiterte Ürachus für das gpanze Leben bestehen, wenn derselbe ;iueli ;im Nabel verwächst. H. #9632;/,. I!. Seile quot;J'Jii ilen Adam'schen Fall und auch M;i^;iz. v. G. u, II. \L., S. 4-17: .,Zelin Harnblasen von ver­schiedenen Thieren mit zuriickprebliebeneni und aussedehntcni ürachus,quot;
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Missblldaugeu iler Blase and det Oaran'ihre.
wenn man keinen Catheter zur llaml hat oder der Bau der
Harnröhre iVtr Anwendung desselben niclil /.ulässt — wlt;ilil in der Weise, dass man bei beginnendem Harnabgang durch den (Jrachus wiederholt mittelst Fingordruck das Lumen des Nabels zusammendrückt und zusieht, ob Harn zur natürlichen Oeffnung heraustritt. Tritt kein Urin aus. so kann auch der Harnabsatz in Folge Erschreckens des Thieres durcli die Berührung unter­brochen worden sein; man verschliesst, um sieh nun weiter von dem Zustande der natürlichen Harnwege zu vergewissern, den Nabel mittelst einer Ligatur und veranlasst den Eigenthümer, genau auf das junge Thier zn achten, ob Harnbeschwerden — Hamcolik — eintreten, also keinUrin durch die Urethra abgeht, oder ob durch den stärkeren Druck des angestauten Urins die Hamwege geöffnet und vielleicht aucli Hindernisse in der Harn­röhre, z. 1gt;. Sehleim, beseitigt werden.
Steigert sieh nach angelegter Ligatur um den Nabel die Harncolik und tritt kein Urin aus der uatilrlichen Oeffmmg der Ruthe aus, su muss die Ligatur um dem Nabel wieder gelöst werden, damit nieht vielleicht gar eine Blasenruptur erfolge. Merkt man jedoch, dass Urin zur Harnrühre ausiliesst, so lässt man den Nabel unterbunden, ' macht in dessen Peripherie eine Einreibung, um eine adhäsive Entzündung hervorzurufen und hebt dadurch das bestehende Uebel.
Wenn man eine Ligatur anlegen will, durchsticht man den vorstehenden Nabel mit einer Carlsbader Nadel und macht über derselben mittelst weichem Faden eine Schleife, die man müssig fest anzieht, damit keine Necrose des abgeschnürten Stückes eintrete, ehe noch der Uraelms verschlossen ist; - bei zu starkem Zusammenziehen kommt dieses gewöhnlich vor. Um eine inten­sivere Lntzündung hervorzurufen und die Verhcilung des offenen Nabels zu beschleunigen, macht man sogar Scarificationea in den Nabelrand, und es würde zweekmässig sein, solche kleinste [neisionen eher zu machen, als man die Ligatur anlegt; dann kann man auch die scharfe Einreibung entbehren, was wieder den Vortheil hätte, dass die kleinen Thiere vom Nabel nichts abzulecken haben und auch keine Erosionen im Maule sieh zu-
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1 Ayrault. Offenbleibe!) iU-s Urachus. ßecueil de mod. veter. 1861, S. 130. - Suth, Kreisth. Mitth. a. d. th. Praxis in Preassou. XT., S. 171.
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Mlasbilduusen aer Blase imd der HomrSlu-e
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ziehen Ixöuaen. Mit dem bebinderteD EEornabäuss dureb deu Nabel wird auch die Obliteration des ganzen Urachus ge-wöhnlicb eingeleitet, denn nur ganz selten stellt sich nach Verwachsung des Nabels eine Dilatation des üraebus innerhalb der Bauchböble ein; gesebiebtletzteres, so erscheint es nach dem Tode des Tbieres, das während des Lebens mehr oder weniger an Dysurie gelitten bat, als ob zwei Harn­blasen vorhanden wären, die bintereinander liegen. ' da an der Stelle des üeberganges des blasenartig erweiterten üraebus in die Harnröhre immer eine erkennbare Einschnürung bestehen bleibt. (Siehe Ruptur der Harnblase).
b) Atresie dos üraebus.
Es mag in seltenen Fällen vorkommen, dass der üraebus sieh frühzeitiger scbliesst, als das Junge geboren 'wird, wenigstens deutet ein Fall darauf hin, der vom Professor Carsten-Harms in Hannover beobachtet wurde.
In den Mittheilungen aus der tbierärztlichen Praxis in Preussen - erzählt Herr Harms, dass ein Fohlen nicht ge­boren werden konnte. Während der Extraction des Jungen hörte man plötzlich einen Krach; darauf bin ging sehr viel Flüssigkeit ab und das Junge folgte augenblicklich. Bei der Besichtigung des letzteren Helen sofort die weilen und schlaffen Bauchdecken auf. Nach Oeffuung des Bauches fand sieb, dass die Harnblase, deren Wände 4—5 Millimeter dick waren, bis zum Zwerchfell reichte und sie selbst mit den Bauchwandungen verklebt war. Die Blase bestand aus einer vorderen kleinen und einer hinteren grösseren Abtbeilung (üraebus und Blase?), welche durch eine bübnereigrosse Oeffnung mit einander com-municirten. l)er ursprüngliche Rauminhalt der Blase war nicht mehr zu bestimmen. Alle Eingeweide waren durch die so sehr vergrösserte Harnblase gegen den Kücken gedrängt.
e) Die Atresie der urethra. •
Die Verwachsung der Harnröhre der Neugebornen ist ein überaus schweres üebel, wenn nicht gleichzeitig der
1 Gurlt's path, Anatomie. I., 8. 213. sect;sect;. 217 und 215.
- XXI., S. 168.
3 Vergleiche Gnrlts's path. Anatomie. 11.. S. 30 u. 151 über Aonrethra.
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ilor BIalaquo;o ini.l dot llamniln-
V
üracims offen geblieben ist uncl dor Urin seinen Ausweg durch den Nabel findet. lgt;ci verschlossenem Urachus und gleich­zeitiger Atresie der Harnröhre kommt die Hilfe ge­wöhnlich y.n spät, denn bis man die Ursache der Colik-erscheinungen ermittelt, ist eine Ruptur der Blase moistens schon eingetreten.
Man erkennt diesen Zust.-ind häufig daran, dass sich am Nabel eine bruchartige Geschwulst zeigt, welche der durch Urin erweiterte ürachus ist. — In solchen Fällen muss der geschlossene Uracbus geöffnet uml der ständige Harnabfluss durch den Nabel ermöglicht werden.
Die Beseitigung der Atresie dor Urethra seihst ist oft ganz unmöglich, ausserdem aber mtlhevoll und d;il)oi den' Erfolg der aöthigen Operationen sehr unsicher. Ich selbst habe die congenitale Atresie der ürethrü noch nicht beobachtet und kann Ihnen desshalb auch nur wiederholen, was Andere darüber sagen.
Ist es möglich, einen verschlossenen Schlauch oder eine solche Harnröhre mit dem Messer zu öffnen, so wird man diesen Ver­such machen und sodann die Verheilung der Wundränder ver­hindern. Sitzt das Hinderniss höher, so kann man hei männlichen Thieren ähnlieh wie bei der Urethrotoinie einen 1 lautschnitt unterhalb des Afters machen, die Harnröhre quer durchschneiden und ihr ccntralcs Ende so in die Hautwunde einheilen, dass der Urin unterhalb des Anus herauskommt. 1st dieses auch keine Radicaloperation so mag sie zuweilen doch genügen, bis junge Öchlachtthiere ihre Verwendung; linden.
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Mil
(1) llaniröUronspalliiiig luäunlicher TMere. Hypospadie.
Bekanntlich ist im Anfange des Embryonalzustandes der Säug'etbiere deren Harnröhre an der untern Wand der Länge nach gespalten und statt einer Röhre rindet man eine liimic.
Bei manchem neugeborenen Thiere ist nun die Urethra nicht geschlossen, sie ist noch eine offene Rinne, wie sie es im Irii-horen Embryonalzustande war; es ist dieses ein für das ganze Leben bleibender Bildungsfehlcr, den man Hypospadie nennt und der nicht, wie es zuweilen geschieht, mit Hermaphrodis-mus verwechselt werden darf.
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Missliilclmigüii .Icr nhnu und rler Harnruhr
:'.-21
Professor Gurlt ' gibt über (Ins Vorkommen der Hypo-spudic bei Tliieren manche interessante Aufschlüsse. So s.-igt er unter Anderem, dass die Spaltung bald mein-, bald weniger vollständig sei. Bisweilen wäre gar keine eigentliche Kinne vor­handen, sondern die äussere Mündung der Harnröhre findet sieb nahe unter dem After oder entfernter davon nach vorne zu; am seltensten ist die Harnröhrenmündung nahe am vorderen Ende der Ruthe.
In manchen Fällen ist die Urethra von der Mitte bis zur Eichel, in anderen der ganzen Länge nach gespalten.
Zuweilen bildet, wenn die Harnröhre unter dem After mündet, von da aus die Haut eine seichte Rinne, welche zwischen den beiden Hälften des nicht vereinigten — scheinbar ge­spaltenen — Hodensaekes nach vorne geht.
Diese incurable Missbildung ist bei Schafen und Ziegen­böcken, Hunden und Pferden beobachtet worden.
XXI.
Ruptur der Harnblase lind dor urethra.
Heber diese Zustände und ihre höchst unangenehmen Folgen habe ich Ihnen schon eingebende Mittheilungen bei Besprechung der Blasen- und Harnröhrensteine gemacht; ich habe dcsshalb nicht noting, allquot; das bereits Gesagte hier zu reeapitulireu.
Die Symptome, der Verlauf, die Prognose und die Therapie bleiben sich in allen Fällen gleich, mag die Ruptur der Harnblase oder diejenige der Urethra entstanden sein, durch was sie will.
Bevor die Ruptur eintritt, constatiren Sie wohl in den meisten Fällen bei den Patienten die Erscheinungen der Harnverhaltung, — und nur wo traumatische Einwirkungen oder ülcerationen die Blase oder die Urethra öffnen, ist das Verhältniss ein anderes.
Nach geschehener Ruptur geht kein Urin durch die natür­liche Oefihung der Harnoigaue ab, weil sich derselbe in die
1 Magazin für TMerheilknncle von 0. u. H. X.XXVII., 8. 38 mit Abbild.
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th
Ruptur der Bamblase trnd der Urethra.
im
01
Bauchhöhle ergiesst; es kommt dadurch zu ausgedehnten Harn­infiltrationen, zur Peritonitis und Urämiu.
Endlich ist uns die Heilung einer Blasenruptur bis jetzt nur in einem Falle bekannt, dieselbe wurde von Mousis beobachtet und ist in Grurlt's pathologischer Anatomie (I. S. 214) angeführt. Dieser Fall der Heilung einer Blasenruptur steht meines Wissens ganz vereinzelt da.
Mousis behandelte nämlich ein junges Maulthier an Dy-surie, weil dessen Schlauch durch Verdickung der Haut sehr eng und dessen Eichel sehr angeschwollen war. Als Mousis mit der Hand im Kectum vorgehen wollte, warf sich das Thier nieder, sprang wieder auf und sogleich doss der Urin durch den Alter ab, weil der Mastdarm und die Harnblase mit der Hand durchstossen waren. Am zweiten Tag, nachdem der Schlauch aufgeschlitzt war, wurde der Urin durch den After und durch die Urethra entleert, aber in vierzehn Tagen war sowohl der Kiss des Mastdarms, als auch jener in der Harnblase geschlossen und das Thier vollkommen geheilt.
Wie diese Heilung möglich wurde, darüber lassen sieh ver­schiedene Meinungen äussern; ich glaube, dass sie nur dadurch zu Stande kam, dass vielleicht durch eine adhäsive Entzündung Rectum und Harnblase sehr innig mit einander verbunden waren und die Ruptur der Blase möglicher Weise hinler der Douglas'schen Falte erfolgte.
Dass nach einer Blasenruptur der Urin nicht immer aus der Harnblase durch den Riss abläuft, dürften wir vielleicht aus einer Notiz sehliessen, welche sieh im XL. Bande des Magazins von Gurlt und Hertwig findet. Hier ist nämlich auf .Seite 466 mitgetheilt, dass sieh im Museum der Berliner Thierarzneisclmle die Harnblase eines Pferdes befindet, in deren oberen Wand eine abnormlaquo; Oeffnuug ist. Wodurch die Oeffnuug enstand, war nicht ermittelt, aber sie wurde durch zwei Fettgeschwülste so gedeckt, dass kein Urin ausfliessen konnte. Das Pferd hat häufig an Harnbeschwerden gelitten und ist an Colik gestorben.
Wie eine Heilung der Harnröhrenperforation zu be­werkstelligen ist, darüber will ich am Schluss dieses Capitels Ihnen noch Einiges sagen.
Aus diesen bisherigen Darlegungen werden Sie wahrschein­lich ersehen haben, dass es sieh im Augenblick um gar nichts
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Ruptur dor Harnblase und der Urethra.
323
Anderes handeln kann, als um uiuc eingehendere Besprechung
Jener Momente, welche im Stande sind, eine Blasenruptur oder eine Zerreissung der Urethra zu bedingen, d. h. es beschäftigt uns gegenwärtig die Aetiologie der Blasen- nnd 11 a vn r ö hrenr up turen.
Aetiologie. Die Harnblase zerreisst, wenn der Harnnbfluss beliindert ist und der Ausdehnungs-Coöfficicnt der Blasen­wand überschritten wird, — wenn die Blase durch in ihrer Nähe liegende Geschwülste, durch Geschwüre oder Abscesse von Aussei] nach Innen oder umgekehrt perforirt wird, —#9632; wenn ein Trauma, namentlich auf die prall gefüllte Blase einwirkt.
Der Harn ab t'luss wird am häufigsten behindert, besonders bei mähnlichen Thieren wegen deren langen und engen Harnröhre; durch Steine und Concremente, durch Schleim, Hlut-coagula, necrotische Gewebsfetzen, Parasiten (Strongylns gigas), selbst durch zufällig in die Harnröhre hinein­gekommene Körper (Strohhalme),1 dann durch polypöse Wucherungen, sowie durch Exostosen des Ruthen­knochens bei Hunden- und durch Carcinome, wenn die­selben gross genug sind, um das Lumen der Blasenmündung oder der Harnröhre zu verlegen; dann wird eine Harnretention veranlasst durch entzündliche Zustände des Blasenhalses und der Harnröhre, /.. B. durch entzündliche Schwellung, fibröse Degeneration und Incrustation der Schleimhaut, durch Quetschungen der Ilaruröh re, S trie turen und Obliteration derselben, letztere namentlich bedingt durch Verwachsung des Lumens der Urethra; ferner behindern die Ansammlung von Talgschmiere in der Vorhaut — der sogenannte Raum­schlauch (Smegma präputiale) — Entzündungen und Carcinom des Penis, die Phimose und Paraphimose, ein energischer 1gt; I as enha Iskram [if und eine Blasenlähmung nicht selten den Abfluss des Urins durch die natürlichen Wege und schliesslieh kommt es zur Perforation der Blase.
Von den Dislocationen der Blase ist besonders der Pro­lapsus vesicae als Ursache des behinderten Harnabflusses und
1 A. Voigt. Hamcolik bedingt duroh einen Strohhalm etc. Journal de ined. veter. 1805, 8. 83.
- Andre,-is Schmidt: Exostose am Penisknochen eines Hundes und Operation desselben. Nobel u. Vix. XIV., S. 260.
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Raptor dor Harublose und dor [Jrothra.
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der daraus entstehenden Ruptur dor Blase im Äuge /gt;u behalten:
bei der Inversion und der llcruic wird die Zerreissuug der Blase gewöhnhch durch ein Trauma veranlasst.
Bei einer Dislocation der Vagina oder des Uterus wird die Blase oft mit nach aussen gedrängt und die urethra verlegt, so dass nun entweder durch zu grosse Harnstauung oder gelegentlich der Reposition der vorgefallenen Sexualorgane ein Einriss in die Blase geschieht.
Auch durch Geschwülste, welche ausserhalb der Blase, namentlich in der Nähe des Blasenhalses und dor Urethra liegen, wird bei ihrer allmäligen Vergrösseruug' endlich das Lumen der Harnröhre sn zusammengedrückt, dass kein oder nur ein spärlicher Urin ahfliessen kann. So begegnet mau z. B. ausserordentlieh häufig der Prostatahypertrophie als Ursache der Harnverhaltung und der endlichen Ruptur der Blase; zu­weilen drücken harte, grosse Faealiuassen im Rectum, Absccssc, Fibrome, Lipome, Osteome, (Jarcinome und Sarcome und unter diesen letzteren bei Schimmelpferden die melanotischen Sarcome das Lumen des Blasenhalses oder der Harnröhre zusammen und veranlassen alsdann in erster Linie Harnverhaltung und endlieh auch die Blasenruptur.
Osteome oder Exostosen, die von den Schambeinen aus­gehen, linden sieh hin und wieder bei Thieren; glückheher Weise sind diese Neubildungen aber nicht immer nachtheilig, zuweilen allerdings raöii'en sie die Ursache der Harnretention und der Blasenruptur sein, letzteres vermögen sie sogar gleich direct, indem sie die Blase perforiren. Dieses ist jedoch nur dann zu fürchten, wenn die Exostosen spitz sind und eine solche Richtung einhalten, dass unbedingt Harnblase, Geburtswege oder das Rectum der Thiere verletzt werden müssen.
II. Barthelemy hat im XIX. Jahrgang des Recueil de med. voter, pratique einen solchen ungünstigen Fall bekannt­gegeben.
Das Pferd hatte eine Harncolik, nach derselben stellte sich ein hämorrhagischer, übelriechender Durchfall ein und nach zwölftägiger Krankheit starb das Thier. Bei der Section fand mau urinöse Flüssigkeit in der Bauchhöhle, schwarze, stinkige, flüssige Masse im Darmcanal u. c. O-oi Meter vom Blasenhals entfernt die Harnblase von einer spitzen Exostose durch-
#9632;
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Ruptur der Qarablaso und dop Drothra .
325
bohrt, die gegen O'Oti Meter laus war und von der inneren Fläche der Symphysis ossium pubis ausging.
lieber die den ürinabfluss behindernden Melanome finden wir in der Literatur auch einige Angaben, aus denen wir er­sehen, dass, wenn auch nicht immer dadurch eine Blasenruptur erfolgt, so doch llydronephrosis ' und Harnbeschwerden - ent­stehen, die sehr leicht eine Berstung der Harnblase herbeiführen können.
In wieder anderen Fällen wird Harnverhaltung und dadurch Blasenberstung veranlasst durch Bildungsfehler. So kommt -/.. B. der Fall vor, und Griirlt erwähnt denselben auch schon in seiner pathologischen Anatomie, :l dass der llrachus mit der
Blase in offener
V.
idung hleiht, sich
in Nabe] ab
schliesst: im Verlaut' der Zeit sammelt sicii in der Harnschnur der Urin in grosser Menge an, der Urachus wird zu einer zweiten grossen Harnblase, die durch eine Einschnürung mit der eigentlichen Harnblase vei'bunden ist. Obwohl es vorkommen kann, dass solche doppelte Harnblasen ohne Nachtbeil für die Gesundheit der Thiere bestehen bleiben, so gehört doch auch nur ein geringes Hinderniss im Harnabflüsse dazu, um den in der ürachuseetasie immer mehr oder weniger retinirten Urin so anzuhäufen, dass er zur Berstung der ver-hältnissmässig dünnen Urachuswandung — die allerdings in solchen Fällen dicker als normal ist — Veranlassung gibt.
Wiederholt wurde eine Perforation der Harnblase durch ulcerative Vorgänge beobachtet, wie sie bei Blasenentzündung, hei Perlsucht und beim Carcinora vorkommt. Steine sind es am häutigsten, welche, in Divcrtikel eingelagert, eine chronische Ent­zündung und Ulceration der Blasenwandung unterhalten oder Gangrän der Blase bedingen, und endlich eine Ruptur derselben herbeiführen.
1nbsp; Hydronephrosis beim Pferd, bedingt durch eine 33/4 Pfund schwere Melanose, welche auf die Ilarnlilasc ilriicUtc und den Harnabflusa behinderte. Bering's Eepertor. XXX., S. 8.
2nbsp; Steinschnitt hoi einem Pferd von Prof. Dick. The Veterinarian or monthly Journal of Veterinary Science. London IS-j'i, Kino Melanose hatte auf den Blasenhals gedrückt.
•#9632; L, 8. 213.
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Ruptur der Harnblane und der Oretbra.
Traumatische Einwirkungen stellen endlich noch ein beträchtliches Contingent der Blasen- und Harnröhrenrupturen. Oefter geschieht die Zerreissung der Harnblase in böswilliger Aiisieiit, aus Dummheit oder durch unglüekliehe Zut'ilile. Ein roher, rachsüchtiger Knecht stösst — um seinen Herrn zu schä­digen — einen spitzen Gegenstand, einen Holzsplitter, durch die Urethra in die Blase der Stute; — das andere Mal ist es ein unberufener und uueri'alirener Heilkimstler, der ffelesrentlich des Catheterisirens die Blase durchbohi-t — oder letzterelaquo; geschieht durch den Arzt selbst bei Exstirpation von Blasenpolypen, ge­legentlich der Extraction von Blasensteinen, bei der Reposition der vorgefallenen Harnblase oder Grebärmutter, dann durch un­glückliche Zufälligheiten bei der Gehurt, wenn die Füsse des Jungen die Scheidewandung und die Blase durchbohren oder der spitze Geburtshaken ausgleitet und seinen Weg durch die Vagina in ilio Harnblase nimmt.
Durch Stösse, Schläge auf den Hinterleib, durch Fall bei gefüllter Blase, durch Inearceration der Blase, durch LTeber-fahrenwerden ' der Hunde bei gefüllter Blase kann eine Ruptur derselben entstehen.
Eine Zerreissunn; der Harnröhre wird durch unvor­sichtiges Catheterisiren, durch Eustrongylus gigas, - durch Stösse mit den Hörnern ins Mittelfleisch :! veranlasst.
Dass auch durch Schüsse oder Stiche u. dgl, m. Harnblase und Urethra verwundet und perforirt werden können, versteht sieh wohl von selbst.
Therapie. Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich eine Blasenruptur nach unseren heutigen Erfahrungen im Allgemeinen für unheilbar und tiir fast unbedingt tödtlicli halte: denn ein Biossiegen der Harnblase oder ein Umstülpen derselben und Heften der Wundränder wird doch nur im änssersten Fall und auch da sehr wahrscheinlich ganz ohne Erfolg versucht werden.
Das Biossiegen der Harnblase nach geöffneter Bauchhöhle bei kleinen Thieren und das Heften der Wunde wäre vielleicht des Versuches worth; ich bedaure wenigstens, dass ich bei
1 Sachs. Vet.-Bc.riclit. XVII., S. 68.
- Bidio weiter oben: Parasiten in der Harnblase und in der Urethra.
3 Road: Rnptnr der Harnröhre eines Ochsen. The Veterinarian. XXI. 184S.
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Rnptar dor Sarablase and ilcr Urethra.
327
passender Gelegenheit an diese Operation noch nicht gedacht habe, da ich z. B. von der Caesareotomie und anderen ähnlichen Operationen es weiss, wie leicht dieselben von Hunden ertragen werden.
Dass eine durchdringende Verwundung der Harnröhre heilt, das, meine Herren, wissen Sie schon aus dem Umstände, dass wir ja bei Hamröhrensteinen und bei Blasensteinen und ähnlichen den ürinabfluss behindernden Zustanden den Hamröhrenschnitt machen und diese Wunden wieder zuwachsen sehen.
1st die Harnröhre verletzt, so handelt es sich zunächst um die Frage, ob die Harnröhre allein oder mit ihr zugleich die äussere Haut gespalten sei.
Im ersteren Falle finden wir bekanntlich eine grössore Harninfiltration im subeutanen Bindegewebe; nicht selten gleich anfänglich eine circumscripte Greschwulsl an der Stolle der per-forirten urethra. Wir öffnen die Haut, lassen den Urin abfliessen und suchen nach der vorletzten Stelle in der Urethra. Ms liegt Alles daran, die Harnröhrenwunde zu ermitteln, was jedoch nicht immer gelingt! — Die Wunde linden wir viel­leicht, wenn wir in die Harnröhre einen Catheter einfiihren oder den Urin aus der Harnblase pressen oder Wasser in die Harnröhre einspritzen und zusehen, an welcher Stelle die Flüssigkeit zum Vorschein kommt. Man sei mit dem Aufschlitzen der allgemeinen Decke nicht ängstlich, denn in kritischen Füllen ist es mir dadurch möglich, die Harnröhrenwunde zu entdecken und sie nach denselben Regeln zur Verheilung zu bringen, wie ich diese Ihnen bei Besprechung der Urethrotomie klar gemacht zu haben hoffe. 1st die Harnröhrenwunde eine offene, d. b. die Haut auch getrennt, so verfahren Sie gleich vom Anfange an gerade
so,
als ob Sie den Harnröhrenschnitt gemacht
hätten: nur
müssen Sie höchst wahrscheinlich in den meisten Fallen die Hautwunde dilatiren, um zur Wunde in der Harnröhre gelangen zu können, die Sie, wenn dieselbe nicht sofort gefunden wird, auf gleiche Weise zu ermitteln versuchen, wie ich es Ihnen zu tlmn eben angerathen habe.
Zum Schlüsse bemerke ich noch, dass allenfallsige Quet­schungen der Wcichtheile eine energische örtliche Anti-phlogose erheischen und noch vorhandene ursächliche Momente gleich anfänglich entfernt werden müssen.
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:V28
QarnvorbaUung; Retentto arlnae,
Bei Schlachtthieren kann man übrigens d\v. llaruröhre auch quer durchschneiden und don centralen Stumpf zur Wunde unterhalb des Afters herauslegen — ein Verfahren, das bei den Harnröhrensteinen — wie Sie geiiiii-t haben, -- auch zur An-wendune kommt.
I
XXII.
Harnverlialtuug; Retentio urinae.
Hyperkinesis cysLocolli — Cystoplegie — Seborrhoea
genilalium.
Wenn der von den Nieren producirto Harn nichi nach aussen abfliessen kann, ho entsteht dadurch der­jenige Zustand, den wir Harnverhaltung nennen.
Je nach dem Sitze des den Hamabfluss behindernden Mo­mentes besteht eine Verhaltung, eine Retention des Harnes schon in den Harncanftlehen, im Nierenbecken, in den Ureteren, oder in der Harnblase, in der Urethra oder gar erst im Präputiuin.
Je weiter nach unten das Hinderniss seinen Sitz hat, desto mehr Abschnitte des uropoetischen Systems werden allmälig in Mitleidenschaft gezogen.
Nehmen Sie einmal an, bei einem Ochsen sei die Aus-inündung des Präputiums durch Smegraa verlegt und es bestelle demnach das, was man im gewöhnlichen Leben „Raum­schlauchquot; nennt. Wie wird der Verschluss der Präputial-öffnung wirkenV — wo wird der Urin sieh anhäufen und anstauen? — Zuerst fliesst natürlich so viel Urin in den Präputialsack, als in demselben immerhin nur aufgenommen werden kann; dann staut er sieb in der Harnblase und in der Urethra — ja selbst, in den Ureteren und in dem Nierenbecken. In diesem Falle wird der grösste Effect der Harnstauung in der Blase zu suchen .sein. —#9632; 1st ein Ureter an der Ein-mündungsstelle in die Blase verlegt, so häuft sich der Urin in dem Ureter und in dem zugehörigen Nieren-
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Etamvorhaltungj Retentio nrtnao.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;320
becken an, dor grüsste Effect der Efarnstammg trifft minmclir tleu Ureter.
Wie Sic also sehen, wird bei der Harnverhaltung, der Retentio urinae, zwar Urin producirt, allein dessen Ab-fluss nach aussen ist behindert. Diese Retentio urinae darf also durchaus nicht mit Anuresis verwechselt werden, denn mit letzterem Kamen bezeichnet man den Zustand, bei welchem wegen Erkrankung der Nieren kein Harn pro­ducirt wird.
I in Allgemeinen versteht man unter BCarnstauung zwar nur die Rückhaltung dos Harns in Harnblase und Harnröhre; ich will hier dieses Leiden aber weiter ausgedehnt wissen und unterscheide:
a)nbsp; die Retention des Harns in den Nieren,
b)nbsp; die Verhaltung des Harns in den (Jreteren und
c)nbsp; die Harnverhaltung in der Blase, der Urethra und selbst in dem Präputialsacke.
üeber die Retention des Harns im Nierenbecken und in den Ureteren haben Sie im Verlauf dieser Vorträge schon oft genug sprechen hören und wissen desshalb, dass es Zustände sind, die gewöhnlich unter dem Collectivnamen „Nierencolikquot; gehen und die sieh in der Regel nicht durch erschwerten oder mangelnden Harnabfluss charakterisiren, da in weitaus den meisten Fällen die Harnverhaltung nur in dem Nierenbecken oder in dein Ureter der einen Seite stattfindet, während der Abfluss des von der Niere der andern Seite producirten Harnes ungehindert vor sieh geht.
Ich habe darum auch heute Ihnen nur dasjenige vorzutragen, was man im Allgemeinen „Harnverhaltungquot; nennt und die, wie Sie aus meinen Mittheilungen über Blasenruptur er­fahren haben, immer entsteht, wenn der Harnabfluss aus den letzten Harnwegen behindert ist, der Urin sich desshalb auch in der Harnblase und den von ihr weiter nach abwärts liegenden Theilen — Urethra und Präputialsack — anhäuft. Es versteht sich dabei von selbst, dass eine gleichzeitige Stauung des Urins in den Ureteren und dem Nierenbecken nicht ausgeschlossen ist.
Aetiologie. Die Zustände, welche den Abfluss des Urins aus der Harnblase behindern, habe ich Ihnen bereits ziemlich detaillirt vorgetragen (s. Aetiologie der Blasenruptur) und würde
Pflng, Krankheiten deraquo; aropoStiflchra Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;22
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H
330
HamTerhaltung
RcttMitio uriuae.
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desshalb jetzt auch nicht weiter darauf eingehen, hätte ich nicht jenes Mal absichtlich drei Momente nur flüchtig berührt, die es verdienen, eingehender besprochen zu werden. Ich glaube, diiss hier der geeignete Ort dazu ist.
Ich sagte, als Ursache der Harnverhaltung gelten ein energischer Blasenkrampf und eine Lähmung der Harn­blase und der Raumschlaucb (Seborrhoea genitalium), ftber den icli nunmehr auch sprechen werde. In den meisten Pathologien werden diese Zustände einzeln für sich abgehandelt;
wenn ich es nie
ich es so für zweckmässiger erachte, wei
arin zu suchen, dass
diese Zustünde die
Ursachen einer grosson Gruppe gleicher Erscheinungen sind, die den Kliniker zwingen, die Harnverhaltung als eine bestimmte Krankheit hinzustellen.
Wir wollen uns zunächst über
a) den Blasenhalskrampf (Ischnrias. Dysuria spastica); Hyper-
kinesis cystoeolli
verbreiten.
Es ist Absiebt von mir, dass ich Blasenhalskrampf und nicht Blasenkrampf sage, denn nur bei einem Krampf des Blasenhalses entsteht eine Harnretenti on in der Blase, durch den Krampf des Blasenkörpers wird ein häufiges Harnen veranlasst, oder es wird der Urin in den üreteren zurückgehalten.
Wenn ich im nächsten Capitel vom „Unvermögen, den Harns zurückzuhaltenquot; spreche, werde ich erst den Krampf des Harnblasenkörpers näher berücksichtigen.
Ehe ich jedoch unsern eigentlichen Gegenstand berühre, gestatten Sie mir zuvor noch in ihrem Interesse einige Be-merkungen über die Physiologie der Harnausscheidung.
Der Urin wird durch die Harn eanälehen von dem immer von neaera gebildeten Urin weiter geschoben, d. h. der Secre-tionsdruck ist es, welcher die Entleerung des Urins ans den II a rn ca nä 1 eh e n in das Nierenbecken ermöglicht.
Von dem Nierenbecken aus gelangt der Urin in die Üreteren, wiederum zum grössten Theil durch den Secretions-druck, sowie durch den Widerstand der contractilen
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Hamvorhaltang ; Retentto arlnae.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 331
Muskelschichte in dor Wandung der Nierenbecken gegen den andringenden Urin, der nicht mehr in die Harncanälcheo zurück­treten kann, weil die Oeffiiungen der letzteren in den Papillen durch den Druck der Flüssigkeit im Becken znsammengepresst und dadurch verschlossen werden. Die abhängige Lage der Ureteren begünstigt unzweifelhaft den Ahfluss des Urins vein Nierenbecken durch die Ureteren in die Harnblase!, und ausser-dem helfen auch die peristal tisch en Contractionen der Harnleiter-Media, die durch den eindringenden Urin reflee-torisch angeregt werden, dein Urin vollends in die Harnblase h incin.
Aus den Ureteren träufelt der Harn fast beständig in die Harnblase ab, manchesmal sogar kommt — namentlich, wenn die Thiere kurz zuvor viel Wasser zu sich genommen haben — derselbe in einem kleinen Strahle zum Vorschein, jedoch Immer in der Weise, dass er nie gleichmässig aus den beiden Ureteren in die Harnblase abfliesst. Ausserdem ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Druckschwankungen, welche die Hinterleibsorgane betreffen, wie z. 1gt;. jene durch die Respirationsbewegungen erzeugten, auch einen Einfluss auf den Harnabfluss von den Nieren in die Blase ausüben.
In der Harnblase — dem Harnreservoir des thierischen Körpers — staut sieh der Urin einigermassen an, denn wegen eines eigenlhümlicben muskulösen Verschlusses der Harnblase, kann derselbe nicht ausHiessen und wegen der schiefen Ein­mündung der Ureteren in die obere Blasenwand kann er auch nicht in die Harnleiter zurückgelangen. Der muskulöse Apparat der Harnblase, der so wesentlich zur Zurückhaltung und auch wieder zur Austreibung des Harnes mitwirkt, verdient eine nähere Betrachtung.
Die Muskelhaut (Media) der Harnblase besteht aus einer Summe sich vielfach verflechtender, contractiler (glatter Mu s-kelfasern, welche sich besonders nach zwei Richtungen hin verfolgen lassen. Die äussere stärkere Schicht ist bekanntlich die Längsfaserschichte, welche vielfach für den eigentlichen Detrusor urinae gehalten wird, sie verstärkt sich nach dem Cervix vesicae hin und schickt Bündel an die Syniphyse, um hier in Verbindung mit elastischen Fasern das Liganaentum pubo-vesieale (hominis) - das Band des Biasenhalses — zu bilden.
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Haraverbaltimg; Rotetttio uriuae.
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Die tiefere Muskelschichte der Harnblase ist kreis­förmig um die Blase herum angeordnet, sie verstärkt sich eben­falls merklich am Blasenhals und stellt hier einen King vor, den Sehliessmuskel der Blase (Sphincter vesicae), der dess-halb im Staude sein soll, den Urin in der Harnblase zurück­zuhalten, weil — nach Heidenhain und Colberg, Sauer, ßosenplatner — dieser Sehliessmuskel in einem be­ständigen, vom Nervensystem abhängigen, Contractions-zustande — Tonus — verharrt.
Ueber die Innervation der Blase bestehen noeb manche Unklarheiten. Die direct aus dem Rückenmark kommenden Sacralnerven (3. und 4.), welche sieh dem Sympathicus, und zwar dessen Beckengeflechte (Plexus hypogastricus) beimischen, dürften die Bewegungsnerven der Harnblase sein. Die Empfindungsnerven soll die Blase durch die Rami communicantes, und zwar von denjenigen Verbindungs-zweio-cn des Grenzstranges mit dem Rückenmarke erhalten, welche in dem Lendeutheil (Pars lumbalis) des Sympathicus eintreten.
Auch soll nach Oehl ' der Nervus vagus in reflectorischer Beziehung zu den Bewegungsnerven der Blase stehen. Durch die Reizung des eeutraleii Stumpfes dieses durchschnittenen Nervens will nämlich Oehl eine Verengerung der Harnblase des Hundes beobachtet haben. Die Wirkung soll ausgeblieben sein, wenn vor der Reizung laquo;las Rückenmark an einer beliebigen Steile zwischen dem Hinterhaupte und dem Leudentheil getrennt worden war. Dieses letztere Factum soll mit der Erfahrung Budge's und Gianuzzi's im Einklänge stehen, wonach die Blasenmuskulatur vom verlängerten Mark und den Hirnstielen aus erregbar sei; — desshalb mögen bei Rückenmarks­lähmungen, namentlich der hinteren Partien, entweder un­willkürliches Harnt räufeln (mangelhafter Verschluss der Harnblase) oder Harnverhaltung (Lähmung des Detrusors) vorkommen und bei entzündlicher Reizung des Rücken­markes, sowie bei Texturerkrankungen des Hirns krampfhafte Contractionen des Detrusors wahrgenommen werden.
1 Experitnentalphysiologie dos Nervensystems von Eckhard. Oiessen 1875, S. 284.
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QanLverhaltuug; lieteatio uriuae.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 333
Dio motorisclien Blasennerven können leicht von der Schleimhaut und dum Bulbus orethrae — der Harnröhrenzwiebel — ans, mit welcher das Corpus cavemosum orethrae beginnt, auf rcfiectorisclicm Wege erregt werden.
Stärkere A n full ungeu der Blase bewirken reflec-toriselie Contractionen wahrscheinlich der Längsfaser-sciiieht der Muskelhaut. Gleieiizei^tig durch die dadurch be­dingten Contractionen der Blase scheint sich der Sphincter — dessen andauernder Tonus zum Verschluss der Blase gewöhnlich nicht sehr stark ist — zu öffnen und mit Beihilfe der Bauch­presse wird der Urin in die Harnröhre getrieben; diese selbst wird dann noch zuletzt durch die sie umgebenden Muskeln (Bulbo cavemosus etc.) entleert.
Ist die Füllung der Blase dagegen allzugross, konnte das Thier nicht früh genug zum Harnabsatz gelangen, so kann kein Urin entleert werden. Warum, ist nicht klar; es können aber zwei Möglichkeiten gedacht werden. Einmal kann man annehmen, dass bei gestörtem Uriniren sich der Tonus des Sphincters steigere und den ürinabfluss be­hindere; es steigert sich vielleicht durch die zu kräftige Er­regung der den Sphincter beherrschenden Nerven der Verschluss der Harnblase bis zum Krampfhaften und es entsteht dadurch thatsächlieh ein Blasenhalskrampf. Dieses dürften wir umsomehr annehmen, als die muskulösen Elemente nicht allein un­willkürlich, sondern auch willkürlich wirken und bei gesteigerter Contraction (erhöhtem Tonus) des Sphincter vesicae die Blase durch den Willen des Thieres nicht sofort entleert werden kann.
Die andere denkbare Möglichkeit — und in der Pathologie haben wir Analogien, auf die ich bereits schon früher hin­gewiesen habe — wäre, dass durch die zu weite Aus­dehnung der Harnblase, weit über ihren Elasticitäts-CoSfficienten hinaus, der Detrusor urinae erschöpft, gelähmt werde, er den Urin nicht austreiben kann oder wie gewöhnlich erst nach verstärkter Irritation es fertig bringt, sieh zu contrahiren, den Sphincter zu öffnen und den Urin auszutreiben.
Für die erstere Ansicht, dass in der That „ein Krampf des Blasenhalses, eine verstärkte Contraction der Fasern des
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r
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Samverbaltung; Retentlo uriuae.
Sphincter vesicaequot; Platz greifen kann, sprechen ganz besonders juue Momente, in denen mau den erschwerten Eingang eines Catheters durch den Blasenhals constatirt. So weiss man z. B., dass bei empfindlichen Personen sowohl, als auch bei sehr reizbaren Thieren dem eingeführten Catheter ein stärkeres Hindemiss im Cervix entgegengesetzt wird, als es sonst hei normalem Befinden der Menschen oder der Thierc der Fall ist.
Diese letztere Thatsache ist bei mir auch hauptsächlich mit der Grund; warum ich in Uebereinstimmung mit anderen Autoren einen Krampf des Blasenhalses anerkenne; einen Krampf, der allerdings für sich allein nur selten vorkommen mag, sich aber gewöhnlich mit Cystospasmus, mit dem Krampf des Blasenkörpers,
vergesellschaftet
und dadurch in seinen Erschemungen ge-
trübt wird.
Den Detrusor vesicae und den Sphincter vesicae haben wir eigentlich als Antagonisten kennen gelernt, so dass also Contractionen des ersteren die Blase öffnen. Contrahirt sieh aber in einzelnen Füllen der Blasenhals und wird durch diesen Spasmus der Harnabiluss behindert, so müssen wir auch dabei zwei verschiedene Zustände unterstellen. Nämlich es be­stellt Cystospasmus mit stärkerer Wirkung des Sphinc­ters, als des Detrusors, oder es besteht keine Con­traction des Detrusors und der Sphincter allein ist im erregten Zustand, ist krampfhaft geschlossen.
Je nachdem nun der eine oder der andere Zustand besteht, müssen wir — wie Sie erfahren werden — auch verschiedene Symptome constatiren; doch ehe wir dieses thun, wollen wii erst die ätiologischen Momente des Blasenhalskrampfes über­haupt noch erheben.
Die Aetiologie des Blasenhalskrampfes ist noch sehr im Argem und liegt dieses vorzugsweise mit an dem umstand, dass man sich über den Krampf des Blasenhalses vielfach unrichtige oder gar keine Vorstellungen machte— undgewöhnlich gar nicht daran dachte, dass derartige Blasen halskr ämpfe in der Regel Reflexerscheinungen seien.
Am häufigsten hören wir intensive oder plötzliche Er­kältungen beschuldigen, dann das schon erwähnte zu lange Verhalten des Urins bei andauernder Bewegung und bei
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Elamverhaltung; Rotontio iirlnae.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;335
Neurosen, z. B. bei Meningitis cerebro-spinalis,' bei Verletzungen und Entzündungsprocessen des Bückeumarks, bei Krampicolik,
zeitweise nueii bei Tetanus u. dgl, m.
Diinu begegnet mau dem Blaseahalskrampf bei ehronischem Blasenkutaridi, bei Hyperästhesie der Blase, bei Steinen, Polypen und Parasiten in der Blase; ferner nach dein Genüsse mancher scharfen Stoffe, z. B. Canthariden oder schimmeligen Futters. Nach dem Grenoss vou multerigem Schiffshafer wurde mehrfach bei Pferden der „Lauterstallquot; (Diabetes insipidus) — eine Polyurie —#9632; beobachtet, von der ich — nach Durchsieht der einschlägigen Literatur — die Meinung habe, dass es sich mehrfach um Cystosp asmus — Krampf dos Detrusors — mit dem Bedürfniss des öfteren Har-neus und nicht um eine vermehrte Ausscheidung wässerigen Urins handle.
Endlich kann ein Krampf des Blasenhalses eintreten bei Entzündungen und Vcrschwärungsprocessen in der Nähe der Blase, bei Verstopfung des Mastdarms durch grosse, harte Kothmassen und auch gelegentlich oder unmittelbar nach dem Cathetorisiren.
Symptome. Bei geschlossenem Sphincter und bei nicht contrahirter Blase sind die Erscheinungen etwa folgende:
Eine Hurnverhaltungscolik tritt plötzlich ein; das Thier war entweder stark und anhaltend angestrengt oder es hat sich erkältet. Patient ist sehr unruhig, stellt sich öfters zum Harn­lassen, jedoch ohne Erfolg (Jschuria spastica), oder es gehen unter grosser Anstrengung nur hie und da einige Urintropfen ab (Harnträufeln, Stranguria spastica), oder nach grosser Midie bringt (bis Thier einen kleinen Strahl Urins zum Vorschein (Dysuria spastica).
Gewöhnlich besteht Ischurie und dem entsprechend stark gefüllte Blase, aber kein fremder Körper lässt sich ent­decken, der den Hamabsatz zu verhindern im Stande; wäre. Der Urin wurde vielleicht bisher immer regelmässig abgesetzt.
1 Vorzüglich bei der spinalen Form der Meningitis cerebro-spinalis, welche vielfach als besondere Affection des Rfickenmarks bei der Kopfkrankheit der Pferde beschrieben wird.
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It
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tlamverbaltang
RutüUtio urinal-.
Hat Patient — gewölmlich ein männliches Pferd — längere
Zeit, d. li. 1 l)is i Stunden, selten länger, an Hanieolik gelitten, so wird unter starkein Pressen und Stöhnen und Einwärts-biegen der Lenden auf einmal Urin in grosser Menge entleert und das Thier ist gesund.
Da nun bei lly p erkincs is des Blasen hals es der tonisch c Krampf zuweilen aussetzt, um nach wenig Augenblicken sofort 'wieder zu beginnen, so kommt es vor, dass Tliierc mitten während des Harnabsatzes ganzplötzlich aufhören inüsson zu uriniren, und wenn auch darnach etwas ruhiger geworden , nach kurzerZeit doch wieder in die vorige Colik zurtickverfallcu. Dieses kann sieh mehrmals wiederholen und dadurch die Dauer der scanzeu Krankheit sehr in die Länsce a:ezog;en werden.
Bestellt neben der 11 yperkiuesis des Sphincters auch eine — wenn auch nur niedergradige nervöse Reizung dos Detrusors — so ist die Unruhe des Tbieres ganz ge­waltig gross, die Thiere werfen sieh mit, .aller Vehemenz zu Boden, sehlagen und wälzen sich, springen wieder auf und toben fürchterlich, bis endlieh der llarnabilnss erfolgt oder bis bei einem unglücklichen Fall die Blase zerreisst.
Durch den gleichzeitig verstärkten Harndrang und den behinderten Harnabfluss sind die grössten Schmerzen und ist die stärkere Unruhe bedingt.
Der allgemeine Zustand ist dabei selir verschieden — erwähnen möchte ich nur gleich, dass derartige Patienten auch öfters von dem Leiden befallen werden können.
Am Anfange besteht scheinbar eine simple Colik ohne Oefässaufregung etc. — aber nach kurzer Zeit, und bei dem zuletzt erwähnten Zustande schon recht bald, stellen sieh be­schleunigter Puls, raschere Respiration, feuriges Auge, geröthete Schleimhäute n. dgl. ein. Die 'fhiere fressen nicht, beissen höchstens einmal krampfhaft ins Futter oder in den Harren, saufen nicht und setzen gewöhnlich auch keinen Koth ab.
Die grosse Unruhe der kranken Thiere, das häufige Nieder­werfen und Wälzen auf dem Boden, das alsbaldige Wiederauf­springen etc. beweisen uns, welch' heftige Schmerzen dieselben haben.
Besteht aussei' dem 1! I as en h a Iskrampf ein tieferes primäres Leiden, so treten die Erscheinungen desselben oft
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[larnverbaltang ; ßetentio arina
3:57
mehr in den Vordergrund, z. B. bei Tetanus, oft werden sogar dadurch die Erscheinungen des Blasenhalskrampfes ganz über­sehen, /.. Vgt;. bei Krampfcolik.
Die Diagnosis des Blasenhalskrampfes ist äusscrst schwierig-, denn so klar auch die einzelnen Symptome aus gedrückt sind, so fehlt es uns doch häufig an der Möglichkeit, zu beweisen, ob nicht ein anderes Hinderniss die Harnentleerung beeinträchtigt. — Bei grösseren weiblichen Thieren lässt sieh die Diagnosis durch den Catheter leichter feststellen; — man findet den Blasenhals verschlossen, der Catheter kann nicht in denselben eindringen und bei der Untersuchung per anum et vaginam gelingt es uns nicht, einen den Harn-abfluss behindernden Körper aufzufinden. — Schade aber nur, dass wir wenig Gelegenheit haben, bei weiblichen Thieren diese krampfhafte Harnverhaltung zu beobachten und dass bei männ­lichen Thieren das Catheterisiren seine bekannten Schwierig­keiten hat.
Bei Harnverhaltung in Folge krankhafter Affec-tionen des Rückenmarks dürfte aus dem Priraärleiden bei entsprechenden Erscheinungen auf einen Blasen-halskrampf zu schliessen sein.
Ich diagnosticire „Blasenhalskrampfquot;, wenn ich kein Hinderniss des gestörten Harnabgangs auffinde, wenn die Bhise gefüllt ist und auf massigen Druck vom Rectum aus sich nicht entleert; wenn ein Catheter durch den Blasenhals nicht oder nur schwer in die Harnblase gebracht wird: wenn vielleicht die Anamnese für einen Spasmus des Blasenhalses spricht (z. B. vorausgegangene Erkältung) oder ein Priraärleiden denselben wahrscheinlich macht. Dass dabei zuweilen ein diagnostischer Irrthum unterlaufen mag, gehe ich wohl zu; allein ihn in allen Fällen zu verhüten, sehe ich mich bei der scrupulösesten Be­handlung der Sache doch nicht in der Lage.
Prognosis. Glücklicherweise ist die Prognosis des frag­lichen Krampfes keine besonders ungünstige, da das Leiden, nachdem es einige Zeit bestand — und nach den bei allen Coliken in Anwendung kommenden warmen Klystieren und solchen Einschütten, gewöhnlich sich schliesslich hebt.
Therapie. Sind Sie aber auch in der glücklichen Lage, die spastische Ischurie diagnosticiren zu können, so wird es
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EEaraTerhaltune; Retentio urtuae.
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doch geratben st-in, don Schmerz dos Thieres zu lindern und immerhin möglicheu uuaugeuehmeu Ausgängeu, z. J5. Blaseu-riiptui-, Blaseulähnmu^, IhirmvorsLddiugung, Beinbrach u. dgl. m., die tbeilweise durch Umfallen und Wälzen der Thiere entstehen können, vorzubeugen.
Zunächst gebe man mehrere 1.'111 warme Klystiere, denen .Sie beliebig narkotische Mittel, z. B. einem grossen Thier 3—8-0 Gramm Extractum Hyoscyami zusetzen, oder, weil das zu theuer wird, so lassen Sie die Klystiere aus den Decocten narkotischer Pflanzen, z. B. Herba Hyoscyami vel Herba Belladonnae bereiten. Diese Klystiere wiederholen Sie in viertel­stündigen Pausen.
Am zweckmässigsten wird eine subeutane Injeetion vou Morphium 5 ulphuricum, und zwar bei grösscreu Thieren 0-3 Gramm auf einmal wirken. Eine halbe bis drei viertel Stunde später kann man, wenn nöthij;-, diese Injectionen repetiren. Andere geben, und sicherlich mit Erfolg, per os und per anum als Antispasmodicum das Chloroformium s. Eormylum chloratum.
Es ist aber nothwendig, dass man es in diesen Fällen in grösseren Dosen verabreicht. Pferden und Rindvieh 15 — 30-0, kleineren Thieren 3—4-0 und Hunden und Katzen 1—3-0 Gramm in Verbindung mit der fünffachen Menge von Gerstenschleim, Haferschleim, dünnem Leimwasser, Eibischschleim oder mit Wasser und etwas Gummi arabicum. Noch besser ist die Verbindung des Chloroforms mit einem fetten Oel, z. B. mit Oleum Kaparuin im Verhältniss wie 1:4, Ebenso wie das Chloro­form können Sie auch den Schwefeläther, Aether sulphuricus s. Naphta vitrioli geben und beide Arzneikörper nach 'A.— 1 Stunde wiederholen.
Kurz nach Darreichung dieser Antispasmodica, oder noch besser gesagt, der Anästhetica tritt gewöhnlich eine geringe Pulsfrequenz ein, die aber schon nach einer halben Stunde sieh gewöhnlich wieder verliert. Ich mache Sie auf diese Erscheinung aufmerksam, weil man darauf vorbereitet sein muss, um diesen beschleunigten Puls nicht vielleicht einer bestehenden Entzündung zuzuschreiben.
In sehr schweren Fällen des Blasenhalskrampfes kann sogar die Chloroformnarcose in Anwendung gezogen werden.
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Qoruvei'haltang : Retentlo uriiuio.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;339
Auch das Chloralhydrat, Hydratum chlorale, wird nunmehr gebraucht werden und ist insbesondere seine Verwendung ner anum sehr zu empfehlen.
Früher war die Asa foetida al.s Antispasmodicum sehr im Anseilen, heute ist sie wegen ihres bösen Geruches und ihrer langsamen Wirkung- ziemlich in den Hintergrund gedrängt.
Die mehrfach empfohlene Venaeseetion ist dagegen durchaus nicht zu verachten und unter Umständen als Antispasmodicum ja in Anwendung zu ziehen.
Bei weibliehen Thieren versuche man Einspritzungen mit Extract. Ilyoseyami (1 Theil) und warmen Infusum Chamomillae oder Infus. Valerianae (6 Theile) in die Urethra und versuche den Catheter.
Bei kleineren Thieren kann man warme Bäder, Ka­millenbäder, Baldrianbäder u. dgl. macheu. Das Herumjagen der Thiere im Freien, das Pfeffern und Salzen der Hamröhrenöffnung hat gar keinen Sinn; das Einführen in einen Schafstall lassen raquo;Sie dort zu, wo man von der Wirkung des Schafmistes sieh etwas Besonderes verspricht; nie aber versäumen Sie, die Pa­tienten gut zuzudecken, warm zu halten und hie und da die Haut zu frottiren.
Bei männlichen Thieren sei man mit dem Drücken der Harnblase vom Rectum aus sehr vorsichtig, — versuchen Sie dort, wo es angeht (bei Pferden, Hunden), die Einführung des Catheters und im Nothfall, wenn Gefahr auf Verzug ist, machen Sie die Function der Blase.
Der Blasenstich ist bei stark gefüllter Blase leicht aus­zuführen und um so wenigen- gefährlich, je praller die Blase gefüllt und je feiner der Troikart ist; früher war die Punction mit dem starken FI ouran t'schen gebogenen Blasentroikart ' ungleich gefährlicher als jetzt, wo man viel dünnere Instrumente in dem thierärztliehen Instrumentarium tindet.
Bekanntlich kann mau nach drei Metboden den Blasen­stich machen, vom Damm, von der Bauchwand und vom Mastdarme aus.
1 Siehe Pörster's Instmmentenlehre, S. 23, und Hering'a Operations­lehre, S. 299.
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[#9632; j
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Barnverhaltuui
Eamp;etentio tiriiKu-.
In Hering's Operationslehre finden Sie diese drei Methoden sehr srliöu beschriehen, wie aber schon angedeutet, empfehle ich keinen der dort gezeichneten Troikarts zur Punction, sondern einen gewöhnlichen feinen Explorativ-Troikart.
Zuerst überzeuge ieh mich, ob der Dolch leieht aus der Canüle herausgeht und dann binde ich an den Knopf desselben einen 0-.') Meter langen Bindfaden; nach diesen Vorhereitungen nehme ich den Troikart mit der rechten Hand ins Rectum und steche ihn, indem ich denselben zweckmässig halte — den Zeig-e-liuger als Fühler an der Spitze, den Knopf des Instrumentes an den Ballen der Hand gedrückt — an der gewölbtesten Stelle der unteren Mastdarmwandung durch diese in die Harnblase ein. Halte ich nun mit der rechten Hand die Canüle in ihrer Lage und ziehe mit der linken Hand an dem Faden, so nehme ich damit den Dolch aus der Canüle heraus und der Urin eutleert sich in kleinem Strahl und füllt allmälig die Cloake des Rectums, die dann mit der linken freien Hand entleert werden kann. — Unangenehm bei dein gewöhnlichen Explorativ-Troikart ist es nur, wenn sieh derselbe verstopft, da man dann den Dolch nicht wieder in die Canüle hineinbringt, solange dieselbe noch in der Harnblase steckt. 1st die Harnblase noch nicht hinreichend ent­leert, so bleibt nichts Anderes übrig, als man nimmt die Canüle heraus, reinigt sie und stösst sie ein zweites Mal in die Blase ein.
Bei den kleinen Thiercn, bei welchen man den Blasen­stich durch die Bauchwand in die wie eine Kugel fühlbare Harnblase macht, genügt die Hohllanzette einer Pravaz'schen Spritze. Ist die Haut dieser Tbiere derber, wie z. B. heim Schwein, so kann man zuvor mit dem Messer eine Incision in die Bauch­haut machen.
Ist ein Theil des Urins entleert, so lässt der Krampf nicht sehen nach und der übrige Theil des Urins tliesst zur natürlichen Oeffnung heraus. Mit der Entfernuug des Troikarts sei man aber desshalb nicht ZU voreilig, weil — wie Sie ja gehört haben — ein wiederholter Bj'ampfaofall wahrend der Urinentleerung letztere plötzlich sistiren kann. Ist der Urin entleert, ein neuer Paroxismus aber nicht zu fürchten, so nehme man den Troikart heraus.
Eine Behandlung dieser Wunden ist nicht nothwendig, da die Verwundung an und für sieb doch nur ganz un­bedeutend ist.
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Haruverbaltamg j Reteutio urlnae.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 341
b) Lähmung der Harnblase: Oystoplegie.
Wir können hier nur die Lähmung des Detrusors in Betracht ziehen, da allein dadurcb eine Harnretention in (ler Blase — eine Ischnria s. Dysuria paralitica — ermög­licht wird, während bei Lähmung des Blasenhalses unter Mit­wirkung anderer Momente eine Enuresis paralytica erfolgt.
Die Ursachen der Blasenlähmung sind vielfach verschie­den, so tritt z. B. eine Lähmung des Blasenkörpers ein, wenn in Folge eines andauernden oder oft repetirendeu Sphincterkrampfes oder wegen eines anderen mechanischen Hindernisses der Urin nicht abfliessen kann und die Blase über Gebühr ex-pandirt wird; dann zählen paralytische Krankheiten des Gehirns und des Rückenmarks hierher, z. B. finden Sie bei dumm-kollerigen Pferden nicht selten andauernde Harnverhaltung, und wenn auch allerdings häufiger in Folge von Anästhesie als von Paralyse der Blase, so kommt letzterer Fall doch hin und wieder vor. Bei der sogonanuteu Windrehe, einer rheumati­schen Lähmung der Nachhand, dann im .Stadiuni paralyticum der Meningitis cerebro-spinalis und in demselben Stadium der nervösem Staupe und der Beschälkrankheit, ebenso auch öfters bei Kühen, die an Paralysis der Nachhand kurz vor oder un­mittelbar nach dein Geburtsacte leiden, und bei dor Paralysis, die beim sogenannten Kalbefieber uns als eine so schwere Er­scheinung entgegentritt, ja bei allgemeinen paralytischen Zu­ständen überhaupt können wir der Blasenlähmung be­gegnen.
Bei allgemeiner Schwäche, bei Erschöpfung und Col-lapsus, bedingt durch schwere Krankheiten, bei alten verbrauch­ten, insbesondere männlichen Zuchtthieren, bei Degenerationen derBIasenmusknlatnr, bei Quetschungen der Blase u. dgl.in. kann auch eine Parese oder eine vollkommene Lähmung, eine Paralyse, bestehen.
Ob eine Paralyse oder doch wenigstens eine Parese des Detrusors sich mit der Zeit bei solchen Thieren entwickelt, die im anhaltenden Dienst stehen z. B. bei Postpferden, Fuhr­mannspferden, Droschkenpferden u. s. w. ist mir thatsächlich nicht bekannt, aber doch sehr wahrscheinlich.
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HarnverliaUtuig; Retentio ttriuae
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T)\r Symptome bestehen im Wesentlichen im Unvermögen,
den Harn zu lassen; die Thiero leiden, da das Ucbcl ail-niäüir einen immer höheren Grad annimmt und Jahre lang fort-dauern kann, an häufiger, aber leichter Harneolik, was mehr­fach auf den Gedanken bringt, es möchten Harnsteine die Ur­sache der sich öfter wiederholenden Harncoliken sein. Diese Meinung gewinnt dadurch noch neue Nahrung, dass Wallachen häufig und anhaltend ausschachten.
Die Harnverhaltung ist in den wenigsten Fällen complet; es besteht meistens eine Dysuria oder Strangnria paralytica d. h. nach grosser Anstrengung, starkem Ein­biegen der Lenden, Zuhilfenahme der Brust- und Bauchmuskeln kann endlich einmal ein kleiner Strahl sedimentreichen Urins — die Harnblase aber nie ganz — entleert werden.
Bei der Untersuchung per vaginam oder per rectum findet man eine hochgradig vergrösserte, wenig schmerz­hafte Harnblase, die Flüssigkeit enthält und die sich häufig -aber nicht immer vollständig — entleeren lässt; was, wenn ein mechanisches Hinderniss, z. B. eine Prostatahypertrophie oder Harnsteine die Ursache der Blasenlähmung sind, allerdings nicht der Fall sein wird.
Bei kleinen Thieren fühlt man die vergrösserte Harnblase durch den Bauch und sucht sie durch leichten Druck auf die Bauchpresse zu entleeren —#9632; was bei Sphinc-terkrampf bekanntlich nicht möglich ist.
Fs kommt öfter vor und namentlich bei Hunden ist es der Fall, dass die Harnblase so gross ist und den Bauch soweit niederdrückt, um den Arzt auf die Idee zu bringen, Patient leide an Bauchwassersucht, und wie bei Menschen, so ist auch schon bei Thieren die Paracentese zum Zwecke der Entleerung des hydropischen Ergusses aus der Bauchhöhle gemacht worden, — statt des Wassers ist aber Urin aus der Blase zum Vorschein gekommen.
Bei der Untersuchung mittelst des Catheters ist in con­crete der Kingang in die Hlase leichter zu ermöglichen, als bei einer Contraction der Kreismusculatur des Blasenhalses
Sind Steine oder Polypen die Ursache der Harnverhaltung, so kann die Diagnosis, ob mechanische Harnverhaltung spastische oder paralytische Ischnrie bestehe, nicht sofort
Mi
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Hannrertaaltang ; Retentio arinae.
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festgestellt werden und erst nach Entfernung des fremden Körpers wird man mit grösserer Sicherheit benrtheilen können, ob etwa eine Cystoplegie bestehe.
Wenn die Isehuria paralytica einige Zeit angedauert hat, so treten ähnliche Erscheinungen auf, wie bei der Bla-sonhalsliilnuung, es stellt sich nämlich ein andauerndes Harn­tröpfeln, eine Enuresis paralytica ein, da durch den Wand-druck der Blase der Urin endlich tropfenweise durch den im normalen Tonus sich befindlichen und darum leicht zu öffnenden Blasenhals gedrängt wird. Wie bei jeder Form der Enuresis, so auch hier, beobachtet mau bei weiblichen Thieren eine Ex­coriation der Sehenkel und des Mittelfleisches und bei manchen Thieren gleichzeitig mit der Blasenläbmung auch eine Paresis des Rectum s und dadurch erschwerten Kothabsatz.1
Die Prognosis dor Harnblasenlähmung ist nicht be­sonders günstig und namentlich bei Thieren, bei welchen man von der Existenz des Leidens häufig erst Kenntniss erhält, wenn dasselbe nach bereits Monate langem Bestände endlich einen sehr hohen Grad erreicht hat.
Die seeundäre Blasenlähmnng, also diejenige, die sich bei Gehirn- und Rückenmarksleiden einstellt, bangt wesentlich von dem primären Zustande des Thieres ab und bessert sieb nicht selten mit demselben wieder, jedoch nur dann, wenn während der Akin ese der Blase der Ausdehnungs-Coefficient nicht überschritten und dadurch die Contractionsfähigkeit des Detrusors für die Dauer nicht aufgehoben wurde.
In Folge dieser fraglichen Harnretention entwickeln sich natürlich auch häufig: Erweiterungen der Ureteren, Hydro-nephrosis, Pyelitis, Blasenkatarrh und Incrustationen und Sedimentbildung in der Blase selbst —ja in unglück­lichen Fällen kann es selbst zurUrämie und zur Blasenruptur kommen.
Therapie. Zur Behandlung kommen derartig kranke Tbiere seltener und meistens auch nur vorübergehend. Es ist dieses für den Zustand der Tbiere ungünstig, denn in den meisten Fällen dürfte lediglich durch eine systematische Cur zur Beseitigung
1 M. Del wart: Blasenlähmnng mit Enuresis nml Paralyse dos Rectnms. Journal vdter et agricol. de Belgiqne. Brnxelles V., IS-tG.
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Etomverhaltuns
Retentlo armae
lt;#9632;
des Leidens etwas Wesentliches beigetragen werden, und aasser-dcm dürfen Sie iiicdit aussei' Aeht lassen, dass eine Heilung der Cystoplegie auch nur im Anfange ihrer Entstellung dann zu erhoflen ist, wenn die Ursache der Krankheit be­seitigt werden kann.
Ilaben Sie sieli auch in diesen Fällen von der Richtigkeit der gestellten Diagnose überzeugt, so ist die nächste Aufgabe, den in der Blase zurückgehaltenen Urin zu entleeren. Es gelingt dieses durch leisen, systematischen Druck vom Rectum oder der Vagina aus — und wenn auch nicht voll­ständig, doch zum grösseren Theile. Die etwas auseinander­gespreizten Finger der per anum eingeführten Hand ahmen durch Drücken auf den Vertex der Blase, leichtes Zusammenziehen und Verengern die Wirkung des Detrusors vosieae mit Erfolg nach.
Bei kleineren Thieren kann man denselben Effect mit einein ins Rectum gebrachten Finger oder von der Bauch­presse aus erreichen - Thieren, weiche bequem zu catheterisi-ren sind, wird man auch durch einen Catheter den Harn ab­nehmen können, jedoch muss, da der Urin nur in geringer Menge abläuft, selbst beim Druck mit der Hand auf die Blase durch wiederholtes Ansaugen an dem Catheter der Urin heraus­geschafft werden. So unangenehm dieses Geschäft immerhin sein mag, so kann man insolange doch davon nicht Umgang nehmen, als bis ein Aspirateur construirt ist, der sich auch für unsere grösseren Hausthiere eignet. Uebrigens finden sich Überall Men­schen, die für Geld auch hier als Saugapparat wirken, falls Sie mit einer Klystierspritze und mittelst des Catheters den Urin nicht aus der Harnblase herausziehen können.
Es gibt ausserdem noch eine Reihe kleinerer Hilfs­mittel, durch welche die Thicre veranlasst werden können, an den Harnabsatz zu denken und sich anzustrengen, Urin zu entleeren.
Hunde /,. B. lasse man an solche Gegenstände hinführen, die kurz zuvor von einem anderen Hunde angenässt wurden, — Pferde und Rindvieh führe mau auffrische Streu oder in einen Schafstall, wo der Ammoniakgeruch eine urintreibende Wir­kung äussert, oder man lässt die Streu aufschütteln, oder spielt mit Stroh unter dem Bauch des Thieres; bei Pferden pfeift man. Auch das Pfeffern der Harnröhre — natürlich innerhalb
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llanivci-lialtnn^; Retentio urinas.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^45
vernünftiger Grenzen — das Einbringen eines Kelleresels (Onis-eus morarius) in die Harnröhre u. dgl. sind so kloine, keineswegs unsinnige Hausmittel.
Um den chronischen Zustand allmälig zu beseitigen, muss man dafür sorgen, dass der Urin nie die Blasenwand in stärkerer Expansion erhält, desshalb muss man die Blase wiederholt, tägiieh 2—:jmal, entleeren.
Es liegt, um dieses letztere leicht und bequem fertig zu bringen, der Gedanke sehr nahe, bei den dazu geeigneten Thieren einen Catheter längere Zeit liegen zu lassen! —
Leider aber kann dieses nicht geschehen, denn einmal fliesst durch den Catheter immer nur ein Theil des Urins aus der Blase ab, wenn nicht eine Compression der Harnbinse, die aber den Catheter wieder unnöthig macht, den Harnabfluss begünstigt oder wenn nicht wiederholt der Urin mittelst des Catheters angesaugt wird; dann kann aber auch wegen der durch den Catheter gesteigerten Reizung der Schleimhäute derselbe nicht liegen bleiben. Es bleibt also nichts Anderes übrig, als durch Compression die Blase mehrmals des Tages zu entleeren — und da ein Thierarzt dieses nicht selbst so oft besorgen kann, einen intelligenten Menschen aus der nächstem Nähe eingehend zu in-struiren, um von diesem dann das Ausdrücken der Blase besorgen zu lassen.
Als weitere Our werden Sie für kleinere Thiere kalte Bäder, kalte Douchen oder kalte Klystiere anordnen; grössere Thiere kann man, statt sie zu baden, öfter in die Schwemme treiben, ihnen ins Perinäum oder in die Nieren­gegend oder auf dem Bauche reizende .Substanzen, z. H. Liquor Ammonii caustici oder Spiritus camphoratus, Linimentum volatile. Oleum Terebinthinae — in natürlich nicht unsinniger Weise — einreiben.
Bei weibliehen Thieren kann man sogar hin und wieder einmal kaltes Wasser in die Harnblase langsam injiciren und bei grosser Tnrpidität derselben sogar reizende oder ad-stringirende Injeetionen versuchen, z. B. Infusum Florum Arnicae dilutum, Acidum phosphoricum 2 Theile auf 100 Theile Wasser oder ein schwaches Decoctum Corticis Quercus.
Als innere Mittel endlieh werden Sie solche in Gebrauch ziehen, von denen Sie glauben, dass sie die glatten Muskelfasern
1'il u p . Kranldieiten ilo.s oropoSUsoticn Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Oft
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HarnverhaUang; Rotentlo arlnae.
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durch Erregimg dor motorischen Nerven contrahiren, wie z. B. vorzüglich das Seeale cornutum und die Nux vomica es thun.
Das friscli pulverisirte Seeale cornutum gibt man als Schiittelmixtur mit Bier bereitet zu diesem Zwecke täglich 2—3-mal einige Tage hindurch und setzt dann damit aus — oder nimmt zu einem andern Mittel z. B. zu Nux vomiea für einige Tage seine Zuflucht. Wenn man Seeale cornutum in der eben angedeuteten Weise verwendet, empfiehlt es sich nicht, dasselbe in grossen Gaben zu verschreiben.
Ich bringe für grössere Hausthiere 20-0—30-0 Gramm pro dosi täglich 2—3mal in je 1 Liter kochenden Biers und lasse dieses etwas abkühlen, um eine noch lauwarme Mixtur den Thieren einschütten zu können.
Mittelgrossen Thieren, z. B. Schweinen gibt man pro dosi 40—6-0 und kleinen und mittelgrossen Hunden 0-5—2-0 Gramm vom Mutterkorn.
Statt des Seeale cornutum könnte man auch das Ergo tin, den eigentlich wirksamen Bestandtbeil des Mutterkorns, hypoder-matiscb versuchen; die mehrfach beobachteten schmerzhaften Oedeme und die Abscedirangen, die mau nach der snbeutanen [njeetion des Ergotins beobachtete, dürften auf Rechnung eines unreinen Präparats oder auf der Verwendung des alkoholischen Extractes beruhen. -
Die Nuees vomicae sind als Antiparalyticum in der thier-ärztlichen Praxis schon wiederholt mit Erfolg auch bei in Rede stehendem Leiden in Anwendung gezogen worden. Man pflegt die Brechnuss in allmälig steigenden Gaben täglich zweimal zu verabreichen und setzt unbedingt aus, sobald auch nur die ge­lindesten Zuckungen bemerklich werden. Pferden gibt man pro die 4,0—150 Gramm, dem Rindvieh, welches die Brechnuss leichter als das Pferd vertraut, kann man 5-0—20-0 Gramm
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1 Extractum secalis cunmti aquortun 0-ö—l'O pro dosi mit der nöthigen Moiifri! ilcst. Wassers, nm eine grössere Pravaz'sche Spritze damit füllen zu können.
- In einigen, jüngsthin bei einem kleineren Pferde gemachten Versuchen sah ich nach subetttaner Injection von 0quot;5—l'O Gramm Extraetnm soe.ilis cor-nnti jedoch keine speeifische Wirkung, wohl aber sclimerzhafte, mässiggrosse Oedeme auftreten, die ohm' Behandlnng sich nach mehreren Tagen allmälig wieder verloren.
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HamvorhaUnn£: Retentio artnaö.
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verabreichen, Schafe, Ziegen und Soli weine; dürfeu 20—H) Gramm und Hunde 0-1 — TO Gramm Pulvis Nucum vomicaram, mit liier zur Schüttel-Mixtur oder zur Latwerge gemacht, he-kommen.
Statt der Nuces vomicae empfehle ich innerlich das Strych-ninum nitricum nicht, weil es als allzugefährliches Gift nicht in den Händen des Eigenthümers gelassen werden kann.
In Thierspitälern mag es aber an Stelle der Breclmuss ge­geben werden.
11 er twig empfiehlt für Pferde 2—4Gran(circa 0-15—0-24Grm.), für Rindvieh 3—6 Gran (circa 0-15—OHö Grm.), für Schafe und Ziegen '/.j —'/a Gran (circa (HM—0-03 Grm.) und für Hunde '/,.„ bis '/so Gran (0-001—0*002 Gramm) täglich zweimal als Solution.
In den Händen eines vorsichtigen Arztes kann auch das Stiyclininum nitricum hypodermatisch zu verwenden empfohlen werden, namentlich für grösscre Thiere, wie Pferde und Rindvieh; es werden sich dazu 0*02—O-n:; Gramm pro dosi1 subeutan täglich zweimal gebrauchen lassen.
In der humanen Medicin hat man zur Heilung des fraglichen Leidens dem inducirten Strom das Wort geredet, allein die Erfahrung hat über den Worth dieses Heilmittels noch nicht end-giltig entschieden. In der Thiermedicin ist meines AVissens mit dem 1 ndiictionsstrom noch kein Vorsuch zur Bekampfiing der Blasenlähmnng gemacht worden.
c) Dor Itauiiisrhliuich, Selborrhoea präpntii
ist nichts Anderes als wie eine übermässige Absonderung und Anhäufung des Hauttalges (Smegma) innerhalb des Prftputialsackes, und zwar gewöhnlich vor der Ruthe in einer solchen Weise, dass dadurch nicht selten die Harnentleerung mehr oder weniger beeinträchtigt, ja unter Umständen so­gar gänzlich aufgehoben wird.
1 G-erlach, allg. Therapie, S. •_gt;89 nmplielilt für ein Pferd 0-06 Strych. nitr. in 4-0 aq. (lest. Wenn ich weniger gehe, sd geschieht ilas, weil ich das Strychnin längere Zeit fortgebraache.
Als Gegengifte gegen 8tiyeliviinvcrgiftnng gölten Atropin- oder anch Morpliimn-In jeetionen — Chloroformium — Chloralhydi*a.t — TiromkaHum — Cnrare — künstliche Respiration.
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II:iniVfi-liallimg; Rt'tcntio iiriuui-
Dieser Zustand findet sich zuweilen bei Pferden und Schweinen,1 wird jedoch in den meisten Fällen bei Ochsen2 und Widdern beobachtet und liefert dem praktischen Thierarzt immerhin ein ausehnliches Contingent von Patienten.
Symptome. Bei derartig kranken Thieren, und ich habe hier besonders Ochsen im Auge, bemerkt man längere Zeit hinihirch den Harnabfluss behindert, es entwickelt sich Dysurie, Enuresis und schliesslich [schurie, gleichzeitig sehen Sie eine Anschwellung an der Spitze der Vorhaut und bald eine Verbreitung der Geschwulst über den ganzen Schlauch. Üicisc Geschwulst ist heiss und schmerzhaft, dabei massig weich, fluetuirend, und Fingereindrücke bleiben in ihr zurück; nach vonien, gegen das Ende des Präputiums zu, ist sie immer stärker entwickelt, als gegen die Schenkel und ausserdem ist das Ende des Schlauches auch etwas nach einwärts gestülpt, so dass ein Theil der dortigen Haare in die Präputialhöhle hineingezogen werden. Die Schlauchspitze ist stark geröthet, derber und überaus schmerzhaft. Da dieses Leiden den Thieren arge Harn­beschwerden und heftige Schmerzen verursacht, so verlieren sie ihre Munterkeit, sind in der Bewegimg und auch im Liegen gehindert, daher unruhig; sie trippeln hin und her, legen sieb nieder, stellen wieder auf, schlagen mit den Hinteriussen gegen den Bauch u. s. w., mit einem Worte die Thiere leiden an „llarn-colikquot;. Der Urin geht nur tropfenweise, oft gar nicht ab — die Harnblase ist prall gefüllt und daher per rectum als ausgedehnter und grosser, kugeliger Körper deutlich zu fühlen.
Bei verzögerter Hilfeleistung und höheren Graden des Lei­dens kann — wie Sie ja von mir bereits gehört haben — sogar eine Blasenruptur erfolgen.
Im Verlaufe bilden sieh bei nicht gänzlichem Verschluss der Schlauchmündung auf der innei'en Fläche des Präputialsackes Erosionen, aus denen sieh übelriechende ülcera entwickeln, die zm- Harninfiltration Veranlassung geben können.
In seltenen Fällen verbreiten sich die ülcera auch auf die Rutlie, und es können hier durch dissecirende Processe sogar
1nbsp; nbsp;Vorhautentzfindung der Wiedorkätior und Schweine in Haabner'a Thierhoilkunde. II., S. 412.
2nbsp; Sclilauchgeschwnlst in Rychner's Bayatrik, S. 121.
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HarnverliaUimg : Retentia arinae.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 349
Stücke derselben abgelöst werden, was in der tliierärztliehen Literatur mehrfach als Abfaulen der Uuthc beschrieben ist.
Versucht man mit dem wohleingeölten Finger durch die verengerte Schi auehöffnung in das Innere des Präputinnis zu kommen, so gelingt das in der Regel erst nach einiger An­strengung und unter grossen Schmerzen des Thieres; diese sind dabei so unruhig und unbändig und schlagen so heftig nach dem untersuchenden Arzte, dass derselbe wiederholt eenöthifft wird, die Thierc umzulegen. Um das Einführen des Fingers in den Schlauch zu erleichtern, thut man gut, zuvor die an der Spitze des Schlauches befindlichen Ilaare abzuschneiden.
Im Innern des Präputiums finden Sie das Lumen des Letzteren mehr oder weniger durch eine ziemlich derbe, stark stinkende Masse verlegt. Es ist dieses die Hautschmiere (Smcgma), welche die Harnretention verursacht und welche ziemlich fest der Innenfläche des Präputiums, meistens dessen unterem Ende, anliegt und da den Präputialsack auch förmlich austapezirt. Sie finden, dass sich von dieser Masse abbröckeln oder abblättern lässt; dass, sobald Sie den Finger aus dem Schlauch entfernen, nicht sehen ein Harnstrahl nachsehiesst und Ihr Finger für längere Zeit ganz abscheulich stinkt.
Durch diese genannten Erscheinungen wird die Diagnosis auch vollständig gesichert.
Aetlologle. Die Ursache des Raunischlauches ist die massen hafteEntwicklu ng und das Festkl eben von Smegma im Präputium. Warum aber bei einzelnen Thieren dieses Smegma im Präputialsack sich so reichlich ansammelt, darüber ist man sich noch nicht recht klar geworden. Bei Pferden findet man eine bedeutende Anhäufung von Smegma nicht selten dann, wenn dieselben die üble Gewohnheit haben, beim Uriniren nicht auszuschachten. Bei Ochsen und Widdern ist der Raumschlauch vielleicht in einer besonderen Disposition zur vermehrten Talg­absonderung im Schlauche begründet. Es besteht liier jedenfalls eine gesteigerte Thätigkeit, wenn nicht gar eine Hypertrophie der ohnedies im Präputialsacke sehr reichlich vertretenen und sehr grossen Talgdrüsen.
Vielleicht wirkt bei einzelnen Thieren, z. B. bei Ochsen, die alle beim Harnlassen nicht ausschachten, der Urin durch qualita­tive Veränderungen, die er erlitten hat, reizend auf die Innen-
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Hamverlialtuiig; RetenUo urlnaG
I
haut clus Schlauches, es entsteht Hyperämie und Entzündung derselben und in Folge namentlicb der ersteren eine gesteigerte Function tier Talgdrüsen.
Ob gewisse Fattermaterialien diese fragliche Harnbeschaffen­heit begünstigen, lässt sieh bei den wenigen bekannten Thier-harnanalysen nicht im Entferntesten beurtheilen.
Prognose. Das Leiden ist uieht gerade ungünstig zu beurtheilen; wie aber bereits wiederholt gesagt, kann es durch Blasenlähmung und Blasenruptur, dann auch durch ulcerative Zerstörungen namentlich der Ruthe, durch iistulöse Geschwüre und durch die mögliche Harninfiltratiou bedenklich, ja selbst tödtlieh werden. — Aussei- diesem ist aber auch zu beachten, dass Recidive sehr gewöhnlich sind, und desshalb oft alle 14—so Tage der Schlauch von dem angesammelten Smegma gereinigt weiden muss.
Durch die beständigen Harnbeschwerden fressen die Thiero nicht gehörig, sie magern ab, sind matt und müde und desshalb weder für die Vollmast noch zur Arbeit geeignet.
Therapie. Vor allen Dingen muss die Causa prosima, das Smegma, dann entfernt werden, wenn wirklich sehen Ischurie
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beste)
gelingt dieses nicht auf unblutigem Wege, so muss
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natürlich sofort zum Messer gegriffen werden.
Meistens besteht aber eine vollkommene Harnretention nicht, aber die Präputialöffnung ist doch so enge, dass nur mit grösster Anstrengung und unter Hervorrufung der heftigsten Schmerzen beim Patienten dieselbe mit dem Finger begangen werden kann.
Wie verhalten Sie sich nun solchen kranken Thieren gegen­über? — Ich denke, Sie machen es gerade so, wie ich, da die ße-handlung derartiger Patienten mir bisher in erwünschter Weise gelungen ist.
Sollte Patient nicht ganz ruhig sein, so plagen Sie sich mit ihm nicht lange herum, sondern schnüren ihn alsbald nieder; scheeren ihm die Haarquaste an der Präputialspitze ab, spritzen
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rei
um
ben den Schlauch auch
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in die Harnröhre lauwarmes Ot äusserlich mit Fett ein.
Wohnen Sie in der Nähe des Patienten, so lassen Sie den­selben wieder aufstehen und bis zum nächsten Tage Uebcrschlüge von lauwarmem Bleiwasser oder von Goulard'schem Wasser auf die Präputialspitze inachen; es wird dadurch die erysipe-
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Haravorluütung; Reteutio arinae.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;351
latöse Entzündung des Schlauches gemildert and seine Schmerz-hafbigkeit verringert.
Am andern Tag' schnüren 8ie den Patienten nochmals nieder, spritzen wieder Oel in die Vorhaut, gehen nun mit dem gut einge ö Iten Z eiget'inger einer Hand in die Präputial-hölile hinein, losen das derbe bröckliebe oder blät­terige Smegma allmälig ab und bringen dasselbe aus dem Schlauche heraus.
Bis der Schlauch vollkommen vom Smegma gereinigt ist, müssen Sie wiederholt mit dein Finger in das Präputium eiu-und ausgehen und zuweilen wird es Ihnen Mühe machen, die fest anhängenden und faserig oder speckig gewordenen Talgmassen von der Innenhaut des Schlauches abzulösen; ja hin und wieder wird es sogar aus dem wund oder ulcerös gewordenen Prä­putium zu Blutungen kommen, die jedoch durch Einspritzen kalten Wassers leicht zu stillen sind.
Auf diese Weise können Sie eine grosse Mannshand voll oder auch noch mehr dieser übelriechenden, theilweise schmierigen, theilweise bröcklichen, blätterigen oder faserigen Masse entfernen.
Ist der Schlauch vom Talg gereinigt, so spritzen Sie in denselben lauwarmes Goulard'sches Wasser oder einfaches Bleiwasser, oder raquo;Sie schmieren ßleicerat auf die Innen­haut und ausseu auf die gewöhnlieh corrodirte Spitze des Präpu tin ms.
Diese Einspritzungen müssen längere Ze it f'ortgesetz t werden. Die Thiere lassen sieb das in der Kegel im Stehen ganz gerne gefallen, da ja nach Entfernung des Smegmas und dem er­folgten reichlicheren Harnfluss die Entzündung und damit auch die Sclunerzluiftigkeit des Schlauches sich mehr und mehr ver­loren hat.
Bei vorhandenen Geschwüren und übelriechendem Schlauch werden Chlorwasser (Aqaa chlorata) oder eine Lö­sung von übermangansaurem Kali (Kali, hypermanganicum), 1 Theil in 200 Theilcn Aquae fontanae, als Einspritzung empfohlen.
Ich wende schon seit Langem hier, wie bei allen derartigen Zuständen, das Carbolwasser an und dürfte violleicht in näch-
1 Ist die Wohnung des Arztes vum Patienten entfernt, so besorgt man die Roiiiljiiinp der PräputiaUiöble sofort.
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Harn VürluLituug; Rotentio urinao.
ster Zeit der Preis der Salicylsäure auch kein llinderuiss zur Verwendung derselben in der tliierärztliclieu Praxis sein.
Bei bösartigen G eschwiiren, die aber beim Raumschlauch verhältnissmässig doch nur sehr selten vorkommen, werden sieh Einspritzungen von Solutio Zinci sulphuric! (1:20—25 aqua), Solutio Aeidi tannici (1:25—40 aqua) oder von Solutio Ar-genti nitrici (1:100 - 150 aqua dest.) in den Schlauch sehr zweckmässig erweisen.
Aussei'dem muss mau den Schlauch noch einige Zeit lang auch aussen wiederholt mit warmem Seifenwasser abwaschen, darauf gut abtrocknen und mil Fett oder Bleicerat einschmieren. Die Patienten bekommen gute Einstreu, womöglich Grünfutter, und wenn es angeht massige Bewegung im Freien.
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der zu fürchtei
Recidiven muss von Zeit zu
Zeit der Schlauch mit dem Finger untersucht und allenfalls vor­handenes Smegma immer gleich entfernt werden.
In jenen Fällen, in welchen nach Entfernung des Smegmas die Vorhaut noch so geschwollen ist, class der Harnabfluss blei­bend behindert ist, können Sie die Spaltung des Präputiums niebt umgehen. Ich wünsche nicht, dass Sie voreilig diese Operation machen, denn thatsächlich ist sie wirklieh nur selten unbedingt nöthig, — sprechen allerdings die Erscheinungen für dieselbe, so säumen auch Sie nicht mit ihr.
.Sie spalten am zweckmässigsten mit einem geknöpften Bi­stouri den Schlauch seitlieh, und zwar von der -Mündung aus durch den ringförmigen Wulst, oder noch weiter zurück, wenn dieses nothwendig sein sollte-.
Nach dieser Operation kann man die Innenfläche des Schlau­ches einer genauen Betrachtung unterziehen, kann alles Smegma abheben, die wunden Flächen mit Bleiwasser, Bleisalbe oder einem Liniment, das aus 1 Theii Bleiessig und 'J Theilcn Glycerin besteht, bestreichen, kann die Geschwüre reinigen, ihren Grund mit dem Lapisstift touchiren, und wo es nöthig ist auch die kranke Ruthe amputiren.'
Nach geschehener Harnentleerung und der Reinigung des Schlauches heftel man die W undräuder zusammen und behandelt die Wunde nach den Reffein der Chirurffie.
1 Hering's Operationslehre, S.-js-j: ..Von di r lt; i|icr;itiijii der l'liimosi.s etc.quot; and „Von der Amputation der EutLe.quot;
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CJnvenuögen Bars zu holten, Incontinentla orinae.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 353
Den Schnitt in dor Vorhaut luibc ich Ihnen desshalb seitlich zu machen empfohlen, weil die Wundflächen so weniger vom Urin verunreinigt werden, als wenn Sie das Präputiuni unten spalten würden.
XXIII.
Unvermögen Harn zu halten, Incontinentia
iiriuae.
Lähmung des Blasenhalses. — Blasenkrampf.
Wenn das Individuum nicht im Stand ist, den Urin eine bestimmte Zeit lang zurückzuhalten, wenn das Thier es nicht vermag, den Urin nach verschieden längeren Perioden abzusetzen, wenn es entweder fort und fort — oder nach ausserordentlich kurzen Inter­vallen Urin ausfliessen lässt, so spricht man vom Unvermögen, von der Incontinenz, den Harn zurück­zuhalten, von Enuresis.
Ursachen. Die Ursachen dieses Leidens sind so verschieden­artig, als wie jene der Hamretention; es sind auch liier theils nervöse, theils sogenannte mechanische Einwirkungen.
Obenan stehen die Lähmungen des Cerobrospinal-Systems' und dann auch jener Zustand, den ich im vorigen Vortrag nls Knuresis paralytica erwähnte und der im Wesent­lichen auf einer continuirlichen Füllung der Harnblase beruht.
Ausserdem sehen wir aber auch eine Enuresis paralytica bei Lähmung des Blasensphincters eintreten, und überdies begegnen wir einem fast beständigen Harnabfluss beim Blasen­katarrh, bei Cystospasmus (Enuresis spastica) und bei erschöpfenden, den Willen des Thieres beeinflussenden, schweren Krankheiten, da zum Verschlüsse des Sphincter vesicae, der zwar willkürlich geschlossen und geöffnet werden kann, bei Störungen im Cerebro-
1 Beobachtungen von Schellhase uncl Meer. Mitth. a. d. th. l'raxis in Preussen. 1867, 8. 79 und SO.
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UnTermögen Harn an halten, [geotuinentia arlnae.
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i #9632;#9632;
spioalsystem und bei hochgradiger Erschöpftmg den Thieren
der Wille und die Kraft fehlt.
Als mechauisclie Hindernisse, welche eine Incontiaeutia urinae veranlassen, dürften zunächst diejenigen gelten, welche den testen Verschluss der Harnblase behindern, z. B. Verdickung und Verhärtung des Blasenhalsos, Incrustation der Blasenwände; dann solcheOoncremente und polypöse Wucherungen, welche sich in den Blasenhals hineingeschoben haben, ohne dessen Lumen vollständig zu verschliessen. Ferner kann eine Enuresis entstehen, wenn die Blase durch benachbarte Geschwülste,' durch den trächtigen Uterus etc., comprimirt oder disloeirt wird, oder wenn der Blasenhals gecpietsebt oder zerrissen, oder durch Ulcera zerstört wurde.
Auch in jenen Fällen, in welchen ein Hinderniss in der Harnröhre oder im Präputium der vollständigen Harnent­leerung entgegenwirkt, die Blase dadurch allmälig an Ausdehnung gewinnt und schliesslich der Druck der gespannten Harnblasen­wandung den Urin durch die verengerten Harnwege treibt, ent­steht eine Enuresis. Bei Hunden sehen wir diesen Zustand öfters in Folge von Prostatahypertrophie, Stenose der Urethra, Geschwulst in derselben- u. dgl.; —beim Kindvieh öfters beim sogenannten Raumschlauch (Smegma präputii). Uiesc Ihnen hier aufgezählten Fälle können wir aber vielfach nicht zur Incontineutia urinae zählen, obgleich Enuresis (E. paradoxa) be­steht, sondern wir müssen dieselben, wie aus meinem vorigen Vor­trage ersichtlich ist, zur Harnverhaltung rechnen und haben auch dort ihrer bereits gedacht.
Wie eine Enuresis paralytiea zu Stande kommt, das haben Sie schon theilweise erfahren. Sie wissen, dass, wenn wegen Lähmung des Detrusors die Harnblase sich prall angefüllt hat, durch den Druck der höchstgradigausgespanntenBlasenwandung der Sphincter vesicae geöffnet wird und der Urin unwillkürlich ausfliesst.
Stellen Sie sich aber vor, der Sphincter vesicae sei paralytisch und könne wegen Mangels der nöthigen
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1 Eberhardi schreibt im Magazin v. ('•. a. II. XII., 8. .'iO-t, über einen Abscess zwischen der obern Wand der Scheide und der untern Wand des Mastdarms bei einer 7 Jabre alten Stute. Nach dem Oeffhen des Abscesses war die Iiicontmen/. des Harnes gehoben.
- ssiclis. Vet.-Ber. .WH,. S. 71. Incontiueiitia urinae bei einem Jagdhund.
1 .
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(JnvemiOgen Harn zu balton, Incnunin.-iitia urinac.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; DDO
Contractilität den Urin nicht zurückhalten, so wird eine andere Forin der Enuresis erzeugt, bei der es gleichgiltig
bleibt, ob der Dctrusor gleiclizeitig- gelähmt sei oder nicht.
Die Lähmungen des Bl.-ise nsphinetors kommen aber ganz unzweifelhaft vor, wenn jene motorischen Nervenbahnen leistungsunfähig worden, welche den Sphincter innerviren oder der Spincter selbst wegen irgend welcher, in ihm Platz greifender, degenerativer Vorgänge nicht mehr reagirt, oder die Theilc des Nervensystems, von denen dor Impuls zur Contraction dos Sphincters ausgehen soll, paralytisch geworden sind.
Der ßlasenkrampf, die liyperkiu esis vesicae, der Spasmus des Detrusors, gewöhnlich Cystospasmus genannt, ist öfters die Folge von Blasenkattirrhen, Hyperästhesie der Blase, von Irritationen des Rückenmarks und besteht in häufigen Contractionen dos Detrusors mit jedesmaliger Entlee­rung geringer Mengen von Harn; es entwickelt sieb ein unwillkürlicher, häufiger Earnfluss, der Urin fliesst alle Augenblick in kleinem Strahle ab und kann unmöglich in grosser Menge in der Blase zurückgehalten werden.
Da bei dem Menschen ein beständiger Harndrang gefühlt wird und dieses subjective Gefühl auch bei unseren Hausthieren unterstellt werden darf, so kann man diese Fenn der Incontinenz auch bei Thieren Enuresis activa nennen.
Ich zweifle nicht, dass es Ihnen sofort klar wurde, wie die verschiedenen Momente eine incontinenz des Urins bewirken; allein ganz bestimmt erwarten Sie den Nachweis über die Rich­tigkeit dos Bestandes einiger derselben.
Es dürften namentlich folgende Fragen der Erledigung harren:
1.nbsp; nbsp;Ist es wähl-, dass eine S phinet c r lähmung vor­kommt und
2.nbsp; nbsp;ist es erwiesen, dass ein Krampf des Detrusors besteht?
Dass diese fraglichen Neurosen vorkommen, lässt sich recht wohl schon aus den verschiedensten physiologischen Experimenten beweisen, denn alle innervirten, contractilen Elemente können gelähmt und tetanisch werden und liegt auch gar kein Grund vor, warum das, was für alle contractilen Ge­webe gilt, nicht auch bei denen der Harnblase der Fall sein
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riivuniMi^en Harn /.u batten, [ucontineiitia orinaelaquo;
sollte; überdies können wir aber noch durch eine Reihe ver­schiedener Symptome am lebenden Körper einen weiteren Beweis für das Thatsächliche der in Frage stehenden Zustände liefern.
Da wir ohnedies je nach der Ursache der Ineoutinenz die Erscheinungen am Thierkörper einigermassen abweichend an­treffen, so wird es gut sein, wenn ich die Krankheitserscheinungen der Enuresis, soweit als nöthig, je nach der Ursache des Leidens abhandle.
Symptome. Dass eine Encontinenz des Urins besteht, ist leicht xu ermitteln. Die Schwierigkeit der Diagnose liegt allein in dem Auffinden der nächsten Krankheitsursachen, das dem Arzte — soll eine Therapie mit Erfolg eingeleitet werden — ganz unbedingt gelingen muss.
Bei Tbieren, welche an Enuresis leiden, bemerkt man, dass alle Augenblick ein oder mehrere Tropfen Urins, meistens ohne alles Zuthun des Thieres, ausfli essen oder abtröpfeln (Enuresis passiva), oder man bemerkt, dass der Patient sieh recht häufig zum Harnen anstellt und dann einige Tropfen Urins ohne besondere Anstrengung abgehen (Enuresis activa).
Bei Pferden sieht man, dass sie entweder continuirlich ausschachten oder sie sind — wie die Pferdekundigen sieb im Exterieur ausdrücken — s. v. Hosenseicher, d. h. das Pferd schachtet nieht aus und der Urin läuft durch das Präpu-tium ab. An allen den -Stellen, wo der Urin herabfliesst und beim männlichen Pferd oft schon in der Urethra und im Präputium, bei weibliehen Thieren in der Vagina, bemerkt man Excoria-tionen und selbst tiefergreifende Geschwüre, und desshalb oft starke entzündliche Schwellung der betroffenen Theile, z. B. des Schlauches. Der sedimentreiche Harn incrustirt die Ilaare und bildet über den exeoriirten Stellen zuweilen eine erdige Kruste. Bei allen Thieren findet man an Stelle ihres Lagerplatzes nasse Flecken; Stuben-Hunde verunreinigen Kleider, Meubles und Tep­piche und werden dadurch besonders lästig.
Die Enuresis paralytica — Lähmung des Detrusors, — erzeugt durch fschiiria paralytica, erkennen Sie an der gefüllten Blase und dem leichteren, theilweisen Abfluss des Harns beim Druck auf die Blase. Die Enuresis.
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^iivcnniigcu Harn zvt hulion. Incoutincntia arinae.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 357
bedingt durch Paralyse des Blasensphincters, constatiren Sie, wenn die Harnblase bei der Untersuchung sehr klein ist oder auch gar nicht gefunden wird, Harn aber be­ständig und meistens unwillkürlich abträufelt.
Wenn der Sphincter nicht cnntrahirt ist, sich also nicht im normalen Tonus befindet, so wird der Urin nur ganz kurze Zeit in der Blase zurückgehalten. Es ist Ihnen ja bekannt, dass der Urin im gesunden Zustande der Harnwerkzeuge erst dann abfliesst, wenn die Blase einen bestimmten Grad der Füllung erlangt hat imd dor Schliessmuskel derselben den Contractionen des Detrusors nicht mehr den nöthigen Widerstand entgegensetzen kann. 1st nun die Widerstandskraft des Sphincters bis auf Null gesunken, so gehört voraussichtlich nur eine kleine Menge Urins dazu, um auf retlectorischem Wege Contractionen des Detrusors hervor­zurufen, wodurch dann die vorhandene geringe Harnmenge durch den offenen Blasenhals entleert wird.
Sie werden also, im Fall keine; Lähmung des Detrusors, wohl aber eine solche des Blasenhalses besteht, gewöhnlich die Blase leer linden.
Anders mag sich die Sache verhalten, wenn Detrusor und Sphincter gelähmt sind. Hier treten keine reflectorischen Con­tractionen des Detrusors ein, denn die gesammte Blasenmus­kulatur ist functionsimfähig; die Blase wird nun aber auch eine grössere Füllung, als wie im vorigen Fall, ertragen können, bis der gelähmte Sphincter durch die Pression des Urins und den Widerstand der Blasenwände sich so vollständig öffnet, dass der Harn ungehindert ausfiiessen kann, denn selbst der gelähmte Sphincter bildet immerhin noch einen, wenn auch aothdürftigen Verschluss der Blase. Den im Abfluss begriffenen Urin kann jedoch kein Thier mit gelähmten .Sphincter willkürlich sistiren. Einen solchen Fall beobachtete Dominik1 bei einem Pferde, das regelmässig ausschachtete, um die gewöhnliche Stellung zum Uriniren einzunehmen. Das Thier entleerte '/, Quart Urin als­dann ganz regelmässig und blieb noch einige Minuten in der­selben Stellung, wobei Urin in ganz kleinem Strahle ausfloss; hierauf ging es in seine normale Stellung zurück, frass weiter
1 Dominik. Mittli. a. d. tli. Praxis in Preossen. ISüC, 8. 68.
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Unvormögeil Hani zu halten. Im'outinonlia nrinao.
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— der unwillkürliche Harnabfluss dauerte aber wolil noch '/., Stunde fort — selbst wenn das Thier bewegt wurde.
Aus diesem Fall seilen Sie gewiss recht deutlich, dass das Thier unvermögend war, den einmal in Fluss gerathenen Urin zurückzuhalten.
In diesen Fällen gelingt es zu jeder Zeit, durch Druck auf die Blase einige Tropfen retinirten Urins zu entleeren.
Durch die Athem- und die Darmbewegungen, ja durch die Eieenbewesfunsten des Thieres wird meistens schon hinreichend genug Druck erzeugt, um Ham auszupressen. Es ist dieses auch der Grund, warum man immer dann Urin bestimmt abtliessen sieht, wenn die Thiere sich bewegen.
Die Enuresis spastiea beim Krampf des Detrusors gibt, sieh durch wiederholtes Anstellen der Thiere zum Harnabsatz zu erkennen. Es werden — ähnlich wie bei rossigen Stuten - immer einige Tropfen Urins ausgespritzt, die Harnblase ist leer und wird desshalb häufig nicht ge­fühlt; wenn letzteres aber nicht der Fall ist, so ist sie — ent­gegen der paralytischen Enuresis — gewöhnlich schmerzhaft.
Die Enuresis mechanica kann nur diagnosticirt werden, wenn man die Ursache nachweist, welche die Incon­tinently urinae hervorruft; es müssen also Krankheiten des Blasenhalses, Tumoren in und nächst der Blase, Steine und dergl. m. aufgefunden werden.
Das Allgemeinbefinden ist im Anfange des Leidens nicht verändert.
Bei der Enuresis spastiea treten allgemeine Krankheits­erscheinungen wohl am l'riihesten auf, allein es geschieht hier nicht selten, dass dieser Zustand sieh frühzeitiger und leichter beseitigen lässt, als die paralytische Enuresis. Bei allen Thieren aber, mögen sie an einer Form der Enuresis leiden, welche es auch sein mag, bemerken wir, dass ihr Nährzustand, ihr guter Habitus — leidet. Die Thiere werden magerer, namentlich am Hintertheil, bekommen glanzlose, struppige Haare, ein müdes Aussehen, sie fressen auch nicht immer mit dein gehörigen Appetit, saufen dafür aber wohl etwas mehr.
Im Verlauf stellt sich auch Fieber ein und da eine Enure­sis paralytica nur selten für sich besteht, so nehmen mit diesem die anderen paralytischen Erscheinungen mehr und mehr Oberhand.
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Uuverraögt'n Harn zu haltt'ii, lucoiitmi'niia arlnae.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;359
Häufig siolit man gleichzeitig bei einer Knuresis paralytica, wie auch bei einer paralytischen Dysurie, die Lähmung der Nachhan d oder nur einzelner Tiieile derselben, wie z. B. des Schweifes;1 gar häutig ist aucli die Ruthe gelähmt, die dann schlaff und welk zum Präputium heraushängt und nicht zurückgezogen werden kann, — oder es ist das Kectum und der Anus paralytisch; es kann nur mit grösster Anstrengung Koth abgesetzt werden.
Wenn man solche Thiere zum Husten reizt, so sieht man, dass Futterballen und Urin zu den entsprechenden natürlichen Oeffnungen hei jedem Hustenstoss hinaus­geschleudert werden.
Dieser traurige Zustand, der glücklicher Weise nur selten vorkommt, dauert oft Jahre lang fort, - geht zwar bei zweck-mässiger Behandlung zuweilen noch in Heilung über, führt aber
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ar nicht selten durch Cahexie auch zum Tode.
Jm todten Zustande findet man wie bei vielen Neurosen, abgesehen vom allenfallsigen Primärleiden, nur Weniges, das so­fort in die Augen fallt. Bei Knuresis mechanica und Euuresis spastica finden Sie jene Veränderungen, die Sie bei der Reteutio urinae mechanica und hei üroeystitis hinlänglich kennen gelernt haben.
Therapie. Die Heilung dieser verschiedenen Können der Knuresis ist, wie Sie wohl einsehen werden, je nach der einwir­kenden Ursache verschieden.
Können wir die Ursache beseitigen, so heben wir nicht selten damit auch das üebel, so z. B. in vielen Fällen der Knuresis mechanica und in manchen Fällen der Knuresis spastica. Entfernen wir Blasensteine oder heilen wir eine Hyperämie der Blase, eine Üroeystitis, eine Hyperästhesie der Blase überhaupt, so hört damit auch die spastische Knu­resis auf.
In den paralytischen Füllen der Knuresis müssen Sie aber ganz so verfahren, wie bei der Ischuria paralytica. Stellen
1nbsp; tiinz, über einen complicirten paralytischen Zustand ilos Rcctoms, der Blase und des Schweifes bei einem Pferde. Deutsche Zeitsch. I'm- Thierh. von Bus eh. Marburg. I., S. 29.
2nbsp; Schrebe: Incontiuentia urinae. Magazin von G. n. 11. X., S. 337.
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I'olynrif; (l)iurosis); Iliirnnilu'; Lanti'lNIall.
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Sie die nomiale Innervation und den gesunden Tonus des para­lytischen Gewebes wieder her, so wird die Krankheit verschwin­den, wenn nicht bereits eine Degeneration — eine Verfettung und Atrophie der contractilen Elemente — sieb in Folge der gestörten Innervation ausgebildet hat. In letzterem Fall ist aller­dings die Eoffnung auf Wiedergenesung nur eine ganz geringe I
Gegen Blasenhaislähmung können Sie also gar nicht anders zu Felde ziehen, als wie ich es llmen gegen Ischuria paraiytiea, gegen Lähmung des Detrusors, zu tbuu gerathen habe.
Manche empfehlen auch adstringirende Mittel, z. B. Saecharum Satarni, Ferrum sulphuricum oxydulatnm, Terra Catechu, Acidum tannicum, dann das Jodeisen (Eisenjodär = Ferrum jodatum) und die Verbindung der Nux vomica mit Ferr. sulph. oxyd.
Es stehen die ersteren Büttel vielleicht dein Seeale cor-nutuni. ganz entschieden aber der Nux vomica nach; nur die Verbindung der K rä he n a uge n mit Eisenvitriol möchte bei sehr nerabeekotmnenen Thieren nicht hintanzustellen sein.
XXIV.
Polyurie; (Diuresis); Harnruhr; Lauterstall.
:' i
ii
Mi
Diabetes insipidus
Hydrurie — Diabetes meilitus Meliturie.
.Meine Herren! Wir berühren mit diesem höchst interessan­ten Capitel eine sehr schwache Seite der Thierh eil künde, denn die Beobachtungen über die hier zur Sprache kommenden Krank­heiten sind von Seile der Veterinäre äusserst mangelhaft und ist demzufolge die thierärztliche Literatur darüber nicht nur ausserordentlich kärglich, sondern auch in hohem Grade unzu­verlässig.
Ungleich mehr haben zur Kenntniss dieser Krankheiten die Menschenärzte beigetragen, und bin ich desshalb auch genöthigt, Sie hier oft lediglich mit den Erfahrungen der Mediciner bekannt zu machen. — Doch zur Entschuldigung der Thierärzte kann
: i
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Polyarie; (Diuresis); Ilanirulir; Lauterstall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;361
ich anführen, dass es sieh hier um äusserst complicirte Zustände handelt, die bei Thieren, welche in der Regel sehr wenig intel­ligenten Menschen zur Beobachtung unterstellt sind, gewöhnlich übersehen werden und die darum dem Veterinär auch nur selten zu Gesicht kommen.
Auch in der humanen Mediein steht man dem Abschlüsse, der hier in Frage kommenden Krankheitsformen noch ziemlich ferne, und wenn wir gleichwohl anerkennen müssen, dass der Fleiss und die Speculation des Menschen es in der Erforschung der fragliehen feinsten Vorgänge im thierischen und menschlichen Körper sehr weit gebracht haben, so können wir doch nicht um­hin einzugestehen, dass uns alles Erkannte und Erforschte nicht, genügt, um heute schon der Theorien und Hypothesen entbehren zu können und positives Wissen leuchten zu lassen.
Wie ich angekündigt, habe, ist es nun meine Aufgabe, über l'olvurie. Diuresis. Diabetes, d. h. über die vermehrte! Absonderung des Harnes zu sprechen, über jene Zustände, die man in der Thierheilkunde mit Lauterstall und Harnruhr zu bezeichnen pflegt. —
Ich werde bei dieser Gelegenheit aber auch noch zwei andere Krankheitszustände berühren müssen, die im innig­sten Connex zur l'olvurie. zum Vielharnen, stehen, am häutig­sten mit ihr vergesellschaftet sind, hie und da aber auch für sich, d. b. ohne Polyurie, vorkommen.
Ich mache Sie gleich mit den Namen dieser Zustände be­kannt, es sind dieses die Hydrurie und die Meliturie.
Man unterscheidet in der Mediein im Betreff der Polyurie Oberhaupt verschi eden e Mod ificationen.
Es kann nämlich bestehen:
„Eine vermehrte Ausscheidung eines an festen Be-standtheilen armen Harns,Polyurie mit Hydrurie. — Letztere kann für sich auch bestehen, d. h. es wird der Harn nicht in grösserer Quantität ausgeschieden, aber er enthält weniger feste Bestandtheile — Hydrurie.
Im ersteren Fall können die festen Bestandtheile im Harn in normaler oder sogar in noch etwas grösserer Menge ausge­schieden werden; es sind aber immer die festen Bestandtheile im Verhältniss zu der allzureichlichen Wasserausscheidung zu gering; der Urin ist dünn, wässerig.
rtlnir. Knmklicitpu dos uropoölisclM.n Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;24-
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36-3
Polyuriej (Diuresis); H;irnruhr; Laaterstall.
Im andern Fall wird nicht zu viol Wasser, sondern es wer­den zu wonig feste Bestandtheile durch die Harnwerkzeuge ent­leert. Der Urin wird dadurch auch cliinn und wässerig, es besteht auch eine — aber ihrer Natur und Grenesis nach von ersterer verschiedene Hydrurie.
Wir sehen also eine Hydrurie auf verschiedenen Wegen zu Stande kommen und können desshalb auch nicht umhin, die Polyurie mit Hydrurie, dem sogenannten Diabetes, zunächst von der ilydruria simples: zu unterscheiden.
Die Polyurie oder, wie ich von nun an sagen werde, der Diabetes wird aber wieder unterschieden, je nachdem im diabetischen Harn sich Traubenzucker findet (Diabetes mellitus, Honigruhr, Zuckerharnruhr) oder oh er im Harn fehlt (Diabetes insipidus, Lauterstall, Harnruhr).
Wie nun aber eine Hydrurie für sieh bestehen kann ohne Polyurie. so kann auch eine Zuckerausscheidung, odor hesser gesagt eine vermehrte Zuckerausscheidung, fiir sieh bestehen und diesen letzteren Znstand heisst man Meliturie.
Wir haben sonach folgende Zustände in nähere Erwägung zu ziehen :
a)nbsp; Diabetes insipidus (Polyurie, Diuresis.)
b)nbsp; nbsp;Hydru ria s i mplex.
c)nbsp; nbsp;Diabetes mellitus und
d)nbsp; Meliturie.
Bei Diabetes insipidus und bei Hydrurie finden Sie constant das speeifische Gewicht des Harns um ein Be­deutendes v erringort.
Zur Bestimmung des s peci fisch en Gewichts benutzt man den Heller'sch en ' oder den Vogel'schen ürometer. (Tat. V,
1 Tu manchen Orten, •/.. B. in Wien, bedient man sich gewölinlich dos Heller'selien Urometcrs. Dasselbe ist eine Id.-ine, cirea .'i Zoll lange G-lasspindel; die untere Hälfte — der Schwimmkörper — hat ungefilhr die Dicke eines kleinen Fingers und an ihrer unterstell Stelle in Siegellack eingeschmol-ene Bleischrote. Die obere Hälfte hat die Dicke eines Babenfederkiels nnd trägt in ihrem [nnern eine papierene Scala. Heller hat bei seiner Scala die I5nimiequot;sehen Grade von 0 — 8 beibehalten und jeden Grad in noch kleinere Folder eingetheilt. Da jeder einzelne BanmÄ'sche Grad 7 1000 spec. (Jew. ent­spricht, so werden wir, wenn wir den obersten Pnnct der Scala bei 0=1001) annehmen, folsemle Eintheilnng derselben haben:
i,
quot;jjj
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Polyurie: (Diuresis); Hamruhrj Lauterstall,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;363
Fig. 29j. Letzterer ist so gradairt, (lass er das specifisclie Gowiclit dos Harns im Verhältniss zum destillirten Wasser angibt. 1st das speeifisebe Gewicbt des destillirten Wassers zu 1 angenommen und sinkt der Uromcter vielleicht im Pferde­barn bis zur Zahl 1,042, rCKiß, 1-045 etc., so ist der untersuebte Pferdcbarn um 42, 36, 4.') Tausendstel schwerer, als das destil-lirte Wasser.
Wollen Sie also einen Diabetes insipidus oder eine Hydrurie diagnosticiren, so müssen Sie unbedingt wissen, innerhalb welcher Grenzen das speeiüsebe Gewicht des Thierhames schwankt. Diese Schwankungen sind aber sehr bedeutend, theilweise je nach der Thiergattung, grüsseren Tbeils aber nach dem individuellen Zu­stande der Thiorc und darum auch nach der Tages- und Jahres­zeit. Den grössten Einfluss auf das speeifisebe Gewicht des Urins scheint die Nahrung und das Getränke zu haben.
Dann gehört zur richtigen Würdigung der uns beschäftigen­den Zustände eine genauere Kenntniss von der normalen Quan­tität und Qualität des Urins. Auch in dieser Beziehung bestehen wesentliche Unterschiede, je nach der Fütterung und Benützung der Tbiere und je nach der Thiergattung.
Ueber diese angedeuteten Verhältnisse müssen Sie sich ge­eigneten Orts näher instruiren, da ich nur das Nothwendigste darüber Ihnen jetzt inittbeilen kann.
Bei 0-0 = 1-000
hei 3*0 = 1-021
bei 6-0 = 1-043
.. 0*5 = 1-004
.. 3-5 = 1-024
.. 6-5 = 1-047
.. t-0 = 1-007
., 4-0 = 1-028
7-0 = 1-051
„ 1-6 = 1-010
„ 4-5 = 1-031
„ 7-5 = 1-055
„ -2-0 = 1-014
„ 50 = 1-032
„ 8-0 = 1-058
„ 2-5 = 1-017
„ 5-5 = 1-010
Die .auf dem Halse mit arabischeu Ziffern bezeichneten Gfrade haben längere, die vier kleineren Unterabtheilungen je eines Grades kürzere Theilstriche.
Im Fall die Menge des Harns sehr spärlich ist. verdünnt man letzteren mit destillirtem Wasser und multiplieiit die. abgelesene Zahl mit der durch die Verdünnung gegebenen Volumina. Wenn z. li. zu einem Volumen Harn drei­mal soviel Wasser zugesetzt wurde (al-u zusammen 4 Volumina: 1 Volumen Harn 4- 3 Vol. aq. dest.) und das spec. (!.'wicht = 1*008 gefunden wurde, su ist das spec. Gewicht in Wirklichkeit = 1*008 )lt; 4 = 4-082.
Der Harn soll immer bei einer Temperatur von 12—17deg; K. gemessen werden.
'Utzmanu und Hofman, [Jntersuclinng des Harns. Wien 1871.)
24*
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:i64
Polyurie; (Dinresla); Harnruhr; Lauterstall.
I
Der Pferdeharn hat ein specifisches Gewicht, das ge-wöhnlich zwischen 1035 — 1045 schwankt; frisch gelassen ist der Urin trübe, und namentlich sind es die am Ende des Urini-rens ausgeschiedenen Mengen, Der Pferdeharn ist überhaupt sehr sedimentreieh , er enthält — wie bekannt — grössere Mengen verschiedener Krystalle und unter diesen in grösserer Menge kohlensauren Kalk; nach Fraas1 ist dieses besonders reichlich Morgens vor dem Füttern und nach starker Bewegung der Fall. Ausserdem enthält der Pferdeharn immer viel Schleim und färbt sich an der Luft bald rothbraun; er reagirt alkalisch.
Der Harn des Rindviehs ist weingeil), gewöhnlich ohne Sediment, bitterlich schmeckend, alkalisch. Specif. Gewicht — 1,032 his l-042.a Zuweilen hat der Urin — namentlich jener der Kühe — einen tnoschusartigen Geruch.
Der Harn der Ziegen und der Schafe hat ein ähnliches spec. Gewicht wie der des Rindviehs3 und reagirt auch al­kalisch; der Urin dor Ziegen ist besonders scharf riechend.
Der Harn der Schwein eist klar, lichtgelb, geruchlos, bei vege­tabilischer Kost deutlich alkalisch; bei vorherrschend animalischem Futter wird er sauer: Spec. Gewicht = 1010 his l-Olö.
Der Harn der Carnivoren hat die grösste Aelmlichkeit mit dem des Menschen; er ist lichtgelb, klar, bitterlich-salzig; sowohl der Urin der Hunde, als aber insbesondere jener der Katzen ist hochgradig übelriechend; Irisch gelassen ist er sauer, wird aber nach einigem Stehen alkalisch. Das speeifische Ge­wicht ist circa 1-020 bis 1-025.
Die Menge des täglich ausgeschiedenen Urins ist, wie ich vorhin sagte, auch sehr wechselnd.
Man niinint an, dass ein Pferd täglich 6—10 Pfund Harn absetzt; Colin in AI fort will innerhalb ;'.! Stunden von einem gesunden Pferd 30 bis 50 Pfund Harn aufgefangen haben. Jeden­falls aber darf hier angenommen werden, dass dieses Versuchs-
1nbsp; nbsp;Jahresberiolit der Münchener Thierarzneischnle. ISöö, !#9632;% 39,
2nbsp; nbsp;Herr Assistent Schulz dahier bestimmte ilas spec. Gewicht des Nach-mitta^sliarns vuu .#9632;uilVquot;'stallt(ii Kühen auf 1-014—1017. Der Harn von Kanin­chen, die häufig als Versuchsthiere verwendet werden, hat ungefähr ein spec. Gewicht = 1-020.
:l Von I'.ilira bestimmte jedoch ilas spec. Gewicht des Ziegenhanis auf l-OOS—l-00fraquo;.
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Polyurie: (Dluresig)i Hararnlu'j Lauteratall,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;:!65
pferd in — für reichliche ürinabsonderung — besonders günsti­gen Verhältnissen stand. Valentin beobachtete du Pferd, das täglich 60 Pfund Wasser zu sicli nahm und das am ersten Tage 8 Pfund, am /.weiten Tage 10 Pfund und am dritten Tage 10 Pfund Urin eutlecrte. Boussignault fand, dass ein Pferd in­nerhalb 24 Stunden 1330 Gramm Harn entleerte.
Fr aas1 fand, dass eine 8 baierische Centner (448 Kilogramm) schwere Kuh, die während des Winters mit Heu und Trabern gefüttert wurde, innerhalb -li Stunden 7039 Gramm (etwas über 14 Zollpfund) Harn absetzte: eine Kuh, die 73/4 Centner baier. (436,8 Kilogramm) schwer war, setzte pro die 4172 Gramm ab. Nach Boussignault entleerte eine Kuh innerhalb 24 Stunden 8200 Gramm Harn.
Die Menge des Harnes, welche ein Thier auf einmal ab­setzt, ist verschieden nach der Grosse der Blase, nach dem Con-centrationsgrad des Urins und nach der Empfindlichkeit der Bla­senschleimhaut. Die grösste Harnmenge entleeren Kühe: 4, 6 bis •s Piund. Pferde und Rinder setzen auf einmal gewöhnlich gegen 2—3 Pfund Urin ab. Gclisen harnen ausserordentlich lange und in sehr dünnem Strahle. Stuten und Kühe entleeren den Urin in kurzer Zeit. Hunde uriniren nach Belieben häutig, meistens aber auf einmal wenig. Haben .sie lange den Urin halten müssen wie z. B. zimmerreine Stubenhunde, so harnen diese lange und setzen auch eine grosse Menge Urin ab.
Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Harnes können nur mehrfache Analysen dienen, die freilich in nur ge­ringer Menge und in ungenügender Weise uns zur Disposition stehen; ich gebe Ihnen hier einige solche Harnanalysen von mehreren Hausthiergattungen; vom Hunde aber leider keine weil mir solche gar nicht bekannt sind.
I. Der Pferdeharn besteht nach Fourcroy und Vau-
quelin aus:
11 a i-ii stoff.....................0-7
Harnbeuzogsaurem Natron...........-j-l
Kohlensaurem Natron..............u-'.i
Chlorkalinm...................0'9
Kohlensaure-in Kalk...............1-1
Wasser mit etwas Schleim und Fett.......94-0
_____________nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;100-0
1 Jahreshericht der Müucheiier Thierarzneiscluilo 1857, S. 35.
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I ;1
366nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Polyuriej (Diiiresjs); HorortUir; LauterstaUlaquo;
Nach v. Bibra:
Harnstoff . •..................0-83
H ippurs nuro ..................0-12
Extra ctivst off e:
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Wasser lösliche.....1quot;90
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;im Alkohol lösliche.....1'80
Salze ......................4-00
Schleim....................Spuren
Wasser .....................91-00
100-00
Zwei Analysen von ein unrl demselben Pferd ergaben nach v. Bibra;
Harnstoff...............12-44; 8-30
Hippursäure..............l'J'tiO; 1-23
Extraotiv stoffe:
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;im Wasser löslieh . 21-32; 19-25
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;anlöslicL 25*60; 18-26
Salze:
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Wasser löslieh......23-40;]
unlöslich.....18-80:/ 'i0'00
Sohleim................ 0-05; 0-06
Wasser.................886.00; 912-84
1000; 1000 In 100 Theilen der Salze fanden sieh:
Kohlensaurer: Kalk...........12-50; 31-00
Tals ...........9-46; 13-07
,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Kali............46-09 ;1
4003 „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^atl-oll . . . . #9632;.....10-33;J
Schwefelsaures Kali...........18-04: 0-02
Chlornatrium ..............6-94; y-OO
Kieselerde................0-65:1
-,. ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;' 0-98
A erlust.............. ... 1-09:/
Ueber die Zusammensetzung des Pferdeharns finden sich auch Notizen von Hofmeister in Nobbe's landw. Versuchs­stationen. VIII.. S. 102 u. f.
Harnanalyse von Boussignault. In 1O0O Theilen frischen Pferdeharns sind enthalten:
Harnstoff....................nbsp; nbsp; 31-00
Hip p ar s äu r e..................-------
Hippnrsanres Kali...............nbsp; nbsp; nbsp; 4-74
Milchsaures Kali................nbsp; nbsp; 11-28
„ Nati-cn..............nbsp; nbsp; nbsp; 8-81
Doppeltkohleusaares Kali...........nbsp; nbsp; 15-50
Kohlensaure Magnesia.............nbsp; nbsp; nbsp; 4-16
i
3
i
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Pulyutie; (Diureäis)} HHramhr; LaaterstaU.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;367
Kohlensaurer Kalk...............nbsp; nbsp; 10-S2
Sohwe-felsaurea Kali.........•.....nbsp; nbsp; nbsp; 1quot;18
Phospborsaures Knli......•.......-------
Phosphor säure.................nbsp; nbsp; nbsp;O'UO
CIi lorn a triu m............#9632;.....nbsp; nbsp; nbsp;0'74
Kieselsäure ..................nbsp; nbsp; nbsp; rOl
Wasser und nicht bestimmte Stoffe......nbsp; illO'TO
11. Harn eines Oclison; zwei Analysen, welche zu ver­schiedenen Zeiten gemacht wurden.
Harnstoff................19-76; 10quot;2]
E x t r a c t i v s t o f f e:
im Wasser löslich . . . 28-48; 1G-43 im Alkohol löslich . . 14-21; 10-20 Salze:
im Wasser löslich.......24-42; 25-77
„ „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;unlöslich...... 1-60; 2-22
Hippursäure .............. 5-ß5; 12-00
Schleim................. 0-07; 0-06
Wasser.................912-01; 923-11
1000; 1Ü0Ü. In lüü Theilen Salzen fanden sich:
Koblensaur. Kalk............... 1'07
Tals;................6-93
Kali................77-28
Schwefelsaures Kali..............13-30
Chlomatrium..................0-30
Kieselerde ...................0-35
Spuren von Eisen und Verlust.........e-77
Der Harn des Kindes enthält nach Sprenge!1
Harnstoff....................4.000
Eiweiss.....................0-010
Schleim.....................0-190
Benzo6säure..................0-O90
Milchsäure...................0-616
Kohlensäure..................0quot;JölJ
Ammoniak...................0-205
Kali ......................0-664
Natron.....................0-554
Kieselerde...................0036
Alaunerde...................0-002
Eisenoxyd...................0-004
Manganoxyd..................0-001
Kalkerde....................0-065
' Gurlt's, vergl. rhysiologie der Haussäugethiere.
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t3btgt;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Folyurie; (DiurCüUiy; Uararuhr; LauiciMall.
Talgerde....................1-036
CIi lor......................Ü-272
Soli w of els ii in-o.................OvlOö
PhosphorsSure.................0.007
Wasser.....................92-624
lücFüöo
In 1000 Theilen Kahbarus fanden sich nach Boussignault:
Harnstoff....................18-48
Hippursaares Kali.............• . 16quot;51
Milehsaures Kali...............17-10
Doppeltkohlensaures Kali..........10-12
Kohlensaure Magnesia ............ 4-74
Kolilensaurer Kalk.............. 0-55
Sehwcfeisalires Kali.............. 8-60
Phosphor säure................. 0-00
Chlornatrium ................. 1-62
Kieselsäure..................Spuren
Wasser und nicht bestimmte Stoffe......921-32
1000-00
Die Zusammensetzung des Rindviehharns bei verschie­denem Futter ist nach Ilennehcrg-, Stohmann und Rauten­berg in den Annalen der Chemie und Pharmacie; neue Reihe XLVUI, S. 201, in einer Tabelle zusammengestellt. Ic-Ii entnehme daraus, dass der Harn der Ochsen I, la und 11 in den Monaten December bis August durchschnittlich etwa in folgender Weise zusammengesetzt war:
Trockensubstanz................7-4-_'
Harnstoff....................2-34
Sippursäure ..................0-66
Kohlensäure als Bicarbonat..........l-os
Kochsalz...................I-Oii
Sonstige M i ne ra 1s tof l'e.............1-73
Sonstige organische Stoffe...........1-10
Wasser....................',12-01
Uebrigens finden sich über die Chemie des Kinderharns Mit-theilungen in den Beiträgen zur Begründung einer rationellen Fütterung von Henneberg und Stohmann, I. Heft, S. 117 und #9632;iöl und in Henneberg's ..neuen Beiträgenquot;, S. ^5fi.
in. Im Earn der Schafe fand Henneberg:
W.-is sei-.....................86-06
Freie Kohlensäure...............0-42
Trockenrückstand................13-52
1011-00
m
i
i
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r.ilyurii'i (OlareslsJj Uanuubr; LauteretaU.
36 9
Der Trockenrückstand bestand aus:
Harn st oft'............nbsp; nbsp; •_gt;•_'1
Hippursäure (wasserfrei).....nbsp; nbsp; 3-24 7-96 organische
Sonstige organische Substanz .nbsp; nbsp; l-OT. Substanz t-tc.
Ammoniak............nbsp; nbsp; 2#9632;o•_,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; mit
I 3-96 Kohlenstoff j ()-4;i Wasserstoff j l-;;7 Stickstoff I 2-20 Sauerstoff
Gebundene Kohlensäure ....nbsp; nbsp; 0-42
Chlornatrium..........nbsp; nbsp; I-Oö
Chlorkalium...........nbsp; nbsp; nbsp;1-84
Kali...............nbsp; nbsp; 2-Q8
Kalk..............nbsp; nbsp; 007
Magnesia............nbsp; nbsp; 0*20
Phosphorgäure.........nbsp; nbsp; 0'01
Scliwet'elsäuro..........nbsp; nbsp;0-24
Kieselerde etc.........nbsp; nbsp; 0-07
üTösT lieber die Bestandtheile des Schafharns finden sich Mit-theilungen von Hofmeister in Kobe's Versuchsstationen VI, S. 301 u. f.; XI, S. 259, 362 u. f.
IV. Im Ziegenharn fanden sich bei zwei Analysen: 11 am st off ............... 3.78; 0-76
Extractivstoffe im Wasser löslicli Alkalien im Wasser löslieb . . .
1-00; O-üü 4-54; 4-(5(j 8-70
Sal z c : im Wasser löslich . . . . . . .nbsp; nbsp; nbsp; 8
unlöslich
....nbsp; nbsp; nbsp; 0-80;
....nbsp; nbsp; nbsp; 1-25;
....nbsp; nbsp; nbsp; O-Oü:
0-40 0-38
Hip pur s ä u r t
Sclileim . . Wasser . .
0-05
98007; 983-19 1Ü0Ü-0; 1000-0 In 100 Thcilen der Salze sind:
Kohlensaure Erden...............0'73
Schwefelsaures Natron . ..........2-ö0
Chlornatrium..................1-47
Kohlensaures Kali und Natron.........5-30
Im Harn der Schweine wurden gefunden von Bous-
singault:
Har nst off................... 4'90
H ipp ur s äur e ................. O'OO
Milclisaures Kali |
m.inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;}.........nicht bestimmt
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Natron (
Doppeltkohlensaures Kali...........10-74
Kohlensaure Magnesia............0-87
Kohlensaurer Kalk ............. Spuren
Schwefelsaures Kali.............. I.98
Phosphorsaures Kali............j-oa
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m
;i70nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Polyorloj (Oiorests); Sarurohr; I-autiMsKill.
t'liloniatriuiu ................. 1'28
K icselsiiiiiü .................. 0-07
Wasser und uicht bestimmte Stoffe . . . #9632; . '.i7!)l-f
1000-00 In zwei Analysen des Schweincharus wurden von v. Bibra gefunden:
Harnstoff................ 2-73; 2-97
Kx tracti vs t of f e:
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Wasser löslich , . . 1-42; 1-12
im Alkoholnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;... 3-87; 3-99
.Salze im Wasser löslich:........ 9-09; 8-4S
unlöslich....... 0-88; 0-80
Schleim...............0-05; 0-07
Wasser................ 982-67j OSl-QO
1000; 1000. Die Analyse der Salze vom Harn I. ergab :
Chlor natrium.................I ....
J 53 1 Cli lorkal ium...............I
Sehwefelsanres Natron............ ''#9632;O
Kohlensaures Kali..............l'-'l
Fhosphorsaures Natron . . . . •....... 19'0
Erdphosphate ................j
Kieselerde.................. ....]. 8'8
Eisen.........................J
Aus den ihnen vorgeführten Eigenschaften des Urins sehen Sie, innerhalb weich' weiten Grenzen das Normale liegt, und wie schwer es ist, aus der Besehaft'euheit des Urins einen richtigen Schluss auf das Allgemeinbefinden des Thieres zu ziehen. Nur in jenen Fällen, in welchen während längerer Zeit die extremsten Grenzen des Normalen ttberschritten werden oder selbst dann, wenn kürzere Zeit hindurch bedeutende und auffällige Abweichun­gen von der sogenannten Norm vorkommen, dürfen Sie an pa­thologische Zustände in dein betreffenden Thierkörper denken.
Unter Beachtung des eben Gesagten wollen wir nun aber zur eingehenderen Beschreibung der einzelnen vorhin genannten Verhältnisse übergehen.
a) Polynrie mit Hydmrie —- Diabetes insipidus.
Ich bezeichne, wie Sie wissen, damit jenen Zustand, bei welchem das Thier an einer vermehrten Ausscheidung eines überaus wasserreichen Urins leidet.
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PolyurK'; (Diuresis); Harnruhr; LauturstaU.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 371
Im Verhiiltniss zur Menge dei* festen Bestandtlieilc im Harn wird zuviel Wasser ausgescLieden und der Harn dadurch ver­mehrt und wässerig.
Die Diagnosis ergibt sich nach Vogel1 bei folgendem Verfahren: Sie bestimmen das spec. Gewicht des Harns und finden z. B. 1040 oder 1012; nun verdoppeln Sie die beiden letzten Zahlen des gefundenen spec. Gewichts, hier also sagen Sie: „40 X ~ = laquo;0 oder 42 X 2 = 84quot;, und Sie erhalten dann in Gramm ausgedrückt annähernd die Menge der festen Tiieile, die sieh in 1000 C. C. M. des untersuchten Urins finden. In den gewählten Beispielen würden Sie somit in 1000 C. C. M. Harn 80, resp. 84 Gramm fester Bestandtlieilc haben.
Symptomelaquo; Man unterscheidet einen acuten und einen chronischen Diabetes iusipidns; ob bei Thieren auch eine intermittirende Hydrurie vorkommt, ähnlich wie beim Menschen, darüber fehlen die nöthigen Beobachtungen; Thatsache aber ist es, dass bei Thieren Diabetes insipidus sowohl als acuter, als auch als chronischer Zustand schon zur Beobachtung kam.
Die bei Pferden öfters beobachtete Harnruhr gehört ganz unzweifelhaft hierher; auch beim Rindvieh, und zwar bei Ochsen soll sie vorkommen, bei letzteren sogar noch häufiger, als beim Pferde; ferner soll sie noch recht häufig beim Hunde, selten jedoch nur beim Schaf, dem Schwein und der Ziege beobachtet werden. Ob diese Angaben wohl richtig sind? — ich will es nicht behaupten, mein Gewährsmann ist Frenzel, - ein älterer und in diesem Punkte vielleicht nicht ganz zuverlässiger Autor-
Am häufigsten scheint übrigens doch der acute und sub-acute Diabetes insipidus, der sich, wie folgt, charakterisirt, vorzukommen.
Zunächst fällt es auf, dass das Thier sehr lange zum liarnabsatz braucht, obgleich der Urin in entsprechend star­kem Strahle abgesetzt wird; dass der Urin in verhältnissmässig grosser Menge fliesst und das Thier häufiger als gewöhn­lich harnt. Patient steht gleichsam immer in Wasser, sagt Herr
1 Virohow, Handbuch der spec. Pathologie nnd Therapie. Die Krank­heiten der harnbereitenden Organe vou Vogel. VI., S. 424.
- Harnflnss in Prenzel's prakt. Handbnche für ThierSrzte etc. II., 8.5(5.17SI5!
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Polyurle; (DiuresU)) llainiuln
Georg Christian Ziller, weiland Sachs.-Meining. Landthierarzt in Hildbarghausen.1 Der Harn geht innerhalb ciuer
8tun do 4, 5 iincl 6mal zu 'A/l Mass und inelir ab, an-fänglich immer ohne Beschwerde, später soll er unter leichten (Jolikorscheinungen in Folge ein es Katarrhs der Harnorgane abgesetzt werden und soll auch die Leu-dengegend empfindlich werden. (Moiroud).
Der Harn, welcher klar und wasserhcll ist, was nament­lich beim Pferdeharn auffallt, hat ein niederes spec. Ge­wicht. Ich fand beim Pferd das spec. Gewicht dos Harns — 1-008 — 1-010, Hering gibt das spec. Gewicht des fraglichen Pferde-Urins auf 1-025,- Roll auf 1-001—1-010, Moiroud auf 1007 an. Beim Menschen ist das spec. Gewicht des Harns bei Diabetes insipid us 1-002—1-005 (normal 1-015—1-030).
Der Geschmack ist fade, nicht sllss; die in solchen Fällen stets vorzunehmende Zuck erprobe ergibt ein negatives Resultat.
Am Anfange der Krankheit scheint das Allgemeinbefinden nicht gestört, die Thiere fressen und sind munter; bald aber ver-rnthen sie einen so aussei* gewöhn lieh starken Durst (Polydipsie), 3 dass sie keinerlei Flüssigkeit verschmähen Haubner).
Von einem im Wiener Thierspitale beobachteten Pferde schildert Eöll ' den Durst des Thiercs als ganz enorm und erwähnt dabei, dass die Menge des aufgenommenen Wassers bei-weitem jene des abgesetzten Urins übertraf.
An vier verschiedenen Tagen, wo die Quantitäten gewogen wurden, nahm Patient innerhalb 12 Stunden: ',)1 Pfund 12 Loth,5 119 Pfund quot;20 Loth, 14:5 Pfund 8 Loth und 93 Pfund 6 Loth Wasser auf und setzte in derselben Zeit 40 Pfund -20 Loth, 45
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1 lieber die Behandlnng der Harnruhr in Seifert von Tennecker's Jahrbuch, VII., S. 189.
- Ein derartiges spec. Gewicht erheischt grosse Vorsicht iu der Diagnosis, rla oft ohne nachweisbaren Grund dasselbe bei gesunden Pferden so nicflri;^ ge­funden wird, sicli aber oft rasch wieder hebt.
3nbsp; nbsp;Steffen, K.-Th. Harnruhr bei 26 Fohlen eines Gutes. Mittli. a. d. th. Praxis in Freussen. 1872, S. 117.
4nbsp; nbsp;Spec. Path, und Therapie 11., S. 345.
5nbsp; nbsp;1 Pfd. österreichisch ist = 3-2 Loth = 5rgt;0 Gramm.
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Polyurie; (Diuresis)! Harnruhr; Lauterstall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;373
Pfund 12 Loth, Cl Pfund 15 Loth und 50 Pfund 28 Loth Urin ab. Zucker fand sicli im Urin nie!
Gewöhnlich steht die enorme Wasseraufuahme zur Menge des Harnabsatzes im Vorhältniss. Dauert die Krankheit län­gere Zeit, so werden die Tiiiere leicht miido; sie sind matt und trüge, haben einen wankenden Gang, werden mager und bekommen eine trockene, glanzlose Haut mit strup­pigen Haaren.
Ebenso wird auch angefahrt, dasa die Verdauung häufig gestört sei, der Pferdekoth werde grobballig oder ganz flüssig entleert und stinke. (Rychner's Hippiatrik II., S. 497.)
Im huhen Grade der Krankheit geiit der Urin fast unwillkürlich ab, die Thiere nebmen nicht mehr die eigen-tiiümliebe Stellung wie sonst beim Harnlassen ein. Hengste und Wallachen lassen die Rntbe schlaff herabhängen. Bei Schafen fällt uns als erste Erscheinung der heftige Durst auf. Diese Thiere sollen in der Lendengegend empfindlich sein und ungemein oft harnen. 1st das Leiden sein- ausgebildet, so stellen sieb diese Patienten alle 5—10 Minuten zum Harnen. P.ci nasskalter Witterung soll dieser Zustand bei den .Schafen sich verschlimmern (Veitb). '
Im Verlauf der Krankheit entwickelt sich bei allen derartig kranken Thieren Fieber; die Patienten verfallen in Cachexie und Paralyse der Nachhand und gehen endlich zu Grund. —
Einen interessanten Fall über Diabetes insipidus finden wir in dem sächs. Vet. Bericht X1H, S. 26, 50 und 124, mitge-theilt. Fs handelt sich hier um eine 11 Jahre alte Stute, welche an Harnruhr und gleichzeitig an Osteoporose litt.
Das Pferd, das 18G6 den Feldzug in Oesterreich mitmachte und stets gesund und gut genährt war, verlor 1868 seine Munter­keit und seineu guten Habitus; gleichzeitig hatte es grossen Durst (Polydipsie) und setzte häufig grössere Mengen Urins ab.
Allmälig stellte sieb eine Auftreibung der Gesicht s-knochen besonders auffallend an den Aesten des Hinterkiefers
Veterinärkande von Veitli. IT., S. (iS^.
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Pulyurie; (Diuresis); ITaniruUr; Lnutorstall.
ein. Anderweitige KrankliGitsersehcinungon waren zuniiclist nicht nachzuweisen, nur beim Fressen nahm man eine etwas roiclilicliore Speichelabsonderung wahr. Nach Ablauf mehrerer Wochen be­merkte man aber eine Schwäche ira Kreuz, die bald so zu­nahm, dass das Thier beim Aufstehen unterstützt werden musste.
Der Harn wurde im Laufe des Tages alle \U 3/i Stunden entleert: die Menge betrug — mehrfachen Beobachtungen zur Folge — innerhalb 8 Stunden stets über 50—63 Pfund, (l Pfd. — 500 Gramm). Der Urin war von saurer Reaction und ausser-ordentlich dünnflüssig. Er enthielt kein Eiweiss, keinen Zucker und keine kohlensauren Sal ze, dagegen Chlor­alkalien, schwefelsaure und phosphor saure Salze. Das spec. Gewicht war 1-002—l'OOG. in 100 Th eilen Harn fanden sich 99*33 Theile Wasser und 067 Tlieilo Trocken­substanz. Bei einer anderen Harnprobe mit 1quot;003 spec. Ge­wichts fand man O,O25(l/0 Phosphorsäure und 0-500/0 Harnstoff, aber keine H i p p ur säure, und einen blauen Farbstoff. An in Tagen während der Krankheit zeigte sieb der Harn alkalisch und enthielt Kohlensäure. (Das Pferd bekam rotten Bolus und Kali carboniemn etc. innerlich), an .quot;gt; Tagen war er neutral.
Zur Ermittelung der vom Pferde in bestimmtem Zeiträumen durch den Harn ausgeschiedenen Phosphorsäuremengen wurde
derselbe von Früh 's Uhr lang, aufgefangen und
bis Nachmittags I Uhr, also 8 Stunden gewogen; gleichzeitig wurde auch
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an 2 Tagen die Tränkwasseraufnahme nach dem Gewichte bestimmt.
Am ersten Tag wurden vom Pferde innerhalb 8 Stunden 56-34 Pfund Harn entleert und innerhalb 24 Stunden 102 Pfund Wasser gesoffen.
An einem andern Tag wurden in 8 Stunden 6'!-27 Pfund Harn abgesetzt und in 24 Stunden 117-17 Pfund Wasser auf­genommen.
An einem drittem Tag wurden in 8 Stunden 50-77 Pfund Harn entleert.
Dauer. Die Dauer des Leidens ist sehr verschieden und hängt dieselbe vielfach von der Art und der Intensität der Ur­sache ab. Fine Harnruhr kann unter Umständen nur 1 —2 Tage andauern, das andere Mal aber mehrere Wochen, selbst mehrere (5) Monate lang währen.
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Polyurie; (Diuresis); Harnruhr; LauterstftU.
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Der sächs.Bezirks-ThierarztDinter 'berichtet sogar über zwei Pferde, welche, gemachter Mittheilung zur Folge, G —7 Ja lire lang an der Harnruhr gelitten hatten. Diese Thiere hatten stets sehr grossen Durst und soffen täglich 2—3 Eimer Wasser. Nach und nach hatte sich jedoch die Fresslust verloren und die Thiere waren hinfällig geworden.
Nun erst wurde ärztliche Hilfe gesucht, doch schon acht Tage später erfolgte der Tod. — Leider wurde in diesem Fall der Urin nicht auf Zuckergehalt untersucht!
In mehreren Departements Frankre i ch s , besonders in der Umgegend von Paris hat man früher — ob jetzt noch, weiss ich nicht. — die Harnruhr epizootiseh auftreten sehen und sollen 3/4 des gesainmteu Pferdestandes, namentlich Hengste davon befallen worden und einzelne Pferde auch daran gestor­ben sein. Moiroud,2 der uns darüber Mittheilungen gemacht hat, sagt: die Krankheit brauche 1lt;gt;— 12 Tage, um sich aus­zubilden, bleibe dann einige Tage unverändert stehen und lasse hierauf wieder nach. Die Dauer der Krank­heit war seifen über 3—4 Wochen. Veith führt in seiner schon vorhin erwähnten Voterinärkunde (II,, S. 683) an, dass die Schafe mit der Krankheit Monate und seihst Jahre lang behaftet sein können.
Aoliologic. Die Urinabsonderung wird, wie wir wissen, vor­übergehend oder dauernd angeregt; ersteres kommt vor nach reichlichem Grenuss von Wasser oder von vielem sehr wässerigem Futter, wie z. Pgt;. von Schlempe, Rüben, Kartoffeln, Gras u. dgl. in., dann nach absichtlichem oder zufälligem Grenuss von Diuretica. Der zufällige Genuss der Diuretica geschieht mit dem Futter oder auf der Weide, namentlich auf sumpfiger und in waldiger Weide. Elias Veitb erzählt in Eck el's Mittheilungen Österreich. Veterinäre, 1. Heft (Kreutzer's Cen-tralarchiv J., S. 210), dass in einer herrschaftlichen Schäferei zu Ebenfurth sich seit mehreren Jahren in nassen Jahrgängen die Harnruhr gezeigt hatte. Auf dieser Weide wuchs Asclepias vincetoxicum namentlich in nassen Jahrsrängen reichlicher,
1nbsp; Sachs. Vet-Bericht. MI.. S. 81.
2nbsp; Notice sur nn diabätamp;s epiKootiqne parmi les clievmix. Recneil it'1 mi'il. vet. is:',n. S. 327
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Polyune; (Dluvssts); Harnruhr; Laaterstall.
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während sie in trockenen Jahren gar nicht aufkam. (?) Im Thier-spitale zu Wien wurden Schafe versuchsweise mit Asclep. vin-cutox. gefüttert und es ergab sich mit Gewissheit, dass die von lange her verdächtige H chwalhenwurzcl in der That die Ur­sache der Polyuric sei. — Im vorliegenden Falle hätten wir nun allerdings ein Beispiel von periodischem (intermittirendem) Diahetes bei Tliicrcn und gleichzeitig können wir auch auf die Ursache dieser periodischen Polyurie schliessen.
Ferner heohaclitct man eine vorübergehende, verraelirte Ausscheidung eines wässerigen Harns in der Reconvales-cenz von acuton, fieberhaften Krankheiten, z.B. nach Pleuresie, Pleuro-Pneumonie, überhaupt nach allen Zuständen, die man, so­bald sie epizootisch auftreten, hei Pferden mit dein Namen: „In­fluenzaquot; zu bezeichnen pflegt. Auch im Anfange der Bright'-schen Krankheit sieht man — jedenfalls in Folge einer Hyperämie der Nieren — eine Polyurie auftreten; öfters begegnet mau einer höchst erwünschten Diuresis bei llvdropsien. Diese letztere Diuresis ist erwünscht, weil man mittelst der vermehrten Wasserausscheiduiur durch die Harnorarane eine Heilune der
onbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;onbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n
Wassersucht erhofft.
Als eine häufige Ursache von Diabetes insipidus subaeutus der Pferde betrachtet mau den Gcnuss schimme­ligen und multerigen Futters, ein Umstand, der in nassen Sommern und Herbsten, die das trockene Einbringen des Fut­ters so sehr erschweren, häufig vorkommt; ausserdem liegen mehrere Beispiele vor, dass multcriger, mit Meerwasser durchtränkter Haber die Harnruhr hervorrief. Haubner sah sogar die fragliche Krankheit bei Pferden nicht allein nach verdorbenem Haferfutter, sondern nach jedem mit Meerwasser durchtränktem Körnerfutter entstehen, und auch Hugues' hat nach demGeimss von durch Meerwasser verdorbenen Nahrungs­mitteln bei Pferden Diabetes insipidus (nicht Diabetes mel-litus) und verschiedene Augenleiden, als Conjunctivitis, Keratitis, Cataract und namentlich Amaurosis auftreten sehen.
In der schon vorhin angezogenen Mittheilung weiland Ziller's in Tennecker's Jahrbuch für ISIIO, VH, wird ganz schlicht er-
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1 Amiales de möd. vet. pnbliees ä Bmxelles 1874. Hering's Kcpertoriiim XXXV., S. 350 und XXXVI., S. 64.
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Polyurie J (I)iurt'si.sj; II;tnii-itlir,- Läuterstal
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zählt, dass ein fremder Lunclfuhrmmiu, welcher von Hamburg kam, ihm ein Pferd zur Behandlung- übergab, welches schon in Hamburg vom llarnt'luss (Lauterstall, der kalten Pisse) überfallen worden war.
Der Fuhrmann hatte in Hamburg „inuisterigen Schiffs­haferquot; gefüttert, und schon am zweiten Tage darauf stellte sich ein häufiges , regelwidriges Uriniren ein, welches sich von Tag zu Tag verschlimmerte. Greve, ' der nun zwar Harnruhr und Harnfluss (Euuresis) mit einander vermengte, behauptet, ilass, wenn Pferde multerigen Hafer (j—8 Tage gefüttert erhielten, das üeliei schon entstanden sei. Daher erscheine die Harn rühr auch so leicht bei Pferden, die in .Seestädten mit Schiffshafer gefüttert würden.
Von Sind will den „Harnfluss'quot; sogar nach dein Genuss von Hafer, der auf „mulsterigem, torfigtemquot; Grunde ge­wachsen ist, entstehen haben sehen.
Audi schlechtes Trinkwasser, namentlich das Sumpf­wasser, das aus den Drainagen nasser Wiesen abläuft, wird als Ursache des Lauterstalls genannt.
Der chronische Diabetes wird gefunden, wenn das ur­sächliche Moment lange Zeit fortwirkt; in anderen Fällen schei­nen durch die einmal längere Zeit bestandene Polyurie die Nie­ren zur vermehrten Harnabsonderung förmlich dauernd qualificirt zu werden: in manchen Fällen mag eine krankhafte Erre­gung des Norvus vagus oder auch eine; Erkrankung der Verdauungs-Eingeweide die Polydipsie bedingen und dess-halb , weil zu viel Getränke aufgenommen wird, atxch eine, scheinbar gesteigerte Ausscheidung — der Aus­gleichung wegen — stattfinden. Ich habe zwar keine rechte Neigung, an das soeben Gesagte fest zu glauben, denn jedenfalls ist nicht selten durch eine uns nicht immer klar gewordene Er­krankung des Körpers die vermehrte Harnausscheidung bedingt, ohne class dabei eine Polydipsie besteht, wie z. 1raquo;. bei Hydrämie. Treten nun aber Krankheiten oder Zustände im Allgemeinen auf, welche eine verstärkte Urinsecretiou zur Folge haben, so liegt es wohl auf der Hand, dass der drainirtc Körper das zu Vcr-
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1 Erfaltrongen und Beobachtongea.II., S. 81, und inFunke's specPatho-llt;gt;lt;rir und Therapio II., S. 1!)6.
Pflng, Krankheiten des aropoetiiiclien Syrtenu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;25
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Polyurlej (Diurosis); Harnruhr; Lauterstall.
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lust gegangene Wasser wieder von aussen aufnimmt unrl das Thier zu diesem Zwecke unverhältnissmässig viel Getränke zu sich nimmt.
So klar das aber Alles auch zu sein scheint, so ist es die Path ogenesis des Diabetes insipidus doch lange noch nicht; denn die unbedeutenden Sectionsdata stehen mit den Theorien nicht immer im Einklang. Liegt die Ursache der Polyurie lediglich in dein Filtrationsapparat der Nieren, hat derselbe irgend eine Ver-änderune erlitten, der zur Folee er so colossale Wassermassen dem Blute entziehen kann? — Oder beruht die Polyurie auf einer qualitativen Aenderung der Blutmischung, der zur Folge das flüssige Material denn Blute leichter entzogen werden kann?
Oder beruht die vermehrte Ausscheidung des Harnes auf einer Innervationsstörung der Nierengefässe, wie es die Ver­suche Claude Bernard's plausibel machenV — Besteht eine ac­tive oder passive Hyperämie und lediglieh seröse Transsudation in die Harncanälchen?
Mit vielem Glück konnte allerdings der neuropathischen Entstehung des Diabetes insipidus das Wort geredet, werden, seitdem Cl. Bernard1 es gelungen ist, durch Verletzung einer gewissen Stelle am Boden des vierten Ventrikels eine Polyurie zu erzeugen.
Für alle diese Möglichkeiten können wir Beweise beibringen. aber gerade desshalb, weil wir dieses zu tliun im Stande sind und weil es uns nicht schwer wird, auch Gegenbeweise zu füh­ren, kann ein Diabetes insipidus nicht in allen Fällen eine und dieselbe Ursache haben, und dürfte es mehr wie wahrscheinlich sein, dass der Diabetes insipidus in verschiedenen Fällen auch durch unterschiedliche Momente veranlasst werde.
Prognosis. Wie Sie aus den Symptomen und der Actiologie ersehen haben werden, hängt die Prognosis des Diabetes insi­pidus wohl vielfach von der Möglichkeit ab, ob die Causa efficiens entlernt werden kann und ob nach zu langem Bestände der Ki'ank-
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1 Dmvh Anstechen lies oberen Theils des Bodens vom vierten 11 i ni v eutri ce I. also nach Verletzung einer etwas lifilieren Stelle als beim Diabetesstich (S. Diabetes mellitns) entstand bei Tliiercn Diabetes insipidus. -üebrigens bezeichnet neben An.leren besonders Prof. Mosler in Greifswald sein- entschieden ETirnlitsionen als Ursache des Diabetes insipidus Virchow's Archiv. XUII.. S. 229 und 1.VI1I., S. 44.
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Polyurlej (Dioreais); Bamrulir; LauterataU.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 379
licit nicht schon ein hectischer Zustand zur Entwicklung se-kommen ist.
Der chronische Diabetes insipidus ist bei mangolhafter Ernährung- des Thieres oder bei gleielizeitigon Verdauungsstörun­gen, welche den nöthigen Stoffinnsatz beeinträchtigen, oder bei anstrengender Arbeit u. dergl. in. mit grosser Vorsicht zu be-nrtheilen.
Bekommt man frühzeitig die Krankon in Behandlung, er­kennt man die Krankheitsursache und kann diese beseitigen, so dürfte in vielen Fällen eine Wiedergenesung zu erhoffen sein.
rathologischo Zootomie. In tödtlichen Fällen vom Diabetes insipidus sieht man nicht immer dasselbe Bild, zuweilen sogar er­gaben die Sectionen einen ganz verschiedenen Befund.
In manchen Fällen findet man die Nieren blass, derbe und dem entsprechend auch eine Zunahme des interstitiellen Gewebes (sächs. Vet. Bericht XIII., S. 26); in anderen Fällen werden die Nieren erweicht (sächs. Vet. Berieht XII., S. 82), hypertrophisch oder atrophiscb mit glatter oder unebe­ner, höckeriger Oberfläche angetroffen, hie und da ist auch das Nierenbecken erweitert.
Ebenso inconstant wie der Befund in den Nieren, ist der­selbe auch anderweitig im Körper. Ana häutigsten findet man noch Magen- und Darmkatarrh und Katarrh der Harn­blase. Die längere Zeit krank gewesenen Thiere sind meistens ziemlich mager und nur in den seltensten Fällen wird man die selben noch vorhältnissraässig gut genährt seilen.
Therapie. Die Heilung der Polyurie bezieht sich natürlich nicht auf jene Fälle, von denen wir wissen, dass die vermehrte Harnausscheidung ein Bestreben der Natur ist, krankhafte Pro-duete — liier Wasser — durch das uropoetische System zu ent­fernen.
Es wäre unklug, dieser sich anbahnenden Naturheilung ent­gegenzuwirken, im Gegentheil, wir werden die Natur unterstützen und durch Darreichung leichter Diuretica es versuchen, die Aus­scheidung eines hydropischen Transsudats aus dem Körper zu beschleunigen.
Entgegen werden wir nur der polydipsischen Polyurie wirken, die man doch nur allein als eine eigentliche Krankheit
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Polyurie; (Diuresis); Bamrnhri Lanterstall.
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auffassen und speciell mit clem Namcu: „Diabetes insipidusquot; belegen kann.
Diesen Diabetes insipidus werden Sie aber nur dann heilen, wenn Sie die Ursache zu entfernen oder zu eliminiren im Stande sind. Die Indicatio causalis ist somit die Hauptsache, welcher in der Therapie Rechnung getragen werden muss. Er-kundieen Sie sich desshalb bis in's Detail nach allen Ver-hältnissen, unter denen (las Thier lebt, ob es in dumpfigen Stallungen aulgestellt, ist, oder ob es auf nasser, sumpfiger Weide gebt, ob es Waldweideu oder oh es Frühjahrs weiden besucht, die mit scharfen Pflanzen, /.. B. Anemonen, Asclepiadeen u. dgl. besetzt sind, ob unter dem Futter sich Dhirotica in grosser Menge linden; richten Sie namentlich Ihr Augenmerk auf Körner­und Trockeufiitter, ob es multerig oder schimmelig ist. Auch damacli müssen Sie fragen, ob Patient Schneewasser oder Unter­grundwasser zu sieb genommen hat, denn alle diese hier an geführten Momente müssen sofort beseitigt werden.
Das kranke Thier muss in einem gesunden, hellen und massig warmen Stall aufgestellt werden, darf nur trockene, gesunde, mit guten Gräsern besetzte Weiden besuchen und soll Kleefutter und die Blätter der Wurzel- und Knollenfrüchte nicht bekommen. Hafer gibt man von bester Qualität, gequellt oder geschrotten, und zum Saufen stellt man den Thieren frisches Quellwasser vor, und zwar wegen des grossen Durstes des Tages und auch während der Nacht mehrmals, 8—12mal innerhalb 24 Stunden; sorgt aber dafür, dass die Thiere nie zu grosse Mengen davon auf einmal zu sich nehmen können.
Durch ein zweckmässiges, diätetisches Regime und durch massige und freie Bewegung und entsprechende Ruhe des Thieres sind manche leichte Fälle von P.dyurie allein schon geheilt
worden.
Um die Haut transpiration anzuregen, können Sie die Thiere öfter f'rottiren, mit Liquor Ammonii caustici, Spiritus camphoratus bespritzen und mit einem Teppich zu­decken lassen. Hunden kann man dann warme Bäder gehen, wenn man im Stande ist, sie nach dem Fade gegen Erkältung zu schützen. #9632; Ja, um durch den Danncanal derivatorisch zu wirken, ist nicht allein in der humanen Medicin, sondern auch
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Polyurle; (Diuresis); Sarnruhr; Lauterstall.
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schon in der Thierlieilkunde ein kräftiges Laxans mit Erfolg gegeben worden. Thierarzt W. Nahmdorf1 zu Stade gab einem Pferde Aloös bepaticae drachmas novem mit Sapo dome-
Laxiren ein und der „Lutterstallquot; licss sogluicli nach. iSie wissen, dass ich statt der Aloe hepatica die Aloe soecotrina, und zwar 45'0—öO'O Gramm pro dosi gebe, und .Sie werden die­selbe, ihrer sicheren Wirkung wegen, auch in diesen wie in anderen Füllen in Gebrauch nehmen. Den Munden gibt man am besten Tinctura Kbei aquosa2 in solcher Menge, dass leichtes Laxiren eintritt: für mittelgrosse Kunde werden lö'O—20-0 Gramm genügen; die in dieser Tinctur enthaltene geringe Menge von Kali carbonicum hat keinen besonderen Eintkiss auf die I larnseeretion.
Die von anderer Seite empfohlenen Ai'zneikörper: Kali car­bonicum, Kali nitricum, 01. Terebinthinae oder die Tinctura Cantharidum sind contraindicirt, dagegen können Sie — wie es auch andere Thierärzte, und zwar mit Erfolg thaten — zu den Tonicis greifen. Als solche empfehle ich Ihnen nicht den werthlosen armenischen Bolus, sondern Perrum sulphuricum oxydulatum. Alumen crudum oder mit Eertwig: Sac-charum Saturni mit Extractum Hyoscyanii. letzteres mög­lichst frisch bereitet; für Hunde könnte man auch Opium mit Valeriana in Gebrauch ziehen, wenn diese Thiere dasselbe nicht fast regelmässig wieder erbrechen würden.
Bei jenen Thieren, bei welchen die Verdauung darnieder­liegt, gibt man Stomachica, wie z B. Rad. Gentianae, Herba Absynthii, Aloe soecotrina in refraeta dosi; für Hunde empfiehlt sich das Rheum gleichfalls in kleinen Gaben.
In solchen Fällen, in welchen mit dem Urin eine grössere Menge von Salzen entleert wird, z. B. phosphorsaurer Kalk,3 wird man entweder durch passende Arzneien oder durch geeignetes Futter versuchen, die zu Verlust gegangenen Procente dem Körper wieder zu ersetzen.
1nbsp; Hahmdorf: Ein Beispiel von rlcm sogenannten Lutterstall. Nebel tu Vix. VII., 8. '.raquo;4. Giessen 1840.
2nbsp; Siehe S. 354 lt;lci' Pbannacopoea Oermauica.
#9632;'• Dr. Hofmeister. Hamuntersuchnng von einem an Harnruhi n. Osteo-porose leidciidDn Pferde. iSäehs. Vet.-Bericht. XJIL
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Polyuriej (Diuresis)) Harnnilii': Lauterstall.
b) Hydruria simplex.
Die nach normalen Intervallen vorkommende Ent­leerung eines an festen Bestandtheilen armen, aber an Wasser nicht abnorm reichen Harns bezeichnen wir mit Hydrurie schlechtweg. Es besteht hier keine Polyurie, da weder abnorm hantig, noch abnorm viel Harn entleert wird; der Harn wird in entsprechender Quantität abgesetzt, in ihm sind aber onverhältnissmässig wenig feste Bestandtheile.
Ueber diesen Zustand wird in den Schriften der Menschen­ärzte öfters gesprochen, denn man beobachtet ihn bei Menschen wiederholt und wirft ihn dort nicht immer mit Diabetes insipidus zusammen. In den rhi erärz tlichen Schriften ist über die Hydrurie eigentlich nichts zu finden, aber sie kommt dessen­ungeachtet vor. Freilich wohl habe ich sie nicht häutiir ee-selmn, aber doch öfters zu beobachten Gelegenheit gehabt, und wenn Andere sie noch nicht wahrgenommen zu haben glanben, so irren sich sicherlich die Meisten davon, denn sie ist keineswegs ein gar so seltener Kraukhcitszustand unserer llaus-tiiiere; sie ist jedem nur einigermassen beschäftigten Thierarzt ganz unzweifelhaft schon öfter wie einmal vorgekommen, ich weiss, dass die Hydrurie bei Pferden, Rindvieh und Hunden vorkommt und jedenfalls auch bei den anderen Thieren nicht fehlt. Ich habe sie jedoch nur als ein aentes Leiden beobachtet, ob auch eine chronische Hydrurie bei Thieren vorkommt, das weiss ich nicht.
Ich habe sie gesehen nach acuten, febrilen Krankheiten im Stadium der licconvalcscenz, nach der sogenannten Influenza,
nach schweren Coliken, bei Perlsucht, bei Thi
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kalten Stallungen stehen und anhaltend frieren.
Als wesentliche Symptome gelten niederes spccifischcs Gewicht (1-006—1-010—-1020?), der Erin ist blass, wassor-bcl! und hat sehr wenig feste Bestandtheile. Wie man so approximativ die festen Bestandtheile im Harn bestimmt, das habe ich Ihnen bereits gelehrt. (Siehe Diabetes insipidus.)
Ob die verminderte Ausscheidung von festen Bestandtheilen mit dem Harne dem Körper Gefahr bringt, das werden wir ge­legentlich der Erämie zur Sprache bringen; eine schnell vorüber­gehende Hydrurie ist sicherlich nicht von Nachtheil, und selbst
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Polyorie; (DiuresU); Ifururuhr; Lauterstall,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;$H3
in jenem Fällen kann nichts zu fürchten sein, wenn nach einer febrilen Krankheit die Aasscheidong eines wässerigen Harns längere Zeit fortdauern sollte; der Körper hat in solchen Fällen das Bedürfniss zur Restauration, er cousuinirt alle assimilirbaren Stoffe, zur Ausscheidung kommt kaum etwas Anderes wie Wasser.
Von einer Bekämpfung dieser acuten Zustände braucht aus leicht einsehbaren Gründon hier nicht die Rede zu sein. — liei chronischer Hydrurie würde man, sobald für den Körper etwas zu fürchten wäre, vielleicht durch Anregung einer geringen Diuresis mit vermehrter Wasserausscheidung auch einen grösseren Procentsatz fester Bestandtheile entleeren.
Vorläufig wollen wir aber das Capitel der Hydrurie — auf das ich hiermit eigentlich nur aufmerksam gemacht haben wollte — als für den thierärztliehen Praktiker noch wenig verwerthbar, den Beobachtungen und Experimenten der Kliniker überlassen; vielleicht, dass ich mit der Zeit nicht mehr so leicht, wie dieses Mal über die Hydrurie weggehen kann.
c) Diabetes mollitus: Honignilir, Znckerhanmüir.
.Mit diesen und mit einer Keihe anderer Namen, wie Glycos-urie, Glycurie, Meliturie, Glycämie, Melitämie, die freilich nicht immer zutreffend genug gewählt sind, wird jene Form der Polyurie bezeichnet, bei welcher mit dem Harn auch Traubenzucker (Harnzucker, Krüinni elzucker, Stärkezucker, Glucose) in ziemlicher Menge ausge­schieden wird; ich sage in ziemlicher Menge, weil es That-sache ist, dass je nach der Beschaffenheit der Futtermittel auch kleinere Mengen oder besser gesagt: „Spurenquot; von Zucker sich hie und da im Harne nachweisen lassen. '
Wollen wir vom Diabetes mellitus reden, so müssen wir von den minimalen Mengen Zuckers, die hin und wieder im Harn vorkommen mögen, - abstrahiren und dürfen nur dann von
1 Im Harne der Kuli micl desSchafes. SieheGrorup-Besanez's organische Chemie. 1864. 8. 607.
- Brttcke und Bence Jones wollen im normalen Harn des Menschen Zucker gefanden haben. Prof. Seegen bestreitet dieses und sagt: „Die Zucker-attsscheidting durch den Harn sei keine physiologische Function, der normale
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PolvnriCi (Diäresis)! Hamrnhr; Lauterstall.
nil
der in Rede stellenden Krankheit sprechen, wenn sieh der Zucker wenigstens in einer einige rniasscn auf­fallenden Menge findet und noch dazn die Harnabson­derung sehr reichlich vor sieli geht.
Dass der thierische Körper — oder besser gesagt, der mensch­liche Körper — hei der Polyurie einen süssen Harn ausscheiden kann, darauf hat zuerst, und zwar 1674 der Engländer Thomas Willis ' aufmerksam gemacht und später — 1770 bis 1778 — haben dessen Landsleute Pool, Dobson, Cnroley, Cowley wirklichen Zucker aus dem Harne dargestellt.
Nachdem nun einmal aber die Aufmerksamkeit der Aerzte, Physiologen und Chemiker auf diese „Zuckerharnruhrquot; gelenkt war, konnte es auch nicht fehlen, dass von allen Seiton her die werthvollsten Beitrüge zur fraglichen Krankheit geliefert wurden, und dass endlich auch Prout's- Meinung: „bei Thieren komme keine Honigruhr vorquot;, sich als unstichhaltig erwies.
Ich hebe Ihnen gegenüber hier mit Bestimmtheit die Thatsache hervor: „dass auch bei Thieren — abgesehen von dem künstlichen Diabetes mellitus — die Honigruhr vorkommt, weil nicht nur Prout gegentheiliger Meinung war. sondern -weil auch in dorn geschätzten und weit verbreiteten Lehrbuch der Pathologie und Therapie der Hausthiere von Iföll 1S07 noch gesagt ist: „Das Vorkommen von Zucker im Harn diahetischer Thiere ist nicht nachgewiesen.quot;
Aber trotz der verschiedenen, auf Experimente und kli­nische Beobachtung gestützten, höchst wichtigen Erfahrungen, die uns bis heute über den Diabetes zur Disposition steilen, liegt die Pathogenesis dieser Krankheit noch vielfach un­erkannt vor uns.
Nachher werde ich Ihnen die Ansichten und Meinungen geschätzter Männer über die Entstehung der Zuckerharnruhr mittheilen, vorläufig halte ich es aber für zweekmässig, Sie mit
1
Hani enthält keinen Zucker.quot; (Seegen, zur Frage über ileu Zuckergehalt den normalen Harns. Pflüger'a Archiv für Physiologie 187-2. V., S. 374). — Mehr­fache Uiitersuchungeu des Jinrns gesunder trächtiger und nicht trächtiger Thiere Hessen im Harne keinen Zucker auffinden.
1 Tli. Willis, Pharmaeeutice rationalis. Oxford 1074. Sect. IV., C. III. 8. -207.
-' Urinary diseases, ü. edit. S. 34.
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Folynriej (Diuresis)! Harnrahri Lauterstall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;385
den Erscheinungen bekannt zu machen, aus denen wir nicht nur auf die Existenz der Krankheit, sondern theilweise sogar auf ihre Genesis und Natur schliessen können.
Syniptome. Die Krankheit kommt hei den Thieren vor, sie ist unzweifelhaft beobachtet worden bei Pferden und Hunden und wurde künstlich erzeugt zuerst von Claude Bernard bei Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten und Fröschen. Wie letzteres geschab, das werden Sie später er-fahren, vorläufig wollen wir uns allein um die Krankheits­erscheinungen, und zwar zunächst denen der natürlichen Er­krankung kümmern.
Das Hauptsymptom der Krankheit ist — und es mag den Eigenthümer wobl oft veranlassen, Patienten mehr zu beob­achten — ein unstillbarer Durst (Polydi psie). Mit diesem heftigen Durst, der die Thiere veranlasst, oft die unreinsten Flüssigkeiten zu saufen, bemerkt man den häufigen Ab­satz eines reichlichen klaren, zuweilen etwas zähen Urins, der gewöhnlich ein ziemlich hohes spe eifise lies Gewicht zeigt und Zucker enthält.
Nickerle1 scheint bezüglich der Polydipsie und des spe-eifischen Gewichtes des diabetischen Pferdeharns zwar andere Beobachtungen gemacht zu haben; er constatirte nämlich bei einem Pferde „stark zuckerhaltigen Urinquot;, bemerkte aber keinen vermehrten Durst des Thieres und ein „laquo;re-ringesquot; speeifisches Gewicht des Harns.
Der Zucker im Harn kann oft schon durch den Ge­schmack erratben werden, lässt sich aber, wenn er wirklich in krankhafter Menge sieh im Urin findet, durch verschiedene chemische Untersuchungsmethoden sicher bestimmen.
In der humanen Medicin bedient man sieh folgender auch für die Thierärzte brauchbarer
Zuckerproben:
a) Die Hcller-Moor'sehe Probe: Man versetzt in einer Eprouvette den Harn mit Aotzkali- oder Aetznatronlösung, und zwar von dieser 1 Theil auf 2 Theile Harn und kocht die Masse.
1 Nickerle: Zuckerige Harnruhr bei einem 13 Jahre .-ilten Hengste. Wiener Vierteljahrsscb. X., S. 136.
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Polyurie; (Diuresis;: Hjinirnlir; Ijauterstall.
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Die Erdphosphate, die sicli zuerst ausscheiden, werden am besten abfiltrirt.
.Sobald die Flüssigkeit heiss zu werden beginnt, färbt sie sich citrouengelb, gelbbraun bis schwärzlich braunroth, je nach der Menge des vorhandenen Zuckers. Versetzt man diesen ge­färbten Harn mit etwas Salpetersäure, so verschwindet die dunkle Farbe und der Urin riecht nach Melasse.
Jn jenen Fällen, in welchen der Harn in grösserer Menge Eiweiss enthält, muss man, ehe man die Zuckerprobe ver­sucht, den Urin erst kochen und dadurch das Albumin ent­fernen.
Hat der Urin — wie es auch bei diabetischem Harne zu­weilen vorkommt, schon eine dunkle Farbe, so entfärbt man ihn mit Bleizuckerlösung. Wird der Harn schon vor dem Kochen durch Kalilauge bräunlich, dann dürfte er wohl Gallenfarbstoffe enthalten.
Diese Zuokerprobe ist sehr einfach und ziemlich zuverlässig; ausserdem hat sie noch den Vortheil, dass man aus der Inten­sität der Farbe einen approximativen Scliluss auf die Quantität des Zuckers im Harne ziehen kann.
b) Die Trommer'sche Probe: Man versetzt den Urin, wenn er erst durch Kochen vom Eiweiss befreit ist, in derselben Weise, wie eben angegeben, mit seinem halben Volumen Actz-kali- oder Aetznatronlösung und fügt tropfenweise unter Um­schütteln eine Lösung von schwefelsanrem Kupferoxyd (1 : 10) so lange hinzu, bis man eine schön lasurblaue und klare Flüs­sigkeit erhält, die mau kocht. Im Falle Zucker vorhanden ist, tritt die Reduction des Kupferoxyds in folgender Ordnung ein: Zuerst scheidet sich gelbes Kupferoxydulhydrat aus, dann ver­liert dasselbe sein Hydratwasser und es entsteht rothes Kupfer­oxydul; wenn man dann noch längstens bis zu einer Viertel­stunde zuwartet, so kann man an der Wandung der Eprouvette einen schönen Spiegel von metallischem Kupfer sehen.
Sollte man die rechtzeitige Beseitigung des Eiweisses ver­säumt haben, so wird man dadurch darauf aufmerksam gemacht, dass die Mischung keine lasurblaue, sondern eine violette Farbe besitzt. Erhält man eine trübe, graugrüne Färbung und tritt beim Erwärmen der Masse keine Reduction des Kupferoxyds ein, so ist in dem fraglieben Urin auch kein Zucker. Diese
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Polyurie; (Diuresis); Harnruhr; Lauterstall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 387
Trommer'sche Zuckerprobe ist uicht besonders zuverlässig, denn es finden sich im Harn noch andere Körper, welche, so­bald sie in grösserer Menge vorhanden sind, das Kupfersalz zu reduciren im Stande sind.
c)nbsp; nbsp;Die Böttger'sche Probe: Auch hier muss das Al­bumin durch Kochen zuerst entfernt werden. Zwei Thcile Urin werden wieder mit einem Tlieil Aetzkalilosung versetzt, diesem eine Messerspitze Magisterium Bismuthi — basisch salpoter-saures Wismuthoxyd — hinzugesetzt und dann die Masse einige Zeit gekocht. Der Zucker reducirt das Wismuthuxydsalz zu schwarzem Wismuthoxydul, und wenn man daun einige Zeit zu­wartet, so iindet man an der Wandung der Eprouvette einen schönen metallischen Wismuthspiegcl. 1st nur wenig Zucker im Harn, so wird das weisse Magisterium Bismuthi grau gefärbt.
Dieses Verfahren zum Zuckernacliweis kann ganz besonders empfohlen werden, weil, wenn kein Albumin im Harne ist, keine andere Substanz als wie Zucker das Wismuth zu reduciren im Stande ist.
d)nbsp; Untersuchung des Harns auf Zucker nach Seegeu: ' Seegeu empfiehlt uns übrigens auch ein Verfahren, das uns in den Stand setzt, noch minimale Mengen von Zucker im Harne nachzuweisen. Es besteht darin, dass man den Harn mehrmals durch gut gereinigte Blutkohle filtrirt und dann auf Zucker untersucht; die durch kleine Zuckermengen bewirkte Reduction wird aber sehr charakteristisch, wenn man die mit Harnbcstandtheiicn gesättigte Blutkohle auf dem Filter mit de-stillirtem Wasser auswäscht und nur das Waschwasser mit der Fehling'schen Lösung- prüft. Wenn das Waschwasser des
1 Pflüger's Archiv f. Physiologie 187-2. V., S. öT;;.
- Die, Pehling'sche Lösung wird in folgender Weise bereitet: Mau löst Seiguettsalz (weinsaures Kali-Natron = Tart. uatronatus) in kaustischer Natron­lauge und setzt zu dieser eine wässerige Lösung von schwefelsaurem Knpfer-oxyd. Circa i/i Liter Fehling'scher Flüssigkeit macht man in folgender Weise: Man löst einerseits 8-fi6 Gramm CuSO4 in 40-00 Aqua und anderseits Tar­tarus natrouatus 43-25 Theilo in kaustischer Natronlauge, welche aus 20-00 Natr. caustic, und löO-OO Aqua besteht. Zu dieser letzteren basischen Lösung wird nach und nach die Kupferlösung gegossen und man erhält dann 261-91 Gramm Fehling'scher Flüssigkeit, die man wohl versiegelt und eingehüllt im dunklen Keller aufhebt. Am besten wird man aber thuu, wenn die Kupfer-und die Seignettsalzlösung von einander getrennt aufbewahrt und erst zur Zeit der Benützung mit einander vermischt werden.
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Polyurle; {Diun-sl.-.; llarnmhi-; Lauterstall.
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ersten Kolilenlilters noch Zweifel übrig liisst, so wasche man das zweite Kohleniilter aus, das zweite; oder selbst das dritte Waschwasser wird, falls Zucker vorhanden war, eine noch un­getrübtere Reaction geben.
Das destillirte Wasser nimmt die in der Kohle gehaltenen Stoffe im ungleichen Verhältniss durch das Filter. Von den Farbstoffen sind im Waschwasser höchstens Sparen vorhanden.
Beim Kinder- und insbesondere beim Pferdeharn stört dessen Mucingehalt die Reaction. Wie Sie nun in allen Fällen das Eiweiss erst aus dem Harn entfernen, so müssen Sie das auch mit dem Mucin des Pferdeharns etc. thun.
Ich pflege hier — nach mancherlei misslungenen Versuchen — folgendes Verfahren. Der Schleim im Hain (Pferdeharn) wird durch reichlichen Zusatz von Alkohol gefällt und das Ganze filtrirt.
Der durch das Filter abgelaufene Harn wird dann noch­mals durch Blutkohle filtrirt und hierauf die Blutkohle mit de-stillirtem Wasser gründlich ausgewaschen. Das Waschwasser lässt sich nun mit Vortheil zur Harnprobe benützen und gab in allen Fidlen die gewünschte Reaction, wenn überhaupt Zucker im Harn war. — Der selbst durch das Kohlenfilter wiederholt abgelaufene, und vom Alkohol befreite Urin gab nie eine deut­liche und so schöne Reaction, als wie die des Waschwassers. Erscheint die Reaction nicht klar, so nehme man das Wusch­wasser des zweiten oder selbst das des dritten Kohlenfilters und untersuche es auf Zucker.
Am zuverlässigsten bleibt für viele Fälle die Gahrungs-probe ' und die Untersuchung mit dem Polarisationsappa­rate; diese Prüfungen sind aber für den Arzt gewöhnlich zu umständlieh und desshalb besser den Chemikern von Fach zu­zuweisen. Audi dann, wenn Ihnen daran liegt, die Quantität des Traubenzuckers zu erfahren, die in einer bestimmten Menge Urins cuthalten ist, werden Sie schon der nöthigen Utcn-
1 Vogel und Neubauer, S. 161.—Bei manchen Tlüereu, namentlich bei Pferden dürfte aber diese Gfihrungsprobe mir mit einiger Modification in An-wendung zu zielten sein, da im Harne dieser Thiere sehr viel Kohlensäure enthalten ist. Kleine Mengen Zuckers lassen .sieb übrigens durch Gäbrung im Tbierliam weniger leicht nachweisen, als im Menschenharn (Tscherinow).
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PolyoEie; (Diuresis); Hammhr; LauterstalU
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silien wegen einen Chemiker um die Untersuchung des Urins ersuchen. Wollen Sie aber selbst die Quantität des Harnes be-stiinmen, so werden Sie dazu wohl die Fehling'sche Lösung wählen und sich weiter in geeigneten Handbüchern, z. B. im Utznumn und Hof'inanu l oder im Neubauer und Vogel nöthigren Rath holen.
' Dia Zuckerbcstimiming beruht auf der Eigenschaft des Traubenzuckers, das schwefelsaure Kupferoxyd bei Anwesenheit von Alkalien zu reduciren. Zinn Zwecke dieser Bestimmung filtm-t, man vorher etwas Harn und bereitet sieh, wenn naeh vorhergehender approximativer Prüfung nicht guy zu wenig Zucker im Harne enthalten ist, eine Dilution desselben, — Gewöhnlich nimmt man 10 CG. Harn und setzt 190 CC. Wasser zu. jNIit dieser Harnmischung füllt man eine Burette genau his zum Nullstrich. — Darauf bringt man 10 C'C. der Fehlingselien Titrelösung in einen Knehkolhen oder in eine weis.se Por-eellanseliale; verdünnt mit, 40 C'C. Wasser und erhitzt dieselbe über der Klamme, nachdem mau vorher den Kolben mit einem Drahtnetz geschützt hat. Sobald die Kupferlösung zu kochen beginnt, tropft man ans der Burette den Harn zu. Nach und nach beginnt die Flüssigkeit gelb, dann roth zu werden, seldiosslich verschwindet auch der letzte blaue Stich und das rothe Kupfer­oxydul präeipitirt sehr rasch. Wenn man es eine Weile stehen lässt, so tindet man die ursprünglich blaue Kupferlösimg vollkommen farblos oder mit einem Stich in's Gelbe, wenn man mehr Harn zugesetzt hat, als zur Reduction des schwefelsauren Kupferoxyds nötliig war. Die gänzliche Entfärbung der Titro-flüssigkeit ist somit die Grenzreaction. Da es aber mit dem freien Auge nicht immer leicht zu bestimmen ist, ob die gänzliche Entfärbung der Flüssigkeit bereits eingetreten sei, so ist es zweckmitssig, wenn man einige Tropfen der­selben durch sehr kleine Filter in Eprouvetten filtrirt, den einen Theil des Filtrats nach dem Ansäuern mit Essigsäure mittelst Ferrocyankalium-Lösung auf Kupfer und den andern mittelst Fehling'scher Lösung auf Zucker prüft. Erhält man bei diesem Verfahren weder auf Kupfer, noch auf Zucker eine Reaction, dann ist auch dem entsprechend weder das Eine, noch das Andere im Ueberschuss vorhanden, d. h. es ist der Qrenzpunkt im Titriren erreicht. Hei der Bestimmung der Zuckermenge handelt es sich zuerst darum, die Menge des verbrauchten Harnes zu berechnen.
Angenommen, wir hätten 2ö CG. der Harnmischung verbraucht, um die 10 GC, Fehling'scher Lösung zu reduciren. Die Haniniisebmig war so bereitet, dass in den gesammten 200 GC. desselben nur 10 GG, Harn (das üebrige aber Wasser) war. Wenn in 200 GC. der Mischung 10 CC. Harn sind, so sind in 2ö GG. (welche verbraucht wurden) x CG. Harn,
200 : 10 =
10 X 25
200
:l-25 CG.
Es waren also l-2u GG, Harn im Stande, 10 CC, der Febling'schen Lösung vollständig zu reduciren. Nun ist diese Lösung so concentrirt, dass 10 C'C. derselben ,r)0 Milligramm Zucker zur totalen Reduction nötliig haben.
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Polyariei (DiurasU); ITann-ulir; Lauterstall.
Kehren wir nun wieder zur Beschreibung des Krank­heitsbildes zurück, nachdem wir im Stande waren, in dem reichlichen Urin durch die eine oder die andere, am besten durch mehrere Methoden, den Zuckergehalt des Harnes nach­zuweisen.
Director Del p or a to ' hat die Harnruhr bei sechs Pferden im Thierspital zu Parma beobachtet; die Tluerc setzten einen wässerigen, schäumenden Urin ohne Schmerzen ab. Der inner­halb einer Stunde 5—Gmal abgesetzte Harn übertraf die Quantität des genossenen Wassers, der Harn war ohne Geruch, dünn, wegen seiner grüngelblichen Farbe den Molken ähnlich; Kalksalze wurden nicht abgesetzt. Professor Truffi, der die Harnanalyse besorgte, fand in 1000 Gramm Harn, i:!-500 Eiweiss, 1-250 Glucose, l-520 mineralische Be-standtheile, ll/TSO Harnstoff und organische Säuren, 972 Gramm Wasser und Verlust. Das speeifische Gewicht des Harns wäre = 1-012, also grosser wie gewöhnlich (?) gewesen.
Neben der Polydipsie und dem Diabetes melliUis be­merkt man aber auch wesentliche Störungen im Allgemein­befinden bei den kranken Pferden; zunächst merkt man, dass die Thiere bei schlechtem Appetite sind, denn sie haben entweder einen hochgradigen Durst, den sie nicht stillen können, — oder die Krankheit ist schon so weit vorgeschritten, dass sich wirkliche gastrische Zustände bereits ausgebildet haben; die Patienten sind schwach und kraftlos — marastisch — und verrathen dieses schon frühzeitig durch einen schleppenden Gang; die Haut wird trocken, liegt fest auf, die Haare sind glanzlos und stehen zu Berg.
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Da .aber dnreb 1-25 CC. des Harns tlmtsächlich 10 CC. ilcr Lösnng reduoirt wnrdeti, ho ist es sicher, dass in diesen lquot;iö CC. Harn 50 Milligramm Trauben­zucker entlialten sein mnssten.
Darans bereclmet man nun ilic iranze 24stündige Znekermenge. Der Dia­betiker Imlir #9632;/.. ]!. 5000 ('(;. Harn entleert, so hat man die Qleichnng: In CC. waren Millijrr. = CC. Milligr. 1-25 :nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;50 = 5000 : x
60 X 5000 125
== 200.000 Mi]ligr.=200Gvm.Zncker.
1 TJeber Znckerhamrnhr bei Pferden von Director Delporato in Parma. 11 Medico reterinario. Serie terza, Anno sesto. Red. Prof. Perosino e Kivoltn. Torino 1S71.
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Polym-io; (Diuresis); Ilanirulir; Lauterstall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 391
Bei einem Hengste beobachtete Nickerle die Hoden stark in die Höhe gezogen; so dass sie kaum gesehen wurden.
Die Thiere magern bis zum Skelet ab, sie haben endlich nicht einmal mehr die Kraft, ihren eigenen Körper zu tragen, sie sind vollständig marastisch geworden und gehen unzweifel­haft schliesslich an Inanition, in Verbindung mit mannigfachen (Jomplicationen, zu Grunde.
Anfänglich ist der Puls nicht beschleunigt, der Herzschlag ist aber schon frühzeitig deutlich fühlbar und pochend, zuweilen dicrot; die Nierengegend iiie und da empfindlich, die sichtlichen Schleimhäute sind blass und trocken, das Athmen anfänglich normal, später hört man Rasselgeräusche und zeitweiliges Husten.
Der Kotbahsatz ist nicht selten verzögert, der Koth seihst trocken, schlecht verdaut.
Bei Hunden ist die Zuckerharnruhr auch schon mehr­mals beobachtet worden, so z. B. nach Saint-Cyr1 von 11. Leblanc 1849 hei einer Hündin, — ein anderer von Le-blanc 1858 beobachteter Fall betraf einen Affen — dann vom Professor Thiernesse 1861 in Brüssel gleichfalls bei einer Hund in. -
Einen weiteren Fall beobachtete Saint-Cyr seihst an einem 10 Jahre alten Wachtelhund vom December 1869 bis zum Juni 1870. Im Jahre 1863 beschreibt Gregor Schmidt, 3 Arzt in Zeitlitzbeim. die Zuckerharnruhr, wie er sie an seinem eigenen 4 Jahre alten Pudel beobachtete.
Sämmtliche Hunde und auch der Affe erlagen der Krankheit! —
Dr. Schmidt sagt, dass an seinem Hunde ihm es zuerst aufgefallen sei, dass an einzelnen Körperstellen, besonders nach hinten, die Wolle bis zu handgrossen Flächen aus-
1nbsp; Die Znckei-lmniniln- beim Hund. Jonrn. de imSdec. viSter. pnbliiS 1870 S. SIS.
2nbsp; Thiernesse, Annales de mamp;i. vi'ti'r. 1861, S. 394, constatirte neben den allgemeinen £rscheinnngen besonders in einem Kilogramm Urin 4-4 Gramm Zucker, der Urin war gelblich, ziemlicli consistent. Patient war nachweisbar von Ende April his 18. Juni krank, an vrelcli letzterem Tage er unter Gon-vulsiimen starb.
3nbsp; Diabetes mellitus (Zackerharnmhr) bei einem Munde. Adam's Wochenschrift f. Thierheilk. VlI. Nr. 9.
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Polyuriej (Diuresis); Maninüir; Lautcrsia
ging. Der sonst so kräftige Hund magerte zusehends ab, war nicht mehr munter und hatte einen gedrückten Gang. Patient hatte dabei aber einen colossalen Appetit und soff sehr viel, selbst unreines Wasser, wenn er kein anderes bekommen konnte. Allmälig stellte sich häufiges Erbrechen nach dem Fressen und ein kurzer rauber Husten ein. Der
stets so
reinliche Hund fing an, Zimmer und Gänge zu
benässen und dabei fiel die
er os
ic Menjre Harns auf.
'
Schmidt untersuchte den Harn in folgender Weise: Er dampfte ihn bis zur Syrupdieke ein, liess ihn erkalten und sah nach kurzer Zeit in der That den Zucker in warzigen, dunkel-gelben Massen herauskrystallisiren. Ein Zusatz von Aetzkalilauge zum reinen Harn ergab den bekannten braunrothen Niederschlag i Färbung V) und den charakteristischen stechenden Geruch (Caramel). Ein gleiches positives Resultat ergab auch die Fehl ing'-sche Probe.
Der Saint-Cyr'schc Fall bietet einige andere interessante
Punkte.
Als erste Erscheinung fiel die Polydipsie auf; der Hund hatte sehr grossen Durst und setzte reichliche Mengen Urins ab. Das Thicr war träge und seine Kräfte waren leicht erschöpft, es war aber fett. — Acht Wochen später wurde das linke Auge trübe und nochmals vier Wochen darauf war der Hund auf beiden Augen blind (staarblind). Nach einem Viertel­jahre seit dem Bestehen der Krankheit war der Hund noch ziemlich munter, hatte guten Appetit, frass aber mit be­sonderer Vorliebe Mehlspeisen; die Verdauung war gut, der Durst aber immerfort sehr gross, innerhalb 34: Stunden setzte der Hund circa 1 Liter Urin ab; letzterer war klar, leicht bräunlich, etwas klebrig, fast geruchlos und schmeckte süss.
Die Untersuchung des Harns mit Kupfersalz zeigte deutlich einen starken Zuckergehalt; mittelst des Titrircns und der Bareswill'schen Auflösung1 konnte die Menge des Zuckers in einem Liter Harn, der schwach sauer war und 1-0364 speeifisches Gewicht hatte, auf 74-0—83-0 Gramm be­rechnet werden; in späterer Zeit Hessen sich in 1 Liter Urin nur 19-0 Gramm Zucker auffinden.
1 Di
Frankreich iiMlclic Lösung des weinsawen Knpferoxydkalis.
i
4
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Polynrlei (Dlareals); Hanimhr; Laaterstall,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;393
Ans den Angaben Delporato's haben Sie die interessante Thatsaehe entnommen, dass die Pferde mein- Harn ab­gesetzt hätten, als sie Getränke zu sich nahmen. __
Dieselbe Behauptung wird auch von Menschenärzten wiederholt ausgesprochen; nach Vogel ' sind es Pothergill, P. Frank, Christison, Puchet u. A. m. Manche Hypothesen sind auf­gestellt worden, um diese paradoxe Erscheinung zu erklären, z. B. Wasserbildung im Körper, Resorption von Wasserdampf aus der Atmosphäre durch die Lungen u. dgl. m. Diese Beobachtung über die unproportionale Wasseraufnahme und Wasserausscheidung durch die Nieren 1st jedoch entschieden unrichtig, wie nicht blos theoretische Betrachtungen ergeben, sondern wie es auch genaue Untersuchungen von Fr. Nasse, Griesinger u. A. be­wiesen haben. Im Ganzen und Grossen beträgt die Menge der genossenen Flüssigkeiten inclusive der genossenen flüssigen Speisen — und auf letztere muss man bei Thieren wohl achten — immer mehr, als die Quantität des entleerten Urins. Diese fraglichen Angaben bezüglich des Verhältnisses zwischen Wasserauamp;ahme and Wasserausscheidung mögen also wohl auf Täuschung, respective auf fehlerhafter Beobachtung beruhen. -
Als weitere Erscheinung mache ich Sie noch auf den oft ungeheuren Appetit der Diabetiker aufmerksam, wie er bei Menschen und hei Thieren beobachtet wird. Zu diesem Hunger steht die fast allgemeine, hochgradige Abmagerung der Patienten im grellsten Widerspruch, und lässt sich dieses dadurch erklären, dass die Nährstoffe und insbesondere die Zuckerbildner, z. B. Amylum, statt für den Körper nutzbar ver­wendet zu werden , aus dem Körper mit dem Urin wieder aus­geschieden werden.
Uebrigens müssen wir wohl dabei noch die Thatsaehe be­rücksichtigen, dass jedenfalls durch die so sehr gesteigerte Aufnahme von Getränke und von Nahrung endlieh auch die Erscheinungen der Indigestion auftreten. Die Kranken nehmen nun wenig Nahrung mehr zu sich, leiden an Appetit­losigkeit und an Verdauungsstörungen und nun — da ein
1 Vogel, die Krankheiten der harnbereitenden Organe in Virchow's sp. Path. u. TM. VI. -2. Abtli., S. 480.
- Siehe die Beobachtnngen von Liebermeister und Eeich an der Greifswalder Klinik in Dr. Reich's Dissertation: De diabefe mell. Gryph. 1869.
Pf lag, Krniiklioiton des uropoStlichea Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;:26
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PolyurLe; (Diuresis): llarnruhr; Lauterstall.
zu grosses Missverhältniss zwischen Stoffzufdhr und Stoffaus­scheidung eintritt, geht es mit den Kranken rasch zu Ende. Appetitmangel ist somit eine sehr unangenehme Erscheinung, denn sie stellt den baldigen Tod des Kranken in Aussicht.
Die von Saint-Cyr erwähnte Beobachtung, dass der frag­liche Hund eine besondere Neigung zu Mehlspeisen ver-rieth, ist insoferne interessant, als ähnliche Beobachtungen auch von Aerzten (Bouch ardat) an Menschen gemacht wurden.
Die Verdauungsstörungen gegen Ende der Krankheit be­dingen hei 1 [unden auch das hei ihnen beobachtete Erbrechen und die zuweilen auftretenden hartnäckigen Diarrhöen.
Auch die Erblindung — die Entwicklung des grauen Staars — wird bei Menschen wie bei Thieren (Hunden) beob­achtet und hat, gestützt auf mehrfache Versuche, seinen Grund doch jedenfalls in dem bedeutenden Wasserverlust, welchen alle Gewehe der an andauernder Polyurie im Allgemeinen Er­krankten erleiden, obgleich der berühmte Ophthalmologe Gräfe ' sich dieser Auffassung nicht anschliessen zu können glaubte.
im Verlauf complicirt sich der Diabetes mellitus mit srar mancherlei anderweilieen Zuständen. Bei Hunden bemerkt man am Hinterkörper und am Scrotum Jauche absondernde Geschwüre, es stellen sich Husten und die ErscheinuDgen eines chronischen Bronchialkatarrhs oder der Lungen-phthise ein. Einzelne Thiere gehen unter den Erschei­nungen eines tiefen Comas, andere unter (Konvulsionen zu Grunde.
Wahrscheinlich ist es, dass auch Complicationen von Diabetes mellitus mit Erkrankungen des Gehirns, der Leber und Niereu, wenn auch nur selten, bei Thieren ähnlieh wie beim Menschen vorkommen. — Ebenso mag es sich auch mit der bei Menschen beobachteten Impotenz verhalten.
Bei Mensehen fand man zuweilen im sttssen Harn ganz oder theilweisean Stelle des Traubenzuckers eine nicht gährungsfähige, den Muskeln angehörige Zuckerart, das Inosit — (Diabetes inositus').- Dass bei Thieren auch schon eine Inositurie nachgewiesen worden sei, ist mir nicht bekannt.
fsi
I
1 Deutsche Klinik. 1859, S. 10.
a Volil. Archiv f. physiolog. Heilkiunlr. 1858, S. 410.
La.f.
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Polyuvie; (Diuresis); Harm-iihr; Lauterstall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 395
Prognosis. Der Diabetes incllitus ist eine sehr schwere Krankheit, die Kranken gehen wohl grösstentheils zu Grunde, und selten mag ein Thierarzt so glücklich sein, wie Delporato, der alle von ihm an Diabetes mcllitus behandelten sechs Pferde heilte
Allerdings kommt es hin und wieder vor, dass Diabetiker genesen , es sind dies aber meistens doch wohl nur solche Pa­tienten, die nur kurze Zeit an Harnruhr litten. Vorsichtig, sei man aber immer mit derartig Kranken, denn es ist bekannt, dass bei Menschen oft sehr lange und bedeutende Remissionen ein­treten , — und das, was bei dem Menschen vorkommt, warum sollte es in diesem Falle nicht auch bei Thieren möglich sein zudem da in der Dauer der Krankheit zwischen Menschen und Thieren auch volle Gleichheit zu herrschen scheint, denn auch bei Thieren ist der Diabetes mellitus ganz gewöhnlich eine chronische, zuweilen jahrelang andauernde Krankheit; ein rascher Verlauf der Krankheit also nur selten.
In jenen Fällen, in welchen Verdauungsstörungen und Ab­magerung bereits vorkommen, ist keine besondere Hoffnung auf Genesung zu setzen; es hat dieses schon Vatel ' erkannt, der in seinein Handbuche der Thierarzneikunde den Diabetes mellitus und den Diabetes insipidus als eine Pferdekrankheit erwähnt und dort sagt: ..Das Thier zeige sehr viel Fresslust, es harne des Tages fünf- bis sechsmal mehr, als ein gesundes Pferd; es wird von einem unmässigen Durst gequält. Der Harn ist hell, geschmacklos oder süsslich, zuweilen fast zuckersüss.
Pathologische Zootomie. So interessant auch das klinische Bild des Diabetes mellitus ist, so dürfen Sie; doch (lurch die Section nur wenig Aufschlüsse über die Pathogenesis der Krank­heit erwarten, denn der anatomische Befund ist bei Men­schen und Thieren äusserst inconstant.
Zunächst betrachtet man wohl immer die Nieren, in der Meinung, hier müsse der Casus belli sich finden; allein der anatomische Befund ist in diesen Organen, sowie auch ander­wärts so wechselnd und unbedeutend, dass man jranz unmöglich aus den sich findenden Veränderungen einen Schluss auf die Natur des Leidens ziehen kann.
' Handbuch der Thierarzneikunde von 1*. Vatel: aus dem Französisclicii von Pcstel. I., S. 230.
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Polyorie; (DlureaU)! Ilaranihr; Lauterstall.
Die Nieren sind mehrfach geschwollen angetroffen worden (Tiiiernesse); häutig hat man die uropoetischen Organe auch gar nicht verändert gefunden (Saint-Cyr), oder die Nieren waren hyperämisch und enthielten erbsen-grosse, schwarze (apoplectische) Herde (Schmidt). Auch hat man scheu Hydronephrose mit Schwund der Niercn-substanz in Folge eines Carcinoma bei Diabetikern gefunden (Nikerie). — Nächst dem Nieren denkt man wegen des zucker-haltieen Harns an die Leber; aber auch hier ist der Befund seiir wenig constant. Alan findet einmal die Leber hyperämisch, geschwollen, in den Gallengängen reichliche Galle; das andere Mal ist die Leber ganz normal. Saint-Cyr fand die Leber hypertrophisch, beulenförmig aufgetrieben, voll kleiner weisser Granulationen und das Gewebe mürbe. Die Galleublase enthielt zähe, schwarze Galle, — Tiiier­nesse fand die Leber vergrössert, gelb gefärbt und stark fetthaltig, an der Oberfläche mit einzelnen haselnuss-o-rossen, unebenen Geschwülsten von „krebsähnlichemquot; Aussehen, die aber unter dem Mikroskop sieh als blosses Fett darstellten.
Eine Anzahl Aerzte, die, wie Sie alsbald hören vverdenj die Ursache der Harnruhr in Krankheiten der Verdauung suchen, unterziehen den Verdauungstractus einer eingehenden Untersuchung. Wie Sie wohl denken können, findet man hier immer etwas, wenigstens die Erscheinungen eines uieder-ffradieen Magen- und Darmkatarrhs: Im Magen oft nur vielen zähen Schleim, oft die Schleimhaut geröthet und verdickt und die Muscularis hypertrophirt.
Ausserdem linden sich immer auch die verschiedensten pa­thologischen Zustände in der Lunge; namentlich chronische Katarrhe nndPhthisis. Das Herz ist welk, blutleer; die Milz geschwollen oder — wie auch das Pancreas — normal (Tiiier­nesse); das Hirn anämisch, die Linse getrübt (Cataract) und in ihr /ucker (Goldschmid jun. in Breslau). Auf der Haut finden sich Geschwüre (Schmidt) und unter derselben immer ein gänzlicher .Schwund des Fettes.
Stellen Sie sieh, meine Herren, nun vor, dass diese Ver­änderungen,, die einander oft diametral entgegenstehen, bald vorhanden sind, bald wieder fehlen, so werden Sie wohl leicht ein-
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Polyurle; (Diuresis)j Ilarnrulir; Lauterstall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;;W7
sehen, wie unmöglich es ist, ;uis derartigen Befunden einen ra­tionellen Schluss auf die Natur des Diabetes mellitus zu ziehenI
l'atliogtmesis. Ein so unklarer anatomischer Befund, wie ihn die diabetischo Leiche liefert, veraniasst ganz natürlicb den denkenden Arzt, sieh — namentlich gestützt auf physiologische Erfahrungen und auf Experimente — eine Theorie aufzubauen, wie möglicherweise die Zuckerharnruhr zu Stande kommen könne.
Gewöhnlich werden beim Aufbau dieser Theorien, denn es gibt deren mehrere, vorzugsweise zwei Punkte berücksichtigt; nämlich einmal die Behauptung, class die Leber und nicht die Nieren das zuckerbildende Organ sei, und dann, dass nach dem sogenannten Diabetesstich bei kleineren Thieren die Zuckerharnrnhr entstehe.
Uebrigens will ich Ihnen hier aber auch gleich sagen, dass ein Diabetes mellitus noch entsteht nach dem Gcnuss einiger Gifte, z. B. nach Nitro benzo 1, Curare und nach K o h I e n o xy dvergift u n g.
Von der Leber wird behauptet, dass sie, ähnlich wie die Milz, im Stande sei, Blut- und Lymphkörperchen zu erzeugen und dass sie eine ßeiho stickstoffhaltiger und stiekstoffloser Zersetzungs-produete bilde, natürlich aus den Bestaudthcilen (Eiweisskörpem) des die Leber durchfüessenden Blutes.
Zu den stickstofflosen l'roducten, die in der Leber entstehen, zithlen das Glykogen (Leberamylum) und der Traubenzucker, und diese Stoffe bilden einen reichlichen Procentsatz unter den Leberprodueten.
Cl. Bernard war es, der zuerst in dem wässerigen Extract der Leber eine opalisirende Substanz fand, die Rougct für Glykogen erklärte, nachdem Bernard und Mensen das Gly­kogen entdeckt hatten.
Der Käme: „Glykogenquot; stammt also von dem französischen Physiologen Claude Bernard. Derselbe will auch gefunden haben, dass das Lehervenen-Blut mehr Zucker enthalte, als das Blnt der Pfortader und da er gleichzeitig in der Leber eine Substanz — das Glykogen — entdeckte, das zwar noch kein vollständiger Zucker ist, sich aber durch Ferment, ja schon durch das Blut, in Zucker umsetzen lässt, so unterstellte er der Leber die Fähigkeit: Zucker zu produciren. Wie diese Zucker-
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Polym-io; (Diuresis); Hamraiir; LaaterstaU.
production in der Leber geseliehe, darüber bestellen uocli viel­fache, unklare Vorstellungen. Wir wissen eigentlich nur, dass der Loberzucker aus den Nahrungsmitteln und zwar sowohl aus den Kohlehydraten, als auch aus den stickstoffhaltigen Nähr­stoffen stammen soll, da beim Fasten der Zuckergehalt der Leber schwindet.
Diesen Angaben Cl. Bernard's und einer grossen Anzahl seiner Anhänger stehen die Behauptungen Pavy's, Tscherinow's, Dock's1 und Anderer vielfach entgegen, denn letztere bestreiten den reichlicheren Zuckergehalt des Lebervenenblutes und be­haupten, dass die Leber kein zuckerbildendes Organ sei; denn in einer „ganz frischen, noch vollkommen lebens­warmen Leber'' fanden ein Theil der Forscher nur geringe Spuren von Zucker; nach Anderen (Pavy,- Meissner,3 Schiff,4 Ritter,'' Roth,1' Eulenburg 7J sei es sogar unmöglich gewesen, selbst „Spurenquot; von Zucker in solchen Lebern nachzuweisen.
Der bedeutende Zuckergehalt der Leber, sowie der des Leberveneubluts sei eine Leichenerscheinung, wahr­scheinlich durch ein nicht in der Leber, sondern im Blute vor­handenes Ferment bedingt, welches erst bei der Stauung des Blutes in der Leber das Glykogen in grösserer Menge in Zucker umwandle, während unter normalen Verhältnissen das Blut nur Spuren von Zucker aus der Leber mit sich nehme. Die glyko-gene Substanz dürfte wahrscheinlich sich in Fett umsetzen und durch die Galle ausgeschieden werden (Pavy). Die früheren Experimente von Cl. Bernard a. A. sind unzuverlässig, da nur todte Lebern — nicht nach Pavy's Methode — untersucht wurden (Tscher in ow).
Tscherinow s sagt geradezu: „Da gar keine oder nur Spuren von Zucker in der normalen Leber sich befinden, da
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1 In Pflüger'a Archiv für Physiologie 1870, V., S. 531: „Ueber div Gly-kogenbildang in der Leber und ihre Beziehangeu zum Diabetes.
- l'avy: Researches on the nature and tratement of diabetes. London ISO--'.
:gt; Meissner; Jahrb, 1862, S. 812.
' Sell i ft': Centralblatt für moil. Wissensch. liSOO. Xr. :i,r).
#9632;'' Ritter: Zeitschrift für rat. Medicin. 1865, S. 65.
6 Roth: Lehrbuch der physiolog. Chemie von Ivülme, S. 05.
~ Euleuburg. Physiologie von llerniaim, S. 175.
8 Zur Lehre vuh dem Diabetes mellitus, Von Dr. M. Tsoherinow. Virchow's Archiv. XM'll.. S. 102.
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Polyuriej (Diurosifi)] Bbmrulir; Lautersto]
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weiter in der Vena cava inferior und in dem rechten Herzen uiclit melir Zucker ;ils in anderen Territorien des Blutumlaofs ist und da der Zucker in die Leber durch die Vena portarum eintritt, so haben wir niclit den geringsten Grund zu schliossen, das die Leber den Zucker fnbrieire und damit den ganzen Organismus versehe. Viel wahrscheinlicher ist der umgekehrte Schluss, dass nämlich die Leber den Zucker verbraucht, vertilgt, indem sie daraus das sogenannte Grlykogeu ' bildet, weiches in diesem Sinne Glykophthiriuni, d. h. „Ver­tilger, Verbraucher des Zuckersquot; genannt werden kann, da die Leber nicht die glykogeuische, sondern die glykophthirischo Eigenschaft hat. -
Diese sich entgegenstehenden Behauptungen lassen vorläufig also nur den Schluss zu, dass in der Lober sieh eine Sub­stanz bilde, die man entweder Glykogen oder Glyko­phthiriuni nennt und die es ist, welche unter gewissen Modalitäten sieh entweder zu reichlich in Zucker um­wandle (Bernard), oder die Zerstörung des der Leber zugeführten Zuckers nicht vollständig besorge. (Tsche-rin o w.)
Sehen wir also Zucker im Harne auftreten, so können wir unterstellen, dass:
1. in der Leber zu viel Zucker producirt wird, oder
1 Es dflrfte aber doch immerhin anznuehmen sein, dass anch andere Be-standtbeile — Eiweisskörper, Protagon — Glykogen liefern. Hermann's Physio­logie, S. 175.
- Audi Cl. Bernard (Lemons de pliys. 18571 ist, bevor noch ilas Glykogen als sulclies isolirt war, zu dem Resultate gekommen, dass der Glykogengehalt der Leber mit der Menge der Kolileliydratcunsunitiou zunehme, und dass siidi das Glykogen aus dem Zucker bilde. — Auf die Frage, wie sieh der Zucker in dem Futfer zur Leber verhalte, antwortet er ungefähr: „der Zucker im Futter wird nicht zu Loberzucker, sondem wandelt sich in der Leber in eine ganz andere Substanz (Glykogen) um. Die in die Vena portarum als Zucker eintretenden und in solchem Zustande in die Leber eingehenden .Substanzen werden durch dieses Organ vernichtet und in einen anderen .Stoli' umgewandelt, welcher der Le-berauskoehuug die Fniulsiv- oder Milehtarbe gibt u. s. w.quot; — Würde sich Cl. Bernard durch das postmortale Auftreten des Zuckers in der Leber, den er bei einer unrichtigen Uutersuehuiigsmetliode gefunden hat, nicht haben täu-sclien lassen, so würde er auch nicht zu einem unrichtigen Schlüsse gekommen sein und die glykogene Eigenschaft der Leber nicht behauptet haben (Tsche-r i u o w.)
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Polyurio; (Diuresis); Harnruhr; Laaterstall.
2.nbsp; nbsp;class der Zucker, der in der Leber entstellt, in der Circulation, namontlicli in Lunge und Muskeln nicht vollstänclig verbraucht wird; oder
3.nbsp; nbsp;dass der mit der Nahrung in den Körper gelangte oder durch die Verdauung gebildete Zucker und die Glykogene (Zuckerbildner) des Körpers sich in der Leber nicht in Glykophthirium umwandeln, sie daselbst vielleicht sogar in Zucker übergeführt werden.
Stellen wir uns nun auf den Standpunkt Pavy's und Tscherinow's, so müssen wir tragen, was wird aus dein Glykophthirium?
Manche meinen, es werde zum Aufbau der Gewebe bo stimmt, und sogar 01. Bernard hat die Theilnahme des Glyko-gens (Glykophthlriums) an der Bildung der Gewebe angenommen.
Dass Pavy die Meinung hat, das Glykophthirium wandle sich in Fett um, haben Sie schon vorhin erfahren; Tscherinow stimmt in diesem Punkte mit Pavy nicht tlberein; er nimmt an, weil er bei der Zuckerfütterung in sehr kurzer Zeit (4—5 Stunden) das Glykophthirium und das Fett in der Leber gleichzeitig vermehrt fand, dass das Glykophthirium nicht in Fett übergehe, und stützt diese seine Behauptung noch durch die Er­fahrung Saikowsky's, dass in den Lebern der Kaninchen, die man mit Arsenik bis zur Vergiftung fütterte, das Glykogen (Glykophthirium) verloren gehe und sich Fett zeige.
In pathologischen Fällen — bei Circulationsstörungen — mag sich das Glykogen — (wie ich es in Zukunft noch nennen werde, weil dieser Name allgemeiu verbreitet ist und Sie jetzt ja wissen, dass es auch, Glykophthirium genannt wird, je nach dem Standpunkte den man bezüglich der Function der Leber einnimmt) — auch in Zucker umsetzen.
Pavy und nach ihm Andere (Mcissner, Ritter) haben nämlich die Beobachtung gemacht, dass während des Ver­suchs bei sehr unruhigen Thieren die Zuckermengen im Blute zunehmen, ähnlich wie es bei Thieren post mortem und bei langer Agonie auch der Fall isi und dass diese Umbildung des Glykogens in Zucker durch ein im Blute vorhandenes Fer­ment ermöglicht werde.
Die meisten Forscher stimmen wohl auch darin mit einander überein, dass unter bestimmten pathologischen Verhältnissen eine
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Polyurk-; (Diuresis); Jlamnilir; Lautomall,
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Rückbildung des Glykogcns (Glykophthiriums) in Zucker stattfinden könne.
Wir begegnen dem Zucker im Blute und im Harne z. B.
nach intensiven Erkältungen bei Thieren, und Bencc Jonesquot; und nach ihm Andere haben gefunden, dass in dem Harne er­frorener T hi ere reichliche Zuckermengen sich vortinden und dass dieser Zucker thatsächlieh ans der Leber stammt (Tscherinow); denn man kann auch in den Blutbahnen, die dieser Leberzucker durchlaufen muss, bis er zur Ausscheidung-in die Nieren kommt, gleichfalls eine merkliche Zuckcrmenge constatiren.
quot;Wie nun aber durch intensive Kälte solche pathologische Veränderungen im Thierkörper geschaffen werden, dass Zucker-liarnruhr entsteht, so dürfte auch durch andere Momente, z.B. durch bestimmte Gifte, die Umbildung des Glykogens in Zucker angeregt werden.
Solche Momente sind unzweifelhaft auch diejenigen, welche experimentell nachgewiesen werden und die sich auf Verletzun­gen gewisser Partien des Nervensystems beziehen.
Claude Bornard ist es wieder, der auch in dieser Rich­tung bahnbrechend mit seiner Entdeckung wirkte, dass bei Thieren die Verletzung der vierten Hirnhöhle in der Mittellurche zwischen dem Ursprung des Nervus vagus und des Nervus acusticus während mehrerer Stunden hindurch eine beträchtliche Ausscheidung des Zuckers mit dem Harne bedingt.
Später lieferte Schiff- den Nachweis, dass die vermehrte Zuckerbildung in der Leber vor sich gehe; denn er fand nach Unterbindung der die Leber mit Blut versorgen­den Gefässe ein sofortiges Aufhören der Zuckerbil­dung.
Nach Claude Bernard wiederholten viele Andere den so­genannten Bernard'schen Diabetesstich — die Piqüre — und heute wird er als Experiment ja wohl in allen physiologischen Hörsälen gemacht. Gelegentlich dieser Experimente und anderer.
1 Proced of the royal soe. 1864. Nr. 70.
- Soliift': Untersuchungen über die Znckerbildung in der Leber. Würz-bürg. 18Ö9.
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Polyurie; (DiuresLi); Harnruhr; Laatersüül.
die ^icli aus der Piqüre folgerten, wurden
je do eil weitere
interessante Thatsachen erschlossen.
Cl. Bernard selljst constatirte iiacli Reizung- des ecntra-len .Stumpfes vom Kervus vagus einen Diabetes mellitus. Nach Durchschneidung der Nervi vagi verschwindet der Zucker in der Leber oder mindert sicli wenigstens merklich. Eine Durohschn eidung der Nervi vagi hinter der Brusthöhle hat jedoch keinen Einfluss auf die Leber.
#9632;Schiff und Moos fanden nach Reizung dos Rücken­marks einen Zuckerharn. Durchschneidet mau aber das Rückenmark oberhalb der Halsschwellung so ver­schwindet Glykogen und Zucker; durchschneidet man laquo;las Rückenmark unterhalb der Halsschwellung, so bleibt das Glykogen erhalten.
Gräfe,1 Jlensen- und Eckhard' haben die Beobachtung gemacht, dass nach Durchschneidung des Splanchnicus Zucker im Harne auftrete, jedoch, wie Ploeh,' derinEck-hard's Laboratorium arbeitete, nachwies, soll ein zuckeriger Harn nicht nach jeder Splanchnicusdurchschneidung entstehen. Betrachten wir nun alle diese Erfahrungen im Zusammen­hange, so kommen wir sicherlich zu dem Schlüsse, dass in weitaus den meisten Fällen die primäre Ursache das Nervensystem betrifft — dieses reizt oder lähmt — und dass dadurch in der Leber solche Verhältnisse geschaf­fen werden, die der Bildung des Glykophthiriums — also des Zuckerv ertilgers — entgegenwirken. Der in der Leber nun entweder entstehende oder durch die Cir­culation in dieselbe bineingesch wem mte Zuc k er wird mithin nicht verbraucht, er gelangt in'sBlut oder respec­tive bleibt in demselben und wird durch die Nieren mit dem Harne ausgeschieden.
In welcher Art nun aber das Nervensystem in Mitleiden­schaft gezogen wird, und wie dasselbe wieder auf die Leber ein-
! J. W. A. Krause: Annutatinncs ad Diabctcm; erwähnt in Eckhard's Nervenphysiologie S. 301.
- Wu iid's Physiologie,, S. 314.
3 Eckhard's Nervenphysiologie, S. 301. Gicsseu 1S07.
#9632;! l'locli: Ueber den Diabetes nach Durohschneidung des Nervus splaneli-uicus. Giessen 1863.
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Polyurie; (Diuresis); Ilaniruhr ; LaaterstaU.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 403
wirkt, darüber bestellen so heterogene Ansichten, ' class ich diese Frage lieber liier gar nicht weiter erörtere und es der Zeit und dem regen Forschertrieb unserer oder einer späteren Generation überlasse, Licht in diese verwickelten Vorgänge zu bringen.
Diese Ihnen hier vorgetragene n eur op athiselie Ent­stellung des Diabetes mellitus wird jedoch nicht allseitig anerkannt es bestehen noch eine Reihe verschiedener An­sichten über die Path ogen esis der fraglichen Krank­heit und ich erachte es für nothwendig, dieselben Ihnen in nucc vorzutragen, weil sieh auf diese verschiedenen Theorien nicht selten eine hochgepriesene, wenn auch nicht rationelle Therapie stützt.
Eine der älteren Theorien ist die des Engländers Rollo,-dem sich Dupuytren und Thenard im Anfange dieses Jahr­hunderts und in den Vierziger-Jahren Bouchardat anschlössen; von diesen stammt auch die gegen Diabetes mellitus empfohlene Fleischdiät.
Der Franzose Bouehardat publicirte in seiner Annuaire de therap. 1841 —Isis, in der Revue m6d. 1867 und in der Clinirpie ouropeonne 1859 seine Theorie, wonach der Diabetes mellitus eine Krankheit der Verdauung und besonders des Ma­gens wäre; letzterer sondere ein eigenthümliches Ferment ab, das im Stande sei, das genossene Amylum viel schneller in Zucker umzuwandeln, als es bei Gesunden der Fall sei.
Später hat Bouehardat seiner Theorie Concessioneu ge­macht, d. h. er hat dieselbe erweitert und nahm an, dass — wie schon früher behauptet — eine beschleuniirte Umsetzung der Kohlehydrate in Zucker im Magen stattfinde, dass ferner in der
1 Wundt sagt in seiner Physiologie, S. 314: Nach diesen Beobachtungen muss angenommen werden, dass die Nerven, von welchen die rermehrte Zucker-bildang in der Leber abhängig ist, vom Botleu der vierten Hirnliöhle entspringen, dass dieselben sodann im Rückenmark verlaufen und von diesen aus durch die Nervi splanchnic! zum Plexus coeliacus gelangen, von welchem zahlreiche Zweige zur Leber treten. Ob aber die Zuckerbildung auf einer Lähmung oder auf einer Erregung jenes Centralpunctes der Innervation und der von ihm aus­gehenden Nerven beruht, oder ob sie je nach Umständen aus beiden hervor­gehen kann, lässt sieh nach dem bisherigen Stand der Thatsachen nicht ent­scheiden. Ebenso ist es noch nngewiss, ob die Nerven vermittelst des Einflusses auf die Gefässe oder — nach Analogie mit der Innervation der Siieicheldrüseii — durch direeten Einfluss auf die secernirenden Elemente wirken.
- On diabetes mellitus. London 1797.
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rolynrif; (DiuresU); Uanu'uhr; Lauterstall.
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Leber zu grosso Quantitäten von Zucker gebildet würden, und endlich, dass ;uicli der Zucker im Blute nicht vollständig zer­stört werden könne.
Für eine Ernährungsstörung hielt auch Huppert-Pet-tenko t'er und Voit die Zuckerharnruhr. Iluppcrt leitet die Er­scheinungen des Diabetes mellitus von einer gesteigerten Ge­neigtheit der eiwei ss artigen Körper zum Zerfall ab.
Wieder Andere suchen die Ursache der Zuckerharnruhr im Pancreas.
Sie sagen, dass bei verschiedenen Krankheiten der Bau­speicheldrüse die Emulsionirung und Zerlegung der Fette in Fettsäuren (Oelsäure) und Glycerin authöre, so dass dieselben nicht in die Leber gelangen, um daselbst zur Gallenbildung verwendet zu #9632;werden; in Folge dessen geht das Glykogen der Leber, welches sieh nicht wie im normalen Zustande mit der Oelsäure zu Cholsäure verbinden kann, in Zucker über; letzterer werde nurthoil-weise im Körper verbraucht, anderntheils würde er mit dem Urin aus­geschieden. Diese Theorie stützt sich lediglich auf die Thatsaehe, dass man bei Diabetikern schon öfters eine Erkrankung des Pancreas post mortem des Patienten entdeckt hat (Popper,1 Seegen2).
Dr. R. Hein' in Danzig sucht eine Vermittlung zwischen dem neuropathischen und dem abdominalen Diabetes herzustellen, denn er glaubt, dass es Krankheiten des Gehirns und verschiedener — noch nicht spcciell bezeichneter — ünterleibsorgane (Pancreas) gibt, in deren Folge eine abnorme reichliche Zuckermenge im Harn dauernd und in Begleitung bestimmter anderer Symptome gefunden wird. Der Diabetes ist so wenig wie Albuminurie und Diarrhöe eine Krankheit für sieh, sondern er ist ein Symptom cerebraler oder abdominaler Leiden.
Ziemlich nahe an die Tschorinow'sehe Theorie grenzt auch jene Anschauung, dass der Diabetes auf einer gestör­ten Umsetzung der Kohlehydrate beruhe und der Zucker im Harn direct von den mit der Nahrung auf­genommenen Kohlehydraten abstamme.
1 Oesterreicb. Zeitschrift für prakt. Heilkunde. 1868, Nr. 11.
- Oesterreich. Zeitschrift FUrprakt. Heilkunde. 1867, Nr. 11, und dessen Monographie iilgt;ci' Diabetes. Leipzig, 1^71.
3 Hein, über Diabetes mellitus im deutschen Archiv f. klinische Medicin. VIII., S. 42.
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Polyurie; (Diuresis); Hamiuhr; LanterstäU.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;405
Die Behauptung ist niclit neu, aber unter den HäncleQ Lud­wig s uiul Sclieremetj effsky's, sowie auch Scliultzen's nimmt sie eine neue Gestalt an.
Dr. E. Harnack ' bricht für diese Theorie in der jüngsten Zeit eine Lanze und sagt darüber in einer Arbeit über Diabetes ineilitus etwa Folgendes:
., Alle die verschiedenen Anschauungsweisen über die Patho-genesis des Diabetes mellitus mussten eine im hohen Grade wichtige Modification erfahren durch die von Ludwig und Scheremetjeffsky gewonnenen Resultate; denn die Genannten fanden, dass, während die Einführung gewisser organi­scher Substanzen, so z. J!. der Milchsäure oder des Glycerins etc., ins Blut den Sauerstoffverbrauch erheb­lich steigerte, der Gaswechsel nach Injection von Traubenzucker ins Blut keine constanten Veränderun­gen zeigte, vielmehr im Mittel aller Versuche unver­ändert blieb.
„Aus dieser Thatsache wird gefolgert, dass der Zucker als solcher nicht im Blute verbrannt werde, vielmehr in Form irgend eines noch unbekannten ümwandlungs-nnd Zersetzungsproductes (als Glykogen?) dem Stoff­wechsel zu Gute komme. Freilich sind die genannten Herren der Meinung, dass diese Umwandlung des Zuckers schon vor seinem Eintritt in das Blut, wahrscheinlich also im Darme, vor sich gebe.quot;
Mit dieser Annahme sollen ältere Erfahrungen im vollen Ein­klänge stehen. Für die Annahme, dass, sobald Zucker als solcher ins Blut trete, Diabetes mellitus sich einstelle, sprechen die Re­sultate der Zuckerinjcction ins Blut, sowie der Umstand, dass Zucker im Harn erscheint, sobald das Glykogen der Leber durch irgend welche Einwirkung in Zucker verwandelt wird und in die Blutbahn gelangt (vergl. Tscherinow).
Wenn dann noch weiter bedacht wird, dass durch die Piqüre, wie von Seelig nachgewiesen wurde, hungernde Thiere nicht diabetisch werden — und dass bei piquirten Hungerthieren, denen Zucker in die Vena portarum injicirt wurde, die Leber den
1 Harnack: Zm- Pathologie n. Therapie des Diabetes mellitus. Deutsch, Arch, f, kl, Medicin von Ziemsen niul Zenker, XlII.. S. 593.
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Polyurit1; (Diuresis); Harnruhr; LauterstaU.
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Zucker nicht Avie im normalen Zustande zurückhielt (—? er wurde nicht in Glykophthirium umgewandoit), so dürfte man schliessen, dass es sich beim Diabetes ineliitus um ein Unvermögen handle, den Zucker für die Ernährung des Körpers zu verw erlh en.
Nach Schultzen stgt;il das Wesen des Diabetes meliitus auf der Behinderung einer unter normalen Bedingungen stattfindenden Spaltung des Zuckers im Thierkörper I) eruhen.
Ich will nun mit diesen Auseinandersetzungen schliessen, ich t'ürclite ohnehin schon, Ihre Geduld und Hire Aufmerksamkeit allzu­sehr in Anspruch genommen zu haben, aber leider kann ieli das nicht ändern, diese Dinge müssen Ihnen geläufig sein; vielleicht dass sieh diese; verwickelten Hypothesen und Theorien in sehr einfache Verhältnisse auflösen, wenn wir einmal etwas mehr Po­sitives über den Diabetes wissen.
Aetiologie. Gehen wir nun jetzt zur Besprechung der ver­anlassenden Ursachen, der causae occasionales über, so finden Sie hier wohl auch einige Widersprüche; im Grossen und Ganzen kommt man jedoch auf dieselben Ursachen hinaus.
Der Diabetes meliitus ist bei männlichen und weib­lichen, vorläufig aber noch nicht bei ganz jungen Tliioren ge­sehen worden.
Als Gelegenheitsursache der Zuckerharnruhr beobachtete man mehrmals — intensive Erkältungen — namentlich bei echauffirten Hunden, die plötzlich in kaitos Wasser kamen. — Auch bei Menschen wird eine durchdringende Erkältung und eine Durchnässung als Krankheitsursache von sehr angeschenen Aerzten, z. B. von France, Oppolzer etc. genannt.
Dass gewisse Gifte, z.lraquo;. Curare, Nitrobenzol,1 Kohlenoxydgas, Diabetes meliitus erzeugen, habe ich bereits vorhin gesagt.
Oefters bemerkt man auch Zuckerharnruhr nach Läsionen und Krankheiten (Geschwülsten) des Gehirns und der Me­dulla oblongata; nach Pancreaskrankheiten wurde beim Menschen wiederholt Diabetes meliitus beobachtet und ebenso soll auch die Honiirrulir nach dem reichlichen Genuss von
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1 Dr. C. A. Ewal ä. Nr. #9632;#9632;
2, 1874 und Nr. J, 1875. Berlin. Klinische
Wochenschrift.
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Polyurie; (Diuresis); Harnruhr; Lauterstall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;407
Zucker, jungem Wein, nach heftigem Schrecken und schweren Räuschen beim Menschen sieh ausbilden können; es sind dieses natürlich Verhältnisse, die auf unsere Thiere kaum Anwendung finden, denn z. B. betrunkene Thiere (Rindvieh, Schweine, Hunde) findet mau doch nur ganz aus­nahmsweise, und meistens dann, wenn ein unglücklicher Zufall mit der Branntweinschlempe im Spiele ist.
Ich nannte diese Umstünde auch hier nur desshalb, weil sie möglicher Weise im Laute der Zeit dazu beitragen könnten, Licht (iher die Natur und Genesis der in Rede stehenden Krank­heit zu verbreiten.
Therapie. Wenn bei einer Krankheit, wie die fragliche, so mannigfache Controversen über ihre Natur bestehen, so dürfen wir uns auch nicht verwundern, wenn in den einzelnen Hand­büchern der Pathologie und Therapie dein behandelnden Arzte oft ein recht verschiedenes Heilverfahren zur Beseitigung der Harnruhr empfohlen wird.
Wir Hilden das therapeutische Regime aus dein natürlichen Grunde vielfach so verschieden, weil die Autoren und Aerzte in ihren Ansichten über die Pathogenesis der Honigruhr sehr weit auseinandergehen, und Derjenige, der das Wesen des Lei­dens in einer reichlichen Zuckerbildung sucht, anders behandeln muss, als jener Arzt, der da glaubt, die Zuckerharnruhr beruhe auf einer verminderten Zerstörung des irgendwo im Organismus gebildeten Zuckers u. dergl. m.
Wir nehmen allerdings an, das s durch den Einfluss des Nervensystems in der Leber kein Glykophth irium ge­bildet werde. Zucker also von der Leber aus in das Blut gelange, um von hier zum Theil mit dein Harne ausgeschieden zu werden. Was aber haben wir mit dieser Ansicht für die Therapie Besonderes gewonnen, wenn wir nicht auch wissen, warum dieses so und nicht anders ist? — Eine rationelle Therapie können wir nach den Ihnen bekannten Antecedenzicn dieser Krankheit doch wahrlich noch lange nicht einleiten, und so müssen wir uns mit unserem empirischen Wissen begnügen. Sie denken vielleicht jetzt an Herrn Delporato, der in der Behandlung diabetischer Pferde so glücklich war, und dem wir es ja nur nachmachen dürfen!
Das Kunststück Delporato's will ich Ihnen mittheilen, ich fürchte aber, class es Ihnen gehen wird, wie auch Anderen, Sie
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Polvnrio; (Diuresis); llanirulir; LautorstaU.
werden keinen Erfolg' erzielen! Es i.st nieht meine Absicht, meine Herren, Sie gegen Delporato's Curverfahren einzuneh­men, denn ich rathe Ihnen sogar an, dasselbe auch in Ihrer Praxis zu versuchen, und um so mehr, als erfahrene Aerzte ge­rade hei Anwendung des Eisens und anderer Tonica noch ver-hältnissmässig den besten Erfolg bei kranken Menschen gesehen haben. — Wenn ich hier nicht Delporato's Lob singe, so ge­schieht das lediglieh in der Absicht, in Ihnen nicht zu sanguinische Hoffnungen zu wecken und Sie nicht dahin zu bringen, dass auch Sie glauben, gerade so wie Delporato alle Diabetiker heilen zu können!
Delporato ordiuirte für die Kranken besonders gutes und aromatisches Heu, guten Hafer, öfteres Frottiren und Zudecken der Thiere. Alles das werde ich auch thun und namentlich die kranken Thiere immer entsprechend wann halten und sie desshalb bei kühler Witterung u. dergl. unter Decken halten, die Maut zeitweise mit Spirituosa bespritzen und dann frottiren.
Innerlieh gab Delporato ein mildes Adstringens, das Fer-rum carbonienni (5(gt;U mit Pulvis radicis Gentianae t.'ü'O; später gab er — und zwar zwei Monate lang fort — statt dieser Arznei den gerade gegen Lauterstall in der Thierheilkunde so hoch gerühmten armenischen Bolus (Bolus armenia), welcher eine Verbindung der kieselsaurer Thonerde mit etwas Eisenoxyd ist; es ist gleichfalls ein mildes Adstringens von dem ich jedoch, wie Sie von letzthin wissen, nicht viel halte.
Bei dieser Behandlung wurden die kranken Pferde nach und nach besser und es gelang, selbst eine alte bis zum Skelete ab­gemagerte, Stute wieder zu curiren.
Die Behandlung der kranken Thiere von Seite anderer Ve­terinäre geschieht in ähnlicher variabler Weise, wie es auch, in der humanen Medicin der Fall ist.
Da in der Thierheilkunde die Erfahrungen über Diabetes­behandlung so ausserordentlich gering sind, so will ich Ihnen im Nachstehenden sagen , in welcher Weise wir nach dem Beispiel rationeller Aerzte etwa bei Tbieren den Diabetes mellitns be­handeln können. Vorkommenden Falls müssen wir bei Tbieren diese Angaben prüfen und trachten, auf einem experimentellen Weffe endlich zu einem guten Resultate zu gelangen.
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Polyurtej (Diuresis)! Ihnuriil.r; Lanterstall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 409
Bei Behandlung der Diabetiker spielt die Beobachtung ge­regelter diätetischer Verhältnisse eine Hauptrolle. Es wird zweckmässig sein, den kranken Herbivoren solche Nahrungs­mittel zu geben, welche nicht besonders reich an Amylum und Zucker sind. Es ist dieses freilich eine schwere Aufgabe, denn nehmen wir eine Nährstofftabelle, z. B. die in Settegasfs Thier-zucht 1868, S. lli. zur Hand, so finden wir nur wenige Futter­mittel, in denen das Verhältniss der stickstoffhaltigen zu den stick­stofffreien Nährstoffen in unserem Sinne nicht ein ungünstigeres ist, als wie 1:1. Am ehesten dürften sich nach Settegast's Ta­belle folgende Futtermittel als Nahrungsmittel für die an Diabe­tes mellitus leidenden Pferde- und Rindviebstücke eignen:
Wicken, in denen die N-haltigen Nährstoffe zu den N-freien Nährstoffen sich verhalten wie 1:1*9, Pferde- und Sau­bohnen (1:1-9), weisse Bohnen (1:2), Linsen (1:2-1), Lu­pinen (1:0-8), Madiasamen (1:2; unter 46 Kohlehydraten sind II Fette), Weissklee (1: 2-3), Rothklee (1:2-2), schwedischer Klee (1:1-9), Luzer ne-,Esparsette-. Hopfenluzerne-,Wund­klee, Inkarnatklee, Futterwicken, Wickhafer, welche alle ein Verhältniss von 1:2-4 bis 2-8 zeigen, Linsenstroh (1:1-9) Rapskuchen, Leinkuchen, Malzkeime schwanken mit dem Gehalte der stickstoffhaltigen zu den stickstofflosen Nährstoffen in einem Verhältniss wie 1:1-6.
Als besonders unzwe ckmässige Futtermittel nenne ich: Eicheln und Kastanien (1:13 bis 18), den Grünmais (1:9), das Stroh von den verschiedenen Getreidearten (1 : 10 bis 18) und namentlich das Roggenstroh, das Rapsstroh (1:12), Spreu von Dinkel, Koggen, Gerste (1:12), die Kartoffel (1:10-5), die Zuckerrüben (1:15-3), die Rübenpresslinge (1:115) und die Rückstände bei der Kartoffeistärkefabrication (1:11-2).
Zwischen beiden Extremen stehen die meisten Körnerfrüchte, das Heu, das Grünfutter mit Ausnahme vom Mais, das Stroh der meisten Leguminosen und die gewöhnlichen Kleien mit einem Nährstoffverhältniss von circa 1:6 in der Mitte.
Nach dieser Tabelle können Sie nun so ungefähr beinessen, welche Futtermittel Sie je nach den wirthschaftlichen Ver­hältnissen ihren Patienten vorlegen lassen dürfen. In vielen Fällen wird es Ihnen allerdings unmöglich sein, solches Futter #9632;/ai geben, in welchem die Nährstoffe sich nur wie 1:6 ver-
PfluK. Krankliolten aoa aropoetlicben Sj-Btcma.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;27
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Polyurle; (Diuresis)! Harnruhr; Lamorstall.
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halten; sie brauchen desshalb nicht l)csoiu1er.s ängstlich zu sein, denn selbst durch gänzliche Entziehung der Kohlenhydrate wird es Ihnen nicht möglich werden, den Zuckerharn zu beseitigen; — durch ein noch so vorsichtiges Regime wird es Urnen über­haupt nur vorübergehend gelingen, den Zuckergehalt des Harns zu vermindern.
Eine besondere Aufmerksamkeit wollen Sie aber auf die gute Beschaffenheil der Nahrungsmittel richten und na­mentlich es strenge verlangen, dass kein schimmeliges, mnl-teriges oder fauliges Futter und auch kein schlechtes, verdorbenes oder mooriges Wasser gereicht werde.
Omnivoren und Carnivoren lassen Sie möglichst viel Fleisch geben, vielleicht auch etwas grünes Gemüse oder ab­gerahmte Milch (1:1-35), Buttermilch oder frische Kuhmilch (1 : 2*1) mit immer etwas Weissbrod oder Saubohnenmehl, je nach der Thiergattung. Als Getränke reicht man Wasser, das mit Mineral- oder Fruchtsäuren etwas angesäuert ist; man gibt den Thiercn oft zu saufen, nie aber in zu grossen Quan­titäten. Auch während der Nacht sollte man den Thiercn wenig­stens einmal Wasser reichen. — Hat man in der Nähe Eisen­säuerlinge, so gibt man davon den Thiercn zu saufen.
Neben dieser vorsichtigen Ernährung der Thiere darf aber auch ihre übrige Abwartimg nicht versäumt werden. Die Thiere gehören in einen warmen, renn luftigen, trockenen und lichten Stall, auf reichliche Streu. — Durch Arbeiten und unnöthige Beweffung dürfen sich die Thiere nicht anstrengen: sie sollen aber an schönen, warmen und sonnigen Tagen langsam spazieren geführt oder in kleinen, schattigen Boxen gehalten werden. — Wem diese Behandlung zu lange dauert oder zu kostspielig ist, der mag seine Thiere anspannen, so lange es geht: das kranke Thier wird bald wegen mangelnder Kräfte jegliche Arbeit ver­sagen und rasch seinem Ende zueilen. — So hat dann der Eigenthümer doch keine unnöthigen Kosten für ein vielleicht nicht werthvolles Pferd! — Human ist dieser Rath freilich nicht; wir brauchen ihn auch gar nicht, zu geben, der Thiorcigner macht es ju doch so, .auch ohne unser weiteres Zuthun.
Innerlich dürften anzuwenden versucht werden: Natron bicarbonicum — Ammonium carbonicum — Magnesia carbonica — Kali carbonicum, überhaupt die kohlen-
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Polyurie; (Diuresis); Haranihr ; Lauterstall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 411
sauren Alkalien, von denen man mehrfach einen günstigen Einfiuss auf die Kranken beobachtet haben will.
Schon von Alters her wird das Opium gerühmt, und dess-lialb auch der dasselbe enthaltende Theriak (Electuarium Theriaci); bei Hunden könnte man Pulvis Doweri geben, das ans Opium und Ipecacuanhapulver zu gleichen Theilen und aus acht Theilen Kalisulphuricum besteht, so dass zehn Theile des Pulvers einen Theil Opium enthalten.
Bei Hunden jedoch hat man das Opium mit Eisen und mit Ammoniak ebenso, wie auch die Pastillen (täglich gt;;wrei Stück) von Vichy ' ohne jeglichen Erfolg benützt und auch von Natrum bicarbonicum keinen dauernden Erfolg gesehen.
In der jüngsten Zeit geben die Aerzte Acidum arseni-cosuin den Diabetikern innerlich — jedenfalls desshalb, weil man die Erfahrung machte, dass nach Arsenikgaben der Zucker aus dem Harn der künstlich diabetiseb gemachten Thiere ver­schwindet; auch Glycerin, Carbolsäure u. a. m. wurden mit und ohne Erfolg schon benützt. Treten Krankheits-Complicationen ein, so versteht es sich wohl von selbst, dass dieselben eine besondere Berücksichtigung erheischen.
lt;1) Melitnrle, das Zackerharaeu.
Sobald mit dem in normaler Quantität entleerten Harne ein reichlicher Proceutsatz Zucker ausgeschieden wird, spricht man von Meliturie — vom Zuckerharnen! — Dieser Zustand besteht oft, ohne dass der kranke Mensch oder seine Umgebung eine Ahnung von der nahen Zuckerquelle haben; denn gleichzeitig bestehen weder Polyurie, noch Folydipsie, noch Polyphagie, jene hervorragenden Erschei­nungen, welche einen vorhandenen Diabetes sofort verrathen.
Bei Thieren wird dieses Leiden doch wohl nur durch einen Zufall entdeckt, wenn vielleicht der süsse Geschmack des Urins bei Jemandem zur sinnlichen Wahrnehmung kommt, oder das Klebrige des Urins die Aufmerksamkeit der Umgebung erregt.
1 Die Mineralwässer Ton Karlsbad und von Vidiy werden von den Aerzten gegen Diabetes tnellitus hocli geschätzt.
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Polyurio ;'(Igt;iurolaquo;is) • Tlarnrnhr; Lautorstall.
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Uebei' die Ursache dieser Zuckerausscbeidung ist nichts Bestiiuintes bekannt, jedoch dürften gehirn- und brustkranke Individuen öfter an Meliturie leiden. Jn der thierärztliohen Literatur ist mir nur ein Fall bekannt, der unzweifelhaft hier­her gehört.
Die Krankheit wurde im Dresdner Thierspital beobachtet und findet sieh im dritten sächsischen Veterinärbericht für das Jahr 18,r)8 unter dem Kamen „Petechialfieber, Zuckerharnquot; be­schrieben.
Ks handelt sich hier um ein Pferd, das wegen Rotz­verdacht der Dresdner Klinik zugeführt wurde. Das Tiiier litt an Stirnhöhlenentzündung, wurde trepanirt und im Laufe einiger Monate hergestellt; es verblieb aber wegen Abwesenheit des Besitzers noch einige Zeit im Spital. Während dieser Zeit litt das Thier an gastrischen Störungen, hatte keinen Appetit etc. Plötz­lich eines Abends erkrankte es heftiger unter den Erscheinungen des sogenannten Rothlauffiebers (wahrscheinlich des so­genannten Pferdetyphus, der hier mit allem Recht für ein Erysipelas erklärt wird). Das Thier hatte circa 70 harte, kräftige Pulse, 20—30 Athemznge, die Sehleimhäute waren gelblich gerüthet, der Appetit fehlte, die Excremente waren trocken und wurden verzögert abgesetzt: dabei schwitzte das Thier über dem ganzen Körper, die Extremitäten schwollen an, es zeigten sich Quaddeln. — Am anderen Tage steigerte sich gegen Abend das Fieber, Brust und Bauch schwollen an; am nächsten Tage war auch der Kopf geschwollen, alle Geschwülste waren vergrössert, Petechien fanden sich auf der Nasenscheide­wand, der Conjunctiva und im Maule. Bis jetzt war dem Thiere Kali nitricum mit Campher und Natron sulphuricnm gegeben worden: nun gab man (am 17. und 18. October) Ferr. sulph. 15*0 mit Honig. Am li). October starb der Patient.
Haubner Hess den Harn dieses Thieres durch Herrn Sus­dorf untersuchen, und Letzterer sagt darüber S. 129 desselben Berichtes Folgendes:
Beim Beginn der Krankheit, und zwar am zweiten Tage, am 16. October Früh 5 Uhr, zeigte sieh der Urin des Thieres dunkel-goldgelb, klar, sehr zäh, schleimig und von saurer Reaction. Er enthielt Spuren von Eiweiss und viel II arnzucker, während Phosphate der Erden und Alkalien, wie im normalen
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Pulyurii-: (Diuresis^; HarnruUv; Laaterstall.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;413
Pferdeham, f'eliltcu. Die saure Reaction war durch Milch­säure bedingt, neben welcher idle übrigen Salze des Pferdehams zugegen waren, natürlich mit Aussclduss der kohlensauren, die durch milchsaure Salze vertreten waren. Selbst die Hippursäure war nur spurweise zugegen und war auch nicht durch Benzoc-oder Harnsäure ersetzt; auch der Harnstoff war sehr vermin­dert. Zehn Stunden darauf, Nachmittags 3 Uhr, hatte sich der Harn in seinem physikalischen Charakter sehr geändert, er war ganz trüb, chocoladet'arbeu, dünnflüssig, sehr sauer von Reaction und zeigte unter dem Mikroskope Faserstoffgerinnsel gefärbt durch Blutfarbestoff, weicht! die Trübung und Chocolade-farbe bedingten; ausserdem fanden sich im Harne Krystallchen von oxalsaurein Kalk, aber keine Blutkügelchen.
Durch Filtriren trennte sieh der suspendirte Faserstoff mit dem Blutfarbestoff vollkommen;'der abgelaufene Harn hatte eine goldgelbe Farbe und enthielt noch die vorhingenannten Bestand-tiieile, nur dass sich das JEiM'eiss vermehrt, der Zucker aber vermindert hatte.
Am 17. October war der Urin wieder klar, schwach bier-braun, schleimig und schwach sauer, frei von Eiweiss und hatte nur noch Spuren von Zucker. Im Nachmittagsharn war der Zucker verschwunden, dagegen traten aber Erdphosphate auf. Am Nachmittag des 18. October nahm der Harn wieder eine trübe Beschaffenheit an, zeigte abermals kleine Mengen von Harnzucker und Eiweiss, enthielt am 19. Morgens kurz vor dem Tode des Thieres Faserstoff mit Blutfarbstoff, viel Eiweiss, Phos­phate, aber keinen Zucker.
Der Zuckergehalt des Urins wurde durch die Trommer'-sehe und durch die Bö ttcher'sche Probe, sowie durch Grährung des Urins nach Zusatz von liefe bestimmt.
Ich gebe Ihnen diesen Fall von acuter Meliturie, wie er ist, ohne weiteren Commentar als den, dass der Zucker im Harne hier wohl als ein untergeordnetes, vielleicht gar nur zu­fälliges Symptom des Erysipelas aufgefasst werden dürfte.
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Das Bluthamon: Hämatoria.
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XXV.
Das Blutliariien; Hämaturia.
Hämorrhagische Diathese — Hämorrhagie per diapedesin
— Amöboide Bewegung der rothen Blutkörperchen —
Anthracöse Hämaturie.
Man pflegt mit Hämaturie jenen Zustand zu bc-zeicbnen, bei welchem blutiger oder durch Bltitroth ge­färbter Urin abgesetzt wird.
Ein blutiger oder durch Blutroth gefärbter Urin geht aber bei sehr verschiedenartigen Erkrankungen der das uropoetische System bildenden Organe ab, und so ist es eigentlich auch gar nicht gerechtfertigt, das Blutharnen als eine eigene Krankheitsform hier zur Sprache zu bringen. quot;Wenn wir nun dieses aber trotzdem thun, nachdem wir der Hä­maturia renalis sogar gleich im ersten Vortrage über Hy­perämie der Nieren mehrfach gedacht haben, so wollen Sie den Grund dazu einmal in der an und für sich auffälligen Krank­heitserscheinung und dann in dem Usus suchen, besonders hervor­stehende Erscheinungen als eigene Krankheitsbegriffe hinzustellen. Wollten wir von diesem Gebrauche Umgang nehmen, so hätten wir von diesen Vorträgen schon eine Anzahl Krankheiten aus-schliessen müssen, die, da sie nur durch ein besonders hervor­ragendes Symptom sich den Rang einer eigenen Krankheits-form errungen haben, ebenfalls nicht hier zur Sprache hätten gebracht werden dürfen. Ich mache Sie bei dieser Gelegenheit nur auf den Diabetes mellitus aufmerksam, von dem Sie sicher­lich die Ueberzeugung gewonnen haben werden, dass der Zucker­gehalt des Harns nur eine Erscheinung — möglicherweise auch nicht einmal eines einheitlichen pathologischen Processes ist. —
Sie wissen es also bereits, dass die Hämaturie nur ein Symptom ist, das bei verschiedenen Erkrankungen der Nieren, des Nierenbeckens, der Ureteren, der Blase und der Ure­thra entstellen kann. Eine Hämaturie kann aber auch ent­stehen, wenn Blut von anderwärts her sich mit der Harn­flüssigkeit vermengen kann, so z. B., wenn bei Prostata-
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Da-s IJluthaniou ; lliimauiria.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;41o
blutungen sich das abflicssencle Bhit in der Urethra mit dem Harne vermengt und letzteren blutig färbt.
Wir haben aber ausserdem noch eine Form der Ilämaturie, die nur indirect auf eine Erkrankung des uropoctischen Systems Bezug hat, — ich meine die hämorrhagische Diathese, der wir namentlich beim Anthrax begegnen.
Ich unterscheide also zwei Haupt for men der liama-turie, die eine Form ist bedingt durch Blutau stretungen aus zerrissenen Gefässen in den uropoetischen oder solchen Organen, welche in nächster Nähe der ersteren liegen und durch präexistironde Canäle oder durch Fisteln mit den Harnwegen in Verbindung treten können. Diese Form der Ilämaturie mag übrigens auch durch eine per diapedesin entstandene Blu­tung erzeugt werden.
Als zweite Hauptform der Ilämaturie unterscheide ich die vorhinerwahnte hämorrhagische Diathese.
Beiderlei Formen der Blutung können in allen hierher be­züglichen Organen vorkommen und sind auch keineswegs seltene Vorkommnisse in der thierilrztlichen Praxis,
()bgleicli die sich in Folge einer hämorrhagischen Diathese einstellende liamatune niebt eigentlich als eine Krankheit des uropoetischen Systems anzusehen ist, sondern vielmehr als eine solche der blutbereitenden Organe und der Blutgofässe, so werde ich sie hier aber doch nicht übergeben, wenn ich sie auch jetzt schon nicht so eingehend in Betracht nehmen kann, wie sie ihrer Wichtigkeit wegen es erheischt und wie ich es mit der anderen Form der Ilämaturie zu thun mich für verpflichtet halte.
Werde ich zu einer anderen Zeit einmal Gelegenheit finden, vor Ihnen über die hämorrhagische Diathese zu sprechen, so werde ich auf meinen beutigen Vortrag zurückverweisen und dann dort ergänzen, was ich hier zu sagen unterlassen habe.
Die andere Form dcrli ämaturie entsteht also entwederin Folge einer Gefässzerreissung (per rbexin) oder in Folge des Aus­tritts der rothen Blutkörperchen durch die unverletzten Grefässwandungen, d. h. in Folge einer Hämorrhagia per diapedesin. Dass, sobald Gefässe zerreissen, Blutungen ent­stehen, ist Ihnen klar, denn Sie wissen, dass, wenn Sie sich schneiden, es blutet, weil dabei Gefässe verletzt, Gefässlumina geöffnet werden. Aber von einem Austritte der rothen Blut-
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Da-; Blmlianicn: lliiuiiUurui.
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quot;rgt;
körperchen dm-cli die scheinbar intacte Gefasswandung wissen Sie niclits Näheres, — oder Sie haben diese Thatsache vielleicht schon im Allgemeinen oder spcciell für die Hilmaturie bestreiten hören. Sagt ja sogar Vogel' noch lt*6:5: „dass das von frü­heren Autoren angenommene Durchdringen von Blut­körperchen durch die unversehrten, nicht zerrissenen, sondern nur erschlafften (?) Wände der Blutgefässe gegenwärtig mit Recht allgemein in das lieich der Fabel verwiesen istquot;!
Indem ich zunächst nur hervorhebe, dass die Hämaturie in weitaus den meisten Fällen eine Hämaturia renalis ist, erlaube ich mir, Ihnen eine dem Ausspruche V ogel's ent­gegengesetzte Ansicht vorzulegen.
Nehmen wir die Arbeiten Cohnheim's zur Hand und stu-diren dessen Experimente: „über venöse Stauungquot;'-, so er­fahren wir, dass nach Unterbindung der Vena cruralis eines Frosches in den gesammten Gefässen der Schwimmhaut eine pulsirende, rythmische Bewegung auftritt, dann die Strom­geschwindigkeit successive abnimmt und ferner eine starke Transsudation in das Schwimmhautgewebe sieh einstellt, während gleichzeitig, indem die Venen and Capillaren nur sehr uner­heblich sich erweitern, eine starke Anhäufung von Blutkörperchen in diesen geschieht: weiterhin nimmt diese Anschoppung in der Art zu, dass das Gefässlumcn von Blutkörperchen völlig erfüllt wird 7 die letzteren scheinbar unter einander zu homogenen Cy-lindern verschmelzen und endlich die rothen Blutkör­perchen durch die (unverletzte) Gefässwand hindurch (per diapedesin) nach aussen gelangen. Cohnheim unterstellt, dass durch den intravasculären Druck die; rothen Blutkörperchen durch die Stomata der Capillarwandungen und kleinsten Venen hindurch gedrängt werden und so eine llämorrhagia per dia­pedesin entsteht. Aehnliche Vorgänge hat auch Dr. Prussack3 an Salzfroachen beobachtet und beschrieben. Auch Arnold ' in
1 Vogel: Krankheiten der hambereiteiulen Organe. — Hämaturia vera S. 530 der 2. Abth. des VI. Bandes von Virchow sp. Path, u. Therapie.
- Virchow's Archiv. XU., s. 220.
3 Wiener akad. Anzeiger Nr. lö. 1807.
1 Prof.D. J. Arnold in Heidelberg: „Ueber Diapedesis.quot; Virch. Areh. LV1Ü., S. 203 und S. 231.
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Dm I'.luciianieiij IlUmauuia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;417
Heidelberg eonstatirte grösstentheils die eljcn erwähnten Er-scheiaungen in seinen Versuchen an der Froschzunge nach Ver-schliessung der Vena mediana und erweiterte durch diese seine Mittheilungen sogar noch unser darauf hezügliches Wissen. Inter­essant sind seine Mittheilungen besonders insofeme, als er wieder­holt wahrnahm, dass in dem Augenblick, in welchem ein rothes Blutkörperchen seinen Fortsatz ans der Gefässwand herausschiebt. ein Flüssigkeitsstrom an derselben Stelle nachstürzt, bis durch Anschlagen eines oder mehrerer Blutkörperchen an dieser Stelle oder durch die verminderte Spannung der Gefässwand die in letzterer bestehende Lücke (Stoma) verschlossen wird. Ferner beobachtete er, wie von dein Zinnoberstaub, den er in die Blut­bahn brachte, neben rothen Blutkörperchen und Blutserum auch Zinnoberpartikelchen extravasirten. — Diese Stomata in den Capillarwandungen wurden vordem noch vielfach und na-mentlich von Solchen geleugnet, welche die (Johnheim'schen Ex­perimente nicht fertig brachten und desshalb die Richtigkeit der­selben bezweifelten; nun aber demonstrirt Arnold diese natür­lichen Oefinungen, die Stigmata und Stomata, die in den Kittleisten zwischen den die Capillanvand bildenden Endothel-zellen liegen, jedem ad oculos als kleine dunkle Funkte oder lichte mit dunkler Contour versehene Stellen. (Taf. V. Fig. ijO). Auch von anderen Seiten ' wurden diese Oeffmmgen so vielfach in den Capillarwandungen gesehen, dass an ihrer Existenz kaum mehr gezweifelt werden kann.
An eine selbstständige, active Bewegung der rothen Blutkörperchen denkt übrigens Arnold so wenig, als wie Cohnheim; auch glaubt Ersterer, dass durch den Blutdruck die rothen Blutkörper durch die Gefasswanduug hindurchgepresst werden, und behauptet, dass ihre extravasculäre Wanderung die Folge einer von den Gefässen aus durch die Stomata erfolgten Saftströmung sei.
Ich habe ausdrücklich hervorgehoben, dass Arnold eine active — auioebenartigc Bewegung der rothen Blut­körperchen nicht erkennen konnte: ich that es desshalb, um Ihnen zu sagen, dass ich selbst mich wiederholt und längere
1 Hoyer, K'ustitzky, Arnstein u. A., siehu Prof. Dr. Arnstein in Kasan: Bemerknugea über Mehinämie u. Melanose. Yirch. Arch. LXI., S. 494.
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Das Blatbamen; Samp;matoria.
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Zeit bemühte, die von mehreren Seiten behauptete active Bcwe-gttngsfäMgkeit der rotlien BlutkOrper zu coustatiren. JMehrfach habe ich dabei und namentlich im bluthaltigen Urin so eigen-thiimliche Bewegungen der rotlien Körper, wie z. B. Fortsatz-bildimgen und Verkürzungen der Fortsätze wahrgenommen, dass ich mich fast für überzeugt hielt, die rotlien Blutkörperchen seien einer activen Bewegung fähig; bei einem nächsten Versuch bemerkte ich aber bei der leisesten Strömung in der Zusatz-flüssigkeit, bei der geringsten Erschütterung der so überaus weichen und biegsamen Blutkörperchen, bei dem Herumrollen der letzteren um sich selbst und namentlich bei jenen Erschei­nungen, die durch verschiedene Zusatzflüssigkeiten in den Blut­körpern erzeugt werden, ähnliche Ausläufer der Blutzellen und das Wiederverschwinden der Protuberantien, so dass ich jetzt diese Bilder nur für den Effect einer mechanischen Ein­wirkung auf die Blutkörperchen halten konnte. — So klar und deutlich, wie man die amöboiden Bewegungen der weissen Blutkörperchen sehen kann, habe ich die scheinbar activen Bewegungen der rothen Blutkörperchen jedoch gar nie wahrnehmen können, und so stehe ich jetzt nach meinen eigenen Beobachtungen noch schwankend da, ob das, was ich hin und wieder gesehen habe, wirklich amöboide Bewe­gungen waren oder Formveränderungen der rothen Blutkör­perchen, wie solche an diesen zarten, geschmeidigen Gebilden so überaus leicht bei der schwächsten mechanischen Einwirkung auf sie eintreten können. Freilich wohl muss ich gestehen, dass ich bis jetzt am ehesten noch geneigt bin, eine amö­boide Bewegung der rothen Blutkörperchen anzuer­kennen.
Während ich nun noch auf eine durch eigene Beobachtung herbeigeführte definitive Entscheidung der Frage nach der amö­boiden Bewegung der rothen Blutkörperchen warte, haben An­dere, insbesondere Friedreich1 und Faber,- entgegen den Angaben Oohnhcim's und Arnolds etc., die active Bewe-
1 Prof. Dr. Friedreicli in Heidelberg: Beitrag zur Lebensgeschichte der rotlien Blutkörperchen. Virch. Arch. XU., S. •'i'.tö.
- Faber C, lieber die rothen Blutkörperchen. Archiv f. Heilkunde t873, S. 4SI.
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Das lilutliariKMi; Iliimaturin.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;419
giins^siähigkeit der fraglichen Blutkörperchen als Fac-tum längst hingestellt.
Gestehen wir aber im Einklänge mit Friedreich und Eaber den farbigen Blutkörpem eine active Contractilität zu, so müssen wir auch weiter annehmen, dass das Durchtreten der Blutkörperchen durch die Gefässwandungen nicht allein auf ein Durcbgepresstwerden der ersteren, son­dern auch auf eine selbstständige Wanderung ihrerseits beruht, ganz so, wie auch die wei.ssen Blutzellen im Stande sind, durch Stigmata und Stomata der Capillaren und kleinsten Venen bindurchzuwandern. — Mag diese letztere Frage nun sich nach der einen oder der anderen Seite hin entscheiden, That-sachc bleibt es, dass Hämo rr hagien nicht allein durch die zerrissenen, sondern auch durch die intacten Gefässwandungen erfolgen können.
üebertragen wir diese Erfahrungen auf die in den Glo-merulis eingeschlossenen Gofässseblingen, so dürfte uns eine lliimorrhagie per rhexin und per diapedesin und die daraus resultirende Häraaturia renalis wohl hinreichend er­klärlich sein. — Wir kommen nun zur Beantwortung der Frage, unter welchen besonderen Bedingungen sich eine Hämaturie einstellt?
Eine Hämaturia per rupturam (per rhexin) wird ein­treten, wenn in Folge hochgradiger Stauung dos Blutes in den Gefässen die Wandungen der letzteren zer-reissen, auseinanderbersten, das ausfliessende Blut in die Harnwege — Harncanäl ch on und Nierenbecken, üreteren, Harnblase und Urethra — kommt und sich auf diesen Wegen mit dem Urin vermischt.
Ehe eine solche Ruptur erfolgt, wird aber, wie Cohnheim und Arnold so schön gezeigt haben, schon ein Austritt der Blutkörperchen per diapedesin erfolgen; auch in diesem Falle muss sich das Blut mit dem secernirten Harn vermischen und derselbe als blutiger Harn die Harn­organe verlassen.
Von der Hyperämie ist nur ein kleiner Schritt zur Ent­zündung: — Blutharnen bezeichnet desshalb nicht selten auch das I nitialstadium einer Nephritis.
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Daa Blatbnmei
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Die verschiedenen Hyperämien und Stauungen in den Nieron werden aber, wie Sie schon am Anfange dieser meiner Vor­lesungen erfahren haben, durch active und vornehmlich durch passive Hyperämien erzeugt und spielen in erster Linie besonders sogenannte scharfe Diuretica und in letzterer Beziehung Cir-culationsstörungen die Hauptrolle.
Die Reihe der scharfen Diuretica ist ansserordentlieh gross; es zählen zunächst hierher eine grosse Menge jener Pflanzen, die man auf Frühjahrsweiden im Walde und auf sumpfigen Plätzen findet. Lesen Sie einmal in den Handbüchern der spe-eiellen Pathologie nach, so linden Sie überall als Ursache der Hämaturie bezeichnet, und zwar vorzugsweise als die der Häma-turia renalis, obgleich auch hin und wieder Blasehblutungen auf gleiche Weise erzeugt werden können; Wald weiden, Nieder­holz, Lauhholzpflanzungen, Oedungen mit Wachholder-sträuchen, Weiden in Sümpfen, auf Mooren und auf Torfbrüchen, besonders in n as sen Jahrgängen; der Ge­nuas stagnirenden Wassers, Moorwassers, Wassers aus Waldpfützen, Untergrundwassers.1 — Besonders ver­dächtigt werden die Sprossen der Nadel- und Laubhölzer,-Wachholdersprossen, 3 das Wintergrün, das in den Wein­bergen der Pfalz in grösserer Menge wächst und dort als Viehfhtter verwendet wird,1 Ranunkeln, Schilf, Seegen, Binsen,'' das Bingelkraut (mercurialis annua), quot; Anemonen, Erd-und Heidelbeerkraut,1 Ginster u. s. w.
Besteht nun in einer Gegend Weidegang und werden ge­legentlich desselben die Thiere zu saueren Gräsern und giftig-scharfen oder ätherisch-öligen Pflanzen, namentlich im Früh-
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;3) ;
1 Vörgleiohe fast sämmtliche Jahrgänge der Mittheilmigen .'ins dor tli. Praxis in Preussen.
- Pflug: L'oIut die Sc-liiullichkoit dor Krlen in den Wiesen für unsere llaiistliiere. Z('itscln'. dos landw. ^'eroills in Bayern, 1.SÖ8, S. 73,
i't'lu;;: Können Erlen Blutharnen erzeugen? Gemeinnützige Würzburger Wochenschrift 1858, S. 620.
3 Weichenthalor in Flintsbach. Adam's Wochenscluift. VI., S. 2fi5.
1 Woinemann in Edenkoben. Adam's Wochenschr, IX., S. 165.
:' .Inst Cauvet: Journal de V.'ter. du Midi. XXXI. 1868.
6 Dubois. Jonm. röter, et agric. de Belgiqtie. 1847,
quot; Haubuer, landw. Thierheilkunde. 1., ti. 220.
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Das Blntbamen; Hämaturia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 421
jähre, wo das Futter rar und die Weiden kärglich sind, gebracht oder bekommen die Weidethiere Untergrundwasser u. dgl. zu saufen, ist ttberbaupt die ganze (Jegend Moorboden,1 mit sauren Gräsern bewachsen, oder ist das Land mit reichlichen Laubholz­hecken u. s. w. besetzt, so ist es natürlich, dass die fragliche Krankheit gleichzeitig bei mehreren Thieren auftritt und in manchen — namentlich fatterarmen und nassen - Jahrgangen und vorzugsweise im Frühjahr als Enzootie, d. h. Orts-seuche oder Heerdekrankheit erscheint.
Interessant dabei aber ist es, dass Thiere, die in einer solchen verdächtigen Gegend gross geworden sind, von der Hämatvirie weniger zu leiden haben, als neu an­gekaufte, namentlich sind es Kühe und Sehafe, weiche dann sehr schwer erkranken und nicht selten auch sterben. Solche Erfahrungen hat auch Stockfleth (s. a. a. 0.) gemacht. Von L10 Kühen und 3 Stieren, die neu angekauft waren, erkrankten #9632;sl Stück. Zwei Kühe erkrankten innerhalb eines Monats zwei­mal. Von den Erkrankten gingen 2;gt; Stücke in Verlust.
Die Thiere leiden gar oft gleichzeitig neben der ITämaturie auch an Enteritis und geben blutige Milch. Wie ich Ihnen schon gesagt habe, ist das diejenige Krankheit, welche die „Waldkrankheit'- genannt wird und die den gleichen Ursachen, wie die llämaturic, ihre Entstehung verdankt.
Im Bezirke Oppeln beobachtete Kr. Th. Walter- das Blut­harnen bei einer Sehaflieerde, die wegen Mangel an anderem Futter fast nur allein mit Schlampe von Mais gefüttert wurde. Das Uebel forderte viele Opfer. Auch die ausschliessliche Fütterung von Zuckerrüben erzeugt beim Rindvieh Blutharnen. :!
Durch den Missbrauch mancher Arzneien, z. B. der harzigen Mittel, des Terpentinöls, der Canthariden etc. entsteht ebenfalls liäinaturie.
Ferner sehen wir Blutharnen auftreten nach Erschütterung der Nieren durch Stösse und Sehläge auf dieselben: nach schwerem Fall, schwerem Zug, bei Pferden durch einen schweren.
Inbsp; nbsp;Stockfleth, Professor in Kopenhagen: Klinische lieobachttingen über Bhitliarnon heim Rinde. Zeitschrift für Thiermedicin etc. I.. S. Its.
- Th, Mittheilungen .'ins Prenssen. 1858, S. 146.
IInbsp; Uatlike, Kr.-Th., Steinbildting, vrahrscheinlich in Folge von Zucker-räbenfütterang. Th. Mitth. .quot;ins Prenssen. 1867, S. 1-29.
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Das Bluthamen; Hämaturia.
ungeschickten Reiter, der immer auf den Lenden des Thieres herumjuckt; bei Hunden, die überfahren werden, u. dgl. m. In der Berliner Sammlung- befindet sich eine Ilunde-niere, in der eine Nähnadel steckt: — der Hund hat während des Lebens an Hiltnaturie gelitten.
Ausserdein tritt Bluthamen ein bei Geschwüren in den Nieren, besonders aber solchen im Nierenbecken und in der Harnblase. Solche Geschwüre linden sich als embolisebe Pro-cesse, beim Pferderotz und bei der Perlsucht; sehr häutig auch bei Nieren- und Blasensteinen, beim Carcinom und beim Vor­handensein thierischer Parasiten. In den ulcerösen Process werden dann nahe liegende Geftisse hineingezogen, es werden ihre Wan­dungen zerstört und auf diese Weise die Hämorrhagie und somit auch die Hämaturie erzeugt.
Oefters treten auch Blutungen ans weichen telangiecta-tischen Polypen der Harnblase ein: werden derartige Poly­pen gequetscht oder durch ülcera angegriffen, so erfolgt aus diesen blutreichen Neoplasmen eine nicht selten sehr bedenkliche Blutung.
Ueber das Auftreten der Hämaturie bei Paralysis der Nachhand und bei Nephritis hämorrhagica habe ich im ersten und zweiten Abschnitte dieser meiner Vorträge schon so eingehende Mittheilung gemacht, dass ich cine Recapitulation des bereits Gesagten jetzt füglich unterlassen kann. — Durch Verletzungen und Verschwärungen in der Harnröhre entsteht keine eigentliche Hämaturie, sondern nur eine Hämorrhagie, d. h. ein Ausfliesson lediglich von Blut aus dem Ostium urethrae; in diesem Fall ist dem Pluto nur vorübergehend Urin beigemischt.
Als andere Form des Bluthamens bezeichnete ich diejenige, welche auf einer hämorrhagischen Diathese des Thier-körpers beruht.
Was heisst das: „häraorrhagische Diathese?quot; — Unter Diathese (von öta, durch, und -S-'c^u, nS-svca, stellen, setzen) versteht man die Anlage, die Neigung, die Disposition des Körpers zu etwas, zu einer Krankheit, hier „zur Blutungquot;. Man unterscheidet aber eigentlich noch zwischen Disposition und Diathesis und be­zeichnet mit Disposition die normale Anlage einer Thiergattung, eines Systems, eines Organs zur Erkrankung, während man
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Das Bhithampn; Hiimaturia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;423
Diathesis die Anlage dos Thierkörpers zur Erkrankung nacli einer gewissen Richtung hin nennt; so spricht man z. B. bei Menschen von einer harnsanren Diathesc (Gicht) — hier be­steht die Neigung in verschiedenen Geweben, namentlich in Ge­lenken, zur Abscheidung von harnsanren Salzen; so kann man bei Rindvieh auch von einer kalkigen Diathese sprechen und darunter die Neigung verschiedener Gewebe zur Ausscheidung von kohlensaurem Kalk verstehen u. dgl. m. In diesem Sinne müssen Sie nun auch die luimorrhagische Diathese auffassen, d. h. es besteht eine Neigung in den Gefässen, das Blut durch iiire intacten Wandungen — per diapedesin — oder durch ihre zerrissenen Wandungen — per rhcxin, per rupturam — hindurch­zulassen , ohne dass stärkere Fluxionen oder Stallungen in den verschiedenen Gefiissprovinzen bestehen. Die wesentliche Ursache der Blutungen und der Zustand des Blutes oder der Blutgefilsse, durch welchen die Hilmorriiagie sich erklären Hesse, sind eigent­lich noch unbekannt. Eine solche Diathesis hämorrhagica besteht, meinen Beobachtungen zur Folge, auch bei Thieren, und zwar bei der Bluterkrankheit (Ilämophilie) und dem Scorbut. An beiden Krankheiten habe ich Thiere zu Grunde gehen sehen. Ein Schwein (Bluter) sah ich an Epistaxis und einen scorbut'sehen H u n d an einer Blutung nach Ausziehen eines nur noch ganz locker sitzenden Zahnes sterben.
Eine besonders stark entwickelte hämorrhagische Diathese bemerken wir auch beim Anthrax der Thiere. Da sehen wir Blutungen in alle Gewebe und aus allen natürlichen Getfnungen und verbältnissmässig am häutigsten aus den Harnwegen eintreten, ich erinnere Sie hier wieder an die Blutseuche der Schafe, an die anthracöso, Iläinaturie der Pferde und des Rindviehs.
Ich bespreche die Aetiologie der anthraeösen Hämaturie hier nicht weiter, da die Ursache derselben mit der Aetiologie des Milzbrandes zusammenfällt, die an anderer Stelle ihre Er­ledigung finden muss.
Symptome. Sie müssen hier wieder verschiedene Zustände unterscheiden, nämlich Hämorrhagien aus den Harnwegen, dann die eigentliche Hämaturie und endlich die hämorrha­gische Diathese, die man vielleicht vorläufig ganz einfach Milzbrand-Blutharnen nennen könnte.
Die Hämorrhagien aus den Harnwegen charakterisiren
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Das Blutbamen; Hämataria.
sich durch tropfenweisen oder continuirlichen Abfluss von reinem, heller- oder dunkler rothein Blute aus der Harnröhre oder durch Blutgerinnsel, welche.in derselben
stecken und heim Streichen oder Drücken mit den Fingern ans ihr entleert werden. Stellt sich dns Thier zum Harnen an und setzt wirklich Urin ab, so ist der erste Harn­absatz zuweilen mehr oder weniger erschwert, es werden dann endlich Blutgerinnselchen ausgespült; hierauf folgt blixtiger Urin, der am Anfang intensiver, gegen das Ende meistens weniger roth gefärbl ist und der schliesslich ganz hell, blutlos werden kann. Einige Zeit nach dem Earnabsatz stellt sieh vielleicht wieder Bluttröpfeln ein.
Hat diese Art der Blutung einige Zeit angedauert, so hört sie gewöhnlich von selbst auf, und der später abgesetzte Urin hat seine normale Farbe.
Bestehen Blutungen in anderen Organen als den des nropoetischen Systems, und wird von diesen das Blut 'lürch die Harnwege oder überhaupt durch dieselbe Oeffnung wie der Harn entleert, welch letzteres ja z. B. bei Metrorrhagie -#9632; der Gebärmutterblutung — der Fall ist, wo Blut und Urin per vaginam entleert werden, so sind die Erscheinungen can/, die­selben wie da, wo das Blut aus den Harnwegen kommt. Nur eine eingehende, namentlich manuelle Untersuchung des Thieres nach der Quelle der Blutung kann vor Verwechslung sichern. Häufig', wie z. B. bei Blutungen ans den weiblichen Sexual-organen, gelingt die Ermittlung des Ortes, von wo die Blutung ausgeht, ziemlich leicht; schwerer ist es dagegen schon, hei Pro­statablutungen den Sitz derselben zu ermitteln.
Glücklicher Weise ist bei derartigem versteckten Sitze der Blutung die Therapie im Allgemeinen immer ziemlich dieselbe und somit der Nachtheil für Gesundheit und Leben des kranken Thieres kein so grosser, wenn man auch den Herd der Ilä-morrhagie — wie es leider zuweilen vorkommt — gar nicht ermittelt.
Bei der Diagnose der eigentlichen Hämaturie handelt es sich um den Nachweis, woher das Blut kommt, d. h. welcher Thcil der Hamorgane blutet, und dann, um die Ermittlung, laquo;arum die Ilämorrhagic besteht.
Bei der Hämaturia vera, mag nun die Blutung von den Nieren, den Ureteren oder der Blase ausgehen, wird man immer
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Das Bhitiiarneii; Ilämatuna.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;425
den periodenweise zuweilen etwas verzögerten, manches­mal aber öfteren Absatz eines rüthliclien, rothen oder selbst schwarzbraunen Urins constatiren.
Lassen Sie diesen Urin einige Zeit ruhig stehen, su sehen Sie bald einen Bodensatz auftreten, der dunkel, brannroth oder schmutzig lehmroth gefärbt, ziemlich dick ist und aus Blut, Faserstoff und rothen Blutkörperchen — und bei Pferden insbesondere auch aus Schleim und reichlichem Sediment besteht.
Unter dem Mikroskop sehen Sie in solchem Harn immer eine grössere Anzahl rother Blutkörperchen, oft noch recht gut erhalten, meistens jedoch mehr rund und kugelig aufgequollen. Ein grosser Theil der Blutkörperchen ist aber zerstört und der Urin lediglieh durch den Blutfarbstoff roth gefärbt. quot;Wenn im Harn sich keine Blutzellen mehr nachweisen lassen und die rothe Farbe vom Blutfarbstoff herrührt, so sprechen die Patho­logen von einer llämatiinirie und sind in solchen Prallen die Blutzollen entweder schon in den Gefässen zu Grunde gegangen und der Harn schon gleich in den Nieren, wo er vom Blut ab­gesetzt wird, durch Blutfarbstoff geröthet, oder aber die Blut-körperchen sind erst im Nierenbecken oder in der Blase zu Grund gegangen und haben den dort sich ansammelnden Urin roth tingirt.
Ein solcher rother Urin findet sich zuweilen auch bei Pyämie und Septicämie und meistens bei der anthra-cösen Hämaturie. Die Hämatin uric muss durch besondere Hilfsmittel diagnosticirt werden, da im Urin mancherlei rothe und gelbe Farbstoffe, namentlich Gal I enfarbstof fo ' auftreten, die dem Harn ein ganz ähnliches Aussehen geben, wie der Blutfarbstoff, das Hämoglobin.
Kocht man nun aber einen derartig verdächtigen Urin für sich oder unter vorsichtigem Zusatz von etwas Acidum acetic um, so bildet sieb ein mehr oder weniger reich­liches braunrothes Gerinnsel, welches dem gleicht, das man auch beim Kochen von mit Wasser verdünntem Blute erhält. Kocht man nun dieses erhaltene, getrocknete und ge­pulverte Coagulum in einer Eprouvette mit schwefclsäure-
1 Vergleiche die Einleitung, S. VII. Pflng, Kmnkhelten ilos nropoBtUchen Systems.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 28
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Das Blutharoen: Hämaturla.
haltigem Alkohol, so wird dorsclbe rothbraun durch Aufnahme von Hämoglobin gefiirbt und nach dem Ver­dampfen bleibt eine eisenhaltige Asche ' zurück.
In dem blutigen Urin septieämischor Thiere oder bei janchiger Ulceration in den Harnorganen finden Sie unter dem Mikroskop in grosser Anzahl Mikrococcen, Kugel-bacterien und kleinste stäbchenförinige, sich lebhaft bewegende Bacterien. Im Milzbrand-Blutharn habe ich noch immer die grossen, unbeweglichen, aber biegsamen Pollendcr'schen Stäbchen neben einer Anzahl kleinster, runder, brilunlicbro t her Körperchen'- gefunden. Die letzteren hielt ich für Residuen zerfallener Blutzellen, die aber möglicher Weise auch die von Bellinger3 beschriebenen Keime der Bacteridien sein könnten. Beweise für die Richtig­keit der einen oder der anderen Anschr.unng babe ich nicht.
Die Diagnose der anthraeösen Hämaturie wird wesent­lich unterstützt durch die anderweitigen, dem Milzbrand eigenen, ziemlich auffälligen Symptome.
1st einmal constatirt, dass man es mit blutigem oder blutig gefärbtem Urine zu thun hat, ist aber noch nicht der Sitz und die Ursache der Hämorrhagie ermittelt, so suchen Sie nunmehr nach dem Sitze des Leidens. Ich kann Urnen alle die Untersuchungs­methoden und die einzelnen Erscheinungen, welche Hie zu einem sicheren Resultate hinführen , liier nicht nochmals aufzählen . da ich ja während der ganzen Zeit dieser Vorträge immer bemüht war, Ihnen die Symptome und die Methoden klar zu machen, welche Sie in den Stand setzen, eine richtige Diagnose bezüglich der Art und des Sitzes des Leidens fällen zu können. Studiren Sie wiederholt meine Vorträge, und es wird
1nbsp; nbsp;Auch normaler Barn enthält Spuren von Eisen; (Ins aber auf oben angegebene Weise erhaltene Eisen kann nur von vorhanden gewesenem Blute herrühren, besonders, wenn d.-is übrige Aussehen des Harns für die Gegenwart des Blutes sprach. Ein Eisengehalt der direct dargestellten Harnasche darf nie als Beweis von vorbanden gewesenem Blnto angesehen werden. Vogel und Neubauer. S. 102.
2nbsp; nbsp;Pflu^1 Zur Aetäologio des Milzbrandes. Ein Vortrng, gehalten Im vet.-med. Verein Hessens. Siehe Zeitschrift des landw. Vereines in Messen. Nr. ;!7. l.S7:{.
3nbsp; Bellinger: Zur Pathologie des Milzbrandes. München bei Oldenbonrg 1872.
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Das lilutharm-ii; Bämaturla.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;427
Ilineii auch gelingen, den Sitz und die Ursache der Eämaturie zu ermitteln.
Hier will ich nur ein allgomeines Krankheitsbild ent­werfen und Sie dabei namentlich mit dem Verlauf und Aus­gang dieser Krankheit vertraut machen.
Bei den meisten Thieren, welche am Blutharnen leiden, ist der Sitz in den Nieren und die Ursache eine Hyperämie oder gar eine Entzündung der letztgenannten Organe; selten, dass gleichzeitig' auch aus derselben Ursache und namentlich in Folge des Genusses diuretisch wirkender Pflanzen die Gefilsse der Blasenschleimhaut bluten: desshalb sind auch fast alle Schilderun­gen der lläraaturie dieselben und in der Hauptsache die folgenden:
üie Tbiere sind anfänglich noch vollkommen munter, fressen und saufen wie gewöhnlich; ganz unerwartet geht ein tief dunkelrother Urin ab. So oft die Thiere harnen — und sie setzen jetzt vielleicht etwas öfter ihren Harn ab, wenn auch nicht immer in besonders grosser Menge — erscheint ein bierbrauner schaumiger Urin. Man bemerkt auch ein öfteres, erfolg­loses Anstellen zum Harnen, die Thiere machen einen Katzen­buckel, d. h. sie krümmen den Ifücken und verharren längere Zeit in dieser Stellung; drückt man sie in die Nierengegend,so verrathen sie Schmerz, sie weichen ars, ächzen und stöhnen. 1st auch am An­fange das Allgemeinbefinden nicht merklich gestört, so findet man doch schon am anderen Tage, bestimmt aber am dritten Tage den Puls klein, schwerer fühlbar, beschleunigt, den Herzschlag pochend; die sichtlichen Schleimhäute sind blass, haben einen Stich ins Grünlichgelbe, — sie sind oiigämisch. Der Nasenspiegel heim Kindvieh ist bald feucht und kalt, bald trocken und warm; die Homer zeigen ebenfalls eine wechselnde Temperatur.
Die Kranken sind auch bereits schwächer, hinfälliger geworden, sie bewegen sich ungern, haben einen schwankenden Gang, sie sehen nicht mehr glatt und glänzend aus, die Haare sind trocken, gesträubt, die Haut liegt fester auf und ist daher nicht mehr so recht geschmeidig.
Bei Milchkühen wird das Euter welk, es versiegt fast regelmässig die Milch.
In günstigen Fällen muss mit dem zweiten oder drit­ten Tag der Urin sich wieder aufhellen, muss nach und
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Das Ittutbarut'U: lläiuauina.
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#9632; #9632;
i #9632;
nach lichter werden und seinen Blutgehalt— wenn nicht schon frilher — so doch bis zum vierten oder fünften Tag verlieren.
Dauert dagegen das Blutharnen noch fort, oder ist schon gleich vom Anfange eine sehr grosso Quantität Blut mit dem Urin abgegangen, so treten frühzeitig schwerere Erscheinungen auf: das Fieber wird hochgradig, der Tuls ist äusserst be­schleunigt, ganz elend und schwer fühlbar, das Äthmen wird häufiger, die Kranken ächzen und stöhnen anhal­tend, sie fressen nichts mehr, kauen auch nicht wieder, haben aber einen ziemlichen Durst. In der Maulhöhle ist ein pappiger Schleim.
Die Excremente werden zuweilen diarrhoisch und übel­riechend, zuweilen sind sie dieses vom Anfange an; die T hi ere selbst sind apathisch gegen ihre Umgebung, die Körperoberfläche ist kühl geworden, Hörner und Ohren sind kalt. Ks kommt zum Ausfluss eines schmierigen Secrets ans Augen und Käse der Puls ist klein, kaum mehr fühlbar und fortgesetzt äusserst beschleunigt, 80-, 90-, selbst tOOmal innerhalb einer Minute fühlbar. Viele Thierärzte behaupten nunmehr, dieser asthenische Zustand des kranken Thieres sei nichts Anderes, als ein „typhös gewordenes Blutharnen.
Wie es sich mit dem „typhös Ge w ordenseinquot; verhält. ist ihnen bekannt; es ist hier ein Stadium eingetreten, das im Verlauf jeder schweren febrilen Krankheit sich einstellt, es hat sich ein Status typhosus entwickelt, welcher nicht mit jener bestimmten Krankheitsform verwechselt werden darf, welche dem Menschen eigen ist und „Typhusquot; genannt wird und die ich bei Thieren in derselben Weise wie bei Menschen noch nicht habe auftreten sehen!
Die Kranken fangen an zu husten und ausserdem bemerkt man die Erscheinungen einer — hypostatischen - Hyperämie und Inflammation der Lunge, eine auffallende Schwäche der Herzcontractionen und öfters die Erscheinungen einer allgemeinen Hydropsie.
Unter den Erscheinungen einer allgemeinen Erschö­pfung gehen viele Patienten meistens am sechsten oder achten Tage, zuweilen schon früher, oft auch etwas später zu Grunde.
In jenen Fällen, in welchen Circulationsstörungen die Ursache der Hämaturie sind und keine grösseren Mengen Bluts
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Da.s TiliUlKirm1!!; Iliiniauirin.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;I'29
entleert werden oder die Hämatnrie nur p erio den weise auftritt, kann die Krankheit lange andauern und naeli Hebung' der Ur­sache, z. B. der durch Trächtigkeit bedingten Circulationsstörung, auch wieder verschwinden.
Derartige Hämaturien können oft mehrere Wochen lang an­dauern, ja mit verschiedenen Keinissionen und freien Intervallen während mehrerer Monate bestehen: aus Westindien kommen sogar Mittbeilungen, dass dortselbst auch unter den Thieren, ähnlich wie unter den Menschen, eine eigenthümli ehe Form der Hämatnrie bestehe, die wahrscheinlich in dem Genüsse scharfer Pflanzen oder verdorbenen Getränkes begründet ist, die enzootisch auftrete und Jahre lang niedergradig andauere oder periodisch wiederkehre. Es ist dieses dieselbe Form der Hämaturie, die bei Menschen ih den Tropen so häufig in Chylurie überzugehen pflegt.
Prognose. Das Milzbrand-Blntharnen dauert immer nur einen, längstens zwei Tage und geht fast regelmässig in den Tod über; bei der anderweitigen Hämaturie ist die Vorhersage natürlich sehr verschieden, je nach Ursache und Sitz des Leidens.
Diejenige Art des Blutharncns, die durch Hyperämie der Nieren und der Blasenschleimhaut bedingt wird und die wir hauptsächlich bei der Hämaturie im Auge hatten, lässt sich im Allgemeinen günstiger bcurthcilen, namentlich wenn in der Gegend gross gewordene Thiere erkrankt sind, der Blut­abgang mit dem Urin von vorneherein nicht zu reichlich war, das ursächliche Moment der Krankheit schon sehr bald ent­fernt werden konnte und rechtzeitig rationelle Hilfe geschaffen wurde. — Gut genährte Thiere werden eine Hämaturie sicher leichter überstehen, als schlecht genährte, anämische Geschöpfe; Thiere, die neu in eine Gegend eingeführt wurden, in der das Blutbarnen eine stationäre Krankheit, eine Enzootie ist, erkranken, wie Sie gehört haben, viel schwerer und sterben, wie ich leider mich selbst habe überzeugen müssen, auch gar nicht selten.
Auf jeden Fall sei man bei jeder Form der Hämaturie vorsichtig und mit einer günstigen Prognosis nicht voreilig, es möchte sonst der Arzt als schlechter Prophet im Lande gelten.
I'atholottiselie Zooiomio. Der Sectionsbefund ist jlaquo; nach der Ursache des Leidens verschieden.
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Daa Bhithameu; Hilmatitrln.
Im Verlauf meiner Vorträge habe ieh Ihnen die ganze Reihe der Ursachen einer Ilämaturie vorgeführt und gegenwärtig Sie nochmals axif manche genetische Zustände des Bluthamena auf­merksam gemacht, so dass ich auch hier eine Wiederholung Ihnen längst bekannter postmortaler Elrscheinungen und Zustände füglich umgehen kann.
Therapie. Ich könnte nun sofort zu einer Besprechung der Therapie der Krankheit abergehen, wenn ich auch in dieser Be­ziehung Ihnen noch etwas Neues zu bringen hätte. Unterscheiden Sie aber die Ilämaturie erstens in eine solche, die durch Acria erzeugt wurde, dann zweitens in diejenige, welche ihre Kxistenz fremden Körpern (Steinen, thierischen Parasiten), Neubil­dungen (Carcinom und Polypen) und Geschwüren, dann traumatischen Einwirkungen, einer venösen Stauung und endlich einer Sepsis sanguinis verdankt, so können Sie sich hoffentlich genugsam der Ihnen von mir empfohlenen Therapie all dieser einzelnen Formen des Blutharnens erinnern, ohne dass ich noch ein Langes und Breites darüber zu sagen nöthig hätte. (Siehe insbesondere das Capitel über Hyperämie der Nieren).
Ich erwähne desshalh auch hier nur, die Beobachtung mehr­fach gemacht zu haben, dass bei der euzootischen Ilämaturie der Pferde, Kinder und Schafe ich immer den besten Erfolg vom Ferrum sulphurieum oxydulatum mit einem Decoetum herbae Hyoscyami hatte, ich gebe namentlich von beiden Arzneien je 15'0 Gramm und täglich 2- bis 3mal als Einschütte. Statt des Ferr sulph- können Sie auch Plumbum aceticum 2—3*0 Gramm, höchstens 4*0 Gramm pro dosi und täglich'2-bis .quot;imal geben oder auch Alumen crudum, -PO—6*0 Gramm täg­lich ebenfalls 2- bis 3mal in einer sehleimigen Flüssigkeit. Statt Uerba Hyoscyami dienen das Extractum Hyoscyami spiri-tuosum 2*0 Gramm pro dosi oder das Opium täglich 2- bis 3mal je -PO Gramm. Bei grossem Torpor, d. h. im Status typhosus der Krankheit, lasse man die Narcotica weg und reiche Adstringentien in kleineren Dosen, aber alle 2 bis 3 Stunden mit Camphora trita 2-0 Gramm im Infusum Valerianae und Decoetum Seminis JLini oder man mischt statt des letzteren zum Valeriana-thec einige Gramm Gummi arabicum.
Bei gleichzeitiger Verstopfung sei man auch mit Adstringen­tien vorsichtig und versuche durch reichliche Gaben von Fetten
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Chylurie, l'rinn i-hylosu, Lipnrie. Lympfaorrliagie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4ol
(Axungia Porci; 01. Olivarum; 01. Lini) und öfteren Kly-stieren die Obstruction zuerst zu lieben.
Ja in vereinzelten seltenen Fällen wird man zum Calomel (Hydrargyrum muriaticom mite) in einer, aber dafür grösseren Gabe greifen müssen.
In der Nierengegend mache man kalte Ucberschliige — oder reibe Spiritus camphoratus ein und rege durch öfteres Frot-tiren der Haut und durch leichtes Zudecken die Ilautthätigkcit an — oder schütze durch iieihen und Hedecken der Haut bei bestehendem Sclnveissc die Thiere gegen Erkältung.
Bei Paraplegic der Nachhand wollen Sie an F er rum ses-quichloratum, an Nux vomica und an Seeale cornutum denken.
Oh der in der humanen Mediciu in der jüngsten Zeit mehr­fach gegen lläniaturic so sehr empfohlene phosphorsaure Kalk auch bei Thieren mit Erfolg angewendet werden kann, habe ich noch nicht geprüft.
Stockfletb ' hat bei einer hochgradig anämischen Kuh eine Transfusion von Blut versucht; die Kuli ging zwar zu Grund, das Verfahren war aber jedenfalls rationell.
XXVI.
Chylurio, ürina chylosa, Lipurie, Lymphorrhagie.
Meine Herren!nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ich bringe heute einen Gegenstand zur
Sprache, der, wenn er auch überaus selten vorkommt in der Thierheilkunde aber doch nicht gänzlich unbekannt ist. Ks ist das jener Zustand, der bei den einzelnen Thierärztcn, welche so glücklich waren, ihn zu beobachten, immer ein ziemliches Aufsehen erregte und schon zu der .Meinung Veranlassung gab, dass in solchen Fällen die thierisehe Milch (lac) durch falsche Wege — nämlich durch die Harnwego — zur Aus-
i Stookfleth. a. a. O. S. 13o.
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CUylorie, Irina iliylo.-a, Lipnrte, Lymphorrhagle.
h1
Scheidung komme. Da aucli Mensehenftrzte früher
diesei
Irrtlium befangen waren, so nannte man damals die Krankheit: Gralakturie von yäla, yoiXoXTo;, die IMileh und oupov, Harn, das Milchharnen.
Mit Urina chylosa bezeichnet mau heutigen Tages einen Urin, der eine grössere oder geringere Aehnlichkeit mit dem Saft der Chylusgeßtsse,' weniger mit dem der Lymphe hat. Unter dem Mikroskop findet mau im chylösen Urin Lymphzellen, aber nie in erösserer Menge, und dann eine äusserst feine moleculäre Masse, welche theilweise aus Albuinininolecülen, theilweise aus Fettmolecülen bestehen dürfte, was bei Zunahme der letzteren allerdings dann das darstellt, was mau mit Recht Lipurie nennt.
Diese Lipurie darf jedoch oicht identificirt werden mit jeuem Urin, welcher sich bei längerem Stehen dadurch charak-terisirt, dass auf ihm, z. B. dem der Pferde oder der Hunde, sich ein schillerndes Fetthäutchen bildet.
Bei dem Menschen wird die Chylurie gewöhnlich als eine habituelle Krankheit der Tropenbewohner beschrieben; sie soll immer chronisch sein und unter periodischen freien Intervallen oft bis ;50 Jahre andauern und ohne merklichen Nach-theil ertragen werden können. -
In den Tropen hat man wiederholt bei Menschen die Chy­lurie gleichzeitig neben Erysipelas beobachtet.'' Bei Wöchne­rinnen, Säugenden und manchen anderen Kranken constatirte man ebenfalls die Chylurie.'
Wie diese chylusartige Beschaffenheit des Urins zu Stand.-
kommt, ist durchaus noch nicht klargelegt, und verhältnissmässig noch wenigen Sectionen von P
:h di
ersonen, cue an
Chylurie litten, nicht genügend, einen
Äufschlnss zu geben
1 Der Chylus enthält bekauntlicb noch keine Lyraphkörperohen und mir wenig molecnläre Massen; gt;;r besteht zum grössteu Theil ans Fettkilgelehcu, .lie mit einer Flüssigkeit eine Emnlsiou bilden. Erst uauh dem Durchtritt des Chylus dureli die Darrahänte treten einzelne Lymplikörperchen auf, während die Fettröpfchen schwinden. Nach dem Durchtritt des Chylus durch Sie Mesenterialdriisen kommen die Lymphkörperchen in grosser Menge vor und scheint sieh in diesen Drüsen auch erst der Faserstoff zu bilden.
- Kggel: über Chyhu-ie. Deutsches Archiv f. kl. Mediciu. VI., S. i21.
5 Klebs, path. Anatomie, S. 705.
* Cannstatt: Handbuch der med. Klinik IV, S. 777.
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lt;'liylurio, Urina diylo-sa, Lipurie, Lymphoirliagle.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; t3Ii
Während die Eiuou glauben, dass die Nieron selbst die Vcr-aulassuug zur Ausscheidung nur einzelner Bestandtheile aus dem Blute geben, sind Andere der Ansieht, dass wirkliche Lymphe (?) aus varicösen Lymphgefässen der Niere sieh dein Urin beimisehe (Diabetes lymphaticus; Lymphorrhagia renalis).
Bemex'kenswerth mag es unmerhin sein, dass bei Tlneren durch Inanition eine Oliyluric oder besser gesagt, eine Fi­brin urie erzeugt werden kann.
Die Behandlung der menschlichen (Jhylurie ist ver­schieden, am öftesten dürften Tonica und Adstringentien, namentlich Eisenpräparate, zur Anwendung kommen; auch Tannin wird empfohlen; in Isle de France, woselbst die Chy-lurie öfter zur Beobachtung kommt, soll die Tinctura Cantha-ridum gebraucht werden.
Zwischen den Symptomen der Chylurie des Menschen und jener der Thiere bestehen einige Verschiedenheiten, von denen ich besonders die hervorhebe, dass bei Tlneren meines Wissens die Krankheit noch nie mit chronischem Verlauf gesehen wurde; sie war im Gegentheil immer rasch vorübergehend und hatte auch keine gefährliche Bedeutung für die Gesundheit der Patienten; ja ein solcher chylöser Urin wurde von Thierärzten für einen kritischen Harn gehalten, der einen günstigen Ausgang eines gleichzeitig bestehenden Primärleidens erwarten liess.
Auf einige mir zur Hand liegende Fälle von Chylurie bei Thiere n will ich Sie nun aufmerksam machen.
Zunächst erinnern Sie sich eines Falles, den ich Ihnen schon vor längerer Zeit mitgetheilt habe, als ich Ihnen die Symptome der Nephritis vortrug. Ich sagte damals, ich wiisstc nicht bestimmt, ob ich einen in Rede stehenden Fall dorthin rechnen könne; sollte nun Letzteres wirklich nicht sein dürfen, so eehöre dann der Krankheitsfall hierher. Markham beobachtete bekanntlich ein Pferd, bei welchem innerhalb sechs Monaten viermal eine eigenartige Albuminurie constatirt wurde. Das letzte Mal hatte das Thier Harncolik; nach dem Uriuiren wurde es ruhiger, allein am Penis hing ein beiläufig '/^ Pfund schwerer Klumpen gal­lertigen Urins!
Nehmen wir nun an, dass ein solches Gerinnen des fibrin-oder albuminreichen Urins auch bei gewissen Formen der Chy­lurie, nämlich bei solchen vorkommt, wo die Lymphe sehr reich
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Chvlurif. UrinQ ubylosa, Lipnri #9632;. Lymphorrhagie.
an tibriiioplastisclier Substanz ist, mi dilrfie es kaum ein Irrthura sein, in concreto wenigstens you Fibrinurie zu sprechen.
Ein anderei' vim Allcmani1 mitgetheiltcr Fall dürfte mit grösserer Wahrscheinlichkeit, als der vorige für Chylurie erklärt werden, da hier höchstens eine Verwechslung mit Pyurie vor­liegt, die vielleicht nach dem Bersten eines Abscesses in den Organen des uropoStiscben Systems vorübergehend entstand. Der Sachverhalt ist folgender:
Von einer Kuh wurde vermulhct, dass sie durch die Scheide Milch gebe. Die Kuh liatte vier Tage J'rü'ner in Folge eines Stosses eine eireumseripte Geschwulst des Euters. Als A lleman i die Kuh sah, war dieser Knoten im Knier schon wesentlich kleiner — auch war sonst die Kuh Irisch und munter; aber die Kuh set/.ie ohne alle Anstrengung und ohne Schmerz ungefähr ein halbes Pfund gelblich weissen, zähen, dickflüssigen Harn ab, der, in eine Flasche aufgefangen, dann dunkler wurde. Medi-camentc wurden dem Thiere nichl beigebracht. Schon am an­dern Tagt; war der l'rin weniger zähe, er war gelblich trüb und bildete einen geringen dunklen Bodensatz mit einzelnen weisslichen Flocken: am darauffolgenden Tage war der Urin wieder fast ganz normal, indem er nur noch eine etwas dunklere Farbe zeigte.
15oi der mikroskopischen von Bassi vorgenommenen Unter­suchung fand man im Urin nicht viele Epithelzellen der Harn­blase, aber reichliche Niereuepithelzellen, die den weissen Blut­zellen und dem Eiter gleichen. Bei der chemischen, durch Nallino besorgten Analyse des Harnes fand man Kiweiss, Harn­stoff, Hippursäure und Salze ohne Bestandtheile der Milch, ohne Casein und ohne Fett (?); die Reaction war alkalisch.
Ein dritter Kali von Chylurie wird von dem Divisions-Veterinärarzt Beutele in Adam's Wochenschrift L, 8. 145 mit-getheilt.
Die Kuh litt am ..Kalbefieberquot;. Beutele wurde während des Krankheitsverlaufs durch den kritischen Harn überrascht. Die fragliche Kuh war zehn Jahre alt, eine gute. Milchkuh, die aber asthmatisch (phthisisch) war. Sie lag über sechzig Stunden in voller Lethargie. Ob Arznei gereicht wurde, ist aus dem sehr
1 II Medico veterinario 1870., S. 289.
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(Jrttmle — Äjnxnoniaemie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 435
kärglich bemessenen Bericht nicht zu ersehen, wohl aber scheint es, dass Patient unter warmen Decken lag, denn nach weiteren sechs .Stunden land Beutele unter der Decke die Haut warm, geschmeidig, die Gliedmassen empfindlich, unter den Leih ge­zogen; es ging harter, dann breiiger Koth ab; aber statt eines trüben Urins entleerte die Kuh — ••)w''r sollte es glauben, gegen alle Erwartung, eine Milch, die wie gekochte weisse Rüben roch; gewiss eine ungewöhnliche und höchst seltene kritische Absonderungquot;.
Nach drei Stunden erholte sieh die Kuh und suchte, noch taumelnd, nach Futter; der Urin schien noch einige Zeit weiss und trübe geblieben zu sein, wenigstens dürfte dieses aus den Worten: „so lange als der Urin weiss und trübe abging, war die negative Heilart strenge gebotenquot;, zu schliessen sein.
Die Kuh wurde nach einiger Zeit wegen der „Lungeu-geschwürequot; geschlachtet! —
Therapie. Eine Behandlung derartiger Patienten ist mir nicht bekannt; da man aber an Cbylurio leidenden Menschen Acidum gallicum und Tannin mit Erfolg gegeben haben will (Bencc Jones), so könnte man bei Thieren auch diese Arz­neien, sowie Alaun und Alauntannat, Ferrum sulph. oxyd. mit Inf. Quassiae versuchen.
XXVII.
ürämie Ajmnoniaemie.
Ich eile zum Schlüsse meiner Vorträge über die Krank­heiten des uropoctischen Systems und darum bringe ich auch zu guter Letzt noch eine Krankheit, von der es fraglich sein kann, ob dieselbe mit Becht hier abgehandelt werden dürfe, oder ob wir sie nicht vielleicht besser der Gruppe der Blut-krankbeiten zugewiesen hätten.
Wie wir uns aber schon öfters nach geschätzten Autoren in ähnlichen Fällen richteten, so machen wir es auch jetzt wieder und reihen die Urämie den Krankheiten der Harn-organe an; wir thun dieses um so lieber, weil ihre richtige
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ri'anüc
Anummiaenrio.
Stelle auch bei den Bhitkrankheiten nicht so eigentlich ist und in der Nosologie mit dorn Gruppiren und Classificiren es doch keine rechte Art hat. — 1st im Mechanismus des thierischen Körpers irgend Etwas beschädigt, so bleiben die Folgen für andere Theile der Maschine kaum aus, denn überall spürt uian es, — wenn auch an einzelnen Stellen mehr oder weniger -dass nicht Alles so in Ordnung ist, wie es eigentlich sein sollte.
Zunächst will icdi Ihnen sagen, was man unter ürämie für eine Thierkrankh cit versteht, dann werde ich mit Ihnen eine kleine physiologische Excursion machen und endlieh auf die Uräraie selbst näher eingehen.
Erscheint Ihnen diese Art meines Vortrages vielleicht an­fänglich auch breit — oder gar langweilig, so weiss ich doch, dass, wenn Sie mir mit Aufmerksamkeit folgen, Sie mir schliess-lich Dank dafür wissen: denn Sie haben dann hoffentlich über die Natur der Uräraie, so weit dieses bis jetzt möglich ist, die nöthige Klarheit erlangt.
Mit „Urämiequot; bezeichnet man eine lieiho abnormer Erscheinungen, von denen man behauptet, dass sie beim Thiere auftreten, wenn Stoffe, die mit dem Urin hätten zur Ausscheidung kommen sollen, nicht aus dem Thi erkörper entfernt wurden.
Welche Substanzen nun im Körper zurilckgehalten wur­den, und welche Stoffe es sind, durch die eine urämische Intoxication bedingt wird, darüber bestehen noch mehrfache Meinungsverschiedenheiten; oft stehen sich die Ansichten sogar diametral gegenüber, und ist es desshalb heute noch gar nicht möglich, das Ende dieser Differenzen abzusehen.
Zuerst glaubte man wohl, dass, sobald der Urin nicht voll­ständig durch die Nieren ausgeschieden werden könne, derselbe, den man ja vielfach im Blute für vorgebildet hielt, als solcher die Intoxication veranlasse, weil dann das Blut mit dem urinösen Excret überschwemmt werde.
Später, als man sich überzeugt hatte, dass der Harn als solcher nicht schon im Blute vorgebildet sei, als man einsah, dass der Urin erst beim Ausscheide1)! gewisser Bestandtheile des Blutes durch die Nieren entstehe, dachte man sieh, dass wohl einzelne Bestandtheile des Thierkörpers es sein mögen,
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AmniüiiiafinU'.
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die aus irgend eiuem Grunde niclit zur Ausscheidung durch die Nieren gekommen — die Urämie erzeugten.
Da mau weiss, dass das Wasser des Urins und seine un-orgauischen Bestandtheile auf anderen als den Harnwegen aus dem Körper entfernt werden können, so konnten diese Harn-bestandtheile die blutvergiftenden Stoffe der Urämie nicht sein. Die harnsauren Salze, die Oxalsäure und die Hippur-säure sind es wiederum nicht; denn wenn bei reichlicher An häufung dieser Stoffe im Körper auch Krankheiten entstellen, so sind dieselben doch ganz andere, wie die Urämie, und be­züglich der Hippursüure muss ieb bemerken, dass sie als eigentlicher Harnbestandtheil bei einer Reihe gerade solcher Thiere im Urin normal nicht gefunden wird, welche notorisch am häutigsten nräniiseli werden. Auch im menschlichen Harn fehlt die Hippursäure. Rommel are ' machte übrigens auch bei Hunden Injeetioneii von Hippursäure, die aber nichts Besonderes ergaben. On u'a neu ohservd de particulier!
Wir müsser also als ganz besonders verdächtig den Harnstoff und die Extractivstoffe des Urins ansehen. (Vor Allem gilt dieser Verdacht dem Harnstoff.) Man nennt zwar auch noch andere Körper, z. Pgt;. das Kroatin und das Kreatinin — und Manche lassen sich auch von der Harnsäure, als einem verdächtigen Harnbestandtheil, nicht abbringen.
Was ist nun die 1! arnsäure was ist das Kreatin, was ist der Harnstoff? Können durch deren Retention im lilute wirklich tue Erscheinungen der Urämie hervor­gerufen werden?
Der Harnstoff ist ein überaus stickstoffreicher Körper, er bildet einen reichlichen Bestandtheil im Menschenharn und findet sich auch im Harn der Thiere in ziemlicher Quantität.
Harnsäure ist, dagegen im Menschenharn in geringerer Menge, als der Harnstoff enthalten, bei Carnivoren findet sich auch Harnsäure, bei Omnivoren ist ihre Menge sehr schwan­kend, je nachdem diese Thiere mehr animale oder mehr vege­tabilische Nahrung zu sieb nehmen; bei den Herbivoren finden sich jedoch nur selten und dann ganz geringe Mengen von Harn-
1 W. Romtnelare, de la pathogamp;üe des symptomes nr^miqnes. Tag. .r)4. Brnxelles 1807.
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rriiinic — Amuimihii'mH-
siiuro im Urin. Professor Feser in jMiincliou liat wiederholt Hanisäuru im llanr krankor Pferde nachgewiesen. Bei den Herhivoren tiütt im Urin stritt der Harnsäure die Hippur-säure auf, die sieh bei Menschen und Carnivoren nur selten und dann nur spurenweise im Harn rindet.
Tm Organismus ist die Harnsäure sehr wahrscheinlich eine Vorstufe des Harnstoffs und wird im Verlauf einer weiteren Zersetzung in Harnstoff und Kohlensäure zerlegt.
Die Spaltung der Harnsäure in Harnstoff und Kohlensäure geschieht bei Herbivoren fast gänzlich innerhalb des Tiiier-kürjuTs, bei Omnivoren und Carnivoren wird dagegen nur quot;i:i Theil der Harnsäure im Körper zerlegt, da ein anderer, wenn auch nur kleiner Theil, noch unzersetzl im Urin enthalten ist.
Die Bildung der Harnsäure im Körper ist noch nicht näher bekannt) doch dürften es vielleicht Guanin, Hypoxanthin, Xanthin sein. ;ms denen sie sirh entwickelt.
Ausser der Harnsäure und einigen anderen stickstoffhaltigen Substanzen rindet man im Körper, nainentlieli in den Muskeln, das Kreatin und auch dieses dürfte — was zwar Veit leugnet -ebenso wie die Harnsäure ein ürsprungskörper des Harnstoffs sein. Vielleicht verlässt das ans den Muskeln in das Blut über­gehende Kreatin, das sieh hier (naeb Lehmann, Mimk) durch Kinwirkung des Alkali und des freien Sauerstoffs in Harnstoff und Kreatinin spaltet, ' als Kreatin in, in weitaus grösscrer Menge aber als Harnstoff den Körper.
Die Bildungsstätte des Harnstoffes ist in den thierischen Ge­wehen, besonders in den Muskeln, den Säften und in dem Blute (Lehmann) zu suchen, die Nieren scheiden den Harnstoff lediglich ans
Die Hippursäure ist auch eine stickstoffhaltige, frei im Thierkörper vorkommende Säure und stellt eine mit Glyein ge­paarte Benzoesäure dar.
Die Hippursäure scheint sich im Körper dadurch zu bilden, dass gewisse, Benzoilvorbindumren in den Nahrungsmitteln, na-
1 Uas Kreatin zerfällt dnreh Berflhmng mit ätzenden alkalischen Erden in Sarkosin u. Harnstoff. Kroatin mit Säuren behandelt, bildet sich iu Kreatinin um; Kreatinin verwandelt sich durch längeres Stellen an der Laut wieder in Kreatin. Die Umsetzung des Kreatins in Kreatinin und Harnstoff wird nicht allgemein als richtig angenommen.
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rrämie — Ammonianinlo.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 439
mcntlicli denjenigen ans dem Pflanzenreich, enthalten sind, und ilass auf dem Wege durch den Körper des Thieres sich Jene fraglichen Benzoilverbindungen (Benzogsäure) mit dem Glycil zur Qippursäure vereinigen, die dann mit dem Urin zur Ans-sebeidung kommt.
In wie innigem Connex die Hippursfiure zur Thiernahrung steht, mag daraus hervorgehen, dass bei Pferden der Hippur-säuregebalt des Urins sofort abnimmt, wenn ihnen die Nahrung entzogen wird.
Manche Autoren nehmen an, dass die Bildung der Hip-pursänre in der [jeher durch Umsetzung der Eiweisskörner in BenznSsäure u. s, w. erfolge. — Auf keinen Fall verhält sich aber im Mann1 der Pflanzenfresser die Hippursfture zum Harnstoff, wie im Harne dor Omnivoren die Harnsäure zum Harnstoff.
Ich glaube, Sie flinn gut, sich einzuprägen, dass der Harn unserer grösseren Herbivoren von dem der Omnivoren, der Carnivoren und ganz vorzüglich von dem der Menschen sich unter anderen Merkmalen auch dadurch unterscheidet, dass im Harn der Herbivoren keine Harnsäure ist, dieselbe hat bereits ihre letzte Zersetzung in Kohlensäure und Harnstoff im Körper erlitten. Im Menschen-, Schweine-, Hunde- und Katzenharn findet sieh jedoch immer noch eine kleine Menge Harnsäure, die sieh im thierischen Organismus nicht weiter zerlegte und desshalb neben dem im Körper entstandenen und in den Harn übergegangenen Zersetzungsproducte dor ITarnsäuro, dein Harn­stoff, im Urin angetroffen wird.
Unter Aufnahme von 1 Atomen Wasser geht der Harnstoff in kohlensaures Ammoniak über.
Nachdem Sie nun einigermassen wieder daran erinnert wurden, was Harnsäure, Kreatin, Harnstoff ist. und in welchen Beziehungen diese Stoffe zu einander und zur Hippursäure und dem kohlensauren Ammoniak stehen, können wir uns dem anderen Theil der uns vorgestellten Frage zuwenden
Kann durch Retention dieser genannten Stoffe oder durch einzelne derselben im Blute der Thiere eine urämische Intoxication entstehen?
Zur Erledigung dieser Frage hat man die beiderseitige Ncphrotomie gemacht oder die üreteren oder die Nieren-
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Urämifl — Ajxnaooiaemie.
arterien unterbunden oder Harnstoff direct ins Blut ge s pr i tz t.
Der Effect dieser Expei'imente wird sehr verschieden ge­schildert, und gerade hierin differiren die Meinungen der Autoren oft so himmelweit von einander.
Hammond,1 Munk,2 Meissner3 behaupten, dass sieh #9633;ach Unterbindung der Nierenarterien rasch der Harnstoff im Blute vermehre und die Erscheinungen der ürämie auftreten.
Dasselbe sah man auch eintreten, wenn man (Oppler, ' Munk, Meissner, Zalesky,5 Kühnequot;) die Ureteren unterband.
Nach der Nierenexstirpation fand eine ganz grosse Reihe der (Jntersucher den Harnstoff im Blute wesentlich vermehrt und die Erscheinungen der ürämie.
Prevost und Dumas landen in 150'0 Gramm Blul eines Hundes, der nach der Exstirpation der Nieren noch zwei Tage lebte, mehr als 20 Gramm Harnstoff; ans 60 Gramm Blut von einer Katze, der gleichfalls die Nieren genommen waren, wurden 100 Gramm Harnstoff gewonnen.
Einzelne der Beobachter, wie z. B. Oppler, Perls und Zalesky, fanden aber nach der Nierenexstirpation den Harnstoff im Blute nicht so reichlich, als wie nach der Ureterenimterbindung. Meissner erklärt nun diese Erscheinung, die er gleichfalls bei Hunden, nicht aber bei Kaninchen constatirte, dahin, dass eine Anhiiui'ung des Harnstoffes nach der Nierenexstirpation dann nicht zu Stande komme, wenn der Harnstoff durch den Magen ausgeschieden werde; letzteres geschehe nach der Nephrotomie auf der Schleimhaut des Hundemagens und der Gedärme sehr rasch und in beträchtlicherer Menge, als nach der Unterbindung der Ureteren, und ausserdem stelle sieh auch das Erbrechen bei Hunden nach der Nephrotomie viel häufiger ein. als nach der Unterbindung der Ureteren, weil, wie Oppler meint, das Er­brechen durch eine sympathische Reizung der Magenschleimhaut
#9632;
1nbsp; W. A. Hammond; On urämio intoxication. Americ. Jornal of the me­dical Sciences. January 18lit.
2nbsp; Ph. Munk, Berlin, kiln. Wochenschrift Nr. 11 u. 18. 180-1.
3nbsp; G. Meissner, Bericht über die Ürämie betreffend. Zeitschr. für rationelle Medicin. XXVI., Heft 3.
4nbsp; Oppler, Virchow's Archiv. XXI., 8. 200.
r' Zalesky, Untersuchungen über den urämischen Process. Tübingen. ISC)/).
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rräinic — Aimnimiat'mii .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4:tl
in Folge der Reizung der Niereunerven hi'.\ der Exstirpation der Nieren rascher ;ils nach dor Uretereaunterbindung erfolge.
Audi Voll fand gleiche Mengen von Harnstoff im Blute;, sowohl nach der Nephrotomie, als auch nach der Unterbindung dor üreteren, wenn nur der Harnstoff nicht durch andere Organe entfernt wurde.
Aus den bisherigen Experimenten ergibt sieh nun noch nicht, dass wirklich der Harnstoff die Intoxication bedinge; denn gerade so gut, wie den Harnstoff, könnten wir auch alle die anderen Harnbestandtheile beschuldigen, welche nach der Arteriell- oder Ureterenunterbindung oder nach der Nephrotomie nicht zur Ausscheidung mit dem Harn haben gelangen können. .Ja bei einer genauen üeberlegung scheint es, als ob der Harnstoff sogar ein ziemlich unschuldiger Stoff wäre; rinden wir ihn doch im gesunden Blut und muss man ziemliche Quantitäten ins Blut spritzen, ehe Krankheits­erscheinungen auftreten, während man nach Einspritzungen von Irin in die Blutgefasse häufig sehr heftige, urämische Erschei­nungen hervorrief.
Um nun das wirkliche Virus zu entdecken, machte man Einspritzungen von Harnstoff ins Blut oder gab Thieren grosso Mengen von Harnstoff per os ein und dabei kam man zu folgenden Resultaten:
Hammond, Meissnor, Houghton und Galiois behaupten, nach Injectionen von reinem Harnstoff die Urämie erzeugt zu haben; dazu gehöre aber eine sehr grosso Quantität desselben man brauche eine viel grössere Menge, als sieh bei spontan urämisch gewordenen Thieren im Körper nachweisen iässt.
Voit ' fütterte kleine, Hunde mil grossen Mengen von Harn­stoff und nahm an ihnen insolange keinerlei auffallende Krank­heitserscheinungen wahr, als sie noch Wasser aufnehmen konnten. Wurde jedoch die Ausscheidung des Harnstoffs durch Wasser­entziehung oder durch Ausschaltung der Nieren ans dem Svstein des Stoffwechsels (Hammond) behindert, so traten sehr heftige urämische Erscheinungen auf. Aehnliches beobachtete auch schon Buhl. - Nach diesem wird der Harnstoff im normalen Zustande
1 Ulilc and Wagner's allgem. Pathologie, S. BIO.
-' Zeitsctirifl für rationelle Medicin. VI., I.söö. Mittheilungen ans der Pfenfer'schen Klinik: die epidemische Cholera.
Pflug, Krankbeiteil ties tirupoOtischen öyatema.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 29
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Urämiü — Animoaiaeuiio.
in den Geweben gebildet und gleich nach seiner Bildung — in stata nascendi — weggespült und ins Blut übergeführt. Durch den Choleraprocess und insbesondere durch die profusen Ent­leerungen von Seiten des Magens und des Darmes verliere das Blut von seinem Wasser und zugleich fast all' sein Kochsalz und werde hierdurch aussei' Stand gesetzt, den Uebergang des Harnstoffs in die Gewebe zu vermitteln und zu begünstigen. Die Zersetzungsproducte der Gewebe und besonders der Harn­stoff häufen sieh bei der Cholera im Hirn, in den Muskeln etc. an, nicht weil die Nieren verstopft sind, sondern weil der Wasserstrom fehlt, der die Zersetzungsproducte nach aussen ab­führen soll.
Wenn man nun ans diesen Erfahrungen wieder einen Schluss zieht, so muss man allerdings den Harnstoff in erster Linie als das giftige Agens ansehen, obgleich es wahrscheinlich sein dürfte, dass der im Blute zurückgebliebene Harnstoff wenig­stens für sich allein nicht die einzige Ursache zur Urämie sein könne.
Oppler und Perls ' sind der Meinung, dass die Urämie durch die Einwirkung verschiedener im Blute entste­ll endor oder zurückgehaltener Extraeti vstoffe auf das Nervensystem erzeugt werde.
Dass die Retention dos Harnstoffs nicht allein die Ursache der Urämie sein dürfte, geht übrigens auch ans dem Umstände hervor, dass nach Angabe Z ale sky's auch Vögel und Schlangen, die keinen Harnstoff ausscheiden, nach der Nephrotomie und nach der üreterenunterbindung urämiseh werden.
Auch Veit ist der Ansicht, dass nicht blos bei der Reten­tion des Harnstoffs, sondern auch hei derjenigen der Harn­säure, der Kalisalze und anderer Harnbestan dth e i I e Urämie sich entwickle. Uebrigens sind auch noch Ilaminond,
Schott
m uiul
Andere, z. B. Zalosky, der Meii
Aogt;
dass
mentlich in einer Vermehrung der Extractivstofi
m
Blute die Ursache der Urämie zu suchen sei.
Mit dem Harn wird auch das Kreatinin ausgeschieden; Socoloff fand es im Pferdeharn und in dem Harn der Milch-
:l #9632;gt;
1 Perls, Beitrüge zur Lehre vom der Uriiink'. Königsberger med. Jahr-Midier. IV.. S. 56.
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Urämte — Ämraoniaanüe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;44^
kälber, Desaignes im Harn der Kühe und Licliig im Hunde­harn. — Dieses Kreatiniu ist ein Spaltungspro duct des Kreatins, welch1 letzteres sieii nach Angabe verschiedener üntersucher, z. B. Heliottin's, ' bei behinderter Harnausscheidung im Körper der Thiere sehr vermehrt ündet. Oppler, Munk, Zalesky, Perls fanden entgegen von A'oit dasselbe bei nephrotomirten und solcben Thieren, welchen die üreteren unterbunden waren, namentlich reichlich in den Muskeln, und ist es besonders Oppler, aber auch Schottin und Andere, welche das Kroatin vorzugsweise verdächtigen, die Ursache der Urämie zu sein — und in der That hat auch eine derartige Behauptung etwas für sich, seitdem Rankt! nachgewiesen hat, dass die An-hänfung des Kreatins im Muskel nachtheilig, ermüdend wirkt, und es demnach nicht unwahrschehilicb ist, dass auch das Nervensystem durch dasselbe afficirt werde, zudem ja auch Valentiner angibt, dass bei Reichthum des Blutes an Kroatin cerebrale Erscheinungen hervorgerufen werden.
Meissner constatirt zwar, dass ein relativ bedeutender Kreatingehalt des Blutes ohne Nachtheil ertragen werde und dass es sehr rasch aus dem Blute in den Harn übergehe. Nach einer injection dos Kreatinins ins Blut trete zwar auch dieses sehr schnell in den Urin über, bei seiner Anstauung im Blute rufe es jedoch bald — in kurzer Zeit aber vorübergehende — Vergiftungserscheinungen hervor, welche sieh als ein Zustand äussorster Erschöpfung und Ermattung zu erkennen geben; das Kreatiniu werde im Blute frühzeitig zersetzt und damit schwinden auch die Vergiftungserscheinungen ohne Zurücklassung eines Nacbtheils.
Jedenfalls dürfen wir aus diesen Angaben schiiessen, dass das Kreatiniu, das sich normal — wenn auch nur in geringer Menge — im Harne findet, bei einer Retention des Harns wobei es sich im Korper immer von Neuem wieder anhäuft, sehr üble Zufälle hervorzurufen im Stande ist; und ich denke wir können desshalb mit Anderen sagen:
Die Urämie ist eine Intoxicationskrankheit, die da­durch erzeugt wird, dass eine Anzahl excrementieller
1 Eduard Schottin: üeber die Ansschoidtmg von Kreatiniu uml Krentin durch Harn und durch Transsudate. Arohiv für physiol. Seilknude, 1880. 5. lieft, 8. 410.
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l'iüinu' — Ammouiamuii
Stoffe, namentlich aber Harnstoff. Kreatin und Kreati-nin und vielleicht auch noch die II a rnsäuro, die Kali­salze und andere Harnbestandtheile (Veit) mit dem Urin nicht zur Ausscheidung kommen, somit in den Gewe­ben und im Blute zurllckgehalten werden und dasselbe so verändern, dass es als Ernährungsmaterial un­tauglich wird und namentlich wegen der dadurch be­einträchtigten Ernährung dos nervösen Apparates eine grosse Reihe der sogenannten urämischen Kr-scheinungen hervorruft. —
Dieser nun wohl Kiemlich allgemein herrschenden Ansicht über das Wesen dor Urämic stehen aber noch mehrere andere Theorien gogendber, von denen ich Ihnen jedoch nur die Theorie von Frerichs und Jone von Traube als die wich­tigsten derselben vorfilhren werde.
Den (todanken. dass nicht der Harnstoff, sondern das durch Zersetzung des Harnstoffs entstandene koh lens au reAmmoniak jene toxische Wirkung hervorrufe, hat wohl Henle zuerst aus­gesprochen. Einige Jahre später stellte dann Frerichs1 auf Grund seiner Experimente folgende Sätze auf:
1 lgt;or Harnstoff wandelt sieh sehr schnell bei ge­gebener Veranlassung in kohlensaures Ammoniak um.
2.nbsp; nbsp;Dieses Salz findet sieh stets im Blute k räm i s eher.
3.nbsp; nbsp;[njeetionen mit kohlensaurem Ammoniak rufen die Erscheinungen der Urämie hervor.
Diesen Angaben Frerichs' zur Folge bestand mehrere Jahre hiiulureh die Meinuni;-. dass lediglieh nur eine Amraoniäniie existire, bis Schottin- 1853 nachwies, dass auf der Haut und in den Excreten cholerakranker Menschen neben den urämischen Erscheinungen reiner Harnstoff und kein kohlensaures Ammoniak vorkäme.
Obgleich die Angahen Frerichs' durch mehrere Forscher, namentlich durch Petroff,3 gestützt wurden, so war dieZahl der
1 Arch. f. phys. Heilkunde. X., S. 399.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Frerich: Die Briglit'sclie
Nierenkrankhcit. Braunschweig. 1851.
- Archiv f. physiol. Heilk. MI.. S. 170.
Alexander Petroff in Kasan. Zur Lehre von der Urämie. (Virchow's Arohiv . XXV., I. u. 2. Heft).
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Aiiujilt;gt;Mi:iquot;Uiigt;'.
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Opponenten lt;li)di zu gross and die Opposition za gründlich, als dass di^ Frerichs'sche Theorie der Ammoniämie an Stella der Uriimie noch fortbestehen konnte.
Wenn wir auch darauf nicht weiter eingehen wollen, dass Schottin im Gegensatz zu Petroff und Zillzer nach der In­jection verschiedener .Substanzen, z. B. von kohlensaurem Na­tron etc. gleiche Erscheinungen wie bei der Urämie eintreten gesehen haben Wolke, oder Opjiler, Mnnk, Voit und wieder im Gegensatz zu Petroff nach Injectioiien von kohlensaurem Ammoniak nicht der Urämie gleiche Erscheinungen wahr­nahmen, so miissen wir doch hervorheben, dass Oppler, Zalesky und namentlich Kühne - Strauch, ' welch'letztere äusserst vor­sichtig die Untersuchungen über den Ammoniakgehalt des Blutes anstellten, unbedenklich die Frage: ..ob das Blut Urämiscber kohlensaures Ammoniak enthalte?quot; mit „Neinquot;' beant­worten! —
Auch die Behauptung Frerichs', dass der Harnstoff sieh sehr schnell in kohlensaures Ammoniak umwandle, scheint inner­halb des thicrisclion Körpers nicht zuzutreffen; so konnte z. B. Voit allen Harnstoff, den er an Thiere verfutterte, im Harne wieder nachweisen und — wie bereits angegeben, — land auch Schottin im Harne nur Harns toll'und kein kohlensaures Ammoniak aui der Haut und in den Excrementen der Cholerakranken, und eiul-licli wurde im Blute kiinstlieli oder natürlich Uräinischer fast immer eine Vermehrung ties Harnstoffs und nicht statt dessen des kohlensauren Ammoniaks constatirt.
Frerichs nahm au, dass das kohlensaure Ammoniak im Blute entstehe, Bernard. Stanius und Treitz- sind aber der Ansicht, dass nach jedesmaliger Unterdrückung der Harnaus­scheidung grössere Mengen von Harnstoff im Darmtractus zur Ausscheidung kommen; innerhalb des Darmtractus werde aber durch ein vorhandenes Ferment der Harnstoff zersetzt und in kohlensaures Ammoniak umgewandelt, letzteres dann iheils mit den Kotheiitleerungeu aus dem Körper entfernt, tbcils verweile es im Darm und ätze die Schleimhaut an, theils werde es resor-
1 Kühne-Strauch: deber das Vorkommen von Ammoniak im Blute. Berliner Centralblatt 1864, S. 36 and 37.
- Treitz: üeber nrlimische Oarmafi'üctionen. Prag. Viertelj. LXTV., S. 143.
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Aiinunii'uu'm'n .
birt und gelange so erst inb Blut, üurcli diese fragliche Resorption entstelle eine Blutvergiftung, die man Ammoniämie aenuen und
von der Uriimie unterscheiden iniisse, da letztere sieh ja durch eine Vergiftung des Blutes mittelst excrementieller Bestandtheile eharakterisire.
Auch Jaksch' und See2 und mehrere Andere unterschei­den eine Urämie von der Ammoniämie. See sagt, die Am­moniämie wird bedingt durch längeres Verweilen eines sich zersetzenden Harns iu den llaruhehältern und in den Uarncanälen (Nierenbecken — Uretereu — Blase) und fände mau desshalb bei Ammoniämie immer einen zersetzten, mit Schleim und Eiter gemischten Harn.
Die Urämie werde bedingt durch mangelhafte Ausschei­dung der Verbrennungsproduete des Organismus (Harn­stoff — Harnsäure — Kreatinin etc.) durch die Nieren.
Er unterscheidet vier Varietäten der Urämie, nämlich:
1.nbsp; nbsp;eine nervöse Urämie; diese ist acut und ausgezeichnet durch Curaa und Convulsionen, denen meist ein Oedem vor­ausgeht.
2.nbsp; nbsp;Eine vertiginöse Urämie, hier bilden die Vorboten der Convulsionen leichte Sclnvindelaul'älle.
3.nbsp; nbsp;Eine digestive Urämie, die mit Erbrechen und Durch­fall einhergeht, und endlich
1. eine dispnoische Urämie, die sich durch Erstickungs-zui'älle charakterisirt.
Diese Unterschiede zwischen Urämie imd Ammoniämie werden gegenwärtig von manchem Schriftsteller restgehalten und für die Pathologie verwerthet. An geeigneter Stelle werde ich auch hier nochmals auf beide Zustände aufmerksam machen.
Die Traube'sehe Tl
e:i sucht die Ursache der Urämie
zunächst nicht in der Retention der für den Körper giftigen Stoffe im Blute, sondern es handelt sieh bei der Bright'sehen Krankheit und der dadurch bedingten Urämie um die grosse Verdünnung des Blutes in Folge des Eiweissverlustcs.
i' I
1 Jaksch, Klinisch. Mittbeilungeu. frager Vierteljahrsch. LXVL, S. 143.
- See: Wiener tried. Tresse: 1869. Nr, 7.
#9632;'' Traube. Allir. med. Centralzeit. 1861. Nr. 103, und Berl. med. Wochen-sclir. 1867. Nr. 17.
ü*.
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rräniir — Aiuiiniui;iriiiir,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 447
Durch dieso Verhältnisse worden seröse Transsudate be­dingt und da gleichzeitig mit Zunahme der Hydrämie und wegen der Hypertrophie des linken Ventrikels eine sehr hohe Spannung im Aortensystem zu Stande komme, so bedürfe es nur einer ganz untergeordneten Steigerung der Spannung im Aortensystem oder der Blutwiisserigkeit (Hydrämie), um Oedeme und nament­lich Hirn ödem hervorzurufen.
Es ist klar, class in Folge gesteigerten Druckes im arteriellen System und der Transsudation von Blutserum in das Gewebe die Capillaren und Venen endlich comprimirt worden müssen, wodurch dann Anämie entstehe.
Bei Oedem und Anämie des Grosshirns wird der Patient comatös, bei Oedem und Anämie des Mittelhirns entstehen {'o nvul si on en; sind das Grosshirn und das Mittelhirn gleichzeitig anämisch, so treten während des Comas auch Conv ulsio nc n auf.
Diese Anschauungen, denen auch Munk beipflichtet, haben allerdings eine grosse Wahrscheinlichkeit für sieh und sprechen namentlich auch die Erfahrungen dafür, dass eine Erleichterung der urämischen Anfälle eintrete, sobald durch Venaesection oder durch Diarrhöe und Erbrechen eine reichliche Wasserabfuhr ans dem Körper geschehe.
Allein in vielen Fällen der Urämie handelt es sich nicht um einen allzureichlichen Verlust des Albumins; nicht in allen Fällen ist Morhus Brightii die Veranlassung zur Urämie und was die Hauptsache ist, der Sectionsbefund nrämischer Thiere steht nicht in Harmonie mit der Theorie, denn man findet bei urämischen Thieren Oedeme und insbesondere Hirnödem gewöhnlieh nicht (Veit, Zalesky): mir Munk ist es, der letzteres bei nephro-tomirlen Thieren beobachtet haben will.
Wir wollen nicht leugnen, dass durch Hirnödem ähnliche Erscheinungen hervorgerufen werden; gewisse Experimente Munks machen diese Angabe sogar sehr wahrscheinlich — allein selbst die Uebereinstiimnuug einer Reihe von Symptomen zwi­schen zwei Krankheiten bedingt noch lange nicht, dass Genesis und Natur dieser Krankheiten mit einander identisch seien.
Aetiologie. Sie haben die Pathogenesis der in Rede stehen­den Krankheit kennen gelernt und können vielleicht es sich jetzt wohl vorstellen, unter welchen Bedingungen sich die Urämie ent-
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rriimii- — Aimm'itia.'iuii .
wickle. — Ueberall, wo durch eine Erkrankung der Niere die Harnabsondertmg gestört wird, also in erster Linie bei Anuric werden wir der Qrämie als Consccutivleiden be­gegnen. So können wir bei ausgebreiteter Nephritis, hei Ne­phritis crouposa besonders der Hunde, bei interstitieller und purulenter Nephritis die Urämie im Verlaufe der Krank­heil antreffen. Aber aucli bei Ret en tie urinae, z. IS bei Hydro-nephrosis, Pyelitis, Cystitis, Harnsteinen, Prostatahypertrophie, Blasenlähmung, Harninfiltrationen sehen wir zuweilen urämische Erscheinungen aul'treten: freilich wohl nicht immer, sugar ver-bältnissmässig selten, oft aber ganz unerwartet.
In manchen Fällen hei Harninfiltration besonders nach Harnröhrenfisteln der Ochsen, die von Thierärzten so gerne für eine Blutvergiftung durch den Harn erklärt werden, mag es sich iiieh t zunächst um Urämie, als vielmehr um Ammoniämie und 1 chorr hämie handeln.
Wenn Sie Veranlassung nehmen, menschenfirztliche Werke über Urämie zu studiren, so drängt sieh ihnen unwillkürlich der Gedanke auf. dass der Mensch zur Urämie eine viel höhere Disposition habe, als unsere Hausthiere und namentlich unsere llerbivoren: soweit als ich wenigstens diese Zustände /ai über­schauen Gelegenheit haue, können unsere Hausthiere und unter diesen ganz besonders das auch sonst so indolente Rindvieh lange Zeit die schwersten Insulte bezüglich der Harnretention und der behindertem Harnausscheidung ertragen, ohne unzweifel­hafte Erscheinungen der Urämie zur Schau zu tragen.
Ich habe eine grosse Reihe von Fällen, theilweise von Nieren-degeneration, theilweise von Harnverhaltung, insbesondere durch Steine, zu beobachten Gelegenheit gehabt, muss aber gestehen, dass dabei Fälle von Urämie mir nur ganz vereinzelt vorkamen, denn das. was anderwärts nach Harninfiltration für Urämie er­klärtwird, halte ich vielfach ftir [chorrhämie oder Septicämie, es ist vielleicht eine Ammoniämie, sicherlich aber uur selten eine Urämie.
Man macht zwar .inch in der humanen Medicin die Beobach­tung, dass unter anscheinend gleichen Bedingungen nur selten die Urämie eintritt, in weitaus den meisten Fällen kommt sie da­gegen niebt zum Ausbruch.
Thatsache ist es. dass die Urämie um so leichter und inten­siver entsteht, wenn die Harnexcretion plötzlich und möglichst
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rriimic — AnimoiiiufiiiM-.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 449
vollständig aufgehoben wird und vicariirende Erscheinungen — Erbrechen, Diarrhöe, profuse Schweisse — ausbleiben. Auch ausgebreitete hydropische Zustände sind dem Entstellen der ürämie nicht besonders günstig, wenigstens weiss man, dass hei Nierendegeneration die urämischen Erscheinungen insolange aus­bleiben als Wassersucht bestellt.
Symptome. Die Symptome der Urämie sind bei kleinen Thieren, insbesondere bei Hunden und Kaninchen, sehr genau bekannt, weil mau bei diesen Thieren oft gunug die Urämie künstlich erzeugte und die auftretenden Erscheinungen genau beobachtete.
Meistens erst einige Zeit nach der Nephrotomie bemerkt man, vielleichl in Folge von Verletzungen der Nerven, eine Paresis der Nachh and oder, da sieh diese Paresis sehen nach einiger Zeit wieder löst, mag dieselbe auch dadurch zu Stande kommen, dass — wie Prof. Bidder angibt — eine grössere Fluxion des Blutes nach der hinteren Partie des Rückenmarks sich nach der Nephrotomie einstellte; hierdurch wird das Rückenmark gedrückt und damit die Schwäche der Nachhand erzeugt und dieses Alles insolange, bis durch einen Collateralkreislauf eine Ausgleichung in der Blutvertheilung erzielt worden ist.
Die Paresis verschwindet frühzeitig wieder, die Thiere haben einigen Appetit, schlafen und verrichten ihre Darmentleerung ziemlich regelmässig.
Paid aber stellt sich Appetitlosigkeit und grösserer Durst ein. Die Thiere liegen viel, ach ten nicht auf ihre Umgebung, sind gleichgiltig gegen Zuruf und im hohen Grade traurig. Zur Bewegung zeigen sie absolut keine Lust und sind auch frühzeitig zur Ausführung einer solchen zu schwach geworden.
Respiration und Circulation sind beschleunigt.
Als nächste hervorragende Erscheinungen ist die Schlaf­sucht und die Betäubung der Patienten, — der Sopor — der Brechreiz und endlich das wirkliche oft anhaltende, gewöhnlich bei der geringsten Bewegung oder nach Wasserauftiahme ein­tretende Erbrechen zu bemerken; fast gleichzeitig stellt sich auch eine, meistens bis zum Tode andauernde, Diarrhöe ein.
Muskelzittern und eclamptische Anfälle gesellen sich hinzu, die Thiere werden bewiisstl o s. kalt über dem ganzen
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iiuiif — Amm
Körper, die Respiration ist erschwert. Die Thiere sind voll-ständig erschlafft, si^ liegen in einem tiefen Schlaf, ans dem sie nicht /.u wecken sind; mit einen) Worte ein gefahrdrohendes „Comaquot; hat sich eingestellt und in der Wirklichkeit geht das­selbe — nur hin und wieder durch Couv ulsionen unterbrochen — iu den Tod über.
Die Krankheit dauert je nach der Grosso des Thiercs zvvei bis fünf Tage, doch hat Hammond einen Hund beobachtet, der nach der Nephrotomie noch zwölf Tage lebte, und Mar­chand erwähnt eines aephrotomirten Schafes, das erst nach vierzehn Tagen starb.
Bei grösseren Thieren, welche nicht künstlieh urämisch gemacht wurden, beobachtete man ähnliche Ei'scheirmngen, leider sind eingehende Untersuchungen über die fragliche Krankheit nicht bekannt.
Es wird zwar allgemein von ITrämie gesprochen und gar häutig gesagt, dass urämische Erscheinungen in Folge der Harn-retention und insbesondere der Harninfiltration eingetreten seien, aber Krankengeschichten über urämische Thiere sucht man in der thierärzdichen Literatur vergebens.
Am bekanntesten sind die Erscheinungen heim Rindvieh nach Blasenruptur oder nach llarnintiltration; aber es ist hier, wie ich ihnen bereits gesagt habe, keineswegs ausgemacht, ob dieses Fidle der Urämie oder Animoniämie seien, oder ob sie sich nicht auf Peritonitis oder Ichorrhiimie bezichen.
Meinen Beobachtungen zur Folge tritt nach der Blasenruptur und zwar bei manchen Patienten schon sehr frühzeitig, eine Pa­resis der Nachhand ein, die Thiere vermögen nicht mehr oder mir mit Mühe und Anstrengung zu gehen, ihr Gang ist dann schwankend und unsicher, selbst stehend können derartige Pa­tienten kaum erhalten werden; sie liegen desshalb am liebsten und strecken den Kopf gerade aus.
Bei einem andern Thcil der Patienten bemerkt man diese Schwäche der Nachhand erst nach zwei bis drei Tagen, dann schlagen sie mit den Füsscn nach dem Hinterleib, sehen sieh nach dein Bauche um, brummen und ächzen (Peritonitis).
Nach kurzer Zeit, — vielleicht nach sechs bis zehn Stun­den — werden die Thiere wieder ruhiger, sie liegen viel, die Körperoberfläche wird kühl, der Puls ist massig beschleunigt,
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Urämle — Ammoniaeraie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '151
klein, das Atlimon schneller und bescliwerlicli. — Der Kopf wird geradeaus gestreckt oder in die Flanken geschlagen. Das Auge erscheint in die Orhitalhöhle zurückgezogen, trübe und schläferig.
Später werden die Thiere nochmals etwas unruhiger, sie können sieh jcdoeb nun nielit mehr viel bewegen. — Dieser Zu­stand weicht dann bald einer allgemeinen Lethargie, es tritt ein klebriger, stark nach Harn riechender Schweiss — Sudoruri-nosus — auf, ja selbst die ganze Hautausdünstnng hat einen urinösen Geruch.
Unter den Erscheinungen der Lethargie sterben die meisten Thiere.
In einem Fall von beiderseitiger Nephritis mit multiplen purulcuten Herden zeigte Patient — eine Kuh — einige Zeit ein nieht sehr bedeutendes Unwohlsein; eines Morgens jedoch frass das Thier gar nicht mehr, war traurie und stürzte mehrmals unter den Erscheinungen von Krämpfeu zu Boden. Dieses gab Veranlassung, mich nach dem hier benachbarten Dorfe Ann eu­ro d zu rufen. Patient lag auf dem Stallboden und konnte nielit mehr auf die Füsse gebracht werden.
Ich selbst konnte nichts weiter, als die heftigsten eclamp-tischen Anfälle mit Opisthotonus constatiren. In den freien Intervallen erschien das Thier vollständig comatös und wurde so als rettungslos getödtet.
Bei Pferden dürfte die ürämie unter mehrfachen Ev-scheinungen eines Dumm-Kollers einhergehen.
Die Pferde drücken mit dem Kopfe gegen die Wand, haben kleinen, beschleunigten Puls, matte, thräneude und schleimige Augen, trockene Haut schlechten Appetit; sie gähnen häutig und sind schläferig. Der Durst ist bedeutend, das Maul heiss und klebrig, die Zunge roth, der Harnabsatz ist verzögert. — In einem concreten Fall wurde blutiger und übelriechender Urin abgesetzt. Die Thiere schwitzen viel und auch ihr Schweiss riecht nach Urin.
Ich gestehe Ihnen, dass diese Erfahrungen mich keineswegs befriedigen, aber ich kann Ihnen im Augenblick nichts Besseres bieten und muss es der nächsten Zeit überlassen, die Symptome der ürämie bei unseren grösseren Hausthieren zuvorlässiger zu fixiren.
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4;)2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Llräiiiie — Ammouiaeinie.
Wenn Sie sich, meine EleiTen, eine Voi'stellung derjenigen Ersclieinungen der Urämie machen wollen, wie sie bei unsern Herbivoreu angetroffen werden dürften, so würden Sie wohl als passendes Bild ein Rind mit Cönurus cerebralis im Endstadium
seines Lebens sieh vorstellen. Vielleicht d'iss in einzelnen Fällen die Uriimie auch unter äbnlichen Erscheinungen verläuft, wie sie dem sogenannten paralytischen Kalhefieber, tier Windrehe odor schwarzen Harnwinde ^sielie Nierenhyperämie und Nephritis) eigen sind.
Bei Menschen bemerkt man als wescntlielic Erseliehumgen: Koptselimerzen, loiehteu Seliwimlel, Gleichgiltigkeit gegen die Umgebung, Bewusstlosigkeit und Schlafsucht (Sopor). In manchen Fällen treten diese Depressions-Erscheinungen nicht auf, sondern man sieht deutlich ausgesprochene Irritationszustände des Hirns, eharakterisirt durch Delirien, Oonvulsionen und namentlich sind diejenigen clonisch-tonischen Krämpfe vertreten, welche man mit acuter Epilepsie — mit Eclampsie — bezeichnet.
Diese Reizzustände gehen allmälig in die zuerst erwähnten Depressions-Erscheinungen über; die Patienten werden apathisch, verfallen in Sopor und Coma und gehen entweder ruhig oder unter Oonvulsionen zu Grund.
Indem ich Ihnen, ineine Herren diese Schilderung mache, kommt mir ein Gedanke, den es mich drängt nicht unausge­sprochen zu lassen.
Ich sehe im Geiste eben eine gros.se Reihe Patienten an mir vorüberziehen, die alle notorisch in Folge intensiver Erkältung erkrankt waren; ich sein' viele, Pferde, die an Meningitis cerebro-spinalis, der subacuten Gehirnentzündung Anderer, und an der Windrehe erkrankt waren, von denen aber viele starben!
Und wenn ich diese Patienten mit den an Urämie leidenden Mensehen vergleiche, so linde ich eine auffallende Aehnlichkeit zwischen den Symptomen der verschiedenen Krankheiten.
Beim Menschen ist der Harnabsatz behindert und bei den fragliehen thierischen Patienten bestellt eine plötzliche Unter­drückung der Hautausdttnstung und letzterer Umstand ruft der Urämie ähnliche Erscheinungen hervor!
1st es hier zu viel gewagt, wenn man der Hypothese Kaum gibt: Die Meningitis cerebro-spinalis und die Ihnen bekannte
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Urilmie — Ammouiaomie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;453
Wiadrehe sind Ki-tuikheitcn, die in Folge gestörter Hautausdün-stung durcli Retention gewisser Stoffe entstehen, die mit dem Schweiss zur Ausscheidung hätten kommen sollen!
Ich will auf diese Fragen nun nicht weiter eingehen, lag mir ja doch nur daran, Ihnen zu zeigen, welche verschiedenen Wege wir zur Erforschung einzelner Krankheiten betreten können.
Zu den Ihnen vorhin geschilderten erethischen oderdenDepres-sions-Erscheimingen gesellen sich heim Mensehen: Erbrechen, das Erbrochene reagirt nicht sauer, sondern ist meistens neutral, hie und da alkalisch, riecht öfters deutlich nach Ammoniak und enthält nach den Angaben mehrerer Forseber: „Harnstoffquot;; es treten ferner, wenn auch nicht constant, doch sehr häufig Diarrhöen auf, Atherabeschwerden his zur heftigsten Dispnoe stellen sich ein, der Puls ist massig beschleunigt, zuweilen verlangsamt. Der Schweiss ist reichlicher, er enthält Harnstoff, der auf der urämischen Leiche nach Abdünstung des Wassers, wie eine An Reif(Pruina) die Stirn bedeckt.
Der Verlauf ist nicht selten ein acuter (Fall in Annen-rod), häufiger ist er subacul oder chronisch. Bei subacutera und chronischem Verlauf ist die Krankheit nie gleichmässig, sie ist vielfach von Remissionen und Exacerbationen unterbrochen, ja es kommen zuweilen vollkommen freie Intervallen vor, wäh­rend wieder zu anderen Zeiten die schwersten Paroxismen sieh einstellen können.
Bekanntlich unterscheidet man vielfach von derUrämie die A mmoniämie, stellt in Folge dessen eine Differenzialdiagnose aid' und sagt, dass bei der üräinie im Allgemeinen die De­pressions-Erscheinungen, bei der Aminuniämie die des Erethismus vorhe rrschen.
Nach Jakscb sollen als Symptome der menschlichen Am-moniämie aufgefaast werden: Trockenheit der Mund- und Ra­chenhöhle, Ekel vor Fleischspeisen, bisweilen Erbrechen mit Durchfall oder Verstopfung: der Urin ist dick, schleimig, eiterig und stark anunoniakaiisch; heftige intermittirende Frostanfälle, trockene Haut, erdfahles Aussehen, Abmagerung bei chronischem Verlauf, grosse Muskelschwäcbe, dabei hohe Körpertemperatur und freies Bewusstsein. In der ausgeathmeten Luft sollen reich­liche Mengen von kohlensaurem Ammoniak sieh nachweisen lassen.
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Cfrämie — Ammoniaetoie.
I
Die Diagnose der Uräinie ist aucli für den Mensehen-arzt keineswegs leicht und namentlicb in den Anfangsstadien schwer möglich. Der Arzt schwankt nicht selten, ob er es in concrete mit einem Typhusfall oder mit Cholera, Febris iuter-mittens, Epilepsie, Apoplexie, mit Vergiftungen oder schwerer Trunkenheit und dergl. m. zu thnn habe, von der Unterscheidung einer Crämie von der Aminoniäinie gar nicht zu reden.
Zur Sicherung der Diagnosis tragen wesentlich hei: der Nachweis einer Störung im uropoStischen System, namentlich Anuric und Ischurie und der zu reichliche (ichalt des Blutes an Harnstoff und Extractivstoffen. In 1000 Theilen Pferdeblut linden sich vielleicht l'iinl his sechs Thcile Extractiv-stoffe; vom Harnstell' allein werden im Blute gewöhnlich nur äusserst geringe Mengen gefunden.
Behufs der Constatirung grösserer Ilarnstoffincngen im Blut empfiehlt Vogel ' folgendes Verfahren:
30—40 Cubikcentimetcr des fraglichen Blutes werden mit etwa der doppelten Menge destillirten Wassers versetzt und einige Tropfen Essigsäure zugesetzt. Hat man Grund, eine grosse Menge kohlensaures Ammoniak im Blute zu vermuthen, so nimmt man etwas mehr Essigsäure. Die Mischung wird in einer Por-zellanschale am besten im Wasserbade aufgekocht, um alles Hämatoglobulin und Eiweiss zu coaguliren. Dieses gelingt aber nur dann vollständig, wenn die Flüssigkeit ganz neutral ist. Man erreicht dieses, indem man sieh sehr verdünnte Lösungen von Essigsäure und kohlensaurem Natron bereit hält und wäh­rend des Kochens so lange kleine Mengen von der einen oder anderen zusetzt, his die Flüssigkeit durch blaues und durch ge-röthetes Lakmuspapier geprüft, vollkommen neutral erscheint. Die Flüssigkeit wird nun durch einen Lappen reiner Leinwand vom Ooagulum abfiltrirt, letzteres unter Pressen durch etwas lauwarmes Wasser wiederholt extrahirt. Der Flüssigkeit setzt man so lange von einer eoncentrirten wässerigen Lösung von salpetersaurem Barvt zu, als noch ein Niederschlag erfolgt, filtrirt und wäscht den Niederschlag auf dem Filtrum mit einer nicht zu grossen Menge sehr verdünnter Baiytlösung aus. Das erhaltene Filtrat wird gemessen.
1 Vogel, die Krankheiten der hambereitenden Organe In Vircbow' Handbuch der spec. Pathologie u. Therapie. VI., S. 4G-2.
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Urämie — Ammouiaemie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;455
Es ist wttnschenswerth, class dessen Menge uicht zu gross wird und bei 30 Cubikccutiineter Blut nicht mehr als 150—200 Cubikcentimeter beträgt, damit die zu fällenden Stoffe nieht zu wehr verdünnt werden. Eine abgemessene Menge des Filtrats wird nun solange mit einer litrirten Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxyd versetzt, bis zugesetztes kohlensaures Natron eine gelbe Färbung hervorruft. Man kann dann leicht berechnen, wie viel salpetersaures Quecksilberoxyd nöthig ist, um die Gesammtmenge der liier in Betracht kommenden Stoffe in einer gewissen Menge Blut auszufällen.
Zahllose Untersuchungen haben ergeben, dass 30 Cubik­centimeter normales Blut vom Menschen und verschiedenen Säugethieren nach der obigen Methode untersucht 0-8 bis 1.0 Gramm Quecksilberoxyd fordern (entsprechend 100 bis 130 Milligramm Harnstoff, wenn wir uns die ganze Masse der ge­fällten Stoffe als Harnstoff denken), während :;o Cubikcentimeter Blut bei Urämie und Ainmoniäniio immer weit mein-, als 1-0 Gramm Quecksilberoxyd forderten (1-8—•2-5, ja in hoch­gradigen Fällen der Urämie und Aiumoniämie 4—5 Gramm).
Stehen sehr grosse Bhitmengen zu Gebote, so kann man den Quecksilberniederschlag durch Schwefelwasserstoff zersetzen und noch weiter auf seine einzelnen Bestandtheile unter­suchen.
Um die Gegenwart von kohlensaurem Ammoniak im Blute nachzuweisen, fangt man nach Petroff das Blut auf, bestimmt die Blutmenge und clestillirt es rasch im Wasserbade. Der zur Aufnahme des Hades bestimmte Ballon wird mit einem Kugelapparat, der circa 20 Cubikcentimeter verdünnte .Salzsäure (1:20) enthält, in Verbindung gebracht. Das im Ballon er­haltene Destillat und die im Kugelapparat enthaltene Salzsäure wird in einer Schale bis zur Trockene eingedampft, der Rück­stand in einer kleinen Menge destillirten Wassers gelöst, Alles in ein Uhrglas gegossen und mit Platinchlorid behandelt und die so erhaltene Flüssigkeit eingedampft. Dieser Bückstand wird mit einem Gemisch aus absolutem Alkohol (1 Theil) und Aether (2 Theile) gewaschen und auf ein abgewogenes Filtrum gebracht. Nachdem die Flüssigkeit durehfiltrirt ist, trocknet man das Filter mit dem Rückstande im Luftbade bei 100deg; C. und wiegt den so erhaltenen Platinsalmiak.
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Uvämic — .Vmiii'iuiiU-inii
Es fragt sich bei diesem Verfahren mir, ob es für alle Fälle zuverlässig genug ist und ob man einen gleichen Rück­stand nicht auch vom Blute „nicht Ammuniämischerquot; erhält!
Bei den Untersuchungen des Blutes auf reinen Ammoniakgehalt mache ich Sie auf möglichst grosse Vor­sicht aufmerksam, denn einmal ist die Stallatmosphäre mit Ammoniak geschwängert und dann entstellt das Ammoniak oft während der Versuche — im Blut. Es stützt sich diese Be­hauptung auf die Erfahrung, dass der Sauerstoff' der Atmosphäre unter gewissen, häufig eintretenden Umstünden zur Bildung von salpeteriger Säure und von Ammoniak aus dem Stickstoff der Luft und dem Wasserstoff des Wassers Veranlassung geben kann und dass, da das Blut bei der Körpertemperatur keinen Ammo­niak abgibt, sondern erst bei einer höheren (über lo quot; (j.) Tem­peratur, unter denselben Bedingungen, unter laquo;#9632;eichen man Ammoniak im Blut nachwies, auch in ganz reinem Wasser, das mit atmosphärischer Luft und Papierschnitzeln vermengt ist, Ammoniak gefunden werden kann.
In der Kxspiratiousluft Urämiseher, iusbesonders aber in derjenigen Ammoniämiseher will man kohlensaures Ammoniak öfters — aber nicht constant — in grösserer Menge haben nach­weisen können; in der Exspirationsluft gesunder Menschen will Reuling ' immer Ammoniak, wenn auch mir in ganz geringen Mengen, gefunden haben: über den Ammoniakgehalt der ex-spirirten Luft unserer llaustbiere gibt es nähere Angaben nicht und sind darauf bezügliche Untersuchungen und namentlich bei Pferden mit um so grösserer Vorsicht aufzunehmen, da diese? alle in einer an Ammoniak überaus reichen Stallatmosphäre athmen, also schon mit jeder Inspiration viel Ammoniak auf­nehmen und dieses auch wieder ausathmeu. — Namentlich werden aber Untersuchungen mit Hämatuxiliupapier im Stall-rautn zu gar keinem Resultate führen.
Prognosis. Die Prognosis der ürämie ist im Allgemeinen anffttnstig und ist das ganz besonders dann der Fall, wenn — wie.
nur
leid
er srar zu häufig
man nicht trühzeitu
H'enu!.
di
1 Reuling, [naug. Dissert. Giesseu 1834. Uebcr den Aninioniakirclialt der exspirirten Luft und sein Verhalten in Krauklieiten mit besonderer Rücksicht auf ürämie.
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Vrümic — Ammoniaemie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 457
Krankheit richtig diagnosticirte und nicht sofort die Ursache, namentlich die Harnrctcntion oder die Anurie heben kann.
Pathologische Zootomie. Die hauptsächlichsten pathologi-scheo Veränderungen bei urämischen Leichen wird man wohl in den Nieren suchen. Hier kann man aber sehr verschieileue Veränderungen constatiren, welche alle darauf hinausgehen, dass sie eine Anurie oder Ischurie oder überhaupt eine Retentio urinae bedingen; so finden Sie z. B. eine ganze Keihe jener Veränderungen, welche der Bright'schen Krankheit oder den verschiedenen Formen der Nierenentzündung überhaupt zu­gehören. — Sie finden in wieder anderen Fällen: Pyelitis, Cystitis, Concremente und Steine in den Harnorganen, Carcinome und polypöse Neubildungen, hochgradige perlsüchtige Zerstörungen u. dgl. in.
Das Gehirn ist normal, hie und da anämisch, selten ödeinatös.
Im Pericardium, den Pleurasäcken, findet sich seröses Tran ssudat.
Das Blut im Herzen ist dunkel gefärbt und besitzt, wie alle parencbyinatösen Organe, den eigenthümlichen Harngeruch (Bruckraül ler), das Herz selbst ist mit Ecchymosen versehen: wiederholt finden sicli die Lungen ödeinatös oder im ersten Stadium einer diffusen Pneumonic.
Der Magen- und Darmcanal ist gewöhnlich mit einem dünnen harnstoffreichen Inhalt gefüllt und die Schleimhaut im Znstand einer katarrhalischen Entzündung.
Therapie. Bei einer Krankheit, deren Prognosis so ungünstig ist, wissen wir schon im Voraus, dass die bisher in Anwendung gebrachten Heilmittel keinen grossen Werth haben können ; und wie Sie hier vermuthen, so ist es auch in der That. Vielfach noch unklar über die Pathogenesis der Urämie, hat man bisher eigentlich nur experimentirt und — den Nagel dabei nicht immer auf den Kopf getroffen.
Ich muss am Ende dieser Vorträge zu meinem Bedauern nochmals unsere grosse Unwissenheit auch in dieser Frage nach den geeigneten Heilmitteln constatiren, — lebe aber der frohen Hoffnung, dass Sie, angeregt durch die vielfachen interessanten und wissenschaftlichen Vorlesungen, die Sie an hiesiger Hochschule, zu hören Gelegenheit haben, in Zukunft
rrliig. Krankhelun alaquo;a unvpolHUchen Systemraquo;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 30
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l'rämie — Ammmiiaemie.
selbst thatkrärtig mit eingreifen , um noch so manche dunkle Stellen in unserer Wissenschaft dem Lichte zuzuführen.
Vor Allem, meine Herren, und das wird Ihnen klar sein, nmss die Ilarnabsonderung durch die Nieren der Norm zugeführt werden; so lauge Sie dieses nicht fertig bringen, ist Ihre Hoffnung auf Heilung der Urämie eine eitle. — Sie haben bereits mehrfach die Methoden kennen gelernt, welche den Harnabsatz bei l-fotontio urinae begünstigen. Ich habe Ihnen ge­sagt, wie Sie durch Catheterisation, durch Druck auf die Blase, durch den Blasenstich, den Blasen- und Harnröhrensehnitt
u. dgl, m. die Harnverhaltung lieben.
Ist dieser Indicatio urgens hinreichend entsprochen, so haben Sie gleichzeitig auch der Haupt indication: „Be­seitigung der Kxtracti vs toffe aus dem Blutequot;, Rechnung getragen; denn sobald der normale Hamabfluss wieder her­gestellt ist, wird auch das Blut sich von seinen Unreinigkeiten säubern , es wird sich mausern und in Kurzem seine normale Mischung wieder erhalten.
Leider aber gelingt die Herstellung des normalen Harn­flusses nicht leicht und ist — namentlich bei destruiren-den Nierenkrankheiteu — gewöhnlich eine rein unmögliche Sache.
Hier muss man manches Mal von zwei Uebeln das kleinere wählen; die Urämie erheischt am dringendsten Hilfe, die Ne­phritis tritt dabei zuweilen in den Hintergrund. Um die Extracliv-stofi'c ans dem Blute fortzubringen, rege man eine kräftige Diuresis an und suche durch den Darmcanal ableitend zu wirken; selbst Brechmittel — sogar bei Wiederkäuern — ver­suche man; auch durch ein diaphoretisches Heilverfahren wird oft eine, wenn auch nur momentane Erleichterung erzielt, selbst Veuaescctionen haben schon eine vorübergehende Besserung veranlasst.
Sie werden in Berücksichtigung des Ihnen eben Gesagten vielleicht gut tbun , sobald Sie den Harnabsatz Ihrer Patienten bewerkstelligt haben, dieselben ordentlich unter kalten Tüchern schwitzen zu lassen, geben ein Abführmittel: Aloe soecotrina, 01. (Jrotouis, ()1. Ricini, Gummi Guttae, je nach der Thiergattung, reichen öfters kaltes Wasser zum Saufen und gönnen dem Thiere Ruhe.
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l'rüinie — Aiumoniaemie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 459
Bei bestehendem Appetit reichen Sie Gras, Kartoffel oder Gemüse. Im Nothtall versuchen Sie eiue Venaesection, und kommen Sie damit nieht zum Ziel — können Sie überhaupt den Haru-fluss und die Harnausscheidung nieht für die Dauer in normaler Weise herstellen, so rathen Sie, dass man sieh mit dem kranken T h i e r e nieht mehr länger plage, sondern dasselbe durch die Keule von seinem Leiden befreie. Das Fieiseh von Sehlaebtthieren ist wegen seines urinösen Gesehmackes jedoeli ungenicssbar für Mensehen.
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Yerzeichniss der Abbildungen.
Tafel I.
Tafel II.
Figur 1. Kohlensaurer Kalilaquo; aus dein Pferdehnrn.
Figur 2. Solileiiuifrc Degciiuratidii ilcr Epithelzellen in den Hlaquo;rncanäl-
i'licu eines l't'erdos. Figur .'5. Diffuse Eiterinfiltration des intertubulären Bindegewebes der
Niere. Figur l. n Fettcystchen als Folge des fettigen Zerfalls des Nieren­epithels. Figur ö. Briglit'sche Nierenkrankheit vom Schwein.
ii Erweiterte Harncanälchen, fettigen Detritus und Chole-
stearin enthaltend. li Harncanälchen, erweitert mit albuminösem und fettigem
Inhalt, c Leere Harncaufilohen. d Blutgefässo mit verdicUtor Media.
e Sclerotisohes und liypertrophisches iuterstitielles Binde­gewebe, f Glomerulus normal, mit verdickter Malpigh-Kapsel. g Hypertrophische Glomeruli. h Atrophische Glomeruli. i Atrophisclies HarncanUlchen im concentrisch geschichteten
Bindegewebe, k Abscess.
Figur (i. Metastatiacher Herd in der .Viere einer Kuh. Figur 7. Fibröse. Degeneration einer Schweinsniere. Figur 8. Congenitales Nierencystoid von einem Kalbe.
a Enveiterte tlarncanälchen.
a' Cystchen. Figur (t. Medullarcarcinom in einer Schweinsniere Figur 1quot;. Colloidkrebs in der Niere eines Kindes.
Tafel III.
,. j 'i -
11
Figur H. Perlsucht in der Niere. Interstitielle Wucherung im Initial­stadium.
Figur 12. Zellige Infiltration der interstitiellen Bindegewebsneabildung bei der Perlsucht,
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Verzeicbniss dor Abbildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 461
Figur IS. Cnotenbildung in der Niere bei Perlsucht
Figur 1-1. Native llani.siiure.
Figur 15. a Hamsaures Natron (amorph).
li Künstliches harnsaures Natron durch Sättigung einer kochenden eoncentrirten Sodalösung mit Harnsäure. Fii'ur 16. Hamsaures Ammoniak. Figur 17. Kalkcyllnder im Pferdeham. Figur IS. Phosphorsaurer Kalk. Figur 19. riiosphnrsanre Ainnmniak-Magncsia. Figur quot;JO. Oxalsaurer Kalk. Tafel IV.
Figur 21. Phosphorsanre Magnesia.
Figur li. Cystinkrystalle ans dem Staube eines Cystinsteins.
Figur 23. Epithel des Nierenbeckens vom Pferd.
Figur 24. Nephritis septiea von einer Kuh.
a Micrococcen. Figur 'Jö. Eustrongylus gigas (nach Gurlt). a Kopf. b Schwanzbeutel iles Männchens mit Penis und am Grunde
mit einem Höekerelien, welches den After enthält c Junge.
Am linken Ende der After. In der Nähe des rechten Kodes bei O die Vulva. Tafel V.
Figur quot;20. Careinom der Harnblase eines Pferdes. Figur il. Carcinoma alveolare desselben Pferdes; mikroskopisches Bild. Figur -JS. Dcsault'scher Unterbindungsapparat. A Drahtträger. B Urahtluhrer v Draht. Figur 29. Vogel's Urometer.
Figur 30. Stigmata und Stomata In den Capillarwaudungen (nach Arnold).
-ocr page 484-
II e g i s t e r.
(Die beigesetzten Zahlen bedeuten die Seiten.)
i
A.
Abfaulen der Ruthe 349.
Abscesse miliare in den Nieren 16, 16.
Adeuom der Nieren 77.
Alliuminurie 1, 10.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; physiologische, bei Gravi-
dität 8.
Allantoin 9(;.
Alveolarkrebs der Blase 266. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ Nieren 77.
Amöboide Bewegung der rothen Blut­körperchen 414, 417.
Aiiiinoiiiämic 435.
Ammoniak, harnsaures 95.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; kohlensaures, dessen Nach-
weis im Blute 455.
Ammoniak, purpursaures IIS.
.,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;saures , harnsaures, im
Urin 118.
Ammoniak-Magnesia, phosphorsaure, im Urin 116, 202.
Amyloide Degeneration der Nieren 2.'s, 58. 61.
Amyloide Reaction 62.
Amputation der Blase 305.
Analysen des Thierharns ;J65.
Analytische Bemerkungen über Harn­steine etc. 114.
Aneurysmen der Niereuarterien 120.
A.phtexiseuclie 178.
Arthritis beim Tripper 1 rJ.
Atresie der Harnröhre 188,223,295, 319. des Urachus 319.
Atrophie, congenitale, der Niereu 04. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Blasenwandung 289.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; , Nieren 91.
Anereu blennorrhoe 172.
Beweglichkeit, abnorme, der Niereu 143. Bittererde, kohlensaure, im Urin 198. Blasen-Amputation 305. -Bruch 312.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ Therapie desselben 315.
„ -Catarrh 148, 160. „ -Ectopieen 294. ., -Geschwülste 261. „ -lialskrampf 330. nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Aetiologie dess. 334.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Diagnosis „ 337.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Prognosis ,, 337.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Symptome „ 335.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Therapie „ 337.
„ -Inversion 298. ., -Krampf 353. ., -Krebs 264. „ -Lähmung 341. „ -Leistenbruch 314. ,, -Mola in der Harnblase 277. ,. -Niere 70. n -Polypen 271.
-Ruptur 188, 207, 321. „ -Schenkelbruch 315. ,, -Schnitt 234. -Steine 188. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ die dadurch bedingten
Krankheiten 188. Blasen-Steinschnitt 234. „ -Sticli 339. „ -Vorfall 307. Blasenwaud, Atrophie und Hyper­trophie derselben 289. Blasenwaud, Atrophie und Hyper­trophie derselben, Diagnose und Therapie 291. Bläschenausschlag an den Genitalien
(gutartige Beschälseuche) 178. Blennorrhoe der Vorhaut 170.
,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ virulente 170.
Blntharnen 414.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; patholog. Zootomie 429.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Prognosis 429.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Symptome 423.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Therapie 430.
mmm
Beschälaasschlag 178. Beschälseuche, gutartige 178. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bösartige 180.
Berstung der H.-mihlase und
Urethra 321. Bestandtheile des Thierharns 366
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Rngistor.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 46.'i
Blutliarncn Ursachen 415.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;I Degeneration, hyaline ilcr quer-
„ verschiedene Ponnen 415.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; gestreiften Muskeln 61.
Blutkörperchen, rotlie, deren .•imiilniiilcnbsp; nbsp; nbsp; Dotfencn-aticin, wäc-liserne 01.
Bewegnng 414, 417.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Degenerative Zustände der Nieren 68.
Hlutschvv.imin in ilei- llltiso. 204.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Diabetes inositos 304.
Böttger'ache Zuckerprobe 387.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ insipidus 370.
Brand (hv Nieren 18.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .. „ acuter, chronischer
Bright'sche Krankheit 18.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;und intermittironder 371.
„ „ beim Menschen 50.nbsp; nbsp; nbsp; Diabetes insipidus, Aetiologie .'mO.
„ „ path. Zootomie -'0.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;n „ Symptome 371.
„ „ Symptome 48.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ lymphaticus 4:!:!.
Bruch der Harnblase 812.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; meliitus 383.
C.
.,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .- dessen Pathogenesis
307.
Capillarembolie der Nieren 30.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Diathese, hömorrhagische 414, 424.
Carcinom der Blase; 204.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Dilatation der Ilhtsi~ 205.
Symptome 200.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des ürachus 317, 319.
bnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n raquo; Therapie 27i).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Dislocationen der lüase 208.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,, Nieren 77.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Diuresis 360.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Ureteren 267.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Divertikel der Harnblase 202.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;im Nierenbecken und Ure-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Hamrölire 205.
teren 140, 207.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;onbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^ Dia(rQose29S
Garcinome 78.
CamiTorenharn 304.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Dysnria 203.
paiiilytica 341.
Therapie 207
„ HamrSbre, nicht vii'ulenternbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;spastfea 330.
175. Catarrh der Harnröhre, virulenter, des
Menschen 109.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;E.
Catarrh der Harnröhre, virulenter, der Echinococcen in der Blase quot;fig
Thiere 177.
Mere 131.
Catheterisiren der Thiere 212.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ectopieen der Blase 208.
Chanker der Zuchtpferde 180.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bichelsteine 188.
Chankerkrankheit 108.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Eiterbildung 8).
Chorda 171.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Eiterharnen 42.
Chylurie 431.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Eiterherde in den Nieren 15.
Therapie 435.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;I Eitelinfiltration der Nieren 15
Cliylns 432.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;: Eiweiss im Harne 4.
Colloidcysten 70.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Enchondrome in der Blase 275
Colloidsubstanz 84.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entstehung der Nierensteine (o'o
Colpocystotomie 260.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entzflndmig der Blase HS.
Congenitales Niereneystoid 66.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. Harnröhre 168.
Cysten in den Nieren 66.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;..nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;_ Nieren 14
Cystennieren 00.
des Nierenbeckens 120.
Cysticercns tenuicollia im Nierenbecken Enuresis 21
131.
Cysten im Urin 110, 202.
mechanioa 358. activa et passiva 350.
Cystitis 148.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;paralvtiear345.
Cystocele 312.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;_ spastica 353. 35,8.
Cystoide Degeneration der Nieren 00. Erkältung 36.
Cystolithotomie 235.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Erweiterung der Blase •''oo
Cystoplegie 328. 341.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Harnröhre 205.
Cystospasmns 335, 355.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (ios Uraehns 317, 319.
Enstrongylus gigas in der Harnblase und Harnröhre 259.
D.
Degeneration, amyloide 58, 01.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Enstrongylus gigas Im Nierenbecken
„ cystoide 58, 00.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;, 131, 132,
„ fettige 58, 03.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ;nbsp; nbsp;Exstirpatinn einer Niere 111.
r fibmido.derNieren 17.58.nbsp; nbsp;!nbsp; nbsp;Extraction dor Steine 249.
-ocr page 486-
4G4
Register,
Feliling'sche Lösung :gt;87.
Fettablagenrag, interstitielle, in den Niereu 65.
Fettgeschwulst der Nieren öS.
in ilcr lil.'istj ÜTiJ.
Fettige Degeneratiou der Nieren öS, (Ki.
Fibrin 3.
Fibrincylinder 21.
Fibröse Degeneration der Nieren 17. öS.
Fibrome, papilläre •I'ii.
„ in Blase und Harn­röhre 271.
Fiuigns Uämatodea in der Blase 264.
G.
Gährnng des Harns zur Zuckerbestim-1111111^ 388.
Galacturie L't-J.
Gallcnfarbstoffe im Urin MI.
Gallertkrebs der Niere 77.
Gangrännbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n - 1deg;.
Gefässe der Nieren, Krankheiten der­selberaquo; 120.
Genesis der Blasen- und Hnrnröhren-steine 195.
Genesis der Nephrolithen 102. Bnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .. Nierensteine 102.
„ Urolythen 195.
Geschwülste in der Blase nnd Harn röhre 261.
Geschwülste, verkalkte, in der Blase und Harnröhre quot;27ö.
Gewicht, speeifisches, des Harns JUJl'.
Glycämie .'JSo.
Glycosnrie 383.
Glycogen 397.
Glycophthiriura 399.
Goimorrhoe des Menschen 168, 169. äecundiire 172.
Oranulareiitartiiug dur Nieren is. 60.
Gyps im Trine 115, 119,
H.
Harn von Schweinen 3('gt;4, 3(59.
, _ Thieren, verschiedenen 364. „ „ Ziegen und Schafen 364, 368, 869. Harn, (lessen Menge 864. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,, speeifisches Gewicht .'itiä.
„ Untersuchung desselben auf Zucker 3Sö. Harnanalysen 365, I [amausscheidung a.iO. Harabestimmungen, quantitative, 389. Barnblase, Anomalien des Unifangs
#9632;gt;HS. Harnblase, Carcinom in derselben 264. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ectopieen derselben 298.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; lüntzUndung 148.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;catarrbalische,
croupös., diplitli. 148. Harnblase, Entzündung, pathologische
Zootoinie löl.
Harnblase, Entzündung, Prognosis 164,
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Symptome löö.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;vnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Therapie 16ö.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hyperämie ders, 207, 321,
Inversion „ 298, „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen in ders, 261,
Polypen 271, „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ruptur 207, 321,
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Tuberkel, Perlsnelit, Kotz
in derselben 261, Harnblase, Umstülpung derselben 2S4. Harnblasen-Bruch 312, „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -Krampf 353,
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -Lähmung 341,
und Harnröhrensteine 188, .,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Genesis
derselben 195, H.-u-iiblasou-Vorfall 307,
-Wandung, Hypertrophie und Atrophie derselben 289, Harngries 99, llarniniiltration ISS, 224. Harnretention 20:i.
Harm-öhre, Anomalien des Umfanges 288, „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entzündung 168.
Tlicrai.ie 1S4. nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;virulente , des
Menschen 169. Harnröhre, Entzündung, virulente, der
Tliieie 177, Harnröhre, Erweiterung derselben 295. Neubildungen in derselben 261, 287,
#9632;
,U gt;H
i lämatinnrie 42ö, Hämatnria 1, 414,
enzootica 421, „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; renalis .'i.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; vera 424,
Hilmaturie Hl.
anthraeüse 414. per aiapedi^sin 41 I.
Hämoglobin im Harne 10,
HämofThagie zwischen Nieren und H
Nierenkapsel 120, Hämorrhagische Diafhese 414, 4:_'-i. jlnni von Carnivoren 3K4,
„ „ Pferden 864, 366.
Harnröhren-Catarrh. nicht virulenter
175, Harnröhren-Catarrh, virulenter, der
Thiere 177. Harnröhren-Schnitt 188, 251.
., Rindvieh :ilt;U, 367.
-ocr page 487-
Register.
4(55
1 [arnrOhreu-Spaltung 320.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-Steine, die dadurch bo-
dingten Krankheiten 188. Harnröhren-Steine, Genesis derselben
195. Il.inirulir 360. Ilarusäiirc-Krystalle 96.
n -Sedimente Im Urin 110. Harnsediment 114. Harnstrenge 203.
Harnstoff, dessen Constatirnug 4r)4. Harnträufeln 336. Harnverhaltung 188, 203, 328. ,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Aetiologie 329.
ir.-irinvinile, schwarze 19.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n Symptome 44.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Therapie 55.
Heller-Moor'sche Zuckerprobe 385. Hernia vesicae urinariae 29.S, 312. Bippursäure 96.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;im Urin 119.
Honigruhr 383. linfeiscnniere 94. Hyaline Degeneration qnergestreifter
Muskeln 61. Hydronephrosis 58, 70, 71. Hydropa renum cyätiens 70. Hydrnria simplex 382. Hyperämie der Harnblase 148. nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,. Nieren 1.
rnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; hb Aetiologie 6.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n .'nitliracöse 2.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n n path. Zootom. 1.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ „ Symptome 9.
inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;n i, Therapie 13.
Hyperkinesis cystocolli 328, 330.
vesicae 355. Hypertrophie der Blasenwandung 389. „ Nieren 91. nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; #9632;•nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ cnmpensa-
torische 91. Hypospadie 320.
Kalk, oxalsaurer, im Urin HC, 199.
„ phosphorsaarer, im Urin 115, 120.
n schwefelsaurer 119.
„ Cyliuderinden llarneanalclien97. Kiesel-Erde im Urin 200.
„ -Säure „ „ 117, 200. Enochengeschwfilste in der iilase 275. K,quot;quot;Telnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .i ii . 275.
Krampf der Blase 353.
„ des lilasenhalses 330. Krankheiten der Nierengefässe 120 Krebs 78.
Krebs der Nieren 77. Krebs im Nierenbecken 140.
., in der Harnblase 204.
n ,i den Uroteren 207.
Lähmnng der Blase ;j|l.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ „ Prognosis 343.
inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n •#9632; Symptome 342.
i, .. Therapie 343. - ., Ursachen 341. nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;des lilasenhalses 353.
Lage, abnorme, der Nieren 143. Lauterstall 300. Lipom in der Harnblase 275. i, ii „ Niere 58. v n nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i, eoniiviiitales 05.
Lipuric 431.
Lithotomie (Urethrotomie) 251. Lithotripsie 235, 250. Lymphorrhagie 431. Lymphosarkom in den Nieren 90.
M.
Magnesia, kohlensaure, im Urin 116,198. „ phosphorsanre, ., ,, 117,201. Markschwamni in der Niere 78. Medullarkrebs der Niere 77.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;in der Iilase 2G4.
Melitämie 383. Meliturie 383, 411.
Menge des ausgeschiedenen Harns 304. Metastatische Nierenentzündung 2s. Micr.icoccen in der Niere 134. Milchharnen 432.
Missbildungen der Blase und Harn­röhre 316. Mitielfleiseh, Blasenbmoh 313. Mola bydatidosa in der Iilase 277. Morbus Brightii 18. Mucin im Harne 12. Murexid 118.
n -Probe ;-Reaction) 118. Myxoma botryoides 277.
in der Harnblase 276. inedullare 279.
31
Incontinentia nrinae 353. [nduration der Niere 17. Infaret 30.
,, -Bildung In den Nieren 95. Infiltration amyloide 62.
durch Hain 188, 224. Inositurie 394.
Invagination der Harnblase 299. Inversion der Harnblase 298. Ischuria paralytica 311. n spastica 330.
K.
Kalk, kohlensaurer, in den Nieren 9(;.
inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;vnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Urin 115, 1!),S.
Pflug. Kranklieiten il.'s nrcmoUtlsdiGn Svsi....laquo;
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460
Register.
I
Nachtripper 17-. Natron, hamsaures 00.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im L'rin 118.
Nephritis 14.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Aetiologie 33.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;catarrhalia 1.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;erouposa, s. albnginea J8,
diffusa IS. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;embolica-arterialis 30.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;hilmorrbagica 19.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; l'iojinose 47.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Symptome 44.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Therapie 55.
interstitialis 14, 1quot;). „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;metastatica 28.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;parenehymatosa 18.
pathologische Zootomie 14. rnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;purulenta lö.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;simplex 14.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Symptome 40.
Therapie 52. Nephrolitheu 99.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ihre Entstehung 102.
Nephrolithiasis (Nierensteinkrankheit)
95. Nephrolithiasis, Symptome 105. Neubildungen im Nierenbecken und
üreteren 140. Netibildungen in der Harnröhre quot;261. in und an der Harn­blase 261. Neubildungen, lymphatische, imNieren-
beckeu und üreteren 140. Neubildungen, lymphatiseho', in den
Nieren 8(5. Neubildungen, polypöse, im Nieren­becken und Üreteren 140. Nieren, abnorme Lage und Beweglich­keit 143. Nieren-Absoess Ifi.
-Arterien, Entzündung ders. 121. -Arterien, Thrombose und Auen-rysmen derselben 120. Nieren-Atrophie 91. Nierenbecken, Enteündnng dess. 126. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.. Prognosis 136.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,. Therapie ]o7.
Neubildungen in dom-selben 140. Nierenbecken, Parasiten, thierische und
pflanzl. in demselben 126. Nierenbecken, Perlsucht, Rotz, Tuberkel
In demselben I4quot;_'. Nieren-Brand 18. ., -Carcinom 77.
., Prognose U.Therapie 8*raquo;. ., Symptome 85. „ Colik 95.'
Nieren-Degeneration 58.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ amyloide (wächserne) 61.
„ cystoide 60. fettige 63.
.. 6bri -Entzündue
59.
14.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Aetiologie 33.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;croupöse 18.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(loslt;|iiamative. 18.
diffuse 18. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;einfache 14, 15.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;iuter.stitielle 14,15.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;metastatische 28.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;parenchymatöse 18
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;patb. Zootomie 14.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Symptome 40.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Therapie 52.
„ -Gefilsse, Krankheiten ders. 120. quot; -Hyperämie 1. ,, -Hypertrophie 91. .. -Infarct 30.
-Kapsel, Entzündung ders. 28. ., -Krebs 77. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n Symptome 8ö.
Therapie 86. -Lipom 65. .. -Mangel '.14. .. -Kotz 86. „ -Steine 95.
Entstehung derselb. 1quot;'_'.
„ pathologische Zootomie
der dadurch bedingtenKraukheiton 95.
Nieren-Steine, Prognosis der dadurch
bedingten Krankheiten 109. Nieren-Steine, Symptome der dadurch
bedingten Krankheiten 105. Nieren-Steine, Therapie der dadurch
bedingten Krankheiten 110. Nieren-Steine vom Esel 100. ., Hund 101. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ., Pferd 100.
„ Kind 100. .. Schaf 101. .,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ..nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ., Schwein 101.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ., von der Katze 102.
-Tuberkel 86. ., -Vene. Ruptur derselben 120. -Verhärtung 17. -Verjauchung 42. -Wassersucht 7o.
Obliteration der Üreteren 148. Oedem der Blasenwand --'90. Oestrus hämorrhoidalis '250. Offenbleiben des Urachus Hlquot;. Oxalsäure- im Urin 109. Oxalurie 199.
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Register.
467
Paralyse der Blase 841.
Paranephritis 32.
Parasiten, thieriscbe und pflanzliche,
im Nierenbecken li'6. Paresis der Blase 841. Perforation des Nierenbeckens 1quot;J0. Pericvstitis 148. Peiiuepliritis 32. Perlsucht im Nierenbecken und Ure-
teren 140. Perlsrtcbt in der Harnblase 261.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; raquo; Symptome 21)3.
•:nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n iinbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ii Therapie if)4.
Pferdeliaru 3()4, 305. Pferdetyplms 144.
Pflanzliche Parasiten in den Nieren 133, Phlyctänenausschlag 1(18. Physiologie der Harnausscheidung 330. Pisse, kalte 377. Polydipsic 373.
Polypen, Abbinden derselben -^83. „ Abdrehen, Abreissen ders.283. „ Abschneiden derselben 282. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Exstirpation derselben 282.
,, im Nierenbecken und üre-tcren 140. Polypen in der Harribinse und Harn­röhre 261, 271. Polypen in der Harnblase und Harn­röhre, Prognosis 281, Polypen in der Harnblase und Harn­röhre, Symptome 279. Polypen in der Harnblase und Harn­röhre, Therapie 282. Polyurie 30o.
mit Hydrun'e 370. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;patholoir. Zootomie 379.
Therapie 379. Prolapsus der Blase 298.
Therapie 310. Prostatitis 171. Punetion der Blase 339. Pyelitis 126.
,, calcnlosa 126. ,, eatarrhalis 126. .. erouposa 126.
diphtlieritica 126. Pyelo-Nephritis 126.
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; rnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;dipbtheritica 133.
Pyorrhea uretbralis 170. Pyurie 17, 42.
R,
Raumschlauch 328, 347.
Aetiologie 349. nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Prognosis 350
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Symptome 348.
.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Therapie 350.
Rectocystotomie 236.
Reposition der umgestülpten Harn­blase 302.
Reposition der vorgefallenen Harn­blase 31).
Retentio urinae 207, 328.
Klieumarthrilis gonnorrlioiea 172.
Rieseupallisadenwurm 132.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; im Nierenbecken 131.
in Blase und Harn­röhre 259.
Kiudvieliharn 364, 307.
Kotz im Nierenbecken 142. „ in den Nieren 80. n in der Harnblase 261.
Ruptur der Harnblase 188, 207, 321. ..nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;..nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Aetiologie 323.
nunnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Therapie 326.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;r Urethra 321.
„ einer Nierenvene 120.
iluthe, Abfaulen derselben 349.
s.
Sanerkleesänre im Urin 199. Schafharn 364, 368. Scheidenblasenbrucb 314. Scbeideublasenschnitt 250. Scbleimgewebs- Geschwulst, trauben-
förmige, in der Blase 277. Sehleim im Harne 12. Schweineharn 364, 369. Seinhus der Niere 77. Seborrhöa genital ium s. priiputii 328.347. Sedimentbildende Stoffe 114. Seeger, Untersuchungen des Harns auf
Zucker 387. Smegma präputiale 328. Spaltung der Harnröhre 320. Spasmus des Detrusors 355. Status typhosus 428. Stauungsuephritis 3, Stauungsniere 1. Stauung, venöse 416. Steatose der Nieren 64. Steine, Entfernung derselben aus der Blase 234, 249. Entfernung aus der Harnröhre 251.
in der Blase 188. Eichel 189. Niere 95. Urethra 189. Vorhaut 189. „ Zertrümmerung derselben in der Blase 250. Steinschnitt 234. Stenose der Harnröhre 223. Stranguria paralytica 341. nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; spastiea 335.
31*
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Register.
I-
Btrongyloa armatoa in NierengefSssen 121.
gigas 132. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; * imNierenbeckenlSl.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ in Kl.asc und H.ini-
röhre 289.
Urocystitis, Therapie derselben 165. Urolithen, Genesis derselben 195. Urolithiasis 188.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;paiholog, Zootomie 226.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Symptome 203.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Therapie 230.
Urocystolithotomie 234. Urocystotomie 234. Urometer naeli Heller 362.
_nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nach Voirel 362.
Tliierische Parasiten im Nierenbecken
1-26. Thrombose lt;ler Nierenarterien 120. Traubenmola in der Harnblase 277. Tripper-Arthritis 172. „ Bnbonen 171. „ Contagium 170. der Thiere 177 r des Menschen 1G0. „ Metastasen 172. Trommer'sche Zuckerprobe 3S0. Tuberkel im Nierenbecken und den Urcteren 142. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; in den Nieren 8G.
„ in der Harnblase 261. Typhus 144, 428.
„ der Pferde 144.
ü.
Umstülpen der Harnblase 284. (Jmstülpung (Inversio) der Blase 208. Unvermögen, Harn zu halten 353.
„ Symptome 350. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Therapie 359.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ Ursachen 353.
Urachus, Atresie desselben 319.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Erweiterung desselben 317,
319. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Offenbleiben desselben 317.
Uriimie 435.
n Diagnosis derselben 454. „ Pathogenesis derselben 43G. n Prognosis 456. „ Symptome 449. „ Therapie 457. Urethritis 168. Urethrostenose 223. Urethrotomie 251. Urethra, Atresie derselben 319. Urina chylosa 431. Urobilin 11. Urocystitis 148.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; patholog. Ziiotoniic 151.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Prognose 164.
Verdickung der Blasenwand 289. Verengerung der Harnblase 292.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; der Harnröhre 188, 223,
319. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; des Urachus 319.
Verhaltung des Harns 328. Verjauchung der Nieren 42. Verkalkung der Geschwülste in der
Blase 275. Verknöcherung der Nieren 61. Vorhaut-Steine 18S. ,. Tripper 170.
w.
Wächserne Nierendegeneration 61. Waldkrankheit 34, 421. Wassersucht der Nieren 70. Wurmthrombose in den Nierenarterien 122.
Zellenbildnng, endogene 59. Zerreissang der Harnblase und der Urethra 321. „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; von NierengefSsson 120.
Ziegenharn 364, 369. ZottengeschwQlstc 272.
.,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;im Nierenbecken nnd
üreteren 140.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;in der Blase 272.
Zuckerhamen 411. Znckerliarnruhr 383.
rnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ae.tlologie 406.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Pathogenesis 397.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;patholog.Zootomie 395.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Prognosis 395.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Symptome 385.
nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Therapie 407.
Zuckerproben 385. Zusammensetzung des Thierhama 305.
Symptome 155.
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