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#9632;P
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BIBLIOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT
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2856 691 1
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31.86
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Erfahrungen und Notizen
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über
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Milzbranderkrankungen
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bei Mensch und Thier.
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Gratulationsschrift zum 50jährigen Doctorjubiläum des Herrn Medicinalrath und Leibmedicus
Dr. Nicolai
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in Arnstadt.
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ftrage des alljjgieamp;en aMtlicSlaquo;5fllr|i:eins für Thüringen
Im Au
'Mi! i
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Darmstadt amp; Leipzig.
Eduard Zernin.
18 7 2.
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Herrn Dr. Ernst August Nicolai
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in Arnstadt
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widmet zu seinem 50jährigen Doctorjubiläum in Anerkennung seiner steten Theilnahme an den wissenschaftlichen Bestrebungen des Vereines diese Gratulationsschrift seines Sohnes,
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hochachtungsvoll
der Allgemeine ärztliche Verein von Thüringen. Erfurt, 10. September 1872.
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Vorwort.
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Die nachfolgende Skizze ist in den engbemessenen Musestunden eines Landarztes entstanden. Sie bietet viel Unvollkommenes und Unvollständiges und macht keinen Anspruch an eine streng wissenschaftliche Ausführung. Dazu fehlte Zeit und literarisches Material. Von diesem Standpunkte aus bitte ich auch die kritische Beurtheilung nicht zu streng zu nehmen. Allen Herrn Collegen, welche mir gütigst auf diese Arbeit bezügliche Mittheilungen zugehen Hessen, meinen besten Dank.
Greussen, den 10. September 1872, am Jubeltage meines Vaters.
Dr. Alphorn Nicolai.
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Die Frage, warum Milzbrand an einzelnen Orten gar nicht, an andern nur zeitweise und sporadisch, an dritten aber enzootisch herrscht, hat schon seit langen Jahren die Forscher beschäftigt, und wenn ich es unternehme, zur Lösung dieser Frage einige Beiträge zu liefern, so können diese natürlich keine Ansprüche machen auf erschöpfende Untersuchungen, sondern sind eben nur Mittheilungen eine^practi-schen Landarztes, dem in einem relativ kurzen Zeiträume Gellgenheit geboten war, eine grosse Anzahl von Milzbrandblattern beim Menschen zu beobachten. Zu tieferen wissenschaftlichen, chemischen und mikros-copischen Untersuchungen fehlt einem beschäftigten Landarzte die nöthige Müsse, und lebt er zu fern vom Heerde der Wissenschaft, um das nöthige literarische Material sich beschaffen zu können.
Das Terrain, auf dem ich seit 1859 Gelegenheit hatte, meine Beobachtungen zu machen, ist ein nicht sehr ausgedehntes. Nehmen wir das Landstädtchen Greussen als Mittelpunkt an, so liegen die Ortschaften, in denen ich Pustula maligna beobachtete, in einem Umkreis mit zweistündigem Radius. Greussen liegt so ziemlich in der Mitte zwischen den beiden Städten Nordhausen und Erfurt in nordsüdlicher Richtung und zwischen Langensalza und dem Höhenzuge der Finne in west-östlicher Richtung. Im Norden wird das Terrain begrenzt durch den Höhenzug der sogenannten Hainleite, im Westen durch das Horn, im Osten durch Finne und Schmücke und im Süden verläuft die Grenze ohne besondere örtliche Erhebung in der von Erfurt nördlich gelegenen thüringischen Ebene. Die Höhenverhältnisse sind für die im Schwarzburgischen gelegenen Ortschaften in preussischen Decimalfusse folgende:
Greussen........nbsp; nbsp; 534,2
Clingen.........nbsp; nbsp; 534,7
Feldengel........nbsp; nbsp; 844,0
Holzengel........nbsp; nbsp; 932,2
Kirchengel.......nbsp; nbsp; 901,8
Niederbösa.......nbsp; nbsp; 61955
Oberspier........nbsp; nbsp; 907,,
Trebra.......• • •nbsp; nbsp; 800,0
Westgreussen......nbsp; nbsp; 514,5
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Grossenehrich......nbsp; nbsp; 734,T
Bliederstadt.......nbsp; nbsp; 657.6
Niederspier.......nbsp; nbsp; 744,,
Otterstedt........nbsp; nbsp; 686,1
Eöhnstedt........nbsp; nbsp; 796,,
Wasserthaleben......nbsp; nbsp; 557,2
Für die preussischen Ortschaften sind die Erhöhungen annähernd angegeben nach der Höhenkarte des Regierungsbezirks Erfurt:
Hornsömmern......nbsp; nbsp; 780
Kutzleben........nbsp; nbsp; 530
Ballhausen....... .nbsp; nbsp; 420
Lützensömmern......nbsp; nbsp; 460
Gangloifsömmern.....nbsp; nbsp; 450
Schilfa.........nbsp; nbsp; 450
Frömmstedt.......nbsp; nbsp; 437
Oberbösa........nbsp; nbsp; 675
Herrenschwenda 1
#nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Nausisnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .
Ottenhausennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;r • #9632; • #9632; ca.nbsp; nbsp;OdU
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Grüningen
Obertopfstedt ......560
Niedertopfstedt......540.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; y
Die geologische Beschaffenheit der Umgebung Greussens ist vom Herrn Geh. Hofrath Professor Dr. E. E. Schmid* in Jena genau geschildert, und entnehme ich seiner Schilderung Nachstehendes: Der tiefere Felsenuntergrund der Thüringer Mulde bestellt, abgesehen von einer weder zusammenhängenden, noch mächtigen Decke oligocänen und recenten Gesteins, ausschliesslich aus den Schichten der Trias, welche sich von der Mitte der Mulde aus nach allen Seiten heben und zugleich zwischen dem Thüringer Walde im Südwesten und dem Harz im Nordosten wellenförmig zusammengeschoben, auch wohl gestaucht und geknickt sind. Dem entsprechend stehen an den Abhängen zu beiden Seiten der Heibenniederung von der Unstrut her die bunten Mergel und Gypse des Keupers an, dann von Grüningen an heben sich die Ocker-Dolomite, Sandsteine und Letten der Lettenkohlen-Gruppe über die Thalsohle und bei Wasserthaleben der Muschelkalk, der nördlich Greussen knapp über der Kante des Thalgehänges hervortritt und den lang gezogenen hohen Kamm der Hainleite bildet. In Bezug auf die Schichten der Trias ist das Helbe-Thal nach Studer's Terminologie ein Diagonal-Thal, steht jedoch einem isokli-nalen Längsthaie näher als einem Querthale. Recente Alluvionen bilden den ebenen Boden der Thalaue; ältere, muthmasslich post-pliocäne Geschiebe breiten sich auf den niedrigen Plateaus über den Thalgehängen aus.
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• Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 1867. pag. 52 und ff.
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Der ebene Thal-Boden der Helbeaue führt noch jetzt an vielen Stellen, auch oberhalb Greussen den Namen Rieth, der ihn als einen von Wasser durchzogenen, häufig von Wasser überspülten bezeichnet, obgleich er bis '^ Stunde unterhalb Greussen beackert und erst weiter abwärts von Wiesen eingenommen wird. Die Beackerung würde wohl auch ohne das Wehr bei Wasserthaleben nicht überall möglich sein; durch dasselbe wird nämlich das Wasser der Helbe so hoch aufgestaut, dass es grösstentheils zu beiden Seiten des Thals in Gräben am Fusse der Abhänge hin bis zur Unstrut fliesst, während sich im wilden Flussbett, bis unterhalb Greussen der Steingraben genannt, gewöhnlich nur wenig Wasser bewegt. Sogleich unter dem Wehre, neben welchem Muschelkalk ansteht, schneidet der Steingraben in ein Süsswasserlager ein, welches mehrere Fuss hoch von Dammerde bedeckt ist und auf einem Torflager ruht. Die Dammerde ist sehr gleichförmig, feinkörnig und dunkel; ihre untere Grenze ist recht scharf. Der Süsswasserkalk ist nirgends dicht, vielmehr überall von Hohlräumen durchzogen; seine Masse hängt bald fest zusammen, bald ist sie mürbe bis zerreiblich, bald besteht sie aus einem losen Haufwerke feiner Körner. In den harten Kalken mit weiten Hohlräumen erkennt man Incrustationen von Schilf und Gras, deren Stengel sich gewöhnlich thalabwärts wie umgeknickt neigen. Der Süsswasserkalk ist geschichtet; die Schichtung ist gewöhnlich gewunden. An Ein-mnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Schlüssen bietet der Süsswasserkalk Pflanzenabdrücke, Schneckenge-
häuse, Vogeleier, Knochen und Zähne und menschliche Kunstproducte.
Die Mächtigkeit des Süsswasserkalks ist nicht überall gleich. Zwischen dem Wehr von Wasserthaleben und Greussen im Stein-, graben tritt das Liegende desselben nirgends zu Tage. Etwa i/3 Stunde oberhalb Greussen, bei Clingen hatte der tiefste Steinbruch mit 20 Fuss den Süsswasserkalk noch nicht durctsunken, und tiefer konnte man des Wassers wegen nicht kommen; als ein Bohrloch noch einige Fuss tiefer durch die Bodenbank hindurch geführt worden war, drang mooriges Wasser heraus; man darf demnach annehmen, dass schon hier Torf unter dem Süsswasserkalk liege, und dass die Gesammtmächtigkeit des Süsswasserkalks 22 bis 23 Fuss betrage. Unterhalb Greussen, jenseits der Kupfer-Helbe, durch welche der südliche Helbe-Graben mit dem wilden Bett wieder verbunden wird, sowie bei Grüningen hat man unter dem Acker- und Wiesenboden nur noch eine schwache Lage von Süsswasserkalk, welche sich bald nach oben ganz auskeilt, um Torf als Untergrund hervortreten zu lassen.
Der Torf besteht aus schwarzbraunem Humus, über dessen pflanzliche Bildungselemente ich nach den wenigen, mir dargebotenen Proben kein Urtheil abgeben kann. Nach Angaben der mit dem Torfgraben beschäftigten Arbeiter hat das Lager zwischen Grüningen und Ottenhausen eine Mächtigkeit von nicht mehr als 3 bis 4 Fuss; seine räumlichen Verhältnisse sind jedoch zur Zeit noch nicht erforscht. Schneckengehäuse, namentlich Limnaeen fehlen auch dem Torfe nicht. Knochen sind ihm häufiger und bezeichnender, als im Süsswasserkalk. Im Sommer 1863 fand man bei Ottenhausen einen — wie mir ver-
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sichert wurde — vollständigen Rinds-Schädel; derselbe war bereits vor meiner Ankunft nach Sondershausen abgegeben worden; ein Arbeiter brachte mir jedoch noch drei dazu gehörige Backenzähne, und diese Hessen keinen Zweifel daran übrig, dass man Bos primigenius Boj. vor sich habe. Ohne genaue Angabe des Fundortes und aus zweiter Hand erhielt ich noch ein Oberschenkelbein und einige Wirbel von Bos primigenius, ferner Kieferbruchstücke vom Reh, einen Reisszahn eines kleinen Raubthieres, ein ziemlich vollständiges Skelett eines Kranichs, eine Anzahl Knochen kleinerer Vögel und endlich Schildstücke der europäischen Flussschildkröte.
Unter dem Torfe folgt zwischen Grüningen und Ottenhausen grauer fetter Thon, den ich nicht sowohl für einen selbstständigen
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I. Tabellarische TTeberslcht der Fälle von Pust. mal.,
geordnet nach den Ortschaften, in denen die Erkrankten sich aufhielten.
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Absatz halte, als vielmehr für eine Aufweichung und Ausbreitung des Schieferlettens der Lettenkohlen-Gruppe, welche hier unter der Helben-Aue durchstreicht.
Das Klima ist im Allgemeinen ein sehr gemässigtes, der mittlere Wärme-Grad ist etwa 6deg; R. Die grösste Wärme fällt im Juli und August, die grösste Kälte im Januar. Genaue Beobachtungen für Greussen fehlen, auch sind die Beobachtungen über die Bodentemperatur, die ich seit einem Vierteljahre angestellt habe, noch zu wenig umfangreich, um einen Schluss aus ihnen zu ziehen.
In diesem kurz geschilderten Terrain kamen bei mir seit October 1859 bis Ende 1871 209 Fälle von Milzbrandblattern beim Menschen ' in Behandlung. In Tabelle I stelle ich die Fälle nach den einzelnen Ortschaften zusammen, in denen sie beobachtet wurden, wobei sich herausstellt, dass die Ortschaften Greussen, Lützensömmern, West-greussen, Clingen am meisten heimgesucht waren. Später werden wir zu untersuchen haben, aus welchen Gründen gerade diese Ortschaften am meisten betheiligt sind. Tab. II. zeigt die Zusammenstellung der Erkrankungen geordnet nach Jahr und Monat, wobei sich herausstellt, dass die Jahre 1868, 1865, 1869 und die Monate August, September, Juli, October das meiste Contingent stellen.
II. Tabellarische Zusammenstellung der von Dr. Nicolai beobachteten Fälle von Fustula maligna
nach Jahr und Monat.
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Folgende Zusammenstellung der Milzbrandfälle beim Menschen nach Koranyi * und Lengyel stimmen völlig mit meinen Beobachtungen überein:
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* Koranyi, der Milzbrand in Pitha und Billroth, Handbuch der allgemeütsm und speciellen Chirurgie I. Band 11. Abth. 1. Heft 3. Lieferung pag. 174.
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62nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 80 142
Auch auf diesen Punkt werden wir später zurückkommen. Von #9632;diesen 209 Fällen verliefen 11 Fälle tödtlich, die Uebrigen wurden geheilt, darunter jedoch eine grössere Anzahl mit auffallenden Entstellungen, namentlich, wenn der Sitz der Blatter im Gesicht, den Lippen und den Augenliedern war. Es erkrankten 121 männliche und 88 weibliche Personen, wie folgende Zusammenstellung ausweist:
Männlich. Weiblich. Sa.
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Sa. 121nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;88nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;209
Nach Kordnyi erkrankten 44 männliche Personen und 22 weibliche, nach Lengyel 44 männliche und 36 weibliche. Unter den Verstorbenen befanden sich 7 weibliche und 4 männliche Personen und 2 Kinder. Fassen wir den Stand resp. Alter und Beschäftigung der Erkrankten in's Auge, so finden wir, dass die meisten Erkrankungen solche Personen betrafen, die entweder in Folge ihrer Beschäftigung mit milzbrand-kranken Thieren oder deren Resten in Berührung gekommen waren, oder doch solchen, die meistens im Freien ihren Aufenthalt zu nehmen hatten. Folgende Tabelle beweist dies:
Dr. Nicolai.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Koränyi. Lengyel. Popper.
Kinder unter 14 Nicht beschäftigte
Jahrennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;43 Kinder v. Bauern 8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; —
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Mädchen u. Frauen
vom Lande Desgl. aus der Stadt Schäfer
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Weibliche Dienst-42 boten
4 Frauen höheren 13 Standes
Schafhirten 25 Kuhhirten
2nbsp; nbsp;Lederarbeiter Kutscher
4nbsp; nbsp;Bauern 28 Koch
3nbsp; nbsp;Lehrer
5nbsp; nbsp;Student
2 Pächters Kinder
1 Fellhändler
1 Wirthachafts - Be-34 amte
1 Kind eines Ab-
1 deckers — Arzt
Seifensieder
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4
42
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2
6 5 1 3 51 1 1 1 2 1
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19
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von
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Angehörige
Schäfern Gerber
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Angehörige
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von
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Gerbern Landwirthe Schuhmacher Fleischer Maurer Kürschner Fellhändler Handarbeiter Thierärzte Aerzte Seifensieder
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1
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Gärtnernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; —
Kordnyi hat unter der Rubrik Bauern die Schaf- und Kuhhirten mitgerechnet, da die Beschäftigung beider in den ungarischen Niederungen qualitativ gleich und nur in der Proportion anders gestaltet ist.
Nach dem Alter vertheilten sich die Erkrankungen wie folgt: Koranyi. Lengyel. Nicolai.
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unter 1 Jahr bis 10 Jahr 10—20 20 - 30 30-40 40—50 50—60 60-70
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1 6
quot;i
2l( 10
2
1
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1
9
18
35
10 1
1
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2
41
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166
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Zugleich füge ich noch eine tabellarische Uebersicht der Todesfälle an Pustula maligna nach Stand, Alter, Wohnort des Verstorbenen, sowie nach dem Sitz der schwarzen Pocke bei:
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Jahr. Mon. 1861 Juli
1864nbsp;Juli
1865nbsp;Juli
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Stand des Verstorben. Alter. Wohnort. Sitz der PustmaL
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Schuhmacher Arbeitersfrau
Schäfersfrau (gravida)
Schäfersfrau (gravida)
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40 Alperstedt oberes Augenlied 62 Niedergef-
stedt Hals 39 Niederböse Vorderarm
Kirchengel rechtes untereraquo; 36nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Augenlied
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— Aug.
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— 14
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—nbsp; nbsp; Septbr. Schäfersfrau
(gravida)
1867nbsp; Januar Taglöhnerin
—nbsp; nbsp; Juni Bauersfrau
—nbsp; nbsp; Septbr. Schäfers Sohn
1868nbsp; Aug. Dienstmagd
—nbsp; nbsp; Octbr. Handarbeiter
1869nbsp; April Handarbeiters Söhnch. An diese Zahlenzusammenstellung
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trachtungen anzuschliessen und zwar in der Weise, dass ich weniger die Pathologie und Therapie der Pustula maligna beim Menschen hervorhebe, Punkte, die in jedem Handbuche mehr oder weniger ausführlich zu lesen sind, sondern vielmehr in der Weise, dass ich, soweit meine Beobachtungen und Erfahrungen ausreichen, der dunkeln Frage der Genese des Milzbrandes näher zu treten suche. Auffallend ist es zunächst vor Allem, dass in einem so ziemlich eng begrenzten Bezirke so sehr viele Fälle von Milzbrandblatter zur Beobachtung kommen, quot;während schon wenige Meilen davon sehr beschäftigte Aerzte jährlich kaum einen oder zwei Fälle und diese meist bei durchreisenden Fellhändlern oder Schäfern zu behandeln haben. Der landwirthschaftliche Central-Verein der Provinz Sachsen stellte im Jahre 1862 folgende Preisaufgabe:
Tritt der Milzbrand in manchen Oertlichkeiten gar nicht, und in welchen regelmässig oder häufig auf; und ist aus den physikalischen Bedingungen solcher Oertlichkeiten auf die Natur der Krankheit zu schliessen? Die Arbeit des Dr. Wald * erhielt den Preis. Seit dieser Arbeit sind 10 Jahre verflossen und der Standpunkt der Wissenschaft in der Frage über contagiöse Krankheiten ist wesentlich ein anderer geworden, so dass es wohl gestattet sein kann, die Beantwortung obiger Frage auf einem anderen Wege zu versuchen.
Woher der Milzbrand beim Menschen? Nach den von mir gemachten Beobachtungen kann ich fest behaupten, dass Milzbrand beim^ Menschen selbstständig nicht auftritt, sondern dass derselbe sich nur als örtliche, äusserliche Erkrankung, als eine sogenannte Pustula maligna zeigt, und dass von dieser äussern Infections-Stelle aus sich die allgemeine Erkrankung entwickelt. Eine sogenannte Pust. mal. symp-tomatica, das heisst: Pustel-Bildung als Symptome einer vorausgegangenen allgemeinen Milzbrand-Infection, habe ich nie zu beobachten Gelegenheit gehabt, und halte ich die gegentheiligen Beobachtungen wie z. B. von Kramer** für sehr zweifelhaft. Es muss meiner Ueberzeugung
* Wald, das Vorkommen und die Entstehung des Milzbrandes, Halle, 1862.
•• Berliner Medicinisch. Central-Zeitung 5. Jahrg. 1836 7. Mai. Casper Wochenschrift 1836. Nr. 12. Ausführlicher behandelt diese Frage Heusinger in seinem grossen Milzbrandwerke: Die Milzbrandkrankheiten der Thierc und Menschen, Erlangen 1150. pag. 561. ff.
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nach eine dirccte Infection, eine Impfung mit dem fixen Milzbrand-contagium vorausgegangen sein. Diese Uebertragung ist ebenfalls eine mechanische. Die Art und Weise der Einimpfung, wenn ich sagen soll, die Methode derselben, kann die verschiedenste sein. Am meisten scheinen Insecten, namentlich Fliegen, welche an ihrem Körper mit Milzbrandcontagium verunreinigt sind, die Träger des Giftes zu sein, doch kann auch die directe Berührung von wunden Stellen des Körpers mit Milzbrand die schwarze Pocke hervorrufen, ebenso wie sie durch Kratzen mit besudelten Nägeln hervorgerufen wird. Ob durch Einathmung und Einführung von Milzbrandgift in den Magen schwarze Pocken in inneren Organen sich entwickeln können, ist bis jetzt noch nicht bewiesen, im Gegentheil ist der innere Genuss von Fleisch von milzbrandkranken Thieren nach meiner Erfahrung unschädlich. Als Beweis folgendes:
Die Kuh eines kleineren Oeconomen in F. erkrankt an einer Erscheinung des Milzbrandes. Der Schäfer schlachtet das Thier deshalb ; das Fell wird verkauft und das Fleisch von dem Schäfer eingepökelt. Schon am nächsten Tage wird eine tüchtige Portion gekocht und die ganze Familie, Mann, Frau und 4 Kinder, laben sich an der seltenen, reichen Fleischkost. Der Schäfer bekam eine schwarze Pocke an der Lippe, ein Kind ebenfalls, den Uebrigen schadete der Genuss des Fleisches nicht. Der Mann hatte Einrisse unter der Unterlippe, durch das Tragen der kurzen Pfeife hervorgerufen, das Kind hatte Excoria-tionen in den Mundwinkeln. Beide Erkrankungen wurden geheilt, das Kind wurde wesenslich entstellt. Ferner:
Ein Hausschlächter auf dem Dorfe O. schlachtete eine unter verdächtigen Symptomen erkrankte Kuh; er bekam an beiden Unterarmen sechs Milzbrandblattern. Das Fleisch der Kuh war zu billigsten Preisen an arme Leute schon verkauft worden, die es ohne Nachtheil verzehrt haben.
In einem andern Dorfe H. kaufen zwei Männer ein schon krankes Rind, schlachten dasselbe und theilen sich in das Fleisch. Beide Männer erkrankten an Milzbrandblattern an den Händen. Ein kleiner Theil des Fleisches war ohne Nachtheil verzehrt, der Rest des Fleisches wurde confiscirt.
Wenn in andern Gegenden, wie in Ungarn und Sibirien, das spontane Entstehen des Milzbrandes beim Menschen behauptet wird, so möchte sich dies vielleicht in der Art erklären lassen, dass in jenen Gegenden, wo Milzbrand-En- und Epizootien iu solcher colossalen Ausdehnung vorkommen, das Gift des Milzbrandes gewissermassen in einer concentrirteren Gestalt zur Einwirkung wird. Dass bei uns nur äussere Uebertragung den Milzbrand hervorruft, dafür sprechen noch zwei Puncte, nämlich der Sitz der schwarzen Pocke und die Beschäftigung der Erkrankten.
Zunächst über den Sitz der schwarzen Pocke. Von 228 einzelnen Pocken sassen 192 an unbedeckten Körperstellen, d. h. 74 im Gesicht, 11 am Hals, 53 am Unterarm, 51 * an Finger und
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HV
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Hand, 3 an Ohrzipfeln und nur 36 befanden sich an meist bedeckt getragenen Körpertheilen. Bei genauer Zergliedernng wird auch diese letzere Zahl wesentlich verkleinert. Unter den 4 Fällen am Oberarm betrafen 3 Fälle weibliche Personen aus dem ländlichen Arbeiterstande, 1 Fall ein Mädchen von 8 Jahren. Von allen diesen 4 Personen ist wohl vorauszusetzen, dass sie den Oberarm nicht völlig bedeckt getragen haben. Acht Fälle betrafen den Oberschenkel, denen ich die 2 Fälle am Gesäss anschliesse. Mit Ausnahme eines einzigen Falles betreffen sämmtliche Fälle kleine Kinder oder weibliche Landbewohner, die bekanntlich bei ihren ländlichen Arbeiten meist sehr hoch geschürzt einhergehen; eine schwarze Pocke am Perinaeum bei einem dreijährigen Knaben niedern Standes verlief tödtlich. Vier Fälle betrafen den Unterschenkel, davon drei bei Mädchen unter 14 Jahren; der vierte Fall betrifft mich selbst. Bei bedeutender Hitze hatte ich auf einer Reise das Deckleder meines Wagens zurückgeschlagen, als ich unter den leichten Sommerbeinkleidern das Laufen einer Fliege und kurz darauf auch einen stichähnlichen Schmerz fühlte. Durch einen Schlag auf das Beinkleid tödtete ich das Thier ohne der Sache weiter Beachtung zu schenken. Nach 24 Stunden zeigte sich an dieser Stelle eine vollständig entwickelte schwarze Pocke. 8 Fälle betrafen den Fuss, meist bei Kindern vom Lande, die barfuss gehen; ein Arbeiter vom Lande giebt seine Erkrankung dem Umstände schuld, dass er seine Schuhe mit Fett von positiv an Milzbrand krepirtem Vieh geschmiert habe. Die 10 Fälle an Brust, Bauch und Rücken betreffen meist weibliche Personen, eine Pust. mal. auf dem Rücken betraf [einen Mann, der* nur mit Hose und Hemd bekleidet Erntearbeiten obgelegen hatte. Bei einem Mann entwickelte sich eine Milzbrandblatter in der Gegend des rechten Hypochondrium, welcher nachweissbar, nach dem Abledern eines am Milzbrand krepirten Schafes sich mit seinen Nägeln an gedachter Stelle gekratzt hatte. Auch diese 36 Fälle von an meist bedeckten Körpertheilen aufgetretenen Milzbrandblattern können gegen die Behauptung, dass unbedingt nur eine directe Einimpfung des Milzbrandgiftes zur Erzeugung der Pustula maligna beim Menschen nöthig sei, nicht verwerthet werden. Ich füge eine tabellarische Zusammenstellung der Milzbrandfälle nach dem Sitze der Pust. bei, zum Vergleiche führe ich eine Zusammenstellung des Dr. Guipon* an. A. Nach den Körpertheilen. Dr. Nicolai.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Dr. Guipon.
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a.nbsp; Gesicht
b.nbsp; Hals
c.nbsp; nbsp;Oberarm
d.nbsp; Unterarm
e.nbsp; nbsp;Hand und Finger 51
f.nbsp; nbsp; Oberschenkel
g.nbsp; Unterschenkel
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* Gaz. de Paris. 41, 1867.
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C. Nach der Art, wie die Theile getragen werden:
1.nbsp; nbsp;meist entblösste Theile 192nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;G7
2.nbsp; meist bedeckte Theile 3(5nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;8
D.nbsp; nbsp; Nach der Körperhälfte (Dr. Guipon.)
Obere Hälfte GG Untere Hälfte 9
E.nbsp; nbsp; nbsp;Nach den Körperseiten (Dr. Guipon.)
Linke Seite 15 Rechte Seite 12.
Auch die Zusammenstellung von Koranyi* harmonirt mit Obigem. Nach ihm ist das Gesicht der häufigste Sit/,; unter G6 Carbunkeln befanden sich an den verschiedenen Gesichtstheilen 41, am Halse 3, am Nacken 1, an den obern Extrem. 21. Bei Lengyel auf dem Kopfe und Gesichte 41, Hals 5, Stamm 10, oberen Extremitäten 29, unteren Extrem. 6.
Wenn demnach der Sitz der schwarzen Pocke mit grösster Wahrscheinlichkeit auf directe Inoculation dos Milzbrandgiftes schliessen lässt, so gilt dasselbe auch von der Beschäftigung und dem Stand der Erkrankten. Die weiter oben aufgestellte Tabelle bestätigt das. Die 43 Kinder, welche an Milzbrand erkrankten, sind meistens solche ärmere Personen, die ohne genügende Bekleidung den grössten Theil des Tags im Freien zubringen, und so leicht Infectionen durch Fliegenstiche ausgesetzt sind. Dasselbe gilt von den ländlichen Arbeitern männlichen und weiblichen Geschlechts. Hieran schliessen sich nun 38 Schäfer und deren Angehörige, ein Procentsatz, der ganz exquisit für obige Ansicht spricht, ferner 6 Gerber nebst Angehörigen, 5 Fleischer, 1 Kürschner, 1 Fellhändler, 1 Thicrarzt. In unserer Gegend giebt es wohl kaum eine Schäferfamilie, in denen nicht ein oder mehrere schwarze Pocken vorgekommen wären. In zweiWeiss-gerberfamilien Greussens ist fast kein Familienglied verschont geblieben. In Arnstadt ist die Pust. mal. früher unbekannt gewesen. Erst nachdem bedeutende Mengen Schaf- und Ziegenfelle aus Ungarn etc. in die dortigen grossen Hand Schuhfabriken deportirt
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* Koranyi 1. c. pag. 174.
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wurden, treten hin und wieder auch dort Fälle von Milzhrandblattern auf. Unter den von mir angeführten 11 Todesfällen betreffen 3 Fälle Frauen von Schäfern, ein Kind eines Schäfers, einen Mann, der ein milzbrandkrankes Stück Vieh geschlachtet und sich mit den mit Blut besudelten Fingern am Augenlied gekratzt hatte. Auch die übrigen Fälle lassen durch ihren Sitz an unbedeckten Körperstellen auf directe Infection schliessen. In den meisten Fällen lässt sich direkter Beweis liefern. So schreibt Herr Dr. Ebert in Berka, der 2 Fälle im Februar d. J. in Tannrode beobachtete:
Der eine Fall betraf den Eigenthümer des milzbrandkränken, gefallenen Thieres, einen Landwirth, der eine leichte Risswunde am Finger der rechten Hand gehabt hatte, diese aber nicht beachtend, beim Abhalten des Thieres mitgeholfen hatte. Der zweite Fall kam vor bei einem Schäfer, der beim Abziehen desselben Thieres am Ringfinger der linken Hand sich eine Schnittwunde zugefügt hatte.
Aus meiner Beobachtung füge ich nur noch einzelne Fälle an, denn jeden einzelnen Fall genau zu analysiren, würde zu weit führen.
Beim Ackern findet ein Landwirth aus W. den nur oberflächlich verscharrten und von Füchsen wieder theilvveise biosgelegten Cadaver eines am Milzbrand krepirten Schafes, auf dem eine Unzahl von Fliegen sitzt. Er übergiebt das Pferd seinem 24jährigen taubstummen Bruder zum Halten, um aus dem nahen Dorfe ein Grabscheit zum Vergraben des Cadavers zu holen. Während der Zeit sticht eine Fliege den Taubstummen auf die Stirn, die derselbe durch einen Schlag tödtet. Der zurückgekehrte Bruder wird beim Vergraben des Cadavers von einer andern Fliege auf die Hand gestochen. Bei beiden Personen entwickeln sich schwarze Pocken.
Ein junges Mädchen eines Gutsbesitzers spielt auf dem über dem Schafstall befindlichen Futterboden. Sie verletzt sich dabei leicht an der Stirn; sie wischt das Blut an einem dort aufgehängten Schaffelle ab und entwickelte sich in Folge dessen eine schwarze Pocke.
Eine grosse Anzahl derartiger Fälle ist zusammengestellt in dem oben citirten Heusinger'schen Werke.
Von fremden Beobachtungen füge ich nur noch an eine von Eulenberg* in Bonn, bei dem die Infection dadurch erfolgt war, dass eine kleine Pust. am rechten Vorderarm von den Excrementen eines kranken Thieres verunreinigt worden war, und den Fall von Legendre,** in welchem durch den Stich eines sogenannten Holzbockes (Jceodes ricinus) Pust. mal. hervorgerufen wurde, welche binnen sieben Tagen den Tod herbeiführte.
Der Verlauf der schwarzen Pocke beim Menschen ist ein verschiedener, namentlich nach dem Sitze der Pocke und nach dem Alter derselben, ehe sie zur ärztlichen Behandlung kommt. Da sie vorzugsweise aus Gründen, die aus dem oben Angeführten leicht erklärlich sind, da auftritt, wo die Haut am dünnsten und das Zellgewebe am
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* Allg. med. Central-Zeitung. 1850. No. 34. *raquo; Gaz. de Paris, 1858.
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reichlichsten ist, so ist für diese Stellen auch die Gefahr die grösste. Am Hals und im Gesicht sind die Fälle die intensivsten, und auch nach Heilung bleibt im Gesicht meist eine bedeutende Entstellung, an den Augenliedern Ectropien zurück. Auffallend ist es mir, dass ich keinen Fall von schwarzer Pocke an Schleimhäuten beobachtet habe, doch scheint auch dies dafür zu sprechen, dass die äusserlich zugänglichen Schleimhäutos nicht so leicht von Fliegen etc. insultirt werden können. An den Lippen befanden sich die Pocken stets am Rande. Auch scheint mir die Intensität des Giftes nicht immer gleich zu sein, und möchte ich nach meiner Erfahrung behaupten, dass die Infection vom Schaf auf den Menschen eine heftigere und gefährlichere Erkrankung hervorruft, als die vom Rinde.
Mehrere Pocken zu gleicher Zeit an derselben Person beobachtete ich elfmal. Sämmtliche Fälle kamen frühzeitig in Behandlung und genasen sämmtliche Erkrankten. Der Sitz der Pocken war bei allen Hand oder Arm, nur bei einem Schäfer waren im Gesicht auf jeder Backe eine. Lengyel,*** Bourgois haben drei gesehen, ein Weib, das Koranyi behandelte, bot vier, zwei im Gesichte und an jeder der obern Extremitäten eine dar. Dr. Beigel-J* sah drei Pocken am Arm und Finger bei einem Gutspächter, der bei einem am Milzbrand erkrankten Ochsen den Mastdarm mit der Hand entleert hatte. Auf demselben Gute erkrankte der Vogt an zwei Milzbrandblattern am Halse, etwa zwei Querfinger über dem Kehlkopfe, der einen an Milzbrand krepirten und auf dem Felde beerdigten Ochsen mit mehreren Bauern wieder ausgegraben und das Fleisch davon verzehrt hatte. Beide Fälle genasen.
Tabellarische Uebersicht der von mir beobachteten Fälle, bei denen mehrere Pust. mal. zugleich auftraten:
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Eine Uebertragung der Ansteckung von Mensch auf Mensch habe ich nicht beobachtet, obgleich von den Angehörigen der Er-
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*** Koranyi, 1, o. pag. 174.
f Deutsche Klinik 11, 4. Grävell's Notizen.
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N. F. III. 1. pag. 260. 1860. 2*
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krankten durchaus keine Vorsicht beobachtet wurde, erkrankte Kinder vielmehr meist in einem Bette mit den Eltern schliefen.
Das Auftreten von Milzbrandblattern bei schwangein Frauen verlief in allen drei Fällen tödtlich. Frühgeburt oder Abortus trat nicht ein, wohl aber konnte ich in zwei Fällen das Absterben des Foetus vor dem Tode der Mutter constatiren.
Zwei Fälle von Oedema malignum, die ich au beobachten Gelegenheit hatte, sind unter obigen Fällen nicht mit angeführt, da mir die Diagnose nicht sicher genug war.
Wenn wir nach dem Vorausgesagten zu dem Schluss kommen müssen, dass bei uns wenigstens die Milzbrandblatter beim Menschen nur durch Inoculation von Thier auf Mensch stattfinden kann, so ist eben bei uns der einzige Schutz gegen eine Erkrankung darin zu suchen, dass wir den Milzbrand beim Vieh zu verhüten streben. Wenn es auch nur eiu Pium desiderium bleiben wird und muss, ein völliges Erlöschen des Milzbrandes beim Thiere herbeizuführen, so glaube ich doch, dass dem Menschen die Möglichkeit geboten ist, die Häufigkeit der Erkrankungen zu verhindern. Welchen hohen volks-wirthschaftlichen Werth ein derartiges Streben haben muss, beweisen einige Zahlen. Im Nowgorod'schen Gouvernement starben nach Os. Grimm* in St. Petersburg:
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Wenn auch unsere Gegend solche colossalen Zahlen glücklicherweise nicht nachweisen kann, so beweist doch die angehangene Tabelle III., welche Verluste auch bei uns dem Viehhalter aus dem Milzbrande entspringen. Bei einem durchschnittlichen Bestand der Schaf-heerde von 1000 Stück gingen innerhalb 10 Jahren mehr als der durchschnittliche Bestand der ganzen Heerde verloren. Auch von andern Gütern ist der Nachweis in ähnlicher Weise zu liefern, doch würde dies zu weit führen. Um nun die Aufgabe zu lösen, die Häufigkeit des Milzbrandes in unserer Gegend herabzusetzen, ist es nöthig, die ursächlichen Momente des Milzbrandes zu erforschen. Die verschiedenartigsten Erklärungsversuche sind angegeben worden, und will ich kurz einen Theil derselben, soweit mir bekannt, anführen. Zunächst ist hervorzuheben, dass in neuerer Zeit der Milzbrand in speciell meiner Gegend häufiger aufgetreten ist, wie dies namentlich in der Sitzung des Vereines zur Beförd erung der Landwirthschaft .in Sondershausen am 22. Jan. 1864** constatirt wurde, und hat man die verschiedensten Ursachen hierüber angegeben. Da es nun Thatsache ist, dass gewisse Gegenden
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• Virchow's Archiv LIV. 1 u. 2 pag. 262, 1871. ** Verhandlungen des Vereins etc. von Dt. Magerstedt, 20. Jahrgang. Sonders-hausen, 1864,
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III. Tabellarische Uebersicht der auf dem Bittergute G. an Blutseuche crepirten Schafe.
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ganz bevorzugt sind, von Milzbrand inficirt zu sein, so hat die Erforschung und Abgrenzung solcher sogenannter Milzbrandrayons (Virchow) Viele beschäftigt und hat man auch versucht, Milzbrandkarten aufzustellen. Ausgeführte Karten sind mir nicht bekannt; in Beziehung auf specielle Beschreibung solcher Milzbrandgegenden verweise ich auf Heusingers Werk und Wald's preisgekrönte Schrift. Im Allgemeinen behauptete man früher, dass gewisse örtliche Einflüsse das stationäre Auftreten des Milzbrandes bedingten, wie es Hildebrandt*, Haubner**, Gerlach***, Körber f, Graifff, behaupteten. Die Bodenverhältnisse solcher
* Hildebrandt C. G., die Blutsänge der Schafe, deren Ursache und Vorbeuerung, Berlin, 1841.
** Haubner, Prof. Dr., über den Gebrauch des Pfannensteins bei der Viehfütterung. Zeitsohr. des Landwirtb. Central-V. der Prov ' Sachson, 1856. Nr. 9.
*** Gerlaoh, die Blutsäuge der Schafe in Rücksicht der Ursachen. Gurlt und Hertwig's Magaz. f. Thlk. Band XI und XII.
f Körber, Mittheilungen über die Veranlassung des Milzbrandes überhaupt und dio Blatsäuge der Schafe insbesondere. Gurlt und Hertwig, 1. c. Band XIV.
ff Graff, über den Milzbrand der Schafe, Zeitschr, des landwirth. Central-V. der Prov. Sachsen 1856. Nr. 9.
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Gegenden sollten zunächst die Ursache des Entstehens des Milzbrandes sein. Der gütigen Mitteilung des Herrn Professor Zürn in Leipzig verdanke ich solche vergleichende Beobachtungen zwischen den sehr befallenen Orten Göttern und Schlotheim, aus denen hervorgeht, dass geringere oder grössere Höhe einer Gegend nicht von besonderer Bedeutung auf das Vorkommen des Milzbrandes ist. Schon der Vergleich meiner Tabelle der Milzbrandfälle beim Menschen nach den Ortschaften mit den oben angegebenen Höhen der betreffenden Ortschaften spricht dagegen.
Ein anderer Grund für das Entstehen des Milzbrandes wurde gesucht in der Fütterung, und zwar wurde nicht allein dem Genüsse kranker, mit parasitischen Pilzen bedeckter Nahrungsstoffe (Gilbert*, Glaser**, Thaev ***, Gerlach-j-, Niemannff, Marchand f-ff), sondern auch der Form der Fütterung als Spreu (llupprecht *f) die Schuld beigemessen. Nach Heusinger soll auch das Mutterkorn den Milzbrand erzeugen.
Auch in der chemischen Constitution der Futterkräuter im gesunden Zustande wurde ein Grund für das Entstehen des Milzbrandes gesucht und glaubten namentlich Einige, dass seit Anbau des stark stickstoffhaltigen Esparsette der Milzbrand zugenommen habe. Allein bereits schon in den Jahren 1690 und 91**f waren die verheerendsten Epizootien, während erst in der Mitte des vorigen Jahrhunderts man den Kleebau zuerst versuchte, und ausserdem ist der Anbau der Esparsette über fast ganz Deutschland verbreitet, ohne dass daselbst auch überall Milzbrand auftrete. In dem verschiedenen Gehalte der Futterstoffe an Alkalien sucht man einen weitern Grund, sowohl bei gesunden, als bei befallenen. So fand Groüven***•£•, dass befallener Klee eine grosse Armuth an Alkalien zeigte, und verdanke ich der Güte des Herrn Professor Zürn eine Analyse der Culturkräuter aus dem befallenen Gottern und dem ziemlich freien Orte Schlotheim.
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Schlotheim.
Kopfklee. Luzerne. Esparsette.
29,86 19,03 8,15 5,94 8,43 25,21
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* Gilbert, P. H., et Tjacrois, instruction sur les moyens de guerir la maladie, qui regne sur les bestiaux dans le departement de la Haute Vienne. Vienne 1793.
** Glaser, J. F., Abhandlung von der tödlichen Knotenkrankheit unter dem Rindvieh und unter dem Rothwilde. Leipzig 1788.
***• Thaer, über die Milzbrand - Epidemie, welche im Jahre 1818 im Ost- und West-Havelländischen Kreise herrschte.
f Gerlach, in Gurlt und Hertwig's Magazin Bd. XII. ff Niemann, Taschenbuch der Veterinär-Wissenschaften.
fff Memann et Marchand, propriete' nuisible des fouragos. Groningen 1330. *f Kupprecht, Dr., die Spreufütterung in gesundheitlicher Beziehung. Zeitschr. des landw. Central-V, der Prov. Sachsen. XII. Jahrgang Nr. 10.
**f Spinola, Handb. der speciellen Pathologie und Therapie für Thierärzte, Berlin 1863, I. Band pag. 140 ff.
***f Grouven, Dr., über eine Krankheit des Kleees, Zeitschr. des landw. Central-Y. für die Prov. Sachsen. 1861.
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Auch die Analyse des Bodens konnte keinen Aufschluss gehen. Gerold* sagt: „Ich gestehe offen, dass ich viel auf diese Idee gegeben und ihr viel Älusse und viel Zeit gewidmet habe, aber eben so offen gestehe ich, dass sie falsch seiquot;. Gewisse giftige Pflanzen sollen nach ihrem Genuss den Milzbrand erzeugen, ebenso wird das Trinkwasser** als Erzeuger des Milzbrandes angesprochen. Eine Verordnung der Magdeburger Regierung im Jahre 1828 warnt in dieser Beziehung vor dem Tränken mit Wasser, in welchem Flachs geröstet wurde. Dass Wasser, welches viel mit organischen Bestandtheilen imprägnirt ist, entschieden nachtheilig sein muss, unterliegt keinem Zweifel, aber ebensowenig ist es zu beweisen, dass dieses die alleinige Ursache zur Milzbrand-Erkrankung sein müsse.
Ein Erklärungsversuch, der in der verschiedensten Weise ausgebreitet wurde, ist der, dass man bestimmte meteorologische Verhältnisse eines Milzbranderzeuger annahm. So nennt Schäder *** als Ursache starke Regengüsse, welche Ende Juni und im Juli 1803 in niedern dem Rheine nahe gelegenen Triften der Herrschaft Schellenberg starke Ueberschwemmungen veranlassten, die auf dem Moorgrunde vielen Schlamm und stehendes Wasser zurückliessen, sowie die nachfolgende grpsse Hitze, die aus diesen Rückständen eine stinkende, sehr verdorbene Luft entwickelte. Ueberschwemmungen, welche im Jahre 1871 das Unstrutthal betrafen, haben trotzdem, dass in diesen Gegenden Milzbrand heimisch ist, -nach meinen Erkundigungen, keinen Einfluss auf bedeutendere Ausdehnung gehabt. Thatsache ist es, dass Milzbrand im Hochsommer häufiger auftritt, es erhellt dies aus den oben angeführten Tabellen über das Auftreten des Milzbrandes beim Menschen und die Sterblichkeit der Schafe an Blutsäuge. Bei näherer Betrachtung und weiterer Forschung stellt es sich jedoch heraus, dass weder grosse Hitze oder grosse Dürrung die Ursache zum Milzbrande abgeben. Grosse Feuchtigkeit und viele Gewitter, sowie bestimmte Windrichtung üben auch allein keinen Einfluss aus, wohl aber lässt sich bei einem Zusammentreffen obiger Momente, wie wir später zeigen werden, aus andern Gründen die Entstehung des Milzbrandes erklären. Weil eben keiner der oben angeführten Gründe stichhaltig war, so fand sich eine andere Erklärungsursache darin, dass man die ver-
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* Gerold, H , die contagiöse Lungcnseuche des RindTiehs nebst einigen Bemerkungen über Milzbrand. Magdeburg 1848.
** Verhandlung des Vereins •/.. Brf. der Landwirthschaft zu Sondershausen. 24. Jahrg. 1864.
*** Kleinert, Eepertoir, 1831. Suppl. (Verhandl. der vereinigten ärztlichen Gesellschaften der Schweiz, Jahrgang 1830, I. Heft. Zürich 1830.)
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schiedenen MilzbranS - Oertlichkeiten verglich und bei ihnen das Gemeinsame fand, dass sie sich durch einen ungewöhnlichen Humusreich-thum, verbunden mit starkem Feuchtigkeitsgehalt, auszeichnen. Da Brüche, Sümpfe und Niederungen meistens auch Milzbrand-Oertlich-keiten sind, so hielt man eben einen durchlassenden Oberboden für eine wesentliche Bedingung und nahm an, dass, wo ein solcher Boden in nicht zu grosser Tiefe eine feste Schicht nicht durchlassenden Bodens besitzt, er aliein das Entstehen des Milzbrandes bedinge.* Von dieser Annahme bis zu der, den Milzbrand als eine Malaria zu erklären, ist nur ein kleiner Schritt, und haben schon eine grosse Anzahl älterer und neuerer Schriftsteller das Sumpf-Miasma als Erzeuger des Milzbrandes beschuldigt, und scheinen auch nach vielen Beobachtungen, wie sie namentlich in Heusinger's Werk und bei Spinola nachzulesen sind, sich wenig Gründe gegen diese Behauptung aufstellen lassen. So scheint namentlich für diese Behauptung zu sprechen, dass importirtes Vieh leichter dem Milzbrande erliegt, als solches, welches an Ort und Stelle gezüchtet wurde, wie die Mittheilungen des Herrn Amtmann Kleemann** auf der Numburg und Herrn Amtmann Meyer in Gottern angeben. Ebenso wird als Beweis dafür angeführt, dass an Milzbrand-Oertlichkeiten auch Intermittens herrsche, obgleich dieses für den Milzbrand-District Greussen nicht zutreffend ist. Wenn vor einer Reihe von Jahren auch in nächster Nähe Greussens in der Stadt Clingen Wechaelfieber endemisch war, so ist dasselbe doch vollständig verschwunden, nachdem ein, Clingen umgebender, sumpfiger Teich trocken gelegt wurde; Milzbrand hat aber zugenommen.
Eine Erklärungsursache, welche mit allen oben angeführten Ursachen in Einklang steht, und aus der es sich erklären lässt, dass überhaupt obige Gründe für das Entstehen des Milzbrandes angeführt worden sind, möchte ich die mechanische nennen, und will versuchen, sie in Folgendem zu begründen. Auch Davaine*** konnte sich mit keiner der obigen Erklärungen einverstanden erklären und stellte Experimente an, ob nicht auch bei Thieren die Verbreitung der Krankheit durch Insecten stattfände, da es seiner Meinung nach feststeht, dass die Uebertragung des Milzbrandcarbunkel auf den Menschen durch Insecten stattfindet. Mit einem flüchtigen Contagium oder athmospha-rischen Einflüssen und andern bestimmten biologischen Verhältnissen der Thiere konnte'er sich nicht einverstanden erklären. Er brachte Rüssel und Beine von Fliegen, die in das Blut an Milzbrand gestorbener Thiere getaucht waren, in künstliche Wunden von Meerschweinchen; in fast allen diesen Experimentthieren traten die Erscheinungen des Milzbrandes nnd ein lethales Ende ein. Auch das Mikroscop erwies sowohl in den Geschwulststellen, als im Blute der Versuchs-thiere in grosser Anzahl die Bacteridien, welche schon 1848 Braueil
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* Wald, 1. c. pag. 51. Spinola 1. c. pag. 171.
** Verhandl. des landw. Ver. in Sondershausen 27. Jahrg. 1866—67. pag. 166. *** Wiener med. Wochschr. 1870, Nr. 27 pag. 572.
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und Fuchs im Blute milzbrandkranker Thiere gesehen hatten. Davaine stützt nun auf diese seine Versuche die Theorie, dass auch bei den Thieren die Verbreitung des Milzbrandes nur durch Thiere, und zwar durch Fliegen geschehe. Es erkläre sich hieraus auch leicht, warum sich die Epidemie oft in ganz bescheidenen Grenzen halte. Das komme aus der Gewohnheit der Fliegen, an einem bestimmten Orte, in einem Stalle, auf einem Düngerhaufen in der Umgebung eines gefallenen Thieres zu verharren, sowie auch ihre Unfähigkeit, grössere Strecken zu durchfliegen. Wenn es nun auch wohl zu weit gegangen wäre, die obige Davaine'sehe Ansicht zu adoptiren, so ist doch ebenso sicher wohl anzunehmen, dass für die Weiterverbreitung des Milzbrandes bei den Thieren eine directe Aufnahme des speeifischen und zwar fixen Milzbrandgiftes in das Blut nöthig sei. Bereits im Jahre 1845 erklärten sich die Professoren der königlichen Thierarzneischule in Berlin* für obige Ansicht und sagten, dass das Milzbrandgift in allen den Fällen wirksam zu sein scheine, wo es von Aussen, sei es durch eine Wunde, oder durch eine mit zarter Haut überzogene Körperstelle unmittelbar in die Säftemasse gelangt, und dass eine Uebertragung des Milzbrandes von Thier zu Thier weder durch die blosse Nähe, noch durch die Berührung mit den Auswurfstoffen des erkrankten Stückes nachgewiesen ist. Dieses fixe Gift glaubt man nun in den von Pollender, Brauell und Davaine im Milzbrandblute gefundenen stäbchenförmigen Körpern gefunden zu haben. Wenn man ihnen Anfangs nicht die Bedeutung eines Trägers des Contagium zuschrieb, so ist man doch immer mehr zu der Ueberzeugung gekommen, dass der Milzbrand wirklich seine Ursache in dem Eindringen dieser Organismen in's Blut seinen Ursprung verdanke. Es ist hier nicht der Zweck, auf die Streitigkeiten für und wider diese Ansicht einzugehen, und verweise ich speciell anf die betreffenden Abhandlungen, namentlich in Virchow's Archive, auf die bündige Zusammenstellung von Steudner ** und auf das Werk von Ravitsch, *** welcher in einer putriden Infection unabhängig von den lebendigen Bacterien Erklärung sucht. Auch Fälle vom Milzbrand beim Menschen ohne Localisation auf der Haut, wie sie Münch,-J* Buhl und Waldeyer als Mycosis intestinalis beschrieben, sprechen für die parasitische Natur des Milzbrandes. Einen sichern Beweis, dass der Milzbrand nur durch fixes Contagium verbreitet werden kann, sehen wir in der bedeutenden Tenacität des Milzbrand-Giftes. Es lassen sich in grösseren Milzbrandrayons bestimmte kleinere Kreise abgrenzen, welche wieder entweder eine Immunität oder aber eine bedeutende Schädlichkeit zeigen, so dass ich zu behaupten mich ver-
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* (jutachten des Dir., der Professoren und Lehrer der König'. Thierarzneischule. Berlin, 21 November 1845.
•• Steudner, über pflanzliche Organismen als Krankheitserreger. Volkmann, Sammlung klinischer Vorträge. Nr. 38. 1872.
*** Kavitsch, zur Lehre von der putriden Infection und deren Beziehung zum sogenannten Milzbrande, ncrlin, 1872
t Centialblatt der med. Wissenschaften von Kosenthai, 1871. Nr. 51 pag. 802.
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sucht fühlen möchte, dass nur da, wo der Boden einmal mit Milzbrand-Gift inficirt ist, und sonst für die Entwickelung und das Fortleben der Milzbrand erzeugenden Organismen günstige Verhältnisse bietet, eben nur da Milzbrand auftritt, und dass, wo von Aussen diese Krankheitsträger dem Boden nicht zugeführt sind, auch nie und nimmer Milzbrand spontan entstehen kann. Hierfür sprechen eine ganze Menge Beobachtungen, die sich namentlich in den verschiedenen land-wirthschaftliehen Zeitschriften verstreut finden. Einer der eclatan-testen Fälle, der für die oben ausgesprochene Ansicht beweisend ist, ist von Hrn. W. Oemler * auf Rödgen bei Mansfeld, der, nachdem er das Verscharren aller Cadaver ohne Ausnahme auf Feldern und Weiden aufs Strengste untersagt hatte, seinen Schafverlust von 210/o pro anno auf 2% herabgesetzt hat. Aus seinem interessanten Aufsatze führe ich noch an, wie nach Jahren noch das auf inficirten Stellen gewachsene Futter perniciös wirkt. Die Ecke eines Acker-Stückes war zur Beerdigung eines an Milzbrand krepirten Schafes benutzt worden; das Feld wurde mit, Roggen bestellt, im nächsten Frühjahr wurde Kopfklee eingesät. Es zeigte sich hier der Roggen in einer auffallend üppigen Vegetation und ebenso war auf der etwa Vs DRuthe grossen Stelle der Klee gegen Ende Mai doppelt so lang und stark, als der Klee im Allgemeinen auf diesem Stücke. Eines Morgens war diese üppige Kleesteile gestohlen; am nächsten Vormittage war der Frau, welche den Klee geholt, sowohl die Ziege, als auch die einzige Kuh krepirt. Andere zahlreiche Beweise für die Tenacität finden sich namentlich in Heusinger's oben angeführtem Werke, auf welches ich verweisen muss, besonders auf den berühmten Fall von Hartmann** von der finnischen Bärenhaut. Ein Bär hatte ein Stück von einem am Milzbrand krepirten Rind gefressen und krepirte in Folge dessen auch. Ein Bauer fand den todten Bai-, zog ihm das Fell ab, erkrankte aber auch in Folge dessen und starb. Der Pfarrer, welcher diese Haut als Leichengebühren bekommen hatte, und dem Befehle, dieselbe verbrennen zu lassen, nicht nachkam, Hess sie von einem Bauer zubereiten. Dieser Bauer, und zwei, die ihm halfen, wurden krank und starben. Es ward wieder darüber berichtet und die Haut sollte auf kaiserlichen Befehl innerhalb 48 Stunden mit dem Hause, wo sie zubereitetet worden, wo nöthig auch mit dem Priesterhause verbrannt werden. Als der Pfarrer endlich die Haut wiederbekommt, die schon in dritte oder vierte Hand an die schwedische Grenze verkauft war, nimmt er sie und sagt, wie ist es möglich, dass diese Haut an den Todesfällen Ursache sein sollte? reibt sie und riecht daran. Gleich darauf wird er krank, bekömmt eine Milzbrandblatter am Kinn und stirbt. Mögen diese Fälle als Beweis für die enorme Tenacität genügen, eine Tenacität, die einem flüchtigen Contagium kaum zuzuschreiben wäre; denn, wie wäre sonst zu er-
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• Zeitschr. des landwirthsch. Central-V. tier Prov. Sachsen. 24. Jahrgang. 1867-Nummer 6-
** Heusinger 1. c. p.ig 401.
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klären, dass z. B. allein in Massachusets* seit dem Jahre 1866 26 Fälle von schwarzer Pocke, von denen 14 tödtlich verliefen, vorkamen, und von denen nachweisbar ist, das das Contagium höchst wahrscheinlich durch aus Südamerika eingeführte Rosshaare übertragen wurde. Es stimmt mit der Ansicht des fixen Contagiums auch überein, wenn von einigen Beobachtern bald trockenem Wetter, von andern grosser Feuchtigkeit die Schuld beigemessen wird. Nehmen wir einen Boden an, dessen obere Schicht durch anhaltende Dürrung zu einer undurchdringlichen Kruste zusammengetrocknet ist, so ist leicht zu erklären, warum nach eintretendem Regenwetter mehr Milzbrand auftritt, weil eben durch den Regen die Kruste, welche gewissermassen einen Schutz gegen die in der Erde befindlichen Milzbrandkeime abgab, gelöst wurde. Umgekehrt ist es ebenso erklärlich, warum bei besonders feuchtem und wasserreichem Boden die Erkrankungen dann häufiger werden, wenn bei eintretendem, trockenem Wetter das überschüssige Wasser zur Verdunstung kommt. Aus denselben Gründen erklärt es sich, dass Malaria-Gegenden auch für das Auftreten des Milzbrandes günstig sind, sowie dass man dem Futter in seiner verschiedener; Form oder Beschaffenheit die Schuld beigemessen hat. Ebenso steht damit im Einklänge, dass die meisten Milzbrandfälle im August und September vorkommen, wo nach Dr. Pfeiffer's Untersuchungen die Bodenwärme ihr Maximum erreicht.
Das Mittel also, um den Milzbrand zu verringern resp. zu verhüten, liegt demnach einfach darin, dem Boden kein Milzbrandgift zuzuführen, und das in ihm enthaltene zu zerstören. Das Erstere geschieht dadurch, dass durch strenge gesetzliche Bestimmungen geboten wird, jedes an Milzbrand krepirte Thier mit Haut und Haaren zu vernichten. In dieser Hinsicht ist bereits ein grosser Fortschritt geschehen dadurch, dass grössere Grundbesitzer einen passenden, eingefriedigten Platz als Beerdigungsstelle für ihr verloren gegangenes Vieh bestimmen. Doch müsste dies nicht dem eigenen Ermessen eines Privatmannes überlassen sein, sondern durch die Gesetzgebung bei strenger Ahndung für jede Ortschaft vorgeschrieben sein, und ebenso dürfte nie gestattet sein, dass von einem an Milzbrand kre-pirten Vieh das Geringste verwerthet würde.
Der practischen Durchführung dieses Petitums, die Cadaver gefallener Thiere womöglich unschädlich und dennoch nutzbar zu machen, nähert sich am meisten das Verfahren des Rittergutsbesitzers Som-bart** in Ermsleben, welcher die Cadaver mit Schwefelsäure in einem grossen Kessel zu einem Brei zerkochen lässt und dadurch das Milzbrandgift zerstört. Diese intelligente Methode ist leider wegen der dazu nöthigen Anlage nicht überall ausführbar. Wenn von reinem peeuniären Standpunkte gegen das völlige Vernichten der Cadaver, besonders der Schafe, von Seiten der practischen Landwirthe ge-
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* Second annual Report of the State Board of Health of Mass. Januar. 1871. Boston, 1871.
** Zeitschr. des landw. Central-V. der Prov. Sachsen. 1869. Nr. 12.
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sprechen wird, so möchte ich dagegen einwenden, dass der dadurch eine Reihe von Jahren hervorgerufene grössere Geldverlust wohl aufgewogen wird durch den grossen Gewinn, der durch dauernde Verminderung der Sterblichkeit eingebracht wird.
Die Forderung, das bereits im Boden vorhandene Milzbrandcon-tagium zu vernichten, ist wohl im Kleinen z. B. durch Tränkung des Bodens mit einer Lösung von Carbolsäure versucht worden, doch dürfte die wirkliche Erfüllung im Schoosse der Zukunft ruhen.
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Buchdruckerei von G. Otto in Darmstadt.
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#9632;/(T/.'
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