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Lungenseuche - Impfung.
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Eine kritische Untersuchung
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Dr. F. ßoloff,
Professor in Halle.
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BERLIN, 1868. Verlag von August Hirschwald.
Unter den Linden No. 68.
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Lungenseuche - Impfung.
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Eine kritische üntersucliuiig
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von
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Dr. F. Roloff,
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I'rofessor in Halle
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Berlin, 1868.
Verlag von August Hirscliwald. Unter den Linden Nr. C8.
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Vorrede.
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Die Lungensenclie des Rindes gehört zu den wichtigsten Seuchekrankheiten der Hausthiere, weil sie in den einzelnen Fällen durch Sterbefalle und durch starke Abmagerung der kranken Thiere öfters grosse Verluste herbeiführt und in Folge ihrer langen Dauer in der Regel bedeutende Störungen in der Wirthschaft verursacht. Dazu kommt noch, dass bei dem sehr unregelmässigen, d. h. von verschiedenen, zum grössten Theile unbekannten Einflüssen abhängigen Verlaufe der Seuche, deren Endschaft in einem Viehbestände niemals vorausbestimmt und auch selten mit genügender Sicherheit rechtzeitig constatirt werden kann. Es können deshalb auch die Nachtheile nicht in dem Maasse, wie bei manchen anderen Seuchen mit typischem Verlaufe und deutlichen Symptomen, durch zeitige wirthschaftliche Einrichtungen gemildert werden.
Die arzneiliche Behandlung der ihrem Wesen nach unbekannten Krankheit kann nur eine symptomatische sein. Auch auf empirischem Wege ist noch kein speeifisch wirkendes Arzneimittel gegen die Lungenseuche gefunden worden: Alle bisher angepriesenen Mittel haben sich nicht bewährt!
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Dahingegen ist eine rationelle Prophylaxis ausführbar, weil es unzweifelhaft festgestellt ist, dass die Krankheit einzig und allein aus Ansteckung hervorgeht. Es quot;besteht demnach die Aufgabe, entweder die Brutstätten des Contagium, nämlich die kranken Thiere, rechtzeitig zu vertilgen, oder in den gesunden Thieren, welche sich in dein Wirkungskreise des Contagium befinden, die Empfänglichkeit für dasselbe vai vernichten. Die Frage, welches Verfahren das zweckmässigste ist, soll in der nachstehenden Abhandlung beantwortet werden, und wenn wir die uns gestellte Aufgabe auch noch nicht vollständig gelöst haben, so hoffen wir doch den Weg richtig vorgezeichnet zu haben, auf welchem das vorgesteckte Ziel zu erreichen ist.
Halle, im September 1868.
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Dr. F. ßoloff.
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Das in neuerer Zeit immer dringender hervorgetretene Bedürf-niss nach einer den gegenwärtigen wissenschaftlichen Anschauungen und den wirthschaftlichen Verhältnissen entsprechenden Aenderung der gegen die weitere Verbreitung der ansteckenden Krankheiten bei den Hausthieren bestehenden Gesetze und Verordnungen macht es den Sachverständigen zur Pflicht, die angeblich erprobten curativen oder prophylactischen Mittel einer neuen strengen Prüfung zu unterwerfen, weil die Leichtigkeit oder Schwierigkeit, eine ansteckende Krankheit zu heilen oder ihr durch ärztliche Eingriffe vorzubeugen, auf die Einrichtung des polizeilichen Vorbeugungs - Verfahrens von grossem Einfluss ist. Aus diesem Grunde dürfte eine kritische Erörterung der Frage, welchen Werth die zum Schütze gegen die Lungenseuche gebräuchliche Impfung hat, ganz besonders geboten erscheinen, um so mehr, als die Ansichten darüber immer noch sehr verschieden sind und eine Einigung unter den Sachverständigen kaum jemals erzielt werden dürfte, wenn die Frage in der jetzt üblichen Weise weiter discutirt wird. Denn die Frage ist, wie sich in den folgenden Erörterungen zeigen wird, auf einen bedenklichen Standpunkt verschoben worden, indem einzelne Hypothesen all-mälig die Bedeutung von Dogmen erlangten und als unzweifelhaft sichere Grundlagen für die weiteren Untersuchungen angenommen wurden. Die bei der Impfung erhaltenen Resultate wurden deshalb gewöhnlich nicht auf ihren wahren Grund zurückgeführt.
Der besseren Uebersicht wegen und im Interesse der Gründlichkeit in der Erörterung dürfte es zweckmässig sein, die Frage nach dem Werthe der Impfung in zwei Theile zu zerlegen, nämlich:
1. üebt die Impfung einen günstigen Einfluss auf den Verlauf der in Folge einer vorangegangenen natürlichen Infection in dem betreffenden Thiere bereits in der Entwickelung vorhandenen Krankheit aus, und
Roloff, Limgeiiseiiche-Impfung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
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2. Wird durch die Impfung das betreffende Thier vor der Ansteckung auf natürlichem Wege und überhaupt vor einer späteren Erkrankung geschützt? Ueber den Einfluss der Impfung auf den Verlauf der in dem Thiere, welches derselben unterworfen wird, bereits in der Entwickelung vorhandenen Krankheit ist mit rein theoretischen Gründen viel gestritten, ohne dass es zu einer Uebereinstimmung unter den Sachverständigen gekommen wäre. Die Frage kann auf diese Weise auch nicht entschieden werden, weil die Bedingungen im Körper des Kindes, welche auf den Verlauf des Krankheitsprocesses influiren, zum grössten Theile noch unbekannt sind. Es ist erwiesen, dass der entzündliche Process in den Lungen, in Folge dessen diese sich in der bekannten Weise verändern, bei einem Thiere früher, heim andern später abschliesst; es ist jedoch iroch nicht erforscht, welche Vorgänge im Organismus dabei hauptsächlich wirksam sind. Es ist deshalb auch nicht zulässig, irgend einen Eingriff in die Functionen des Organismus a priori als heilsam zu bezeichnen oder auch nur eine wissenschaftliche Begründung der Heilwirkung, welche irgend ein Mittel etwa erfahrungsmässig geübt hat, zu geben. Wenn von einer Krankheit, deren Verhältniss zu der Impfung
„ - genau bekannt ist, nämlich von der Pockenkrankheit, auf die Lungenseuche geschlossen werden dürfte, so würde der Impfung bei dieser Krankheit jeder Einfluss auf den Verlauf des bereits in der Entwickelung vorhandenen Krankheitsprocesses a priori abgesprochen werden müssen; denn die Entwickelung der aus einer natürlichen Infection hervorgegangenen Pocken wird durch eine nachträgliche Impfung, selbst wenn diese zu neuer Pocken-
V. bildung führt, durchaus nicht beeinträchtigt. Kurz, es liegt gar „kein Grund vor für die aprioristische Annahme, dass die Etabli-rung eines neuen Localprocesses an einem äussern Körpertheile bei der Lungenseuche auf den Verlauf des Processes in den Lungen . im concreten Falle einen günstigen Einfluss ausübt. Manche Thierärzte meinen, dass die durch die Impfung hervorgerufene Anschwellung einfach als Ableitung, wie ein Fontanell oder ein Haärseil, und deshalb günstig wirke. Aber auch diese Erklärung genügt nicht, weil, abgesehen davon, dass die günstige Wirkung von Haarseilen und Fontanellen gerade bei der Lim-
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genseuche noch sehr zweifelhaft ist, die Ableitung immerhin eine zu geringfügige sein würde, als dass sie für wirksam erachtet werden könnte.
Nur die Erfahrung allein kann über den Werth der Impfung als Heilmittel entscheiden, und dieselbe hat gezeigt, dass trotz der sofort beim Ausbruche der Seuche ausgeführten Impfung häufig noch sehr viele Thiere, ja mehr als die Hälfte, offenbar erkranken. Um diese Behauptung, die von vielen Landwirthen und Thierärzten ausgesprochen wird, durch bestimmte That-sachen zu beweisen, sollen in Nachstehendem einige Zahlen aus den amtlichen Veterinair-Berichten der Preussischen und Sächsischen Thierärzte mitgetheilt werden: Von 36 Stück erkrankten nach der Impfung noch ... 19,
-nbsp; nbsp; nbsp;52 -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - _nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- ... 17,
-nbsp; nbsp; 43 -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- ... 16,
-nbsp; nbsp; nbsp;33 -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . . _nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- ... 20,
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-nbsp; nbsp; nbsp;60 -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . . _nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-mehrals die Hälfte,
-nbsp; nbsp; nbsp;25 -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - - -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- ... 16,
-nbsp; nbsp; nbsp;61 -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - _ _nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- ... 20. In den meisten Fällen, und zwar gerade in den Ställen,
in welchen noch die verhältnissnulssig grösste Zahl von Erkrankungen vorkam, wurde sofort geimpft, nachdem die Seuche beim ersten Krankheitsfalle constatirt war. Damit stimmen auch unsere eigenen Beobachtungen überein, indem wir in mehren Fällen trotz der zeitig ausgeführten Impfung noch einen bösartigen Verlauf der Seuche beobachtet haben. Auch hat sich immer ergeben, dass die einzelnen Krankheitsfälle nicht gutartiger als gewöhnlich waren, wenn bei den betreffenden Thieren in Folge der Impfung eine deutliche Pustel oder sogar eine starke Anschwellung des Schwanzes vorhanden gewesen war odeiquot; gleichzeitig mit der inneren Krankheit sich entwickelte.
Dahingegen ist in vielen anderen Fällen beobachtet worden, dass nach der Impfung, namentlich wenn diese sofort oder doch
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bald nach dem Ausbruche der Seuche ausgeführt wurde, nur noch wenige offenbare Erkrankungen vorkamen, und in wieder anderen Fällen schien die Seuche durch die Impfung sofort beseitigt zu sein. Auch diese Erfahrung ist in den thierärztlichen Berichten durch zahlreiche Thatsachen belegt, und namentlich der Kreisthierarzt Ziegenbein hat in seinem vorjährigen Berichte eine Liste veröffentlicht, nach welcher in den im Laufe eines Jahres geimpften Viehbeständen nach der Impfung immer nur noch einzelne Erkrankungen, und zwar um so weniger, je zeitiger nach dem Ausbruche der Seuche geimpft wurde, vorkamen. Demnach muss nun die Frage entstehen, wie es kommt, dass in manchen Fällen nach der Impfung noch verhältnissmässig viele Thiere erkranken, während in anderen Fällen die Seuche durch die Impfung schnell beendigt oder sogar plötzlich coupirt zu werden scheint.
Es liegt sehr nahe, die Verschiedenheit in dem Erfolge auf eine Verschiedenheit in dem Impfverfahren zurückzuführen, und diess geschieht auch häufig. Ja, wir stehen nicht an auf Grund häufiger Erkundigungen bei einzelnen Landwirthen und Thier-ärzten zu behaupten, dass noch zahlreichere Fälle mit ungünstigem Erfolge der Impfung publicirt worden wären, wenn die Berichterstatter sich nicht scheueten, ihr vermeintliches eigenes Versehen an die Oeffentlichkeit zu bringen. Die öffentliche Meinung, welche sich, wenigstens in manchen Gegenden, einmal zu Gunsten der Impfung erklärt hat, dictirt nicht selten die Meinungs - Aeusserung des Einzelnen. Aber man würde die Sache und die Personen falsch beurtheileii, wollte man das Verfahren bei der Impfung jedesmal anklagen, wenn der Erfolg ein ungünstiger ist. Denn auch den geübtesten Practikern kommen solche ungünstig verlaufende Fälle vor. Es geschieht sogar nicht selten, dass wenn ein Thierarzt von derselben Lymphe an einem Tage mehre Viehbestände auf dieselbe Weise impft, in einem Stalle noch zahlreiche Erkrankungen vorkommen, während in einem andern nur noch einzelne, in einem dritten gar keine Thiere mehr erkranken. Diese Beobachtung haben wir selbst mehre Male gemacht, und in keinem Falle konnte eine Verschiedenheit in der Fütterung oder der Haltung der Thiere oder in dem örtlichen Erfolge der Impfung die Erscheinung erklären.
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Ein anderer TMerarzt impfte auf einem Giite 26, auf einem andern 29 Stück Vieh. Von jenen erkrankten in den ersten 8 Tagen noch 7 Stück so heftig, dass sie geschlachtet wurden, von den 29 Stück erkrankte kein einziges mehr.
Nach einer andern Ansicht soll die Verschiedenheit in dem ^quot;' Erfolge dadurch zu erklären sein, class in manchen Fällen vor der Impfung bereits verhältnissmässig viele Thiere, in anderen Fällen aher nur erst einzelne Thiere oder ausser den bereits oifenbar erkrankten gar keine auf natürlichem Wege inficirt sind, wenn die Impfung vorgenommen wird. Demgemäss behaupten manche erfahrene Practiker, und namentlich Ziegenbein sucht diess durch Zahlenangaben nachzuweisen, dass in den ersten 4—6 Wochen nach der Impfung immer noch um so zahlreichere offenbare Erkrankungen vorkommen, je mehr Krank- quot;quot;quot;gt; heitsfälle schon vor der Impfung unter dem betreffenden Viehbestande beobachtet wurden, je länger also die Seuche in dem \ Stalle bereits geherrscht hat. _ Es #9632; sollen, wie Hildebrandt meint, _' / nach der Impfung noch alle diejenigen Thiere erkranken, in welchen bereits vorher der Grund zu der Krankheit gelegt wurde, —quot;quot; neue natürliche Infectionen dann aber nicht mehr zu Stande kommen. Gegenüber dieser Erklärung muss jedoch bemerkt werden, dass es eben eine unerklärliche Erscheinung wäre, — wenn die Impfung bei der Lungenseuche schon gegen die natürliche Ansteckung schützen sollte, bevor sich eine Eeaction annbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (j, der Impfstelle gezeigt hat. Und bekanntlich kommt diese in der Regel erst nach 8 Tagen bis 4 Wochen, öfters auch noch später zum Vorschein. Die Impfpocke schützt bekanntlich erst, wenn sie sich ausgebildet hat, vor der natürlichen Ansteckung; findet diese früher statt, so entwickeln sich neben der Impfpocke jüngere natürliche (Bei-) Pocken. Es würde also Unbekanntes durch Räthselhaftes erklären heissen, wollte man der Lungenseuche - Impfung jene behauptete Schutzkraft zuerkennen. Auch die Erfahrung spricht nicht so entschieden zu Gunsten jener Hypothese , als einzelne Practiker auf Grund ihrer eigenen Beobachtungen annehmen. Es werden in den amtlichen Veterinair-Berichten sogar ziemlich zahlreiche Beobachtungen mitgetheilt, dass, wenn auch erst nach längerer Dauer der Seuche geimpft wurde, diese doch plötzlich verschwand. Von 30 Stück Vieh,
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welche geimpft wurden, nachdem in den beiden Monaten vorher bereits 14 Stück in dem Stalle erkrankt waren, erkrankte nach der Impfung kein einziges mehr. Unter 88 Haupt fanden sich 5 Kranke und 28 Keconvalescenten und 15 Stück waren bereits aus dem Stalle wegen Lungenseuche geschlachtet; dann wurden die noch gesund erscheinenden 55 Haupt geimpft, und es erkrankten darauf nur noch 7. Ein Thierarzt impfte 65 Kühe, nachdem in dem Stalle bereits 32 Stück krepirt waren, und sah dann keine neue Erkrankung mehr. In einem andern Stalle wurden 77 Haupt geimpft und blieben gesund, nachdem bereits 25 Stück gestorben waren. Aehnliche Beobachtungen haben auch wir gemacht, indem wir noch zahlreiche Erkrankungen eintreten sahen, obgleich die frnpfung sofort ausgeführt wurde, wenn der erste Krankheitsfall sich zeigte, während in anderen Viehbeständen, unter denen schon häufige Erkrankungen vorgekommen waren, die Seuche nach der Impfung sofort oder doch sehr bald beendigt schien.
Um die verschiedenartigen Beobachtungen richtig deuten und den Einfluss der Impfung auf den Verlauf der Seuche beur-theilen zu können, muss zunächst in Erwägung gezogen werden, wie die Seuche in einzelnen Fällen zu verlaufen pflegt, wenn die Impfung nicht ausgeführt wird. Nach der gangbaren Annahm? sollen in verseuchten Ställen durchschnittlich J)0 Procent der Thiere offenbar erkranken und von diesen wieder die Hälfte der Krankheit erliegen. Namentlich Haubner sucht diese Xn^ nähme durch, allerdings nur wenige, Zahlen-Angaben zu stützen. Unserer eigenen Erfahrung nach und nach dem, was zahlreiche Erkundigungen bei Landwirthen in der seit langen Jahren verseuchten Provinz Sachsen ergeben, müssen wir jedoch den angegebenen Procentsatz für zu hoch gegriffen erachten; denn obgleich unter besonders ungünstigen Verhältnissen, namentlich in engen, schlecht ventilirten Ställen, bei Fütterung mit heisser Schlempe, selbst 90 Procent und noch mehr Thiere in einem verseuchten Stalle offenbar erkranken können, so bleibt doch weit häufiger die Zahl eine viel geringere, als 50 Procent. In den thierärztl. Berichten sind sogar viele Beobachtungen, class in grösseren Ställen nur einzelne Thiere erkrankten, mitgetheilt, und wir selbst haben ähnliche Beobachtungen gemacht. Zum Beweise
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des Gesagten mögen folgende Zahlen - Angaben, welche Fälle betreffen, in denen die Impfung nicht ausgeführt wurde, aus den sächsischen und preussischen Veterinair - Berichten hier Platz finden:
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In einem (Zuckerfabrik-) Stalle mit 80 Ochsen erkrankte ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;vom Winter bis zum Monat Mai nur alle 10 —14 Tage einer,
von denen 2 geschlachtet wurden und nur 1 Stück starb. Dann trat Maul- und Klauenseuche auf und die Lungenseuche schien verschwunden, bis nach 4 Monaten sich wieder einzelne Fälle in der nun auf 120 Haupt vergrösserten Heerde zeigten, die aber sämmtlich in Genesung endeten.
Die Commission, welche in Frankreich im Depart, du Nord quot;quot;quot;^ den Einfluss der Cohabitation gesunder und kranker Thiere festzustellen suchte, fand: I 1. Der Ansteckung widerstanden .... 32,61 Procent. / 2. Ganz leichte Erkrankung bei . ... 21,73 3. Deutliche Erkrankung und Heilung bei 36,95
#9632;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4. Tödtliches Ende bei.......8,98
Diese Zahlen dürften aber auf eine allgemeine Gültigkeit keinen Anspruch machen können, da sie von zu wenig zahlreichen und zu wenig umfangreichen Beobachtungen abstrahirt sind.
Mit Sicherheit kann nun aber auf Grund der Erfahrung angenommen werden, dass wenn die Lungenseuche in einem Viehbestande ausbricht, nicht alle Thiere, sondern durchschnittlich kaum 50 Procent und häufig nur einige wenige vom Hundert offenbar erkranken. Es kann deshalb auch in concreten Fällen niemals ohne Weiteres gefolgert werden, dass die Impfung die Seuche coupirt habe, wenn nach derselben kein Krankheitsfall mehr vorkommt. Denn in jedem einzelnen Falle hätte mög-
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licherweise ja auch ohne Anwendung der Impfung die Seuche ebenso verlaufen, d. li. plötzlich ein Ende nehmen können. Die Lungenseuche darf in dieser Beziehung nicht wie die Schaf-Pockenseuche beurtheilt werden; denn an den Pocken erkranken in der Regel alle Thiere der Heerde, in welcher die Krankheitnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;//
ausbricht, mehr weniger deutlich, und wenn diess nach der Impfung nicht geschieht, so ist deren Schutzkraft erwiesen. Der Verlauf der Lungenseuche in einem Viehbestande ist von verschiedenen, zum Theil bekannten, zum grossen Theil aber noch unbekannten Verhältnissen abhängig, und es ist daher in keinem Falle möglich, auch nur mit einiger Sicherheit zu bestimmen , dass die Seuche ohne Anwendung der Impfung einen schlimmem Verlauf genommen haben -würde, als sich nach der Impfung herausstellte.
Viele Thierärzte behaupten nun zwar, dass wenn auch nicht in jedem einzelnen Falle der nach der Impfung beobachtete günstige Verlauf der Seuche mit Grand auf jene zurückgeführt werden könne, doch aus der grossen Zahl von Beobachtungen sich mit Sicherheit die günstige Wirkung der Impfung ergebe. Gegen diese Art zu folgern müssen wir jedoch pro-testiren; dieselbe ist durchaus nicht logisch. Es ist ein nicht zu rechtfertigendes Verfahren, aus der Zahl der zum grossen Theil unbekannten Einflüsse, welche auf den Verlauf der Seuche modificirend einwirken können, einen einzigen, dessen behauptete Einwirkung noch unerklärt ist, herauszugreifen und als sicher und in bestimmter Weise wirksam zu betrachten. Mit demselben Rechte würde manches andere Moment, welches viele Male auf einen Viehbestand einwirkte, wenn die Seuche gutartig verlief, und andere Male vermisst wurde, wenn zahlreiche Erkrankungen vorkamen, für die Ursache der gewünschten Erscheinung ausgegeben werden können. Gibt es denn etwa kein anderes auf den Verlauf der Seuche einwirkendes Moment, welches regel-mässiger mit dem günstigen Verlaufe zusammentrifft? Sind denn die Verhältnisse, unter welchen geimpft wurde, immer nach Gebühr berücksichtigt? Nein; nur die Zahl der vor und nach der Impfung offenbar erkrankten Thiere ist berücksichtigt und danach der Erfolg beurtheilt. Wenn die Impfung einen regelmässigen Einfluss auf den Verlauf der Seuche ausübte und
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diese in der Regel einen andern, bösartigem Verlauf nähme, wenn die Impfung nicht ausgeführt wird, so könnte ihr allerdings der Einliuss nicht abgesprochen werden, wenn er auch nicht näher und nicht wissenschaftlich zu erklären wäre. Wenn ft _^., aber die Lungenseuche zwar in vielen Fällen nach der Impfung I )nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; günstig verläuft, in anderen Fällen jedoch auch ohne die
Impfung einen ebenso günstigen Verlauf nimmt, und wenn in wieder anderen zahlreichen Fällen der Verlauf trotz der Impfung ein recht bösartiger ist, so kann diese nicht ohne Weiteres als Grund des günstigen Verlaufs, und wenn die betreffenden Fälle auch sehr zahlreich wären, erachtet werden. Wenn überhaupt ^^ mit den grossen Zahlen gerechnet werden dürfte, so würde doch zunächst erst zu entscheiden sein, ob denn die Fälle, in welchen die Impfung anscheinend günstig wirkte, in der That so zahlreich sind, dass die anderen Fälle, in denen eine günstige Wirkung nicht hervortrat oder in denen ohne Impfung der Verlauf ein gutartiger war, als Ausnahmen von der Regel angesehen werden müssten. Das ist unserer Ansicht nach aber noch gar nicht erwiesen; wir halten es sogar für sehr zweifelhaft, dass mittelst dieser einfachen Berechnung, die nichts weniger als eine wissenschaftliche Beweisführung wäre, die Nützlichkeit der Impfung nachgewiesen werden könnte. _,,--•#9632;' quot;\^ie konnte denn aber die öffentliche Meinung, die sich zu Gunsten der Impfung ausspricht, entstehen; sollte dieselbe in der That keine solide Grundlage haben und unberechtigt sein ^ können? Für unmöglich, ja auch nur für sehr unwahrscheinlich können wir diess a priori nicht halten; denn wir wissen, dass auch schon über andere Punkte der Thierheilkunde eine öffentliche Meinung unter den Landwirthen und Thierärzten sich ohne hinreichende Berechtigung gebildet und zuweilen wieder schnell ein Ende genommen hat. Es ist deshalb in jedem Falle nicht nur gerechtfertigt,. sondern sogar nothwendig, allgemeine Grundsätze zuweilen von Neuem zu prüfen, ob sie nicht etwa blosse Glaubenssätze sind.
Vor Allem ist zu berücksichtigen, dass die Einimpfung der Lungenseuche, nachdem so viele Heilmittel die Prüfung nicht bestanden hatten, von vornherein wie ein Retter in der Noth begrüsst und in Hinsicht auf die günstige Wirkung der Pocken-
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irapfung mit günstigem Vomrtheile aufgenommen wurde. Es war gar nicht schwierig, der Impfung Eingang zu verschaffen, und es handelte sich dann zunächst nicht sowohl darum, die Einwirkung derselben auf den Verlauf der Seuche zu prüfen, als vielmehr darum, die zweckmässigste Ausführung zu finden und ., Verluste in Folge der Operation zu vermeiden. Das Ziel wurde bekanntlich bald erreicht; aber bei diesen ersten Bestrebungen war einer grossen Zahl von Practikern der rechte Gesichtspunkt verloren gegangen. Zahlreiche Empfehlungen des Verfahrens gelangten in die Oeffentlichkeit; ungünstige Erfolge wurden verschwiegen oder einer mangelhaften Ausführung der Operation zur Last geschrieben. Auf diese Weise konnte das günstige Vorurtheil sich immer mehr befestigen. Anders gestaltete sich das ürtheil der Commissionen, welche in Belgien die Prüfung des Verfahrens unternahmen; dieselben sprachen sich, wie unten noch ausführlicher berichtet werden soll, nicht zu Gunsten der Impfung aus. Als dann später das Verfahren unter den praktischen Thierärzten eine allgemeine Anwendung fand, wurde zwar auch über viele ungünstige Erfolge berichtet, und nicht wenige Practiker, die Anfangs in das vorzeitige Lob eingestimmt hatten, bekannten often ihre Meinungs-Aenderung, während andere schwiegen, weil sie nichts Gutes zu verkünden hatten, lehrreiche Irrthümer Einzelner ja aber sehr selten zum beßüen der Allgemeinheit verwerthet werden. Die meisten Berichte lauteten aber dann auch fernerhin und so bis heute noch der •nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Impfung günstig.
Sind denn die Erfolge der Impfung aber immer so günstig, als in den betreffenden Berichten behauptet wird? Wenn der Beurtheilung die Annahme zum Grunde gelegt wird, dass von ^^_ den Viehbeständen, unter welchen die Seuche zum Ausbruche kommt, durchschnittlich 50 Procent der Thiere offenbar, d. h. unter fieberhaften Symptomen, erkranken, wenn die Impfung nicht zur Anwendung kommt, so könnte dieser allerdings eine günstige Wirkung zugeschrieben werden, obgleich häufig genug, wie die oben angegebenen Zahlen - Angaben erweisen, auch trotz der Impfung die Zahl der Erkrankungen jene Höhe erreicht. Wir sind jedoch der Ansicht, dass die Seuche gegenwärtig, besonders wenn sie als eine Contagion zweckmässig behandelt
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wird, durchschnittlich nicht so bösartig verläuft. Müsste jene Annahme aber auch als richtig zugelassen werden, so würden von der Zahl der angeblich zu Gunsten der Impfung sprechenden Fälle doch erst diejenigen in Abrechnung zu bringen sein, in welchen die Impfung sehr spät, nachdem bereits viele Thiere durchgeseucht event, gestorben waren, in Anwendung gebracht wurde. Denn es ist ja ganz natürlich, dass die Seuche in einem Viehbestande endlich freiwillig erlischt, und es ist durchaus ungerechtfertigt zu behaupten, die Endschaft sei durch die Impfung bewirkt, wenn diese lange nach der Einschleppung ausgeführt wurde und dann neue Erkrankungen nicht mehr eintraten. Erst die dann übrig bleibenden Fälle, nämlich diejenigen, in welchen sofort beim Ausbruche der Seuche geimpft wurde, würden mit einiger Berechtigung anderen, in denen die Seuche unter übrigens gleichen äusseren Verhältnissen ihren natürlichen Verlauf genommen hat, gegenüber gestellt werden können. Ein wissenschaftlicher Grundsatz dürfte aber auf diese Weise kaum jemals herausgerechnet werden können, weil die Lungenseuche, sowie die Verhältnisse, welche auf deren Verlaufnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i
influiren können, sehr schwer zu beurtheilen sind, und Vergleiche zwischen mehren Seuche - Fällen deshalb immer sehr gewagt erscheinen müssen. Wir glauben also, dass auch nach einer gewissenhaften Sichtung der Beobachtungen, welche angeb-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i
lieh zu Gunsten der Impfung sprechen, auf deren numerisches Verhältniss zu den Fällen, in welchen nicht geimpft wurde und die Seuche bösartig verlief, eine Schlussfolgerung nicht basirt werden kann. Jedenfalls dürfen wir uns mit dem so begrün
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deten öffentlichen Urtheile nicht begnügen, sondern müssen noch weiter untersuchen.
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i Wie bereits bemerkt worden ist, sind auch selbst eifrige und treue Vertheidiger der Impfung der Ansicht, dass dieselbe auf den Verlauf der in den einzelnen Thieren bereits in der Entwickelung begriffenen Krankheit nicht einwirke, sondern die -'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Thiere nur vor der Infection schütze. Auch wurde angeführt,
dass die Seuche nicht nur bald nach ihrem Ausbruche, sondern öfters auch dann scheinbar durch die Impfung coupirt wird, wenn sie schon längere Zeit in dem betreffenden Viehbestande herrschte. In solchen Fällen wird dann der Nutzen der
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Impfung ganz besonders gepriesen. Wie soll dann aber die Wirkung erklärt werden? Nach der Meinung der betreifenden Practiker dadurch, class in jenen Fällen die geimpften Thiere auf natürlichem Wege noch nicht oder doch nur so gering inficirt waren, dass eine offenbare Erkrankung nicht nothwen-dig folgen musste. Wenn mm aber zugegeben wird, dass zur Zeit der Impfung, durch welche die Seuche angeblich coupirt wurde, aussei- den bereits offenbar erkrankten keine Thiere in den betreffenden Ställen inficirt waren, oder dass die etwa bereits stattgefundenen Infectionen sehr gelinde gewesen sind, so könnte selbstverständlich die Impfung nur dann als die Ursache der plötzlichen Beendigung der Seuche betrachtet werden, wenn angenommen werden müsste, dass bei Unterlassung derselben noch nothwendig eine Anzahl von Thieren heftig inficirt worden und folgeweise offenbar erkrankt wären. Da jedoch erfahrungs-mässig nicht ganz selten die Seuche freiwillig plötzlich abhebt, nachdem einzelne Erkrankungen vorgekommen sind, und es nicht in deren Natur liegt, immer und unter allen Umständen lange unter offenbaren Erscheinungen anzudauern, so bleibt es in jedem einzelnen Falle, wenn nach der Impfung die Seuche schnell erlischt, fraglich, ob diess die Impfung oder ein anderer bekannter oder unbekannter günstiger Einfluss bewirkt hat. Wenn in solchen Fällen aber die Impfung als die Ursache des plötzlichen Erlöschens der Seuche betrachtet werden müsste, so würde derselben folgerichtig, aber, wie bereits angeführt wurde, gegen alle Grundsätze der Wissenschaft und Erfahrung, auch die Eigenthümlichkeit zugesprochen werden müssen, die betreffenden Thiere schon vor der Infection auf natürlichem Wege zu schützen, bevor sich an der Impfstelle eine Eeaction gezeigt .hat. Diese wäre dann überhaupt als eine ganz überllüssige und folglich unerwünschte Erscheinung zu betrachten. So urtheilen in der That auch manche Thierärzte, wie weiter unten noch erörtert werden wird. Soll in dieser Weise nicht gefolgert werden, so muss die Annahme Platz greifen, class in den besagtennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-'lt; Fällen gewisse günstige Verhältnisse das Zustandekommen neuer, hochgradiger Infectionen in der ersten Zeit nach der Impfung, bis diese in Folge einer Pustelbilduug wirksam geworden, verhindert haben. Wenn nun aber andere, der weiteren Ausbrei-
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tung- der Seuche hinderliche Momente in den betreffenden Fällen kurz nach der Impfung vorhanden waren, so konnten dieselben auch, indem sie längere Zeit wirksam blieben, allein die Endschaft der Seuche herbeiführen. Wir wüssten wenigstens nicht, welcher Grund zu der Annahme berechtigen könnte, dass allemal, wenn zur Zeit der Impfung Krankheitsprocesse, die in den nächsten 4—6 Wochen hätten offenbar werden müssen, in dem betreffenden Viehbestande nicht in der Entwickelung vorhanden waren, solche späterhin noch entstanden sein würden, wenn die Impfung es nicht verhindert hätte. Es liegt unserer Ansicht nach gar kein Grund vor, diejenigen Seuche-Fälle, in welchen nach der Impfung gar keine offenbare Erkrankung mehr vorkommt, nicht zu den gutartigen, welche auch ohne Impfung in derselben Weise verlaufen, zu rechnen. Es sollen für diese Folgerung noch positive Gründe beigebracht werden.
Von sehr grossem Interesse für die Beurtheilung des Wer-thes der Impfimg sind namentlich diejenigen zahlreichen Fälle, in welchen die Operation die Seuche angeblich schnell, ja sogar plötzlich unterdrückt hat, ohne dass nach derselben überhaupt eine bemerkbare örtliche Wirkung hervorgetreten war. Fast jeder Practiker weiss, dass bei Impfungen in grösseren Viehbeständen die Örtliche Keaction bei einer mehr weniger grossen Zahl von Thieren ausbleibt, diese aber trotzdem sehr häufig von der Krankheit anscheinend verschont bleiben, wenigstens nicht offenbar erkranken. Wir selbst haben mehre Male in grösseren Ställen mit 50 und mehr Stück Vieh nur bei einer verhältniss-mässig kleinen Zahl der Thiere eine Anschwellung an der Impfstelle gesehen, aber niemals gefunden, dass später nur die Thiere, bei denen die Impfung von örtlichem Erfolge begleitet war, gesund geblieben, die übrigen aber erkrankt wären. Im Gegentheil haben wir wiederholt, und zwar sowohl nach frühzeitiger, als auch nach später Impfung, beobachtet, dass gerade von den Thieren, bei denen sich starke Anschwellungen entwickelt hatten, noch eine verhältnissmässig grosse Anzahl erkrankte, während unter den übrigen verhältnissmässig wenige oder auch gar keine Erkrankungen mehr vorkamen. In einem Stalle mit 35 Haupt war eine Kuh offenbar erkrankt und durch-geseucht, eine zweite behufs Gewinnung von Lymphe geschlach-
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tet uud bald darauf ein 14 Tage altes Kalb ebenfalls offenbar erkrankt. Es wurden dann S3 Stück geimpft, und obgleich bei keinem Reaction eintrat, erkrankte doch auch keines mehr offenbar. Von derselben Lymphe wurde gleichzeitig noch in einigen anderen grösseren Ställen eingeimpft und bei einzelneu Thie-ren Anschwellung hervorgerufen; einige Thiere verloren sogar ein Stück vom Schwänze. In einem Stalle hatte die Seuche schon circa 6 Wochen geherrscht, und waren bereits 3 Thiere verendet und noch zwei erkrankt, von denen eines zur Schlachtbank kam, als die übrigen 20 Stück geimpft wurden. Bei keinem Thiere bildete sich örtliche Keaction, und dennoch kam keine Erkrankung mehr vor. Aelmliche Beobachtungen sind auch von anderen Praktikern in den amtlichen Berichten mitge-theilt. In verschiedenen Ställen fand sich nach der Impfung:
a.nbsp; Bei 19 Ochsen nur vermehrte quot;Wärme, aber keine neue Erkrankung;
b.nbsp; bei. 8 Stück, nachdem vorher 1 erkrankt war, keine Eeaction, keine neue Erkrankung;
c.nbsp; bei 18 Stück, nachdem vorher 2 erkrankt waren, keine Reaction, keine neue Erkrankung;
d.nbsp; bei 24 Stück, nachdem vorher 6 erkrankt waren, keine Reaction, nur noch 3 neue Erkrankungen;
e.nbsp; bei 7 Stück, nachdem vorher 1 erkrankt war, keine Reaction, keine neue Erkrankung;
f.nbsp; bei 19 Stück, unter denen 2 kranke, nachdem einige Erkrankungen vorhergegangen waren, keine Reaction, nur noch 1 Todesfall.
In einem Stalle waren bereits im Monat Mai Erkrankungen vorgekommen; es wurden am 12. Juli 52 Stück geimpft, und kamen dann bis zum 30. Juli nur nocli 4 neue Erkrankungen vor. Bei den meisten Thieren trat keine Reaction ein, weshalb dieselben nebst 10 neu angekauften am 25. September nachgeimpft wurden. Nur bei einem von den neuen Thieren zeigte sich bis zum 15. October Reaction. An diesem Tage kamen wieder 14 neuangekaufte Thiere hinzu und wurden geimpft. Von den letzteren starben dann später 3 Stück an der Seuche. Auf Grund solcher Beobachtungen sind, Avie bereits bemerkt worden ist, manche Thierärzte sogar der Ansicht, dass
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, die Keaction an der Impfstelle nicht nothwendig sei, die Impfung vielmehr dadurch schütze, dass das Contagium in das Blut übertrete. Nach dieser Annahme bildet also die Anschwellung an
V. der Impfstelle eine fiberflüssige Nebenerscheinung, gerade wie nach der Ansicht mancher strenggläubiger Humoralpathologen die krankhafte Veränderung in den Lungen bei der durch natürliche Infection entstandenen Lungenseuche - Krase eine secundäre Veränderung ist. /nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Andere Thierärzte sind jedoch der Ansicht, dass die Impfung
/ nur dann die betreftenden Thiere yor der Ansteckung schütze, wenn sich eine Anschwellung an der Impfstelle oder in der Nähe derselben bildet, und wiederholen die Operation einige quot;Wochen
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später, wenn das erste Mal die Keaction ausbleibt. Häufig tritt dann nach der zweiten Impfung eine Anschwellung hervor. Diese
^ Thatsache hätte bereits den Grund zu einer gründlichen Erörterung der Frage unter den Anhängern der Impfung abgeben kön-
/f, nen, wenn dieselbe überhaupt beliebt worden wäre. Denn es muss 7 doch auftallen, dass, wenn die Impfung ohne örtliche Reaction
/ . oder schon bevor diese eingetreten ist, eine Schutzkraft besitzt,
eine spätere neue Impfung noch haften kann. Die Schutzkraft
| müsste sich doch natürlich ebenso gut auf die künstliche, wie auf
die natürliche Infection beziehen, und die zweite Impfung dürfte
also nicht haften, wenn die erste dem Thiere eine Immunität
\ verliehen hätte. Es kommt in der That so oft vor, dass durch eine zweite, 3 — 6 Wochen nach der ersten vorgenommene Impfung noch eine Anschwellung hervorgerufen wird, dass von
^-- denen, welche die Anschwellung überhaupt für einen specifischen, durch das Contagium verursachten Process halten, schon aus
, diesem Grunde die mit einem örtlichen Erfolge nicht gekrönte Impfung für unwirksam gehalten werden müsste. Wenn aber
^ alle diejenigen Fälle, in denen die von keiner Anschwellung gefolgte Impfung angeblich geschützt hat, von den zu Gunsten derselben verzeichneten Fällen in Abrechnung gebracht und zu denen gerechnet werden, welche an sich gutartig sind, so wird die Zahl der Fälle, welche dann noch die Schutzkraft der Impfung beweisen sollen und beweisen könnten, in dem Masse verringert, dass sie ihre Beweiskraft, wenn sie eine solche überhaupt besässe, vollständig einbüsste. Wir haben keine Veran-
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lassung zu untersuchen, auf welche Weise der besagte Widerspruch unter den Anhängern der Impfung bemäntelt werden könnte, sondern glauben,, dass er unter den Gründen, welche gegen die Wirksamkeit der Impfung sprechen, von grossem Gewicht ist.
Ein ganz ähnlicher Widerspruch besteht unter den Thier-ärzten bezüglich der Einwirkung der Impfung auf das Allgemeinbefinden der Thiere. Manche behaupten nämlich, dass die
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Thiere einige Wochen nach der Impfung in der Kegel Husten zeigen, weniger Milch geben u. s. w., und halten diese Erscheinungen für Polgen der Impfung und einer dadurch bewirkten leichten Erkrankung. Wie in Folge der Impfung Husten entstehen kann, wenn sie keine Erkrankung der Lungen hervorruft, ist freilich nicht einzusehen. Die Lungen erkranken aber nach dem fast einstimmigen ürtheile aller Praktiker in Polge der Impfung nicht, und darin soll ja gerade der Unterschied zwischen der eingeimpften und der durch natürliche Infection entstandenen Krankheit bestehen. Andere behaupten denn auch, dass wenn etwa schon vor der Impfung die betreifenden Thiere gehustet hätten, diese Erscheinung nach der Impfung in der
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Kegel sofort oder doch sehr bald verschwunden sei, und dass die Impfung deshalb augenscheinlich nicht bloss vor der Krank-
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f]nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;heit schätze, sondern dieselbe auch heile. Unserer Ansicht nach
ist die an sicli richtige Beobachtung in beiden Pällen falsch gedeutet und ohne Berechtigung zu Gunsten der Impfung ver-werthet. Viele genaue Untersuchungen haben uns nämlich gezeigt, dass die Thiere, mögen sie vor oder nach der Impfung husten, lungenkrank sind, d. h. an der Lungenseuche leiden. Dazu braucht wohl kaum bemerkt zu werden, dass in einem verseuchten Stalle einzelne noch nicht inficirte Thiere in Polge einer andern Krankheit, der Perlsucht z. B., husten können. Auch husten die Thiere ja öfters bei Schlempefütterung sehr stark, ohne lungenseuchekrank zu sein. Hier ist natürlich nur von den Thieren die Rede, welche in Polge der durch natürliche Infection entstandenen oder der angeblich eingeimpften Lungenseuche, nicht aber aus einem andern Grunde am Husten leiden. Wir haben in mehren Ställen gleich bei der ersten Untersuchung, mochte nun erst eine offenbare Erkrankung vor-
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gekommen oder die Seuche offenbar schon Wochen lang im Stalle vorhanden gewesen sein, uns überzeugt, dass auch die noch gesund erscheinenden Thiere zum grossen Theil schon mit der Krankheit behaftet waren. Manche Thiere husteten; andere wieder, bei denen durch die Percussion und Auscultation mit
•' grosser Sicherheit eine umschriebene Verhärtung nachgewiesen werden konnte, hatten niemals Husten hören lassen. Zuweilen, wenn nämlich eine genaue Beaufsichtigung des Yiehes stattfand, konnte auch ermittelt werden, dass einzelne Thiere, bei denen eine Verhärtung in den Lungen nachzuweisen war, einige Zeit vorher andere leichte Krankheits - Symptome, Abnahme in der Milch, verminderte Munterkeit, rauhes Haar, verminderten Appetit, Verschlechterung des Nährzustandes, eine mehr weniger lange Zeit hindurch und in mehr weniger deutlicher Art gezeigt hatten. Solche Thiere mussten, wie denn auch der weitere
__- Verlauf ihres Leidens bestätigte, als Eeconvalescenten betrachtet werden. Dass solche ganz leichte, nur bei genauer Beobachtung der Thiere wahrzunehmende Erkrankungsfälle bei der Lungenseuche oft vorkommen, bestreitet ja auch Niemand. Ebenso ist es auch bekannt, dass sehr viele Thiere durchseuchen, ohne dass selbst bei der genauesten Beobachtimg an ihnen Krank-heitserscheimmgen wahrgenommen werden. Hier kommt es aber darauf an zu constatiren, dass öfters beim offenen Ausbruche der Seuche, d. h. zur Zeit der ersten offenbaren Erkrankung, in dem betreffenden Stalle nicht nur bereits eine mehr weniger grosse Zahl von Thieren inficirt und im ersten Stadio der Krankheit befindlich sind, dass also die Krankheit qua Seuche nicht immer heftig anhebt und allmählig abläuft, sondern dass zur Zeit des offenen Ausbruchs der Seuche auch schon Eeconvalescenten vorhanden sein können und die Seuche sogar bereits im Stadio der Abnahme sich befinden kann. Die heftigen Erkrankungen können die ersten sein oder im Verlaufe der Seuche intercurriren oder auch erst am Ende der Seuche vorkommen. Diese Behauptung dürfte von keiner Seite zurückgewiesen werden können, und wenn sie zugelassen wird, so kann der Werth der Impfung auch nicht nach der Zahl der Erkrankungen, welche nachher noch vorkommen, bemessen werden. Wie sehr hier die oberflächliche Beobachtung täuschen
Roloff, Lungenseuche-Impftuig:.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '2
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und zu falschen Schlüssen führen kann, hat sich uns in dem oben erwähnten Falle, in welchem gleich nach der zweiten Erkrankung der 33 Stück zählende Viehbestand geimpft und dadurch die Seuche anscheinend sofort coupirt wurde, gezeigt. Die Untersuchung ergab nämlich, dass bei mehren, in der Nähe der kranken stehenden Kühen Verhärtungen in den Lungen bestanden, und es hatten diese Kühe auch bereits einige Wochen vorher mehre Tage hindurch gekränkelt. Sie mussten demnach als Reconvalescenten, die aber vollkommen gesund erschienen, betrachtet werden. Die Seuche hatte also schon längere Zeit vor dem offenen Ausbruche im Stalle geherrscht und möglicherweise waren schon mehre Thiere, als constatirt / werden konnte, durchgeseucht. Wenn nun aber die Seuche einmal so gutartig verlief, dass die zuerst ergriffenen Thiere kaum merklich erkrankten, so konnten auch die später noch inficirten in derselben Weise durchseucheu. Kurz, wir fanden es in dem Falle gar nicht schwer zu erklären, dass nach der Impfung keine Erkrankung mehr vorkam, trotzdem dieselbe bei keinem Thiere eine örtliche Reaction hervorgerufen hatte. Der Besitzer der betreffenden Thiere ist aber seitdem einer der grössten Verehrer der Impfung und mag seine Freude über den Erfolg durch die Erörterung der Bedingungen nicht trüben. Aehnliches kommt nicht selten vor!
Auch in den Veterinair - Berichten sind einige ähnliche Beobachtungen mitgetheilt: Von einem Bestände Jungvieh wurden Anfangs Mai einige Thiere zum Markte gebracht, aber nicht verkauft. Wahrscheinlich waren dieselben auf der Reise inficirt; denn Ende Mai brach die Seuche aus. Der ganze Bestand wurde in den Monaten Juli und August geschlachtet: fast alle Thiere hatten hepatisirte Stelleu in den Lungen und bei fast allen war schon die Rückbildung erkennbar. Bei einzelnen Thieren erschienen die Lungen gesund, obgleich sie früher stark gehustet hatten und hei ihnen auf einer Seite der Brust das normale respiratorische Geräusch vermisst worden war. Dieselben waren also bereits wieder vollständig genesen. Von diesem Stalle aus waren vor dem Ausbruche der Seuche 2 Thiere an zwei verschiedene Besitzer verkauft, und es gingen beide in der Zeit, wo in ersterem Stalle die Seuche herrschte,
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an einer Lungenkrankheit zu Grunde, ohne dass jedoch in einem dieser Ställe die Seuche ausgebrochen wäre.
In einem Ochsenstalle brach am 10. September die Maul-und Klauenseuche, welche durch neu angekaufte Ochsen eingeschleppt war, aus. Einer dieser Ochsen wurde bald darauf als lungenseuchekrank geschlachtet, und es fanden sich in den Lungen auch alte und frische Verhärtungen. Dennoch erkrankte kein Ochse weiter; als dieselben aber im Laufe des folgenden Winters gemästet und geschlachtet wurden, fand sich bei allen Hepatisation in den Lungen. Die Thiere waren unmerklich durchgeseucht.
Nach den vorstehenden Erörterungen können also die Beweise , welche bisher für die Behauptung, die Impfung schütze die Thiere vor derjnfection auf natürlichem Wege, beigebracht sind, nichtals genügend erachtet werden, und würde es nun in Frage kommen müssen, ob gegen jene Behauptung ausser der bereits angeführten Thatsache, dass bei bereits ein oder mehre Male ohne Erfolg geimpften Thieren sich nach einer neuen Impfung öfters ein Erfolg, d. h. eine Anschwellung, zeigt, noch andere positive Gründe sprechen, ob Thiere, welche geimpft waren, nachher auf natürlichem Wege inficirt und offenbar erkrankt sind. Dass in den ersten 6 Wochen nach der Impfung sehr häufig noch zahlreiche Erkrankungen vorkommen, ist bereits angeführt worden und auch bemerkt, dass diese Erkrankungen von den Thierärzten, welche die günstige Wirkung der Impfung nachweisen wollen, auf eine vor der Impfung stattgefundene Infection zurückgeführt werden. Es kommt deshalb hier auf die Beantwortung der Frage an, ob noch so lange nach der Impfung, dass die Annahme, derselben sei eine Infection auf natürlichem Wege vorangegangen, nicht zulässig erscheint, Erkrankungen vorkommen. Auch diese Frage kann zunächst auf Grund von zahlreichen Thatsachen, die in den thier-ärztlichen Berichten mitgetheilt sind, beantwortet werden. Von den Thatsachen mögen folgende hier Platz finden:
Auf einem Gute erkrankten von 44 Ochsen in einer Woche 5 Stück, und wurden dann die übrigen 39 geimpft. Von denselben erkrankten jedoch trotz der binnen 3 Wochen bewirkten
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Nachimpfung in den nächsten Wochen noch 14 Stück und späterhin auch noch alle übrigen in geringerem Grade.
In einem andern Stalle erkrankten von 33 Haupt 6—8 Wochen nach der Impfung noch 4 Stück, von denen 1 die Schwanzspitze in Folge der Impfung verloren hatte.
Bei 74 Stück trat am 10.— 21. Tage nach der Impfung Reaction ein; trotzdem erkrankten aber noch 23, und zwar das letzte 8 Wochen nachher.
Auf einem Gute brach im Januar die Seuche aus, und wurden sofort alle Thiere (61 Stück) geimpft. Trotzdem erfolgte im October ein neuer Ausbruch der Krankheit.
Eine Kuh, die am 28. Februar mit sehr gutem Erfolge geimpft war, blieb bis Anfang September gesund, trotzdem sie mit krankem Vieh verkehrte, starb aber am 8. October an der quot;Lungenseuche.
In einem Stalle wurden, nachdem im Laufe von 6 Wochen 4 Kälber gestorben waren, 13 Kälber geimpft. Von denselben erkrankten jedoch 41 Tage nach der Impfung noch 3 und 50 Tage nachher abermals 2 Stück.
In einem andern Stalle wurde im März die Präcautions-Impfung mit sehr gutem Erfolge, d. h. gefolgt von einer deutlichen Anschwellung an der Impfstelle, ausgeführt; dennoch erfolgte aber im Juli der Ausbruch der Seuche.
Sämmtliches Vieh, welches ein Kreisthierarzt mit der Lanzette geimpft hatte, erkrankte späterbin.
In einzelnen Viehbeständen kamen 5 — 6 Monate nach der Impfung noch Erkrankungen vor, und in einem Stalle erkrankten sogar Rinder, die 6 — 9 Monate vorher mit Erfolg geimpft waren und zum Theil den Schwanz verloren hatten.
In den Berichten, welche die in Belgieij zur Prüfung der Lungenseuche - Impfung gebildeten Commissionen erstattet haben, findet sich ebenfalls die Angabe, dass öfters Vieh erkrankte, welches 2 — 3 Monate vorher mit Erfolg geimpft worden war. Ausserdem werden folgende specielle Fälle mit-getheilt:
1 Kuh mit Erfolg geimpft am 5. Jan. 1853, starb . . . am 24. Juni, 1 Ochse - - - - 5. - - erkranktenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- 2. März,
1.....18. - - -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. - 18. April,
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1 Ochse mit Erfolg geimpft amnbsp;30. Octbr. 1853, erkrankte am S.Januar f. J.,
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1 - - -laquo; - -nbsp; nbsp; 27. Januarnbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - 10. April,
1 Ochse - -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- -nbsp; nbsp; lO.Septbr.nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - IS.Januarf.J.,
1 Kuh - -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; 29. Julinbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - 25. November,
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1 Ochse - .-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- -nbsp; nbsp; 21.Julinbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-alskrankgeschl.- 28.December,
1 - - -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - S.Januar.....T.April,
1 - - -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - S.März.....10. Mai,
1.....nbsp; nbsp; 17.Pebr......23. Mai,
1 - - -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - 3. Febr......9. Juni,
1.....nbsp; nbsp; 13.Mai.....28. Juli,
1 - - -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- -nbsp; nbsp; 25. Novbr......9. Januar f. J.,
1.....nbsp; nbsp;28.Mai.....25.Juli,
1 Kuh - -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - I.Augustnbsp; - - - - - 17.November,
1 Ochse - -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - -nbsp; nbsp;28. Mainbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- zeigte alte Hepa-
tisation bei der Obduction am 26. Januar f. J.
In allen diesen Fällen war durch eine Commission consta-tirt, dass nach der Impfung sich eine deutliche Eeaction gezeigt hatte und dass die später eingetretene Erkrankung die wahre Lungenseuche war.
Auch der Medicinal - Assessor Hildebrandt berichtet wiederholt, dass einzelne Thiere noch 3 — 4 Monate nach der Impfung erkrankten. Allerdings will Hildebrandt die spät nachfolgenden Erkrankungen darauf zurückführen, dass ältere Lymphe benutzt worden sei; der Thierarzt Mallihn, welcher ebenfalls in dem Regierungsbezirke Magdeburg practizirt und sehr häufig impft, theilte uns aber mündlich mit, dass er selbst bei Thie-ren, die mit frischer Lymphe geimpft worden waren und einen Theil des Schwanzes verloren hatten, öfters noch nach 4 Monaten und noch später die Krankheit hat beobachten können. Wir selbst haben constatiren können, dass in einem Stalle mit 40 Stück Vieh, welche, obgleich noch gesund, Anfangs December aus Vorsorge, weil die Krankheit in der Nähe herrschte, geimpft waren, Ende Februar die Seuche ausbrach. Es wurden dann die Thiere, bei denen keine deutliche Anschwellung beobachtet worden war, nochmals geimpft; trotzdem schleppte sich aber die Seuche bis in den Monat Juli hin, 12 Stück erkrank-
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ten recht heftig; alle ührigen erkrankten zwar nur leicht, aber fast sämmtlich, namentlich auch diejenigen, welche im December mit Erfolg geimpft waren, in dem Grade, dass die Krankheit bei ihnen durch eine genaue Beobachtung und sorgfältige Auscultation und Percussion constatirt werden konnte. Eine Kuh, welche in Folge der Impfung im December ein Stück vom Schwänze verloren hatte, erkrankte Ende Juni f. J. sehr heftig und verkalbte, nachdem sie circa 14 Tage lang krank gewesen war. Danach erfolgte Genesung.
Beide Male wurde Lymphe verwendet, welche sich in mehren anderen Ställen, in denen gleichzeitig die Eoth- resp. Prä-cautions - Impfung ausgeführt wurde, in dem gewöhnlichen Sinne sehr gut bewährte; d. h. die vorhandene Seuche erreichte in den betreifenden Fällen sehr schnell ihr Ende und die aus Vorsorge geimpften Thiere blieben anscheinend gesund.
Aehnliche Beobachtungen sind auch in England und Holland gemacht und von Verheyen mitgetheilt:1
Ein Herr P. zu K. in England hatte im Laufe von 3 Jahren 132 Stück Vieh an der Seuche verloren. Er liess dann zunächst einzelne Thiere, und später, als die Krankheit wieder ausbrach, in Intervallen bis Anfang Februar alle seine Thiere impfen. Es erkrankten dann im Januar 2 Stück, im März 1 Stück, und im Mai brach die Seuche aufs Neue unter den geimpften Thie-ren, von denen 8 Stück den Schwanz verloren hatten, aus. Dieser Versuch schreckte von weiteren Impfungen ab.
In Holland waren zuerst mehre Versuche zu Gunsten der Impfung ausgefallen; namentlich ein Thierarzt V. empfahl dieselbe dringend. In einem spätem Berichte sagt derselbe aber, dass in 2 Ställen, in welchen 29 Stück Vieh mit solchem Erfolge geimpft waren, dass die Seuche sofort erloschen schien, diese 7—10 Monate nach der Impfling wieder ausbrach. Von jenen geimpften 29 Thieren erkrankten 14.
In einem andern Stalle war am 19- Juli geimpft. Bis zum 1. August starben noch 7 Stück, und dann brach 5 Monate nach der Impfung die Seuche von Neuem aus und verlief sehr schlimm.
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1) Annales de Med. veter. publiees k Bruxelles. 1855.
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Es unterliegt demnach keinem Zweifel, dass Thiere, welche geimpft worden 'sind, späterhin, wenn die Impfgeschwulst sich vollständig entwickelt oder bereits wieder zurückgebildet hat, noch auf natürlichem Wege inficirt werden und an der Lungenseuche offenbar erkranken können.
Von denjenigen Sachverständigen, welche mit Vorhebe impfen und an die günstige Wirkung der Operation glauben, wird nun zwar eingewendet, dass die Impfung, obgleich sie kein absolutes Schutzmittel sei, doch sehr häufig die Thiere vor der Ansteckung schütze und die Seuche dadurch abkürze oder selbst coupire. Es wird behauptet, dass die Fälle, in welchen die Impfung ihre Schutzkraft notorisch nicht bewährt habe, als / Ausnahmen von der Regel betrachtet werden müssten. Wir / können diese Folgerung jedoch nicht als begründet anerkennen: Wenn die Impfung vor der Infection auf natürlichem Wege j überhaupt zu schützen vennöchte, so müsste sie, immer voraus-fnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; gesetzt, dass sie gut ausgeführt ist, in allen Fällen schützen,
i und wenn sie, wie in Vorstehendem constatirt ist, sogar in i verhältnissmässig vielen Fällen, trotzdem die gewöhnlich als quot;) • erwünscht bezeichnete örtliche Reaction sich einstellte, keinen £• Schutz gewährte, so folgt daraus ganz unzweifelhaft, dass sie überhaupt nicht zu schützen vermag. Diese positiven Gegenbeweise sind entscheidend, während, wie oben nachgewiesen ist, die Beobachtungen, dass die Seuche in vielen Fällen nach der Impfung schnell abhob oder plötzlich beendet zu sein schien,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ['',
für die Beurtheilung der Wirksamkeit der Impfung nicht von entscheidendem Werthe sind.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ...
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Wir wollen uns jedoch nicht verhehlen, dass, so streng und gerecht unsere Beweisführung auch ist, doch viele Parti
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sanen der Impfung ihren guten Glauben durch die Bemerkung werden zu vertheidigen suchen, dass die Zahl der Fälle, in denen die Unwirksamkeit der Impfung bis zur Evidenz nachgewiesen ist, doch immer eine beschränkte sei. Das ist allerdings richtig, aber auch leicht erklärlich. Denn erfahrungs-mässig dauert die Seuche, insofern sie sich durch offenbare Erkrankungen kund giebt, auch in grossen Ställen in der Regel nur ungefähr 2 — 3 Monate an; seltener werden später, als 3 Monate, nach dem Ausbruche der Seuche in einem Stalle,
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wenn inzwischen nicht neues Vieh eingefiihrt wurde, noch acute Krankheits - Fälle beobachtet. Es ist also ganz natürlich, dass auch nach der Impfung, wenn diese nach dem Ausbruche der Seuche ausgeführt wird, in der Eegel nur noch eine Zeit lang, und zwar circa 6 Wochen hindurch, acute Fälle vorkommen. Die Lungenseuche - Impfung ist aber in der Regel eine Noth-Impfung, d. h. sie wird erst dann vorgenommen, wenn die Seuche unter dem betreffenden Yiehbestande ausgebrochen ist. Wenn nun aber Jemand der Zahl der zu üngunsten der Impfung sprechenden Fälle die etwa grössere Zahl von Fällen, in denen nach der Impfung die Seuche sofort oder wenigstens binnen 6 oder 8 Wochen beendigt schien, gegenüberstellen und danach den Werth der Impfung als Schutzmittel beurtheilen wollte, so müssten wir ein solches Verfahren auf Grund der vorstehenden Erörterungen als ein den Anforderungen der Wissenschaft nicht entsprechendes zurückweisen. Es kann dadurch wohl der beruhigende Glaube, dass die Impfung zweckmässig sei, befestigt werden; aber eine exacte wissenschaftliche Untersuchung ist es nimmermehr. Fast unbegreiflich ist aber die Behauptung, dass durch die Impfung die Seuche öfters sofort coupirt sei, nachdem sie Monate lang, ja über ein Jahr in den betreffenden Ställen geherrscht hatte. Als ob die Seuche in der Regel Jahr und Tag in einem Viehbestande andauerte! Derartige Behauptungen werden namentlich durch die Mittheilungen, dass die Seuche nach der Impfung sofort oder doch bald aufhörte, wenngleich nur einige Thiere, die übrigen aber nicht geimpft wurden, auf ihren wahren Werth zurückgeführt. Auch früher, bevor die Impfung gebräuchlich war, nahm die Seuche in der Regel ein Ende, bevor alle Thiere in dem betreffenden Stalle gestorben waren, und es ist gar nicht einzusehen, warum das jetzt nur in Folge der Impfung geschehen könnte!
Es würde nun weiter zu untersuchen sein, ob die Impfung dann, wenn sie eine Präcautions-Impfung war, Schutz gewährt hat. Diese Frage ist jedoch nicht so leicht zu beantworten, als gewöhnlich angenommen wird.
Die Impfung wird eine Präcautions - Impfung genannt, wenn sie ausgeführt wird, bevor die in der Nähe des betreffenden Viehbestandes herrschende Seuche eingeschleppt ist, wenn
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die Einsclüeppung aber zu befürchten steht. Ist denn die Grosse der Gefahr der Einschleppung aber in jedem Falle mit Sicherheit zu beurtheilen? Wenn diess möglich wäre, so würden wir nach den Erfolgen der Präcautions - Impfungen den Werth der Impfung bemessen können. Jene sichere Beurtheilung ist aber eben nicht möglich.
Wir sehen allerdings zuweilen, dass die Seuche, wenn sie in einen Ort eingeschleppt worden ist, sich allmählig ausbreitet, indem sie von Hof zu Hof fortschreitet und besonders alle die Höfe, zwischen denen ein directer Verkehr besteht, nach und nach heimsucht. Wenn dieser Vorgang nun der regelmässige wäre und dann wieder ebenso regelmässig die Seuche durch Präcautions - Impfungen verhindert werden könnte, die Ortschaften, in welche sie eingedrungen ist, zu überziehen, so würde der Nutzen der Impfung erwiesen sein. Erfahrungsmässig verhält es sich aber nicht so; sondern in der Eegel bleibt bei gehöriger Vorsicht Seitens der Hofbesitzer die Seuche mehr beschränkt. Denn gerade zwischen grösseren Wirthschaften, in denen die Seuche aus bekannten Gründen am häufigsten erscheint, pflegt nicht häufig ein directer Verkehr stattzufinden; noch seltener zwischen einer grossen Wirthschaft und den kleinen Wirthschaften desselben Ortes. Die Bauerngutsbesitzer eines Ortes sind untereinander bekannt oder verwandt, zeigen sich gegenseitig ihr Vieh, namentlich das kranke, halten gemeinschaftlich einen Sprungbullen u. s. w., und es ist deshalb auch erklärlich, dass die Seuche in einem Orte zuweilen, wenn sie nämlich nicht rechtzeitig erkannt wird, von Hof zu Hof fortschreitet. Ein derartiger Verkehr findet jedoch zwischen den grösseren Gütern nicht statt; deren Besitzer erkennen auch die Krankheit gewöhnlich frühzeitig, kennen die Contagiosität derselben und vermeiden es, das Contagium zu verschleppen. Damit steht denn auch die Erfahrung im Einklänge, dass die Seuche häufig lange Zeit hindurch auf grösseren Gütern herrscht, ohne von dort aus in benachbarte Höfe einzudringen. Wenn diese Thatsache nun einerseits die Ansicht, dass die Lungenseuche durch weit verbreitete (miasmatische) oder locale schädliche Einflüsse erzeugt werden könne und dass das Contagium im hohen Grade flüchtig sei, widerlegt, so begründet sie andererseits auch die Be-
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hauptung, dass die Gefahr der Einschleppung auch nach der Entfernung, in welcher die Seuche herrscht, nicht bemessen werden kann. Die Beurtheilung der Gefahr ist auch nicht zuverlässig , wenn sie sich auf die Ausdehnung oder die Art des Verkehrs gründet; denn wir wissen, dass oft auch bei lebhaftem gegenseitigem Verkehr die Seuche nicht aus einem Hofe in den andern eindringt. Ja, es kommt sogar zuweilen vor, dass die Seuche, wenn sie in einen Hof, auf welchem das Vieh in mehren getrennten Ställen steht, eingeschleppt wird, auf einen einzigen Stall beschränkt bleibt.
Wir haben das selbst einige Male beobachtet. Drei Male wurde das in separaten, aber in der Nähe der verseuchten gelegenen, Ställen stehende Jungvieh aus Vorsorge geimpft, weil die Communication zwischen den Ställen nicht beseitigt werden konnte. In keinem Falle zeigte sich bei dem Jungvieh eine örtliche Keaction, aber trotzdem blieb dasselbe in einem Falle (12 Stück) anscheinend vollständig gesund, während in den beiden anderen Fällen unter den grösseren Beständen eine resp. zwei acute Erkrankungen vorkamen, alle übrigen Thiere aber auch dem Anscheine nach von der Krankheit verschont wurden. quot;Wenn also die Seuche häufig gewisse Viehbestände, die geimpft waren, verschonte, obgleich sie in der Nähe derselben längere Zeit hindurch herrschte und gesetzliche Sperrmaassregeln gegen ihre weitere Verbreitung nicht durchgeführt wurden, so kann deshalb immer noch nicht behauptet werden, dass die Impfung die betreffenden Thiere vor der Ansteckung geschützt habe. Es bleibt in allen diesen Fällen fraglich, ob die Seuche eingedrungen sein würde, wenn die Impfung unterblieben wäre. Andererseits ist aber mehr als einmal beobachtet, dass die Seuche trotz der zeitig ausgeführten Präcautions- Impfung ausbrach, und wir haben auch aus unserer Praxis oben einen solchen Fall mit-getheilt. In einigen von den in den Veterinair-Berichten mit-getheilten Fällen war nach der Ansicht der Referenten die Seuche sogar durch die Präcautions - Impfung eingeschleppt!
Die Beantwortung der Frage, ob die Präcautions - Impfung sich bewährt hat, muss nun auch wieder auf die bekannten positiven Beweise gestützt werden und dann entschieden verneinend ausfallen. Wollte man auch hier wieder die Zahl der
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Beobachtungen höher veranschlagen, als deren Zuverlässigkeit und Genauigkeit, so würde allerdings die PräCautions - Impfung für hilfreich gehalten werden können. Denn die Zahl der Fälle, in welchen dieselbe nützlich schien, indem die Seuche zwar bis in die Nähe des geimpften Viehes vordrang, dieses aber verschonte, ist unzweifelhaft grosser, als die Zahl der Fälle, in welchen die Impfung, trotzdem sie nach den Regeln der Kunst ausgeführt wurde und örtliche Anschwellungen hervorrief, offenbar keinen Schutz gegen die Ansteckung gewährte. Wir denken aber, dass gerade in diesem Punkte das verderbliche „ post hoc, ergo propter hocquot; keine Verwendung finden wird. Wer dem Satze eine Gültigkeit zuerkennen und sich darauf stützen wollte, müsste erst die Frage entscheiden, welchen Antheil ^ etwa die Ziegenböcke, die ja bekanntlich in sehr vielen Ställen gehalten werden und angeblich in unzähligen Fällen die Lungenseuche abgehalten haben, in jedem einzelnen Falle an der Abwendung der Gefahr hatten.
Ein grosses Gewicht wird von den Landwirthen und Thier-ärzten, welche die Impfung empfehlen, ferner auf die Beobachtung gelegt, dass dieselbe als Schutz - Impfung sich in der Regel bewährt habe. In vielen Wirthschaften wird nämlich das neu angekaufte Vieh immer so bald als möglich geimpft, wenn die Seuche auch nicht in der Nähe herrscht, und dadurch angeblich der Ausbruch der Krankheit verhütet. Haubner äussert / sich darüber in seiner Brochure wie folgt:
„ Schon seit vielen Jahren ist in grossen Viehwirthschaften, in und aussei- Deutschland, die Impfung der Lungenseuche als eine sogenannte Schutz- und Vorbauungsimpfung eingeführt worden, d. h. alles jährlich angekaufte Vieh wird geimpft oder wenigstens geimpft, wenn die Lungenseuche in der Nähe ist, und bis jetzt, soweit mir bekannt ist, blieb das geimpfte Vieh gegen dieselbe geschätzt. Wenn man hierbei erwägt, dass früher die Lungenseuche häufig in diesen Wirthschaften einkehrte und jetzt, so zu sagen, daraus verbannt ist, dann muss man wohl anerkennen: dass die Impfung in der That ein Schutzmittel ist.quot;
„Es liegen aber noch weitere Beweise vor, die zugleich über die Dauer dieses Schutzes Zeugniss geben. Es sind Fälle
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bekannt, wo die Lungenseuche in Stallungen ausbrach, in denen Vieh stand, welches vor ein bis zwei Jahren geimpft war. Diese Impflinge blieben verschont. Das spricht für einen länger dauernden, mehrjährigen Impfschutz.quot;
Wir können diese Beweisführung jedoch nicht für überzeugend halten; denn es ist gar nicht erwiesen, ja nicht einmal wahrscheinlich, dass in den betreifenden Fällen das angekaufte Vieh erkrankt sein würde, wenn es nicht geimpft worden wäre. Es giebt ohne Zweifel mehr Wirthschaften, in denen die Schutz - Impfung nicht üblich ist, und die dennoch dauernd von der Seuche verschont bleiben, als solche, in denen angeblich die Impfung den Ausbruch der Seuche verhindert. Auch sind viele Wirthschaften, in welche früher die Seuche häufig einkehrte, seit längerer Zeit verschont geblieben, trotzdem nicht geimpft wurde. Ebensowenig kann die Thatsache, dass beim Ausbruche der Seuche die in den betreffenden Ställen vorhandenen , früher geimpften Thiere häufig verschont blieben, beweisen, dass die Impfung schützte, wenn nicht erwiesen ist, dass bei den betreuenden Thieren früher nicht die Nothimpfung ausgeführt wurde. Wenn nämlich die Thiere früher geimpft waren, weil die Seuche in dem betreffenden Stalle herrschte, so können sie als durchgeseucht betrachtet werden, und es erscheint dann ganz natürlich, dass sie bei einer neuen Invasion der Seuche nicht mit erkrankten. Gerade deshalb hat ja das Vieh, welches eine Invasion überlebte, einen besondern Werth für Wirthschaften in verseuchten Gegenden.
Von grösserm Werthe für die Entscheidung der Frage ist allerdings die Beobachtung, dass geimpftes Vieh gesund blieb, wenn es in verseuchte Ställe gebracht wurde. Aber die Einstellung des neu angekauften geimpften Viehes geschieht in der Eegel erst, nachdem die Seuche vollständig beendigt und der Stall desinficirt ist. Damit soll jedoch nicht gesagt sein, dass dann eine Ansteckung nicht mehr erfolgen könnte; es ist im Gegentheil öfters constatirt worden, dass das Contagium sich in Ställen nach Beendigung der Seuche trotz der Desinfection noch längere Zeit wirksam erhalten hat. Es kommen dabei aber verschiedene Verhältnisse in Betracht, und diese müssen
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wohl berücksichtigt werden, wenn der Werth der Schutz-Impfung festgestellt werden soll.
Vor allen Dingen kommt der Verlauf der Seuche in Betracht. Wenn die in einem Viehbestande vorkommenden acuten Krankheitsfälle die letzten sind und mit deren Beendigung die Seuche überhaupt abgelaufen ist, so kann dann unter Umständen, wenn nämlich der Stall gut ventilirt ist und die darin befindlichen Gegenstände, namentlich die Krippen und Eaufen, eine möglichst glatte Oberfläche haben und folgeweise gehörig gereinigt werden können, sehr bald eine vollständige Desin-ficirung erfolgen. Wir haben mehre Male beobachtet, dass bald, nämlich 4 — 6 Wochen nach Beendigung der letzten acuten Krankheits-Fälle und nach vorheriger Desinfection neuangekauftes Vieh eingestellt wurde und anscheinend gesund blieb, trotzdem es nicht geimpft war. Wenn hingegen die Seuche mit acuten Krankheits - Tällen beginnt und sich dann in dem Stalle noch lange hinschleppt, indem nach und nach die vorhandenen Thiere inficirt werden und aus dem ersten Stadio durchseuchen, so bleibt auch nach der scheinbaren Endschaft der Seuche und trotz der Desinfection der Stall noch längere Zeit hindurch unrein. Unter solchen Umständen haben wir neu angekauftes Vieh nach der Einstellung erkranken sehen, trotzdem es vorher geimpft und so lange getrennt gehalten war, bis die Impfkrankheit ihren Verlauf beendet hatte, und zwar erfolgten die Erkrankungen so spät nach der Einstellung, dass vor der Impfung die Infection nicht wohl stattgefunden haben konnte. Diese Beobachtungen erwiesen bis zur Evidenz, dass die Schutz - Impfung nichts genützt hatte, während nach den vorher angegebenen Gründen die Beobachtung, dass das geimpfte Vieh nicht erkrankte, wenn es in verseuchte Ställe gebracht wurde, für einen Gegenbeweis nicht erachtet werden kann.
In dem dritten Berichte der belgischen Commission wird nun zway die von Thierärzten gemachte Beobachtung angeführt, dass in einzelnen Ställen einzelne nicht inoculirte Thiere von der Seuche ergriffen wurden, während die inoculirten verschont blieben. In demselben Berichte findet sich aber auch die Mittheilung, dass in einem grossen Stalle, wo die Seuche
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herrschte, mehre neu eingestellte und nicht inoculirte Thiere, welche den kranken so nahe gegenüherstanden, dass sie sich mit dem Maule berühren konnten, gesund blieben, während andere, die ein oder mehre Male mit Erfolg geimpft waren, erkrankten. Auf eine eclatantere Weise kann der Glaube an die Schutz - Impfung nicht widerlegt werden!
In Frankreich experimentirte eine Commission im Departement du Nord in der Weise, dass sie 34 geimpfte und 24 nicht geimpfte Thiere 5 — 6 Monate hindurch mit kranken Thieren zusammenstellte. Von den geimpften Thieren erkrankte 1, von den ungeimpften hingegen 14 mit oder ohne offenbare Symptome. Dadurch wurde also erwiesen, dass ein Thier trotz der Impfung erkrankte, diese also keinen Schutz gewährt. Allerdings erkrankten die übrigen 33 Stück nicht, aber daraus schliessen zu wollen, dass diese durch die Impfung geschützt waren, würde alle Erfahrungen über den Verlauf der Seuche ignoriren heissen. Denn es bleiben ja häufig in einem verseuchten Stalle viele Thiere anscheinend gesund, trotzdem sie nicht geimpft wurden, und auch bei dem Experimente wurden von den 24 nicht geimpften Thieren 10 Stück nicht krank. Von dieser Abtheilung wurden zwar 14 Stück inficirt, aber dadurch wird nichts weiter bewiesen, als dass die Seuche in einer Abtheilung von Vieh gelinde, in der andern heftiger auftreten kann. Es ist schon öfters beobachtet, dass die Seuche in den einzelnen Theilen grosser Ställe sich sehr verschieden gestaltete, hier heftiger, dort gelinder auftrat. Das Experiment der Commission verliert ausserdem durch die Bemerkung, dass von den nicht geimpften Thieren 14 mit oder ohne offenbare Symptome erkrankten, sehr an Werth. Es muss hier überhaupt noch ein Mal daran erinnert werden, dass erfahrungsmässig nicht alle Thiere, welche inficirt sind, offenbar erkranken, und dass es deshalb nicht zulässig ist anzunehmen, ein Thier sei durch die Impfung vor der Ansteckung geschützt, weil es anscheinend gesund blieb. Zuverlässig sind derartige Ur-theile nur dann, wenn sie sich auf den Obductionsbefund stützen.
Nachdem der Einfluss der Impfung auf den Verlauf der Krankheit und auf die Disposition zu derselben besprochen ist, würde nun ferner noch zu untersuchen sein, welche Bewandt-
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niss es mit den localen Anschwellungen hat, die nach der Impfung häufig entstehen.
Die ersten Impfversuche, welche in Deutschland angestellt wurden, fielen zum Theil sehr ungünstig aus, weil in Folge der Entnahme der Lymphe aus den im dritten Stadio der Hepa-tisation befindlichen Lungenpartieen, in denen bereits ein Fäul-nissprocess besteht, heftige und ausgebreitete brandige Impfgeschwülste sich entwickelten, besonders bei den Impfungen am Triel. Durch weitere Untersuchungen wurde dann aber bald festgestellt, dass in jedem Falle nicht der Lungenseuche-Virus, sondern die eingeimpfte faulende Substanz als Erreger der brandigen Entzündung zu betrachten ist, und die üblen Folgen der Impfung wurden späterhin, als die Lymphe aus den Lungen-Abschnitten, deren krankhafte Veränderungen vom jüngsten Datum sind, entnommen wurde, immer seltener. Ganz ungefährlich ist die Impfung aber auch jetzt noch nicht, und selbst die geübtesten Practiker sehen zuweilen noch einzelne Thiere der Impfung erliegen. Es kommt sogar nicht selten vor, dass wenn 100 oder mehr Thiere in einem Stalle an einem Tage mit derselben Lymphe und auf dieselbe Weise geimpft werden, bei einzelnen Thieren sich sehr heftige Anschwellungen des ganzen Schwanzes und darüber hinaus bilden, während bei anderen nur begrenzte Anschwellungen entstehen und bei wieder anderen gar keine Reaction eintritt. Unzweifelhaft können gewisse, namentlich mechanische, Reize, welche auf den Schwanz nach der Impfung einwirken, die durch letztere angeregte Entzündung steigern. Bei Thieren, welche neben der Wand oder neben Barrieren stehen und, z. B. zur Fliegenzeit, mit dem Schwänze häufig gegen jene harten Gegenstände schlagen, entwickeln sicli vorzugsweise heftige Anschwellungen. Auch die Zerrung des entzündeten Schwanzendes durch schwere Haarquasten, besonders wenn diese stark beschmutzt sind, kann nachtheilig wirken. Ebenso kann auch die chemische Wirkung der feuchten Excremente die entzündliche Reizung erhöhen und zur Entwickelung des Brandes Veranlassung geben. Wir haben deshalb häufig vor der Impfung die Schwanzquasten abscheeren lassen und dadurch nicht nur die Controle erleichtert, sondern auch bewirkt, dass die Schwanzspitzen, indem sie von den
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liegenden Thieren seitlich und in die Höhe gerichtet gehalten wurden, sich trocken hielten und seltener heftig anschwollen. Aber diese mehr weniger zufälligen äusseren Reize, mechanische, physicalische und chemische, können alle fehlen, und dennoch werden hei einzelnen Thieren die Anschwellungen sehr stark und brandig, während diese bei anderen Thieren, die einen anscheinend ungünstigen Stand haben, gutartig bleiben oder gar nicht hervortreten. Selbst geübte Practiker werden nicht selten durch solche ungünstige Erfolge überrascht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;l
Die Entstehung der heftigen Anschwellungen, welche trotz der Verwendung guter Lymphe sich zuweilen bilden, wird gewöhnlich darauf zurückgeführt, dass die betreffenden Thiere mit einer ungewöhnlich grossen Disposition, an der Lungenseuche zu erkranken, behaftet seien. Diese Erklärung gründet sich wieder auf die Voraussetzung, dass der locale Krankheitsprocess am Schwänze dem Processe in dem Lungengewebe gleichartig und folgeweise auch gleichwerthig sei. Auf die Gleichartigkeit der Localprocesse wird daraus geschlossen, dass beide im Bindegewebe verlaufen und dass die krankhaften Veränderungen des Bindegewebes in den Lungen und unter der Haut am Schwänze eine anatomische Uebereinstimmung zeigen. Letzteres wurde von Leisering1 und Voigtländer2 constatirt und als beweisend hervorgehoben. Auch Haubner sagt in seiner Brochure, dass der Localprocess am Schwänze ein specifischer sei. Wir können diese TJeberzeugung jedoch nicht theileu, weil die anatomischen Veränderungen, und zwar sowohl die gröberen, als auch die feineren, sich unserer Ansicht nach durch nichts von denen unterscheiden, welche nach der Einimpfung reizender, namentlich faulender, Substanzen entstehen. Diese Ansicht sprach auch die belgische Commission in ihrem dritten Berichte aus und wies experimentell nach, dass nach der Injection von Eiter aus Haarseilwunden von Pferden unter die Haut des Schwanzes bei Kühen ganz gleichartige Anschwellungen entstehen, als nach der Einimpfung von Lymphe aus kranken Lungen. Es kann demnach auf Grund der anatomischen Untersuchungen die Ent-
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1)nbsp; Veterinair-Bericht für das Königreich Sachsen. 1864.
2)nbsp; Der pathol. Process an der Impfstelle nach der Impfung zum Schütze gegen die Lungenseuche. Dresden.
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stehung einer heftigen örtlichen Eeaction in keinem Falle auf das Yorhandensein einer ungewöhnlich starken Disposition zu der Krankheit zurückgeführt werden. Dieser gezwungenen Erklärung bedarf es auch gar nicht, denn die Untersuchung der Flüssigkeit, welche aus den im ersten Stadio der Entzündung befindlichen Lungenpartieen entnommen ist, lehrt sehr bald,
'/ dass dieselbe immer mehr weniger von den niederen Organismen enthält, die als Fäulniss-Erreger betrachtet werden. Das ist auch sehr natürlich, weil die expressibele Flüssigkeit zum Theil in den Bronchien und Alveolen stagnirte und mit der Luft in / Berührung war. Die beste Lymphe ist niemals frei von soge-{ nannten deletären Stoffen, und sie unterscheidet sich dadurch ( wesentlich von der Pocken - Lymphe, die vor der Entnahme v von der Luft abgeschlossen war. Es ist also bei der vorsichtigsten Impfung nicht mit Sicherheit zu vermeiden, dass die unerwünschten Erfolge, nämlich heftige Anschwellungen, die brandig werden, eintreten. Wir haben das selbst öfters erfahren. Von manchen Thierärzten wird zwar behauptet, dass die Lymphe erst nachträglich „ sich zersetze,quot; im frischen Zustande, namentlich wenn sie filtrirt sei, aber nicht eigentlich reizend wirke. Wir müssen das jedoch auf Grund häufiger eigener Beobachtungen bestreiten, indem wir nach der Einimpfung ganz frischer und sorgfältig filtrirter Lymphe von anscheinend vorzüglicher Qualität öfters heftige Anschwellungen entstehen sahen. Auch ist uns nicht bekannt, dass irgend einer von den Thierärzten , welche einen grossen Ruf als Impf- Aerzte haben, nicht fast nach jeder Impfung einer grösseren Zahl von Thieren eine gewisse Zahl von unerwünschten, d. h. zu heftigen, Anschwellungen zu registriren hätte. Selbstverständlich nimmt die Zersetzung der Lymphe zu. wenn sie eine Zeit lang aufbewahrt wird; sogar in vorsichtig gefüllten und gut verschlossenen ganz feinen Glasröhren trat bei mehren von uns angestellten Versuchen früher oder später Fäulniss ein.
Der Umstand, dass selbst in ganz frischer Lymphe immer neben verschiedenartigen Formbestandtheilen auch verschieden-
#9632; ^. artige kleine und kleinste Organismen vorkommen, wird die Bestimmung des Contagium, wenn dieses, wofür ja manches spricht, ein vivum sein sollte, in hohem Grade erschweren.
Roloff, Langenseuche-InipfaBgf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3
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Diese Schwierigkeit erscheint vorläufig sogar unüberwindlich, wenn statt der ausgedrückten Flüssigkeit das entzündete Gewebe als üntersuchungs - Object gewählt wird.
Es ist demnach gar nicht zu bezweifeln, dass auch mit anscheinend vorzüglich guter Lymphe aussei- dem etwa darin befindlichen Contagium, Stoffe, welche eine locale Entzündung hervorzurufen vermögen, eingeimpft werden können und sogar, wenn auch nicht bei jedem einzelnen Thiere, gewöhnlich eingeimpft werden. Es würde nun zu entscheiden sein, ob die Entwickelung der Anschwellungen und deren weiteres Schicksal unter Umständen zu dem Schlüsse berechtigen, dass sie nicht durch die deletären Stoffe, sondern durch das Contagium hervorgerufen sind.
Von den meisten Practikern wird behauptet, dass die durch das Contagium erzeugten Anschwellungen in der Regel in der zweiten oder dritten Woche nach der Impfung sich zu entwickeln beginnen. Die bösartigen, nicht specifischen Anschwellungen hingegen sollen angeblich meistens schon in der ersten Woche entstehen. Die eigene Erfahrupg und die Mittheilungen mehrer Thierärzte, denen eine reiche Erfahrung zur Seite steht, haben ans jedoch überzeugt, dass die Zeit des Beginns von vornherein gar nicht beurtheilen lässt, wie die Anschwellung sich jedesmal weiter gestalten wird. Im Allgemeinen pflegen zwar die in der ersten Woche entstehenden Anschwellungen am häufigsten sich weit auszubreiten und brandig zu werden. Das ist auch leicht erklärlich; denn die als deletär bezeichneten Stoffe sind qualitativ verschieden, und je heftiger sie wirken und in je grösserer Menge sie eingebracht wurden, um so schneller wird die Eeizung an der Impfstelle sich kundgeben. Wir haben aber sehr oft beobachtet, dass auch diejenigen Anschwellungen, welche in der zweiten oder dritten oder gar erst in der vierten Woche bemerkbar werden, sich bis auf die Kruppe ausbreiten und zu weitgehender Brandbildung am Schwänze führen können. Andererseits sind auch die bereits in der ersten Woche entstehenden Anschwellungen nicht selten gutartig, und ein Prac-tiker, der viel geimpft und dabei häufig brandig gewordene Schwänze zu behandeln gehabt hat, behauptete uns gegenüber sogar, dass die vor dem 10. Tage nach der Impfung entstehen-
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den Anschwellungen in der Eegel gutartig und deshalb als echte Impfpusteln zu betrachten seien. Der Zeitpunkt, mit welchem die Entwickelung der Anschwellung beginnt oder wenigstens bemerkbar wird, giebt demnach über die Natur des Processes keinen Aufschluss. Ebensowenig lässt der weitere Verlauf der Local - Processe entscheiden, ob sie ihre Entstehung der Einwirkung des Contagium oder anderer reizender Stoffe verdanken. Der Verlauf ist nämlich sehr verschieden. Häufig entstehen nur ganz kleine, bei genauer Untersuchung kaum wahrnehmbare Anschwellungen, die sich in der zweiten oder dritten Woche nach der Impfung im Verlaufe von circa 8 Tagen entwickeln und sich dann in einem gleichen Zeiträume wieder verlieren. Andere' Male bilden sich wallnussgrosse oder etwas grössere begrenzte Anschwellungen an der Impfstelle aus und zertheilen sich entweder wieder oder wandeln sich in einen Abscess um, und wieder andere Male greift die Anschwellung in der Gegend der Impf-Wunde ganz um den Schwanz herum und wird dann in den meisten Fällen, wenn sie nämlich einigermassen beträchtlich ist, mehr weniger schnell brandig, so dass wenigstens die Spitze des Schwanzes verloren geht. Diese verschiedenen Modi des Localprocesses kommen nicht selten nebeneinander vor, wenn in einem Stalle eine grössere Zahl von Thieren geimpft wird. Welche Anschwellung soll dann als die zweckentsprechende betrachtet werden? Manche eifrige Partisanen der Impfung werden antworten, dass nur die Anschwellungen, welche eine massige Ausdehnung erreichen und in Zertheilung übergehen, als echte Impfpusteln betrachtet werden dürfen, indem das Contagium seiner Natur nach nur indurative, aber weder eitrige, noch brandige Processe hervorrufe, und letztere, wenn sie in Anbetracht der geringen Ausdehnung der Anschwellung nicht als secundäre, aus heftiger innerer Spannung oder aus einer Thrombose der Blutgefässe resultirende angesprochen werden können, auf die Einimpfung anderer, reizend wirkender Stoffe zurückgeführt werden müssen. Aber es dürfte sehr schwer fallen oder vielmehr unmöglich sein, den wesentlichen Unterschied zwischen den einzelnen Modi der Eeaction nachzuweisen. Denn die bezeichneten drei Erscheinungs - Formen der Reaction hängen gewöhnlich durch alle möglichen Uebergangs - Formen so innig
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zusammen, dass es unmöglich ist, eine von ihnen als eine eigenartige von den anderen streng abzuscheiden. Ganz beson-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;f
ders würde aber die grosse Menge der Practiker, welche auf Grund ihrer Erfahrung für die Impfung schwärmen, gegen jene Trennung der Anschwellungen nach anatomischen Gründen pro-testiren und behaupten, dass in praxi, d. h. hinsichtlich der Wirkung auf die Tilgung der Disposition zu der Lungenseuche, eine Unterscheidung zwischen den Anschwellungen, je nachdem sie so oder so enden, nicht gemacht werden könne und auch nicht gemacht zu werden brauche. Der Practiker trägt nur Sorge, dass die Anschwellungen nicht zu auffällige Verstümmelungen der Thiere verursachen oder gar das Leben derselben gefährden; im üebrigen pflegt er jede Anschwellung, die in der gewöhnlichen Zeit an der Impfstelle sich einfindet, für schutzkräftig zu halten. Wir wüssten wenigstens nicht, dass jemals auf Grund der Erfahrung empfohlen wäre, alle Thiere, bei denen die Anschwellung von vornherein oder doch sehr bald die Tendenz, brandig zu werden, gezeigt hätte, als mangelhaft geimpft zu betrachten und nochmals zu impfen. Die Erfahrung hat also bis jetzt nicht entschieden, dass nach der Einimpfung von Contagium Anschwellungen mit typischem Verlaufe entstehen; dieselbe hat vielmehr gelehrt, dass der nächste Erfolg der Impfung in allen Fällen ein unsicherer ist, gerade so, wie wenn faulende Stoffe eingeimpft werden. Dass diese, nicht aber das Contagium, die Anschwellungen hervorrufen, wird noch mehr klar, wenn.die Anschwellungen sich von der Impfstelle aus weiter am Schwänze hinauf ausbreiten. Es kann dann nämlich constatirt werden, dass die Ausbreitung hauptsächlich im Verlaufe der Lymphgefasse stattfindet und sich auch auf demselben Wege zuweilen zwischen den Hinterschenkeln bis zum Euter resp. dem Hodensacke heraberstreckt. Diese Art der Ausbreitung ist erfahrungsmässig denjenigen Anschwellungen eigen-thümlich, welche nach der Einimpfung faulender Stoffe entstehen. Wir wollen jedoch ausdrücklich bemerken, dass wir in der Art der Verbreitung der Anschwellungen nicht den hauptsächlichsten Gegenbeweis gegen die behauptete Specificität der Impfpusteln erblicken. Die localen Bedingungen für die Entzündung sind am Schwänze eben eigenthümliche; unsere Erör-
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terung wird aber genügen, die Behauptung Haubner's zu widerlegen, dass die Impfung der Lungenseuche mit der Pocken-Impfung verglichen werden könne, und dass in den Fällen, in welchen die Impfung, trotzdem Anschwellungen entstanden, keinen Schutz gewährte, die Einimpfung schlechter Lymphe, d. h. deletärer Stoffe, stattgefunden habe. Mit der Pocken - Impfung kann, wie bereits bemerkt ist, die Lungenseuche - Impfung nicht verglichen werden, weder hinsichtlich des örtlichen Erfolges, in sofern dieser bei der sachgemässen Pocken - Impfung in der Kegel zu einer bestimmten Zeit und in einer bestimmten Art sich zeigt, noch in Rücksicht auf die Tilgung der Disposition zu der Krankheit.
Gegen unsere Ansicht von der Natur der Anschwellungen an der Impfstelle könnte nun zwar eingewendet werden, dass nach der Einimpfung faulender Stoife gewöhnlich innerhalb weniger Tage sich eine örtliche Entzündung und Anschwellung entwickelt, während nach der Einführung der Flüssigkeit aus den kranken Lungen in der Regel zunächst ein latentes Stadium beobachtet wird. Wir haben aber schon bemerkt, dass auch dann, wenn die Flüssigkeit aus den im dritten Stadio der Entzündung befindlichen Lungenpartieen entnommen ist und unzweifelhaft faulende Stoffe enthält und eine brandige Entzündung anregt, — die Anschwellung in der Regel erst nach Verlauf von 5—8 Tagen oder auch noch später nach der Impfung am Schwänze sich deutlich zu entwickeln beginnt. Dieser Verlauf ist von den localen Bedingungen abhängig. Nach der Impfung am Triel tritt die örtliche Reaction, wie die Lymphe auch beschaffen sein möge, immer schneller und dem entsprechend auch stärker hervor. Dann wollen wir auch nochmals hervorheben, dass die Bezeichnung „Fäulnissquot; eine summarische ist und dass der Fäulnissprocess in der Lymphe nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ verschieden sein kann. Die faulenden Substanzen wirken nicht immer an sich reizend, so dass sie einen ganz gleichartigen Umsetzungsprocess in dem Gewebe, mit welchem sie in Berührung treten, anregen, sondern öfters erst dadurch, dass sie durch die Erstwirkung einen günstigen Boden für weitere Umsetzungen, bei denen direct reizend wirkende Stoffe regenerirt werden, schaffen. Es kann
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deshalb unter Umständen durch die Einimpfung einer Flüssigkeit, die an sich ziemlich unschuldig ist, der Grund zur Entstehung heftiger Entzündungen gelegt werden. Bekanntlich können ja sogar einfache Verletzungen, namentlich Stiche, starke Anschwellungen hervorrufen.
Demnach ist es denn auch sehr erklärlich, das die Impf-Methode von so grossem Einflüsse auf den Erfolg, d. h. auf die Entstehung einer Anschwellung, ist. Die Einimpfung der Flüssigkeit unter die Oberhaut mittelst einer Nadel oder der Lanzette wird von vielen Thierärzten für unzweckmässig gehalten , während die Einbringung der Lymphe in eine kleine Tasche im subcutanen Zellgewebe häufig zum Ziele führt. Auch die belgische Commission sagt in ihrem dritten Berichte, dass sich nach der Einimpfung ganz frischer, d. h. soeben aus der Lunge eines frisch geschlachteten Thieres entnommener Lymphe, oder solcher, die fast 2 Monate lang an der Luft gestanden hat, durch einfache Einstiche eingebracht, keine örtüche quot;Wirkung zeigt, während dieselbe, wenn sie 24 Stunden lang aufbewahrt wurde, öfters wirksam ist, dass aber in eine kleine Tasche im ünterhautzellgewebe gebracht, sowohl frische, als 24 Stunden, als 2 Monate alte Lymphe, sowie Eiter aus Haarseilen bei Pferden, in mehren Fällen deutliche Anschwellung hervorgebracht habe. Jeder Chirurg wird diess ganz natürlich finden, ohne dabei an die Einwirkung eines Contagium zu denken.
Wir machten, um die Natur der Tmpfpusteln noch näher zu bestimmen, folgenden Versuch:
Einige Tropfen ganz gut aussehenden Eiters aus einem fast verheilten Abscesse bei einem gesunden Pferde wurden mit destillirtem Wasser verrieben und dann die klare, kaum opak erscheinende Flüssigkeit abgegossen. Davon wurde einem Mast-#9632;ochsen no. 1. und einem Arbeitsochsen no. 2. mittelst der Sticker'schen Nadel, die seit einem Jahre nicht benutzt und ganz rein war, eine kleine Quantität am Schwanzende, 2 Zoll von der Spitze entfernt, und zwar an der.Kückseite, eingeimpft, nachdem von der Stelle die Haare abgeschoren waren. Die Impfung wurde möglichst vorsichtig ausgeführt, um nur einen einfachen Canal herzustellen und starke Blutung zu vermeiden. Auf dieselbe Weise wurde an demselben Tage einem Mast-
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ochsen no. 3. und einem Arbeitsochsen no. i. eine kleine Quantität ganz frischer, guter Schafmilch eingeimpft. Alle vier Thiere waren gesund und ruhig und wurden so reinlich gehalten, dass an den Schwanzquasten kaum eine Spur von Schmutz vorhanden war.
Am 7. Tage nach der Impfung fand sich bei no. 1. etwas Eöthung und vermehrte Empfindlichkeit an der Impfstelle und eine kleine erbsengrosse Warze mit glatter Oberfläche auf der Stichwunde. Am 21. Tage bestand an der Impfstelle noch etwas vermehrte Empfindlichkeit, so dass das Thier bei leichtem Druck auf jene Stelle in Folge des empfundenen Juckreizes lebhaft mit dem Kopfe nickte und kauete. In der Umgebung der Meinen Warze, namentlich von dieser nach aufwärts, fand sich eine im Ganzen 1 Zoll lange und quot;/g Zoll breite flache Anschwellung, die auf der Oberfläche trocken und massig derb war.
Bei no. 2. fand sich am 7. Tage die Stichwunde noch offen und feucht und in deren Umgebung nur eine geringe Empfindlichkeit, aber keine Anschwellung. Am 21. Tage war die Wunde geschlossen und die Impfstelle ohne jede krankhafte Veränderung.
Bei no. 3. war am 7. Tage an der Impfstelle eine deutliche , auf Druck sehr empfindliche, flache Anschwellung vorhanden und die helle Haut vermehrt geröthet. Am 21. Tage war jede Spur der Keaction verschwunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;)
Bei no. 4. fand sich am 7. Tage gar keine Reaction, am 21. Tage jedoch eine deutliche Anschwellung, gerade so wie bei no. 1.
Bei zwei Ochsen war demnach in Folge der Einimpfung von anscheinend sehr gutartigen Flüssigkeiten am Ende der dritten Woche an der Impfstelle eine Anschwellung vorhanden, die wir unter anderen Umständen für eine sehr schöne Impfpustel gehalten haben würden. Dass die Eeaction nicht noch stärker war, dürfte wahrscheinlich eine Folge der sehr- vorsichtigen Einimpfung sein. Wir mussten uns mit einem wenig augenfälligen Erfolge begnügen, um die Güte des Besitzers der Versuchsthiere nicht zu missbrauchen. Es wurde aber con-statirt, und darauf kam es ja auch nur an, dass nach der Ein-
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Impfung von Flüssigkeiten, die kein Lungenseuche-Contagium enthalten, an der Impfstelle eine Anschwellung entstehen kann, die nach ihrer Beschaffenheit und nach der Dauer ihrer Ent-wickelung ganz mit der Anschwellung übereinstimmt, welche nach der Einimpfung von Flüssigkeit aus der kranken Lunge hei der Lungenseuche angeblich in Folge der Einwirkung des Contagium entsteht. Dass bei gewöhnlicher Impfung, wenn Flüssigkeit aus einer entzündeten Lunge benutzt wird, die Reaction gewöhnlich stärker ist, kann nach dem, was wir über die Beschaffenheit jener Flüssigkeit bereits angeführt haben, nur ganz natürlich erscheinen. Auch ist es leicht zu erklären, dass nach einer zweiten Impfung an derselben Stelle gewöhnlich eine Anschwellung entsteht.
Wir hatten uns schon vor längerer Zeit überzeugt, dass .-- die Einimpfung mittelst der Sticker'schen Nadel, überhaupt die Herstellung einer subcutanen Tasche, hauptsächlich die Entstehung der Anschwellungen verursacht und die Braudbildung begünstigt, besonders wenn von den faulenden Excrementen der Thiere, die ein schmutziges Lager haben, fortwährend Theile in den Stichkanal eindringen. Wir haben deshalb, um allen Anforderungen gerecht zu werden, seit längerer Zeit, und zwar mehre Hunderte von Thieren, unter verschiedenen Verhältnissen in der Weise geimpft, dass wir einen 1I2—-1 Zoll laugen Schnitt durch die Haut des Schwanzes bis in das Unterhautbindegewebe führten und dann die Lymphe unter Anwendung der grössten Vorsicht, dass sie nicht sofort abfloss oder durch Blut weggeschwemmt wurde, in das Bindegewebe brachten. Um ganz sicher zu gehen, haben wir vor dem Eintritte der Blutung #9632; oder gleich nach Beseitigung derselben die wagerecht gehaltenen Schnittwunden entweder wiederholt mit Lymphe ausgepinselt oder sie mit Lymphe gefüllt und dann ein, zwei, drei Minuten lang so gehalten, dass die Lymphe nicht abfliessen konnte, deren Eintritt in das Gewebe auch noch dadurch befördert, dass wir durch sie hindurch den Grund der Schnittwunde mehrfach ritzten. Kurz, wir glauben bei der Impfung mittelst des Messers die Bedingungen für die Resorption der Lymphe oder deren locale Einwirkung auf das subcutane Bindegewebe günstiger gestaltet zu haben, als dieselben gewöhnlich sind, wenn mittelst der
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Nadel geimpft wird. Trotzdem bildeten sich aber jedes Mal nur bei verhältnissmässig sehr wenigen Thieren Anschwelluugen aus, und nur bei einzelnen Thieren griffen die Anschwellungen über die Schnittwunden nach oben hinaus oder entstanden von vornherein entzündliche Schwellungen und Eiter- resp. Brandbildung am obern Theile des Schwanzes im Verlaufe der grösseren Lymphbahnen. Alle Mal konnten wir constatiren, dass vor der Entwickelung der Anschwellungen neben oder oberhalb der Wunde, diese eine üble Beschaffenheit annahm. Eine fäulnisswidrige Behandlung leistete auch immer die besten Dienste. Wir haben uns dabei aufs Neue überzeugt, dass die Anschwelluugen bloss in Folge einer localen Infection durch faulende Stoffe entstehen. Für diese Annahme spricht ganz besonders auch noch die in dem dritten Berichte der belgischen Commission mitgetheilte Thatsache, dass sowohl bei Hunden als auch bei Ziegen nach der Einimpfung 24 Stunden alter Lymphe deutliche Anschwellungen entstanden. Da weder Hunde noch Ziegen an der Lungenseuche erkranken, so konnten bei ihnen die Anschwellungen auch nicht durch das Contagium hervorgerufen sein. Die Hauptsache ist nun aber, dass gerade in den meisten Fällen, wenn wir durch einen offenen Schnitt geimpft und deshalb gar keine Anschwellungen hervorgebracht hatten, der Erfolg insofern ein brillanter zu sein schien, als die Seuche, trotzdem sie erst anzuheben schien, sofort oder doch sehr bald ihr Ende erreichte. Wenn wir einfach nach diesen Erfolgen urtheilen und die Bedingungen unberücksichtigt lassen wollten, so müssten wir erklären, dass es kein sichereres Mittel gegen die Lungenseuche gäbe, als die Impfung mittelst des Bistouri, nach welcher keine Anschwellungen vorkommen. Unsere Impfungen mittelst der Nadel, selbst wenn sie wiederholt wurden, um bei allen Thieren Impfpusteln zu erzeugen, haben sich selten so gut bewährt. Die Bedingungen, welche dem Schein - Erfolge zum Grunde lagen, sind oben bereits erwähnt: Die Seuche verlief in den betreffenden Fällen an sich gutartig!
Aehnliche Erfahrungen hat ein Thierarzt, der in einem Lungenseuche-Districte wohnt und als Impf-Arzt grossen Euf hat, schon vor längerer Zeit gemacht. Derselbe ist immer noch ein Anhänger der Impfung, behauptet aber, dass die Anschwel-
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lungen an der Impfstelle Folge der Einimpfung schlechter Lymphe seien und die Wirkung der Impfung eher abschwächten als steigerten. Er impft deshalb nicht die Flüssigkeit aus dem Lungengewebe, sondern das flüssige Exsudat aus dem Pleura-sacke ein und sieht danach höchst selten Anschwellungen entstehen. Desto besser soll die Impfung aber angeblich schützen. Andere Thierärzte impfen in neuerer Zeit Blutserum von kranken Thieren ein und wollen auch dadurch mit Sicherheit der Entstehung heftiger Anschwellungen vorbeugen, ohne indess die Schutzkraft der Operation zu beeinträchtigen.
Zu Gunsten der Annahme, dass die Anschwellung an der Impfstelle eine specifische, der Anschwellung der Lungensubstanz durchaus gleichartige und folgeweise auch gleichwerthige sei und durch das eingeimpfte Contagium hervorgerufen werde, ist bereits von mehren Seiten die Behauptung aufgestellt worden , dass der Lungenseuche - Localprocess seiner Natur nach im Bindegewebe ablaufe und 'deshalb ebenso gut in defn subcutanen Bindegewebe des Schwanzes, als in dem Bindegewebe der Lungen ablaufen könne. Immer sei das betreffende Thier, wo auch der Process sich localisirt gehabt habe, als ein durchgeseuchtes zu betrachten, unserer Ansicht nach ist diese Behauptung jedoch vorläufig nur mehr eine Entschuldigung für die Impfung, als ein Beweis für deren Nützlichkeit; denn der bestimmte Nachweis , dass der Krankheits - Process in den Lungen seinem Wesen nach, d. h. hinsichtlich der Regeneration des Contagium, im interlobulären Bindegewebe, nicht aber an der inneren Oberfläche der Alveolen abläuft, ist bis jetzt, weil das Contagium an sich nicht erkannt werden kann, noch nicht geliefert. Die Annahme, dass die wesentlichen Vorgänge im Bindegewebe stattfinden , gründet sich bloss auf die Beobachtung, dass die Schwellung des interlobulären Gewebes in der Eegel die auffälligste Erscheinung ist. Dieselbe kann aber, so wie sie zu sein pflegt, unzweifelhaft auch daraus hervorgehen, dass das Contagium an oder in der Oberfläche der Alveolen sich regenerirt und eine Reizung unterhält. Dass dem nicht so sei, könnte nur dann gefolgert werden, wenn die Alveolen selbst noch intact erschienen, nachdem das interlobuläre Gewebe bereits krankhaft verändert ist. Das ist aber nicht der Fall, sondern die Alveolen
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sind immer von vornherein mit in den Bereich des Krankheits-Pröcesses hineingezogen. Wenn dieser aber auch wesentlich und primär das Bindegewebe ergreift, so würde daraus doch nicht ohne Weiteres gefolgert werden können, dass derselbe Vorgang im subeutanen Gewebe stattfinden kann. Auf Grund der histo-logischen Aehnlichkeit würde auch angenommen werden können, dass der Lungenseuche - Process in den Lungen verschiedener Thiere, namentlich auch bei Schweinen, vorkommen könnte. Das Contagium macht jedoch erfahrungsmässig feinere Unterscheidungen, als die Histologie, und es ist deshalb nicht zulässig, in der Beziehung Theorieen aufzustellen, die nicht sicher durch die Erfahrung gestützt werden. Diese hat aber noch nicht entschieden , dass die Anschwellungen, welche nach der Einimpfung von Flüssigkeit aus kranken Lungen im Zellgewebe am Schwänze entstehen, auf das fernere Verhalten der Thiere gegenüber dem flüchtigen Contagium von gleichem Einflüsse sind wie die krank-^ haften Veränderungen in den Lungen. Wenn beide Processe gleichwerthig wären, so würde die Impfung nicht wiederholt und nicht bei früher durchgeseuchten Thieren haften können. Dass diess aber geschehen kann, ist verschiedene Male, namentlich von belgischen Thierärzten, mit Sicherheit nachgewiesen. In Vorstehendem glauben wir den Nachweis geführt zu haben, dass die bisher gebotenen theoretischen Betrachtungen, welche die Identität der nach der Impfung eintretenden localen Anschwellungen und des Localprocesses in den Lungen nachweisen sollten, blosse Hypothesen oder Zusammenstellungen von Zweckgründen, aber keine wissenschaftlichen Deductionen sind, dass überhaupt die etwaige Nützlichkeit der Impfung #9632;nicht durch theoretische Erörterungen, sondern einzig und allein durch die Erfahrung dargethan werden kann, und dass diese
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bis jetzt nicht dazu berechtigt, die Impfung als ein Heilmittel und ein Schutzmittel zu betrachten. Die ursprünglich zwar wohlgemeinte, jedoch nicht begründete Behauptung, die Impfung schütze die Thiere vor der Ansteckung auf natürlichem Wege und heile die bereits inficirten, ist wenigstens in ihrem ersten Theile im Laufe der Zeit zu einem Dogma geworden. Es kann aber nicht im Interesse der Wissenschaft liegen, das Dogma soviel als möglich durch Scheingründe zu stützen, eine so grosse
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Beruhigung dasselbe auch vielen Thierärzten und Landwirthen gewähren möge. Die Thierheilkunde hat ihrem Charakter als Erfahrungswissenschaft gemäss zunächst Thatsachen zu sammeln und zu prüfen und dann von diesen allgemeine Lehrsätze zu abstrahiren, nicht aber mit Rücksicht auf einen Zweck gegebene Thatsachen zu deuten. Wenn diess geschieht, so wird die gründliche Forschung unmöglich gemacht, weil dann viele Prac-tiker sich scheuen, Thatsachen, welche für den bekannten Zweck nicht günstig gedeutet werden können, mitzutheilen. Dahin ist es unseres Wissens bezüglich der Lungenseuche - Impfung bereits gekommen: Manche Practiker bestreben sich ihre Beobachtungen so darzustellen, dass sie mit dem Dogma nicht in Widerspruch treten; andere beobachten überhaupt immer unter dem Einflüsse des Vorurtheils und wieder andere verheimlichen ängstlich ihre Beobachtungen, weil diese dem allgemeinen Glauben nicht entsprechen und deshalb als mangelhaft bezeichnet werden könnten. Sogar Haubner wirft den Gegnern der Impfung von vornherein vor, dass sie entweder nur wenig geimpft oder bei den ersten Impfversuchen ungünstige Erfahrungen gemacht oder gleich von vornherein, aus vorgefasster Meinung, sich gegen die Impfung ausgesprochen haben. Durch eine solche Aburtheilung über Personen wird natürlich die Untersuchung der Sache beeinträchtigt. Bei uns trifft jedoch das Urtheil nicht zu; denn wir haben im Verlaufe von 15 Jahren häufig kleinere und grössere Viehbestände geimpft und dabei auch im Ganzen sehr günstige Erfahrungen gemacht, d. h. sehr oft unter den geimpften Viehbeständen die Seuche gutartig, mitunter sogar ungewöhnlich gelinde verlaufen sehen, so dass wir bis vor nicht langer Zeit zu den entschiedensten Partisanen der Impfung gehörten. Wir würden dazu auch noch jetzt gezählt werden können, wenn wir nicht im Interesse der Wissenschaft die Frage einer neuen gründlichen Untersuchung unterworfen hätten, und wir bemerken noch ausdrücklich, um etwaigen Widerlegungen durch persönliche Gründe vorzubeugen, dass in fast allen Fällen, in denen wir uns auf das Bestimmteste überzeugten, dass die Impfung auf den Verlauf der Seuche gar keinen Einfluss ausübte , der Verlauf ein sehr günstiger war und die Seuche durch die Impfung anscheinend coupirt wurde. Hätten wir einfach die
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Erfolge notirt und die Bedingungen nicht näher untersucht, so würden wir einen nicht unbedeutenden statistischen Beitrag zu Gunsten der Impfung liefern können. Für die exacte Wissenschaft würde der Beitrag jedoch gar keinen reellen Werth gehabt haben.
Die Commission, welche in Belgien eine Keihe von Jahren hindurch die Lungenseuche - Impfung zu prüfen hatte, sprach sich in ihren ersten Berichten einstimmig oder fast einstimmig ungünstig über dieselbe aus. In gleichem Sinne äusserte sich auch die aus Thierärzten (Thiernesse, Delwart, Verheyen, Crocq und Gaudy) bestehende Majorität der Commission noch in dem y^ sechsten Berichte. Derselbe lautet im Wesentlichen wie folgt:
1.nbsp; nbsp;Die Impfung ist eine ungefährliche Operation und führt verhältnissmässig wenig Verluste herbei, wenn sie zur rechten Zeit ausgeführt wird.
2.nbsp; Die Lungenseuche hat seit 1858 und 1859 in Belgien zugenommen.
3.nbsp; nbsp;Die Impfung hat auf die Zunahme der Krankheit keinen Einfluss ausgeübt.
4.nbsp; nbsp; In Friesland scheint die Impfung auf den Gang der Epizootic keinen positiven Einfluss ausgeübt zu haben.
5.nbsp; In einer gewissen Zahl von Fällen ist die Lungenseuche länger als 14 Tage und zuweilen selbst ziemlich lange nach der Impfung ausgebrochen.
6.nbsp; nbsp;Die örtlichen Erscheinungen der Impfung und die der Lungenseuche können sich gleichzeitig mit gleicher Stärke entwickeln.
7.nbsp; Einige Thatsachen haben gezeigt, dass die Lungenseuche dasselbe Thier zwei Mal befallen kann.
8.nbsp; Die Impfung kann auch mit Erfolg bei Thieren geschehen, die früher schon ein Mal mit Erfolg geimpft waren.
9.nbsp; nbsp;Die Impfung ist kein sicheres Schutzmittel gegen die Lungenseuche.
10.nbsp; nbsp;Die Impfung besitzt vielleicht die Eigenschaft, die Zahl der Krankheitsfälle zu vermindern und den Ausbruch zu verzögern.
11.nbsp; nbsp;Die revulsivischen Mittel scheinen in gewissen Fällen dieselbe Eigenschaft zu besitzen.
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.^-^nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die Minorität tier Commission, welche aus drei Landwirthen
oder Industriellen gebildet war, stimmte den Conclusionen sub no. 3., 4,5., 6. und 10. nicht zu, sondern änderte dieselben wie folgt:
3.nbsp; nbsp;Die Zunahme der Krankheit steht in Eapport mit der Impfung, d. h. die Lungenseuche hat vorzugsweise in den Gegenden und in den Ställen geherrscht, wo die Impfung nicht ausgeübt wurde.
4.nbsp; In Friesland hat die Impfung wie an allen andern Orten genügt, die Fortschritte der Seuche zu hemmen.
5.nbsp; Alle fremden Berichte lauten für die Impfung günstig.
6.nbsp; In einigen seltenen Fällen hat sich die Seuche nach einer erfolgreichen Impfung entwickelt, und zwar zuweilen ziemlich lange nachher.
10. Die Impfung ist kein absolutes Schutzmitter gegen die Lungenseuche. Indessen besitzt sie eine schützende Kraft während einer unbestimmten Zeit. Sie ist das wirksamste Mittel gegen die Verheerungen der Lungenseuche.
In dem Berichte wird dann ferner noch gesagt, dass zwar die Impfung in gewissen Fällen die Zahl der Erkrankungen beschränke und geimpfte Thiere da nicht erkranken, wo unge-impfte von der Seuche befallen werden, dass aber auch andere Vorbeugungsmittel, wie kohlensaures und schwefelsaures Eisen, Glaubersalz, und besonders die revulsivischen Mittel, nämlich Haarseile, Messwurz u. s. w., eine ähnliche Wirkung haben. Deshalb könne gefolgert werden. dass jede Allgemeinerkrankung, welche eine gewisse Zeit gedauert hat und in Genesung übergegangen ist, im Allgemeinen gegen die meisten epidemischen Krankheiten schütze.
Die letzte Folgerung ist unzweifelhaft nicht richtig; denn jnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; in den Berichten der deutschen Thierärzte findet sich wiederholt
'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; •nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; die Mittheilung, dass die Lungenseuche in einzelnen Viehbestän-
den sofort nach Beendigung der Maul- und Klauenseuche ausbrach oder in ihrem Verlaufe durch letztere Seuche unterbrochen wurde.
In dem siebenten Berichte kommt die Commission zu fol-jnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; _^-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; genden neuen Schlüssen:
1. Vom Jahre 1862 an hat die Seuche abgenommen.
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2.nbsp; Die Impfung ist ungefährlich und gewöhnlich mit Erfolg gekrönt (d. h. es tritt eine Anschwellung hervor), wenn sie vorsichtig ausgeführt wird.
3.nbsp; nbsp;Die Impfung ist kein absolutes Präservativ, weil mit Erfolg geimpfte Thiere nach Wochen und selbst noch nach Monaten erkranken können. Indessen sind solche Fälle selten und stimmen damit überein, dass ein Thier zwei Mal an der Lungenseuche erkranken kann.
Die Beobachtungen, welche dem Berichte zum Grunde gelegt sind, werden dann, wie folgt, zusammengestellt:
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In den meisten Ställen, in denen experimentirt wurde, herrschte die Seuche zu der Zeit, als die Versuche begannen. Geimpfte und nicht geimpfte Thiere wurden, soweit es möglich war, immer in gleicher Anzahl mit einander in denselben Ställen aufgestellt.
Leider ist nun aus dem Berichte, soweit derselbe zu unserer Kenntniss gelangt ist, nicht zu ersehen, ob bei der Aufstellung der Versuchsthiere in den verseuchten Ställen immer die Rücksicht genommen ist, dass geimpfte und nicht geimpfte Thiere in gleicher Weise der Einwirkung des Contagium ausgesetzt gewesen sind. Denn erfahrungsmässig kann je nach der Luftströmung in den einzelnen Theilen eines Stalles eine verschieden starke Anhäufung des Contagium und eine verschieden heftige Infection der Thiere stattfinden. Wir wollen jedoch annehmen, dass bei den Versuchen hinsichtlich der Einstellung und Aufstellung der Thiere nichts unberücksichtigt geblieben ist, was
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auf das Resultat von Einfluss sein konnte, und dass unter ganz gleichen Verhältnissen von den geimpften Thieren nicht so viele erkrankt sind, als von den nicht geimpften. Dann würden wir uns aber immer noch nicht für berechtigt halten, aus den Beobachtungen den Schluss zu ziehen, dass die Impfung auch nur Ein Thier vor der Ansteckung geschützt habe. Denn von den nicht geimpften Thieren erkrankte nicht einmal der vierte Theil, mehr als drei Viertheile blieben anscheinend gesund ohne Impfung, also in Folge davon, dass entweder die Infection eine wenig intensive war, oder dass sie eine geringe Disposition hatten. Wenn nun aber diese Momente bei 75 0/0 der Thiere die Erkrankung verhindern konnten, sollten sie dasselbe dann nicht auch bei 95 0/0 der andern Abtheilung haben bewirken können? Ganz unzweifelhaft! Denn es kommt öfters vor, dass in einem Stalle weniger als 5 % ^er Thiere erkranken, trotzdem dieselben nicht geimpft wurden. Wenn die nicht geimpften Thiere sämmtlich, oder doch fast sämmtlich erkrankt, die geimpften aber sämmtlich von der Krankheit verschont geblieben wären, dann würde der Schluss gerechtfertigt sein, dass die Impfung die Thiere geschützt habe; aber zu behaupten, die Impfung sei ein Schutzmittel, wenn trotz derselben noch circa 5 0/0 der Thiere erkranken, ohne dieselbe aber circa 75 0/o gesund bleiben, scheint uns denn doch sehr wenig logisch zu sein. Wenn wir diese Art der Demonstration in der Wissenschaft zulassen wollten, so würde dieselbe aufhören, eine Wissenschaft zu sein.
Dann möchten wir noch fragen, ob denn die Thiere, welche geimpft waren und nicht erkrankten, auch wirklich von der Seuche verschont geblieben oder nicht vielmehr, wenigstens zum grössern Theile, aus dem chronischen Stadio durchgeseucht sind? Um sicher festzustellen, ob dieselben geschützt worden, hätten sie müssen #9632; später obducirt werden. Und endlich möchten wir diejenigen Practiker, welche meinen, die Impfung schütze die Thiere, wenn sie auch keine Anschwellung hervorrufe, noch besonders darauf aufmerksam machen, dass von den Versuchs-thieren, welche ohne Erfolg geimpft waren, verhältnissmässig mehr erkrankten, als von den nicht geimpften. Mit Sicherheit geht aus den Versuchen nur hervor, dass 75 0/0 von den nicht
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geimpften Thieren in verseuchten Stallen nicht offenbar erkrankten. Die schlüssliche Empfehlung der Impfung ist eine Concession an die öffentliche Meinung und vor der wissenschaftlichen Kritik nicht stichhaltig.
In den Berichten der Belgischen Commission und in den amtlichen Berichten der preussischen und sächsischen Veterinaire ist wiederholt von dem Einflüsse die Rede, welchen die Impfung im Laufe der Jahre auf die Verbreitung der Lungenseuche ausgeübt hat, und zwar behaupten diejenigen Thierärzte, welche sich viel mit der Impfung beschäftigen, dass diese die Zahl der Seuche-Ausbrüche mehr und mehr vermindert habe. Es ist nun zwar nicht möglich, genau festzustellen, in welcher Verbreitung die Seuche in Preussen und Sachsen vor 15 Jahren geherrscht hat, und auch die gegenwärtige Verbreitung dürfte mit Sicherheit nicht ermittelt werden können, weil, wenigstens im Preussischen Staate, die Krankheit sehr häufig verheimlicht wird. Annähernd richtig dürfte aber wenigstens das Verhält-niss der Verbreitung nach den amtlichen Veterinair-Berichten zu bestimmen sein, indem die Zahl der verheimlichten zu der Zahl der amtlich constatirten Fälle wahrscheinlich früher in demselben Verhältnisse gestanden haben wird, wie jetzt. Wenn in dem Verhältnisse eine Aeuderung eingetreten ist, so dürfte anzunehmen sein, dass gegenwärtig die Verheimlichung häufiger ist, als früher, wenigstens ist diess in einigen uns bekannten Bezirken der Fall. Trotzdem waren nach den amtlichen Berichten im Jahre 1866/67 noch 49 Kreise verseucht, während im Jahre 1853/54 in 5o Kreisen die Seuche constatirt wurde. Im Jahre 1857/58, nachdem die Impfung schon mehre Jahre hindurch allgemein als Tilgungsmittel in Gebrauch gewesen war, wurden sogar 59 Kreise als verseucht angemeldet. Im Jahre 60/61 betrug deren Zahl nur 33, stieg dann aber trotz des angeblich immer mehr verbesserten Impf- Verfahrens wieder auf 52 im Jahre 1863/61. Es hat also in der Verbreitung der Seuche eine Abnahme nicht stattgefunden, und dieselbe wird nur deshalb nicht mehr in dem Masse als früher gefürchtet und als eine Calamität laut beklagt, weil die Landwirthe, namentlich die Zucker - und Spiritus - Fabrikanten, sich nunmehr an die Nachtheile gewöhnt haben und diese von vornherein mit
Roloff, Lutfgenseuche - Impfung,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4
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in die Bereclinung aufnehmen. Aus dem Grunde quot;wird auch in öffentlichen Versammlungen und Berichten in der Regel nicht viel Aufhebens von der Seuche gemacht, und wer danach die Lage der Sache beurtheilen zu können glaubt, befindet sich in einem grossen Irrthume.
Nach diesen Erörterungen müssen wir bekennen, dass nach unserer Ansicht die Impfung weder auf den Verlauf der Lungenseuche in den einzelnen Fällen noch auf die weitere Verbreitung derselben einen Einfluss ausübt. Unsere Ansicht stimmt demnach mit der Ansicht Haubner's, dass die Impfung die Lungenseuche mit dem geringsten Verluste tilgt, nicht überein. Haubuer legt seiner Berechnung die Annahme zum Grunde, dass der Verlust an Thieren im gewöhnlichen Seuchengange 25 % beträgt, an der Impfung aber nur 1 % verloren geht. Folglich 24 0/o Gewinn. Wir müssen jedoch gestehen, dass uns, selbst wenn wir die Voraussetzung als richtig bestehen lassen, die Berechnung nicht recht klar geworden ist. Denn die Seuche muss doch erst ausgebrochen, eine mehr weniger grosse Zahl von Thieren erst erkrankt sein, ehe sie constatirt werden kann. Diese zur Zeit der Impfung bereits erkrankten Thiere müssten also durch die Impfung geheilt werden. Dann müsste es möglich sein, Lymphe zu beschaffen, ohne ein Thier zu schlachten, und endlich müsste die Impfung von dem Augenblicke an, wo sie ausgeführt wird, das Zustandekommen neuer Erkrankungen verhindern, wenigstens alle noch etwa vorkommenden Krankheiten heilen, wenn das Exempel richtig sein sollte. Eine derartige regelraässige Wirkung der Impfung dürfte aber bis jetzt wohl selbst von der Mehrzahl der Thierärzte, welche für die Operation plaidiren, bezweifelt werden.
Maf nun auch fernerhin der einzelne Thierarzt oder Land-wirth es mit der Impfung der Lungenseuche so halten, wie seine Ueberzeugung oder sein guter Glaube es ihm vorschreibt: die Seuche im Ganzen, als weit verbreitete und in manchen Bezirken stationär gewordene contagiöse Krankheit, muss auf andere Weise bekämpft werden, nämlich durch zweckmässige veter in airpolizeiliche Massregeln. Bisher hahen namentlich in Preussen die polizeilichen Verordnungen nicht den gewünschten Erfolg gehabt, weil sie in der Hauptsache bereits seit langer
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Zeit unausführbar geworden sind. Sie wurden zu einer Zeit erlassen, als die Natur der Krankheit noch nicht genügend erkannt und der grosse Umschwung in der Landwirthschaft und dem Viehhandel noch nicht zu vermuthen war, und sind nicht geändert, trotzdem die landwirthschaftlichen und die Verkehrs-Verhältnisse ganz andere geworden sind.
Die wichtigste ist die in sect;. 14Ü Cap. IV. des Viehseuchepatents vom -2. April 1803 enthaltene Bestimmung, dass heim Ausbruche der Lungenseuche in einem Orte das Verbot des Verkaufs von ßiudvieh, Kauhfutter und Dünger sofort für den ganzen Ort in Kraft tritt. Es ist dabei gleichgültig, ob bereits mehre Höfe einer Ortschaft verseucht sind oder nur einer, welcher vielleicht isolirt oder so vollständig abgeschlossen liegt, dass eine directe Ansteckung auf das Vieh anderer Höfe nicht stattfinden kann. Die Bestimmung stammt aus einer Zeit, in welcher das Vieh einer Ortschaft in der Regel gemeinschaftliche Weiden besuchte un'd deshalb Eine Heerde bildete. Sie war zu jener Zeit berechtigt und nothwendig; unter den gegenwärtigen landwirthschaftlichen Verhältnissen ist dieselbe in ihrer allgemeinen Fassung aber so hart und von so geringer Noth-wendigkeit, dass sie den Nutzen der ganzen bezüglichen Gesetzgebung illusorisch macht. Denn der Verkauf von Vieh aus dem betreffenden Orte ist nicht nur so lange verboten, als die Seuche dauert, und bekanntlich dauert diese in der Regel längere Zeit, sondern noch 12 Wochen lang nach Endschaft derselben. Und welcher Landwirth möchte sich freiwillig entschliessen, über einen verkehrsreichen Ort die Calamität zu bringen, dass ll2 Jahr lang kein Vieh verkauft werden darf, wenn vielleicht 100 und mehr Stücke schlachtbafen, verkäuflichen Viehes im Orte vorhanden sind? Verkehrsreiche Orte sind es aber gerade, in denen die Krankheit vorkommt, weil dort vorzugsweise Gelegenheit zur Einschleppung durch neu angekauftes Vieh gegeben ist. Denn auf diese Weise wird die Seuche in den bei weitem meisten Fällen verbreitet. Es ist deshalb fast Regel, dass die Krankheit verheimlicht wird.
Daraus gehen aber sehr grosse Nachtheile hervor. Der Besitzer, welcher die Krankheit verheimlichen will, kann nicht diejenigen Massregeln ergreifen, welche zur schnellen Unter-
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drückung der Seuche in seinem Stalle die geeignetsten sind; er kann namentlich die in jeder Beziehung vortheilhafteste xMass-regel, das Schlachten der zuerst erkrankten Stücke, in der Kegel nicht ausführen, weil dadurch die Sache offenkundig werden würde. Die Seuche verläuft in solchen Fällen stets langsamer als in den Fällen, in welchen sie offen und energisch bekämpft wird, und die pecuniären Nachtheile sind gewöhnlich bei weitem grosser, wenn nur im Stillen und im Dunkeln gegen die Krankheit eingeschritten werden soll. Das Wichtigste ist aber, dass so lange die Seuche in einem Stalle herrscht, immer neues Contagium producirt wird und jeden Augenblick eine Verschleppung stattfinden kann, entweder dadurch, dass krankes Vieh heraus- und mit fremdem Vieh zusammengetrieben wird, oder durch Zwischenträger. Ist das Vorhandensein der Seuche in einem Stalle bekannt, so können die Nachbarn und alle anderen Ortsbewohner die Einschleppung in ihre Ställe erfahrungsmässig mit Erfolg verhindern und sie werden diess um so mehr können, wenn Sperrmassregeln für das verseuchte G e h ö ft eingeführt worden sind, während im entgegengesetzten Falle auf verschiedene Weise eine Uebertragung stattfinden kann. Es ist deshalb für die Viehbesitzer vorzugsweise von Interesse, von dem Ausbruche der Seuche im eigenen Wohnorte rechtzeitig unterrichtet zu werden und Massregeln eingeführt zu sehen, die zunächst ihnen Schutz gewähren. Diess wird aber im Gesetze verfehlt; es wird immer sofort der ganze Ort mit Sperrmassregeln belegt und dadurch bewirkt, dass alle diejenigen Einwohner, welche von dem Ausbruche der Seuche Kenntniss haben, die Verheimlichung unterstützen.
Der umstand, dass die Lungenseuche, wenn sie offenbar wird, immer schon eine mehr weniger lange Zeit in den betreffenden Thieren bestanden und schon Ansteckungsfähigkeit besessen hat, könnte zwar zu dem Einwände Veranlassung geben, dass beim Ausbruche der Seuche unter dem Viehbestande eines Besitzers alles oder doch vieles Vieh im Orte als bereits inficirt betrachtet werden müsse, indem vorher die anderen Besitzer Massregeln zum Schütze ihres Viehes vor Ansteckung nicht angewendet haben werden. Diese an sich richtige Schlussfolgerung hat aber erfahrungsmässig nur eine ganz untergeordnete
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Bedeutung. Es kommt nämlich selten vor, dass die Seuche aus einem Stalle, in dem sie verborgen herrscht, durch Zwischenträger verschleppt wird. In den hei weitem meisten, ja in fast allen Fällen bleibt die Seuche auf einen Hof oder auf einige Höfe, zwischen welchen ein besonders reger Verkehr bestand, beschränkt, wenn der Ausbruch zeitig bekannt wird, und die Ortsbewohner dann die nöthige Vorsicht gegen Einschleppung beobachten. Ist das Vieh, unter welchem die Seuche ausbricht, in der Zeit unmittelbar vorher ausserhalb des Gehöftes, auf gemeinschaftlichen Weiden oder an Tränken, mit anderem Vieh in Verkehr gekommen, so ist letzteres allerdings der Ansteckung verdächtig. Dieses Verhältniss findet sich jedoch gegenwärtig nur an wenigen Orten, denn gerade die Viehbestände , welche am meisten von Lungenseuche betroffen werden , werden in der Regel innerhalb des Gehöftes gefüttert und getränkt.
Kurz, es kommt gegenwärtig so ausserordentlich selten vor, dass die Seuche gleichzeitig in einem ganzen Orte und nicht nur in einem oder in einzelnen Ställen herrscht, dass die jedesmalige Einführung der Ortssperre nicht gerechtfertigt erscheinen kann, ganz abgesehen von den bereits angeführten effectiven Nachtheilen.
Es muss demnach im Interesse der Sache selbst höchst wünschenswerth erscheinen, dass der sect;. 140 Cap. IV. des Viehseuchepatents dahin abgeändert wird, dass beim Ausbruche der Lungenseuche der Verkauf von Rindvieh, Rauhfutter und Dünger nur für die verseuchten Gehöfte verboten wird. Dann wird unzweifelhaft die Verheimlichung der Seuche viel seltener stattfinden , und wenn dadurch der Vertrieb des Viehes aus verseuchten Ställen beschränkt wird, so wird die Seuche überhaupt immer seltener werden. Denn erfahrungsmässig lassen sich, wie bereits bemerkt worden, die meisten Seuchefälle auf eine Ansteckung durch Vieh zurückführen, welches aus Ställen herstammt , in denen die Krankheit zur Zeit des Verkaufs herrschte. Die meisten Besitzer entledigen sich des erkrankten, und viele verkaufen alles entbehrliche und bereits inficirte Vieh, sobald die Seuche in ihrem Stalle zum Ausbruche kommt. Aus diesem Grunde herrscht auch die Seuche vorzugsweise in solchen
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Gegenden und Wivthschaften, in denen keine eigene Zuziiclit, sondern ein häufiger Ankauf von Vieh stattfindet.
Die anstatt der Ortssperre einzuführende Hofsperre würde zu bewirken haben, dass aus dem verseuchten Hofe krankes Vieh gar nicht, und anscheinend gesundes, der Ansteckung jedoch verdächtiges Vieh nicht an solche Orte herausgebracht werden darf, welche von anderem Vieh betreten werden. Eine Sperre der berreffenden Höfe in der Weise, dass gar kein Vieh ausgetrieben werden darf, ist nicht ausführbar. Die Internimng sämmtlicher Zugochsen durch längere Zeit würde in vielen Fabrik-wirthschaften unmöglich stattfinden können; ebenso ist das Verbot des Weidens in manchen Gegenden nicht durchzuführen. Eine Beschränkung in der Benutzung des Viehes in der angegebenen Weise ist aber ausführbar und auch der Natur der Sache nach geboten. Es würde damit durchaus keine neue Bestimmung gegeben, denn dieselbe findet sich bereits in sect;. 138 des Viehseuchepatents, welcher lautet: „Wegen Unterbrechung der Gemeinschaft mit dem übrigen Rindvieh des Ortes, sowie auch mit dem llindvieh aus anderen Oertern, bleibt es in allen Stücken bei den speciellen Vorschriften des 11.-Cap., jedoch mit der Ausnahme, dass der zur Absonderung bestimmte Zwischenraum auf 500 Schritt beschränkt wird.quot; Die vorgeschlagene Aenderung des Gesetzes verursacht also nach keiner Seite hin eine Verschärfung desselben.
An diese Erörterungen knüpft sicli nun die andere Frage, ob nicht auch für die einzelnen verseuchten Gehöfte die Sperre auf irgend eine Weise gemildert werden kann, ohne dass nach einer anderen Seite hin ein Nachtheil daraus hervorgeht?
Eine Milderung der Sperre in der Art, dass es nachgegeben würde, krankes Vieh im lebenden Zustande zu vertreiben oder das der Ansteckung verdächtige Vieh in unbeschränktem Masse zu benutzen, kann unmöglich befürwortet werden, weil dadurch der Verbreitung der Seuche Thür und Thor geöffnet würde. Die Milderung kann allein darin bestehen, dass die nothwen-digen Sperrmassregeln auf eine möglichst kurze Zeit beschränkt werden.
Das Gesetz bestimmt, dass die polizeilichen Massregeln bei der Lungenseuche bis 8 Wochen nach Endschaft der Seuche
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in Kraft bleiben, und class der Verkauf von Vieh noch 4 Wochen lang nach diesem Termine untersagt ist. Diese angegebenen Zeiträume können der Natur der Sache nach nicht abgekürzt werden, denn erfahrungsinässig bilden die einzelnen Krankheitsfälle, sowie die Seuche im Ganzen, sich ebenso langsam zurück, als sie sich entwickeln; sie fangen mit einem latenten Stadium an und hören mit einem solchen wieder auf. Im endlichen latenten Stadium wird noch Contagium entwickelt, und seine Dauer kann im Allgemeinen nicht unter ;! Monate geschätzt werden. Es kommt also darauf an, dass in jedem Seuchefalle dessen Endschaft möglichst schnell herbeigeführt wird, und dieses
( geschieht erfahrungsinässig und nach Gründen der Wissenschaft am sichersten dadurch, dass die kranken und die der Krankheit
l verdächtigen Thiere immer sofort von den übrigen streng separirt
C werden. Dadurch wird der Ausbreitung der Seuche in einem Viehbestande am sichersten entgegengewirkt. Die ökonomisch
/ vortheilhafteste Massregel ist im Allgemeinen das Abschlachten der kranken und der verdächtigen Thiere; denn abgesehen von dem Nutzen, dass der Weiterverbreitung der Krankheit gesteuert wird, ist das zeitige Schlachten der unsicheren und in allen Fällen langwierigen Behandlung, wobei die Thiere in der Regel in hohem Masse abmagern, vorzuziehen. Diese Massregel ist selbstverständlich in jeder Hinsicht um so vortheilhafter, je zeitiger sie ausgeführt wird. Der Schlachtwerth der Thiere ist im hohen Masse geringer, wenn sich erst die ünheilbarkeit der Erkrankung herausgestellt hat, und beim Verkaufe der betreffenden Thiere an den Schlächter bleibt das Angebot in der Regel um so weiter hinter dem noch vorhandenen wirklichen Werthe zurück, je mehr durch die Steigerung der Krankheit bei dem einzelnen Thiere und im Ganzen die Notwendigkeit des Verkaufes hervortritt. Bei diesem Verfahren werden allerdings auch diejenigen kranken Thiere mit beseitigt, welche die Krankheit überstanden haben würden. Das ändert aber die günstige Beurtheilung des Verfahrens im Allgemeinen nicht, weil gewöhnlich die Krankheit sehr langsam verläuft und zu einer bedeutenden Abmagerung und einer langen Nutzlosigkeit der Thiere führt, welche derselben nicht erliegen. Der Ver-. lust, welcher hervorgeht aus den Sterbefällen, der Abmagerung
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und längeren Nutzlosigkeit der durchseuchenden Thiere ist in der Eegel grosser, als die Einbusse beim sofortigen Verkaufe aller Kranken. Dazu kommt noch der Verlust, welcher hervorgeht aus dem Mangel an Nutzvieh und der davon abhängigen Störung im Betriebe der Wirthschaft während der Dauer der Seuche. Denn der Ankauf von Vieh ist bis 8 Wochen nach Endschaft der Seuche untersagt, und es liegt auch ganz und gar im Interesse des Besitzers, nicht neues Vieh anzukaufen, so lange der alte Bestand noch mit einer contagiösen Krankheit behaftet ist. Dieser indirecte Verlust ist in sehr vielen Fällen, namentlich in Fabrikwirthschaften mit starker Futterproduction, bedeutender als der directe Verlust durch Sterbefälle und Abmagerung unter den Kranken. Die Zweckmassigkeit des angegebenen Tilgungsverfahrens kann demnach im Allgemeinen gar nicht zweifelhaft erscheinen, und nur dann würde die Rechnung sich anders stellen, wenn die Seuche unter einem Bestände von mageren, nicht schlachtbaren Rindern, oder an einem Orte, wo der Fleischabsatz sehr schwierig ist, oder unter einem Viehbestände, dessen Werth für die Züchtung den Schlachtwerth ausserordentlich überstiege, zum Ausbruch käme. Diese Fälle sind aber selten, denn an Orten, die weit von Verkehrsstrassen abliegen, in Heerden, die für die Zucht gehalten werden, und in mageren Heerden erscheint die Seuche nur ausnahmsweise, weil dort gewöhnlich kein Zufluss von Vieh und deshalb keine Einschlep-pung der Seuche stattfindet. In der Regel erscheint die Seuche in Viehbeständen, in denen der Wechsel häufig und deshalb der Nährzustand gut ist.
Es gibt nun aber einen Umstand, welcher die Nützlichkeit des sofortigen Ahschlachtens der erkrankten Thiere für den Besitzer derselben öfters könnte fraglich erscheinen lassen. In der Minist. - Verf. vom ^ü. August 1817 ist nämlich bestimmt, dass das Schlachten nur am Seucheorte selbst erfolgen, und dass nur das erkaltete Fleisch ausgeführt werden darf, während die Lungen vergraben und die Häute bis zum erfolgten Austrocknen zurückbehalten werden müssen. Diese Massregel ist durchaus nothwendig, denn erfahrungsmässig gibt der Transport von krankem Schlachtvieh oft zur Verbreitung der Seuche Veranlassung. Der Schlachtwerth der kranken Thiere wird durch die
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Bestimmung aber vermindert, und zwar unter Umständen in dem Masse, dass es im Interesse des betreffenden Besitzers gerathen erscheinen kann, der Seuche ihren natürlichen Verlauf zu lassen, wenn die Bestimmung sich nicht, wie es so oft geschieht, umgehen lässt. In jedem Falle verursacht die gesetzliche Bestimmung neben ihrem Nutzen für die Allgemeinheit einen grossen Nachtheil für den Besitzer kranken Viehes und oft auch einen Nachtheil für die Allgemeinheit, wenn nämlich der Besitzer kranken Viehes in Folge der Bestimmung der Seuche ihien natürlichen, schleppenden Verlauf lässt. Denn so lange die Seuche besteht, ist die Gefahr der Weiterverbreitung, trotz der Beobachtung aller polizeilichen Massregeln oder in Folge von Umgehung derselben, vorhanden. Schnelle Tilgung der Seuche entspricht in jedem Falle auch am meisten dem allgemeinen Interesse.
Vorzugsweise aus diesem Grunde empfiehlt sich die Ver-f Sicherung des Eindviehes gegen Lungenseuche, und zwar in der Art, dass die Versicherungsgesellschaft den vollen Werth bezahlt für jedes Stück, welches an der Lungenseuche offenbar erkrankt, und verpflichtet ist, dasselbe sobald als möglich am Seucheorte schlachten zu lassen. Dass bei einer solchen Einrichtung der Versicherte sich gut stehen würde, ist einleuchtend, denn derselbe erhielte den ganzen Schaden vergütigt, welcher direct aus der Seuche entsteht, und der indirecte Schaden aus der Wirthschafts - Betriebsstörung würde durch die schnelle Tilgung der Seuche auf ein möglichst geringes Mass zurückgeführt. Aber auch für die Versicherungsgesellschaft
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würde diese Einrichtung die vortheilhafteste sein, ja man kann behaupten, dass nur bei einer solchen Einrichtung ein Versicherungsinstitut gegen Lungenseuche lebensfähig ist. Wir wollen hier zunächst bemerken, dass wir aus Gründen solche Verbände, welche Versicherungen von Thieren gegen alle Krankheiten auf eine Eechnung übernehmen, nicht für lebensfähig halten. Seuchekrankheiten, welche in gewissen Orten und Wirthschaften häufig, fast regelmässig wiederkehren und in anderen sehr selten oder gar nicht auftreten, können nicht vereinigt werden mit den Krankheiten, welche überall häufig und
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nur zufällig hier oder da das eine Mal bösartiger als das andere Mal sind, oder welche in grösseren Zwischenzeiten bald hier, bald dort vorzukommen pflegen. Es müsste nothwendig ein Versicherungsinstitut ausschliesslich gegen Lungenseuche gegründet werden, wenn dasselbe den vollen Nutzen gewähren soll. Die Verwaltung des Instituts könnte immerhin von Personen gescliehen, welche noch anderen Versicherungen vorstehen.
So lange eine Versicherungsgesellschaft nur die Thiere ver-giitigt, welche der Seuche erliegen oder als unheilbar geschlachtet werden müssen, und die Verluste nicht mildert, welche aus der langen Dauer der Seuche entspringen; so lange sie das Verfahren , welches für den Besitzer eines verseuchten Viehbestandes das vortheilhafteste ist, nicht zu dem ihrigen macht, so lange wird es nicht allgemeiner Gebrauch werden, gegen die Lungenseuche zu versichern, so lange werden die meisten Viehbesitzer es vorziehen, das Risico selbst zu übernehmen und die Verluste beim Ausbruche der Seuche, indem sie dieselbe verheimlichen und das kranke und verdächtige Vieh vertreiben, auf allgemeine Unkosten zu mildern. Denn derjenige, welcher versichert hat, kann die Seuche nicht verheimlichen.
Eine Gesellschaft, welche Versicherungen gegen eine Seuche annimmt, kann aber ferner nicht allein daran Interesse haben, möglichst viel Versicherungen zu bekommen, sondern ihre Hauptaufgabe muss es sein, der Entstehung und Verbreitung der betreffenden Seuche entgegenzuarbeiten, wenn diess in ihren Kräften steht. Und das ist bei der Lungenseuche möglich, weil dieselbe nur aus Ansteckung hervorgeht. Je seltener die Seuchefälle werden, um so mehr wird die Versicherungsgesellschaft prosperiren; sie kann dann die Prämien immer niedriger stellen, resp. immer grössere Dividenden zahlen und wird dadurch wieder die Zahl der Versicherungen mehr und mehr steigern. Eine Lungenseuche - Versicherungsgesellschaft müsste demnach vor Allem darauf bedacht sein, in jedem Falle die Seuche so schnell als möglich zu coupiren, und den Grundsatz adoptiren, alles kranke und der Krankheit verdächtige Vieh möglichst bald an Ort und Stelle schlachten zu lassen. Eine solche Versicherungsgesellschaft würde auch unzweifelhaft innerhalb ihres Wirkungskreises immer mehr Macht bekommen, die Verschleppung der
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Seuche durch nichtversichertes Vieh zu verhindern, indem sie nämlich, wie es bei den bereits bestehenden Versicherungsinstituten üblich ist, die Besitzer, welche ihr Vieh versichert haben, verpflichtet, von dem Ausbruche der Seuche in ihrer Nähe der Gesellschaft oder deren Agenten Anzeige zu machen, sobald sie davon Kenntniss erhalten.
Der Einwand, dass durch eine Versicherungsgesellschaft die Ausbreitung der Seuche eher befördert, als beschränkt werde, ist demnach nicht stichhaltig. Die nöthigen Sperrmassregeln, wenn sie vorschriftsmässig ausgeführt werden, sind allein schon im Stande, einer etwaigen Sorglosigkeit einzelner Vielibesitzer entgegenzuwirken.
Möge die Zeit bald kommen, wo die Lungenseuche, dieser Krebsschaden der Landwirthschaft in industriereichen Gegenden, durch energische Massregeln bekämpft wird. Der gewünschte Erfolg wird nicht ausbleiben!
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