-ocr page 1-
-ocr page 2-
-ocr page 3-
-ocr page 4-
u
-ocr page 5-
3V86
I
-ocr page 6-
BEITRAGE
ZUR
VERGIEIGHEM PATHOLOGIE
UND
PATHOLOGISCHEN AMT011E
DER
HA-XJSTHrBRE.
ZWEITES HEFT.
ZUR PATHOLOGIE DES MILZBRANDES.
M�NCHEN 1872.
RUDOLPH OLDENBOURG.
-ocr page 7-
J,
ZUR
PATHOLOGIE DES MILZBRANDES.
EINE GRATULATIONSSCHRIFT
ZUM
400J�HEIGEN JUBIL�UM
DER
UNIVERSIT�T M�NCHEN.
VON
DR. OTTO BOLLINGER
PEOFESSOE AN DER THIEEAEZKEISCHXJLE UND AN DEE LANDWIETHSCH. SCHULE DES POLYTECHNIKUMS, PEIVATDOCENT AN DEE UNIVEESIT�T
ZU Z�EICH.
i wj'
/*�.}
/ * Mit, 8 TAFELN.Cgt;
m /9
M�NCHEN 1872.
RUDOLPH 0LDEO0�RG.
BIBUOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT
2856 111 0
-ocr page 8-
I
-ocr page 9-
^#9632;quot;
Der
K�niglich bayerischen
Ludwigs-fflaximilians-Universit�t m�istchen
widmet
diese Arbeit
zur
Feier ihres 400j�hrigen Jubil�ums
als Zeichen der Dankbarkeit
ihr ehemaliger Sch�ler
Der quot;Verfasser.
-ocr page 10-
^
#9632;
-ocr page 11-
Vorwort.
Ueber die quot;Wichtigkeit der Krankheit, zu deren Kenntniss beizutragen die Aufgabe dieser Untersuchung ist, erscheint es kaum nothwendig, Betrachtungen anzustellen. Das Alter des Milzbrandes, dieser gef�rchteten Seuche, deren Kenntniss bis in die ersten Anf�nge des historischen Wissens reicht, das grosse Gebiet, welches me bei keiner anderen Krankheit alle L�nder, den Menschen und fast alle h�here Thierklassen umfasst, sowie die eminente Fortpflanzungsf�higkeit haben demselben schon lange eine hervorragende Stellung in der gesammten Pathologie, in der inneren Medicin wie in der Chirurgie, in der Menschen-wie in der Thierheilkunde zugewiesen. Ausserdem bietet der Milzbrand neben seiner hohen Bedeutung f�r die yerglei-chende Pathologie als Typus einer Infectionskrankheit so zahl�reiche Angriffspunkte f�r eine systematische Erforschung, dass eine derartige Untersuchung wohl keiner besonderen Entschul�digung bedarf.
Indem der Verfasser es wagt, zu dem ruhmreichen Feste, welches die Ludwigs-Maximilians-Universit�t zu M�nchen dem�n�chst feierlich begeht, seine Beobachtungen der Oeffentlichkeit zu �bergeben, mag es ihm gestattet sein, den inneren Grund, welcher ihn dazu veranlasst, mit einigen Worten darzulegen.
Der Verfasser hat seine medicinische Studienzeit zum gr�ssten Theil an der Universit�t M�nchen zugebracht und gerne spricht er es aus, dass unter allen Erinnerungen, die sich
-ocr page 12-
^
vm
Vorwort,
f�r ihn an diese Zeit kn�pfen, obenan steht das Gef�hl der Dankbarkeit gegen die alma mater, welches ihn mit Freuden diesen Anlass ergreifen l�sst, um demselben einen thats�chlichen Ausdruck zu geben.
Dabei will ich nicht unterlassen, den ausgezeichneten und verdienten M�nnern der Wissenschaft, unter deren Leitung ich meine Studien gemacht und die alle � mit Ausnahme des zu fr�he geschiedenen Obermedicinalrathes v. Pfeufer � noch gegenw�rtig die medicinischen und naturwissenschaftlichen Lehr�st�hle dieser altehrw�rdigen Hochschule zieren, an diesem Orte meinen tiefgef�hltesten Dank ausszuprechen. Ganz besonders habe ich diesem Gef�hle Ausdruck zu geben gegen�ber meinem hochverehrten ehemaligen Lehrer, Herrn Professor Buhl, als dessen Sch�ler und Assistent ich mehrere Jahre hindurch die sorgsamste Anleitung und reichste Anregung zu geniessen das Gl�ck hatte.
Ueber den Ursprung des Materials, welches dieser Arbeit zu Grunde hegt, verweise ich auf die Darstellung selbst und erf�lle hier nur noch die angenehme Pflicht, Herrn Bezirks-thierarzt Egli in Uster, der mir mit gr�sster Gef�lligkeit den wichtigsten Theil des Beobachtungs- und Versuchsmaterials zur Disposition stellte, meinen besten Dank auszusprechen. Ebenso habe ich r�hmend der Mitwirkung zu gedenken, deren ich mich bei Ausf�hrung meiner Versuche von Seite meiner Sch�ler aus dem II. Cursus der hiesigen Thierarzneischule zu erfreuen hatte und worunter besonders Herr August B�r aus Winterthur mich in vielfacher Weise mit gr�sstem Eifer unterst�tzte.
Z�rich, im Mai 1872.
Der Verfasser.
-ocr page 13-
I.
Historisches �ber den Milzbrand nnd die st�bcben-f�rmigen K�rperchen.
quot;Wenn man aus dem Umfange der Literatur �ber einen Gegenstand einen Schluss auf die Bedeutung desselben ziehen darf, so geb�hrt schon aus diesem Grunde dem Milzbrande eine hervorragende Stellung in der Pathologie. Es muss daher die historische Darstellung der Lehre vom Milzbrande als eine ebenso schwierige und umfangreiche Aufgabe bezeichnet werden, deren L�sung nicht im Bereiche dieser Untersuchung liegt. Ich begn�ge mich in dieser Richtung auf das klassische Werk von Heusinger1), eine Zierde der deutschen medicinischen Lite�ratur, zu verweisen und will nur versuchen, eine Uebersicht derjenigen Arbeiten zu geben, die f�r das Verst�ndniss des gegenw�rtigen Standes der Lehre vom Milzbrande und den st�bchenf�rmigen K�rpern wichtig erscheinen.
Heusinger (1. c. p. V u. p. 796) definirte vor 20 Jahren den Milzbrand als eine Malarianeurose, innig verwandt mit Wechselfieber, Cholera und der ganzen sumpfgebornen d�mo�nischen Sippschaft. Am Schl�sse seiner historisch-geographisch�pathologischen Untersuchungen gelangt Heusinger zu folgen�den Endresultaten: Der Milzbrand ist eine Malarianeurose, in�dem das Malariagift zun�chst auf das Gangliennervensystem wirkt. In erster Linie entsteht eine Paralyse der Milzgef�sse und ein Absterben der Milz (daher der Name Milzbrand nicht
Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^
') Die Milzbrandkrankheiten d. Thiere u, d. Menschen. Erlangen. 1860.
Dr. Bellinger, Pathologie, de; Milzbrandea.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
-ocr page 14-
2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zur Pathologie des Milzbrandes.
zu verwerfen); dieselben Gefassl�hmungen, Blutstasen, Blutaus-tretungen und Brand entstehen dann in den verschiedenen Or�ganen. � Beim Milzbrand entwickelt sich ein Contagium, wel�ches wesentlich zur Fortpflanzung der Krankheit beitr�gt; das Contagium wirkt gleich der urspr�nglich erzeugenden Sch�d�lichkeit. Die Aufnahme aus den local erkrankten Stellen er�folgt durch die Lymph- und haupts�chlich durch die Blutgefasse. � Die scheinbar so verschiedenen Formen in allen Thieren und in dem Menschen sind sich dem Wesen nach vollkommen gleich. Der Milzbrand entwickelt sich prim�r nur in den pflanzenfres�senden S�ugethieren, Einhufern, Wiederk�uern, Schweinen. Alle Thiere sind aber f�r das Contagium empf�nglich.
In Bezug auf die Malarianatur schliesst sich Virchow1) Heusinger an; als Ursache des Milzbrandes ist Virchow geneigt, ein specifisches Ferment zu statuiren.
Eine neue Epoche in der Lehre vom Milzbrande beginnt mit der Entdeckung von Peilender2), welcher � schon im Jahre 1849 � bei Blutuntersuchungen von milzbrandkranken Rindern einen eigenth�mlichen Befund erhalten hatte. Aussei-einer erheblichen Vermehrung der Chylusk�rperchen (farblosen Blutk�rperchen) fand er im Blute eine unendliche Menge stab-f�rmiger, �usserst feiner, anscheinend solider, gerader, nicht ver�stelter K�rperchen von 0,0026�0,005quot;'L�nge UI1lt;i V3000'quot; Breite. Dieselben sind vollkommen bewegungslos und nach Gestalt und Aussehen den Vibrionen sehr �hnlich. Aus dem mikro�chemischen Verhalten schloss P. auf die pflanzliche Katur dieser K�rper, dagegen kann er die Frage �ber Herkunft, Ent�stehung, ob sie im lebenden Blute vorhanden, oder postmortal, ein G�hrungs- �der F�ulnissproduct, ob der Ansteckungsstoff oder dessen Tr�ger oder ausser aller Beziehung zu demselben, nicht beantworten. Endlich weist P. aus dem chemischen Ver�halten mit Bestimmtheit die Annahme zur�ck, dass die K�r-
') Handbuch der spec. Path. u. Therapie. B. IL.p. 387�405. 185B.
*) Mikroscop. u. mikrochem. Unters, des Milzbrandblutes etc. Casper's
Vierteljahrsschrift f. gerichtl. u. �ff. Medicin. B. VIII. p. 103. 1855.
-ocr page 15-
Historisches fiber den Milzbrand etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3
H perchen Bruchst�cke zerfallener Primitrvfasern oder thierischer Faserstoff, �berhaupt eine feste Proteinverbindung sein k�nnten.
Unabh�ngig von Po 11 ender fand Braueil1) ebenfalls die st�bchenformigen K�rper im Blute von Menschen, Schafen und Pferden, die an Milzbrand gestorben waren. Dieselben geh�ren ebenso wie die Vermehrung der farblosen Blutk�rper�chen im Blute zu den constanten Ver�nderungen und werden von B, f�r Vibrionen erkl�rt, die schon im lebenden Blute entstehen. Sie unterscheiden sich von anderweitigen Vibrionen durch ihre Entstehung, indem sie sich gleich nach und vor dem Tode finden und in frischen F�llen daher als diagnostisches Merkmal zu verwerthen sind. Aus seinen Untersuchungen zog B. weiter den Schluss, dass das Milzbrandcontagium nicht blos an den Karbunkel (Heu sing er), sondern auch an das Blut gebunden sei; ausserdem constatirte er die Uebertragbar-keit des Contagiums vom Menschen auf das Schaf.
Mit dem Bekanntwerden der Untersuchungen Pollender's und Brauell's wandte sich bald das allgemeine Interesse den st�bchenformigen K�rperchen zu und fast alle der folgenden Arbeiten �ber den Milzbrand besch�ftigen sich mit der Frage nach der Natur dieser merkw�rdigen Gebilde im Milzbrandblute und nach ihren Beziehungen zu dieser Krankheit. quot;Wenn ich in der folgenden Darstellung die weiteren Beobachtungen Brauell's �ber diesen Gegenstand ausf�hrlicher referire, als Manchem nothwendig erscheint, so geschieht dies desshalb, weil die sorgf�ltigen und sch�nen Untersuchungen Brauell's noch heute fast ausnahmslose Giltigkeit haben, sowohl was die Impf�resultate als auch die Morphologie der st�bchenformigen K�rper betrifft. Ueberdies gelangt man beim Studium der Geschichte der st�bchenformigen K�rper nicht unschwer zu der Ueber-zeugung, dass, wenn die sp�teren Untersucher sich mehr an die Resultate der Forschungen Pollender's und Brauell's ge-
J) Versuche u. Untersuch, betreffend den Milzbrand des Menschen und der Thiere. VirchoVs Archiv B. XI. p. 132. 1857.
1*
-ocr page 16-
4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zur Pathologie des Milzbrandes.
halten h�tten, die grosse Verwirrung �ber diese Frage, wie sie lange Zeit herrschte, kaum entstanden w�re.
In einer bald folgenden Untersuchung lieferte Braueil1) eine Best�tigung und Veryollst�ndigung seiner ersten Versuche.
Aus einer grossen Reihe Ton Impfungen erhielt B. folgende Resultate: Das Milzbrandcontagium l�sst sich bei Pflanzen�fressern durch f�nf Generationen hindurch wirksam fortpflanzen. Fl�ssiges Milzbrandblut in verschlossenem Glase aufbewahrt, enth�lt am 4-�5. Tage noch ein t�dtlich wirkendes Contagium; vom 15. Tage an ist es wirkungslos. In eingetrocknetem Zu�stande ist das Contagium im Blute am 2. und 3. Tage noch erhalten, nach einiger Zeit ebenfalls wirkungslos. Fl�ssiges Blut aus dem Karbunkel eines Pferdes enth�lt schon 24 Stun�den vor dem Tode ein t�dtliches Co#ntagium, obwohl die den Milzbrand charakterisirenden Ver�nderungen noch fehlen � das Impfblut also keine st�bchenf�rmigen K�rper enth�lt. Es sind daher die st�bchenf�rmigen K�rper weder der Ansteckungsstoff selbst, noch die nothwendigen Tr�ger desselben. Die st�bchen�f�rmigen K�rper erscheinen im Blute 1�2�3 Stunden, seltener 8�10 Stunden vor dem Tode je nach dem raschen oder lang�samen Verlaufe; diese Termine reduciren sich auf Minuten bei Anthrax acutissimus. � Die Thiere, in deren Blut st�bchenf�r-mige K�rper, gehen alle zu Grunde; in dem Blute der genesen�den Thiere finden sich keine st�bchenf�rmigen K�rper; dieselben haben also auch prognostischen Werth. � Die Embryonen der an Milzbrand umgestandenen Thiere bieten bei der anatomischen Untersuchung keine auf Milzbrand hinweisenden Ver�nder�ungen; da auch das Blut solcher Embryonen bei der Impfung negativ wirkt, so geht der Milzbrand vom Mutterthier nicht auf den F�tus �ber. � Bei Hunden und H�hnern sind Impf�ungen erfolglos. � Endlich gibt B. noch das chemische Ver�halten der St�bchen genau an und glaubt aus seinen Beobacht�ungen schliessen zu d�rfen, dass die st�bchenf�rmigen K�rper
') Weitere Mittheil, �ber Milzbrand und Milzbrandblut. Virchow's Archiv B. XIV. p. 432. 1858.
-ocr page 17-
Historischee �ber den Milzbrand etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5
am 3.-4. Tage Bewegung annehmen und aus bewegungslosen sich in bewegungsf�hige Vibrionen umwandeln.
Wie man sieht, gesteht Brau eil den st�bchenf�rmigen K�rpern nur einen diagnostischen und prognostischen Werth zu, leugnet dagegen, dass sie das Milzbrandgift oder die Tr�ger desselben darstellen, da er auch mit Blut ohne st�b-chenf�rmige K�rperchen Milzbrand erzeugen konnte.
In Bezug auf die diagnostische Bedeutung der st�bchenf�r-migen K�rper schloss sich Leisering1) Brauell an; er betrachtete jedoch diese Gebilde nicht als Vibrionen, sondern m�chte sie eher als Pibrinausscheidungen oder Gewebstriimmer ansprechen. Auf Grund sp�terer Beobachtungen beim Typhus der Schweine liess Leisering2') auch die diagnostische Be�deutung der St�bchen fallen.
Mit der Arbeit von Delafond3) begann nun auch in Frankreich die Frage Ton den st�bchenf�rmigen K�rperchen lebhaft discutirt zu werden. Auf eine grosse Zahl von Blut-Untersuchungen milzbrandiger Thiere gest�tzt, stellt sich Dela�fond ganz auf Seite Brauell's und betont namentlich die prognostische und diagnostische Bedeutung dieser K�rper; er fand sie im Blute von 125 Thieren 1�5 Stunden nach dem Eintritt der ersten Milzbrandsymptome. In Bezug auf ihre Natur h�lt er die st�bchenf�rmigen K�rper f�r eine zur Familie der Leptothriceen (K�tzing), Gattung Leptothrix geh�rende Alge, deren Species er mit Leptothrix buccalis vergleicht.
Eine andere Ansicht �ber die Natur der st�bchenf�rmigen K�rper wurde von F. M�ller4) aufgestellt, indem er sie f�r Blutkrystalle erkl�rte, welche immerhin f�r die Diagnose des Milzbrandblutes von Bedeutung seien. Leisering6) adoptirfc
') Bericht �ber das Veterin�rwesen im K�nigr. Sachsen f�r das
Jahr 1858. p. 29. *) Bericht �ber d. Vet.-Wesen im K�nigreich Sachsen f. d. Jahr
1860. p. 31. s) E6cueil de med. vet. 1860. p. 726. *) Physiologie der Hauss�ugethiere. Wien. 1862. p. 163. 5) Bericht �ber das Veterin�rwesen etc. f�r d. Jahr 1862. p. 29.
-ocr page 18-
6nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
diese Ansicht M�ller's und berichtete gleichzeitig eine Aeus-serung Yirchow's �ber diesen Gegenstand. Derselbe hatte n�mlich im Jahre 1859 m�ndlich und gespr�chsweise die Ver-muthung aufgestellt, dass, obwohl er Milzbrandblut noch nicht in dieser Richtung untersucht habe, hier kaum von etwas Anderem als von Blutkrystallen die Rede sein k�nne. Auf diese Weise erkl�rt es sich, dass in quot;Werken und Zeitschriften seitdem er�z�hlt wird, dass Virchow die st�bchenformigen K�rper beim Milzbrande f�r Blutkrystalle erkl�rt habe. Der wahre Sachver�halt in dieser Angelegenheit wurde dann von Leisering1) sp�ter wieder richtig gestellt.
Nachdem so die st�bchenformigen K�rper trotz ihrer Jugend schon die mannigfaltigsten Beurtheilungen erfahren, erkl�rte Davaine2)die st�bchenformigen K�rper f�r Bacterien und sp�ter zum Unterschiede von den bewegungsf�higen P�ulnissbacterien f�r Bacteridien � eine Art von Conferven von eigenth�m�chem Verhalten. Auf Grund seiner Versuche behauptete Da vain e, dass diese Bacteridien die Uebertragung des Milzbrandes ver�mitteln; Blut ohne Bacteridien sei unf�hig, dieselben bei einem anderen Thiere fortzupflanzen. � Die Bacteridien verschwinden durch F�ulniss; das Contagium bleibt durch Eintrocknen er�halten, indem noch nach 41/2 Monaten Milzbrand erzeugt wer�den konnte.
Im Jahre 1865 ver�ffentlichte Brauell3) eine weitere Reihe von Milzbrandimpfungen, die im Allgemeinen seine fr�hernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; V
gezogenen Schlussfolgerungen best�tigten. Im Blute aller am Impfmilz brande gestorbener, sowie auch im Blute der sichtlich erkrankten Thiere fand B. die st�bchenformigen K�rper. Wich�tig waren die Resultate Brauell's ferner in Bezug anf den Milzbrand der Schweine. Er constatirte n�mlich, dass Schweine
�) Bericht �ber das Vet.-Wesen etc. f�r d. Jahr 1868. p. 43.
') Comptes rendus de l'acad. de sciences. T. LVII. p. 220. 1863,
ibid. p. 321 u. 386. 9) Versuche betreffend den Milzbrand und den Rothlauf der Schweine.
Oesterr.Vierteljahrsschrift f. wiss.Vet.-Kunde. B. XXIII. p. 117. 1865.
-ocr page 19-
Historiaohes fiber don Milzbrand etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7
keiue Empf�nglichkeit f�r das ihnen eingeimpfte von Herbivoren stammenden Milzbrandcontagium besitzen, w�hrend nach viel�fachen anderen Beobachtungen Schweine bei innerem Genusse milzbrandiger Theile grosse Empf�nglichkeit f�r Milzbrand zeigen. Die geringe Empf�nglichkeit der Fleischfresser und V�gel (Katze, Fuchs, G�nse, Raben, Adler), wird wiederholt festgestellt. Den Rothlauf der Schweine scheidet B. als einen nicht zur Gruppe der Anthraxkrankheiten geh�rigen Process aus.
Kurze Zeit darauf schrieb Brauell1) eine haupts�chlich polemische Arbeit, die namentlich in geschichtlicher Hinsicht von gr�sstem Werthe ist �Es hat nur historisches Interesse, dass man auch in diesem Jahrhundert die Ansteckung des Milzbrandes geleugnet hat (Kauseh); vielleicht darf man sich einmal einer Erneuerung dieser Ansicht versehenquot;. Mit diesen Worten spricht sich Virchow2) aus und was er hier prophe�zeit, traf ein. Her twig3) hatte es unternommen, die Contagio-sit�t des Milzbrandes ebenso wie den diagnostischen Werth der st�bchenf�rmigen K�rper zu leugnen. Ebenso hatte J�s-ting4) die Contagiosit�t des Milzbrandes beim Menschen in Abrede gestellt. Indem Braueil den diagnostischen Werth der st�bchenf�rmigen K�rper aufrecht erh�lt, bek�mpft er mit scharfer Kritik die Einwendungen seiner zahlreichen Gegner (Fuchs, Tigri, Signol, K�hne, Gurlt, Spinola, Hertwig, Leisering u. A.), wobei er namentlich hervor-,:nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; hebt, dass diese Einwendungen eine genaue Untersuchung und
genaue Angaben der physikalischen und chemischen Eigen�schaften der angeblich auch bei anderen Krankheiten gefundenen st�bchenf�rmigen K�rperchen vermissen lassen. � Dann wen�det sich Braueil gegen die Lehre von Delafond �ber die pflanzhehe Natur der St�bchen, sowie gegen D a v a i n e, welcher
') Erit. Betrachtungen �ber einige den Milzbrand betr. Ansichten.
Oesterr. Vierteljahrsschrift f. wiss. Vet.-Kunde. B.XXIV.p. 1. 1865. 2) Handb. der spec. Pathol. u. Therapie. B. II. p. 395. 1855. *) Bericht �ber d. thier�rztl. Congress zu Hamburg im Jahre 1863
u. Mag. f. d. ges. Thierheilk. 1863. Nr. 4. 4J Casper's Vierteyahrsschrift f. ger. u. �ff, Med. I860. Nr. 2.
-ocr page 20-
raquo;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; \
8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zur Pathologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; \
die Badterien als die Tr�ger des Milzbrandgiftes betrachten will. In letzterer Hinsiclit st�tzt er sich haupts�chhch auf seine fr�her erhaltenen Impfresultate, indem zwei F�llen, die mit Milzbrandblut ohne St�bchen geimpft, dennoch am Milzbrande zu Grunde gingen.
Nachdem B. noch die Ansichten von der Krystallnatur der st�bchenf�rmigen K�rper (F.M�ller, Anacker und Leise-ring) widerlegt, bespricht er zum Schluss die Priorit�tsan�spr�che der Entdeckung der st�bchenf�rmigen K�rper, die von Frankreich aus erhoben wurden. Delafond wollte n�mlich die St�bchen schon 1856 und Davaine sogar schon im Jahre 1850 (mit Ray er) entdeckt haben. Mit Eecht weist Brau eil diese ungegr�ndeten Anspr�che zur�ck und in der That nimmt es sich eigenth�mlich aus, wenn Davaine im Jahre 1863 �un fait, que je crois nouveauquot; n�mlich die st�bchenf�rmigen K�r�per signalisirt und gleichzeitig behauptet, er habe diese Neuig�keit schon 15 Jahre vorher entdeckt. Gegenw�rtig hegt f�r eine unpartheiische Betrachtung die Sache einfach so, dass Pellender der erste Entdecker und Bra u e 11 unabh�ngig von demselben der zweite war. Immerhin ist es f�r die Geschichte der Entdeckungen lehrreich, zu wissen, dass solche unbegr�ndete Priorit�tsanspr�che doch von einigem Erfolge begleitetsein k�nnen.
So nennt z. B. Koranyi1) in der historischen Einleitung zu seiner Monographie des Anthrax als die Entdecker der st�b�chenf�rmigen K�rper Delafond, Pellender und Davaine was mir historisch nicht gerechtfertigt erscheint.
Verfolgt man die erw�hnten Betrachtungen Brauell's aufmerksam, so erkennt man leicht, wo die Ursachen der Ver�schiedenartigkeit der Ansichten �ber die st�bchenf�migen K�rper und ihre Beziehungen zum Milzbrand zu suchen sind. Es sind dies die ausserordentliche Kleinheit der st�bchenf�rmigen K�rper, das Vorkommen anderer sehr �hnlicher Gebilde (Blut-krystalle und F�ulnissbacterien) im Blute, sowie der Mangel an
'} Handbuch der allgem. u. spec. Chirurgie von Pitha und Billroth B. I. Abth. 2. p. 152. 1870.
-ocr page 21-
\
Historisches �ber den Milzbrand etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9
Uebereinstimmung �ber das, was man zum Milzbrande z�hlen solle oder nicht.
Sp�ter nahm Braue ll1) wieder Anlass und zwar auf Grund eines Eeforates von H u p p e r ta), die Ansicht D a v a i n e's zu bestreiten, wornaeh die st�bchenf�rmigen K�rper die Ursache des Milzbrandes seien, wobei er sich wesentlich auf seine fr�he�ren Argumente � Erzeugung von Milzbrand mit Blut ohne St�bchen � st�tzt.
Die Lehre vom Milzbrand und den st�bchenf�rmigen K�r�pern wurde nun in Frankreich zur brennenden Tagesfrage und ich muss angesichts der massenhaften Literatur davon absehen, ein ersch�pfendes lieferat �ber alle bei der Discussion zu Tage gef�rderten Ansichten zu geben. Die Mehrzahl der bez�glichen Arbeiten sind ver�ffentlicht im Recueil de med. veterinaire, in den Comptes rendus de l'acad. des sciences, in den Bulletins de l'acad. de med. und finden sich Zusammenstellungen theils in den Referaten von Huppert und Meissner in Schmidt's Jahrb�chern3) theils in den Virch o w'schen Jahresberichten �ber die Leistungen in der Medicin von Leisering, Skrzeczka, und Waldeyer, und endlich in der oben angef�hrten Arbeit von Kor anyi. Die wichtigeren Resultate aus den Arbeiten der franz�sischen Forscher, unter welchen besonders Davaine sich grosse Verdienste um die Lehre vom Milzbr�nde erwarb lassen sich ungef�hr so zusammenfassen.
Nach Davaine finden sich die Bacteridien in jeder Milz�brandkrankheit � in jeder Form und bei jedem Thiere. Die Er�scheinung dieser kleinen Gebilde geht den krankhaften Symp�tomen voraus. Das Milzbrandblut h�rt auf contagi�s zu sein, wenn die Bacteridien verschwunden sind. Schon mit einer millionfachen Verd�nnung eines Tropfen milzbrandkranken Blutes konnte Davaine bei Meerschweinchen Milzbrand mit
raquo;) Virchow's Archiv f. path. Anat. B. XXXVI. p. 292. 1866. 2) Schmidt's Jahrb�cher der ges. Mod. 1865. Nr. 10. p. 37. 8) Jahrg. 1855. B. 130. p. 37; Jahrg. 1867. B. 133. p. 35 u. Jahrg. 1871. B. 152. p. 255.
-ocr page 22-
10nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
zahllosen Bacteridien erzeugen; die Incubationsdauer bei Impf�milzbrand nimmt jedoch mit der Verd�nnung zu. Die Zahl der Bacteridien in einem Tropfen Blut sch�tzt Davaine auf 8�10 Millionen. � In vieler Beziehung werden die Versuche Brauell's best�tigt, so z. B. die Nicht�bertragbarkeit des Milz�brandes auf V�gel, ferner die schon von Brauell nachgewie�sene Thatsache, dass das Contagium bei tr�chtigen Thieren nicht durch die Placenta hindurch auf den F�tus �bertragen wird; das bacteridienfreie Blut des F�tus wirkt dann nicht con-tagi�s, w�hrend im m�tterlichen Blute Bacteridien und Ansteck�ungsf�higkeit vorhanden sind. � Getrocknetes Milzbrandblut bleibt unter Umst�nden 22 Monate lang keimf�hig und verhert seine Wirksamkeit nicht, jedoch darf es vorher nicht gefault sein. Die spontane Entstehung des Milzbrandes wird von Davaine verworfen; er glaubt, dass die meisten der angeblich spontanen Milzbrandf�lle durch Uebertragung des Giftes durch FUegen
entstehen.
Unter den zahlreichen Gegnern der Davaine'schen Hy�pothese ist namentlich San son1) zu nennen. Nach ihm sind die Bacteridien f�r den Milzbrand nicht pathognomonisch, da er sie auch bei anderen Krankheiten der Pferde gefunden hatte, die er als typhoide Diathese bezeichnete. Ein grosses Gewicht kann man diesen Einwendungen kaum beilegen, da diese soge�nannten typh�sen Fieber wahrscheinlich nichts anderes als Milz�brandf�lle waren. Ferner will Sans on ebenso wie Brauell durch Impfung von achtem, bacterienhaltigem Milzbrandblute keine solche Bildungen im Blute der Impfthiere gefunden haben. Endlich finde man constatirte F�lle von- Milzbrand bei Schafen und Rindern, wo das Blut keine Spuren von Davaine's Bac�teridien enth�lt.
In �hnlichem Sinne leugnen Leplat und Jaillard2), dass die Bacteridien die Tr�ger des Milzbrandgiftes seien; dieselben seien nur eine Nebenerscheinung des Milzbrandes. Davaine
') Recueil de med. vet. 1867. p. 267.
raquo;) Compt. rend. LXI. p. 298, 334. u. p. 436.
m*
-ocr page 23-
Historisches Aber den Milzbrand etc.
11
suchte nachzuweisen, dass beide wahrscheinlich mit Blut impften, welches gar nicht von Milzbrand herr�hrte.
Eine bedeutende St�tze fanden die Gegner Davaine's in den Resultaten einer von der franz�sischen Regierung nieder�gesetzten Commission, welche die Untersuchung einer von Alters her herrschenden Milzbrandepizootie in der Auvergne (mal des montagnes) zur Aufgabe gestellt wurde. Die von Bouley1) als Pr�sidenten dieser Commission ver�ffentlichten Resultate gingen dahin, dass Milzbrandblut contagi�s wirke, auch wenn keine Spur von Bacterien darin zu finden ist; bacterien-haltiges Milzbrandblut verliere seine Infectionsfahigkeit durch Austrocknen und gewinne dieselbe beim Aufweichen in Wasser nicht wieder. Geimpfte Kaninchen haben immer Bacterien, ob das Impfblut solche enthalte oder nicht. Die Bacterien sind bei den milzbrandigen Wiederk�uern keineswegs constant, sie fehlen ebenso oft, als sie vorhanden sind.
Unter den Einw�rfen, die gegen die Lehre Davaine's er�hoben wurden, befinden sich auch solche, die wenig stichhaltig sind. Wenn z. B. Sans on2) behauptet, die Experimente Da-vaines seien schon desshalb nicht beweisend, weil sie an kleinen Nagern angestellt seien und nicht an Thieren, bei denen der Milzbrand spontan sich entwickele, so ist dieser Einwurf durch die Versuche von Brauell � an Pferden, Schafen � l�ngst widerlegt.
Unter den zahlreichen Arbeiten sind ferner als wichtige noch zu nennen diejenigen von Colin und Raimbert. Co�lin3) bewies bei Gelegenheit von F�tterungsversuchen mit milzbrandigem Fleisch an einem Hunde mit Magenfistel, dass das Milzbrandfleisch durch die Einwirkung des Magensaftes seine Ansteckungsfahigkeit verliere. Raimbert4), welcher die
l) Compt rend. LXIII. p. 82. 1869. und Recueil de mdd. vfit. 1869.
p. 41. raquo;) Comptes rend. LXVIII. Nr. 6. 1869. s) Compt. rend. LXVIII. Nr. 3. 1869. *) Compt. rend. LXIX. Nr. Id. 1869.
-ocr page 24-
12nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zur Pathologie des Milzbrandes.
Bacteridien ebenfalls als die Tr�ger des Milzbrandgiftes ansieht, suchte experimentell zu beweisen, dass das Milzbrandgift nicht durch die Stiche der Fliegen verschleppt werde, sondern die Verschleppung geschehe so, dass Fliegen Milzbrandtheilchen mit ihren Fassen, Fl�geln und Dejectionen auf die menschliche Haut �bertragen und dass die Bacterien dann auch durch die unverletzte Haut in den. Organismus eindringen.
Nach alledem kann es nicht befremden, wenn Leisering1) im Jahre 1869 der Meinung Ausdruck gibt, dass die Frage von den st�bchenf�rraigen K�rpern sich immer noch in einem ziem�lich kl�glichen und unklaren Zustand befinde; er selbst l�sst es unentschieden, ob dieselben faserstoffige Ausscheidungen oder Pilzbildungen darstellen. In �hnlichem Sinne �ussert sich Roll2) (1867), welcher nach Aufz�hlung der verschiedenen Ansichten �ber die st�bchenf�rraigen K�rper die eigentliche Natur derselben noch immer f�r discutirbar erkl�rt. Dabei spricht Roll sich entschieden dahin aus, dass diese K�rperchen sich schon im Blute noch lebender anthraxkranker Thiere finden und auch unmittelbar nach dem Tode und dass die Thiere un�rettbar verloren sind, wenn die St�bchen im lebenden Thiere auftreten. Im Anschl�sse an Brauell h�lt Roll den diagno�stischen Werth dieser Gebilde f�r vollkommen sicher gestellt.
Bruckm�ller3), welcher fr�her die st�bchenf�rmigen K�rper beim Milzbrande f�r Fasersnoffausscheidungen angesehen neigte sich sp�ter4) mehr der Ansicht zu, dass die Pilznatur dieser Gebilde kaum noch zu bezweifeln sei und scheint auch ihre Eigenschaft als Tr�ger des Milzbrandgiftes anzuerkennen.
Franck6) beobachtete Einkerbungen an den st�bchenf�r�migen K�rperchen und glaubt dieselben aus aneinandergereihten rundlichen K�rpern bestehend.
^ Bericht �ber das Vet.-Wesen im K�nigr. Sachsen f.d. J. 1868. p. 42. 9) Lehrbuch der Path, u Therapie der Hausthiere. B. I. p. 415. 1867. 8) Oesterr. Vierteljahrsschr. f. wiss.Vet.-Kunde B. XXVI. p.33. 1866. *) Lehrbuch der path. Zootomie p. 261. 1869. 6) Thier�rztl. Mittheilungen der Centralthierarzneischule zu M�nchen.
m
-ocr page 25-
Historisches �ber den Milzbrand etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 13
Haubner1), -will die st�bchenf�rmigen K�rperchen im Blute nicht als charakteristisches Merkmal des Milzbrandes an�erkennen und h�lt die ganze Angelegenheit noch nicht f�r spruchreif.
Semmer2) beschreibt die beim Milzbrand vorkommenden st�bchenf�rmigen K�rper als zarte schwach contourirte Gebilde ohne Gliederung, meist alle von gleicher L�nge, bewegungslos, einzelne unter einem stumpfen Winkel gebogen. Er erzielte durch Impfungen mit milzbrandigem Blut Tod durch Septic�mie und glaubt daraus eine Aehnlichkeit zwischen Milzbrand und Septic�mie folgern zu d�rfen. Die st�bchenf�rmigen K�rper�chen des Milzbrandes erkl�rt er �brigens f�r Pilzf�den sui generis, die m�glicher quot;Weise in verwandtschaftlichem Yerh�lt-niss mit den Pilzf�den der Septic�mie stehen.
Die erw�hnten Impfungen lassen sich, wie ich glaube, ein�fach so erkl�ren, dass in dem faulenden Milzbrandblute das Contagium bereits zerst�rt war und bei der Impfung in Folge dessen Septic�mie erzeugt wurde.
Endlich erw�hne ich noch der Untersuchungen von Ra-v it seh und Grimm �ber den Milzbrand. Die experimentelle und mikroskopische Arbeit von Ravitsch3) besch�ftigt sich nach Angabe des Titels mit der putriden Infection und deren Beziehung zum Milzbrande. Die Resultate, zu welchen Rav i t s c h gelangt, hier wiederzugeben oder auf eine n�here Kritik seiner Folgerungen einzugehen, halte ich f�r �berfl�ssig und bemerke nur, dass es mir nicht gelungen ist, in dem Inhalte dieser Ar�beit etwas zu entdecken, was f�r die Pathologie des Milz�brandes von einigem Belange sein k�nnte. Zur Charakteristik der Art und Weise, wie Ravitsch zu seinen Schlussfjlger-ungen gelangt, f�hre ich nur eine Thatsache an: Ravitsch
*) Handbuch der Veterin�r-Polizei, p. 285. 1869.
*) Oesterr.Vierteljahrsschr.f.wiss Vet-Kunde.B.XXXlII. p.74. 1870.
3) Zur Lehre von der putriden Infection und deren Beziehung zum sogenannten Milzbrande. Berlin 1872. (Uebersetzung einer be�reits 1870 in russischer Sprache erschienenen Arbeit).
-ocr page 26-
I quot;
14
Zur Pathologie des Milzbrandes.
(L c. p. 36. u. 37.) spritzte einem Schafe putride Fl�ssigkeit unter die Haut. Nach 3 Tagen erfolgt der Tod des Thieres und zwar in der Nacht. Am folgenden Tage Nachmittags wird die Section vorgenommen und es finden sich im Blute an der Injectionsstelle und in verschiedenen Organen st�bchenf�rmige K�rperchen (unbewegliche Bacteridien). Nachdem ausdr�cklich bemerkt wird, dass im Blute des lebenden Thieres keine Bac-terien gefunden wurden und dass am Tage der Section (25. Juli) die Lufttemperatur sehr hoch war, kommt Ravitsch zu welchem Schl�sse? �Dieser Versuch gab ein vollkommenes Bild vom Milzbrande oder von der sogenannten Blutkrankheit der Schafe; � da aber das Thier in Folge putrider Infection und nicht vom Milzbrande fiel und ein positives Factum viel mehr Bedeutung babe, als hundert negative, so h�lt Ravitsch dies f�r hinreichend genug, die Davaine'sche Theorie vom Milzbrande zu widerlegenquot;. Beil�ufig bemerkt waren die Bac�teridien in diesem Falle 5 bis 10 Mal grosser als die Milzbrand-bacterien, n�mlich 0,03�0,08 Millimeter gross, w�hrend die Milz-brandbacterien durchschnittlich nur0,oo7�0,oi2Millimeter lang sind.
Wenn man gegen die Aufstellungen Davaine's keine anderen Argumente beibringen kann, als diejenigen von Ra�vitsch es sind, so m�sste man die Davaine'sche Hypothese unbedingt anerkennen.
Auf �hnlicher Stufe steht eine vorl�ufige Mittheilung von Osk. Grimm1), welcher durch die Naturforschergesellschaft zu St. Petersburg in den Stand gesetzt wurde, im Gouvernement Nowgorod den Milzbrand zu studiren. Er kommt zu der Ueberzeugung, dass weder die Bacterien noch andere Orga�nismen die Ursache des Milzbrandes seien. Die vermeintlichen Bacterien oder Bacteridien erscheinen nur nach dem Tode des erkrankten Subjectes, w�hrend des Lebens aber ist keine einzige Bacterie im Blute aufzufinden. Die entgegengesetzten Angaben von Davaine, Brauell u, B. seien nur dadurch zu erkl�ren.
') Zur Pathologie des Milzbrandes. Virchow's Arohiy. B. LIV. p. 262. 1871.
-ocr page 27-
Ilistorisches fiber den Milzbrand etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 15
dass diese Forscher das Blut nicht mit gen�gender Sorgfalt unter�sucht haben. quot;Wenn ich endlich noch anf�hre, dass Grimm vollkommen �berzeugt ist (p. 263), �dass die Ton Anderen im Blute lebender Thiere vorgefundenen Bacterien w�hren d der Section selbst enstanden sindquot;, so wird der Leser es begreiflich finden, dass ich einen derartigen Gedankengang nicht weiter verfolge.
quot;Welche Stellung nehmen anderseits die Botaniker den st�bchenf�rmigen K�rperchen und Bacterien gegen�ber ein?
Es d�rfte zwcckm�ssig erscheinen, das Wesentlichste aus der Geschichte dieser Organismen in einer kurzen Uebersicht zusammenzufassen. Als Forscher, welche sich um die F�rder�ung der Frage von den Bacterien verdient gemacht, �sind in erster Linie zu nennen: Ehrenberg, Dujardin, Perty, N�geli, F. Cohn, Pasteur, de Bary und H. Hoffmann.
Ehrenberg1) war der Erste, welcher (1830) die Gattung Bacterium aufstellte. Er Hess dieselbe aus 7, sp�ter aus 3 Arten bestehen und betrachtete die Bacterien als Thierchen mit her�maphroditischen Geschlechtsorganen, die sich durch Eier ver�mehren.
Ebenso theilte Dujardin2; alle Vibrionen dem Thierreich zu; eine innere Organisation sei jedoch nicht zu erkennen und man m�sse die Vibrionen als eine besondere Famihe betrachten, deren Beziehungen zu anderen Familien schwierig festzustellen sei.
Perty3) stellt die Vibrionen zu den Phytozoidien; es sind dies einfachste Organismen mit wechselndem animalischen und vegetabilischen Leben und beides ist in diesen einfachsten Wesen h�chst fl�chtig; durch einen kleinen quot;Wechsel der Umst�nde schl�gt das erstere in das letztere um. Bacterium termo kommt bisweilen gar nicht zu animalischem Leben, sondern bleibt in
�) Abhandl. der k. Akad. der quot;Wissensch. zu Berlin. 1830. und In-fusor. Thierchen als Tollkommene Organismen. Leipzig, 1838.
2) Histoire naturelle des zoophytes. Infusoires. Paris. 1841.
8) Zur Eenntniss der kl. Lebensformen nach Bau, Function etc. Bern, 1852.
-ocr page 28-
16nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes,
vegetabilischem befangen; es entsteht aus Molek�len, die anfangs #9632;wegen ihrer Kleinheit gar nicht oder nur momentan #9632;wahrnehm�bar sind.
Dagegen werden von F. Colin1) die Vibrionen zu den Pflanzen gerechnet. Die in stehenden Infusionen �berall ge�meinen, f�r selbstst�ndige Infusorien erkl�rten K�rperchen des Bacterium termo, namentlich die freigewordenen, selbstbe�weglichen Schw�rmzellen sind nur der Entwickelungs-Zustand einer Pflanze, der in das Gebiet der quot;Wasserpflanzen zu stellen ist. Das Bacterium termo, welches sich in Gallertkugeln- und Gallerttrauben entwickelt, bezeichnet er als �Zoogloea termoquot;.
Eine neue Eintheilung wurde von N�geli2) aufgestellt. Er rechnet Bacterien, Vibrionen und verschiedene andere Gat�tungen zu einer eigenen von ihm aufgestellten Gruppe von Pilzen, die er als Schizomyceten, Spaltpilze, bezeichnet � wegen ihrer leichten Zerbrechlichkeit so genannt. Aus ihrer anatomischen Structur gehe nicht hervor, ob es Pflanzen, Thiere oder krankhafte thierische oder pflanzliche Elementartheile seien � wenig Gr�nde sprechen daf�r, dass es Pflanzen und kleine Thiere seien.
In �hnlichem Sinne erkl�rt Pasteur3) die Bacterien als dem Thierreich zugeh�rig, deren Ursprung und Vermehrung wegen ihrer Kleinheit �beraus schwierig zu erforschen sei.
Die Schizomyceten (Vibrio, Bacterium, Zoogloea Cohn, Sarcina etc.) werden you de Bary4) als eine Gruppe von Or�ganismen betrachtet, die morphologisch von den Pilzen auszu-schliessen und den Oscillarien an die Seite zu stellen sind, wenn auch ihr Vegetationsprocess dem der Pilze gleich ist. Sie bestehen aus Zellen von rundlicher oder kurzcylindrischer Form, die sich durch fortw�hrende Zweitheilung vermehren und ent-
#9632;) Not. Act. Acad. Nat. Curios. T. XXIV. p. 103. 1854. 8) Amtlicher Bericht �ber die 33. Yersammlung deutscher Natur�forscher zu Bonn 1859, p. 133.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; lt; 8) Annales de Chemie et de Physique III. Serie T. LXIV. p. 5. 1862. 4) Handbuch der physiol. Botanik von Hoffmeister. B. II. p. 3. 1866.
-ocr page 29-
Historisches �ber den Milzbrand etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;17
weder frei, oder zu Reihen oder kleinen K�rpern vereinigt sind, die an allen Punkten gleichm�ssig durch Zelltheilung wachsen.
Die Entwickelung der Vibrionen steht nach Joh. L�ders1) in engstem Zusammenhange mit gewissen Pilzen. Unter ver�schiedenen Bedingungen sollen sich aus dem Mycelium wie aus den Sporen von Mucor, Penicillium etc. kleine K�rperchennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
entwickeln und in der Regel auch austreten, die Vibrionen-' Keime genannt werden (eine Art Micrococcus); diese k�nnen sich dann weiter zu Bacterium, Vibrio, Hefezellen etc. ent�wickeln. Aus allen diesen Produkten, die sich aus Bacterien zu entwickeln verm�gen, entstehen die Bacterien bei der n�thigen Feuchtigkeit wieder aufs Neue. Im Blute gesunder Thiere seien schon w�hrend des Lebens Vibrionenkeime enthalten.
Polotebnow2) zieht aus seinen Versuchen �ber den Ur�sprung und die Vermehrung der Bacterien den Schluss, dass die Bacterien sich nur durch Einf�hrung neuer Keime, nicht durch Reproduktion vermehren. S�mmtliche Formen aus der Familie der Vibrionen sind nichts anderes als zarte Mycelien, die aus Penicilliumsporen hervorgehen. Die Bacterien sind dem�nach jene Entwicklungsformen der Penicilliumsporen (und �hn�licher Sporen), durch welche die letzteren unter gewissen �usseren Verh�ltnissen zu Grunde gehen. Das einmal zur Entwickelung gelangte Bacterium ist einer weiteren Vermehrung nicht f�hig.
Bender3) beschreibt die St�bchen im Blute milzbrandkranker Thiere, die er auf Eiweiss, Kleister und Zuckerwasser zu culti-viren versuchte, jedoch ohne Resultat. Aus weiteren Versuchen schliesst er, dass der Milzbrandparasit seinen Ursprung wahr�scheinlich einer Algenart verdanke. Die Entstehung der An-thraxepizootien w�re demnach lediglich im Trinkwasser zu
*) Archiv f�r mikrosk. Anatomie von Max Schnitze. B. III. p. 317. 1867. und Botan. Zeitung 1866. p. 33.
2)nbsp; Sitzungsberichte der kais. Akademie d. Wiss. zu Wien. B. LX. Jahrg 1809. p 725. Gibt zugleich eine historische Einleitung �ber Bacterien, die oben zum Theil benutzt wurde.
3)nbsp; Blutuntersuchungen bei Milzbrand. Zeitschrift f�r Parasitenkunde B. Lp. 185. 1869.
Dr. Bollinger. Pathologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2
-ocr page 30-
si
r
18nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
suchen und es seien nicht allein unreine, mit Algen reichlich beschlagene Brunnen, sondern auch alte h�lzerne Trinkgef�sse, Eimer etc. zu beschuldigen.
Eine der wichtigsten neueren Arbeiten �ber Bacterien ver�danken wir H. Hoffmann1), dcmVerfasser der�Mykologischen Berichtequot;. Er bezeichnet die Bacterienfrage als einen Angelpunkt f�r die Pathologie des Menschen, sowie f�r einen Theil der Mykologie. Die Bacterien, welche zu den einfachsten Orga�nismen geh�ren oder es selbst sind, unterscheidet Hoffmann in Mikrobacterien (Bact. tormo, Vibrio lincola Ehronb., Termo, Zoogloea termo, Vibrio Bacillus), Mesobacterien (Bact. punetum, Bact. tremulans, Vibrio lineola Duj., die Milzbrand-bacteridien und Alles was man Vibrionen nennt), endlich als gr�sste Formen Makrob acterien. Die Bacterien im Milz�brandblute h�lt H. auf Grund eigener Unter�uchungen f�r pathognomonisch; neben einer chemisch delet�ren sie begleiten�den Action wirken sie im Capillarsystem vielleicht auch rein me�chanisch. Das Vorkommen der Bacterien im Blute des lebenden Thieres konnte er ebenfalls constatire^ Die Annahme, dass aus einem (isolirten) punkt- oder kugelf�rmigen K�rperchen durch Lc�ngenwachsthum ein Bacterienst�bchen werden k�nne, bezeichnet H. als unrichtig. Die Bacterien sind keine schwan�kenden Anfangsgebilde, aus denen nach Zeit und Gelegenheit alles M�gliche werden kann, sondern es sind Wesen, die ihre festen Grenzen einhalten und nie anders, als durch gleichartige Wesen erzeugt werden k�nnen. Nachdem er nachgewiesen, dass die Vegetation der Bacterien unter allen Umst�nden an das Vorkommen von Sauerstoff gebunden sei, verwirft er mit Entschiedenheit die sogenannte Micrococcustheorie (Hallier); der Micrococcus sei nichts Anderes, als Zerfallprodukte, orga�nischer Detritus, welcher niemals zu einer neuen Organisation irgend einer Art sich erheben kann; sie sind das Ende des Todes, nicht der Anfang des' organischen Lebens.
') Botan. Zeitung. 1869. Nr. 15�20. p. 233 � 321. Diese Arbeit wurde von der Pariser Akademie mit einem Preise gekr�nt.
-ocr page 31-
Historisches �ber den Milzbrand etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;19
Nicht minder wichtig f�r die Bacterienfrage sind die Re�sultate neuer Untersuchungen von F. Cohn1), deren Haupt�ergebnisse folgendermassen lauten: Die Bacterien sind Zellen; bei den gr�sseren Formen l�sst sich ein protoplasmaartiger, h�chstwahrscheinlich stickstoffhaltiger Zellcninhalt, sowie eine scharfe Umgrenzung, jedoch keine doppelt contourirte Zell�membran unterscheiden. Die Bacterienzellen vermehren sich durch Quertheilung in zwei gleichwerthige Tochterzellen, die sich bald wieder quertheilen; die Theilungsgenerationen isoliren sich sofort, oder bleiben eine Zeit lang in kettenartigem Zu�sammenhang. Die Bacterien assimiliren stickstoffhaltige Ver�bindungen und nehmen fl�ssige in Wasser gel�ste Eiweissverbind-ungen f�r. ihre Ern�hrung endosmotisch auf. Die Bacterien verm�gen auch feste, in Wasser nicht l�sliche Eiweissverbind-ungen zu assimiliren, nachdem sie dieselben vorher verfl�ssigt haben. Dieses Verfl�ssigen fester oder halbfl�ssiger Eiweissk�r-per in Verbindung mit deren Assimilation durch die Bacterien und den dabei auftretenden Nebenprodukten wird als F�ulnisa bezeichnet. Die Bacterien sind die einzigen Organismen, welche die F�ulniss eiweissartiger Substanzen herbeif�hren; sie allein sind Saprogene. Wahrscheinlich gibt es verschiedene Gattungen und Arten von Bac�erien; nach �usseren Merkmalen unter�scheidet Cohn mit Hoffmann Mikrobacterien, Meso-bacterien und Makrobacterien; vielleicht w�re eine Ein-theilung in Kugel- oder Punktbacterien, Cylinder-bacterien (Bacterium im engeren Sinn) und Schrauben-bacterien vorzuziehen. Indem die stickstoffhaltigen N�hr�stoffe aufgezehrt werden, h�ren die Bacterien allm�hlig. auf, sich zu vermehren, und gehen aus dem beweglichen in den Ruhezustand �ber, wobei sie in der Regel Intercellularsubstanz ausscheiden und sich in palmellaartige Massen (Zoogloea) zu�sammenh�ufen. Wenn Wasser, in welchem Bacterien leben, ver�dunstet, so werden zahllose Bacterien in die Luft fortgef�hrt, und zwar vorzugsweise die kleinsten kugeligen Zellen. Zahllose
!) Botan. Zeitung 1871. p 738. und p. 861.
2*
-ocr page 32-
20nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
kugelige Mikrobacterien, die Bacterienkeime steigen bei aller Verdunstung faulender Fl�ssigkeiten in die Luft auf, werden beim Einathmen der Luft eingeschluckt, mit .meteorischen quot;Wasserniederschl�gen auf alle K�rper abgesetzt und werden in allen der Luft ausgesetzten Eiweissverbindungen zu Erregem der F�ulniss.
Die Bacterien sind nach Cohn keineswegs wie Hallier behauptet, eine besondere Fortpflanzungsform (Micrococcus-Scbw�rmer) von Penicillium, gehen �berhaupt nicht aus Peni-cillium hervor, sondern stellen selbstst�ndige Organismen dar. Die Arbeiten Hallier's k�nnten f�glich ignorirt werden, da sie nicht nach wissenschaftlicher Methode angestellt seien. Ebenso sind die Schl�sse von Polotebnow und Crace Cal-vert, dass die Bacterien sich nur durch Einf�hrung neuer Keime, nicht durch Eeproduktion vermehren, ferner die Ent�stehung der Bacterien durch Urzeugung (Bastian und Frank�land) endlich die Entstehung der Bacterien aus Hefezellen und Penicillium (Huxley) nach Cohn vollkommen unhaltbar.
Auch Bind fleisch1) verwirft die Entstehung der Bac�terien aus Pilzsporen; er l�sst die Bacterien aus punktf�rmigen Gebilden si�h entwickeln, welche zu einer Art gestielter Keule werden und so das erste Glied eines l�nger gestielten gegliederten Fadens darstellen. Yon den zwei Arten von F�ulnissschizomyzeten � Bacterium und Micrococcus � ist ersteres ein st�ndiger, letzterer ein h�ufiger Begleiter der F�ul�niss, beide ohne verwandtschaftliche Beziehungen. Die Bac�terien mit willk�rlicher Bewegung sind niederste Thiere, der Micrococcus durch Sesshaftigkeit ausgezeichnet, niederste Pflanze.2)
') Untersuch, �ber nied. Organismen. Virchow's Archiv. B. LIV. p. 396. 1872.
2) Die Arbeiten Hallier's habe ich in meiner Zusammenstellung nicht erw�hnt, und verweise in dieser Beziehung auf die Referate von H. Ho ff mann (Mykologische Berichte f�r 1869, 1870 und 1871. L, II. und III. Giessen 1870, 1871 und 1872), sowie auf die Arbeit von Eidam (Der gegenw�rtige Standpunkt der Myko�logie. Berlin 1871.)
-ocr page 33-
Historisches �ber den Milzbrand etc.
21
Um endlich auch dem zoologischen Standpunkte gerecht zu werden, h�ren wir noch die Ansichten zweier Zoologen �ber die Bacterien,
Schmarda1) beschreibt die Vibrionen und Bacterien als der Familie der Gr�hrungsthiere (Cymozoida) Vibrionidae Ehrenb. zugeh�rig. Diese Familie geh�rt zur Ordnung der mundlosen Infusorien (Astomata) aus der Klasse der Aufgussthierchen (In�fusoria) und der E'ivision der Sarkodethiere. Schmarda be�zeichnet sie als farblose, durchsichtige Organismen mit einer starren Umgrenzung und einem plasmatischen Inhalt. Sie sterben in Folge des mangelnden Sauerstoffs, sowie durch andere ehe-mische und thermische Einwirkungen, Sie sind von einer solchen Leichtigkeit, dass jeder Luftzug der �ber verdunstendes Wasser streicht, sie hebt; sie tragen wesentlich zur Panspermie der Luft bei und fallen in alle Fl�ssigkeiten. Im Blute milzbrandiger Thiere sollen sie freibeweglich (?) vorkommen. Ihre Vermehr�ung ist immer ein Zeichen der Umsetzung stickstoffhaltiger Sub�stanzen.
Ha ekel2) rechnet diese kleinsten Wesen zu jener merk�w�rdigen Gruppe von Organismen, die weder in den Stamm�baum des Pflanzenreiches, noch in den Stammbaum des Thier-reiches ohne k�nstlichen Zwang eingereiht werden k�nnen. Diese interessanten und wichtigen Organismen sind die Urwesen oder Protisten. S�mmtliche Organismen, die Hackel als Protisten zusammenfasst, zeigen in ihrer �usseren Form, in ihrem inneren Bau und in ihren gesammten Lebenserschein�ungen eine so eigenth�mliche Mischung von thierischen und pflanzlichen Eigenschaften, dass sie mit klarem Eechte weder dem Thierreiche, noch dem Pflanzenreiche zugetheilt werden k�nnen. In dem endlosen und fruchtlosen Streite, der seit mehr als 20 Jahren �ber diese Gebilde herrscht, wurden viele dieser zweifelhaften Urwesen von den Botanikern f�r Pflanzen , von
�) Zoologie. B. I. p. 182. Wien. 1871.
^Nat�rliche Sch�pfungsgeschichte. 2. Aufl. p. 373. Berlin 1870. u. Generelle Morphol. I. p. 191�238.
-ocr page 34-
22nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Znr Pathologie des Milzbrandes.
den Zoologen f�r Thiere erkl�rt; jeder wollte sie haben. Diese Widerspr�che sind nicht durch unsere^, unvollkommenen Kennt�nisse der Protisten, sondern durch ihre wahre Natur bedingt. Aus diesen Gr�nden ist es vorl�ufig das Beste, die zweifel�haften Zwitterwesen sowohl aus dem Thierreiche als aus dem Pflanzenreiche auszuweisen und in einem zwischen beiden mitten innestehenden dritten organischen Reiche zu vereinigen. Dieses vermittelnde Zwischenreich wurde von H�ekel als das Reich der Urwesen (Protista) aufgestellt und begr�ndet.
-ocr page 35-
n.
Eine Milzbrand-Enzootie.
In seinem klassischen quot;Werke �ber die Milzbrandkrank�heiten der Thiere und des Menschen (Erlangen 1850. p. 345.) spricht sich Heu sing er bei Er�rterung der geographischen Yerbreitung des Milzbrandes dahin aus, dass die Schweiz wohl � laquo;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gelegenheit zu Untersuchungen �ber die Ursachen des Milz-
brandes biete, jedoch seien ihm allgemeine Untersuchungen �ber das Vorkommen der Krankheit nicht bekannt. Heusinger st�tzt seine erstere Ansicht darauf, dass es in der Schweiz Alpen gebe, auf denen noch niemals Milzbrand Torgekommen, andere, auf denen er in einzelnen Jahren erscheint und noch andere, auf denen er in keinem Jahre fehlt.
F�r den Kanton Z�rich gibt Heusinger speciell an, dass besonders �ber den Milzbrand der Schweine allgemein ge�klagt werde, w�hrend der Milzbrand anderer Thiere in diesem Kantone gelegentlich, jedoch nicht gerade h�ufig erw�hnt werde. Schon aus diesen Andeutungen l�sst sich schliessen, dass sich im Kanton Z�rich keine sogenannten Milzbranddistrikte be�finden, eine Annahme, die ich auf Grund zuverl�ssiger m�nd�licher Mittheilungen best�tigen kann. DieAngaben Heusinger's �ber den Milzbrand bei Schweinen beziehen sich ohne Zweifel auf den in der Schweiz �berhaupt h�ufigen Rothlauf der Schweine, dessen Beziehungen zum eigentlichen Anthrax zum mindesten
-ocr page 36-
24
Zur Pathologie des Milzbrandes.
noch nicht ganz klar, dessen Anthraxnatur �berhaupt vielfach #9632;vollkommen geleugnet wird.1) Der Milzbrand kommt im Kanton Z�rich, wenn man den Rothlauf der Schweine ausser Betracht l�sst, nur sporadisch und im Ganzen sehr selten vor; ein epi-zootisches oder enzootisches Auftreten ist mit Ausnahme der nun zu beschreibenden Enzootie aus den letzten Jahrzehnten nicht constatirt.
Allerdings kennt man aus der Geschichte des Milzbrandes Epi- und Enzootien, welche l�ngere Zeit hindurch in demselben Orte und vielleicht auch in demselben Stalle herrschten. Eine so scharf begrenzte Milzbrandenzootie jedoch, wie ich sie schildern werde, welche Jahre lang fortgesetzt den Viehstand desselben Besitzers decimirte, w�hrend die unmittelbar angrenzenden St�lle der Nachbarn verschont bleiben, d�rfte in der Geschichte der Milzbrandkrankheiten ziemlich vereinzelt dastehen und schon aus diesem Grunde einer Beschreibung w�rdig erscheinen. Wenn irgendwo, so musste hier eine n�here Untersuchung eine gewisse Anziehungskraft �ben und ich muss gestehen, dass ich mit einigen Erwartungen an die Untersuchung dieser so scharf abgegrenzten Enzootie herangetreten bin. Alle Verh�ltnisse, die man gew�hnlich als wichtig f�r die Aetiologie des Milzbrandes betrachtet, erschienen klar und �bersichtlich zusammengelagert und einer n�heren Erforschung zug�nglicher, als bei Epizootien, die gr�ssere Gebiete beherrschen. Wenn die Ergebnisse meiner Untersuchungen hinter den gehegten Erwartungen zur�ckge�blieben, so mag dies theilweise in �usseren Verh�ltnissen be* gr�ndet sein; inwiefern sie sich realisirt haben, m�ge der Leser aus der folgenden Darstellung entnehmen.
Bevor ich zur Schilderung dieser merkw�rdigen Enzootie schreite, deren Verlauf und Detail ich haupts�chlich nach den amtlichen Berichten des Herrn Bezirksthierarztes Egli zu Uster erz�hle und theilweise nach pers�nlichen Erhebungen und m�nd�lichen Mittheilungen an Ort und Stelle erg�nze, schicke ich
') Vergl. Harms. Der Rothlaut' des Schweines � die Schweine-seucbe. Hannover, 18ti9.
-ocr page 37-
Eine Milzbrand-Enzootie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 25
einige topographische Notizen �ber die Lokalit�t voraus, welche die Heimath unserer Enzootie bildet.
Wenn man auf der Eisenbahn von Z�rich nach Rapperschwyl Wnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; fahrt, so sieht man beil�ufig in der Mitte dieser Bahnlinie
zwischen den Stationen N�nikon und Uster, kaum Vs Stunde von letzterem entfernt, links hart neben dem Bahndamme ein kleines D�rfchen liegen, welches nur aus 11 Geh�ften besteht. Dieser Ort, Wer ikon, liegt �stlich 74 Stunde von dem kleinen Greiffen-see entfernt auf einer leichten Erhebung der Thalsohle in�mitten des Glattthaies. Die n�chste Umgebung bilden Wiesen, welche vielfach feucht und sumpfig wie im gr�ssten Theile des Glattthaies aus Torfgrund bestehen. Eines der gr�ssten Anwesen zu Werikon ist das des Kirchenpflegers D e n z -ler, welches aus zwei ungef�hr 300 bis 400 Schritt von einander entfernten und durch zwei Strassen getrennten Ge�b�uden besteht. In diesen finden sich Wohnung, Stallung und Scheune unter demselben Dache. Die beiden St�lle, die ich als oberen und unteren bezeichnen werde, sind von massiger Grosse, f�r je 10�12 St�ck Grossvieh berechnet, von geh�riger H�he, hell, reinlich gehalten und �berhaupt zweckm�ssig eingerichtet. Der Boden in beiden St�llen mit kleinen Steinen gepflastert, besteht im TJebrigen aus gestampftem Lehmboden.
Nachdem der Besitzer im Jahre 1854 zahlreiche Schafe am Milzbrand verloren hatte, kam bis zum Sommer 1868 keine �hnliche Erkrankung unter seinem Viehstand vor. Von dieser Zeit an folgten sich in unregelm�ssigen Zwischenr�umen eine gr�ssere Zahl von Milzbrandf�llen, die ich nach den wichtigsten Erscheinungen im Leben und Tode mittheile.
I. 20. August 1868. Kuh. Oberer Stall.
Bei dem vorher immer gesunden Thiere bemerkte man am Abende des 20. August Nachlass der Milchsecretion, am 21. August vollst�ndig aufgehobene Milchabsonderung, keine Fresslust, Zit�tern am Hinterleib. Da diese Symptome sich verschlimmerten, schritt man noch vor Ablauf von 24 Stunden zur Schlachtung.
-ocr page 38-
p
26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
Section am 21. August:
Lungen normal. An beiden Herzohren innen und aussen Blutunterlaufungen; zahlreiche Blutheerdc in der Musculatur beider Herzkammern. H�morrhagischer Hydrops ascites, sulzig blutige Infiltrationen im Netz und Gekr�se. Die Leber ohne besondere Ver�nderung. Die Milz stark vergr�ssert, breiig weich, die Pulpa schwarz und thecrartig. Im D�nndarm blutiger In�halt, die Schleimhaut mit zahreichen gr�sseren und kleineren Blutflecken bedeckt. Bluterguss in die H�hle der Geb�rmutter; h�morrhagische Heerde im rechten Ovarium. Meren ohne be-merkenswerthe Ver�nderung.
Die Diagnose auf Milzbrand wurde von mehreren Profes�soren der Thierarzneischule zu Z�rich, die an Ort und Stelle der Section beiwohnten, best�tigt. Eine Ansteckung von diesem Fall auf einen Menschen mit lethalem Ausgang soll sp�ter n�her erz�hlt werden.
II. 34. September 1868. Slier. Unterer Stall.
Das Thier zeigte Morgens keine Fresslust und allgemeine Schw�che. Dasselbe ist nicht im Stande aufzustehen, hegt fortw�hrend zu Boden, die Athmung geschieht m�hsam und keuchend, der Kopf ist krampfhaft zur�ckgebogen (Opisthotonus), man bemerkt Convulsionen der vorderen Gliedmassen und un-willk�hrliche Bewegungen des Augapfels. Nachdem sich noch blutiger Ausfluss aus der Nase und blutige Entleerungen aus dem After eingestellt, schritt man nach mehrst�ndiger Dauer der Krankheits - Erscheinungen zur Schlachtung, wobei das Blut schwarz und dick floss.
Die am Nachmittage desselben Tages vorgenommene Section ergab dieselben Ver�nderungen wie bei der fr�her geschlach�teten Kuh (I). Die Diagnose auf Milzbrand wurde wiederum von mehreren Professoren der Thierarzneischule zu Z�rich best�tigt.
III. 24. M�rz 1869. Rind, Zj�hrig. �ntefer Stall.
Das vollkommen gesunde Thier war am 18. M�rz ange�kauft worden, am Abend des 23. M�rz noch munter und von
-ocr page 39-
Eine Milzbrand-Enzootie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 27
guter Fresslust. Am Morgen des 24. M�rz bemerkte man er�schwertes Athmen, Schaum vor dem Maule, eine grosse allge�meine Schw�che und Unverm�gen aufzustehen. Diese Symptome verschlimmerten sich so rasch, dass man alsbald zur T�dtung des Thieres schreiten musste.
Bei der Section fanden sich dieselben Ver�nderungen wie in den beiden vorhergehenden F�llen und wurde der Process als Milzbrand constatirt.
IT. 23. August 1869. Rind. Oberer Stall.
Am 22. August Morgens zeigte das Thier Mangel an Fresslust. Obgleich Mittags eine Besserung des Appetits und Wiederkauen beobachtet wurde, verschlimmerte sich nach der Abendf�tterung das Befinden des Thieres derart, dass man das Thier rasch t�dtete.
Bei der Section wurden alle Erscheinungen des Milzbrandes wie in den fr�heren F�llen constatirt.
T. 19. Scptemher 1870. Pferd, lOj�hrig. unterer Stall.
Eine zehnj�hrige braune Stute, fr�her immer gesund, zeigte am 19. September pl�tzlich Mangel an Fresslust und verschie�dene andere krankhafte Erscheinungen. Der behandelnde Thier-arzt fand das Thier nach IVjt�giger Krankheitsdauer moribund am Boden liegend, das Maul weit ge�ffnet, die Zunge heraus�h�ngend und blauroth, die Pupillen stark erweitert, die Athmung erschwert, quot; der Puls sehr frequent und fast nicht zu f�hlen, grosse Schw�che, Unverm�gen aufzustehen und convulsiviseho Bewegungen der Gliedmassen. Der Tod erfolgte sehr rasch.
Die Section ergab folgenden Befund:
Blutiger Inhalt in der Nasenh�hle; das Blut allenthalben dunkel, dickfl�ssig, ungeronnen. In der Muskulatur des Herzens kleine Blutflecken, das Herz m�rbe. Die Lungen sehr blut�reich , mit Ecchymosen versehen; in der Luftr�hre und den grossen Bronchien blutiger Schaum. In der Bauchh�hle eine massige Menge ser�ser Fl�ssigkeit; zahlreiche Blutunteriaufungen und gelbsulzige Ergiessungen in die Darmscrosa und das Binde-
-ocr page 40-
V
28nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zur Pathologie des Milzbrandes.
gewebe der Nierenkapsel. Die Milz sehr stark vergrossert, dunkel gef�rbt und sehr blutreich. Die Leber ebenfalls blut�reich. In der Darmschleimhaut zahlreiche gr�ssere und kleinere Blutunterlaufungen, sowohl im D�nn- als im Dickdarm. H�-morrhagische Heerde in den Ovarien.
Tl. 13. Januar 1871. Kalb, SVs Uonate alt. Oberer Stall.
Das vorher gesunde Thier zeigte am 13. Januar dieselben Erscheinungen, wie die fr�her an Milzbrand gefallenen Thiere; der Tod erfolgte schon nach einigen Stunden.
Die Section best�tigte die im Leben gestellte Diagnose, indem sich alle dem Milzbrande zukommenden Ver�nderungen nachweisen Messen � wie in Fall I. und II.
TU. 16. M�rz 1871. Rind. Oberer Stall.
Das Thier war gleichzeitig mit einer Kuh, die ebenfalls an Milzbrand erkrankte und starb (YIH.) 5 Tage vor der Erkrank�ung angekauft und neu eingestellt worden.
Am 16 M�rz zeigte das Rind verschiedene krankhafte Symptome, welche mit den bei den fr�heren Milzbrandf�llen beobachteten durchaus �bereinstimmten, darunter am auff�lligsten: Mangel an Fresslust, die sich zeitweise wieder einstellte, ferner Traurigkeit, Mattigkeit, etwas beschleunigter, fast unf�hlbarer Herzschlag, Temperaturerh�hung (40,0 0 C.}. Nach 24st�ndiger Krankheitsdauer trat vollkommene Grenesung ein.
Till. 17. M�rz 1871. Kub. Unterer Stall.
Am Morgen des 17. M�rz war das 6 Tage vorher neu einge�stellte Thier noch munter und von reger Fresslust. Bald darauf bemerkte man �usserste Mattigkeit, aufgetriebenen Hinterleib, starkes Muskelzittern. Herr Bezirksthierarzt Egli fand das Thier mit zusammengestellten Extremit�ten, am ganzen K�rper zitternd und wankend; s�mmtliche Gliedmassen zeigten heftige Zuck�ungen und Kr�mpfe. Herzschlag und Puls weder f�hl- noch h�rbar. Die K�rperw�rme 41,6 0. Die Excrem'ente d�nnfl�ssig, ohne Blutbeimischung. Fresslust beinahe vollst�ndig erloschen, bedeutender Durst, die Extremit�ten kalt. Im Verlaufe einer
I
#9632;I i
-ocr page 41-
Eine Miizbrand-Enzootie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;29
halben Stunde stieg die Temperatur auf 41,7 0C. und fiel nach 2 Stunden auf 41,00C. Gleichzeitig Hessen die Zuckungen etwas nach. Gegen Abend war die Besserung soweit Torge-schritten, dass man das Thier als wieder hergestellt betrachtete. Das Muskelzittem war g�nzlich verschwunden, die Fresslust ordentlich, so dass das Thier am Morgen des 18. M�rz das Bild T�llkommener Gesundheit bot. Am Nachmittage jedoch traten sehr rasch dieselben Erscheinungen auf wie am Tage vorher und in kurzer Zeit stand das Thier um.
Die Section ergab alle Erscheinungen des Milzbrandes wie in den fr�heren F�llen; namentlich war die Milz zu nie gesehener Grosse geschwellt.
Soweit die amtlichen Berichte des Herrn Bezirksthierarztes Egli. Ich schliesse daran unmittelbar die Mittheilung von zwei weiteren Milzbrandf�llen in denselben Stallungen, welche ich selbst zu beobachten und untersuchen Gelegenheit hatte.
DL. 14. Februar 1872. Ochse, 2j�hrig. Unterer Stall.
Spontaner Milzbrand, Tod (durch Schlachtung) nach 40 Stunden. Theerartiges Blut, acuter Milz�tumor, Enteritis h�morrhagica, Darmkarbunkel, Blutungen im Herzmuskel und im Peritoneum. Keine st�bchenf�rmigen K�rperchen im Blute.
Das vorher angeblich immer gesunde Thier, ein ungef�hr zweij�hriger wohlgen�hrter Ochse, welchen der Besitzer 8 Tage vor der Erkrankung angekauft hatte, zeigte pl�tzlich am 14. M�rz Morgens verminderte Presslust, Muskelzittern, Mattigkeit, Unruhe, vermehrte Athmung und frequenten Puls. Diese Erscheinungen Hessen wieder nach; am Nachmittage zeigte das Thier wieder Fresslust und Wiederkauen. Am 15. Februar Morgens trat wieder ein neutr Anfall auf. H. Egli fand das Thier liegend und von einer solchen Schw�che, dass es nur mit grosser M�he zum Aufstehen gebracht werden konnte. Die im After gemes�sene Temperatur betrug 39,5 0 C, der Puls sehr schwach, Herz�schlag pochend, die Athmung vermehrt und m�hsam, die Fress�lust vollkommen aufgehoben, der Kothabsatz normal, am Hinter-
-ocr page 42-
30nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
theile war eine auffallende Schw�che bemerkhar. Das durch einen Aderlass gewonnene Blut zeigte keine Gerinnung. Alsbald stellte sich blutige Kothentleerung ein, welche ebenso wie die oben geschilderten Erscheinungen sich fortw�hrend steigerte und so schritt man in Voraussicht eines baldigen lethalen Aus�ganges bei nat�rlichem Verlaufe nach 40st�ndiger Dauer der Krankoit zur Schlachtung.
W�hrend Herr Egli am 16. Februar die inneren Organe untersuchte und sogleich einzelne derselben � namentlich die Milz � an die Thierarzneischule zu Z�rich behufs mikros�kopischer Untersuchung �bersandte, war es mir erst am 17. Fe�bruar Nachmittags 3 Uhr m�glich, eine genauere Untersuchung der einzelnen Organe an Ort und Stelle vorzunehmen. Dieselben in einem k�hlen R�ume aufbewahrt zeigten keine Spur von Zersetzung oder beginnender F�ulniss, sondern waren nach Aussehen und sonstiger Beschaffenheit vollkommen frisch er�halten.
Der Sectionshefund war folgender: Die zerlegten K�rpertheile stammten von einem wohlgen�hrten und kr�ftig gebauten Thiere mit reichlicher Muskulatur und ziemlichem Fisttpolster. Im Unterhautzellgewebe vereinzelte kleine Blut�flecken. Am Herzen findet sich auf beiden Ventrikeln je eine gr�ssere Gruppe von verschieden grossen subepicardialen Ecchy-mosen; die Muskulatur derb und durchweg von zahlreichen gr�sseren Bluthoerden derart durchsetzt, dass die Schnittfl�che f�rmlich marmorirt erscheint. Am linken Herzohre gr�ssere h�morrhagische Suffusionen mit zahlreichen kleineren Blutpunkten in der Umgebung. Das Endocardium normal, ebenso die Herz�klappen. In beiden Herzh�lften namentlich rechts massige Mengen schwarzen, theils theerartigen, theils locker ge�ronnenen Blutes. Die Lungen ohne auffallende Ver�nderung, nur stellenweise atelectatisch. Die Leber ebenfalls ohne be�sondere Ver�nderung, Die Milz um das 3�4 fache vergr�ssert und zwar in allen Durchmessern; die Kapsel vielfach blutunter�laufen und in h�chstem Grade gespannt. Beim Einschneiden dr�ngt sich das Milzgewebe schwammartig �ber die Schnittfl�che
-ocr page 43-
Bine Milzbrand-Enzootie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;31
hervor und zeigt entsprechend den stark gespannten Trahckelu vielfache linien- und netzf�rmige Einsenkungen, zwischen welchen die breiige, scliwarzrothe Pulpa emporquillt. Die Schleimhaut des Labmagens ist verdickt, saftig geschwellt, gl�nzend und mit wenig zahlreichen Ecchymosen durchsetzt. Der D�nndarm enth�lt in seiner ganzen Ausdehnung eine grosso Menge theerartigen, dickfl�ssigen, schwarzrothen blutigen Inhalts und nur Spuren . von Futterresten. Die Schleimhaut allenthalben dunkelbraun-roth, verdickt und ebenso wie die �brigen Theile der Darm-wandung �demat�s, von zahlreichen Blutungen durchsetzt. Die Peyer'schon Plaques stark geschwellt und an mehreren Stellen nahe der Blinddarmklappe in flache, beetartige Karbunkel von massiger Ausdehnung umgewandelt von circa 1�172 Centimeter Dickendurchmesser, welche zum Theil in oberfl�chlicher Yer-schorfung begriffen sind. Im Dickdarme dickbreiiger, kothiger Inhalt, welcher nur im Mastdarme mit Blut gemischt ist. Die Schleimhaut des letzteren ist auffallend verdickt, gewulstet, saftreich, gl�nzend und mit einzelnen Ecchymosen versehen. Am Gekr�sansatze finden sich subperitoneale Blutunterlauf-ungen in massiger Zahl, Die Nieren, das Gekr�se waren bereits beseitigt. Nach Mittheilung des H. Egli fanden sich in letzterem blutige Infiltrationen, die Gekr�sdr�sen waren ge�schwellt und ebenfalls h�morrhagisch infiltrirt.
Bei der mikroskopischen Untersuchung des Blutes aus verschiedenen Organen, die �brigens an dem eingesendeten Milzst�cke schon am 16. Februar, sowie wiederholt am 17. Februar vorgenommen wurde, fanden sich keine st�bchen-f�rmigen K�rper, ebensowenig in der Milz. Dagegen fanden sich im Blute ausser einer auffallenden Vermehrung der farb�losen Blutk�rperchen kleine gl�nzende punktf�rmige K�rperciien in massiger Menge. An denjenigen Stellen der Darmschleim�haut, die oben als Karbunkel beschrieben wurden, fand sich bei der mikroskopischen Untersuchung ein theilweises oder vollst�ndiges Fehlen der Zotten; das �demat�se Gewebe der Schleimhaut ist reichlich durchsetzt von weissen Blutk�rperchen (zelliges Oedem), die Capillarnetze sehr deutlich sichtbar, stark
-ocr page 44-
32nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zur Pathologie des Milzbrandes.
ausgedehnt und angef�llt mit weissen Blutk�rperchen und einer feink�rnigen Masse, welche gegen chemische Zusatzfl�ssigkeiten eine grosse Resistenz besitzt.
Obwohl das Blut in diesem Falle bei der wiederholten und sorgf�ltigsten Untersuchung keine st�bchenf�rmigen K�rper enthielt, konnte nach dem Ergebnisse der Section kein Zweifel obwalten, dass man es hier mit Milzbrand zu thun habe. Zur vollst�ndigen Gewissheit wurde diese Diagnose durch das Re�sultat verschiedener Impfversuche erhoben, auf die ich bei Er��rterung der Frage von den st�bchenf�rmigen K�rperchen zu�r�ckkommen Werde. Ich bemerke hier nur vorl�ufig, dass es gelang, durch Impfung mit diesem Blute (IX.), welches ohne st�bchenf�rmige K�rper war, Milzbrand mit st�bchenf�rmigen K�rpern bei verschiedenen Thieren zu erzeugen.
Endlich schhesse ich noch die Mittheilung eines weiteren Falles von Milzbrand hier an, welcher drei Wochen nach dem zuletzt geschilderten in einem der Denzler'schen St�lle zu We-rikon vorkam und welchen ich theilweise selbst untersuchen konnte, theils durch zwei meiner Sch�ler, die Herren Ferd. K aufmann und Au gust B�r, genau beobachten liess. Dieser interessante Fall, auf den ich noch einmal bei Besprechung des Verlaufes des Milzbrandes zur�ckkommen werde, da er unter Form des sogenannten intermittirenden Milzbrandes verlief und namentlich thermometrisch sehr genau verfolgt wurde, endigte in Genesung und soll hier nur in seinen Umrissen soweit Erw�h�nung finden, als er f�r das Bild der Enzootie eine Bedeutung hat.
X. 9. M�rz 1872. Riad, 2'/,, j�hrig Unterer Stall. Das kr�ftig gebaute und gut gen�hrte Thier, welches f�nf Tage vor der Erkrankung eingekauft war, hatte seinen Platz in demselben Stalle und an demselben Stand gefunden, wo drei Wochen vorher ein Ochse (IX.) mit ausgesprochenem An�thrax gestanden war. Das vorher gesunde Thier zeigte am 9. M�rz des Morgens fr�h Mangel an Fressl�st, eine gewisse Schw�che, Muskelzuckungen, bluthaltigen Koth, gesteigerte Temperatur und vermehrten Puls. Wie oben bemerkt, soll
-ocr page 45-
Eine Milzbrand-Enzootie.
33
das N�here und namentlich die Puls- und Temperaturcurve dieses genau heobachteten Falles an einer anderen Stelle aus�f�hrlich mitgetheilt werden, und m�chte es vorl�ufig gen�gen, wenn ich erw�hne, dass das Thier nach IVat�giger Krankheits�dauer wieder vollkommen genas. Im Blute des lebenden Thieres fanden sich mikroskopisch keine Bacterien.
Ausser diesen, theils nach den Berichten des H. Bezirks-thierarztes Egli, theils nach eigenen Beobachtungen mitge-theilten F�llen von Milzbrand finden sieb in jenen Berichten kurze Bemerkungen �ber eine weitere Zahl von Anthraxer-krankungen in den beiden St�llen zu Werikon eingestreut. Dieselben gingen zum Theil in Genesung aus oder wurden in Voraussicht eines schlimmen Ausganges rasch dem Metzger zur Schlachtung �bergeben und bei Gelegenheit der oben mitge-theilten F�lle von dem amtlichen Thierarzte nach Aussagen des Besitzers constatirt. Da diese F�lle nicht von fachm�nnischer Seite direkt festgestellt wurden, so werde ich sie nicht in die Reihe der �brigen Beobachtungen aufnehmen, sondern dieselben nur, um ein vollst�ndiges Bild der Enzootie zu gewinnen, kurz erw�hnen. Es sind dies folgende F�lle:
1) 23. Juni 1868. Unterer Stall. Ein V2j�hriger Ab-s�ugling musste zwei Monate vor Fall I. get�dtet werden, da er verschiedene, auf Milzbrand verd�chtige Krankheitserschein-ungei^ gezeigt und pl�tzlich zu Boden gest�rzt war.
2. 22. August 1868. Unterer Stall. Gleichzeitig mit Fall I. musste ein Ochse, welcher �hnliche krankhafte Erschein�ungen wie die betreffende Kuh gezeigt hatte, rasch dem Metz�ger �bergeben werden.
3)nbsp; nbsp;10. M�rz 1869. Vierzehn Tage vor Fall III. musste #9632;^ ein fetter Ochse, welcher �hnliche krankhafte Erscheinungen
gezeigt hatte, geschlachtet werden.
4)nbsp; nbsp;1. August 1869. Oberer Stall. Drei Wochen vor . Fall IV. hatte ein Ochse in demselben Stalle die Erscheinungen
des Milzbrandes gezeigt. Die Genesung erfolgte sehr rasch. 5) 13. Dezember 1870. Vier Wochen vor Fall VI. zeigte
Dr. Bellinger, Pathologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3
-ocr page 46-
34
Zur Pathologie des Milzbrandes.
eine Kuh die Erscheinungen des Milzhrandes, genas jedoch wieder von selbst.
Dass diese f�nf F�lle wirklich demselben Krankheitscyclus angeh�ren, wie die oben ausf�hrlicher geschilderten, kann kaum einem Zweifel unterliegen. Einmal sind die Symptome des Anthrax im Leben selbst f�r den Laien leicht zu beobachten und anderseits ist es sehr naheliegend, dass der Besitzer des so hart mitgenommenen Viehstandes, sowie seine Angeh�rigen nicht bloss mit �ngstlicher Sorgfalt �ber den Gesundheitszustand ihres Viehstandes wachten, sondern auch durch das h�ufige Vorkom�men der Krankheit leicht im Stande waren, mit einer Art diagnostischen Scharfblickes auch schon die ersten Anf�nge des Milzbrandes sicher zu erkennen, eine Thatsache, von der ich mich pers�nlich zu �berzeugen in der Lage war.
Zur Erleichterung des Ueherblickes, namentlich der chro�nologischen Aufeinanderfolge gebe ich nebenstehend eine tabel�larische Zusammenstellung s�mmtlicher Krankheitsf�lle:
-ocr page 47-
Historisches �ber den Milzbrand etc.
35
d o
�i-i
II
S�
,2 R R R R
R R B
K �
R
R
R
:e3
OD
^
feS
fe raquo;
b g
Sh
o
M P tH
-j i-
oj s
OJ
o Hl
OJ Jh 0)
R R
S laquo;-2
3
R
^^.5
-Q B
^= �
B
POP
O P
OP
o
p
n3
TS nS
ns tS
-�
nS
#9632;73
a
C c
� �
a
s
_copy;
c�
e3 , es
~ ^i #9632;
c8 ,
cS
laquo;
'X2
i 1
� ^
(H h
*H
?-t
1
o
1 ^ 1
-O 1 rQ
1 ,0,0 1
pO 1
'S
rS
I
1raquo;
N
N ^N
S] s
N
X
N
QQ
�t-i
s ^
i^S
sect;
s
s
b�
bo
b�
bD
B
amp;0 S bo bD
b�
p
p
� � B
fc�
OS
-g R *
R R R
CO r� X 02
O � O o
'S-
an o
r�
p
QQ
0)
E3
CS
� ts^1
H �
CS
B
^
3
Po P
p
1
p
GO
00 .
_ qQ_
H �
v
CJ r- O
'S quot;^
#9632; sect; -1
*4
-B 2-S
R RT3
g
,1 R-sect;
R
R
R
03
CC gQD
#9632; -3
5 po
3
fi
��^ i�
QQ
�D o
b�
IMCO-�
i-i laquo;5 ji
OD
R RO
RTtlt;
CD
o
co
1�t
(M
CO
quot;*
CO
W P
p
b�
S p
#9632;4J iCQ
a
C1
S~ Sh
3-is
� a
03
2
�^ _ reg; O O .^
^^a �P � o O P -T3 M
m p-
8,-3
raquo; oq
60
3 laquo;'quot;
a) n
so- fco
g(M.S
IS
a
B
=1 s
pQ
s-l
3^0
S � raquo;
3 V3 �
fc-
H
B
s
agt; laquo;h
'3
s
s
So
00 00 OOGO C^Oi
03 OS OO ^H �
1�1
fM
cg
c�
^3 CO CO ^O CD CD
copy;CD tgt;lgt;C�E-
c-
c-
f-
1-8
00 00 00 00 GO 00
00 00 00 GO CO 00
CO
00
CO
a
__
t�1 ^-t ^H
�1 lt;�1 ^H
T^ 1�1 1�1 1�1
1�1 T-1
l-H
i-H
tH
^a
^
N Sh
s
i-i
=3
sgt;
O OJ
QQ
s
-laquo; S s s
bei� OhS
N
c3 =1
-2 S S
Qj:o3 :cS
R
2
:cS
Eh
c��oa ^�^
. oi aa ro crf co
(gt;:
#9632;laquo;*
,
i__
CQ (M (M CM r-( (M
i-l(M i-l i�1
1�( f�lt;
�^'
*H
ogt;
4
_J .1�H
^gt;;gt;o
laquo;-H
M
fr
1
P ffi M -^i 16 CD
c-icoos^dS
i-H
tH
l-H
3
0)
13
c :3 S
3
EH
copy;
�T-i
#9632; 3
0
o d #9632;
d u
lt;B ^ rf( laquo;
.2 IS
a-Sraquo;
S tn O .5
sect;1
Oh,)
O 3
-. fco S laquo;
CD
M
-d
_a
c
l-H
17)
OJ
iO
:^
Ti
Praquo;!
e
3
n-(
�*
-4-i
CO
crt
(M
-n
a
l-H
o
0)
d
1
0)
pa
s
pq
0
P
-ocr page 48-
36
Zur Pathologie des Milzbrandes.
Betrachten wir diese merkw�rdige Enzootie n�her, so sehen wir im Verlaufe Ton kaum 4 Jahren 15 F�lle von Milzbrand, welche ausschliesslich in den beiden St�llen des Denzler vor�kommen , w�hrend die �brigen St�lle des Ortes vollkommen verschont bleiben. Das zeitliche Auftreten der einzelnen F�lle geschieht in unregelm�ssigen Zwischenr�umen, welche von meh�reren Tagen bis zu 11 Monaten schwanken. In Bezug auf die Jahreszeit gruppiren sich die einzelnen F�lle folgendermassen:
Januar . . Februar . . M�rz . . . Juni . . .
. 1 . 1 . 5
. 1
August . . September .
. 4 . 3
Summa 15
Die grosse Mehrheit dieser 15 F�lle kommt im M�rz (5) und August (4) vor; rechnet man den M�rz zur kalten Jahres�zeit, den September zur warmen, so entfallen auf erstere 7, auf letztere 8 Milzbrandf�lle. Der Einfluss der Jahreszeit erscheint im Ganzen = 0, eine Folgerung, die ich durch weitere Beobachtungen noch best�tigen kann.
Was die Thiergattung, das Alter und Geschlecht der von Milzbrand ergriffenen Thiere betrifft, so sehen wir, dass Thiere jeder Gattung (Rind, Pferd) mit Ausnahme von Schafen1) der Krankheit zum Opfer fallen, ferner dass ganz junge Thiere (K�lber) ebenso wie �ltere (lOj�hriges Pferd) und ohne Unter�schied des Geschlechts erkranken. Der Ern�hrungszustand dieser Thiere war wie bei allen Thieren des Denzler'schen Anwesens ein sehr guter; die erkrankten und gefallenen St�cke waren meist angem�stete oder auch fette Thiere.
Ein Umstand, der bei der Aetiologie des Milzbrandes �fters erw�hnt wird, tritt besonders hervor: es sind haupts�chlich
') Eine Schafheerde, welche im Jahre 1871 in einem Stalle unter demselben Dach neben dem mehrfach erw�hnten unteren Stalle gehalten wurde, verlor kein St�ck an Milzbrand.
-ocr page 49-
Eine Milzbrand-Enzootio.
37
neu eingestellte Thiere, welche mit Vorliebe erkranken. In 5 F�llen ist dies in den amtlichen Protokollen ausdr�cklich erw�hnt und auf Grund m�ndlicher Informationen kann ich hin�zuf�gen, dass �berhaupt die grosse Mehrzahl der von Milzbrand befallenen Thiere aus solchen besteht, die ungef�hr 5�8 Tage vor der Erkrankung neu eingekauft waren. Auf der anderen Seite bleiben allerdings auch einzelne der selbstgez�chteten Thiere nicht verschont, welche schon Jahre lang in denselben St�llen neben milzbrandigen Thieren gestanden waren.
Die Disposition zur Erkrankung ist demnach eine allge�meine und betrifft in erster Linie neu eingebrachte Thiere. Einzelne bleiben, ohne dass sich eine bestimmte Ursache nach�weisen l�sst, constant verschont. So wurde mir zum Beispiel von einer Kuh erz�hlt, welche wiederholt die unmittelbare Nach�barin milzbrandiger Thiere gewesen und bei Gelegenheit der Aderl�sse auch Milzbrandblut aufgeleckt habe, ohne je eine Spur von Erkrankung zu zeigen.
Wir kommen nun zur Haltung und F�tterung der Thiere, Beschaffenheit der Nahrung und des Trink�wassers. quot;Was den Bau und-die Einrichtung der St�lle be�trifft, so wurde schon oben hervorgehoben, dass beides im Ganzen zweckentsprechend sei. Diese Verh�ltnisse sind so beschaffen, wie man sie nur w�nschen kann: die St�lle sind luftig, die Ventilation ausreichend, die Jauchebeh�lter finden sich aller�dings wie hier zu Lande meist �blich, in einem der St�lle selbst (unterer Stall), eine Einrichtung die vom gesundheithchen Stand�punkte vollkommen zu verwerfen; jedoch konnte ich nicht be�merken, dass in Folge dessen ein auffallender �bler Geruch im Stalle herrsche.
Die Haltung der Thiere ist in jeder Beziehung eine sorg�f�ltige, namentlich was Reinlichkeit und Regelm�ssigkeit in der F�tterung betrifft. Ueber die Art der F�tterung konnte ich Folgendes in Erfahrung bringen: Dieselbe ist durchweg bei allen Thieren eine mastige und sehr kr�ftige, was schon aus der Art des Wirthscbaftsbetriebes des Bauern Denzler resultirt. Derselbe betreibt � gleichsam als Specialit�t � das Mastge-
m
-ocr page 50-
38nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
sch�ft in einer h�chst intensiven und rationellen Weise, indem er fortw�hrend j�ngere angefleischte Thiere einkauft und in k�rzester Zeit durch eine qualitativ und quantitativ reichliche F�tterung � durch sogenannte Schnellmast � auf die h�chsten Stufen der M�stung bringt1). Unter den Futtermitteln, die hier in Anwendung kommen, spielen Mehl, Kleien, Mais neben un�beschr�nkten Heugaben die Hauptrolle.
Was die Beschaffenheit des Trinkwassers betrifft, so schicke ich voraus, dass in Werikon �berhaupt kein gegrabener Brun�nen existirt. S�mmtliches Wasser gelangt durch R�hrenleitung von einer ungef�hr 1li Stunde entfernten, etwas h�her gelegenen Quelle in den Ort. Das Wasser selbst ist klar, wohlschmeckend, von geh�rigem Aussehen, entspricht �berhaupt allen Anforder�ungen, die man an ein gutes Trinkwasser stellen kann.
Ueber die Bodenbeschaffenheit der Umgebung von Werikon wurde schon oben bemerkt, dass dieselbe derart ist, dass dieselbe alle Eigenschaften einer Malariagegond besitzt. Der Boden ist vielfach sumpfig, fast allenthalben aus Torfgrund bestehend � wie auch im Glattthale fortw�hrend vereinzelte F�lle von Wechselfieber beini Menschen vorkommen. Im �brigen unterscheidet sich die Lage der beiden ergriffenen St�lle durchaus nicht von derjenigen der Denzler'schen Nach�barn , unter deren Vichstand niemals ein Fall von Milzbrand vorkam. Ueber den Stand des Grundwassers kann ich leider keine Angaben machen, da der Mangel gegrabener Brunnen vorl�ufig Messungen in dieser Richtung unm�glich machte.
Gehen wir weiter zu den Erscheinungen �ber, unter welchen der Milzbrand zu Werikon auftritt, so haben wir es im Allgemeinen mit solchen F�llen zu thun, die man als Milz�brandfieber bezeichnet, w�hrend einzelne F�lle sich mehr der apoplectischen Form des Anthrax n�hern.
') W�hrend meines mehrfachen Aufenthaltes zu quot;Werikon hatte ich Gelegenheit, die be wunder ungswerthen Produkte der Mastungs-methode des Denzler selbst zu sehen.
#9632;
-ocr page 51-
Eine Milzbrand-Enzootie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;39
Der Verlauf war meist so, dass die vorher vollkommen gesunden Thiere mehr oder weniger pl�tzlich verminderte oder aufgehobene Fresslust zeigen; bei Milchk�hen bemerkt man einen Nachlass oder Aufh�ren der Milchsecretion, der Durst ist meist vermehrt, die Thiere fangen an zu zittern, zeigen eigen-th�mlich zuckende Bewegungen mit den Extremit�ten, die h�ufig in f�rmliche Convulsionen und Kr�mpfe �bergehen. Neben einer mehr oder weniger ausgesprochenen allgemeinen Schw�che lassen die Thiere als weitere fieberhafte Symptome vermehrte Herzth�tigkeit, Pulsbeschleunigung, erh�hte Temperatur (bis auf 41,7deg; C.) beobachten. Manchmal tritt eine scheinbare Bes�serung mit Nachlass aller Erscheinungen auf, man beobachtet f�rmliche Remissionen und auch Intermissionen. Die Thiere fangen wieder an geh�rig zu fressen, zeigen Wiederkauen, bis pl�tzlich wieder ein E�ckfall und meist rasch das t�dtliche Ende auftritt. In lethalen F�llen, welche manchmal �beraus rasch auftreten, wird die Respiration m�hsam und keuchend (Dyspnoe) die Convulsionen steigern sich, die Thiere sind so schwach, dass sie sich nicht mehr aufrecht halten k�nnen, der Hinterleib wird aufgetrieben, manchmal tritt Opisthotonus ein, blutiger Ausfluss aus Nase und After oder heftige Diarrh�en, Puls und Herzschlag werden unf�hlbar, die Extremit�ten kalt, die Tem�peratur sinkt h�ufig unter die normale H�he und dann ist die Prognose absolut lethal. Der Tod tritt entweder schon nach einigen Stunden, meist nach 24�36�40 Stunden ein. In g�nstig verlaufenden F�llen erfolgt ebenso rasch die Genesung und man bemerkt an solchen Thieren keine Spur von Nachkrankheiten. Ausser dem positiven Merkmal des h�chst a cuten Verlaufs ist charakteristisch das constante Fehlen von Hautkar�bunkeln. Ueber das eigentliche Mortalit�tsverh�ltniss ein richtiges Urtheil zu gewinnen., ist einigermassen schwierig, da unter 15 F�llen der nat�rliche Verlauf der Krankheit 8 Mal durch die Schlachtung unterbrochen wurde. Das lethale Ende auf nat�rlichem Wege trat nur in drei F�llen ein, Genesung 4 Mal. Der gef�hrliche Charakter der Seuche ist jedoch hin�l�nglich dadurch charakterisirt, dass die Schlachtung wenigstens
f
tm
-ocr page 52-
:
40nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zur Pathologie des Milzbrandes.
in der Mehrzahl der F�lle erst dann in Scene gesetzt wurde, wenn die Prognose absolut ung�nstig und der Tod doch in der k�rzesten Zeit eingetreten w�re. Es wird dies erwiesen durch die Sectionsergebnisse, indem jedesmal, wenn �berhaupt von sachverst�ndiger Seite eine Autopsie vorgenommen wurde, das Vorhandensein von Anthrax zweifellos constatirt wurde.
Die Sectionen, die unter 11 theils spontan an Anthrax gestorbenen theils get�dteten Thieren 8 Mal vorgenommen werden konnten, ergaben im Wesentlichen folgende Yer�nder-ungen: Das Blut dunkel, dickfl�ssig und theerartig, ohne Ge�rinnung � ebenso wie schon das Aderlassblut im Leben. Acuter, meist sehr bedeutender Milztumor. Blutig theerartiger Darm�inhalt , ser�s - h�morrhagische Infiltration der Darmwandung. Blutungen im Herzmuskel, in den Lungen, sulzig-blutige Infil�trationen am Netz und Gekr�se und in der Umgebung der Nieren, acuter Hydrops ascites h�morrhagicus, Blutheerde in den Eierst�cken und Blutungen in der H�hle des Uterus.
Bei 13 F�llen konnte aus den Berichten ermittelt werden, in welchem der beiden Denzler'schen St�lle die Milzbrandf�lle vorkamen: davon treffen 8 auf den unteren, 5 auf den oberen Stall. W�hrend im oberen Stalle die Zwischenr�ume zwischen den einzelnen Erkrankungen 3 Wochen, 2 Monate, 1 Jahr und einmal l'/j Jahr betragen, folgen im unteren Stall die einzelnen F�lle in Intervallen von 2 Tagen, 3 Wochen, 2, 3, 6,11 Monaten auf einander.
Nimmt man die F�lle in beiden St�llen zusammen, so war die g�nstigste Periode f�r den Viehstand die Zeit vom 22. August 1869 bis 19. September 1870, also ein Zeitraum von nahezu 13 Monaten, in welchem �berhaupt kein Milzbrand vorkam.
Wir kommen nun zur Beantwortung der ebenso wichtigen als schwierigen Frage: Welches sind die Ursachen die�ser hartn�ckigen Enzootie? Bevor ich auf eine Unter�suchung der urs�chlichen Verh�ltnisse eintrete, m�chte ich in kurzen Z�gen diejenigen Massregeln erw�hnen, welche man gegen diese gef�hrliche Seuche in Anwendung brachte. Ein Ueberblick �ber dieselben wird vielleicht einen Wink geben.
-ocr page 53-
Eine Milzbrand - Enzootie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;41
in welcher Richtung man an die Beantwortung der obigen Frage gehen kann.
Die polizeilichen Massregeln, welche bei den jeweiligen Erkrankungs- und Todesf�llen in Ausf�hrung gebracht wurden, waren in der Hauptsache folgende:
Bei den ersten F�llen wurde der Genuss des Fleisches der geschlachteten Thiere unter gewissen Vorsichtsmassregeln (Torr hergehendes Einsalzen des Fleisches) gestattet, sp�ter nicht mehr, nachdem nicht durch den Genuss, sondern bei der Zu�bereitung solchen Fleisches die Infection einer Frau stattgefun�den hatte, welche nach 8 Tagen unter charakteristischen Er�scheinungen an Milzbrand starb. � Der Stand der betreffenden milzbrandigen Thiere wurde sorgf�ltig desinficirt, der Stall einige Zeit gut durchgel�ftet; die haupts�chlich krankhaft ver��nderten Eingeweide wurden vergraben. � Nachdem Herr Be-zirksthierarzt Egli schon in seinem Berichte �ber den Fall II. (d. d. 25. September 1868) darauf hingewiesen, dass es sehr schwierig sei, auszumitteln, ob die Ursachen rein in Ansteck�ung oder in der Beschaffenheit des Stallbodens, oder im Putter oder Wasser hegen, suchte er die Ursache haupts�chlich in den localen Stallverh�ltnissen, namentlich da im Jahre 1854 der Milzbrand im unteren Stalle unter einer Schafheerde zahlreiche Opfer gefordert hatte. Ausser der Eingrabung des Cadavers, Desinfection der mit Blut beschmutzten Stellen, Aenderung in der F�tterung der Thiere wurde demgem�ss die Aushebung des Stallbodens angeordnet. Diese Massregel wurde jedoch erst Va Jahr sp�ter, nachdem Fall III. vorgekommen, im Fr�hjahre 1869 in Ausf�hrung gebracht, der Boden des unteren Stalles mehrere Fuss tief ausgegraben und neu ange-legf;. Ebenso wurde um diese Zeit der obere Stall zum Theil umgebaut. � Bei den folgenden F�llen wurden die Cadaver immer eingegraben, die Desinfection der betreffenden St�nde vorgenommen. � Nachdem das Ausgraben des Stallbodens und der Umbau des Stalles erfolglos 'geblieben, richtete man den Verdacht auf das Futter, welches von solchen Stellen her�r�hrte, wo Cadaver milzbrandiger Thiere eingegraben waren.
-ocr page 54-
42
Zur Pathologie des Milzbrandee.
Man sorgte daf�r, dass das Putter von solchen Pl�tzen nicht mehr eingesammelt und verwendet werde, was ebenfalls ohne Erfolg sich erwies. So war es besonders eine Kuh (VIII.), welche angeblich von solchem Futter gefressen hatte und dann an Anthrax zu Grunde ging; gleichzeitig hatten jedoch circa 100 Schafe von demselben Futter ohne Schaden gefressen. � Ebenso hatte das an Milzbrand gefallene Pferd (Y.) nachweis�bar 3 Wochen vor seinem Tode Gras gefressen, welches auf oder in der N�he der H�gel mit verscharrten Cadavern milz�brandiger Thiere gewachsen war.
Nach diesem erfolglosen Kampfe gegen die verderbliche Seuche kann man es wenigstens theilweise begreiflich finden, dass der sonst intelligente Besitzer der heimgesuchten St�lle von der Idee erfasst wurde, dass die Krankheit seinen Thieren von �b�ser Handquot; angethan werde, und dass dem entsprechend auch die im Volke gebr�uchlichen H�lfen gegen solche Ein�wirkung in Anspruch genommen wurden.
Angesichts der Thatsache, dass in den �brigen St�llen zu Werikon niemals ein Fall von Milzbrand sich entwickelte, wird man zu dem Schl�sse gef�hrt, dass der Stallenzootie in dem Denzlor'schen Anwesen h�chst localis irte Ur Sachen zu Grunde liegen m�ssen, d. h. solche, welche nur in den beiden St�llen durch Jahre hindurch in Wirksamkeit bleiben. �laquo; Wir haben die Einrichtung der St�lle als eine zweckm�ssige kennen gelernt; der Umbau des einen Stalles ebenso die Ausgrabung des Bodens im anderen Stalle setzten der Seuche kein Ziel; das Trinkwasser, welches den Thieren gereicht wird, ist genau dasselbe, wie es die Thiere der von Anthrax nicht heimge�suchten St�lle geniessen; die F�tterung ist allerdings, wie wir gesehen, eine sehr reichliche, doch fehlt einstweilen jede Be�rechtigung, darin die Ursache des Milzbrandes zu suchen. Ob eine solche F�tterung die Disposition zum Milzbrande beg�n�stige, mag dahingestellt bleiben. Weiterhin kann von einer �ebertragung des Giftes durch Fliegen im Sinne Davaine's oder Kaimberts gar nicht die Rede sein, da die Mehrzahl
-ocr page 55-
Eine Milzbrand-Enzootie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 43
s�mmtlicher F�lle zu einer Jahreszeit vorkommen, in der man Fliegen vergeblich suchen w�rde.
Bei genauer Betrachtung bleiben nur zwei M�glichkeiten �brig, welche diese merkw�rdige Enzootie erkl�ren k�nnen: einmal die F�tterung mit Heu oder Gr�nfutter von den Aas�pl�tzen der zuerst gefallenen Thiere oder die verschleppte Ansteckung durch mangelhafte Beseitigung und Desinfection der Theile der milzbrandigen Thiere. Was gegen die erstere Annahme spricht, wurde theilweise schon oben erw�hnt, n�m�lich , dass andere Thiere von demselben Futter verzehrten, ohne zu erkranken und ich m�chte dem noch beif�gen, dass verb�rgte F�lle von derartiger Fortpflanzung des Milzbrandes *) meines Wissens nicht existiren. � Mehr Nachdruck m�chte ich dagegen auf die zweite oben angedeutete M�glichkeit legen, n�mlich auf die verschleppte Ansteckung. Die Gr�nde, welche mich zu dieser Ansicht bestimmen, lassen sich unge�f�hr so form�liren: Bei der allgemein anerkannten Contagiosi-t�t und Tenacit�t des Milzbrandgiftes � getrocknetes Milz�brandblut bleibt nach �avaine 22 Monate lang contagi�s � k�nnen die geringsten Spuren von Blut oder sonstigen Theilen milzbrandiger Thiere noch nach langer Zeit die Krankheit von Neuem erzeugen und dies wird namentlich da der Fall sein, wo in den Stullen der �bliche Aderlass vorgenommen wird, ferner wo bei der Schlachtung und Zerlegung des Cadavers milzbrandiger Thiere ganze R�ume, zahlreiche Ger�thschaften und menschliche Kleidung mit Blut besudelt werden. Alles dies war in Werikon der Fall, wie ich mich pers�nlich �ber�zeugte: Die Schlachtung wurde in einem unmittelbar an den unteren Stall angrenzenden Geb�ude vorgenommen und dabei besonders bei der nachherigen Desinfection von Seite des Be�sitzers keine besondere Sorgfalt gehandhabt. Dieselben Men-
') Die experimentelle Pr�fung dieser Frage hoffe ich im Laufe die�ses Sommers vornehmen zu k�nnen und zwar durch F�tterung von Futter, welches von solchen Aaspl�tzen milzbrandiger Thiere stammt.
-ocr page 56-
44
Zur Pathologie des Milzbrandes.
sehen, die bei der Schlachtung th�tig waren, verkehrten dann wieder mit den gesunden Thieren und wohl nur auf diese quot;Weise l�sst sich erkl�ren, dass immer abwechselnd in beiden St�llen die Anthraxfalle auftraten. quot;Wenn die betreffenden Menschen dazu noch die ansteckende und b�sartige Natur der Krankeit nicht anerkennen wollen, sondern das Entstehen der Krankheit eher �bernat�rlichen geheimnissvollen Einfl�ssen zu�schreiben, so wird selbstverst�ndlich die Gefahr der Port�pflanzung und Verschleppung des Giftes dadurch wesentlich erh�ht. *)
Wenn diese Annahme, zu der man �brigens schon auf dem Wege der Exclusion gelangen muss, die richtige ist, so ist die Geschichte der Anthrax-Enzootie zu quot;Werikon ein kr�fti�ger Beweis f�r die Tenacit�t des Milzbrand-Contagiums, welches nach Intervallen von einj�hriger Dauer seine Wirksamkeit nicht einb�sste.
Erw�hnenswerth d�rfte noch sein, dass Ansteckungen an�derer Hausthiere: von Schweinen, Hunden, Katzen, Gefl�gel niemals bei dieser Enzootie beobachtet wurden. Dagegen kam ausser dem oben fl�chtig erw�hnten Falle von lethaler An�steckung eines Menschen noch eine weitere Infection eines Menschen vor, die aber mit Genesung des betreffenden Indivi�duums endigte. Auf beide F�lle werde ich zur�ckkommen.
Die Entstehung des ersten Falles von Anthrax in den Denzler'schen St�llen zu Werikon w�rde demnach so zu deuten sein, dass er, so lange keine contagi�se Entstehung nachzu�zuweisen, wahrscheinlich durch territoriale Verh�ltnisse ent�standen sei, die ja im Allgemeinen in dieser Gegend der Ent�wicklung des Anthrax g�nstig sind. �
') Da der Schaden, welcher H. Denzler aus seinen Verlusten er�wuchs, durch eine locale auf Gegenseitigkeit beruhende Vieh�assekuranz gedeckt wurde, so hatten die �brigen Viehbesitzer von quot;Werikon ein grosses Interesse an der VeYwerthung s�mmtlicber Theile der gefallenen Thiere und wirkten nicht ohne Erfolg in diesem Sinne auf Denzler ein.
-ocr page 57-
Eine Milzbrand-Enzootie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 45
Sporadische F�lle von Milzbrand sind ausser der Enzootie zu quot;Werikon im Bezirke Uster sehr selten. Es d�rfte nicht unpassend erscheinen, die Mittheilung der beiden vereinzelten F�lle hier anzuschliessen. Der erste ist einem amtlichen Be�richte des Hrn. Bezirksthierarztes Egli entnommen und wurde zu Niederuster � % Stunde s�dlich von Werikon gelegen
�nbsp; im Jahre 1869 beobachtet. Den letzteren, welcher inBer-matschwyl � einem �stlich 3/4 Stunden von quot;Werikon ent�fernten und h�her gelegenem Orte � im Februar 1872 vorkam, konnte ich durch die freundliche Vermittlung des H. Bezirks�thierarztes Egli zu Uster selbst untersuchen und gleichzeitig zu Impfversuchen verwenden.
XI. 10. Mai 1869. Kuh zu Mederuster.
Eine dem Bauern K. geh�rige vorher gesunde Kuh zeigte am Abend des 10. Mai pl�tzlich aufgehobene Fresslust. Als�bald machte sich eine bedeutende Schw�che bemerkbar; das Thier war nicht mehr im Stande, aufrecht zu stehen, der Hin�terleib aufgetrieben, die Extremit�ten kalt; Herzschlag und Puls sehr schwach, nicht beschleunigt, die Athmung normal.
�nbsp; nbsp;Der Zustand des Thieres, welches Abends 11 Uhr noch von H. Egli untersucht wurde, verschlimmerte sich derart, dass der Besitzer noch in derselben Nacht nach kaum 10 st�ndiger Krankheitsdauer zur Schlachtung schritt.
Die Section ergab als wesentliche Ver�nderungen: An�sammlung ser�s-blutiger Fl�ssigkeit in Brust- und Bauchh�hle. Die Milz massig vergr�ssert, blutreich und m�rbe. Die Wan�dung des Darmkanals dunkel blauroth gef�rbt, d�nner blutiger Darminhalt von �usserst �blem Geruch. Am Netz und der unteren Bauchwandung gelbliche blutig - sulzige Infiltrationen. Die �brigen Organe ohne besondere Ver�nderung. � Das in der Thierarzneischule zu Z�rich mikroskopisch untersuchte Blut enthielt nur in der Milz vereinzelte st�bchenf�rmige K�rper und wurde im Zusammenhalte mit dem �brigen Sectionsergeb-nisse die Diagnose auf Milzbrand ausgesprochen.
-ocr page 58-
46nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
Der zweite Fall wurde zu Bermatschwyl 10 Tage nach Fall IX. beobachtet und stellt eine Form von apoplectischem Milzbrand dar.
XII. 26. Februar 1872. Rind, 2j�hr. Bermatschwyl.
Apoplectischer Anthrax. Acuter Milztumor, theer-artige Beschaffenheit des Blutes, Blutungen im Herzmuskel, h�morrhagische Enteritis, acuter ser�s - h�morrhagischer Ascites, st�bchenf�rmige K�rp er im Blute.
Ein ungef�hr 2j�hriges tr�chtiges Eind, welches am Abend des 25. Februar noch gesund war und wie gew�lmlich gefressen hatte, wurde am 26. Febr. Morgens um 3 Uhr todt im Stalle gefunden.
Von den inneren Organen des am Morgen des 26. Februar secirten Thieres wurden mir die Milz, ein St�ck Herz, die Eierst�cke und ein Theil des D�nndarms von H. Egli so rasch �berbracht, dass ich dieselben 12 Stunden nach dem Tode un�tersuchen konnte. Indem ich das Eesultat meiner Untersuchung nach den m�ndlichen Mittheilungen des H. Egli erg�nze, ge�staltet sich das Sectionsbild folgendernmssen:
In den sonst normalen Lungen kleine wenig zahlreiche Blut�ungen. In der Herzmusculatur kleine Blutungen in massiger Zahl; an beiden Herzohren ausgedehnte Blutunterlaufungen und klei�nere punktf�rmige Blutheerde. #9632;� In der Bauchh�hle ein be�deutendes blutig-ser�ses Transsudat. � Die Schleimhaut des D�nndarmes ist bedeutend gowulstet, saftig gl�nzend und in hohem Grade �demat�s, zahlreiche kleine Blutungen, stellen�weise central erodirt bedecken die Schleimhaut. � Die Milz mehrfach vergr�ssert, breiig weich, dunkel schwarzroth. � Die Leber ohne erhebliche Ver�nderung. � In beiden Ovarien mehrere bis haselnussgrosse dunkelbraunrothe frische Blutheerde. Bei der mikroskopischen Untersuchung des theerartigen Blutes, sowie verschiedener Organe (Milz, Darm) finden sich allent�halben die charakteristischen st�bchenf�rmigen K�rper in gr�ss-ter Zahl.
-ocr page 59-
Eine Milzbrand-Enzootie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;47
Ueber die Entstehung dieser beiden F�lle von Milzbrand bin ich nicht im Stande n�here Angaben zu machen. Es sei nur bemerkt, dass es mir nicht gelang, einen directen oder in-directen Zusammenhang dieser F�lle mit der Anthraxenzootie zu Werikon nachzuweisen. � Die M�glichkeit einer Ansteck�ung von den Denzler'schen St�llen her ist jedoch bei dem Um�st�nde , dass hinter dem B�cken der polizeilichen Beh�rde wahrscheinlich das Fleisch der milzbrandigen Thiere in die umliegenden Ortschaften verkauft und so das Gift verschleppt wurde, sehr naheliegend. Auch kam 6 Wochen vor dem ersten Falle zu Niederuster ein Milzbrandfall (III.) in den Denzler'schen St�llen vor und ebenso wie oben erw�hnt wurde 10 Tage vor der Erkrankung zu Eermatschwyl der Fall IX. in dem Denzler'�schen Anwesen.
.
-ocr page 60-
in.
Experimentelles �ter die st�bdienfdrmigen K�r-
perchen im Blute und ihre Beziehungen zum
Milzbrande.
Am 16, Februar 1872 wurde mir Ton Herrn Bezirksthier-arztEgli zu Uster ein St�ck Milz �bersandt, welche von einem milzbrandverd�chtigen Ochsen aus dem Denzler'schen Stalle zu Werikon (IX.) herr�hrte. Der betreffende Milzabschnitt, welcher offenbar von einer stark vergr�sserten Milz stammte und durch sein Aussehen allerdings den Verdacht auf Milzbrand erweckte, war unter luftdichtem Verschl�sse nach Z�rich gelangt, bei der niederen �usseren Temperatur vollkommen frisch erhalten und ohne irgend eine Spur beginnender Zersetzung. Die am 16. Febr. von H. Director Zangger sowie am 17. Februar Mor�gens von mir wiederholt vorgenommene mikroskopische Unter�suchung des Blutes aus dem �bersandten Milzst�cke hatte in�sofern ein negatives Resultat, als sich dasselbe frei von st�bchen-f�rmigen K�rpern erwies und ausser einer auffallenden Ver�mehrung der farblosen Blutk�rper einen ziemlichen Reichthum an kleinen gl�nzenden punktf�rmigen K�rpern zeigte, auf die ich jedoch kein besonderes Gewicht legte.
Da es aus verschiedenen Gr�nden sehr w�nschenswerth erschien namentlich mit R�cksicht auf sanit�ts- und veterin�r�polizeiliche Massregeln, die Natur der hier in Frage kommen�den Krankheit genau zu constatiren, so wurden mit dem Blute
-ocr page 61-
Experimentelles �ber d. st�bchenf�rmigen K�rperchen im Blute etc. 49
aus der verd�chtigen Milz Impfversuche angestellt, deren Re�sultate gleichzeitig f�r die Lehre Ton den st�bchenf�rmigen K�rpern in ein oder der anderen Richtung Aufschluss geben sollten. Es wurden also am 17. Februar Morgens 11 Uhr 2 gesunde kr�ftige Kaninchen mit je 4 Tropfen des Milzblutes vermittelst der Pravaz'schen Spritze subcutan geimpft. Die Resultate der an demselben Tage Nachmittags zu Werikon vorgenommenen Section sind oben (Fall IX.) mitgetheilt; sie liessen es trotz des Mangels der st�bchenf�rmigen K�rperchen im Blute ausser Zweifel erscheinen, dass man es hier mit einem ausgesprochenen Falle von Milzbrand zu thun habe.
Vollkommen sicher gestellt wurde diese Diagnose durch die Resultate der oben angedeuteten und weiterer Impfungen, zu deren Erz�hlung und Besprechung ich mich nun wende.
XIII. Impfung I. 17. Februar 1872. Kaninchen. Impfmilzbrand; st�bchenf�rmige K�r�perchen im Blute; das Impfblut ohne st�bchenf�r�mige K�rper. Tod nach 40 Stunden.
Das Thier wurde am 17. Februar Morgens 11 Uhr mit 4 Tropfen bacterienfreiem Milzblut von einem wegen Milzbrand�verdacht geschlachteten Ochsen (Fall IX.) an der rechten Seiten�brust subcutan geimpft. Das Thier war an dem betreffenden Tage anscheinend munter, am folgenden Tage etwas abge�stumpft und wurde am 19. Februar Morgens noch warm todt im Stalle gefunden. Der Tod war ungef�hr 40 Stunden nach der Impfung eingetreten.
Die alsbald vorgenommene Autopsie ergab an der Impf�stelle eine halb handtellergrosse, schmutzig braunrothe F�rbung und ser�s-blutige Infiltration des Unterhautzellgewebes mit ein�zelnen Gasbl�schen an diesem Orte. Die inneren Organe: Lunge, Herz, Leber, Nieren blut- und saftreich, die Milz um das Doppelte vergr�ssert. Der Darmkanal mit d�nnem gelblich-weissen Inhalte gef�llt, die Venen allenthalben mit dunklem Blute gef�llt. Im Blute, in der Milz � �beraus zahlreiche
Dr. Boiling er. Pathologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4
-ocr page 62-
50
Zur Pathologie des Milzbrandes.
charakteristische st�bchenf�rmige K�rperchen; die parenchyma-t�sen Organe (Leber, Nieren, Herz) bei der mikroskopischen Untersuchung in tr�ber Schwellung und k�rnigem Zerfalle.
XIV. Iiiiptung 2. i7. Fehruar 1872. Kaninchen. Impfmilzbrand. St�bchenf�rmige K�r�per im Blute (im Leben nachgewiesen); das Impf�blut (Fall IX.) ohne st�bchenf�rmige K�rperchen. Tod nach 52 Stunden.
Das Thier wurde gleichzeitig mit dem vorhergehenden Falle und in derselben quot;Weise subcutan geimpft. Die Erscheinungen im Leben �hnlich wie bei Impfung 1. Am 19. Februar Nach�mittags 2 Uhr bemerkte ich heftige Convulsionen des ganzen K�rpers; die mikroskopische Untersuchung des Tom lebenden Thiere aus den Ohren entnommenen Blutes zeigte zahllose st�bchenf�rmige K�rperchen. Der Tod erfolgte eine Stunde sp�ter, 52 Stunden nach der Impfung.
Die unmittelbar nach dem Tode an dem noch warmen Ca�daver vorgenommene Section ergab denselben Befund wie bei Impfung 1. Das aus verschiedenen inneren Organen mikro�skopisch untersuchte Blut zeigte die charakteristischen st�bchen-f�rmigen K�rper in gr�sster Zahl.
Mit dem noch warmen Blute dieses Kaninchens (Impfung 2.) wurde sogleich ein weiteres Kaninchen in derselben Weise geimpft und ebenso ein Ziegenbock.
IT. Impfung 3. 19. Februar 1872.
Kaninchen. Im Blute keine Bacterien; im Impf�blute zahlreiche Bacterien. Tod nach 19 Stunden.
Das kr�ftige Thier wurde Nachmittags 3 Uhr mit 0,3 grmms frischen Blutes von Impfung 2 (XIV.) subcutan an der Seiten-brustwandung geimpft.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;lt;
Im Leben �hnliche Erscheinungen wie bei Fall XIII. und XIV. Tod am 20. Februar Morgens 10 Uhr, 19 Stunden nach der Impfung. Die sogleich vorgenommene Section ergab an
-ocr page 63-
Experimentelles �ber d. st�bohenf�rmigen K�rperchen im Blute etc. 51
der Impfstelle und in den inneren Organen dieselben Ver�n�derungen wie in den vorhergehenden F�llen, im Darmkanale gelblich-sulziger Inhalt in grosser Menge. Bei der mikroskopi�schen Untersuchung des Blutes finden sich keine Bacterien.
X�I. Impfung 4. 20. Fehrnar 1872.
Ziegenbock. Impfmilzbrand, Bacterien im Blute, Milztumor. Tod nach S1^ Tagen.
Das kr�ftig gebaute Thier, an welchem 6 Wochen vorher ein P�tterungsversuch mit k�siger Masse aus einer tubercul�sen Eindslunge angestellt war, wurde am 20. Februar Nachmittags 4 Uhr mit dem bacterienhaltigem Blute eines an Impfmilzbrand gestorbenen Kaninchens (XIV.) derart geimpft, dass 0,5 grmms. in der Lendengegend subcutan injicirt wurden.
Das Thier zeigte in den n�chsten Tagen keine krankhaften Erscheinungen, war munter, von gutem Appetite und in allen Functionen anscheinend normal. Der Tod erfolgte nach 87 Stunden am 24. Februar Morgens 7 Uhr. Das l1^ Stunden nach dem Tode aus der Drosselvene des noch warmen Cada�vers entnommene Blut zeigte bei der mikroskopischen Unter�suchung die charakteristischen Milzbrandbacterien in gr�sster Menge. Die 3 Stunden nach dem Tode Morgens 10 Uhr vor�genommene Section ergab folgenden Befund. *)
Abgemagertes Thier. Die grossen Venen des Halses und der Brust strotzend gef�llt mit dunkelgef�rbtem ziemlich dick�fl�ssigem Blute. Zunge, Maul- und Rachenh�hle normal. Das
') Wie oben erw�hnt, hatte dieser Ziegenbock gleichzeitig zu einem F�tterungsrersuch mit Eindstuberculose gedient, welcher von posi�tivem Erfolge begleitet war, indem das Thier eine klassische Miliartuberculose des Bauchfells � namentlich des grossen Netzes und der Lungen zeigte. Die darauf bez�glichen Ver�nderungen sind in dem oben mitgetheilten Sectionsberichte nicht ber�hrt und sollen an einem anderen Orte n�her beschrieben werden,quot; Es bedarf keiner weiteren Versicherung, dass beide Versuche sich in keiner Kichtung st�rten.
4*
-ocr page 64-
52nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
Bindegewebe in der Umgebung des Kehlkopfes zeigt eine massige ser�s-sulzig-blutige Infiltration, die sieh l�ngs des Schlundes und der Luftr�hre bis in den Thorax erstreckt und im Bindegewebe der Lungenwurzel st�rker hervortritt. Die oberen Halslymphdr�sen sind ebenfalls ser�s-blutig infiltrirt und geschwellt. Das Lungengewebe blutarm, lufthaltig; die Bron�chien mit reichlicher, weisser, feinschaumiger Fl�ssigkeit gef�llt. Das Herz ziemlich klein, die Musculatur schlaff, von hell-braunrother Farbe. In den Herzh�hlen ziemliche Mengen locker geronnenen Blutes; das Endocardium, die Klappen, das Epicardium normal.
An der Oberfl�che der mit lockeren bindegewebigen quot;Wucher�ungen bedeckten Leber finden sich blutig-sulzige Infiltrationen, das Lebergewebe schlaff, massig blut- und saftreich, von livid-dunkelbraunrother Farbe. Die Gallenblase stark gef�llt mit gr�nlich gelber, d�nnfl�ssiger Galle. Die Lymphdr�sen an der Leberpforte etwas geschwellt, dunkel und blutreich.
Die Milz um das Doppelte vergr�ssert, die Kapsel stark gespannt, das Gewebe auf dem Durchschnitt von dunkelbraun-r�thlicher Farbe und halb weicher, nahezu breiiger Consistenz. Die Nieren klein; das weitmaschige Bindegewebe der fett�armen Kapsel sulzig blutig infiltrirt, ebenso das �brige retro-peritonealo Bindegewebe im kleinen Becken und dessen Ein�gang. Die Meren im Uebrigen massig blutreich und auf der Schnittfl�che getr�bt.
In den 3 ersten M�gen ziemlich bedeutende Mengen dick�fl�ssigen Futterbreies; im Labmagen mehr d�nner Inhalt, die Schleimhaut des letzteren sehr blass. Im Zw�lffingerdarm gallig gef�rbter Inhalt, der im �brigen D�nndarme d�nnfl�ssig, im Dickdarm dickfl�ssig aber nirgends bluthaltig ist. Die Schleimhaut allenthalben leicht ger�thet und etwas geschwellt. Die mikroskopische Untersuchung ergab im Blute, welches von verschiedenen Stellen des K�rpers entnommen wurde, �berall �usserst zahlreiche Milzbrandbacterien, 'am zahlreichsten in der Milz.
Nachdem durch die angef�hrten positiven Impfversuche die
-ocr page 65-
Experimentelles �ber d. stSbchenf�rmigen K�rperchen im Blute etc. 53
Diagnose auf die Anthraxnatur des zur Impfung verwendeten � spontanen Falles (IX.) bei dem Ochsen in quot;Werikon sicher ge�stellt war, dr�ngte sich zun�chst die Frage auf: Welche Schl�sse lassen sich weiter aus diesen Versuchen ziehen , in welcher Beziehung stehen die st�bchenf�rmigen K�rper zum Milzbrande ? Ein consequenter Anh�nger der Lehre Davaine's, wornach die Bacterien (Bacteridien Dav.) das Wesen des Milzbrandes, mit anderen Worten das Milzbrandgift darstellen, w�rde bei genauer Betrachtung der erz�hlten Impfresultate sicher in einige Verlegenheit kommen, wenn er die aufgeworfenen Fragen be�antworten sollte. Es w�rde kaum angehen, Angesichts der zweiffellosen Natur der erz�hlten F�lle die spontane Erkrank�ung (IX.) beim Ochsen sowie die Impfungen in Bezug auf ihre Anthraxnatur in Frage zu stellen. Die Thatsache steht fest, dass man unter Umst�nden mit Milzbrandblut ohne st�bchen-f�rmige K�rper durch Impfung wahren Milzbrand mit solchen K�rperchen erzeugen kann. Aehnliche Erfahrungen wurden � wenn auch sehr vereinzelt � schon von fr�heren Beobachtern gemacht und bildeten vielleicht das gewichtigste Argument, welches man gegen die Theorie Davaine's geltend machen konnte. So erz�hlt Brauell1), dass er mit Milzbrandblut vom Pferde ohne st�bchenf�rmige K�rper bei 2 Fohlen Milzbrand durch Impfung erzeugte, wobei das Blut der Impfthiere solche K�rperchen enthielt. Ebenso Bouley2), welcher mit Blut von milzbrandigen Thieren ohne Bacterien Milzbrand zu er�zeugen im Stande war. Brauell, einer der n�chternsten und zuverl�ssigsten Beobachter, welchem �berdies eine grosse Eeihe von Impfungen zur Seite stund, schloss geradezu aus den er�w�hnten Versuchen, dass die st�bchenf�rmigen K�rper im Blute milzbrandiger Thiere weder der Ansteckungsstoff selbst, noch die nothwendigen Tr�ger desselben seien.
Im Hinblicke auf fr�here Erfahrungen, die ich durch Blut-untersuchungen an lebenden Thieren � Pferden � mit spon-
1
*) Virchow's Archir. B. XXXVI. p. 463.
*) Becueil de med. vdt. Vol. XLVI. p. 41. 1869.
-ocr page 66-
54
Zur Pathologie des Milzbrandes.
tanem Anthrax gewonnen hatte, glaubte ich die Deutung dieses eigenth�mlichen Verh�ltnisses in einer anderen Kichtung suchen zu m�ssen. Bei Mittheilung meiner erz�hlten Impfversuche sprach ich n�mlich die Meinung aus (vergl. Vortrag �ber Milz�brand im Verein j�ngerer Aerzte zu Z�rich; Sitzung am 24. Februar 1872), es m�ssten in derartigem Impf blute ohne st�b-chenf�rmige K�rper immer schon die Keime vorhanden sein, welche in den geimpften Thieren zur Bildung st�bchenf�rmiger K�rperchen f�hren. H�tte man der Krankheit des spontan von Milzbrand befallenen Ochsen (IX.) ihren naturgem�ssen Verlauf gelassen und das Thier nicht geschlachtet, so w�ren damals schon im Blute die st�bchenf�rmigen K�rper wahrscheinlich zur Entwicklung gekommen. Das Impfblut in den beiden von Brau eil angestellten Versuchen, auf die er zur Bek�mpfung der Lehre Davaine's so grosses Gewicht legte und wie es schien mit Recht, stammte ebenfalls aus einem ungef�hr 24 Stunden vor dem Tode des anthrak�sen Pferdes ge�ffneten Karbunkel, auch dort hatte die Krankheit ihr nat�rliches Ende nicht erreicht, was mit meiner oben gegebenen Erkl�rung voll�kommen in Einklang zu bringen ist.
Im Uebrigen m�chte ich hier darauf aufmerksam machen, dass alle Angaben �ber das Fehlen st�bchenf�rmiger K�rper im Blute nicht vorsichtig genug gemacht und aufgenommen werden k�nnen. Bei der Kleinheit dieser Gebilde kann es selbst einem umsichtigen und erfahrenen Mikroskopiker begegnen, dass er vereinzelte St�bchen �bersieht und doch gen�gt aller Wahr�scheinlichkeit nach eine minimale Menge von Keimen oder St�bchen, um wieder Millionen zu erzeugen. So ist es z. B. bei dickfl�ssiger theerartiger Beschaffenheit des Blutes, wenn die Blutk�rperchen innig aneinanderkleben, in der Regel ziem�lich schwierig ohne Wasserzusatz die Bacterien, auch wenn sie in gr�sserer Zahl vorhanden sind, ohne Weiteres sicher zu er�kennen. Auf weitere Einw�nde, die man in ^dieser Beziehung noch machen kann, werde ich weiter unten zu sprechen kommen.
Um in der Frage von den st�bchenf�rmigen K�rperchen
-ocr page 67-
Experimentelles �ber d. st�bohenf�rmigen KSrperchen im Blute etc 55
ein sicheres Urtheil zu gewinnen, ist es ein nicht zu unter�sch�tzender Vortheil, wenn man �ber ein gr�sseres Material zu verf�gen hat. Ehe ich daher zur Mittheilung weiterer Impf�versuche �bergehe, werde ich zuerst meine an einer gr�sseren Reihe von Anthraxfallen gemachten Erfahrungen referiren.
Die betreffenden F�lle, deren wesentliche pathologisch�anatomischen Ver�nderungen ich nach meinem Tagebuche im Auszug mittheile, wurden zum gr�ssten Theile im Jahre 1868/69 in der Klinik und der pathologisch-zootomischen Anstalt des k. k. Thierarzneiinstitutes zu Wien beobachtet. *)
WH. 23. Norember 1868. Milzbrand beim Pferd.
Acuter Milztumor; Blutungen im Pericardium, den Pleura-bl�ttern und im Netz. Bedeutende gelblich-sulzig e Infiltration (acutes Oedem) des retroperitonealen Bindegewebes und der bindegewebigen Nierenkapsel.
Keine Untersuchung auf st�bchenf�rmige K�rperchen im Blute.
XVIII. 5. Januar 1869. Milzbrand beim Pferd.
Acuter Milztumor. Ausgebreitete ser�s-h�morrhagische In�filtration (Karbunkel) des Unterhautzellgewebes und intramuscu-l�ren Bindegewebes im Kehlgang und im oberen Dritttheil des Halses. Hochgradige Hyper�mie der Lungen. Parenchyma-t�se Schwellung und Tr�bung der Leber und Nieren. H�mor-rhagischer Hydrops ascites. Dunkles dickfl�ssiges Blut mit einzelnen lockeren Gerinnungen im Herzen.
St�bchenf�rmige K�rper im Blute des lebenden Thieres, ebenso nach dem Tode,
l) Mit Vergn�gen ben�tze ich die Gelegenheit, den Herren Pro�fessoren und Docenten jenes Institutes, insbesondere den Herren Director Prof. Dr. Roll und Prof. Dr. Bruckm�ller f�r die nicht genug anzuerkennende Liberalit�t, mit der sie mir das Malaquo; terial der Schule zur Verf�gung stellten, an diesem Orte meinen w�rmsten Dank abzustatten.
-ocr page 68-
56nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
XIX.nbsp; nbsp; nbsp;30. Januar 1869. Milzbrand beim Pferde.
Tod nach eint�giger Krankheitsdauer. Acuter Milztumor. Oedem der Darmwandung; grosser Karbunkel im Colon mit beginnender Verschorfung. Parenchymat�se Schwellung und Tr�bung der inneren Organe.
Keine Untersuchung auf st�bchenf�rmige K�rper.
XX.nbsp; nbsp; 5. Februar 1869. Milzbrand beim Pferde.
Tod nach eint�giger Krankheitsdauer. Acuter sehr be�deutender Milztumor. Acutes tr�b-gelblich-sulziges Oedem des Peritoneum und des subperitonealen Bindegewebs, namentlich der Nierenkapsel und der Darmwandung. Acuter Hydrops s�mmtlicher ser�ser S�cke. Ecchymosen des Endo- und Epi-cards, der Nierenkapsel, des peritonealen und mesenterialen Bindegewebes, der Darmschleimhaut. Ser�s-h�morrhagische Infiltration der Gekr�sdr�sen. Mehrere Karbunkel im Dick�darm. Das Blut dickfl�ssig, theerartig. Im Aderlassblute, eine Stunde vor dem Tode untersucht, zahlreiche st�bchenf�rmige K�rper.
XXI. 16. Februar 1869. Milzbrand beim Pferde.
H�chst acuter Verlauf, Tod nach einigen Stunden. Acuter Milztumor. Bedeutender Hydrops ascites. Ausgedehnte ser�s-h�morrhagische Infiltration des retropharyngealen und retro-laryngealen Bindegewebes sowie der oberen Halslymphdr�sen und des mediastinalen Gewebes. Oedemat�se Schwellung der Schleimhaut des ganzen Verdauungsschlauches. Theerartiges Blut; st�bchenf�rmige K�rperchen in demselben nach dem Tode.
XXII. 13. April 1869. Milzbrand beim Pferde.
Tod nach kaum 2 t�giger Krankheitsdauer. Section 2 Stun�den p. m.: Massiger Milztumor. Bedeutend tr�b - gelbliche, gallertige, ser�s-h�morrhagische Infiltration des subcutanen Bindegewebes in der Kehlkopfgegend und im oberen Dritttheil des Halses, ebenso des mediastinalen Bindegewebes; blutige
-ocr page 69-
Experimentelles �ber d. st�bchenf�rmigen K�rperchen im Blute etc. 57
Infiltration und beginnende Versehorfung der oberen Halslympb-dr�sen; ausgedehnte subpleurale H�morrhagien. Massige ser�s-h�morrhagische Infiltration des Mesocolon und der meseraischen Dr�sen daselbst. Katarrhalisch-�deraat�se Schwellung s�mmt-licher Schleimh�ute, namentlich der Trachea, in letzterer blu�tige Sugillationen. Blut dunkel und z�hfl�ssig. Die 2 Stunden nach dem Tode vorgenommene mikroskopische Untersuchung des Herzblutes ergab ausser einer bedeutenden Vermehrung der weissen Blutk�rperchen ganz vereinzelte st�bchenf�rmige K�rperchen in demselben, dagegen �beraus zahlreiche, charak�teristische St�bchen in dem karbunkul�sen Infiltrate des Halses und der Halslymphdr�sen.
XUII. 15. April 186raquo;. Milzbrand beim Pferde.
Tod nach mehrst�ndiger Krankheitsdauer. Section unge�f�hr 15 Stunden p. m.:
Massiger Milztumor. Hochgradiger acuter Hydrops ascites. H�morrhagische und tr�b-ser�s gallertige Infiltration des Meso�colon, sowie der stark geschwellten meseraischen Dr�sen; letz�tere zum Theil in acuter Versehorfung. Ecchymosen und �de-mat�se Schwellung des peritonealen und mediastinalen Binde�gewebes. Oedem der Darmwandung. Das Blut schwarz und the er artig.
Das mikroskopisch untersuchte Aderlassblut war frei von Bacterien; ebenso das nach dem Tode untersuchte Herzblut, welches nur zahlreiche nadeif�rmige Blutkrystalle enth�lt, die auf Zusatz von Essigs�ure verschwinden. Dagegen finden sich Bacterien von der bekannten Beschaifenheit in massiger Menge in den h�morrhagisch infiltrirten Partien des Mesocolon und der daselbst befindlichen Gekr�sdr�sen.
XXIV. 24. April 1869. Milzbrand beim Pferde.
Sehr acuter Verlauf; Tod nach einst�ndigem Aufenthalt in der Anstalt.
Section 12 Stunden p. m.: Massiger Milztumor. Acuter h�morrhagischer Hydrops ascites. Bedeutende h�morrhagische
-ocr page 70-
li
58nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zur Pathologie des Milzbrandes.
und ser�s-gallertige Infiltration der Nierenkapsel, des Mesocolon; die meseraischen Dr�sen h�morrhagisch infiltrirt, bis wallnuss-gross geschwellt und theilweise in centraler Verschorfung. Be�deutendes Oedem und punktf�rmige Blutungen der Magen- und Darnischleimhaut,' besonders des Colon. Subendocardiale Blut�ungen im rechten Herzen, Hyper�mie der Lungen. Das Blut allenthalben dunkelschwarz und theerartig.
Im Blute aus einem Pfortaderaste des Mesocolon entnom�men, ebenso in den blutig infiltrirten und verschorften Grekr�s-dr�sen finden sich bei der mikroskopischen Untersuchung �ber�aus zahlreiche Milzbrandbacterien; daneben nadeif�rmige Blut-krystalle, die auf Zusatz von Essigs�ure verschwinden.
XXV. 7. September 1869. Milzbrand beim Pferde.
Das Thier wurde sterbend auf die Klinik gebracht, wo es nach wenigen Stunden umstand.
Section einige Stunden p. m.: Acuter Milztumor. -Acuter Hydrops ascites; h�morrhagisch-sulziges Oedem des Mesocolon, der meseraischen Dr�sen daselbst, sowie der Wandung des Colon. Oedemat�se Schwellung der Wandung des Verdauungscanales. D�nnfl�ssiger Darrninhalt. H�morrhagisches Oedem des me-diastinalen Bindegewebs. Das Blut dunkel und dickfl�ssig.
Das Milzbrandblut enth�lt wenig zahlreiche st�bchenf�rmige K�rperchen neben zahlreichen Blutkrystallen.
XXVI. 11. September 18S9. .Hiblmmd beim Pferde.
Wurde nahezu sterbend auf die Anstalt gebracht, h�chst acuter Verlauf, Tod nach IVat�giger Krankheitsdauer.
Section 2 Stunden p. m.:
Die Milz doppelt vergr�ssert. Acutes Oedem des Unter�hautzellgewebes an der Unter- und Seitenbrust, am Unterbauch und in der Schamgegend. Massiges Hydropericordium und doppelseitiger Hydrothorax. Sulzig - gelblicjie Infiltration des mediastinalen Bindegewebes namentlich der Lungenwurzel, ha-morrhagische Infiltration der Bronchialdr�sen. Hochgradige h�morrhagische gelbsulzige Infiltration des Mesocolon und der
-ocr page 71-
Experimentelles �ber d. st�bchenffonigen K�rperohen im Blute etc. 59
Merenkapsel, der meseraisclien Dr�sen, theilweise Verschorfung der letzteren. Oedem der Magen- und Darmwandung, blutige Suffusionen im Ilenm; handtellergrosser Karbunkel im Colon. D�nnfl�ssiger Darminhalt. Theerartiges dunkles Blut.
Im Herzblute finden sich bei wiederholter Untersuchung keine st�bchenf�rmigen K�rper.
XXVII. 2. December 1868. Milzbrand beim Rinde.
Das Thier wurde wegen gefahrdrohender Erscheinungen geschlachtet und zur Section in das Thierarzneiinstitut gebracht.
Section kurze Zeit p. m.: Massiger Milztumor. Grosse Blutunterlaufungen im linken HerzTentrikel. Blutiger Darmin�halt in grosser Menge, ser�s-h�morrhagische Schwellung der D�nndarmschleimhaut.
Das Blut theerartig, dickfl�ssig.
Eine mikroskopische Untersuchung des Blutes fand nicht statt. Die anatomische Diagnose lautete auf Milzbrand.
mill. 5. April 1869. Milzbrand bei einer Hub.
Das pl�tzlich erkrankte Thier starb sehr rasch.
Section unmittelbar nach dem Tode: Die Milz sehr be�deutend vergr�ssert, breiig weich. Oedemat�se und h�morr�hagische Infiltration des peritonealen Bindegewebes, besonders des Mesenterium und der meseraischen Dr�sen. H�morrhagische Schwellung der Labmagenschleimhaut; zahlreiche karbunkul�se Infiltrationen des D�nn- und Dickdarmes, sowie der Uterus�schleimhaut. Massiges Lungen�dem. Das Blut allenthalben dunkel und d�nnfl�ssig.
Bei der mikroskopischen Untersuchung finden sich im Blute �beraus zahlreiche st�bchenf�rmige K�rper und ausserdem zahl�reiche punktf�rmige gl�nzende K�rperchen. St�bchenf�rmige K�rper finden sich ferner in allen untersuchten Organen: Lunge, Leber, Herz, Nieren, Magen, Darm, Milz und in gr�sster Zahl in den feinen Capillargef�ssen der Submucosa des Darmes. Die genannten parenchymat�sen Organe �berdies im Zustande der tr�ben Schwellung und k�rnigen Tr�bung.
-ocr page 72-
60
Zur Pathologie des Milzbrandes.
Wie man sieht, zeigen die beschriebenen F�lle bei Pferden eine grosse Uebereinstimmung in Bezug auf die pathalogisch-anatomischen Ver�nderungen, w�hrend die beiden bei Rindern beobachteten Milzbrandf�lle denen, wie sie bei Schilderung der Enzootie zu quot;Werikon aufgef�hrt wurden, sehr �hnlich sind.
quot;Was dasVerhalten der st�bchenf�rmigen K�rper betriflt, so ergibt sich bei Betrachtung der zuletzt mitgetheilten 12 F�lle folgendes Resultat:
Unter 9 �berhaupt in dieser Richtung untersuchten F�llen fanden sich die st�bchenf�rmigen K�rper 8 Mal nach dem Tode sei es im Blute, welches von verschiedenen Stellen untersucht wurde, oder in der Milz oder in den karbunkul�sen Infiltraten der Bauchh�hle; einmal (XXVl) wurden sie ^m untersuchten Herzblute vermisst. Im Blute des lebenden Thieres fanden sich 2 Mal (XVIII. und XX.) Bacterien, wobei jedoch ber�cksichtigt werden muss, dass eine Untersuchung des Blutes vom lebenden Thiere �berhaupt selten vorgenommen wurde.
quot;Was l�sst sich weiter aus der Betrachtung dieser Resultate folgern? Einmal, dass die st�bchenf�rmigen K�rper im Blute an Milzbrand gestorbener Thiere nahezu con�stant gefunden werden und zwar in dem frischen Cadaver, welcher unmittelbar nach dem Tode untersucht wird, ferner, dass man im Blute der lebenden Thiere dieselben Gebilde findet, wenn man den rechten Zeitpunkt zur Unter�suchung gew�hlt hat. Je n�her der Termin dem lethalen Ende liegt, desto grosser ist die quot;Wahrscheinlichkeit f�r das Yorhandeu-sein von Bacterien. Nach meinen Erfahrungen m�chte ich die Angaben � selbstverst�ndlich auch die meinigen � �ber das Fehlen der st�bchenf�rmigen K�rper im Blute nach dem Tode wenigstens zum gr�ssten Theile auf Rechnung von Beobacht�ungsfehlem setzen.
Schon oben habe ich darauf hingewiesen, dass vereinzelte Bacterien in den untersuchten Blutproben-, auch von einem ge��bteren Mikroskopiker �bersehen werden k�nnen, besonders wenn das Blut ohne Zusatzfliissigkeit der Untersuchung unterworfen wird. Zu dieser Fehlerquelle gesellt sich noch eine zweite,
-ocr page 73-
Experimentelles �ber d. st�bchen�rmigen K�rperchen im Blute etc. 61
n�mlich die Bluhmtersuchung wird in der Regel nicht allseitig genug vorgenommen. Wie �berhaupt bei derartigen Unter�suchungen fallen negative Resultate weit weniger ins Gewicht, als positive und wenn irgendwo, so kommt Alles hier auf die Methode an: Untersucht man also von der Blutmasse eines Pferdes oder Eindes, die ungef�hr 50�60 Pfund betr�gt, einen Tropfen, so hat man ungef�hr den l/160000 Theil der ganzen Blutmenge vor sich und man ist nicht immer berechtigt, aus dem Fehlen jener kleinen Gebilde in dem untersuchten Blut�tropfen den Schluss zu ziehen, dass im Blute �berhaupt die Bacterien fehlen. F�r die thats�chliche Berechtigung dieser Annahme f�hre ich die F�lle XXII. und XXIII. als Beweise an: im ersteren fanden sich ganz vereinzelte St�bchen im Blute, dagegen �beraus zahlreiche in den karbunkul�sen Infiltraten des Halses und in den h�morrhagisch geschwellten Halslymph�dr�sen. Im zweiten Falle (XXHI) fand sich im Blute keine Spur von Bacterien, dagegen in den gelblich-sulzigen und h�-morrhagischen Infiltraten des Mesocolon und in den daselbst befindlichen Gekr�sdr�sen.
Diese Beobachtungen, denen ich eine �hnliche beim Milz�brand des Menschen beif�gen werde, scheinen mir zu beweisen, dass die Milzbrandbacterien unter Umst�nden auch lokal im Blute milzbrandiger Thiere vorkommen k�nnen. Unter welchen Bedingungen dies erfolgt, d�rfte vorl�ufig etwas schwierig zu beantworten sein. Unter anderen M�glichkeiten k�nnte man daran denken, dass ein solches lokales Auftreten haupts�chlich dann vorkommt, wenn der Tod zu rasch eintritt, als dass sich diese fremdartigen Gebilde im ganzen K�rper verbreiten k�nnen.
Nachdem ich auf Grund meiner ersten Beobachtungen �ber Milzbrand, die ich im Jahre 1868 und 1869 machte, die Ansicht ausgesprochen und vertheidigt hatte, (Thesen zur Habili�tation, M�nchen 1870), dass die Milzbrandbacterien f�r die Pathogenese des Milzbrandes nicht ohne Bedeutung seien, war ich auf Grund meiner ersten experimentellen Untersuchungen (Impfung 1, 2 und 4) zu der Meinung gekommen, dass ausser den st�bchenf�rmigen K�rpern noch ein weiteres Agens im
#9632;'
#9632;
-ocr page 74-
62
Zur Pathologie des Milzbrandes.
Blute milzbrandiger Thiere yorhanden sein m�sse, welche ich einstweilen als Keime der st�bch enf�rmigen K�rper bezeichnete. (Vortrag im Verein j�ngerer Aerzte zu Z�rich. Sitzung vom 24. Februar 1872.) Ich brauche nicht ausdr�cklich zu sagen, dass ich auf diesem Wege unbedingt mehr der The�orie DaTaine's mich zuneigte, als derjenigen Brauell's, welcher nur den diagnostischen und prognostischen quot;Werth der st�bchenf�rmigen K�rper zugestehen will.
Wenn die Annahme Ton der Existenz solcher Bacterien-keime im Milzbrandblute richtig war, so musste es jedenfalls von Wichtigkeit sein, zu constatiren, ob man auch im Stande sei, mit bacterienhaltigem Milzbrandblute Milzbrand zu erzeugen, bei dem sich nur solche Keime, aber noch keine Bacterien entwickelt haben. Aus einer Versuchsreihe, die ich in dieser Richtung anstellte, hebe ich an dieser Stelle einen Versuch heraus, der in schlagender Weise die Richtigkeit der oben aus�gesprochenen Ansicht illustrirt.
XXII. Impfung 5. 24. Februar 1872.
Katze. Impfung mit frischem bacterienhaltigem Milzbrandblute. Tod 26 Stunden nach der Impfung. Im Cadaver Ver�nderungen wie bei Milzbrand. Keine Bacterien im Blute, dagegen Bacterien-keime, aus denensich unter dem Deckglase Milz-br andba cterien entwickeln.
Ein sehr kr�ftiger, vollkommen gesunder Kater wurde am 24. Februar 1872 Mittags 12 Uhr mit % Gramm frischen bac-terienhaltigen Milzbrandblutes von einem Ziegenbocke (XVI. Impfung 4.) subcutan hinter dem rechten Schulterblatte geimpft. Das Thier zeigte an dem betreffenden Tage keine besonderen Erscheinungen. Am Morgen des 25. Februar zeigt sich das Thier abgestumpft und liegt ruhig und bewegungslos zusammen�gekauert in der Stalleckc. Die Athmung ist massig beschleunigt. Der Tod erfolgt am 25. Februar Nachmittags 2 Uhr, 26 Stunden nach der Impfung.
-ocr page 75-
Experimentelles �ber die st�bchenf�rmigen K�rperchen im Blute etc. 63
Das unmittelbar nach dem Tode aus einer Drosselvene ent�nommene Blut zeigt bei der mikroskopischen Untersuchung keine Spur von st�bchenf�rmigen K�rpern, dagegen kleine punktf�rmige gl�nzende K�rper in ziemlicher Zahl. Die betref�fenden mikroskopischen Pr�parate wurden ohne weitere Be�handlung an offener Luft aufbewahrt. Die am folgenden Mor�gen 18 Stunden p. m. vorgenommene Section ergab folgende Ver�nderungen:
Kr�ftig gebautes muskul�ses Thier. An der Impfstelle hinter dem rechten Schulterblatte findet sich das Unterhaut�zellgewebe in ziemlicher Ausdehnung missfarbig, von dunkel�brauner und schwarzrother Farbe, ser�s-blutig infiltrirt und stellenweise emphysematisch. Mikroskopisch findet man hier Bacterien, wie sie dem Milzbrande zukommen, in massiger Zahl. Das Blut in den inneren Organen ist von dunkelschwarzrother Farbe, dickfl�ssig und die wiederholte Untersuchung einer Probe aus einer Drosselvene zeigt eine erhebliche.Zunahme der weissen Blutk�rperchen und der obenerw�hnten gl�nzenden punktf�r-migen K�rper, dagegen keine Bacterien. Herz, Lungen, Leber und Nieren sehr blut- und saftreich, im Uebrigen ohne beson�dere Ver�nderung. Die Milz etwas vergr�ssert, sehr blutreich, l�sst mikroskopisch in ihrer Pulpa nur vereinzelte St�bchen er�kennen.
Im Magen und Darm kein Futterbrei, an Stelle dessen d�nnfl�ssiger, schleimiger Inhalt von grau - r�thlicher Farbe, welcher mikroskopisch aus Schleim, Rundzellen, Gallenconcre-menten und niederen Organismen (Vibrionen und Bacterien) besteht, wie solche hier gew�hnlich vorkommen.
Wie man sieht, hat dieser Fall einige Aehnlichkeit mit einem fr�her mitgetheilten Impfversuche (XV. Impfung 3); das betreffende Kaninchen war 19 Stunden nach der Impfung mit bacterienhaltigem Milzbrandblute gestorben und doch fanden sich im Blute desselben keine iSt�bchen. Wenn ich bei jenem Falle unentschieden war, ob ich ihn zum Milzbrande rechnen sollte, so konnte im vorhegenden kaum bezweifelt werden, dass das Thier an Impfmilzbrand zu Grunde gegangen war. Die Impf-
-ocr page 76-
64
Zur Pathologie des Milzbrandes.
I
ung war mit vollkommen frischem Blute geschehen, welches unmittelbar aus dem noch warmen Cadaver des an Milzbrand gestorbenen Ziegenbockes entnommen war, und hatte den kr�f�tigen Kater nach 26 Stunden get�dtet. Von Yornherein ist also eine putride Infection auszuschliessen, dagegen best�tigen die lokalen Ver�nderungen an der Impfstelle, die makroskopische Blutver�nderung, die Milzvergr�sserung, die parenchymat�se Schwellung der inneren Organe die Diagnose auf Milzbrand, wenn man auch die Bacterien an der Impfstelle und in der Milz, die erst 18 Stunden nach dem Tode gefunden wurden, ausser Acht l�sst. Diese Annahme sollte durch die Ergebnisse der fortgesetzten Blutuntersuchungen eine unerwartete Best�tigung finden.
Wie oben bemerkt, fanden sich in dem unmittelbar nach dem Tode untersuchten Blute keine Bacterien; die betreffenden beiden mikroskopischen Pr�parate zeigten auch bei wiederholter Untersuchung nach 18 Stunden keine weitere Ver�nderung. In Folge der dickfl�ssigen Beschaffenheit des Blutes waren die R�nder der Deckgl�schen bald eingetrocknet und das Ganze dadurch nahezu luftdicht abgeschlossen. Die genau gekenn�zeichneten Pr�parate wurden, um die weiteren Ver�nderungen des Blutes zu verfolgen, in mehrst�ndigen Zwischenr�umen untersucht. Am Morgen des 27. Februar � ungef�hr 42 Stun�den nach dem Tode � war ich sehr �berrascht, in beiden Blutpr�paraten eine Unzahl von st�bchenf�rmigen K�rpern, wie sie f�r den Milzbrand charakteristisch sind, zu beobachten, die ich ohne Schwierigkeit mehreren Collegen sowie meinen Sch�lern zu demonstriren im Stande war. Und ebenso hatten sich in dem Blute, welches unbedeckt auf demObjectgiase eingetrock�net war, zahlreiche characteristische St�bchen entwickelt, die noch heute beim Niederschreiben dieser Zeilen � nach 272 Monaten � vollkommen intakt erhalten sind.
Wir haben hier also auf die einfachste Weise, die sich denken l�sst, einen gelungenen Culturversuch vor uns, indem sich aus punktf�rmigen Keimen (Kugelbacterien) des Anthrax-blutes �chte Milzbrandbacterien in einer nahezu geschlossenen
-ocr page 77-
Experimentelles �ber d. st�behenformigen K�rperchen im Blute etc. 65
Kammer � unter dem Deckgl�schen � in characteristischer Form und gr�sster Zahl entwickelt hahen. Durch diese That-sache wird meine oben angedeutete und aus anderen Gr�nden aufgestellte Ansicht, dass die Keime der st�bchenf�rmigen K�rper auch ohne diese vorhanden sein k�nnen, wie ich denke, in hohem Grade bekr�ftigt. Parallel mit diesem Culturversuche steht die Entwickelung der st�bchenf�rmigen K�rper, welche in dem einfach eingetrockneten Blute auf dem Objectglase als auch in der aufbewahrten Milz im gleichen Zeitr�ume ungef�hr vor sich ging. Abgesehen davon, dass das Blut w�hrend der Entwickelung und bei Constatirung der Bacterien noch keine Zeichen von F�ulniss zeigte, ist eine Verwechselung mit ge�w�hnlichen F�ulnissbacterien mit Sicherheit auszuschliessen, da letztere nach meiner Ansicht so verschieden von den Milzbrand-bacterien sind, dass bei einiger Erfahrung und Uebung �ber diesen Punkt eine Yerwechselung kaum m�glich ist.
Was f�r Ver�nderungen weiter noch mit den Milzbrand-bacterien vor sich gehen k�nnen, darauf werde ich bei Er�rter�ung der mophologischen Eigenschaften der Bacterien noch ein�mal zur�ckkommen.
Sind wir nun berechtigt, die Bacterien beim Milzbrande ohne Weiteres als das Milzbrandgift oder als die Tr�ger dieses Giftes zu betrachten? Bekanntlich wurde diese Frage von Davaine entschieden bejaht und mit mannigfaltigen Beweis�mitteln zu st�tzen versucht. Der n�chste Weg, der bis jetzt leider ohne Erfolg betreten wurde, ist der, dass man die st�bchenf�rmigen K�rper isoliren und dann zusehen m�sste, ob dieselben allein im Stande seien. Anthrax zu erzeugen. Die ausserordentliche Kleinheit dieser Organismen liess unschwer voraussehen, dass solche Versuche misslingen w�rden. Diese K�rperchen wandern durch die gebr�uchlichen Filtrirapparate hindurch und wenn es richtig ist, was ich annehme und zu be�weisen versuchte, dass im Milzbrandblute ausser den st�bchen�f�rmigen K�rpern noch feinere Gebilde, die Keime der St�b�chen vorhanden sind, so liegt es auf der Hand, dass man auf
Dr. Bollinger. Pathologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0
-ocr page 78-
66
Zur Pathologie des Milzbrandes.
dem angedeuteten quot;Wege der Isolirungsversuche schwerlich zu einem positiven Resultate gelangen wird.
So hat z. B. H. Hoffmann (1. c.) k�nstliche Filtrationen milzbrandigen Blutes mittelst doppelten Papiers versucht, was aber nicht gelang. Die Bacterien gingen massenhaft durch den Filter, das benutzte Hammelblut blieb stark contagi�s bei der Inoculation.
Nachdem schon Brauell1^ constatirt hatte, dass Blut ohne st�bchenf�rmige K�rper von den Embryonen der an Milzbrand umgestandenen Pferde und Schafe auf Schafe und F�llen geimpft, keinen Milzbrand hervorbringe, hat Davaine2) an tr�chtigen Meerschweinchen �hnliche Beobactungen gemacht. Er fand, dass das Blut der Embryonen milzbrandiger Thiere frei von Bacterien und unt�hig war, Milzbrand zu erzeugen. Es scheint demnach die Placenta einen physiologischen Filtrirapparat darzustellen, welcher das Gift nicht in den f�talen Kreislauf gelangen l�sst.. quot;Wollte man daraus den Schluss ziehen, dass das Milzbrandgift ein physikalischer K�rper und durchaus nicht chemisch gel�st im Blute des Mutterthieres vorhanden sein k�nne, wie es D a -vaine direct thut, so lassen sich auch dagegen erhebhche Ein�wendungen machen. W�hrend der Uebergang k�rperlicher Substanzen z. B. von Farbstoffen aus dem m�tterlichen Kreis�laufe in den f�talen trotz der negativen Befunde von Ho ff mann und Langerhans3) nach denBeobachtungen von Reitz4) kaum zweifelhaft ist, hat Gusserow6) experimentell nachgewiesen, dass selbst gel�ste Stoffe wie Jod entweder gar nicht oder nur sehr allm�hlig und langsam aus der Mutter in die Frucht �ber�gehen.
'Es kann demnach nicht auffallen, wenn die st�bchenf�rmigen K�rper nicht von dem Mutterthiere auf die Frucht �bergehen.
I
raquo;) Virchow's Archiv. B. 14. p. 459. 1858.
s) Recueil de med. vet. 1868. p. 199. lt;
8) Virchow's Archiv. B. 48. p. 304. 1869.
*) Centralblatt f�r die medic. Wissenschaft. 1868, p. 654.
6) Archiv f�r Gyn�kologie. B. III. H. 2. Separatabdruck.
-ocr page 79-
Experimentelles �ber d. st�bchenf�rmigen K�rperchen im Blute etc. 67
obwohl die M�glichkeit nicht abzuleugnen ist. Weit gewich�tiger sind die Impfresultate: wenn solches f�tale Blut ohne St�bchen keinen Milzbrand hervorbringt, dagegen das bacterien-haltige m�tterliche, so liegt darin eine gewichtige Thatsache, welche f�r die -virulenten Eigenschaften der St�bchen spricht. Nach den oben angef�hrten Versuchen w�re es anderseits immer�hin denkbar, dass das Milzbrandgift selbst gel�st im Blute der Mutterthiere vorhanden sein k�nne und bei dem raschen Ver�laufe der Krankheit nicht Zeit finde, in das f�tale Blut �ber�zugehen.
Meine Versuche best�tigen demnach die Angaben von Brau eil und Bouley, wornach man unter Umst�nden mit Milzbrandblut ohne st�bchcnf�rmige K�rper durch Impfung auf andere Thiere (Kaninchen) �chten Milzbrand erzeugen kann und zwar so, dass das Blut derartig geimpfter Thiere im Leben und im Tode die charakteristischen Milzbrandbacterien enth�lt. Entgegen der Ansicht der beiden-genannten Forscher, welche daraus schliessen, dass die st�bchenf�rmigen K�rper (Bacterien oder Bacteridien) nicht das Milzbrandgift bilden, erkl�re ich die angef�hrten Impfresultate auf Grund meiner Beobachtungen dadurch, dass das Milzbrandblut beim Mangel der Bacterien in solchen F�llen schon kleinste Gebilde � die Bacterienkeime � enth�lt, welche in den Impfthieren die Entwickelung der Bacterien bedingen.
Umgekehrt kann man mit bacterienhaltigem Milzbrandblute durch Impfung �chten Milzbrand erzeugen, ohne dass das Blut der Impfthiere Bacterien enth�lt, wohl aber die genannten Bac�terienkeime , welche dann postmortal ausserhalb des Thierk�r-pers zu charakteristischen Cylinder-Bacterien sich entwickeln k�nnen.
Die negativen Befunde in Bezug auf das Vorkommen der Bacterien im Blute milzbrandiger Thiere, welche an dieser Krankheit gestorben sind, lassen sich meistens als Beobachtungs�fehler erkl�ren, da nachgewiesenermassen die Milzbrandbacterien auch local im K�rper � nur auf gewisse Gebiete beschr�nkt � vorkommen k�nnen.
5*
-ocr page 80-
68
Zur Pathologie des Milzbrandes.
Bei dem nahezu corstanten Vorkommen der charakteristischen Bacterien und Bacterienkeime im Blute milzbrandiger Thiere mit K�cksicht auf die vielfachen Impfversuche und auf den ex�quisiten Charakter des Milzbrandes als einer Blutkrankheit, ist man berechtigt, die genannten Organismen als das Milzbrand�gift zu betrachten, besonders wenn der Nachweis gelingt, dass die klinischen und pathologisch-anatomischen Ver�nderungen beim Milzbrande mit den bekannten physiologischen Eigenschaften der Bacterien im Einkl�nge stehen, wenn also der Zusammen�hang zwischen Ursache und Wirkung eine physiologische Be�gr�ndung zul�sst.
-ocr page 81-
IV. Zur Morphologie der Milzbrand-Bacterien.
Nachdem wir im Vorhergehenden �ber das Vorkommen und die Beziehungen der Milzbrand-Bacterien zum Milzbrande unsere Erfahrungen mitgetheilt, wollen wir � versuchen, diese eigenth�mlichen Gebilde n�her zu charakterisiren.
Die Bacterien, wie sie im Blute milzbrandiger Thiere vor�kommen, sind in der Regel gerade, seltener leicht gebogene oder stumpfwinkelig eingeknickte, cylindrische, st�bchenartige K�rperchen, die in der grossen Mehrzahl 7�12 Mikromillimeter (u)1) lang sind, also ungef�hr in ihrer L�nge dem Durchmesser rother und weisser Blutk�rperchen entsprechen. (Tafel I. Fig. 1). In frischem Zustande unmittelbar aus dem Thierk�rper unter�sucht sind sie von kaum messbarer Breite, dagegen im auf�gequollenen und eingetrockneten Zustande bis zu 0,8�1,0 ,u breit. (Tafel T. Fig. 2). Der Breitendurchmesser ist bei s�mmt-lichen ohne R�cksicht auf die L�nge der St�bchen vollkommen gleich. Ausser diesen Cylinder- oder Mesobacterien finden sich als Zwischenglieder kleinere Formen jedoch in geringerer Zahl von 2�3�5 /i L�nge bis herab zu den kleinsten unmessbaren Formen, die bei gew�hnlicher Vergr�sserung (Hartnack Syst. 7.
*) 1 Mikromillimeter (fi) = 0,001 Millimeter.
-ocr page 82-
i
70
Zur Pathologie des Milzbrandes.
i
Ocul. 3.) als feine Punkte, bei st�rkerer Vergr�sserung jedoch als sogenannte Mikrobacterien oder Kugelbacterien mit allen chemischen und optischen Eigenschaften der Cylinderbacterien zu erkennen sind. Gr�ssere Bacterien, welche die angegebenen Maasse �berschreiten, sind seltene Befunde und solche von 50 /t L�nge, wie sie vonDavaine angegeben werden, sind mir nie�mals zu Gesicht gekommen. Ihrem weiteren Aussehen nach sind sie blass, von matter Lichtbrechung und niemals verzweigt; eine scheinbare Verzweigung entsteht nicht selten durch An-einanderlagerung zweier St�bchen.
Frische St�bchen zeigen bei mittlerer und st�rkerer Ver�gr�sserung (Hartnack Syst. 7 und 9, Ocul. 3) keine GUederung oder es ist dieselbe nur hie und da und schwierig zu erkennen. Dagegen sieht man bei sehr starker Vergr�sserung � 8CD bis 1200facher � (Hartnack. Immers. 11. Ocul. 3 und 4) an jedem St�bchen mehr oder weniger deutlich den gegliederten Bau. (Fig. 2, 3 und 4). Durch verschiedene Methoden, namentlich durch Auf�quellen mit Wasser1) und nachherige Eintrocknung, sowie w�h�rend des Zerfalles der St�bchen l�sst sich die Gliederung sehr deutlich machen, und man bemerkt, dass jedes St�bchen aus kugeligen oder kurzcylindrischen Gliederzellen � Kugelbacterien � zusammengesetzt ist. Durch dieselbe Methode l�ast sich auch h�ufig eine Differenzirung des Inhaltes nachweisen: in dem blass contourirtcn K�rper sieht man dann einen dunklen Inhalt, das geronnene Plasma. Im frischen Bacterium fehlt dagegen eine solche Differenzirung zwischen Plasma und H�lle vollkommen. Ausserdem findet man bei Aufl�sung der Cylinder nicht selten die einzelnen Glieder durch eine �usserst zarte, blasse, ^membranartige Br�cke zusammengehalten, welche nur die H�lle verbindet. Letzteres Verh�ltniss ist namentlich bei der Bewegung derartiger K�rperchen in einem Fl�ssigkeitsstrome deutlich zu erkennen.
') H. Hoffmann (1. c.) sah ebenfalls die Milzbrandbacterien durch Wasser um das Doppelte anschwellen , ohne dass sie sonst ihre Form ver�nderten.
-ocr page 83-
Morphologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 71
Die Milzbrandbacterien zeigen niemals Bewegung, auch wenn man sie unter Verh�ltnisse bringt, die denen des leben�den K�rpers entsprechen, wenn man sie bis zur Bluttemperatur erw�rmt. Die �fters zur Beobachtung kommenden scheinbaren Bewegungen � besonders der kleineren, seltener der gr�sseren Formen � lassen sich ohne Ausnahme durch von aussen kom�mende Einfl�sse erkl�ren oder sind einfache Molekularbeweg�ungen.
Eine der wichtigsten chemischen Eigenschaften der Milz�brandbacterien ist ihre ausserordenthche Resistenz gegen die verschiedensten Keagentien.
Durch Wasserzusatz werden sie Anfangs nicht ver�ndert, nur deutlicher sichtbar; bei l�ngerer Wassereinwirkung quellen sie in der Regel nach L�nge und Breite erheblich auf; beson�ders der Breitendurchmesser nimmt um das 3�4fache zu (Fig. 2, 3 und 4). Durch Alcohol und Aether wird der Dicken�durchmesser geringer, die St�bchen werden feiner und schwerer sichtbar. Durch Glycerin werden sie ausserordentlich blass, lassen sich jedoch in luftdicht verschlossenen Pr�paraten 4 Jahre und dar�ber conserviren.
Durch verd�nnte S�uren und Alkalien werden sie wenig ver�ndert, ebenso nicht durch concentrirte Essigs�ure, wodurch sie h�chstens etwas d�nner werden.
Unter Einwirkung concentrirter Alkalien und S�uren (Aetz-kali, Natronlauge, Schwefels�ure und Salpeters�ure) werden sie schwerer sichtbar; dagegen erst bei l�ngerer Einwirkung zerfallen sie in der Mehrzahl durch diese Fl�ssigkeiten in ihre Segmente und punktf�rmige Glieder, ebenso wenn man sie mit diesen Fl�ssigkeiten kocht. Die isolirten punktf�rmigen Gebilde � Kugelbacterien, Bacterienkeime � verhalten sich chemisch und optisch in jeder Beziehung wie die Cylinderbacterien.
Von anderen form�hnlichen Gebilden im Blute, z. B. von nadeif�rmigen Blutkrystallen, die haupts�chlich im Pferdeblut leicht entstehen und �fters zu Verwechselungen Anlass geben, lassen sich die Bacterien leicht unterscheiden: erstere ver�schwinden auf Zusatz von Essigs�ure sofort, w�hrend die Bac-
-ocr page 84-
72
Zur Pathologie des Milzbrandes.
terien deutlich sichtbar bleiben. Durch Zusatz von etwas destil-lirtem quot;Wasser zu frischem Blute werden die Bacterien leichter sichtbar.
Will man die Milzbrand-Bacterien conserviren, so geschieht dies am zweckm�ssigsten durch rasches Eintrocknen in d�nnen Lagen an offener Luft sei es mit oder ohne vorherigem Wasser�zusatz. Im ersteren Falle wird der plasmatische Inhalt h�ufig deutlich sichtbar. Nach 3 Monaten sind derartig aufbewahrte Bacterien noch vollkommen erhalten.
Zerst�rt werden die Milzbrandbacterien am sichersten durch F�ulniss, deren Eintritt nach Massgabe �usserer Einfl�sse (Luft�zutritt, �ussere Temperatur) verschieden rasch geschieht. Ver�folgt man diesen Yorgang des Zerfalls unter dem Mikroskope, so werden die Bacterien immer blasser und schwerer sichtbar, zerfallen dann in St�cke und verschwinden schliesslich ganz. Mit dem Auftreten der F�ulnissbacterien, die sieh durch ihre lebhafte Bewegungsf�higkeit (wenigstens des gr�ssten Theiles), sowie durch ihre Vielgestaltigkeit und das Vorherrsehen von Kugelbacterien scharf trennen lassen, sind die Milzbrandbac�terien vollkommen verschwunden.
Aus der geschilderten Aufeinanderfolge der F�ulnissbac�terien auf die Milzbrandbacterien erkl�rt sich die irrige Annahme von Braueil, dass die bewegungslosen Milzbrandbacterien sp�ter, in der Regel drei Tage nach dem Tode Bewegung an�nehmen.
Mit dem Verschwinden der Milzbrandbacterien und dem Auftreten der F�ulnissbacterien erlischt auch die Virulenz des Milzbrandblutes, d. h. es producirt bei der Impfung keinen Milzbrand mehr, sondern ist entweder ohne Wirkung oder er�zeugt putride Infection (Septic�mie).
In ihrem chemischen Verhalten gegen Reagentien unter�scheiden sich dagegen die F�ulnissbacterien nicht von den Milzbrandbacterien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; quot;#9632;
San son1), einer der heftigsten Gegner Davaine's, wollte
') Recueil de med. vet. 1871 und �sterr. Vierteljahrsschrift f. wiss. Vet.-Kunde. B. XXXVI. 1871. p. 122.
-ocr page 85-
Morphologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 73
durch Versuche nachgewiesen haben, dass, wenn man die be�weglichen Bacterien des Heuaufgusses in einen Bluttropfen �bertreten l�sst, die Bewegung sogleich aufh�rt und umgekehrt, dass wenn man zu den unbeweglichen Bacterien des Milzbrand�blutes Wasser zuleitet, eine Bewegung in denselben eingeleitet wird. Wenn Sans on daraus folgert, dass die Bacterien und Bacteridien (F�ulnissbacterien und Milzbrandbacterien) die gleichen Wesen sind, so muss ich dem bestimmt widersprechen und zwar auf Grund von Versuchen, deren Ergebnisse den mitgetheilten San son's geradezu widerspricht. Ich sah bei den beweglichen Bacterien des Heuaufgusses durch Zusatz von Blut keine St�rung ihrer Beweglichkeit eintreten und umge�kehrt bewegen sich die Milzbrandbacterien niemals, wenn man ihnen W�sser zuleitet.
Wenn Ho ff mann (1. c. p. 327) sagt, die Milzbrand�bacterien seien, soweit das Auge reicht, in keiner Beziehung verschieden von jenen, wie sie auch in der saueren Milch oder in fauler Fleischfi�ssigkeit vorkommen, so kann ich mich dieser Ansicht ebenfalls nicht anschliessen, wenigstens insofern nicht, als es das Gesammtbild betrifft, welches man bei einer ver�gleichenden Untersuchung dieser 3 Fl�ssigkeiten � des Milz�brandblutes, der saueren Milch und faulen Fleischwassers � erh�lt. Allerdings finden sich in den beiden letztgenannten Fl�ssigkeiten einzelne Bacterien, welche denjenigen des An-thraxblutes sehr �hnlich sind, jedoch das ganze Bild ist we�sentlich verschieden. Die Bacterien der faulen Fleischfl�ssigkeit und der saueren Milch zeichnen sich aus durch ihre grosse Be�wegungsf�higkeit, ihre Vielgestaltigkeit, � neben einer Unzahl der kleinsten Formen (Mikrobacterien, Kugelbacterien, Zoogloea-haufen) finden sich kettenf�rmige gr�ssere, auch bei mittlerer Vergr�sserung sehr deutlich gegliederte Cylinderbacterien bis zu den gr�ssten Formen, die an L�nge den Durchmesser des Gesichtsfeldes �bertreffen, ferner spiralige Formen. Beim Milz�brande dagegen sind, die Bacterien ohne Bewegung, von einer gewissen Gleichartigkeit der Form, der L�nge sowie des gan�zen Habitus, von einer schwierig nachweisbaren Gliederung.
I:
.
-ocr page 86-
74
Zur Pathologie des Milzbrandes.
#9632;
Die Bacterien der saueren Milch zeigen nur vereinzelte gr�ssere, dagegen zahlreiche sehr kleine, in lebhafter Bewegung be�griffene Bacterien. Ebenso sind die Bacterien der faulen Fleisch�fl�ssigkeit wesentlich unterschieden durch die grosse Menge von Kugelbacterien, lebhafte Bewegungsf�higkeit, die h�ufige deutliche kettenarHge Grliederung und die sehr grossen Bacte-rienformen, die im Milzbrandblute niemals vorkommen.
Aus den oben angegebenen Grossen- und Zahlenverh�lt�nissen scheint mir ferner hervorzugehen, dass die Bemerkung Hoffmann's, dass die Massangaben �ber L�nge und Breite fast werthlos seien, da sie in die Grenzen der Beobachtungs�fehler fallen, f�r die Milzbrandbaeterien nicht vollkommen zu�treffend ist.
Ich w�rde demnach den gegenw�rtigen Stand unseres Wissens �ber die Milzbrandbaeterien ungef�hr so formuliren:
Die eigenth�mlichen st�bchenf�rmigen Gebilde, die sich im Blute milzbrandkranker Thiere im Leben und im Tode finden, geh�ren zu jener Gruppe von Organismen, die als Schizomy-ceten, Spaltpilze (N�geli und de Bary) bezeichnet werden. Als Glieder jenes zwischen Pflanzen- und Thierreich stehenden dritten organischen Reiches, der Profiten oder Urwesen (Hacke 1) n�hern sich die unbeweglichen Milzbrandbaeterien mehr der pflanzlichen als der thierischen Natur.
Die Milzbrandbaeterien bestehen wie alle Bacterien aus Zellen von rundlicher oder kurz cylindrischer Form (Kugel�bacterien oder Microbacterien). Daneben finden sich als kleinste Formen isolirte Kugelbacterien, welche als die Bacterienkeime betrachtet werden k�nnen. Letztere vermehren sich fortw�h�rend durch Zweitheilung und setzen zu Reihen vereinigt die St�bchen (Cylinderbacterien, Mesobacterien) zusammen, welche an allen Punkten gleichm�ssig durch Zelltheilung wachsen.
Die Vermuthung von F. Cohn1), dass die contagi�sen Bacterien alle in die Klasse der Kugelbacterien geh�ren und
III til
l) Eeferirt von Waldeyer: Archiv f�r Gyn�kologie. B. HI. p. 295. 1872.
-ocr page 87-
Morphologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 75
dass hieher vielleicht auch die Bacteridien Davaine's zu rechnen seien, kann ich somit f�r die Milzbrandbacterien be�st�tigen.
Die Milzbrandbacterien, deren Gliederung �brigens schwie�rig zu erkennen ist, sind ebenso wie die F�ulnissbacterien aus�gezeichnet durch ihre grosso Kesistenz gegen chemische Rea-gentien sowie dadurch, dass ihr Vorkommen, ihre Entwicklung und Vermehrung an Sauerstoff gebunden ist. Dagegen unter�scheiden sie sich von den F�ulnissbacterien wesentlich durch ihre Unbeweglichkeit, durch den Mangel an Vielgestaltigkeit und abgesehen von ihren physiologischen Eigenschaften dadurch, dass sie durch F�ulniss zerst�rt werden.
Schon die Thatsache, dass die Milzbrandbacterien durch die F�ulniss zerst�rt werden, w�hrend die F�ulnissbacterien gerade mit diesem Proc'esse und als Ursache desselben sich entwickeln, im Zusammenhalt mit dem Umstand, dass im fri�schen bacterienhaltigen Blute milzbrandiger Thiere niemals die Erscheinungen der F�ulniss zu finden sind, d�rfte beweisen, dass die Milzbrandbacterien etwas Besonderes darstellen. Ich glaube, dass die bisherigen Ergebnisse auf dem Boden stehen, welcher in der Bacterienfrage durch N�geli und de Bary und besonders durch die massgebenden Untersuchungen von H. Hoffmann und F. Cohn gegeben ist.
Ohne dem endg�ltigen Urtheile der Botaniker vorzugreifen und ohne an dieser Stelle �ber die genetischen Beziehungen dieser K�rperchen zum Milzbrande etwas zu pr�judiciren, sind wir demnach berechtigt, dieselben als eine besondere Art an�zusehen und w�rde vielleicht der Name Milzbrandbacte-rium = Bacterium anthracicum � passend erscheinen.
Die Er�rterung der physiologischen Wirkung der Milz�brandbacterien auf den lebenden thierischen Organismus, zu der wir am Schl�sse dieser Untersuchung gelangen, wird uns f�r die Richtigkeit unserer Aufstellungen weitere Argumente an die Hand geben und auch ein sicheres Urtheil �ber die Beziehungen dieser kleinsten Gebilde zum Milzbrande erm�g�lichen.
.
-ocr page 88-
T
t.
V.
Die Entstehung und Contagiositat des Milzbrandes.
� Die Tenacit�t des Contaginms und die Zerst�rung
desselben. � Impfungen auf Thiere anderer Klassen.
Der Genuss milzbrandigen Fleisches.
Ueber die Entstehung des Milzbrandes gehen die An�sichten ebenso auseinander wie �ber das Verh�ltniss der Bacterien.
quot;W�hrend fr�her auf die miasmatische Entstehung des Milz�brandes der Hauptaccent gelegt und die Entwicklung auf dem quot;Wege der Contagion mehr in den Hintergrund gedr�ngt wurde, bek�mpft Davaine1) entschieden die spontane Entwicklung des Anthrax und will alle F�lle, die sich nicht durch directe Ansteckung erkl�ren lassen, auf dem quot;Wege der Uebertragung durch Fliegen entstehen lassen. Bei der Diskussion �ber dieses Thema in der Pariser Akademie stellte sich Bicord auf Seite Davaine's, indem er daraufhinwies, dass sich auch in vielen F�llen von Syphilis die Ansteckung nicht nachweisen lasse, ohne dass man desshalb an eine spontane Entstehung denken d�rfe.
F�r die beschriebenene Enzootie zu Werikon glaube lt;ich wahrscheinlich gemacht zu haben, dassquot;quot;die Anthraxf�lle in erster Linie durch Ansteckung und zwar verschleppte zu ---------------
') Bulletin de l'Acad. des scienc. XXXV. p. 471. Juin 15. 1870.
-ocr page 89-
Die Entstehung und Contagiosit�t des Milzbrandes etc. 77
erkl�ren seien, so dass man zur Annahme einer Uebertragung durch Fliegen im Sinne Davaine's nicht seine Zuflucht zu nehmen brauche. Da die Mehrzahl der F�lle �berdies zu einer Jahreszeit vorkam, wo von Fliegen kaum die Rede sein kann, so wurde schon erw�hnt, dass eine derartige Fortpflanzung des Milzbrandgiftes �berhaupt schwierig zu vertheidigen sei. Auf der anderen Seite ist die Entstehung der beiden F�lle zu Nie-deruster und Bermatschwyl, wie schon fr�her hervorgehoben, einer allseitig ausreichenden Erkl�rung nicht minder schwer zug�nglich. Der erste Fall zu Niederuster kam am 10. Mai 1869, 6 quot;Wochen nach einem Milzbrandfalle (III.) zu Werikon, der zweite zu Bermatschwyl am 26. Februar 1872, 12 Tage nach einem Milzbrandfalle zu Werikon zur Beobachtung.
In Anbetracht der Jahreszeit (Februar und Mai), in welcher diese F�lle vorkamen, d�rfte eine Uebertragung des Giftes durch Fliegen mit Sicherheit zur�ckzuweisen sein. Dagegen l�sst sich ein Zusammenhang dieser F�lle mit der Enzootie in Werikon plausibel machen, wenn man die zeitliche Aufeinander�folge , die geringe Entfernung dieser Orte (Niederuster hegt ungef�hr 'lz Stunde, Bermatschwyl ungef�hr raquo;/laquo; Stunden von Werikon entfernt), in Anschlag bringt und endlich noch den Umstand, den ich ebenfalls fr�her schon andeutete, dass eine Verschleppung des Contagiums durch den wahrscheinlichen Ver�kauf des Fleisches der milzbrandigen Thiere zu Werikon sehr leicht erm�glicht wurde. Hatte ja doch auf diesem Wege, wie wir sp�ter h�ren werden, in dem benachbarten D�rfchen N�ni-kon durch den Fleischverkauf Ansteckung eines Menschen und Tod desselben durch Anthrax stattgefunden.
So gerechtfertigt es im Allgemeinen und namentlich aus praktischen und polizeilichen Gr�nden sein mag, wenn man in jedem Falle von Milzbrand die Entstehung durch Ansteckung zu beweisen versucht, so geht Davaine doch nach meiner Meinung zu weit, wenn er die spontane Entstehung der An�thrax �beraupt verwirft. Bei der anerkannten Malarianatur des Milzbrandes muss eine spontane Entstehung dieser Krankheit durch Bodenverh�ltnisse, welche der Entwicklung und Er-
.
-ocr page 90-
78
Zur Pathologie des Milzbrandes.
;
zeugung des Milzbrandgiftes g�nstig sind, anerkannt werden. Dagegen liegen zahlreiche Thatsachen vor und wie ich glaube spricht die Greschichte der Milzbr^ndenzootie zu quot;Werikon eben�falls daf�r, dass vielleicht die gr�sste Zahl der Milzbrandf�lle durch Ansteckung entstehen, mag nun das Contagium durch mangelhafte Desinfection, durch den Aderlass oder indirect bei Gelegenheit des Genusses milzbrandigen Fleisches oder endlich auf dem quot;Wege der Uebertragung durch Fliegen stattfinden. Keinenfalls spielt jedoch die Uebertragung durch Fliegen die grosse Rolle, die ihr Davaine zutheilt und ebensowenig die Verschleppung des Giftes im Sinne Raimbert's, wornach die Fliegen nicht durch ihren Stich, sondern durch ihre Glieder (F�sse, Fl�gel) das Gift von einem Thiere auf das andere �bertragen.
quot;Wir haben ferner bei Besprechung der Enzootie zu quot;Weri-kon feststellen k�nnen, dass auch der Stallboden nicht die�jenige quot;Wichtigkeit als Ansteckungsherd besitzt, als man hie und da anzunehmen geneigt ist. Ebensowenig ist es uns ge�lungen in dem Trinkwasser die Quelle der Infection zu finden, wie es von Bender (1. c.) angenommen wurde.
F�r die geringe Contagiosit�t des Milzbrandes l�sst sich geltend machen, dass bei Gelegenheit der vielfach angestellten Impfversuche zuf�llige Ansteckungen nicht beobachtet werden. So erz�hlt Brau eil 2) unter Anderem, dass bei seinen grossen Versuchsreihen ungeimpfte Thiere oft l�ngere Zeit mit geimpf�ten erkrankten und umgestandenen in demselben R�ume zu�sammenstanden , ohne dass jemals die Erkrankung eines unge-impften Thieres beobachtet wurde.
Ich habe nun bei meinen Versuchen eine gegentheilige Erfahrung gemacht, welche die Contagiosit�t des Milzbrandes sehr pr�gnant illustrirt und gleichzeitig als ein Beweis f�r die Richtigkeit meiner Aufstellungen �ber die Genese der Enzootie
i|
�) Comptes rendus LX1X. Nr. 15. 1869. quot;) Virchow's Archiv B. XIV. p. 434.
-ocr page 91-
Die Entstehung und Contagiosit�t des Milzbrandes etc. 79
zu Werikon gelten mag. Das Thats�chliche dieses wichtigen Falles von spontaner Infection ist folgendes:
XIX. 4 M�rz 1872. Apoplectiformer Milzbrand bei einem Ziegenbock.
Spontane Infection durch Aufenthalt in einem Stalle, in dem vorher ein an Impfmilzbrand er�kranktes Thier gestanden hatte. � Im Blute die charakteristischen Milzbrandbacterien.
Einem ^j�hrigen gesunden Ziegenbocke wurde am 1. M�rz 1872 zum Zwecke eines anderweitigen Versuches etwas Saft einer kranken Eindslunge (Lungenseuche) theils subcutan am linken Oberschenkel, theils direct in die Luftr�hre injicirt. Zu letzterem Zwecke wurde eine kleine Hautwunde an der Vor�derseite des Halses gemacht, welche durch mehrere Secturen sorgf�ltig vereinigt wurde.
Das Thier zeigte darnach keine Krankheitserscheinungen, war von gewohnter Munterkeit und guter Fresslust. Die regel-m�ssig vorgenommenen Temperaturmessungen zeigten keine Abnormit�t, kein Fieber und noch am 3. M�rz Morgens 10 Uhr war die im After gemessene Temperatur vollkommen normal, wie auch im �brigen Befinden des Thieres keine Ver�nderung bemerkt werden konnte. Um 11 Uhr erfolgte pl�tzlich der Tod.
Die Section, welche 21 Stunden nach dem Tode, am 4. M�rz Morgens 8 Uhr an dem vollkommen frisch erhaltenen Cadaver vorgenommen wurde, ergab folgenden Befund:
Massig gen�hrtes, kr�ftig gebautes Thier. Nach Entfernung der Haut finden sich die Impfstellen am linken Oberschenkel sowie die Halswunde und deren Umgebung kaum ver�ndert, nur leicht ger�thet. In der Maulh�hle, im Rachen und Schlund nichts Abnormes. Die Schleimhaut des Kehlkopfes und der Luftr�hre massig ger�thet; an der Injeetionsstelle keine beson�dere Ver�nderung. In den gr�sseren Bronchien findet sich reichlicher blutiger Schaum. Die Schleimhaut daselbst eben�falls etwas injicirt und leicht verdickt.
-ocr page 92-
h i
80nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
Die Lungen von geh�riger Grosse, Oberfl�che normal. Auf der Schnittfl�che erscheint das Gewebe blut- und saftreich, von dunkelbraunrother Farbe und durchweg lufthaltig.
Im Herzbeutel etwas blutiges Serum. Die Herzkammfirn sowie die gr�sseren Gef�sse enthalten dunkelbraunrothes, theils fl�ssiges theils locker geronnenes Blut. Die Herzklappen, das Endo- und Pericardium sowie der Herzmuskel ohne Ver�n�derung.
Die Milz ist unbedeutend vergr�ssert, von sehr weicher Consistenz und dunkelbraunrother Farbe. Die Leber von schlaff welker Beschaffenheit, graubrauner Farbe, ziemlichem Blutreichthum und grosser Br�chigkeit. Die Gallenblase ist prall gef�llt mit d�nnfl�ssiger gelber Galle. Die Nieren sehr blutreich, welk und auf dem Durchschnitte von tr�bem un�durchsichtigen Aussehen.
Die 3 ersten Magen enthalten dickbreiige gr�ne Futter�massen , ebenso der Labmagen, pie Schleimhaut allenthalben von graubraunrother Farbe, etwas �demat�s und im Labmagen mit einigen Ecchymosen versehen. Im D�nn- und Dickdarme reichlicher d�nnfl�ssiger Inhalt, die Schleimhaut sehr br�chig, ausserdem normal.
Bei der mikroskopischen Untersuchung des Blutes, welches in keiner Richtung Spuren von beginnender F�ulniss oder Zer�setzung zeigte, finden sich die charakteristischen Milzbrand-bacterien in grosser Masse.
Nach dem erz�hlten Befunde kann es keinem Zweifel un�terliegen, dass wir es hier mit einem Falle von Milzbrand zu thun haben. Ich hebe noch ausdr�cklich hervor, dass die klei�nen operativen Eingriffe, die an dem Thiere 3 Tage vor seinem Tode vorgenommen wurden, mit vollkommen reinen Instru�menten vorgenommen wurden, eine directe Inoculation des Milzbrandgiftes auf diesem Wege also mit grosser Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Dagegen- war das Thier neu in den Stall eingestellt worden, wo 6 Tage vorher, am 24. Fe�bruar, ein anderer Ziegenbock (Fall XVI. Impfung 4) an Impfmilzbrand zu Grunde gegangen war. Die angeordnete
II
-ocr page 93-
Die Entstehung und Contagiosit�t des Milzbrandes etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 81
Reinigung und Desinfection war, wie sich herausstellte, von dem quot;W�rter in h�chst ungen�gender Weise vorgenommen worden und so erkl�rt sich die Infection mit dem Milzbrand�gifte, welches offenbar noch am Boden und den Wandungen des Stalles haftete, auf die einfachste quot;Weise. Dass das Gift entweder mit der Nahrung oder mit der Athmungsluft in den K�rper aufgenommen wurde und nicht auf dem Wege der kleinen Halswunde, scheint mir daraus hervorzugehen, dass weder hier noch an der Impfstelle des Hirterschenkels eine Ver�nderung (Karbunkel) nachzuweisen war, die man bei einer derartigen Infection erwarten konnte. In hohem Grade auf�fallend muss es jedoch bleiben, dass das Thier nicht die ge�ringsten Krankheitssymptome namentlich keine Ver�nderung der Temperatur zeigte bis kurz vor seinem Tode. Es geh�rt daher dieser seltene Fall zu jener Gruppe von Milzbrandf�llen, die man als apoplectische zu bezeichnen gewohnt ist.
Auch Davaine1) sah ebenso wie Braueil bei einer grossen Zahl von Thieren (Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten, M�use), welche denselben Stall wie seine mit Milzbrandblut geimpften Thiere bewohnten, niemals Milzbrand auftreten, ohne dass sie geimpft waren. Dagegen will er durch Zusammen�wohnen verschiedener Thiere eine contagi�se Uebertragung der septischen Krankheit beobachtet haben, an welcher die Thiere (Kaninchen und Meerschweinchen) starben. quot;Wenn Davaine dann in der Contagiosit�t der septischen Krankheit gegen�ber der Nichtcontagiosit�t des Milzbrandes tiefe und charakteristi�sche Unterschiede zwischen beiden Krankheiten zu finden glaubt, so bin ich auf Grund meiner Erfahrungen gerade zu dem ent�gegengesetzten Resultate gelangt: der obige Fall bei dem Zie�genbocke (XXX.) beweist die Contagiosit�t des Milzbrandes so deutlich als m�glich, dagegen habe ich niemals bei einer gr�sseren Zahl von F�llen beobachtet, dass Kaninchen durch Zusammenleben mit septisch inficirten Thieren an Sepsis (putri-der Infection) zu Grunde gingen.
') Compt. rendus LXI. p. 368. 1865; Gazette de Paris p.560. 1865.
Dr. Bollinger, Patholugie .des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;O
-ocr page 94-
Hi
82
Zur Pathologie den Milzbrandes.
)hi
Ausserdem beobachtete ich bei einer gr�sseren Zahl von Thieren (Schweine, Ziegen, Kaninchen, Hunde, Schw�ne, H�hner und Tauben), die sich in anderen Abtheilungen meines Versuchstalles befanden, niemals irgend eine Erkrankung ohne Impfung. Man muss jedoch ber�cksichtigen, dass bei den meisten dieser Thiere der Milzbrand prim�r so gut wie gar nicht vor�k�mmt und dieselben gr�sstentheils auch gegen Impfungen sehr resistt senind.
Ich wende mich nun zur Schilderung weiterer Versuche, deren Aufgabe es war, �ber die Uebertragbarkeit des Milzbrandgiftes auf Thiere anderer Thierklassen Aufschluss zu geben und ausserdem die verschiedenen Wirkungen zu constatiren, welche man vermittelst ver�schiedener Aufbewahrungsmethoden milzbrandi�gen Blutes bei Impfungen beobachten kann. quot;Wir werden dabei Anlass finden, die Tenacit�t des Milzbrandcontagiums sowie die Zerst�rung desselben n�her zu er�rtern.
Von einer Reihe fr�herer Beobachter wurde schon auf ex�perimentellem Wege festgestellt, dass es gewisse Thiere gibt, die gegen das Milzbrandgift eine grosse Resi�stenz besitzen.
So hat B r a u e 11 *) nachgewiesen, dass Schweine f�r das ihnen eingeimpfte von Hcrbivoren stammende Milzbrandeonta-gium keine Empf�nglichkeit haben. Die allgemeine Annahme, wornach Schweine bei innerem Gen�sse von milzbrandigen Theilen eine grosse Empf�nglichkeit f�r Milzbrand zeigen, be�zieht sich wohl nicht auf den �chten Milzbrand, sondern auf diejenige Krankheit der Schweine, welche als Rothlauf be�schrieben wird. Wie wir sp�ter sehen werden, kommt der �chte Milzbrand beim Schweine wahrscheinlich gar nicht vor und Alles, was sich auf den Milzbrand der Schweine bezieht, geh�rt zu jener dem Schweine eigenth�mlichen Krankheit, dem Roth�lauf. � Brauell bewies ferner, dass-Carnivoren und V�-
i
'�
i !
') Oeaterreich. Vierteljahrschrift f. wias. Veterin�rkunde B. XXIII p. 117�129. 1865.
-ocr page 95-
Die Entstehung und Contagiosit�t des Milzbrandes etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;SB
gel (Katze, Fuchs, G�nse, Raben, Adler) f�r Milzbrandimpf�ungen sehr wenig empf�nglich sind. So hatte Braue 11 z. B. schon fr�her (1858) 10 Hunde ohne Erfolg geimpft.
Von Davaine und Anderen wurden �hnliche Erfahrungen gemacht, die ich ebenfalls durch folgende Versuche best�ti�gen kann:
X.VXI. Impfung 5. Hund. Wiederholte Impfung; mit frischem Mz-brandblute; ohne Erlolg.
Am 20. Februar 1872 wurde ein Hund mit 1 grmm. bacte-rienhaltigem Blut von einem am Tage vorher an Impfmilzbrand gestorbenen Kaninchen subcutan am R�cken geimpft. Das Thier blieb vollkommen gesund und das wiederholt untersuchte Blut zeigte mikroskopisch keine Bacterien.
Nach 9 Tagen � am 29. Februar � wurde an demselben Thiere eine zweite Infection versucht und zwar so, dass dem�selben 1 grmm. bacterienhaltiges Blut von einem an apoplecti-schen Milzbrande gestorbenen Rinde (XII.) direct in die linke Drosselvene injicirt wurde. Das Thier zeigte in den n�chsten Tagen ausser einer gewissen Depression und Schw�che keine krankhaften Ver�nderungen und erholte sich rasch wieder. Das �fters und zuletzt am 3. M�rz untersuchte Blut war bacte-rienfrei.
XXIII. ImpAing 6. Taube. Ohne Erfolg.
Am 24. Februar 1872 wurde eine Taube mit 0,25 grmm. bacterienhaltigen Blutes von einer milzbrandigen Ziege (XVI.) geimpft. � Das Thier bleibt vollkommen gesund.
mill. Impfung 7. Hahn. Ohne Erfolg
Am 1. M�rz 1872 wurde ein Huhn mit 0,5 grmm. von einem an apoplectischen Milzbrand umgestandenen Rinde (XII.) subcutan geimpft. Das Thier bleibt gesund.
Diesen absichtlichen Versuchen kann ich zwei weitere un�freiwillige hinzuf�gen, deren Objecte einer meiner Sch�ler und meine Person bildeten.
6*
-ocr page 96-
84
Zur Pathologie des Milzbrandes.
Der erstere war mit einer ziemlicli bedeutenden Verletzung an der Hand damit besch�ftigt, unter meiner Leitung den pl�tzlich verstorbenen Ziegenbock (XXX.) zu seciren, als erst w�hrend der Section durch die mikroskopische Untersuchung die Diagnose auf Milzbrand gestellt wurde. Die Wunde wurde sofort geh�rig gereinigt, mit Essigs�ure ge�tzt und heilte ohne irgend welche Complication.
Der zweite Fall ist folgender: Als ich die Section eines milzbrandigen Ochsen (IX.) beendet hatte, bemerkte ich bei Reinigung der H�nde am linken Daumen eine nicht unbedeu�tende leicht blutende Verletzung, die ich mir wahrscheinlich w�hrend der Section unbemerkt zugezogen hatte. Obgleich meine H�nde mindestens 3/4 Stunde mit Milzbrandblut bedeckt waren und Gelegenheit genug zu einer Infection gegeben war, zeigte die Wunde, die ich in Ermangelung eines Aetzmittels nur mit Wasser reinigte und etwas aussaugte, keine weitere Ver�nderung, sondern heilte in einigen Tagen ohne weiteres Zuthun.
Abgesehen von anderweitigen Erfahrungen verstehe ich demnach nicht, wie Kor�nyi dazu k�mmt, den Menschen als eminent disponirt zum Milzbrande zu bezeichnen. Ich meine gerade im Gegentheil, dass der Mensch wie die Carnivoren und Omnivoren �berhaupt gegen�ber der vielfachen Gefahr der Ansteckung eine sehr geringe Disposition besitzt. Daf�r spricht auch die grosse Zahl von Heilungen sowie der milde Verlauf zahlreicher F�lle von Milzbrand beim Menschen.
Ebenso wie die Uebertragungsversuche auf Hund und V�gel blieben auch diejenigen auf Batrachier ohne Erfolg:
!
XXXIV. Impfung 8. Frosch.
Einem kr�ftigen Frosche wurden am 20. Februar 1872 2 Tropfen bactericnhaltigen Blutes von-einem milzbrandigen Ka�ninchen (XIV.) subeutan am B�cken eingeimpft. Das wieder�holt in den n�chsten Tagen untersuchte Blut zeigte keine Ver��nderung. Der Tod erfolgte nach 14 Tagen, ohne dass sich
-ocr page 97-
Die Entstehung und Contagiosit�t des Milzbrandes etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 85
bei der Section eine auf Milzbrand bez�gliche Ver�nderung nachweisen Hess.
XXXV. Impfung 9, Frosch.
Ein Frosch wurde am 20. Februar 1872 in quot;Wasser gebracht, welches mit einigen Tropfen bacterienhaltigen Milzbrandblutes vermischt war. Oefters angestellte Blutuntersuchungen vom lebenden Thiere waren von negativem Resultate. Das Thier bleibt gesund.
XXX�I. Impfung 10. Frosch.
Ein Frosch wurde am 1. M�rz 1872 mit 0,25 grmm. bac�terienhaltigen Milzbrandblutes von einem milzbrandigen Rinde (XII.) geimpft. Die nach 2 Stunden vorgenommene mikros�kopische Untersuchung des Blutes ergab keine Ver�nderung, Nach 4 Tagen wurde das Thier todt gefunden; bei der Section fand sich blutig-ser�ser Inhalt in der Bauchh�hle, dagegen im Blute keine Milzbrandbacterien.
Im Anschl�sse an die Ergebnisse anderer Beobachter be�st�tigen diese Versuche, dass Hunde, V�gel und Amphi�bien1) f�r das Milzbrandgift, wenn es auf dem Wege der Impfung �bertragen wird, keine Empf�nglichkeit be�sitzen; besonders die Hunde widerstehen wiederholten Infectio-nen, auch wenn das Gift direct in das Blut injicirt wird.
Ich lasse nun die Impfungen folgen, wobei das Milzbrand�blut auf verschiedene Weise aufbewahrt verwendet wurde:
XXXYI1. u. XXXYIII. Impfungen 11 und 12. Kaninchen.
2 Kaninchen werden am 9. M�rz 1872 mit je 0,5 grmm. in beginnender F�ulniss begriffenen Blutes von einem milz�brandigen Rinde (XII.) subcutan geimpft. Das Blut war 11 Tage in einem verschlossenen Glase aufbewahrt worden und zeigte mikroskopisch keine Milzbrandbacterien, dagegen ein-
gt;:i
') Auch Davaine machte an Fr�schen zahlreiche Impfyersuche.
-ocr page 98-
86
Zur Pathologie des Milzbrandes.
zelne bewegliche F�ulnissbacterien. gesund.
Beide Thiere bleiben
miX. Impfung 13. Hund.
Demselben Hunde (XXXI), welcher die wiederholten In-fectionen mit frischem Milzbrandblute ohne Schaden �berstan�den hatte, wurde am 10. M�rz 1872, also 10 Tage nach der Injection in der Drosselvene, 2 grmm. faules Milzbrandblut (von Fall XII,) in die Drosselvene injicirt. Der Tod erfolgte nach 24 Stunden. Bei der Section fanden sich die Ver�nderungen, wie sie derputriden In fection zukommen: Tr�be Schwell�ung der paremchymat�sen Organe, leichte Milzvergr�sserung, blutiger Darminhalt, h�morrhagische Enteritis. Im Blute keine Milzbrandbacterien, dagegen vereinzelte kleinere F�ulniss�bacterien.
XL. Impfung 14. Kaninchen.
Von eingetrocknetem Milzbrandblute (XII.), welches auf einem Uhrglase 25 Tage lang an offener Luft aufbewahrt war und mikroskopisch zahlreiche charakteristische Milzbrandbacterien jedoch in beginnendem Zerfalle enthielt, wurde durch Zusatz destillirten Wassers eine L�sung bereitet und davon 1 grmm. einem Kaninchen am 21. M�rz 1872 subcutan injicirt.
Das Thicr zeigte keine St�rung seines Befindens und bleibt vollkommen gesund.
XLI. Impfung 15. Kaninchen.
Ein St�ck Milz von einem an apoplectischen Milzbrand ge�storbenen Rinde (XII) wurde drei Fuss tief in einer Wiese verscharrt .Nach 24 Tagen wurde dieselbe ausgegraben, eine kleine Partie der h�chst �belriechenden Masse, in welcher zahl�reiche F�ulnissbacterien sich fanden, mit destillirtem Wasser zerrieben und am 22. M�rz 1872 ein Gramm dieser Fl�ssigkeit einem Kaninchen subcutan injicirt.
Der Tod erfolgte nach 36 Stunden. Die Section ergab die Ver�nderungen der putriden Infection. Im Blute und in allen Organen F�ulnissbacterien.
^^
-ocr page 99-
Die Entstehung und Contagiosit�t des Milzbrandes, etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;87
ILII. Impfung 16. Kaninchen.
Ein Kaninchen wird am 10. April 1872 derart mit ein�getrocknetem Milzbrandblute (XVI) geimpft, dass eine Leinwand-faser mit so getrocknetem, 42 Tage altem Blute an der rechten Seitenbrust unter die Haut gezogen wurde.
Das Thier zeigte nicht die geringste krankhafte Erschein�ung und bleibt vollkommen gesund.
Ulli und XLIT. Impfungen 17 und 18. Katzen.
Zwei junge, ungef�hr 8 Tage alte Katzen wurden am 9. April 1872 mit je' 0,25 Gramm in destillirtem Wasser gel�stem, 41 Tage altem, an Pferdshaaren und Leinenfasern eingetrock�netem Milzbrandblute geimpft.
Die Thierchen zeigten keine krankhaften Erscheinungen und erhalten am folgenden Tage zum zweiten Male je 0,5 Gramm derselben Solution subcutan.
Die wiederholt vorgenommene Blutuntersuchung ergab keine Ver�nderung.
Nach 2 Tagen mussten die Thiere wegen Schwierigkeit in der F�tterung get�dtet werden. Ausser einem massigen Hydrops ascites fand sich keine wesentliche Ver�nderung, namentlich war das Blut normal.
Aus den zuletzt aufgef�hrten Impfversuchen (XXXVII bis XL1V) ergibt sich, dass faules Milzbrandblut niemals Milzbrand erzeugt; entweder bleiben die Thiere bei solchen Impfungen gesund oder sie sterben durch putride Infection (Septic�mie). Die Wirkung ist dieselbe, ob man das Blut in geschlossenen Beh�ltern aufbewahrt oder unter die Erde eingr�bt.
Ferner waren die Impfversuche mit langsam eingetrock�netem und aufgeweichtem Milzbrandblute � mochte die Ein�trocknung auf offenen Uhrschalen oder an Haaren oder Lein�wandfasern geschehen � immer ohne Erfolg1). Die negativen
') Eine Reihe weiterer ImpfVersuche mit eingetrocknetem Milzbrand�blut, in welchem die charakteristischen Bacterien noch zum Theil
-ocr page 100-
^
88
Zur Pathologie des Milzbrandes.
Impfresultate wurden im letzteren Falle auch dann beobachtet, wenn noch Milzbrandbacterien in derartig eingetrocknetem Blute vorhanden waren.
Aus diesen Versuchen folgern zu wollen, dass das Milz�brandblut durch Eintrocknen seine Virulenz einb�sse, w�re voll�kommen im Widerspruche mit dem Resultate anderer Versuche mit eingetrocknetem Blute, wie wir sie namentlich von D a vaine kennen.
Wenn man erw�gt, dass die �ussere Temperatur zur Zeit der Eintrocknung des oben verwendeten Blutes eine sehr nie�dere war und demnach die Austrocknung ziemlich langsam vor sich gehen musste und ferner noch, dass �berhaupt das Blut erst einige Tage (3�5) nach dem Tode der milzbrandigen Thiere der Eintrocknung ausgesetzt wurde, so gelangt man ohne Schwie�rigkeit zu der Annahme, dass dasselbe in Folge dieser Um�st�nde bei Beginn und w�hrend der Dauer der Eintrocknung in F�ulniss �bergegangen war. Immer, wenn die erz�hlten Impfungen erfolglos waren oder putride Infection erzeugten, waren die charakteristischen Milzbrandbacterien entweder schon in beginnendem Zerfall oder vollkommen verschwunden und durch P�ulnissbacterien ersetzt. Ich glaube also meine negativen Resultate durch Fehler in der Methode des Eintrocknens er�kl�ren zu d�rfen. Dasselbe d�rfte von den Versuchen gelten, bei welchen Bouley (1. c.) in seinem Berichte zu dem Schl�sse gelangte, dass eingetrocknetes bacterieiihaltiges Milzbrandblut seine InfectionsfiiHgkeit durch Austrocknen verliere und die�selbe beim Aufweichen in Wasser nicht wieder gewinne.
Wir kommen nun zur Frage von der Uebertr agbar-keit des Milzbrandgiftes durch den Fleischgenuss.
W�hrend der Genuss milzbrandigen Fleisches von vielen Autoren f�r h�chst gef�hrlich gehalten wird und namentlich Milzbrandf�lle beim Hund, Gefl�gel und bei Schweinen auf diese
erhalten waren � 3 Monate nach der Eintrocknung � konnte nicht mehr oben eingereiht werden; ich bemerke nur, dass sie ebenfalls von negativem Erfolge begleitet waren.
-ocr page 101-
1
Die Entstehung und Contagiosit�t des Milzbrandes etc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 89
Art entstehen sollen, wird von Anderen der Genuss milzbran�digen Fleisches als vollkommen unsch�dlicli bezeichnet. Re�nault1) hat schon vor l�ngerer Zeit durch langj�hrige Ver�suche und Beobachtungen constatirt, dass der ansteckende Stoff des Milzbrandes in den Verdauungsorganen des Hundes, des Schweines und des Huhnes seine sch�dlichen Eigenschaften verliert, w�hrend bei Schafen, Ziegen und Pferden auf diese Weise oft Ansteckung entstehe. Ferner wies Renault nach, dass aussei- anderen Krankheitsgiften auch das Milzbrandgift durch Kochen oder Braten zerst�rt werde und dass derartig zubereitete Reste milzbrandkranker Thiere ohne Schaden zum Gen�sse dienen k�nnen.
Weiter hat Colin2) eine gr�ssere Reihe von F�tterungs�versuchen gemacht. Er kam zu dem Resultate, dass Hunde, Schweine, Kaninchen und V�gel, die mit dem Fleisch oder Blut milzbrandkranker Thiere gef�ttert wurden, niemals auf diesem Wege angesteckt wurden. Um zu beweisen, dass die Magenverdauung die Ansteckungsf�higkeit des milzbrandigen Fleisches vernichtet, f�tterte Colin einen mit einer Magenfistel versehenen Hund l�ngere Zeit hindurch mit derartigem Fleische. Einige Zeit nach der F�tterung entfernte er durch die Fistel das Fleisch aus dem Magen und die damit vorgenommenen Impfversuche blieben erfolglos. Ebenso gelang es Colin auf dem Wege der k�nstlichen Verdauung mit Magensaft die Viru�lenz und Contagiosit�t milzbrandiger Theile (Fleisch und Blut) zu zerst�ren.
Die von mir an Hunden angestellten F�tterungsversuclio geschahen mit dem noch theilweise warmen Fleisch und Blut milzbrandkranker Thiere.
XLY. nud XLYI. Fiilteruiigsyersuclie 1, und 2.
Zwei Hunde wurden zu verschiedenen Zeiten mit grossen Quantit�ten frischen Muskelfleisches, welches �berdies mit bac-
') Rccueil de med vet. 1851. p. 873. 0 Compt. rend. LXVHI. Nr 3 1869.
-ocr page 102-
mmm
90
Zur Pathologie des Milzbrandes.
terienhaltigem Blute durchtr�nkt wurde, gef�ttert, zum ersten Male am 24. Februar 1872 von einem an Impfmilzbrand ge�storbenen Ziegenbock (XVI), zum zweiten Male am 4. M�rz 1872 Ton einem an apoplectischen Milzbrand gestorbenen Ziegen�bock (XXX).
Beide Hunde zeigen nicht die geringste St�rung ihres Be�findens.
Dieses negative Resultat, welches sich denjenigen von Re�nault und Colin anschliesst, kann um so weniger auffallen, als Hunde, wie fr�her von Anderen und oben von mir nach�gewiesen, selbst f�r direkte Impfung des Milzbrandgiftes gar keine oder jedenfalls eine �usserst geringe Disposition besitzen. Aus den Versuchen von Renault scheint hervorzugehen, dass die Camivorcn (Hund), Omnivoren (Schwein) und Gefl�gel ohne Schaden milzbrandiges Fleisch gemessen k�nnen, w�hrend die Pflanzenfresser (Schaf, Pferd und Ziege) auf diesem Wege einer Infection zug�nglich sind. Es steht also die Gefahr einer In�fection vom Verdauungskanale bei den Pflanzenfressern parallel der Disposition zur spontanen Erkrankung am Milzbrand, sowie zur Ansteckung durch Impfversuche und umgekehrt verh�lt es sich bei den Omnivoren und Carnivoreu, deren geringe Empf�ng�lichkeit f�r Impfversuche besonders von Brau eil constatirt wurde. Wie wir sp�ter sehen werden, geh�rt das Schwein entgegen den gel�ufigen Vorstellungen zu denjenigen Thieren, die f�r den Milzbrand so gut wie keine Disposition besitzen, bei denen �berhaupt das Vorkommen des spontanen Milzbran�des sehr zweifelhaft ist. Damit stehen auch die Ergebnisse der Colin'sehen F�tterungsversuche im Einkl�nge. Entgegen den negativen Versuchen Colin's gelang es Davaine bei Kaninchen durch F�tterung mit milzbrandigen Theilen Milzbrand zu erzeugen. Demnach verhalten sich Kaninchen in dieser Richtung ebenso wie die �brigen Pflanzenfresser. Die einzige Erfahrung, die mir in dieser Beziehung zu Gebote steht, wurde fr�her erw�hnt: Eine Kuh, die wiederholt in dem Denzler'schen Stalle zu Werikon Nachbarin milzbrandkranker Thiere gewesen.
-ocr page 103-
Die Entstehung und Contagiosit�t des Milzbrandes etcnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 91
leckte bei Gelegenheit eines Aderlasses milzbrandiges Blut auf, ohne zu erkranken.
Bei dem grossen Interesse, welches sich an die Frage der Sch�dlichkeit oder Nichtsch�dlichheit des Genusses milzbrandiger Theile sowohl f�r den Fleischfresser als f�r den Pflanzenfresser kn�pft, bedaure ich sehr, in dieser Kichtung keine gr�ssere Zahl von Versuchen angestellt zu haben.
Nach alledem glaube ich sind wir berechtigt, vorl�ufig an�zunehmen, dass der Genuss milzbrandiger Theile f�r den Fleisch�fresser (Hund), die Omnivoren (Schwein und Gefl�gel) sowie f�r den Menschen, was die Gefahr einer Infection vom Darm-kanale oder Magen aus betrifft, unsch�dUch ist, besonders wenn das Fleisch nach den gebr�uchlichen Methoden zubereitet (Ein�p�keln, Kochen, Braten) genossen wird.
Damit ist jedoch nicht gesagt, dass man vom sanit�tspoli�zeilichen Standpunkte den Verkauf derartigen Fleisches gestatten d�rfe. Wie wir bei Besprechung der Prophylaxis des Milz�brandes darzulegen versuchen werden, sind f�r die Beantwort�ung dieser Frage andere Gesichtspunkte massgebend und diese f�hren uns ohne Weiteres zum strengsten Verbot des Fleisch�genusses milzbrandiger Theile.
-ocr page 104-
VL
Zur Symptomatologie, pathologischen Anatomie, Therapie und Prophylaxis des Milzbrandes der
Hausthiere.
Bei Erz�hlung der Enzootie zu quot;Werikon wurde erw�hnt, dass in jener Gegend, im Glattthale vereinzelte F�lle Ton Wech�selfieber beim Menschen vorkommen.
Entsprechend ihrer inneren Natur als wahre Malariakrank�heiten finden sich Milzbrand und Wechselfieber immer neben�einander und nach Heusinger (I.e. p. 375) sind beide Krank�heiten in ihrem allgemeinen Vorkommen die unzertrennlichsten Krankheiten: wo die Wechselfieber allgemein und gar b�sartig vorkommen, da fehlt gewiss der Milzbrand nicht und umgekehrt, wo der letztere enzootisch herrscht, da fehlt es gewiss nicht an Wechselfiebern. Kurz das Zusammenvorkommen dieser beiden Krankheitsformeu ist nach Heusinger eine ganz allgemeine Erscheinung.
Entsprechend dieser genetischen Verwandtschaft beider Krankheiten hat man auch im Verlaufe eine Analogie festzustellen versucht und es finden sich die Angaben �lterer Autoren �ber die�sen Punkt bei Heusinger (1. c. p. 528�531) zusammengestellt. Es wurden darnach von vielen Beobachtern (Lappe, Veit, Haupt, Hurtrel d'Arboval, von Haubner bei Schafen, von Petit beim Rinde) intermittirende Formen des Milz�brandes beschrieben; von Lafore wurde sogar der Milzbrand
-ocr page 105-
Symtomatologie etc. des Milzbrandes der Hausthiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 93
auf Grund seiner Beobachtungen f�r eine febris intermittens maligna erkl�rt.
Die Schwierigkeit der Feststellung dieses intermittirenden Verlaufes des Anthrax liegt nach Heusinger einmal in der K�rze der Intermissionen, die schon nach Vgraquo; 1) 2, manchmal auch erst nach 6�12 Stunden zur�ckkehren, ferner in dem Fortbestehen gewisser organischer Ver�nderungen (blutige und sulzige Extravasate, Ver�nderung der Milch, der Secretionen) w�hrend der Intermissionen. Ausser beim Menschen kommt nach Heusinger diese intermittirende Form bei Pferden, Ochsen, Ziegen und Schweinen vor.
Das anfallsweise Auftreten des Milzbrandes wird von einem der zuverl�ssigsten neueren Autoren, von Roll allerdings zuge�standen; jedoch gibt er an1), von einem vollst�ndigen Zur�ck�treten der Krankheitserscheinungen in den Zwischenr�umen der Anf�lle � von der sogenannten intermittirenden Form des An�thrax noch kein einziges Beispiel gesehen zu haben.
Unter diesen Umst�nden muss es von einigem Interesse sein, einen genau beobachteten derartigen Fall, den man in die Eeihe der intermittirenden Anthraxformen stellen kann, n�her zu besprechen.
Schon bei der Schilderung der Enzootie zu Werikon sind einzelne F�lle aufgef�hrt, bei denen abwechselnd Besserung und Verschlimmerung auftraten. (Fall IV, VIII und IX). Im Fall VIII kann man von einer wirklichen Intermission reden, da bei dem thermometrisch verfolgten Verlaufe das Thier, welches am Morgen der Erkrankung noch gesund dann pl�tzlich die cha�rakteristischen Erscheinungen gezeigt hatte und sehr hohe Tem�peratur messen liess, eine derartige Intermission in den Er�scheinungen zeigte, dass man das Thier als vollst�ndig wieder hergestellt betrachtete. Wach dem Aufh�ren der heftigen Krankheitserscheinungen dauerte die ausgesprochene Intermis�sion einen vollen Tag. Mit einem neuen Anfalle treten die
l) Lehrbuch der Path, und Therapie der Hausthiere. 3. Aufl. 1867. B. I. p 417.
-ocr page 106-
94
Zur Pathologie des Milzbrandes.
Symptome des Milzbrandes wieder mit der fr�heren Heftigkeit auf und in kurzer Zeit erfolgte der lethale Ausgang. In �hn�licher Weise findet sich bei Erz�hlung des Krankheitsverlaufes bei einem Ochsen (IX), dessen Blut dann zu verschiedenen Impfversuchen verwendet wurde, eine nahezu eint�gige Inter�mission erw�hnt.
Der wichtigste Fall, welcher (X) den vorl�ufigen Abschluss der Enzootie zu Werikon gebildet und an jener Stelle bereits Erw�hnung gefunden, verlief folgendermassen2):
X. IntenuiUireuder Milzbrand beim Rind.
Am Morgen des 9. M�rz zeigte ein 2V2 j�hriges wohlge�n�hrtes Kind, welches erst 5 Tage vorher eingekauft und in denselben Stall eingestellt wurde, wo 3 Wochen vorher ein milzbrandiger Ochse (IX) gestanden war, verschiedene krank�hafte Erscheinungen, welche bei dem Besitzer Denzler den Ver�dacht auf Milzbrand erweckten und ihn veranlassten, die �rzt�liche H�lfe des Herrn Bezirksthierarztes Egli in Anspruch zu nehmen. Derselbe fand bei dem Thiere dieselben Symptome wie bei den fr�heren Milzbrandfallen, n�mlich Mangel an Fress�lust, eine ziemliche Schw�che, Traurigkeit, Muskelzuckungen und ausserdem mit Blutspuren gemischten Koth. In Folge telegraphischer Benachrichtigung von Seiten des Herrn Egli wurde es mir erm�glicht, diesen Fall mit meinen Sch�lern selbst beobachten zu k�nnen.
Bei meiner Ankunft Mittags 12 Uhr zeigte das Thier die erw�hnten Erscheinungen; besonders das Zittern und die Mus�kelzuckungen traten nach verschiedenen Zwischenr�umen an�fallsweise auf. Diese convulsivischen Bewegungen der Extre�mit�ten (klonische Kr�mpfe) befielen abwechselnd bald die eine bald die andere Extremit�t, Der betreffende Fuss wurde dabei f�rmlich in die Luft geschleudert und blieb in krampfhaften Zuck�ungen manchmal '/,�1 Minute in dieser Stellung; ausserdem waren Muskelzittern und eigenth�mlich zitternde Bewegungen
�) Vergleiche Fall X. der Enzootie zu 'Werikon.
-ocr page 107-
Symptomatologie etc. des Milzbrandes der Hausthiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;95
des Schwanzes zu bemerken. Die aus der Drosselvene und aus dem Ohre entnommenen Blutproben ergaben bei der mikrosko�pischen Untersuchung keine Ver�nderung, namentlich keine Bacterien. Dagegen fand sich der dickbreiige Koth mit blutigem Schleim bedeckt.
Die geschilderten Erscheinungen1) nahmen ebenso wie die Temperatur und Pulsfrequenz fortw�hrend ab; ein vollkommener Nachlass der krankhaften Erscheinungen war von 1�6 Uhr Nach�mittags zu constatiren. Um 3 Uhr Nachmittags waren Puls�frequenz und Temperaturh�he ziemlich normal; von da beginnt beides wieder zu steigen. Um 6 Uhr Abends, ziemlich genau 12 Stunden nach dem ersten Anfall betrug die Temperatur 40,3 0C., Puls 72, Eespiration 22, H�rner und Ohren f�hlen sich kalt an, die Nasenschleimhaut und die Bindehaut des Auges sind sehr stark ger�thet, man beobachtet einen starken Sch�ttel�frost. Um 7 Uhr erreicht der Anfall seinen H�hepunkt, die Temperatur betr�gt 41,0 0 C, der Puls 74, die Ohren heiss, die H�rner kalt; dabei frisst das Thier mit ziemlichem Appetit das vorgelegte Futter und zeigt hie und da sogar Wiederkauen.
Dann beginnt wieder ein Nachlass der Erscheinungen in jeder Richtung: Pulsfrequenz und Temperatur sinken auf 66 und 39,8 0 C. Mit dem Beginn des dritten Anfalls um 2 Uhr Nachts zeigt das Thier einen starken Sch�ttelfrost, Muskelzittern, s�mmtliche Extremit�ten (Fussenden, H�rner, Ohren) f�hlen sich kalt an, ebenso die ganze �brige K�rperoberfl�che. Tem�peratur, Puls- und Respirationsfrequenz steigen und erreichen um 4 Uhr Morgens, 9 Stunden nach dem letzten Fall wieder ihren H�hepunkt: Temperatur 41,0, Puls 78; die Respiration ist sehr beschleunigt; das Thier zeigt eine grosse Schw�che und
') Die genaue Krankengeschiclite dieses Falles verdanke icli der Aufopferung meiner beiden Sch�ler, der Herren Ferdinand Kaufmann und August B�r, welche sich freiwillig der M�he unterzogen, einen ganzen Tag und eine Nacht hindurch obigen Fall zu beobachten und st�ndliche Temperaturmessungen und Puls�z�hlungen vorzunehmen
11
-ocr page 108-
raquo; I
96nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zur Pathologie des Milzbrandes.
liegt fortw�hrend am Boden. Nachdem das Froststadium, ver�bunden mit Muskelzittern, K�lte der K�rperoberfl�che 2 Stunden angedauert, werden allm�hlig die Extremit�ten wieder w�rmer, das Zittern geringer und mit der Exacerbation dieses dritten und letzten Anfalles ist das K�ltestadium beendigt. Die Ohren werden wieder sehr heiss, ebenso die Fussenden, das Zittern verschwindet vollst�ndig, die Athmung ist noch etwas m�hsam, Puls und Temperatur sinken, das Zittern wird immer geringer, die Fresslust wird wieder vollkommen normal und am 10. M�rz Nachmittags 3Va Uhr nach ungef�hr 36st�ndiger Krankheits�dauer ist das Thier wieder vollkommen gesund.
'
Die einzelnen Anfalle ergeben sich am �bersichtlichsten aus folgender Temperatur- und Pulscurve: (Fig. 5).
Wir sehen also in diesem Falle w�hrend einer Krankheits�dauer von '66 Stunden 3 Anf�lle mit theilweise ausgesprochenem Frost- und Hitzestadium und den entsprechenden Intermissionen auftreten. Man k�nnte allenfalls einwenden, dass die H�he der Temperatur und des Pulses zwischen den Anf�llen immer noch zu bedeutend sei, als dass man von wirklichen Intermissionen sprechen k�nne, es seien demnach die vermeintlichen Intermis�sionen nur als einfache Remissionen zu betrachten. Gegen ein solches Raisonnement scheint mir zu sprechen dass das Thier in den freien Intervallen auch in den �brigen Erscheinungen das Bild vollkommener Gesundheit bot und weiter dass die Zwischenr�ume zwischen den einzelnen Anf�llen viel zu kurz sind, als dass man ein vollst�ndiges Herabgehen von Puls und Temperatur auf das normale Maass erwarten kann.
Der intermittirende Charakter des Milzbrandfiebers der Rinder ist �brigens auch in anderen beobachteten F�llen (VIII und IX) so deutlich ausgesprochen und es zeigten diese Thiere w�hrend der Intermissionen ein solches Bild vollkommener Ge�sundheit, dass man diese Form des Milzbrandes ohne Bedenken anerkennen und die Analogie mit der Intemittens des Menschen zugestehen kann.
Beil�ufig sei noch erw�hnt, dass zwei mit dem Aderlass-
i
-ocr page 109-
Symptomatologie etc. des Milzbrandes der Hausthiere.
97
blute dieses Thieres vorgenommene Impfungen auf Kaninchen Ton negativem Resultate begleitet waren.
\LVI1. und \L\11I. Impfung 19. und 20.
Zwei Kaninchen erhielten 7 Stunden nach dem Aderlasse je 0,5 Gramm bacterienfreien Blutes von dem zuletzt erz�hlten Falle subcutan injicirt.
Beide Tbiere blieben gesund.
Aus diesem Impfresultate folgern zu wollen, dass der er�z�hlte Fall vielleicht gar kein Anthrax gewesen sei, dazu scheint mir jede Berechtigung zu fehlen, da meines Wissens Impfver�suche mit Blut von solchen in Genesung aiisgehenden F�llen �berhaupt noch nie gemacht wurden und das ganze Bild der Erkrankung ein so charakteristisches war, dass ein ernstlicher Zweifel �ber die Anthraxnatur derselben kaum entstehen kann, wof�r ich im Uebrigen auch noch die Autorit�t eines ge�bten Beobachters, des Bezirksarztes Egli anf�hren kann.
F�r die nosologische Stellung und Einreihung der Milzbrand�formen des Rindes und Pferdes, wie wir sie bisher kennen ge�lernt und beschrieben haben, scheint es mir zweckm�ssig, an dieser Stelle die Erscheinungen im Leben, sowie die Ver��nderungen am Cadaver in K�rze zu recapituliren und daran einige Bemerkungen anzukn�pfen.
Die vorher vollkommen gesunden Rinder zeigen pl�tzlich verminderte oder aufgehobene Fresslust, Milchk�he einen �sach-lass oder vollkommenes Aufh�ren der Milcbabsonderung. Der Durst ist vermehrt. Dabei fangen die Thiere an zu zittern, h�ufig bemerkt man schon ausgesprochenen Sch�ttelfrost, die Hautober�fl�che ist kalt; das K�ltestadium geht nach verschiedener Dauer in ein f�rmliches Hitzestadium �ber. Fast regelm�ssig beobachtet man klonische Kr�mpfe der Extremit�ten, die Thiere zeigen dabei grosse Schw�che und Traurigkeit. Die Herzth�tigkeit ist vermehrt, die Pulszahl steigt bis zum Doppelten der normalen Frequenz, die Temperatur ist bedeutend erh�ht bis zu 41,0deg;
Dr. Bollinger. Pathologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 7
-ocr page 110-
n
98nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zur Pathologie des Milzbrandes.
und 41,7 0. Die Exkremente nicht selten mit Blut gemischt oder vollkommen blutig und diarrh�isch.
Die geschilderten Symptome treten meist anfallsweise auf. Zwischen den Paroxysmen beobachtet man Remissionen und Intermissionen, die nur einige Stunden, manchmal 6�12�24 Stunden dauern.
Der h�ufig intermittirende Charakter der Krankheit tritt in dem vollkommenen quot;Wohlbefinden der Thiere in den Inter�vallen sehr deutlich hervor.
Bei lethalem Ausgange wird w�hrend eines Anfalles die Athmung m�hsam und keuchend (Dyspnoe), die sichtbaren Schleimh�ute sind cyanotisch, die Convulsionen werden sehr heftig, manchmal entsteht Opisthotonus, die Thiere sind sehr schwach, k�nnen sich nicht mehr aufrecht erhalten, die Tempe�ratur sinkt unter die normale H�he1), die Extremit�ten werden kalt, der Tod erfolgt unter den Erscheinungen der Asphyxie meistens 24 � 36 � 40 Stunden nach dem ersten Auftreten der Krankeitserscheinungen. Umgekehrt tritt in g�nstig verlaufen�den F�llen ebenso rasch die Genesung ein, von Nachkrankheiten ist niemals die Rede.
Wenn es gestattet ist, aus einer kleineren Zahl ein Mor-talit�tsprocent zu berechnen � unter 15 F�llen beim Rinde trat 4 Mal Genesung ein � so betr�gt die Mortalit�t ungef�hr 70 0/0 beim Milzbrandfieber des Rindes, eine Zahl, welche mit anderen Beobachtungen2) �bereinstimmt.
Die sogenannten apoplectischen Formen, welche schon nach Yt�Vs-? Stunden t�dtlich endigen, zeigen �hnliche Erschein�ungen: Die Thiere zittern, wanken, bekommen Convulsionen, die Erscheinungen der Athemnoth, sinken wie Tom Schlage ge�troffen zu Boden und der Tod tritt in k�rzester Zeit ein.
Charakteristisch ausser den erw�hnten Ver�nderungen und
i
') M�ndliche Mittheilung von H. Bezirksarzt Egli.
2) Roidor (Journal de Med. vet. publie k l'Ecole de Lyon. T. XIII. p. 145. 1857) beobachtete unter 260 milzbrandkranken 'Wieder�k�uern 180 lethale F�lle = 70%.
-ocr page 111-
Symptomatologie etc. des Milzbrandes der Hausthiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;99
dem h�chst acuten Verlauf ist das constante Fehlen der Haut-Karbunkel.
Die wesentlichsten Ver�nderungen, die man bei der S ection solcher Thiere findet, lassen sich so zusammenfassen:
Das Blut ist dunkel, dickfl�ssig, theerartig und zeigt ebenso wie das im Leben erhaltene Aderlassblut entweder keine oder nur sehr lockere Gerinnung. S�ramtliche Venen sind strotzend gef�llt. Die Milz ist regolm�ssig bis zum 2�3�4faclien ihres Umfanges vergr�ssert, in ihren Parenchym breiartig erweicht, von schwarzer Farbe. Im Darme regelm�ssig ein theerartig blutiger Inhalt, die Darmwandungen, besonders des D�nndarmes sind ser�s - h�morrhagisch infiltrirt, ebenso finden sich sulzig-blutige diffuse Infiltrationen im Netz, im Gekr�se, den Gekr�s-dr�sen und im Gewebe der Nierenfettkapsel; in der Bauchh�hle meistens h�morrhagischer Hydrops, gr�ssere und kleinere Blut-heerde im Herzmuskel, unter dem Epi- und Endocardium, ausser-dem bei weiblichen Thieren Blutheerde in den Ovarien und Blut-erguss in die Uterush�hle. Darmkarbunkel sind selten. Mikros�kopisch fanden sich unmittelbar nach dem Tode (ebenso im Leben) die f�r den Anthrax charakteristischen Bacterien im Blute, die Zahl der farblosen Blutk�rperchen ist abnorm ver�mehrt, die rothen Blutk�rperchen sind meistens von verminderter Consistenz und zeigen eine Neigung, in Haufen zusammenge�klebt im Serum herumzuschwimmen.
Eine besondere Neigung zu rasch eintretender Zersetzung undF�ulniss konnte ich an den Cadavern milzbrandiger Rinder nicht bemerken. An den karbunkul�sen Stellen des Darmes finden sich mikroskopisch in den bedeutend erweiterten Capillaren neben einer Anh�ufung farbloser Blutk�rper zahlreiche Bacte�rien und eine feink�rnige Masse, die f�rmliche Embolien verur�sachen.
Beim Milzbrande kleinerer Thiere (Kaninchen und
Ziegen) sind die Erscheinungen im Leben und im Tode weit
weniger deutlich ausgesprochen: ausser dem Befunde der Milz-
brandbacterien ist die Milz nur massig vergr�ssert, sulzig-blutige
Erg�sse finden sich in geringerer Ausdehnung, ebenso die Blut-
7*
-ocr page 112-
V?quot;
100
Zur Pathologie] des Milzbrandes.
ungen. Das Blut milzbrandiger Ziegen ist in den gr�sseren Gef�ssen, -wenn auch locker, geronnen. Convulsionen und Dyspnoe beobachtete ich bei einem Kaninchen unmittelbar vor dem Tode.
Die Milzbrandf�lle beim Pferde, welche oben nach ihren pathologisch-anatomischen Verh�ltnissen geschildert wurden (Fall V. und XVII � XXVL), zeigen im Leben �hnliche Er�scheinungen wie beim Rind.
Die Thiere zeigen pl�tzlich grosse Schw�che, Bet�ubung, Blutungen in den sichtbaren Schleimh�uten, namentlich der Nase, die Erscheinungen der Athemnoth, beschleunigten Puls, erh�hte Temperatur, sogenannte Kolikerscheinungen, ausserdem Convulsionen und endlich nach wenigen Stunden bis h�chstens einigen Tagen, tritt das t�dtliche Ende ein. Dabei lassen sich wie beim Milzbrand der Rinder deutliche Paroxysmen, Remis�sionen und � allerdings weniger ausgesprochene Intermissionen � beobachten. Die sogenannten apoplectischen Anthraxf�lle verlaufen und treten ebenso auf wie beim Rinde. Hautkarbun�kel geh�ren bei diesen rasch verlaufenden F�llen zu den Aus�nahmen.
Bei der Section milzbrandiger Pferde finden sich folgende Ver�nderungen: Das Blut ist von dunkelschwarzer theerartiger Beschaffenheit und ohne Gerinnung. Die Milz ist zum bis 4�6-fachen der normalen Grosse geschwollen, die Pulpa breiig weich und schwarzroth. Das Venensystem �berf�llt, das Unterhaut�zellgewebe ist von braunrother Farbe, grossem Blutreichthum und auch am frischen Cadaver von schmutzig - rotligelber Farbe. Sulzig - gelbliche und ser�s-h�morrhagische Infiltrationen finden sich fast �berall, wo lockere Bindegewebsanh�ufungen sich be�finden: so namentlich im retropharyngealen und laryngealen Bindegewebe, l�ngs der grossen Halsblutgef�sse, im Mediastinum, Peritoneum, in der Nierenkapsel. Die entsprechenden Lymph�dr�sen, besonders im Gekr�se, sind meistens ser�s-h�morrhagisch infiltrirt, bedeutend vergr�ssert und hie und da in beginnender Verschorfung. Die Darmwandung ist immlaquo;r �demat�s ge�schwellt die Schleimhaut des D�nn- und Dickdarmes von Blut-
-ocr page 113-
Symptomatologie etc. des Milzbrandes der Hausthiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 101
ungen durchsetzt, �fters mit Karbunkeln versehen, die in mehr oder weniger vorgeschrittener oberfl�chlicher Verschorfung be�griffen sind. Der Darminhalt h�ufig blutig und d�nnfl�ssig, S�mmtliche Schleimh�ute des K�rpers sind leicht geschwellt und ger�thet. Weiter findet man Hyper�mie der Lungen, kleine Blutungen im Herzen, auf den ser�sen H�uten und hydro-pische Erg�sse in den ser�sen S�cken. Die grossen Dr�sen des K�rpers � Leber und Nieren � sind meistens geschwellt, das Parenchym getr�bt, succulent und blutreich (tr�be Schwellung). Im Blute finden sich dieselben Ver�nderungen wie beim Milzbrand des Rindes: Die charakteristischen Bacterien und die bedeutende Vermehrung der farblosen Blutk�rperchen. Ebenso finden sich in den sulzig-h�morrhagischen Erg�ssen des Binde�gewebes und der Lymphdr�sen bedeutende Ansammlungen farb�loser Blutk�rperchen (zelliges Oedem).
Im Gegensatz zu dem Befunde beim Rind steht die rasche P�ulniss und Zersetzung in den Cadavern milzbrandiger Pferde, ein unterschied, der sich jedoch auch bei anderweitigen Krankheitsprocessen beider Thiergattungen geltend macht. Die�ser Unterschied ist parallel einem anderen Verh�ltniss: Das Rind ist zu septischen Erkrankungen (Septic�mie, brandigen und putriden Processe) auffallend weniger disponirt, als das Pferd. Ueber das Mortalit�tsprocent bei den acuten Milzbrandformen des Pferdes bin ich nicht im Stande, Angaben zu machen. Nach Garreau1) gingen von 58 an Milzbrandfieber erkrankten Pfer�den 42 zu Grunde = 72 %� Das Verh�ltniss ist also ein �hnliches wie beim Milzbrand der Rinder.
Nach dem geschilderten Verlaufe, den Erscheinungen im Leben und am Cadaver kann es keinem Zweifel unterliegen, dass s�mmtliche der beschriebenen Anthraxf�lle des Rindes und Pferdes in die Kategorie der sogenannten Milzbrandfieher zu rechnen sind.
Bekanntlich unterscheidet man seit Chabert2) zwei
') Ref. von Virchow, Zoonosen p. 394. s) Virchow, Zoonosen p. 391.
-ocr page 114-
102
Zur Pathologie des Milzbrandes.
gr�ssere Gruppen von Milzbrandformen, von welchen die mehr nerv�sen Formen als Milzbrandfieber, die mehr anato�mischen als Anthrax oder Karbunkel bezeichnet werden. W�hrend die ersteren mehr auf der Einwirkung der Malaria und des Anthraxgiftes auf das Nervensystem, die letzteren mehr auf anatomischen und chemischen Yer�nderungen beruhen sollen, welche durch die genannten Substanzen hervorgerufen werden besteht ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen beiden in ihrem Verlaufe: Die Milzbrandfieber verlaufen h�chst acut, fulminirend, dauern oft kaum einige Stunden, die karbunkul�sen Formen verlaufen langsamer, bis zu 1�2 Wochen.
Anschliessend an diese althergebrachte Eintheilung unter�scheidet Roll1) die Anthraxfieber, bei welchen es w�h�rend des kurzen meist t�dtlich endenden Verlaufes nicht zur Bildung von Localisationsheerden kommt, von den rothl auf�artigen und karbunkul�sen Formen, bei welchen in den verschiedensten Organen Localisationshecrde vorkommen. Zu der ersteren Form geh�ren: der apople ctische oder ful-minirende Milzbrand (Erdsturz, Hexenschuss, Teufelsschuss, Apoplexia carbunculosa), ferner der furibunde Milzbrand (Milzbrandwuth, Rabies carbunculosa) und endlich der inter-mittirende Milzbrand (Intermittens carbunculosa). Zu den rothlaufartigen und karbunkul�sen Formen, dem Milz brand mit Localaffection en, geh�rt anderseits die grosse Reihe derjenigenAnthraxformen, welche als Typhus der Pferde (R� 11 und Br uckra �ller), als Zun genant hrax , Mastdarmkarbunkel und Karbunkelkrankheit der Rinder als Milzbran dkarbunkel und brandigerKoth-lauf der Schafe, als Rankkorn (Maul- oder Gaumen-anthrax) An thraxb raun e, weisse Borste und bran�diger Rothlauf der Schweine bezeichnet werden.
Dass dieser Rsichthum von Namen, den man noch leicht um die H�lfte vermehren k�nnte gerade nicht dazu dient, das Studium und die Erkeuctniss der Milzbrandkrankheiten zu er
#9632;
j l l
11
i
11.
'1 I
l) 1. c. p. 416.
I!
-ocr page 115-
Zur Symptomatologie etc. des Milzbrandes der Hausthiere. 103
leichtem, wird gewiss Niemand behaupten. Ausserdem leidet diese ganze Eintheilung an einem inneren Widerspruch, den man ohne Schwierigkeit nachweisen kann.
Gehen wir von unseren beschriebenen F�llen aus, die wir nach der gel�ufigen Eintheilung oben s�mmtliche als Milzbrand�fieber bezeichnet haben und yergleichen damit die oben gege�benen Definitionen der Milzbrandfieber, deren Charakteristikum der Mangel an Lokalisationen sein soll, so liegt der Widerspruch auf der Hand. Die pathologisch-anatomischen Befunde s�mmt-licher F�lle weisen nach, dass auch beim sogenannten Milzbrandfieber, bei den acutesten F�llen, die Lbkalisatio n en niemals fehlen: es sind dies die sulzig - h�morrhagischen Infiltrationen in den verschiedenen inneren Organen, namentlich im Bindegewebe der Bauch- und Brusth�hle, ferner die Darmkarbunkel welche genetisch und pathologisch-anatomisch sich von den �usseren Hautkarbunkeln nicht unterscheiden und ebenso wenig von den Lokalisationen am Hals, an der Zunge, am Mastdarm und an anderen Orten.
Wollte man diese Eintheilung aufrecht erhalten, so w�re es vom klinischen Standpunkte h�chstens gerechtfertigt, die An-thraxfieber durch den Mangel aus s er er Karbunkel zu charak-terishen, obwohl auch solche bei den sehr acut verlaufenden F�llen von Anthrax vorkommen k�nnen.
Diese Eintheilung ist demnach vom pathologisch-anatomi�schen Standpunkte nicht gerechtfertigt und l�sst auch vom kli�nischen Einwendungen zu. Milzbrandf�lle ohne alle Lokal-affection konnte ich #9632;� mit Ausnahme kleiner Impfthiere � noch nie beobachten und sind bei den Hausthieren jedenfalls die gr�ssten Seltenheiten.
Wenn man die nerv�sen Formen des Milzbrandes als Milz-braudfieber bezeichnen will, so geschieht dies nicht mit mehr Recht, als wenn man den Abdominaltyphus des Menschen als Nervenfieber bekennt. Richtig w�re es unter allen Umst�nden, wenn man einmal die Lokalisationen als Eintheiiungsprincip fest�halten will, eine exanthematische, abdominale, pectoraleForm etc., aufzustellen.
i
-ocr page 116-
104
Zur Pathologie des Milzbrandes.
*l t
Da eine solche Eintheilung ebenfalls in vieler Beziehung zu w�nschen �brig l�sst, so wird man wie ich glaube, am zweck-m�ssigsten und einfachsten verfahren, wenn man den Verlauf der Milzbrandformen als Unterscheidungsmerkmal adoptirt.
Ich w�rde demnach f�r die Milzbrandformen s�mmtlicher Hausthiere folgende Formen aufstellen:
1)nbsp; Der apoplectiforme Milzbrand (Anthrax acutissimus sive foudroyante), dessen Dauer nur Minuten bis zu mehreren Stunden betr�gt.
2)nbsp; Die acuten Milzbrandformen (Anthrax acutus), dessen Dauer von mehreren Stunden bis zu einigen Tagen betr�gt.
3)nbsp; nbsp; nbsp;Die subacuten Milzbrandformen (Anthrax subacutus). Zu diesen w�rden alle Milzbrandf�lle zu rechnen sein, die mehr als 4�6 Tage bis zu 14 Tagen und dar�ber dauern, wie z. B. der Pferdetyphus.
Zu den apopl ectif orm en und acu ten Formen w�rden der apoplectische, der furibunde und intermittirende Milzbrand zurechnen sein � die Milzbrandfieber, zu den subacuten haupt�s�chlich die bisher als rothlaufartigen und karbunkul�sen be�zeichneten F�lle.
Eine unbefangene Betrachtung obiger Eintheilung wird zu�gestehen m�ssen, dass dieselbe ungezwungen aus dem Bed�rf�nisse nach gr�sserer Einfachheit und Uebersichtlichkeit hervor�gegangen und nicht etwa aus einer Sucht, an Stelle alter ein�geb�rgerter Namen neue zu setzen. Das Bed�rfniss nach einer solchen einfacheren Eintheilung empfand ich am lebhaftesten bei meinen pathologisch-anatomischen Vorlesungen, wo es mir nicht gelingen wollte, den Unterschied zwischen den .'Milzbrand�fiebern einerseits und den erysipelat�sen und den karbunkul�sen Formen anderseits scharf hervorzuheben.
Dass ich die bisherige Bezeichnung des apoplectischen Milz�brandes mitder des apoplectiformen vertauscht habe, kann ich damit motiviren, dass man im Gehirne .derartig gestorbener Thiere niemals Apoplexien findet, w�hrend der Verlauf ein wirklich schlagartiger, den Apoplexien �hnlicher ist.
I
i i
-ocr page 117-
Symptomatologie etc. des Milzbrandes der Hausihiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1�5
Am Schl�sse dieser Betrachtungen mag es gestattet sein, einige Bemerkungen zur Therapie und Prophylaxis des Milzbrandes anzureihen. Indem ich vorausschicke, dass eine eingehende Besprechung der Therapie des Milzbrandes der Auf�gabe dieser Untersuchung durchaus fern liegt, w�rde ich es dennoch als eine Unterlassung betrachten, wenn ich meine aller�dings sehr geringen Erfahrungen auf diesem Gebiete unber�ck�sichtigt lassen wollte.
Bei dem zuletzt n�her besprochenen Falle von Milzbrand (X), welcher sich durch seinen intermittirenden Charakter aus�zeichnete und trotz der Heftigkeit der Erscheinungen in Genes�ung ausging, kam ein therapeutisches Mittel zur Anwendung, welches in neuerer Zeit von verschiedenen Seiten als sehr wirk�sam beim Milzbrande empfohlen wurde.
Auf meinen Eath verabreichte n�mlich Herr Bezirksthier-arzt Egli in jenem Falle, welcher in Genesung ausging, im Verlaufe von 24 Stunden eine Unze reiner krystallisirter Car-bols�ure in w�sseriger Solution in mehrst�ndigen Zwischen�r�umen. #9632;� Inwiefern die Carbols�ure an dem gl�cklichen Aus�gang dieses Falles einen Antheil hat, will ich unentschieden lassen, da man einem vereinzelten Falle kein besonderes Gewicht beilegen darf.
Die ersten Empfehlungen der Carbols�ure gegen Anthrax gingen meines Wissens zuerst von Frankreich aus, wo S a n s o n und Lemaitre1) auf ihre g�nstige Wirkung aufmerksam machten. In Gegenden, wo der Milzbrand einheimisch ist, rathet Lemaitre dem Trinkwasser Phenyls�ure zuzusetzen, da sich die Thiere bald an den Geschmack des Mittels geAv�h-nen. San son berichtet, dass von 4 geimpften und mit Phe�nyls�ure behandelten Schafen nur eines starb und auch bei diesem
') quot;Virchow's Jahresbericht f�r 1869. B. I. p. 521. Kef. von Leise�ring: Rindern wurden 10 Gramm in einem Liter Wasser, Schafen 1 Gramm in einer entsprechenden Menge Wassers verabreicht. Lemaitre setzt der S�ure noch etwas Alcohol. (7 Gramm) zu und wendet das Mittel auch in Klystierform an.
-ocr page 118-
I
106
Zur Pathologie des Milzbrandes.
i
r i 11
beobachtete er einen langsamen Verlauf. Ebenso r�hmt Lou-beyre1) die Phenyls�ure als Therapeuticum und Prophylacti-cum, indem von jenen Thieren, die mit den Kranken zusam�mengestanden und das Mittel erhalten hatten, keines erkrankte.
Weitere g�nstige Erfahrungen �ber die quot;Wirkungen der Carbols�ure gegen Milzbrand wurden mitgethcilt quot;von Gerlach2) und Rupprecht3). Letzterer schreibt der Carbols�ure eine directe Wirkung auf das Milzbrandcontagium zu.
Unter allen Umst�nden ist die Carbols�ure ein Mittel, welches bei der parasitfiren Natur des Milzbrandgiftes volle Beachtung verdient, namentlich seitdem durch neuere Versuche nachgewiesen ist, dass Carbols�ure innerlich verabreicht als solche resorbirt und ausgeschieden wird. Die Aufnahme in den K�rper erfolgt rasch und nur ein Theil derselben verf�llt der Oxydation, eine Thatsache, die von Salkowsky4) experimen�tell festgestellt wurde. Ferner hat Sch�r6) die energische Wirkung des Phenols auf die G�hrungspilze nachgewiesen; er fand, dass Hefezellen mit 1% w�ssriger Phenols�urel�sung ver�setzt ihre sonstigen vitalen Eigenschaften verlieren. Ebenso sind nach Hoppe-Scyler ^ die Carbols�ure wie die schwe-fclige S�ure gegen die Entwicklung von Monaden, Vibrionen und Bacterien sehr wirksam.
Alle diese Ergebnisse fordern zu weiteren Versuchen mit Carbols�ure auf und verdienen sicher den Vorzug vor den ge�br�uchlichen Aderl�ssen, deren therapeutischer Werth in einem sehr zweifelhaften Lichte erscheint, und noch mehr vor dem neuesten ebenso k�hnen als naiven Mittel, dem Milzsticli, durch
! raquo;. I
1)nbsp; Ibid. p. 521.
2)nbsp; nbsp;Jahresbericht der k. Thierarzneischule zu Hannover f�r 1869. p. 99.
8) Mittheilungen aus der thier�rztl. Praxis im K�nigr. Preussen. 17.
Jahrg. 1868/69. p. 81. 4) Pfl�ger's Archiv f. d. gesammte Physiologie B. V. p. 335. 1S72, 6) Zeitschrift f�r Biologie B. VI. p. 467. 1870. e) Medio.-chem. Untersuchungen 1871. H. 4.
-ocr page 119-
Symptomatologie etc. des Milzbrandes der Hausthiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;107
welchen ein H, Joseph Raimund ^ 90% der vom Milzbrand ergriffenen Thiere gerettet haben will (?).
Als Beitrag zur Prophylaxis des Milzbrandes gebe ich end�lich den Schluss eines amtlichen Gutachtens, welches ich ge�meinschaftlich mit Herrn Bozirksthierarzt Meier, Lehrer an der Thierarzneischule hier, im Auftrage der Sanit�tsdirection des Kantons Z�rich �ber die Milzbrand-Enzootie zu Werikon am 28. Februar 1872 an diese Beh�rde erstattete und dabei die vorgelegte Frage nach den geeignetsten Mitteln zur Be�seitigung der Seuche folgendermassen beantwortete:
�� F�lle von sporadischem Milzbrande, wie sie seit einer Reihe von Jahren in den Denzler'schen St�llen zu Werikon zur Beobachtung kommen, sind erfahrungsgem�ss sehr selten und weisen mit Sicherheit darauf hin, dass hier h�chst locali-sirte Ursachen vorliegen, besonders wenn man ber�cksichtigt, dass die angrenzenden St�lle zu Werikon constant von dieser b�sartigen Krankheit verschont bleiben. Als solche localisirte Ursachen k�nnte man man eine schlechte Stalleinrichtung, un-zweckm�ssige F�tterung, schlechtes Trinkwasser und �hnliche Verh�ltnisse im Auge haben. Da jedoch die genannten Ver�h�ltnisse in dem Denzler'schen Anwesen keine abnormen sind oder zum mindesten nicht schlimmer, als in den �brigen Ge�h�ften, die fortw�hrend verscbont bleiben, so m�ssen hier ganz besondere Ursachen vorwalten. Nach der Ansicht der Unter�zeichneten beruhen diese besonderen Ursachen mit gr�sster Wahrscheinlichkeit auf verschleppter Ansteckung, indem die Theile der jedesmal an Milzbrand verendeten Thiere oder die mit ihnen in Ber�hrung gekommenen Gegenst�nde mangel�haft beseitigt und desinficirt werden, w�hrend das Anthraxgift monatelang seine ansteckende Wirkung beh�lt. Es m�sste also bei einem weiteren Falle von Milzbrand mit aller Strenge und wom�glich unter polizeilicher Aufsicht darauf gesehen werden, dass weder von dem Fleische noch von den Eingeweiden oder
l) Bericht �ber d. Sitzung der Wiener landw. Gesellschaft v. Neue freie Presse Nr. 2701. 1872.
-ocr page 120-
108
Zur Pathologie des Milzbrandes.
der Haut auch nur das Geringste ver�ussert oder in sonstiger Weise verwendet w�rde. Der Cadaver m�sste an einem ent�legenen und nicht zur Putterproduction verwendeten Platze wenigstens 6 Fuss tief unter die Erde vergraben werden. Ebenso sind Mist, Blut, sonstige Abf�lle, dann die Streu von solchen Thieren zu vergraben oder zu verbrennen und es m�ssten alle Gegenst�nde � namentlich die Futter- und Ti�nkgeschirre, die Krippen, der Stand sowie Alles, was mit dem kranken Thiere in Ber�hrung gekommen, sorgf�ltigst desinficirt oder soweit zul�ssig gleichfalls vernichtet werden. Die genannten Mass�regeln scheinen in diesem Falle um so mehr angezeigt, als der Besitzer des von Anthrax heimgesuchten Anwesens, H. Denz-ler, von der b�sartigen und ansteckenden Natur der Krankheit nicht den mindesten Begriff hat und demgem�ss handelt. So waren auch in dem Eingangs beschriebenen Falle (X.) viele Organe � Haut, Nieren, Nierenfett und Gekr�se vor der An�kunft der amtlichen Experten bereits verschwunden und hatten jedenfalls irgendwie Verwendung gefunden.quot;
Dem ist noch hinzuzuf�gen, dass dem Besitzer dieser St�lle der Rath ertheilt wurde, das Trinkwasser mit Carbols�ure ge�mischt seinen Thieren zu reichen und �berdies einen Vorrath dieses Mittels im Hause zu halten, um im Falle weiterer Er�krankungen rechtzeitig im Beginne der Krankheit davon Ge�brauch machen zu k�nnen.
-ocr page 121-
VII.
Ueber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intesti-nalis. Der Rothlauf der Schweine. Der Typhns
der Pferde.
Schon bei Erz�hlung der Milzbrand-Enzootie zu Werikon geschah eines Milzbrandfalles beim Menschen mit lethalem Ausgange Erw�hnung, welcher eine Frau B. zu Wynikon
�nbsp; 7, Stunde von Werikon entfernt � betraf. Dieser sowie ein anderer in Genesung ausgehender Fall verlief nach den Berichten des H. BezirksthierarztesEgli folgendermassen:
XLIX. 23. August 1868. Milzbrand beim Meuscben.
Infection durch Verletzung an einem Knochen einer milzbrandigen Kuh. Anschwellung der ver�letzten Hand; Karbunkel auf der Brust und letha-ler Ausgang 8 Tage nach der Verletzung.
Frau B. zu Wynikon hatte am 21. August 1868 Fleisch von einer an Milzbrand erkrankten und geschlachteten Kuh gekauft. Beim Abwaschen und Einp�ckeln des Fleisches � am 23. Aug.
�nbsp; verletzte sich die Frau durch die scharfe Kante eines Kopf�knochens an der rechten Hand. Nach 2 Tagen entwickelte sich eine sehr schmerzhafte Anschwellung dieser Hand, die sich auf den ganzen Arm fortsetzte. Dieser Zustand dauerte unter abwechselnder Besserung und Verschlimmerung eine Woche. Doch verrichtete die B. noch einen Theil ihrer ge-
0
-ocr page 122-
110
Zur Pathologie des Milzbrandes.
wohnten Haus- und Feldarbeiten, da sie die entz�ndliche An�schwellung des Armes nicht besonders anschlug. Nach Verlauf von 8 Tagen stellte sich eine bedeutende Verschlim merung des Zustandes ein und man konnte eine karbunkul�se Anschwellung der Brust beobachten. Erst jetzt wurde �rztliche H�lfe in Anspruch genommen, jedoch vergeblich; der Tod erfolgte sehr rasch am 31. August, nachdem die �rztliche Diagnose auf Milz�brandkarbunkel gelautet hatte.
Diejenigen Personen, die von dem Fleische der betreffen�den Kuh gegessen hatten, blieben gesund, ebenso der Metzger, welcher die Kuh geschlachtet hatte, obwohl er mehrere offene Wunden an seinen H�nden gehabt haben soll.
Der zweite Fall, den ich ebenfalls schon erw�hnte und welcher in Genesung ausging, ist kurz folgender:
L. Karbunkel iieiui Jlenschen, lluiluug.
Bei der Schlachtung eines milzbrandkranken Rindes zu Werikon wurde der damit besch�ftigte Bursche von einer grossen Stechfliege, welche sich auf seine mit Blut bedeckte Hand nie-derliess, gestochen. Schon am n�chsten Tage entwickelte sich an der betreffenden Stelle ein �ber wallnussgrosser, sehr schmerz�hafter Karbunkel. Bei zweckm�ssiger �rztlicher Behandlung, welche durch energische Aetzmittel den Karbunkel zerst�rte, war in kurzer Zeit vollkommene Genesung eingetreten.
So lehrreich namentlich der erste Fall in mancher Richtung ist, so sind diese beiden F�lle f�r die Pathologie des Milz�brandes nicht weiter zu verwerthen, da im ersteren Falle keine Section gemacht wurde. Im Uebrigen beweist derselbe aufs Neue, worauf ich ebenfalls schon fr�her aufmerksam machte, dass der Verkauf oder die sonstige Verwerthung des Fleisches milzbrandiger Thiere unter keinen Umst�nden gestattet werden solle und zwar nicht wegen der directen Gefahr, die der Ge-nuss solchen Fleisches mit sich bringt, sondern wegen der an�derweitig erm�glichten Verschleppung des Milzbrandgiftes. . Ob ausser der durch Ansteckung vermittelten Form des
-ocr page 123-
Ueber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinalis etc. Hl
Milzbrandes auch eine spontaneEntstehung dieser Krank�heit beim Menschen yorkomme, diese f�r die menschliche Pa�thologie nicht unwichtige Frage ist bekanntlich noch immer unentschieden und mag es gestattet sein, auf diesen Punkt etwas n�her einzugehen.
Nachdem Heusinger') die hieher bez�glichen Angaben der Autoren wiegergegeben, neigt er sich zur Annahme, dass in unserem Klima der Milzbrandkarbunkel zuweilen beim Men�schen spontan vork�mmt, wobei er sich freilich die Einw�nde, die gegen diese Auffassung sprechen, nicht verhehlt. Virchow2) ist nicht im Stande, die Beweise f�r die spontane Entstehung beim Menschen anzuerkennen und f�gt als weiteren Einwand noch hinzu, dass durch keinen Versuch die Contagiosit�t dieser Formen und ihre wirkliche Identit�t mit dem Milzbrande her�gestellt ist. Koranyi3) h�lt die endg�ltige Entscheidung die�ser Frage bis jetzt f�r unm�glich.
Ebenso scheint A. Hirsch die spontane Entstehung des Milzbrandes beim Menschen nicht anzuerkennen, da er des Milzbrandes in seinem Handbuche der historisch-geographischen Pathologie nirgends erw�hnt.
Die Frage vom spontanen Milzbrand beim Menschen ist nun, wie mir scheint, durch eine Eeihe von Beobachtungen, welche eigenth�mliche durch Pilze bedingte Krankkeitsf�lle be�treffen, in eine neue Phase der Entwicklung getreten. Die erste derartige Beobachtung wurde von Buhl gemacht und erregte nicht ohne Grund grosses Aufsehen.
Buhl's4) merkw�rdiger Fall betraf einen 32 j�hrigen Mann, welcher nach kurzer Krankheit, deren wesentlichste Erschein�ungen in einem cholera�hnlichen Collaps und Erbrechen be�standen, gestorben war. Bei der Section fanden sich auf der
raquo;) 1. c. p. 561�571. s) 1. c. p. 402. ') 1. c. p. 169.
4) Mycosis intestinalis; Centralblatt f. d. med. Wiss. 1868. NV. 1. u. Zeitschrift f�r Biologie B. V. p. 129. 1870.
-ocr page 124-
112nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zur Pathologie des Milzbrandes.
Schleimhaut des Magens und D�nndarms zahlreiche eigenth�m-liche �demat�se und h�morragische, umschriebene Infiltrationen, welche meistens oberfl�chlich verschorft in verschiedenem Grade �ber die Schleimhautfi�che prominirten; acuter Hydrops ascites, �demat�se Infiltration der �auchwandung, des Gekr�ses, der Magen- und Darmwandung, des Mittelfells; ferner Blutungen und h�morrhagische Infiltrationen der mesenterialen, epiga�strischen, retroperitonealen, mediastinalen und submaxillaren Lymphdr�sen, ein massiger Milztumor; und endlich als wich�tigster Befund Pilzf�den in der Submucosa und Subserosa des Magens und D�nndarms sowie in den meseraischen Venen��sten der Pfortader, im �brigen K�rperblute dagegen neben einer auffallenden Vermehrung der farblosen Blutk�rper keine Pilzf�den sondern nur zahlreiche isolirte K�rperchen (Conidien). Diesen seltenen Process bezeichnete Buhl als Mycosis inte-s tinalis.
Bald darauf beschrieb Waldeyer1) zwei �hnliche F�lle beim Menschen. Beim ersten fanden sicli furuncul�s-h�mor-rhagische Ulcerationcn im Magen und Darmkanal, ein ser�s-h�morrhagischerErguss in den Peritonealsack, starke Schwellung der Milz und Mesenterialdr�sen; in den h�morrhagischen Blut-heerden feink�rnige amorphe Massen. � Im zweiten Falle, welcher einen Schlachthof-Futtermeister betraf, der nach 5 t�gi-ger Krankheit starb, fanden sich papulose und pustul�se h�morrhagische Heerde der �usseren Haut, grosso diphtheritisch-h�morrhagische Heerde im Magen und Dickdarm, bedeutende Schwellung der Milz und s�mmtlicher Lymphdr�sen, nament�lich der meseraischen, tr�be Schwellung der parenchymat�sen Organe und Ecchymosen an verschiedenen Stellen. Der mi�kroskopische Befund war �hnlich wie in dem Falle BuhTs: In den Pfortader�sten eine grosse Menge kleiner zoogloea-�hnlicher Pilzelemente und l�ngere fadenf�rmige Bildungen, die aus kurzen, ungegliederten St�bchen bestanden und ausser-dem Bruchst�cke dieser F�den, den gew�hnlichen Bacterien
l) Virchow's Archiv f. path. An. B. LII. gt;. 541. 1871,
-ocr page 125-
TTeber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinalis eic. 113
volltommen gleichend. Im �brigen K�rperblute fanden sich #9632;wie im Buhl'schen Falle keine F�den, wohl aber eine enorme Masse ganz kleiner Zoogloeaelemente.
In der Epikrise wirft Waldeyer die Frage auf, ob diese F�lle ebenso wie der Buhl'sche nicht als ungew�hnliche For�men von Milzbrand betrachtet werden konnten, da es nicht festgestellt sei, ob der Milzbrand ausschliesslich eine Zoonose und nicht ebenso gut prim�r beim Menschen vorkommen k�nne. Dabei ist zu bemerken, dass beide F�lle quot;Waldeyers im Le�ben die Erscheinungen einer hochgradigen Cyanose boten und beim zweiten Falle schon im Leben der Verdacht auf Milzbrand rege wurde.
Dann folgte eine Mittheilung von M�nch1), welcher bei einer gr�sseren Zahl von Leichen an Milzbrand Verstorbener die Ver�nderungen qualitativ gleich wie bei Buhl und Wal�deyer fand.
Endlich ver�ffentlichte E. Wagner2) vor Kurzem einen weiteren Fall von Mycosis intestinalis: Ein 38j�hriger Pelzf�r�ber starb nach kaum eint�giger Krankheitsdauer. Die Symptome im Leben waren haupts�chlich: Kopfschmerzen, Erbrechen, blutige St�hle, epileptiforme Kr�mpfe, Opisthotonus, starke Injection des Gesichtes. Bei der Section fanden sich h�mor-rhagische in der Mitte grau-gelbliche Infiltrate der D�nndarm�wandung, Vergr�sserung und h�morrhagische Infiltration der zugeh�rigen Mesenterialdr�sen, Vergr�sserung der Milz um das Doppelte, h�morrhagische Heerde der Hirnh�ute und Hirn�rinde, dissecirende Aneurysmen in letzterer, hydropische Er�g�sse in der Brust- und Bauchh�hle. Mikroskopisch fand Wag�ner feine Punktmassen in den erweiterten Blutcapillaren der betreffenden Stellen des Darmes, einzelne Pilzf�den und H�ufchen in den Mesenterialdr�sen, zahlreiche Pilzf�den in den Blutheerden und in den embolischen Massen der Aneurysmata
raquo;) Centralblatt f. d. med. Wiss. 1871. p. 802.
2) Ein Fall von t�dtl. Pilzkrankheit � Mycosis intestinalis. Zur
Erinnerung an die Feier von J. Radius etc. Leipzig 1872. Dr. B o 11 i n g e r, Pathologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;o
-ocr page 126-
114
Zur Pathologie des Milzbrandes.
1
i
dissecantia des Gehirns; im Blute feinste K�rnchen und ein zelne Pilzfaden.
In -welcher Beziehung stehen alle diese F�lle zum Milz�brand?
Als ich im Sp�therbst 1868 zum ersten Male in der patho-logisch-zootomischen Anstalt des Wiener Thierarzneiinstitutes Milzbrandf�lle sah, fiel mir sogleich die grosse Aehnlichkeit derselben mit jener Buhl'schen Mycosis intestinalis auf, die ich als Assistent der pathologisch - anatomischen Anstalt zu M�nchen selbst zu seciren und in verschiedener Richtung unter Leitung meines verehrten Lehrers zu untersuchen Gelegenheit hatte.
Im Verlaufe weiterer Untersuchungen �ber den Milzbrand gewann ich dieUeberzeugung, dass jener Mycosisfall von Buhl nur als eine besondere Form des Milzbrandes beim Menschen aufzufassen sei und �usserte diese Ansicht auch im Herbste 1869 bei meiner R�ckkehr nach M�nchen meinem ehemaligen Lehrer gegen�ber. Selbstverst�ndlich stelle ich damit auch die Mycosisf�lle von Waldeyer und Wagner in dieselbe Kate�gorie. Die Gr�nde, die mich zu dieser Auffassung f�hren, lassen sich kurz entwickeln:
Die pathologisch-anatomischen Yer�nderungen in allen diesen Mycosisf�llen sind denjenigen bei ausgesproche�nem Milzbrand der Hausthiere entweder sehr �hnlich oder auch vollkommen gleich. Es bezieht sich diese Uebereinstimmung in erster Linie auf die Pilze (Schizomyceten), die sich im Blute und in verschiedenen Organen vorfanden. In dem Falle von Buhl waren die Pilzf�den identisch mit den Milzbrandbacterien ebenso in den F�llen von Waldeyer und Wagner, und namentlich des Letzteren Abbildungen der Pilzf�den passen vollkommen auf die charakteristischen Milzbrandbacterien. Im Uebrigen sehen wir eigenth�mliche karbunkul�se Heerde im Verdauungsschlauche, Transsudate in den ser�sen H�hlen, ser�s-h�morrhagische Infiltrationen des peritonealen und mesenteria-len Bindegewebs, h�morrhagische Infiltrationen der Gekr�s-und anderer Lymphdr�sen, Bluthecrde an verschiedenen Stellen
if1
-ocr page 127-
ITeber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinalis etc. 115
des K�rpers, Vergr�sserung der Milz. Die kleinen K�rperchen, die von Buhl und quot;Waldeyer im Blute gefunden wurden, entsprechen offenbar den von mir alsBacterienkeime (Ku-gelbacterien) beschriebenen Gebilden, die sich immer neben den Cylinderbacterien, selten auch allein finden. Die Zoogloea- � h�ufen im Magen und Darm (Buhl und Wagner) sind viel�leicht als postmortale Bildungen aufzufassen.
Betrachten wir auf der anderen Seite die Erscheinun�gen im Leben, so l�sst sich auch hier eine gewisse Analogie mit dem Milzbrande nachweisen: Das Pl�tzliche der Erkrank�ung, der rasche Verlauf, die Diarrh�en (Buhl und Wagner), die Erscheinungen der Cyanose (Waldeyer und Wagner), ferner die epileptiformen Anf�lle, der Opisthotonus (Wagner); kurz die wichtigsten Symptome, die im Leben bei all' diesen Mycosisfallen beobachtet wurden, passen in den Eahmen der Erscheinungen, wie man sie beim Milzbrande der Thiere in der Regel findet.
Wenn man gleichzeitig die Mannigfaltigkeit der Milzbrand�formen erw�gt, die sich auch bei den Thieren geltend macht und die sichere Diagnose im Leben und am Cadaver manchmal in nicht geringem Grade erschwert, so kann dies der ausge�sprochenen Meinung von der Identit�t der Mycosisf�lle des Menschen mit dem Milzbrand der Hausthiere nur als weitere St�tze dienen. In 2 der genannten F�lle (2. Fall von Wal�deyer und Wagner) war �berdies der Stand der betreffenden Patienten (Schlachthoffuttermeister und Pelzf�rber) einer An�steckung durch Milzbrandgift sehr g�nstig; der Kranke in dem Buhl'scheu Falle dagegen war, wenn ich mich recht erinnere, in einer chemischen Fabrik besch�ftigt gewesen.
Was nach meiner Ansicht in den genannten F�llen die Diagnose auf die Milzbrandnatur der Krankheit erschwerte, war der Mangel an Hautkarbunkeln � nur in einem Falle Waldeyer's fanden sich papulose und pustul�se h�morrhagi-sche Heerde der �usseren Haut. Wie wir jedoch aus der Be�trachtung unserer 26 Milzbrandf�lle beim Rind, Pferd und der Ziege (13 F�lle beim Rinde, 11 beim Pferde, 2 bei der Ziege)
8*
-ocr page 128-
116
Zur Pathologie des Milzbrandes.
#9632;
ersehen haben, sind die Hautkarbunkel hier ebenso selten. Wenn man alle diese F�lle durchmustert, so finden sich Haut�karbunkel nur in 2 F�llen (XVIII. und XXII.) beim Pferde, beim Rinde dagegen wurde niemals ein derartiger Befund er-.w�hnt.
Es scheint mir demnach ein dringendes Postulat zu sein, dass man in der Menschenmedicin sich daran gew�hnt, den Begriff des Milzbrandes weniger an das Vorkommen der �usse-ren Karbunkel zu kn�pfen und �berhaupt den letzteren f�r weniger wichtig zu halten; die pr�cise Diagnose der Milzbrand�formen wird auf diese Weise sicher erleichtert.
Weitere Argumente f�r die Anthraxnatur der erw�hnten Mycosisf�lle finden wir �brigens noch in der Literatur des Milz�brandes. In erster Linie steht hier eine Reihe �lterer Beob�achtungen, welche Heu singer (1. c. p. 597.)zusammengestellt hat. Der Befund der inneren Organe ist in diesen F�llen ganz �hnlich angegeben wie in den Mycosisf�lleu. So erw�hnt Ba-rez (ib. p. 599) gegen 30 haselnuss- bis taubeneigrosse kar-bunkul�se Stellen im D�nndarme, die blutig infiltrirt, braun�schwarz gef�rbt waren; gleichzeitig fanden sich blutige, ser�se und sulzige Infiltrationen der Mesenterial- und Halslypmphdr�sen. Sans on beschreibt 25�30 lenticul�re Pusteln im Magen, Ray er �hnliche kleine karbunkul�se Heerde im Magen, Ber�tin erw�hnt h�morrhagische Infiltration der Gekr�sdr�sen: auf Grund dieser und �hnlicher Beobachtungen kommt Heusinger zu dem Schl�sse, dass die erz�hlten Sectionsergebnisse die Gleichheit des menschlichen und thierischen Milzbrandes be�weisen.
Von neueren Beobachtungen geh�ren hieher der Fall von Stone1) welcher bei Pustula malignaEcchymosirungen in den Darmw�nden, Schwellung der solit�ren Follikel, der mesen-terialen Dr�sen und sp�rliche Bacteridien im Blute fand. Auch Brauell und Davaine fanden im Blute milzbrandiger Men-
m
') Virchow's Jahresbericht �ber die Leist. und Fortschritte f�r 1869. B. I. p. 491.
m
-ocr page 129-
TTeber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinalis etc. 117
sehen Bacteridien. Ferner beschreibt Neyding1) mehrere rasch verlaufende F�lle von Pustula maligna beim Menschen, bei denen er blutig gef�rbte Transsudate in den ser�sen H�h�len, Schwellung und h�morrhagische Infiltration der Subma-nillar-Bronchial-Gekr�s- und Lumbardr�sen und deren Um�gebung nachweisen konnte, ferner h�morrhagische Erosionen und selbst diphtheritische Vorg�nge im Magen und D�nndarm. Schliesslich ist hier anzuf�hren die Mittheilung von M�nch2), der unter 28 F�llen von Milzbrand beim Menschen nur 17 mal Karbunkel auf der �usseren Haut fand, in 11 F�llen dagegen keine Localisation auf der �usseren Haut. Die Ver�nderungen waren qualitativ gleich wie bei den Mycosisf�llen von Buhl und Waldeyer.
Ob nun damit, dass man die bisher beschriebenen F�lle von Mycosis intestinalis zum Milzbrande rechnet, f�r die Lehre von Anthrax der Menschen neue Gesichtspunkte gegeben sind, mag der Gegenstand weiterer Diskussion werden. Vorl�ufig d�rfte es schwierig sein, in den genannten F�llen eine St�tze f�r die spontane Entstehung des Milzbrandes beim Menschen zu suchen. Verschiedene Thatsachen, so namentlich die Be�sch�ftigung der betreffenden Patienten scheinen mehr darauf hinzuweisen, dass man es hier mit Anthraxf�llen zu thun habe, die durch contagi�se Infection entstanden sind und zwar durch Infection vom Darmkanale aus. Die Frage von der spontanen Entstehung des Milzbrandes beim Menschen d�rfte �berhaupt nur in Gegenden, wo der Milzbrand endemisch ist, ihre L�sung finden. Alle �brigen F�lle muss man vorl�ufig, nachdem die Tenacit�t des Milzbrandcontagiums sowie seine mannigfaltige Uebertragungsweise festgestellt sind, als durch Contagion ent�standen erkl�ren.
Mit der Erkl�rung, dass die Mycosisf�lle beim Menschen zum Anthrax geh�ren, geschieht meines Erachtens der Wichtig-
?) Vierteljahrschrift f. gerichtl. u. �ffentl. Med. N. P. X. p. 241.
1869. ') Centralblatt f�r die medic. quot;Wissenschaft. 1871. p. 802.
-ocr page 130-
118
Zur Pathologie des Milzbrandes.
i\
keit dieser Processe durchaus kein Abbruch. Im Gegentheil und diesen Punkt habe ich schon bei einer anderen Gelegen�heit (Vortrag �ber Milzbrand im Verein j�ngerer Aerzte zu Z�rich, Sitzung am 24. Februar 1872) betont, gewinnt beson�ders der Fall von Buhl dadurch eine grosse Bedeutung, dass er als kr�ftiger Beweis f�r die parasit�re Natur des Milzbrandes dient, da er vollkommen unbefangen beobachtet und gedeutet wurde.
In einer anderen Richtung best�tigen die Beobachtungen der genannten Autoren (Buhl, Waldeyer, E. quot;Wagner) noch die Thatsache, dass die Bacterien beim Milzbrande auch localisirt im K�rper vorkommen k�nnen. Wenn man auch bei der Schnelligkeit der Entwicklung der Bacterien die M�glich�keit einer postmortalen Entstehung und Vermehrung nicht aus dem Auge lassen darf, so m�ssen doch die Keime dieser Ge�bilde schon im Leben im Blute vorhanden gewesen sein. Aus dem localisirten Auftreten und Vorkommen der Bacterien erkl�ren sich auch wohl zum Theil die widersprechenden An�gaben der Beobachter �ber das Vorkommen und Fehlen der Bacterien beim Milzbrand der Hausthiere. Damit harmonirt auch die alte Erfahrung *), dass die Verbreitung des Conta-giums im K�rper der milzbrandigen Thiere eine sehr verschie�dene ist. Es gibt F�lle, wo von jedem Theile aus die An�steckung vermittelt wird, ein Thier also durch und durch in-fecti�s ist, andere, wo nur die Karbunkelgeschw�lste oder die sonstigen localen Ablagerungen das Gift zu enthalten scheinen und Virchow spricht es geradezu aus, dass sich aus diesem Umst�nde die widerstreitenden Angaben der Schriftsteller �ber die Sch�dlichkeit des Fleisches, des Blutes, der Felle get�dte-ter oder gefallener Thiere erkl�ren lassen.
Ick kann nicht umhin, diese Er�rterung mit dem Wunsche zu schliessen, dass man k�nftig bei �hnlichen F�llen von My�cosis intestinalis nicht unterlassen m�ge, Impfversuche mit dem
I
') Virchow, Zoonosen p. 395.
-ocr page 131-
Ueber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinalis etc. 119
Blute anzustellen, da man auf diesem Wege ohne M�he zu einem sicheren Resultate gelangen wird.
Ich wende mich zur Besprechung einer Krankheit der Schweine, die man .mit dem Milzbrande vielfach zusammen�wirft, und kn�pfe einige Bemerkungen an �ber den sogenannten Typhus der Pferde.
Bekanntlich kommt beim Schweine sehr h�uftg und vor�zugsweise in der Schweiz eine Krankheit vor, �ber deren Natur und Stellung in der Pathologie eine grosse Verschiedenheit der Ansichten herrscht. Diese trotz ihrer H�ufigkeit und Gef�hr�lichkeit wenig genau erforschte Krankheit, die bald als Roth�lauf, bald als Milzbrandrothlauf, als b�sartiger Roth�lauf bezeichnet wird, wird bald und zwar von der grossen Mehrheit der Schriftsteller zum Milzbrande gerechnet, bald als ein eigener Krankheitsprocess betrachtet. Eine Zusammenstell�ung der bez�glichen Ansichten gibt Harms ') in seiner Mono�graphie des Rothlaufes, worin er den Rothlauf als eigene Krank-heitsform aufstellt.
Haubner2) will den Rothlauf der Schweine nur h�chst selten, vielleicht niemals zum Milzbrande gerechnet wissen, namentlich nicht die Formen, die durch ein j�hrlich sich wie�derholendes Auftreten, ohne dass gleichzeitig der Milzbrand bei anderen Thieren vork�mmt; andere �hnliche Processe beim Schwein, worunter jedoch der Name Rothlauf wiederholt ge�nannt wird, geh�ren nach Haubner theils zum Milzbrand, theils zum Typhus, theils zu den fieberhaften Ausschl�gen.
Spinola3) erw�hnt einen gutartigen und einen b�sartigen Rothlauf der Schweine; der letztere soll eine Milzbrandform darstellen. � In �hnlichem Sinne unterscheidet Hering4) ein
1)nbsp; Der Rothlauf des Schweines � die Schweineseuche. Hannover 1869
2)nbsp; Landwirthschaftl. Thierheilkunde. 5. Aufl. p. 336. und Handbuch der Veterin�rpolizei, p. 283. 1869.
') Die Krankheiten des Schweines, p. 222.
*) Specielle Pathologie der Hausthiere. p. 285 und 298.
-ocr page 132-
1
120
Zur Pathologie des Milzbrandes.
[
b�sartiges .Rothlauffieber des Schweines und ausserdem einige rothlaufartige Formen des Milzbrandes.
Roll1) beschreibt als brandigen Rothlauf eine der h�ufig�sten Anthraxformen des Schweines. Ebenso stellen nach Bruckm�ller 2) der sogenannte Rothlauf oder das Petechial-fieber der Schweine acute Milzbrandformen dar. � Endlich geh�rt hieher die experimentell begr�ndete Angabe Brauell's3), welche Harms �bersehen hat, dass der Rothlauf der Schweine nicht zur Gruppe der Anthraxkrankheiten zu rechnen sei.
Bei dieser Sachlage erscheint es geboten, meine allerdings nicht sehr ausgedehnten Erfahrungen �ber diese Krankheit an dieser Stelle zu referiren.
Im Juli 1871 �bersandte H. Thierarzt Brauchli in Wi-goltingen (Kt. Thurgau) die inneren Organe eines Schweines, welches an b�sartigem Rothlauf gelitten hatte.
1
LI. 21. Juli 1871. Rothlaof beim Schwein.
Die zur Untersuchung �bersandten Organe � Lungen, Herz, Darm � liessen zahlreiche kleine Blutungen wahrnehmen; im Uebrigen fanden sich ausser einer katarrhalischen Schwellung der Darmschleimhaut und kleinen punktf�rmigen Gebilden (Mi-krobacterien ?) im Blute keine bemerkenswerthen Ver�nder�ungen. Ueber die Erscheinungen im Leben sowie �ber die gew�hnlichen Befunde am Cadaver theilte mir H. Brauchli Folgendes mit.
�Die Krankheit ergreift die Thiere ohne R�cksicht auf Alter und Ern�hrungszustand. Die Thiere h�ren gew�hnlich pl�tzlich zu fressen auf, so z. B. versagen sie das Mittagfutter, w�hrend sie das Morgenfutter noch mit Lebhaftigkeit verzehrt haben. Hie und da bemerkt man noch etwas Fresslust. Zuweilen tritt von Anfang an Erbrechen ein; der Brechreiz dauert mehrere
') Lehrbuch der Pathol. und Therapie, 3. Aufl. I. p 440. 1867. 3) Lehrbuch der pathol. Zootomie. p. 267. 1869. 3) Oesterreich. Vierteljahrsschrit't f. wiss. Yeterin�rkunde. B. XXI11. p. 117. 1�65.
-ocr page 133-
- #9632;
Ueber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinalis etc. 121
Stunden, oft fortw�hrend bis gegen das t�dtliche Ende an. Die Thiere Terkriechen sich in der Streu, sind bei Ber�hrungen sehr empfindlich, die Hauttemperatur ist wechselnd; bald sind die Ohren k�hl, bald heiss. An den Kinnbacken sieht man oft eine livide F�rbung, die Bindehaut des Auges ist injicirt. Nach und nach tritt allgemeine Hautr�thung ein, jedoch gehen die Thiere manchmal schon vorher zu Grunde. Der Verlauf ist oft so rapid, dass man die Thiere, die Abends noch gesund erschienen, des Morgens todt im Stalle findet. Die obigen Organe stammten von einem derartigen Falle: H. Brauchli traf den Cadaver noch warm, ohne Hautr�thung. Bei langsamem Verlaufe, wenn die Krankheit 1 � 3 Tage dauert, tritt gew�hnlich Schw�che des Hintertheiles und ein schwankender Gang ein. Der Koth wird trocken abgesetztquot;.
Bei der Section, wenn die Krankheit lethal geendet oder schon einen hohen Grad erreicht hatte, fand H. Brauchli meist folgende Ver�nderungen:
�Haut und Speck ger�thet, Muskulatur von blassblaur�th-licher Farbe und schnell in Verwesung �bergehend. Die Leber, meist auch Milz und Meren sind von dunkler Farbe, blutreich; die ersteren beiden Organe erweicht und auf leichten Fingerdruck einreissend. Die d�nnen Ged�rme stellenweise ger�thet, die Peyer'schen Dr�senhaufen deutlich sichtbar. Im Magen und oft auch im Dickdarm livide Fleckenquot;.
LII. 20. April 1872. Rothlant' beim Schwein.
Von einem Schweine, welches an �othlauf gelitten hatte und get�dtet werden musste, �bersandte H. Brauchli die bei�den Nieren, die ihm von H. Thierarzt Merk �bermittelt wurden.
Bei der Untersuchung fanden sich beide Nieren stark ver-gr�ssert, im h�chsten Grade cyanotisch, sehr blut- und saftreich, die Malpighi'sehen Kn�uel sehr stark mit Blut gef�llt und schon mit blossem Auge sichtbar. Bei der mikroskopischen Unter�suchung finden sich ausser der Blut�berf�llung der Capillaren und Glomeruli zahlreiche kleine Blutaustritte. Die Epithelien
-ocr page 134-
111 p
122
Zur Pathologie des Milzbrandes.
1
der Harncan�lchen Yergr�ssert, fein k�rnig getr�bt und vielfach zerfallen: das Bild der tr�ben Schwellung. Das aus einer Nierenvene gewonnene Blut zeigte die rothen Blutk�rperchen sehr blass, das Serum von Blutfarbestoff gelblich gef�rbt und ausserdem kleine punktf�rmige und kurzcylindrische Bacterien (Mikro- und Mesobacterien) in massiger Menge, beide jedoch ohne irgendwie charakteristische Eigenschaften. Mit dem aus-gepressten blutigen Safte (0,5 Gramm) der beschriebenen Nieren wurde ein kr�ftiges Kaninchen subeutan geimpft.
Uli. luipt'ung 21. 20. April 1872. Kauincheu.
Das Thier zeigte nach der Impfung keine besonderen Krankheitserscheinungen und wurde am folgenden Morgen todt im Stalle gefunden. Bei der Section, welche Nachmittags 2 Uhr stattfand, fand sich an der Impfstelle eine missfarbige Beschaffenheit des Unterhautzellgewebes in grosser Ausdehnung, in den inneren Organen allenthalben Saft- und Blutreichthum, tr�be Schwellung und beginnende F�ulniss; im Blute zahlreiche punktf�rmige Bacterien (10 Stunden nach dem Tode). Der ganze Befund hatte wenig Aehnlichkeit mit dem Rothlauf des Schweines und haupts�chlich keine mit dem Milzbrand anderer Hausthiere. Da in dem zur Impfung verwendeten mit Ham-bestandtheilen gemischten Nierensaft schon beginnende Zersetz�ung vorhanden war, so erkl�rt sich der Tod, sowie der patho�logisch-anatomische Befund einfach durch putride Infection.
L1Y. Rothlauf heim Schwein.
Am 9. Mai 1872 �bersandte H. Thierarzt Hoff�mann in Ossingeu (Kanton Thurgau) Theile eines an b�sartigem Rothlauf gestorbenen Schweines mit folgendem Bericht �ber den Verlauf der Krankheit:
�Am 6. Mai bemerkte man an dem Thiere eine grosse Menge dunkelblauer Flecke auf der ganzen K�rperoberfl�che ziemlich gleichm�ssig verbreitet. Diese Flecke ver�nderten sich w�hrend der Dauer der Krankheit nicht, sondern blieben in Be�zug auf Grosse, Farbe und Art gleich. Fieber war nur in ge-
-ocr page 135-
lieber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinalis etc. 123
ringem Grade vorhanden, das Schwein zeigte noch geh�rigen Appetit. An demselben Tage Abends bildete sich um die Augen und am R�ssel eine diffuse Anschwellung ohne scharfe Grenze, die weder schmerzhaft noch heiss war. Die Bindehaut und Sclerotica der Augen waren intensiv ger�thet. Diese Symp�tome blieben 2 Tage � bis zum 8. Mai Nachmittags � die�selben. Dann zeigten sich pl�tzlich die heftigsten Fieberer�scheinungen, die Athmung wurde sehr m�hsam und stark be�schleunigt. Die Percussion und Auskultation der Brust liessen auf nichts Abnormes schliessen. Die Paces wurden selten und trocken abgesetzt; der Appetit war vollkommen verschwunden. Das Thier vermochte nicht zu stehen, sondern lag best�ndig mit in der Streu verborgenem Kopfe. Der Herzschlag dabei sehr stark f�hlbar, die Temperatur der K�rperoberfl�che wech�selnd.
Die Oeffnung der hinteren Ohrvenen und der Blutgef�sse des Schwanzes hatten erst iVa�2 Stunden darnach Blutung zur Folge; das Blut selbst war dunkel und nur unvollkommen gerinnend. W�hrend man dem Thiere die verordneten Medi�camente verabreichen wollte, bekam es einen Anfall, indem es auf den vorgestreckten Kopf zu Boden st�rzte und w�hrend der Dauer des Anfalls l'/s�2 Minuten lang heftig schrie. Der Herzschlag war w�hrend dieser Zeit unf�hlbar. Hierauf erholte sich das Tliier wieder etwas, man beobachtete nur mehr die fr�her geschilderten Symptome, endlich wurde der Gang un�sicher, eine l�hmungsartige Schw�che der Hintergliedmassen stellte sich ein. Der Tod erfolgte um 6 Uhr Abends. Die Hautflecken, welche im Leben dunkelblau waren, f�rbten sich im Verlaufe einer Stunde nach dem Tode immer heller und waren schliesslich hellroth.quot;
Die Section, deren Daten ich nach dem Berichte des H. Hof fmann zum Theil erg�nze, ergab folgende Ver�nderungen:
Das Gehirn etwas bleich und blass, im Uebrigen normal.
Das Herz war auf der �usseren Fl�che mit �beraus zahl�reichen gr�sseren und kleineren Blutheerden bedeckt und da�durch an der Herzbasis und den Herzohren f�rmlich gesprenkelt.
-ocr page 136-
1
124
Zur Pathologie des Milzbrandes.
1 i
Die Musculatur blass, m�rbe, von einzelnen Blutheerden durch�setzt. Die Innenfl�che beider Herzkammern ebenfalls mit zahlreichen, vielfach confluirenden gr�sseren und kleineren subendocardialen Blutheerden bedeckt. Die �brigen Theile des Herzens normal, in s�mmtlichen H�hen Blutgerinnsel in geringer Menge. Die Lungen blass � man hatte dem Thiere unmittel�bar nach dem Tode noch eine ziemliche Menge Blutes abge�lassen � im Uebrigen normal. Die Leber an der Oberfl�che mit Blutflecken bedeckt. Die Milz von normaler Grosse, sehr blutreich und von schwarzer Farbe.
Die Schleimhaut des Magens und eines D�nndarmabschnittes etwas geschwellt, saftig gl�nzend und mit ziemlich zahlreichen punktf�rmigen Ecchymosen bedeckt, welche im Magen h�ufig ein helleres Centrum mit einem rothen Hofe erkennen lassen.
An den �bersandten Zwerchfellst�cken und einem Hautst�cke von der unteren Bauchwand finden sich grosse diffuse blutig gef�rbte br�unlichrothe Flecken, welche jedocii weniger auf Blutextravasaten als auf blutiger Imbibition beruhen.
Bei der mikroskopischen Untersuchung finden sich in der blutig durchsetzten Herzmusculatur zahlreiche rothe und nament�lich an der Peripherie derselben �usserst zahlreiche farblose Blutk�rperchen zwischen den Muskelfasern, die Muskelfasern selbst nur leicht getr�bt. Im Blute � aus den Kranzvenen des Herzens und den Blutgerinnseln der Herzkammern � finden sich zahlreiche Kugelbacterien und kurze Cylinderbacterien, ohne dass sonstige Erscheinungen der beginnenden Zersetzung zu bemerken waren. Die kleinen Ecchymosen der Magenschleim�haut mit dem blassen Centrum bestehen aus miliaren Abscessen in der Schleimhaut mit entz�ndlichem, ger�theten Hofe, ohne dass es mir gelang eine Gef�ssverstopfung oder eine sonstige Anh�ufung parasit�rer Gebilde als Ursache nachzuweisen.
Die mit dem Herzblute vorgenommene Impfung auf ein Kaninchen blieb erfolglos.
m
[
#9632; i
I
-ocr page 137-
Ueber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinales etc. 125
LS. Iiupfnug 23. Kauincheu.
Einem Kaninchen wurde am 9. Mai ein St�ck frisches Blutgerinnsel aus dem Herzen des an Kothlauf gestorbenen Schweines unter die Haut gebracht.
Das Thier bleibt vollkommen gesund.
Endlich erw�hne ich noch, dass die inneren Organe eines Schweines, welches im vorhergehenden Sommer an �othlauf erkrankt, aber genesen war, in keiner Richtung eine Ver�n�derung darboten, als ich sie im November 1871 zur Unter�suchung erhielt.
F�r die vergleichende Betrachtung und Feststellung der Beziehungen zwischen dem b�sartigen Rotblauf der Schweine und dem �chten Milzbrand der �brigen Hausthiere sind die mitgetheilten klinischen, pathologisch-anatomischen und experi�mentellen Ergebnisse massgebend.
Die Ers cheinun gen im Leben beim b �sarti gen Eothlauf der Schweine lassen sich nach den mitgetheilten Beschreibungen derHH. Brauchli und Ho ff mann ungef�hr so schildern:
Der b�sartige Rothlauf bef�llt zu jeder Jahreszeit Thiere jeden Alters und jeden Ern�hrungszustandes. Die Krankheit tritt in der Regel ohne Vorboten, pl�tzlich auf. Die Fresslust ist meist aufgehoben; manchmal erbrechen sich die Thiere, verkriechen sich in der Streu und sind sehr empfindlich. Die Hauttempera�tur ist wechselnd, bald heiss, bald k�hl; die sichtbaren Schleim�h�ute stark ger�thet. Auf der K�rperoberfl�che treten ent�weder dunkelblaur�thliche Flecken oder eine diffuse R�thung auf, am Kopfe (Kinnladengegend) manchmal auch unschmerz�hafte �demat�se Anschwellungen. Die Thiere gehen �fters so rasch zu Grunde, dass es nicht zur Bildung der Hautr�the oder der Hautflecken kommt.
Bei langsamerem Verlaufe, wenn die Krankheit 1�3 Tage dauert, entwickelt sich eine l�hmungsartige Schw�che des Hin-tertheils; der Koth wird trocken und selten abgesetzt, die Fieber�erscheinungen sind massig, die Temperatur der K�rperoberfl�che
-ocr page 138-
126
Zur Pathologie des Milzbrandes.
Bf.
ist wechselnd; die Thiere bekommen f�rmliche Erstickungsan�falle: das Athmen wird kurz und sehr beschleunigt, man be�obachtet starkes Herzklopfen, allgemeine Schw�che, Unverm�gen aufzustehen. Manchmal zeigen die Thiere apoplectiforme Zu�f�lle, st�rzen zu Boden, erholen sich jedoch �fters wieder.
Harms erw�hnt ausserdem als wesentlich die Fieberer�scheinungen, Kr�mpfe, Bl�schenbildung und Absterben von Hautst�cken in manchen F�llen. Der Tod erfolgt entweder apoplectiform oder unter den Erscheinungen der Cyanose pl�tz�lich oder erst nach 12�24�36 Stunden, seltener nach einigen Tagen; Genesung tritt ebenfalls �fters ein.
Der pathologisch-anatomische Befund im Cadaver derartig gestorbener Thiere gestaltet sich ziemlich einfach:
Haut und Speck sind ger�thet, livid gef�rbt, stellenweise �demat�s. Die inneren parenchymat�sen Organe (Leber, Nieren, Milz) sind blutreich besonders die Nieren stark cyanotisch. Die Milz ist nicht vergr�ssert, oder nur in sehr geringem Grade. An und in zahlreichen Organen finden sich kleinere oder gr�s-sere Blutungen: an den ser�sen H�uten, am En- und Epicar-dium, im Herzmuskel, auf der Magen- und Darmschleimhaut. In der Magenschleimhaut manchmal miliare (embolische ?) Eiter-heerde.
Das Blut zeigt nur schwache oder gar keine Gerinnung, ist von dunkler Farbe und enth�lt kleine punktf�rmige und kurz cylindrische Bacterien (Kugel- und Cylinderbacterien).
Die Impfungen mit dem frischen Blute an Eothlauf ge�storbener Schweine auf Kaninchen, welche sonst f�r das Milz�brandgift sehr empf�nglich sind, sind von negativem Erfolge und im Zusammenhalt mit den Resultaten anderer Beobachter (Harms, Braueil und Fuchs) kann man sagen, dass der Rot hl auf �berhaupt durch Imp fungen nicht �bertrag�bar ist. Der t�dtliche Ausgang bei einer oben erw�hnten Impfung (LIII) l�sst sich dadurch erkl�ren, dass der zur Impf�ung verwendete Nierensaft bereits in F�ulniss �bergegangen war. Harms1) impfte Hunde und Kaninchen, Fuchs Kanin-
l) 1. o. p. 51.
mv
-ocr page 139-
lieber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinalis. 127
chen, und endlieh Brau eil ein F�llen, ein Schwein, zwei Kaninchen und einen Igel ebenfalls ohne Erfolg.
Dagegen f�hrt H ar m s (1. c.) eine Beobachtung des Thierarztes Meyer in Sulingen an, wonach eine Uebertragung des Roth�laufes durch die Muttermilch von einem Mutterschwein auf vier Junge stattgefunden haben solle; s�mmtliche Thiere genasen jedoch.
Wenn Harms im Uebrigen jede Ansteckungsf�higkeit des b�sartigen �othlaufes im gew�hnlichen Sinne leugnet, so geht er darin entschieden zu weit. Schon in der Literatur finden sich verschiedene Angaben, wornach Ansteckung durch F�tter�ung mit Abwaschwasser des Fleisches rothlaufkranker Thiere nicht selten vorkommen. So beobachtete Meier1) in Dallikon den Eothlauf in 5 St�llen bei 12 Schweinen und konnte f�r alle F�lle nachweisen, dass die Krankheit vermittelst Abwasch�wasser vom Fleische solcher kranker Schweine entstehe. Aehn-liches berichtet Schenkel2), welcher eine Uebertragung auf diese Weise bei 11 Schweinen beobachtete. Endlich hat F e 1 d t-mann3) vor einiger Zeit ebenfalls mitgetheilt, dass Schweine, denen nur das blutige Wasser in welchem das kranke Fleisch abgewaschen war, ins Futter gesch�ttet wurde, stets erkrankten. Alle diese Beobachtungen kann ich nach m�ndlichen Mittheil�ungen von Thier�rzten des Kanton Z�rich best�tigen. Es kann demnach eine Ansteckung von Schwein zu Schwein vermittelst des Futters mit Sicherheit angenommen werden und gerade diese Eigenschaft ist f�r die Prophylaxis des b�sartigen Roth�laufes bisher zu wenig ber�cksichtigt worden.
Ebensowenig als der Rothlauf der Schweine durch Impfung auf andere Thiere �bertragbar ist, kennt man F�lle, wo auf dem Wege der Contagion Uebertragungen des Eothlaufgiftes auf andere Thiere stattgefunden haben und diese Thatsache,
*) Verg]. Heusinger, p. 187. und Archiv Schweizer Thier�rzte.
B. XI. p. 221. ') ibidem. s)Vir chow's Arohiv. B. XXXVI. 290. 1866.
-ocr page 140-
128
Zur Pathologie des Milzbrandes.
auf welche H au b ner und 0 b ich4) schon aufmerksam machten, spricht ebenfalls gegen die Milzbrandnatur des Rothlaufes. Die Frage, ob das Gift von Schwein zu Schwein durch Impfung �bertragbar ist, scheint mir noch eine offene zu sein, da bis jetzt nur ein negativer Versuch von Brau eil (1. c. p. 126) vorliegt.
Der Grenuss des Fleisches rothlaufkranker Thiere ist f�r den Menschen nach vielfachen Erfahrungen, die allerorts ge�macht wurden, vollkommen unsch�dlich. Wie beim Milzbrand der Rinder ist jedoch die Gefahr der Verbreitung des Contagi-ums, welche bei erlaubtem Fleischgenusse kaum zu umgehen ist, unter allen Umst�nden keine geringe.
Alle diese Thatsachen, besonders die pathologisch-anatomi�schen Ver�nderungen, der Mangel der f�r den Anthrax charak�teristischen Bacterien im Blute, sowie die negativen Irapfver-suche f�hren darauf hin, den sogenannten b�sartigen Roth lauf der Schweine ^auch Milzbrandrothlauf, Anthrax-br�une genannt) als eine von dem Milzbrand der �bri�gen Hausthiere durchaus verschiedene Krankheit zu betrachten. Allerdings muss man zugeben, dass diese Krankheit dem Milzbrande in vieler Richtung sehr �hnlich ist, so nament�lich durch ihre Gef�hrlichkeit, das pl�tzliche Auftreten, den raschen Verlauf, den Charakter einer exquisiten Blutkrankheit, die St�rungen der Blutcirculation, die Cyanose und die Blut�ungen.
Ich m�chte demnach den Rothlauf der Schweine als eine specifische Krankheit des Schweines betrachten, wel�che allerdings dem Milzbrande vielfach analog ist, im Uebrigen jedoch vollkommen von ihm zu trennen ist. Ob daneben noch der �chte Milzbrand beim Schweine vorkommt, dar�ber fehlen mir alle Erfahrungen. Nach Allem, was mir aus der Literatur bekannt ist, bezweifle ich jedoch nicht, dass alle die Formen, die als Milzbrandblutschlag, Feuer, Vorder- und Hinterbrand, Nesseln,
f
') Wochenschrift f�r Thierheilkunde und Viehzucht v. Adam. Jahr�gang 1869. p. 243.
-ocr page 141-
Ueber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinalis etc. 129
Nesselausschlag, wildes, laufendes und fliegendes Feuer, St. Antouiusfeuer, Rankkorn, Anthraxbr�une, Halsanthrax, Kehl�brand, weisse Borste und wie die Namen alle heissen m�gen, nur verschiedene Erscheinungsformen des oben ge�schilderten b�sartigen Rothlaufes � der Schweineseuche darstellen. Schon fr�her habe ich angef�hrt, dass in meinem Versuchstalle, wo l�ngere Zeit hindurch mit Milzbrandgift ge�impfte und daran erkrankte Thiere sich befanden, unter Anderem ein Schwein der unmittelbare Nachbar zweier an Milzbrand gestorbener Ziegen sowie mehrerer milzbrandiger Kaninchen war und niemals die Symptome einer Erkrankung zeigte.
Die Aehnlichkeit, welche unverkennbar zwischen dem Milzbrand der �brigen Hausthiere und dem b�sartigen Roth�lauf der Schweine besteht, weist daraufhin, dass auch das Krankheitsgift nach quot;Wesen und Wirkung ein analoges sei. Harms (1. c.) glaubt das Krankheitsgift des Rothlaufes in Pilzen gefunden zu haben, die mit der Nahrung oder Getr�nk in den K�rper eingef�hrt werden. Jedoch haben die Pilze, die er im Blute gefunden und als F�den, Sporenketten, Sporen�blasen, Haufen von Keimsporen und freie Sporen beschreibt, nichts Charakteristisches.
In den von mir untersuchten F�llen konnte ich ebenfalls ohne Schwierigkeit Kugelbacterien und kurze Cylinderbacterien im Blute nachweisen und zwar zu einer Zeit, wo das Blut und die Organe noch keine Zeichen von F�ulniss zeigten. Trotzdem und so sehr ich f�r meine Person von der parasit�ren Natur des b�sartigen Rothlaufes �berzeugt bin, halte ich die Frage so lange nicht f�r spruchreif, bis diese niederen Organismen im Blute des lebenden Thieres oder unmittelbar nach dem Tode nachgewiesen sind.
Dass der Name Rothlauf f�r eine speeifische Blutkrankheit gerade nicht sehr passend erscheint, kann nach Allem keinem Zweifel unterliegen. Aus verschiedenen Gr�nden d�rfte es je�doch zweckm�ssig sein und darin schliesse ich mich vollkom�men den Ausf�hrungen von Harms an, den Namen �b�sarti�ger Roth lauf oder Schwe i nes eu ehequot;, der sich der meisten
Dr. Boiling er, Pathologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;laquo;7
n
-ocr page 142-
130
Zur Pathologie des Milzbrandes.
I
i H
1
n
I I
Anerkennung erfreut, beizubehalten und m�chte nur vorschlagen, das Heer der �brigen Namen so wenig als m�glich zu ge�brauchen.
Wie der Rothlauf der Schweine so ist auch die Stell�ung des Pferdetyphus in der Pathologie der Hausthiere eine schwankende
Der Typhus der Pferde wird von der Wiener Schule (Roll und Bruckm�ller) zum Milzbrande gerechnet, von Anderen als eine selbstst�ndige Krankheit betrachtet.
Nach meinen Erfahrungen, die ich haupts�chlich in der Klinik und im Secirsaale des Wiener Thierarzneiinstitutes sammelte, haben die Typhusf�lle beim Pferde ohne Zweifel eine grosse Verwandtschaft zum �chten Anthrax. Die grossar�tigen Karbunkel, die Petechien der sichtbaren Schleimh�ute, die �demat�sen Infiltrationen der Haut und des Unterhautzell�gewebes mit folgendem Absterben der Haut, ferner die Er�scheinungen des Fiebers, der anatomische Befund am Cadaver: Alles dies reiht den Pferdetyphus unmittelbar dem Anthrax an.
Nun gibt es aber derartige Krankheitsprocesse beim Pferde, die man sowohl klinisch, als pathologisch-anatomisch zum Pferde�typhus stellen muss, denen aber die wesentlichen Charaktere des Milzbrandes � die �acterien im Blute, sowie die Contagi-osit�t � abgehen.
Das mir zu Gebote stehende Material ist zu klein, um ein sicheres Urtheil abzugeben. Ich theile meine Beobachtungen nur mit, um dadurch vielleicht zu weiteren Versuchen anzuregen.
Meine Beobachtungen und Zweifel st�tzen sich auf 3 F�lle von sogenanntem Pferdetyphus, die in der Klinik der hiesigen Thierarzneischule im Laufe des letzten Jahres behandelt wurden und zur Section kamen. Man fand acute Milztumoren, t�eer-artige Beschaffenheit des Blutes, massig grosse h�morrhagisch-sulzige Erg�sse an verschiedenen Stellen, aber keine Bacterien im Blute. Die Impfung mit dem Blute auf Kaninchen erzeugte putride Infection mit lethalem Ausgang, aber keinen Milzbrand. Im Blute eines dritten an ausgesprochenem Typhus erkrankten Pferdes, das ich vor Kurzem noch zu untersuchen Gelegen-
-ocr page 143-
lieber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinalls etc. ]31
heit hatte, fand ich durchaus keine Abweichung; die Impfung mit dem noch warmen Blute auf 2 Kaninehen blieb erfolglos, da die Thiere keine St�rung ihres Befindens wahrnehmen Hessen. Bei der Section des nach 3 Wochen in Folge Ton hin�zugetretenem Lungenbrand gestorbenen Pferdes wurde die Diagnose auf Typhus Yollkommen best�tigt, indem sich an ver�schiedenen Stellen des Darmkanales theils verschorfte, theils in Heilung begriffene Karbunkel-Geschw�re fanden.
Ausgehend von dem Standpunkte, dass diese F�lle doch dem Milzbrande zuzurechnen seien, Hesse sich noch eine Er�kl�rung finden, welche den Mangel der Bacterien, sowie die nicht contagi�se Natur obiger F�lle ber�cksichtigt. Es Hesse sich n�mlich denken, dass in solchen langsamer verlaufenden Milzbrandformen das urspr�ngliche Gift � die Bacterien � zerfallen und untergehen und erst secuud�r durch ihre quot;Wirk�ung auf das Blut andere chemische Gifte (putride Stoffe?) er�zeugen, welche gleichsam die Vermittler zwischen den urspr�ng�lich veranlassenden Bacterien und der Erkrankung des Organis�mus darstellen und selbst dann noch ihre pernici�se Wirkung �ussern, wenn das urspr�ngliche Gift, (die Bacterien oder deren Keime) bereits untergegangen sind.
Am Schl�sse dieser Betrachtungen sei noch die Bemerk�ung gestattet, dass der Pferdetyphus mit dem Abdominaltyphus des Menschen nicht die entfernteste Aehnlichkeit hat. Ebenso�wenig haben mich meine bisherigen pathologisch-anatomischen Erfahrungen davon �berzeugt, dass �berhaupt bei einem unserer Hausthiere, beim Rind, Hund oder Katze ein dem Abdominal�typhus des Menschen analoger oder �hnlicher Process vorkommt.
9*
-ocr page 144-
\v
vn.
Zur Theorie des Milzbrandes.
Schlussresultate.
Am Schl�sse unserer Untersuchung sind wir bei der wich�tigen Aufgabe angelangt, eine Theorie des Milzbrandes und in erster Linie eine physiologische Erkl�rung der Wirkung der Milzbrandbacterien aufzustellen.
Eine der schw�chsten Seiten der Davaine'schen Hypo�these, welche die Bacterien als das Milzbrandgift bezeichnete, ist unstreitig die, dass dieselbe die Beziehungen zwischen den Bacterien einerseits und den klinischen und anatomischen Er�scheinungen des Milzbrandes anderseits, durchaus im Unklaren liess. Kor�nyi1), ein Anh�nger der Lehre Davaine's, hat schon auf diese L�cke hingewiesen, indem er die Frage aufge�worfen, welcher Art die Wirkung der Bacteridien sei, wie sich die heftigen fieberhaften Vorg�nge, der oft fulminante Tod, die massenhaften Exsudate, die secund�ren karbunkul�sen und ery-sipelat�sen Bildungen erkl�ren lassen.
Wenn Davaine das ganze ausgepr�gte Krankheitsbild, die so bedeutenden pathologisch - anatomischen Ver�nderungen
') 1. c. p. 158.
-ocr page 145-
Schlussresultate.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;133
haupts�chlich durch die Klebrigkeit der Blutk�rperchen erkl�ren will, die zur Verstopfung der kleinen �lutgef�ase f�hren, so liegt es auf der Hand, dass damit f�r das1 Verst�ndniss der Krankheit, f�r die physiologische Erkl�rung der Erscheinungen im Leben keine ausreichende Basis gewonnen ist.
Um in dieser Richtung zu einem Resultate zu gelangen, erscheint vor Allem nothwendig eine n�here Kenntniss der physiologischen Eigenschaften der Bacterien, ihrer Lebensbeding�ungen, dann eine genaue Beobachtung der Ver�nderungen, welche der lebende Organismus, sowie der Cadarer milzbran�diger Thiere bietet.
Welche Wirkungen �ben die Bacterien und �hn�liche Gebilde auf die von ihnen be wohnten K�rpe r aus?
Nachdem Pasteur ') bei seinen ber�hmten Untersuchungen �ber G�hrung und F�ulniss zu dem Resultate gekommen war, dass die Existenz der Vibrionen (Monaden und Bacterien) an die Anwesenheit von Sauerstoff gekn�pft sei, und er aus diesem Grunde diese Organismen Aerobien genannt hatte, wurde die Richtigkeit dieser Thatsache immer fester begr�ndet.
Unter der Einwirkung der Schizomyceten (Bacterien und Vibrionen) findet in organischen K�rpern eine lebhafte Oxydation statt, deren Produkte Wasser, Kohlens�ure und ein�fachere organische Verbindungen sind. Die betr�chtliche Menge von Sauerstoff, welchen die Pilze bei diesem Processe absorbiren, nehmen sie bei ungehindertem Luftzutritt aus der Luft, bei mangelndem aus dem Substrate selbst.
Indem Pasteur diese niederen Gebilde als Fermentorga�nismen und Erreger der G�hrung und F�ulniss betrachtete, erhielten diese kleinsten Gebilde eine ungemeine Wichtigkeit f�r die gesammte Biologie. Durch die neueren Untersuchungen von H. Hoffmann und F. Cohn hat die Pasteur'sche G�hrungstheorie einen so sicheren Boden gewonnen, dass man
') Comptes rend, de l'acad. des sciences. 56. Bd p. 1189. 1863
-ocr page 146-
n
134
Zur Pathologie des Milzbrandes.
an ihrer Richtigkeit trotz aller Angriffe (Liebig, Hoppe-Seyler) kaum mehr zweifeln kann. quot;
Hoff mann hat namentlich schlagend nachgewiesen, dass das Leben und Wachsthum der Bacterien an den Sauerstoff gebunden ist und wie begierig sie denselben absorbiren; ohne Sauerstoff k�nnen die Bacterien nicht leben, bei Mangel daran tritt der Ruhezustand oder der Tod ein.
Betrachten wir auf der anderen Seite die Erscheinun�gen im Leben, die man bei milzbrandkranken Thieren be�obachten kann, so haben wir wesentlich 2 Hauptformen zu un�terscheiden :
1) Die sehr acut und rasch verlaufenden F�lle � Anthrax acutissimus und acutus, 2) die langsamer verlaufenden Formen � Anthrax subacutus. � Je nach dem Ausgange k�nnte man die ersteren auch als b�sartige, die anderen als weniger b�s�artige Milzbrandformen bezeichnen.
quot;Wenn man Gelegenheit hat, einen Fall von rasch verlaufen�dem Milzbrand zu beobachten, so treten die Erscheinungen von Seiten des Respirations- und Circulationsapparates in den Vor�dergrund. Neben der allgemeinen Schw�che und Mattigkeit sieht man die Symptome der Athemnoth, der Cyanose, der K�lte der Extremit�ten, Convulsionen, (epileptiforme Kr�mpfe)1) und endlich tritt unter den Zeichen der Asphyxie der Tod2) ein. Oder
#9632; .':;
1) Diese epileptiformen Kr�mpfe beobachtete ich auch in ausgezeich�neter Weise bei einem an Impfmilzbrand erkrankten Kaninchen (XIV); die Erweiterung der Pupillen ist in einem Falle (Pferd in Werikon) ebenfalls angegeben.
*) Die bedeutenden Erscheinungen von Seiten des Athmungsapparates sowie die hochgradige Blut�berf�llung der Lungen, die man bei milzbrandigen Thieren beobachtet, haben schon �ltere Autoren veranlasst, das Wesen des Milzbrandes in einer L�hmung der Lungennerven (Kausch, Heusinger p. 17) oder in ge�hinderter Decarbonisation des Blutes (Lowack, Heusinger 1. c. p. 48) zu suchen. Auch der nicht selten ge�brauchte Name Lungenbrand ist aus �hnlichen Anschauungen entstanden.
-ocr page 147-
Schlussrcsultato.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;J35
in den apoplectiformen F�llen st�rzen die Thiere wie vom Blitze getroffen zusammen, verfallen in allgemeine Convulsionen, die Temperatur sinkt sehr bedeutend und unter den Erscheinungen der Dyspnoe und Asphyxie tritt der Tod in der k�rzesten Zeit ein.
Die Section solcher Thiere ergibt Ueberf�llung des Venensystems, eine dunkle theerartige Beschaffenheit des Blutes, Blutungen in den verschiedensten Organen, cyanotische F�rbung der parenchymat�sen Organe und Lungenhyper�mie: kurz, wir sehen klinisch und pathologisch - anatomisch das Bild der Kohlens�ure�berladung und Sauerstoffmangels im Blute.
Wenn man die enorme chemische Affinit�t der Bacterien zum Sauerstoff erw�gt, welchen sie begierig absorbiren, wenn sie ihn frei finden oder seinen Verbindungen entziehen m�ssen, ferner die ungeheure Zahl,1) in welcher die Bacterien im Blute milzbrand�kranker Thiere vorkommen, so wird die Annahme leicht ver�st�ndlich, dass die apoplectiformen und sehr acuten Milzbrand�f�lle dadurch entstehen, dass die Bacterien bei ihrer raschen Vermehrung im Blute allen Sauerstoff aufzehren und dadurch Mangel an 0 haltigem Blute und Ueberladung mit Kohlens�ure verursachen. So erkl�rt sich auf die einfachste Weise die ganze Symptomenreihe, die in Folge abnormer Reizung des Athmungs-centrums als Dyspnoe, als klonische Kr�mpfe, Cyanose und Asphyxie sich pr�sentiren. Die Section bietet dann auch s�mmtliche Ver�nderungen, die wir bei Kohlens�ure�berladung und Sauerstoffmangel im Blute und dem dadurch bedingten Tod zu finden 'gewohnt sind. Die Kohlens�ure�berladung wird ausser-dem noch dadurch gesteigert, dass bei dem lebhaften Oxyda-tionsprocesse im Blute ein weiteres Quantum von Kohlens�ure im Blute selbst als Verbrennungsprodukt erscheint.
Mit dieser Annahme erkl�ren sich jene fulminanten und . apoplectiformen Milzbrandf�lle, wo die Thiere pl�tzlich zu Boden st�rzen und nach kurzer Zeit verenden.
') Davaine sch�tzt die Zahl der Bacterien in einem Tropfen Milzbrandblut auf 8�10 Millionen.
-ocr page 148-
-
136
Zur Pathologie des Milzbrandes.
I.
Diese F�lle, die in der ganzen Pathologie bei keinem spon�tan entstehenden Krankheitsprocess eine Analogie finden, haben die gr�sste �ehnlichkcit mit der Vergiftung durch Blaus�ure und da der Blaus�uretod in Folge der 0 Entziehung des Giftes wesentlich ein Erstickungstod ist (Preyer;, so stelle ich die fulminante Wirkung der Bactericn in solchen F�llen auf die�selbe Linie mit der Blaus�urevergiftung.
Es beruht also die sch�dliche Wirkung der Milzbrandbac-terien auf den lebenden Organismus in erster Linie auf ihrer colossalen O Absorption. Auf diese Weise lassen sich �brigens auch jene Formen � die acuten � erkl�ren, die Stunden und Tage lang dauern.
Die Schwierigkeit, welche bisher die Erkenntniss dieser Wirkung verhinderte, lag sicherlich darin, dass man immer die Bactericn nur als F�ulniss- und G�hrungserreger betrachtete und ihre prim�re Wirkung, abgesehen davon, dass die Milzbrand-bacterien von den gew�hnlichen F�ulnissbacterien verschieden sind, aus den Augen liess. Dagegen hat Buhl1) bei Besprech�ung seines Mycosisfalles schon ausdr�cklich betont, dass es durchaus unpassend w�re, die chemische Action der Pilze und Schizomyceten im lebenden Blute einfach auf F�ulniss zur�ck�zuf�hren ; er fand nichts, was f�r faulendes Blut schon w�hrend des Lebens verwerthet werden k�nnte. Dasselbe habe ich wiederholt bei meinen Milzbrandf�llen an verschiedenen Orten hervorgehoben.
Selbstverst�ndlich sind mit dieser Annahme die langsamer verlaufenden Milzbrandformen � die subacuten, die �brigens auch an Zahl die geringere Zahl darstellen � nicht erkl�rt. Durch die Einwirkungen der Bactericn auf das Blut entstehen in solchen F�llen wahrscheinlich weitere chemische Umsetzungen im Blute, welche zur Bildung fiebererregender Substanzen, neuer Gifte, f�hren k�nnen.
Die sonstigen Erscheinungen, die man in den Cadavern milzbrandiger Thiere findet, lassen sich ebenfalls ungezwungen
I
i li
') 1. c, p. 141.
-ocr page 149-
Schluxsresultaie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;J37
erkl�ren, wenn man die �brigen Eigenschaften der Bacterien sowie die Entwicklung der einzelnen Ver�nderungen ber�ck�sichtigt.
Das Blut findet sich in der Regel dickfl�ssig, theerartig, dunkelschwarz, ohne Gerinnung, reich an farblosen Blutk�rper�chen; die Cadaver zeigen meist Mangel der Todtenstarre, an vielen Stellen finden sich Blutungen, Schwellung der Lymph�dr�sen, der Milz, Karbunkel, �demat�se Transsudate und Infil�trationen.
Die Dickfl�ssigkeit des Blutes ist die Folge der Wasserentzieh�ung durch die hydropischen, sulzigen und �demat�sen Erg�sse; die dunkle Farbe die einfache Folge der Kohlens�urevergiftung. Die Erweichung und Klebrigkeit der Blutk�rperchen, sowie die Nichtgerinnung erkl�ren sich durch die Eigenschaft der Bacterien, dass sie Eiweissk�rper (das Blutfibrin und das H�moglobin^ rasch erweichen; vielleicht auch dadurch die mangelnde Todten�starre. Die Vermehrung der farblosen Blutk�rperchen ist Folge der acuten Reizung und Schwellung der Lymphdr�sen und der Milz, .die zu lebhafterer Produktion der Lymphzellen veranlasst werden. Dass die Bacterien und Bacterienkeime, die haupt�s�chlich in diesen Organen in grosser Zahl sich finden, den ab�normen Reiz abgeben, wie auch Buhl f�r seinen Fall annimmt, ist sehr naheliegend.
Die �brigen Erscheinungen: die Karbunkel, die �demat�sen Infiltrationen, die Transsudate, die Blutungen � lassen sich zum Theil durch mechanische, zum Theil durch die chemische Wirkung der Bacterien erkl�ren, eine Annahme, f�r die ich experimentelle Belege anf�hren will:
Grobe1) machte Injectionen von Sporen verschiedener Pilze (Aspergillus glaucus, Penicillium glaucum) sowie von Hefe in das Blut und in die ser�sen S�cke. Bei Kaninchen trat nach Injection von2�3 Com. Sporenfl�ssigkeit in die Jugu-laris nach 30�36 Stunden der Tod ein. Diese Thiere zeigten
') Sitzungsberichte des Greifswalder medic. Vereins Tom 7. April 1869. Berliner klin. Wochenschrift 1870. Nr. 1.
-ocr page 150-
I
�J !
138
Zur Pathologie des Milzbrandes.
bei der Section in verschiedenen inneren Organen miliare Heerde, die aus Pilzrasen bestanden; die weitere Entwicklung der Pilze erfolgte in den Blutgef�ssen und nach Durchbohrung dieser in den Organen. Den so hervorgerufenen Process bezeichnet Grohe als Mycosis generalis acutissima s. foudroyante.
Semmer1) stellte seine Versuche an 4 F�llen an. Er inji-cirte denselben in die lugularis Micrococcus (?) von Penicillium aus K�se und Speichel, mit Arthrococcushefe und Penicillium-sporen. Die Thiere ertrugen diese Injection ohne irgend welche Krarkheitssymptome.
Aehnliche Injectionsversuche, jedoch mit positivem Erfolge machte L. Pranck2). Derselbe infundirte einem Pferde Va Liter Wasser in die lugularvene, in welches 48 Stunden vor�her Sporen von auf feuchtem Brode gezogenen Schimmel ges�t worden waren und das durch Leinwand filtrirt, einen P�ulniss-geruch zeigte. Das Thier zeigte nach der Injection Appetit�losigkeit, vollen vermehrten Puls, am zweiten Tage dieselben Erscheinungen. Am dritten Tage entwickelte sich an der Brust und den beiden vorderen Gliedmassen eine Geschwulst, die bis zum Ellenbogen reichte und dort wulstig abgesetzt war. Diese Geschwulst verhielt sich wie diejenigen beim sogenannten Petechialfieber (Typhus) der Pferde. Am 5. Tage sickerte aus der Geschwulst an der Brustspitze eine rothgelbliche , �belrie�chende, mit etwas Eiter gemischte Fl�ssigkeit aus. Allm�hlig verloren sich die Geschw�lste und das Pferd erholte sich voll�st�ndig.
Endlich f�hre ich noch die Versuche von H. Hoffmann3) an; derselbe impfte 3 Kaninchen mit fauler Fleischfl�ssigkeit. Obgleich die verwendete Fl�ssigkeit dem Aussehen nach ganz identische Bacterien � wie die Milzbrandbacterien � in gr�sster
r m
t
IM
i
') Oesterreich. Vierteljahrsschrift f�r wiss. Vet.-Kunde. B. XXXII
p. 106. 1869. 2) Jahresberichte der Central - Thierarzneischule zu M�nchen pro
1869/70. p. 22. 8) Botan. Zeitung 1869. p. 327.
-ocr page 151-
Schlussresultate.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 139
Menge enthielt, blieben diese blutigen Impfungen vollkommen wirkungslos.
In �hnlicher quot;Weise wie diese verliefen zwei Versuche, die ich mit faulem Heuaufguss an zwei Kaninchen anstellte. Der Aufguss enthielt zahllose, meist bewegliche Bacterien der ver�schiedensten Grosse, die sich jedoch, wie ich oben auseinander�gesetzt habe, wesentlich von den Milzbrandbacterien unter�scheiden. Beide Kaninchen, denen je 1 Gramm dieser Aufguss�fl�ssigkeit subcutan injicirt wurde, blieben vollkommen gesund und das �fters untersuchte Blut der lebenden Thiere zeigte nie�mals eine Spur von Bacterien.
Aus den letztgenannten Versuchen von Hoffmann und mir geht hervor, dass den gew�hnlichen F�ulnissbacterien, m��gen sie nun neben faulenden pflanzlichen oder thierischen Stoffen entstanden sein, diejenige specifische Wirkung auf den Organis�mus abgeht, welche den Milzbrandbacterien zukommt. Und ausdr�cklich m�chte ich hier nochmals zur Charakteristik der physiologischen Eigenschaften der Milzbrandbacterien hervor�heben , das man an frischen Cadavern milzbrandiger Thiere keine Spur von F�ulniss antrifft. Ich habe sogar bacterienhal-tiges Blut und Organe milzbrandiger Thiere � von Rindern, Ziegen und Kaninchen bei mittlerer �usserer Temperatur 2�3 Tage in frischem Zustand � ohne Spuren von F�ulniss oder Zersetzung aufbewahren und untersuchen k�nnen. Die quot;Wirk�ung der Milzbrandbacterien ist daher keine zymotische.
Unter den zuerst angef�hrten Versuchen sind diejenigen von Grohe f�r die Kenntniss der quot;Wirkung niederer Orga�nismen im lebenden Thierk�rper von Wichtigkeit. Eine ge�wisse Analogie mit den acutesten und acuten Formen des An�thrax l�sst sich nicht verkennen, indem die pernici�so Wirkung der injicirten Pilze in dem h�chst acuten Verlaufe so deutlich hervortritt, dass Grohe den Process als Mycosis acutissima sive foudroyante bezeichnete.
Ebenso haben die �demat�sen, karbunkel�hnlichen Ge�schw�lste der Haut und des Unterhautzellgewebes, welche Franck durch Injection von Pilzen in das Blut hervorbringen
-ocr page 152-
140
Zur Pathologie des Milzbrandes.
#9632; ;
j
konnte die gr�sste Aehnlichkeit mit jenen karbunkelartigen Anschwellungen, die man sowohl bei acuten Milzbrandf�llen bei den milderen Anthraxformen des Pferdes � beim Pferdetyphus findet.
Suchen wir endlich noch nach Analogien auf dem Gebiete anderer Infectionskrankheiten, so sehen wir in den Resultaten neuerer Untersuchungen manches, was f�r verschiedene Krank-heitsprocesse eine parasit�re Genese immer wahrscheinlicher macht.
In erster Linie w�ren hier die Arbeiten Hallier's anzu�f�hren, welcher bekanntlich das Gift zahlreicher Infectionskrank�heiten des Menschen und der Thiere in niederen pflanzlichen Gebilden gefunden haben wollte. Ueber den gegenw�rtigen Stand der von Hai Her aufgestellten und begr�ndeten Micro-coecustheorie, die allm�hlig vollkommen unhaltbar geworden ist, sei es gestattet, das Urtheil der competentesten Pilzkenner anzuf�hren. Nachdem de Bary schon fr�her mit scharfer Kritik die H a 11 i e r'schen Versuche und Folgerungen angegriffen, spricht sich F. Cohn1) neuerdings dahin aus, dass die Arbeiten Hallier's f�glich ignorirt werden k�nnen, da sie nicht nach wissenschaftlicher Methode angestellt seien. Und ebenso ung�nstig lautet das Urtheil von H. Hoff mann2): Nachdem er die unver�kennbare Abnahme der quantitativen Th�tigkeit (um von der qua�litativen zu schweigen) auf dem Gebiete des Micrococcus in dem letzten Jahre constatirt, prophezeit er, dass der Micrococcus nach 1�2 Jahren ausser Curs kommen werde. �Die Stimmen pro haben nicht an Kraft gewonnen, die Stimmen contra meh�ren sich bedenklich. In Fleisch und Blut der Wissenschaft ist er nicht �bergegangen. Die Zahl der Anh�nger der Micrococcus-Hypothese unter den eigentlichen Experimentatoren hat sich in einer ebenso auffallenden, als beachtenswerthen Weise ver�mindertquot;.
In
lii
til';
11
I
I
�) Botan Zeltung 1871. Nr. 51.
2) Mykolog. Berichte, Uebersicht der neuesten Arbeiten auf dem Ge�biete der Pilzkunde III. Giessen 1872. p 69 und p. 122.
-ocr page 153-
Schlusgresnltate.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 141
Nach Allem' scheint von dem Verdienste Hallier's in der Pilzfrage nichts �brig zu bleiben, als dass seine Arbeiten eine grosse Anregung auf diesem Gebiete hervorgebracht haben.
Nach den Untersuchungen von Coze und Feltz ') finden sich bei verschiedenen ansteckenden Krankheiten (Septic�mie, Typhus, Scharlach, Puerperalfieber) im Blute punkt- und st�b-chenf�rmige K�rper (Bacterien); es sind dies Fermentorganis�men von besonderer Art bei den verschiedenen Infectionskrank-heiten, die im Blute G�hrungsprocesse erregen. Im Sinne der P as teur'sehen G�hrungstheorie beginnen diese Bacterien den Fermentact damit, dass sie sich des Sauerstoffes bem�chtigen.
Durch eine Eeihe von Beobachtungen, die sich wesentlich auf die Diphtherie und die infecti�sen Wundkrank�heiten (Py�mie) beziehen, wurden ferner niedere Organismen (Pilze) als Krankheitserreger wahrscheinlich gemacht.
Hieher geh�ren die Untersuchungen von Buhl2), T o m-masi und H�ter3), Oertel4) und Eberth6), nach welchen das Gift bei der Diphtherie aus Pilzen besteht.
v. Recklinghausen6) beobachtete in den multipeln metastatischen Heerden bei verschiedenen infecti�sen Krank�heiten (Py�mie, Puerperalfieber, Typhus, acutem Gelenkrheu�matismus, Lungengangr�n) in jenen kleinen Abseessen miliare Anh�ufungen kleiner Organismen, die er als Micrococcus be�zeichnet.
Kind fleisch7) erw�hnt kleine abscess�hnliche Erweich-ungsheerde im Herzfleisch bei verschiedenen rasch t�dtlich
') Recherches clin. et experiment, sur les maladies infectieuses.
Paris 1872. raquo;) Zeitschrift f�r Biologie B. III. p. 341. IS'S. raquo;) Centralblatt f. d. med. Wissensch. 1868. Nr. 34 u. 85. *) Deutsches Archiv f. klin. Medicin. B. Till. p. 242. 1871.
6)nbsp; nbsp;Vortrag im Verein jung. Aerzte zu Z�rich und in d. Gesellschaft der Aerzfe des Kantons Z�rich; vergl. Bl�tter f�r Gesundheits�pflege. 1872. -3 20.
�; Centralblatt f. d. med. Wiss. 1871. p. 713.
7)nbsp; nbsp;Lehrbuch der pathol. Gewebelehre. 2. Aufl. p 204. 1871.
-ocr page 154-
lU:
142
Zur Pathologie des Milzbrandes.
endigenden Infectionskrankheiten (Py�mie, Puerperalfieber, Rotz), welche aus nichts anderem als aus Vibrionen bestanden. Nach Kl ebs ') werden die infecti�sen Wundkrankheiten durch parasit�re Pilze, das Microsporon septicum, erzeugt. Dagegen will H�ter 2) nur eine Gruppe von infecti�sen Wund�krankheiten anerkennen, welche dem Microsporon oder dem Monas crepusculum ihre Entstehung verdanken und die er als putride diphtheritische Vorg�nge von den � nicht parasit�ren � putriden septic�mischen trennt. Nach H�ter sind die Mo�naden als Individuen eine Noxe, ein entz�ndliches Irritament f�r die lebenden Gewebe; die Wunddiphtheritis und das Wund-erysipel entstehen durch Einwanderung der Monaden in das lebende Gewebe; die diphtheritische Phlegmone, die im Binde�gewebe ihren Sitz hat, ist eine schnell fortschreitende Entz�nd�ung, die von der Wanderung der Monaden getragen wird, welche schnell zu einer R�thung und Schwellung der Gewebe f�hrt. Ebenso wird die parasit�re Natur der Py�mie � wie die der Diphtherie � von Eberth3) behauptet, dagegen f�r andere Krankheiten (Cholera, Typhus, Tuberculose und Septi-e�mie) einstweilen noch nicht f�r gerechtfertigt erkl�rt.
Nachdem Waldeyer4) die Angaben v. Reckling�hausens f�r die Py�mie, wobei derselbe miliare Bacterien-heerde im Herzfleisch gefunden, best�tigt hatte, fand er sp�ter 6) Bacterien in den diphtheritischen Einlagerungen an der Uteru�sinnenfl�che, in den puriformen Massen in den Lymphgef�ssen des Uterus und der Lig. lata, ferner im peritonitischen Exsu�date. Waldeyer will jedoch die Aetiologie und Pathogenese der diphtheritischen Erkrankung nicht mit diesen Wesen in Verbindung bringen.
') Correspondenzblatt f. Schweizer Aerzte. 1. Jahrg. Nr, 9. 1871.
raquo;) Deutsche Zeitschrift f�r Chirurgie. B. I. p. 91. 1872.
8) 1. c.
*) Sitzung der medic. Section d. schles. Gesellsch. f�r yaterl�nd
Cultur vom 4. Aug. 1871. 5) Archiv f�r Gyn�kologie. B. III. p. 293.1872.
i
-ocr page 155-
Schlussresultate.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;143
Endlich beschreibt Virchow1) bei Endocarditis puerpe-ralis einen dem diphtheritischen Processe verwandten Vorgang an den wunden Stellen der Klappe, wobei sich gr�ssere K�rner und Kugeln finden, deren Ursprung aus minimen Organismen im Blute abzuleiten sei.
Nach allen diesen Untersuchungen ist es sehr wahrschein�lich, dass die Diphtherie und die Py�mie ebenfalls parasi�t�rer Natur sind und vielleicht noch andere Krankheitsprocesse. Jedoch lassen sich bei vielen der erw�hnten Beobachtungen noch gewichtige Bedenken erheben: einmal ist der exacte Nach�weis von der pflanzlichen Natur dieser kleinsten Gebilde nicbt in allen F�llen vollkommen geliefert und ausserdem vermisst man bei vielen dieser Untersuchungen, die an Menschenleichen gemacht wurden, genaue Angaben �ber die Zeit, welche zwi�schen dem Tode und der Section verflossen ist. Diese Ein�w�nde sind bei der Schwierigkeit der mikroskopischen Diffe�rential-Diagnose dieser Organismen, ihrer theilweisen Aehnlich-keit mit fettigem und k�rnigem Detritus und ausserdem im Hinblicke auf ihre rasche Entwicklung in abgestorbenen Thei-len #9632;� und namentlich bei Infectionskrankheiten #9632;� sicher nicht ungerechtfertigt.
Ich habe in j�ngster Zeit Gelegenheit gehabt, mich durch eigene Beobachtung zu �berzeugen, wie vorsichtig man bei diesen Dingen sein soll:
Nachdem Christot und Kien er2) vor einiger Zeit bei einem der Eotzkrankheit erlegenen Manne zahlreiche Bacterien im Blute und fast in allen Organen gefunden hatten, am zahl�reichsten im Eiter der Rotzabscesse, im Nasenausfluss und in den Lymphdr�sen, theilten sie weiter mit, dass auch die davon geimpften Thiere (Pferde etc.) dieselben Befunde zeigten.
Dass diese vielfach citirte Angabe sich auf Leiehenerschein-ungen, auf postmortale Producte bezog, bezweifelte ich nicht
') Ueber d. Chlorose und Endocarditis puerperalis. Berlin 1872.
p. 32. raquo;) Compt. rendus LXVII. Nr. 21. 1054. 1863.
-ocr page 156-
144
Zur Pathologie des Milzbrandes.
#9632;
im Geringsten, da es mir niemals gelang, bei wiederholter Un�tersuchung frischer Rotzabscesse und �otzblutes, etwas Aehn-liches zu Gesicht zu bekommen. Noch vor Kurzem habe ich das Blut und Kotzabscesse der Haut (Wurmknoten) vom leben�den rotzkranken Pferde untersucht und zwar mit einem vor�z�glichen Instrumente (Hartnack Immersion 11.), jedoch ohne Resultat. Allerdings glaubte ich in dem frischen Rotzabscesse Anfangs zahlreiche isolirte und haufenf�rmig angeordnete Ku-gelbacterien zu sehen, die dazu noch die lebhafteste Bewegung zeigten. Bei Anwendung von Alealien, S�uren und Aether ver�nderten sich diese Gebilde Anfangs wenig oder gar nicht, dagegen verschwanden sie nach mehrst�ndiger Einwirkung die-
ser Reagentien
vollst�ndig: es waren diese .Gebilde nur Ge-
webstr�mmer und Fettk�rnchen und ich kann demnach weder die Angaben von Christot und Kiener, noch diejenige von Rindfleisch (vergl. oben) best�tigen.
Auf der anderen Seite kann ich nicht umhin, an diesem Orte einer Thierkrankheit Erw�hnung zu tlmn, deren parasi�t�re Natur ich f�r sehr wahrscheinlich halten rauss. Seitdem �) ich die Ansicht ausgesprochen und begr�ndet hatte, dass die Rinderpest mit der putriden Infection eine grosse Aehnlichkeit habe namentlich nach ihrer pathologisch - anatomischen Seite, sind mir unterdessen die mikroskopischen Bilder zu Gesicht ge�kommen, die Be ale2) von den feineren Ver�nderungen der Organe bei dieser Krankheit gegeben hat. Im Blute, in den feinen Venen und Capillaren werden von Be ale eigenth�mliche K�rperchen beschrieben und abgebildet, die er als �germinal matterquot; bezeichnet und als die materies morbi ansieht, lieber die Natur dieser Gebilde war Be ale offenbar nicht im Klaren. Nur an einer Stelle (1. c. p. 132) deutet er an, dass diese K�r�perchen, die von Aussen in die Blutgef�sse eindringen, sich
') Archiv f�r Thierheilkunde B. XXIV H. III. p. 261. 1871.
2) Third Report of the Commissioners appointed to inquire to the
origin and nature of the cattle plague. Lond. 18�6. p. 129�154.
Plate I. II. u. III.
-ocr page 157-
Schlnssresultate.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 145
-im Blute vermeBren und wachsen, Verstopfungen erzeugen und die kleinen Keime von thierisclien oder pflanzlichen Parasiten sein k�nnten. Wenn man dazu noch die exquisit diphtheriti-schen Processe im Magen und Darmkanal (vergl. die ausge�zeichneten Abbildungen in dem erw�hnten englischen Werke) und auf der �usseren Haut ber�cksichtigt, endlich noch die h�chst contagi�se Natur, die B�sartigkeit, den raschen Verlauf der Einderpest, so wird die Annahme einer parasit�ren Natur dieser Krankheit immer wahrscheinlicher.
Wir sehen also, dass die parasit�re Genese des Anthrax-in anderen thcils spontan vorkommenden Infectionskrankheiten sowie in k�nstlich hervorgebrachten Infectionen mannigfache und wichtige Analogien findet. Ausserdem kennt man bei nie�deren Thieren (Raupen und Stubenfliegen) epidemische und contagi�se Krankheiten, die nachgewiesenermassen durch Pilze entstehen: so dringt der Muscardinepilz, die Botrytis Bassiana, von aussen in die llaupe ein und bildet sich in dem K�rper derselben aus. Und endlich verhalten sich die pflanzenbewoh�nenden Pilze, die �chten Pflanzenparasiten ganz �hnlich. Sie stellen die Ursache der Infection, das Gift der ansteckenden Pflanzenkrankheiten dar und sind namentlich in einer Hinsicht merkw�rdig. Man weiss n�mlich sicher *) � im Ge�gensatz zu einer fr�heren Anschauung, die f�r das Eindringen und die Entwicklung der Pflanzenparasiten irgend eine Er�krankung oder krankhafte Disposition des Wirthes voraus�setzte�, dass die Pilze v�llig gesunde Pfanzen befallen ja dass im Gegentheil der Parasit um so besser gedeiht, je besser seine N�hrpflanze ern�hrt ist. Ein �hnliches Verh�ltniss scheint beim Milzbrand der Hausthiere stattzufinden, bei dem eine vielfache Erfahrung gezeigt hat, dass gerade die bestge�n�hrten und kr�ftigsten Thiere der Krankheit zum Opfer fallen und am raschesten zu Grunde gehen.
Auf welche Art die Milzbrandbacterien oder ihre Keime in
�) deBary,Handbuchderphysiol. Botanik von Hoff meister.B. II. p. 222. 1866.
Dr. Bollisger. l'athologie dca Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;l�
-ocr page 158-
146
Eu)' Pathologie des Milzbrandes.
m
den K�rper gelangen, kann man sich ohne Schwierigkeiten er�kl�ren, wenn man die allgemeinen Eigenschaften der Bacterien ber�cksichtigt. M�gen diese kleinsten Organismen direct aus dem Boden stammen wie in einem Milzbranddistrikt oder als Ueberreste eines Milzbrandfalles irgendwo eingetrocknet haften, so k�nnen sie entweder durch �ussere mechanische Einfl�sse frei werden oder durch zuf�llige Ber�hrung mit Wasser ge�mischt werden. Durch die fortw�hrend bewegliche Luft, einen Luftzug, werden diese �beraus kleinen und leichten Gebilde gehoben und dann entweder direct mit der Athmung in den Thierk�rper aufgenommen oder sie fallen auf fl�ssige oder fette Nahrung und gelangen mit dieser in den Thierk�rper. Nach Analogie mit den P�ulnissbacterien l�sst sich sogar denken, dass durch meteorische Wasserniederschl�ge solche in der Luft schwebende Bacterienkeime auf gewisse Entfernungen hin fortgetragen werden und dann irgendwo abgesetzt werden. � Das Eindringen der Milzbrandbacterien durch die lockeren und schwammigen Schleimh�ute in den Thierk�rper ist leicht ver�st�ndlich, wenn man die Kleinheit der Bacterienkeime und der kleineren Bacterien ber�cksichtigt und endlich die Thatsache, dass sogar harte Gebilde wie z. B. Eierschalen dem Eindringen derartiger Organismen kein Hinderniss entgegensetzen. Ausser-dem l�sst sich hier eine pathologisch-anatomische Erfahrung verwerthen: Man findet nicht selten schon einige Stunden nach dem Tode namentlich bei Pferden in der Leber und im Pfort-aderblute reichliche P�ulnissbacterien, ohne dass irgendwo eine Verletzung oder Zerreissung der Darmwandung vorhanden ist und ohne dass die �ussere Luft irgendwie Zutritt hatte. Ohne Zweifel sind die P�ulnissbacterien oder ihre Keime postmortal vom Darmlumen aus in die genannten Organe eingewandert und in �hnlicher Weise wird man sich auch das Eindringen der Milzbrandbacterien in den lebenden K�rper zu denken haben.
Wie erkl�ren sich jedoch die fieberhaften Erscheinungen sowie der ganze Symptomencomplex bei jenen F�llen, wo die Milzbrandbacterien zu fehlen scheinen oder im Beginne
n
in
-ocr page 159-
Schlnssresultato.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 147
der Erkrankung, wenn sieh im Blute noch keine Bacterien finden ?
In dieser Richtung verweise ich vor Allem auf meine Aus�f�hrungen �ber die Fehlerquellen beim Nachweise der Bacte�rien, �ber das localisirte Yorkommen derselben im K�rper, und erkl�re mir solche F�lle (wie z. B. meine Beobachtung bei der Katze und dem Kaninchen) so, dass dann die Bacterien-keime schon im Stande sind, fieberhafte Erscheinungen und andere krankhafte Symptome hervorzurufen, wie die Pilze bei der Diphtherie und Py�mie. Man k�nnte ferner noch einwen�den, dass zum exacten Nachweis einer Kohlens�urevergiftung, wie ich sie bei den acuten Anthraxf�llen annehme, der Mangel des Sauerstoffes auf dem Wege der Spectralanalyse dargethan werden m�sse. Ich bezweifle nicht, dass auch dieser Beweis gelingen w�rde, musste jedoch bei den bekannten technischen Schwierigkeiten einer derartigen Untersuchung und in Er�mangelung frischen Materials zu meinem Bedauern davon absehen.
Zum Schl�sse m�chte ich endlich noch aussprechen, dass ich mir der L�cken, welche die Erkl�rung der verschieden�artigen Milzbrandformen vorl�ufig noch bietet, sehr wohl be-wusst bin , dass jedoch die gegebene Definition des Connexes zwischen den Milzbrandbacterien und den Erscheinungen bei dieser Krankheit kaum gerechtfertigte Zweifel zul�sst, da man schon auf dem quot;Wege der Exclusion zur Aufstellung dieser Theorie gef�hrt wird.
Die Hauptergebnisse dieser Untersuchung lauten dem�nach:
Der enzootische Milzbrand bef�llt die Thiere ohne R�cksicht auf Jahreszeit, Thiergattung, Geschlecht und Alter.
10* '
-ocr page 160-
1
1
1
f
148
Zur Pathologie des Milzbrandes.
Die erkrankten Thiere sind durchweg in gutem Ern�hrungs�zustande und meist solche, die kurze Zeit vor der Erkrankung neu eingestellt wurden. Seltener werden Thiere ergriffen, die von Jugend auf in den verseuchten St�llen befindlich sind. Bei einer h�chst localisirten Stallenzootie, welche 4 Jahre hindurch in den beiden St�llen desselben Besitzers den Viehstand deci-mirte, w�hrend die Nachbarst�lle constant verschont blieben, schwankten die Intervalle zwischen den einzelnen Anthraxf�llen zwischen 2 Tagen und 13 Monaten.
Die Dauer der einzelnen Milzbrandf�lle betr�gt entweder nur einige Stunden oder bis zu 24�36�40 Stunden; ungef�hr 30 % der erkrankten Thiere genesen.
Neben diesem h�chst acuten Verlauf ist das con-stante Fehlen der Hautkarbunkcl bemerkenswerth.
Die Entstehung einer derartigen Anthraxenzootie an einem seiner allgemeinen Natur nach disponirten Orte h�ngt weder ab von der Beschaffenheit des Stalles oder des Stall�bodens, noch von der Haltung, F�tterung, der Nahrung, dem Trinkwasser oder von der Verabreichung von Futter, das auf den Aaspl�tzen verscharrter milzbrandiger Thiere aufgewachsen ist, sondern ist einzig bedingt durch verschleppte An�steckung, indem das Gift durch mangelhafte Beseitigung und Desinfection von einem Fall auf den andern �bertragen wird. Die Ansteckung erfolgt ohne Vermittlung von Insecten.
Im Blute milzbrandiger Thiere finden sich nahezu constant eigenth�mliche st�bchenf�rmige Gebilde, die Milzbrand-bacterien.
Man kann mit Milzbrandblut ohne diese st�bchenf�rmigen K�rper durch Impfung auf andere Thiere (Kaninchen) �chten Milzbrand erzeugen und zwar so, dass das Blut derartig ge�impfter Thiere im Leben und im Tode die charakteristischen Milzbrandbacterien enth�lt. Entgegen der Ansicht anderer For�scher (Braueil und Bouley), welche darausschliessen, dass
j
,'#9632;
1 !�raquo;
I
#9632;I
*
1
\\\
I
w
I
Hi
H
-ocr page 161-
Schlussresultate.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 149
die Bactcrien nicht das Milzbrandgift darstellen, finden diese Impfresultate dadurch ihre Erkl�rung, dass das Anthraxblut in solchen F�llen beim Mangel der Bacterien schon kleinste Ge�bilde � die Bacterienkeime � enth�lt, welche in den Impfthieren die Entwicklung der Bacterien bedingen.
Umgekehrt kann man mit bacterienhaltigem Milzbrandblut durch Impfung auf andere Thiere Milzbrand erzeugen, ohne dass das Blut der Impfthiere st�bchenf�rmige Bacterien enth�lt. Das Blut enth�lt jedoch im letzteren Falle die Bacterienkeime, welche sich dann postmortal ausserhalb des Thierk�rpers zu charakteristischen St�bchen-Bacterien entwickeln k�nnen, wenn der Zutritt von Sauerstoff nicht vollkommen abgeschnitten ist.
Die negativen Befunde in Bezug auf das Vorkommen der Bacterien im Blute milzbrandiger Thiere, beruhen �brigens zum Theil auf Beobachtungsfehlern, da die Bacterien auch local im Thierk�rper � nur auf gewisse Gef�ssgebiete beschr�nkt � vorkommen k�nnen, da ferner einzelne Bacterien und die Bacte�rienkeime �berhaupt sehr leicht �bersehen werden.
Bei dem nahezu constanten Vorkommen der charakteristi�schen Bacterien oder Bacterienkeime im Blute milzbrandiger Thiere, mit R�cksicht auf die zahlreichen positiven Impfresul�tate und auf den Charakter des Milzbrandes als einer exqui�siten Blutkrankheit � ist man berechtigt, die Bacterien als das Milzbrandgift zu betrachten, wenn der Nachweis gelingt, dass die Erscheinungen im Leben und die Ver�nderungen im Cadaver milzbrandiger Thiere mit den bekannten physiologi�schen der Bacterien im Einkl�nge stehen, wenn also der Zu�sammenhang zwischen Ursache und Wirkung sich physiologisch begr�nden l�sst. � Auch im Blute der lebenden Impfthiere (Kaninchen) lassen sich charakteristische Anthraxbacterien nach�weisen.
Die eigenth�mlichen st�bchenf�rmigen K�rper im Blute milzbrandiger Thiere (Milzbrandbacterien) sind gerade, seltener leicht gebogene oder stumpfwinkehg eingeknickte, cy-
-ocr page 162-
150
Zur Pathologie des Milzbrandes.
lindrische Gebilde, welche von blassem Aussehen, niemals verzweigt, unbeweglich, meist 0,007�0,012 mm. lang und von nahezu unmessbarer Breite sind. Bei schwacher und mittler Vergr�sserung erscheinen diese Cylinderbacterien unge�gliedert und homogen. Bei starker Vergr�sserung und unter Anwendung k�nstlicher Methoden erkennt man, dass die Cylin�derbacterien einen gegliederten Bau haben und aus rundlichen oder kurz cylindrischen Zellen (Kugelbacterien) zusammenge�setzt sind. Daneben finden sich als kleinste Formen isolirte punktf�rmige Bacterien (Kugelbacterien), welche unter Umst�nden die Bacterienkeime darstellen. Letztere k�nnen auch allein im Milzbrandblute vorkommen, vermehren sich fortw�hrend durch Zweitheilung und setzen als Gliederzellen zu Reihen vereinigt die St�bchen (Cylinderbacterien) zusammen, welche an allen Punkten gleichm�ssig durch Zelltheilung wach�sen. W�hrend im frischen Zustande die St�bchen homogen erscheinen, l�sst sich durch Aufquellen und Eintrocknen eine DifFerenzirung zwischen H�lle und Plasma nachweisen. Die Milzbrandbacterien unterscheiden sich von anderen Bacterien (F�ulnissbacterien in thierischen oder pflanzlichen Aufg�ssen, Bacterien der saueren Milch) wesentlich durch eine gewisse Gleichm�ssigkeit der Form und des Aussehens, und durch ihre Unbeweglichkeit. Dagegen verhalten sie sich gegen Reagen-tien ebenso wie die genannten Arten und zeichnen sich durch ihre grosse Resistenz gegen concentrirte S�uren und Alka�lien aus.
Die MilzbrandbacterienBacterium anthraci-cum � bilden eine besondere Art jener Gruppe von Organis�men, welche als Schizomyceten, Spaltpilze (N�geli und de Bary), bezeichnet werden. Als Glieder jenes von H�ckel aufgestellten zwischen Pflanzen und Thierreic'i stehenden dritten organischen Reiches, der Protisten oder Urwesen, n�hern sich die unbeweglichen Anthraxbacterien mehr der pflanzlichen als der thierischen Natur.
Die Entwicklung der Milzbrandbacterien ist an das
H
\l.
-ocr page 163-
Schlussresuliate.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;151
Vorkommen von Sauerstoff gebunden; durch Eintrocknen lassen sie sich conserviren, durch F�ulniss werden sie rasch zerst�rt.
Die Entstehung des Milzbrandes ist entweder eine miasmatische durch eigenth�mliche Bodenverh�ltnisse bedingt oder sie geschieht auf dem Wege der Contagion � ohne Ver�mittlung von Insekten. Die Beschaffenheit des Stalles, das Futter, das Trinkwasser und �hnliche �ussere Verh�ltnisse sind dabei von untergeordneter Bedeutung.
Hunde, Y�gel (Huhn und Taube) und Fr�sche haben keine oder nur sehr geringe Empf�nglichkeit f�r das Milzbrand�gift. Die Disposition des Menschen ist ebenfalls eine geringe. Hunde widerstehen der Ansteckung, auch wenn man bacterienhaltiges Anthraxblut direkt in das Blut injicirt.
Faules Milzbrandblut, in welchem die Anthraxbacterien zu Grunde gegangen sind, erzeugt bei der Impfung niemals Milz�brand. Die Impfthiere bleiben entweder gesund oder sie gehen an Septic�mie zu Grunde, gleichg�ltig, ob man das Blut in ge�schlossenen Beh�ltern aufbewahrt oder die zur Impfung ver�wendeten Organe unter die Erde eingegraben hat.
Ebenso verliert langsam eingetrocknetes Blut seine Virulenz wenn die Bacterien in beginnendem Zerfalle oder verschwunden oder durch F�ulnissbacterien ersetzt sind. �
Hunde k�nnen mit noch warmem rohem Fleische milzbrandiger Thiere gef�ttert werden, ohne zu erkranken. Aehnlich verh�lt es sich mit dem Gen�sse milzbrandigen Fleisches von Seiten des Menschen: die Gefahr einer Infection vom Verdauungs-kanale aus ist so gut wie nicht vorhanden, dagegen ist wegen anderweitiger Gefahr der Ansteckung und Verschleppung des Contagiums der Genuss milzbrandigen Fleisches vollst�ndig zu verwerfen.
Das Blut milzbran dkranker Rinder, die genesen, ist ohne Bacterien, soweit eine Untersuchung zul�ssig ist; die Impfung mit derartigem baeterienfreiem Blute ist erfolglos.
-ocr page 164-
152
Zur Pathologie des Milzbrandes.
i
Beim sogenannten Milzbrandfieber der Rinder be�obachtet man ausser dem anfallsweisen Auftreten der Krank�heitserscheinungen manchmal wirkliche Intermissionen, so dass die Annahme einer intermittirenden Form des Milzbrand-fiebers gerechtfertigt erscheint. Die Mortalit�t milzbrandkran�ker Rinder und Pferde betr�gt ungef�hr 70 %.
Die gebr�uchliche Eintheilung der Milzbrand�formen in Milz bra ndfieb er� ohne Lokalisationen � einer�seits und in rothlauf artige oder karbunkul� sen Formen � und Lokalisationen� anderseits ist z u verwerfen, da auch bei dem Milzbrandfieber, selbst bei den acutesten F�llen � die Lokalisationen niemals fehlen. Dagegen w�rde eine Eintheil�ung nach dem Verlaufe zweckm�ssiger erscheinen und sich darnach 3 Hauptformen aufstellen lassen:
1)nbsp; Der apoplectiforme Milzbrand (Anthrax acutissi-mus, apoplectiformis sive foudroyante), dessen Dauer von meh�reren Minuten bis zu einigen Stunden betr�gt.
2)nbsp; nbsp; Der acute Milzbrand (Anthrax acutus), welcher mehrere Stunden bis zu einigen Tagen � meist 24�30�36 Stunden #9632;� dauert.
3)nbsp; Der subacute Milzbran d (Anthrax subacutus). Dazu w�rden alle F�lle zu z�hlen sein, die l�nger als 4�6 Tage bis zu mehreren Wochen andauern.
In therapeutischer Beziehung verdient die Anwendung der Carbols�ure beim Milzbrand weitere Yersuche, da sie als solche in das Blut aufgenommen wird und ihre zerst�rende quot;Wirkung auf niedere pflanzliche Organismen nachgewiesen ist.
In prophylaktischer Beziehung ist bei Anthraxen-zootien die sorgf�ltige Beseitigung und Desinfection aller milz�brandigen Theile und der mit ihnen in Ber�hrung gekommenen Stoffe in erster Linie zu ber�cksichtigen.
Die bisher beschriebenen F�lle von Mycosis intesti-
y
11
L
mmm
-ocr page 165-
SchlusBresultate.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 153
nalis (Pilzkrankheit des Verdauungskanales) beim Menschen (Buhl, Waldeyer, E. quot;Wagner) sind als eigenth�mliche Milzbrandformen aufzufassen. Ob man bei denselben eine spontane Entstehung des Milzbrandes oder eine contagi�se In�fection Tom Darmkanale aus annehmen soll, mag dahingestellt bleiben; das Letztere ist wahrscheinlicher. In anderer Richt�ung k�nnen die Mycosisf�lle als Beweise f�r die parasit�re Natur des Milzbrandes angesehen werden.
Der sogenannte b�sartige Rothlauf der Schweine (Milzbrandrothlauf, Anthraxbr�une), welcher meist zum Milz�brand gerechnet wird und in vielfacher Richtung dem Milz�brande der �brigen Hausthiere �hnlich ist, geh�rt nicht zur Gruppe der Milzbrandkrankheiten, da weder im Blute die charakteristischen Milzbrandbacterien vorkommen noch die Krank�heit durch Impfung auf andere Thiere �bertragbar ist.
Der b�sartige Rothlauf des Schweines � die Schweineseuche � ist eine speeifische dem Schweine eigenth�mliche Krankheit, welche durch den Grenuss der Theile rothlauf'kranker Thiere auf andere Schweine �ber�tragbar ist. Wahrscheinlich geh�rt hieher die grosse Zahl der �brigen bisher unter verschiedenen Namen aufgef�hrten und zum Milzbrande gerechneten Krankheitsformen des Schweines.
Ob daneben der �chte Milzbrand beim Schweine vor�k�mmt, ist zweifelhaft; ebenso ob der b�sartige Rothlauf wie der Milzbrand der Hausthiere eine parasit�re Krankheit sei. Letzteres ist wahrscheinlich, aber bis jetzt noch nicht be�wiesen.
Beim Typhus der Pferde finden sich im Blute des lebenden Thieres und ebenso auch im Cadaver keine Bacte-rien oder sonstige, niedere pflanzliche Organismen. Die Krank�heit l�sst sich durch Impfung nicht auf Kaninchen �bertragen. Die Frage von der Anthraxnatur des Pferdetyphus muss dem�nach vorl�ufig noch als eine offene betrachtet werden.
T) r. B u 11 i n g c r. Pathologie des Milzbrandes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;XX
-ocr page 166-
154
Zur Pathologie des Milzbrandes.
m
Die parasit�re Natur des Milzbrandes l�sst sich durch verschiedene experimentelle Erfahrungen st�tzen sowie durch Analogien mit anderen wahrscheinlich parasit�ren Krank�heiten (Diphtherie, Py�mie, Einderpest). Der Hauptbeweis jedoch, dass wirklich die Bacterien das Milzbrand�gift darstellen, liegt abgesehen von allen experimentellen und pathologisch - anatomischen Thatsachen wesentlich darin, dass sich die klinis chen und pathologisch-anatomi�schen Erscheinungen beim Anthrax der Haus-thiere namentlich die ap ople ctiformen und acuten Formen aus den physiologischen Eigenschaften und quot;Wirkungen der Anthraxb atcerien erkl�ren lassen.
Die quot;Wirkung der Anthraxbacterien im leben�den Thierk�rper ist wesentlich die, dass diese Gebilde verm�ge ihrer enormen chemi seh en Affinit�t zum Sauerstoff denselben mit grosser Begierde und in grossen Mengen absorbiren, indem sie ihn den rothen Blutk�rperchen entziehen. Entsprechend dieser Wirk�ung, welche bei der Ungeheuern Zahl der Bacterien im Blute bald Sauerstoffmangel und Kohlens�ure�berladung zur Folge hat, lassen sich am lebenden milzbrand�kranken Thiere alle Erscheinungen des 0 Mangels und der C02 Ueberladung des Blutes: Dyspnoe, Cyanose, klonische Kr�mpfe (Convulsionen), erweiterte Pupillen, schliess-lich erniedrigte Temperatur und die Erscheinungen der As-phyxie � wie bei jeder C02 Vergiftung beobachten. Ebenso findet man im Cadaver an Milzbrand gestorbener Thiere alle Ver�nderungen, wie sie der C02 Ver�giftung zukommen. Die fulminanten (apoplectifor-men) Anthrax f�lle entstehen demnach bei rascher Ent�wicklung der Bacterien wie die Todesf�lle durch Blau�s�urevergiftung. Selbstverst�ndlich k�nnen die Bacterien ausserdem noch mechanisch wirken und verschiedene Ver�n�derungen veranlassen.
It ^
-ocr page 167-
Schlusaresultate.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;155
Bei den langsamer verlaufenden F�llen von An�thrax und bei jenen seltenen Formen, in denen das Blut nur die Bacterienkeime enth�lt, werden wahrscheinlich secund�r im Blute andere chemische Gifte erzeugt, welche die Ursache des Fiebers und der �brigen Erscheinungen darstellen.
Kgl. Hofbuchdruckerei von Dr. C. Wolf laquo; Sohn.
-ocr page 168-
Di!
i
JL-
-ocr page 169-
Inhalt.
Seite. I. Historisches �ber den Milzbrand und die st�bchenfcrmigen
K�rper ..........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
II. Eine Milzbrand - Enzootie......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 23
III. Experimentelles �ber die st�bchenf�rmigen K�rper und ihre
Beziehungen zum Milzbrande ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 48
IV. Zur Morphologie der Milzbrand-Bacterien ...nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 69
V. Entstehung und Contagiosit�t des Milzbrandes. Tenacit�t des Contagiums, Zerst�rung desselben. � Impfungen auf Thiere anderer Klassen. � Der Genus milzbrandigen Fleisches .......... 76
VI. Zur Symptomatologie, pathologischen Anatomie, Therapie
und Prophylaxis des Milzbrandes der Thiere ... 92
VII. Ueber Milzbrand beim Menschen und Mycosis intestinalis. �
Der Rothlauf der Schweine. � Der Typhus der Pferde . 109
VIII. Zur Theorie des Milzbrandes. � Schlussresultate . . 147
�Wl TDTst. WJ�fl Mourz-nz pru:ttnin,r
-ocr page 170-
�'.
I I
1
^,
-ocr page 171-
Erkl�rung der Tafeln.
Fig. 1. Frische Milzbrandbacterien aus dem Blute einer an Impf-Miizbrand gestorbenen Eatze (Fall XXII). Hart-nack Syst. 7. Ocul. 3. Vergr�ss. 320.
Fig. 2. Milzbrandbacterien aus dem Blute eines an Impf-Milz-brand gestorbenen Kaninchens (Fall XIII), in geringem Grade durch Waaser aufgequollen, eingetrocknet und nach 2 Monaten wieder aufgeweicht. Hartnack Imr mers. 11. Ocul 2. Vergr�ss. circa 700.
Fig. 3. Milzbrandbacterien aus dem Blute eines an apoplecti-formem Milzbrande gestorbenen Rindes (Fall XII). 26. II. 1872. Durch Wasserzusatz k�nstlich aufgequollen, die Gliederung sehr deutlich. Nach einem frischen Pr�parate 2 Tage nach dem Tode des Thieres von Herrn Stud. med. Eugen J�ger gezeichnet. Hart�nack, Syst. 9. Ocul 3. Vergr�ss. 550.
Fig. 4. Milzbrandbacterien aus dem Blute eines an Impf-An-thrax gestorbenen Ziegenbockes (Fall XVI) 24. II. 1872. Durch Wasserzusatz k�nstlich aufgequollen: Die Zu�sammensetzung der Cylinderbacterien aus Kugelbac-terien sehr deutlich. Nach einem quot;frischen Pr�parate 3 Tage nach dem Tode des Thieres ebenfalls von H. E. J�ger gezeichnet. Hartnack, Syst. 9. Ocul. 3. Vergr�ss. 550.
Fig. 5. Puls- und Temperaturcurve eines Falles von intermit-tirendem Milzbrand beim Eind (Fall S. p. 32 u. p. 94)
Zbitgt;.
lji�l.Anst. V~ioti Motssyrzn MuncrzpL.
-ocr page 172-
I ill'
I
-ocr page 173-
Sollinger, zur Pathologie'des M�xiparules.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Tafel I
Fiff. /nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fiff. Z.
Ffy.S.
s.w. /J/?
MW. /f/Z.
7
9
12
#9632;t
z
3 6
' 7
8
71
U
/
z
U
3',
4
5
6
7
amp;
9A
51
78
47.0
\
K
A
rf0J
\
z
K
A
40.8
f
1
,A
\
76'
40.7
.
\
40.0
/
ii
\\
74
40.5
/gt;
/
i
\
40.4
J
' i-
'/
[,
7Z
403
;
\
,'
\ *,
40,2,
i
'
v \
/
v
70
401
\\
\
40.0
i
\
M
30.9
\
\\
1
/
\
\
3.9.8
\
\\
/
!
\
\
M
30.7
\
: \
\
/
\
\
30.6
\
1
',
/
\
\
ei
30.5
!
i
\
\l
30.4
L_ 1
\
\
6Z
30.3
f
1 i
v.
-\
30.?
\
60
39.1
':
1
i
\
30.0
\,
V
58
38.9
raquo;;
38.8
!
S6
38.7
i;
38.6
!
!
38.5
38.4
3S.3
1 1
1
i
a - Ttmjieratuf, b ~JPuls.
Lithjinst. u . 'oh Mfoists ui H�nchtn*.
-ocr page 174-
^
I
ll II
^
-ocr page 175-
BolU'nffer, zur Pathologie des Milzbrandes.
Tafel E.
Fig. .9.
Zith.Jnstv. Je/u Samp;ises in. Mitnchen .
-ocr page 176-
�^
'I !
I
( :
-ocr page 177-
Jlollinger, zur Pathologie des Mthbrandea.
Tafel ffi.
Fiff. 1.
E Jdgtr del.
\zth.j4nst 7.- Jck ifoises ui Miinchrz,.
-ocr page 178-
A
#9632;
I
-ocr page 179-
4
-ocr page 180-
\
-ocr page 181-
-ocr page 182-