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DIE
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THIERSETJCHEK
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MIT BEEUCKSICHTIGÜNG
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ÖSTEREEICHISCHEN UND DEUTSCHEN GESETZGEBUNG
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PUR THIERARZTE UND AEZTE BEARBEITET
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VON
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DR- M. F. ROLL
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K. K. HOPRATH, EMER. STUDIENDIKECTOE UND PKOFESSOB DES WIENER TBIERABZNEI-
INSTITDTES ETC.
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BIBLIOTHEEK DER
RIJKSUNIVERS4TEIT
UTRECHT.
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WIEN, 1881. WILHELM BRAUMÜLLER
K. K. HOF- DSD UNIVERSITÄTSBÜCHHÄNDLER.
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RIJKSUNIVERSITEIT TE UTRECHT
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BIBLIOTHEEK
DIERGENEESKUWDE
UTRECHT
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2671 584 1
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VORWORT.
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JJie grosse volkswirthscliaftliclie BedeAitung der als Thier-seuclien bezeichneten Krankheitsibrmen wird gegenwärtig von keiner Seite mehr verkannt. In Würdigung derselben sind von den meisten Staaten Europas während der letztverflossenen Jahre im Wege der Gesetzgebung Anordnungen getroffen worden, welche zum Zwecke haben, die Verluste, mit welchen diese Krankheiten dem Nationalwohlstande drohen, auf das geringste Mass zu beschränken.
Die Ansichten über die Entstehung und Verbreitung der Thierseuchen haben, insbesondere innerhalb des letzten Decenniums, sich wesentlich geändert. Obwohl die Forschungen über die ätiologischen Momente der Infectionskrankheiten, welchen die Thierseuchen unbedingt angehören, noch beiweitem nicht abgeschlossen sind, sondern im Gegentheile fortan neue, oft unerwartete That-sachen ergeben, so haben doch, und mit vollem Eechte, die Gesetzgebungen dem gegenwärtigen Stande der Kenntnisse über die Genese dieser Krankheiten der Hauptsache nach Kechnung getragen.
Selbstverständlich konnten nur gegen jene, der an Zahl immer zunehmenden Reihe der Infectionskrankheiten angehörigen Krankheitsformen gesetzliche Präventiv- und Tilgungsmassregeln angeordnet werden, welchen eine eminente volkswirthschaftliche Bedeutung zukommt, wobei die Regierungen sich jedoch das Recht gewahrt haben, ähnliche Veranstaltungen gegen andere Infectionskrankheiten dann zu treffen, wenn sich die Nothwendigkeit hiezu ergeben sollte.
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IVnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorwort.
Die in die Seuchengesetze der meisten Staaten Europas aufgenommenen oder mit diesen verwandten, sowie gewisse andere Infectionskrankheiten, welche ein veterinärpolizeiliehes Vorgehen öfter nothwendig machen werden, nach dem dermaligen Stande der Kenntnisse und im Hinblicke auf die Bedürfnisse der beamteten Thierärzte und Aerzte, sowie der Candidaten des sogenannten Physikatsexamens zu schildern ist der Zweck der vorliegenden Arbeit. Die Bestimmungen der betreffenden österreichischen Gesetze vom 19. Juli 1879 und vom 29. Februar 1880, sammt den zum Vollzuge derselben erflossenen Verordnungen (deren voller Inhalt in W. Braumüller's Ausgabe 1880 wiedergegeben ist), fanden ebenso wie der wesentliche Inhalt der revidirten Instruction vom 9. Juni 1873 zu dem deutschen Rinderpestgesetze vom 7. April 1869, dann des deutschen Gesetzes vom 25. Februar 1876, betreffend die Desinfection der zur Viehbeförderung benutzten Eisenbahnwaggons, endlich des deutschen Gesetzes vom 23. Juni 1880 in Betreff der Abwehr und Unterdrückung von Thierseuchen an den entsprechenden Stellen volle Berücksichtigung. Die Instruction des Bundesrathes zur Ausführung des letztgenannten Gesetzes ist mir erst während des Druckes dieses Buches zugekommen und konnte daher nur theilweise benützt werden. Eingehende Ausführungen über die Thierseuchengesetzgebung des Deutschen Eeiches finden sich in den Arbeiten Ph. J. Göring's (Nördlingen 1881) und B. Beyer's (Berlin 1881). Ausserdem wurden auch die gesetzlichen Anordnungen anderer Staaten, namentlich Grossbritanniens, Belgiens und der Schweiz in Kurzem aufgenommen; jene Frankreichs mussten übergangen werden, da die Berathung eines neuen Gesetzes dort eben im Zuge ist.
Möge der vorliegenden Arbeit von Seite jener Fachkreise, für welche sie bestimmt ist, eine freundliche Aufnahme zu Theil werden.
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Graz, im Juni 1881.
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Dr. Roll.
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INHALT.
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Allgemeiner Theil.
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I.nbsp; Entstehung und Verbreitung der Thierseuchen............. 3
Seuchen, Infections-, ansteckende, zymotische Krankheiten 3. — Natur der Infectionserreger 4. — Mikroorganismen als lufeotionserreger 6. — Natur und Wirkung der Spaltpilze 12. — Lehensbedinguugen der Spaltpilze 14. — Spaltpilze als Infectionserreger 17. — Infection 19. — Incubation 19. — Gattungs- und individuelle Immunität 20. — Localisation der Infectionskrankheiten 21. — Immunität nach Durchseuchung 22. — Epizootie, Enzootie 24. — Unterscheidung der Seuchen nach Entstehung und Verbreitung 24. — Miasmatische Krankheiten 25. — Contagiöse Krankheiten 26. — Miasmatisch-contagiöse Krankheiten 28. — Unterscheidung der Infectionserreger nach ihrer Bildungsstätte 28. — Impfung 33. — Infectionskrankheiten, veranlasst durch höher organisirte pflanzliche und durch thierische Parasiten 33. — Eintheilung der Infectionskrankheiten 34.
II.nbsp; Veterinärpolizei...........................37
Veterinäre Gesetzgebung 37. — A. Schutzmassregeln 41. — I. Gegenüber dem Auslande 41. — II. Schutzmassregeln im Inlande 45. — B. Massregeln zur Unterdrückung ansteckender Thierkrankheiten 48. — I. Einleitende Massregeln 48. — 1. Anzeigeverpflichtung 48. — 2. Vorläufige Vorkehrungen 50. — 3. Erhebung der Seuchenausbrüche 50. — 4. Veröffentlichung der Seuchenausbrüche 51. — II. Schutz- und Tilgungsmassregelu 52. — 1. Absonderung der Thiere 53. — 2. Verkehrsbeschränkungen, a) Einstellung des Weitertriebes. h) Stallsperre, c) Weidesperre. d) Orts- und Flursperre 53. — 3. Einstellung der Viehmärkte 55. — 4. Impfung 55. — 5. Thierärztliehe Behandlung 56. — 6. Tödtung kranker und verdächtiger Thiere 57. — 7. Desinfection 63. — 8. Unschädliche Beseitigung der Cadaver 77. — III. Sonstige Bestimmungen. 1. Periodische Nachschau 79. — 2. Erlöschen der Seuche 80. — 3. Vorschriften für Schlaohtviehmärkte und öffentliche Schlachthäuser 80. — 4. Kosten 81. — 5. Strafbestira-mungen 82.
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Besonderer Theü.
Seite
Rinderpest...............................85
Historisches 85. — Entstehung und Verbreitung 90. — Teuacität des Con-tagiums 98. — Empfänglichkeit 100. — Incubationszeit 102. — Ein- und Verschleppung 104. — Erscheinungen der Pest bei Rindern 106. — Verlauf der Krankheit 111. — Anatomischer Befund 113. — Diagnose 119. — Schaf- und Ziegenpest 122. —- Natur der Krankheit 123. — Therapie 126. — Impfung 128. — Veterinärpolizeiliche Massregeln 131. — I. Massregeln gegen die Einschleppung der Rinderpest 131. — II. Massregeln zur Verhinderung der Verbreitung und zur Tilgung im Inlands. A. Allgemeine Bestimmungen 137. — B. Massregeln bei festgestellter Einderpest 140. — 1, Bekanntgabe des Seuehenausbruchos 140.
—nbsp; nbsp; 2. Sperrmassregeln, a) Gehöftsperre 140. — h) Ortssperre 141. — c) Seuchenbezirk 143. — d) Absperrung von Landestheilen 144. — 3. Tilgungsmassregeln 144. — 4. Desinfection 150. — 5. Erlöschen der Rinderpest 152. — III. Sonstige Bestimmungen. 1. Ersatz für polizeilich getödtete Thiere und vernichtete Gegenstände. 2. Bestreitung der Kosten, Strafen 154.
Pocken, Blattern............................155
Schafpocke..............................158
Historisches 158. — Aetiologie 159. — Empfänglichkeit 160. — Tenacität des Contagiums 162. — Erscheinungen und Verlauf 162. — Modifica-tionen des Verlaufes 164. — Therapie 1G6. — Impfung der Schafpocke 167. — Vaccination der Schafe 172. — Veterinärpolizei 173.
Pferdepocke........................ .... 175
Aetiologie 175. — Uebertragbarkeit 176. — Erscheinungen und Verlauf 177. — Veteriiiärpolizei 179.
Kuhpocke...............................17!)
Historisches 179. — Aetiologie 180. — Tenacität des Contagiums 183. — Erscheinungen und Verlauf 183. — Therapie. Veterinärpolizei 186. — Cultur der animalen Vaccine 186.
Ziegenpocke..............................190
Schweinepocke.............................191
Hundepocke................. ............192
Pocke des Hausoeflügels........................192
Pocke anderer Thiere.........................193
Maul- und Klauenseuche........................193
Historisches 194. — Aetiologie 196. — Immunität. Dauer der Seuche 198.
—nbsp; nbsp;Erscheinungen und Verlauf bei Rindern 199. — Bei Schafen, Ziegen, Schweinen 201. — Bei Pferden, bei dein Wilde, bei Fleischfressern 202.
—nbsp; Beim Hausgeflügel 203. — Befund 203. — Behandlung 203. — Impfung 204. — Veterinärpolizei 204.
Botz-(Wurm-)Krankheit.........................207
Historisches 207. — Aetiologie 209. — Tenacität des Contagiums 213. — Infectionsgefahr 213. — Incubationsdauer 214. — Uebertragbarkeit 214.
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Inhalt.
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VII
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Seite
—nbsp; Pathologische Anatomie 217. — Krankheitseräcbeinungen 223. — Verlauf und Ausgang 230. — Prognose. Diagnose 231. — Behandlung 234. — Veterinärpolizei 235.
Beschälkrankheit der Zuchtpferde...................240
Historisches 240. — Aetiologie 241. — Krankheitscrsclieinungen. a) Bei Stuten 244. — h) Bei Deckhengsten 24G. — Verlauf 247. — Diagnose 248.
—nbsp; Pathologische Anatomie 248. — Therapie 249. — Veterinärpolizei 250.
Bläschenausschlag an den Geschlechtstheilen der Pferde und Rinder ... 252
Aetiologie 252. — Krankheitserscheinungen 253. — Verlauf, Therapie, Veterinärpolizei 254.
Wuthkrankheit............................. 255
Historisches 255. #9632;— Aetiologie 256. — Tenacität des Contagiums. Empfänglichkeit 261. — Incuhationsdauer 264. — Krankheitserscheinungen und Verlauf. 1. Bei Hunden 268. — 2. Bei Katzen 275. — 3. Bei Pferden 275. — 4. Bei Rindern 277. — 5. Bei Schafen und Ziegen 277. — 6. Bei Schweinen 278. — 7. Bei dem Hausgeflügel 278. — Bei Raubthieren 279. — Pathologische Anatomie 280. — Diagnose 284. — Prognose. Therapie 286. — Veterinärpolizei, a) Prophylaktische Massregeln 288. — h) Schutz- und Tilgungsmassregeln 291.
Lungenseuche des Rindes ................... .... 294
Historisches 295. — Aetiologie 296. — Tenacität des Contagiums 298. — Incuhationsdauer 300. — Pathologische Anatomie 301. — Krankheitserscheinungen 304. — Verlauf 307. — Therapie 310. — Impfung 310.
—nbsp; Veterinärpolizei 317.
Anhang. Wild- und Rinderseuche Bellinger's...............321
Milzbrand. Anthrax...........................323
Historisches 323. — Aetiologie. Empfänglichkeit 324. — Vorkommen 326.
—nbsp; Infectionserreger 327. — Tenacität des Anthraxgiftes 331. — Enzooti-sches Auftreten 334. — Infection 339. — Incuhationsdauer. Wirkung der Anthraxbacillen 342. — Pathologische Anatomie 343. — Krankheitserscheinungen 345. — Formen, a) Bei Pferden 351. — h) Bei Rindern, c) Bei Schafen 353. — d) Bei Ziegen, e) Bei Schweinen 354. — f) Bei Hunden. g) Beim Geflügel 355. — h) Beim Wilde 356. — Uebertragbarkeit auf Menschen 357. — Verlauf und Prognose 368. — Diagnose. Vorbauung 359. — Therapie 360. — Veterinärpolizei 362.
Anhang. Texasfieber..........................365
Rauschbrand der Rinder ........................ 366
Aetiologie 367. — Erscheinungen 369. — Behandlung. Veterinärpolizei 371.
Rothlauf der Schweine............... .........37'2
Aetiologie 373. — Erscheinungen 376. — Verlauf 377. — Pathologische Anatomie 377. — Diagnose. Vorbauung. Therapie 379. — Polizeiliche Massregeln 380.
Anhang. Amerikanische Schweineseuche.................38l
Influenza der Pferde......................... . 883
Historisches 383. — Aetiologie. Erscheinungen 387. — Sectionsergcbnisse 390. — Verlauf 391. — Prophylaxis 392. — Veterinärpolizei 394.
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Krätze................................ . 394
Historisches 394. — Aetiologie 396. — Gattungen und Arten der Krätzmilben 397. — Uebertragbarkeit 407. — Tenacität 409. — Krankheitserscheinungen und Verlauf. 1. Sarcopteskrätze 409. — Derma-tophaguskrätze 413. — Dermatocopteskrätze 414. — Bei Schafen (Schafräude) 415. — Diagnose 417. — Prognose 418. — Behandlung 419. — Veterinärpolizei 425.
Sachregister..............................429
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ALLGEMEINEE THEIL.
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Riill. Tliicrseuchen.
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I. Entstellung und Verbreitimg der Tliierseuclien.
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Seuchen, Infections-, ansteckende, zymotische Krankheiten. Gewisse Krankheiten der Hausthiere haben dadurch, dass sie gleichzeitig oder doch innerhalb eines kürzeren Zeitraumes eine grössere Anzahl von Thieren befallen und sich daher als Massenerkrankungen von gleicher Beschaffenheit darstellen, seit langem die Aufmei-ksanikeit auf sich gezogen. Zahlreiche, aus verschiedenen Zeiten stammende Schilderungen der Erscheinungen und des Verlaufes solcher Krankheiten, ihres Ganges und der durch sie veran-lassten Verheerungen unter den Viehbeständen geben Zeugniss von der Bedeutung, welche denselben von jeher beigelegt wurde.
Man bezeichnet solche Krankheiten insbesondere als Seuchen und benennt die in diese Gruppe aufgenommenen Krankheitsformen auch dann als seuchenartige, wenn sie nicht als Massenerkrankungen, sondern nur in geringer Zahl oder sogar vereinzelt in einer Loca-lität sich einstellen.
Die Schädlichkeiten, welche man sich gewöhnt hatte als die häufigsten Ursachen von Erkrankungen überhaupt zu beschuldigen, wie der Einfluss des Klima, der Witterung, der Nahrung und des Trinkwassers, der Haltung und Verwendung u. dgl., erwiesen sich als unzureichend, die Entstehung und Verbreitung der Seuchen zu erklären; umsomehr, als sich herausstellte, dass solche Erkrankungen bisweilen unter sehr verschiedenen, ja selbst geradezu entgegengesetzten äusseren Verhältnissen, mithin unabhängig von diesen auftraten.
Man sah sich daher genöthigt, die Entstehung solcher Krankheiten auf eine von aussen her erfolgende Einführung von eigenartigen, ihrer Natur nach noch nicht allseitig erkannten giftartig wirkenden Substanzen in den thierischen Organismus zurüekzuftihren,
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4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Infectionskrankheilen. Inf^ctionserreger.
von Substanzen, welclien die Eigenschaft, sich selbstständig zu vermehren, zuerkannt werden musste. Auf Grund dieser Anschauung benannte man die seuehenartigen Krankheiten: Infectionskrank-heiten, und im Hinblicke auf die Aehnlichkeit, welche bezüglich der Entwicklung und Verbreitung dieser Krankheiten mit der Entstehung und Fortpflanzung eines Feuers gefunden wurde: ansteckende Krankheiten.
Die von aussen her in den thierischen Organismus eindringenden schädlichen, einer selbstständigcn Vermehrung fähigen Stoffe werden als Infectionserreger, Infectionsstoffe, Ansteckungsstoffe bezeichnet.
Ausgehend endlich von der Vorstellung, dass die Vorgänge bei diesen Krankheitsprocessen jenen zu vergleichen seien, welche bei der Gährung stattfinden, wurde für sie auch die Bezeichnung: zymotisehe Krankheiten gewählt.
Im Gegensatze zu den durch organisirte, einer selbstständigen Vermehrung fähige Krankheitserreger veranlassten Infection shrank-heiten werden sich Erkrankungen durch ungeformte Fermente, bei welchen eine selbstständige Reproduction nicht möglich ist, als Vergiftungen herausstellen.
Auf Grund der Wahrnehmung einerseits, dass gewisse Gruppen von Infectionskrankheiten, die auf bestimmte Localitäten beschränkt sind, sich daselbst entweder beständig erhalten oder doch zu gewissen Zeiten eine grössere Verbreitung unter einzelnen oder selbst mehreren Thiergattungen erlangen, andererseits dass manche Infectionskrankheiten sich fort und fort von Thier auf Thier fortpflanzen, muss den Infectionserregern die Eigenschaft, sich ausserhalb oder innerhalb eines thierischen Organismus fort und fort selbstständig zu vermehren, nothwendig zuerkannt werden, v. Pettenkofer schlug vor, jene Infectionserreger, welche sich in der Aussenwelt reproduciren, als ektogene, jene, welche sich in dem kranken thierischen Organismus vermehren, als entogene zu bezeichnen, wobei er die ersteren überdies in verschleppbare und nicht verschleppbare untertheilte.
Natur der Infectionserreger. Von grösster Bedeutung ist die Frage, welche Natur diesen Infectionserregern zuzuerkennen sei.
Stricker („Vorlesungen über allg. und experim. Pathologiequot;, 1877, S. 46) hebt mit vollem Rechte hervor, dass die sogenannten Imponderabilien (Licht, Wärme, Elekjricitat), als Infectionserreger nicht in Betracht kommen können, weil in dem Verhältnisse zu den Geschwindigkeiten, mit welchen sie sich fortpflanzen, der evidente Ausbruch und der Verlauf der Infectionskrankheiten ein
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Natur der lufiictionserreger.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;0
ausserordentlieh langsamer ist. Es müssen dalier die Infectionserreger als materielle Stoffe gedacht werden.
Als solche können jedoch Gase nicht in Betracht kommen, wie dies früher bezüglich der sogenannten Miasmen und flüchtigen Contagien geschehen ist. Indem v. Nägeli („Die niederen Pilze in ihren Beziehungen zu den Infectionskrankheitenquot;, 1877, S. 54) darauf hinweist, dass Glase durch Diffusion und durch Luftströmungen sich mit grosser Schnelligkeit in dem ganzen Räume, welcher ihnen zur Verfügung steht, verbreiten und nach kurzer Zeit überall in gleicher Menge in demselben vorhanden sein müssen, kommt er zu der Folgerung, dass ein gasförmiger Infectionsstoff sich in der Atmosphäre rasch so ausbreiten müsste, dass er in kürzester Zeit bis zur vollkommenen Unwirksamkeit verdünnt wäre. Ausserdem aber müssten alle Individuen, welche in dem nämlichen Lufträume sich befinden, gleiche Mengen des Infectionsstoff es aufnehmen und es dürfte daher entweder keines derselben oder es müssten alle dafür Empfänglichen erkranken. Dagegen sprechen jedoch die Erfahrungen über die zeitliche und örtliche Ausbreitung der Infectionskrankheiten, die loealen Beschränkungen mancher derselben oft mit scharfer Abgrenzung auf ganz bestimmte Oertlichkeiten: Thatsachen, welche mit einer gasförmigen Verbreitung eines Infectionsstoffes sieh nicht vereinigen lassen.
Es können daher die Infectionserreger nur als tropfbar flüssige oder als feste Stoffe gedacht werden. Die Ergebnisse von Versuchen und eine Reihe von Thatsachen aber sprechen dafür, dass es nicht Flüssigkeiten, sondern körperliche Stoffe sind, welche Infectionen veranlassen.
Chauveau ist es gelungen nachzuweisen, dass bei Kuhpocken, Schafblattern und Rotz körperliche Theile die Rolle der Infectionserreger spielen. Nachdem durch vorsichtiges Aufschichten von Wasser über Pockenlymphe und Rotzeiter eine Diffusion der flüssigen Bestandtheile dieser Stoffe herbeigeführt worden war, ergaben Impfungen mit den oberen, von körperlichen Theilen freien Schichten der Flüssigkeit negative Resultate, während solche mit deren unteren Schichten von dem gleichen positiven Erfolge begleitet waren, wie Impfungen mit reiner Pockenlymphe oder mit Rotzeiter.
Auch dessen Versuche mit verdünnter Vaccine unterstützen die Annahme, dass körperliche Theile die Infectionserreger sein müssen. Bis zu einer löfachen Verdünnung der Vaeeine mit Wasser erhielt er dieselben Erfolge, wie nach der Impfung mit reiner Lymphe; Verdünnungen zwischen 15 und 50 schlugen in der Mehrzahl fehl,
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ßnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Mikroorganismen als Infectionsen-eger.
aber selbst eine 150fache Verdünnung ei-gab noch ein positives Resultat. Würde es sieh um eine gelöste Substanz handeln, so müssten Zwischenstufen in der Wirkung hervortreten, während es bei der Gegenwart suspendirter Köi*perchen gerade darauf ankommt, ob in dem geimpften Tropfen überhaupt solche Körperehen enthalten sind oder nicht.
Bei sehr starker Verdünnung kamen diese Körperchen nur selten zur Verimpfung, daher die überwiegende Zahl der Misserfolge; haftete jedoch die Impfung, so kam es zu vollkommen entwickelten Pocken. Nach der intravasculären Injection einer grösseren Menge einer selbst sehr verdünnten Lymphe trat dagegen immer ein positiver Erfolg ein.
Ebenso haben die Versuche, die körperlichen Theile einer als infectiös erkannten Flüssigkeit mittelst Filtration zu dem Zwecke zu isoliren, um die ihnen allein zukommende inficirende Wirksamkeit nachzuweisen, ein Unternehmen, welches mit vielen Schwierigkeiten zi kämpfen hat, wenigstens in vielen Fällen zu positiven Resultaten geführt.
In gleicher Weise wurde die Thatsache, dass der Milzbrand trächtiger Mutterthiere auf deren Fötus nicht übergeht, zu Gunsten einer corpusculären Natur des Infectionsstoffes in Anspruch genommen; da er, falls er von flüssiger Beschaffenheit wäre, durch Diffusion in das Blut des Fötus übergehen müsste.
Mikroorganismen als Infectionserreger. Da die Infec-tionsstoffe nahezu ausnahmslos schon in minimalster Menge, in welcher sie sich jeder sinnlichen Wahrnehmung entziehen und in der selbst die heftigsten Gifte noch unwirksam bleiben. Infection bewirken, so muss ihnen die Eigenschaft der Vermehrung in dem Organismus, in welchen sie eingedrungen sind, zuerkannt werden. Sie müssen daher, wie v. Nägeli (1. c. S. 59) hervorhebt, das Vermögen besitzen, aus ihrer Umgebung lösliche Verbindungen aufzunehmen, dieselben zu assimiliren und dadurch ihre Substanz zu vermehren, d. h. sie müssen selbst entwicklungsfähige Organismen sein.
Der Gedanke von einer belebten Natur der Infectionserreger (Contagium vivum) war schon im Alterthume und später zu verschiedenen Zeiten wiederholt, wenn auch ohne näheren Nachweis, ausgesprochen worden. Henle war wohl der Erste, welcher diese Ansicht auf theoretischem Wege zu begründen suchte. Ausgehend von der Thatsache, dass bei gewissen Infectionskrankheiten eine örtliche und allgemeine Vermehrung des in den Organismus eingeführten Krankheitsgiftes nachweisbar ist und dass die Grosse der
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Mikrourganisraeu als Infuctionäerreger.
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Wirkung mit der Menge des eingeführten Infectionsstoffes in keinem Verhältnisse steht, kam er zu der Folgerung, dass diese Fähigkeit sieh durch Assimilation fremder Stoffe zu vermehren, nur lebenden organisirten Wesen zugesehrieben werden könne, da keine todte chemische Substanz, selbst organischen Ursprungs, sieh auf Kosten einer anderen vermehrt. Darin liege auch der Unterschied zwischen Infection und Intoxication. Das Incubationsstadium, d.h. der Zeitraum, welcher von dem Momente des Eindringens des Infeetionserregers in den Organismus bis zu dem Ausbruche der Krankheit verfliesst, könne als der Zeitraum gedacht werden, welchen der eingeführte Infec-tionsstoff benöthigt, um sich anzusiedeln, anzupassen und zu vermehren.
Nachdem der Favuspilz als Ursache der Favuskrankheit, die Krätzmilbe als Ursache der Krätze und verschiedenartige Pilze als Erreger von Erkrankungen bei Pflanzen und Insecten bereits erkannt worden waren, erwiesen sich die Fortschritte in der Erkenntuiss der Gährungs- und Fäulnissvorgänge von wesentlichster Bedeutung für die Begründung der Lehre von der organisirten Natur der In-fectionserreger. Die Untersuchungen Pasteur's, welche'nachwiesen, dass in der Luft suspendirte belebte Körperchen (oi'ganisirte Keime) es seien, deren Vermehrung als die veranlassende Ursache dieser Vorgänge anzusehen ist, wurden in dieser Richtung bahnbrechend, da durch sie der Gedanke nahegelegt wurde, dass auch die Infec-tionserreger ähnliche Mikroorganismen seien.
Seitdem dann Pellender (1855) und unabhängig von ihm Braueil (J857) in dem Blute milzbrandkranker Tlnere stäbchen-förmige Körperchen vorgefunden hatten, wie sie weder bei gesunden Thieren, noch in dem Blute der Fötus milzbrandkranker Mutter-thiere angetroffen worden, und Davaine später nachwies, dass diese Körperchen, von ihm Milzbrandbacteridien genannt, die speci-fischen Erreger des Milzbrandes sein müssen, indem die Einführung einiger weniger dieser Mikroorganismen in das Blut genügt, um unter massenhafter Vermehrung derselben den Tod des Impfthieres herbeizuführen, hatte die Ansicht von der organisirten Natur der Infectionserreger eine thatsächliche Begründung gewonnen.
In der Mitte der Sechsziger-Jahre versuchte Hallier nachzuweisen, dass die bei verschiedenen Infectionskrankheiten angetroffenen Mikroorganismen, welche der von v. Nägeli aufgestellten Gruppe der Spaltpilze — Schizomyceten — angehören, wohl als die Erreger dieser Proeesse, jedoch nicht als besondere Pilzarten, sondern nur als Morphen je eines bestimmten (Schimmel-) Pilzes
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8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Mikroorganismen als Infectionamp;erreger.
anzuseilen seien, deren Entstehung in erster Linie von ihren Beziehungen zur atmosphärischen Luft abhängig wäre.
In den Fruchtzellen eines von der Luft gänzlich abgeschiedenen Pilzes soll nach seiner Ansicht unter Aufquellung des Protoplasma durch Theilung des Kernes eine Menge runder, kleiner Körperchen, die Mikrococcen, entstehen, die während einiger Zeit henimschwärmen und, schliesslich zur Euhe gekommen, sich durch fortgesetzte Theilung vermehren und verschiedene Formen annehmen sollen. In einer gährungsfähigen Flüssigkeit befindlich, sollten sie sich in echte Hefe umbilden, in einer stickstoffarmen Nährflüssigkeit in die Sprosshefe der alkoholischen Gährung, in einer stickstoflreichen Flüssigkeit in die Stab- und Gliederhefe übergehen können; an die Oberfläche der Flüssigkeit gelangend und theilweise der Luft ausgesetzt, sollten die halbanaerophytischen Morphen, Gliederschimmel, zur Entwicklung kommen.
Gelange jedoch der Mikrococcus oder eine aus ihm hervorgegangene halb-anaerophytische Morphe auf einen trockenen Nährboden mit ungehindertem Luftzutritt, so solle sich die echte aerophytische Pilzform, welche gewöhnlich eine Schimmelform sei, entwickeln.
Dem Mikrococcus und den aus ihm hervorgegangenen Formen: Leptothrix, Bacterium, Spirillum, schrieb Hallier die Rolle speeifischer Krankheitserreger und zwar in der Art zu, dass sie auf die Gewebe und Säfte des thierischen Organismus gährungserregend, zersetzend und krankmachend wirken. Fr bemerkte, dass es ihm gelungen sei, aus den Mikrococcen die betreffenden Schimmelpilze zu ziehen, so dass er für eine grössere Anzahl von Infectionskrankheiten den besonderen Pilz bestimmte, dessen Mikrococcus die bestimmte Krankheit hervorzurufen vermöge.
Wenn auch, wie de Bary nachgewiesen hat, die Zusammenstellung verschiedener Formenreihen als Morphen anerkannter autonomer Pilze, der Uebergang von Mikrococcen in Fadenpilze, die Bildung von Mikrococcen aus Pilzsporen sich als unrichtig und nicht haltbar erwiesen hat und auch der Vorwurf, dass die Untersuchungen häufig mit unreinem Material, in welchem theils schon Pilzkeime vorhanden waren, theils aus der Luft sich beimischten, nicht ohne Berechtigung sein mag, so kann doch das Verdienst Hallier's nicht in Abrede gestellt werden, zuerst Versuche vorgenommen zu haben, die bei Infectionskrankheiten vorgefundenen Mikroorganismen ausser-halb der thierischen Organismen zu züchten; Versuche, welche, unter den entsprechenden Vorsichten durchgeführt, sich später als sehr fruchtbar erwiesen haben.
Wie Wernich („Grundriss der Desinfectionslehrequot;, 1880, S. 36) bemerkt, war mit der Wucht der Einwürfe von botanischer Seite gegen den Pleomorphismus der Schimmelpilze für einen grossen Theil des ärztlichen Publicums die unbequeme mikroparasitäre Theorie der Infectionskrankheiten nahezu abg'ethan. Dagegen blieb die Hallier'sche Annahme, dass jeder Infectionskrankheit ein speeifischer Pilz entspreche, für die spätere Forschung über die Infec-
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Mikrüorgaulsmen als Infectiouserreger.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; y
tionserreger nahezu feststehend; erst die jüngste Zeit hat in dieser Rücksicht eine Aenderung der Anschauungen herbeigeführt.
Seit der Zeit, als den Mikroorganismen als specifischen Infec-tionserregern eine eingehende Aufmerksamkeit zugewendet wurde, sind in den Leichen der an Infectionskrankheiten zu Grunde gegangenen Thiere, namentlich im Blute und in der Lymphe, sowie in den durch den Process vorzugsweise veränderten Geweben, organi-sirte Körperehen angetroffen worden, welche nahezu ausschliesslich der Gruppe der Spaltpilze angehören. Die Bedeutung derselben als Infectionserreger wurde jedoch vielfach angezweifelt oder selbst in Abrede gestellt; weil Spaltpilze sich schon in dem lebenden gesunden Thierkörper, besonders in den Absonderungen der Schleimhäute und Drüsen und in dem Inhalte des Darmcanales, namentlich des Dickdarmes, in beiweitem grösserer Menge aber in Thiercadavem überhaupt vorfinden, in welchen sie sich, wie die Untersuchungen Billroth's und Tiegel's nachgewiesen haben, nach dem Tode rasch in alle Organe und Theile verbreiten. Es wurden daher auch die in den Leichen der an Infectionskrankheiten gefallenen Thiere vorgefunden Mikroorganismen vielseitig nur als zufällige Begleiter oder als Folgeerscheinungen der Krankheitsprocesse angesehen.
Im Verlaufe einzelner Infectionskrankheiten gelang es wohl auch noch während des Lebens Mikroorganismen von speeifischer Bedeutung nachzuweisen, während dies bei der grössten Mehrzahl derselben bislang nicht der Fall war; was wohl aus dem Umstände erklärlich wird, dass nur ein sehr unbedeutender Theil des lebenden Organismus für eine solche Untersuchung zugänglich ist. Aus dem nicht gelingenden Nachweise speeifischer Mikroorganismen ist demnach ein Schluss auf deren absolute Abwesenheit nicht zulässig.
Es musste daher Aufgabe der Forschung sein, den Beweis zu liefern, dass die bei Infectionskrankheiten angetroffenen kleinsten Organismen wirklich in ursächlichem Zusammenhange mit den Krankheitsprocessen stehen und die alleinigen Erreger derselben seien.
In dieser Hinsicht waren insbesondere die Versuche der Züchtung der als Infectionserreger supponirten Mikroorganismen innerhalb und ausserhalb des thierischen Organismus von ausschlaggebender Bedeutung. In ersterer Beziehung sind namentlich die Experimente Davaine's über faulige Infection, bei welchen er überdies eine zunehmende Virulenz der thierischen Flüssigkeiten bei fortgesetzter Verimpfung vom Thier auf Thier nachwies, hervorzuheben. Andererseits hat man jedoch auch angefangen, die hypothetischen Krank-
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heltserreger ausserhalb des Organismus in geeigneten Nährlösungen nach der von Klebs vorgeschlagenen Methode der fractionirten Cultur zu züchten.
Zu diesem Zwecke werden anfangs sehr geringe Mengen der flüssigen oder festen Körperbestandtheile, welche die fraglichen Organismen enthalten, in eine, auf ihre Reinheit von anderen Organismen und deren Keimen geprüfte adäquate Nährflüssigkeit gebracht und durch eine gewisse Zeit den günstigsten Vegetationsbedin-gungen (freiem Zutritt filtrirter Luft, entsprechender Feuchtigkeit und Wärme) ausgesetzt. Von den auf diese Weise erhaltenen Organismen werden fortan neue Cultureu in neuen reinen Medien angelegt.
Gelingt es mit den Mikroorganismen späterer Culturen das charakteristische Bild jener Infectionskrankheit hervorzurufen, von welcher die für die erste Cultur verwendeten stammten, so ist der Schluss gerechtfertigt, dass die zur Vermehning gekommenen Organismen thatsächlich die Infectionserreger seien.
H. Buchner („Ueber die experimentelle Erzeugung des Milzbrandcontagiums aus den Heupilzenquot;, 1880) wendet gegen die fractionirte Cultur, welche zum Zwecke hat, denjenigen Organismus rein zu erhalten, welcher in der Ursprungsflüssigkeit in überwiegender Menge vorhanden war, ein, dass bei der Gegenwart zweier Spaltpilzformen nicht diejenige erhalten wird, welche in der ursprünglichen Flüssigkeit in überwiegender Zahl vorhanden war, sondern jene, welche unter den gegebenen Verhältnissen schneller wächst, und dass bei gleich schneller Vermehrung beider Formen eine Beincultor nicht erreichbar sei. Er bediente sich daher zu seinen Versuchen über Milzbrandbacillen der zerriebenen hochgradig verdünnten Milzpulpa anthraxkranker Thiere: Eeincnltur durch Isolirung.
Gegen die zahlreichen positiven Resultate der mit gezüchteten Mikroorganismen vorgenommenen Impfungen, sowie gegen die pa-thogene Eigenschaft dieser Körper überhaupt wurde der Einwurf gemacht, dass nicht die Mikroorganismen als solche, sondern dass ein gelöster chemischer Stoff, welcher in dem kranken Körper, aus welchem jene stammen, gebildet wird, entweder für sich allein, oder im Vereine mit jenen die Eolle von Infectionserregeru spiele; dass ein solcher gelöster Stoff zugleich mit den Mikroorganismen in die Culturgefässe und aus diesen bei der Impfung wieder in ein Thier gelange.
Auch v. Nägeli (1. c. S. 65) spricht die Ansicht aus, dass die Mikroorganismen die eigenthümlichen Zersetzungsstoffe der Krankheit, oder wie er sich kurz ausdrückt: „die Krankheitsstoffequot; aufnehmen und durch sie in ihrer speeifisch inficirenden Wirkung unterstützt werden; wobei er es dahingestellt sein lässt, ob die Mikroorganismen in ihrem Innern den Krankheitsstoff in den zu inficirenden Körper hineinfuhren, oder ob dieser Krankheitsstoff gleichzeitig neben den ersteren eintrete.
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Mikroorganismen als Infectionsorreger.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 11
Es begreift sich jedoch, class bei fortgesetzter Uebertragung kleinster Mengen einer durch Mikroorganismen zersetzten Nährflüssigkeit in neue, vollkommen reine Culturflüssigkeiten die Verdünnung eines gelösten Stoffes, welcher der Fähigkeit, sich zu vermehren ermangelt, wie dies bei dem hypothetischen „KrankLeitsstoffequot; der Fall wäre, in's Unbegrenzte gehen müsste. H. Buchner („Ueber die Wirkungen der Spaltpilze im lebenden Körperquot;, in: Vorträgen des Münehener ärztlichen Vereins, 1881) hat für die 7. Züchtung von Milzbi'andbactexüen, welche bei der Impfung noch Milzbrand hervorrief, berechnet, dass, wenn auch die Milz des anthraxkrank gewesenen Thieres, von welcher der Ausgang der Züchtung genommen wurde, ganz aus sogenanntem Krankheitsstoffe bestanden hätte, die Menge des letzteren im Impfmaterial dennoch nicht mehr als den zehn-quadrillionsten Theil eines Milligramm betragen konnte; eine Grosse, die um mehr als das Tausendfache hinter dem Gewichte eines Wasserstoffgasmoleküles zurückbleibt und in chemischer Beziehung ganz verschwinden muss. H. Buchner hat aber nicht nur mit der 7., sondern sogar mit der 36. Züchtung noch Milzbrand hervorgerufen, was als Beweis angesehen werden muss, dass die Milzbrand-bacillen allein als Erreger des Anthrax anzusehen sind.
Andererseits ist es aber H. Buchner auch gelungen, durch Anthraxbacillen, welche er direct aus Heubacillen, mithin aus Spaltpilzen gezüchtet hatte, welche keinem kranken Körper entstammten, Milzbrand hervorzurufen, wobei selbstverständlich die Mitwirkung eines Krankheitsstoffes von vornherein vollständig ausgeschlossen war.
Ausserdem wurde aber auch eingewendet, dass nicht die Mikroorganismen als solche, sondern die ihnen anhaftenden Producte der durch sie in den thierischen Flüssigkeiten angeregten Zersetzungen als Erreger der Infection wirken. Eine vollständige Trennung dieser, in grösserer Menge jedenfalls als chemische Gifte wirkenden Substanzen von den Mikroorganismen ist selbstverständlich nicht möglieh; ihre gleichzeitige Gegenwaiquot;t kann jedoch an der Bedeutung der Mikroorganismen als Infectionserreger- nichts ändern, da diese Stoffe ja gerade durch die Lebensthätigkeit dieser Organismen gebildet werden und die krankmachende Wirkung der letzteren zu einem grossen Theile auf der Bildung solcher Producte beruhen mag.
Der Nachweis pathogener Mikroorganismen ist bisher nur für eine beschränkte Zahl von Infectionskrankheiten zweifellos nachgewiesen worden. Bei anderen derartigen Krankheiten sind wohl
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Mikroorganismen nachgewiesen worden, welche für specifisclie Infec-tionserreger angesehen werden, jedoch ist hiefiir der stricte Beweis durch Isolirung und Züchtung derselben ausserhalb des Thierkörpers und durch Versuche, mittelst der Uebertragung der Products solcher Culturen den ursprünglichen Krankheitsprocess hervorzurufen, noch nicht erbracht worden. Im Hinblicke auf den Ausbruch und Verlauf dieser Krankheiten und auf die Art ihrer Verbreitung, worin sie eine Uebereinstimmung mit jenen Infectionskrankheiten zeigen, deren pathogener Mikroorganismus bereits nachgewiesen ist, kann auch bei ihnen auf das Vorhandensein solcher Organismen mit einiger Berechtigung umsomehr geschlossen werden, als solche Nachweise durcb die Thätigkeit mehrerer, diesem delicaten Zweige der Aetio-logie sich zuwendenden Forscher immer häufiger gelungen sind.
Der Grund, dass bisher noch nicht bei sämmtlichen Infectionskrankheiten pathogene Mikroorganismen angetroffen wurden, mag einerseits darin liegen, dass sie gerade dort nicht vorhanden waren, wo sie gesucht wurden, während sie möglicherweise in anderen Körpertbeilen in abundanter Menge vorhanden waren, andererseits darin, dass sie, wie Stricker meint, so minimal sein können, dass sie mit den bisherigen Untersuchungsmitteln überhaupt noch nicht aufgefunden werden konnten. Endlich ist auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass manche derselben im todten Thierkörper so räch zu Grunde gehen mögen, dass sie sich aus diesem Grunde der Auffindung entziehen.
Natur und Wirkung der Spaltpilze. Nachdem gegenwärtig die überwiegende Mehrzahl der competenten Fachmänner der teber-zeugung ist, dass die Infectionserreger nur organisirte Körper sein können, ist die Entscheidung der Frage, welcher Reihe von Lebewesen sie angehören, von grosser Bedeutung, v. Nägeli, welcher diese Frage eingehend erörtert, kommt (1. c. S. 59) zu dem Schlüsse, dass unter allen bekannten lebenden Wesen blos die Spaltpilze, Schizomyceten, als Infectionserreger in Ansprucb genommen werden können, da sie in jeder Beziehung so beschaffen sind, wie es von einem Infectionsstoffe vorausgesetzt werden muss.
Sie seien so klein (30 bis 50 Millionen wiegen lufttrocken zusammen erst ein Milligramm), dass sie für keine Theorie noch kleiner gewünscht werden könnten; sie würden durch die schwächsten Luftströmungen leicht fortgeführt und verbreitet, da sie die allerwinzigsten, unter den stärksten Vergrösserungon kaum sichtbaren Stäubchen darstellen; sie besässen eine ungemein grosse Vermehrungsfähigkeit, indem sie bei der Temperatur des thierischen Körpers ihre Zahl
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Wirkung der Spaltpilze,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;13
m 20 bis 25 Minuten verdoppeln; ihre Lebenszähigkeit endlich überträfe die aller anderen Organismen, indem sie den ungünstigsten äusseren Einflüssen zu widerstehen vermögen und die Energie ihres Chemismus sie befähigt, unter bestimmten Verhältnissen mit allen anderen lebenden Wesen erfolgreich zu wetteifern.
v. Nägeli theilt die niederen Pilze in Schimmel-, Spross- und Spaltpilze (Schizomyceten). Die letzeren, gewöhnlich tmter der Bezeichnung „Piacterienquot; zu-sammengefasst, sind die winzigsten unter allen Organismen, deren kleinere Formen sich selbst unter den besten Mikroskopen an der Grenze der Sichtbarkeit befinden, die aber in der grossen Mehrzahl durch ihr Waclisthum und ihre Fortpflanzung als Pflanzen sicher nachgewiesen sind. Ausnahmslos sind sie kurze Zellen, doren Dureb-messer '/soo mm. kaum erreicht und die entweder vereinzelt leben oder zu Stäbchen irnd Fäden, selten zu kleinen Tafeln oder Würfeln aneinander gereiht sind. Sie können weder aus anderen Gruppen der Pilze hervorgehen, noch solche erzeugen.
In die Gruppe der Spaltpilze, welche F. Colin in zahlreiche Gattungen theilt, gehören unter Anderm die Formen Mikrococcns, Bacterium, Bncülus, Vibrio, Spirillum, Spirochaete u. a.
Die Spaltpilze bewirken ausser der eigentlichen ammoniaV:ali-schen Fäulniss Stickstoff haltigcr Substanzen noch andere Zersetzungen, wie die Verwandlung des Zuckers in Milchsäure, der Milch in Buttersäure, des Zuckers in Mannit und Gummi; unter ihrem Einflüsse entstehen verschiedene bittere und scharfe Stoffe, sie entfärben gewisse Farbstoff^ und bilden andererseits wieder gefärbte Verbindungen; endlich kommt ihnen unter bestimmten Verhältnissen die Fähigkeit zu, den Weingeist in Essigsäure zu oxydiren.
Bezüglich der für die Entstehung der Infectionskrankheiten bedeutungsvollen Frage, ob die verschiedenen Zersetzungen durch ebensoviele, nur für je eine specielle Thätigkeit befähigte Spaltpilze hervorgerufen werden, besteht keine Uebereinstimmung. Während Pasteur, und besonders F. Cohn unter gewissen Beschränkungen diese Frage in bejahendem Sinne beantworten und die Umwandlung einer Spaltpilzform in eine andere in Abrede stellen, spricht v. Nägeli (1. c. S. 22) die Meinung aus, dass die Spaltpilze sich nicht nach ihren Hefewirkungen und ihrer Formbildung speeifisch gliedern, sondern dass es wahrscheinlich sei, dass es nur einige wenige Arten derselben gebe, deren jede einen bestimmten, aber ziemlich weiten Formenkreis durchlaufen kann, wobei verschiedene Arten in analogen Formen und mit gleicher Wirkungsweise auftreten können. Wenn es überhaupt verschiedene Arten von Spaltpilzen gibt, könne doch jede derselben verschiedene Zersetzungen bewirken, so wie andererseits wieder die nämliche Zersetzung durch verschiedene Arten von Spaltpilzen veranlasst werden kann. Er hält es für denkbar, dass die Spaltpilze dadurch, dass sie
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williread vieler Generationen die gleichen Nährstoffe aufnehmen und die gleiche G-ährwirkung ausüben, einen mehr oder weniger ausgesprochenen Charakter der Anpassung erhalten, dass sie morphologisch eine bestimmte Form bevorzugen und auch physiologisch fur eine oder die andere Zersetzung tauglicher werden. Die Anpassung könne eine mehr oder weniger vollkommene und dauerhafte werden, je nach der Zeit und den wirkenden Ursachen. Gleichwohl erscheint es ihm nothwendig, vorläufig noch die verschiedenen Formen der Spaltpilze, die Mikrococcus-, Vibrionen-, Bacterien-, Spirillum- u. s. w. Form zu unterscheiden.
Lebensbedingungen der Spaltpilze, Für die Lebenszu-stände der niederen Pilze — Wachsthum und Ernährung, Bildung von Dauersporen, Stillstand der Lebensbewegung mit der Fähigkeit, unter günstigen Verhältnissen wieder in thätiges Leben überzugehen, Gährungswhkung und Erlöschen des Lebens der Zelle — sind besondere Bedingungen erforderlich.
Zu diesen gehören vor Allem die Nährstoffe. Als solche bedürfen sie zu ihrem Wachsthum und zur Vermehrung Substanzen, welche nebst Mineralsalzen, die Schwefel, Phosphor, Kali und Magnesia führen, auch höhere organische kohlen- und Stickstofflialtige Verbindungen enthalten. Wasser ist für die niederen Pilze nur insofern nöthig, als es die Aufnahme der Nährstoffe und den Vorgang der chemischen Processe vermittelt. Austrocknen tödtet die niederen Pilze nicht; ihre Lebensäusserungen stehen im trockenen Zustande nur still, leben aber wieder auf, sobald die Zellen das erforderliche Wasser finden. In Wasser lösliche, zur Nahrung nicht dienliche Stoffe und im Ueberschusse vorhandene Nährstoffe wirken nachtheilig auf das Leben der Spaltpilze und heben bei einem gewissen Grade der Concentration die Gährwirkung, bei einem noch höheren Grade, wohin auch die Wasserentziehung durch theilweises Austrocknen gehört, das Wachsthum vollständig auf.
Freier Sauerstoff kann von den Spaltpilzen ohne erheblichen Nachtheil entbehrt werden, er befördert jedoch wesentlich deren Wachsthum.
Die Temperatur des Körpei-s der Säugethiere scheint für die Spaltpilze nahezu die günstigste zu sein; beim Steigen derselben hört zuerst die Gährwirksamkeit, dann das Wachsthum und zuletzt die Lebensfähigkeit auf. Die Grenzen der Temperatur, innerhalb welcher die Spaltpilze getödtet werden, sind von der Art der Pilze, ihrem feuchten oder trockenen Zustande, der alkalischen oder sauren Beschaffenheit der Nährlösung, in welcher sie sich befinden, ab-
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Lebeiisbedinguugen der Spaltpilze.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;15
häugig. Entwickelte Spaltpilze werden in der Regel schon durch eine Temperatur unter der Siedhitze (80deg; C. und selbst darunter) vernichtet, während die Dauersporen derselben, namentlich jene, deren Entwicklung noch nicht weit vorgeschritten ist, beiweitem höheren Temperaturgraden (130deg; bis 150deg; C.) widerstehen. Frost hebt das Leben der Spaltpilze nicht auf; die Versuche von Frisch haben nachgewiesen, dass selbst Kältetemperaturen bis —111deg; C. das Leben der Anthraxbacillen zu vernichten nicht im Stande waren.
Nach Wernich (1. c. S. 74) haben mechanische Erschütterungen der Nährflüssigkeiten und elektrische Ströme eiuen hemmenden Einfluss auf die Entwicklung von Filzculturen.
Bemerkenswerth ist, dass die Endproducte des Stoffwechsels der Spaltpilze selbst, wenn sie nicht entfernt werden und einen gewissen Concentrationsgrad erreichen, das normale Fortleben und die Weiterentwicklung dieser Pilze aufzuheben vermögen. Wernich (Virchow's Archiv, 78. Band, S. 51) hat nachgewiesen, dass die aromatischen Producte der durch Spaltpilze angeregten Fäulniss (Indol, Scatol, Kresol, Phenol, Phenylessigsäure, Phenylpropion-säure), sobald sie in hinreichender Menge gebildet sind, auf die Fäulnissbacterien geradezu giftig wirken. Andererseits hat derselbe („Grundriss der Desinfectionslehrequot;, S. 79) durch bacterioskopische Versuche dargethan, dass die gasigen Exhalationen einer in starker Zersetzung begriffenen Fäulnissmischung einen günstigen vorbereitenden Einfluss auf noch nicht inficirte Nährflüssigkeiten in der Art ausüben, dass die später in die letzteren gebrachten Spaltpilze sich rascher vermehrten, als in gleichartigen Nährflüssigkeiten, welche solchen Einflüssen nicht ausgesetzt waren.
Im Falle die Spaltpilze in einem Nährboden die nothwendigen und für ihr Leben günstigen Bedingungen finden und die äusseren Verhältnisse günstig sind, gedeihen und vermehren sie sich rasch, jedoch stets auf Kosten des Nährbodens, und, indem sie ihre eigenen Ausscheidungs- und Zersetzungsproducte an denselben abgeben, unter Aenderung seiner materiellen Grundlagen, welche Aenderung bei stürmischer Vermehrung sich bis zur vollständigen Zersetzung des Nährbodens steigern kann.
Wernich („Grundriss der Desinfectionslehrequot;, S. 88) fasst diese Wechselbeziehungen zwischen den Zersetzungserregern (Spaltpilzen) und dem Nährboden folgendermassen zusammen. Diese Beziehungen lassen sich steigern und vermindern durch Abänderungen in den äusseren Bedingungen während der Züchtung und durch Abänderung in der chemischen Mischung des Nährbodens; sie lassen
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sich begiiustigen durch die Einwirkung von Zersetzungsgasen auf noch nicht inficirte Nährlösungen. Ein ruhender Zersetzungserreger wird mittelst der ihm zusagendsten Flüssigkeiten zur Tliätigkeit angeregt, während eine auf nur secundär verwandten Nährmedien ausgeführte Züchtung die Reproduction der Zersetzungserreger in der Weise herabsetzt, dass sie später auch bei Verpflanzung auf den günstigsten Nährboden erst nach längerer Zeit sich erholen. Systematische Züchtung auf stets vorzüglichem Nährboden unter ungestörter Einwirkung der zusagendsten Flüssigkeiten und Aussen-bedingungen und sorgfältige Auswahl der entwickelten Exemplare für die Verpflanzung steigert die Kraft der Mikroorganismen. Diese Steigerung durch accommodative Züchtung verkürzt auch die Zeitdauer, während welcher der Zersetzungserreger seinen Entwicklungsgang in dem ihm zusagendsten Medium durchmacht, und veranlasst eine lebhaftere Consumtion des Nährbodens. Auf der Höhe einer solchen besonders begünstigten Entwicklung steckt er empfängliche, noch nicht inficirte Nährböden durch die flüchtigsten Berührungen an und wird auch anderen, ihm sonst weniger ziisagenden Nährböden gegenüber insofern selbstständiger, als er sie bereitwilliger ergreift und ihnen gegenüber seine Specificität geltend macht.
Dass durch fortgesetzte systematische Züchtung gewisser Spaltpilze Aenderungen in den Verhältnissen des Wachsthums und der Lebensthätigkeit derselben in dem Grade herbeigeführt werden können, dass dadurch der ganze Charakter des Spaltpilzes ein völlig anderer wird, hat H. Büchner (1. c.) nachgewiesen.
Die am Wiesenheu vorkommenden Heubacterien stimmen in ihrer Form und in Bezug auf die Sporenbildung mit den Antbraxbacterien überein und zeigen auch in ihren chemischen Eigenschaften und Wirkungen, namentlich was das hoho Sauerstoffbedürfniss, die Ausscheidung von coagulirtes Eiweiss lösenden Fermenten und die Eigenschaft betrifft, Eiweisslösungen auf die gleiche, eigenthümliche Art zu zersetzen, eine gewisse charakteristische Analogie..
Indem H. Buchner die Anthraxbacterien in Bezug auf die Constanz ihrer Eigenschaften und ihrer infectiösen Wirkung durch fortgesetzte Züchtung in künstlichen Nährlösungen (einer Lösung von Fleischextract und Pepton) untersuchte, fand er, dass schon vom Anfange der Cultur her eine ganz allmälige Abnahme ihrer Wirkung in der Art stattfand, dass immer grössere Quantitäten der gezüchteten Pilze für eine erfolgreiche Impfung auf weisse Mäuse nothwendig wurden. Mit der 36. Züchtung konnte noch Anthrax erzeugt werden; über diese hinaus hatten die Bacterien, obwohl sie ihrer Form und ihrem chemischen Verhalten nach noch Antbraxbacterien waren, die Infectionsfähigkeit vollständig verloren. Bei fortgesetzter Züchtung traten aber auch allmälig Veränderungen -.in diesen Beziehungen auf, welche einen Uebergang zu Heubacterien unzweifelhaft erkennen Hessen, und nach einem halben Jahre (nach 1500 Pilzgenerationen) bei einer etwa täglichen Umzüch-tung, die zuletzt in Heuaufguss vorgenommen wurde, hatten sich diese Eigenschaften
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Spaltpilze als Infectionserreger.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;17
so weit ausgebildet, dass die ans Anthraxbacterien künstlich gezüchteten Pilze sich von den natürlich vorkommenden Heupilzen in keiner erkennbaren Beziehung mehr unterschieden.
Ebenso versuchte H. Buchner umgekehrt die aus Wiesenheu rein eultivirten ITeupilze in Anthraxbacterien zu verwandeln, indem er die in vorbereitender Weise einigemal in Eiweiss gezüchteten reinen Heupilze in defibrinirtem, der Carotis frisch entzogenem Blute unter reichlicher Zufuhr von Sauerstoff züchtete. Die auf diese Weise gezüchteten Heubactericn zeigten Veränderungen in den Wacbsthumsver-hiiltnissen und in dem chemischon Vorhalten, welche sie als eine Uebergangsform zu den Anthraxbacterien erscheinen Hessen; die noch vorhandenen Unterschiede konnten jedoch durch fortgesetzte Züchtung im Blute nicht ausgeglichen werden. Um Infection von Thieren durch solche modificirte Heupilzo zu bewirken, waren beiweitem grössere Mengen derselben erforderlich als von echten MilzbraYidbacterien, dann aber trat, jedoch erst nach einer Incubationszeit von 4 bis 6 Tagen, bei den Impflingen eclatanter Milzbrand ein. In den Organen solcher Tliiere fanden sich die echten Milzbrandbacillen in grösster Menge, welche dann bei Controlzüchtungon das charakteristische Verhalten zeigten und, weiter geimpft, schon innerhalb 24 bis 48 Stunden tödtlichen Anthrax hervorriefen.
Durch diese Versuche kann der Zusammenhang der Heu- und Anthraxbacterien und die Möglichkeit des Ueberganges der einen in die anderen als erwiesen erachtet werden.
Spaltpilze als Infectionserreger. In dem thierischen Organismus finden die Spaltpilze sehr günstige Bedingungen für ihr Leben und ihre Vermehrung, und werden durch ihre Eigenschaft, Zersetzungen kräftig zu veranlassen, befähigt, die Gesundheit schädigend zu beeinflussen und krankhafte Veränderungen hervorzurufen. Dies bewirken sie dadurch, einerseits, dass sie in Folge ihrer massenhaften Vermehrung durch ihre Ansammlung in den Capillaren Cir-eulationsstörungen und Localaffectionen verschiedener Art bedingen, andererseits, dass sie den Geweben wichtige Nährstoffe und den Blutkörperchen Sauerstoff entziehen, durch Gährwirkung den Zucker in Milchsäure zerlegen, durch Hefewirkuug verschiedene andere stickstofflose und stickstoffhaltige, leicht zersetzbare Verbindungen zerstören, endlich, indem sie die Bildung giftiger Fäulnissproducte veranlassen, möglicherweise auch dadurch, dass sie durch das von ihnen ausgeschiedene lösliche Ferment Umsatzwirkungen auf sonst unlösliche und schwer zersetzbare Verbindungen ausüben.
Die in den Körper eingedrungenen Spaltpilze werden aber nur dann Erkrankungen zu veranlassen vermögen, wenn sie sich im Kampfe mit dem Organismus als die stärkeren erweisen. Ob dies der Fall ist, wird, wie v. Nägeli bemerkt, von der Natur der Spaltpilze, von der Zahl, in welcher sie eindringen, von der chemischen Beschaffenheit der in den Geweben enthaltenen Flüssigkeiten und von der Widerstandsfähigkeit der Organismen abhängen.
mill. Thieneuchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2
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SpaUpilxe als TnfectionBerreger.
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v. Nägeli hält .auch die als Infcctionserreger wirkenden Spaltpilze nur insofern für speeifisch verschieden, als sie verschiedene Krankheiten verursachen, dagegen für wahrscheinlich, dass die In-fectionspilze, gleich den Spaltpilzen überhaupt, nur Formen einer oder weniger Arten seien, welche durch Anpassung und durch aufgenommene oder anhängende Stoffe eine verschiedenartige Beschaffenheit erlangen und hierdurch ungleichartige Störungen bewirken. Die Infectionserreger behalten, seiner Ansicht nach, ihre infectiöse Eigenschaft nur während einer begrenzten Dauer; gelangen sie nicht während einer bestimmten Zeit in einen Organismus, so sind sie nicht weiter im Stande zu inficiren. Sie verlieren ihre Fähigkeit zu inficiren sogleich durch hohe Hitzegrade, nach einiger Zeit durch sehr starkes Austrocknen, durch Fäulniss der Flüssigkeit oder der Gewebe, in welchen sie sich befinden, doch erst nach einer Reihe von Generationen durch Fortpflanzung in anderen Nährflüssigkeiten als jenen, in welchen sie entstanden sind. Am längsten bewahren sie ihre Infectionsfähigkeit, wenn sie nur so weit eingetrocknet sind, dass der Chemismus in ihren Zellen gerade aufhört; bei fortdauerndem Austrocknen geht die Fähigkeit wieder aufzuleben zwar nicht verloren, jedoch verändert der Infectionspilz seine Natur und wird unwirksam.
Wernich („Grundriss der Desinfectionslehrequot;, S. 91) spricht sogar die Ansicht aus, dass die Infectionserreger nicht schon fertige und mit solchen Eigenschaften begabte Wesen seien, dass sie an und für sich schon pathologische Erscheinungen hervorrufen können, sondern dass sie ihre relative Specificität und einen gewissen Grad von Selbstständigkeit erst im Thierkörper (Menschen) selbst durch Vorzüchtung erlangen. Die im thierischen Organismus stets in Menge vorhandenen Mikroorganismen müssen nach ihm ihre Infectionsfähigkeit erst durch Vorzüchtung erwerben. Besitzen sie ursprünglich nur sehr geringe infectiöse Eigenschaften, so erfordere es lange Zeit und viele Generationen, bis sie die Fähigkeit erlangen, die Lebensbedingungen der lebenden Zellen zu beeinflussen; dagegen wäre der Zeitraum dieser Züchtungsperiode ein kürzerer, wenn der reproductive Mikroorganismus vorher auf einem ganz ähnlichen Boden, also auf einem anderen gleichartigen Thiere und noch vor-theilhafter auf dem entsprechenden Gewebe eines solchen Thieres eine Reihe von Züchtungsvorstufen durchgemacht hat. Eine solche Vorzüchtung könne die Mikroparasiten entwamp;der nur soweit fördern, dass sie, um ihre Specificität zum Ausdruck zu bringen, direct von der ersten entsprechenden (adäquaten) Pflanzstätte auf die zweite
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Infection. Incnbation.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 19
übergehen müssen, oder dagegen auch so weit, dass sie diese speci-fische Kraft noch durch eine Reihe iingünstiger Zwischenstadien bewahren können, ohne sie gänzlich einzubüssen. Der Nährboden selbst könne einen Theil der Vorzüchtung wieder illusorisch machen (Imprägnation mit aromatischen Fäulnissstoffen), jedoch auch einen Theil derselben ersparen (längere Berührung des Nährbodens mit Fäulnissgasen).
Infection. Das Eindringen der Infectionspilze in den thieri-sehen Körper kann am leichtesten durch verletzte Stellen der Haut und der Sehleimhäute und von der Lunge aus erfolgen. Von den Capillaren der Lungenalveolen oder verletzter Partien • oder von Lymphgefässen aus können sie sich in die übrigen Theile des Körpers verbreiten.
Das Eindringen derselben durch die unverletzte Haut oder Schleimhaut hält v. Nägeli für unmöglich, da ihm die Widerstände bis zum Anlangen in den Capillaren zu gross und auch die Ernährungsverhältnisse, die erst im Blute günstiger werden, zu unvor-theilhaft erscheinen. Es dürfte jedoch nicht abzuweisen sein, dass die Infectionserreger auch durch die Stomata der Follikel und Drüsen der Haut und der Schleimhäute unter begünstigenden Verhältnissen eindringen können. Das Krankmachen eines thierischen Organismus durch organisirte Krankheitserreger wird Infection oder Ansteckung genannt.
Incubation. Von dem Zeitpunkte des Eindringens der Infectionserreger in einen Thierkörper bis zu dem evidenten Ausbruche der Krankheit verläuft ein Zeitraum von mehr oder weniger bestimmter Dauer, das Incubationsstadium, während dessen die Thiere entweder keine oder doch nur wenig bezeichnende Krankheitserscheinungen zeigen. Die Dauer dieses Stadiums ist bei den verschiedenen Infectionskrankheiten verschieden; bei einer und derselben Krankheitsftmn scheint sie zum Theile von der Menge der eingeführten Infectionserreger und von deren mehr oder weniger angepasstem Zustande abhängig zu sein. Nach Impfungen, bei welchen wohl gewöhnlich eine grössere Menge des Infectionsstoffes und zugleich in eine wunde Stelle eingeführt wird, ist das Incubationsstadium in der Regel von kürzerer Dauer als bei der in Folge natürlicher Infection entstehenden Krankheit, bei welcher so günstige Bedingungen nicht zugegen sind.
Während des Incubationsstadiums findet die Vermehrung der meistens nur in minimaler Menge in den Körper eingedrungenen organisirten Infectionserreger statt, und werden während desselben
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Gattungs- und indivirluello Iramunitüt.
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die Veränderungen, bezieliungsweise Zersetzungen und Reactionen im thierischen Körper eingeleitet. Die Art der eintretenden Zersetzung ist von der Wirkung des speeifischen, d. h. angepassten Pilzes abhängig.
Gattungs- und individuelle Immunität. Niclit jedes Thier aber, in welches Infeetionserreger eingedrungen sind, wird auch von der specifischen Krankheit befallen. Gewisse Infectionskrankheiten kommen unter gewöhnliehen Voi'hältnissen (Impfungen ausgenommen) nur bei bestimmten Thiergattungen vor, wie die Lungenseuche, der Rauschbrand bei Rindern, die Rinderpest bei Wiederkäuern, die Influenza bei Pferden, die Rotz- Wurmkrankheit bei Thieren des Pferdegeschlechtes u. s. w. Die diese Krankheiten veranlassenden Infeetionserreger scheinen demnach nur in den Flüssigkeiten und Geweben bestimmter Thiergattungen die geeigneten Bedingungen für ihre Existenz und Vermehrung und für die Einleitung der ihnen eigenthümlichen Zersetzungsvorgänge zu finden, während sie in anderen Organismen, ohne Nachtheile zu veranlassen, zu Grunde gehen. In grösserer Menge dagegen (durch Impfung) eingeführt, scheinen manche Infeetionserreger den aus der chemischen und physiologischen Beschaffenheit der Gewebe und Flüssigkeiten sieh ergebenden Widerstand überwinden und auch bei Thiergattungen, welche unter gewöhnlichen Verhältnissen gegen sie unempfänglich sind. Infection veranlassen zu können (erfolgreiche Impfung von Rotz auf Kaninchen und Ziegen). Andere Infeetionserreger dagegen finden in den Organismen verschiedener Thiergattungen ein adäquates Nährmaterial und die sonstigen günstigen Bedingungen für ihre Existenz und veranlassen nach ihrer Einführung die ihnen zukommende Form der Erkrankung, obwohl auch hier ein leichteres oder weniger leichtes Anpassen nachgewiesen werden kann. So befällt der Milzbrand ausser den der Kategorie der Pflanzenfresser angehörigen Hausthiergattungen auch das im Freien lebende Wild; er verschont wohl auch Schweine und Fleischfresser nicht unbedingt, kommt jedoch bei diesen Thieren, wenn sie der gleichen Infectionsgefahr wie jene ausgesetzt oder der Impfung unterzogen waren, beiweitem seltener zum Ausbruche. Selbst unter den Pflanzenfressern zeigen bestimmte Gattungen, wie Schafe, eine beiweitem grössere Geneigtheit, unter gleichen Verhältnissen an Milzbrand zu erkranken, als andere. Auch Race und Alter der Thiere scheinen nicht ohne Einfluss zu sein. So zeigen die sogenaflnten Berberschafe in Algerien eine bedeutend geringere Empfänglichkeit gegen d:e An-thraxbacillen als andere Schafracen; so erweisen sich Hunde im
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Locaiisatioii der hifectionskrankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 21
Alter unter sechs Monaten sehr empfänglicli für den Milzbrand, während ältere gegen denselben nahezu immun sich verhalten.
Jedoch auch bei Thiergattungen, welche für bestimmte Infec-tionserreger sehr empfänglich sind, hat deren Aufnahme nicht bei jedem einzelnen Individuum unbedingt die specifische Erkrankung zur Folge. Es mag dies in manchen Fällen von der Einführung einer zu geringen Menge von Infectionspilzen, in den meisten jedoch davon abhängig sein, dass entweder der Organismus des betreffenden Thieres den eingedrungenen Spaltpilzen zeitlich einen solchen Widerstand entgegensetzt, dass deren Gedeihen und Vermehren unmöglich ist, oder dass die durch die Lebensthätigkeit der Spaltpilze angeregte Reaction des Organismus den ersteren die Bedingungen für ihr Leben entzieht.
Localisation der Infectionskrankheiten. Nicht nur das lebende Thier als Ganzes, sondern auch einzelne organisirte Theile desselben zeigen gegen verschiedene Infectionserreger eine verschiedene Widerstandskraft, so dass die durch sie hervorgerufenen Krankheiten in verschiedenen bestimmten Geweben und Organen sich localisiren.
Nach der Ansicht H. Buchner's („Die Nägeli'sche Theorie der Infectionskrankheitenquot;, 1877; und: „Ueber die Wirkung der Spaltpilze im lebenden Körperquot;, in den Vorträgen des Münchener ärztlichen Vereines, 1881) beruht die Verschiedenheit der Infectionskrankheiten hauptsächlich in der verschiedenen Localisation, die jeder einzelnen eigen ist, und die wieder von dem besonderen Verhalten des speci-fischen Krankheitspilzes gegenüber dem Thierkörper abhängt. Die Gewebe des thierischen Körpers verhalten sich gegenüber den eingedrungenen und mittelst des Kreislaufes in den ganzen Körper vertheilten Infectionspilzen nicht gleichartig; im Gegentheile hängt das Schicksal dieser letzteren von den eigenthümlichen Eigenschaften der Gewebe ab. Es ist, nach ihm, höchst wahrscheinlich, dass verschiedene Organe gegenüber demselben Pilze sich ungleichartig verhalten werden, da selbst die einzelnen Individuen gegenüber dem nämlichen lufectionspilze sich ungleichmässig verhalten und daher schon die feinsten Unterschiede von hoher Bedeutung sein müssen. In der Regel werden nur einige wenige Organe oder Organtheile, oder sogar nur ein einziges derselben die Vermehrung der Infec-tionspilze gestatten, während alle übrigen sich wie ein unempfängliches Individuum verhalten werden, in welchem die Spaltpilze ohne Nachtheil für den Organismus zu Grunde gehen. Die geeigneten Organe aber erkranken durch die Wirkung der Pilzvegetation, und
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zwar wird das Krankheitsbild nach Massgabe der ergriffenen Organe ein verschiedenartiges sein. Indem hiedurch die physiologischen Beziehungen dieser Organe zum Gesammtkörper abgeändert werden, muss ein eigenartiger physiologisch-pathologischer Process zu Stande kommen. In dem späteren Verlaufe schwerer Erkrankungen werden diese Localisationen nicht mehr so ausgesprochen sein, weil von den primär erkrankten Theilen fortwährend Pilze und deren Zersetzungsstoffe in den Kreislauf übertreten und durch deren grosse Menge, welche bis zu einem gewissen Grade deren fehlende Anpassung ersetzt, auch Localisationen in anderen, minder disponirten Organen entstehen können, und hiedurch die Krankheit unter Umständen einen mehr allgemeinen Charakter zu gewinnen vermag.
Die während der Krankheitsdauer vermehrten Infectionserreger verlassen den Thierkörper mit den verschiedenen Auswurfsstoffen; mit der Athemluft können sie dies nach v. Nägeli nur dann, wenn diese kleine Flüssigkeitstheilchen mit sich führt.
Gehen die in den Thierkörper eingeführten Infectionspilze in Folge des Aufzehrens gewisser Bestandtheile des Blutes oder der Gewebsflüssigkeiten oder in Folge energischer Reaction des Organismus oder hoher Fiebertemperatixren zu Grunde, oder werden sie durch die von ihnen selbst producirten aromatischen Fäulnisspro-duete vernichtet, so kann Genesung erfolgen.
Immunität nach Durchseuchung. Manche Infectionskrank-heiten haben das Eigenthümliche, dass Thiere, welche dieselben überstanden haben, für kürzere oder längere Zeit, selbst für die ganze Lebensdauer vor dieser Krankheit geschützt bleiben. Stricker (1. c. S. 159) ist der Meinung, dass durch (laamp; einmalige Durchleben einer Krankheit der Organismus jene Substanzen ausgiebt oder verliert, welche für das Gedeihen der Krankheitserreger nothwendig sind, oder dass nach dem einmaligen Durchleben der Krankhei* etwas zurückbleibt, was den Infectionserregern ungünstig ist, oder endlich, dass der Organismus gegen gewisse Reize abgestumpft wird. In einem und dem andern Falle wäre es erklärlieh, dass der Schutz kein absoluter und nur ein zeitlich beschränkter ist. v. Nägeli, von der Ansicht ausgehend, dass die bei der Infection in äusserst geringer Menge aufgenommenen Infectionspilze nur bei abnormer Zusammensetzung der Körperflüssigkeit gedeihen und auf die Umgebung zersetzend wirken können, sucht die Immunität dadurch zu erklären, dass, in Folge der Reaction des Organismus, die abnormen chemischen Functionen, welche eine den Infeotions-pilzen günstige Beschaffenheit der Flüssigkeiten erzeugten, zur nor-
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Immunität nach Durehseachunsr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 23
malen Thätigkeit zurückkehren und die Infectionspilze zur Con-currenz unfähig machen. Ein solches genesenes Thier bleibe für einige Zeit, und zwar um so länger vor einer abermaligen Infection gesichert, je gründlicher die Umstiinmung erfolgt wäre.
H. Büchner („Ueber die Wirkungen der Spaltpilzequot;, 1. c. S. 48) sucht, gestützt auf den Vorgang bei den Pocken, das Specifische der späteren Immunität gegenüber der überstandenen Infections-krankheit nicht in der Ai't einer allgemeinen Körperveränderung — eine Annahme, welche im Hinblicke auf die zahlreichen infectiösen Processe, welche eine specilische Immunität bewirken, zu sehr com-plicirten Vorstellungen führen müsste — sondern in einer, ihrer Natur nach unbekannten, wahrscheinlich reactiven Veränderung des Gewebes, welches die Vermehrungsstätte und den ersten Angriffspunkt des Infectionsstoffes gebildet hat.
Pasteur nimmt als Ursache der Immunität (non-recidive) gegen eine überstandene Infectionskrankheit die Erschöpfung des Organismus durch die einmalige Vegetation der Mikroorganismen, Chauveau die Anwesenheit einer der specifischen Pilzentwicklung schädlichen Substanz im Organismus, welche während der Erkrankung gebildet worden ist, Toussaint ähnlich wie Chauveau die Gegenwart nichtorganisirter Stoffe an, welche sich im Blute unter dem Einflüsse der Infectionspilze gebildet haben und die abermalige Vegetation der letzteren hindern, gegen welche sie sich nach Art eines Gegengiftes verhalten.
Reizungstheorie Virchow's. Nachdem Spaltpilze zweifellos pathogener Natur bisher nur bei einer beschränkten Anzahl von Infectionskrankheiten nachgewiesen worden sind, so erheben sich auch gegenwärtig noch massgebende Stimmen gegen eine Ueber-tragung der bezüglich der Entstehung einiger dieser Krankheiten erhaltenen Resultate auf sämmtliche Infectionskrankheiten. Virchow („Archivquot;, Bd. 79), welcher die Pilzlehre für eine gewisse Zahl von Infectionskrankheiten als gesichert anerkennt und es für wahrscheinlich hält, dass sich diese Zahl noch vermehren werde, erklärt dagegen, dass Beweise über den parasitären Charakter noch nicht für alle Infectionskrankheiten erbracht seien und führt an dem Beispiele der Syphilis den Gedanken aus, wie die Reproduction des Infectionsstoffes auch ohne die Annahme einer pflanzlichen Natur desselben erklärt werden könne. Angenommen, der Infectionsstoff wäre nicht ein Pilz, sondern ein chemischer Stoff, der reizend auf die Gewebstheile wirkt, so würde sich in Folge dessen eine Erzeugung neuer Zellen ergeben; die Vermehrung des Infectionsstoffes in diesem
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Gewebe könnte dann davon abhängig sein, dass nach dessen Aufnahme in die Gewebszellen, in diesen aussei* der formativen Thätig-keit auch noch eine metabolische Veränderung gewisser Substanz-theile hervorgerufen würde. Der Infectionsstoif könnte dann entweder von den Zellen abgesondert, oder erst durch den Zerfall derselben frei werden. Bei einer solchen Annahme würden an die Stelle der Pilze: Gewebszellen, an die Stelle selbstständiger vegetabilischer Zellen: autonome thierisehe Zellen treten und der Infectionsstoif würde sich zu den Geweben verhalten, wie der männliche Same zum Eichen.
Epizootie, Enzootie. Die Infeetionskrankheiten (ansteckenden Krankheiten, Seuchen) je einer bestimmten Form können bald vereinzelt und zerstreut, sporadisch auftreten, bald gleichzeitig oder kurz hintereinander eine grössere Anzahl von Thicren befallen. In dem letzteren Falle stellen sie sogenannte Epizootien dar, welche, wenn sie sich über ausgebreitete Landstriche erstrecken, mitunter als Panzootien bezeichnet werden. Epizootien beginnen gewöhnlich mit einem oder mit wenigen Fällen, worauf sie gewöhnlich rasch bis zu einer gewissen Höhe ansteigen, um hierauf wieder allmälig gleichförmig oder unter Schwankungen abzufallen und entweder für eine unbestimmte Zeit vollständig zu verschwinden oder in einzelnen, anscheinend zusammenhanglosen Fällen fortzubestehen. Bisweilen lässt sich die Bildung einzelner Seuchenherde nachweisen, von welchen aus die weitere Verbreitung der Krankheit ihren Ausgang nimmt.
Die einzelnen Invasionen einer und derselben epizootisch auftretenden Krankheit können sich in Beziehung auf die Schwere der Erkrankungen sehr verschieden verhalten, so dass manche auffallend günstig ablaufen, während andere dagegen eine hohe Mortalitätsziffer nachweisen. Die Ursache hieven ist im Allgemeinen nicht mit Bestimmtheit anzugeben.
Infeetionskrankheiten, deren Auftreten sich von localen Verhältnissen, namentlich des Bodens, abhängig erweist, werden endemische genannt; sie können sowohl sporadisch vorkommen, als sich zur Höhe einer Epizootie erheben, sie können in bestimmten Oertlichkeiten ständig zugegen sein, oder nur unter dem Einflüsse begünstigender Verhältnisse zeitweilig sich einstellen.
Unterscheidung der Seuchen nach Entstehung und Verbreitung. Die einzelnen Infeetionskrankheiten zeigen bezüglich der Art ihres Entstehens und ihrer weiteren Verbreitung gewisse, schon seit langem gekannte Verschiedenheiten.
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Miasmatische Krankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;25
Miasmatische Krankheiten. Flir eiue Reihe von Infections-krankheiten wurde durcli die Beobachtung nacligewiesen, dass sie zu gewissen Zeiten und an bestimmten Orten Thiere derselben oder auch verschiedener Gattung in grösserer Zahl befallen, dass sie in diese Localitäten neu eingebrachte, bis daliin gesunde Thiere gleichfalls ergreifen, während Thiere, welche aus solchen Localitäten rechtzeitig entfernt werden, von der Erkrankung verschont bleiben; dass die Krankheit bei gleichbleibenden örtlichen Verhältnissen an solchen Orten stets wieder von Neuem entsteht, sowie dass sie durch kranke in andere Localitäten versetzte Thiere auf andere Thiere nicht weiter verbreitet wird. Man nannte solche Krankheiten, welche sich erfahrungsgemäss durch Infectionserreger ausbreiten, die sieh in den die Thiere umgebenden Medien vermehren und einer Uebertragung von Thier auf Thier nicht fähig sind, Krankheiten, die daher vorwiegend der Reihe der endemischen angehören: miasmatische Krankheiten, und das ihre Entstehung veranlassende Agens : ein Miasma. Unter Miasma verstand man früher eine der Luft beigemengte, aus dem Boden der Localität stammende Schädlichkeit, welche selbst in kleinster Menge in den Thierkörper eindringend, in diesem eine Krankheit anregt, sich aber in dem Thierkörper nicht reproducirt. Die früher gehegte Ansicht von einer gasförmigen Natur der Miasmen hat sich, wie bereits angeführt, schon aus theoretischen Gründen als unhaltbar erwiesen und wurde in neuester Zeit durch den Nachweis der pathogenen Spaltpilze mehrerer als miasmatisch bezeichneter Krankheiten in dem Boden der verseuchten Localitäten (Spaltpilz des Rauschbrandes durch Feser, Bacillus Malariae durch Klebs und Tommasi-Crudeli, der letztere Spaltpilz auch in der,, zunächst dem Malariaboden lagernden Luft-schiehte) auch thatsächlich widerlegt.
Die Infectionserreger der miasmatischen Krankheiten (Miasmen) entstehen auf und in der Erde und gelangen mit der Bodenluft als sogenannter flüchtiger Infectionsstoff in die Atmosphäre und mit dieser in den Thierkörper. Nach v. Nägeli sind sie eigenthümlich angepasste, möglicherweise aus Fäulniss- oder anderen allgemein verbreitenden Schizomyceten unter günstigen Bedingungen entstandene Spaltpilze, wahrscheinlich in Verbindung mit noch unbekannten Zersetzungsstoffen, welche unter ungünstigen Verhältnissen wieder in Fäulnisspilze übergehen mögen. Sie sind an die Localität gebunden und vermögen nur in grösserer Menge in einen thierisehen Körper eingeführt eine Infection zu bewirken. Die Miasmenpilze können zwar durch die Luft und durch Zwischenträger verschleppt werden,
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26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Contsgiöse Krankheiten.
sie sind jedoch in der geringen Menge, in welcher sie dann möglicherweise in einen Thierkörper gelangen, unwirksam. Um daher von einer miasmatischen Krankheit befallen zu werden, ist es noth-wendig, dass die Thiere einige Zeit in der gefährlichen Localität sich aufhalten. Da auch bei den miasmatischen Krankheiten eine Incubationsperiorle bemerkbar ist, so kann eine Vermehrung der miasmatischen Infectionserreger im Thierkörper nicht wohl ausgeschlossen werden. Wie es zu erklären sei, dass bei dieser Annahme gleichwohl ein Uebergang der Krankheit von einem Thiere auf ein anderes nicht stattfindet, wird später bemerkt werden.
Contagiöse Krankheiten. Eine andere Gruppe von Infections-krankheiten, durch welche gleichfalls zu gewissen Zeiten eine grössere Zahl von Thieren befallen werden kann, nimmt erfahrungs-gernäss nur in Folge der Einschleppung eines Infectionserregers durch kranke Thiere oder durch von ihnen stammende Gegenstände ihren Anfang; ihr Fortsehreiten lässt sich von Thier aufThier, von Stall zu Stall, von einem auf andere Theile einer Ortschaft, von Land zu Land verfolgen; sie können durch kranke Thiere, ihre frischen Producte und durch mit ihnen in Berührung gewesene Gegenstände, Thiere und Personen in andere Localitäten verschleppt werden; ihre Verbreitung im Grossen folgt den Eichtungen und Wegen des Verkehrs. Man nannte solche Krankheiten contagiöse, und das krankhafte Erzeugniss des lebenden Organismus, welches durch unmittelbare oder mittelbare Berührung mit einem disponirten thierischen Körper in diesem dieselbe Krankheit mit der Eigenschaft der weiteren Fortpflanzung anregt und auch durch den Verkehr verschleppbar ist, Contagium.
Die Infectionserreger (Contagien) mehrerer, den contagiösen beigezählter Krankheiten sind mit Bestimmtheit als Spaltpilze nachgewiesen worden. Für eine Reihe anderer solcher Krankheiten kann die pathogene Eigenschaft der bei ihnen aufgefundenen Spaltpilze vorläufig nur mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden.
v. Nägeli ist der Ansicht, dass auch die Contagienpilze all-mälig aus den gewöhnlichen Spaltpilzen hervorgehen und umgekehrt, falls sie dauernd in äusseren Medien leben und sich fortpflanzen, wieder in letztere übergehen können. Da jede contagiöse Krankheit jedenfalls einmal spontan entstanden ist, so müsse sie seiner Ansicht nach immer wieder entstehen können, wenn die gleichen Verhältnisse gegeben sind; und ebenso müsse der ihr zukommenden Pilzform, wie sie im Anfange aus einer anderen sich entwickelt hat, die Fähigkeit zuerkannt werden, unter den gleichartigen Umständen
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Contagtfse KraDkbeiten,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;27
jederzeit sich wieder herauszubilden. Er lässt es dabei dahingestellt, ob die für eine bestimmte Krankheit specifischen Contagienpilze aus Boden- oder Fäulnisspilzen oder aus Contagienpilzen verwandter Krankheiten sich ausgebildet haben.
Wenn auch, theoretisch betrachtet, die Möglichkeit nicht in Abrede gestellt werden kann, dass auch gegenwärtig noch eine spontane Entwicklung der eigentlichen contagiosen Krankheiten statt-iinden könne, so dürfte eine solche, wenn überhaupt, doch nur ganz ausnahmsweise stattfinden. Vom veterinärpolizeilichen Standpunkte aus und mit Rücksicht auf die Erzielung einer raschen Seuchentilgung kann dagegen die Ansicht einer Epigenese dieser Krankheiten nicht in Betracht gezogen werden.
v. Nägeli theilt den Contagienpilzen die grösste Energie gegenüber dem thierischen Organismus zu; sie sind im Stande, schon in geringster Menge eingebracht, zu inficiren und deshalb auch auf weite Entfernungen hin verschleppbar.
Nach der grösseren oder geringeren Leichtigkeit, mit welcher die Verbreitung der Contagion von Organismus zu Organismus erfolgt, unterscheidet man fixe Contagion, welche an festen und tropfbar flüssigen Theilen des kranken Thierkörpers haftend, und flüchtige, welche in der Luft suspendirt, sich wirkungsfähig erweisen. Die festen und flüssigen Theile des kranken Thierkörpers, an welchen die Infectionsstoffe haften, werden Vehikel, Träger des Contagiums genannt. Die Infectionsstoffe können entweder unmittelbar mit diesen Vehikeln in einen anderen Thierkörper gelangen, oder auf grössere Entfernungen hin durch Luft, Wasser, durch lebende oder nicht belebte Zwischenträger verschiedener Art, an welchen solche Vehikel haften, verschleppt werden.
Durch Wasser findet, wie v. Nägeli (1. c. S. 103) bemerkt, nur selten eine wirksame Verbreitung der Contagion statt, weil die Contagienpilze daselbst bald durch Erschöpfung zu Grunde gehen, oder ihre Natur verändern und sogar in ihrer natürlichen Nährlösung vernichtet werden, sobald diese in Gährung oder Fäulniss übergeht.
Gewöhnlich verbreiten sich die Contagien auf trockenem Wege von der Luft fortgetragen oder an der trockenen Oberfläche verschiedener Gegenstände haftend, oder im Innern trockener Substanzen befindlich; jedoch bleiben die Contagienpilze nur unverändert, wenn sie einen gewissen Feuchtigkeitsgrad behalten; ein allzustarkes Eintrocknen, sowie die Einwirkung trockener warmer Luft verändert sie immer.
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28nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Miasmatisch-coutagiöäe Krankheiten.
Wie die Versuche v. Nägeli's (1. c. S. 110) und Wernieh's (1. c. S. 79) uaclnveisen, können die Infectionsevreger aus einer Flüssigkeit oder von einer benetzten Oberfläche, wo sie sich gebildet haben, nicht durch Verdunstung, sondern höchstens durch mechauische Wirkung in die Luft entweichen; sie können in der Regel erst nach dem Austrocknen, in Staubform, in die Luft gelangen, v. Nägeli schlägt daher vor, anstatt der Benennung fixe und flüchtige Infectionsstoffe, die Bezeichnung: nasse und staubförmige, oder fixe und flabile zu wählen.
Da Staubmassen sich nur nach Massgabe der Luftströmungen in der Atmosphäre verbreiten, so wird auch die Ausbreitung der staubformisgt;en Infectionserreger eine verschiedenartige sein; eine Ansteckung wird um so eher erfolgen, je näher sich die empfanglichen Thiere örtlich und zeitlich dem Ursprünge der Infectionserreger befinden und je mehr von dort Luftströmungen kommen.
Dem Angeführten nach würden daher die sogenannten flüchtigen Contagien nie mit der Athemluft der kranken Thiere als solcher, sondern nur dann, wenu mit ihr in Folge Hustens, Schnaubens, Ausbrausens u. dgl. Schleim-, Eiterklümpchen u. s. w., welche Infectionserreger enthalten, ausgeworfen werden, oder nach vorhergegangener Austrocknung in Staubform in die Atmosphäre gelangen. Ob dies ausnahmslos und für alle Fälle gütig ist, müsste durch weitere Beobachtungen und Versuche sichergestellt werden; die bisherigen Erfahrungen über die Verbreitungsweise der Rinderpest, Schafpocke, Lungenseuche, des Rotzes sprechen nicht unbedingt zu Gunsten dieser Annahme.
Miasmatisch-contagiöse Krankheiten. Eine Gruppe anderer Infectionskrankheiten, welche sich in den Rahmen der miasmatischen und der contagiösen Krankheiten nicht einreihen Hessen, nämlich solche, welche miasmatisch entstanden, sich anscheinend contagiös weiter verbreiteten, nannte man nach dem Vorgange Henle's: miasmatisch-contagiöse Krankheiten. Durch die Annahme jedoch, dass die specifischen Krankheitserreger bald in dem Thiere selbst, bald in dessen Umgebung zu entstehen vermögen, verwischte man den Unterschied, welcher den Begriffen Contagium und Miasma zu Grunde liegt, vollständig.
Unterscheidung der Infectionserreger nach ihrer Bildungsstätte, v. Pettenkofer, welcher es für einen Irrthum von vornherein erklärte, ein Gift, welches sowohl CQntagiös, als miasmatisch zugleich entstehen und sich fortpflanzen sollte, nach Belieben bald auf dem einen, bald auf dem anderen Wege gedeihen zu lassen
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Bildnngsstatte dor InfecMonsorreger.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 29
und zugleich anzunehmen, dass es dann je wieder aufhören könnte, contagiös und miasmatisch zugleich zu sein, schlug bei dem Umstände, als die Ausdrücke Contagium und Miasma gegenwärtig aufgehört haben, begriffliche Gegensätze zu bilden — da unter einem wie dem anderen Infectionsstoffe Mikroorganismen zu verstehen sind — vor, die spccifischen Ursachen der Infectionskrank-heiten nicht wie bisher in contagiöse, miasmatische und contagiös-miasmatische, sondern je nachdem sie sich innerhalb oder ausser-halb des thierisclien Organismus zu bilden, zu vermehren und zu reproduciren scheinen, in entogene und ektogene einzutheilen, wie dies schon Eingangs (S. 4) erwähnt wurde. Die ersteren habe man als übertragbar von Thier auf Thier, die letzteren als nicht übertragbar zu denken. Diesem nach würden die Contagien sich entogen, die Miasmen ektogen verhalten, obwohl die Begriffe der hier zusammengestellten Ausdrücke sich nicht vollständig decken. Die nicht übertragbaren ektogenen Substanzen unterschied v.Petten-kofer weiter in verschleppbare, welche, indem sie an der Oberfläche eines Körpers haften, mit diesem fortgetragen und an einem, anderen Orte in einen thierisclien Organismus eindringend, denselben krank machen können, und in nicht verschleppbare, bei welchen dies nicht der Fall ist.
Neben Infectionsstoffen aber, welche sich nur auf dem einen oder anderen Wege bilden und vermehren, kann es nach ihm auch solche geben, welche dies auf beiden Wegen thun, was als mias-matisch-contagiös bezeichnet wurde. Er betont jedoch, entgegen der früheren Ansicht, nach welchen die sogenannten miasmatisch-conta-giösen Krankheiten sich willkürlich bald auf dem einen, bald auf dem anderen Wege verbreiten können, dass ein Infectionsstoff, der entogen und ektogen zugleich ist, sich nicht beliebig bald so, bald so verbreiten könne, sondern dass ihm die Eigenschaft zuerkannt werden müsse, dies auf beiden Wegen stets zugleich nebeneinander, soweit die Bedingungen dazu gegeben sind, zu thun.
Krankheiten, deren Keim ein verschleppbarer ektogener ist, bedürfen, wie v. Pettenkofer hervorhebt, zu ihrer seuchenhaften Verbreitung neben dem spccifischen, durch den Verkehr verbreiteten Infectionsstoffe noch ein bestimmtes, örtlich und zeitlich verbreitetes Substrat, ohne welches der speeifische Infectionsstoff im thierischen Körper die betreffende Infeetionskrankheit hervorzubringen nicht vermag. Es müssen also bei gewissen Krankheiten, den miasmatisch-contagiösen, immer zwei Momente zusammentreffen, wovon eines von dem kranken Individuum, das andere vom Boden
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30nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bildungsstätte der Infectionserreger,
kommt. Das von dem Boden kommende Moment wii'd aber nicht von jedem Boden, und von einem sogenannten gefährlichen nicht zu jeder Zeit geliefert; es ist daher ein örtlich-zeitliches. Nur dadurch, dass ein von dem kranken Individuum nicht als ein fertiger Infectionserreger erzeugter Keim unter geeigneten örtlichen und zeitlichen Bedingungen im Boden eine gewisse Veränderung durchmacht, kann er zu einem, eine Seuche erregenden wirklichen Infectionserreger werden, v. Pettenkofer nannte den vom kranken Individuum kommenden Keim x, das Substrat, welches Ort und Zeit dazu liefern müssen y, und das aus beiden hervorgehende Product, das eigentliche Infectionsgift z, und lässt es unbestimmt, wo die Vereinigung von x und y zu z, ob ausserhalb oder innerhalb des Thierkörpers vor sich gehe, neigte sich jedoch mehr zu der Vorstellung, dass diese Vereinigung ausserhalb stattfinde.
v. Nägeli (1. c. S. 75) stellt dieser Theorie, welche er, weil nach ihr nur ein Infectionserreger in den Körper gelangt, als die inonoblastische bezeichnet, eine andere, die diblastische entgegen, nach welcher sowohl das x, welches vom kranken Körper kommt, als das y, welches vom Boden stammt, Spaltpilze seien, und unterscheidet für die sogenannten miasmatisch-contagiösen Krankheiten zweierlei Infectionspilze: die Boden- und die Krankheitspilze. Die ersteren derselben werden von einem zeitlich gefährlichen (siechhaften) Boden geliefert und bedingen eine miasmatische Vorbereitung des Körpers in der Art, dass sie die ehemische Beschaifen-heit einer Körperflüssigkeit in der Weise verändern, dass sie jetzt hinreichend günstige Bedingungen für das Gedeihen der Krankheitspilze liefert. Ohne vorausgegangene miasmatische Infection vermöge der von dem kranken Individuum kommende (versehleppbare) Krankheitskeim in einem Thierkörper, in welchen er eindringt, sich nicht zu entwickeln.
Seiner Ansicht nach sind die Miasmenpilze der miasmatisch-contagiösen Krankheiten jedenfalls mit jenen der miasmatischen Krankheiten nahe verwandt, jedoch vielleicht darin verschieden, dass jene im Untergrunde bei spärlichem, diese an der Bodenoberflache bei reichlichem Sauerstoffzutritt sich entwickeln, und dass dem entsprechend die einen und die anderen durch ungleiche Zer-setzungsproducte unterstützt werden.
Die Bedingungen für die Entstehung von Spaltpilzen überhaupt, also auch von Miasmenpilzen sind: eine Dur.chgängigkeit des Bodens für Luft und Wasser bis zu einer Tiefe von mehreren Fuss, zeitweilig eintretende grössere Schwankungen in dem Stande des
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BUdungaRtätte der Infectioaserreger.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;31
Grundwassei-s, eine gewisse Höhe der Bodentemperatur und ein gewisser Gehalt des Bodens an organischen und an den für Spaltpilze erforderlichen mineralischen Stoffen.
Nach v. Nägel i entstehen die Miasmenpilze nur in benetzten, nicht überflutheten und fäulnissfreien Bodenschichten. In einem, durch organische Stoffe verunreinigten Boden nehmen nach ihm die Spaltpilze bei hinreichender Wassermenge den weniger gefährlichen Charakter der Fäulnisspilze ein; bei geringer Wassermenge werden sie durch Schimmelpilze verdrängt. In einem überflutheten humusreichen Boden bilden sich ziemlich reichliche Miasmenpilze, dagegen entstehen sie in einem zeitweilig austrocknenden Humusboden nur spärlich und gehen daselbst durch Oxydation bald zu Grunde.
Die in dem Boden gebildeten Spaltpilze können nur nach Austrocknen der Bodenschichte, in welcher sie sich gebildet haben, als Stäubehen mittelst der Grundluft in die Atmosphäre gelangen.
Siechhaft, gefährlich ist nach ihm nur der nasstrockene Boden, und zwar nach dem Sinken des Grundwassers, wodurch es ermöglicht wird, dass die während seiner Benetzung gebildeten Spaltpilze nach der nunmehr erfolgenden Austrocknung in die Luft gelangen. Ein poröser Boden ist im Allgemeinen um so siechhafter, je geringer die Entfernung des höchsten Grund Wasserstandes von der Oberfläche ist, an welcher die Bodenluft ausströmt.
Siechfrei, nicht gefährlich ist dagegen ein dichter, felsiger, und ein poröser, beständig trockener, sowie ein mit einer gut filtrirenden, humosen oder lehmigen Schichte bedeckter und ein beständig gleich benetzter Boden.
Ein siechhafter Boden kann daher unschädlich gemacht werden, wenn er beständig nass oder trocken erhalten wird, oder wenn die aus ihm kommenden Ströme der Grundluft ganz abgehalten oder durch eine staubdichte Schichte filtrirt werden.
Stricker („Vorlesungen über allgemeine und experimentelle Pathologiequot;, 1877) stimmt der von v. Pettenkofer aufgestellten I£in-theilung der Infectionserreger in entogene und ektogene bei, spricht jedoch besonders im Hinblicke auf die Incubationsdauer der miasmatischen und miasmatisch-contagiösen Krankheiten die begründete Ansicht aus, dass auch die ektogenen Krankheitserreger sich im Thierkörper vermehren, beziehungsweise auch entogen seien, und stellt hiefÜr den Begriff „amphigenquot; auf. Er theilt daher vom theoretischen Standpunkte aus die Infectionserreger in entogene, ektogene und amphigene, ohne damit ausdrücken zu wollen, dass
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diese Gruppen vollständig mit denjenigen zusammenfallen, welche von den Praktikern unter „eontagiösquot;, „niiasmatisehquot; und „contagiös-miasmatischquot; untergebracht werden. Der Umstand, dass die miasmatischen und contagiös-miasmatischen Krankheiten nicht unmittelbar von Thier aufThier übertragbar sind, steht der Annahme einer Vermehrung der ektogenen Krankheitskeime im Thierkörper nicht entgegen. Denn, wie Soyka („Ueber die Natur und die Verbrei-tungsweise der Infectionserregerquot;, in: Vorträgen der Münchener ärztlichen Vereins, 1881) bemerkt, ist es möglich, entweder dass die Infectionspilze, welche ausserhalb des Thierkörpers sich entwickelt und dort ihre infeetiösen Eigenschaften erworben haben, diese vielleicht schon durch die von ihnen gebildeten Zersetzungsproducte im Organismus verlieren, oder dass die ektogenen Infectionserreger in nicht genügender Menge von Thier auf Thier zur Uebertragung kommen und deshalb unwirksam bleiben. Die ektogenen Krankheitserreger wären demnach nach ihrer Vermehrung im inficirten Thierkörper entweder ihrer Natur oder der Menge nach nicht geeignet von Thier auf Thier übertragen zu werden.
Wernich endlich (1. c. S. 95), von der Wahrnehmung ausgehend, dass mit Fäulnissgasen lange in Berührung gelassene Nährapparate von dem Augenblicke an, als ein Fäulnisserreger ihnen einverleibt wurde, mit ungewöhnlicher Schnelligkeit der Zersetzung anheimfielen, und die Ansicht durchführend, dass die im Thierkörper stets vorhandenen Mikroorganismen ebendaselbst zu Infectionserregern vorgezüchtet werden, rechnet die Beeinflussung durch Fäulniss-, Sumpf-, Gebäudegase u. s. w., mithin durch Alles, was ehedem Miasma genannt wurde, zur präparirenden Disposition des Nährbodens, d. i. des Blutes und der Gewebe des Thierkörpers. Die letzteren seien insolange kein Nährboden für Mikroorganismen bedenklichen Schlages, so lange sie von solchen Gasen intact sind. Werden sie jedoch von solchen imprägnirt, so hört deren relative Immunität auf und ein sonst sehr schwach vor gezüchteter unschädlicher Mikroorganismus wird infectionsfähig. Nach seiner Theorie vereinigen sich also zur Hervorbringung der contagiös-miasmatischen Krankheiten nicht die Wirkungen zweier Pilze, eines Krankheitsund eines Bodenpilzes (v. Nägeli), oder eines vom kranken Individuum kommenden Keimes mit einem Substrate, welches Ort und Zeit dazu liefern müssen (v. Pettenkofei'), sondern ein vorhandener, aber nicht genügend invasionsfähiger Mikroparasit eines Thieres erreicht durch die Aufnahme reichlicher Fäulnissgase in das Blut dieses letzteren die Fähigkeit invasiv zu werden, unter-
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Impfung. Invasiimskrankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;33
II
wirft das neue Medium seinen Lebensgesetzen oder führt wenigstens mit ihm einen hartnackigen Kampf.
Impfung. Als Kriterium der contagiösen Krankheiten wird deren Impfbarkeit angesehen. Nach der Einführung der Vehikel der Infection serreger einer als contagiös angesehenen Krankheit in passende Hautstellen eines gesunden empfänglichen Thieres kann nämlich derselbe Krankheitsprocess, wenn auch bisweilen in einer gewissen modificirten Form, hervorgerufen werden, welcher bei jenem Thiere zugegen ist, von welchem der Impfstoff entnommen wurde. Nachdem es jedoch gelungen ist, durch die Einführung des
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Bacillus malariae, also des Spaltpilzes einer, den rein miasmatischen Krankheiten beigezählten Krankheit bei Kaninchen (Klebs und Tommasi-Crudeli) und sogar durch die Einführung des Blutes an Malariafieber leidender Menschen bei Hunden (Cuboni und Marchiafava, „Archiv für experimentelle Pathologiequot;, 13. B. 1881) Fieber zu erzeugen, welche die charakteristischen Merkmale des malarischen zeigten, so dürfte wohl die Impfbarkeit als charakteristisches Merkmal für die rein contagiösen Krankheiten zum Unterschiede von den sogenannten miasmatischen und contagiös-mias-matischen für die Folge nicht aufrecht zu erhalten sein.
Infectionskrankheiten, veranlasst durch höher organisirte pflanzliche und durch thierische Parasiten. Neben den bisher in Betracht gezogenen Infectionskrankheiten, deren Entstehung theils mit Bestimmtheit, theils mit grosser Wahrscheinlichkeit auf die Thätigkeit von Spaltpilzen zurückgeführt wird, gibt es eine gewisse Reihe von Krankheiten, bei welchen gleichfalls Organismen, wenn auch anderer Art, die Rolle von Krankheitserregern spielen. Hieher gehören einerseits Krankheiten, welche durch höher organisirte pflanzliche Parasiten veranlasst werden, die meistens nur an der Oberfläche des Thierkörpers und bei Zutritt der Luft bestehen und sich vermehren können, andererseits Störangen und Krankheiten, welchen die Oegenwart thierischer Parasiten zu Grunde liegt. Obwohl die Wirkungen #dieser Schmarotzer meist nur localer Natur sind und auf mechanischen Störungen des befallenen Gewebes beruhen, welche sich freilich hier und da bis zur vollständigen Zerstörung des letzteren steigern können, und diesen Wirkungen gegenüber die abnormen Zersetzungen mit ihren Folgen, wie sie durch die niederen Pilze veranlasst werden, nahezu völlig in den Hintergrund treten, können doch solche Krankheiten, da sie gleichfalls durch ein Eindringen schädlicher, einer selbstständigen Vermehrung fähiger Stoffe in einen thierischen Organismus veranlasst werden, gleich-
RöII, Tliiorseuchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3
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34nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Emtheilunff der Infectionskrankheiten.
wohl den Infectionskrankheiten im weiteren Sinne beigezählt werden.
Durch die Einbeziehung dieser Krankheiten würde die Gruppe der Infectionskrankheiten sehr umfangreich werden: sie wird dann alle jene Krankheiten in sich begreifen, welche durch thierische oder pflanzliche Organismen überhaupt veranlasst werden können.
In neuerer Zeit bezeichnet man jene Infectionskrankheiten, als deren Erreger thierische Parasiten mit Bestimmtheit erkannt sind, gewöhnlieh mit dem Namen „Tnvasionskrankheitenquot;, und trennt sie als solche meistens von den Infectionskrankheiten im engeren Sinne. Stricker jedoch (1. c. S. 45) bemerkt, und wohl mit Recht, dass diese Unterscheidung wohl einem praktischen Bedürfnisse Rechnung trage, dass sie jedoch insolange unlogisch sei, als man geneigt ist, als Infection auch Vergiftungen durch thierische Organismen zu bezeichnen, inwiefern diese nur unsichtbar klein sind, und nimmt in seine Uebersieht der Infectionskrankheiten (1. c. S. 161) auch die durch höher organisirte pflanzliche und durch thierische Parasiten (Epi- und Entozoen) vei-anlassten Krankheiten auf.
Eintheilung der Infectionskrankheiten. Eine Eintheilung der Infectionskrankheiten nach einem oder dem anderen der früher angeführten Gesichtspunkte stösst bei der mangelhaften Kenntniss über die specifischen Infectionserreger vieler dieser Krankheiten, über ihre ektogene oder entogene Abstammung auf grosse Schwierigkeiten und umsomehr, als der Kreis dieser Krankheiten beiweitem noch nicht abgeschlossen ist und fortan noch Krankheitsformen in denselben einbezogen werden, für welche bis vor Kurzem Spaltpilze als veranlassende Ursache nicht angenommen wurden. Es möge daher genügen, die Principien einiger der in jüngster Zeit aufgestellten Uebersichten der Infectionskrankheiten in Kurzem anzuführen.
Stricker (1. c. S. 161) nimmt als Eintheilungsgrund die mehr oder weniger sichere Kenntniss des Krankheitserregers an, bemerkt jedoch, dass die Wahl dieses Eintheilungsgrundes vom wissenschaftlichen Standpunkte aus zu verwerfen und nur für die Orientirung nützlich sei. Er'theilt demnach die Infectionskrankheiten 1. in solche, deren Virus nicht genau erforscht ist, und 2. in solche, deren vermehrungsfähiges Agens sicher bekannt ist. Die ersteren untertheilt er a.) in sicher contagiöse Krankheiten, und zwar laquo;) mit nur entogenem fixen Virus, ß) mit sicher entogenem flücjitigen und y) mit sicher entogenem, aber unentschieden flüchtigem Virus, wobei für ß und y die Ektogenese zweifelhaft ist; dann h) in Krankheiten, deren Con-
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Eintbeihmg der Infectionskrankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;35
tagiosität zweifelhaft ist, und zwar a) mit amphigenem flüclitigen und ß) mit solchem Virus, von welchem weder die Ento-, noch dieEktogenese bestimmt bekannt ist, bei welchem also eines oder das andere, oder beides der Fall sein muss.
Die zweite Gruppe zerfällt nach ihm a) in Krankheiten, deren vermehrungsfähiges Agens von aussen in den Organismus tritt und rechnet hieher a) durch pflanzliche und [ä) durch thierische Parasiten hervorgerufene Hautkrankheiten, y) durch Entozoen im engeren Sinne bedingte Krankheiten und h) in Krankheiten, deren Virus überhaupt nicht von aussen stammt, und die als durch Selbstinfection (von sogenannten bösartigen Geschwülsten aus) entstanden gedacht werden.
Klebs („Real-Encyklopädie der gesammtenHeilkundequot;, I, S. 353) geht bei der Eintheilung der Infectionskrankheiten von deren klinischem und anatomischem Verhalten bei gleichzeitiger Berücksichtigung der ätiologischen Momente aus.
Wernich (1. c. S. 99) versucht die Infectionskrankheiten im Hinblicke auf die Herstammung der Krankheitserreger und den Grad ihrer Ansteckungsfähigkeit, beziehungsweise der specifischen Selbstständigkeit, welche sie im einzelnen kranken Organismus oder bei der Wanderung durch eine grosse Anzahl kranker Organismen erlangen, einzutheilen.
E. Semmer („Ueber die gegenwärtigen Grenzen der miasmatischen und contagiösen Krankheitenquot;, 1880) unterscheidet die Infectionskrankheiten, mit Einschluss der bei den Hausthieren vorkommenden
a) in rein miasmatische, durch Impfung nicht übertragbare Krankheiten, wozu als Thierkrankheiten von ihm gerechnet werden: Influenza, Croup, croupöse Pneumonie und Pleuritis, Rothlauf und enzootische Hepatitis der Schweine, Kopfkrankheit der Rinder;
h) in direct contagiöse, durch Impfung übertragbare Krankheiten, und zwar a) solche, bei welchen sich eine Entwicklung der Contagien aus Miasmen stets nachweisen lassen soll, wie Anthrax, Diphtherie, Septicaemie, Pyaemie, amerikanische Schweineseuche, Texasseuche, Rothlauf, Staupe, Hühnerpest, und ß) solche, bei welchen dies, wenn auch nicht in Abrede zu stellen, doch seltener stattfinden mag, wie Rotz, Wuth, Pocken, Maul- und Klauenseuche Rinderpest, Tuberculose, ßeschälkrankheit; endlich
c) in indirect übertragbare, nicht impfbare und nur durch Zwischenstufen, die ausserhalb des thierischen Organismus durchgemacht werden müssen, übertragbare Krankheiten, wozu er die Ruhr rechnet.
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Es konnte nicht in dem Plane dieses Buches liegen, sämmt-liche mit mehr oder weniger Berechtigung dermalen den Infcctionskrankheiten beigezählten Processe, darunter auch alle durch höhere pflanzliche und durch thierische Parasiten veranlassten Störungen, jnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; zu erörtern. In dem speciellen Theile werden vorzugsweise nur die
in die österreichischen und deutschen, sowie in die meisten andern Thierseuchengesetze aufgenommenen Infectionskrankheiten, darunter auch die zooparasitäre Krätze in Betracht genommen, ausserdem aber noch einige infectiöse Krankheiten einbezogen werden, welche entweder wegen ihres häufigeren verbreiteten Auftretens zu einem veterinärpolizeilichen Einsehreiten Anlass geben können, wie die Influenza der Pferde, der Rauschbrand der Rinder und der Rothlauf der Schweine, oder wegen ihrer Zusammengehörigkeit mit einer der in den Gesetzen angeführten Krankheiten erörtert werden mussten, wie die Pocken- und Krätzformen der verschiedenen Hausthier-gattungen.
Dagegen haben viele andere, den Infectionskrankheiten beige zählte Krankheitsformen, wie die Druse der Pferde, die Staupe dei Hunde, die entzündlichen Processe progressiven Charakters, die Tuberculose mit Einschluss der Perlsucht des Rindviehes u. s. w. keinen Platz gefunden, einerseits weil denselben eine hervorragende volkswirthschaftliche Bedeutung nicht zukommt, and einerseits weil über die infectiöse Natur derselben die Acten noch nicht geschlossen sind.
Von der Emreihung der hier cinbezogenen Krankheiten in ein System dürfte um so eher Umgang genommen werden können, als das, was über die Infectionserreger und deren Ursprung, dann über die Entstehungs- und Verbreitungsart der einzelnen Krank-heitsforraen sichergestellt ist, oder wenigstens vermuthet wird, an der geeigneten Stelle angeführt werden wird.
Als ein Versuch höchstens könnte die nachstehende Gruppirung der hier abzuhandelnden Thierseuchen hingestellt werden:
1.nbsp; Bestimmt contagiöse Krankheiten mit sicher entogenem Virus, dessen Kktogenese höchst zweifelhaft ist: Einderpest, Pocken, Maul- und Klauenseuche, Rotz, Beschälseuche, Bliischenausschlag an den Genitalien ('?), Wuth, Lungenseuche;
2.nbsp; bestimmt contagiöse Krankheiten mit ento- und cktogenem Virus : Milzbrand;
3.nbsp; nbsp;Krankheiten von zweifelhafter Contagiosität mit ektogenem (sich jedoch im Körper reproducirenden) Virus: Eauschbrand, Rothlauf der Schweine, Influenza der Pferde;
4.nbsp; Krankheiten, veranlasst durch thierische Parasiten: Krätze.
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Veterinärpoiizei.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;37
11. Veterinärpolizei.
Die Infectionskrankheiten der Hausthiere sind nicht allein eine beständige Gefahr für den Besitz der einzelnen Vieheigenthümer, sondern sie bedrohen auch bei dem Umstände, als viele derselben in Folge der gemeinsamen Haltung der Viehbestände und des Verkehrs und Handels mit Vieh leicht eine weite Verbreitung erlangen, den Wohlstand ganzer Länder. Um diesen Gefahren zu begegnen, haben die Eegierungen der meisten Staaten, theils im Wege der Gesetzgebung, theils in jenem der Verordnung polizeiliche Vorschriften zu dem Zwecke erlassen, einerseits um die Einamp;chleppung von infectiösen Thierkrankheiten von auswärts hintanzuhalten, andererseits um die weitere Verschleppung solcher bereits im Lande zum Ausbruche gekommener Krankheiten zu verhindern und letztere auf die möglichst schnelle Weise zu tilgen. Die gegen ansteckende Thierkrankheiten gerichteten polizeilichen Massregeln zerfallen demnach in prophylaktische oder Schutzmassregeln und in Tilgungsmassregeln, welchen letzteren eine Reihe von Veranstaltungen zuzurechnen ist, welche die Vernichtung oder Unschädlichmachung der Infec-tionserreger (Ansteckungsstoffe) beabsichtigen, nämlich die sogenannten Desinfectionsraassregeln.
Eine Reihe solcher Verordnungen datirt schon aus dem 18. Jahrhundert. Entsprechend der zunehmenden Würdigung der Bedeutung der Thierseuchen und der durch sie veranlassten Schädigung des Nationalwohlstandes, sowie der fortschreitenden Entwicklung der Kenntnisse über die Entstehungsart der Infectionskrankheiten, über die Widerstandsfähigkeit der Infectionserreger, und den nach und nach eintretenden Aenderungen der Verkehrsverhältnisse und Handelsbeziehungen Rechnung tragend, mussten derartige Verordnungen im Laufe des gegenwärtigen Jahrhunderts von Zeit zu Zeit Abänderungen erfahren. Erst während der letzten Deceunien ist aber durch eigentliche Gesetze und diesen beigegebene Durch-ftihrungsverordnungen oder Instructionen in den meisten Staaten das veterinärpolizeiliche Verfahren bei ansteckenden Thierkrankheiten eingehend und sachgemäss geregelt worden.
Nachdem in Oesterreich wiederholt und zuletzt in den Jahren 1834 und 1859 Thierseuchen-Normalien und im Jahre 1869 ein Gesetz zur Hintanhaltung und Tilgung der Rinderpest erflossen waren, wurde daselbst in den Jahren 1879 und 1880 eine Reihe von Gesetzen und Vollzugsvorschriften zur Hintanhaltung und Bekämpfung ansteckender Thierkrankheiten bekannt gemacht, welche gegenwärtig
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38nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Veterinärpolizeiliche .Gesetzgebung.
zu Kraft bestehen. Es sind dies das Gesetz vom 29. Februar 1880 und die Durchführungsverordnung vom 12. April 1880 (Reichsgesetzblatt Nr. 35 und 36), betreffend die Abwehr und Tilgung ansteckender Thierkrankheiten, das Gesetz vom 29. Februar 1880 und die Durchführungsverordnung vom 12. April 1880 (Eeichsgesetzblatt Nr. 37 und 38), betreffend die Abwehr und Tilgung der Rinderpest; dann das Gesetz vom 19. Juli 1879 und die Vollzugsvorschrift vom 7. August 1879 (Reichsgesetzblatt Nr. 108 und 109), betreffend die Verpflichtung zur Desinfection bei Viehtransporten auf Eisenbahnen und Schiffen.
Für das Deutsche Reich haben dermalen Geltung: das Gesetz vom 7. April 1869, Massregeln gegen die Rinderpest betreffend (Bundesgesetzblatt S. 105), und die revidirte Instruction zu demselben vom 9. Juni 1873 (Reichsgesetzblatt Nr. 938); das Gesetz vom 25. Februar 1876, betreffend die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderungen auf Eisenbahnen (Reichsgesetzblatt vom Jahre 1876, S. 163), die Ausführungsverordnung vom 6. Mai 1876 (Cen-tralblatt für das Deutsche Reich vom Jahre 1876, S. 251), endlich das Gesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1880 (Reichsgesetzblatt Nr. 1389). Das letztgenannte Gesetz trat mit 1. April 1881 in Kraft. Die Instruction zu demselben wurde von dem Bundesrathe erlassen.
Für Grossbritannien und Irland regelt das Gesetz vom 16. August 1878, für die Schweiz das Bundesgesetz vom 8. Hornung 1872, für-Belgien eine Reihe von Gesetzen und königlichen Verordnungen, für Dänemark das Gesetz vom 29. December 1857 das Vorgehen bei ansteckenden Thierseuchen; für Frankreich ist gegenwärtig ein Gesetzentwurf in Berathung.
Die durch die ö sterreichischen und deutschen Gesetze und Verordnungen erflossenen veterinärpolizeilichen Bestimmungen werden in dem Folgenden vor Allem in Berücksichtigung gezogen werden.
In die Gesetze beider Reiche haben jedoch, wie bereits erwähnt, nicht alle jene Thierkrankheiten, welche nach dem gegenwärtigen Stande der Kenntnisse den infectiösen zugezählt werden, Aufnahme gefunden, sondern es wurden nur jene dahin einbezogen, welchen, sei es wegen der Leichtigkeit ihrer Verschleppung und der dadurch ermöglichten weiten Verbreitung, sei es wegen der Schwere ihres Verlaufes und der durch sie veranlassten namhaften Verluste eine hervorragende volks-wirthschaftliche oder wegen ihrer Uebertragbarkeit auf den Menschen und der hieraus resultirenden Gefährdung seiner Gesundheit oder selbst seines Lebens eine wesentliche sanitäre Bedeutung zukommt.
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Veterinärpolizeiliche Gesetzgebung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;39
UeberemstimmencT wurden von beiden Staaten, nebst der Rinderpest, gegen welche Krankheit im Hinblicke auf ihre exotische Herstammung eine Reihe specieller Massregeln in besonderen Gesetzen verordnet wurde, die folgenden Krankheiten in die Thierseuchen-gesetze (sect; 1. des österreichischen, sect; 10. des deutschen Gesetzes) aufgenommen:
die Maul- und Klauenseuche der Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine, der Milzbrand der landwirthschaftlichen Hausthiere, die Pocken- (Blattern-) Seuche der Schafe, die Lungenseuche der Rinder, die Rotz- (Wurm-) Krankheit der Pferde, Esel, Maulthiere und
Maulesel, die Beschäl- (Chancre-) Seuche der Zuchtpferde und der Bläschen-
ausschlag an den Geschlechtstheilen der Pferde und Rinder, die Wuthkrankheit (Tollwuth) der Hunde und der übrigen Hausthiere, endlich als zooparasitäre Krankheit: die Räude (Krätze) der Pferde (Esel, Maulthiere, Maulesel) und der Schafe. Ausserdem wurde durch das österreichische Gesetz (sect; 1) verfügt, dass es bei dem Ausbruche anderer als der vorbenannten ansteckenden Thierkrankheiten dem Ministerium des Innern vorbehalten bleibe, mit Rücksicht auf die Bestimmungen des Gesetzes die erforderlichen Massregeln zu treffen, während das deutsche Gesetz (sect; 10) den Reichskanzler ermächtigt, die Anzeigepflicht vorübergehend auch für andere Seuchen einzuführen.
Das Schweizer Gesetz regelt das Vorgehen bei Rinderpest, Lungenseuche, Maul- und Klauenseuche, Rotz und Wuth, das grossbritannische bei Rinderpest, Lungenseuche, Maul- und Klauenseuche, überlässt es aber den hiefiir bestimmten Behörden, bei dem Auftreten anderer Thierseuchen, die zu ihrer Bekämpfung und Tilgung nothwendigen Massregeln vorzuschreiben; das dänische Gesetz macht unter den Krankheiten, welche der Ueberwachung der Behörden unterstellt sind, den Milzbrand, die Schafpocke, die Schafräude, die RotzrWurmkrankheit, die Lungenseuche und Rinderpest namhaft; ermächtigt jedoch gleichfalls den Minister des Innern, die Bestimmungen des Gesetzes auch auf andere, gemeingefährliche Thierkrankheiten in Anwendung zu bringen. Die belgische Ordon. nanz vom 31. December 1867 macht die Rotz-Wurmkrankheit, die Rinderpest, die Lungenseuche, die Maul- und Klauenseuche, die bösartige Klauenseuche der Schafe, die Wuth und den Milzbrand als jene Krankheiten namhaft, bei deren Gegenwart die Verabsäumung
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40nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Handhabung der Veterinarpolizei.
der unverzüglichen Anzeige des Seuclienausbt-uclies und die Ueber-tretung der Sperrvorschriften eine Strafamtshandlung nach sich zieht. Die Massregeln gegen die Rinderpest sind durch ein besonderes Gesetz vom 7. Februar 1866 und eine königliche Ordonnanz vom 24. Februar 1877 verordnet.
Die Anordnung und Durchführung der gesetzlichen Bestimmungen über Thierseuchen kommt überall den Staatsbehörden zu.
Das österreichische Thierseuchengesetz verordnet in dieser Rücksicht Folgendes:
Die Handhabung der gesetzliehen Bestimmungen über Thierseuchen obliegt den politischen Behörden, und zwar in erster Instanz den politischen Bezirksbehörden unter gesetzmässiger Mitwirkung der Gemeinden, ferner den Organen der Seesanitätsverwaltung nach Massgabe ihres gesetzlichen Wirkungskreises und wird von dem Ministerium des Innern, beziehungsweise vom Handelsministerium geleitet und überwacht.
Bei der Handhabung dieser Bestimmungen ist sich des Beistandes der beamteten Thierärzte, im Falle der Verhinderung oder des Abganges solcher, anderer approbirter Thierärzte, und wofern solche nicht zur Verfügung stehen, der Bezirksärzte zu bedienen.
Rücksichtlich der Pferde, Trag- und Proviantthiere, welche der Militärverwaltung angehören, bleibt das Verfahren zur Ermittlung und Tilgung ansteckender Thierkrankheiten, soweit hiedurch nur das Eigenthum des Militärärars betroffen wird, den Militärbehörden überlassen, ebenso das gleichnamige Verfahren in den k. k. Staatshengstendepots und in den k. k. Staatsgestüten den betreffenden Commanden (sect; 2).
Treten bei einer ansteckenden Thierkrankheit Verhältnisse ein, welche das unmittelbare Eingreifen der politischen Lnndes-behörden oder der Ministerien erfordern, oder eine Ausdehnung der von den Unterbehörden getroffenen Verfügungen nothwendig machen, so haben sie das Angemessene zu veranlassen. Die Ministerien haben insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass Verfügungen gegen die Weiterverbreitung von Thierseuchen, welche das aligemeine Interesse berühren, zur allgemeinen Veröffentlichung gelangen; ihnen bleiben auch jene Anordnungen vorbehalten, welche sich durch besondere internationale Verhältnisse als nothwendig herausstellen (sect;3).
Das deutsche Viehseucheng esetz überträgt die Anordnung der Alnvehr-nnd Unterdrückungsmassregeln, sowie die Leitung des Verfahrens, zu welcher letzteren besondere Commissäre bestellt werden können, den Landesregierungen und deren Organen. Die Mitwirkung der vom Staate angestellten, oder in ihrer Anstellung
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Prophylaktische Mwssrt'geln.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 41
vom Staate bestätigten — beamteten — Thierärate richtet sich nach den Vorschriften des Gesetzes. An Stelle derselben können im Falle ihrer Behinderung oder aus sonstigen dringenden Gründen andere approbirte Thierärate zugezogen werden. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren und über die Zuständigkeit der Behörden und Beamten sind von den Einzelstaaten zu treffen (sect; 2).
Kücksichtlich der Pferde und Proviantthiere, welche der Militärverwaltung angehören, bleiben die Massregeln zur Ermittlung und Unterdrückung der Seuchen, soweit hievon nur das Eigenthum dieser Verwaltung betroffen wird, den Militärbehörden überlassen. Dieselben Befugnisse können den Vorständen der militärischen Remontedepots auch rücksichtlich der dazu gehörigen Rindv.'eh- und Schafbestände, sowie den Vorständen der landesherrlichen und Staatsgestiite rücksichtlich der in diesen Gestüten aufgestellten Pferde von den Landesregierungen übertragen werden. In beiden Fällen finden die weiteren Bestimmungen des Gesetzes sinn-gemässe Anwendung (sect; 3).
Dem Reichskanzler obliegt die Ueberwachung der Ausführung des Gesetzes und der auf Grund desselben erlassenen Anordnungen.
Tritt die Seuche in einer solchen Gegend des Reichsgebietes oder in solcher Ausdehnung auf, dass von den zu ergreifenden Massregeln nothwendig die Gebiete mehrerer Bundesstaaten betroffen werden müssen, so hat der Reichskanzler oder ein von ihm bestellter Reichscommissär für die Herstellung und Einhaltung der Einheit in den, seitens der Landesbehörden zu treffenden und getroffenen Massregeln zu sorgen und zu diesem Behufe das Erforderliche anzuordnen, nöthigenfalls auch die Behörden der betheiligten Bundesstaaten unmittelbar mit Anweisungen zu versehen (sect; 4).
Die Behörden der Bundesstaaten sind verpflichtet, sich bei Ausführung dei Massregeln zur Abwehr und Unterdrückung der Seuchen gegenseitig zu unterstützen (sect; 5).
A. Prophylaktische (Schutz-) Massregeln gegen ansteckende Krankheiten.
Die Schutz massregeln liaben den Zweck die Ein- und Verschleppung1 ansteckender Thierkranklieiten zu verhüten. Sie zerfallen in solche, welche gegen die Gefahr der Einschleppung einer Thierseuche aus dem Auslande gerichtet und in solche, welche die Verschleppung einer im Inlande bereits zum Ausbruch gekommenen ansteckenden Krankheit hintanzuhalten bestimmt sind.
I. Schutzmassregeln gegenüber dem Auslande. Um der Einsehleppung ansteckender Thierkranklieiten aus dem Auslande zu steuern, kann eine Reihe von Massregeln zur Durchführung kommen, welche jedoch im Hinblick auf den Grad der Verbreitung, welchen die Seuche in laquo;lern Auslandsstaate bereits erreicht hat, auf die grössere oder geringere Entfernung von der Grenze, in welcher sie herrscht, sowie auf die Energie, mit welcher deren Tilgung daselbst in Angriff genommen wird, mehrfachen Modifieationen unterliegen können. Zu diesen Massregeln gehören das Verbot der Einfuhr
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42nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Prophylaktische Massregeln gegenüber dem Auslaude.
lebender oder todter Thiere aus dem verseuchten Auslande, welches nach Ei-forderniss auch auf frische thierische Rohstoffe, Dünger und alle Gegenstände, durch welche eine Verschleppung des Ansteckungsstoffes erfolgen könnte, sich erstrecken kann, eine partielle oder Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;totale Absperrung der Grenze und, im Falle einer bedrohlichen Aus-
breitung der Seuche in dem Nachbarlande, die Revision imd Evidenzhaltung des Viehstandes in den bedrohten inländischen Grenzbezirken.
Zur Hintanhaltung der Einschleppung der Rinderpest, als einer exotischen, in letzter Instanz nur von Russland aus eindringenden Krankheit, besteht eine Reihe besonderer Schutzmassregeln, unter welchen die Grenzsperre gegen ständig oder in grösserer Ausdehnung verseuchte Länder den ersten Platz einnimmt. Diese speciellen Anordnungen werden bei der Rinderpest ihre Erwähnung finden.
Staaten, welche den Import russischen Viehes zum Zwecke der Mästung oder der Approvisioninmg grosser Städte nicht benöthigen, haben zur Hintanhaltung einer Einschleppung der Rinderpest schon seit längerer Zeit eine bleibende Grenzsperre gegen die Einfuhr von Rindvieh aus Russland eingeführt und aufrecht erhalten. Oesterreich, wo diese Verhältnisse nicht bestanden, hat lange Anstand genommen, sich zu dieser Massregel zu entschliessen, da zu besorgen war, ' dass bei Verfügung einer unbedingten Grenzsperre der Schleichhandel mit Vieh trotz einer verstärkten und kostspieligen Grenzbewaclmng nur um so lebhafter werde betrieben und hiedurch die Gefahr einer Einschleppung der Krankheit durch Vieli, das in diesem Falle gar keiner Controle seines Gesundheitsznstandes unterzogen werden könnte, um Vieles werde vergrössert weiden. Es wurden daher Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; gewisse Erleichterungen der Grenzsperre in Betreff der Einfuhr von Rindern und
thierischen Rohproducten aus Rnssland und aus Rumänien, welches gleichfalls beständig als seuchenverdächtig angesehen wurde, zugestanden.
Wiederkäuer und thierische Rohproducte durften nämlich über bestimmte Eiubruchstationen der gesperrten Grenze eingebracht werden; vorausgesetzt, dass deren Provenienz aus nicht verseuchten Gegenden nachgewiesen war und die zunächst der Grenze gelegenen Gegenden dieser Anslandsstaaten von der Rinderpest frei waren. Die eingebrachten Rinder mussten in den an den Einbruch-Stationen errichteten Viehcontumazanstalten, den sogenannten Viehquarantainen einer Beobachtung ihres Gesundheitszustandes während eines zwischen 10 und 21 Tagen schwankenden Zeitraumes unterzogen werden, und durften nur dann unter Einhaltung bestimmter Vorsichtsmassregeln in das Inland zugelassen werden, wenn bei ihnen während der Observationszeit und nach Ablauf derselben Erscheinungen der Rinderpest sich nicht gezeigt hatten. Bei dem Ausbruche der Rinderpest unter einem in Contumaz stehenden Triebe wurden die als krank erkannten Stücke getödtet, die übrigen Thiere des Triebes aber einer neuerlichen Observation während 21 Tagen unterzogen und erst dann entlassen, wenn wäh-
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rend dieser Periode kein neuerlicher Ausbruch der Rinderpest unter denselben erfolgt war. Schafe und Ziegen wurden einer Beobachtung ihres Gesundheitszustandes während 24 Stunden, gewisse thierische Rohproducte einer Desinfection unterzogen, andere jedoch frei eingelassen.
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Ausserdera war durch das Gesetz vom 2. Mai 1873 die Errichtung von Schlachthäusern zunächst der russischen und rumänischen Grenze zum Zwecke der unverweilten Schlachtung des aus diesen Ländern importirten und gesund befundenen Rindviehes zu dem Zwecke gestattet worden, damit statt lebender Thiere nur das nach der Schlachtung von ihnen gewonnene Fleisch zur Einfuhr und Versendung gelange und hiedurch der aus dem Transporte lebenden Rindviehes zu besorgenden Verschleppung der Rinderpest vorgebeugt werde.
Da jedoch die Viehcontumazen, ungeachtet der sehr namhaften Auslagen, welche deren Einrichtung, Erhaltung und Ueberwachung dem Staatsschätze verursachte , nicht im Stande waren. Einschleppungen der Rinderpest hintanzuhalten, so wurde durch das Gesetz vom 29. Februar 1880, betreffend die Abwehr und Tilgung der Rinderpest, angeordnet, dass mit 1. Januar 1882 diese Anstalten aufzuhören haben und dass von diesem Zeitpunkte an die Ein- und Durchfuhr von Rindern aus Ländern, von welchen wegen häufig vorkommender Verseuchung die Einschleppung der Rinderpest in besonderer Weise droht, — zu welchen Ländern nach der Durchführungsverordnung Russland und Rumänien gerechnet werden — verboten sei.
Durch dasselbe Gesetz wurde auch das erwähnte Gesetz vom 2. Mai 1873 in Betreff der Errichtung von Schlachthäusern an der Grenze gegenüber Russland und Rumänien ausser Kraft gesetzt; wohl in der Befürchtung, dass von solchen Schlachthäusern aus, in welche voraussichtlich auch kranke Thiere gelangen werden, Verschleppungen des Ansteckungsstoffes ebenso stattfinden könnten, wie dies bisher von den Contumazen aus der Fall war.
Das österreicliisclie Tliierseuchengesetz und die zur Durclifülirung' desselben erlassene Verordnung schreiben zur Abwehr der Einschloppung' ansteckender Thierkrankheiten aus dem Auslande folgende Massregeln vor.
Hausthiere, welche den in dem Gesetze namhaft gemachten Krankheiten unterliegen, dürfen zur Einfuhr nur gegen Vorweisung amtlich ausgefertigter Viehpässe, in welchen der unverdächtige Zustand der Thiere bei ihrem Abgange von dem ständigen Aufenthaltsorte bestätigt ist, zugelassen werden. In Ermanglung solcher Viehpässe sind die Thiere, ebenso wie solche, welche mit einer ansteckenden Krankheit behaftet oder einer solchen verdächtig sind, zurückzuweisen (sect; 4).
Im Falle des Ausbruches einer ansteckenden Thierkrankheit in einem Naclibarlande und einer von daher drohenden Gefahr der Einschleppung kann von der politischen Landesbehörde die Einfuhr lebender oder todler Thiere, nach Erforderniss auch jene von rohem Fleisch und sonstigen thierischen Rohstoffen, Dünger, Rauhfutter, Streumaterialien und von allen Gegenständen, durch welche eine Verschleppung des Ansteckungsstoffes möglich ist, entweder längs der Grenze des ganzen Verwaltungsgebietes oder für bestimmte Grenzstrecken verboten oder nur über bestimmte Eintrittsorte, bei
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44nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Prophylaktische Massregeln gegenüber dem Auslande.
deren Wahl vor Allem Eisenbahnen und Wasserstrassen zu berücksichtigen sind, gestattet werden. In dem letzteren Falle, in welchem nöthigenfalls auch die Beibringung von Provenienz-Certificaten für Rohstoffe und andere Gegenstände, und von besonderen Nachweisen, dass diese Objecte, sowie die Thiere nur durch seuchenfreie Gegenden transportirt worden seien, gefordert werden kann, ist an dem Eintrittsorte durch einen hiezu aufgestellten Thierarzt die Nachweisung über die Herkunft der Gegenstände und Thiere zu prüfen, und der unverdächtige Zustand derselben sicherzustellen. Ergeben sich in einer oder der anderen Rücksicht Anstände, so hat die Zurückweisung des ganzen Transportes zu erfolgen (sect; 5).
Thiere und thierische Rohproduete, mit welchen das Einfuhrverbot umgangen wurde, sind durch die Strafbehörde als verfallen zu erklären. Erstere sind zunächst auf einem abgesonderten Orte zu verwahren und einer thierärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Werden sie einer ansteckenden Krankheit verdächtig oder mit einer solchen behaftet befunden, so ist mit denselben in veterinärpolizeilicher Hinsicht nach den bestehenden Vorschriften vorzugehen. Fleisch, dessen vollkommen unbedenkliche Herkunft glaubwürdig nachgewiesen, und welches geniessbar befunden wird, ist mit Zustimmung der Partei sogleich zu veräussern, sonst zu vernichten; andere thierische Rohproduete sind, bis über den Vorfall abgesprochen ist, iinter Sperre zu setzen und zu desinficiren. Wird jedoch erhoben, dass sie von Thieren stammen, die mit einer ansteckenden Krankheit behaftet waren, so ist nach Massgabe der für diese bestehenden Anordnungen vorzugehen.
Die politische Bezirksbehörde hat die erforderlichen Vorkehrungen wegen Unterbringung und Erhaltung der dem Verfalle unterliegenden Gegenstände, wenn nicht deren Vernichtung einzutreten hat, zu treffen und ist berechtigt, dieselben mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft zu veräussern, wenn dies geboten erscheint (sect; 46).
Im Falle die Seuche in dem Nachbarlande innerhalb 20 km von der Grenze eine bedrohliche Ausdehnung gewinnt, kann von der politischen Landesbehörde für die betheiligten diesseitigen Grenzbezirke eine Aufnahme, Evidenzhaltung und thierärztliche Ueber-wachung des durch die Krankheit gefährdeten Viehstandes angeordnet werden. Rücksichtlich der Anzeigen von Erkrankungen unter diesem letzteren gelten die allgemeinen Verpflichtungen. Für die Dauer der Gefahr ist in den bedrohten Grenzbezirken die Abhaltung von Viehmärkten, Thierauctionen und Thierschauen verboten
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oder doch die Ausschliessung bestimmter Thiergattungen von denselben auszusprechen.
Ganz analoge Bestimmungen, mit Ausnahme der Forderung von Viehpässen als dauernde Massregel, enthalten die sect;sect; 6, 7 und 8 des deutschen Viehseuchengesetzes.
II. Schutzmassregeln im Inlande. Um die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten auch zu Zeiten, in welchen von dem Auftreten derselben eine amtliche Anzeige noch nicht erfolgt ist, thunlichst hintanzuhalten, stellt es sich als nothwendig heraus, den Verkehr mit Thieren beständig, mithin auch in angeblich seuehen-freien Zeiten gewissen Beschränkungen zu unterziehen und thunlichst zu beaufsichtigen.
Das österreichische Thierseuchengesetz und die Durchführungsverordnung enthalten in dieser Hinsicht folgende Bestimmungen:
1.nbsp; Mit einer ansteckenden Krankheit behaftete, oder einer solchen verdächtige Thiere dürfen nicht in Verkehr gebracht werden. Viehhirten dürfen neu eingebrachtes Vieh ohne Bewilligung des Ortsvorstehers nicht in die Gemeindeheerde aufnehmen, Fleischhauer das Schlachtvieh nicht unter ihr Nutzvieh und nicht auf die gemeinsame Weide bringen, Gastwirthe nicht fremde, bei ihnen eingestellte Thiere zu dem eigenen Viehstande stellen. Letztere haben für die jedesmalige Reinigung der, von den fremden Thieren benützten Standplätze und Futtergeräthe Sorge zu tragen (sect; 7).
2.nbsp; Auch im inländischen Verkehr müssen Viehpässe beigebracht werden für Wiederkäuer, Pferde und Schweine, welche auf Thierschauen gebracht werden, für Rindvieh jeden Alters, welches auf Viehmärkte oder Auctionen gebracht, sowie für Rindvieh (zum Schlachten bestimmte Kälber unter 6 Monaten ausgenommen), welches aus Anlass des Wechsels des Standortes in einen anderen, über 10 km entfernten Ort abgetrieben wird; für Heerden von Wiederkäuern und Schweinen, welche über grössere Landstriche getrieben werden; endlich für Wiederkäuer, welche mittelst Eisenbahnen und Schiffen befördert werden.
Erforderlichenfalles kann auch die Beibringung von Viehpässen für andere Hausthiergattungen behufs des Auftriebes auf Märkte und Auctionen, sowie für den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen behördlicherseits angeordnet werden.
Die Viehpässe sind in der Regel von dem Gemeindevorstande jenes Ortes, woher das Vieh kommt, nach vorausgegangener sachverständiger Beschau desselben, nach einem bestimmten Formulare
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und mit fortlaufenden Nummern versehen, auszustellen. Sie haben eine Giltigkeit von zehn Tagen vom Datum der Ausfertigung gerechnet; eine Verlängerung darf nur bei befriedigendem Gesundheitszustande der Thiere und nur auf die Dauer von zehn Tagen von jenem Organe ertheilt werden, welches in dem Gebiete, wo sich die Thiere aufhalten, zur Ausstellung von Viehpässen befugt ist. Veränderungen in der Zahl der in dem Viehpasse ersichtlich gemachten Thiere sind auf dem Passe unter Angabe der Veranlassung amtlich zu verzeichnen. Für einzelne abverkaufte und zum Weitertriebe bestimmte Thiere sind besondere Viehpässe auszustellen; bei Vertheilung eines Triebes in mehrere Partien sind für jede Partie neue Pässe auszufertigen; dagegen ist der alte Viehpass einzuziehen (sect; 8).
3.nbsp; Thierschauen, Thierauctionen und Viehmärkte, auf welchen letzteren eine entsprechende Trennung und separate Aufstellung des aufgetriebenen Viehes anzuordnen ist, sind einer sachverständigen Aufsicht zu unterstellen, die auf allen grösseren Vieh-märkten möglichst durch Thierärzte zu geschehen hat. Bei Wahrnehmung oder bei sich ergebendem Verdachte einer ansteckenden Thierkrankheit unter dem aufgetriebenen Vieh ist sogleich die Absonderung und Bewachung der kranken und verdächtigen Thiere zu verfügen und der Behörde hievon unverzüglich die Anzeige zu erstatten. Vieh von unsicherer Provenienz ist im Marktorte zu schlachten (sect; 9).
4.nbsp; Die zum Transporte auf Eisenbahnen und Schiffen bestimmten Wiederkäuer sind beim Ein- und Ausladen, welches letztere — Nothfälle ausgenommen — nur am Bestimmungsorte erfolgen darf, an den hiezu bestimmten Stationen von Thieräraten zu untersuchen. Kommt unter den, mit der Eisenbahn beförderten Wiederkäuern ein Erkrankungs- oder Todesfall vor, welcher nicht zweifellos auf eine äussere Einwirkung zurückzuführen ist, so hat die hieven verständigte politische Bezirksbehörde sogleich die sachverständige Untersuchung einzuleiten und nach Massgabe des Befundes das Weitere zu veranlassen.
Schlachtvieh darf nicht gemeinschaftlich mit Nutzvieh, und aus einem fremden Lande eingeführtes Schlachtvieh nicht mit einheimischen Wiederkäuern in demselben Zuge oder auf demselben Schiffe verladen werden (sect; 10).
5.nbsp; Triebheerden müssen während ihres Marsches mindestens von fünf zu fünf Tagen thierärztlich untersucht und dürfen nur in gesundem Zustande weiter getrieben werden. Im Falle, als die
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Prophylaktische Massregeln im Inlande,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;47
Gegenwart einer ansteckenden Krankheit constatirt wird, ist hievon die Anzeige an die betreffende Behörde zu erstatten, welche das Weitere nach Massgabe der gesetzlichen Vorschriften zu veranlassen hat.
Die Gemeinde vorstände jener Ortschaften, durch welche fremde Viehtriebe passiren, haben Vorkehrungen zu treffen, um jede Vermischung des Ortsviehes mit den Triebheerden hintanzuhalten (sect; 11).
6.nbsp; nbsp;Die Vieh- und Fleischbeschau ist rücksiehtlich des Schlachtviehes allgemein, und zwar auch bei Nothschlaclitungen durchzuführen und in gewerblichen Schlachtlocalitäten Mich auf das Stechvieh auszudehnen; in Gemeinde- und grösseren Schlachthäusern überhaupt muss sie approbirten Thierärzten übertragen werden (sect; 12).
7.nbsp; nbsp;Wasenmeistercien und Verscharrungsplätze sind Veterinär- und sanitätspolizeilich zu überwachen (sect; 13).
8.nbsp; Personen, welche, vermöge ihrerBeschäftigung mit fremdem Vieh, mit Thiercadavern oder mit thierischen Abfällen zu thun haben, wie Viehhändler, Fleischhauer, Sammler thierischer Abfälle, Abdecker u. s. w. sind rücksiehtlich des Betretens von Gehöften und Stallungen den nöthigen Vorsichten zu unterwerfen. In verseuchten Gehöften oder gesperrteu Orten ist das Uebernachten von fremden Personen in Stallungen verboten (sect; 14).
Das deutsolle Viehseuclieuges etz ordnet in diesen Rücksichten folgende prophylaktische Massrcgeln an:
Alle Vieh- und Pferdemärkte sollen durch beamtete Thierürzte beaufsichtigt werden. Dieselbe Massiegel kann auch auf die. von Unternehmern behufs öffentlichen Verkaufs in öffentlichen oder privaten Räumlichkeiten zusammengebrachten Viehbestände, auf die zu Zuchtzwecken öffentlich aufgestellten männlichen Zuchtthiere, auf öffentliche Thierschauen und auf die durch obrigkeitliche Anordnung veranlassten Zusammenziehungen von Pferde- und Viehbeständen ausgedehnt werden. Der Thierarzt ist verpflichtet, alle von ihm auf dem Markte oder unter den vorbezeichneten Pferde- und Viehbeständen beobachteten Fälle übertragbarer Seuchen oder seuchenverdächtiger Erscheinungen sogleich zur Kenntniss der Polizeibehörde zu bringen und nach sofortiger Untersuchung des Falles die Anordnung der erforderlichen polizeilichen Schutzmassregeln zu beantragen. Liegt. Gefahr im Verzüge, so ist der Thierarzt befugt, schon vor polizeilichem Einschreiten, die Absonderung und Bewachung der erkrankten und der verdächtigen Thiere anzuordnen (sect; 17).
9.nbsp; Alle Eisenbahnwagen, in welchen Wiederkäuer, Pferde, Esel, Maulthiere oder Schweine befördert worden sind, müssen nach jedesmaligem Gebrauche sofort einem Eeinigungs- (Desinfections-) Verfahren unterzogen werden, welches geeignet ist, die den Wagen etwa anhaftenden Ansteckungsstoffe unwirksam zu machen. Das-
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Tilguugsmassregela. Äuzeigepflicht.
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selbe gilt bezüglich der, bei der Beförderung der Thiere zum Füttern, Tränken, Befestigen oder zu sonstigen Zwecken benützten Geräthe, dann über besondere behördliche Anordnung, bezüglich der beim Ein- und Ausladen von den Thieren betretenen Treppen, Rampen, Ein- und Auslade-, dann Viehauftriebplätzen der Eisenbahnen (österr. Gesetz vom 19. Juli 1879, sect; 1, R. G. Bl. Nr. 109, und deutsches Gesetz vom 25. Februar 1876, sect; 1). Dieselben Bestimmungen haben nach dem österreichischen Gesetze (sect; 7) auch auf Schiffe, und zwar rücksichtlich jener Räume, welche zur Unterkunft von Thieren der oben genannten Arten benützt oder von denselben betreten wurden, sowie unter bestimmten Verhältnissen (sect; 8) auch auf die zum Transpoi'te thierischer Rohproduete benutzten Eisenbahnwagen und Schiffe Anwendung zu finden.
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B. Massregeln zur Unterdrückung ansteckender Thierkranktieiten.
I, Einleitende Massregeln. 1. Anzeigeverpflichtung. Damit die competente Behörde möglichst schnell Kenntniss von dem Ausbruche einer ansteckenden Thierkrankheit erlange und in die Lage komme, die zur Verhinderung ihrer Weiterverbreitung und raschen Tilgung erforderlichen veterinärpolizeilichen Massregeln unverweilt zur Durchführung zu bringen, müssen die Eigenthümer von Hausthieren, sowie jene Personen, welche mit deren Beaufsichtigung, Behandlung u. s. w. betraut sind, zur sofortigen Anzeige an die competente Behörde über den Ausbruch jener Thierkrank-heiten verpflichtet werden, bezüglich welcher das Gesetz die Erstattung einer solchen Anzeige vorschreibt.
Das österreichische Thierseuchengesetz nebst der Durchführungsverordnung enthält in dieser Rücksicht folgende Bestimmungen:
Wer an einem ihm zugehörigen oder seiner Aufsicht anvertrauten Thiere eine der früher (S. 39) genannten ansteckenden Krankheiten oder solche Erscheinungen wahrnimmt, welche nach der amtlich hinausgegebenen Belehrung den Verdacht einer solchen erregen, hat hievon dem Gemeindevorsteher unverzüglich Anzeige zu erstatten und das Thier von Orten, wo die Gefahr der Ansteckung für andere Thiere besteht, fernzuhalten. Dieselbe Verpflichtung tritt ein, wenn unter den Thieren eines Stalles oder einer Heei'de innerhalb acht Tagen ein zweiter Fall einei*- innerlichen Erkrankung unter den gleichen Erscheinungen vorkommt.
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Anzeigepflicht.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;49
Die Pflicht zur unverweilten Anzeige an den Gemeindevorsteher obliegt auch den Thierärzten, den Vieh- und Fleischbeschauern, sowie den Wasenmeistern, wenn sie von dem Vorkommen ansteckender Krankheiten unter denThieren oder von Erscheinungen, welche den Verdacht eines Seuchenausbruches erregen, in Ausübung ihres Berufes Kenntniss erlangen; die Thierärzte haben überdies an die politische Bezirksbehörde die Anzeige zu erstatten. Ausserdem ist die Grensdarmerie berufen und Jedermann, der von derartigen Erkrankungen Kenntniss erlangt hat, berechtigt die Anzeige zu machen.
Bei dem Auftreten ansteckender Krankheiten \inter Viehtransporten zu Lande ist die Anzeige an den Vorsteher der nächstgelegenen Gemeinde, bei deren Vorkommen unter Viehtransporten zur See an den Hafenort des Landungsortes zu erstatten.
Der Gemeindevorsteher hat, sobald er von dem Ausbruche einer ansteckenden Krankheit oder von einem verdächtigen Erkran-kungs- oder Todesfalle eines Thieres auf irgend eine Weise Kenntniss erlangt, in dem Falle, als der Verdacht durch die sachverständige Ermittlung eines approbirten Thierarztes nicht vollständig behoben wird, unverweilt die Anzeige an die politische Bezirksbehörde zu erstatten (sect;sect; 15 und 16).
Im Falle der Ausbruch der Rinderpest in einem Lande kundgemacht worden ist, tritt eine erweiterte Verpflichtung zur Anzeige ein (s. Rinderpest).
Das deutsche Viehseuchengesetz verordnet in Beziehung auf Anzeigepflicht Folgendes:
Der Besitzer von Hausthieren ist verpflichtet, von dem Ausbruche einer jener Seuchen unter seinem Viehstande, auf welche sich die Anzeigepflieht erstreckt, (s. S. 39) und von allen verdächtigen Erscheinungen bei demselben, welche den Ausbruch einer solchen Krankheit befürchten lassen, sofort der Polizeibehörde Anzeige zu machen, auch das Thier von Orten, an welchen die Gefahr der Ansteckung fremder Thiere besteht, fernzuhalten. Die gleichen Pflichten liegen demjenigen ob, welcher in Vertretung des Besitzers der Wirthschaft vorsteht, ferner bezüglich der auf dem Transporte befindlichen Thiere dem Begleiter derselben und bezüglich der in fremdem Gewahrsam befindlichen Thiere dem Besitzer der betreffenden Gehöfte, Stallungen, Koppeln oder Weiden.
Zur sofortigen Anzeige sind auch die Thierärzte und alle diejenigen Personen verpflichtet, welche sich gewerbsmässig mit der Ausübung der Thierheilkunde beschäftigen, ingleichen die Fleischbeschauer, sowie diejenigen, welche gewerbsmässig mit der Beseitigung, Verwerthung oder Bearbeitung thierischer Cadaver oder thierischer Theile sich beschäftigen, wenn sie, bevor ein polizeiliches Einschreiten stattgefunden hat, von dem Ausbruche einer der in Rede stehenden Seuchen oder von Erscheinungen unter dem Viehstande, welche den Verdacht eines Seuchenausbruches begründen, Kenntniss erhalten (sect; 9).
Bttll. Tliieracuchcn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4
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2.nbsp; Vorläufige Vorkehrungen. Gleichzeitig mit der Erstat-
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tung der Anzeige an die politische Bezirksbehörde hat der Gemeinde-
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Thierarztes, das Nöthige wegen der Absonderung der Thiere vorzukehren und die Stallsperre zu verfugen (sect; 17).
3.nbsp; nbsp;Erhebung der Seuchenausbrüche. Die politische Bezirksbehörde hat nach erhaltener Anzeige von dem Ausbruche oder dem Verdachte einer ansteckenden Thierkrankheit ohne Verzug den beamteten Thierarzt an Ort und Stelle abzuordnen. Dieser bildet mit dem Gemeindevorsteher die Seucheneommission und hat die Art, Ausbreitung und Ursache der Krankheit zu erheben, die Massregeln anzuordnen und deren Durchführung einzuleiten.
Die politische Bezirksbehörde kann erforderlichenfalles zur Leitung der Seucheneommission und zur Veranlassung der nöthigen Vorkehrungen nebst dem Amtsthierarzte auch ein anderes Organ abordnen.
Dem Besitzer eines seuchenverdächtigen Thieres bleibt es un-
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benommen, zu den Erhebungen der Seucheneommission auch seiner-
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seits einen approbirten Thierarzt beizuziehen. Werden begründete Einwendungen gegen die Richtigkeit der Erhebungen des beamteten Thierarztes vorgebracht, so ist hierüber an die politische Landesbehörde zu berichten; die Durchführung der gebotenen Massregeln darf jedoch durch diesen Zwischenfall keinen Aufschub erleiden (sect; 18).
Wird durch die Erhebungen der Verdacht einer ansteckenden Thierkrankheit begründet, so sind die nothwendigen Schutzmassregeln einzuleiten, welche, wenn der Verdacht bei einer spätestens
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innerhalb acht Tagen zu wiederholenden Untersuchung behoben wird, wieder zu entfallen haben.
Kann über das Vorhandensein einer ansteckenden Erkrankung nach dem Erachten des Amtsthierarztes nur mittelst der Section
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eines verdächtigen Thieres Gewissheit erlangt werden, so darf in Ermanglung eines Cadavers die Tödtung eines verdächtigen Thieres
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über Ermächtigung der politischen Bezirksbehörde angeordnet werden (sect; 19). Der Werth des Thieres ist vor der Tödtung durch Schätzung festzustellen und wird aus dem Staatsschatze vergütet (sect;sect; 37 und 38).
Das deutsche Viehseuchengesetz enthält in Rücksicht auf die Ermittlung der Seuchenaushrüche ähnliche Bestimmungen. Es verordnet die sofortige Zuziehung des beamteten Thierarztes behufs der sachverständigen Ermittlung des Seuchenausbruches, welcher ermächtigt ist, in eiligen Fällen schon vor dem polizeilichen Einschreiten die sofortige vorläufige Einsperrung und Absonderung der erkrankten und verdächtigen Thiere, nSthigenfalls auch deren Bewachung anzuordnen (sect; 13).
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Erhebung, Veröffentlichung des Seuchenansbmchea.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;51
Wenn nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes über den Ausbruch einer Seuche nur mittelst Zerlegung eines verdächtigen Thieres Gewissheit zu erlangen ist, kann die Tödtung desselben von der Polizeibehörde angeordnet werden (sect; 13).
Die Polizeibehörde hat bei festgestelltem Ausbruche der Seuche oder bei begründetem Verdachte eines Seuchenausbruches die in dem Gesetze vorgesehenen, den Umständen nach erforderlichen Schutzmassregeln zu trefifen und durchzuführen. Hegt die Polizeibehörde Zweifel über die Erhebungen des beamteten Thierarztes, so kann dieselbe die Einziehung eines thierärztlichen Obergutachtens beantragen, jedoch darf hiedurch die Anordnung der erforderlichen Schutzmassregeln keinen Aufschub erleiden (sect; 14).
In Fällen, in welchen dem beamteten Thierarzte die Feststellung des Krankheitszustandes eines verdächtigen Thieres obliegt, ist es dem Besitzer desselben unbenommen, auch seinerseits einen approbirten Thierarzt zur Untersuchung zuzuziehen; die Anordnung und Ausführung der Schutzmassregeln wira hiedurch jedoch nicht aufgehalten.
Im Falle erheblicher Meinungsverschiedenheit zwischen dem beamteten Thierarzte und dem von dem Besitzer zugezogenen Thierarzte, sowie bei dem Obwalten erheblicher Zweifel über die Richtigkeit der Angaben des betimteten Thierarztes hat die vorgesetzte Behörde sofort ein thierärztliches Obergutachten einzuziehen und dem entsprechend das Verfahren zu regeln (sect; 16).
4. Veröffentlichung des Seuchenausbruclies. Ist der Ausbruch einer ansteckenden Krankheit festgestellt, so hat nach dem österreichischen Thierseuchen gesetze die politische Bezirksbehörde den an den Seuchenort angrenzenden Gremeinden und den nächstliegenden politischen Bezirks- und in den Küstenländern auch den Seesanitätsbehörden hieven unverzüglich Mittheilung zu machen und darüber auch der politischen Landesbehörde zu berichten, welche letztere nach Massgabe der Gefahr die benachbarten Verwaltungsgebiete von dem Seuchenausbruche und den verfügten Absperrungsmassregeln in Kenntniss zu setzen und hierüber dem Ministeiium des Innern die Anzeige zu erstatten hat (sect; 22).
Tritt in Orten, in welchen mit ärarischen Dienstpferden versehene Truppenkörper sich befinden oder in deren Umgebung eine auf Pferde übertragbare Thierkrankheit auf, so hat die politische Bezirksbehörde die betreffenden Truppencommanden hieven unter Mittheilung der eingeleiteten veterinärpolizeilichen Massregeln in Kenntniss zu setzen. Die gleichen Mittheilungen sind den betreffenden Staatshengstendepets-Commanden und Gestütsdirectionen zu machen. Ebenso sind die Militärbehörden, sowie die Depotscom-manden und Gestütsdirectionen verpflichtet, von dem Auftreten eines jeden Seuchenfalles und von den getroffenen Massregeln un-verweilt die betreffende politische Bezirksbehörde zu verständigen, dieselbe über den Verlauf der Seuche in Kenntniss zu erhalten und
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bei Durchführung der von der politischen Behörde für nothwendig erkannten Massnahmen mitzuwirken (sect; 2).
In gleicherweise bestimmt das deutsche Viehseucheng esetz, dass die Militärbehörden die Polizeibehörden der Garnison, der Cantonnements und des Marschortes von dem Auftreten eines Seuchenverdachtes und von dem Ausbruche einer Seuche sofort zu benachrichtigen und von dem Verlaufe, sowie dem Erlöschen der Seuche in Kennntniss zu setzen haben. Die gleiche Verpflichtung obliegt den Vorständen der militärischen Remontendepots, sowie der landesherrlichen und Staatsgestüte (sect; 3).
II. Schutz- und Tilgungsmassregeln. Im Falle der Seuchengefahr und für die Dauer derselben können, vorbehaltlich der rücksichtlich einzelner Viehseuchen gesetzlich erlassenen besonderen Vorschriften, je nach der Beschaffenheit des Falles und nach der Grosse der Gefahr unter Berücksichtigung der betheiligten Verkehrsinteressen die folgenden Massregelu zur Durchführung angeordnet werden (österreichisches Thierseuehengesetz sect; 20, AI. 1, deutsches Viehseuchengesetz sect; 18, wozu das letztere bemerkt, dass Beschwerden des Besitzers über die von der Polizeibehörde angeordneten Massregeln keine aufschiebende Wirkung haben).
1. Die Absonderung, Bewachung oder polizeiliche Beobachtung der an der Seuche erkrankten oder derselben verdächtigen Thiere.
Nach dem österreichischen Gesetze (sect; 20, 1) sind als verdächtig alle jene Thiere anzusehen, welche durch Berührung mit kranken Thieren oder deren Ansteckungsstoffen der Möglichkeit der Ansteckung ausgesetzt gewesen sind, selbst wenn sie keine Krankheitserscheinungen zeigen.
Nach dem deutschen Gesetze (sect; 1) haben als verdächtig zu gelten: Thiere, an welchen sich Erscheinungen zeigen, die den Ausbruch einer tibertragbaren Seuche befürchten lassen (der Seuche verdächtige Thiere), und Thiere, an welchen sich zwar solche Erscheinungen nicht zeigen, rücksichtlich deren jedoch die Vermuthung vorliegt, dass sie den Ansteckungsstoff aufgenommen haben (der Ansteckung verdächtige Tbiere).
Die österreichische Durchführungsverordnung bestimmt (sect; 20), dass für den Fall, als in derselben Räumlichkeit (Stall, Standort, Weideplatz) kranke und gesunde ansteckungsfäbige Thiere sich befinden, die Absonderung nach Zulass der Verhältnisse in der Art zu geschehen habe, dass entweder die kranken oder gesunden Thiere aus diesen Eäumlichkeiten entfernt und die einen wie die andern von ansteckungsfähigen Thieren ferngehalten und abgesondert gewartet werden.
Aehnliches verordnet das deutsche Viehseuchengesetz, indem es (sect; 19) den Besitzer eines der Absonderung oder polizeilichen Beobachtung unter-
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VerkehrsbeschräDkungen. Stall- nnd Weidesperre.
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worfenen Thieres verpflichtet, auf Erfordern solche Einrichtungen zu treffen, dass das Thier für die Dauer der Absonderung oder Beobachtung, die für dasselbe bestimmte Räumlichkeit (Stall, Standort, Hof- oder Weideraum u. s. w.) nicht verlassen kann nnd ausser aller Berührung und Gemeinschaft mit anderen Thieren bleibt.
2. Beschränkung in dem Verkehre mit kranken und verdächtigen und durch die Krankheit gefährdeten oder mit solchen Thieren, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein können, ferner in der Art der Verwendung und Verwerthung kranker und verdächtiger Thiere, der von ihnen stammenden Rohstoffe uud der bei denselben Thieren benützten Gegenstände. Zu diesen Beschränkungen gehören:
a) Die Einstellung des Weitertriebes, sowie die Absperrung von auf dem Triebe erkrankten und seuchenverdächtigen Thieren (österreichisches Gesetz sect; 20, 2 a, deutsches Gesetz sect; 20).
h) Die Stallsperre. Sie hat zur Folge, dass die Thiere die ihnen angewiesene Räumlichkeit nicht verlassen und überhaupt mit anderen durch die Krankheit gefährdeten Thieren nicht in Verkehr gebracht werden dürfen. Mit der Verhängung der Stallsperre ist auch für die Dauer der Seuche das Verbot des Einbringens neuen, für die Ansteckung empfänglichen Viehes in die gesperrte Räumlichkeit verbunden.
Die Stallsperre hat nach Erforderniss auch die Absonderung aller mit den kranken Thieren in Berührung gekommenen Gegenstände, Stallgeräthe, Futter, Dünger u. dgl. im Gefolge.
Unter Sperre stehende Höfe sind durch Tafeln, auf welchen die Krankheit verzeichnet ist, oder sonst durch entsprechende Bezeichnung kenntlich zu machen (österreichisches Gesetz und Durch-führungsvei-ordnung sect; 20, 2 h).
c)nbsp; Die Weidesperre. Durch sie wird entweder der Weidegang überhaupt, oder im Falle der Notwendigkeit des Weideganges der gemeinschaftliche Weidetrieb von Thieren verschiedener Stallungen, sowie die gemeinschaftliche Benützung der dahin führenden Wege und Strassen verboten. Weideplätze, welche von Thieren eines Bestandes, unter welchem Fälle einer ansteckenden Krankheit vorgekommen sind, begangen werden, sind als solche kenntlich zu machen und unter Beaufsichtigung zu stellen. Das Verbot der gemeinschaftlichen Benützung von Brunnen, Tränken u. drgl., sowie des freien Herumlaufens der Hunde und kleiner Hausthiere (österreichisches Gesetz sect; 20, 2 c, d, e).
d)nbsp; Die Orts- und Flursperre. Die Ortssperre ist nur dann zulässig, wenn die Seuche in einer grösseren Anzahl von Stallungen
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heri'sclit und eine allgemeine grössere Gefahr droht; sie kann in grösseren Ortschaften auf einzelne befallene Strassen oder Theile des Ortes beschränkt werden. Sie hat zur Folge, dass kein Thier der durch die Krankheit gefährdeten Gattung ohne besondere Er-laubniss der politischen Bezirksbehörde aus dem Orte gebracht und überhaupt keinerlei Verkehr zwischen den einheimischen und auswärtigen, durch die Krankheit gefährdeten Thieren stattfinden darf. Nach Erforderniss kann auch die Ausfuhr von Gegenständen, welche die Krankheit zu verschleppen geeignet sind, wie von Haaren, Häuten, Klauen, Futter, Dünger u. s. w., verboten werden.
Gesperrte Ortschaften oder Theile derselben sind an den Ein-und Ausgängen durch aufgestellte Warnungstafeln, auf welchen der Name der Thierkrankheit verzeichnet ist, kenntlich zu machen.
Unter Verhältnissen, welche die Haltung der verdächtigen Thiere in den Ställen nicht zulassen, kann an Stelle der Ortssperre und unter den mit dieser verbundenen Verkehrsbesehränkungen die Absperrung der Feldmark oder einzelner Theile derselben (Flursperre) verfügt und der Eintritt ansteckungsfähiger Thiere in dieselbe verboten werden. An geeigneten Stellen der Flurgrenze sind Warnungstafeln mit der entsprechenden Aufschrift aufzustellen und die Wege gegen den Aussenverkehr nach Thunlichkeit abzusperren und nach Erforderniss zu überwachen.
Die Orts- und Flursperre, sowie Ausnahmen von derselben können nur mit Bewilligung der politischen Behörden erfolgen (österreichisches Gesetz und Durchführungsverordnung sect; 20, 2 /).
Das deutsche Viehseuchengesetz schreibt nachstehende Sperrmassregeln vor:
Das Verbot des gemeinschaftlichen Weideganges von Thieren ans verschiedenen Stallungen und der Benützung bestimmter Weideflächen, ferner der gemeinschaftlichen Benützung von Brunnen, Tränken und Schwemmen und des Verkehrs mit seuchenkranken oder verdächtigen Thieren auf öffentlichen oder gemeinschaftlichen Strassen und Triften, das Verbot des freien Umherlaufens der Hunde (sect;21)-
Die Sperre des Stalles oder sonstigen Standortes aeuchenkranker oder verdächtiger Thiere, des Gehöftes, des Ortes, der Weide oder der Feldmark gegen den Verkehr mit Thieren und mit solchen Gegenständen, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein können. Diese Sperrmassregeln, mit Ausnahme der Stallspene, dürfen erst dann verfügt werden, wenn der Ausbruch der Seuche durch den beamteten Thierarzt constatirt ist.
Die Sperre eines Ortes oder einer Feldmark, welche auch auf einzelne Theile derselben beschränkt werden kann, ist nur dann zulässig, wenn die Seuche eine grössere und allgemeinere Gefahr einschliesst und Thiere in grösserer Zahl davon bereits befallen sind.
Die polizeilich angeordnete Sperre eines Stalles oder sonstigen Standortes, eines Gehöftes oder einer Weide verpflichtet den Besitzer diejenigen Einrich-
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Verbot der Viehmamp;rkte. Impfung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;55
tungen zu treffen, welche zur wirksamen Durchführung der Sperre vorgeschrieben werden (sect; 22).
Die Abänderungen, beziehungsweise Verschärfungen, welche in den Sperrmassregeln bei der Rinderpest einzutreten haben, werden bei dieser Krankheit angeführt werden.
3.nbsp; Das Verbot der Abhaltung von Vieh- und Pferde-märkten, Thierauctionen und Thierschauen in dem Seuchenorte und in dessen nächster Umgebung oder die Ausschliessung einzelner bestimmter Tbiergattungen von dem Auftriebe auf Märkte, Auctionen und Thierschauen (österreichisches Gesetz sect; 20, 3, deutsches Gesetz sect; 28).
4,nbsp; Die Impfung der der Ansteckungsgefahr ausgesetzten Thiere.
Die Impfung, die eine absichtliche Ansteckung und Herbeiführung einer Erkrankung von Thieren zum Zwecke und mithin eine Vermehrung der Krankenzahl im Gefolge hat, kann nur insofern als eine veterinärpolizeiliche Tilgungsmassregel angesehen werden, als durch deren Vornalime ein nahezu gleichzeitiges Erkranken der Impflinge herbeigeführt und hiedurch die Dauer der Seuche, mithin auch die Zeit, während welcher die lästigen Sperrmassregeln aufrecht erhalten werden müssen, bisweilen wesentlich abgekürzt werden kann. Ihre Durchführung hat nur bei solchen ansteckenden Krankheiten eine Berechtigung, bezüglich welcher durch die Erfahrung sichergestellt ist, dass die durch die Impfung veranlasste Erkrankung in der Regel milder und günstiger abläuft, als die in Folge natürlicher Ansteckung entstandene. Sie ist femer nur als Nothimpfung, d. h. als Impfung von Thieren eines Bestandes, in welchem bereits die eontagiöse Krankheit zum Ausbruche gekommen ist, gerechtfertigt und höchstens noch als Vorbauungs- (Präcautions-) Impfung bei den Thieren noch seuchenfreier Heerden dann zulässig, wenn die drohende Gefahr der Einschleppung einer in nächster Nähe herrschenden contagiösen Krankheit durch Sperrmassregeln voraussichtlich nicht hintangehalten werden kann.
Die Vornahme der Schutzimpfung, d. h. die Impfung gesunder, durch eine Ansteckungsgefahr gar nicht bedrohter Thiere ist bei dem Umstände, als die Impfungen bei den Hausthieren nur mit den Vehikeln des eigenen Krankheitscontagiums vorgenommen und mithin Thiere absichtlich krank gemacht werden, welche möglicherweise während ihres ganzen Lebens nicht in die Gefahr gekommen wären, auf natürlichem Wege inficirt zu werden, vom veterinärpolizeilichen Standpunkte aus als unzulässig und gemeingefährlich anzusehen.
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56nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Impfung. Aerztliche Bebandlung kranker Thiere.
Da die Impfkrankheit nur eine Modification der natürlichen Krankheit darstellt, so müssen geimpfte Viehbestände als ebenso gemeingefährlich angesehen werden, wie natürlich seuchende, und demnach bei ersteren dieselben veterinärpolizeilichen Sperrmassregeln zur Durchführung kommen, wie bei den letzteren.
Uebereinstimmend sprechen sich das österreichische (sect; 20) und das deutsche Gesetz (sect; 23) dahin aus, dass die Impfung der einer Ansteckungsgefahr ausgesetzten Thiere nur in den durch das Gesetz ausdrücklich bezeichneten Fällen angeordnet und nur unter Aufsicht des beamteten Thierarztes durchgeführt werden dürfe. Die Durchführungsverordnung zu dem österreichischen Gesetze verfügt weiter, dass bei jeder Art der Impfung dieselben Sehutzmass-regeln zur Anwendung zu bringen sind, wie bei der natürlichen Krankheit.
Durch das österreichische Gesetz und die Durchführungsverordnung zu demselben ist die Vornahme der Impfung gestattet bei der Lungenseuche des Rindviehes (als Nothimpfung, sect; 28) und bei der Pockenseuche der Schafe (als Noth-, Präcautions- und, jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen, auch als Schutzimpfung, sect; 30); während das deutsche Gesetz nur die Noth- und Präcautionsimpfung bei dem Herrsehen der Pockenseuche der Schafe anordnet (sect; 46).
5. Die thierärztliehe Behandlung kranker Thiere. Sie kann nur in dem Falle den Tilgungsmassregeln beigezählt werden, wenn durch sie eine Abkürzung der Dauer der einzelnen Krankheitsfälle gegenüber dem natürlichen Verlaufe und mithin auch der Periode, während welcher die kranken Thiere anzustecken vermögen, zu erzielen ist. Ihre Durchführung, insofern eine solche nach den für die einzelnen Formen ansteckender Krankheiten bestehenden gesetzlichen Bestimmungen überhaupt zulässig ist, bleibt immer Sache des Viehbesitzers; die Behörde nimmt auf die Behandlung nur insoweit Einfluss, als sie dieselbe durch den beamteten Thierarzt beaufsichtigen lässt und in den Fällen, wo eine Behandlung der kranken Thiere gesetzlich vorgeschrieben ist, bei Unterlassung oder Vernachlässigung derselben und bei daraus hervorgehender Bedrohung fremder Viehbestände, dieselbe auf Kosten des Eigen-thümcrs veranlasst (Zwangsheilung). Unter Umständen kann auch eine bestimmte Frist für die Heilung festgesetzt werden, nach deren Ablauf die bis dahin nicht geheilten Thiere zu tödten sind.
Das österreichische Gesetz spricht sich dahin aus, dass es dem Ermessen des Thiei'eigenthümers überlassen sei, die Heilung kranker Thiere zu veranlassen, sofern eine thierärztliehe Behandlung
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Tödtung kranker und verdächtiger Thiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 57
überhaupt zulässig ist. Als nicht zulässig wird eine Behandlung erklärt und die Tödtung angeordnet ausser bei Rinderpest: bei rotz-(wurm-) kranken Thieren (sect; 29), bei in hohem Grade räudigen, von dem Thierarzte als unheilbar erklärten Pferden (sect; 33) und Schafen (sect; 34), bei wuthkranken Thieren (sect; 35).
In Fällen, in welchen nach den Bestimmungen des Gesetzes die thierärztliche Behandlung kranker Thiere erfolgen muss (Räude der Schafe, sect; 34), dieselbe aber von dem Eigenthürner vernacb-lässigt oder unterlassen wird, hat die politische Bezirksbehörde, wenn hieraus eine Gefährdung des Viehstandes Anderer zu besorgen ist, die thierärztliche Behandlung der kranken Thiere auf Kosten des Eigenthümers zu veranlassen. Das Heilungsverfahren ist vom beamteten Thierarzte zu überwachen (sect; 24). Einen Heiltermin, und zwar von sechs Wochen, normirt das österreichische Gesetz (sect; 29) für die Behandlung des Rotzes (Wurmes) verdächtiger Thiere.
Das deutsche Viehseuchengesetz bestimmt, dass die thierarztliciie Behandlung der erkrankten Thiere nur in den in dem Gesetze ausdrücklich bezeichneten Fällen und nach Massgabe der daselbst ertheilten näheren Vorschriften angeordnet werden dürfe (sect; 23), was nur bezüglich der Räude (sect; 52) ausdrücklich bemerkt ist,
6. Die Tödtung seuchekranker und verdächtiger Thiere. Diese Massregel bietet wohl das sicherste Mittel einer raschen Seuchentilgung, da durch sie die Krankheit und mit ihr die weitere Entwicklung des Ansteckungsstoffes beseitigt wird. Sie bildet jedoch auch einen bedeutenden Eingriff in das Eigenthumsrecht, kann daher nur im Hinblicke auf das allgemeine Interesse gerechtfertigt und darf nur in jenen Fällen behördlich angeordnet werden, welche in dem Gesetze vorgesehen sind.
Die neueren Gesetzgebungen ordnen die Tödtung der Thiere beiweitem häufiger als dies früher der Fall war, und, im Hinblick auf veterinärpolizeiliche Zwecke, auch mit vollem Rechte an. Es kann jedoch andererseits kaum in Abrede gestellt werden, dass durch ein solches Tilgungsverfahren die Pathologie der Infections-krankheiten keinesfalls gewinnen könne und dass die Kenntniss des Verlaufes dieser Krankheiten bald nur mehr auf die Mitglieder der Thierarzneischulen und höheren Lehranstalten, welchen die Verwendung derart kranker Thiere für ihre Zwecke ausnahmsweise gestattet wird, beschränkt bleiben, dagegen aufhören wird, ein Gemeingut der praktischen Thierarzte zu sein.
Aus veterinärpolizeilichen Rücksichten ergibt sich eine Tödtung der kranken Thiere als nothwendig bei der Rinderpest, als einer für
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die nicht russischen Länder exotischen Infeetionskrankheit, dann bei den nach den bisherigen Erfahrungen als unheilbar anzusehenden ansteckenden Thierkrankheiten, wie Rotz (Wurm) und Wuth, dann empfehlenswerth bei solchen infectiösen Krankheitsprocessen, welche nur in seltenen Fällen zur vollständigen Heilung kommen, wie bei der Lungenseuche, endlich auch bei manchen in der Regel heilbaren übertragbaren Krankheiten, wenn sie entweder wegen ihrer vorgeschrittenen Entwicklung oder ihres Vorkommens bei herunter
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gekommenen oder von früher her kachektischen Thieren keine Aus-
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sicht auf einen entsprechenden Erfolg eines Heilverfahrens bieten, wie bei der Krätze. Nicht minder ist es wünschenswerth, dass auch in Fällen des begründeten Verdachtes der Rotzkrankheit die Tödtung derart kranker Thiere im Interesse des Allgemeinwohls angeordnet werden könne.
In ökonomischer Beziehung kann sich die Tödtung der an ansteckenden Krankheiten leidenden sehlachtbaren Thiere deren Eigenthümern dann empfehlen, wenn die Krankheit an und für sich
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selten vollkommen heilbar ist und die Schlachtung zu einer Zeit vor-
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genommen werden kann, wo die Thiere noch die Eignung für den Verbrauch besitzen.
Das ausnahmslose Tödten der nur einer Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesenen, daher auch nur möglicherweise angesteckten, jedoch noch gesund erscheinenden Thiere ist aus veterinärpolizeilichen Rücksichten gesetzlich nur bei der Rinderpest und Wuth an-;'#9632;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;geordnet.
Aus ökonomischen Rücksichten kann sich das Schlachten der einer Infectionsgefahr ausgesetzt gewesenen Thiere bei dem Auftreten einer ansteckenden Krankheit in einem Viehbestande empfehlen welche leicht überti'agbar und mit grosser Lebensgefahr verbunden ist, wie bei der Lungenseuche und der Schafpocke.
Das österreichische (sect; 20, 5) und das deutsche Thier-seuchengesetz (sect; 24) enthalten in dieser Rücksicht die Bestimmung, dass die unverzügliche Tödtung seuchekranker und verdächtiger Thiere nur in jenen Fällen angeordnet werden dürfe, welche in dem Gesetze ausdrücklich vorgesehen sind, und keine Anwendung auf solche Thiere finde, welche in einer der Staatsaufsicht unterstellten höheren Lehranstalt sich befinden, um dort für die Zwecke derselben verwendet zu werden.
Das österreichische Gesetz ermächtigt die politische, beziehungsweise die Ortsbehörde, die Tödtung von Thieren, welche wegen Verdachtes der Lungenseuche (sect; 28) oder des Rotzen (sect; 29)
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Entschädigung für getSdtete Tliiero.
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Sperrmassregeln unterworfen sind, dann anzuordnen, wenn sie in verbotwidriger Verwendung oder ausserhalb der ihnen angewiesenen Räumlichkeit oder an Orten betroffen werden, zu welchen der Zutritt für sie verboten ist, und verordnet nebst der Tödtung der rinderpestkranken Thiere (Rinderpestgesetz sect; 21) jene der rotz- (wurm-) kranken (sect; 29) und der wuthkranken Thiere (sect; 35), dann der als unheilbar erkannten krätzigen Pferde und Schafe (sect; 33 und 34); ferner unter bestimmten Verhältnissen die Tödtung von Thieren, welche Erscheinungen zeigen, die den Rotzverdacht begründen (sect; 29). Rücksichtlich der verdächtigen Thiere verfügt sie die Tödtung ausser bei der Rinderpest (Rinderpestgesetz sect; 21) auch bei Wuthverdacht der Hunde und Katzen (sect; 35) und empfiehlt sie bei Lungenseuche (Durchführungsverordnung zu sect; 28 des Gesetzes).
Die revidirte Instruction zu dem deutschen Einderpestgesetze ordnet gleichfalls die Tödtung aller pestkranken und verdächtigen Thiere (sect; 25) an. Das deutsche Viehseuchengesetz ermächtigt die Polizeibehörde, die sofortige Tödtung von Thieren zu verordnen, welche bestimmten Verkehrs- und Nutzungsbeschränkungen oder der Absperrung unterworfen sind und in verbotwidriger Benützung oder ausserhalb der ihnen angewiesenen Räumlichkeit, oder an Orten betroffen werden, zu welchen ihr Zutritt verboten ist (sect; 25). Es verfügt ferner die Tödtung wuthkranker (sect; 37), rotz- (wurm-) kranker Thiere (sect; 40) und lungen-seuchekranker Einder (sect; 45), dann unter bestimmten Umständen jene rotzverdäeh-tiger Thiere (sect; 42); ferner die Tödtung wuthverdächtiger Hunde und Katzen (sect; 37) und eventuell die Tödtung lungenseucheverdächtiger Einder (sect; 45).
Da die Tödtung kranker, noch mehr aber die Tödtung der blos einer Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesenen, daher möglicherweise gar nicht inficirten, sogenannten verdächtigen Thiere jedenfalls einen Eingriff in die Eigenthumsrechte des Viehbesitzers darstellt und nur aus Rücksicht auf das Allgemeinwohl gerechtfertigt werden kann, so muss eine Ersatzleistung für derlei enteignetes Vieh unter gewissen Voraussetzungen unbedingt als billig erkannt werden.
Eine Entschädigung wird überall geleistet aus Anlass der Rinderpest fur das über behördliche Anordnung getödtete (der Keule unterzogene) evident kranke sowohl, als für das verdächtige, d. i. der Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesene, aber anscheinend noch gesunde Vieh. Im Interesse der Erzielung einer frühzeitigen Anzeige der Krankheitsausbrüche und der davon abhängigen Ermöglichung einer raschen Seuchentilgung wird in Oesterreich (sect; 35 des Rinderpestgesetzes) und in dem Deutschen Reiche (sect; 3 des gleichnamigen Gesetzes) der gemeine Schätzungswerth als Entschädigung aus dem Staatsschatze, beziehungsweise der Bundescasse vergütet.
Welche Umstände den Verlust der Entschädigung zur Folge haben, wird bei der Rinderpest angeführt werden.
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Für Thiere, welche wegen einer der in dem Thierseuchen-gesetze namhaft gemachten ansteckenden Krankheiten über behördliche Anordnung im Sinne des Gesetzes getödtet werden, wird in Oesterreich eine Entschädigung nicht geleistet; wohl in der Voraussetzung, dass die der Tödtung zu unterziehenden Thiere, als an einer unheilbaren Krankheit leidend, an und für sich als verloren für den Eigenthümer anzusehen sind, und in der Besorgniss, dass durch das Zugeständniss einer Entschädigung die Nachlässigkeit der Viehbesitzer nur unterstützt, zu Unterschleifen derselben und zum Stationärwerden der Krankheit Anlass gegeben werden könnte.
Nur für Thiere, welche wegen Rotzverdachtes über behördliche Anordnung getödtet werden, wird in dem Falle durch Vergütung des gemeinen Werthes aus dem Staatsschatze Entschädigung geleistet, wenn sie bei der vorgenommenen Section mit der Rotzkrankheit nicht behaftet befunden werden (sect; 37 und 39).
Die Gewährung einer Entschädigung für Thiere, für welche der Staatsschatz keine Entschädigung leistet, aus Mitteln der Länder, Bezirke oder zu bildenden Versicherungsverbände ist in Oesterreich der Landesgesetzgebung vorbehalten (sect; 41).
Das deutsche Viehseuchengesetz gewährt für die auf polizeiliche Anordnung getödteten oder nach erfolgter Anordnung an der Seuche gefallenen Thiere eine Entschädigung (sect; 57) in der Höhe des gemeinen Werthes der Thiere, ohne Rücksicht auf den Minderwerth, welchen sie dadurch erleiden, dass sie mit der Seuche behaftet sind; jedoch hat die Entschädigung bei den mit der Rotzkrankheit behafteten Thieren drei Viertel, bei dem mit der Lungenseuche behafteten Rindvieh vier Fünftel des so berechneten Werthes zu betragen. Hievon ist abzuschlagen die aus Privatverträgen zahlbare Versicherungssumme und der Werth der verwendbaren Theile des getödteten Thieres (sect; 59).
Keine Entschädigung wird im Deutschen Reiche gewährt für Thiere, welche den Staatsverwaltungen angehören, für solche, welche mit der ansteckenden Krankheit behaftet in das Reichsgebiet eingeführt worden sind, endlich für Thiere, bei welchen nach ihrer Einführung in das Reichsgebiet innerhalb 90 Tagen die Rotzkrankheit oder innerhalb 180 Tagen die Lungenseuche festgestellt wird, falls nicht der Nachweis erbracht werden kann, dass die Ansteckung der Thiere erst nach deren Einführung in das Reichsgebiet stattgefunden hat (sect; 61).
Die Gewährung einer Entschädigung kann versagt werden für Thiere, welche mit einer ihrer Art oder dem Grade nach unheil-
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Entschädigung für getödtete Thiere.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;61
baren oder unbedingt tödtlichen Krankheit, mit Ausnahme jedoch des Rotzes und der Lungenseuche, behaftet waren, für das in Schlachtviehhöfen oder in öffentlichen Schlachthäusern aufgestellte, auf polizeiliche Anordnung geschlachtete oder getödtete Schlachtvieh, endlich fur Hunde und Katzen, welche aus Anlass der Tollwuth getödtet wurden (sect; 62).
Der Anspruch auf Entschädigung entfällt, wenn der Besitzer der Thiere vorsätzlich oder fahrlässig oder Jener, welchem deren Beaufsichtigung übertragen ist, vorsätzlich die Anzeige von dem Ausbruche der Seuche oder von dem Seuchenverdachte unterlässt, oder länger als 24 Stunden nach erhaltener Kenntniss verzögert; wenn der Besitzer eines der Thiere mit der Seuche behaftet gekauft oder durch ein anderes Eeehtsgeschäft unter Lebenden erworben hat und von diesem kranken Zustande beim Erwerbe des Thieres Kenntniss hatte, endlich wenn unter bestimmten Verkehrsbeschränkungen stehende Thiere deshalb über behördliche Anordnung getödtet werden, weil sie in verbotwidriger Benützung oder ausser-halb der ihnen angewiesenen Räumlichkeit oder an Orten, zu welchen ihr Zutritt verboten ist, betroffen werden, oder wenn dem Besitzer oder dessen Vertreter die Nichtbefolgung der angeordneten Schutzmassregeln zur Abwehr der Seuchengefahr zur Last fällt (sect; 63).
Die Bestimmung, von wem die Entschädigung zu gewähren und wie dieselbe aufzubringen ist, wird den Einzelstaaten des Deutschen Reiches überlassen, und bleiben die in dieser Hinsicht daselbst bereits bestehenden Vorschriften unberührt. Insoweit solche nicht entgegenstehen, sind die Landesregierungen befügt, zu bestimmen, dass die Entschädigung für getödtete Pferde und Rinder bis zum Eintritt einer anderweitigen landesverfassungsmässigen Regelung durch Beiträge der Besitzer von Pferden und Rindvieh aufgebracht werde (sect; 58). In diesem Falle dürfen jedoch diese Beiträge für Thiere. welche dem Reiche, den Eiuzelstaaten oder zu den landesherrlichen Gestüten gehören und für das in Schlachtviehhöfen oder in öffentlichen Schlachthäusern aufgestellte Schlachtvieh nicht beansprucht werden (sect; 64).
Aehnliche Bestimmungen waren für Preussen bereits durch das Viehseuchengesetz vom 25. Juni 1875 erlassen. Die zu leistende Entschädigung wird dort für die mit der Rotzkrankheit oder mit der Lungenseuche behafteten Thiere im Falle der auf polizeiliche Anordnung erfolgten Tödtung derselben von den Provinzialverbänden gewährt, innerhalb welcher nach Massgabe des vorhandenen Pferde-und Rindviehbestandes ein verhältnissmässiger Beitrag derart erhoben
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62nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entschädigung fOr getBdtete Thiere.
werden soll, dass die Entschädigung fur getödtete rotzkranke Pferde den sämmtlichen Pferdebesitzern, die Entschädigung für getödtetes lungenseuchekrankes Rindvieh den sämmtlichen Rindviehbesitzern auferlegt wird. Die Entschädigung für die aus einem anderen Anlasse über behördliche Anordnung getödteten Thiere, fällt, wenn nicht — wie bei Tollwuth oder einer ihrer Art oder dem Grade nach unheilbaren oder unbedingt tödtliehen Krankheit oder wegen bestimmter, in dem Gesetze ausdrücklich aufgeführter Umstände — jeder Ansprach auf eine Entschädigung überhaupt entfällt, dem Staatsschatze zu.
Aus den Jahresberichten über die Verbreitung der Thierseuchen in Preussen ist zu entnehmen, dass seit dem Erlasse dieses Gesetzes, durch welches eine Entschädigung für getödtete seuchekranke Thiere zugestanden wurde, die Anzeigen über Rotzfälle bedeutend zugenommen haben, wodurch die Möglichkeit geboten war, rotzkranke Thiere, welche ohne eine solche Bestimmung vielleicht noch monatelang verwendet worden wären und zur Verschleppung des Ansteckungsstoffes nach verschiedenen Riehtungen hin Anlass gegeben hätten, baldigst zu beseitigen. Ausserdem wurde es durch diese Anordnung auch möglich, das Tilgungsverfahren bei der Lungenseuche durch die Anwendung der Keule bei kranken sowohl als bei verdächtigen Thieren zu beschleunigen, während ohne eine solche Ermächtigung die Seuche ihrem schleppenden Verlauf hätte überlassen werden müssen, wobei Verschleppungen des Ansteckungsstoffes kaum hintanzuhalten gewesen wären.
Für das Grossherzogthum Baden wurde durch ein Gesetz vom 3. Februar 1879 eine Entschädigung für über polizeiliche Anordnung getödtete, mit Rotz behaftete Pferde mit drei Vierteln, für mit Lungenseuche oder Milzbrand behaftete Rinder mit vier Fünfteln des gemeinen Werthes der Thiere ausgesprochen. Die Vergütung wird aus der Staatseasse vorgeschossen und der hie-durch erwachsene Aufwand jährlich durch Beiträge sämmtlicher Viehbesitzer des Landes gedeckt. Nach dembayerischen Gesetze vom 21. März 1881 wird die Entschädigung für die auf polizeiliche Anordnung getödteten Thiere von der Staatseasse gewährt.
Das Princip der Leiatxing einer Entschädigung für die aus Anlass der Einderpest getödteten kranken und verdächtigen Thiere hat nahezu in allen Staaten Europas Eingang gefunden; nur hezüglich der Höhe der Entschädigung hesteht keine Uebereinstimmung. Die Mehrzahl der Seuchengesetze gesteht auch eine Entschädigung für Thiere zu, welche wegen anderer infgetiöser Krankheiten im allgemeinen Interesse über behördliche Anordnung getödtet werden, worüber bei den
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einzelnen Krankheiten berichtet werden wird. Ebenso sind in diesen Gesetzen die Fälle präcisirt, in welchen der Anspruch der Thierbesitzer auf eine Entschädigung zu entfallen hat.
Die Ausmittlung des Werthes der der Tödtung zu unterziehenden Thiere ist yor der Tödtung durch Schätzung festzustellen.
Nach dem österreichischen Thierseuchengesetze hat die Schätzungscommission aus drei Schätzmännern zu bestehen, nämlich aus zwei hierzu besonders beeideten Vertrauensmännern und einem von der politischen Behörde bestimmten Orgaue. Bei Uebereinstimmung der Mitglieder der Schätzungscommission in der Werthbestimmung ist die Entschädigung darnach zu bemessen; bei abweichenden Meinungen ist der Durchschnitt der von ihnen ausgesprochenen Beträge als Schätzungswerth anzunehmen. Von diesem ist der Werth jener Theile, über welche dem Besitzer eine Verfügung zugestanden wird, in Abrechnung zu bringen. Ueber die Schätzung ist ein Protokoll aufzunehmen, welches nebst einer auf Grund desselben zu verfassenden Sehätzungsliste an die politische Bezirksbehörde einzusenden ist (sect; 38).
Der Ausspruch über die zu leistende Entschädigung ist von der politischen Landesbehörde unter Freilassung der Berufung an das Ministerium des Innern zu fällen (sect; 40).
Das deutsche Viehseiichengesetz überlässt die Bestimmung, wie die Entschädigung im einzelnen Falle zu ermitteln und festzustellen ist, den Einzelstaaten, wobei die in dieser Hinsicht bereits bestehenden Vorschriften unberührt bleiben (sect; 58).
Das preussische Viehseuchengesetz vom Jahre 1875, dessen bezügliche Anordnungen demnach unverändert beibehalten werden, setzt die Schätzungscommission aus dem beamteten Thier-arzte und zwei Schiedsmännern zusammen (sect; 63), welche über das Ergebniss der Schätzung eine Urkunde aufzunehmen und der Ortspolizeibehörde zu übersenden haben (sect; 65). Soweit nicht jede Entschädigung ausgeschlossen ist, muss sofort nach vollzogener Tödtung des Thieres dessen Krankheitszustand, soweit erforderlich nach vorheriger Oeffnung des Cadavers, rücksichtlich der Entschädigungsleistung endgiltig festgestellt werden.
Aehnlich lauten die in den Thierseuchengesetzen anderer Länder ausgesprochenen Bestimmungen in Betreff der Abschätzung der zur Tödtung bestimmten seuchekranken Thiere.
7. Die Unschädlichmachung (Desinfection) der von den seuchekranken und verdächtigen Thieren benützten Ställe und Standorte, der mit denselben in Berührung gekommenen Geräth-
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Schäften und sonstigen Gegenstände, insbesondere auch der Kleidungsstücke solcher Personen, welche mit den kranken Thieren in Berührung gekommen sind, erforderlichenfalls auch die Desinfection von Personen, welche mit seuchekranken Thieren in Berührung gekommen sind (österreichisches Gesetz sect; 20, 7; deutsches Gesetz sect; 27).
Die Desinfection hat die Vernichtung oder, wo dies unthun-lich ist, wenigstens die Unschädlichmachung der Infectionserreger zur Aufgabe. Insolange aber die Kenntniss der Lebensbedingungen und der Lebensenergie einer grossen, ja der überwiegenden Zahl dieser letzteren noch mangelhaft ist, wird sich die Desinfection in den meisten Fällen mit mehr allgemeinen Methoden begnügen müssen.
Indem es sich hier nur um die Desinfection nach Infections-krankheiten im engeren Sinne, mithin nach solchen Krankheiten, als deren Erreger Spaltpilze angesehen werden, handeln kann, da jene nach zooparasitären Krankheiten bei der Kenntniss der speciellen Krankheitserreger bei den einzelnen Krankheiten eine verschiedene sein wird, so muss vor Allem bemerkt werden, dass v. Nägeli („Die niederen Pilze in ihren Beziehungen zu den Infectionskrankheitenquot;, S. 203) seine Betrachtungen über Desinfection in folgende Sätze zusammengefasst: Die Infectionserreger können in lufttrockenem Zustande nicht mit Sicherheit zerstört werden, in benetztem dagegen nur durch Siedhitze; sie werden durch die bisherigen Antiseptica nicht zerstört, sondern nur in einen unthätigen Zustand versetzt, somit con-servirt; sie werden durch Fäulniss, durch Aufenthalt in Wasser und durch Hitze verändert und zur Infection untauglich; sie sind endlich unschädlich, wenn sie in nassem Zustande fortgeschafft werden.
Als sicheres Desinfectionsmittel ist daher vor Allem Hitze, in der nothwendigen Stärke und Dauer angewendet, anzusehen. Selbstverständlich widersteht der Glühhitze kein organisirter Infections-exTeger. In siedendem Wasser gehen bei hinreichend langer Ein-wirkung die Infectionspilze, mit Ausnahme der Dauersporen, welche wegen der sie umgebenden Lufthülle sich nur langsam zu benetzen scheinen, zu Grunde, insbesondere wenn dem Wasser eine g-eringe Menge von Säure oder Lauge zugesetzt wurde. Ein kurz dauerndes Erhitzen im Wasser unter der Temperatur der Siedehitze soll dagegen die Entwicklung der Spaltpilze sogar fördern.
Trockene Hitze wirkt erst bei einer Temperatur, welche 130deg; C. übersteigt, und nach einer Einwirkung von mehreren Stunden Baeterien tödtend.
Dieselbe Wirkung kann durch die Anwendung anorganischer Säuren, wie Schwefelsäure, oder alkoholischer Substanzen in einer
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Desinfection,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 65
solclien Concentration, dass hiei-bei organisclie Gewebe aufgelöst werden, besonders in heissem Zustande, erreicht werden.
Unter den Substanzen, von welchen vorausgesetzt wird, dass sie die Infectionserreger in einen unthätigen Zustand zu versetzen vermögen, in dem sie weder Lebensäusserungen zeigen, noch sich vermehren können, nimmt wohl den ersten Platz das Phenol, die Carbolsäure, ein, von welcher schon eine l%ige Lösung genügt, die Lebensthätigkeit der meisten Bacterien aufzuheben.
Sie kommt als reine krystallisirte und als rohe Carbolsäure vor, von welchen die letztere in einem variablen Verhältnisse (20 bis 500/0) reine Carbolsäure enthält. Das verwandte Thymol, die aus der Carbolsäure abgeleitete Salicylsäure und die der letzteren nahe verwandte Benzoesäure finden unter den gewöhnlichen Verhältnissen als Desinfectionsmittel kaum Anwendung.
Zur Desinfection von Ställen, Jaucherinnen raid Canälen wird auch der carbolsäure Kalk für sich oder mit Eisenvitriol gemengt benützt.
Ausserdem werden zu den Desinfectionsmitteln gerechnet die Dämpfe der schwefligen Säure und des Chlors, welche insbesondere dann antibacteriell wirken, wenn der zu dcsinficirende Gegenstand vorher angefeuchtet worden ist, dann die Dämpfe der salpetrigen Säure.
Neutralsalze hemmen nur bei starker, dagegen viele Salze der Schwermetalle, wie Eisenvitriol, Eisenchlorid, Zinkvitriol, Zinkchlorür, schon in massiger Concentration die Lebensthätigkeit der Mikroorganismen.
Wie v. Nägeli bemerkt, werden die Infectionspilze in blossem Wasser bei gewöhnlicher Temperatur nach längerer, in giftiger Lösung und besonders auch in faulenden Substanzen nach kürzerer Zeit dauernd imschädlich gemacht. Sie werden aber auch dann unschädlich, wenn sie sich nicht in die Atmosphäre verbreiten können, was dadurch zu erreichen ist, dass gefährliche Substanzen so lange benetzt erhalten werden, bis sie aus dem Bereiche, wo sie schädlich wirken können, fortgeschafft und dauernd unwirksam gemacht sind.
Eine präservative Desinfection, d. i. die Vernichtung oder besser Unschädlichmachung der Infectionserreger, bevor sie in den thierischen Körper eingedrungen sind und dort ihre Thätigkeit ausüben, konnte, wenn von der antiseptischen Wundbehandlung abgesehen wird, bisher nur eine beschränkte Anwendung finden; da die Infectionserreger, wenn sie einmal in das Innere eingedrungen sind,
Roll. Thierscucheunbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ö
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selbst den ki-äfti^sten Desinfectionsmittela widerstehen, während der thierische Organismus durch dieselben wesentlich angegriffen wird.
Ausserdem ist aber, wie H. Buchner („Ueber die Wirkungen der Spaltpilze im lebenden Körperquot;, S. 90) hervorhebt, in Betracht zu ziehen, dass, wenn auch die Einführung antibacterieller Substanzen in das Blut und in die Säfte nicht in solcher Menge stattfindet, dass daraus der Tod des Organismus oder des Gewebes erfolgt, sie doch toxisch oder auf indirectem Wege mittelst der Pilze nachtheilig wirken könne; da nach eingetretener Aufsaugung und Ausscheidung des vergiftenden Antisepticums der Schutz hinwegfällt, den dasselbe gegen die Pilze allenfalls geleistet hat, während in Folge der Vergiftung eine länger dauernde Veränderung des Gewebes zurückbleibt, welche dasselbe seiner Widerstandsfähigkeit gegen die Pilze beraubt und es deren Wirkungen erst völlig preisgibt. Eine Desinfection könnte nur insolange mit einiger Aussicht auf Erfolg versucht werden, solange der Infection sherd noch auf die Haut oder den Anfangstheil der sichtlichen Schleimhäute beschränkt ist. In einem solchen Falle würden die gewählten Substanzen in ziemlich concentrirtem Grade (als Aetzmittel) zur Anwendung zu kommen haben.
Die Assanirung von Gegenden, in welchen gewisse Infections-krankheiten häufig vorkommen oder sogar enzootisch sind, durch Trockenlegung von Sümpfen oder Morästen, durch Regulirung des Grundwassers mittelst Tieferlegens oder mittelst Herbeiführung eines gleichmässigen Standes desselben, sowie die Assanirung von Ställen, in welchen solche Krankheiten ständig oder öfter herrschen, durch Abschliessung derselben von der Grundluft mittelst eines für sie undurchlässigen Fussbodens, durch Verhinderung des Eindringens von Fäulnissgasen aus Canälen, Jauchegruben u. dgl., durch Abfuhr der verdorbenen Stallluft mittelst entsprechender Ventilationsvorrichtungen würde jedenfalls den wichtigsten Theil der präservativen Desinfection bilden, dessen Durchführung jedoch meistens an dem Kostenpunkte scheitern wird. Die Vorschriften des k. k. Reichs-Kriegsrainisteriums, betreffend Directiven für Stall-Hygiene, haben den in dieser Rücksicht in baulicher Beziehung zu stellenden Forderungen thunlichst zu entsprechen gesucht.
Die Durchführungsverordnung zu dem österreichischen Thierseuchengesetze enthält (sect; 20, 7) nachstehende Directiven für die Desinfection.
Als Mittel, welche zur Desinfection, in Anwendung kommen können, werden angeführt:
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Desiofectionsmittel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;67
Alkalische Laugen (Potasche oder Soda in der 12- bis löfaehen Menge siedenden Wassers gelöst und die gleiche Gewichtsmenge zerfallenen frischen Aetzkalks zugesetzt) zur Desinficirung von Holzgegenständen, Steinpflaster, Mauerwerk, dann mit einer grösseren Menge Wasser verdünnt, wobei jedoch der Gehalt an Potasche oder Soda nicht unter 2% sinken darf, zur Desinfection von Leinen-und Baumwollstoffen;
Aetzkalk, als trockenes Pulver zum Beschütten der Cadaver; mit Wasser zu einem Brei angerührt zum Tünchen der Wände, zum Begiessen des Düngers; mit einer grösseren Menge Wasser versetzt (1 : 60—100) zum Einlegen von Häuten, Därmen, Klauen, Hörnern;
Salpeter und Kochsalz für sich oder mit einander gemengt zur Conservirung frischer thierischer Rohstoffe; in wässeriger Lösung zur Desinfection von Häuten, Därmen, Klauen u. s. w.;
Chlorkalk, trocken zur Entwicklung von Chlordämpfen, entweder für sich oder unter Zusatz von Säuren, am besten Salzsäure; mit der zehnfachen Menge Wasser zu einem Brei abgerührt zum Uebertünchen von Fussböden, Holz- oder Mauerwänden; in der zwanzigfacheu Verdünnung zum Bestreichen von Lederzeug, zur Desinfection thierischer Rohstoffe;
Uebermangansaures Kali oder Natron in 50/0iger Lösung zum Desinficiren der Hände und anderer Körpertheile, sowie chirurgischer Instrumente;
Eisenvitriol in 2- bis öliger Lösung zum Uebergiessen und Desinficiren des Düngers;
Carbolsäure (rohes Creosotöl, Carbolöl) in 5- bis 100/0iger Lösung zur Desinfection von Dünger, Holzwerk und der verschiedensten anderen Gegenstände. Wegen ihres an den Gegenständen lange haftenden Geruches muss ihre Anwendung dort vermieden werden, wo Schlachtthiere sich befinden, da das Fleisch der letzteren den Geruch nach Carbolsäure annimmt. In vielen Fällen kann statt derselben der Steinkohlen- oder Holzkohlentheer Anwendung finden. Eine 2,/2~ bis 5%ige Lösung der krystallisirten Carbolsäure eignet sich zur Desinfection chirurgischer Instrumente und zum Spray in Seuchenstallungen;
Gase und Dämpfe von Mineralsäuren zur Desinfection luft-haltiger Räume, sowie solcher Gegenstände, welche Ansteckungsstoffe leicht aufnehmen, wie Kleider, Wolle, Haare u. dgl. Hierher
gehören:
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Chlorgas, entwickelt entweder aus Chlorkalk, welchem man irgend eine Säure, am besten Salzsäure, beimischt, oder aus einem Gemenge von 3 Theilen Kochsalz, 1 Theil gepulvertem Braunstein und 2 Theilen vorher mit der gleichen Menge Wasser verdünnter jnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Schwefelsäure, oder aus einer Mischung von grob zerstossenem
Braunstein und Salzsäure. Behufs reichlicher Entwicklung von Chlorgas muss das Gefäss, in welchem die Mischung sich befindet, durch Einstellen in warmes Wasser oder durch gelindes Kohlenfeuer erwärmt werden;
Schweflige Säure, entwickelt durch Anzünden von Schwefel oder Schwefelfäden; ihre Wirkung tritt an feuchten Stoffen stärker als an trockenen hervor;
Salpetrige Dämpfe (Smyth'sche Räucherung), durch Erwärmen eines Gemisches von gleichen Theilen Salpeter und Schwefelsäure erzeugt.
Räume, in welchen solche Räucherungen als Desinfectionsmittel in Anwendung kommen, müssen während der Räucherung vollkommen geschlossen gehalten werden und muss die Dauer der Einwirkung der Gase mindestens 12 Stunden betragen.
Höhere Temperatur. Siedend heisses Wasser, besonders wenn es einen geringen Gehalt an Säure oder Lauge hält, und 100deg; heisser Wasserdampf empfehlen sich als Desinfectionsmittel; es muss jedoch Sorge getragen werden, dass der erforderliche Hitzegrad entsprechend lang einwirke. Gegenstände, welche Glühhitze oder Flammenfeuer vertragen, werden hierdurch am schnellsten und sichersten desinficirt.
Atmosphärische Luft. Trockene bewegte Luft führt zum Aus trocknen der Infectionserreger und lähmt deren Lebensenergie. Das vollständige Austrocknen thierischer Theile (z. B. Häute) ist bei manchen Infectionskrankheiten (jedoch in keinem Falle bei Milzbrand) ein genügendes Desinfectionsmittel für dieselben.
Dieselben Desinfectionsmittel, mit Ausnahme der Dämpfe der salpetrigen Säure, gibt anch die der Instruction zur Ausführung des deutschen Viehseuchengesetzes vom Jahre 1880 beigegebene Anweisung für das Desinfectionsver-fahren an.
Der eigentlichen Desinfeetion von Zwischenträgern der Infec-tionsstoffe hat in der Regel eine eindringliche Reinigung vorauszugehen, wenn diese nicht schon mit Mitteln bewirkt wird, welche, wie Laugen, Seife, Kalkmilch u. dgl., augleich auch desinficirend wirken.
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Desiufectiou von Ställea und Standorten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;69
Bei der Wahl der Desinfeetionsmittel ist die Natur und Widerstandsfähigkeit des Infectionsstoffes, insofern diese bekannt sind, sowie die Beschaffenheit der zu desinficirenden Gegenstände zu berücksichtigen und dabei an dem Grundsatze festzuhalten, dass der erstere womöglich bleibend unwirksam gemacht und der damit behaftete Gegenstand nicht mehr geschädigt werde, als die Erreichung des Zweckes der Desinfection erfordert.
Bei sehr widerstandsfähigen Ansteckungsstoffen werden nach der Beschaffenheit der Gegenstände und nach dem Grade der Infi-cirung nöthigenfalls mehrere Desinfeetionsmittel, und zwar in con-centrirterer Form anzuwenden sein.
Das nach einzelnen ansteckenden Thierkrankheiten insbesondere noch zu beobachtende Desinfectionsverfahren wird an den betreffenden Orten angeführt werden.
Bezüglich der Desinfection verseuchter Stallungen, sowie ähnlicher geschlossener verseuchter Räumlichkeiten und der darin befindlichen Gegenstände enthält die Durchführungsverordnung zu dem österreichischen Thierseuchengesetze folgende Bestimmungen:
In Seuchenstallungen, welche noch von kranken Thieren besetzt sind, ist für genügende Lüftung, öftere Entfernung des Düngers und Reinigung des Fussbodens, sowie der Jaucherinnen durch Wasserspülung und Eingiessen verdünnter roher Carbolsäure oder Eisenvitriollösung zu sorgen. Eine schwache Entwicklung von Chlorgas kann bei dem Vorhandensein übelriechender Ausdünstungen der kranken Thiere (ebenso der wie Carbolsäurespray) von Vortheil sein.
Entleerte Stallungen sind auf folgende Weise zu desinficiren:
Vorerst ist Dünger und Streustroh zu entfernen, auf Aecker auszuführen und unterzuackern oder zu verbrennen. Bei dem Ausführen und Unterackern dürfen ansteckungsfähige Tliiere nicht verwendet werden, von dem Wagen abfallender Dünger ist sammt der durch ihn verunreinigten obersten Erdschichte aufzusammeln.
Nach Entfernung des Düngers ist der Stallboden rein zu kehren, die Mauer des Stalles abzufegen. Undurchlässiges, festes Pflaster des Fussbodens (Cementpflaster, in Cement gelegte Klinker u. dgl.) sind mit heisser Lauge zu waschen und dann mit Kalkmilch zu bestreichen; ebenso ist gewöhnliches dichtes Steinpflaster zu behandeln. Schlechtes Pflaster, sowie hölzerne, schadhafte, durchlässige Fussböden sind herauszunehmen und nach Entfernung der durchfeuchteten Erde neu herzustellen. Das gesunde Holzwerk der Fuss-
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70nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Desinfection von Ställen.
böden und brauclibare Steine dürfen nach vorausgegangenem Reinigen und Abschlämmen mit Kalkmilch oder nach Bestreichen mit roher Carbolsäure wieder verwendet werden. Nicht gepflasterter Fussboden muss mindestens 20 cm tief abgegraben und durch neue Erde ersetzt werden.
Die Mauerwände des Stalles sind abzukratzen und dann mit Kalkmilch zu übertünchen. Von Lehmwänden ist nach Erfordemiss eine Schichte abzutragen, dieselbe durch eine neue zu ersetzen und hierauf letztere zu übertünchen. Hölzei-ne Wände und Bretterverschläge sind mit heisser Lauge zu waschen und dann mit Chlorkalkmilch oder mit einer Mischung von Carbolöl mit Kalkmilch zu übertünchen.
Oelanstriche sind gründlich mit warmem Wasser abzuwaschen, schadhafte nach vorausgegangener Abwaschung zu erneuern oder mit einer Carbolöllösung zu bestreichen.
Decken, Balken, Säulen, Streitbäume, Thüren, Fensterrahmen, Barren u. s. w. des Stalles sind je nach dem Material wie die Wände zu behandeln. Geräthe von Holz, wie Krippen, Raufen, Stallrinnen u. dgl. sind, wenn sie werthlos oder schon schadhaft sind, zu verbrennen, sonst mit heisser Lauge zu scheuern, dann abzuwaschen und zuletzt mit einer Desinfectionsflüssigkeit anzustreichen.
Eiserne Geräthe sind auszuglühen oder, wenn sie festgemacht sind, mit heissem Wasser zu reinigen und hierauf mit einer Mischung aus 1 Theil roher Carbolsäure auf 4 bis 6 Theile Leinöl zu bestreichen.
Lederzeug (Halftern, Trensen, Geschirre u. s. w.) ist mit schwacher kalter Lauge oder heissem Seifenwasser abzureiben, dann mit Wasser zu waschen und bevor es vollständig getrocknet ist, gut einzufetten. Nach Anwendung von Chlorkalkmilch muss das Lederzeug alsbald mit Wasser gut abgespült und nach dem Trocknen mit einer Mischung aus Carbolöl und Fett eingerieben werden.
Schadhafte Haarpolster des Geschirres und der Sättel sind herauszunehmen und zu verbrennen.
Die zum Ausführen des Düngers, des Erdreiches des Stallbodens, sowie der Cadaver benützten Wagen sind ähnlich den Stallgeräthen zu desinficiren.
Rauhfutter und Stroh, welches über einer undichten Stalldecke gelagert war, darf, wenn es nicht ausreichend gelüftet werden kann, nur an nicht ansteckungsfähige Thiere verfüttert werden.
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Desiuftjction von Weideplatzeu, Personen, Häuten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 71
Den Sehluss der Stalldesinfection bildet nach Erforderniss die Ausräuclierung, nach welcher der Stall noch einer ausgiebigen Durchlüftung auszusetzen ist.
Bestehen die Stallungen aus Ruthengeflechten ohne Lehm-
oder Mörtelanwarf, so sind sie niederzureissen und zu verbrennen.
Aehnliclie Bestimmangen schreibt die Anweisung für das Desinfections-verfahren zu dem deutschen Vieliseuchengesetze vom Jahre 1880 vor.
Weideplätze, welche von seuchekranken Thieren benützt worden sind, dürfen erst nach Entfernung der Excremente, welche wie der Dünger aus Seuchenstallungen zu behandeln sind und nachdem dieselben wenigstens 4 Wochen nach Entfernung der kranken Thiere den atmosphärischen Einflüssen ausgesetzt waren, wieder für andere Thiere benützt werden.
Erforderlichenfalls kann die Desinficirung der Personen, welche mit seuchekranken Thieren in Berührung gekommen sind, angeordnet werden. Dieselbe hat vor Allem die Reinigung der blossen Körpertheile und der Fussbekleidungen im Auge. Bei dem Hinwegführen von Decken, Kleidungsstücken u. dgl. zur Des-infection ist alles Stauben sorgfältig zu vermeiden. Sie werden am besten vorher mit Salzwasser oder verdünnter Carbolsäure aiige-feuchtet, und hierauf wollene Gegenstände in sehwach angesäuertem, leinene und baumwollene in alkalischem Wasser gekocht. Specielle Vorschriften über weitergehende, nach Umständen auch die Bekleidung der Personen betreffende Desinfectionsmassregeln werden bei dem Milzbrande, der Rotzkrankheit und Rinderpest angeführt werden.
Eine Desinfection frischer, von Thieren, welche an ansteckenden Krankheiten gelitten haben, stammender Häute ist nur in jenen Fällen zulässig, in welchen nicht die unschädliche Beseitigung der Cadaver ohne Hinwegnahme irgend eines Theiles, mithin auch der vorher durch Kreuzschnitte unbrauchbar gemachten Haut, verordnet ist. Nach den Bestimmungen des österreichischen, sowie des deutschen Viehseuchengesetzes ist die Abhäutung der Cadaver unbedingt verboten bei Milzbrand, Rotz (Wurm), Wuthkrankheit, dann nach Anordnung der Rinderpestgesetze bei der Rinderpest.
Die Desinficirung der frischen Häute geschieht in jenen Fällen, wo sie nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässig ist, am geeignetsten durch Einlegen derselben in mit Aetzkalk- oder Chlorkalklauge gefüllte Bottiche, in welchen sie durch 24 Stunden belassen werden, oder mittelst Durehräucherung derselben mit den Dämpfen der schwefligen Säure mit darauffolgender Trocknung an der Luft oder sofortiger Abfuhr in eine in der Ortschaft befindliche Gerberei behufs der unverweilten weiteren Verarbeitung. Die vollständige Austrocknung der abgenommenen Häute an einem luftigen Orte, wozu jedoch, wenigstens für die
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72nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Desinfectiou frischer thierischer. Robproducte.
Häute grosser Hausthiere, ein Zeitraum mehrerer Wochen erforderlich ist, kann in den meisten Fällen als genügend desinficireud angesehen werden.
Das zur Benützung zugelassene Fleisch von Thieren, welche im Beginne der Lungenseuche oder im Verlaufe der Maul- und Klauenseuche getödtet worden sind, verliert die Eigenschaft, infectionsfähige Thiere anzustecken, grosseutheils schon durch das vollständige Erkalten, vollkommen jedoch durch die Einwirkung der Siedhitze des Wassers, durch Pökeln und langsames Räuchern.
Fett kann durch Ausschmelzen desinficirt werden. Frische Hörner und Klauen können durch zwölfstündiges Einlegen in Salzwasser, darauffolgendes Abwaschen und Trocknen, Haare, Wolle und Borsten, mit Ausnahme der von an-thraxkranken Thieren stammenden, durch langdauerndes Lüften, durch Räuchern mit Chlorgas oder schwefligsauren Dämpfen desinficirt werden.
In dem Handel vorkommende vollkommen trockene Häute, falls sie nicht von milzbraudkrank gewesenen Thieren stammen, trockene Hörner, Klauen, Knochen, getrocknete oder gesalzene Därme, ausgeschmolzener Talg können als durch den Process des Austrocknens, Pökeins und Schmelzens desinficirt angesehen und, ebenso wie gewaschene Wolle, dann gewaschene Haare und Borsten, ohne ein weiteres Desinfectionsverfahren zum Verkehr zugelassen werden.
Bezüglich der Desinfection der zu Viehtransporten verwendeten Eisenbahnwaggons, welche für Oesterreich durch das Gesetz vom 19. Juli 1879, für das deutsche Reich durch das Gesetz vom 25. Februar 1876 unter allen Verhältnissen als obligatorisch ausgesprochen ist, gelten in Oesterreich folgende Bestimmungen:
Jeder zum Transporte von Wiederkäuern, Schweinen, Pferden, Eseln und Maulthieren verwendete Eisenbahnwagen ist nach jedesmaligem Gebrauche dem Desinfectionsverfahren zu unterziehen; vor bewirkter Desinfection dürfen solche Wagen zu keinerlei Verfrachtung benützt werden.
Jeder zum Viehtransporte verwendete Eisenbahnwagen ist unmittelbar nach der Entladung durch einen auf einer Längsseite des Wagens angebrachten weissen Zettel mit der Aufschrift „zu des-inficirenquot; kenntlich zu machen, auf welchem Zettel auch Tag und Stunde der Entladung, dann, falls die Desinfection nicht in der Ausladestation stattfindet, jene Station ersichtlich zu machen ist, wohin der Wagen zur Desinfection zu bringen ist. Nach bewirkter Desinfection ist unter dem weissen Zettel ein gelber, mit dem Worte „desinficirtquot; und der Angabe des Tages und der Stunde der beendeten Desinfection, aufzukleben. Beide Zettel sind bei der Wiederverladung zu entfernen. Die Desinfection muss längstens innerhalb 48 Stunden nach der Entladung beendigt sein.
Die zur Desinfection bestimmten Eisenbahnwagen sind sorgfältig geschlossen zu halten und bis zur Vornahme der Desinfection abseits aufzustellen; bei der Beförderung derselben in eine Des-
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Desinfection der Eisenbahnwaggons und Schiffe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;73
infectionsstation dürfen Züge, in welchen ausschliesslich Vieh trans-portirt wird, nicht benützt werden. Bei deren Beförderung mit anderen Zügen sind dieselben am Ende des Zuges und nicht unmittelbar an mit Vieh beladene Wagen anzureihen.
Der Desinfection der Wagen hat eine gründliehe Reinigung des Fussbodens, der Wände und Decken mittelst steifer Bürsten oder stumpfer Besen unter Abspülen mit (nach Umständen heissem) Wasser voranzugehen, welche sieh auch auf die hei der Viehbeförderung benützten Geräthe zu erstrecken hat. An jenen Stellen, wo die Ausräumung der Excremente aus den Wagen vorgenommen wird, muss der Boden möglichst undurchlässig (nach der preussi-schen Ausführungsverordnung entweder mit festem Pflaster versehen oder cementirt) sein und sogleich nach der Fortscha.flfu.ng der Excremente desinfieirt werden.
Desgleichen sind die im Gebiete der Eisenbahn befindlichen Viehhöfe, Verladeplätze, Triebwege, sowie die von den Thieren betretenen Rampen und Treppen zu behandeln, und ist der nach jedesmaliger Benützung an ihnen vorfindliche Unrath u. dgl. wegzuschaffen.
Werden beim Eintreffen eines Viehtransportes mit ansteckenden Krankheiten behaftete oder derselben verdächtige Thiere vorgefunden, so hat nebst der Reinigung auch die Desinfection aller Objecte stattzufinden, welche von den auswaggonirten Thieren betreten worden sind.
In den Gepäckswagen befindliche Abtheilungen, sowie Gepäcksbeiwagen, welche zur Beförderung einzelner Viehstücke benützt werden, sind nach jeder Fahrt gleichfalls zu reinigen und zu des-infieiren.
Je nachdem eine bestimmte Gefahr für die Verschleppung ansteckender Thierkrankheiten vorliegt, kann von der politischen Landesbehörde zeitweilig auch eine Desinfection der Vieh-Ein- und Ausladeplätze, der Viehhöfe, Treppen, Rampen allgemein oder nur für den Verkehr mit einzelnen Thierarten, oder für aus bestimmten Ländern oder Landesgebieten kommende Viehtransporte angeordnet werden (sect; 1).
Der bei der Reinigung der Wagen, Treppen, Rampen, Stand-und Verladungsplätze, Triebwege u. s. w. gesammelte Dünger, Kehricht und die Streumaterialien aus den Wagen sind an besonderen, entsprechend isolirten Stellen zu sammeln und, wenn nicht in Anwendung der Thierseuchengesetze deren Vernichtung stattzufinden hat, mit Kalkmilch oder mit verdünnter Schwefelsäure
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74:nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Disinfection der Eisenbahnwaggons und Schiffe.
(1 Theil auf 20 Theile Wasser) zu übergiessen. Zur Fortschaffung des desinficirten oder des zur Vernichtung bestimmten Düngers und Streumateriales dürfen Einderbespannungen nicht verwendet werden (sect; 2).
Diese Bestimmungen haben auch für Viehtransporte mittelst Schiffen riieksichtlich jener Räume, welche zur Unterkunft der Thiere benützt oder von denselben betreten wurden, analoge Anwendung zu finden. Die Desinfection der beim Viehtransporte benützten Schiffsräume und Geräthe muss nach Löschung der Fracht bei Binnenschifffahrt längstens innerhalb 48 Stunden, bei Seeschiffen aber mit Vermeidung eines jeden unnöthigen Aufschubes beendet werden (sect; 7).
Eine Desinfection der zum Transporte thierischer Rohproducte benützten Eisenbahnwagen und Schiffe hat einzutreten nach jedesmaliger Beförderung von trockenen oder nur einer vorläufigen Bearbeitung unterzogenen thierischen, insbesondere von Wiederkäuern stammenden Eohproducten aus seuchenfreien Gegenden eines von der Rinderpest verseuchten Landes, dann von Fleisch und Häuten, welche von Rindern, Schafen oder Ziegen herrühren, die wegen Rinderpestverdachtes, oder von Rindern stammen, welche wegen Lungenseuchenverdachtes getödtet und gesund befunden, oder die von Wiederkäuern herrühren, welche, ohne pestverdächtig zu sein, in einem von der Rinderpest verseuchten Orte oder in einem Seuchenbezirke geschlachtet worden sind (sect; 8).
Die Desinfection der Wagen ist zu bewirken entweder mittelst heisser Wasserdämpfe, die unter einer Spannung von mindestens 2 Atmosphären auf alle Theile im Innenraume des Wagens geleitet werden oder durch heisses Wasser von mindestens 70deg; C, dem ein halbes Percent calcinirte Soda oder Potasche zugesetzt ist, womit alle Theile des Wagens bis zum vollständigen Verschwinden des thierischen Geruches zu waschen sind, oder durch Ausspritzen mit (bei Frost) heissem Wasser und naehheriges Auspinseln des Fussbodens und aller Seitentheile mit einer wässerigen Lösung, welche 2% Carbolsäure und 50/0 Eisenvitriol oder statt des letzteren 30/0 Chlorzink enthält.
Wagen, deren Einrichtung eine Behandlung mit Wasser nicht zulässt, sind nach gründlichem Abwaschen des Fussbodens und der Decke mit alkalischer Lauge einer Ausräucherung durch Chlordämpfe durch acht bis zwölf Stunden zvi unterziehen, während welcher Zeit die Wagen vollkommen geschlossen zu halten sind.
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Desinfection der Eisenbahuwaggons un-l Schiffe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;75
Vor ihrer Wiederbenützung müssen die Wagenräume solange durchlüftet werden, als sie deutlich nach Chlor riechen.
Die während der Beförderung der Thiere zum Tränken und Füttern benützten Geräthe sind ausschliesslich durch Abbrühen mit heissem Wasserdampf oder mit heisser Lauge zu desinficiren; bezüglich der übrigen Geräthe kann eine der zur Desinfection der Wagen zulässigen Verfahrungsweisen in Anwendung kommen.
Die Vieh-Ein- und Ausladeplätze, Viehhöfe, Triebwege, Treppen und Rampen sind in den Fällen, in welchen aussei- der Reinigung auch eine Desinfection derselben stattzufinden hat, entweder durch Begiessen mit einer 2%igen Carbolsäurelösung oder durch Bestreuen mit carbolsaurem Kalk zu desinficiren.
Personen, welche zur Reinigung und Desinfection verwendet werden, haben sich hierbei eigener Ueberkleider zu bedienen, welche nach vollzogener Arbeit in Wasser zu waschen und hierauf einer ausgiebigen Lüftung zu unterziehen sind; das Gleiche hat mit der Fussbekleidung zu geschehen. Solche Personen haben die Hände, und, wenn sie sich einer Fussbekleidung nicht bedienten, auch die Füsse mit einer 2%igen Carbolsäurelösung zu reinigen. Während der Arbeit und vor vollzogener Reinigung haben sie den Verkehr mit Leuten, die mit Vieh zu thun haben, das Nahekommen an Vieh, sowie das Betreten der bereits gereinigten Viehstandplätze u. s. w. zu vermeiden.
In analoger Weise ist die Reinigung und Desinfection der zu Viehtransporten benützten Schiffsräume und Geräthe, sowie der bei der Ausladung der Thiere von diesen betretenen Landungsbrücken und Landungsplätze, die Beseitigung des daselbst und in den Schiffsräumen vorhandenen Düngers, Kehrichts u. s. w., ferner die Desinfection der zum Transporte der früher genannten thierischen Rohproducte benützten Eisenbahnwagen und Schiffe zu bewirken.
Die Desinfection ist unter sachverständiger Aufsicht vorzunehmen und behördlich zu überwachen (sect;sect; 10, 9, 7).
Die Verpflichtung zur Vornahme der Desinfection der Eisenbahnwagen, sonstigen Geräthe und Gegenstände obliegt derjenigen Eisenbahnverwaltung, in deren Bereich das Ausladen der Wagen stattfindet. Erfolgt letztere im Auslande, so ist, falls nicht daselbst die vorschriftsmässige Desinfection vorgenommen und nachgewiesen wird, nach der Rückkehr der Wagen jene Eisenbahnverwaltung zur Desinfection verpflichtet, deren Bahn im Inlande zuerst berührt wird. Die Desinfection, beziehungsweise Vernichtung des Düngers
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76nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Desiutection der Eisenbahnwaggons und Schiffe,
und Streumaterials ist von jener Eisenbahnverwaltung zu bewirken, in deren Bereiche sie vorkommt (sect; 3).
Die Verpflichtung zur Vornahme der Desinfection der für Viehtransporte benützten Schiffe obliegt dem Schiffsführer, beziehungsweise der Transportunternehmung. Eine im Auslande vorgenommene Desinfection kann die für' das Inland vorgeschriebene nur dann ersetzen, wenn die vorschriftsmässige Bewirkung derselben glaubwürdig nachgewiesen wird (sect; 7).
Zur Vornahme der Desinfection der benützten Eisenbahnwagen sind Stationen bestimmt, welche mit allen jenen Einrichtungen in genügendem Masse versehen sein müssen, welche die Durchführung der Desinfection in einer den Anforderungen entsprechenden Weise ermöglichen. Nach diesen Stationen sind die Wagen von jenen Ausladeorten, wo eine Desinfection nicht durchgeführt werden kann, ohne Verzug zu bringen. Bei Beförderung einzelner Viehstücke und Rohproduete kann die Desinfection des betreffenden Wagens, sowie im Allgemeinen jene der beim Transport benützten Geräthe auch in der Ausladestation stattfinden (sect; 4).
Für die mit der Ausführung der Desinfection, beziehungsweise Vernichtung verbundenen Kosten sind die Eisenbahnverwaltungen berechtigt, eine von Zeit zu Zeit bestimmte Gebühr zu erheben. Für die der eigentlichen Desinfection vorangehende oder ohne Rücksicht auf diese vorzunehmende Reinigung findet eine Entschädigung nicht statt (sect; 5).
Die Eisenbahnverwaltungen sind verpflichtet, den Versendern der Thiere zu gestatten, bereits desinficirte Wagen auf eigene Kosten einer nochmaligen vorschriftsmässigen Desinfection zu unterziehen; eine solche muss jedoch innerhalb der von der Eisenbahnverwaltung bestimmten Zeit ausgeführt werden. (sect; 6).
Nahezu vollkommen übereinstimmende Anordnungen enthalten das für das deutsche Keich erflossene Gesetz vom 25. Februar 1876, betreffend die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderungen auf Eisenbahnen, dann die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 6. Mai 1876, betreffend die Ausführung dieses Gesetzes, sowie die für Preussen erflossenen Ausführungsverordnungen des Ministers für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten vom 16. Juni 1876 und 24. Februar 1877.
Als Desinfectionsmittel, welche nach vorausgegangener Beseitigung des Strohes, Düngers u. s. w. und gründlicher Reinigung der Fussböden, Decken und Wände der Eisenbahnwagen durch (bei Frost heisses) Wasser vermittelst stumpfer Besen, nach Auswahl zur Anwendung kommen können, werden dort angeführt:
a) heisse Wasserdämpfe von mindestens 100deg; Cquot;, welche nur bei geschlossenen Wagen zu benützen sind;
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Beseitigung der Cadaver.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 77
b) heissea Wasser von mindestens 70deg; C., welches mittelst Sohläuclien unter hohem Druck in die Wagen so lange geleitet werden muss, bis jeder animalische Geruch vollständig beseitigt ist. Nach Anwendung der Wasserdämpfe oder dos heissen Wassers müssen behufs raschen Austrocknens alle Oefthungen der Wagen aufgemacht werden. Nachdem dies erfolgt und die etwa noch feucht gebliebenen Stellen mit roher Carbolsäure oder Chlorkalklösung bestrichen sind, kann die Desinfection als genügend vollzogen erachtet werden;
cj heisse alkalische Lauge (0-5 Kg Soda oder Potasche auf 200 Kg heisses Wasser); hierbei genügt die Ausspülung des Fussbodens und die Waschung der Wände und Decken der Wagen bis zur vollständigen Beseitigung des animalischen Geruches;
dj Chlorkalklösung (1 Gewichtstheil Chlorkalk auf 12 Gewichtstheile Wasser), womit der Fussboden ausgeschlemmt, Wände und Decken mittelst eines Maurerpinsels oder mittelst um einen Stock gewundener grober Leinwandlappen ausgepinselt werden; auf dieselbe Weise kann auch
ej rohe Carbolsäure mit 6 Theilen Kalkwasser gemengt verwendet werden.
In Wagen, deren Einrichtung die Anwendung von Wasser oder Desinfections-flüssigkeiten nicht allgemein gestattet, sind die waschbaren Theile mit starker Seifenlauge abzuwaschen, die nicht waschbaren Theile stark auszuklopfen und rein abzubürsten.
Die Kampen, sowie die Ein- und Ausladeplätze und die Viehhöfe der Eisen-bahnverwaltungen sind in jenen Fällen, in welchen eine Desinfection derselben angeordnet wird, gründlich zu reinigen und hierauf mit Chlorkalklösung (1 Theil Chlorkalk zu 12 Theilen Wasser und 24 Theilen Kalkmilch) oder mit Carbolsänre-lösung (1 Theil roher 100/oiger Carbolsäure auf 10 bis 12 Theile Kalkwasse;-), welcher auch ein Zusatz von Eisenvitriol gegeben werden kann, zu übergiessen.
Im Winter bei strenger Kälte sind die Rampen nicht zu übergiessen, sondern nach dem Abtriebe des Viehes mit einem Pulver zu bestreuen, welches aus 100 Gewichtstheilen gebranntem, durch Wasserzusatz zu Pulver gelöschtem und hierauf mit 10 Gewichtstheilen mindestens lO'^iger Carbolsäure übergegossenem Aetzkalk herzustellen ist.
Ungepflasterte Rampen u. s. w. sind nach dem Abtrieb des Viehes gründlich zu reinigen und der Erdboden umzuharken.
Durch das deutsche Gesetz (sect; 5) wird weiters bestimmt, dass im Eisenbahndienste beschäftige Personen, welche die ihnen nach den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen vermöge ihrer dienstlichen Stellung oder eines ihnen ertheilten Auftrages obliegende Pflicht der Anordnung, Ausführung oder Ueber-wachung einer Desinfection vernachlässigen, mit einer Geldstrafe bis 1000 Mark, und, wenn in Folge dieser Vernachlässigung Vieh von einer Seuche ergriffen worden, mit Geldstrafe bis zu 3000 Mark oder Gefängniss bis zu einem Jahre bestraft werden, sofern nicht durch das Strafgesetz eine noch schwerere Strafe angedroht ist.
Zu den Desinfectionsmassregeln ist ferner zu rectnen: 8. Die unschädliche Beseitigung der Cadaver der an einer Seuche gefallenen oder in Folge derselben oder eines Verdachtes der Seuche getödteten Thiere, sowie solcher Theile derselben, welche zur Verschleppung des Ansteckungsstoifes geeignet
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sind, dann des Düngers, der Streu, derProducte und Abfälle seuchekranker und verdächtiger Thiere (sect; 20 b des österreichischen und sect; 26 des deutschen Thierseuchengesetzes).
Die Durchführungsverordnung zu dem sect; 20 amp; des österreichischen Thierseuchengesetzes enthält in dieser Rücksicht folgende Detailbestimmungen:
Die unschädliche Beseitigung der Cadaver der an einer ansteckenden Krankheit leidend gewesenen Thiere kann auf thermischem oder chemischem Wege oder durch ausreichend tiefes Verscharren geschehen. Cadaver, welche behufs der unschädlichen Beseitigung weiter verführt werden müssen, sind vorher mit Kalkbrei oder Carbolsäurelösung zu übergiessen und während des Transportes bedeckt zu erhalten. Die benützten Wagen sind zu des-inficiren.
Die thermische Beseitigung der Cadaver kann entweder in hierzu eingerichteten, behördlich genehmigten Betriebsanlagen oder durch Verkohlen der zerstückten und reichlich mit Petroleum oder Theer begossenen Cadaver über Holzfeuer geschehen. Die thermische Beseitigung, bei welcher jede Feuersgefahr zu vermeiden ist, ist insbesondere bei Milzbrandcadavern angemessen und dort anzuordnen, wo es an geeigneten Verscharrungsplätzen fehlt.
Die chemische Verarbeitung der Cadaver der an ansteckenden Krankheiten leidend gewesenen Thiere darf nur in hiefür eingerichteten, behördlich genehmigten Betriebsanlagen, welche einer beständigen sachverständigen Beaufsichtigung und Ueberwachung unterstellt sind, stattfinden. Dabei muss ein Verfahren eingehalten werden, durch welches eine Zerstörung des Ansteckungsstoffes, sowie thierischer und pflanzlicher Parasiten mit Sicherheit durchgeführt wird und welches jede Verwendbarkeit der thierischen Theile und der daraus erzeugten Producte zu Nahrungszwecken ausschliesst.
Eine Auflösung der Cadaver in kochender Schwefelsäure behufs der Uewin-nung von Kunstdünger oder eine Dämpfung derselben unter hohem Druck zur Gewinnung verschiedener Materialien für die technische Fabrication würde diesem Zwecke entsprechen.
Die Wahl der Verscharrungsplätze hat unter Beobachtung der sanitätspolizeiliehen Rücksichten stattzufinden. Trifft die Gemeinde keine geeignete Vorsorge rücksichtlich eines Verscharrungsplatzes, so ist nöthigenfalls unter Einleitung der z-^angsweisen Enteignung ein hierzu geeigneter Platz auf Kosten der Glemeinde zu ermitteln und dessen sofortige Verwendung zu verfügen. Kann in einem Gemeindegebiete ein geeigneter Aasplatz nicht ausfindig gemacht
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Periodische Nachschau.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;79
werden, so ist die Verführung der Aeser in die nächste Wasen-meisterei oder, im Falle dies nicht zulässig wäre, auf einen anderwärts zu ermittelnden Aasplatz unter den behördlich angeordneten Vorschriften gestattet (sect; 42).
Die zum Verscharren der Cadaver bestimmten Gruben sind so tief anzulegen, dass über die hineingeworfenen Aeser noch eine 2 Meter hohe Erdschichte zu liegen kommt. Die bei bestimmten ansteckenden Krankheiten bei dem Ausführen und Verscharren der Cadaver insbesondere noch einzuhaltenden Vorsichten werden an dem geeigneten Orte angeführt werden.
Aus Aasgruben dürfen Knochen nur mit Bewilligung der politischen Bezirksbehörde, welche nicht vor Ablauf von acht Jahren vom Zeitpunkte der Verscharrung gerechnet und nur dann zu ertheilen ist, wenn die Verwesung der Weichtheile vollständig erfolgt und die unmittelbare Verarbeitung der Knochen gesichert ist, ausgegraben werden.
Die Wiederbenützung von Aasgruben zu dem gleichen Zwecke darf erst nach Ablauf eines Zeitraumes gestattet werden, während dessen eine vollständige Verwesung der Cadaver stattgefunden hat.
III. Sonstige Bestimmungen. 1. Periodische Nachschau. Während der Dauer einer ansteckenden Thierkrankheit ist der Amtsthierarzt in angemessenen Zwischenräumen zur Nachschau in den Seuchenort zu entsenden. Die Durchführungsverordnung zu dem österreichischen Thierseuchengesetze bestimmt bei den einzelnen Thierseuchen die Nachsichtspflege des Amtsthierarztes in folgenden Zeiträumen: Bei dem seuchenartigen Auftreten des Milzbrandes in Zwischenräumen von 4 zu 4 Tagen, bei vereinzelt bleibenden Fällen zur Constatirung der Krankheit und zur Leitung des schliesslichen Desinfectionsverfahrens (sect; 27); bei der Lungenseuche in Zwischenräumen von 8 bis 14 Tagen (sect; 28); bei rotz- (wurm-) verdächtigen, der Beobachtung unterworfenen Thieren mindestens alle 14 Tage (sect; 29); bei der Pockenseuche der Schafe in Zwischenräumen von 8 Tagen (sect; 30); bei der Beschälseuche der Zuchtpferde von 14 zu 14 Tagen (sect; 31); bei der Räude der Pferde und Schafe in den der politischen Bezirksbehörde angemessen erscheinenden Zwischenräumen zur Beaufsichtigung des Curverfahrens und der Desinfection (sect;sect; 33 und 34). Während der Dauer der Rinderpest in einer Ortschaft hat der Amtsthierarzt von 8 zu 8 Tagen die Nachsicht zu pflegen, falls nicht die Verhältnisse ein Verbleiben desselben in dem Seuchenorte oder eine öftere Intervention noth-wendig machen. Während dieser Zeit ist auch zeitweilig eine Revi-
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80nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Erlüsdion der Seuche, Vorschriften für Schlachthäuser.
sion des Viehstandes vorzunehmen (sect; 24 der Durchführungsverordnung zum Rinderpestgesetze).
Das deutsche Viehseuchen- und Rinderpestgesetz enthält in dieser Beziehung keine directen Bestimmungen.
2.nbsp; Erlöschen der Seuche. Die zur Tilgung einer ansteckenden Thierkrankheit eingeleiteten veterinärpolizeiliehen Massregeln treten aussei- Wirksamkeit, wenn die Krankheit amtlich als erloschen erklärt wird. Dies darf erst geschehen, wenn kein scuehenkrankes Thier in dem betreffenden Hofe, beziehungsweise Orte mehr vorhanden, das Desinfectionsverfahren vollzogen und der für die einzelnen ansteckenden Krankheiten festgesetzte Zeitraum seit dem letzten Genesungs-, Tödtungs- oder Todesfall eines Thieres abgelaufen ist (sect; 25 des österreichischen Thierseuchengesetzes). Näheres hierüber wird bei den einzelnen Krankheiten angeführt werden.
Von dem Erlöschen der Seuche sind alle jene Gemeinden und Behörden in Kenntniss zu setzen, welchen der Seuchenausbrucli mitgetheilt worden ist.
3.nbsp; Besondere Vorschriften für Schlachtviehmärkte und öffentliche Schlachthäuser. Auf diese Localitäten und das daselbst befindliche Schlachtvieh finden die Bestimmungen des Seuchen-, gesetzes überhaupt Anwendung. Wird unter dem aufgestellten Schlachtvieh der Verdacht oder der Ausbruch einer ansteckenden Krankheit festgestellt, so sind vor Allem die erkrankten und verdächtigen Thiere von anderen ansteckungsfähigen Thieren abzusondern. Der Besitzer des kranken und verdächtigen Schlachtviehes kann zur sofortigen Schlachtung desselben unter Aufsicht des Amts-thierarztes verhalten werden, soferne die Art der Krankheit (Milzbrand, Rotz- [Wurm-] krankheit, Schafpocken, Wuthkrankheit) nicht die Schlachtung ausschliesst. Nach Massgabe der Umstände kann die Schlachtung auch auf alles andere in der betroffenen Abtheilung vorhandene infectionsfähige Schlachtvieh ausgedehnt werden.
Schlachtviehhöfe und Schlachthäuser können nach Feststellung des Seuchenausbruches für die Dauer der Seuchengefahr gegen den Abtrieb der für die Krankheit empfänglichen Thiere abgesperrt werden. Strengere Absperrungsmassregeln bedürfen der Genehmigung der politischen Landesbehörde.
Jene Räumlichkeiten der genannten. Localitäten, in welchen Thiere, die an ansteckenden Krankheiten leiden, aufgestellt waren, sind der vorschriftsmässigen Reinigung und Desinfection zu unterziehen.
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Bestreitung der Kosten für Seuchenbehaudlang.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 81
Die der Ortsbeliörde, beziehungsweise der Seuchencommission zugewiesenen Amtsliandlungen obliegen bei den, einer geregelten veterinärpolizeilichen Ueberwacbung unterstellten Sclilachtvieli-märkten und öffentlichen Schlachthäusern zunächst jenen Organen, welchen die unmittelbare veterinärpolizeiliche Beaufsichtigung dieser Localitäten zugewiesen ist (österreichisches Tliierseuchengesetz sect;36).
Die strengeren, bei dem Ausbruche der Rinderpest in solchen Anstalten zur Durchführung kommenden Massregeln werden bei dieser Krankheit angeführt werden.
Das deutsche Viehseuchengesetz enthält in den sect;sect; 53 b's 55 analoge Bestimmungen.
4. Kosten. Die Bestreitung der durch die Vorkehrungen gegen die Thierseuchen erwachsenden Kosten fallen nach den österreichischen Seuchengesetzen zur Last:
a) dem Staatsschatze: aus Anlass der Ueberwachung und Sperrung der Grenze gegen die Nachbarstaaten, der Erhebung zur Feststellung ansteckender Thierkrankheiten überhaupt und der amtlichen Interventionen während derselben, der Revisionen des Viehstandes und der Controle der Evidenzhaltung in den Grenzbezirken bei drohender Seuchengefahr und der Entschädigung für getödtete Thiere überhaupt; dann speciell noch bei der Rinderpest: für die Aufstellung von Viehbesehaixcommissionen an der Grenze gegen die Nachbarstaaten und an den Grenzen der im Reichsrathe vertretenen Länder unter einander; für Belohnungen anlässlich der Anzeige von Seuchenausbrüchen oder von Uebertretungen der Rinderpestvorschriften, für das Keulungsgeschäft, für Viehrevisoren;
h) den Landesmitteln nur aus Anlass der Rinderpest: für die Aufstellung eines Cordons an den Grenzen der im Reichsrathe vertretenen Länder unter einander und für die Absperrung im Innern des Landes;
c)nbsp; den Gemeinden: für die wirksame Durchführung der örtlichen Sicherungsmassregeln, sowie für das Ausführen und unschädliche Beseitigen der Cadaver und Abfälle, für die Verscharrungs-plätze und das Verscharren;
d)nbsp; dem Eigenthümer: für die Desinfection der Höfe und Stallungen bei der Rinderpest, für die Beaufsichtigung, Absonderung, Wartung und Behandlung kranker Thiere, für deren Tödtung, sowie für die Desinfection bei den übrigen ansteckenden Thierkrankheiten (sect; 42 des Thierseuchen-, sect; 37 des Rinderpestgesetzes).
Die Kosten für die Beaufsichtigung der Vieh- und-Pferdemärkte, Thierauctionen und Thierschauen haben dieMarktberechtigten,
Köll. Thierseuchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;6
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Straf bestlmmungen,
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bezielumgaweiso die Untemelimer zu bestreiten. Für die tliierärzt-liche Beschau an den Aus- und Einladestationen der Eisenbahnen und Schiffe können angemessene Taxen von den zur Zahlung der Fracht Verpflichteten eingehoben werden (sect; 43 des Thierseuchen-, sect; 37 des Rinderpestgesetzes).
Das deutsche Viehsouchengosotz überlässt die näheren Bestimmungen über die Bestreitung der durch das Verfahren bei Seuchen entstehenden Kosten den Einzelstaaten (sect; 2).
Nach dem deutschen Rinderpestgesetze vom Jahre 18G9 fallen die Kosten für die Entschädigung der auf Anordnung der Behörde getödteten Tliiere, vernichteten Sachen ixnd enteigneten Plätze, sowie für die nach rechtzeitig erfolgter Anzeige des Besitzers gefallenen Thiere (sect; 3), dann die Kosten der Abschätzung des getödteten und gefallenen Viehes, der vernichteten Sachen und enteigneten Plätze, die Kosten der Tödtnng und ordnnngsmässigen Verscharrung der Tliiere, sowie der Vernichtung der Sachen, endlich die Kosten der Desinfection der Gebäude, Transportmittel und sonstigen Gegenstände, sowie der Personen, welche mit pestkranken oder verdächtigen Thieren in Berührung gekommen sind (Beschluss des Bundesrathes vom Jahre 1872), der Bundescasse zur Last.
Die näheren Bestimmungen über die Bestreitung der übrigen, durch die Massregeln gegen die Einderpest entstehenden Kosten sind von den Einzelstaaten zu treffen (sect; 7 des Gesetzes).
5. Strafbestimmungen. Uebertretungen der Seuchengesetze oder der zum Vollzuge derselben erlassenen Verordnungen werden, wenn sie nicht unter das allgemeine Strafgesetz fallen, nach besonderen , in den Seuchengesetzen ausgesprochenen Bestimmungen bestraft (sect;sect; 44 bis 50 des österreichischen Thierseuchen-, sect; 38 des österreichischen Rinderpestgesetzes, sect;sect; 65 bis 67 des deutschen Thierseuchengesetzes.
Das deutsche Einderpestgesetz überlässt die Bestimmungen der Bestrafung der Zuwiderhandelnden den Einzelstaaten. Die Strafbestimmungen auf Zuwiderhandlungen gegen die zur Abwehr der Rinderpest erlassenen Vieh-Einfuhrverbote sind in dem Eeiclisgesetze vom 21, Mai 1878 (deutsches Reichsgosetzblatt Nr. 12) ausgesprochen.
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Rinderpest. Pestis bovina.
Synon. Löserdtirre, gemeine Viehseuche, Viehpest, Viehsterben, Hornviehseuche, Magenseuche, Löserseuche, GalleLseuche, Grossgalle, Uebergalle, Rindviehstaupe u. s. w. — Typhus contagieux des betes ä cornes, Feste bovine franz. Cattle Plague engl. Feste bovilla, Tifo contagioso esotico dei ruminanti ital. Runderpest holländ. Typhus boum contagiosus lat.
Die Rinderpest ist eine den Wiederkäuern eigenthümliche acute Infectionskrankheit, welche die Thiere nur einmal im Leben befällt und wenigstens in die ausserhalb der Steppengebiete Russlands gelegenen Länder nur durch Einschleppung gebracht wird. Sie befällt vor Allem das Rindvieh, ist aber von diesem aus auf Schafe und Ziegen, sowie auf andere Wiederkäuer tibertragbar.
Die Seuche ist eine der verheerendsten und bösartigsten Thier-krankheiten und hat bei ihren wiederholten Invasionen, besonders im Gefolge von Kriegen, dem Nationalwohlstande die schwersten Wunden geschlagen. Die Verheerungen, welche sie während der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts in dem grössten Theile Europas anrichtete, trugen wesentlich dazu bei, den Staatsverwaltungen die Nothwendigkeit der Ausbildung tüchtiger Thierärzte nahezulegen und gaben zunächst den Anstoss zur Errichtung der ersten Thierarzneischulen.
Bei den Schriftstellern des Altertlmms finden sich keine bestimmten Nachrichten über die Rinderpest; die bei Homer, Ovid, Virgil, Thukydides n. s. w. vorkommenden Schilderungen von Viehseuchen werden mit mehr Recht auf den Milzbrand bezogen. Wahrscheinlich aber ist es, dass die von Severus Sanctus in dem letzten Viertel des vierten Jahrhunderts beschriebene Viehseuche, welche den Zügen der Völkerwanderung folgend von Pannonien aus über Illyrien, Ober-italieu, Gallien und Belgien sieh verbreitete und überall grosse Verheerungen anrichtete, die Rinderpest war. Ebenso lässt sich vermuthen, dass die von Gregorius
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Rinderpest. Historisches.
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von Tours erwähnte Seuche (580), welche den Einfall der Lombarden nach Italien begleitete, im Hinblicke auf die Niederlagen, welche sie unter dem Vieh anrichtete, auf die Kindeipest zu beziehen sei. Unter der Eegierung Karl's des Grossen breitete sich im Gefolge der von diesem geführten Kriege in den Jahren 801, 810 und 820 die Seuche in den verschiedenen Ländern des weiten Reiches dieses Kaisers so verheerend aus, dass von ganzen Heerden oft nicht ein Stück am Leben blieb.
Um das Jahr 850 trat eine so grosse Sterblichkeit unter dem Rindviehe Frankreichs ein, dass manche Provinzen beinahe ihres ganzen Viehstandes beraubt wurden. Im Jahre 878 erlangte die Rinderpest eine ungewöhnliche Verbreitung in Deutschland und gegen das Jahr 940, im Gefolge des Krieges in Deutschland, Italien und Frankreich, wo sie durch mehrere Jahre andauerte und enorme Verluste veraulasste.
Im Anfange des dreizehnten Jahrhunderts, besonders in den Jahren 1223, 1233 und 1238 drang die Rinderpest im Gefolge der mongolischen Horden nach Europa ein und verbreitete sich über Ungarn und Oesterreich nach Italien, Deutschland, der Schweiz, Frankreich und vernichtete den Hornviehstand mancher Gegenden nahezu vollständig.
Während des sechszehnten und siebenzehnten Jahrhunderts herrschte sie wiederholt in Deutschland und Italien.
Genauere und ausführlichere Nachrichten über die Verheerungen der Rinderpest und eingehendere Beschreibungen dieser Seuche liegen erst vom Anfange des achtzehnten Jahrhunderts an vor. Während der Jahre 1709 bis 1717 herrschte sie mit ausserordentlicher Heftigkeit; im Jahre 1709 war sie aus dem Gebiete der Tartarei an die Ufer des Don und der Wolga und von da in das Gebiet von Moskau gedrungen; im Jahre 1710 verbreitete sie sich über Polen, die Moldau, Walachei und Ungarn, im Jahre 1711 von Polen aus nach Preussen, Pommern, Mecklenburg und Holstein, von Ungarn aus nach Oesterreich, Baiern und Sehwaben, nach Kärnten, Steiermark, Croatien, Dalmatien, Friaul, in das Venetiauische und von da über Mittel- und Uuteritalien bis nach Neapel. Während ihres Herrschens in Padua und Rom wurde die Krankheit von den Aerzten Ramazzini und Lancisi genauer beobachtet und beschrieben. Sie drang später in das Mailändische, nach Piemont und Sardinien ein, überschritt die Alpen und verbreitete sich im Jahre 1712 im südlichen und östlichen Frankreich und in der Schweiz. Im Jahre 1713 drang sie in Holland und von da im folgenden Jahre in England ein. Nach Paulet's Berechnung sollen in Europa in den Jahren 1711 bis 1714 eine und eine halbe Million Stück Rindvieh an der Pest zu Grunde gegangen sein; die Verluste Hollands werden gegen 300.000, jene Englands auf 70.000 Stück veranschlagt. Die Seuche dauerte in diesen Ländern bis 1717, in Polen selbst bis in das Jahr 1723. Diese bedeutende Invasion gab Anlass zu dem Erlasse der ersten veterinärpolizeilichen Verordnungen in Frankreich (1714) und in Preussen (1711 und 1717).
In Russland erlangte die Krankheit eine grosse Verbreitung während der Jahre 1726 und 1727; im folgenden Jahre drang sie nach Brandenburg, 1729 nach Oesterreich und Sachsen und 1730 nach Istrien, Friaul und in das Venetianische ein. Vom Jahre 1734 an herrschte die Seuche durch mehrere Jahre in Italien; wo sie von Mazuchelli und Buniva beschrieben wurde. Mit dem Jahre 1740 nahm eine Invasion ihren Anfang, welche, im Gefolge der Kriege, mit kurzen Unterbrechungen bis zum Beginne des gegenwärtigen Jahrhunderts sich fortschleppte,
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lluulerpost. Hiatorisehes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;87
über ganz Europa sich verbreitete und Verluste veranlasste, die für die Periode der Jahre 1735 bis 1770 auf wenigstens 3 Millionen Stück Rindvieh geschätzt werden; Holland allein verlor während eines Jahres (1769 bis 1770) mehr als 300.000, Frankreich während der Jahre 1770 bis 1774 mehr als 250.000 Kinder; in Niederösterreich allein fielen ihr während der Jahre 1740 bis 1750 und von 1754 bis 1780 alljährlich 1000 bis 5000 Stück zum Opfer. In Frankreich wurde die Seuche von Sauvage, Courtivron, Bourgelat u. A., später von Turgot und Vicq d'Azyr, in Holland von de Haen, Boerhave, Westerhof, Le Clerk und Camper, in Deutschland von Mauchart, in Oesterreich von Adami, Wollstein, in England von Layard beschrieben und bekämpft.
Von 1770 bis 1772 verheerte sie Livland und Esthland, wo ihr über 60.000 Stück unterlagen.
Die grossen Verluste, welche die Seuche überall im Gefolge hatte, ver-anlassten die Staatsbehörde in Holland, welches Land durch die Krankheit nahezu seines ganzen Viehstandes beraubt wurde, einen hohen Preis auf die Auffindung eines specifischen Heilmittels gegen die Einderpest auszusetzen; auch wurde damals zuerst die Einimpfung dieser Krankheit in grösserer Ausdehnung, wenn auch meistens mit ungünstigem Erfolge vorgenommen.
Während der gegen die französische Republik geführten Kriege der Jahre 1792 bis 1801 erlangte die Rinderpest abermals eine grosse Verbreitung. Im Jahre 1792 wurde sie durch Schlacbtochsen der österreichischen Armee in die Lombardei, nach Piemont, Savoyen und in die Dauphine verschleppt, von wo sie sich schnell über ganz Italien ausbreitete, und nach Buniva im Verlauf der Jahre einen Verlust von 3 bis 4 Millionen Rindern veranlasste. Im Jahre 1795 drang die Seuche im Gefolge des Krieges nach Baiern, Württemberg, Baden, Hessen und Nassau, wo sie bis zum Jahre 1801 andauerte und bedeutende Niederlagen unter dem Rindviehstande herbeiführte. Im Jahre 1796 grittquot; sie auf das Schlachtvieh der französischen Armee über und verbreitete sich durch dieses über 27 Departements, wo sie einen ungefähren Verlust von 130.000 Rindern herbeiführte. Während der Jahre 1799 bis 1801 waren Oesterreich, Ungarn, Polen, Preussen und Sachsen in hohem Grade verseucht; Böhmen allein verlor während dieser Zeit über 50.000 Rinder.
Aus dieser Periode stammen die Beobachtungen von Huzard, Goliier, Faulet, Beaumont, Henon u. A. in Frankreich, von Knobloch, Pessina, Wollstein in Oesterreich, von Frank, Metzler, Walz, Sauter in Deutschland, von Brugnone in Italien u. s. w. Faust schlägt den Verlust, welchen Deutschland bis zum Ende des 18. Jahrhunderts durch die Rinderpest erlitten hat, auf 28 Millionen, jenen von ganz Europa auf 200 Millionen Stück Rindvieh an.
Während der Kriegsjahre 1805 bis 1809 gewann die Seuche in den österreichischen und preussischen Ländern abermals eine weite Verbreitung; dasselbe war im Jahre 1813 der Fall, wo sie in ganz Deutschland, besonders aber in Mecklenburg, Schleswig-Holstein und Schlesien herrschte. Im Jahre 1814 wurde sie durch die Schlachtviehtriebe der verbündeten Heere nach Frankreich und in die Niederlande verschleppt, wo sie namentlich in den occupirten Departements Frankreichs nach den Berichten von Girard, Rodet, Hurtrel d'Arboval, Huzard u. A. enorme Verluste veranlasste und sich bis in das Jahr 1816 erhielt. Zu gleicher Zeit herrschte die Seuche in der Schweiz, dann in vielen Gegenden Deutschlands, in Oesterreich und Preussen. Während der folgenden Friedensjahre
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blieb das westliche Europa durch eine Reihe von Jahren von dieser Geissei verschont; obwohl die Seuche besonders in den südlichen Gegenden Eusslands fortan herrsehte und von Zeit zu Zeit auch über die Grenzen dieses Reiches hervorbrach. So drang sie im Jahre 1826 nach Livland und Esthland und im Jahre 1827 nach Kurland, Oberschlesien und in einigen Theilen von Galizieu vor; erreichte aber wegen des damals noch wenig entwickelten internationalen Verkehres keine besondere Verbreitung. Erst während des russisch-türkischen Krieges in den Jahren 1827 und 1828 tauchte sie in Folge der russischen Truppenbewegungen in der Moldau und Walachei wieder auf; wurde durch angesteckte Schlachtviehheerden nach Polen, Preussen und Sachsen gebracht und drang von der Moldau aus nach der Bukowina, nach Galizien, Schlesien, bis nach Böhmen, von der Walachei aus nach Siebenbürgen, Ungarn und einigen Theilen von Niederösterreich vor. Während dieser Invasion hatte Ungarn ungefähr 30.000, Galizien 12.000, Mähren bei 9000 Rinder verloren. Auch in den Jahren 1829 und 1830 war die Seuche mehrmals über die nordöstlichen Grenzen Oesterreichs bis nach Mähren und im Jahre 1830 von Ungarn aus nach Krain eingeschleppt worden. Im Jahre 1831 erlangte die Rinderpest in Russland, Polen und den Ostseeprovinzen, eine weite Verbreitung aus Anlass der russischen Truppeuzüge, welche zur Bekämpfung des polnischen Aufstandes verwendet wurden; die Seuche trat damals auch in Preussen zunächst der polnischen Grenze auf. Im Jahre 1841 erfolgte eine Verschleppung der Krankheit durch Vieh, welches aus den Donaufürstenthümern stammte, nach Alexandria und von diesem Hafen nach Unter- und Ober-Egypten.
Seit dem Jahre 1844 hat die Rinderpest in Russland in Folge der vermehrten und verbesserten Verkehrswege auch ausserhalb des Steppengebietes eine umfangreiche Ausbreitung erlangt und bedrohte von dieser Zeit fortan den Westen Europas mit der Gefahr der Eiuschleppung. In den Jahren 1844 bis 1845 allein soll der Verlust an Rindern in Folge dieser Seuche in Russland eine Million Stücke betragen haben.
Vor Allem hatte die österreichisch-ungarische Monarchie von solchen Invasionen zu leiden und es verfloss seit 1844 nahezu kein Jahr ohne eine solche.
Im Jahre 1844 herrschte die Seuche in Ungarn, Galizien, Böhmen, Mähren und Niederösterreich und hielt sich in einzelnen dieser Länder bis^zum Jahre 1847. Im Jahre 1849 fanden, nachdem die Rinderpest schon im Jahre 1848 eine sehr grosse Verbreitung in Russland erlangt hatte, im Gefolge des Krieges Einschleppungen derselben einerseits nach Galizieu und von da aus nach Mähren und Schlesien, andererseits nach Siebenbürgen, Ungarn und von da aus nach Niederösterreich statt. Mit Ausnahme Ungarns, wo sich die Seuche in wechselnder Intensität bis in das Jahr 1857 erhielt, erlosch die Einderpest in den übrigen genannten Ländern im Jahre 1851. Während der Jahre 1852 bis 1865 fanden jedoch fortan neue Einschleppungen der Seuche nach Galizien und der Bukowina statt, und es erfolgte von da aus wiederholt die Verseuchung Schlesiens, Mährens, Böhmens und Niederösterreichs, während in den Jahren 1862 bis 1864 auch Steiermark, Krain und das Küstenland von Croatien aus, dann Dalmatien von den angrenzenden türkischen Provinzen aus verseucht wurden. Die während dieser Periode von 17 Jahren erwachsenen Verluste an Rindern beliefen sich in Oesterreich-Ungarn auf nahezu eine halbe Million Stücke; am schwersten waren die Länder der ungarischen Krone (mit mehr als 350.000 Stück), Galizien und die Bukowina (mit ungefähr 54.000 Stück), Mähren (mit mehr als 12.000 Stück), Niederösterreich (mit circa 4500 Stück) betroffen.
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Im Jahre 1866 gewann die Rinderpest in Oesterreich in Folge des Krieges mit Preussen abermals eine weite Verbreitang. Sie brach zuerst unter dem Schlachtvieh der Nordarmee aus, drang in alle Verwaltungsgebiete ein, welche von den Heeresabtheilungen durchzogen wurden und wüthete überall mit grosser Heftigkeit.
Von da an verfloss beinahe kein Jahr, wo nicht in Galizien oder in der Bukowina die Seuche zum Ausbruche gekommen wäre; von hier, sowie von Ungarn und Croatien aus erfolgten nicht selten Verschleppungen in andere Verwaltungsgebiete.
In Galizien allein sollen während der Jahre 1868 bis inklusive 1877 an Bindern über 25.000 Stück theils gefallen, theils gekealt worden sein. In Ungarn heliefen sich vom Juli 1861 bis Ende 1873 die durch die Kinderpeet verursachten Verluste auf 165.732 Rinder, was, das Stück nur zu 50 fl. gerechnet, einem Geld-werthe von 8,286.550 fl. gleichkommt, während die Kosten der Durchführung der veterinär-polizeiliehen Massregeln über 534.000 fl. betrugen.
Im Jahre 1866 wurde die Rinderpest durch einen auf dem Wiener Schlachtviehmarkte angekauften, mittelst der Eisenbahn durch Baiern geführten Ochsentransport auch nach der Schweiz verschleppt, aber dort sogleich getilgt.
Während der Occupation Bosniens im Jahre 1878 drang die Rinderpest nach Dalmatien ein, wo sie bis zu Ende des Jahres 1879 sich erhielt; im Jahre 1879 verbreitete sie sich von Bosnien aus nach der Militärgrenze und Croatien und von hier aus nach Steiermark und Krain. Während einer dreimonatlichen Dauer (October bis Ende December) veranlasste sie in der Militärgrenze einen Verlust von 757, in Steiermark von 294, in Krain von 734 Rindern.
In Preussen wurden während der Jahre 1855 bis 1864 im Ganzen 11 Invasionen der Rinderpest gezählt, welche theils von Galizien, theils von Polen aus erfolgten und im Ganzen einen Viehverlust von 3264 Rindern veranlassten. Zu Ende des Jahres 1866 fand von Holland aus eine Einschleppung der Seuche, die zumeist auf den Personenverkehr zurückgeführt wurde, statt, welche jedoch bald getilgt wurde und nur einen Verlust von 133 Rindern zur Folge hatte.
Im Jahre 1867 kamen vereinzelte Ausbrüche der Rinderpest in Baieru und etwas häufigere in Thüringen vor. In dem Gebiete des Norddeutschen Bundes betrug der Verlust durch die im Gefolge des deutsch-französischen Krieges ausgebrochene Rinderpest wälirend der Jahre 1870 und 1871 im Ganzen 10.224, während der Jahre 1872 bis 1877 Im ganzen Umfange des Deutschen Reiches 2667 Rinder mit einem Aufwände von 1,777.522 Mark. Die in den Monaten December 1878 und Jänner 1879 in Preussen aufgetretene Seuche verursachte einen Verlust von 2560 Rindern mit einer Entschädigungssumme von annäherungsweise 1,925.000 Mark.
Nach Italien wurde die Rinderpest im Jahre 1862 von Dalmatien aus in das Neapolitanische und nach Sicilien eingeschleppt, sie erhielt sich daselbst bis in das Jahr 1866; die Ziffer der ihr unterlegenen Rinder wird auf 50.000, jene der Schafe und Ziegen auf 20.000 geschätzt; im Jahre 1863 war auch die Romagna verseucht.
Nach Grossbritannien gelangte die Rinderpest im Jahre 1865 durch eine gegen Ende Mai in Reval eingeschiffte und in Hull gelandete Heerde russischer Ochsen, von denen ein Theil nach London und ein anderer Theil nach Manchester und anderen Orten verkauft wurde. In Folge der Verkennung der Natur der Krankheit und der Vernachlässigung aller Schutz- und Tilgungsmassregeln ver-
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breitete sich die Seuche über alle Theile des vereinigten Königreiches, so dass zu Ende des Jahres 1866 in England 54, in Schottland 31 Grafschaften als verseucht nachgewiesen waren. Der Verlust an Rindern wurde auf 500.000 Stück, der Sehade auf einen Geldwerth von 40 Millionen Gulden geschätzt. Die Seuche, welche im Februar 1866, wo in einer Woche 23.000 Stück erkrankten, ihre Höhe erreicht hatte, wurde durch die Anwendung energischer Massregeln zu Anfang des Jahres 1867 endlich getilgt.
Von England aus geschah im Juli 1865 die Verschleppung der Einderpest nach Holland durch holländische Ochsen, welche zum Verkaufe nach London geschickt, als unverkauft nach 10 Tagen wieder zurückgebracht wurden. Von Schiedam aus verbreitete sich die Seuche schnell weit und breit und dauerte bis zum Herbste des Jahres 1867; sie erreichte ihre Höhe im Jänner 1866, wo innerhalb einer Woche 4387 Rinder erkrankten; der Verlust betrug im Ganzen über 115.000 Stück Rindvieh.
Von Holland aus erfolgten während der Jahre 1865 bis 1867 wiederholt Einschleppungen der Seuche nach Belgien, wo sie jedoch. Dank dem ausgezeichneten und energischen Tilgungsverfahren, nie eine ausgedehntere Verbreitung gewann. Die Verluste an erkrankten und getödteten Rindern beliefen sich nur auf 2320 Stück.'
Frankreich wurde im Jahre 1865 blos in den Departements du Nord und Pas de Calais von der Rinderpest heimgesucht; der Gesammtverlust betrug daselbst nur 43 Stück. Zur selben Zeit fand auch die Ansteckung mehrerer Wiederkäuer des zoologischen Gartens in Paris durch zwei aus London dahin gebrachte von der Pest inficirte indische Gazellen statt.
Während des deutsch-französischen Krieges 1870 bis 1871 wurde durch die
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den deutschen Armeen folgenden Schlachtviehheerden die Rinderpest auch nach Frankreich verschleppt und kam daselbst erst im Juni 1872 zum Erlöschen, nach-
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Verlust von nahezu 69.000 Rindern im Werthe von über 27 Millionen Francs ver-anlasst hatte. In Elsass-Lothringen allein betrugen die Verluste durch die Rinderpest nach der Schätzung Züudel's während und nach diesem Kriege ungefähr 23.000 Rinder und 4000 Schafe.
In Belgien, wohin die Rinderpest in den Jahren 1870 bis 1872 wiederholt von Frankreich aus eingeschleppt worden war und im Ganzen in 35 Gemeinden
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zum Ausbruche kam, betrug der Gesammtverlust nur 529 Rinder und 12 Ziegen mit einer Entschädigungssumme von 112.000 Francs.
In Egypten tauchte die Rinderpest in den Jahren 1864 und 1866 auf; bei der ersteren Invasion fielen in kurzer Zeit an 100.000 Rinder und mehrere Tausende von Schafen und Ziegen; im Jahre 1864 soll sie auch in Indien sich gezeigt haben.
Nach dem officiellen Berichte des russischen Medicinal-Departements an den Minister des Innern fielen, wie Semmer angibt, in Russland im Jahre 1878 allein an der Rinderpest 321.885 Rinder und 18.209 Schafe.
Entstehung und Verbreitung. Bis zum Anfange des achtzehnten Jahrhunderts war die Meinung allgemein herrschend, dass die Rinderpest überall dort, wo sie sich einstellte, sich auch in Folge der Einwirkung verschiedenartiger Schädlichkeiten der Witterung, localer Verhältnisse, supponirter miasmatischer Einflüsse u. s. w. genuin entwickelt habe; erst zu dieser Zeit wurde die Contagiosität
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der Krankheit erkannt und dem entsprechend hie und da eine Eeihe von Massregeln zur Verhütung der Ein- und Verschleppung der Seuche getroffen. In den Achtziger-Jahren desselben Jahi'hunderts wurde durch Camper und Haller der Hatiptaccent auf die Verschleppung des Ansteckungsstoffes gelegt, die selhstständige Entstehung der Krankheit in Abrede gestellt und später das Steppenvieh als die eigentliche Quelle der Krankheit erkannt. Im Laufe des gegenwärtigen Jahrhunderts wurde von Lorinser (1831) die Ansicht ausgesprochen, dass die Rinderpest sich in allen Steppengebieten, und zwar in jenen Ungarns, der Moldau und Walachei ebensowohl als in jenen Russlands in Folge einer besonderen Disposition der Steppenracen für diese Krankheit und des Einflusses localer Verhältnisse der Steppen genuin entwickle, und dass das Steppenvieh auch ausserhalb des Steppengebietes in Folge des Ungemaches während des Transportes, ungünstiger Witterung, ungewohnter oder ungesunder Beschaffenheit der Nahrungsmittel und des Trinkwassers oder des Mangels an diesen, sowie in Folge verschiedener kosmischer oder tellurischer Einflüsse an der Pest spontan erkranken könne.
Dass in den Pusten Ungarns, der Moldau und Walachei eine genuine Entwicklung der Rinderpest nicht stattfinde, wurde im Laufe der Jahre zur Evidenz ebenso erwiesen, wie die Thatsache, dass überall dort, wo in diesen Ländern die Krankheit zum Ausbruche kommt, eine Einschleppung des Ansteckungsstoffes vorausgegangen sei. Einschleppungen der Krankheit in diese, sowie in die übrigen Länder Europas Hessen sich in letzter Instanz immer auf den Import von Hornvieh oder frischen thierischen Rohproducten und sonstigen Trägem des Infectionsstoffes aus Russland zurückfuhren.
Ueber die Frage, wo die Loealitäten, in welchen eine originäre Entwicklung der Rinderpest in Russland selbst stattfindet, zu suchen seien, herrschte bis vor wenigen Decennien eine ziemliche Uebereinstimmung; indem man als solche vor Allem die Steppenländer des südlichen europäischen Russlands erklärte. Unbilden der Witterung, Mangel an Nahrung, die Emanationen eines sumpfigen Bodens u. dgl. wurden als Ursachen der genuinen Entstehung der Krankheit bei dem angeblich vorzugsweise für sie disponirten Steppenvieh angenommen. Die Untersuchungen und Erhebungen hervorragender russischer Veterinäre, wie Jessen, Unterberger, Rawitsch ix. A. haben jedoch ergeben, dass auch in diesen Gebieten nie eine selbstständige Entwicklung der Krankheit stattfinde, und dass sie auch dort nach Art einer rein contagiösen Krankheit
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auftrete, indem die Ein- und Verschleppungen nachgewiesen und Viehbestände durch Absperrung oder durch Entfernung aus der Nähe verseuchter Heerden vor der Krankheit geschützt werden können. Nach der Ueberzeugung U n t e r b e r g e r's ist die Ursprungsstätte der Einderpest ausserhalb des europäischen Theiles Russlands und möglicherweise auch ausserhalb der Grenzen dieses Reiches überhaupt (vielleicht in Centralasien) zu suchen. Nach Schmulewitsch hat eine von der russischen Regierung während der Jahre 1872 bis 1S74 in die Kirgisensteppe jenseits des Urals entsendete, aus Thierärzten und Naturforschern zusammengesetzte Commission constatirt, dass die Rinderpest auch in diesen Steppen sich nie von selbst entwickelt, sondern dahin nur durch Verschleppung des Ansteckungsstoffes gebracht wird, dass sie ebensowenig bei den von dort kommenden Thieren während des Marsches originär, sondern nur dann auftritt, wenn solche Triebe Gegenden passiren, in welchen die Pest herrscht oder geherrscht hat und dass die Ursprungsstätten der Seuche bisher'unbekannt geblieben sind und vielleicht auch für immer unbekannt bleiben werden.
In den Steppengebieten Russlands ist die Rinderpest eine ständige, bald in grösserer bald in geringerer Verbreitung herrschende Seuche, die zu Zeiten auf kleinere Herde beschränkt ist, zu anderen auf grössere Steppengebiete übergreift und, entsprechend den Richtungen des Verkehrs und des Handels mit Vieh, auch auf entlegenere Theile des weiten Reiches sich verbreitet. Der mildere Verlauf der Krankheit beim Steppenvieh und die beiweitem geringere Mortalität, welche die Rinderpest bei derlei Thieren veranlasst, sind Ursache, dass der Viehstand in jenen Gegenden nicht nur nicht ausgestorben ist, sondern sich auf einer gewissen Höhe fort erhält. Auch die Art der Haltung der Viehheerden mag dazu beitragen, dass die Seuche nicht eine unbegrenzte Verbreitung erlangt, sondern sich innerhalb gewisser Grenzen hält. So bemerkt Schmulewitsch, dass in den Kirgisensteppen die Sommerweiden abgesondert und durchaus von den flir den Winter bestimmten Wohnstätten dieser Nomaden getrennt sind, welche überdies die Gewohnheit haben, die kranken Thiere sogleich zu tödten und zur Nahrung zu verwenden.
Die Annahme, dass die Rinderpest bei dem Steppenvieh in Folge der Unbilden des Marsches und quot;anderer Schädlichkeiten überall sich originär entwickeln könne, ist durch die in Russland selbst geinachten, früher erwähnten Beobachtungen hinlänglich widerlegt. Sie wurde einerseits durch die Erfahrung gestützt, dass
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die Seuche namentlich während grosser Kriegs zum Ausbrache kam und eine grosse Verbreitung erlangte, sobald den Ai-meen Steppenvieh zur Verproviantirung nachgeführt wurde, welches Strapazen und Ungemach verschiedener Art ausgesetzt war, andererseits durch die Thatsache aufrecht erhalten, dass unter anscheinend gesunden und deshalb zum freien Verkehr zugelassenen Steppen-heerden erst einige Zeit nachdem sie aus Russland übergetreten, evidente Erkrankungen an der Rinderpest constatirt werden konnten, und dass dann durch solche Heerden die Pest weithin verbreitet wurde. Die geringfügigen Erscheinungen, unter denen- die Krankheit bisweilen bei Thieren der Steppenracen auftritt und der häufig sehr milde Verlauf der Krankheit macht es selbst einem sehr erfahrenen Veterinär oft genug schwierig, ja in vielen Fällen unmöglich, zu entscheiden, ob in einer bestimmten Hecrde Steppen-viehes ein pestkrankes Rind sich befindet oder nicht. Derlei leicht erkrankte, anscheinend unverdächtige Thiere sind aber gleichwohl im Stande, andere Stücke des Triebes sowohl, als fremder Heerden, mit welchen sie in Berührung kommen, zu inficiren und auf diese Weise die Seuche zu verbreiten. Erst bei dem Auftreten schwererer Erkrankungs- oder tödtlich endender Fälle wird der Trieb als verseucht erkannt, während er dies thatsächlich doch schon seit längerer Zeit gewesen ist. Die während der letzten vier Decennien ausser-halb Russlands gemachten Erfahrungen haben es zweifellos erwiesen, dass die Rinderpest für die nichtrussischen Ländern als eine exotische Krankheit anzusehen ist, und dass aus Russland stammendes Steppenvieh ausserhalb der Steppen nicht originär an der Pest erkranke. Auf Gruud der in Russland selbst vorgenommenen Erhebungen muss angenommen werden, dass selbst in den europäischen Steppengebieten dieses Reiches die Rinderpest nicht genuin entstehe, dass dies wahrscheinlich auch für die asiatischen Steppen des Kaiserreiches gelte und dass mithin die Krankheit sich daselbst nur in Folge fortgesetzter contagiöser Infection fort erhalte und verbreite. Ob gegenwärtig überhaupt noch und wo eine originäre Entwicklung der Krankheit stattfinde, muss unentschieden gelassen werden.
Ueber die eminente Contagiosität der Rinderpest herrscht gegenwärtig kein Zweifel; sie lässt sich bei jeder Seucheninvasion auf das klarste nachweisen. Wenn auch die sp eeifischen Infections-erreger bis jetzt nicht mit voller Bestimmtheit nachgewiesen werden konnten, und namentlich Culturversuche mit den in dem Nasenschleime pestkranker Thiere und in verschiedenen Theilen ihrer Cadaver vorgefundenen Mikroorganismen und Impfungen mit diesen Culturen noch
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nicht vorgenommen worden sind, so lässt sich doch in Analogie mit anderen Infectionskrankheiten mit Grund annehmen, dass diese organisirten Körper Erreger der Krankheit seien.
Auf Grund der bisher gewonnenen Erfahrungen, nach welchen eine Entwicklung der Krankheit ohne eine vorausgegangene Infection durch das von einem pestkranken Thiere stammende Contagium nirgends nachweisbar war, kann vorläufig nur eine entogene Natur der Infectionserreger angenommen werden.
Beale sieht als das eigentliche Contagium minimale, amöboide Körperchen (germinal matter) an, welche von den Schleimhäuten aus die Wandungen der Capillaren durchsetzen, in das Blut und von da wieder in die Gewebe gelangen, Eruährungsstoffe daselbst aufnehmen, hierdurch wachsen und sich vermehren, im Blute die rothen Körperchen zersetzen, in den farblosen Schwellung und Zerfall veranlassen und hierdurch zu Circulationsstörungen und zur Thrombose der Capillaren Anlass geben, welche schliesslich zu brandiger Zerstörung der Gewebe führt. Naczynski und Hallier betrachten die bei pestkranken Thieren im Blute, in den Secreten und Geweben von ihnen angetroffenen Mikrococcen, die sie mit höheren Pilzen in Verbindung brachten, als die eigentlichen Erreger der Krankheit. Nach Klebs beruht die erste und wesentlichste Störung auf dem Eindringen von Mikrococcen von der Oberfläche der Schleimhaut her; dort, wo sie in dem Gewebe sich massenhaft anhäufen, veranlassen sie entzündliche Wucherung und dringen in die Blutgefässe ein; das Allgemeinleiden wäre nach ihm nur ein secundäres. E. Sem-mer traf in dem Blute, den Se- und Excreten und den Geweben pestkranker Rinder schon 36, im Nasenschleime sogar 7 Stunden nach der Impfung Mikrococcen und Bacterien an, welche er für die Entwicklung der Rinderpest für ebenso specifisch hält, wie die Authraxbacillen für jene des Anthrax. Er fand auch indem als Impfstoff benützten Nasenschleime, dann in den Maulgeifer und der Thränen-flüssigkeit pestkranker Rinder zahlreiche grosse Kugel- und Kettenbacterien, nach deren Verschwinden und Ersatz durch Fäulnissbacterien die infectiöse Eigenschaft dieser Flüssigkeiten verloren ging. Roschnow, Worenzow und Medwedski fanden in der Darmwand, im interstitiellen Gewebe der Nieren und im Nasenschleime Mikrococcen, konnten jedoch im Blute keine Bacterien nachweisen.
Das Contagium der Einderpest ist schon zu der Zeit, wo bei einem Thiere die ersten Symptome der Krankheit wahrnehmbar werden, vorhanden und im Stande, andere empfängliche Thiere anzustecken; seine Entwicklung findet während des ganzen Krankheitsverlaufes statt und ist am reichlichsten während der Höhe der Krankheit. Sie beginnt jedoch schon mit dem Incubationsstadium, zu welcher Zeit aber der Infectionsstoff noch nicht in solcher Menge producirt wird, um Thiere auf dem natürlichen Wege zu in-ficiren. Dagegen konnte C. Raupach („Die Resultate der letzten Rinderpest - Impfungen in Karlofka 1875'') mit dem schon 24 Stunden nach einer Impfung mit wirksamem Impfstoffe entnommenen Nasenschleime eines Rindes mittelst der Impfung eine deutliche Erkrankung bei Rindern hervorrufen.
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An der durch reeonvalescirende und genesene Thiere vermittelten Ansteckung, wie sie öfter beobachtet wurde, mögen wohl die während der Krankheit gebildeten und nach Ablauf derselben noch an der Haut, den Haaren, Krusten des vorausgegangenen Ausschlages u. dgl. haftenden und in staubförmigem Zustande verbreiteten Infectionserreger die Schuld tragen; da solche durchseuchte Thiere ein Contagium weiter zu erzeugen wohl nicht mehr fähig sind.
Der Infectionsstoff der Kinderpest ist in allen flüssigen, fest-weichen und festen Theilen des kranken Körpers, in dessen Se- und Excreten enthalten, ist schon in den geringsten Mengen wirksam und durch Zwischenträger der verschiedensten Art verschleppbar. An diesen Vehikeln haftend wirkt der Infectionsstoff nach Art eines sogenannten fixen Contagiums, falls erstere mit dazu dispo-nirten Thieren in eine solche Berührung kommen, dass die Infectionserreger in deren Körper eindringen können. Durch die Erfahrung ist jedoch auch zweifellos nachgewiesen, dass die Infection gesunder durch pestkranke Thiere auf eine gewisse Entfernung hin durch die Vermittlung der Luft, mithin wie durch ein sogenanntes flüchtiges Contagium, als dessen Vehikel die Athemluft und die Hautausdün-stung angesehen werden, stattfinden könne. Ob diese Art der Verbreitung ausschliesslich durch die eingetrockneten und als Staub in der Luft fortgeführten Infectionspilze erfolge, wie es die Theorie v. Nägeli's will, ist nicht nachgewiesen. Thatsache ist es, dass Infectionen ohne unmittelbare oder mittelbare Berührung kranker mit gesunden Thieren, und zwar sehr häutig beobachtet werden. Die Distanz jedoch, auf welche hin das sogenannte flüchtige Contagium sich zu verbreiten und noch anzustecken vermag, wird sehr verschieden angegeben und ist selbstverständlich von verschiedenen Umständen abhängig.
In geschlossenen Räumen, Ställen, in welchen sich viele kranke Thiere befinden, wird der ganze Luftraum als infectionsfähig angesehen werden können, und zwar umsomehr, je weniger er einem Wechsel ausgesetzt ist. In diesem Ealle folgen sich dann Ansteckungen in grösserer Anzahl und rasch hintereinander. Bei ausgiebiger Ventilation der Stallung, sowie im Freien findet, namentlich wenn die Luft bewegt wird und trocken ist, rasch eine solche Zerstreuung und wahrscheinlich auch ein solches Austrocknen der Infectionspilze statt, dass sie hierdurch weniger wirksam oder ganz unwirksam werden und deshalb Infectionen in geringerer Anzahl und nur in nächster Nähe der Stätte der Contagiumsentwicklung. stattfinden. Auf Grund vielfacher und von verschiedener Seite ge-
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machter Beobachtungen (Jessen, Brefeld, Gerlacli u. A.) kann angenommen werden, dass in freier Luft der infectionsfahige Dunstkreis sich nicht über 6—10 Meter erstrecke, dass diese Entfernung jedoch durch Luftzug und Windströmung sich vergrösseru, aber auch verringern könne. Ueber 100 Schritte hinaus dürfte jedoch eine Ansteckung durch die Luft kaum mehr erfolgen.
Schon sehmale, nur mehrere Fuss breite Gräben oder schmale Wasserläufe, durch welche verseuchte und noch gesunde Viehbestände von einander getrennt waren und eine Vermischung derselben unmöglich machten, verhinderten, wie dies Jessen, Gerlach und Raupach beobachteten, eine Infection der letzteren.
Eine directs Infection erfolgt am häufigsten durch die Secrete und Dejecte pestkranker Thiere, besonders durch den schleimigeiterigen Ausfluss aus Maul und Nase und durch die Darm-Excremente.
Die Ansteckung kann jedoch auch mittelbar durch Zwischenträger stattfinden. Zu diesen gehören die frischen thierischen Rohproducte, Thierabfälle, Körper verschiedener Art, welche den Ansteckungsstoff aufgenommen haben, Personen und Thiere.
Sehr häufig sind die Fälle, wo die Krankheit durch die von gefallenen oder getödteten pestkranken Thieren stammenden frischen thierischen Theile verschleppt werden. Hierher gehört vor Allem das Fleisch, dessen infectiöser Stoff bald durch das Spülwässer, bald durch die mit dem Fleische hantireuden Personen, bald durch Hunde, Katzen und andere Thiere, welche dasselbe herumzerrten und sich damit besudelten, bald durch Geräthe, wie Körbe, Säcke u. dergl., welche zu dessen Transporte dienten, mit ansteckungsfähigen Thieren in Berührung kommeu kann.
Ebenso geben frische Häute, Hörner, Klauen, roher Talg pestkrank gewesener Thiere, wenngleich seltener, zur Verschleppung des Ansteckungsstoffes Anlass, da diese Rohproducte gewöhnlich nicht in frischem Zustande in den Handel kommen. Von grosser Gefahr wäre die von pestkranken Schafen stammende Wolle, wenn sie nicht, wie in der Regel, direct in Fabriken, sondern in den kleinen Verkehr kommen würde.
Der von pestkranken Thieren stammende Dünger enthält den Ansteckungsstoff in reichlicher Menge und kann Anlass zur Infection auf Triebstrassen, Weideplätzen, in Unterständen, Ställen, Eisenbahnwaggons und Schiffen geben.
Rauhfutter und Streustroh, welches in Seuchensfällen oder über schlecht schliessendeu Decken derselben gelagert war und Infections-
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Rinderpest. Entstehung und Verbreitung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 97
stoff aufgenommen hat, ist im Stande, selbst nach längerer Zeit — nach mehreren Monaten und wie (von Salchow) angegeben wird, selbst nach einem Jahre noch — Infectionen zu veranlassen. Dasselbe gilt von diesen Gegenständen, wenn sie mit Auswurfsstoffen pestkranker Rinder verunreinigt worden sind.
Das Wasser kann gleichfalls Träger des Ansteckungsstoffes werden, wenn es früher zum Tränken pestkranker Thiere verwendet worden, oder wenn Leichen oder Leichentheile solcher Thiere in demselben gelegen waren, oder das Wasser durch einen Boden gesickert ist, in welchem pestkranke Thiere vor Kurzem verscharrt worden sind, oder wenn dasselbe zum Waschen des Fleisches pestkrank gewesener Thiere benützt wurde.
Ställe, welche zur Unterkunft pestkranker Thiere benützt, Eisenbahnwagen und Schiffe, mittelst welcher sie transportirt worden sind, erhalten den Ansteckungsstoff durch verschieden lange Zeit wirksam. Je weniger dicht das Material dieser Räumlichkeiten, je stärker die Durchdringung derselben mit Harn und Fäcalstoffen, je weniger kräftig der Luftwechsel in denselben ist, desto länger erhält sieh daselbst das Leben der Infectionserreger.
Weideplätze, welche von pestkranken Thieren begangen wurden, können nicht minder die Ansteckung vermitteln. Je geringer die Menge der von den kranken Thieren daselbst abgegebenen Excre-mente, je trockener und wärmer die Witterung, je bewegter die Luft ist, desto eher wird die Gefahr einer Infection durch solche Plätze schwinden.
Sehr häufig erfolgt die Verschleppung des Ansteckungsstoffes durch Personen, welche mit pestkranken Thieren irgendwie in Berührung gekommen sind oder Seuchenställe betreten haben, also vorzugsweise durch Viehbesitzer und deren Gesinde, durch Viehhändler, Fleischhauer, möglicherweise auch durch Thierärzte, wenn sie die gebotenen Vorsichtsmassregeln ausser Acht lassen. Die eigentlichen Zwischenträger sind vorzugsweise die Kleider dieser Personen, darunter besonders wollene Stoffe, Pelzwerk und die durch Dünger oder sonstigen Schmutz der Seuchenställe verunreinigte Fuss-bekleidung.
Ebenso können Hausthiere verschiedener Art, Pferde, Hunde, Katzen, Schafe, Ziegen, Schweine, Kaninchen, das Hausgeflügel, wenn sie sich in einem Seuchenherde aufgehalten oder mit Auswurfstoffen kranker Thiere besudelt haben, eine Ansteckung vermitteln. In dieser Rücksicht sind vor Allem Schafe wegen ihres dichten Vliesses, in welchem sich das Contagium lange wirksam erhält,
RQll, Tlücrseuclicn,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i
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gefährlich; durch solche Thiere wurde, selbst wenn unter ihnen die Pest nicht zum Ausbruche gekommen war, die Seuche wiederholt schon über weitere Landstrecken verbreitet. Dass Thiere, welche die Pest überstanden haben, bisweilen noch durch einige Zeit mittelst der an ihrer Körperoberfläche haftenden Krusten anzustecken vermögen, wurde schon früher erwähnt.
Die Aufnahme des Gontagiums in den Körper erfolgt auch bei der mittelbaren Ansteckung wohl hauptsäclilich mittelst der Luft durch die Athmungsorgane, entweder unmittelbar durch die Nasenhöhle bei dem Beriechen oder Beschnuppern der infectiösen Substanzen oder mittelbar von der Maul- und Rachenhöhle aus bei dem Verschlingen derselben.
Ob eine Infection durch die Haut oder durch die Einführung virulenter Substanzen in die Verdauungsorgane stattfinden könne, wie dies letztere besonders französische Beobachter, darunter Chauveau, behaupten, ist nicht entschieden. Es kann immerhin noch angenommen werden, dass das auf die letztere Weise eingeführte Contagium nebenbei auch in die Athmungsorgane gelangen mag. Die Möglichkeit einer Infection von der Schleimhaut der Maul- und Nasenhöhle aus, namentlich wenn diese verletzt oder eongestionirt ist, kann jedoch kaum ausgeschlossen werden. Die Impfversuche der Rinderpest haben dagegen zweifellos sichergestellt, dass die Einführung von Trägern des Ansteckungsstoffes unter die Epidermis oder unter das Epithel, sowie die subcutane oder intravasculäre Injection derselben bei den für eine Infection empfänglichen Thieren von positivem Erfolge begleitet ist.
Tenacität des Gontagiums. Rücksichtlich der Tenacität des Rinderpestcontagiums liegen vielfache Beobachtungen vor. Die Zeitdauer, während welcher der Ansteckungsstoff seine Wirksamkeit erhält, ist von äusseren Umständen und von den Verhältnissen, welchen er ausgesetzt ist, abhängig. In manchen Fällen kann er seine Wirksamkeit schon nach wenigen Tagen verlieren, während diese unter günstigen Umständen sich auch durch Monate erhalten kann. Ausschluss des Zutrittes atmosphärischer Luft, ein gewisser Feuchtigkeitsgrad und niedere Temperatur begünstigen, die entgegengesetzten Verhältnisse beeinträchtigen die Forterhaltung der Krankheitserreger. Nach den Erfahrungen Raupach's wird der Ansteckungsstoff durch die Luft, besoöders wenn sie heiss und trocken ist, bald zerstört; in dem heissen, trockenen Steppenklima genügt nach ihm nicht selten ein breiter Graben, um die Weiterverbreitung der Pest auf jenseits desselben befindliche gesunde
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Rinderpest. Tenacität des Contagiums.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;99
Thiere hintanzuhalten. Dagegen conservirt sich der Ansteckungsstoff in feuchten Ställen bei abgeschlossener Luft, sowie in feuchten Localitäten überhaupt, durch Monate, selbst Jahre (Jessen). Der in Haarröhrchen oder zwischen Glasplatten aufbewalirte, vor dem Zutritte der Luft geschützte Impfstoff (Thränenflüssigkeit, Nasenschleim u. dgl.). pestkranker Rinder hielt sich nach den Angaben einer russischen Commission in der Rege! durch 20 bis 30 Tage, manchmal aber selbst Monate lang noch wirksam. In porösen Körpern, Kleidungsstücken, Rauhfutter, Streumaterialien u. dgl., in Cadavern und Cadavertheilen, im Dünger behält das Contagium bei Luftabschluss seine Wirksamkeit durch viele Monate, selbst bis zu einem Jahre und darüber.
Temperaturen von 0deg; und darunter zerstören nicht nur nicht das Contagium, sondern scheinen dessen Wirksamkeit sogar am besten zu erhalten; die Beobachtung, dass durch den während des Winters gefrorenen, im Frühling wieder aufgethauten Dünger pestkranker Rinder Ansteckungen vermittelt wurden, ist häufig gemacht worden.
Durch vorgeschrittene Fäulniss der Cadaver und der Theile pestkranker Thiere bei freiem Luftzutritt scheint deren Ansteckungsfähigkeit zerstört zu werden, während bei der Verwesung der in die Erde vergrabenen Cadaver das Contagium sich länger wirksam erhält. Viseur („R^cueil de m^d. vet6r.quot; 1872) kommt auf Grund von Versuchen, welche er zu dem Zwecke anstellte, um die Schädlichkeit oder Unschädlichkeit der Gase zu prüfen, welche aus den Bodenspalten der Gruben entwichen, in welche pestkrank gewesene Rinder (vor 10 bis 11 Monaten) verscharrt worden sind, zu dem Schlüsse, dass die virulenten Stoffe durch die faulige Zersetzung Aenderungen erleiden und ihre infectiöse Eigenschaft verlieren.
Als die sichersten Zerstörungsmittel des Ansteekungsstoffes haben sich trockene, besonders warme und bewegte atmosphärische Luft (das Austrocknen der Contagiumsträger), Temperaturen von 65deg; C. und darüber, oder länger dauernde Einwirkung von Temperaturen unter diesem Grade und gewisse Desinfectionsmittel, wie Chlor- und schwefligsaure Dämpfe, dann die Theersäuren erwiesen.
Roschnow, Woronzow und Medwedski („Petersburger Archiv für Veterinärmedicinquot;, 1878) gelangten durch eine Reihe von Ansteckungsversuchen zu folgenden Ergebnissen. Negative Resultate erhielten sie durch das Einstellen von Kälbern in gereinigte oder desinficirte Pestställe, durch Infectionsversuche mit getrockneten, sowie mit gekalkten und getrockneten Häuten, dann mit dem mit
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Rinderpest. Empfänglichkeit für das Contagium.
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Kalk versetzten, etwa zwei Monate lang gestandenem Dünger pestkranker Kinder; positive Resultate dagegen ergaben: Fütterungen mit Heu aus Pestställen, selbst dann, wenn das Heu gelüftet war, die Trankung mit der Lake eingesalzenen Fleisches pestkranker Thiere, Infeetionsversuclie mit Dünger und Streu aus Pestställen selbst nach längerer Durchlüftung, dann mit frischem, mit lö0/,, Kalk versetztem Dünger.
Den vielseitig gewonnenen Erfahrungen zu Folge können vollkommen lufttrockene, von pestkranken Thieren stammende Roh-producte, wie Häute, Hörner, Klauen, Därme, dann geschmolzener Talg als gefahrlos in Betreff einer Verschleppung der Rinderpest angesehen werden.
Empfänglichkeit. Die Empfänglichkeit für das Pestcontagium ist bei den Rindern am grössten. Ungeachtet vereinzelter gegen-theiliger Beobachtungen wurde diese Thiergattung nebst dem Büffel bis vor wenigen Decennien als die einzige betrachtet, welche von der Rinderpest befallen wird. Rinder jeder Race, jeden Geschlechtes und Alters werden von ihr ergriffen und es gehört zu den Ausnahmen, wenn bei dem Ausbruche der Krankheit in einem Viehbestande im westlichen Europa ein oder das andere Stück verschont bleibt. Ob die Steppenracen in der That eine geringere Empfänglichkeit für das Rinderpestcontagium zeigen, wie von manchen Seiten in Betreff des südrussischen Steppenrindes angegeben wird, ist nicht sichergestellt.
Von der Pest durchseuchte Thiere widerstehen erfahrungs-gemäss einer wiederholten Ansteckung für ihre übrige, an und für sich verhältnissmässig nur kurze Lebenszeit; eine gleiche Immunität hat sich auch bei den in Russland der Impfung der Pest unterzogenen Rindern, wenigstens bis nach Ablauf von sechs Jahren, herausgestellt. Dagegen erweisen sich die Nachkommen durchseuchter Thiere für eine Ansteckung empfänglich. Die Fälle, in welchen Kälber, die von Kühen geboren wurden, welche zur Zeit, als sie mit jenen trächtig waren, durchseuchten, Infectionsver-suchen widerstanden, dürften sich wohl auf solche Kälber beziehen, deren Mütter zu der Zeit, als sie von der Krankheit befallen wurden, sich schon in einem vorgerückten Stadium der Trächtigkeit befanden.
Nachdem bereits aus früheren Jahrön von Jessen (1836), von mir (1850), Sergejew (1855) und Paschkewitsch und selbst aus dem vorigen Jahrhunderte (Sauvages) Beobachtungen vorlagen, welche es wahrscheinlich machten, dass auch Schafe und Ziegen
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Rinderpest EmpfUuylidikeit für das Gontugium.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 101
durch das Contagium der Rinderpest angesteckt zu werden vermögen, wurde doch erst seit dem Jahre 1861 dieser Wahrnehmung eine grössere Aufmerksamkeit geschenkt, nachdem Marcs in Prag und Gralambos in Ungarn den Uebergang der Pest von Rindern auf Schafe und Ersterer auch die Uebertragbarkeit derselben von Schaf auf Schaf und zurück auf das Rind nachgewiesen und Blei weis diese Beobachtungen durch Impfungen bestätigt hatte. Im Jahre 1863 kam die Pest unter den Schafen in Krain und kurz darauf und seitdem wiederholt in anderen Ländern Oesterreichs und in Ungarn, im Königreiche Polen (Seifmann), 1865—66quot; in England, Holland und Belgien, 1870—71 in Frankreich und mehrfach auch in Deutschland vor.
Im Jahre 1863 trat die Pest unter Schafen und besonders unter Ziegen (Chicoli) in Sicilien auf und verursachte einen Verlust von ungefähr 20.000 Stück; im Jahre 1864 herrschte sie mit grosser Heftigkeit unter denselben Thiergattungen in Egypten.
Schafe und Ziegen sind jedoch für das Contagium der Pest beiweitem nicht so empfänglich wie Rinder; eine nicht unbeträchtliche Zahl derselben widersteht, selbst bei inniger Berührung mit pestkranken Rindern, der natürlichen Ansteckung. Bei der in Böhmen, Krain und im Küstenlande im Jahre 1863 aufgetretenen Schafpest erkrankten nur etwas über 20n/0 der der Ansteckung ausgesetzt gewesenen Thiere. Unter begünstigenden Umständen kann jedoch das Erkrankungspro cent auch ein bedeutend grösseres werden. So erkrankten nach Seif mann von dem Schafstande mehrerer Ortschaften eines Bezirkes in Polen 74%, nach Zalewski in dem Grouvernement Plock von 367 der Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesenen Schafen 267 Stück, mithin ungefähr 64%; Zündel sah in Lothringen mehr als die Hälfte einer Schafheerde in die Krankheit verfallen.
Etwas höher ist im Durchschnitte das Procent der Haftung nach Impfungen; bei den in Wien vorgenommenen Impfungen (Roll, „Die rinderpestähnliche Krankheit der Schafe und Ziegenquot;, 1864) widerstanden über 45% der Schafe der auf diese Weise versuchten Infection.
Das Contagium der Schaf- und Ziegenpest ist sowohl auf Schafe und Ziegen, als auch auf Rinder übertragbar; es bedingt jedoch beiweitem häufiger bei Rindern, als bei Schafen und Ziegen eine Infection. Die Einschleppung der Pest in einen Rindviehbestand durch das Einbringen inficirter Schafe in denselben wurde wiederholt beobachtet.
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Rinderpest. EmpfäDglicbkeit für das Coutagium.
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Die in Folge einer von Schafen ausgehenden Infection bei Rindern sich entwickelnde Pest ist in demselben Masse tödtlich, wie die durch Uebertragung von Rind auf Rind entstandene Krankheit, und die Meinung von der Möglichkeit einer Mitigation des Contagiums der Rinderpest mittelst einer Durchführung desselben durch Schafe oder Ziegen wurde durch die Ergebnisse vorgenommener Versuche vollständig widerlegt.
Ausser den bisher genannten Thiergattungen können aber auch andere Wiederkäuer von der Rinderpest befallen werden, wie dies die in den Thiergärten zu Paris und Rotterdam gemachten Erfahrungen nachweisen. In den ersteren wurde die Rinderpest im Jahre 1865 durch zwei indische Gazellen, welche in London und auf dem Transporte nach Paris der Ansteckung ausgesetzt waren, verschleppt; es erkrankten daselbst ein Auerochs, Yaks, Zebus, Gazellen, Ziegen, Antilopen und Hirsche. Die Angabe, dass dort auch Pekarischweine an der Pest erkrankt seien, scheint auf einer irrthiunlichen Beobachtung zu beruhen. In dem Thiergärten zu Rotterdam fielen im Jahre 1866 eilf Antilopen an der Rinderpest. Aus Egypten wurde 1864 auch der Uebergang der Pest auf Kamele berichtet.
Dem Angeführten nach scheinen daher aussei* den Rindern die Wiederkäuer überhaupt für das Contagium der Rinderpest, jedoch in einem beiweitem geringeren Grade empfänglich zu sein, als die ersteren.
Ein Uebergang der Krankheit auf Einhufer, Fleischfresser und Schweine ist nicht nachgewiesen.
Ebensowenig ist die Krankheit einer Uebertragung auf den Menschen fähig, wie dies eine jahrhundertelange Erfahrung nachgewiesen hat; auch der Genuss des Fleisches pestkranker Thiere ist für den Menschen unschädlich.
Incubationszeit. Ueber die Dauer der Incubationsperiode der Rinderpest gingen früher die Ansichten viel weiter auseinander, als dies gegenwärtig der Fall ist.
Die seit einer Reihe von Decennien unter jeder wünschens-werthen Controle vorgenommenen Impfversuche haben als mittlere Dauer der Incubationsperiode bei geimpften Rindern fünf bis sieben Tage ergeben und nachgewiesen, dass eine Abweichung nach einer und der anderen Richtung zu den Ausnahmen gehöre. Nach den Mittheilungen von M. und K. Raupach („Baltische Wochanschriftquot;, 1873) erfolgte unter 865 Impfungen der Krankheitsausbruch bei 70 Thieren (8-10%) am vierten, bei 227 Thieren (26-25%) am
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fünften, bei 303 Thieren (35%) am sechsten, bei 208 Thieren (24-15%) am siebenten, bei 57 Thieren (6-60%) am achten Tage nach der Impfung, mithin bei SiW/j, innerhalb der ersten sieben Tage nach der Impfung, dagegen nach dem siebenten, und zwar am achten Tage nur bei G'SO0/,, der Impflinge. E. Semmer („Ueber die pathologische Anatomie der Rinderpestquot;, 1875) fand sogar bei drei 36 Stunden nach der Impfung getödteten Kälbern, und K. Rau-paeh („Die Resultate der letzten Rinderpest-Impfungenquot;, 1875) bei einem 18 Stunden nach der Impfung getödteten Ochsenkalbe schon den charakteristischen Befund der Rinderpest.
Von der Mehrzahl der neueren Beobachter wird auch bei natürlicher Infection die mittlere Dauer des Incubationsstadiums mit ungefähr sieben Tagen angenommen, während man in früheren Zeiten sich für eine beiweitem längere, bis zu drei Wochen und darüber sich erstreckende Incubationsperiode aussprach. Ueberall dort, wo die bezüglichen Erhebungen in Localitäten und zu einer Zeit gemacht wurden, wo sich der Gang der Seuche und die Aufeinanderfolge der Erkrankungen noch genau controliren Hessen, oder wo Versuche mittelst natürlicher Infection unter den nöthigen Vorsichten angestellt wurden, ergab sich eine bestimmte, sieben Tage kaum überschreitende Incubationsperiode, während unter entgegengesetzten Verhältnissen, namentlich dann, wenn die Seuche in einer Ortschaft schon eine grössere Verbreitung erlangt hat und daher die Möglichkeit der Infection von verschiedenen Punkten her gegeben ist, Irrthümer in Bezug der Frage, von welcher Seite her und an welchem Tage ein fragliches Thier angesteckt worden ist, kaum vermieden werden können. Diese letzteren Umstände waren jedoch im letztverflossenen Jahrhunderte, aus welchem die Angaben über eine mehrwöchentliche Dauer der Incubationszeit der Rinderpest der Hauptsache nach stammen, die vorherrschenden; während gegenwärtig, wo in Folge strenger veterinärpolizoilicher Massregeln einer weiten Ausbreitung und langen Dauer der Rinderpest Schranken gesetzt sind, eine genaue Controle des Infectionsganges ermöglicht ist. Die Angaben aus neuerer Zeit über eine Incubationsdauer von 12, 14 bis 18 Tagen und darüber sind daher auch verhältnissmässig nur vereinzelt, und müssen, wenn sie nicht auf Beobachtungsfehlern beruhen, als Ausnahmen betrachtet werden.
Mit der erhobenen kurzen Incubationsdauer stimmt auch die in den Jahren 1865 und 1866 in England, und seit dieser Zeit auch in anderen Ländern gemachte Beobachtung überein, nach welcher bereits 36 bis 48 Stunden nach erfolgter Ansteckung eine Erhöhung der
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104nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Kimlerpuät. Ein- und Verschleppung.
Körpertemperatur um 1 bis 2deg; C. und gewöhnlich schon zwei Tage später eine Reihe weiterer krankhafter Erscheinungen sich einstellt.
Die Dauer des Incubationsstadiums bei der Schafpest schwankt bei natürlicher Ansteckung zwischen vier und neun, bei der Impfung zwischen zwei und sechs Tagen. Bei dem Uebergange der Krankheit von Schafen auf Rinder variirte die Dauer des latenten Stadiums von vier zu acht, nach Impfungen von drei zu vier Tagen.
Ein- und Verschleppung der Rinderpest. Die Einschleppung der Rinderpest in die verschiedenen Länder ausserhalb Russlands Ulsst sich in letzter Instanz auf russisches inficirtes Steppenvieh zurückführen, gleichgiltig, ob die Ansteckung desselben schon in der Steppe oder erst während des Triebes erfolgt ist. Da die Krankheit bei dem Steppenviehe gewöhnlich unter wenig hervortretenden Erscheinungen auftritt und abläuft, kann der Ausbruch derselben leicht übersehen oder verheimlicht werden; während mittlerweile die erkrankten Thiere andere anstecken, welche nach Ablauf der Incubationsperiode erkranken. Eine Steppenheerde, unter welcher sich pestkranke Rinder befinden, kann ihren Marsch lange fortsetzen und die Ansteckung in einem Lande weithin verbreiten, bevor sie als krank erkannt wird; abgesehen davon, dass es häufig genug geschieht, dass die Eigenthümer oder Treiber solcher verseuchter Heerden sich der kranken Thiere unter verschiedenen Vorwänden, wie wegen angeblicher Lahmheit, Klauenkrankheit, eines absichtlich erzeugten Knochenbruches, entledigen, um dem Verdachte des Vorhandenseins der Seuche in ihrer Heerde zu begegnen. Solche, gewöhnlich um geringen Preis abgegebene Thiere haben häufig zur Verbreitung der Pest Anlass gegeben.
Zur Zeit als der Trieb solcher Steppenheerden nur auf dem Landwege stattfand, wurden vor Allem die östlichen Länder Europas von der Rinderpest heimgesucht, während der Westen, ausserordent-liche Ereignisse, wie Kriege, ausgenommen, in der Regel verschont blieb. In der neueren Zeit jedoch, wo der Transport des Viehes der Hauptsache nach mittelst der Eisenbahnen stattfindet, kamen in Folge einer derartigen Verführung von Steppenvieh öfter und ganz unerwartet Ausbrüche der Rinderpest auch in Gegenden vor, welche weit von Russland entfernt liegen, während die dazwischenliegenden Landstriche von der Seuche frei blieben. Ebenso wurde durch den Seetransport solchen Viehes die Seuche wiederholt nach England und Egypten eingeschleppt.
Bei dem Herrschen der Rinderpest ausserhalb der Steppen und in den westlichen Grenzgebieten Russlands genügt schon der
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Rinderpest. Ein- und Verüchleppung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;105
gewöhnliclie Grenz- und Handelsverkelir, um wenigstens locale Ausbrüche der Seuche in den benachbarten Grenzgegenden zu veranlassen.
Eine Einschleppung der Rinderpest aus Russland durch trockene thierische Rohproducte, wie trockene Häute, ebensolche Hörner, Klauen, Gedärme, durch geschmolzenen Talg, konnte bisher niemals nachgewiesen werden. Eine solche ist auch nicht möglich, da derlei Objeete, bevor sie in den Handel gesetzt werden können, dem Einflüsse von Agentien ausgesetzt werden, welche den Ansteckungsstoff unwirksam zu machen vermögen. Dagegen kann durch den Import frischer, von pestkranken Thieren stammender Theile, wie er im Grenzverkehre stattfindet, eine Einschleppung des Contagiums leicht erfolgen.
Ist einmal die Rinderpest in einer Gegend eines Landes zum Ausbruche gekommen, dann kann die Verschleppung derselben auf die verschiedenste Weise erfolgen. Dazu gehören nebst zahlreichen anderen, oft erst durch die eingehendsten Erhebungen sicherzustellenden Umständen: Viehmärkte, Eisenbahnwagen und Schiffe, mittelst welchen pestkranke Thiere transportirt wurden, der Verkehr der Einwohner verseuchter mit jenen noch unverseuchter Ortschaften und Gehöfte, die gemeinschaftliche Wartung gesunden und kranken Viehes, die Hutung des Viehes auf Gemeindeweiden, die Verabreichung von Futter und Getränke, welches von pestkranken Thieren berührt wurde, das freie Herumlaufen kleiner Hausthiere, das Betreten der Gehöfte durch Personen, die sich mit Thieren und ihren Producten beschäftigen, u. dgl.
Werner (,Oesterroichisclie Vierteljahressclirift f. w. Veterinärkundequot;, Bd. 17) fülirt an, dass die Rinderpest unter das einheimisclie Vieh einer Eisenbahnstation in Galizien durch einen Transport von Mastochsen, die aus einem verseuchten Viehstande stammten, mittelst der Eisenbahn in der Art verschleppt worden sei, dass das einheimische Vieh Stellen betrat und beroch, auf welche die Excremente der verseuchten Thiere durch die Bewegung der Waggons und das Herumtreten der Thiere in denselben geschleudert worden waren.
Während der Kinderpest-Invasion in Krain im Jahre 1879 wurde die Seuche unter das Vieh einer Ortschaft auf die Weise gebracht, dass dieses über und auf einen Weideplatz getrieben wurde, auf welchem einige auf dem Durchtriebe befindliche, auf einem nicht entfernten Viehmarkte angekaufte und wenige Tage später als pestkrank erkannte bosnische Rinder durch mehrere Stunden aufgestellt waren und daselbst Excremente abgesetzt hatten.
Die Thatsache, dass die, Rinderpest ausserhalb Russlands spontan nicht auftritt, dass das Incubationsstadium eine bestimmte mittlere Dauer einhält und daher auch die Erkrankungen in einer
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Rinderpest. Eiu- und Verschleppung.
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gewissen Resrelmässigkcit aufeinander folgen, sowie der Umstand, dass die Verbreitung der Krankheit von gewissen Seuchenorten aus erfolgt, kann unter Verhältnissen als ein werthvolles Hilfsmittel zur Feststellung der Diagnose einer im Beginne zweifelhaften Rinderseuche dienen. Erkrankungen, welche unter russischem Steppenvieh oder unter aus Rnssland importirtem Vieh überhaupt, oder unter einheimischem Vieh kurz nach dem Einstellen russischen oder Steppenviehes auftreten, müssen an und für sich den Verdacht der Rinderpest rege machen und fordern in jedem Falle zu einer besonderen Aufmerksamkeit bei der Untersuchung der Thiere und bei der Stellung der Diagnose auf.
Wegen der ziemlich constanten Dauer des Incubationsstadiums erfolgen die Erkrankungen von Rindern, welche mit einem pestkranken in demselben Stalle untergebracht sind, wenigstens im Beginne der Seuche in regelmässigen Zeitintervallen von ungefähr 7 Tagen (Infectionsgang), welche Regelmässigkeit der Ausbreitung erst im weiteren Verlaufe der Seuche wegen der vermehrten Möglichkeit einer vielseitigen Verschleppung des AnsteckungsstofFes sieh verwischt. In den befallenen Stallungen kommen vorerst nur vereinzelte Erkrankungen vor, diese nehmen allmälig an Zahl zu, bis endlich die Seuche unter dem Viehstande reissend um sich greift. (Propa-gationsweise der Seuche.)
Von verseuchten Ställen aus, von Viehmärkten, von Triebstrassen, Futter-, Rast- und Eisenbahnstationen, auf welchen verseuchte Thiere sich aufgehalten haben, verbreitet sich nicht selten die Seuche, wie von Centren aus, strahlenförmig in die Umgebung, nach welcher hin ein Verkehr mit Vieh oder durch Personen stattfand. (Contagionslauf.)
Erscheinungen der Pest bei Rindern. Schon während der Tncubationsperiode und einen bis zwei Tage vor dem Eintritte der evidenten Krankheitserscheinungen stellt sich, wie zuerst englische Beobachter (darunter besonders Gamgee) während der Seuchen-Invasion der Jahre 1865 und 1866 nachgewiesen haben, eine Erhöhung der Körpertemperatur, welche beim gesunden Rinde, im Mastdarme gemessen, 38-50 bis 39deg; beträgt, um 1deg; bis 2deg; C. und sogar darüber ein, so dass sie bis 41deg; selbst 42deg; C. ansteigt. Diese Temperatursteigerung während der Incubationsperiode kann als werthvolles Mittel benützt werden, um festzustellen,quot;quot; ob unter Thieren, welche der Ansteckungsgefahr ausgesetzt waren, sich solche befinden, bei welchen der Ausbruch der Krankheit zu erwarten ist. Bei derlei Untersuchungen muss jedoch das Thermometer nach jedesmaligen
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Rinderpest. Erankbeitsersclieinungen bei Rindern.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;107
Gebrauche sorgfältig desinficirt werden, um nicht durch die Manipulation selbst zu Verschleppungen des Ansteckungsstoffes Anlass zu geben. Nach den Beobachtungen Medwedski's ist die fieberhafte Temperatursteigerung bei den Thieren der grauen Steppenrace geringer als bei Rindern anderer Racen.
Der offenbare Beginn der Krankheit gibt sich seltener durch stürmische Erscheinungen, wie Schüttelfrost, grosse Aufregung und Unruhe der Thiere, mit Drang beständig den Platz zu wechseln, sich von ihrem Stande loszureissen, Schütteln des Kopfes, Stampfen und Schlagen mit den Füssen, zu erkennen. Gewöhnlicher zeigen die Kranken Traurigkeit und Abstumpfung; sie stehen von der Krippe entfernt, mit gesenktem Kopfe, aufgekrümmtem Rücken, unter den Leib gestellten Hinterbeinen; auf dem Triebe bewegen sie sich matt, hinfällig und bleiben hinter der Heerde zurück. Auch jene Thiere, bei welchen anfangs Aufregung zugegen war, verfallen binnen Kurzem in Stumpfsinn, welcher bisweilen wieder mit Aufregung wechselt. Gewöhnlich ist ein Zittern des Hautmuskels an verschiedenen Körpertheilen, eine ungleiche Vertheilung der Hauttemperatur, öfterer Wechsel derselben, bisweilen auch eine grössere Empfindlichkeit längs der Wirbelsäule zu constatiren.
Als eine der ersten und bezeichnendsten Erscheinungen bei Kühen ist die schon von älteren Beobachtern hervorgehobene Verminderung der Milchabsonderung anzusehen, auf welche in neuerer Zeit von Bruekmüller und Gerlach wieder die Aufmerksamkeit gelenkt wurde und welche, wie die Temperaturerhöhung, bisweilen selbst dem evidenten Ausbruche der Krankheit vorausgeht.
Die Fresslust wird geringer; die kranken Thiere suchen nur langsam und unlustig im Futter herum; das Wiederkauen ist verzögert und öfter unterbrochen, der Durst vermehrt, die um diese Zeit meist trockenen und beim Herabfallen nicht zu einem Fladen zerfallenden Exeremente werden verzögert abgesetzt; manche Thiere zeigen durch öfteres Umsehen nach dem Hinterleibe und durch Schlagen mit den Hinterbeinen nach demselben unangenehme Empfindungen in dem Bauche an; der Absatz des Harnes erfolgt seltener. Das Athmen ist anfangs massig oder gar nicht beschleunigt und die physikalische Untersuchung der Brust ergibt zu dieser Zeit keine Zeichen einer Affection der Athmungsorgane; der Puls schwankt zwischen 60 bis 100 und selbst darüber in der Minute und wechselt bezüglich der Frequenz bei einem und demselben Ki-anken häufig; er ist dabei klein und weich, der Herzschlag schwach oder gar nicht fühlbar.
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Itiuilürpest. KrankbeitäertjebeinungeD bei Uiadem.
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Diese, dei' Hauptsache nach von dem Fieber abhängigen Erscheinungen sind dort, wo das Herrschen der Rinderpest noch nicht constatirt ist, für die Gegenwart dieser Krankheit nicht beweisend; sie sind aber geeignet, den gegründeten Verdacht derselben rege zu machen, wenn sie zu einer Zeit, wo die Anwesenheit der Seuche in einer Gegend schon nachgewiesen ist, an Thieren angetroffen werden, welche der Ansteckungsgefahr ausgesetzt waren. Charakteristisch sind die kurz nach dem Auftreten der Fiebererscheinungen sich einstellenden Veränderungen der sichtlichen Schleimhäute.
Bei Kühen und Kalbinen finden sich diese Veränderungen in der Regel zuerst auf der Schleimhaut des Wurfes und der Scheide, welche, neben Schwellung, eine anfangs hell scharlachrothe, später braunrothe, schliesslich violete fleckige und streifige Färbung zeigt und stellenweise von kleinen Extravasaten durchzogen erscheint. An kleinen umschriebenen Stellen werden flache, gelbe oder gelblichgraue plattenartige Auflagerungen wahrnehmbar, welche der Schleimheit nur locker aufsitzen, schliesslich abgestossen werden und hie und da seichte Substanzverluste hinterlassen; ausserdem wird ein mehr oder weniger reichlicher schleimiger oder schleimig-eiteriger, bisweilen blutgestriemter Ausfluss aus der Scheide auffallend.
Aehnliche Veränderungen kommen auf der Schleimhaut der Nase vor, welche anfangs gleichförmig oder gestriemt geröthet, von Ekchymosen durchsetzt, imd stark geschwulstet erscheint, später blässer wird, und hie und da die gleichartigen plattenartigen Auflagerungen wahrnehmen lässt.
Die Bindehaut der Augen ist geröthet, die Absonderung der Thränen in der Regel so bedeutend vermehrt, dass sie fortan über die Wangen abfliessen und dort Ausfallen der Haare, manchmal auch leichte Excoriationen veranlassen. Später sammelt sich ein schleimigeiteriges Secret an den inneren Augenwinkeln und hinter den unteren Augenlidern an.
Am auffallendsten treten die Veränderungen auf der Schleimhaut des Maules hervor. Diese erscheint an den Rändern des Zahnfleisches und der Zunge, an den Lippen, zur Seite des Zungen-bändchens, an dem Gaumen, dann an den Wangen, dem Gaumensegel und Rachen, insoweit sich letztere Partien übersehen lassen, hellroth gefärbt, stellenweise von dunkelrothen Flecken besetzt. An der Stelle dieser letzteren trübt und lockert sich etas Epithel, es bilden sich daselbst graue oder gelblichgraue Erhöhungen oder Knötchen von der Grosse eines Stecknadelkopfes und darüber, welche sich allmälig vergrössem, hie und da zusammenfliessen und sich mit einer breiig-
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Rinderpest. Krankheitserscheinungen bei Rindern.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;109
käsigen Masse bedecken, nach deren Wegwischen oder Abstossen die Schleimhaut hochroth, wund und leicht blutend erscheint. Es sind dies die von lange her unter dem Namen der Erosionen bekannten Veränderungen, welche bei manchen Rinderpest-Invasionen so constant sind, dass sie kaum bei einzelnen Thieren vermisst, bei anderen aber wieder seltener wahrgenommen werden. Die Schleim-, bisweilen auch die Speichelabsonderung ist so vermehrt, dass in manchen Fällen sich zäher Greifer in Strängen aus dem Maule spinnt.
In den dem Auftreten der Erscheinungen zunächst folgenden Tagen hört Fresslust und Wiederkauen vollständig auf; die Excremente werden weich, breiig, endlich vollkommen flüssig, bisweilen blutig gefärbt abgesetzt und stellen schliesslich eine trübe, flockige oder mit krümligen Theilehen gemischte Flüssigkeit dar. Der Absatz derselben erfolgt häufig unter Zwang, mit Aufkrümmen des Kückens und Auseinanderstellen der Hinterfüsse, in manchen Fällen unwillkürlich und stossweise, meist in kleinen Mengen auf einmal unter Hervortreiben des Afters und Hervortritt der intensiv gerötheten oder missfärbigen heissen Mastdarmschleimhaut. Gegen das Lebensende findet ihr Abgang gewöhnlich während des Liegens der Thiere statt, wobei der After nach der Entleerung häufig wie gelähmt geöffnet bleibt.
Der Harn wird seltener entleert; dem Anscheine nach von normaler Beschaffenheit, enthält er nach Marc et eine grössere Menge von Harnstoff bei Abnahme seiner mineralischen Bestandtheile; Murchinson und Gamgee fanden in ihm stets Eiweiss.
Die Absonderung der Milch wird fortan geringer und versiegt
endlich völlig.
Nach dem Untersuchungen Monin's („Centralblatt für die medicinischeu Wissenschaftenquot; 1876), welche er an einer pestkranken Kuh einen Tag vor ihrem Tode vornahm, nimmt die Menge der Milch fast stündlich um die Hälfte ab, ebenso ihr specifisches Gewicht; die Menge des Zuckers sinkt bedeutend, nahezu auf Null, das Fett vermindert, die Aschenbestandtheile vermehren sich. Dom entgegengesetzt fand Marcet, bei verringertem specifischen Gewichte, ihre mineralischen Bestandtheile vermindert, den Fettgehalt vermehrt.
Das im Anfange nahezu unveränderte Athmen wird bald beschleunigt, erreicht bisweilen die Höhe von 60 bis 80 Zügen in der Minute und geschieht in dem vorgerückteren Stadium der Krankheit mit auffallender Flankenbewegung und unter Stöhnen, besonders bei der Exspiration, bei welcher nicht selten der Rumpf nach vorn bewegt und nahezu gestossen wird. Zugleich tritt ein im Beginne seltener, kräftiger, trockener, später schwächer und
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110nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rinderpest. Krankheitserscbeinungen bei Riadern.
dumpf oder hold werdender abgebrochener (Stoss-) Husten ein, der ziemlieh charakteristisch für die Rinderpest ist und nur selten ver-misst wird. Die physikalische Untersuchung der Brust ergibt vorerst aussei- verschärftem vesiculären Athmen keine Anomalie; später stellen sich feuchte und trockene Rasselgeräusche und die Symptome des Lungenemphysems ein. Von diesem letzteren und der daraus hervorgehenden forcirten Respiration ist auch das in manchen, jedoch nicht häufigen Fällen beobachtete Auftreten eines Hautemphysems längs der Wirbelsäule, an den Schultern und am Brustkorbe abhängig.
Das Fieber nimmt im Verlaufe der Krankheit an Intensität zu, die Körpertemperatur erreicht eine Höhe bis 42deg;, selbst 42-40 C. (Gerlach); ein Sinken der Fiebertemperatur des Morgens und eine Steigerung derselben Abends wird gewöhnlich wahrnehmbar; die Hauttemperatur wechselt häufig, besonders an den Hörnern, Ohren und an den Endtheilen der Gliedmassen, die sich bald heiss, bald kühl anfühlen; der Puls bleibt beschleunigt und erreicht bisweilen die Höhe von 100 und darüber in der Minute. Das Blut zeigt im Beginne der Krankheit keine Abweichung von dem Aussehen eines normalen; im weiteren Verlaufe erscheint es etwas dunkler, ohne jedoch violet und zähflüssig zu werden und bildet beim Gerinnen einen nur lockeren Kuchen.
Nach den Untersuchungen Marcet's ist dessen Wassergehalt vermindert, die Menge des Faserstoffes fast auf das Doppelte vermehrt, jene der Extractivstoffe und des Eiweisses jedoch (die des letzteren nicht constant) erhöht. Auch Peretti und Oudernon fanden eine Zunahme des Faserstoffes im Blute.
Die schon im Beginne der Krankheit vorhandene Mattigkeit und Abgestumpftheit nimmt im Verlaufe zu; die Thiere liegen viel und zwar meist mit gestrecktem und aufgestütztem Kopfe, sie erheben sich nur mit Anstrengung und schwanken dann hin und her. Die Abmagerung macht rasche und bedeutende Fortschritte; die Haut wird trocken, pergamentartig, liegt an den unterliegenden Theileu fest an und behält aufgehobene Falten durch einige Zeit bei, sie wird, wie der Ausdruck lautet, lederbündig, das Haar glanzlos, gesträubt, verworren. Das Auge sinkt zurück, die Bindehaut wird bleich, der Blick matt und traurig; am inneren Augenwinkel sind meist Klumpen eines zähen gelblichgrünen oder grauen Schleimes angesammelt.
Bei manchen Seuchen-Invasionen wird das Auftreten eines schuppigen, knötchenartigen oder pustulösen Ausschlages an verschiedenen, namentlich zarteren und nicht pigmentirten Stellen der Haut, wie am Euter (besonders von Murchinson und Sanderson erwähnt).
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Rinderpest. Krankheitsverlaaf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ill
am Hodensacke, am Mittelfleische, um die Nase, am Kinn, am Genicke, am Halse und Triel, sowie an der inneren Fläche der Hinterschenkel beobachtet. Dieser Ausschlag- hat Ramazzini ver-anlasst, die Rinderpest mit dem Namen „Pockenseuche des Hornviehesquot; zu belegen.
Die angeführten Krankheitserscheinungen sind in ihrer vollständigen Vereinigung an einem und demselben Thiere selten zu constatiren; meistens überwiegen gewisse Gruppen derselben vor anderen, welche dagegen mehr zurücktreten. Aus diesem Grunde unterscheidet Gerlach je uach dem Hervortreten eines oder des anderen Symptomencomplexes eine nervöse, pneumonische, gastrische und exanthematische Form der Rinderpest.
Verlauf der Krankheit. Der Verlauf der Pest ist bei dem westeuropäischen Rindvieh in der Regel ein ungünstiger und meistens tödtlicher. Das russische graue Steppenvieh und die ihm verwandten Racen: die moldauische, die serbische, die ungarische graue Rinder race dagegen seuchen, namentlich in ihrer Heimat und unter den gewohnten Verhältnissen, um vieles leichter durch als die übrigen Racen; das Mortalitätsprocent ist daher auch bei den ersteren ein viel geringeres als bei den letzteren. Während der Rinderpest-Invasionen der Jahre 1849 bis 1863 sind in Ungarn und Siebenbürgen von 10O pestkranken Rindern 49, also ungefähr die Hälfte genesen, während in der Bukowina, wo theilweise gleichfalls graues Steppen-vieh gehalten wird, das Genesungsprocent wenig über 35, in Gali-zien, wo ähnliche Verhältnisse obwalteten, 23, in den übrigen Verwaltungsgebieten zusammen aber nur 3 bis 40/0 betrug. Ebenso waren in Ungarn während der Invasion 1872 bis 1873 von 5525 pestkranken Rindern 2890 Stück, mithin 53.3%, genesen.
In Russland soll bei manchen Seuchengängen die Sterbhehkeit kaum 5% der Erkrankten betragen, während es dagegen auch Invasionen gibt, bei welchen die Mortalität nicht viel hinter jener zurückbleibt, welche die Seuche in Westeuropa verursacht. Nach Jessen äussert sich bei manchen Thiex-en der Steppenracen die Krankheit nur durch einen Fieberanfall, der nach einem oder nach zwei Tagen verschwindet; bei anderen treten nur leichte katarrhalische Aifectionen der Athmungsorgane, bei anderen geringgradiger Durchfall oder das erwähnte Exanthem auf, ohne dass die Thiere besonders leiden. Obwohl die Genesung nach sehr kurzer Zeit eintritt und die Krankheit daher leicht als eine wenig belangreiche angesehen werden kann, erweist sie sich doch als Rinderpest dadurch, dass derart kranke Thiere überall dort, wo sie auf dem Triebe mit
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Rinderpest, Krankheitsverlauf.
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Rindern zusannnenkommen, unter diesen die Pest zurücklassen. Es erscheint dalier der Ausspruch Jessen's, dass kein noch so erfahrener Thierarzt im Stande sei, mit Bestimmtheit den Ausspruch zu machen, dass unter einer Heerde von Steppenvieh sich kein Thier befinde, welches als unbedingt frei von der Rinderpest erklärt werden könnte, vollkommen begründet.
In jenen Fällen, in welchen bei dem westeuropäischen Vieh Genesung von der Rinderpest beobachtet wurde, erreichten gleichfalls die Krankheitserscheinungen meist keine bedeutende Höhe und traten am vierten bis fünften Tage der Krankheit allmälig zurück. In solchen Fällen wurde bemerkt, dass nach dem Ablaufe von vier bis sechs Tagen Temperatur und Puls sanken, Fresslust und Wiederkauen wiederkehrten, die katarrhalischen Erscheinungen sich minderten, die Erosionen sich eindeckten, der Durchfall allmälig aufhörte, die Excremente nach und nach die normale Beschaffenheit erhielten und die munter gewordenen Thiere sich innerhalb einer bis zwei Wochen erholten und verhältnissmässig rasch wieder ihr früheres Aussehen erlangten. In manchen Fällen blieben Athmungsbeschwerden, abhängig von dem herangebildeten Lungenemphysem oder, durch verschieden lange Zeit, Störungen der Verdauung zurück.
In den tödtlich endenden Fällen steigern sich die Symptome zu einer bedeutenden Höhe; die Thiere stehen zuletzt mit unter den Bauch zusammengeschobenen Beinen und gekrümmtem Rücken oder sie liegen mit auf eine Schulter zurückgebogenem Kopfe; der Aus-fluss aus der Nase, dem Maule und der Scheide wird missfärbig und übelriechend, das Athmen im hohen Grade erschwert und geschieht manchmal mit aufgesperrtem Maule, bisweilen ist auch Knirschen mit den Zähnen und Muskelzittern zugegen; die jauchigen Excremente fliessen nicht selten aus dem geöffneten After unwillkürlich ab; die Temperatur, im Mastdarme gemessen, sinkt, und zwar meistens unter die normale Höhe, die Extremitäten erkalten, und unter dem Hervortreten blutigen Schaumes aus Maul und Nase erfolgt, von dem Auftreten der evidenten Fiebererscheinungen an gerechnet, der tödt-liche Ausgang gewöhnlich zwischen dem sechsten und siebenten, selten erst um den eilften Tag und später, in sehr acuten Fällen schon am vierten Tage oder selbst noch früher. Auf der Höhe der Krankheit stellt sich bei hoehträchtigen Kühen gewöhnlich Abortus ein.
Manche Invasionen der Rinderpest zeichnen sich durch eine besondere Raschheit und Bösartigkeit des Verlaufes aus, während andere ein beiweitem geringeres Mortalitätsprocent zeigen, ohne dass der Grund hiervon nachgewiesen werden könnte. So verlief die
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Rinderpest. Anatomischer Befund.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 113
Krankheit in dem achten Decennium des achtzehnten Jahrhunderts in Norddeutschland und Holland auffallend gutartig, während sie einige Jahre später ebendort wieder mit der früheren Bösartigkeit wiithete.
Zweifellos wirken jedoch auf den mehr oder weniger günstigen Verlauf der Krankheit auch nachweisbare äussere Verhältnisse ein. So läuft sie im Sommer, bei schöner Witterung, bei dem Aufenthalte der Thiere in reinen, luftigen, massig warmen Stallungen, bei weicher Nahrung gutartiger ab, als zur Winterszeit und bei dem Herrschen entgegengesetzter Verhältnisse.
Ein fortgesetztes Studium der Erscheinungen, des Verlaufes und des pathologischen Befundes der Rinderpest ist durch die neuere Gesetzgebung der meisten Staaten Europas, welche die sofortige Tödtung jedes pestkranken und der Pest verdächtigen Thieres anordnet, nahezu ausgeschlossen.
Anatomischer Befund. Die hervorstechendsten Veränderungen werden auf dem System der Schleimhäute angetroffen. Sie zeigen jedoch nach dem Stadium des Processes, der Raschheit des Verlaufes, dem Charakter der einzelnen Invasionen, dann nach dem Alter, dem Eimälmingszustande, den Verhältnissen der Haltung; sogar der Race der Thiere manche Verschiedenheiten.
Wenn auch die Schleimhäute des Verdauungstraetes vor Allem und in der Regel am intensivsten erkrankt sind, so bleibt doch kein einziger Schleimhautabschnitt von dem Processe völlig verschont. Dieses gleichzeitige und gleichartige Ergriffensein sämmtlichcr Sehleimhäute kann als charakteristisch für die Rinderpest angesehen werden und wird selbst in dem Falle, wenn bei einem getödteten Rinde kein weiterer Befund angetroffen wird, den Verdacht auf die Gegenwart der Rinderpest rege machen müssen.
Der Process beginnt auf den Schleimhäuten mit einer intensiven capillärcn und venösen Hyperämie und dadurch vcranlassten diffusen Röthung und Schwellung, stellenweise selbst punktförmigen Ekchymosirung der betroffenen Partien, welche Veränderungen zur Zeit der Höhe der Krankheit um den vierten bis fünften Tag diegrösste Intensität erlangen. An verschiedenen Stellen wird eine Wucherung des Epithels der Schleimhäute mit körnigem und fettigem Zerfall, daher Trübung, Verdickung und Erweichung desselben und in Folge dessen die Bildung breiiger oder käsiger, plattenartigcr Auflagerungen von verschiedener Ausdehnung bemerkbar, nach deren Ab-stossung oberflächliche Excoriationen zurückbleiben. Derselbe Process der Zellenwueherung mit darauffolgendem körnigen und fettigen
Roll. Thierseuclien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;quot;
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Zerfall iindet auch in den Drüsen der Schleimliaut der Verdanungs-organe, namentlich in den Follikeln der Peyer'schen Drnsenhaufen statt.
In dem Verdauung-stracte ist besonders die Schleimhaut des Maules, des Rachens, des Labes und des Dünndarmes, öfter auch jene des Mastdarmes der Sitz der pathologischen Veränderungen; seltener ist der Process auf der Mucosa des Blind- und Grimmdarmes zugegen. Unter den Schleimhäuten der Respirationsorgane sind besonders jene der Nasenhöhle, des Kehlkopfes, der Luftröhi-e und der gröberen Bronchien, von jenen der Harn- und Geschlechtstheile die Scheide und Harnblase ergriffen.
Auf der Schleimhaut des Maules und Rachens, und zwar dort, wo sie nicht mit einer dicken Epithellage bedeckt ist, linden sich die Erscheinungen einer intensiven Hyperämie. An den Lippen und dem Zahnfleische des Unterkiefers werden als ein fast constanter Befund hanfkorngrosse graue Knötchen und rundliche oder unregelmässig ausgebuchtete, an der Oberfläche granulirte, käsig weiche Platten neben dunkelrothen excoriirten Stellen, die sogenannten Erosionen, angetroffen. Einen gleichen Befund zeigt nicht selten die untere Fläche der Zunge und das Zungenbändchen, seltener die Spitze und der Grund der Zunge. Am harten Gaumen und an den Papillen der Schleimhaut der Backen kann häufig ein Fehlen des Epithels an verschiedenen Stellen, am weichen Gaumen das Vorhandensein von Trübungen des Epithels und von Excoriationen nachgewiesen werden.
Die Schleimhaut der Rachenhöhle ist hoch geröthet, geschwellt, meistens von Extravasaten durchzogen, ihr Epithel stellenweise getrübt, aufgelockert und erweicht; jene der Speiseröhre gewöhnlich Unverändert, in seltenen Fällen ihr Epithel hie und da breiig erweicht.
Der erste und zweite Magen enthalten gewöhnlich breiiges Futter; ihr Epithel ist gelockert, leicht abstreifbar und hängt manchmal in Fetzen den Futtermassen an; die unterliegende Schleimhaut ist meist stellenweise hyperämisch.
Der dritte Magen (Löser) ist bald fest, manchmal steinhart, bald weich anzufühlen. In dem ersteren Falle enthält er feste, trockene, selbst zu einem Pulver zerreibliche, zwischen die Blätter des Lösers eingelagerte Scheiben von Futter; das Epithel erscheint in diesem Falle fettig degenerirt, haftet stellenweise losgelöst in Fetzen an den Futterküchen, welche durch die Eindrücke seiner warzigen Hei-vor-ragungen ein areolirtes Ansehen erhalten. Bei breiiger Beschaffenheit des Futters werden die stark durchfeuchteten Blätter in hohem
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Grade mürbe, das Epithel leicht abstreifbar oder in grossem Umfange losgelöst angetroffen; in beiden Fällen ist die Schleimhaut von angefüllten Gefässen und gewöhnlich auch von Extravasaten durchzogen. Von dem inconstanten und für die Rinderpest unbedingt nicht charakteristischen Befunde eines festen Löserinhaltes erhielt die Krankheit früher den Namen „Löserdürrequot;. Die Verschiedenheit des Löserinhaltes ist nur von der Beschaffenheit des genossenen Futters, von der Menge des aufgenommenen Getränkes, der Intensität des Fiebers und der längeren oder kürzeren Dauer des Krankheitsverlaufes abhängig.
Die Schleimhaut des Labes und des Dünndarmes erscheint im Beginne der Krankheit geschwellt, intensiv geröthet, stellenweise und insbesondere am Pförtnertheile des Labes von rundlichen oder streifigen Extravasaten dicht durchzogen. Die Umgebung der solitären Follikel und Peyer'schen Drüsenhaufen ist hoch geröthet, geschwellt und gelockert; die Schleimhaut mit einer trüben, zähen, klebrigen, röthlichen oder blutigen Flüssigkeit bedeckt, das submueöse Bindegewebe von einer trüben Serosität infiltrirt. Diese Veränderungen sind im Dickdai-me seltener; verhältnissmässig am häufigsten kommen sie im Blinddarm, der jedoch gewöhnlich nur an seinen Falten eine intensivere Röthung zeigt, und am Ende des Mastdarmes vor. In dem vorgerückteren Stadium des Processes finden sich auf der dunkel gerötheten und besonders in der Nähe des Pförtners von Extravasaten durchzogenen Sehleimhaut des Labes, namentlich auf dem freien Rande und auf den Seiteuflächen seiner Falten zahlreiche platte oder convexe, gelblichbraune oder röthliche käsige, weiche, plattenartige Auflagerungen im Durchmesser von 2 bis 6 mm und von der Dicke von 1 bis 2 mm, welche mit ihrer Mitte meist fest, mit dem erweichten Rande dagegen nur locker der Schleimhaut anhängen, die nach deren Wegnahme seicht vertieft, leicht exeoriirt, stark geröthet und hie und da mit Blutpunkten besetzt erscheint. Aehn-liche käsige Auflagerungen werden auch im Dünndarme, vor Allem im Zwölffingerdarme und im Krummdarme, meist auf den solitären Follikeln aufsitzend angetroffen. Die bedeutendste Grosse erlangen diese Auflagerungen auf den Peyer'schen Drüsenhaufen, welche sie stellenweise oder ihrer ganzen Länge nach als dicke, gelbbraune oder röthliche, an der Oberfläche wie arrodirte, mehr oder weniger festsitzende schorfähnliche, oder als weiche, rahmälmliche, grauröthliche Massen bedecken. Unterhalb dieses Belages erscheinen die Follikel der Plaques areolirt und mit weissgelblichen, käsigen oder eiterähnlichen Pfröpfchen angefüllt, welche durch einen leichten Druck
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sieh herauspressen lassen. Die solitären Follikel sind bisweilen zu verschieden grossen Knotehen, selbst zu erbsengrossen Knoten angeschwollen und mit einer gelben, käseähnlichen Masse oder einer zähen, eiterähnlichen Flüssigkeit angefüllt.
Bei weit vorgeschrittener Krankheit werden die käsigen Auflagerungen meistens erweicht, an der Peripherie rahmähnlich zer-fliessend angetroffen; auf den Peyer'schen Drüsenhaufen hängen die Auflagerungen oft noch an einer Stelle der Unterlage fest an, während ein bereits abgehobener Theil derselben frei in der Darmhöhle flottirt. Nach dem völligen Losstossen der Auflagerungen werden jene Stellen der Schleimhaut, auf welchen sie aufsassen, durch Schwellung, hellere Röthung, durch die Gegenwart capillärer Extra-vasate, sowie durch seichtere oder tiefere Substanzverluste kenntlich. Die abgestossenen käsigen Platten finden sich als flockige weiche Masse dem Darminhalte beigemengt.
Die Umgebung der Auflagerungen ist in Folge intensiver Hyperämie der Schleimhaut Hoch gerottet; bei längerer Dauer der Krankheit tritt an diesen Stellen, namentlich in der Umgegend der Peyer'schen Drüsenhaufen und an diesen selbst eine schiefergraue oder schwärzliche Pigmentirung hervor.
Den Inhalt des Dünndarmes bildet eine schmutzigbrauue oder graue, bisweilen blutig gefärbte, hie und da mit Futterresten gemengte, höchst übelriechende Flüssigkeit.
In seltenen, in der Regel sehr rasch abgelaufenem Fällen fanden sich einzelne Abschnitte der Dünndarmschleimhaut von einer mehrere Millimeter dicken, grau oder schmutzig röthlichen, stellenweise blutig gefärbten, röhrenförmigen, Imitartigen Auflagerung bedeckt, welche der geschwellten Schleimhaut theils noch innig anhing theils stellenweise erweicht und losgestossen frei in die Darmhöhle hinein hing und grosse Aehnlichkeit mit einer Croup-Membran zeigte.
Im Dickdarme sind die durch den Process gesetzten Veränderungen weniger ausgesprochen; verhältnissmässig am häufigsten kommen sie, wie erwähnt, im Blinddarm und am Ende des Mastdarmes vor. An diesen Partien finden sich im Initialstadium die Erscheinungen der capillaren und venösen Hyperämie und Schwellung, später sparsame käsige Auflagerungen und oberflächliche Substanzverluste der Schleimhaut. In manchen Fällen werden auch knotenartige Anschwellungen der Follikel mit einem gelblichweissen erweichenden Inhalt angetroffen. Den Inhalt der dicken Gedärme stellt eine dünnflüssige, breiige, häufig von Blutstriemen durchsetzte übelriechende Masse dar.
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Bei manclien von mir beobachteten Seuchen-Invasionen differirte der Befund im Darmcanale von dem angeführten insofern, als die käsigen Auflagerungen vollkommen vermisst wurden, dagegen eine zähe, trübe, eiweiss- oder reiswasserähnliche, gelbliche oder braun-röthliche Flüssigkeit die Darmhöhle erfüllte, während die Schleimhaut des Dünn- und Dickdarmes stellenweise und in bedeutender Ausdehnung entweder vollkommen und in der Art fehlte, dass das submueöse Bindegewebe oder sogar die Muscularis bloss zu Tage lag, oder dass sie doch nur in Gestalt eines schmutzigen, krümligen Breies der Muskelhaut inselartig aufsass. Die- Peyer'schen Drüsen waren in solchen Fällen areolirt und mit einer dünnen, flockigen oder breiigen Masse erfüllt. Dieser Befund betraf vorzugsweise von früher her herabg-ekominene und schlecht genährte Thiere.
Die Schleimhaut der Nasenhöhle, des Kehlkopfes, der Luftröhre und der gröberen, seltener jene der feineren Bronchien erscheint im Beginne der Krankheit gleichmässig und hoch geröthet und geschwellt, stellenweise auch von Extravasaten durchzogen.
Die Röthung ist in der Nasenhöhle und im Kehlkopfe am intensivsten und diflus, im weiteren Verlaufe der Luftwege aber meist streitig. Bei weiter vorgeschrittenem Proeesse sind diese Schleimhaut-Abschnitte bald mit einer zusammenhängenden Lage einer hautartigen mehrere Millimeter dickelaquo;, weissen oder gelblichen, an der Begrenzung manchmal rahmähnlich zerfliessenden, mit einer Croup-Membran Aehnlichkeit zeigenden Auflagerung bedeckt, bald mit käsigen Massen verschiedener Grosse besetzt, während in anderen Fällen die Schleimhaut mit einem reifahnlichen Anfluge oder einer dicken Schichte einer eiterähnlichen zähen Flüssigkeit überzogen ist. Unterhalb dieses Belages erscheint die Schleimhaut geschwellt, stellenweise exeoriirt, ekehymosirt, anfangs noch hoch geröthet, später aber erbleicht. Nur ausnahmsweise wird ein ähnlicher Befund in den feinen Bronchialästen angetroffen, welche in solchen Fällen dann stellenweise von Zellenbildungen und Detritus verstopft erscheinen.
Die Schleimhaut der Scheide ist gewöhnlich stark geschwellt, diffus oder stellenweise intensiv geröthet, besonders am Scheideneingange von Blut-Extravasaten durchzogen, hie und da mit käsigen Auflagerungen besetzt und mit zähem, bisweilen von Blutstriemen durchzogenem Schleime bekleidet. Die Schleimhaut des Tragsackes zeigt in der Regel keine Anomalie; selten lässt sie Extravasate nachweisen.
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Rinderpest. Anatumiäeber Befund.
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Die Harnblase ist meist durch trüben, dunklen Harn ausgedehnt, ihre Schleimhaut injicirt, mehr oder weniger gewulstet, nicht selten mit einem schleimig-eiterigen Belage überzogen.
Die übrigen Organe zeigen gewöhnlich den folgenden Befund.
Das Gehirn verhält sich in der Regel anscheinend normal. In vereinzelten Fällen wurde venöse Hyperämie oder Ansammlung geringer Mengen von Serum unter der Spinnwebenhaut des Grosshirnes oder in den Himventrikeln angetroffen.
Die Lungen zeigen meistens in einem mehr oder weniger hohen Grade den Befund des interlobulären Emphysems, besonders an ihren Spitzen und Rändern. Nicht selten finden sieh auch mehr oder weniger grosse Luftblasen unter der Pleura, zwischen den Blättern des Mittelfells und in dem Bindegewebe längs der Luftröhre, von wo aus die Luft in das Unterhautbindegewebe sich verbreitet und das nicht selten anzutreffende Hautemphysem ver-anlasst.
Das Herz ist schlaff und welk, an seiner Basis und unter dem Endocardium der linken Kammer häufig von capillären Extra-vasaten durchzogen, das Herzfleiseh von schmutzigbrauner Farbe; mürbe, bisweilen fettig entartet; schon wenige Stunden nach dem Tode erscheint das Endocardium gleichmässig schmutzigkirschroth imbibirt. Das Blut ist dunkler, in der Regel flüssig oder zeigt höchstens wenige und lockere Gerinnungen. Die mikroskopische Untersuchung desselben hat bisher keine bestimmten Ergebnisse geliefert. Nach Smart sollen die rotten Blutkörperchen eine unregelmässige Gestalt und eine besondere Geneigtheit zeigen, mit einander zu verkleben; Be ale behauptet eine Zersetzung der rothen, er und Fürstenberg eine Vermehrung der weissen Blutkörper, Ersterer auch einen Zerfall derselben constatirt zu haben. Die Angaben mehrerer Beobachter über das Vorkommen eigenartiger Körper im Blute, welche von ihnen als die eigentlichen Erreger der Krankheit angesehen werden, fanden bereits früher Erwähnung.
Die Leber wird selten blutreich, dunkel gefärbt und derb angetroffen; gewöhnlich ist sie gross, matsch, blutarm, lehmgelb, körnig und fettig entartet und ergiesst über die Schnittfläche viel dünne Galle. Die Gallenblase ist wegen der mechanischen Stauung in Folge der Verschwellung ihres Ausführungsganges gewöhnlich sehr bedeutend ausgedehnt (hievon ist die ehemals gebräuchliche Bezeichnung der Krankheit, als: „Grossgalle, Uebergallequot; abzuleiten) und enthält grosse Mengen einer dünnen, gelblichgrünen Galle; ihre Schleimhaut ist meist stark geschwellt, hyperämisch und nicht selten mit
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Rinderpest. Diagnose.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 119
linsen- und darüber grossen gelblicligrünen plattenartigen Auflagerungen oder einem dünnen käsigen Besclilage belegt.
Die Milz ist fast stets unverändert; in vereinzelten Ausnahmsfällen wurde sie an umschriebenen Stellen blutreich, geschwellt imd erweicht angetroffen.
Die Gekrösdrüsen sind meist geschwellt und zeigen ein röthlich-gelbes, himmarkähnliches Ansehen; selten erscheinen sie unverändert.
Die Nieren werden oft geschwellt, mürbe und blutreich, die Schleimhaut ihrer Becken ekehymosirt angetroffen. Bellinger fand die Nieren meist im Zustande der trüben Schwellung, der körnigen und fettigen Entartung.
Die Haut ist bisweilen mit dem bereits erwähnten Krustenausschlage besetzt, der bei Kühen auch am Euter und insbesondere an dem Grunde der Zitzen sich vorfindet. Nach Gerlach bestehen diese Krusten in den oberen Schichten aus locker verklebten Epi-dermiszellen, worauf eine Schicht zarter, polygonaler Zellen und zunächst der Oberfläche der Lederhaut kleine sphärische, meist granulirte Zellen, einzelne grosso gekörnte Kugeln und grosse epi-dermoidale Mutterzellen mit endogener Zellenwucherung folgen. Eine Proliferation der Bindegewebskörper und eine Zelleniiifiltration der Cutis konnte dieser Beobachter nicht auffinden. Ausserdem wird bisweilen das schon wiederholt angeführte Hautemphysem angetroffen.
Die Muskeln erscheinen gewöhnlich höher geröthet; nach Marcet ist in denselben die Menge des durch Wasser ausziehbaren Eiweisses vermehrt; Bristowe und Wehenkel geben an, dass die Muskelfasern stellenweise ihre Querstreifung verlieren und ein mehr gleichartiges, glasiges Ansehen zeigen.
Diagnose. Die Feststellung der Einderpest in den ersten Fällen ihres Auftretens gehört wegen der Folgen, welche ein Irr-thum in der Diagnose herbeiführt, zu den verantwortlichsten Aufgaben eines Thierarztes. Verkennt er die thatsächlich vorhandene Krankheit und wird deshalb die Einleitung der erforderlichen veterinärpolizeilichen Massregeln unterlassen, so fällt auf ihn die Schuld an der weiteren Ausbreitung der Seuche; erklärt er eine Krankheit für die Rinderpest, während sie dies nicht ist, so gibt er Anlass zur Verhängung der eingreifendsten und nicht gerechtfertigten Eigenthums- und Verkehrsbeschränkungen. Die Schwierigkeit, diesem Dilemma zu entgehen, wird am bedeutendsten in Ländern, welche weit entfernt von den Grenzen Russlands liegen,
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Rinderpest. Diagnose,
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in welchen daher die Rinderpest selten und nur ausnahmsweise vorkommt und. wo bei den gegenwärtigen Verkehrsverhältnissen Ausbrüche der Krankheit ganz unerwartet erfolgen können.
Zur Sicherstellung der Diagnose kann die Erhebung über die Provenienz der kranken Thiere, über diejenigen Thiere, mit welchen sie in Berührung gekommen sind, dann über jene Momente, welche früher als bezeichnend für den Gang der Seuche hervorgehoben wurden, beitragen. Leider nehmen aber diese Erhebungen oft so viel Zeit in Anspruch und führen häufig erst so spät zu einem Ergebnisse, dass sie zu diagnostischen Zwecken oft genug nicht mehr verwcrthet werden können.
Die Erscheinungen der Einderpest an lebenden Thieren, namentlich wenn sich diese schon in dem vorgerückteren Stadium der Krankheit befinden, sind wohl derart, dass sie auch in den ersten Seuchenfällen schon, selbst bei einem mit dieser Krankheit weniger vertrauten Thierarzte, den Verdacht auf die Gegenwart derselben x-ege machen müssen. Hohes Fieber, mit grosser Abstumpfung der Thiere, die hervortretenden Veränderungen der Schleimhäute, der Eintritt von Durchfall nach vorausgegangener Verstopfung, das höchst erschwerte Athmen sind nebst dem bisweilen vorhandenen Hautausschlage ziemlich charakteristische Zeichen der Rinderpest. Dagegen wird die Diagnose der Rinderpest auf Grund der Erhebung der Symptome bei Thieren, welche sich erst im Beginne der Krankheit befinden, oder welche der Steppenrace angehören, oft genug auf Schwierigkeiten stossen und es wird bei der ersten Erhebung der Seuche die Vornahme der Section des Cadavers eines gefallenen oder eines womöglich in einem vorgerückten Zeiträume der Krankheit getödteten Thieres sich als noth-wendig herausstellen. Es ist daher in den meisten Ländern, darunter in Oesterreich durch den sect; 18 des Rinderpestgesetzes, im deutschen Reiche durch den sect; 13 der revidirten Instruction zu dem gleichnamigen Gesetze und durch sect; 3 des Gesetzes selbst, die Tödtung eines der Rinderpest verdächtigen Thieres zum Zwecke der Constatirung der Krankheit durch die Section gegen Entschädigung des Werthes desselben aus dem Staatsschatze gestattet. Der Nachweis der früher angeführten eigenartigen Veränderungen der Schleimhäute, die Verbreitung derselben auf sämmtliche Schleim-hauttracte, wird bei dem Abgange eines^ für eine andere Krankheit sprechenden Befundes wohl in den meisten Fällen die Diagnose sicherstellen. Da es aber gleichwohl öfter vorkommt, dass zur Zeit der Erhebung der ersten Erkrankung nur Thiere vorhanden sind,
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Rinderpest. Biagnose.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;121
welche sich in dem Anfangsstadiuiu der Krankheit belinden und es möglich ist, dass bei solchen weder die Untersuchung der lebenden, noch die Section eines krank getödteten Thieres die zweifellose Stellung der Diagnose der Pest zulässt, so hat für jene Fälle, wo durch die Erhebungen die Rinderpest niclit mit Bestimmtheit festgestellt, jedoch der Verdacht ihres Bestehens nicht gänzlich lehoben wird, das österreichische Rinderpestgesetz durch den sect; 20, und die revidirte Instruction zu dem deutschen Rinderpestgesetze in den sect;sect; 15 und 20 bestimmte Massregeln vorgeschrieben, welche einerseits zu grosse Verkehrsbesohrankungon, andererseits Verschleppungen des Ansteckungsstoffes hintanhalten sollen, und so lange aufrecht zu erhalten sind, bis entweder die Krankheit unzweifelhaft als Rinderpest festgestellt, oder der Verdacht derselben behoben ist.
Die Krankheiten, mit welchen die Rinderpest möglicherweise verwechselt werden könnte, sind:
1.nbsp; Die Aphthenseuche (Maul-und Klauenseuche). Eine Verwechslung mit der Rinderpest könnte nur dann stattfinden, wenn die Blaseneruption auf der Schleimhaut der Lippen, des Zahnfleisches und der Zunge für die der Rinderpest zukommenden Erosionen angesehen würde. Bei Rücksichtnahme auf das bei der Rinderpest stets vorhandene hohe Fieber, auf die dieser eigen-thündich zukommende Erkrankung sämmtlicher sichtlichen Schleimhäute, auf das hochgradige Darmleiden, sowie auf den Verlauf und die Art der Weiterverbreitung der Pesf gegenüber der Aphthenseuche, endlich auf den Umstand, dass neben dein Manlweh stets auch das Klauenweh und bei Kühen häutig auch ein blasiger Ausschlag auf den Strichen des Euters vorkommt, wird ein diagnostischer Irrthum vermieden werden können.
2.nbsp; Die Lungenseuche. Eine Verwechslung könnte nur mit Rücksicht auf die bei Rindern, welche sich in vorgerücktem Stadium der Pest befinden, hervortretende Athemnoth stattfinden. Eine genaue physikalische Untersuchung der Brustorgane, welche bei Lungenseuche den einer pneumonischen Infiltration und dem pleuritischen Exsudate zukommenden Befund ergibt, und bei dennoch bestehendem Zweifel die Vornahme einer Section, werden die Diagnose feststellen.
3.nbsp; Der Durchfall (acuter Darmkatarrh) unterscheidet sich von der Rinderpest durch den Abgang des charakteristischen Befundes auf den sichtlichen Schleimhäuten, den Verlauf, die Sectionsergeb-nisse, seine Nichtcontagiosität und dadurch, dass die Ursachen seiner Entstehung gewöhnlich nachgewiesen werden können.
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Rinderpest. Bei Schafen und Ziegen.
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4.nbsp; nbsp;Die Ruhr (sog. Magenseuclie). Obwohl die Sicherstellung der Diagnose zwischen Rinderpest und Ruhr, namentlich im Beginne der Krankheit und wenn letztere bei Triebvieh sich einstellt, auf Schwierigkeiten stossen kann, so wird doch die Rücksichtnahme auf den bei der Ruhr gleich anfangs auftretenden heftigen, meist blutigen Durchfall, auf das Freibleiben der Schleimhäute der Maul-, Rachen- und Nasenhöhle, auf den Sectionsbefund, welcher die dem Ruhrprocesse eigenthümliche Erweichung und Zerstörung der Schleimhaut im Dickdarme nachweist und auf die Unregelmässigkeit in der Aufeinanderfolge der Erkrankungen in einem Viehbestande, Aufschluss über die Art der vorhandenen Krankheit geben.
5.nbsp; Der Anthrax. Es könnte nur eine Verwechslung mit den ohne Localisationshei-don an den der Untersuchung zugänglichen Körpcrtheilen ablaufenden Formen des Milzbrandes stattfinden. Der Abgang der der Rinderpest eigcnthümlichen Veränderungen der Schleimhäute, die Raschheit des Verlaufes des Anthrax, vor Allem aber der Befund der Milz und des Blutes bei der Section milzbrandkranker Thiere, wird Zweifel über die Natur der Krankheit beheben.
6.nbsp; Das sogenannte bösartige Katarrhalfieber (Kopfkrankheit). Eine Verwechslung mit der Rinderpest wäre in den ersten Tagen der Krankheit möglich. Die bei der Kopfkrankheit stets auftretende Trübung der Hornhaut, die hohe Temperatur am Kopfe, die heftige entzündliche Erkrankung der Schleimhäute der Nasenhöhle, des Kehlkopfes und der Luftröhre, die schon im Beginne bemerkbare bedeutende Athembeschwerde, der reichliche blutgestriemte Ausfluss aus der Nase, der Abgang der für die Rinderpest charakteristischen Veränderungen der Maulschleimhaut, so wie dasErgebniss der Section werden die Sicherstellung der Diagnose ermöglichen.
Schaf- und Ziegenpest. Die Symptome der Pest bei Schafen und Ziegen stimmen der Hauptsache nach mit jenen der Pest der Rinder überein. Mattigkeit, Verringerung der Fresslust und des Wiederkauens, Beschleunigung des Athmens und Pulses sind die ersten hervortretenden Krankheitserscheinungen, welchen sich im weiteren Verlaufe die bei der Pest der Rinder geschilderten Veränderungen der sichtlichen Schleimhäute, Durchfall, und als ein con-stantes Symptom ein rauher, kurzer, schmerzhafter Husten hinzugesellen.
Bei den mit Genesung endenden Fällen erreichen die Symptome in der Regel nur eine massige Höhe; es wurde jedoch bisweilen der Eintritt der Reconvalescenz auch in sehr schweren Fällen und selbst dann noch beobachtet, wenn die kranken Schafe
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dem Tode sclion verfallen schienen. Der tödtliche Ausgang- tritt meist zwischen dem dritten und fünften Tag-o des Krankheitsverlaufes, selten später ein. Von trüher her cachektische, so wie solche Schafe, welche während ihres Krankseins in überfüllten, dunstigen Stallungen gehalten wurden oder ungünstigen Witterungsverhältnissen im Freien ausgesetzt waren, unterlagen der Krankheit am häufigsten.
Das Genesungsverhältniss stellte sich bei der Schafpest als ein höheres heraus, als bei der Rinderpest, und kann im Durchschnitte, auf 30 bis 40% veranschlagt werden. Es sind jedoch auch Invasionen mit einem weit ungünstigeren Verlaufe verzeichnet. So wurden im Jahre 1862 in Polen nur 20,80/0 an Genesungsfällen berechnet; von den von Zalewski angeführten 247 erkrankten Schaten genasen nur 52 Stück, mithin gleichfalls nur 21%, in den Ortschaften Gali-ziens, in welchen die Schafpest im Jahre 1864 herrschte, sogar nur 3 %,, und in einem Comitate Ungarns seuchten von den erkrankten Schafen nur sehr wenige durch.
Die Ziegenpest wurde, mit Ausnahme der Invasion in Sicilien während der Jahre 1863 bis 1865, nicht häutig beobachtet; ihre Erscheinungen stimmen mit jenen der Schafpest überein. Das Procent der Gcnesungsfälle schwankte in Sicilien zwischen 30 und 70.
Der Sectionsbefund bei pestkranken Schafen und Ziegen ist identisch mit jenem bei pestkranken Rindern. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle finden sich jedoch ausserdem lobuläre Entzündungsherde in den Lungen mit seeundärer umschriebener Entzündung des Brustfelles.
Natur der Krankheit. Die Ansichten über das Wesen und den pathologischen Process der Rinderpest waren im Laufe der Zeiten sehr verschieden. Je nachdem auf eine oder die andere Gruppe von Symptomen das Hauptgewicht gelegt wurde, bezeichnete man sie bald als Pockenfieber (Ramazzini), bald als Darmentzündung und Ruhr (Sauvages, Salchow), als Magen- und Darmentzündung, als galliges Faulfieber (Huzard) u. s. w. Hildenbrand erklärte die Rinderpest für eine Art des Typhus und Lorinser für eine dem ansteckenden Typhus verwandte Krankheit, wobei jedoch mehr auf die von dem Fieber abhängigen, während des Lebens hervortretenden Erscheinungen, als auf den pathologischen Befund Bedacht genommen wurde. Auf Grundlage pathologisch-anatomischer Untersuchungen sprachen sich Bochdalek und Fr. Müller (1845) und später Weber im Sinne der Identität der Rinderpest mit dem Abdominaltyphus des Menschen aus. Ich selbst habe (1850) die plattenartigen Auflagerungen auf den Schleimhäuten nachgewiesen
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und dieselben als Croupmassen erklärt, welche aus faserstoffigem Exsudate imil Eiterzellen bestehen und schliesslich breiig erweichen, während die Schleimhäute im Zustande einer ausgebreiteten intensiven (speciilschen) Entzündung sich befinden. Ich erklärte die Krankheit für einen croupös-exsudativen* Process und nahm für jene Fälle, welche mit einer mehr oder weniger ausgebreiteten Zerstörung der Schleimhaut einhergehen, die Gegenwart eines diphtheri-tischen Processes in Anspruch.
Brauell fand, dass diese Platten nicht Croupmembranen seien, sondern aus zelligen Elementen und körnigem Detritus bestehen und erklärte später (1862) die Rinderpest als einen Process, welcher auf einer Fettmetamorphose und einem moleculären Zerfall der Schleimhautepithelien und auf einer Zellenwucherung in den Schleimund Schlauchdrüsen, in den Follikeln und auf der Haut mit nach-lierigem vollständigen oder theilweisen Zerfall der ncugebildeten Elemente beruhe.
Rawitsch sprach sich (1864) gleichfalls dahin aus, dass die plattenförmigen Auflagerungen aiis Zellen und deren Detritus bestehen, bemerkte jedoch gegenüber Brauell, dass es sich nicht um eine blosse Ernährungsstörung der Epithelialgebilde und um eine Zellen-wucherung in den Schleimdrüsen, sondern vorzugsweise um eine Ernälirungsstörung des follicularen und lymphoiden Gewebes der Schleimhäute handle, welche sich durch eine starke Proliferation der Bindegewebskörper und durch enorm wuchernde Bildung von Lymphzellen mit rapid erfolgendem Zerfall kundgibt. Dieser Vorgang sei von einer Entzündung der Schleimhaut verschiedenen Charakters begleitet. Auf Grund seiner Untersuchungen erklärt Rawitsch die Rinderpest für ein Typhoid.
Der im Jahre 1866 erschienene dritte Bericht über die im Jahre 1865 in Grossbritannien ausgebrochene Rinderpest enthält sehr werthvolle Arbeiten englischer Gelehrter, welche sich mit dem Studium dieser Krankheiten beschäftigt haben.
Sanderson definirt den Process als eine krankhafte Veränderung der oberflächlichen Schichte der Haut und der Schleimhäute, welche zur Verdickung, Erweichung und Abstossung der Epithelien und zu einer vermehrten und abgeänderten Thätigkeit der Drüsen führt. Er und Murchinson finden in dem Processe der Rinderpest Aehnlichkcit mit jenem der Menschenpoeke.
Brist owe sucht die wesentliche Veränderung in einer Con-gestionirung der Schleimhäute und der Haut, die zu einer Wucherung der epithelialen Gebilde mit raschem Zerfall derselben, zu einer
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vermehrten Thätigkeit der ScMeim- und Talgdrüsen und zur Eiterbildung führt. Er vergleicht die Rinderpest mit den Pocken und der Diphtherie.
Dr. Beale, welcher, wie bereits erwähnt, lebendige Keime als eigentliche Krankheitserreger gefunden zu haben angibt, fand die Auflagerungen auf den Schleimhäuten aus Epithelialzellen, Kernen, Lymphzellen und kleinen Körnermassen mit selbstständiger, amöbenartiger Bewegung bestehend und wies in den Darmzoften und Drüsen eine reichliche Kern- und Zellenbildung nach. Er traf stets eine namhafte Erweiterung der kleinen Venen und der Capillaren der Schleimhäute, Neubildung und Anhäufung von Kernen an ihren Epithelien, selbst bis zur Verstopfung des Gefässluinens und Atrophie der von ihnen versehenen Gewebe; dann Vermehrung der farblosen, bisweilen unregelmässige Gestalt der rothen Blutkörperchen.
Fürstenberg (1866) findet bezüglich des Befundes in der Raehenhöhle und in den Respirationsorganen Aehnlichkeit mit Diphtheritis, bezüglich jenes im Darme mit der Cholera.
Leisering vergleicht den Process der Rinderpest mit der Diphtheritis; ihm stimmt theilweise Roloff bei, welcher ausserdem auch das Vorkommen croupösen und zelligen Exsudates annimmt und die Veränderungen der Schleimhäute für die primäre Folge der Einwirkung des Krankheitsgiftes ansieht, worauf erst das Allgemeinleiden sich einstelle.
Gerlach erklärt in seiner eingehenden Monographie: „Die Rinderpestquot; (1867) den Process dieser Krankheit, welcher in der Haut und den Schleimhäuten abläuft, als capilläre Hyperämie, gefolgt von wuchernder Bildung lebensunfähiger, dem fettigen und körnigen Zerfall unterliegender Zellen in den obersten Schichten der Haut, der Schleimhäute und in den drüsigen Apparaten derselben; Processe, welche von der durch die Einwirkung des Con-tagiums entstandenen Erkrankung des Blutes abhängig sind.
Nach dem gegenwärtigen Stande der Kenntnisse muss die Rinderpest als eine durch die Einwirkung eines speeifischen Infec-tionserregers veranlasste Erkrankung eigener Art, welche mit einem anderen, bei Menschen oder Thieren vorkommenden Processe nicht in Analogie gebracht werden kann, angesehen werden; eine Ansicht, welche annäherungsweise schon von Camper und Adämi ausgesprochen worden ist und in neuerer Zeit vorzugsweise von Gerlach vertheidigt wurde.
Wenn auch die, die Krankheit hervorrufenden speeifischen Infectionsstoffe bisher mit voller Sicherheit nicht nachgewiesen, noch
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weniger küustlieh gezüchtet wurden, so muss doch ihre Existenz, in Analogie mit anderen lufectionskrankheiten, als ein nothwendiges Postulat angenommen werden.
Wie bereits früher erwähnt, erfolgt das Eindringen der Krank-hcitskehne vorzugsweise durch die Athmungsorgane und von diesen aus in das Blut. In diesem seheint während des Incubations-stadiums vorerst das Wachsthum und die Vermehrung der Krankheitskeime vor sich zu gehen, in Folge welchen Vorganges gewisse Veränderungen in dem Blute — nach Beale: Zersetzung der rothen, Schwellung und Zerfall der farblosen Blutkörperchen — einzutreten und das dem Ausbruche der Krankheit vorausgehende und ihren evidenten Eintritt begleitende Fieber veranlasst zu werden scheinen. Dass die Krankheitskeime vorerst in das Blut aufgenommen werden und von da aus erst die speciiisehe Erkrankung der Schleimhäute anregen, ist einerseits aus den Resultaten der Impfung der Rinderpest zu entnehmen, in Folge welcher der specifische Process nie an der Impfstelle auftritt, sondern ebenso wie nach natürlicher Infection unter vorangehendem und begleitendem Fieber die Schleimhäute befällt, und kann andererseits aus der Thatsache erschlossen werden, dass nach der Aufnahme des mittelst der Respirationsluft in die Luftwege eindringenden Contagiums diese nicht früher erkranken, als die übrigen Schleimhäute, namentlich jene des Gastro-Intestinaltractes.
Auf welche Weise von den mit dem Blute circulirenden und mittelst der Capillaren den Geweben zugeführten Infectionsstoffen die specifische diffuse Erkrankung der obersten Schiebte sämmt-liclier Schleimhautabschnitte, vor Allem jener der Respirationsorgane und des Gastro-Intestinaltractes, sowie in gewissen Fällen der Haut eingeleitet werde, ist vorläufig nicht aufgeklärt.
Therapie. Die Zahl der zur Behandlung der Rinderpest empfohlenen Heilmittel ist Legion; keines derselben hat sich jedoch auch nur einigermassen bewährt. Bei jeder neuen Rinderpest-Invasion tauchen auch gegenwärtig noch Heilkünstler der verschiedensten Qualität auf, welche die Behörden mit angeblich unfehlbaren Geheimmitteln gegen diese Krankheit behelligen.
Bisher hat die nüchterne Beobachtung ergeben, dass die therapeutische Behandlung der Rinderpest, finde sie auf welche Weise immer statt, keine günstigeren Resultate geliefert hat, als jene, welche der natürliche, sich selbst überlassene Verlauf der Krankheit herbeiführte.
Ueberall dort, wo die kranken Thiere behufs der Vornahme von Heilversuchen am Leben belassen wurden, bildeten sich Infec-
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tionslierde aus, von welchen aus die Verschleppung des Ansteckungs-stoffes nach verschiedenen Riehtung-en hin ermöglicht war und die Seuche an Ausbreitung- fortan gewann. Holland und England lieferten während der Jahre 1865 und 1866 hiefür schlagende Beweise.
Die in England während der Invasion der Jahre 1865 und 1866 in ausgedehntem Masse angestellten Heilversuche haben zwischen den differentesten Behandlungsmethoden nahezu gar keinen Unterschied in dem sehliesslichen Ergebnisse herausgestellt, indem das Mortalitätsprocent unverändert dasselbe blieb. Häufiger erfolgte Genesung dort, wo die Thiere leicht verdauliche saftige Nahrungsmittel erhielten und in nicht überfüllten Ställen untergebracht waren.
Die in ßussland gemachte Beobachtung, dass das Genesungsprocent dasselbe bleibt, gleichgiltig, ob bei den kranken Thieren irgend welche Therapie durchgeführt oder die Krankheit ihrem natürlichen Verlaufe überlassen wird, hat sich mithin auch im westlichen Europa bestätigt.
Es könnte nur von historischem Interesse sein, die als hesonders wirksam gerühmten Heilmittel, wie die eisenhaltige Salszsiiure Pessina's, das Chlorwasser., das essigsaure Ammonium, das iibermangansaure Kalium, die arsenige Säure, die Anwendung der kalten Einpaekungon, der Dampfbäder und vieler anderer Methoden zu e.r-wälmen. Es möge genügen anzuführen, dass in neuester Zeit Soimonow („Petersburger landwirthschaftliche Zeitungquot; 1878) das Phenol in lquot;/0iger Lösung als Vor, bauungs- und Heilmittel empfohlen habe. Dagegen hält Neradatschin diese Substanz mehr für ein Präservativ-, als für ein Heilmittel und gibt an, dass„wonn die Behandlung mit Phenol am ersten Tage der Erkrankung beginnt, circa 900/o {'#9632;)gt; wenn am zweiten Tage nur noch 3(lquot;/0, wenn am dritten Tage nur mehr IOP/q genesen. Nesimoilow will von der Verabreichung einer V2quot;/oquot;oen Sublimatlösung Erfolg gesehen haben.
Ueber Heilversuche bei der Schafpest liegen keine Angaben vor.
In den westlichen Staaten Europas, wo die Rinderpest stets nur als eine importirte Krankheit auftritt, kann es bei der hohen Contagiosität derselben nur Aufgabe der Regierungen sein, die vorhandenen kranken Thiere auf die schnellste Weise zu beseitigen, um dadurch jeder weiteren Production des Ansteckungsstoffes zu begegnen. Die Erhaltung des Riudviehstandes einer Gegend kann daher, sobald daselbst einmal die Pest zum Ausbruche gekommen ist, am sichersten durch die unverweilte Tödtung der bereits kranken Thiere erreicht werden. Mit diesem Principe ist jedoch eine ärztliche Behandlung der letzteren unvereinbar.
Durch den sect; 18 des österreichischen Rinderpestgesetzes und durch den sect; 16 der revidirten Instruction zu dem gleichnamigen
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Rinderpest. Impfung.
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deutschen Gesetze wurde daher auch die Anempfehlung, der Verkauf und die Anwendung- von Vorbauungs- und Heilmitteln gegen die Rinderpest, zu welchen jedoch Desinfectionsmittel nicht zu rechnen sind, bei Strafe verboten.
Impfung der Rinderpest. Gestützt auf die Erfahrung, dass die Rinderpest die Thiere nur einmal im Leben befällt, wurde die Impfung derselben in Analogie mit der Variolation des Menschen zu dem Zwecke in Vorschlag gebracht, um die Impflinge gegen die natürliche Infection unempfänglich zu machen und hiedureh den Verheerungen der Seuche Schranken zu setzen. Sie wurde im 18. Jahrhunderte in England (von Dodson 1744), dann in Frankreich (von Coiirtivron 1746) und im Braunschweig'schen (1746), später (von 1755 an) unter Campers Einflussnahme in Holland, ferner in Mecklenburg, Dänemark, Schweden, Hannover, Preussen und Oesterreich, theils als Präcautions-, theils als Nothimpfung mit wechselndem Erfolge ausgeführt, aber gegen Ende des vorigen Jahrhunderts wieder aufgegeben, weil durch sie ein bedeutender Verlust an Vieh veranlasst und der Ansteckungsstoff fortan unterhalten wurde. Im laufenden Jahrhunderte wurden solche Impfungen in Russland und ausserdem in Preussen von Sick und in Oestei--reich von Machold, Josephu, Zhimal u. A. vorgenommen und hiebei in manclien Fällen ein milderer Verlauf der geimpften Krankheit und ein geringeres Mortalitätsproeent beobachtet.
Als ein Mittel zur gänzlichen Ausrottung der Rinderpest, welche damals als eine im westlichen Europa bereits eingebürgerte Seuche angesehen wurde, fand selbst die Impfung derselben auf Thiere, welche einer imminenten Ansteckungsgefahr gar nicht ausgesetzt waren, mithin als Schutzimpfung, Vertheidiger an Camper in Hollanal und an Salchow (1779) in Deutschland. Aehnlich sprachen sich später Frank, Walz und Viborg aus. Dieser Vorschlag konnte jedoch bei der sich immer mehr bahnbrechenden Erkenntniss, dass die Rinderpest in den westeuropäischen Ländern nur in Folge einer stattgefundenen Einschleppung des Ansteckungsstoffes zum Ausbruche komme, keinen Boden finden, besonders da die Annahme, dass die durch die Impfung hervorgerufene Krankheit durchschnittlich milder ablaufe, als die in Folge natürlicher Ansteckung entstandene, wenigstens für das westeuropäische Vieh sich durchaus nicht als haltbar erwies und es sich klar herausstellte, dass sich durch fortgesetzte Schutzimpfungen wahre Seuchenherde bilden müssten, von welchen aus die Gefahr einer Verschleppung des Ansteckungsstoffes beständig drohen würde.
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Zur Impfung bediente man sich mit Vorliebe des Nasensecretes und der Thränenflüssigkeit solcher Rinder, welche von der Rinderpest in einem gelinderen Grade befallen waren und impfte die Flüssigkeit mit der Lanzette oder fasste sie mit wollenen Fäden auf, zog letztere unter die Haut der Brust, des Trieles, der Flanke oder der inneren Fläche der Hinterschenkel der Impflinge und liess sie bis zum Anschwellen der Imptstelle liegen. Nach Ablauf weniger Tage stellten sich im Falle der Haftung evidentes Fieber und kurz darauf die Reihe der für die Rinderpest charakteristischen Veränderungen auf den Schleimhäuten nebst dem übrigen Symptomencomplex ein.
Die Idee der Vornahme der Schutzimpfung der Rinderpest wurde in den Dreissiger-Jahren in Russland wieder aufgegriffen und namentlich von Jessen (seit 1834) deren Durchführung bei dem Steppenvieh mit aller Ki-aft angestrebt. Nach seiner Ansicht sollte die Schutzimpfung bei sämmtlichen Rindern jener Gegenden Russlands, welche damals als Stätten der ursprünglichen Entvicklung der Pest beschuldigt waren, durchgeführt und hiedurch einerseits eine Immunität dieses Viehes gegen die Ansteckung herbeigeführt, andei-erseits bezweckt werden, dass nur durchseuchtes Steppenvieh in den Handel gebracht und hiedurch die Gefahr einer Verschleppung der Seuche durch solches Vieh beseitigt werde. Ausserdem wurde die Hoffnung gehegt, dass das Contagium der Rinderpest in Folge der Durchführung desselben durch mehrere Impfgenerationen sich allmälig mitigiren werde, dass in Folge dessen die Erkrankungen der Impflinge der späteren Generation milder werden, und hiedurch auch der Verlust an Vieh sich nach und nach vermindern werde.
Die während der Jahre 1853 bis 1863 von Seite der russischen Regierung in verschiedenen Gegenden des Reiches in Europa und in dem westlichen Asien in ausgedehntem Massstabe und mit grosseiu Kostenaufwande veranlassten Impfungen haben jedoch diese Voraussetzungen nicht bestätigt.
Vor Allem stellte sich heraus, das jene Steppengebiete^ welche als Stätten der originären Entwicklung der Rinderpest von jeher beschuldigt wurden, von diesem Verdachte freizusprechen seien; indem daselbst die Krankheit auch nur in Folge einer Verschleppung des Contagiums sich einstellt. Es entfiel mithin die Möglichkeit die Grenzen jener Landstriche festzustellen, innerhalb welcher die Schutzimpfung der Rinder vorzunehmen gewesen wäre.
Ausserdem aber wurde die Frage der Möglichkeit einer Mitigation des Impfstoffes nicht in dem erhofften Sinne zur Lösung gebracht. In manchen Fällen wurde wohl durch die Impfung eine mildere Krankheit hervorgerufen, als durch die natürliche Infection,
Boll. Thieräcuchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;J
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ja bisweilen waren die Krankheitserscheinungen bei den geimpften Thioren so geringfügig, dass Zweifel entstehen konnten, ob that-sachlich eine Ansteckung stattgefunden habe; Zweifel, welche erst durch den negativen Erfolg wiederholt vorgenommener Ansteekungs-versuche gehoben wurden. In anderen Fällen dagegen konnte selbst durch die Durchführung des Impfstoffes durch zahlreiche (15 und mehr) Generationen eine Mitigation desselben nicht erreicht werden. Dem entsprechend war auch die Mortalität der Impflinge; sie erreichte in manchen Beobachtungsreihen wohl nur 4 bis 5 %, stieg aber in anderen auf 40 % und darüber, so dass sie dann kaum hinter jener zurückblieb, welche bei dem Steppenvieh durch die in Folge natürlicher Infection entstandene Rinderpest verursacht wird. Eine von der russischen Regierung eingesetzte Commission (1863) konnte sich daher fur die obligatorische Einführung der Schutzimpfung der Rinderpest bei dem Steppenvieh nicht aussprechen; es musste die folgenschwere Idee Jessen's als unausführbar fallen gelassen und die Vornahme solcher Impfungen dem Ermessen der Viehbesitzer unter Einhaltung gewisser Vorsichten überlassen werden.
Ebensowenig konnte, wie dies die im Wiener Thierarznei-Institute vorgenommenen Versuche lehrten, eine Mitigation des Pesteontagiums mittelst der Durchführung desselben durch Schafe erzielt werden.
Mit dem gegenwärtigen, in den meisten Staaten Europas gesetzlich vorgeschriebenen Tilgungsverfahren der Rinderpest, welches die unverweilte Tödtung nicht nur der pestkranken, sondern auch der, einer Ansteckung nur verdächtigen Thiere vorschreibt, ist die Vornahme der Impfung der Rinderpest selbst zu dem Zwecke, um durch sie Thiere auf einmal zu inficiren, welche vor der natürlichen Ansteckung nicht zu sichern sind, und hiedurch den Verlauf der Seuche abzukürzen (als sogenannte Präcautions- und Nothimpfung) selbstverständlich ganz unvereinbar. Für die Steppengebiete Russlands mag sie zu letzterem Zwecke und unter Verhältnissen, wo eine strenge Absperrung gesunder Rinder vor der drohenden Gefahr einer Infection nicht durchführbar ist, hie und da noch ihre Berechtigung haben, und zwar umsomehr, als die durch die Rinderpest veranlasste Mortalität bei dem Steppenvieh in der Regel weit ' hinter jener des westeuropäischen Viehes zurückbleibt und die Immunität der aus der Impfkrankheit genesenen Thiere gegen eine weitere Infection unbestritten ist. Nach einer Zusammenstellung der von M. und K. Raupach während der Jahre 1857 bis 1873 in Karlöwka vorgenommenen Präcautions-Impfungen sind von 2629
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Rinderpest. Vetcrlnärpolizei.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;131
Impflingen nur 157, mithin 5-9 0/0, gefallen. Es muss jedoch bemerkt werden, dass auch in Russland die Sterblichkeit unter den Impflingen nach Rawitsch bis auf 60% gestiegen ist, und dass die Gefahren nicht übersehen werden können, welche von den Depots des Contagiums, die sich in den Localitiiten, wo Impfungen vorgenommen worden, bilden, den benachbarten Viehbeständen drohen.
Die in England vorgenommenen Impfungen von Rindern mit Kuhpocken waren ebensowenig wie die in Wien angestellten Impfungen von Schafen mit Schafpockenlymphc im Stande, die Infection dieser Thiere durch das Rinderpestcontagium zu verhindern.
Veterinärpolizeiliche Massregeln. Die für Oesterreich giltigen Massregeln zur Abwehr und Tilgung der Rinderpest sind durch das Gesetz vom 29. Februar 1880 und durch die zur Durchführung dieses Gesetzes erlassene Verordnung vom 12. April 1880 vorgesclmeben. Für das ganze Gebiet des Deutschen Reiches hat gegenwärtig das zuerst für die Länder des ehemaligen Norddeutschen Bundes erflossene Gesetz vom 28. April 1869 und die revi-dirte Instruction zu diesem Gesetze vom 9. Juni 1873 Geltung. Das deutsche Gesetz selbst beschränkt sich, wie Ger lach ausführt, mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der Verhältnisse in den einzelnen Bundesstaaten, auf die allgemeinsten Grundsätze und auf die Bezeichnung der Grenzen, innerhalb welcher eine Beschränkung der natürlichen Freiheit der Personen und des Eigenthümers stattfinden darf und die Behörden wie die Einwohner des Bundesgebietes zur Mitwirkung und gegenseitigen Unterstützung verpflichtet sein sollen. Dagegen enthält die Instruction Detailbestimmungen zur Ausführung des Gesetzes, und es wird sich in dem Folgenden auf diese Instruction bezogen werden.
I. Massregeln, gerichtet gegen die Einschleppung der Rinderpest in das Geltungsgebiet des Gesetzes. Kommt die Rinderpest in einem Staate des Auslandes zum Ausbruche und droht von dort aus die Gefahr einer Einschleppung der Seuche, so kommen für die Dauer der Seuche Schutzmassregeln zur Durchführung, deren Strenge der Grosse der Ansteckungsgefahr angepasst ist. Hiebei wird auf die grössere oder geringere Entfernung der Seuche von der Grenze, auf die Verkehrsverhältnisse, welche eine raschere Verschleppung des Ansteckungsstoffes ermöglichen und auf die Art und Weise, in welcher die Tilgungsmassregeln in dem verseuchten Lande zur Durchführung kommen, Rücksicht zu nehmen und ttber-
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dies zwischen den verseuchten und seuchenfreien Gegenden des von der Seuche befallenen Landes zu unterscheiden sein.
Das österreichische Rinderpestgesetz und die zur Durchführung desselben erlassene Verordnung enthalten in dieser Beziehung folgende Bestiinmungen:
1.nbsp; Bei dem Auftreten der Rinderpest in einem angrenzenden oder in unmittelbarem Verkehre stehenden Lande dürfen aus den verseuchten Gegenden desselben, worunter solche zu verstehen sind, welche innerhalb eines Halbmessers von 20 km von dem verseuchten Orte gelegen sind, nicht eingeführt werden: a) Rinder und andere Wiederkäuer in lebendem oder todtem Zustande, b) alle von diesen Thieren stammenden thierisehen Theile, Abfälle, Rohstoffe in frischem oder getrocknetem Zustande, mit Ausnahme von Molkereiprodueten, welchen Milch beizuzählen ist, von geschmolzenem Talg, gewaschener und ealeinirter und in Säcken oder Ballen verpackter Schafwolle, c) Rauhfutter, Stroh und andere Streumaterialien, dann Dünger, d) gebrauchte Stallgeräthe und Anspanngeschirre, für den Handel bestimmte getragene Kleider, derartiges Schuhwerk und Hadern.
Heu und Stroh und anderes als Verpackungsmittel benutztes Streumateriale ist am Bestimmungsorte der Waare, d. i. in der Betriebsstätte, Fabrik, dem Magazine u. s. w. unter ortspolizeilicher Ueberwachung zu vernichten (sect; 1).
2.nbsp; nbsp;Aus nicht verseuchten Gegenden verseuchter Länder kann von der betreffenden politischen Landesbehörde die Ein- und Durchfuhr der unter 1. a bis d genannten Thiere und Gegenstände unter den Bedingungen gestattet werden: a) dass die Einbringung nur an hiefür besonders bestimmten Orten, wobei zunächst die Eisenbahnen und Wasserstrassen zu berücksichtigen und die Landstrassen nach Möglichkeit auszuschlicsse.n sind, erfolge; h) dass am Eintrittsorte durch amtliches Zeugniss nachgewiesen werde, dass die Thiere aus einem Orte stammen, in welchem selbst und in einem Umkreise von einem Halbmesser von 20 km um denselben die Rinderpest nicht herrscht, sowie, dass der Transport durch seuchefreie Gegenden erfolgte, endlich nach Massgabe der Gefahr, dass die zur Einfuhr bestimmten Thiere durch eine gewisse, nach Umständen zu bestimmende Zahl von Tagen in einem seuchefreien Orte aufgestellt waren; c) dass der gesunde Zustand der Thiere durch die Untersuchung eines Amtsthierarztes siehergestellt und d) dass bezüglich der unter 1. b, c, d von der Einfuhr ausgeschlossenen Gegenstände durch amtliche Provenienzcertiticate, ebenso wie bei Thieren
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der Nachweis geliefert wird, dass sie nicht aus verseuchten Gegenden stammen und nicht in verseuchten Orten gelagert waren (sect; 2).
3.nbsp; Tritt die Rinderpest in Orten, die nicht über 40 km von der Grenze entfernt sind, oder überhaupt in bedrohlicher Weise, namentlich in einem Lande auf, mit welchem ein lebhafter Verkehr besteht, oder von dem aus wegen Nichtgenügens der ergriffenen Massregeln eine Einschleppung der Seuche mit Grund zu besorgen ist, so wird die Ein- und Durchfuhr der unter 1. laquo; bis d bezeichneten Thiere und Gegenstände über die gefähi-dete Grenze überhaupt verboten und die Absperrung derselben — Grenzsperre — nach Erforderniss auch mittelst eines militärischen Cordons verfügt (sect; 3). Nach verfügter Grenzsperre sind Personen, von welchen bekannt oder anzunehmen ist, dass sie in verseuchten Orten gewesen sind oder mit den unter 1. a bis d genannten Thieron oder Gegenständen in Berührung waren, vor ihrer Zulassung in das Inland einer Desinfection zu unterziehen, welche auch auf deren Effecten und auf die von ihnen benutzten Fuhrwerke auszudehnen ist (sect; 5),
4.nbsp; nbsp;Selbst im Falle der angeordneten Grenzsperre können von der betreffenden politischen Landesbehörde unter Einhaltung der unter 2. angeführten Bedingungen aus nicht verseuchten Gegenden jedoch nur auf Eisenbahnen oder auf dem Wasserwege zugelassen werden: a) Transporte von Schlachtvieh nach solchen Orten, in welchen öffentliche Schlachthäuser bestehen, die in unmittelbarer Verbindung mit den Schienenwegen oder dem Landungsplatze der Schiffe stehen, b) Transporte von vollkommen trockenen Häuten, Knochen, Hörnern, Hornspitzen und Klauen, gesalzenen und getrockneten Einderdärmen, Saitlingen, ungeschmolzenem Talg in Fässern und Wammen, Kuhhaaren, Schweinsborsten, Schafwolle und Ziegenhaaren, insofern letztere Gegenstände in Säcke oder Ballen verpackt sind.
Ausser den bei Viehtransporten überhaupt einzuhaltenden Vorsichten (S. 46) ist insbesondere verordnet, dass der für die Einbruchstation aufgestellte Thierarzt die Localbehörde des Bestimmungsortes von dem Abgange eines Schlachtviehtransportes telegraphisch zu verständigen, dass die Ortsbehörde des Bestimmungsortes Vorkehrungen zu treffen habe, um Verschleppungen der bei dem Schlachtvieh etwa vorhandenen Krankheit zu verhüten, dass die Schlachtung solcher Thiere unter thierärztlicher Aufsicht stattzufinden habe und dass die bei dem Transporte beschäftigten Personen sich einer Desinfection unterziehen müssen.
Die genannten Rohstoffe sind an den Eintrittsorten in Betreff ihres nach dem Gesetze erforderlichen Zustandes zu controliren und
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dürfen bei Umladungen und bei dem Wegbringen von den Ausladeplätzen nicht mit Rinderbespannungen befördert werden. Im Falle der Durchfuhr ist die Gestattung des Eintrittes der genannten Transporte von der Nachweisung abhängig, dass die Regierung des Landes, nach welchem der Transport auszutreten bestimmt ist, den Ueber-tritt desselben über die Grenze nicht beanständet (sect; 4).
Thiere und thierische Rohproducte, mit welchen ein Verbot der Ein- und Durchfuhr übertreten wird, die bestimmten Einbruchstationen umgangen werden oder ein Cordon durchbrochen worden ist, sind durch die Staatsbehörde als verfallen zu erklären (sect; 38).
5.nbsp; Nähert sich die Seuche der Grenze auf weniger als 20 km Entfernung, so haben in den Ortschaften der bedrohten Grenzbezirke die Vorschriften für den Seuchenbezirk (wie beim Herrschen der Rinderpest im Inlande) in Anwendung zu kommen und unterliegen die in den betheiligten Bezirken vorhandenen Wiederkäuer einer Revision und Evidenzhaltung ihres Gesundheitszustandes, soAvie ihres Zu- und Abganges (sect; 6).
6.nbsp; Dagegen ist die Ein- und Durchfuhr von Rindern aus Ländern,von welchen wegen häufig vorkommenderVerseucluung die Einschleppung der Rinderpest in besonderer Weise droht, verboten. Dieses Verbot gilt dermalen, und zwar vom i. Jänner 1872 an, gegenüber Russland und Rumänien.
Bis zu dieser Frist haben die Contumazanstalten für Ilornvieli an dun Grenzen gegenüber diesen Ländern unter Einhaltung bestimmter Beschränkungen und Vorsichten fortzubestehen (sect; 40).
Von der Errichtung von Schlachthäusern an der Grenze gegenüber Kussland und Kumänien, welche durch das nunmehr aussor Kraft gesetzte Gesetz vom 2. Mai 1873 gestattet war, hat das neue österreichische Gesetz Umgang genommen.
Die Ein- und Durchfuhr von Schafen aus diesen Ländern kann unter den bei 2. angeführten Bedingungen insolauge gestattet werden, als die Seuche nicht innerhalb 80 km von der Grenze herrscht oder ihre Verbreitung in dem betreffenden Auslande nicht überhaupt die Einfuhr als unzulässig erscheinen lässt. Unter denselben Bedingungen kann auch die Ein- und Durchfuhr der unter 4. h angeführten thierischen Rohproducte gestattet und überdies für dieselben eine entsprechende Desinfection beim Uebertritte über die Grenze vorgeschrieben werden. Die Transporte der genannten Thiere und thierischen Theile sind, wo nur immer möglich, mittelst der Eisenbahn oder auf Wasserwegen unter bestimmten Vorsichten an ihren Bestimmungsort zu befördern. Thierische Theile im frischen Zustande sind von der Ein- und Durchfuhr ausgeschlossen; zur Durchfuhr
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der unter 1. c und d genannten Gegenstände ist eine besondere behördliche Bewilligung erforderlich (sect; 7).
7.nbsp; Zur Hiutanhaltung des Schraug-gels mit Rindvieh rindet beständig eine verschärfte Ueberwachung der Grenze gegen Buss-land und Rumänien statt, welche nöthigenfalls durch Militär verstärkt wird (sect; 8). Ausserdeiu ist zu demselben Zwecke in den an diese Länder grenzenden Gebieten innerhalb einer Strecke von 30 km durch die landesfürstlichen Thierärzte unter Mitwirkung entlohnter und beeideter Viehrevisoren für die Gemeinden und Gutsgebiete ein Kataster des Rindviehstaudes anzulegen, welcher durch die Revisoren, als welche vertrauenswürdige, im Revisionsbezirke ansässige, zu diesem Dienste geeignete Personen zu bestellen sind, in Evidenz zu halten und behördlich zu überwachen ist. Innerhalb des Grenzgebietes muss jedes Rind mit einem Brandzeichen versehen, und wenn es aus seinem Standorte abgetrieben wird, durch einen Vieh-pass gedeckt sein (sect; 9).
Rindvieh, welches in dem Grenzgebiete betroffen wird, ohne in den Viehkataster eingetragen oder mit dem bestimmten Brandzeichen verselien oder durch einen vorschriftsmässigen Viehpass gedeckt zu sein, ist ebenso wie aus dem Grenzgebiete kommendes ausserhalb desselben betroffenes Vieh als verfallen zu erklären (sect; 38).
Die Eisenbahn Verwaltungen dürfen innerhalb diesesGrenzgebietes Wiederkäuer zur Weiterbeförderung nur auf bestimmten Stationen und auf Grund vorschriftsmässiger Viehpässe übernehmen (sect; 10).
8.nbsp; nbsp;Für Seeprovenienzen gelten bezüglich der Einfuhr von Wiederkäuern und der von ihnen stammenden thierischen Theile die für den Land verkehr gegebenen Vorschriften (sect; 11).
Die für das Deutsche Reich geltende revidirto Instruction vom 9. Juni 1873 unterscheidet die Massregeln gegen die Emschleppong der Kinderpest 1. in solche, die bei dem Ausbruche in entfernten Gegenden und 2. in solche, welche bei dem Auftreten in der Nähe zur Durchführung zu kommen haben.
1. Bei dem Auftreten der Kinderpest in entfernten Gegenden des Auslandes, welche durch Eisenbahnen oder Schifffahrt in solcher Verbindung mit dem Inlande stehen, dass Viehtransporte in kurzer Zeit dahin gelangen können, ist die Einfuhr von Wiederkäuern aus verseuchten Gegenden, sowie von allen, von Wiederkäuern stammenden thierischen Theilen im frischen Zustande, mit Ausnahme von Butter, Milch und Käse, ganz zu verbieten, dagegen ist der Verkehr mit vollkommen trockenen und gesalzenen Häuten und Därmen, mit Wolle, Ilaaren und Borsten, mit geschmolzenem Talg in Fässern und Wammen, sowie mit vollkommen lufttrockenen, von thierischen Weichtheilen befreiten Knochen, Hörnern und Klauen nicht zu beschränken (sect;sect; 1 und 2).
Aus nicht verseuchten Gegenden des betreifenden Landes kann die Einfuhr von Wiederkäuern auf bestimmte Stationen beschränkt und davon abhängig gemacht
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werden, dass anitlicli nachgewiesen wird, dass die l)ctrcflenden Thiere mindestens 30 Tage an einem seuchefrcicn Orte gestanden haben, und dass 20 km um denselben die Seuche nicht herrscht; dass der Transport durch seuchefreie Gegenden erfolgte, und dass^die Thiere beim Uebergange über die Grenze von einem amtlichen Thierarzte untersucht und gesund befunden worden sind.
Erleichternde Bestimmungen können für die Einfuhr von Schlachtvieh nach solchen Städten getroffen weiden, in welchen öffentliche, durch Schienenstränge mit der Eisenbahn in Verbindung stehende Schlachthäuser bestehen (sect; 3).
Gegenüber solchen Ländern, von welchen wegen zeitiger umfangreicher oder ständiger Verseuchung die Einschleppung der Rinderpest in hervorragender Weise droht, können weitergehende Beschränkungen der Einfuhr von Thieren, thierischen Producten und giftfangenden Sachen angeordnet werden (sect; 4).
Der Erlass des königl. preussischen Staats-Ministeriums für die landwirth-schaftlichen Angelegenheiten vom 9. Juli 1873 erklärt die Ein- und Durchfuhr von Rindvieh aus Russland bis auf Weiteres als allgemein verboten. Zugleich wurde bestimmt: 1, dass die Ein- und Durchfuhr von Vieh der grossen grauen Race (Steppenvieh) aus Oesterreich-Ungarn bis auf Weiteres allgemein verboten bleibt; 2. dass die Ein- und Durchfuhr von sonstigem aus Oesterreich-Ungarn kommenden Rindvieh, sofern nicht weitergehende Beschränkungen erforderlich werden, bis auf Weiteres von dem, durch ein ortspolizeiliches Zeugniss zu liefernden Nachweise abhängig sei, aj dass das betreffende Vieh an einem ausserhalb Galiziens, der Bukowina und der Länder der ungarischen Krone befindlichen Orte mindestens 30 Tage unmittelbar vor dem Abgange nach Deutschland verweilte; IJ dass am Abgangsorte xind in einem Umkreise von 35 km um denselben die Rinderpest nicht herrscht, und dass der Transport durch seuchefreie Gegenden erfolgte; c) dass das Vieh bei seinem Eingange über die Grenze von einem amtlichen Thierarzte untersucht und gesund befunden ist; 3. dass die an Oesterreich-Ungarn grenzenden Regierungen ermächtigt sind, hinsichtlich des Verkehres mit einzelnen Viehstückcu, welche aus notorisch seuchefreien Grenzbezirken der österreichisch-ungarischen Monarchie stammen und nicht für den weiteren Handel, sondern lediglich zur sofortigen Consumtion oder zur Weide oder Einstellung in einem inländischen Grenzbezirke bestimmt sind, eine Erleichterung der unter 2. a, h, c erwähnten Bedingungen im einzelnen Falle eintreten zu lassen. Mittlerweile ist die Einfuhr von Kindvieh aus Oesterreich-Ungarn in das Deutsche Reich dem Principe nach vollständig verboten worden, und wird nur ausnahmsweise und unter Einhaltung besonderer Bestimmungen fallweise gestattet.
Die die Einfuhr betreffenden Anordnungen finden auch auf dia Durchfuhr Anwendung (sect; 5).
2. Tritt die Seuche in Gegenden des Nachbarlandes auf, welche nicht über 40 bis 50 km von der Grenze entfernt sind, so ist für die nach Umständen zu bestimmende Grenzstrecke das Einfuhrverbot unbedingt auf alle Arten von Vieh, mit Ausnahme der Pferde, Maulthicre und Esel, auf alle von Wiederkäuern stammenden thierischen Theile in frischem oder trockenem Zustande (mit Ausnahme von Butter, Milch und Käse), auf Dünger, Rauhfutter, Stroh und andere Strenmaterialien, gebrauchte Stallgeräthe, Geschirre und Lederzeug, auf unbearbeitete Wolle, Haare und Borsten, auf gebrauchte Kleidungsstücke quot;für den Handel und Lumpen zu erstrecken.
Mit Vieh sich beschäftigende Personen dürfen die Grenze nur an bestimmten Orten überschreiten und haben sich einer Desinfection zu unterziehen.
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Ausnahmen können bezüglich der nachgewiesenernmssen aus völlig seuchefreien Gegenden stammenden, unter 1. angeführten trockenen thierischen Producte, sowie bezüglich in Siicken gepackter Lumpen, sofern die Fiinfuhr in geschlossenen Kisenbahnwaggons erfolgt, mit Genehmigung dor Behörde eintreten.
Heu und Stroh als Verpackungsmittel ist am Bestimmungsorte zu vernichten (sect; 6).
Kückt die Seuche bis in die Grenzgegenden vor, oder gewinnt sie längs der Grenze an Ausdehnung, so hat für die betreffenden Grenzstrecken die vollständige Vcrkohrssperro unter Bildung eines militärischen Cordons einzutreten (sect; 7).
In den bedrohten Grenzkreisen sind für sämratliche Ortschaften, die innerhalb 15 km von der Grenze entfernt liegen, Register über den vorhandenen Rindviehstand durch zu bestellende Viehrevisoren aufzunehmen, in Evidenz zu halten, und wöchentlich mindestens einmal von den vorgesetzten Organen zu revidiren, ferner ist von vorkommenden Krankheits- oder Todesfällen im Rindviehstande sofort Anzeige zu machen (sect; 9).
Wird die angeordnete Sperre durchbrochen, so sind die der Sperre unterworfenen Thiere sofort zu tödten und zu verscharren, giftfangende Sachen zu vernichten oder zu desinüeiren, sonstige Gegenstände oder Personen, sofern eine Desinfection nicht tlmnlich, auf dem kürzesten Wege über die Grenze zuriiekzubringon (g 8).
Die nnter 1. und 2. enthaltenen Vorschriften finden auch Anwendung, wenn die Gefahr einer Einschleppung zu Wasser droht (sect; 10).
II. Massregeln zur Verhinderung der Verbreitung und zur Tilgung der Rinderpest im Inlande. A. Allgemeine Bestimmungen. Ist die Rinderpest im Inlande bereits ausgebrochen, so kommt eine Eeilie von Massregeln zur Durchführung, bei deren Festsetzung auf den exotischen Ursprung und auf den hohen Grad der Contagiosität der Krankheit Rücksicht genommen werden musste, und welche zum Zwecke haben, dass die Behörde von jedem Ausbruche der Krankheit und dein Umfange ihrer Verbreitung thunlichst schnell in Kenntniss komme, sowie dass die Fortentwicklung des Contagiums durch schleunige Beseitigung aller kranken Thiere und die Verschleppung desselben durch verschärfte Sperrmassregeln und durch Vernichtung oder eingehende Desinfection der Träger des Ansteckungsstoffes hintangehalten werde.
Das österreichische Rinderpestgesetz hält zu dem Zwecke der Verhinderung der Weiterverbreitung der Rinderpest einerseits die durch das allgemeine Thierscuchengesetz vorgeschriebenen Directiven bezüglich der Viehpässe, der Beaufsichtigung der Viehmärkte, der Beförderung von Wiederkäuern mittelst Eisenbahnen, Schiffen und auf dem Triebe, der Vieh- und Fleischbeschau, der Ueberwachung der Wasenmeistereien und der Personen, welche mit Vieh, Thiercadavern und deren frischen Theilen beschäftigt sind, dann die Verpflichtung zur Anzeige von Erkrankungs- und Umstehungsfällen unter dem Viehe überhaupt aufrecht (sect; 12) und
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ermächtigt andererseits die politischen Behörden, in rinderpest-gefährlichen Zeiten anzuordnen, dass aus fremden Orten angekaufte Rinder, nach Umständen auch andere Hausthiere, erst dann unter die einheimischen gebracht werden dürfen, wenn sie vorher durch mindestens zehn Tage abgesondert beobachtet worden sind und ihr unverdächtiger Gesundheitszustand aussei1 Zweifel gesetzt worden ist, dann dass Fleischhauer und Viehhändler in fremde Stallungen nicht zugelassen werden (sect; 13). Ausserdem kommen noch die folgenden, von den allgemeinen Seuchenvorschriften (S. 48) abwei-chenden Bestimmungen zur Durchführung.
1.nbsp; Verpflichtung zur Anzeige. Wenn in einem Lande der Ausbruch der Rinderpest amtlich kundgemacht ist, tritt in den verseuchten und in den an diese angrenzenden Bezirken die Verpflichtung der unverzüglichen Anzeige an den Gemeindevorsteher, beziehungsweise an die politische Bezirksbehörde (S. 48.) auch schon dann ein, wenn auch nur an einem Rinde die Erscheinungen einer neuerlichen Erkrankung überhaupt wahrgenommen werden. Diese erweiterte Anzeigepflicht besteht beständig in den Grenzgebieten Galiziens und der Bukowina und kann von jeder Landesbehörde auch bei blosser Gefahr der Einschleppung der Seuche für das ganze Verwaltungsgebiet oder für Theile desselben angeordnet werden (sect; 14).
Für Personen, welche nach den allgemeinen Bestimmungen zur Anzeige nicht verpflichtet sind, können Belohnungen aus dem Staatsschätze für die erste Anzeige von Rinderpestausbrüchen in bisher seuchef'reien Ortschaften, sowie für Anzeigen von wirklich begangenen Uebertretungen der Seuchenvorschriften festgesetzt werden (sect; 15).
Die deutsche Instruction verorrlnet, dass, falls in einem Orte des Inlandes ein der Kinderpest verdächtiger Krankheits- oder Todesfall beim Rindvieh vorkommt, oder in einem Orte innerhalb acht Tagen zwei Erkrankuogs- oder Todesfälle unter verdächtigen Erscheinungen sieh in einem Viehbestande ereignen, hievon ohne Verzug der Ortspolizeibehörde Anzeige zu erstatten ist (sect; 11).
2.nbsp; nbsp; Vorläufige Massregeln. Der Gemeindevorsteher hat, sobald er von einem den Verdacht der Rinderpest erregenden Erkran-kungs- oder Todesfalle oder von einem ausgesprochenen Falle der Rinderpest Kenntniss erlangt, vorläufig den Fall in der Gemeinde zu verlautbaren, den Nachbargemeinden bekanntzugeben, die Sperre des betreffenden Stalles oder Standortes ?u veranlassen, das Entfernen von Rindern und Schafen aus dem Orte zu verbieten und den Weidegang, sowie die Benützung der gemeinschaftlichen Tränke einzustellen (sect; 16).
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Nach der deutschen Instruction darf der Besitzer die kranken Thiere nicht schlachten oder tödten, gefallene Thiere nicht auf irgend eine AVeise beseitigen, ehe die Natur der Krankheit festgestellt ist. Todte Thiere sind bis dahin so aufzubewahren, dass das Hinzukommen von Menschen und Thieren abgehalten wird (sect; 12).
3.nbsp; nbsp;Seuchenerhebung. Die zur Erhebung eiaes den Verdacht der Rinderpest erregenden Erkrankung-s- oder Todesfalles, oder eines nachgewiesenen Falles dieser Krankheit von der politischen Bezirksbehörde zu bestimmende Seuchencommission besteht in Oesterreieh aus einem politischen Beamten, dem Amtsthierarzte und aus dem Gemeindevorsteher des Seuchenortes. Sie hat zu erheben, ob ein Fall von Einderpest vorliegt und im bejahenden Falle auch die Art der Einschleppung und' deren Ausbreitung zu erforschen. Ueber das Ergebniss der Erhebung ist an die vorgesetzte Behörde nach Vorschrift Bericht zu erstatten (sect; 17). Die Seuchencommission ist ermächtigt, in Ermanglung eines Cadavers zum Zwecke der Feststellung der Krankheit erforderlichenfalls ein krankes, der Rinderpest verdächtiges, vorher der Schätzung zu unterziehendes Thier behufs Vornahme der Section tödten zu lassen (sect; 18). Für ein solches über Anordnung der Seuchencommission getödtetes Vieh erhält der Eigenthümer den gemeinen Schätzungs-werth als Entschädigung (sect; 35).
Die Anempfehlung, der Verkauf und die Anwendung von Vorbauungs- oder Heilmitteln bei der Rinderpest ist, mit Ausnahme von Desiufectionsmitteln, verboten (sect; 19).
Zu Folge der deutschen Instruction ist auf die erhaltene Anzeige von der Ortspolizeibehördo sofort der competente Thierarzt herbeizuholen, um an Ort und Stelle die Krankheit zu eonstatiren. Behufs der hiezu erforderlichen Section ist in Ermanglung eines Cadavers ein Thier zu tödten. Das Ergebniss der Untersuchung ist protokollarisch aufzunehmen (sect; 13). Im Falle die Krankheit als Rinderpest erkannt wird, ist die Untersuchung auch auf die Ermittlung der Art der Ein-schleppung zu erstrecken. Ausserdem ist sofort zur weiteren Anzeige an die vorgesetzten Behörden und zur öft'entlichen Bekanntmachung zu schreiten (sect; 14).
Bezüglich der Vorbauungs- und Heilmittel bestehen gleicliartige Bestimmungen wie in Oesterreieh (sect; 16).
4.nbsp; nbsp;Massregeln bei Rinderpestverdacht. Kann auf Grund der Untersuchung die Rinderpest nicht sichergestellt, der Verdacht ihres Bestehens aber auch nicht gänzlich behoben werden, so hat aussei- den von dem Gemeindevorsteher bereits vorläufig eingeleiteten Sperrmassivgeln (S. 138. 2) und der Aufnahme des in der Ortschaft vorhandenen Standes an Wiederkäuern die Sperre des Stalles und Gehöftes, in welchem sich die verdächtigen und die mit
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ihnen in Bernlirung gekoinmenen Thiere befinden, und ansserdem die Verpflichtung zur Anzeige jedes Erkrankungs- und Todesfalles eines Wiederkäuers und jeder beabsichtigten Schlaclitung von Rindern aus unverdäcLtigen Stallungen einzutreten. Gefallene Thiere dürfen nicht früher beseitigt werden, als bis die Natur der Krankheit von der Seuchencomniission festgestellt ist. Diese Massregeln bleiben aufrecht, bis entweder der Verdacht der Rinderpest vollkoinmen beseitigt oder die Natur der Krankheit sichergestellt ist. Ergibt sich der Verdacht der Rinderpest auf Schlachtvieh-inärkten oder in Schlachthäusern, so ist die Absonderung der verdächtigen Thiere zu veranlassen (sect; 20).
Die deutsche Instruction verortlaet bei dringendem Verdacht der Rinderpest die vdiliiufige Sperre des Gehöftes auf so lange, bis die Krankheit unzweifelhaft festgestellt oder der Verdacht als unbegründet enviesen ist, und in zweifelhaften Fällen die Zuziehung eines höheren Thierarztes. In Schlachtvielihöfen kann in einem solchen Falle die vorläufige Sperre auf einen einzelnen Theil des Viehhofes beschränkt werden. Im Falle des Verdachtes der Rinderpest bei Heerden auf dem Transporte, sind die nach den Umständen erforderlichen Vorsichtsmassregeln zu treffen (sect; 15).
B. Massregeln bei festgestellter Rinderpest. 1. Bekanntgabe des Seuchenausbruches. In Oesterreich hat die politische Bezirksbehörde den Ausbruch der Rinderpest in ihrem Bezirke zu verlautbaren und die benachbarten politischen Bezirke, sowie jene Gemeinden, nach welchen eine Verschleppung des Ansteckungsstoffes stattgefunden haben könnte, dann nach Erforderniss auch die Behörde des benachbarten Staatsgebietes in Kenntniss zu setzen. Der politischen Landesbehörde obliegt die Verlautbarung in ihrem Verwaltungsgebiete und die Verständigung der benachbarten Landesbehörden, sowie die Anzeige an das k. k. Ministerium des Innern (sect; 22).
2. Sperrmassregeln, a) Gehöftsperre. Der Hof, in dem seuchenkranke oder mit ihnen in Berührung gekommene Rinder, Schafe oder Ziegen sich befinden oder befunden haben, ist durch Aufstellung von Wachen, nöthigenfalls mit Militär, abzusperren und durch die Aufschrift „Rinderpestquot; kenntlich zu machen. Ohne besondere Er-laubniss der Seuchencoinmission dürfen nur Sicherheitsorgane und Gerichtspersonen, Geistliche, Aerzte und Hebammen in Ausübung ihrer Berufspflichten in das verseuchte Gehöft zugelassen werden. Ohne diese Erlaubniss darf keinerlei Gegenstand aus dem Seuchenhofe herausgebracht werden und kein Bewohner des Hofes das Gehöft verlassen oder mit den übrigen Ortsbewohnern verkehren. Personen, welche das Gehöft verlassen, haben sich bei dem Austritte einer
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Reinigung zu unterziehen. Hunde, Katzen, Federvieh und andere kleine Hausthiere sind ausserhalb der Rinderstalluugen eingeschlossen zu halten. Derlei in Rinderstallungen gewesene oder im Freien angetroffene Thiere sind zu tödten (sect; 31, f, g, h, e).
Analoge Bestimmungen enthält die deutsche Instruction (sect;sect; 15 und 20).
b) Orts sperre. Die verseuchte Ortschaft ist an den Aus-und Eingängen mittelst Tafeln mit der Aufschrift „Rinderpestquot; als verseucht kenntlich zu machen. Aussei* den schon bei Pestverdacht verhängten Massregeln, als: Aufnahme des Viehstandes, Verpflichtung zur Anzeige jedes Erkrankungs- und Umstehungsfalles bei Wiederkäuern, Nichtbeseitigung der Cadaver solcher Thiere ohne vorausgegangene Feststellung der Diagnose, Zuziehung eines Thierarztes zur Schlachtung von Kindern, kommen noch folgende Bestimmungen zur Durchführung. Schafe und Ziegen sind aus den Rinderstallungen zu entfernen; alle Hausthiere, mit Ausnahme der Pferde, sind ausserhalb der Rinderstallungen eingeschlossen zu halten, herumlaufende Hunde und Katzen zu tödten; Personen, welche den Seuchenort verlassen, haben sich einer Reinigung zu unterziehen; die Abhaltung von Märkten jeder Art und von sonstigen grösseren Ansammlungen von Menschen und Thieren ist untersagt; das Entfernen von Rindern, Schafen und Ziegen aus dem Orte, der Einlass solcher Thiere, mit Ausnahme der zur Proviantirung nöthigen, in den Seuchenort-sowie die Aus- und Durchfuhr von Heu, Stroh und anderen zur Verschleppung des Ansteckungsstoffes geeigneten Gegenständen ist verboten, dagegen die Durchfuhr von Wiederkäuern und thierischen Rohproducten mittelst der Eisenbahn oder auf Schiffen unter Beobachtung von anzuordnenden Schutzmassregeln zulässig.
Bei grösserer Verbreitung der Seuche in einer Ortschaft kann diese oder einzelne Theile derselben mit einem nöthigenfalls militärischen Cordon umgeben und noch strengeren Verkehrsbeschränkungen unterworfen werden. Bei dem Auftreten der Seuche zur Zeit der Feldarbeiten können die Sperrmassregeln an die Grenze der Feldmark verlegt und den Einwohnern seuchenfreier Höfe die Vornahme der Feldarbeiten mit ihren Gespannen gestattet werden (sect; 23).
Die politische Bezirksbehörde hat die Sperrmassregeln anzuordnen und für deren Ausführung zu sorgen; die Gemeindebehörde des Seuchenortes ist für die genaue Durchführung derselben verantwortlich und hierin von der ersteren zu überwachen (sect; 24).
Kommt die Rinderpest in grösseren Städten oder ausgedehnten Ortschaften, in welchen eigentliche Viehzucht nicht betrieben
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wird und der Bestand an Hindern hauptsaclilich aus Nutzvieh besteht, vor, so können nach Massgabe der örtlichen Verhältnisse die Aufnahme des Viehstandes, sowie die Sperrmassregeln auf einzelne Thcile der Stadt oder der betreffenden Ortschaft, nach Umständen auf den Seuchenhof oder selbst auf den verseuchten Stall beschränkt werden. In einem solehon Falle ist auf die möglichst rasche Tilgung der Seuche durch schnelle Tödtung des gesammten Viehstandes der verseuchten Höfe, durch strenge Absperrung der inficirten Loeali-täten und durch sofortige Desinfection hinzuwirken (sect; 25).
Verseuchte Höfe, sofern sie isolirt, d. i. mindestens 500 in von anderen Wohnstätten und Gehöften entfernt liegen, können nach Zulass der örtlichen Verhältnisse als besondere Seuchenorte behandelt werden, in welchem Falle die über sie verhängte Sperre auf die betreffenden Gemeinden, falls diese seuebefrei sind, nicht auszudehnen ist (sect; 26).
Die deutsclie Instruction enthält bezüglich der Vornahme von Schlachtungen (sect; 18), der Anzeigeverpflichtnng (sect; 19) und der Bezeichnung des Ortes als verseucht, sowie der Aufstellung von Wächtern (sect; 21) analoge Bestimmungen.
Die Ortssperre wird daselbst in (fie relative und in die absolute unterschieden; die letztere kann dann eintreten, wenn die Krankheit einen grösseren Theil der Gehöfte des Ortes ergriffen hat.
Bei der relativen Ortssperro dürfen die Einwohner untereinander verkehren, aber den Ort ohne besondere Genehmigung nicht verlassen; alle Hausthiere, mit Ausnahme der dem Pferdegeschlechte angehörigen, müssen im Stalle eingeschlossen gehalten werden; frei herumlaufende sind einzufangen und zu schlachten, Hunde und Katzen aber zu tödten und zu verscharren. Fuhren dürfen nur mit Thieren aus dem Pferdegeschlechte gemacht werden Die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Vieh, ITeu, Stroh und anderen giftfangenden Sachen ist zu verbieten (| 21).
Bei der absoluten Ortssperre wird der Ort durch militärische Wachen vollständig cernirt und gegen jede Art des Verkehres gesperrt. Die durch den Ort führenden Strassen sind zu verlegen; das Halten von Eisenbahnzügen, selbst wenn die Ortschaft ein Stationsort wäre, ist in der Regel verboten. Der Verkehr der Bewohner untereinander ist auf das Unvermeidliche zu beschränken; Gottesdienst, Schule, Märkte und sonstige grtisaere Ansammlungen von Menschen und Thieren dürfen nicht abgehalten werden, Schänken und Gasthöfe werden geschlossen (sect; 23).
Die relative und absolute Ortssperre kann auf einzelne Theile des Ortes be-schränkt, sowie andererseits auf einzelne Häuser und GehöftebenachbarterOrte nöthigen-falls ausgedehnt werden (sect; 24). Bei der absoluten Sperre ist für die Herbeischaffung der nothwendigsten Bedürfnisse der Bewohner unter den nöthigen Vorsichten Sorge zu tragen (sect; 35).
Tritt die Seuche zu einer Zeit auf, wo Feldarbeiten und Weidebesuch im Gange sind, so kann an Stelle der Ortssperre die Sperre der ganzen Feldmark treten; die Ortseinwohncr, welche krankheitsfreie, noch nicht gesperrte Gehöfte haben, können dann ihre Feldarbeiten mit eigenen Deuten und Gespannen unter Einhaltung bestimmter Vorsichtsmassregeln verrichten (sect; 33). Für die Umgebung des Seuchenortes ist nöthigenfalls der Weidegang zu untersagen und füquot;- die unmittel-
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bar angrenzenden Fluren sind die nothwendigeu Beschränkungen des freien Verkehres und Vorsichtsmassregeh; für die Feldbestellung anzuordnen (sect; 34),
InKesidenz- und Handelsstädten, sowie in anderen Städten mit lebhaftem Verkehre kommt die Ortssperre nicht in Anwendung und sind auch sonstige Ausnahmen zulässig; es ist jedoch auf die möglichst rasche Tilgung, der Seuche durch Tödtung des gesammten Viehstandes der ergriffenen Höfe, strenge Absperrung der inficirten Localitäten und schleunige Desinfection Bedacht zu nehmen (sect; 30).
Für jeden grösseren Ort, beziehungsweise für mehrere benachbarte kleinere Orte ist für die Seuchendauer ein Ortscommissär zu bestellen, an welchen die Anzeigen zu richten sind, und welcher die Ausführung der Massregeln und in Orten, in welchen der Ausbruch der Seuche constatirt ist, die Constatirnng neuer Krankheitsfälle herbeizuführen hat (sect; 22).
c) Seuclienbezirk, Herrseht die Rinderpest in einem Orte mit Ausnahme grösserer Städte, in welchen (lie früher erwähnten Ausnahmsbestimmung'en zur Durchführung kommen, so ist inOester-reich von der politischen Bezirkshehörde je nach den örtlichen Verhältnissen ein in der Regel nicht unter 20 km vom Seuehenorte sich erstreckender Umkreis — Seuchenbezirk — zu bestimmen und als solcher bekannt zu machen. In demselben tritt die Verpflichtung zur Aufnahme und Evidenzhaltung des Standes an Wiederkäuern und zur Anzeige jedes Erkrankungs- und Todesfalles bei diesen Thieren ein, ausserdem aber kommt eine Reihe von Beschränkungen des freien Verkehres daselbst zur Durchführung. Viehmärkte dürfen nur in den grösseren Städten des Seuchonbezirkes über behördliche Bewilligung und unter der Bedingung abgehalten werden, dass alle auf den Markt gebrachten Wiederkäuer in dem Marktorte selbst geschlachtet werden; die Ein- und Durchfuhr von Wiederkäuern, sowie die Durchfuhr von Rauhfutter bedarf einer besonderen behördlichen Genehmigung; die Ausfuhr von Wiederkäuern, frischen thicrischen Rohproductcn, Rauhfutter, Stroh und Dünger ist verboten; die Ausftihr von Schlachtvieh, von Rauhfutter und Stroh darf nur unter besonders berücksichtigungswürdigen Verhältnissen von der politischen Bczirksbehörde gestattet werden. Für die Versendung des Fleisches und der Häute der in dem Seuchenbezirke gesund geschlachteten Wiederkäuer gelten dieselben Bestimmungen wie für verseuchte Orte. Den an die Seuchenorte grenzenden Ortschaften kann der Weidetrieb verboten werden (sect; 27).
Sind mehrere nahe aneinander gelegene Orte verseucht, so ist ein gemeinschaftlicher Seuchenbezirk festzustellen und bekanntzumaehen (sect; 28).
Bei Verbreitung der Rinderpest über einen grösseren Landstrich ist das Seuchengebiet in kleinere Seuchengebie te zu theilen, in jedem eine Seuchencommission niederzusetzen und die Oberleitung
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der Seaehentilgiing einem von der Landesbehörde zu bestimmenden
Commissär zu übertragen (sect; 29).
Die Einhaltung dieser Verkelirsbeschränkungen ist nötliigen-falls durch Aufstellung eines militärischen Cordons zu sichern (sect; 30).
Die deutsche Instruction verordnet gleichfalls, dass in einem in der Regel nicht unter 20 km von dem Seuchenorte zu bemessenden Umkreise die Abhaltung von Viehmarkten, nach Befinden auch von anderen Märkten und sonstigen grösseren Ansammlungen von Menschen und Thieren, sowie der Handel mit Vieh und dessen Transport, sowie von Dünger, Rauhfutter, Stroh und anderen Streu-materialien ohne besondere Erlaubnissscheine zu untersagen ist und der Ankauf von Vieh zum Fleischconsuin nur unter behördlicher Aufsicht geschehen darf. Ausserdem ist in den bedrohten Gemeinden der Rindviehstand aufzunehmen, in Evidenz zu halten und zu revidiren, raquo;ind von vorkommenden Krankheits- oder Todesfällen im Rindviehstande sofort Anzeige zu machen. Für Städte mit lebhaftem Verkehre und deren Umgebung können besondere Anordnungen getroffen werden (sect; 17).
d) Absperrung von Landestheilen. Diese Massregel tritt in Oesterreich nur in Wirksamkeit, wenn die Rinderpest in einem Lande in grösserer Verbreitung oder in mehreren zerstreuten Seuchen-orten herrscht. Nach Massgabe der Einschleppungsgefahr können dann gegenüber solchen Landestheilen ähnliche Bestimmungen zur Ausführung kommen, wie gegenüber dem verseuchten Auslande. Ein allgemeines Einfuhrverbot und die Grenzsperre kann jedoch gegenüber dem verseuchten Lande nur mit Zustimmung des Ministeriums des Innern angeordnet werden (sect; 31).
Das deutsche Ges etz erklärt Einfnhrbescliriinkungen zwischen den einzelnen liundesstaaten erst dann zulässig, wenn die Rinderpest innerhalb eines Bundesstaates ausbricht (sect; 10). In diesem Falle ist hievon, sowie von den ergriffenen Massregeln dem Bundespräsidium Anzeige zu machen, und dieses auch von dem weiteren Gange der Seuche in Kenntniss zu erhalten (sect; 11).
3. Tilgungsmassregeln. Das schnellste und sicherste Verfahren zur Tilgung der Rinderpest, als einer exotischen Krankheit, ist erwiesenermassen die Tödtung der kranken und verdächtigen Thiere; ein Verfahren, welches beinahe von allen Staaten Europas angenommen ist. Rücksichtlich der sofortigen Tödtung solcher Thiere stimmen auch die gesetzlichen Anordnungen Oesterreichs und des Deutschen Reiches überein; sie weichen nur bezüglich des weiteren Vorgehens mit den nach der Tödtung gesund befundenen vei--dächtigen Thieren insofern von einander ab, als die deutsche Instruction auch die Verscharrung solcher Thiere als Norm aufstellt und die Verwerthung des Fleisches und der Häute derselben nur ausnahmsweise in grösseren Städten und auf den unter veterinärpolizeilicher Controle stehenden Schlachtviehhöfen gestattet, während
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das österreicliische Gesetz den Verbraucli des Fleisches solcher nach der Schlachtung gesund befundener Thiere im Seuchenorte, sowie die Versendung desselben in grössere Verbrauchsoi'te, wie auch die Verführung der Häute solcher Thiere in Gerbereien unter gewissen Vorsichten als zulässig erkennt.
Als verdächtig haben nach dem österreichischen Gesetze und der deutschen Instruction jene Rinder zu gelten, welche mit pestkranken Thieren in demselben Stalle oder Standorte untergebracht oder sonst mit ihnen unmittelbar oder durch gemeinschaftliche Wärter, Futtergeräthe, Tränken oder sonstwie in BeriUirung waren.
Das österreichische Gesetz nebst der Durchführungsverordnung enthält in dieser Beziehung folgende BestiinmuDgen:
a) Alle pestkranken und alle verdächtigen Rinder sind nach vorausgegangener Feststellung ihres Werthes unter Aufsicht der Seuchencommission unverzüglich zu tödten. Auch steht es der Seuehen-commission zu, die Tödtung von Rindvieh, das in einem anderen Standorte desselben Hofes oder in dessen nächster Umgebung in anderen Höfen sich befindet, zu verfügen, wenn die Möglichkeit einer Ansteckung mit Grund anzunehmen ist.
h) Die an der Pest gefallenen und als krank erschlagenen Rinder sind sofort ohne Hinwegnahme irgend eines Theiles auf thermischem oder chemischem Wege unschädlich zu machen oder nach kreuzweise durchschnittener Haut hinreichend tief zu vergraben. Für die Verscharrung der Aeser sind wenig oder gar nicht angebaute, von Wegen und Gehöften möglichst entfernt gelegene Plätze zu wählen, zu welchen unter gewöhnlichen Verhältnissen Rindvieh nicht gelangt. Die Aasgruben müssen so tief angelegt sein, dass die Erde wenigstens 2 m hoch die Cadaver bedeckt. Die seuchekrank befundenen Thiere müssen, insofern deren Transport zu dem Aasplatze in lebendem Zustande nicht ohne Gefahr einer Verbreitung des Ansteckungsstoffes geschehen kann, in dem betreffenden Gehöfte getödtet und ebenso wie die Cadaver der gefallenen Thiere auf Wagen, Schleifen, Schlitten etc., ohne dass Theile derselben den Erdboden berühren, auf den Verscharrungsplatz gebracht werden. Während eines solchen Transportes sind unberufene Personen, sowie Rindvieh von den betreffenden Strassen und Wegen fernezuhalten und alle von den Thieren oder Cadavern abfallenden Theile mit der obersten Schichte des verunreinigten Erdbodens abzuheben und in die Aasgrube, zu bringen. Das Aufladen und Verführen der Cadaver, das Vergraben u. s. w. soll, wenn möglich, durch Personen aus
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dem verseuchten Hofe selbst, jedenfalls aber durch Leute aus dem Seuchenorte, welche kein Vieh besitzen, geschehen. Zum Fortschaffen der Aeser sind nie Rinder, sondern Pferde oder andere Zugthiere oder Menschen, und wenn thunlich, aus dem Seuchenhofe zu verwenden.
Die Cadaver sind ohne Absonderung irgend eines Bestandtheiles und mit der durch Kreuzschnitte unbrauchbar gemachten Haut in die Gruben zu bringen und mit einer Schichte lebendigen Kalkes oder mit Asche, Theer oder Jauche zu beschütten, worauf die Gruben, in welche auch alle etwaigen Abfälle, Blut, verunreinigte Erde u. dgl. zu werfen sind, mit der bei dem Ausgraben gewonnenen Erde auszufüllen, deren fest zusammengetretene Oberfläche mit Dornbüschen oder Steinen zu belegen oder mit schnell wachsenden und tiefe Wurzeln treibenden Pflanzen zu besetzen, mit Gräben, Bretteroder Stangenzäunen zu umgeben und bis zum erklärten Erlöschen der Seuche durch einen besonderen Wächter zu überwachen sind (sect; 21, a, h).
Ganz analoge Bestimmungen enthält die deutsche Instruction in Betreff der Tödtung pestkranken und verdächtigen Viehes (sect; 25, AI. 1,2, 4, 5), des Vorgehens mit den Cadavern der gefallenen oder krank getödteten Thiere und des Ver-scharrens derselhen (sect;sect; 26, 27, 28, 29).
c) Das Fleisch von Rindern, welche wegen des Verdachtes der Rinderpest getödtet und nach der Schlachtung von dem Thier-arzte gesund befunden worden sind, darf nach dem österreichischen Gesetze unter angemesseneu Vorsichten entweder im Seuchenorte selbst verbraucht oder in grössere Verbrauchsorte behufs Verwerthung verführt werden.
Durch die Gestattung der Schlachtung solchen verdächtigen Viehes darf jedoch die schnelle Beseitigung desselben keine Verzögerung erleiden. Stellt sich eine Verwerthung des Fleisches solcher Rinder in einer oder der anderen Richtung als unzulässig oder unvortheilhaft heraus, so sind solche Thiere zu tödten und ohne Hinwegnahme der Haut oder irgend eines anderen Theiles wie die Cadaver pestkranker Thiere unschädlich zu beseitigen.
Im Falle der zulässig erkannten Verwerthung des Fleisches ist die Schlachtung solcher gesund erseheinend er, einer stattgefundenen Ansteckung verdächtiger Rinder entweder in einem öffentlichen Schlachthause oder in einer hiezu ausgemittelten geeigneten, leicht zu überwachenden Localität unter thierärztlichcr Aufsicht vorzunehmen. Nur das Fleisch von Thieren, bei welchen sich nach der Schlachtung auch nicht die geringsten Merkmale der Rinder-
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pest vorgefunden haben, darf, nachdem es vollkommen erkaltet ist, im Schlachtorte verwerthet oder in grössere Verbrauchsorte behufs Verwerthuug versendet werden. Aussei- dem Fleische und den des-inficirten Häuten dürfen andere Theile solcher Rinder nicht verwerthet werden und sind unschädlich zu beseitigen.
Die Bewilligung zur Versendung des durch die Schlachtung gewonnenen Fleisches gesund befundener Rinder in grössere Verbrauchsorte behufs der Verwerthung darf nur dann von der politischen Bezirksbehörde ertheilt werden, wenn eine Möglichkeit des Verkaufes desselben im Seuehenorte nicht besteht, wenn die Localbehörde des in Aussicht genommenen Verbrauchsortes die Zustimmung zur Versendung dahin ertheilt und wenn die Entfernung des Schlachtortes von dem Verbrauchsorte bei Transport auf dem Landwea-e nicht mehr als 30 km und bis zum Erreichen einer Eisenbahnstation nicht mehr als höchstens 15 km beträgt. Auf weitere Entfernungen als 30 km darf die Versendung nur mittelst Eisenbahnen oder auf dem Wasserwege erfolgen. Während des Transportes auf Fuhrwerken, der nur mittelst Pferden, mit thun-lichster Vermeidung von Ortschaften und Weiden und direct stattfinden darf, müssen die Fleischsendungen eingehüllt sein. Eisenbahnwaggons, wenn sie nicht für den Fleischtransport besonders eingerichtet sind, müssen plombirt werden; auch der Transport zu Wasser muss direct und ohne anzuhalten geschehen. Die Localbehörde des Einfuhrortes ist von dem Abgange des Fleischtransportes, welchem ein polizeilicher Begleiter beizugeben ist, von der wahrscheinlichen Zeit der Ankunft der Sendung, sowie von der Anzahl der Thiere, deren Fleisch verschickt wird, unverweilt in Kenntniss zu setzen. Die Localbehörde des Verbrauchsortes hat die in sanitäts- und veterinärpolizeilicher Hinsicht für nothwendig erachteten Vorkehrungen zu treffen. Der Erlös aus diesem Fleische hat im Falle, als für die getödteten verdächtigen Thiere ein Ersatz aus dem Staatsschatze geleistet wird, diesem, sonst aber dem Eigenthümer der geschlachteten Thiere zuzufallen (sect; 21, c).
Da die Durchführungsverordnung mit voller Berechtigung vorschreiht, dass zu erwägen sei, ob eine Schlachtung verdächtigen Viehes mit Rücksicht auf den Fleischbedarf des Seuchenortes und auf die Möglichkeit der Verwerthung des Fleisches daselbst zulässig sei, und ob bei der Versendung des Fleisches in grössere Verbrauchsorte schliesslich ein nennenswerther baarer Ueberschuss aus dem bei dem Verkaufe voraussichtlich zu erzielenden Erlöse über die Kosten der Schlachtung und Aufarbeitung der Thiere, der Verladung und des Transportes des Fleisches bis an den Bestimmungsort, dann der Desinfection der Schlachtlocalitäten, der Transport- und Verpackungsmittel erwartet werden kann, und überdies vorauszusetzen
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ist, dass unter ileraquo; für die ScMacIitaag bestimmten anscheinend gesunden Kindern wahrselieinlich auch solche Thiere sich befinden werden, die nach der Tödtung als krank befunden und deshalb zu beseitigen sein werden, so wird die Ver-werthung des Fleisches verdächtig befundener Kinder nur als Ausnahme, dagegen die unschädliche Beseitigung sogenannter verdächtiger Thiere als Kegel sich herausstellen.
d)nbsp; Die Häute der, wegen Verdachtes der Rinderpest getödteten und nach der Sclilaclitung gesund befundenen Rinder dürfen, wenn sie unverzüglich durch Einlegen in Kalklauge desinficirt worden sind, zum Zwecke der sogleichen Verarbeitung in Gerbereien unter Aufsicht verführt werden. Sie dürfen jedoch nur dann abgenommen und desinficirt werden, wenn die Schlachtung der Thiere behufs Verwerthung des Fleisches gestattet wird, sonst sind sie mit den Cadavern unschädlich zai beseitigen. Die Desinfection solcher Häute hat durch Einlegen in Actzkalklauge (1 : 60 bis 80 Theilen Wasser) während 24 Stunden zu geschehen. Hierauf sind sie entweder zu trocknen und bis zur Beendigung der Seuche zu verwahren, oder einem Gerber in dem Seuchenorte zur sogleichen Einlegung in die Lohe zu übergeben, oder auswärtigen Gerbereien mittelst Pferdegespannen in geschlossenen Wagen oder eingehüllt in eine mit Kalklauge oder Carbolsäurelösung getränkte Decke unter polizeilicher Begleitung zur unverweilten Verarbeitung zuzuführen. Von dem Eintreffen eines solchen Transportes ist die Localbehörde des Einfuhrortes behufs Ueberwachung der schleunigen Verarbeitung zu verständigen (sect; 21, d).
Die deutsche Instruction gestattet die Verwerthung des Fleisches und der Häute verdächtiger, bei der Untersuchung im lebenden und geschlachteten Zustande gesund befundener Thiere nur in grösseren Städten und auf den unter regelmässiger veterinärpolizeilicher Controle sti-henden Schlachtvichhöfen Das Schlachten der betreffenden Thiere muss in solchen Fällen unter veterinärpolizeilicher Aufsicht in geeigneten Käumen stattfinden, auch dürfen das Fleisch und die inneren Theile erst nach dem Erkalten abgefahren und die Häute nur dann ausgeführt werden, wenn sie entweder vollkommen getrocknet sind, oder drei Tage in Kalkmilch (1:60) gelegen haben (sect; 25, AI. 6). In allen anderen Fällen sind die getödteten verdächtigen Thiere gleich den umgestandenen und als krank getödteten zu verscharren (sect; 26).
e)nbsp; Befinden sich in verseuchten Rinderstallungen, aus welchen sämmtliche Rinder zum Zwecke der Seuchentilgung getödtet wurden, Schafe oder Ziegen ingeringorAazal.il, so sind diese nach den in Oesterreich geltenden Bestimmungen zu tödten; das weitere Verfahren mit derlei getödteten Thieren hängt wie bei den Rindern von dem thierärztlichen Befunde vor und nach der Tödtuno- ab.
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Grosse Schafheerden, welche in besonderen, aber mit den verseuchten Rinderstallungen in Verbindung stehenden Ställen untergebracht sind, dürfen parcellirt werden und sind hierauf durch 21 Tage abzusperren und zu beobachten. Kommt auch nur bei einem Thiere einer Parcelle die Pest zum Ausbruche, so sind sämmt-liche Thiere dieser Abtheilung zu tödten. Mit den getödteten Thieren ist analog wie bei Rindern vorzugehen (sect; 21, e).
In Betreff der Pest bei Schafen und Ziegen finden jene Massregeln sinngemässe Anwendung, welche rücksichtlich der Rinderpest vorgeschrieben sind (sect; 34).
Die deutsche Instruction spricht sich dahin aus, dass alles au der Kinderpest erkrankte oder derselben verdächtige Vieh (mithin auch Schafe und Ziegen) sofort zu tödten sei, und bemerkt weiter, dass in jedem Falle nach den besonderen Umständen zu ermessen sei, unter welchen Voraussetzung3n andere Wiederkäuer (als Rinder) als verdächtig anzusehen seien (sect; 25, AI. 1 und 3).
f)nbsp; nbsp;Wirrt' die Rinderpest in einer Heerde auf dem Marsche, auf dem Schiffs- oder Eisenbahntransporte constatirt, so sind alle Thiere dieser Heerde, die kranken sowohl als die gesunden, so schleunig als möglich zu tödten. Bezüglich des weiteren Verfahrens mit den getödteten Thieren gelten die früher (unter h und c) angeführten Bestimmungen (sect; 33) des österreichischen Gesetzes.
Die deutsche Instruction bestimmt, dass die bei dem Ausbruche der Rinderpest unter Thieren, welche sich auf dem Transporte oder Marsche befinden, zu ergreifenden Vorkehrungen nach Lage der besonderen Verhältnisse zu treffen sind (sect; 36, AI. 3).
g)nbsp; Wird die Rinderpest auf einem Schlachtviehmarkte oder in einem öffentlichen Schlachthause festgestellt, so ist, falls nicht daselbst ausreichende bleibende Vorkehrungen gegen die Verschleppung von Ansteekungsstoffen und deren Uebertragung auf andere Triebe getroffen sind, der Abtrieb der daselbst befindlichen Wiederkäuer einzustellen, die Tödtung derselben zu verfügen und diese in kürzester Zeit unter thierärztlicher Beaufsichtigung durchführen zu lassen (sect; 33 des österreichischen Gesetzes).
Einen ähnlichen Vorgang schreibt die deutsche Instruction vor; sie gestattet jedoch in keinem Falle den Abtrieb von Wiederkäuern und erstreckt das Verbot eines solchen auch auf Schweine; sie verordnet weiters, dass die Schlachtung, welcher auch die Schweine zu unterziehen sind, innerhalb längstens dreier Tage unter thierärztlicher Leitung und Aufsicht zu geschehen habe. Das Abschlachten der noch nicht erkrankten Thiere zum Zwecke der Verwerthung wird nur in dem Falle gestattet, wenn die Krankheit noch keine solche Verbreitung erlangt hat, dass die sofortige Tödtung und Vernichtung des gesammton Bestandes an Wiederkäuern nothwendig ist (sect; 36, AI. 2).
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4. Desinfection. Dieselbe muss unter sachverständiger Leitung durchgeführt werden. Bei der Vornahme der Desinfectionsarbeiten, welche sobald als möglich in Angriff genommen und möglichst rasch durchgeführt werden müssen, dürfen mir Personen aus dem betreffenden Hofe oder aus anderen verseuchten Gehöften, oder solche Leute verwendet werden, welche kein Vieh besitzen. Ihr Verkehr mit den übrigen Ortsbewohnern ist während der Dauer dieser Arbeiten hintanzuhalten (sect; 21, i und l österreichisches Gesetz und sect;sect; 39 und 41 deutsche Instruction).
Das österreichische Gesetz und die Vollzugsvorschrift verordnen in dieser Beziehung Folgendes:
Orte, an welchen rinderpestkranke Thiere sich aufgehalten haben, ebenso die mit solchen Thieren in Berührung gewesenen Gegenstände und die von ihnen stammenden Abfälle sind ohne Verzug vorschriftsmässig zu reinigen und zu desinficiren. Können derlei Gegenstände nicht desinficirt werden, oder sind sie werthlos, so sind sie zu vernichten.
Der Desinfection unterliegen:
o) Die verseuchten Stallungen und deren gesammte innere Einrichtung. Diese Desinfection soll, wenn thunlich, unverweilt nach der Beseitigung des Viehstandes eingeleitet werden. Im Falle dies nicht thunlich wäre, ist der im Stalle vorhandene Dünger vorläufig mit einer Desinfectionsflüssigkeit fKalkmilch, Chlorkalkmilch, Eisenvitriol- oder Carbolsäurelösung) zu übergiessen. Der Stall, in welchem alle Stallgeräthe und Alles, was bei den Thieren in Verwendung war, zu belassen oder dahin wieder zu verbringen ist, ist nach Verschluss aller Oeffnungen mit Chlor stark zu räuchern und hierauf die Stallthüre bis zur erfolgenden eigentlichen Desinfection zu ver-schliessen und amtlich zu versiegeln.
Die Reinigung und Desinfection des Stalles hat mit dem Hinausschaffen des Düngers, der Futterreste und der Streu aus demselben zu beginnen. Diese Stoffe sind zu verbrennen oder an Orten, zu welchen innerhalb der nächsten drei Monate Vieh nicht hinkommen darf, tief zu vergraben.
Die Desinfection der Ställe ist auf die im Allgemeinen vorgeschriebene Weise (S. 69) auf das eingehendste vorzunehmen und auch auf die zu den Ställen führenden Gänge auszudehnen.
In anologer Weise sind auch disect; Localitäten, in welchen die Schlachtung verdächtiger Rinder vorgenommen wurde, zu reinigen und zu desinficiren (sect; 21, i, 1).
Analoge Vorschriften enthält die deutsche Instruction (sect; 30 und 40).
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b)nbsp; Der Dünger auf den Dungstätten. Derselbe ist, wenn er in geringer Menge vorhanden ist, wie der Stalldünger zu behandeln. Ist er in grösserer Menge angesammelt, so muss jener Theil, welcher innerhalb drei Wochen vor der Constatirung der Seuche in dem Gehöfte auf die Dungstätte gebracht worden ist, vergraben oder verbrannt werden; ein Gleiches hat in dem Falle, wenn eine Unterscheidung der Düngerschichten verschiedenen Alters unmöglich ist, und mit ienem Dünger zu geschehen, welcher nach dem Ausbruche der Kinderpest mit der Stalljauche vermischt worden ist. Der übrige Dünger kann desinficirt werden und ist dann möglichst bald mit Pferden auszuführen und unterzupflügen. So lange letzteres nicht geschehen ist und vier Wochen nachher darf ein solches Feld von Rindvieh nicht betreten werden.
Bei dem Transporte von Dünger ist wie bei der Ausfuhr von Cadavern (S. 145) vorzugehen. Die Plätze, auf welchen derselbe verscharrt wurde, sind wie die Aasplätze zu versichern und zu bewachen.
Die in Jauchegruben angesammelte Jauche ist mittelst Kalk oder Chlorkalk oder Schwofelsäure zu desinficiren und in hinreichend tiefe Gruben zu verbringen.
Boden und Wände der Dünger- und Jauchcgruben sind analog wie die Fussböden der Seuchenställe zu desiniieiren (sect; 21 (, 2 des österreichischen Gesetzes).
Die deutsche Instruction schreibt ähnliche Massregeln vor, sie lässt jedoch nur zu, dass jener Dünger, welcher während des Auftretens der Seuche oder innerhalb 10 Tagen vor Constatirung derselben auf die Dungstätte gebracht worden ist, gleich dem Stalldünger behandelt werde (sect; 44).
c)nbsp; Rauhfutter und Streumaterialien, welche nach Art ihrer Lagerung der Aufnahme des Ansteckungsstoffes verdächtig erscheinen. In geringerer Menge vorhanden, sind solche Stoffe zu verbrennen oder wie der Dünger zu vergraben; von grösseren Vorräthen derselben sind jene Schichten, welche eines stattgefundenen Eindringens des Ansteckungsstoffes verdächtig sind, von den übrigen Partien auszuscheiden, zu verbrennen oder zu vergraben. Der Rest darf erst nach erfolgter längerer Durchlüftung verfüttert werden (sect; 22 i, 3 des österreichischen Gesetzes).
Die deutsche Instruction verordnet, dass alles Eauhfutter, welches nach der Art seiner Lagerung der Aufnahme von Ansteckungsstoff verdächtig erscheint, sogleich bei beginnender Desinfection durch Verbrennen zu vernichten sei (sect; 43).
d)nbsp; Die bei der Wartung, Tödtung und Schlachtung kranker und verdächtiger Thiere benützten Geräthe und Gegenstände, sowie
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152nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rinderpest. Desinfection.
die Transportmittel, mittelst welcher gefallene oder getödtete Thiere, deren Fleisch und Häute, dann Dünger, Streu, Rauhfutter u. s. w. weggeschafft wurden. Dieselben sind nach den österreichischen Vorschriften mit siedendem Wasser oder Lauge sorgfältig zu waschen, dann mit einer Desinfectionsflüssigkeit zu überstreichen und durch längere Zeit der Luft auszusetzen. Stark abgenützte oder sonst werthlose hölzerne Geräthe sind zu verbrennen, eiserne aber auszuglühen (sect; 21 i, 4).
e)nbsp; Die zum Ausfuhren von Cadavern, Dünger und anderen infectiösen Stoffen benützten Zugthiere. Dieselben sind nach ihrer Verwendung sorgfältig zu waschen und zu bürsten, wobei die Hufe auf das genaueste zu reinigen sind (sect; 21 i, 5).
f)nbsp; Die von pestkranken Thieren begangenen Weiden. Diese sind von den Excrementen, die wie der Dünger aus Setichenstallungen zu behandeln sind, sorgfältig zu säubern und dürfen erst nach erklärter Beendigung der Seuche und erhaltener Erlaubniss der politischen Bezirksbeliörde wieder von Vieh betreten werden (sect; 21 i, 6).
g)nbsp; Ebenso sind die Kleidungsstücke der mit kranken oder todten Thieren imd bei dem Desinfectionsvcrfahren beschäftigt gewesenen Personen, zu welchen auch die bei der Schlachtung verdächtiger Thiore verwendeten Fleischer zu rechnen sind, insofern sie waschbar sind, in heisser Lauge durch 12 bis 24 Stunden stehen zu lassen, dann mit Seife ausgiebig zu waschen und an der Luft zu trocknen; wenn sie nicht waschbar sind, der Einwirkung trockener Hitze oder von Chlor- oder schwefligsauren Dämpfen durch 24 Stunden auszusetzen und dann entsprechend zu lüften; Schuhwerk und Lederzeug muss sorgfältig gereinigt, gewaschen, hierauf eingefettet und gut durchlüftet werden. Sind solche Kleidungsstücke werthlos, so sind sie zu verbrennen (sect;21 amp;). Die Personen selbst haben sich einer gründlichen Reinigung ihres Körpers zu unterziehen (sect; 21 h, h des österreichischen Gesetzes).
Analoge Bestimmungen enthält die deutsche Instruction (sect; 42).
5. Erlöschen der Rinderpest. Die Rinderpest darf in einem verseuchten Hofe eines Seuchenortes als erloschen erklärt, beziehungsweise die Sperre eines solchen Hofes aufgehoben werden, wenn in demselben alle Wiederkäuer gefallen oder getödtet und die Desinfectionsmassregeln daselbst vorschriftsmässig durchgeführt worden sind.
Die Seuche ist in einer Ortschaft als erloschen zu erklären, wenn während 20 Tagen nach dem letzten Todesfalle an der
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Rinderpest. Erlöschen iier Seurhlaquo;?.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;153
Rinderpest oder nach der letzten Tödtun^; wegen Erkrankung an der Rinderpest oder wegen Verdachtes dieser Krankheit kein neuer derartiger Erkrankungsfall vorgekommen, der gesammte Stand an Rindern, Schafen und Ziegen der Ortschaft bei der vorgenommenen Schlussrevision gesund befunden und die Desinfection vorsehriftsgemäss vollzogen worden ist. In einem solchen Falle sind die für den Seuchenort, eventuell die für den Seuchenbezirk angeordneten Sperrmassregeln entweder vollständig oder nach Umständen theilweise aufzuheben und das Erlöschen der Seuche bekannt zu geben.
Der politischen Bezirksbehörde bleibt vorbehalten, selbst nach vollständiger Desinfection eines Gehöftes oder Ortes und nach Beseitigung der Sperre die Wiederbesetzung der verseucht gewesenen Ställe noch für eine angemessene Zeit zu verbieten.
Weideplätze, welche von pestkrankem oder verdächtigem Vieh benützt worden sind, dürfen erst nach einer weiteren, von der Behörde zu bestimmenden Frist wieder benützt werden (sect; 32 des österreichischen Gesetzes).
Nach der deutschen Instruction hat die Seuche in einem Gehöfte odtr Orte für erloschen zu gelten, wenn entweder alles Rindvieh gefallen oder getödtet ist oder seit dem letzten Krankheits- oder Todesfalle drei Wochen verstrichen sind, und wenn die Desinfection nach Massgabe der Bestimmungen stattgefunden hat (sect; 37).
Selbst nach vollständiger Desinfection eines Gehöftes oder Ortes und Beseitigung der Sperre darf ein neuer An- oder Verkauf von Vieh erst nach einer von der Behörde zu bestimmenden Frist erfolgen, welche nicht unter drei Wochen, von dem Zeitpunkte gerechnet, an welchem der Ort für seuchefrei erklärt wurde, betragen darf. Weideplätze, welche von pestkrankem oder verdächtigem Vieh benützt worden sind, dürfen nicht vor Ablauf von mindestens zwei Monaten wieder benützt werden. Die Zeit, in welcher Verscharrungsplätze wieder benützt werden dürfen, wird nach Massgabe der localen Verhältnisse in jedem Falle von der höheren Behörde bestimmt (sect; 45).
Die Abhaltung von Viehmärkten ist nicht vor Ablauf von drei Wochen, nachdem der letzte Ort im Seuchenbezirke für seuchefrei erklärt ist, zu gestatten.
Für Residenz- und Handelsstädte können in Betreff des An- und Verkaufes von Vieh und der Abhaltung der Viehmärkte abweichende Anordnungen getroffen werden (sect; 46).
III. Sonstige Bestimmungen. 1. Ersatz für polizeilich getödtete Thiere und vernichtete Gegenstände. Das österreichische Rinderpestgesetz enthält in dieser Hinsicht folgende Bestimmungen:
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Rinderpest. Eatscliädigung und Bestreitung der Kosten.
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Die Eigentlli^me^#9632; der über Anordnung der Seuchencommission der Keule unterzogenen Rinder, Schafe und Ziegen erhalten für solche Thiere den gemeinen Schätzungswerth, welcher nach den allgemeinen Bestimmungen (S. 63) ohne Rücksicht auf die vorhandene Krankheit festzustellen ist, als Entschädigung.
Für Gegenstände, mit Ausnahme des Düngers, welche behufs der Durchführung der Desinfection über Anordnung der Seuchen-commission vertilgt wurden, gebührt dem Eigenthümer der in ähnlicher Weise wie bei Thieren zu ermittelnde Schätzungswerth als Entschädigung.
Das Recht auf Entschädigung geht verloren, wenn dem Eigenthümer der Thiere ein Verschulden an der Einschleppung der Rinderpest zur Last fällt, wenn er die unverzügliche Anzeige über die Erkrankung seiner Thiere unterlassen hat, wenn unter dem aus dem Auslande oder aus einem Seuchenbezirke eingebrachten Viehe oder in dem Viehstande eines Gehöftes, in welches solches Vieh eingestellt wurde, innerhalb 10 Tagen nach der Einbringung die Rinderpest ausbricht, oder wenn Rinder, welche, wenngleich mit behördlicher Bewilligung, in einen Seuchenbezirk eingebracht worden sind, vor der Auflassung des Seuchenbezirkes über Anordnung der Seuchencommission gekeult werden müssen.
Der Erlös für die aus der Schlachtung verdächtiger und gesund befundener Thiere gewonnenen thierisehen Rohproducte fällt dem Staate anheim, wenn dem Eigenthümer eine Entschädigung für die getödteten Thiere gebührt; in allen übrigen Fällen geschieht die zulässige Verwertlmng auf Gefahr und Rechnung des Eigenthümers und entfällt hiefür jeder Ersatzanspruch an den Staat (sect; 35).
Nach dem für das Deutsche Reich geltenden Rinderpestgesetze wird für die auf Anordnung der Behörde getödteten Thiere, vernichteten Sachen und enteigneten Plätze, sowie für die nach rechtzeitig erfolgter Anzeige des Besitzers gefallenen Thiere der durch unparteiische Taxatoren festzustellende gemeine Werth aus der Bundescassa vergütet. Die Entschädigung wird jedoch nicht gewährt für solches Vieh, welches innerhalb zehn Tagen nach erfolgter Einfuhr oder nach Eintrieb über die Bundesgrenze an der Seuche fällt (sect; 3).
2. Kosten. In Betreff der Bestreitung der durch Vorkehrungen gegen die Rinderpest erwachsenden Kosten enthalten der sect; 37 des österreichischen, der sect; 3 des deutschen Rinderpestgesetzes und die auf Grund eines Bundesraths-Beschlusses erflossenen Detail-bestimmungen der deutschen Einzelstaaten, in Betreff der Strafen bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des Gesetzes die sect;sect; 38 und 39 des österreichischen Rinderpestgesetzes die näheren Bestimmungen.
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Rinderpest. Fremde Qeselzgebuug. Pocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 155
Das Schweizer Bundesgesetz vom 8. Hornnng 1872 ordnet gleichfalls unverzügliche Tödtung aller pestkranken und verdächtigen Thiere und aller Wiederkäuer, welche mit solchen in Berührung gekommen sind, an. Die Bundescasse ersetzt den Cantonen ihre diesfälligen Auslagen zur Hälfte, und zwar sind von den Cantonen gesunde Thiere nach ihrem vollen Werthe, der Schade für die durch hehördliche Anordnung beseitigten kranken Thiere, Futterstoffe, Stroh, Dünger, Geräthschaften und die Kosten der Desinfection der Stallungen mit drei Vierteln zu vergüten. Den Cantonen bleibt es überlassen, ai;ch den vollen Betrag zu vergüten.
Nach dem grossbritannischen Thierseucbengesetze vom 16. August 1878 soll der Geheime Eath alle pestkranken und alle mit einem pestkranken Thiere gemeinschaftlich untergebracht gewesenen oder mit einem solchen in Berührung stehenden oder gestandenen Thiere tödten lassen. Er kann aber, wenn er es geeignet findet, alle der Pest verdächtigen oder in einem von der Einderpest heimgesuchten Platze befindlichen, und alle in einer von der Einderpest verseuchten Gegend, welche nicht dem Seuchenorte selbst angehört, vorhandenen Thiere tödten lassen. Als Entschädigung wird bezahlt: für pestkranke Thiere die Hälfte des Werthes, welchen sie unmittelbar vor der Erkrankung hatten, in keinem Falle aber mehr als 20 Pfund per Stück, und in jedem anderen Falle der Werft, welchen das Thier unmittelbar vor der Schlachtung hat, in keinem Falle aber mehr als 40 Pfund.
Nach dem französischen Gesetze vom Jahre 1866 werden für die aus Anlass der Einderpest über behördliche Anordnung getödteten, und zwar für die evident kranken sowohl als für die blos verdächtigen Thiere dreiviertel ihres drrch Schätzung festzustellenden gemeinen Werthes entschädigt.
Die auf Grund des belgischen Gesetzes vom 7. Februar 1866 erflossene kön. Entschliessung vom 24. Februar 1877 verordnet die Tödtungder pestkranken und verdächtigen Binder und Schafe und gesteht eine Entschädigung von zwei Dritteln des Schätzungswerthes der getödteten Thiere zu.
Nach dem dänischen Gesetze vom 29. December 1857 ist bei constatirter Einderpest die Behörde ermächtigt, die Tödtung aller kranken Thiere. insolange anzuordnen, bis der Minister des Innern es geeignet findet, diese Jlassregel einzustellen, wenn nämlich die Hoffnung geschwunden ist, auf diese Weise der Verbreitung der Seuche Schranken zu setzen. Ebenso kann durch den Minister des Innern die Tödtung der in den verseuchten Höfen befindlichen Thiere angeordnet werden. Vor der Tödtung ist die Schätzung, nach derselben die Section der Thiere vorzunehmen; für die bei der letzteren als pestkrank befundenen Thiere werden zwei Drittel des Schätzungswerthes, für jene, bei welchen sich keine Erscheinungen der Einderpest vorfinden, der volle Schätzungswerth als Entschädigung bezahlt.
Pocken, Blattern, Variola.
Syn. Vaviole franz.; Smallpox engl; Vajuolo ital.
Unter Blattern oder Pocken versteht man eine acute Infections-kranklieit, bei welcher unter Fiebererscheinungen auf der allgemeinen Decke, bisweilen auch in anderen Geweben, eine Eruption von Knötchen, Bläschen und Pusteln auftritt, welche einen typischen Verlauf hat und contagiös ist.
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Pocken. Arten derselben, Verlauf.
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Die Krankheit koimut bei allen Hausthiergattungen vor, zeigt jedoch nach der Verschiedenheit derselben gewisse Differenzen in Rücksicht der Ausbreitung des Processes und der Intensität des ilm begleitenden Fiebers.
Bollinger („Ueber Menschen- und Thierpocken u. s. w.quot; in Volkinann's „Sammhing klinischer Vorträgequot;, Nr. 116) spricht die begründete Ansicht aus, dass es nur zwei wohlcharakterisirte und selbstständige Hauptarten von Pocken gebe: nämlich Menschen-und Schafpocken. Bei beiden Hesse sich der Ursprung, und zwar bei den ersteren von pockenkranken Menschen, bei den letzteren von pockenkranken Schafen nachweisen; beide stellen gleichsam wohl charakterisirte Krankheitsarten dar, die vielleicht mit einander verwandt, sogar homolog, aber durchaus nicht identisch seien. Alle übrigen Pockenformen der Hausthiere dagegen stellen nach ihm keine selbstständige Krankheit dar, sondern seien als verirrte Pocken zu betrachten, die in letzter Linie von einer der primären Formen — Menschen- oder Schafpocken — abstammen, jedoch auch wechselseitig von einander ihren Ursprung nehmen können. Diese seeun-dären Pocken kommen selten vor und treten nicht epizootisch auf; sie stellen sich vielmehr vereinzelt oder höchstens in Form von Heerde- oder Stall-Epizootien ein. Die wechselseitige Ucbertragbar-keit der verschiedenen Pockenformen, sowie die wechselseitige Stellvertretung der Menschen- und Thierpocken, welche es bewirkt, dass das mit fremdem Pockengift geimpfte Individuum sowohl für die eigenen, wie für die Pocken der übrigen Thiere sich, wenigstens für einige Zeit, unempfindlich zeigt, weisen darauf hin, dass ein gleichartiges Virus vorliegt und dass die bei den verschiedenen Thicrgattungcn vorkommenden Pocken dem nämlichen Boden entsprossen und unter einander verwandt sind.
Das Contagium der Pocken muss, den vorliegenden Erfahrungen nach, den entogenen beigezählt werden.
In dem Verlaufe der Pocken unterscheidet man folgende Stadien: Das Incubationsstadium beginnt mit dem Momente der erfolgten Infection und dauert im Durchschnitte bis zu einer Woche. Der hierauf folgende Zeitraum der Vorläufer ist besonders bei der Schaf-pocke durch den Eintritt eines mehr oder weniger heftigen Fiebers und katarrhalischer Erscheinungen, welchen bisweilen ein Erythem verschiedener Hautstellen nachfolgt, charakterisirt; dem Ausbruche der Kuhpocke geht selten auffallendes Fieber vorher. Im Zeiträume des Ausbruches bilden sich in mehrfachen Nachschüben entweder wie bei der Kuhpocke an bestimmten, oder wie bei der Schafpocke an
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Pocken. Vorlauf, Anatomie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 157
verschiedenen Stellen der allgemeinen Decke, und zwar meist um die Mündung der Hautfollikel kleine, stecknadelkopf- und darüber grosse, derbe rothe Knötchen, welcbe bei nicht pigmentirter Haut mit einem rotheu Hofe umgeben sind, in den nächsten Tagen zuerst an der Spitze blässer werden und sich in grösstentheils blänlicliweiss gefärbte Bläschen von fächerigem Bau umwandeln, welche in der Mitte häutig eine Vertiefung — Nabel oder primäre Delle (umbo) genannt — zeigen. Mit dem Ausbruche der Knötchen lassen in der Regel die Fiebererscheinungen, wenn sie früher vorhanden waren, bedeutend nach. Im Stadium der Höhe beginnt der Inhalt der Bläschen sich zu trüben und wird eiterig; die Bläschen werden zu abgerundeten vollen Pusteln, der fächerige Bau geht zu Grunde, die Delle verschwindet, während zugleich die Höhe des Fiebers #9632;— Eiterungsfieber — steigt, das erst im Zeiträume der Abtrocknuug wieder nachlässt und endlich völlig verschwindet. In diesem letzten Stadium trocknen die Pusteln in jener Eeihenfolge, in welcher sie aufgetreten sind, von der Spitze aus beginnend, manchmal unter Bildung einer secundären Delle, zu braunen Borken ein, welche sich schliesslich ablösen und je nach der Tiefe, in welche der Process gegriffen, entweder seichte, weisse, glänzende Narben oder vertiefte, braunrothe, durch längere Zeit bestehende Flecken zurücklässt.
Die von diesem Typus bei den verschiedenen Hausthier-gattungen vorkommenden Abweichungen, sowie das Vorkommen gleichartiger Eruptionen auf den Schleimhäuten werden später hervorgehoben werden.
Die Anatomie der Pocken ist in neuester Zeit eingehend von Auspitz und Basch, W. Ebstein, Kindfleiscli, Klebs, Weigert n. A. studirt worden. Im Allgemeinen lässt sich Folgendes laquo;angeben. Der Process beginnt mit einer Entzündung der Papillen begrenzter Hautbezirke, welche zu einer serösen Durchtränkung, trüben Schwellung und Wucherung der Malpiglii'schen Zellen und hie-durch zur Entwicklung von Knötchen führt. Nach Weigert ist diese Veriinderung der Zellen des Schleimnetzes von der Berührung mit den, ans der Lederhaut in die Epidermis vorgedrungenen Spaltpilzen, dem Blatterncontaginm, abhängig. Durch das aus den Papillen im Centrum der Pocke austretende seröse Exsudat werden die obersten verhornten Epidermislagen hervorgewölbt, während in der Peripherie die Zellenwucherung fortschreitet; hiedurch entsteht ein mit durchschimmerndem Inhalt erfüllteraquo; Bläschen. In dem Bläscheninhalt werden Exsudatzellen, Epidermis-reste und kleine glänzende Körnchen, welchen die Bedeutung specifischer Mikro-coccen beigelegt wird, angetroffen. Die Bildung der Maschenräume der Bläschen wird bald durch das Auseinanderdrängen und Zusammenpressen der Zellenlagen des Malpighi'schen Netzes durch das flüssige Exsudat, bald durch eine eiterige Schmelzung zahlreicher solcher Zellenlagen bei gleichzeitiger Compression anderer
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Scbafpocke. Historisches,
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zu erklären gesueht. Die Entstellung der bei Pocken häufig vorkommenden Delle erklären Auspitz und Basch in der Art, dass die Epidermis an den Rändern der Pocke durch einen Wall peripherisch angehäufter Zellen gestützt werde, während die Mitte wegen der nur langsam sich vermehrenden Flüssigkeit und des etwas einsinkenden Papillarkörpers sich zur Delle vertiefe. Hebra und Kindfleisch sind dagegen der Ansicht, dass die Delle durch die Hornschichte einer die Pocke durchsetzenden Schweissdrüsen- oder Follikelmündung veranlasst werde.
Durch Ansammlung von Eiterzellen im Innern der Bläschen verändern sich diese in Pusteln; der Inhalt trübt sich, die Wände der Maschenräume gehen theils durch eiterige Schmelzung, theils in Folge der zunehmenden Eitermenge zu Grunde, die (primäre) Delle verschwindet, kann sich aber nach theilweiser Resorption oder Vertrocknung des Inhaltes als seeundäre oder Vertrocknungs-Delle wieder einstellen.
Unter Verminderung der Hyperämie der Papillen und der Exsudation entwickelt sich von den Wandungen und der Basis des Eiterherdos her eine Lage von Hornzellen, die sich an die Decke der Pustel anschliesst und den Eiterherd abkapselt. Aus dem vertrockneten Inhalte der Pustel und deren Decke bildet sich eine Kruste, nach deren allmäligem Losbröckeln entweder nur ein vertiefter, pigmen-tirter Fleck zurückbleibt, falls der Process auf das Malpighi'sche Netz beschränkt war, oder eine mehr oder weniger tiefe Narbe zum Vorschein kommt, wenn in Folge der tiefergreifenden speeifischen Entzündung ein Theil der Papillen der Efflorescenz eiterig oder nekrotisch zerfallen ist.
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Schafpocke, Variola ovina.
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Syn. Schafblattern, Sehafpockenseuehe; Clavelee/m?j3.; Seabrot engl.j Vajuolo pecorino ital.
Nach den Angaben Fleming's sollen die Schafpocken in England schon um das Jahr 1quot;275 vorgekommen sein. Die ersten sicheren Nachrichten über diese Krankheit stammen aus dem sechzehnten Jahrlmnderte, wo sie Joubert und Rabelais in der Gegend von Montpellier studirten (1578j; mehr als ein Jahrhundert später (1691) erwähnt ihrer Ramazzini, der sie im Modenesischen, und Stegmann (1698), welcher sie in Deutschland beobachtete. Seit der zweiten Hälfte des achtzahnten und im Anfange des laufenden Jahrhunderts hat die Krankheit mit der Zuiahme der Schafzucht und mit dem verstärkten Importe spanischer Schafe nach Frankreich und Deutschland eine zunehmende Verbreitung gefunden und richtete, besonders in diesen beiden Ländern, grosse Niederlagen an. Salmuth schätzte (1804), dass in einem Zeiträume von sechs Jahren durchschnittlich der achte Theil des Schafviehes zu Grunde gehe, und Liebbold (1817) berechnete, dass Ungarn im Durchschnitte jährlich mehr als 150.000 Schafe an dieser Krankheit verlor, v. Heintl hielt sich (1823) zu der Annahme berechtigt, dass damals in Oesterreich jährlich 400.000 Schafe in Folge der Pockenkrankheit zu Grunde gingen. Der Verlust an Schafen, welchen Frankreich nur im Jahre 1819 durch die Pocken erlitt, wurde auf mehr als eine Million Stücke veranschlagt. Zur Verbreitung der Krankheit in Deutschland und insbesondere in Oesterreich und zu dem nahezu enzootischen Herrschen derselben in manchen Gegenden hat die Durchführung der seit dem Anfange des neunzehnten Jahrhunderts empfohlenen Schutzimpfung der Schafpocken zweifellos wesentlich beigetragen. Seit der zweiten Hälfte des gegenwärtigen Jahrhunderts sind die Verheerringen dieser
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Schafpocke. Aetiologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 159
Seuche init der Abnahme der Schafzucht überhaupt, und seitdem man von der Schutzimpfung mehr und mehr Umgang zu nehmen gelernt hat, um Vieles geringer geworden. Verschleppungen des Ansteckungsstoffes finden gleichwohl noch bisweilen durch Handelsheerden über grössere Länderstrecken und selbst über das Meer hinüber statt, wie dies mehrere seit 1847 in England stattgefundene Invasionen nachweisen.
Aetiologie. Die Schafpocke entwickelt sicli nur in Folg-e einer vorausgegangenen eontagiösen Infection. Die früher verbreitet gewesene Annahme, die Krankheit könne auch ohne eine solche, blos durch das Zusammenwirken ungünstiger Aussei;Verhältnisse, wie schlechter Nahrung, des Genusses befallener Pflanzen, des Aufenthaltes in unreinen Stallungen mit verdorbener Luft u. dgl., entstellen — eine Annahme, welche bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts herrschend war und auch heutzutage noch hie und da unter dem Landvolke sich geltend macht — entbeLrt jeder Begründung und ist durch Thatsachen vollkommen widerlegt. Die Coutagiosität der Schafpocke wurde zuerst von Bourgelat (1763) ausgesprochen und steht von da an unangefochten fest.
Der Infectionsstoff haftet an dem lymphatischen Inhalte der Pocken, in welchem er am concentrirtesten zugegen ist, an den Pockenkrusten, welche jedoch beiweitem weniger sicher und intensiv infectiös wirken, im Blute, mit welchem erfolgreich geimpft werden kann, an den Se- und Excreten pockenkranker Schafe, und, wie angenommen wird, auch an der Athemluft und der Hautausdünstung. Die, sei es auf die letzte Weise, oder von eingetrockneten Krankheitsproducten aus in Staubform der atmosphärischen Luft mitgetheilten Infectionserreger können erfahrungsgemäss auf eine nicht unbeträchtliche Entfernung hin, die jedoch selbst bei bewegter Luft nicht 200 Meter übersteigen dürfte, verbreitet werden und eine Infection empfänglicher Schafe vermitteln.
Das Pockencontagium kann demnach nach Art eines sogenannten flüchtigen und fixen seine Wirksamkeit entfalten.
Wie bereits früher erwähnt (S. 5), hat Chauveau durch Versuche nachgewiesen, dass der Infectionsstoff der Schaf- (wie der übrigen) Pocken an feste Körperchen und nicht an den flüssigen Antheil der Pockenlymphe gebunden sei. Von zahlreichen anderen Forschern wurden in der Pockenlymphe Mikroorganismen, der Gruppe der Spaltpilze angehörig, aufgefunden und als die eigentlichen Infectionserreger erklärt.
Klein („Centralblatt für die medicinischen Wissenschaftenquot; 1876) fand als charakteristische Formelemente der Schafpockenlymplie kleine, sphäroide, einzeln
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Schafpocke. Aetiologie. Empfänglichkeit.
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oder in Ketten geordnet vorkommende Körperchen von starkem Liclitbrechungs-vermögen, welche vom dritten Tage nacli dem Erscheinen der Pocken an proliferiren und endlich sammt dem in den Pocken enthaltenen Plasma und den Zellen zu einer liilzartigen Masse sich umwandeln.
Nach Chauveau enthält die Schafpockenlymphe eine um Vieles grössere Menge der, von ihm als specifisch virulent nachgewiesenen Körperchen, als ein gleiches Volum und eine gleiche Gewichtsmenge von Kulipockenstoff zeigt,. Während eine Verdünnung mit dem öOfac-.hen Volum Wasser den letzteren für die Impfung mit der Lanzette unzuverlässig macht, bedürfe der erstere ungefähr einer Verdünnung mit dem 1500fachen seines Volums Wasser, um ihm den gleichen Grad von Unzuverlässigkeit zu verleihen. Hienach wäre in der Schafpockenlymphe 30nial mehr dieser infectiösen Körperchen enthalten, als in der gleichen Menge Kuhpockenlymphe.
Hallier und Zürn fanden in der Pockenlymphe, aber auch in den Hautdrüsen und im Blute minimale Pacterien mit selbstständiger Bewegung, welche Letzterer als Mikrococcus variolac bezeichnet. Nach einer früher von Hallier ausgesprochenen Ansicht sollten diese Organismen Mikrococcen der Pleospora herbarnm sein, welche in einem Generationswechsel mit Tiletia Lolii stehen. Mit den auf Lolium perenne, das an Rändern von Wegen, auf Waldwiesen u. dgl. wachse, vor-findlichen Mikrococcen der Pleospora herbarum sollte eine Infection der Weideschafe möglich, und hiedurch ein spontanes Auftreten der Schafpocken erklärt sein.
Die Verschleppung des AnsteckungsstofFes kann auf verschiedene Weise erfolgen; am häufigsten geschieht sie durch das Einbringen pockenkranker oder vor Kurzem durchgeseuchter oder geimpfter Schafe in gesunde Heerden; durch das Begehen von Weiden und Strassen, welche nicht lange vorher von pockenkranken Schafen passirt wurden; durch Vermittlung der Luft; durch Zwischenträger verschiedener Art7 wie durch Felle und Wolle pockenkrank gewesener Schafe; durch aus Seuchenställen stammendes liauhfutter, Dünger und Streu; durch die Kleider des Wartepersonals derart kranker Thiere; durch Geflügel, Hunde, Katzen, welche in verseuchten Ställen sich aufgehalten haben u. s. w.
Die natürliche Ansteckung erfolgt meist durch die Aufnahme der in der Luft suspendirten lufectionserreger mittelst der Inspira-tionsluft, selten durch Uebertragung eines Vehikels des Contagiums auf zarte Haut- oder Schleimhautstellen; eine Infection kann aber auch durch die Einführung des Contagiums unter die Epidermis, also durch Impfung, sowie durch subeutane oder intravenöse Injection veranlasst werden.
Empfänglichkeit. Bezüglich der Empfänglichkeit für das Pockencontagium macht weder Alter, Geschlecht, Ernährungszustand, noch Race der Schafe einen Unterschied. Bei dem Ausbruche der Krankheit in einer Schafheerde bleibt, wenn nicht die Separation der kranken von den gesunden Thieren beizeiten durchgeführt
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Schafpocke. EmpfSnglicbko it.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1C1
wird, gewöhnlich nur eine geringe Zahl, kaum 2 bis 30/u, des Schafstandes verschont.
Die überstandene Krankheit macht die Schafe während ihrer in der Regel kurzen Lebensdauer für eine folgende Infection unempfänglich. Nach den Erfahrungen Rickert's („Magazin für die gesammte Thierheilknndequot;, 39. Jahrgang) gewinnt es den Anschein, dass die gegen das Ende der Trächtigkeit vorgenommene Impfung von Mutterschafen mit Pocken die Disposition der später geborenen Lämmer für diese Krankheit wenigstens für eine längere Zeit tilge.
Kickert impfte nämlich eine Heerde von ungefähr 700 Mutterschafen während der letzten sechs Wochen ihrer Trächtigkeit. Die von diesen Schafen gehorenen Lämmer wurden im Alter von 4 bis 6 Wochen gleichzeitig mit 36 angekauften Lämmern geimpft. Während die letzteren nenn Tage nach der Impfung Pocken in normaler Entwicklung zeigten, stellte sich hei den ersteren nicht eine einzige Impfpocke ein. Derselbe negative Erfolg ergab sich bei der zwei- bis dreimal mit anderer Lymphe wiederholten Impfung. Bei der abermaligen Impfung im dritten Lebensjahre dagegen bekamen sie Pocken, während die mit Erfolg geimpften Lämmer frei blieben.
Aehnliche Erfahrungen machten Ackermann, welcher 60 ungefähr vier Wochen alte Lämmer, die von pockenkranken Müttern geboren waren, durchwegs ohne Erfolg impfte, und Roloff, welcher mittheilt, dass eine grössere Anzahl von Lämmern, die mehrere Wochen nach der Impfung ihrer Mütter mit Pockenlymphe geboren wurden, von den natürlichen Pocken, welche in der Heerde herrschten, verschont blieben.
Das sogenannte flüchtige Contagium der Schafpocken vermag Ziegen anzustecken und bei diesen einen ganz gleichartigen fieberhaften Ausschlag zu veranlassen; ebenso wurde die Ansteckung von Schweinen in Folge des Aufenthaltes in einem Stalle, in welchem pockenkranke Schafe sich befanden, beobachtet. Zündel erwähnt die directe Ansteckung zweier Rinder durch pockenkranke Schafe. Derartige Uebertragungen kommen jedoch selten vor. Impfungen der Schafpocken auf Ziegen, Schweine, Hasen und Kaninehen wurden mit positivem Erfolge vorgenommen; ebenso auf Rinder, bei welchen letzteren nur eine locale Pustelbildung auftreten soll; mir ist es jedoch nicht gelungen, Schafpocken durch die Impfung auf Kühe zu übertragen. Vereinzelte Fälle localer Infection von Menschen durch Schafpocken sind gleichfalls verzeichnet.
Die Impfung von Schafen mit Menschenpocken haftet nach den Angaben Marson's und Simond's nur bei ungefähr 10ft/() der Impflinge und soll bei diesen durch eine solche Impfung die Empfänglichkeit für die Schafpocken nicht aufgehoben gewesen sein.
Itr. 11. Tliierscnclien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 11
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Schafpocke. Tenacität des Coatagiuras. Ersclieimmgen.
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Küchenmeister gelang es dadurch, dass er einem Schafe einen Sack mit einem Hemde, welches ein an natürlichen Pocken 'erkrankter Mensch getragen hatte, eine Stunde lang vorband, bei diesem Schafe eine deutliche Pockeneruption an der Innenfläche der Oberschenkel hei'vorzurufen. Der Kuhpockenstoff—die Vaccine — haftet in der Regel auf Schafen; dabei entstehen häufig auch Pocken an Stellen, an welchen nicht geimpft wurde und die Krankheit erlangt die Fähigkeit, sich durch die Luft weiterzuverbreiten; eine Eigenschaft, welche der Kuhpocke fehlt.
Tenacität des Contagiums. Vor Luftzutritt und anderen zersetzenden Einflüssen geschützt, bewahrt der Infectionsstoff seine ansteckende Eigenschaft durch Monate. Schafe, welche in ungereinigte und verschlossen gehaltene Seuchenställe eingebracht werden, erkranken gewöhnlich an Pocken, selbst wenn der Verschluss monatelang gedauert hat. Durchgeseuchte Schafe, sowie solche, welche die Pockenimpfung überstanden haben, sind im Stande, selbst nach Ablauf eines längeren Zeitraumes, wohl durch die an ihrem Körper haftenden und in die Luft gelangenden staubfönnigen Reste der Pockenkrusten, andere Schafe anzustecken.
Durch freien Zutritt trockener Luft, durch Einwirkung höherer Temperatur, von Alkohol, Chlor, Carbolsäure, durch Fäulniss der Vehikel wird das Contagium zerstört.
Erscheinungen und Verlauf. Nach einer Incubationsperiode, welche bei natürlicher Infection gewöhnlich fünf bis acht, nur selten bis zu zwölf Tagen dauert, stellt sich bei den Schafen Fieber ein, gekennzeichnet durch Temperatursteigerung, Beschleunigung des Pulses und Athmens, bisweilen deutliches Zittern und Schauern, Aufhören der Fresslust und des Wiederkauens, Traurigkeit und Hinfälligkeit der Thiere, von welchen auch manche an der Rücken- und Lendengegend eine grössere Empfindlichkeit gegen einen angebrachten Druck zeigen. Die Bindehaut der Augen ist gewöhnlich stark injicirt, die Thränenabsonderung sowie die Schieimsecretion der Conjunctiva und der Nase vermehrt; bisweilen wird ein süsslich widriger Geruch der ausgeathmeten Luft und der Hautausdünstung wahrnehmbar. Diese Erscheinungen haben an und für sich noch nichts Charakteristisches für die Pockenkrankheit; ihr Auftreten muss aber dann, wenn in der Nähe oder in der Heerde selbst schon die Pocken herrschen, den Verdacht desect; bevorstehenden Ausbruches der Krankheit bei den betreffenden Thieren rege machen. Je intensiver die Fiebererscheinungen sind, desto verbreiteter ist in der Regel der nachfolgende Ausbruch der Pocken.
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Scbafpocke. Erscheinungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 163
Einen oder zwei Tage nach dem Eintritte des Fiebers, selten später, stellt sich der Pockenausschlag mit seinem bereits geschilderten typischen Verlaufe ein. Bei mittlerer Intensität des Processes erheben sich besonders auf den weniger bewollten oder ganz unbewollten Hautstellen, vor Allem am Kopfe, um die Augen, um die Nasenlöcher und Lippen, dann auf der inneren Fläche der Vorder- und Hinterschenkel, auf der Brust, dem Bauche, der wollelosen Schweiffläche rothe Stippchen, die sich bis zum nächsten Tage zu Knötchen ver-grössem, gegen den vierten bis fünften Tag nach der Eruption an der Spitze etwas blässer werden und von einem rotlren, infiltrirten Hofe umgeben sind. Die Haut in der Umgebung der Pocken ist hyperämisch, und an Stellen, an welchen die Pocken besonders dicht stehen, auch namhaft infiltrirt, so dass dann besonders die Augenlider, Nasenlöcher und Lippen verschwollen erscheinen. Seltener findet eineEruption auch an den dichtbewolltenKörperstellen statt. Nach vollendetem Ausbruch der Pocken, der aber meist nicht gleichzeitig erfolgt, so dass gewöhnlich bei einem und demselben Thiere Pocken in verschiedenen Stadien des Verlaufes nebeneinander angetroffen werden, lassen die Fiebererscheinungen aulfallend nach, oder treten sogar vollständig zurück. In manchen Fällen werden selbst bei massiger Eruption auf der Haut vereinzelte Pocken auf der Schleimhaut des Maules und des Rachens augetroffen.
In den nächsten Tagen zeigt sich an manchen der an Grosse zunehmenden Pocken eine deutliche Delle; die Bläschen enthalten nun in ihren Fächern eine zähe, lymphatische, farblose oder rosaroth gefärbte Flüssigkeit. Diesen Zustand der sogenannten Reife erlangen die Pocken am sechsten oder siebenten Tage nach dem Ausbruche, worauf sich ihr Inhalt trübt, eiterig wird und die Pocke zu einer flachen oder zugespitzten Pustel sich umändert. In diesem Stadium stellt sich gewöhnlich neben dem Eiterungsfieber eine Vermehrung der schleimig-eiterigen Secretion der Augenbindehaut und der Nase, Erschwerung des Schlingens, Zunahme der Geschwulst um Augen, Nase und Maul ein. Ungefähr drei Tage später beginnt von der Mitte der Pocke aus die Vertrocknung; es bildet sich daselbst eine gelbliche, dann schwarzbraun werdende, glänzende, festsitzende Kruste, welche nach und nach gegen die Peripherie sich verbreitet, nach fünf bis sechs Tagen sich loslöst und eine anfangs röthliche, später erbleichende Vertiefung der Haut oder eine mehr oder weniger tiefe Pockennarbe zurücklässt. Mit dem Eintritte der Krustenbildung lässt gewöhnlich das Fieber nach, die katarrhalischen Erscheinungen treten zurück und die Thiere erholen sich nach
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Schafpocke. Verlauf.
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Massgabe der Intensität des Fiebers und der Stärke der Eruption bald langsamer, bald selmeller.
Bei dem einzelnen Thiere erstreckt sieh die Dauer der ausgesprochenen Krankheit auf ungefähr drei Wochen, sie kann jedoch, falls Nachschübe eintreten, auch etwas länger währen.
Hat die Infection gleichzeitig eine grössere Anzahl von Schafen eines Bestandes betroffen, so verbreitet sich die Seuche meist rasch über die ganze Heerde; im gegentheiligen Falle kann sie sich in einer Schafheerde über Monate hinaus erhalten und die Quelle für fortdauernde Ansteckungen abgeben, da die im Beginne vereinzelt vorkommenden Erkrankungen, namentlich wenn sie leichterer Art sind, oft übersehen werden und die späteren nur allmälig, und zwar in Intervallen, welche der Incubationsdauer entsprechen, erfolgen.
Modificationen des Verlaufes, Abweichungen von dem geschilderten Verlaufe der Schafpocke werden nach verschiedenen Richtungen hin beobachtet. Bei manchen Schafen tauchen ohne oder unter ganz unbedeutendem Fieber nur wenige vereinzelte Pocken im Gesichte, am Bauche oder an der inneren Fläche der Hinter-sehenkel auf, welche dann den gewöhnlichen Verlauf einhalten: vereinzelte, selitäre Bocken. Bei anderen Thieren kommt es nur bis zur Bläschenbildung mit darauffolgender Eintrocknung ohne Eintritt von Eiterung; bei anderen endlich entwickeln sich nur harte, rothe Knötchen (Stein- oder Warzenpocken), welche, nachdem sie sechs bis acht Tage bestanden, sich abschilfern, kleiner werden und endlich wieder völlig verschwinden. Diese Formen der Pocken zeigen einen sehr gutartigen, raschen Verlauf, schützen jedoch die befallenen Thiere ebenso vor einer späteren Infection, wie eine reichliche Pockenoruption.
Anders verhält es sich mit den folgenden Varianten. .Nachdem bei manchen Schafen ein sehr heftiges Fieber vorausgegangen, welches auch während des ganzen Krankheitsverlaufes in unveränderter Stärke anhält und im Eiterungsstadium sich noch steigert, tauchen an verschiedenen und auch an den stark bewollten Körperstellen dicht gedrängt stehende derbe Knötchen auf, welche zur Zeit ihrer Entwicklung zu Bläschen und Pusteln zusammenfliessen, während die Haut, auf welcher sie sitzen, und deren Umgebung derb ödematös infiltrirt ist und dann zur Zeit der Pustelbildung nahezu eine zusammenhängende eiternde Fläche darstellen kann. Stellenweise kann es sogar zur Gangrän und zum Ausfallen ganzer Hautstücke, der Ohren, Lippen, zur Zerstörung von Gelenken kommen. Man bezeichnet diese Form als zusammenfliessende Pocke, Variola
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Schafpocke. Verlauf. Prognose.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;165
confluens, und wegen des absclieulichen Geruches, welchen derart kranke Schafe verbreiten, hie und da auch als Aaspocke. Bei dieser Form wird nicht selten eine reichliche Pockeneruption auf der Schleimhaut des Maules, des Rachens und Kehlkopfes, der Luftröhre und ihrer Verzweigungen, bisweilen auch auf der Comea der Augen beobachtet; häufig stellen sich Athembeschwerden in Folge von intensivem Bronchialkatarrh oder Lungenentzündung und reichlicher eiteriger Ausfluss aus der Nase ein; auch acute Schwellungen und Abscedirungen der Lymphdrüsen verschiedener Körperstellen sind öfter Begleiter dieser schweren Pockenform. Die überwiegendste Mehrzahl der derart erki*ankten Schafe geht unter den Erscheinungen der Lungenentzündung, des Lungenödems, des Kehlkopf- und Luft-röhrencroups, der Pyiimie oder Septichämie, oder in Folge langwieriger Eiterungs - oder Jauchungsprocesse und erschöpfender Durchfälle zu Grunde. In den wenigen nicht tödtlich endenden Fällen vertrocknet schliesslich der Eiter zu dicken, braunschwarzen Krusten, die sich unter Nachlass der Hautinfiltration allmälig loslösen, aber meistens langwierige Geschwüre zurücklassen, die endlich mit unregelmässigen Narben heilen.
Eine noch schwerere Form stellen die hämorrhagischen Pocken, Variola haemorrhagica, dar, bei welchen, nachdem heftige Fiebererseheinungen vorausgegangen, an verschiedenen Körperstellen neben harten, gewöhnlich dicht gedrängten, tief in der Lederhaut sitzenden Knötchen hämorrhagische, sich rasch ver-grössernde Flecke in der Haut sich einstellen, welche letzteren nicht selten zum necrotischen Zerfall der Haut fuhren (Brandpocken). Nicht selten werden bei derart kranken Thieren auch Blutungen in die Conjunctiva, in die Zungen- und Maulschleimhaut, bisweilen auch Blutharnen beobachtet. Die ergriffenen Thiere liegen meist bewusst-los dahin und gehen in der Regel schon nach einer vier- bis sechstägigen Krankheitsdauer zu Grunde.
Während einer und derselben Seuchen-Invasion können unter den Thieren einer Heerde diese verschiedenen Formen der Pocke vorkommen; manche Invasionen zeichnen sich jedoch an und für sich durch eine grössere Bösartigkeit aus. Die zusammenfliessenden und hämorrhagischen Pocken stellen sich überhaupt häufiger bei alten, sowie bei kachektischen oder in Folge schlechter Haltung herabgekommenen und geschwächten, als bei jungen und gut gehaltenen Schafen ein.
Prognose. Die Schafpocke ist unter allen Umständen eine gefahrliche Krankheit, welche, sobald sie in einer Heerde als Seuche
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Scbafpocke. Prognose. Therapie.
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auftritt, selbst unter günstigen Verhältnissen einen Verlust von 10 bis 20% der Erkrankten in Aussicht stellt. Ausser dem directen Verluste und dem Entgang an Wollertrag fallt aber auch wesentlich in's Gewicht, dass viele Mutterthiere verlammen, ein Theil der durchgeseuchten Thiere auch in der Folge kränkelt, oder Verstümmlungen verschiedener Art, wie entstellende Narben, den Verlust des Sehvermögens auf einem oder auf beiden Augen, unheilbares Hinken u. dgl. für die fernere Lebensdauer davonträgt, wodurch der Werth solcher Thiere wesentlich vermindert wird.
Im Allgemeinen ist der Verlauf günstiger, wenn die Pocken bei einheimischen oder doch acclimatisirten, gesunden und gut genährten Schafen auftreten und diese unter günstigen hygienischen Verhältnissen gehalten werden können; ungünstiger bei dem Ausbruche der Krankheit unter alten, herabgekommenen oder kachek-tischen Thieren oder unter Sauglämmem, sowie bei dem Einreissen der bösartigen Formen. In solchen Fällen unterliegen oft 30 bis 50, selbst 700/ü der erkrankten Schafe. Durch enges Zusammendrängen der Thiere in dunstigen, schlecht ventilirten Ställen wird im Allgemeinen der Verlauf der Krankheit nachtheilig beeinflusst.
Ein tödtlicher Ausgang tritt in Folge lobulärer oder lobilrer Lungenentzündung, Lungenödem, allgemeiner Anämie, Pyämie und Septichämie, bedingt durch eiterige Gelenks: oder Beinhautentzündung, cutane und subcutane Abscesse, Vereiterung der Lymphdrüsen, brandige Zerstörimg der Schleimhaut des Maules, der Nasen- und Rachenhöhle, mit Metastasen in Gehirn und Lunge ein.
Therapie. Die Therapie der Schafpocke kann sichnur auf die Herbeiführung oder Erhaltung günstiger hygienischer Verhältnisse und die Durchführung eines gegen gefahrdrohende Symptome gerichteten Verfahrens beschränken. Die Krankenställe sollen nicht überfüllt sein, kühl und reinlich gehalten und gut gelüftet werden; bei günstiger Witterung können die kranken Thiere auf abgesonderte Plätze in's Freie gebracht, müssen jedoch vor Erhitzung ebenso wie vor Nässe und Kälte bewahrt werden. Grünfutter, Rüben, zerschnittene Kartoffel eignen sich als Nahrung für gut genährte, kräftige, ein Zusatz von Körnerfutter für schwächliche oder von früher her kränkliche Schafe; für beide empfiehlt sich angesäuertes Trinkwasser. Bei massiger Pockeneruption reicht man mit dieser diätetischen Behandlung aus; bei dem Auftreten von Pocken auf der Maulschleimhaut können Ausspritzungen des Maules mit einer Lösung von Kali chloricum, gegen Affectionen der Hornhaut aromatische und adstringirende Augenwässer, gegen Durchfall adstringirende Tränke
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Scbafpocke. Therapie. Impfung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;167
und Klystiere von Nutzen sein. Bei bösartigen Pockenformen wird die innerliche Verabreichung erregender MitteJ, das Waschen der Geschwürflächen mit lauem Wasser, mit Carbol- oder Salicylwasser empfohlen. Es ist jedoch zu bedenken, dass eine Behandlung einzelner Thiere einer grösseren, durch Schafpocken verseuchten Heerde nahezu unmöglich ist, und dass daher die Hei-beiführung günstiger hygienischer Verhältnisse jedenfalls die Hauptrolle spielen wird. Aus dieser Rücksieht empfiehlt es sich auch, Schafe, bei welchen zusammenfliessende oder hämorrhagische Pocken zugegen sind, bei welchen an und für sich keine Aussieht auf Genesung besteht, ehestens zu tödten, um der durch ihre Emanationen drohenden Verunreinigung der Stallluft und der daraus zu besorgenden Verschlimmerung des Krankheitsverlaufes bei den übrigen Thieren der Heerde zu begegnen.
Impfung der Schafpocke (Clavelisation franz.). Fussend auf der Thatsaehe, dass die Schafpocke die Thiere nur einmal während ihres Lebens befällt, wurde die Impfung der Schafpockenlymphe auf gesunde Schafe zu dem Zwecke vorgenommen, um bei den Impflingen eine Pocke von gutartigem Verlaufe hervorzurufen, welche aber die Thiere gleichwohl ebenso vor einer künftigen Ansteckung sichert, wie die durch natürliche Infection entstandene Pocke, zugleich aber auch um in der Heerde, in welcher die Blattern zum Ausbruche gekommen sind, die Seuchendauer wesentlich abzukürzen.
Diese Operation, welche ein Analogon zu der im vorigen Jahrhunderte bei Menschen gebräuchlichen Variolation oder Inoculation der Menschenblattern darstellt, soll in einigen Theilen Frankreichs seit undenklichen Zeiten in Gebrauch gewesen sein, und fand seit der zweiten Hälfte, besonders aber seit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts eine verbreitetere Anwendung. Sie wurde von da an in Frankreich, Italien und Deutschland als ein Mittel, den Verlauf der Pocken zu mildern und die Impflinge gegen eine besorgte künftige Ansteckung zu sichern, d. h. als Schutzimpfung durchgeführt.
In Oesterreich war es Pessina, welcher auf Grund seiner während zweier Jahre (seit 1802) durchgeführten Versuche die Meinung aussprach, dass die Schafpockenlymphe — die Ovine — um so milder wirke, durch je mehr Generationen sie durchgeführt wurde, dass ferner ein solcher sogenannter cultivirter oder mitigirter Impfstoff nur eine einzige Pocke an der Impfstelle hervorrufe, welche jedoch die Impflinge vor einer wiederholten Ansteckung vollkommen sichert, und dass endlich die mit cultivirtem Impfstoff geimpften Schafe
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Schafpocke. Impfung.
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andere mit ilmen in Berührung gekommene Schafe anzustecken nicht vermögen.
Obwohl diese Lehrmeinungen vielfach angezweifelt und auch durch Thatsachen widerlegt wurden, gewann doch die Schutzimpfung mit sogenannter mitigirter Lymphe nicht nur viele Anhänger, sondern sie wurde auch in vielen grösseren Schäfereien mancher Länder als ein regelmässiger, alljährlich bei der Nachzucht zu wiederholender Vorgang eingeführt. Behufs der Gewinnung eines sogenannten cultivirten Impfstoffes wurden sogar eigene Impfanstalten, darunter auch eine solche am Wiener Thierarznei-Institute (im Jahre 1836) errichtet. Die an der letzteren bis zum Jahre 1864, zu welcher Zeit sie aufgelassen wurde, gewonnenen Erfahrungen haben jedoch die gegen den Nutzen der Schutzimpfung und gegen die Vorzüge der cultivirten Ovine ausgesprochenen Bedenken allseitig bestätigt.
Es hat sich nämlich hier gezeigt, dass auch Impfungen mit Ovine, welche Schafen entnommen war, die an natürlichen allgemeinen Pocken litten, selbst schon in der ersten Generation keinen allgemeinen Pockenausbruch, sondern in der Regel nur eine locale Impf-pocke veranlassten; dass dagegen die sogenannte cultivirte Ovine, selbst wenn sie durch eine Reihe von Generationen und Jahren nur eine locale Pocke an der Impfungsstelle erzeugt hatte, plötzlich, unerwartet und ohne nachweisbare Ursache (nach 140, 98 und 65 Generationen) den Ausbruch allgemeiner Pocken nach den Impfungen hervorrief, und dass endlich der Verkehr geimpfter Schafe mit solchen, welche die Pocken, seien es die geimpften oder natürlichen, noch nicht überstanden hatten, sowohl in Folge von Berührung, als auch auf eine gewisse Entfemtmg hin, also durch das mittelst der Luft verbreitete Contagium bei den letzteren einen allgemeinen Pockenausbruch zu veranlassen vermöge.
Diese Thatsachen, welche' auch anderwärts sich in gleicher Weise herausstellten, mussten die Gefahren, welche die Schutzimpfung der Schafpocken nothwendigerweise im Gefolge hat, nahelegen und deren Vornahme widerrathen. Die in einer gesunden Heerde zu dem Zwecke durchgeführte Impfung der Schafpocken, um die Thiere vor der Gefahr einer, vielleicht in der Zukunft, vielleicht aber auch gar nie drohenden natürlichen Infection durch Pocken zu schützen— die Schutzimpfung — führt in einen gesunden Schafbestand absichtlich eine Krankheit--ein, welche möglicherweise unter einer bösartigen Form auftreten und dann grosse Vei'luste veranlassen kann. Die Schutzimpfung ist aber auch für den seuchefreien Sehafstand der Umgebung einer geimpften Heerde gefahrlich;
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da durch sie Anlass zur Entwicklung und Unterhaltung eines In-fectionsherdes gegeben wird, von welchem aus Verschleppungen des Ansteckungsstoffes nach verschiedenen Richtungen hin möglich sind. Von Schäfereien a,us, in welchen die alljährliche Schutzimpfung der Lämmer gebräuchlich war, erfolgte häufig genug die Ansteckung der nicht geimpften Schafe der benachbarten Gemeinden; dies war auch der Grund, warum in manchen Gegenden, wie beispielsweise in dem ehemaligen Kreise unter dem Manhartsberge in Niederösterreich, die Schafpocke nahezu als stationäre Krankheit herrschte. Gegenwärtig wird in Oesterreich die Schutzimpfung Nirgends mehr regelmässig durchgeführt und hiemit scheint auch das seltenere Vorkommen der Sehafpocken daselbst in engem Zusammenhange zu stehen.
Dagegen ist die Pocke der Schafe in mehreren Ländern des Deutschen Reiches in grosser Verbreitung erst dann aufgetreten, als daselbst die Schutzimpfung der Blattern in Gebrauch gekommen war. In dem Jahre 1877/78 traten, nach den „Mittheiluugen aus der thierärztlichen Praxisquot;, die Schafpocken in Preussen am häufigsten in jenen Provinzen und Gegenden auf, in welchen die Schutzimpfung der Lämmer gebräuchlich ist. Ein Verbot der Vornahme der Schutzimpfung erschiene ihrer Gemeinschädlichkeit wegen vollkommen gerechtfertigt, noch mehr gilt dies selbstverständlich für die Unterhaltung von Impfanstalten in Schäfereien.
In Oesterreich ist durch den sect; 30 des Thierseuchengesetzes vom Jahre 1880 die Vornahme der Schutzimpfung von der Bewilligung der politischen Bezirksbehörde, welche nur ausnahmsweise bei isolirten Höfen ertheilt werden darf, abhängig gemacht, und bestimmt, dass die geimpften Schafe rücksichtlich der veterinärpolizeilichen Massregeln gleich den pockenkranken zu behandeln seien.
Aehnliclie Bestimmungen enthielt der sect; 40 des preussischen Vieh-seuchengesetzes vom Jahre 1875 nnd die dazu gehörige Ausführnngs-Instruction. Dagegen verbietet der sect;49 des deutschen Vieliseuchengesetzes vom 23. Juni 1880 die Pockenimpfung der Schafe, mit Ausnahme jener Fälle, in welchen sie behördlich angeordnet wird. Als solche werden jedoch in den sect;sect; 46 und 47 nur die Vornahme der Nothimpfung in bereits durch Pocken verseuchten, und jene der Präcautionsimpfung in zunächst durch die Seuche bedrohten Schafbeständen bezeichnet; so dass durch diese Bestimmung die Durchführung der Schutzimpfung als indirect verboten anzusehen ist.
Eine andere Bedeutung hat die Nothimpfung und die Vor-bauungs-oder Präcautionsimpfung der Schafpocke. Die Vornahme der Nothimpfung kann nach dem österreichischen Thier-seuchengesetze (sect; 30) von Seite der Behörde in Schafheerden,
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in welchen die Pockenseuche bereits zum Ausbruche gekommen ist, in jenen Fällen angeordnet werden, wo eine Absonderung der bereits kranken von den anscheinend noch gesunden Thieren nicht durchfuhrbar ist oder wegen der, vor der erfolgten Constatirung der Seuche stattgehabten vielfachen Berührung zwischen beiden Kategorien einen entsprechenden Erfolg nicht mehr erwarten lässt. Ausser dem durch die Impfung zu erzielenden rascheren Ablauf der Pockenseuche wird durch die Nothimpfung auch der Vortheil erreicht, dass die Impfkrankheit in der Regel milder und meistens nur local an der Impfstelle abläuft. Ist jedoch die Pockenkrankheit erst bei einem oder bei nur wenigen Schafen einer Heerde aufgetreten und lässt sich mit Grund voraussetzen, dass eine Verschleppung des Contagiums auf andere Thiere dieser Heerde noch nicht stattgefunden hat, so empfiehlt es sich jedenfalls vorerst den Erfolg der Absonderung und Parcellirung der noch gesund erscheinenden Thiere abzuwarten, bevor zur Nothimpfung geschritten wird.
Das deutsche Viehseuchengesetz vom Jahre 1880 ordnet dagegen bei festgestellter Pockenseuche in einer Schafheerde unbedingt die Impfung aller noch seuchefreien Stücke der Heerde an, und gestattet über Antrag des Besitzers der Heerde nur die Gewährung einer Frist für die Vornahme der Impfung, wenn nach dem Gutachten des Amts-Thierarztes die sofortige Impfung nicht zweekinässig ist, oder das Abstehen von der Impfung, falls Massregeln getroffen sind, welche die Abschlachtung der noch seuchefreien Stücke der Heerde innerhalb zehn Tagen nach Feststellung des Seuchenausbruches sichern (sect; 46).
Wird die Impfung an den Schafen einer poekenfreien Heerde, in deren Nähe die Blattern herrsehen, und welche daher als von der Seuche bedroht anzusehen ist, zu dem Zwecke vorgenommen, um die natürliche Infection derselben durch dahin verschlepptes Con-tagium hintanzuhalten, so wird sie Vorbauungs- oder Präcautions-impfung genannt. Ihre Vornahme kann nach den Bestimmungen des österreichischen (sect; 30) und des deutschen Gesetzes (sect; 47) bei grösserer Ausdehnung der Seuche und bei drohender Gefahr einer Verschleppung der Krankheit aus pockenkranken in benachbarte Schafheerden für diese letzteren von amtswegen angeordnet werden.
Die aus welcher Rücksicht immer geimpften Schafe sind bezüglich der Sperrmassregeln wie pockenkranke zu behandeln (sect; 30 des österreichischen, sect; 48 des deutschen Thierseuchengesetzes).
Der Impfstoff zur Vornahme der Noth- und Vorbauungsimpfung wird von gutartig blätternden, eine massige Pockeneruption bei geringgradigem Fieber zeigenden Schafen, deren Pocken eine klare Lymphe, aber durchaus noch nicht Eiter enthalten sollen, abgenommen.
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Wo die Zeit nicht drängt und es sich am die Gewinnung einer bedeutenderen Menge von Impfstoff für eine grösserc Zahl von Schafen handelt, kann vorerst die Vorimpfung einer gewissen Zahl vollkommen gesunder, kräftiger Schafe am Schweife vorgenommen und die von diesen gewonnene Lymphe zu Weiterimpfungen verwendet werden.
Als Impfstelle wird gewöhnlich die untere, wollelose Fläche des Schweifes, 5 bis 8 cm vom After entfernt, an welcher Stelle die Pocken die bedeutendste Grosse erlangen, oder die innere Fläche eines Ohres zunächst der Spitze, kaum mehr gegenwärtig die innere Fläche der Hinterschenkel oder die untere Bauehgegend gewählt.
Die Impfung wird entweder mit der Impfhadel oder mit einer schmalen Lanzette vorgenommen. Bei der Impfung von Schaf auf Schaf muss dafür gesorgt werden, dass der Impfling dem Schafe, welchem der Impfstoff entnommen wird, nicht zu nahe komme, um eine natürliche Ansteckung zu vermeiden. Die geimpften Stücke müssen von den noch nicht geimpften abgesondert, am fünften oder sechsten Tage nach der Impfung untersucht und, falls sich eine Haftung nicht zeigen sollte, abermals geimpft werden.
Im Falle der Haftung zeigt sich am dritten oder vierten Tage nach der Impfung ein rother Fleck an der Impfstelle, der siel; während der folgenden Tage zu einem harten dunkelrothen Knoten erhebt, der sich zu einer grossen, fächerigen, bisweilen mit einer Delle versehenen Blase umändert. Gegen den neunten bis eilften Tag erreicht die Impfpocke am Schweife einen Durchmesser von 2 bis 3 cm; sie erscheint dann bläulich weiss oder gelblich und lässt nach gemachten Einstichen eine farblose oder rosenrothe zähe Flüssigkeit, wie aus einem Schwämme austreten. Nach ein bis zwei Tagen bei kühler Temperatur, nach wenigen Stunden schon zur heissen Sommerszeit wird der Inhalt der Pocke eiterig, worauf sich allmälig ein dunkelbrauner oder schwarzer, glänzender Schorf bildet, der sich später nach und nach von den Rändern aus abbröckelt und nach seinem Abfallen eine strahlige derbe Narbe zurücklässt. Am Ohre erreicht die Impfpocke keine so bedeutende Grosse; bisweilen stellt sich im Verlaufe Necrose und Abfallen der Ohrspitze ein.
Fiebererscheinungen begleiten die Impfpocke entweder gar nicht oder nur in sehr unbedeutendem Grade. In der Eegel entsteht nur an der Impfstelle eine Pocke; bisweilen bleibt diese aus und es entwickeln sich um den Impfstich mehrere kleine Pocken, in anderen Fällen endlich kommt es nach der Impfung zu einem allgemeinen Pockenausbruch.
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Die Aufbewahrung der Ovine zum Zwecke der Versendung kann auf eine der bei der Vaccine zu erwähnenden Arten oder in kleinen, ungefähr 3 cm hohen, eine Lichte von 2 mm haltenden, mittelst Kork gut zu verschliessenden Phiolen geschehen.
Vaccination der Schafe. Als Schutzmittel gegen die natürlichen Schafpoeken wurde zu Ende des achtzehnten Jahrhunderts die Impfung mit Kuhpocken, die Vaccination der Schafe vorgeschlagen. Die von Sacco, Godine, Jadelot u. A., sowie die später von Alihert, Tessier und Valois vorgenommenen Versuche lieferten Resultate, welche zu Gunsten dieser Methode zu sprechen schienen. Dagegen misslang die von Pessina im Jahre 1802 unternommene Vaccination von 600 Schafen vollständig. Aehn-liche ungünstige Resultate, namentlich was die Immunität der vaccinirten Schafe vor den Schafpocken betrifft, ergaben die von Voisin, Waldinger, Liebbold und später von Go hier und Husson angestellten Versuche, so dass die Impfung der Vaccine auf Schafe als Präservativ gegen die Schafpocken seit den Zwanziger-Jahren als aufgegeben angesehen werden konnte.
In neuester Zeit wurde die Vaccination der Schafe zu dem angeführten Zwecke abermals von Pis sin empfohlen. Die von Fürstenberg, Koch und Gips im Jahre 1870 in Preussen mit ovinisirter (d. i. von mit Kuhpockenstoff geimpften Schafen erhaltener) Vaccine angestellten Versuche ergaben, dass wohl bei einer gewissen Zahl der Impflinge nur locale, dagegen aber bei einer anderen, und zwar bedeutenderen (bei Fürstenberg's Versuchen 75% betragenden) Anzahl derselben die allgemeinen Pocken, und zwar mit einer namhaften Mortalitätsziffer zum Ausbrach kamen. Fürstenberg spricht sich auf Grund seiner Versuche dahin aus, dass die Impfung mit ovinisirter Vaccine keinen Vorzug vor jener mit Schafpockenlymphe habe; er empfiehlt diese Art der Impfung nicht, da die Verluste zu gross sind. Die Durchführung der Vaccine durch Schafe hätte für den Menschen nur dann einen Vortheil, wenn die von Schafen entnommene Vaccine, auf den Menschen übertragen, eine Pocke hervorriefe, welche in der Schutzkraft gleichkäme der von den Kühen direct stammenden Vaccine; da das Schaf weniger häufig als das Rind mit constitutionellen Krankheiten, namentlich Tuberculose, behaftet ist.
Auch nach den „Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis in Preussen für 1874/75quot; entwickelte sich nach der Impfung von 53 Schafen mit Vaccine bei zehn Stücken eine allgemeine Pockeneruption mit heftigem Fieber und bei drei Thieren mit tödtlichem Ausgange.
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Scliafpocke. Veterinärpolizei.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 173
Die auf Schafe übertragene Vaceine erlangt auch die Fähigkeit, sich mittelst der Luft weiterzuverbreiten, eine Eigenschaft, die der Vaceine bekanntlich nicht zukommt.
Obwohl die mit ovinisirter Vaceine geimpften Schafe, bei welchen die Abheilung der Impfpocken erfolgt war, der Ansteckung durch natürliche Poeken widerstanden, so muss doch diese Art der Impfung verworfen werden, da sie den Zweck, eine allgemeine Pockeneruption hintanzuhalten, sogar weniger erfüllt, als die Impfung mit gewöhnlicher Ovine, und bedeutendere Verluste veranlasst als diese.
Veterinärpolizei. Die speciellen Bestimmungen, welche durch das österreichische Thierseuchengesetz vom 29. Februar 1880 und die zu dessen Durchführung erlassene Verordnung (sect;. 30) gegen die zum Ausbruche gelangte Pockenseuche der Schafe getroffen werden, sind folgende.
Sperrmassregeln. Ist die Poekenseuche in einer Schafheerde constatirt, so sind die kranken Thiere von den noch gesund scheinenden abzusondern, die letzteren womöglich zu parcelliren, und beide Abtheilungen unter Stallsperre zu stellen. Der Weidegang der noch gesund erscheinenden Schafe kann unter Verhältnissen gestattet werden, welche eine Verschleppung des Ansteckungsstoffes aus-schliessen. Von den der Sperre unterworfenen Schafen dürfen gemeinschaftliche Brunnen, Tränken, Schafwäschen nicht benützt werden; fremden, unberufenen Personen ist der Zutritt zu den Seuchenställen nicht zu gestatten. Die mit der Wartung pockenkranker Schafe beschäftigten oder sonstwie mit ihnen in Berührung kommenden Personen haben vor dem Verlassen des Seuchenhofes ihre Kleider zu reinigen und ihr Schuhwerk zu waschen; sie dürfen andere Schafställe nicht betreten.
In dem Seuchenstalle und auf dessen Boden gelagertes Rauhfutter und Streumateriale darf während der Seuchendauer gar nicht, Dünger aus dem gesperrten Schafstalle nur auf solche Grundstücke unter Einhaltung aller Vorsichten gebracht werden, welche von den Schafen gesunder Höfe nicht betreten werden. In dem Seuchenhofe lagernde Schafwolle darf nur in desinficirtem Zustande und in Säcke verpackt mit behördlicher Bewilligung aus dem Gehöfte ausgeführt werden.
Wird die Seuche bei Thieren auf dem Triebe constatirt, so ist der Weitertransport einzustellen und die Absperrung der Schafe zu veranlassen. Schafe, welche mit pockenkranken in Berührung gekommen, sind durch vierzehn Tage unter polizeilicher Beobachtung zu halten.
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Schafpocke. Veterinärpolizei.
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Bei grosser Verbreitung der Pockenseuclie in einer Ortschaft hat die Orts-, beziehungsweise die Flursperre einzutreten, welche das Verbot der Ausfuhr von Schafen, von in Seuchenställen gelagertem Rauhfutter und Streumaterialen, dann von Sehafdünger aus dem Seuchenorte, das Verbot der Ein- und Durchfuhr von Schafen in und durch den Seuehenort zur Folge hat. Der Weidegang der Schafe innerhalb der Feldmark darf gestattet werden, wenn Vorkehrungen zur Hintanlialtung einer Verschleppung des An-steckungsstoffes auf die seuchefreien Schafe der Umgebung getroffen werden können.
Die gesperrte Ortschaft ist als solche zu bezeichnen.
Impfung. Die in Betreff der Anox'dnung und Gestattung der Impfang der Schafpocken bestehenden Vorschriften fanden bereits früher ihre Erörterung. Impfungen der Schafpocke jeder Art sind durch den Amtsthierarzt zu überwachen. Ortschaften, deren ganzer Schafviehstand der Impfung unterzogen wurde, unterliegen der Orts-, beziehungsweise der Flursperre.
Sauitätspolizei. Das Schlachten pockenkranker Schafe zum Zwecke des Fleischgenusses ist verboten; dagegen dürfen von den Pocken nicht befallene Schafe einer unter Sperre stehenden Heerde zur Consumtion geschlachtet werden.
Behandlung der Cadaver. Gefallene oder getödtete pockenkranke Schafe sind auf thermischem oder chemischem Wege oder durch tiefes Vergraben zu beseitigen; die abgenommenen Häute sind zu desinficiren und dürfen nur in vollkommen getrocknetem Zustande und nach Beendigung der Seuche ausgeführt werden.
Desinfection. Die verseuchten Stallungen, Standorte, die bei Kranken in Gebrauch gestandenen Geräthe sind zu desinficiren.
Beendigung derSeuehe. Die Pockenseuche kann als erloschen erklärt werden, wenn die pockenkranken oder geimpften Schafe durchgeseucht oder gefallen und die Desinfection vollzogen ist. Der freie Verkehr mit Schafen der verseucht gewesenen Heerden darf erst sechs Wochen nach dem Erlöschen der Seuche wieder gestattet werden.
Das deutsche Thierseuchengesetz trifft ausser den die Impfung der Schafpocke betreffenden Bestimmungen keine weiteren speciellen Verfügungen bezüglich dieser Seuche. Die betreffenden Anordnungen sind in der Instruction,: des Bundesrathes vom 24. Februar 1881 (sect;sect; 92 bis 109) enthalten.
Eine königl. belgische Ordonnanz vom 1. December 1868 genehmigt für Schafe, welche wegen Pocken über behördliche Anordnung getHdtet werden, ein
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Drittel des Schätzungswerthes als Entschädigiing. Die Krankheit ist auch unter jene aufgenommen, bei welchen die Unterlassung der Anzeige und die üebertretung der Anordnungen in Betreff der Sperre mit Strafen belegt ist
Das dänische Thierseucheng esetz vom 29. December 1857 verpflichtet zur Anzeige des Ausbruches der Schafpoeken und ordnet tine Reihe von Sperrmassregeln an.
Pferdepocke, Variola equina.
Syn. Schutzmauke, exanthematisclie, echte Mauke. Variole equine, Maladie vaccinogfene franz.\ Horse-pox engl.; Vajuolo equino ital.
Das Vorkommen eines pustulösen Ausschlages an den Beinen der Pferde ist seit Langem bekannt; jedoch wurde jene Eruption, welche man heute als Pferdepocke bezeichnet, mit anderen, an den Fesseln vorkommenden Erkrankungen der Haut häufig verwechselt und hiedurch Anlass zu vielfachen Irrungen über die Natur der Krankheit und zu widersprechenden Angaben über deren Ueber-tragbarkeit gegeben.
Jenner, welcher die Krankheit bald Grease, bald Soreheels nennt, wtisste bereits, dass sie sich nicht immer auf die Beine der Pferde beschränkt, sondern auch als allgemeines Leiden auftritt; er suchte in den Pferdepocken die Quelle der Kuhpocken. Er, so wie Sacco scheinen im Anfange dieses Jahrhunderts die Pferdepocke, und zwar Ersterer in Glocestershire, Letzterer in Oberitalien häufig gesehen zu haben; ebenso beschreibt sie Loy (1801). Im Jahre 1855 kam sie in Wien unter jungen Remonten häufig vor; im Jahre 18GO wurde in Frankreich eine seuchenartige Verbreitung der Krankheit bei mehr als 100 Pferden von Sarrans und Lafosse beobachtet. Die Pferdepocken scheinen in manchen Gegenden nicht selten zu sein; so wird von Bouley behauptet, dass sie in der Umgebung von Paris öfter als die Kuhpocken anzutreffen seien; dagegen kamen sie um Lyon höchst selten zur Beobachtung.
Bassi fand den Ausschlag aussei- bei Pferden auch bei Maul-thieren und Eseln.
Aetiologie. Ueber die Ursache der Pferdepocke weiss man nichts Bestimmtes. Erwiesen ist es, dass die Pferdepocke durch Uebertragung der menschlichen Vaccine (Numan), der durch Schafe durchgeführten (ovinisirten) Vaccine (Steinbeck), sowie der Menschenpocke (Versuche der Thierarzneischule Lyon) auf Pferde erzeugt werden könne. Bellinger hält die selbstständige Existenz der Pferdepocke für sehr zweifelhaft und sucht die Quellen derselben mit Wahrscheinlichkeit in den Menschenpocken, in der ani-malen und humanisirten Vaccine. Das Vorkommen der Pferdepocke in der Fesselgegend lässt sich nach ihm wohl nur in der Art erklären, dass an dieser, häufig mit Verletzungen und Schrunden ver-
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sclienen Hautstelle das von aussen durch Berührung eindringende Gift am leichtesten die Gelegenheit zum Eintritt in den Körper findet. Die einmal entwickelte Krankheit geht von pockenkranken auf gesunde Pferde in Folge gemeinsamer Aufstellung in demselben Stalle oder der Vermittlung von Zwischenträgern über. Chauveau rief den allgemeinen Ausbruch der Pferdepocke, nach einer Incuba-tionsperiode von 8 Tagen, hervor, indem er Pockengift, gleichgiltig ob es von Pferde- oder Kuhpocken oder humanisirter Vaccine stammte, auf einem anderen Wege als durch die Haut, wie durch subcutane oder intravenöse Injection, durch Einführung auf die Schleimhaut der Athmungs- oder Verdauungsorgane in den Kreislauf brachte. Nach der Impfung der Pferdepocke in die Haut gesunder Pferde entstehen nur Pocken an der Impfstelle, die ihrerseits weiter übertragbar sind.
Pferde, welche die Pocken überstanden haben, erweisen sich für längere Zeit vor neuen Infectionen geschützt.
Chauveau hat in der Lymphe der Pferdepocke (Equine) sehr kleine bewegliche Zellen gefunden, welche er auf Grund seiner Versuche, indem er die Flüssigkeit der Lymphe von den festen Bestandtheilen trennte und beide gesondert impfte, für die eigentlichen Krankheitserreger erklärte.
Uebertragbarkeit. Durch die Impfung der Pferdepocke auf Kühe entstehen den Kulipocken ähnliehe Pusteln, welche auf den Menschen übertragen werden können und auch die Präservativkraft dieser gegen die Menschenpocken besitzen; wie dies die Versuche von Loy, Viborg, Sacco, Kahlert, Hertwig, Delafosse und vielen Anderen nachweisen.
Die Pferdepocke ist auch unmittelbar auf den Menschen übertragbar und ruft bei demselben einen der Kuhpocko ähnlichen Ausschlag hervor. Schon Jenner, Sacco und andere Impfärzte kannten die Schwierigkeit der Inoculation der Menschenblattern auf Hufschmiede und Stallknechte und fanden die Ursache hievon darin, dass diese Personen aus dem Umgange mit pocken- (mauke-) kranken Pferden nicht selten einen Aussehlag bekamen, welcher, in der Form mit der Kuhpocke übereinstimmend, deren Eigenschaft theilte, die Empfänglichkeit für die Blattern zu vernichten.
Loy (1801) scheint die erste absichtliche Verimpfung humanisirter Mauke auf Rinder gelungen zu sein; indem er mit dem Inhalte der Pusteln an den Händen eines Hufschmiedes und Metzgers, welche durch maukekranke Pferde angesteckt worden waren, Rinder impfte. Hertwig iniicirte sich (1838) und zwölf Sclniler mit Maukeflüssigkeit; sie bekamen an den Fingern, Händen und Verarmen kuh-pockenähnliche Pusteln. Dr. Pichot (1856) berichtet über einen 2'Sjährigen Huf-
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Pferdepocke. Erscheinungen und Verlauf.
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Schmied, welcher am zweiundzwanzigsten Tage, nachdem er ein maukekrankes Pferd beschlagen hatte, neun Pusteln an den Händen hatte, welche acht- und neuntägigen Vaccinepusteln glichen. Mit dem Inhalte derselben wurden Kinder durch mehrere Generationen hindurch geimpft, bei welchen sich die für die Vaccine charakteristische Eruption einstellte.
Bassi (1872) erzeugte durch die Impfung der klaren Lymphe der Pferde-pocke auf Rinder Pusteln, welche den gewöhnlichen Vaccinepusteln ganz ähnlich, nur etwas mehr entzündet und härter waren und si^h langsamer ausbildeten.
Pingaud (Ann. de med. veter. 1879), welcher Gelegenheit hatte im Februar 1879 eine Epidemie von Pferdepocken zu beobachten, impfte mit dem serösen Inhalte der Eruptionen eines früher gesunden 4jährigen Pferdes sieben noch nicht vaccinirte Eecraten eines Hussaren-Regimentes; sechs Tage später zeigten sechs derselben kleine aber charakteristische Vaccineknötchen. Vier dieser Soldaten dienten zur weiteren Impfung von 64 Mensehen, von welchen acht niemals vaccinirt waren; bei 40 (d. i. 64%) ergab sich ein positives Resultat. Während sonst angegeben wird, dass sowohl die unabsichtliche als künstliche Uebertragung der Equine von einer heftigen fieberhaften Reaction gefolgt sei, haben sich in diesem Falle bei keinem Individuum auffallende Entzündungserscheinungen gezeigt; einige Pocken hatten ein furunkelartiges Ansehen, aber nichts weiter. Als belangreich wird erwähi.t, dass, um den von anderen Beobachtern angeführten üblen Zufällen aus der Impfung zuvorzukommen, nur der Inhalt der perlähnlichen und durchscheinenden Eruptionen auf der Maulschleimhaut der Pferde und ohne die Basis der Knötchen zu drücken, verwendet werden solle. Der aus den Pusteln des Fesseis stammenden Flüssigkeit werden dagegen von Pingaud septische Eigenschaften zugeschrieben, wie das Beispiel eines Schmiedes nachweist, welcher in Folge einer derartigen, bei der Reinigung der Fessel pockenkranker Pferde erfolgten Einimpfung an Lymphgefässentzündung erkrankte.
Erscheinungen und Verlauf. Die Pocke der Pferde beginnt mit mehr oder weniger ausgesprochenen Fiebererscheinungen, Traurigkeit, Mattigkeit, Verringerung der Fresslust. Bisweilen stellt sich gleich anfangs eine warme, schmerzhafte, geröthete Geschwulst der Fessel, besonders jener der Hinterfiisse, ein, welche sich mehr oder weniger hoch über die Beine hinauf erstreckt und zu einem deutlichen, oft sehr auffallenden Krumm- und Steifgehen und zur Schonung der betroffenen Füsse selbst im Stalle Anlass gibt. Nach drei bis fünf Tagen lässt das Fieber nach, und an der hinteren Fläche der Fessel erheben sich verschieden grosse Bläschen, die sich bald in Pusteln umwandeln, oder platzen, und in beiden Fällen eine gelbliche, zähe, an der Luft zu braunen Krusten vertrocknende Flüssigkeit ergiessen, durch welche die Haare miteinander verklebt werden, während die Haut an den betroffenen Stellen und deren Umgebung stark infiltrirt, geröthet und nach Abstossung der Epidermis mit einer schmierigen, übelriechenden Flüssigkeit (dem reichlich abgesonderten Hauttalge) bedeckt erscheint. Die Geschwulst, sowie die Absonderung auf den excoriirten Hautstellen vermindert sich allmälig, die Haut wird trocken, die Epidermis schilfert sich
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Küll. Thiei'seuclien.
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wiederholt ab, die Krusten stossen sieli los und innerhalb dreier Wochen ist die Krankheit gewöhnlich abgelaufen.
In manchen Fällen tritt aber der Ausschlag, ausser an den Fesseln und Beinen, auch an anderen Stellen der allgemeinen Decke, besonders solchen, die weniger dicht mit Haaren besetzt sind, besonders an den Lippen und Nasenflügeln, dann auf der Schleimhaut der Nase und des Maules, sowie auf der Bindehaut auf. Die Eruption auf der Haut stellt anfangs linsengrosse, nach zwei bis drei Tagen die Grosse einer Erbse erreichende Knötehen dar, die sieh mit einer serös-lymphatischen Flüssigkeit füllen und in der Mitte manchmal eine Delle zeigen. Diese Bläschen bersten leicht und entleeren dann ihren Inhalt, der zu Krastchen vertrocknet, oder sie werden, falls sie unverletzt bleiben, zu Pusteln, die nach und nach abtrocknen. Die in beiden Fällen gebildeten Krusten fallen mit den in das Bereich der Eruption gezogenen Haaren ab und lassen ein röthlichblaues, anfangs etwas empfindliches kahles Fleckchen zurück; eigentliche Narben entstehen kaum in der Haut. Auf den erwähnten Schleimhautstellen, welche dunkel geröthet erscheinen, bilden sich erbsengrosse runde oder etwas längliche, durchscheinende, gespannte Bläschen, deren anfangs seröser Inhalt nach und nach eiterig wird und, falls die Bläschen unverletzt bleiben, zu einer Kruste vertrocknet, nach deren Abfallen ein schiefergrauer Fleck zurückbleibt, sonst aber abfliesst, während an der Stelle der Eruption mehr oder weniger bedeutende Substanzverluste sich zeigen. Das letztere ist insbesondere im Maule in Folge der Verletzungen der Bläschen durch rauhe Futterstoffe der Fall. Bei dem Vorkommen des Ausschlages auf der Nasenschleimhaut ist gewöhnlich ein reichlicher schleimiger Ausfluss aus der Nase, bei dem Auftreten auf der Maulschleimhaut bedeutendes Geifern zugegen.
Bassi traf unter 50 Fällen den Ausschlag nur zweimal an den Fesseln, sonst meist im Maule und an der Nase.
Die Pferdepocke könnte mit der gewöhnlichen (Sehrunden-) Mauke verwechselt werden; die Rücksichtnahme auf das Vorkommen der Eruption an verschiedenen Körperstellen und auf den kurzen Verlauf der Pferdepocke, und nöthigenfalls das Resultat der Impfung auf ein Rind werden vor Irrung schützen. Eine Verwechslung mit dem Nasenrotze könnte nur bei sehr reichlichem Auftreten der Pocken auf der Nasensehleimhaut stattfinden; aber auch in einem solchen Falle wird, abgesehen von der Verschiedenheit der Form der Eruption, der Verlauf und das Ergebniss der Impfung auf ein Rind Aufschluss geben.
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Die Prognose ist eine günstige; die Krankheit endet innerhalb weniger Wochen mit Genesung. Die Heilung erfolgt hei Abhaltung äusserer Schädlichkeiten ohne Kunsthilfe.
Um eine Uebertragung auf andere Pferde hintanzuhalten, empfiehlt sich als alleinige veteriniirpolizeiliche Massregel die Absonderung der kranken Thiere und die Wartung derselben durch eigene Personen.
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Kuhpocke, Variola vaccina.
Syn. Variole vaccine, Picotte franz.; Vajuolo vaocino üal.; Cowpox engl.
Die Kuhpocken stellen einen an den Strichen unr' an dem diesen zunächst gelegenen Theile des Euters von Kühen vorkommenden Pockenausschlag dar, welcher mit massigem, oft auch ohne alles Fieber abläuft und nur ein fixes Contagium entwickelt.
Die Krankheit war in England und Irland seit Langem bekannt, aber daselbst wenig oder gar nicht beachtet worden. Der englische Arzt Jenner machte die Beobachtung, dass die Kuhpocke häufig anf solche Personen überging, welche pockenkranke Kühe zu melken und die Menschenblattern noch nicht überstanden hatten, und dass dann diese Leute vor der Ansteckung durch die natürlichen Blattern geschützt waren. Seit 1796 fing er an, die Kuhpocken auf Menschen, welche noch nicht blatternkrank gewesen waren, zu übertragen und überzeugte sich, dass jene Personen, bei welchen die Impfung von Erfolg begleitet war, sowohl gegen die natürliche Ansteckung, als gegen die Impfung mit Menschenblattern sich unempfänglich erwiesen. Durch die im Jahre 1798 erfolgte Publication Jenner's, in welcher er seine Erfahrungen über die Impfung mit Kuhpockenlymphe (Vaccination) mittheilte, wurde die Aufmerksamkeit der Aerzte und der Regierungen auf diese Krankheit der Kühe gelenkt, und man überzeugte sich, dass sie nicht nur in England und Irland, sondern auch auf dem Continent vorkomme. So beobachteten sie Sacco und Andere in Italien, Numan (1805, 1813, 1824) in Holland, Ritter und Lüders in Schleswig und Holstein, Bremer in Preussen, Hering in Württemberg, Ceely in Schottland, Audouard, Himly, Girard in Frankreich, Pessina, Waldinger, Eckel u. A. in Oesteireich, In Württemberg wurden im Jahre 1825 für die rechtzeitige Anzeige von Kuhpocken Geldbelohnungen ausgesetzt; von 1825 bis 1868 sind dort im Ganzen 241 Fälle von sogenannten originären, durch erfolgreiche Impfung auf Menschen erprobten Kuhpocken zur amtlichen Anzeige und Prämiirung gekommen ; es entfielen daher im Durchschnitt fünf bis sechs Fälle auf ein Jahr. Im Jahre 1873 kamen daselbst 39, im Jahre 1874 28, im Jahre 1875 23, in den Jahren 1877 und 1878 je fünf Fälle zur Anzeige. In Dänemark wurde die Kuhpocke im Jahre 1877 in 436, im Jahre 1878 in 581 Fällen, und zwar zumeist im nördlichen Seeland, beobachtet. Im Ganzen betrachtet, ist das Vorkommen der Kuhpocke ein nicht häufiges.
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AetLologie. Ebenso wie für die Pocken überhaupt, wurde früher auch für die Kuhpocke eine selbstständige Entwicklung in Anspruch genommen. Eine Anlage zu derselben wurde nur Kühen, und zwar solchen jüngeren Alters und während der Lactation zugeschrieben. Als veranlassende Ursachen wurden besonders Umstände, welche einen vermehrten Blutandrang zum Euter veranlassen sollten, die Zeit des Kalbens und Säugens, der Uebeigang von der Stallfütterung zum Weidegange, Erhitzen der Thiere durch Treiben, Veränderung der Lebensweise u. s. w. beschuldigt. Unter den Jahreszeiten sollte vorzugsweise der Frühling den Ausbruch der Krankheit begünstigen.
Bei dem gegenwärtigen Stande der Ansichten über die Natur der Infectionserreger und der Infectionskrankheiten überhaupt, sowie der Pocken insbesondere, lässt sich die Annahme einer originären Entwicklung der Kulipocken nicht gut mehr aufrecht erhalten, sondern es muss auch bei dem Auftreten dieser Pockenform eine vorausgegangene Infection der Thiere durch Krankheitserreger angenommen werden, wenn eine solche auch nicht in jedem einzelnen Falle zweifellos nachgewiesen werden kann.
Die Uebertragung des Contagiums der Pocken auf Kühe kann auf verschiedenen Wegen erfolgen.
Die englischen Pächter und Landleute, mit welchen Jenner verkehrte, hatten die Ueberzeugung, dass die Kuhpocke von der Mauke (grease) der Pferde, d. i. von der Pferdepocke herkomme; indem sie sich, wie behauptet wurde, nur in Ställen finde, wo Knechte mit dem Melken beschäftigt werden, welchen zugleich die Besorgung von Pferden obliegt; sobald bei den Pferden die Mauke ausbricht, erfolge alsbald auch die Kuhpocke in den Kuhställen. In Irland, wo nur Frauen melken, wären Kuhpoeken eine grosse Seltenheit. Jenner schloss sich dieser Meinung an. Obwohl es zweifellos ist, dass die Pferdepocke auf Kühe übertragbar ist und bei diesen die Kuhpocke hervorruft, so spricht doch die Thatsache, dass Kuhpocken auch an Orten, wo Pferde nicht gehalten werden und unter Verhältnissen sich zeigen, welche jede Ansteckung durch maukekranke Pferde ausschliessen, gegen die Annahme, dass die Kuhpocke nur allein und nothwendig aus der Pferdepocke hervorgehen könne.
Eine andere Möglichkeit der Entwicklung der Kuhpocke liegt in der Ansteckung von Kühen durchquot;' das Virus der Menschen-blattem. Die Beobachtung, dass zu Zeiten, wo die Menschenpocken epidemisch herrschten, auch an dem Euter der Kühe Pocken vorkamen, legte den Gedanken an einen Zusammenhang zwischen beiden
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nahe. Die AnsicLt, dass die Kuhpocken von den Menschenpocken stammen, wurde schon von Turner, Leroi u. A. ausgesprochen, aber später auf Grund misslungener Impfversuche (Numan, Sacco u. A.) in Abrede gestellt.
Von zufälligen Uebertragungen der Menschenpocken auf Kühe und dem Erkranken dieser an Kuhpocken führt namentlich Ceely mehrere Beispiele an; auch wurde mehrfach über das gleichzeitige Herrschen von Menschen- und Kuhpocken in gewissen Gregenden berichtet. Sunderland bewirkte durch das Bedecken von Kühen mit Tüchern, auf denen pockenkranke Menschen gelegen hatten, den Ausbruch der Kuhpocken bei diesen Thieren.
Die von Thiele in Kasan (1836 und 1838) und von Ceely in Schottland (1838) sowie die später an verschiedenen Orten vorgenommenen Impfungen von Kühen mit Menschenpockenlymphe, in Folge welcher sieh an den Impfstellen, und nur an diesen, mithin ohne allgemeine Eruption, ein der Vaccine ganz ähnlicher Ausschlag entwickelte, deren Lymphe sich bei den durch eine grössere Anzahl von Generationen fortgesetzten Impfungen auf Kinder völlig wie die sogenannte originäre Kuhpocke verhielt, lassen wohl über die Möglichkeit der Entstehung der Kuhpocken durch Uebertragung von Menschenpocken keinen Zweifel übrig.
Vor der allgemeinen Einführung der Vaccination mag wohl in erster Linie die Variola des Menschen, in zweiter die Pocke des Pferdes die Ursache zur Entstehung der Kuhpocke abgegeben haben.
Bellinger (1. c.) ist jedoch nicht geneigt, die Menschenpocken für die gewöhnliche Quelle der Kuhpocken anzusehen, da ihr Vorkommen nur ausnahmsweise mit jenem der Kuhpocken zusammenfällt und jene, wenigstens gegenwärtig, in Gegenden und zu Zeiten meist fehlten, wo diese auftraten. Er kommt zu dem Schlüsse, dass die Kuhpocke heutzutage am häufigsten aus der humanisirten (durch den Menschen durchgeführten) Vaccine entstehe. Zur Unterstützung dieser Ansicht bezieht er sich auf die wiederholt gemachte Erfahrung über erfolgte Ansteckungen von Kühen durch vaecinirte Menschen einerseits, und über das Herrschen der Kuhpocken zu Zeiten, wo in den betreffenden Orten entweder die Impfung der Kinder begonnen hatte, oder die Impfpocken bei denselben in der Blüthe standen, andererseits. Die Uebertragung der humanisirten Vaccine von der melkenden Hand aus auf ein, wenn auch nur leicht verletztes Euter scheint mit grosser Leichtigkeit zu erfolgen. Dies weist die von Roloff constatirte Thatsache nach, dass, wenn mit einer Glasplatte, anf welcher eine sehr geringe Menge Lymphe aus der Impfpocke eines
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Kubpocke. Äetiologie.
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Menschen eingetrocknet war, über die ganz leicht verletzte Oberfläche des Hodensackes eines Ochsen gestrichen wurde, sich an der verletzten Hautstelle eine Pocke entwickelte. Das Auftreten der sogenannten originären Kuhpocken im Frühjahre leitet Bollinger von dem Umstände her, dass zu dieser Zeit die Vaccination der Kinder am gewöhnlichsten und im ausgedehntesten Massstabe stattfindet und hierbei die humanish'te Vaeeine in einen erhebhehen Procentsatz aller Häuser durch den Impfarzt eingeschleppt wird.
Auch Roloff („Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis in Preussenquot;, 19. Jahrg.) spricht sich dahin aus, dass die Kuhpockenkrankheit nur aus einer Ansteckung von Rind zu Rind, oder durch Rückübertragung von einem vaccinirten Menschen hervorgehe.
Als Quellen der Kuhpocke wären demnach anzusehen die Pferdemauke, die Menschenpocke (beide Kraukheitsformen heutzutage wohl nur selten und ausnahmsweise) und die Vaccinepocke des Menschen.
Die Schafpoeke dürfte, wie dies auch Bollinger bemerkt, in dieser Hinsicht, wenigstens unter gewöhnlichen Verhältnissen, nicht in Betracht kommen, da bei dem häufigen Vorkommen dieser Krankheit und bei der vielfach gebotenen Gelegenheit zu Infec-tionen die Kuhpocke beiweitem häufiger auftreten müsste, als dies in der That der Fall ist.
Die einmal entstandene Kuhpocke ist durch das in den Efflores-cenzen sich sammelnde Contagium einer weiteren Verbreitung fähig. Das Kuhpocken-Contagium ist nur fixer Natur; es bringt den speeifischen Ausschlag nur dann hervor, wenn es mit einer wunden Stelle der Lederhaut in Berührung gebracht wird und lässt sich auf diesem Wege auch auf Stiere und Ochsen übertragen. Die von Chauveau und Anderen vorgenommenen subeutanen und intravenösen Injectionen von Vaccine hatten nie locale oder allgemeine Eruptionen zur Folge; dagegen zeigten die auf solche Weise behandelten Thiere Unempfänglichkeit für später vorgenommene Vaccina-tionen, erwiesen sich mithin als (vom Blute ausj durchseucht.
F. Cohn fand in der Lymphe der Kuhpocke sehr kleine, farblose Mikro-coccen, welche sich durch Zelltheilung vermehren. Er nennt sie Micrococcus Variolae. Aehnliches gibt auch Zürn an. Nach Chauveau sind in der Pockenlymphe nebst farblosen Blutkörperchen, Körnchenzellen und feinen Kernen punkt-förmige Moleküle enthalten, welch' letztere, den- bereits wiederholt erwähnten Ergebnissen seiner Versuche nach, das eigentliche Virus darstellen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam Keber. Hallier, welcher aus den in der Kuhpockenlymphe vorkommenden Mikrococcen zuerst ein von Torula rufescens nicht zu unterscheidendes, schliesslich zu Mucor mucedo heranwachsendes Oidium gezogen haben will,
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stellte es bei dem Umstände, als Turula rutesceiis oft iilt; der Milch und ihr Mikro-coccus vielleicht immer im Colostrum vorkommt, als möglich hin, dass die Kühe sich durch ihre eigene Milch mit Kuhpocken anstecken; eine Ansicht, welche wohl kaum Anhänger gefunden haben dürfte.
Sind in einem Viehbestande die Kuhpocken ausgebrochen, so verbreitet sich die Krankheit von einer Kuh allmälig über die übrigen Kühe des Stalles, wobei nur ausnahmsweise ein oder einige Stücke verschont bleiben. In der Regel erkranken nur die Melkkühe, nicht aber das Jungvieh und die Stiere. Die Verbreitung erfolgt durch Vermittlung der Streu, des Stallbodens; auf welchem die Thiere lagern, am gewöhnlichsten aber durch Vermittlung der Personen, welche das Melken der Kühe zu besorgen haben, ßoloff bemerkt, dass Menschen, welche die reife Pocke eines Rindes mit der Hand berührt haben, das Contagium auf das Euter anderer Kühe wirksam übertragen können, falls sie ihre Hand vorher nicht gehörig gereinigt haben. Die eindringliche Manipulation mit dem Euter beim Melken, die an den Zitzen von Melkkühen nahezu regelmässig vorhandenen Hautrisse und Schrunden erleichtern die Infection in hohem Masse. Für nicht melkende Kalbinnen, Stiere und Ochsen ist die Streu der gewöhnlichste Zwischenträger des Ansteckungsstoffes.
Der Verlauf der Kuhpocken als Seuche kann sich in einem grösseren Rinderbestande in Folge der nur allmäligen Uebertragung der Pocken von Stück auf Stück über Wochen hinausziehen.
An den Fingern, Händen und Armen der Melker pockenkranker Kühe wird bisweilen das Auftauchen einer oder mehrerer Pocken in Folge von Infection beobachtet. Dass die Lymphe der reifen Kuhpocken (Vaccine) durch Impfung auf den Menschen übertragen werden könne, und dass man sich der Vaccination zu dem Zwecke bediene, um Menschen vor der Infection durch die Menschenblattern, wenn auch nur für eine unbestimmte Zeit, zu schützen, wurde bereits erwähnt. Die Uebertragung der Vaccine auf Schafe ruft bisweilen eine allgemeine, jene auf Ziegen eine locale Pockeneruption hervor.
Tenacität, Durch Temperaturen über 80deg; C, durch Fäulniss, durch Zusatz minimaler Quantitäten von Carbolsäure geht die infectiöse Eigenschaft der Kuhpockenlymphe zu Grunde.
Erscheinungen und Verlauf, Fiebererscheinungen, falls sie vor der Eruption des Ausschlages überhaupt auftreten, sind gewöhnlich so unbedeutend, dass sie meistens übersehen werden. In •inanchen Fällen lassen die Thiere im Fressen und Wiederkauen
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nach; auffallend wird jedenfalls ein Nachlass in der Menge der Milch, die zugleich dünner wird und leichter gerinnt. Das Euter erscheint congestionirt und besonders beim Melken sehr empfindlich. Nach Ablauf einiger Tage tauchen an den Strichen des Euters, oder an diesen und am Körper des Euters, selten an dem letzteren allein, rosenrothe, linsen- bis erbsengrosse Knötchen auf, deren Zahl meist eine beschränkte ist und sich selten auf mehr als '20 bis 30 beläuft. In den nächsten Tagen sammelt sich unter der Epidermis der an Grosse zunehmenden und bei dichterem Stande auch zusammenfliessenden Knötchen eine lymphähnliche Flüssigkeit an. Hierdurch verändern sie sich zu bläulichweissen, mit einer Delle versehenen fächerigen Bläschen, welche an dem Körper des Euters meist eine kreisförmige, an den Strichen gewöhnlich eine elliptische Gestalt zeigen und an nicht pigmentirten Hautstellen von einem rothen Hofe, an pigmentirten von einem entzündlich indurirten Rande umgeben erscheinen. Bei manchen Pocken fehlt die Delle vollständig oder ist nur leicht angedeutet. Um den achten bis zehnten oder elften Tag nach dem Ausbruche erreicht die Pocke ihre volle Entwicklung und bisweilen die Grosse einer Bohne. Früher wurde meistens die um diese Zeit der Pocke entnommene Lymphe zu Impfungen auf Menschen verwendet. Wie später erwähnt werden wird, ist jedoch eine so spät gesammelte Lymphe in ihrer Wirkung unzuverlässig; sie wird gegenwärtig mit Vortheil durch die in einem früheren Zeitpunkte gesammelte ersetzt.
Nicht in jedem Falle zeigen die Pocken im Stadium der Bläschenbildung dieselbe Fäi-bung; diese ist im Gegentheile von der Beschaffenheit der Haut, in welcher sie sitzen, wesentlich abhängig. Bei weisser, feiner Haut erscheinen die Bläschen bläulichweiss, Silber-, perl-mutter- oder schieferartig glänzend, bei dunkler aber dünner Haut bleifarbig, bei hellfarbiger dünner Haut mehr oder weniger intensiv roth, in allen diesen Fällen aber wie metallisch glänzend; bei ungefärbter dicker Haut sind sie rahmähnlich gefärbt und ohne Glanz. Die verschiedene Färbung ist unwesentlich und für die sogenannte Echtheit der Kuhpocke ohne besondere Bedeutung.
Von dem letzterwähnten Zeitpunkte an wird der Inhalt der Pocke eiterig; diese verliert ihren fächerigen Bau und spitzt sich zu; allmälig beginnt nun die Vertrocknung, indem sich vom Centrum anfangend eine gelbliche, gegen die Peripherie fortschreitende Kruste bildet, welche nach und nach dicker, dunkelbraun und glänzend wird, der Haut fest aufsitzt und, falls sie nicht früher abgerissen wird, erst nach zehn bis fünfzehn Tagen, bisweilen auch noch
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später, abfällt und eine anfangs Lyperämische, später erbleichende Depression oder eine oberflächliche oder auch tiefere Narbe zurücklässt.
Durch mechanische Verletzungen, sowie durch Verunreinigung des kranken Euters mit Harn, Excrementen u. dgl. werden die Pocken manchmal zerstört; es kann dann zu Blutungen, zur Bildung 'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; von Geschwüren an dem Euter und den Zitzen kommen.
Der Ausbruch der Kuhpocken erfolgt gewöhnlich schubweise, so dass an einem und demselben Euter meist Pocken in verschiedenen Stadien der Entwicklung angetroffen werden. Dies scheint von wiederholten, durch vorhandene Excoriationen des Euters begünstigten Impfungen während des Melkens abhängig zu sein.
Der Verlauf der einzelnen Pocken ist ein acuter und beträgt bis zum Abfallen der Krusten ungefähr 21 Tage; die Dauer des ganzen Processes kann sich jedoch der Nachschübe wegen bei manchen Thieren auch auf vier bis fünf Wochen hinausziehen.
Das Vorkommen der Kuhpocken an anderen Körpertheilen, wie am Maule, um die Nasenlöcher, an den Augenlidern (wie es von Hurtrel d'Arbcval und Pilger angegeben wird), ist selten; es ist jedoch begreiflich, dass durch Ueber-tragung des Infectionsstoffes auf diese Theile hier ebensowohl wie auf dem Hodensacke von Stieren, eine Eruption von Pocken hervorgerufen werden könne. Kullrich erwähnt aus Schlesien einer Pockeneruption bei Kälbern, wo der Ausschlag an verschiedenen Hautstellen, besonders an der inneren Schenkelfläche, an den Geschlechtstheilen und am Euter, dann am Hodensacke eines jungen Stieres auftrat. Die Impfung mit der, zwei unvollständig entwickelten Pocken entnommenen Lymphe ergab bei einem Einde eine Pocke, welche durch mehrere Generationen fortgeimpft, zur Bildung schöner Vaceinepusteln führte.
Auf dem Euter der Kühe kommen auch Exantheme anderer Art vor, welche sich jedoch bezüglich der Form und des Verlaufes von den Kuhpocken unterscheiden, bei der Impfung keine Vaccine hervorrufen und von Einigen als falsche Kuhpocken bezeichnet werden.
Hierher gehören knötchen- und knotenartige warzige Eruptionen auf dem Euter und den Strichen, die sogenannten Spitz- und Stein- oder Warzenpocken, von welchen die ersteren rasch zu Pusteln werden, die letzteren oft lange unverändert bestehen, bis sie allmälig sich verkleinern oder schliesslich vereitern; ferner blasige Eruptionen von Erbsen- bis Kirschengrösse, die entweder bald platzen und sich hierauf mit einer dünnen Kruste bedecken, oder nach Aufsaugung des serösen Inhaltes einen dünnen, schlaffen, vertrockneten Epidermissack zurücklassen, die sogenannten Wasseroder Windpocken.
Bei Kühen, welche an Maul- und Klauenseuche leiden, wird nicht selten ein Bläschen-, und bei solchen, welche an Rinderpest
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Kuhpocke. Prognose. Therapie. Veterinärpolizei.
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erkrankt sind, wie erwähnt, bisweilen ein pustnlöser Ausschlag (Mnrchinson, Sanderson) am Euter beobachtet.
Die Prognose ist bei den Kuhpocken sehr günstig; das Entstehen bösartiger Geschwüre an jenen Stellen, wo Pocken sitzen, wird nur unter ungünstigen Verhältnissen der Haltung oder bei zweckwidriger Behandlung beobachtet.
Therapie. Ein therapeutisches Eingreifen ist überflüssig und den Viehhältern nur zu empfehlen, die Kühe mit Schonung, aber gut auszumelken, um einer Entzündung des Euters, der Bildung von Abscesscn mit ihren Folgen für die Milchsecretion vorzubeugen. Nach Umständen kann das Bestreichen excoriirter Stellen an den Zitzen mit Collodium oder das Einführen von Milchröhrchen in dieselben von Vortheil sein.
Veterinärpolizei. Von der Einleitung eigentlicher veterinärpolizeilicher Massregeln kann Umgang genommen werden. Um eine Verbreitung der Krankheit von den kranken Kühen auf die noch verschont gebliebenen desselben Stalles hintanzuhalten, wären die ersteren entweder durch besondere Leute oder zuletzt melken zu lassen, und für Reinhaltung des Fussbodens des Stalles und der Streu zu sorgen.
Cultur der animalen Vaccine. Als die Vaccination nach Jenner's Vorgang zuerst in Anwendung kam, benützte man zur Impfung der Menschen nur Kuhpockenstoff, die sogenannte originäre Lymphe. Wegen der Schwierigkeit, diesen Impfstoff jederzeit zu beschaffen, wegen des häufigen Fehlschlagens der Impfungen und der heftigen Reaction, welche bisweilen in Folge solcher directer Impfungen beobachtet wurde, ging man jedoch bald zur Benützung der durch die Impfung von Kuhpocken auf Menschen erhaltenen Impfpocken, der sogenannten humanisirten Vaccine über, die auch heutzutage noch vorwiegend in Gebrauch steht.
In der Folge machte man dieser letzteren jedoch einerseits den, wenn auch durchaus nicht stichhältigen Vorwurf, dass sie in Folge der Durchführung durch zahlreiche Generationen an Schutzkraft verloren haben müsse, und beschuldigte sie andererseits, dass durch sie verschiedene constitutionelle Krankheiten, namentlich Syphilis, von einem Kinde auf das andere übertragen werden können. Es wurde daher der Wunsch rege, dass für die Vaccination wieder die sogenannte originäre Kuhpocke in Verwendung komme.
Nachdem in Neapel schon seit mehreren Decennien die Fortpflanzung der Kuhpockenlymphe betrieben worden war, wurde im Jahre 1864 eine zu diesem Zwecke bestimmte Anstalt in Paris und
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Kubpocke. Cuitur der animalen Vaccine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;187
1868 eine solche in Brüssel eröffnet. Einige Jahre später wurden Institute für Kulipockenimpfung in Holland, Deutschland, Italien, der Schweiz und vor wenigen Jahren auch in Oesterreich theils auf Staatskosten, theils aus Privatmitteln errichtet.
Als Impfstoff wird in den meisten dieser Anstalten sogenannte originäre Kuhpocke, in einigen die Lymphe der durch Zurückimpfung humanisirter Vaccine auf Rinder(Retrovaccination) entstandene Kuhpocke verwendet. Da dem früher Angeführten zufolge das Bestehen einer sogenannten originären Kuhpocke zweifelhaft und im Gegentheile anzunehmen ist, dass dieselbe in Folge einer Infection der Kühe mit Menschenpocke oder mit humanisirter Vaccine sich entwickle, so kann es als ziemlieh gleichgiltig angesehen werden, ob man für die ersten Impfungen in solchen Anstalten den Kuhpockenstoff aus bereits bestehenden Impfinstituten, welche mit sogenannter animaler Vaccine arbeiten, bezieht oder den Impfstoff für fortgesetzte Rinderimpfungen durch Impfung der ersten Rinder mit humanisirter Vaccine von vollkommen sicherer und unverdächtiger Provenienz, mithin durch sogenannte Retrovaccination sich selbst verschafft.
Zur Fortpflanzung (Cuitur) der animalen Vaccine verwendet man in den meisten Impfanstalten Kälber im Alter von fünf, zehn bis zwölf Wochen und ernährt sie während der Zeit, als sie in Verwendung stehen, mit Milch oder mit Milch und Eiern, ältere, vier bis fünf Monate alte Kälber (wie sie z. B. in Utrecht benützt werden) mit dem ihrem Alter entsprechenden Futter, wie Heu, Oelkuchen u. dgl. Bei der Auswahl der Kälber ist auf guten Ernährungs-uiid vollkommenen Gesundheitszustand derselben ein besonderes Augenmerk zu richten. In einigen Impfanstalten, wie in Stuttgart, Weimar, Basel, wird die Impfung an Stieren, und zwar am Hodensacke, oder an Kühen an der Haut zwischen Scham und Euter vorgenommen.
Die zur Impfung bestimmten Kälber werden auf entsprechend gebauten Tischen in der linken Seitenlage so befestigt, dass das rechte Hinterbein nach aus- und aufwärts gezogen und hierdurch die Bauchfläche freigelegt wird. Hierauf wird die Haut des Bauches von der Schambeinvereinigung bis in die Nabelgegend und beiderseits bis nahe an die sogenannte Bauchfalte hin glatt rasirt, dann rein gewaschen und gut getrocknet. Unmittelbar darauf wird das Kalb au dieser Stelle mit 60 bis 100 Stichen, oder seichten, nur durch die Epidermis dringenden, ungefähr 1 cm langen Einschnitten, welche ungefähr Sein von einander entfernt sind, und zwar meist
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188nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kuhpocko. Cultiir der animalen Vaccine.
unmittelbar von den reifen Pocken eines Kalbes, selten mit conser-virter Vaccine geimpft.
Die geimpften Kälber werden gewöhnlieli in engen Verschlagen eines Stalles, in welchem sie sich nicht umdrehen und mit dem Maule nicht zu den Impfstellen gelangen können, aufgestellt und mittelst einer Halfter befestigt, um einer Zerstörung der Impfpocken durch Belecken zu begegnen.
Die Pocken erreichen bisweilen am vierten Tage, meist innerhalb fünfmal 24 Stunden nach der Impfung ihre sogenannte Reife und werden dann zur Weiterimpfung und zur Abnahme des Impfstoffes benutzt; im Winter reifen sie etwas langsamer. Die Pocken haben zu dieser Zeit noch die Knoteuform und sind nicht vollständig zu Bläschen verändert; sie können meist an zwei Tagen (am fünften und sechsten nach der Impfung) verwendet werden; jedoch ist die Wirksamkeit der am sechsten Tage gesammelten Lymphe schon minder verlässlich.
Die nach der Impfung mit Nadeln oder Lanzetten auftretenden Kuhpocken zeigen eine Knoteuform; jene, die nach der Impfung mittelst Einschnitten sich entwickeln, die Form einer länglichen Kaffeebohne; sie werden zur Zeit der sogenannten Reife bläulichweiss, wie diTrchscheinend und sind von einem rothen Hofe umgeben.
Da bei dem Abstreifen der Epidermis von diesen Pocken nur einzelne Flüssigkeitstropfen austreten, so bedient man sich zur Gewinnung des Impfstoffes eigener Klemm-Pincetten, zwischen deren gebogene Arme die Basis der Pocken gefasst und durch Vorschieben des Sperrapparates geklemmt wird. In Folge des Druckes quillt Lymphe tropfenweise aus der Pocke hervor.
Zur unmittelbaren Weiterimpfung von Kalb auf Kalb und von Kalb auf Menschen wird entweder die aus der Pocke hervorquellende Lymphe benützt, oder es wird der geklemmte Impfknoten mit einer Lanzette abgeschabt und der aus Lymphe und dem von ihr imprägnirten Gewebe der Pocke bestehende Brei auf Glasplatten gebracht und zur Impfung verwendet.
Die Aufsammlung der Lymphe zum Zwecke der Conservirung und Versendung geschieht entweder in Haarröhrchen, die dann mittelst einer leicht schmelzenden Masse gut verschlossen werden, oder auf ungefähr 5 cm langen und 7 mm breiten, an einem Ende lanzettförmig zugespitzten Elfenbeinplättchen, die in einer Ausdehnung von 1 cm in die Lymphe getaucht und dann getrocknet werden. Das sammt der Lymplie abgeschabte Gewebe der Pocke dagegen wird zwischen zwei quadratische Glasplatten gebracht,
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Kuhpockc. Oultur der animaleu Vaccine.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 189
welche hierauf an den Rändern mittelst Paraffin verschlossen werden. Die auf die letztere Weise conservirte Vaccine muss vor ihrer Benützung mittelst eines Tropfen Wassers oder eines Tropfens einer Mischung von gleichen Theilen Wasser und Glycerin erweicht, die auf Elfenbeinplättchen aufgetragene Lymphe mit lauem Wasser befeuchtet werden.
Die in Röhrchen aufbewahrte Vaccine verliert ihre Wirksamkeit am schnellsten; sie ist nach einer Woche selten mehr für die Impfung von Menschen geeignet, behält aber diese Eigenschaft für die Impfung von Kälbern bedeutend länger. Die getrocknete dagegen erhält, den bisherigen Erfahrungen nach, ihre Wirksamkeit selbst durch Monate und Jahre. Am sichersten haftet die directe Impfung der animaleu Vaccine vom Kalb auf den Menschen.
Die Resultate der Impfung mit frischer animaler Vaccine kommen jener mit humanisirter gleich; ebenso verlässlich ist jene mit con-servirter Lymphe, vorausgesetzt, dass die Impfung nicht zu spät geschieht. Der Vorwurf, dass die Impfung mit Kälberlymphe ungünstige Resultate bezüglich der Haftung ergibt, waren nur so lange begründet, als man mit einer Unkenntniss der Technik zu kämpfen hatte; gegenwärtig sind die Erfolge ebenso befriedigend wie jene der Impfung mit humanisirter Vaccine.
Die Vortheile, welche der Anwendung der animaleu Vaccine zukommen, bestehen in der Möglichkeit der Production einer unbegrenzten Menge von Impfstoff zu Zeiten eines grossen Bedarfes, z. B. beim Ausbruche von Pockeuepidemien, wodurch das Impfgeschäft von dem Vorhandensein geeigneter Kinder (Stammirapfiinge) für die Vornahme der Vorimpfung unabhängig wird, und in dem Entfallen der Möglichkeit der Uebertragung coustitutioneller Erkrankungen von den menschlichen Stammimpflingen aus auf die Impflinge.
Der der animaleu Vaccine früher gemachte Vorwurf, dass sie bei der Impfung eine stärkere locale Reaction, Impferysipel und Verschwärung veranlasse, ist durch die in Belgien, Holland und Deutschland gemachten Erfahrungen gründlich widerlegt. Es könnte nur das Bedenken rege werden, dass durch die animale Vaccination Thierkrankheiten auf den Menschen übertragen werden könnten. Auf die Notwendigkeit einer sorgfältigen Untersuchung des Gesundheitszustandes der für die Impfung auszuwählenden Kälber wurde bereits früher hingewiesen; an acuten Infectionskrank-heiten leidende Thiere werden bei nur einiger Sorgfalt bei der Auswahl der Kälber leicht auszuschliessen sein. Von chronischen
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Kubpocke. Ziegenpocke.
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Infectionskrankheiten könnte nur die Perlsuekt in Betracht kommen. Es ist jedoch einerseits noch kein Fall bekannt, dass die Perlsucht durch Impfung in die Haut übertragen werden könne, während andererseits diese Krankheit bei Kälbern so zarten Alters, wie sie in der Regel für die Impfung verwendet werden, nur höchst selten vorkommt.
Alle diese Umstände, sowie die, namentlich in Brüssel gemachte Erfahrung, dass die animale Vaccine bezüglich der Schutzkraft gegen Menschenpocken der humanisirten ganz gleichwerthig sei, dann die Erwägung, dass die Impfung direct vom Kalbe auf den Arm der Kinder dem Vorurtheile vieler Eltern, welche aus der Anwendung humanisirter Vaccine Nachtheile für die Gesundheit ihrer Kinder besorgen, den Boden entziehen und daher das Impfgeschäft indirect fördern werde, sprechen zu Gunsten der animalen Vaccination und der Cultur der animalen Vaccine in besonderen Impfanstalten.
(Näheres hierüber siehe Köll: „Die Cultur animaler Vaccinequot; in der „Wiener Medicinischen Wochenschriftquot; 1877, Nr. 13—15 und Bollinger: „Ueber animale Vaccinationquot;. Leipzig 1879).
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Ziegenpocke, Variola caprina.
Die im Ganzen seltene Ziegenpocke kommt in zwei Formen vor: als allgemeiner fieberhafter Hautausschlag und als loealisirte Pocke auf dem Euter.
Der allgemeine Pockenausschlag soll nach der Angabe Bollinger's sich bei Ziegen einstellen, welche der Ansteckung durch pockenkranke Schafe ausgesetzt waren; er hat denselben Verlauf wie die Schafpocke. Nachgewiesen ist die Uebertragbarkeit der Schafpocke auf Ziegen durch natürliche Ansteckung und durch Impfung; jedoch ist die Empfänglichkeit dieser Thiere für die Pockenkrankheit keine grosse.
Hering sah, dasa von 54 Ziegen, welche unter blätternden Schafen sieh aufhielten, nur zehn pockenkrank wurden, (i. Hansen in Norwegen („Eeper-torium der Thierheilkundequot;, 41. Jahrgang), welcher während der Jahre 1807 bis 1875 die Pocken bei mehr als 1000 Ziegen beobachtete, konnte wohl.eine üeber-tragung der Krankheit von Schafen aus nicht nachweisen; gleichwohl ist nicht ausgeschlossen, dass sie zuerst durch Ziegen, die durch Schafpockengift inficirt waren, eingeschleppt worden sei und in der Folge sich durch Infection in dem betreffenden Bezirke weiterverbreitet habe. Diese. Vermuthung wird um so wahrscheinlicher, als bemerkt wird, dass die Ziegenhaltung vom Sommer 1867 bis 1869 wegen des schwunghaften Handels mit Ziegenkäse bedeutend zugenommen habe; was einen Zukauf von Ziegen von auswärts voraussetzen lässt.
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Ziegenpocke, Sehweinepocke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;191
Die zweite, localisirte Form kommt am Euter der Ziegen vor, hat die grösste Aelmlichkeit mit der Kuhpoeke, bildet aber kleinere Effloresceuzen als diese. Nach Bollinger's Ansicht stammt diese Affection entweder direct von der Kuhpoeke ab und entsteht in Folge der Uebertragung der Vaccine auf das Euter der Ziege oder sie lässt sich auf dieselben Infectionsquellen wie die Kuhpoeke zurückfuhren. Dass die Vaccine auf Ziegen übertragbar sei, ist durch den Versuch nachgewiesen.
Bei dem Auftreten der ersterwähnten Form der Pocke unter einer Ziegenheerde hätten dieselben veterinärpolizeilichen Massregeln zur Durchführung zu kommen, wie gegen die Schafpocke.
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Schweinepocke, Variola suilla.
Diese selten vorkommende Krankheit beschränkt sich gewöhnlich auf die Thiere einzelner Stallungen oder Heerden, befallt gewöhnlich zuerst junge Schweine, ist ansteckend und tilgt bei den dux^chseuchten Thieren die Empfänglichkeit für eine wiederholte Infection.
Im Jahre 1878 kam die Schweinepocke in mehreren Bezirken Nieder- und in einem Bezirke Oberösterreichs, durch einen grossen ungarischen Schweinetrieb eingeschleppt, zum Ausbruche und veranlasste unter 238 erkrankten Thieren eine Sterblichkeit von 124 Stück.
Im Beginne der Krankheit zeigen sich die Thiere matt, traurig, ihre Augen sind geröthet, die Fresslust vermindert, das Athmen beschleunigt, der Gang steif. Nach einigen Tagen tauchen an verschiedenen Körperstellen, besonders am Kopfe, Halse, an der Brust, dem Rücken und Bauche, an der inneren Fläche der Schenkel rothe Stippchen auf, welche sich zu Knötchen vergrössern, die um den sechsten Tag nach dem Ausbruche sich mit einer serös-lymphatischen Flüssigkeit füllen, zu dieser Zeit die Grosse einer Erbse erreichen, in der Mitte gewöhnlich eine Delle zeigen und von einem Hofe umgeben sind. Gegen den neunten bis zehnten Tag wird der Inhalt der Pocken eiterig und vertrocknet später zu schwarzbraunen Krusten, welche nach einiger Zeit abfallen und kleine Naz'ben hinterlassen. Rücksichtlich der Intensität des Processes und des Verlaufes kommen dieselben Verschiedenheiten vor, wie bei der Schafpocke. Pockeneruptionen auf der Schleimhaut des Maules und der Athmungsorgane und, nach Hering, auf den serösen Häuten der Brust- und Bauchhöhle wurden öfter beobachtet.
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Bollinger ist der Ansicht, dass die Sehweinepocke kaum als eine Krankheit eigener Art anzusehen sei, sondern durch Ueb ertragung- des Menschen- oder Schafpoekengiftes, oder der Vaccine veranlasst werde. Die Uebertragbarkeit der Menschenpocke auf Schweine (Viborg, Mignon, Reynal), sowie jene der Sehweinepocke auf Menschen ist zweifellos nachgewiesen, ebenso die Impf-bärkeit der letzteren auf Ziegen.
Die zur Hintanhaltung und Tilgung der Schafpocke bestehenden veterinärpolizeilichen Anordnungen hätten auch gegen die Sehweinepocke sinngemässe Anwendung zu finden.
Hundepocke, Variola canina.
Die Krankheit soll vorzugsweise junge Hunde in Folge der Ansteckung durch Menschen- oder Schafpoeken befallen und sich nicht leicht durch die Luft verbreiten. Die Empfänglichkeit der Hunde für das Pockencontagium des Menschen kann jedoch keinesfalls eine grosse sein, da sonst das Vorkommen der Hundepocke während des Herrschens von Blatternepidemien unter den Mensehen ein häufigeres sein müsste, als es thatsächlich der Fall ist. Die Möglichkeit der Ucbertragung des Pockeneontagiums des Menschen mittelst Impfung auf Hunde hat Greve nachgewiesen, welcher in drei von sechs solchen Fällen einen tödtlich endenden Pockenausbruch beobachtete.
Auch das Contagium der Schafpocke dürfte nicht leicht auf Hunde übergehen, da sonst, bei dem früher verbreiteten Herrschen der Schafpocken, die Schäferhunde nicht leicht der Ansteckung hätten entgehen können. Leblanc dagegen bemerkt, die Hundepocken häufig gesehen zu haben.
Die meisten der für Pocken gehaltenen Fälle dürften, meiner Ansicht nach, anderen pustulösen Hautausschlägen, vor Allem dem durch Acarus folliculorum veranlassten, angehört haben. Auch Bollinger hält das Vorkommen der Hundepocken für zweifelhaft und vermuthet, dass symptomatische Hautausschläge, wie bei der Staupe, oder Eruptionen zwischen den Zehen nach der Infection durch das Virus der Maulseuche für Pocken angesehen worden sein mögen.
Den Angaben nach sollen die Pocken an den meisten Körperstellen, am seltensten am Rücken vorkommen, die Erscheinungen, der Verlauf und die Varietäten ähnlich sein jenen der Schafpocke.
Pocke des Hausgeflügels.
Bei dem Hausgeflügel (Hühnern, Truthühnern, Gänsen, Tauben) soll das Vorkommen von Pocken besonders an den nicht befi ederten
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Pocke des Hausgeflügels, der Affen, Hasen, Kameele. Maulseuehe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;193
Theilen des Körpers und um den Schnabel, sowie auf den Schleimhäuten beobachtet worden sein. Leblanc beschreibt einen pockenähnlichen Ausschlag der Truthühner, der vorzugsweise Thiere im Alter von acht bis neun Monaten befällt, zuerst vereinzelt auftritt, sieh aber bald über sämmtliche Thiere des Bestandes verbreitet, mithin sehr contagiös zu sein scheint, und nach einer in der Sologne, wo die Krankheit oft vorkommt, verbreiteten Ansicht die Thiere nur einmal im Leben befallen soll. Häufig sollen die Augen der Sitz der Eruption sein und der Verlust des Sehvermögens öfter eintreten.
Von Spinola wird die Identität der sogenannten Pocken des Geflügels mit jenen der Haussäugethiere in Abrede gestellt; auch misslangen ihm die Versuche, Vaccine auf Geflügel zu übertragen. Ebenso hat Hurtrel dArboval durch die Impfung von Schafpockenlymphe auf Truthühner nur negative Resultate erhalten.
Bollinger spricht die Meinung aus, dass die als Pocke beschriebene Krankheit der Hühner und Tauben analog sei dem Molluscum contagiosum des Menschen, einer epithelialen Neubildung der Haut, in welcher sich eigenthümliche Körperchen vorfinden, die Bollinger als Gregarinen oder permanente Amöben anspricht. Die Krankheit tödtet bei dem Geflügel häufig dadurch, dass sich der Parasit in der Mundhöhle, im Rachen und Kehlkopf festsetzt und bedeutende, diphtheritisähnliche Zerstörungen veranlasst. Die Infectionsquelle dürfte, nach ihm, vielleicht in den Gregarinen der Kaninchen zu suchen sein.
Anmerkung. Der Uebergaug von Menschenpocken auf Affen wurde wiederholt beobachtet. Nach M. Schmidt sollen in Westindieu und Amerika beim Herrscheu der Menschenblattern die wildlebenden Affen ebenfalls von Pocken befallen werden. Abilgaard und Viborg gelang es, bei einem Affen durch Impfung der menschlichen Variola Pocken hervorzurufen. Die Pocken der Hasen und Kaninchen werden öfter erwähnt und als Ursache derselben Infection durch Schafpoeken vermuthet. Bollinger ist geneigt, die als Pocke bezeichnete Krankheit dieser Thiere dem als Veneiie der Feldhasen gekannten Leiden gleichzustellen.
Bei dem Kameele sollen die Pocken in Ostindien häufig und seit lange bekannt sein. In Algier wurden sie bei diesen Thieren von Agnelli beobachtet; er hält sie für einen der Kuhpocke älmlichen Ausschlag, dessen Lymphe, auf den Menschen geimpft, vor Menschenpocken schützen soll.
Maul- und Klauenseuche, Aphthae epizooticae.
Synon. Maulweh, Maulfäule, Aphthenseuche, Blasenseuche, Blasenkrankheit; Fievre aphtheuse, Stomatite aphtheuse, Cocotte,
Köll. Tliierseurben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 13
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194nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Maul-KlauensencUe. Histcirisches.
Maladie aphthongolaire/rawz.; Pebbre aftosa ital.\ Foot and mouth disease mgl.
Die Maul- und Klauenseuclie ist eine durch das Auftreten von Blasen und Geschwüren auf der Schleimhaut des Maules und auf der Haut der Krone, und des Spaltes der Klauen charakterisirte acute Infectionskrankheit, welche gewöhnlich als Seuche auftritt und bei Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen, seltener bei Pferden, dagegen auch bei dem Wilde, dem Hausgeflügel, bisweilen auch bei Hunden beobachtet wird.
Bei gewissen Thiergattungen kommt häufiger das Klauen-, bei anderen das Maulweh, bei anderen ein und das andere Leiden gleichzeitig vor, bei Rindern stellt sich nicht selten eine gleichartige Eruption auf der Haut des Euters ein.
Die in Rede stehende Seuche ist eine seit Jalubundeiten bekannte Krankheit; jedoch liegen genauere Schilderungen erst aus der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts vor, zu welcher Zeit sie in grosser Verbreitung in Deutschland und Frankreich herrschte. Eine bedeutende Invasion fand 1731 und 1732 in Frankreich und der Schweiz statt, von wo aus sich die Seuche auch über Deutschland verbreitete; eine gleich ausgedehnte kam wahrend der Jahre 1761 bis 1763 vor. Sagar gab eine zutreffende Beschreibung der im Jahre 1764 in Mähren herrschenden Seuche, welche damals nicht nur alle Gattungen von Hausthieren, sondern auch das Wild befiel. In demselben Jahre herrschte sie gleichfalls in Frankreich, wo sie auch 1776, 1777 und 1785 beobachtet wurde; während der Jahre 1776 bis 1778 kam sie wiederholt in Niederösterreich vor. Im Jahre 1809 verbreitete sich die Krankheit über Süddeutschland und die Schweiz nach Frankreich und Italien und erhielt sich dort bis 1812; eine bedeutende Invasion erfolgte 1819 in der Schweiz, Deutschland und einem Theile Frankreichs, im Jahre 1823 in der Schweiz und in Italien. Während der Jahre 1837 bis 1842 war die Seuche in Deutschland, Frankreich und England, 1845 und 1846 nahezu in ganz Europa herrschend; dasselbe war 1855 bis 1857 der Fall, ebenso im Jahre 1862 in ganz Deutschland und Frankreich. Im Jahre 1869 fanden vielfache Verschleppungen der Krankheit durch Viehtransporte mittelst der Eisenbahnen nach Holland, Belgien und England, später nach Oesterreich, Deutschland, Frankreich und der Schweiz statt; die Seuche zog sich bis in das Jahr 1871 fort und tauchte 1872 in Süddeutschland, der Schweiz und einem Theile Frankreichs neuerdings auf. Diese Invasion zeichnete sich durch eine ungeahnte Bösartigkeit und Schwere des Verlaufes aas.
Nach Bouley wurden im Jahre 1871 in Frankreich allein 700.000 Thiere von der Seuche befallen; der Verlust durch Tod oder Schlachtung betrug ungefähr 7000 Stücke. In England belief sich die Zahl der in demselben Jahre von der Krankheit ergriffenen Thiere auf 691.565, von welchen 5853 gefallen sind und 2051 getödtet wurden. Nach Straub sind im Jahre 1872 in Württemberg allein 36.208 Rinder, 8796 Schafe, 8419 Schweine, 12 Ziegen, 8 Pferde, zusammen 47.443 Thiere an der Aphthenseuche erkrankt uigt;d davon im Ganzen 1528 Viehstücke durch Tod oder Schlachtung in Abgang gekommen. Im Grossherzogthume Baden sind blos im Jahre 1872 150.000 Rinder von der Seuche befallen worden. Auch in den folgenden Jahren fanden Invasionen, wenn auch in weniger hohem
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#9632;
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Maul-Klauenseuche. Historisclies.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;195
Grade, statt. So herrschte die Seuche in Preussen in den Jahren 1872, 1874, 1875
bis 1877 in grosser Verbreitung; es wurden daselbst Erkrankungsfälle constatirt:
im Jahre 1876/77 bei 11.064 Bindern, 4.809 Schafen und 1.904 Schweinen
1877/78 , 18.589 „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2.495nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ 2.047
1878/79 „ 8.510 „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 977nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ 592
1879/80 „ 1.146 „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1.707nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ 251
Ein epizootisches Herrschen der Krankheit kam 1875 und 1877 in Sachsen,
1875 bis 1877 in Bayern, 1874 und 1877 in Württemberg vor; ebenso war Elsass-
Lothringen vom Jahre 1875 bis Anfangs 1878 von dieser Krankheit befallen; auch
in Grossbritannien herrschte die Seuche im Jahre 1875 ziemlich verbreitet.
Im Jahre 1878 wurden in den im Reichsrathe vertreteuen Ländern Oester-reichs 9403 Rinder, 347 Schafe, 43 ZiSgen und 769 Schweine als maul- und klauenkrank constatirt.
Der Aphtlienseuche kommt eine grosse volkswirthscliaftliche Bedeutung- zu. So gutai'tig die Krankheit in der Eegel auch abläuft, und so gering die Mortalität ist, welclie sie anderen acuten Infec-tionskrankheiten gegenüber veranlasst, so wesentlich sind doch die ökonomisclien Nachtheile, welche sie durch die zeitweilige Werth-verminderung der befallenen Thiere in Folge von Abmagerung und Arbeitsunfähigkeit, durch den Entgang an Milch und Molkereipro-dueten, durch die Beschränkung des freien Verkelirs und Handels mit Vieh herbeiführt; Nachtheile, welche sich dadurch, dass die Krankheit gewöhnlich einen grossen Theil des für die Infection empfänglichen Viehes einer Gegend oder eines ganzen Landes befällt, in's Ungemessene steigern.
Nach einer officiellen Schätzung soll in der Schweiz jährlich mindestens der vierte Theil aller infectionsfähigen Thiere, d. i. ungefähr eine Zahl von 248.000 Rindern und 281.000 Stück Kleinvieh von der Aphthenseuche befallen werden. Wird der hieraus erwachsende Sehade nur auf 35 Francs für jedes erkrankte Rind und auf 5 Francs für jedes Stück Kleinvieh veranschlagt, so ergibt sich eine jährliche Schädigung des Nationalvexunögens von mehr als 10 Millionen Francs. Viseur („Recueil de med. v^ter.quot; 1872) schätzt die Zahl der in Frankreich während eines Jahres an der Maul- und Klauenseuche erkrankenden Thiere gleichfalls auf ein Viertel des gesammten Viehstandes, und Bouley den wirthsehaftlichen Verlust, welchen Frankreich durch diese Seuche im Jahre 1871 allein erlitten hat, auf 30 bis 35 Millionen Francs.
In England wird der Entgang, welchen die Erkrankung je eines Stückes Rindvieh an der Maul- und Klauenseuche verursacht auf 2 Pfund Sterling veranschlagt. Der Schade, welchen das Gross-herzogthum Baden während der Jahre 18G9 bis 1872 durch diese Seuche erlitt, wird auf 3,700.000 Gulden geschätzt.
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Maul-Klauenseuche. Aetiologie.
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Aetiologie. Ueber die contagiöse Natur der Krankheit bestand seit Langem kein Zweifel; es wurde jedoch, wie für die meisten anderen Infectionskrankheiten auch für die Maul- und Klauenseuche eine zeitweilig stattfindende originäre Entwicklung angenommen und eine Reihe verschiedener Momente, wie: greller Witterungswechsel, die Fütterung mit verdorbenen, besonders von Pilzen befallenen Pflanzen, der Genuss verdorbenen oder aus Sümpfen stammenden Trinkwassers, das Treiben des Viehes auf rauhen beschotterten Strassen u. dgl., als Ursache der Entstehung beschuldigt. Da diese Voraussetzungen zur Erklärung der oft rasch erfolgenden Ausbreitung der Krankheit über grössere Länderstrecken, in welchen sehr verschiedene Verhältnisse der Viehhaltung zugegen sind, nicht ausreichten, wurde ausserdem zur Annahme eines Miasma die Zuflucht genommen.
Hadinger, welcher eine selbstständige Entwicklung der Krankheit annimmt, schreibt dieselbe Rost- und Mehlthaupilzen zu, welche mit befallenen Futterstoffen in die Maul- und Darmhöhle gelangen und mittelst der Streu mit den Fassenden in Berührung kommen.
Gegenwärtig sieht man die Krankheit als eine rein contagiöse an, welche mithin nur nach einer stattgefundenen contagiösen Infection in Folge unmittelbarer oder mittelbarer Berührung mit aphthen-kranken Thieren zum Ausbruche kommt und ist hiezu umsomehr berechtigt, da die Art der Einschleppung der Seuche in einer Gegend sieh in der Regel nachweisen und die Verschleppung des Ansteckungsstoffes nach den Richtungen des Verkehrs sich gewöhnlich verfolgen lässt.
Der Infectionsstoff, welcher dem Angeführten nach den ento-genen beizuzählen wäre, ist in dem flüssigen Inhalte der Blasen, in dem Secrete der Geschwüre, sowie in anderen Secreten, wie in dem Maulgeifer, der Milch und dem Blute kranker- Thiere enthalten. Säuglinge, deren Mütter an der Aphthenseuche leiden, erkranken in Folge des Genusses der Milch dieser letzteren in der Regel an Maulweh und Darmentzündung. Bon ley („Biilletin de TAcad^mie de med.quot; 1872) führt bezüglich der schädlichen Wirkung der Milch derart kranker Kühe auf Saugkälber die' in der Nievre beobachtete Thatsache an, dass dort 700 Kälber in Folge des Genusses solcher Milch zu Grunde gingen, und zwar dort sowohl, wo die Kälber an ihren Müttern saugten, als dort, wo sie mit dieser Milch künstlich gesäugt wurden. Durch Entwöhnen oder durch Ernährung mit der Milch gesunder oder mit der vorher gekochten Milch kranker Kühe wurde die Sterblichkeit der Kälber aufgehoben oder doch namhaft
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Maul-Klauenseuche. Äetiologie. Empfänglichkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 197
vermindert. Jon et („Reeueil de möd. v6t^r.quot; 1872) bemerkt, dass die Gefahr für die Kälber der an Aplithenseuche erkrankten Kühe weniger gross sei, wenn sie mit der Milch dieser getränkt werden, als wenn sie dieselbe saugen.
Der speeifische lufectionserreger der Aphtlunkraukheit ist noch uubekannt. Bender traf in dem Inhalte der Blasen und in dem Beschläge der Geschwüre, jedoch nicht in der Milch, zahlreiche Mikrococoen; Spinola, Hadinger und Fleming fanden auf der Schleimhaut des Maules dem Soovpilz (Oidium albicans) ähnliche Formen. Aus Gründen der Analogie iässt sich annehmen, dass auch bei der Aplithenseuche pflanzliche Mikroorganismen als die eigentlichen lufectionserreger anzusehen seien.
Das Contagium ist wesentlich den sogenannten lixenbeizuzählen; es ist jedoch immerhin möglich, dass es unter gewisse!) Verhältnissen auch mittelst der Luft auf eine, jedoch kaum bedeutende Entfernung hin verbreitet werden könne.
Die Tenacität des Contagiums ist eine bedeutende; in verseuchten und nicht desinficirten Stallungen kann es sich monatelang erhalten und die Infection neu eingebrachten Viehes veranlassen; dasselbe gilt von Eisenbahnwaggons, mittelst welcher aphthenkranke Thiere transportirt wurden, von Rauhfutter und Streu, wenn sie durch Lagerung in oder über Seuchenstallungen den Ansteckungsstoff aufnehmen konnten.
Die Ansteckung erfolgt am gewöhnlichsten durch die Berührung kranker mit gesunden Thieren auf Viehmärkten, Weideplätzen, in Ställen, an Tränken, durch das Begehen von Wegen, auf welchen kranke Thiere sich bewegt haben. Durch den Eisenbahntransport kranker Thiere, durch Trieb-, besonders Schweineheerden wird nicht selten eine weite Verschleppung über ganze Landstriche und selbst in entfernte Länder veranlasst. Das Contagium ist ausserdem durch Zwischenträger verschiedener Art, durch Menschen, Thiere, Kleidungsstücke, Dünger, durch mit Secreten kranker Thiere verunreinigte Futterstoffe, Streumaterialien u. s. w. verschleppbar.
Empfänglichkeit. Die Krankheit kommt am häufigsten bei Wiederkäuern und Schweinen, seltener bei dem Pferde und dem Hausgeflügel vor. Unter dem Wilde, besonders Hirschen, Rehen, Damwild, tritt sie bisweilen gleichfalls seuehenartig auf und kann unter demselben namhafte Verluste veranlassen. Ebenso wurde sie bei Gemsen und Kameelen beobachtet.
Der Genuss ungekochter Milch maul- oder klauenkranker, und zwar besonders solcher Kühe, welche zugleich mit dem Blasen-
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Maul-Khiuenseuche. Iramimität. Dauer.
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ausschlage am Euter behaftet sind, ist für Menschen gesundheitsschädlich. Bei vielen Personen, namentlich aber bei Kindern, welche solche Milch genossen haben, stellen sich nach vorausgegangenen Fiebererscheinungen, neben Störungen der Verdauung, Bläschen auf den Lippen, auf der Zunge und der Eachenschleimhaut, bisweilen auch blasige Eruptionen auf den Fingern, selbst auf der Haut anderer Körperpartien ein. Ebenso werden Fälle angeführt, dass durch den Genuss von Butter und Käse, die von derart kranken Thieren stammten, ähnliche Erkrankungen hervorgerufen wurden. Huslin erwähnt, dass in einem Orte, in dem beinahe sämmtliches Vieh an der Seuche litt, viele Kinder an einem Bläschenausschlag der Füsse und an Halsbeschworden erkrankten, und dass im Verlaufe mehrerer Monate unter einer Bevölkerung von ungefähr 1000 Menschen 23 Kinder und Erwachsene in Folge dieser Erkrankung starben. Die Infection wurde hauptsächlich durch Milch und Butter vermittelt.
Durch starkes Kochen verliert die Milch ihre nachtheiligen Eigenschaften.
In Folge directer Infection wunder oder exeoriirter Hautstellen, durch Besudlung mit Secreten kranker Thicre oder durch das Melken von Kühen, die mit dem Aphthenausschlage am Euter behaftet sind, treten bei dem Wartpersonale bisweilen blasige Eruptionen an den Händen oder an anderen Hautstellen unter mehr oder weniger heftigem Fieber auf, die aber in der Eegel bald zur Heilung kommen.
Eine durch den Genuss des Fleisches aphthenkranker Thiere veranlasste Infection von Mensehen ist bisher nicht bekannt geworden.
Die Dauer der Incubationsperiode beträgt gewöhnlich drei bis sechs, selten bis zu zehn und zwölf Tagen. Bisweilen erfolgt der Krankheitsausbrueh schon am zweiten Tage, was nach Impflingen nahezu die Regel ist.
Immunität. Durch die überstandene Krankheit wird die Disposition, neuerdings inficirt zu werden, wohl für einige Zeit, jedoch kaum in jedem Falle für immer getilgt.
Dauer der Seuche. Sie ist in einem Stalle von der Zahl der daselbst aufgestellten infectionsfähigen Thiere, der Schwere der Fälle und der grösseren oder geringeren Leichtigkeit der Verschleppung des Ansteckungsstoffes abhängig. Die Verbreitung der Seuche in einem Lande folgt den Verkehrswegen; sie erfolgt um so rascher, je zahlreicher diese sind, je lebhafter der Handel mit Vieh be-
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Maul-Klaueuseuche. KrticUeiimugea bei Kimlern.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;199
trieben wird und je grosser der Violistand ist; sie inaclit im Sommer grössere und raschere Fortschritte als im Winter.
Erscheinungen und Verlauf. 1. Bei Rindern. Das im Beginne der Krankheit sich einstellende Fieber wird häufig' übersehen, v. Niederhäusern („Zeitschrift für praktische Veterinärwissenschaftquot;, 1876) beobachtete während des Krankheitsausbruches bei Rindern meistens eine Temperatur von 39-60 bis 39-90, die sich selten bis 40quot; 2deg; C. erhob. Die Schleimhaut des Maules wird geröthet, deren Absonderung vormehrt, die Thiere geifern; ihre Fresslust ist vermindert, das Wiederkauen unterbrochen, Melkkühe geben weniger Milch, die zugleich eine gelbliche Färbung und ein dem Colostrum ähnliches Ansehen zeigt, herb und ekelerregendquot; schmeckt und leicht gerinnt. Schon zwei oder drei Tage später tauchen auf der liochgerötheten Schleimhaut des Maules, besonders an den Lippen, am Zahnfleische, an den Rändern und an der unteren Fläche der Zunge und zur Seite des Zungenbändchens, manchma] auch auf der Schleimhaut des Rachens hanfkorngrosse, weisse oder weiss-lichgelbe Bläschen auf, welche rasch zur Grosse einer Erbse bis Haselnuss heranwachsen, stellenweise auch ztisammenfliessen und eine anfangs wasserhelle, sich bald trübende Flüssigkeit enthalten. Bisweilen kommen ähnliehe Eruptionen auf dem Flotzmaul und in dessen Umgebung und auf der Schleimhaut der Nasenhöhle vor. Nach erfolgtem Ausbruche der Blasen treten die Fiebererscheinungen zurück. Die Bläschen bersten in den nächsten Tagen und hinterlassen entweder stark injicirte Exeoriationen der Schleimhaut, die sich binnen Kurzem wieder mit Epithel überdecken oder mit einem gelblichen, festsitzenden Beschläge belegte Gesehwürchen, die sich allmälig von der Peripherie aus reinigen, verkleinern und nach und nach eindecken. Während des Verlaufes geifern die Thiere stark und-oft in dem Grade, dass ihnen der zähe Schleim in Strängen aus dem Maule läuft; die Aufnahme des Futters, sowie nicht selten das Schlingen ist erschwert. In Folge dessen magern die Thiere bei längerer Dauer der Krankheit bedeutend ab; mit der fortschreitenden Heilung der Geschwüre und zunehmender Fresslust erholen sie sich aber wieder allmälig. Bisweilen sind auch die Erscheinungen eines intensiven acuten Nasenkatarrhes und ausgesprochene gastrische Erscheinungen zugegen. C. Harms („Jahresbericht der Thierarzneischule Hannoverquot; 1872) beobachtete bei einer grösseren Anzahl aphthenkranker Rinder die Symptome einer Magen-Darmentzündung, deren Gegenwart später auch durch die Section bestätigt wurde und die er, wohl mit Recht, für
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Maul-Klauenäeucbe. Erscheinungen bei Rindern.
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eine speeifische hält. Schwer erkrankte, trächtige Kühe abortiren bisweilen.
Bei Rindern, welche an Maulweh leiden, kommt in der Kegel auch das Klauenweh zum Ausbruche, welches aber auch den Beginn des Leidens bilden kann; in dem letzteren Falle geht dem Auftreten der localen Veränderungen an den Klauen gleichfalls durch einige Tage massiges Fieber voraus. An der Krone der Klauen, besonders an den Ballen und in der Klauenspalte erseheint die Haut geröthet, geschwollen und schmerzhaft; die Thiere gehen gespannt, schonen die betreffende Gliedmasse und zeigen, besonders wenn mehrere Füsse leidend sind, Neigung zum Liegen. An den befallenen Stellen treten binnen Kurzem anfangs kleine, dann bis zur Grosse einer Erbse oder Haselnuss heranwachsende, manchmal, besonders in der Klauenspalte zusammenfliessende Bläschen und Blasen auf, die eine fette gelbliche Flüssigkeit enthalten, welche entweder mit der Epidermis, oder nach deren Berstung zu einer Kruste über der excoriirten Hautstelle eintrocknet, unter welcher die Eindeckung mit Epidermis vor sich geht. Die Krankheit dauert meist zwei bis drei Wochen, kann sich jedoch durch den Eintritt von Nachschüben, oder wenn die Klauen der einzelnen Füsse nacheinander befallen werden, auch weiter hinaus erstrecken. In unreinen Ställen, bei unzweckmässiger, zu eingreifender Behandlung, dann dort, wo derart kranke Thiere auf beschotterten Strassen oder auf Stoppelweiden getrieben werden, kann es zur Bildung langwieriger Geschwüre, besonders im Klauenspalte kommen, welche dann längere Zeit zu ihrer Heilung bedürfen. Seltener wird bei Rindern ein Uebergreifen der Entzündung von der Krone aus auf die eingeschlossenen Weichtheile der Klauen und die Bildung von Abseessen innerhalb des Klauenschuhes mit ihren Folgen beobachtet.
Bei Melkkühen, welche an Maul-Klauenweh leiden, tritt häufig der Aphthenausschlag auch auf dem Euter und den Zitzen auf, wodurch das Melken erschwert und zur Bildung von Schrunden und Geschwüren Anlass gegeben wird. Die Milch derart kranker Kühe zeigt die früher angeführten Veränderungen am auffallendsten und scheidet überdies beim Stehen gewöhnlich schleimige Stränge oder Klumpen aus.
Bei manchen Thieren stellt sich auch eine Entzündung der Haut der Hornzapfen ein, in Folge welcher die Homer locker werden können. Lohrer („Thierärztliche Mittheilungenquot; 1875) beobachtete auch Aphthenblaschen um .den Grund der Hörner, aus welchen sich Geschwürchen hervorbildeten, die in einem Falle das
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Maul-Klauenseuehe. Brgcbeinungtm bei Schafen, Ziegen, Schweineu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 201
Abstossen eines Homes vom Hornzapfen zur Folge hatten. Selten ist das Vorkommen des Blasenausschlages auf dem Wurfe und dem Scheideneingange, sowie Phlyktänenbildung auf der Cornea. Pech („Magazin für Thierheilkundequot;, 39. Jahrgang) erwähnt ausserdem des Vorkommens von Aphthen an den zarten Partien der Bauch-und Brustwandungen.
In der Regel ist der Verlauf der Krankheit ein günstiger, so dass ihr von vielen hundert Kranken oft nur wenige, und zwar meist von früher her kränkelnde Thiere, sowie Kälber zum Opfer fallen. Es kommen jedoch auch Seucheninvasionen vor, welche sich durch eine ungewohnte Bösartigkeit des Verlaufes auszeichnen, wie jene des Jahres 1872. Im Laufe solcher schwerer Invasionen kommt es bei manchen, unter heftigem Fieber und intensivem Darmleiden ablaufenden und tödtlich endenden Fällen bisAveilen nicht zur Bildung von Aphthen an den gewöhnlichen Stellen; der Krankheitsverlauf zeigt dann Aelmlichkeit mit jenem bei Anthrax, ohne dass jedoch die Section den Befund des letzteren ergeben würde. Bellinger ist der Ansicht, dass in solchen Fällen nicht die gewöhnliche Localisation, sondern die durch das Virus hervorgerufene AU-gemeinvergiftung in den Vordergrund trete.
2.nbsp; Bei Schafen und Ziegen erfolgt die Localisation auf der Maulschleimhaut viel seltener als jene auf der Haut der Klauen. Die Aphtheneruption im Maule beschränkt sich in der Regel auf den zahnlosen Rand des Oberkiefers; beim Klauenweh kommt es nicht häufig zur Bildung von Blasen; meistens transsudirt aus der entzündlich infiltrirteu Haut der Klauenkrone und des Klauenspaltes eine lymphatische, bald zu Krusten vertrocknende Flüssigkeit. Namentlich bei Schafen kommt es bisweilen zur Entzündung und Eiterung innerhalb des Klauenschuhes, sowie zur Entzündung der Klauendrüse. In manchen Fällen finden blasige Eruptionen auf der Scham und Scheide statt.
3.nbsp; Bei dem seltenen Maulweh der Schweine treten die Blasen auch auf dem Eüssel und in dessen Umgebung auf. Dagegen ist die Klauenseuche unter diesen Thieren sehr häufig und wird, wie erwähnt, durch derlei Triebe oft über weite Landstrecken verschleppt und verbreitet. In Folge des Begehens harter oder nasser Strassen kann es bei derart kranken Thieren zu einer heftigen, zum Verluste der Klauen führenden Entzündung der Fussenden kommen.
Bezüglich des Verlaufes und Ausganges verhält sich die Krankheit bei Schafen, Ziegen und Schweinen wie jene bei Rindern.
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Maul-Klauenseuche. Bei Pferden, beim Wilde, bei Fleischfressern.
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4.nbsp; Bei Pferden kommt die Aphthenseuehe im Ganzen nicht litlufig- vor, erlangt jedoch bisweilen eine seuchenartige Verbreitung unter den Pferden eines Stalles oder Bestandes; manchesmal ist eine Debertragung der Krankheit von Rindern aus nachweisbar. In den leichteren Fällen verhält sich die blasige Eruption wie beim Rinde; in den schwereren, die mit hohem Fieber verbunden sind, kommt es förmlich zu croupähnlichen Auflagerungen zwischen den Blasen und zur Bildung- grösserer, bisweilen tiefgreifender Geschwüre, welche den Pferden die Aiifnahme von Rauh- oder Körnerfutter erschweren oder nahezu unmöglich machen und einer längeren Zeit zur Heilung bedürfen. Bei solchen schwerer erkrankten Pferden erstreckt sich der Process häufig auch auf die Schleimhaut des Rachens und ist dann mit den Erscheinungen eines Bronchial-katarrhes und eines acuten Magen- und Darmkatarrhes complicirt. Nicht selten stellen sich bei Pferden, welche an Maulweh leiden, auch blasige Efflorescenzen auf der Schleimhaut der Nase, Entzündung und Verschwärung der Follikel an den Lippen, den Nasenflügeln und deren nächster Umgebung, Entzündung der Lymph-gefässe an den Backen, Entzündung und Abscedirung der Lymphdrüsen im Kehlgange ein. In den schwereren Fällen dauert der Ki-ankhoitsverlauf drei bis vier Wochen; während desselben magern die Pferde ab nnd erholen sich erst nach einiger Zeit.
Sondermann („Thierärztliche Wochenschriftquot; 1874) führt an, dass zur Zeit des Herrschens der Maulseuche unter den Pferden des königl. Marstalles in München ein Wärter sieh an mehreren Fingern eine Infection mit bedeutender Entzündung der betreffenden Fingerglieder und hochgradiger Lymphgefässentziindung am Arme zuzog.
5.nbsp; Bei dem Wilde (Hirschen, Damwild, Rehen, Wildschweinen) verläuft die Krankheit unter denselben Erscheinungen wie bei den Hausthieren.
6.nbsp; Bei den Fleischfressern kommt die Aphthenseuehe selten vor; sie ist meistens durch den Genuss der Milch maulseuchekranker Kühe veranlasst.
Adam („Thierärztliche Wochenschriftquot; 1872) beschreibt drei Erkrankungen von Hunden, bei welchen wohl die Ansteckung nicht direct nachweisbar, jedoch wahrscheinlich war. Sie zeigten Schmerzen au den Füssen und Entzündung der Haut zwischen den Ballen; in einem Falle waren geschwürige Stellen zwischen den Zehen, dann vermehrte Speichelsecretion zugegen. Bei der Section der Hunde fanden sich ausserdem Erosionen an den Lippen, der Zunge und den Backen. Uhlich („Bericht über das Veterinärwesen in Sachsenquot;, 20. Jahrgang) beobachtete die Maul- und Klauenseuche bei einem Hunde, der in einen verseuchten Stall gesperrt worden war.
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Maul-Klaucnseuehe. Beim Geflügel. Beliamllimg.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;203
Nach Leime it („Bericht über das Veterinkrwesen in Sachsenquot;, 20. Jahrgang) verloren mehrere Katzen, welche Milch von aphthenkranken Kühen genossen hatten, den Appetit, fieberten, erbrachen sich und gingen lahm; in der Mundhöhle und am Zahnfleische fanden sieh Erosionen und Blasen, bei einem Thiere auch Blasen auf der Nase und dem Vorkopfe. Aehnlicbes constatirte Uli lieh (ebendaselbst) aus derselben Ursache bei einer jungen Katze.
7. Audi bei Hausg-eflü^el, welches der Ansteckung ausgesetzt war, was namentlich bei dessen Aufenthalt in Ställen, deren Vieii-stand an Aphthenseucho erkrankt ist, der Fall sein kann, kommt der Blasenausschlag an verschiedeneu Stellen, bei Truthühnern auf der Zunge und dem Rachen, bei Hühnern ebendaselbst, dann auf der Nasenschleimhaut, der Bindehaut der Augen, um die Nasenlöcher und am Kamme, bei Gänsen an den Fassen und vor Allem auf den Schwimmhäuten vor.
Befund. Bei der Section von Thieren, welche an der Krankheit zu Grunde gegangen oder wogen gefahrdrohender Entwicklung derselben geschlachtet woi'den sind, finden sich aussei den schon während des Lebens wahrnehmbaren Veränderungen bisweilen Aphthen auf der Nasenschleimhaut, dem Gaumensegel, dem Schlundkopfe (Pech), im Kehlkopfe (Hertwig), ferner intensive Magen- und Darmentzündung, Erosionen (Straub), selbst Aphthen (Jonet) im Magen und Darme, Leber und Nieren manchmal im Zustande der trüben Schwellung und parenehymatösen Entzündung (Bollinger).
Behandlung, Bei der Behandlung- spielt die Diätetik eine Hauptrolle. Man sorge für Reinlichkeit im Stalle und für eine hinreichende Menge weicher, reiner Streu, vermeide den Austrieb auf rauhe Strassen oder nasse Weiden, setze den Thieren weiches Futter, gekochte Knollen- oder Rübengewächse, Schrot, Grünfutter, Kleientränke, Schweinen auch Molken, Buttermilch, saure Milch und Kleie vor und lasse ihnen bei Maulweh angesäuertes Trinkwasser reichen. Eine eingreifende therapeutische Behandlung erweist sieh in den meisten Fällen eher schädlich als nützlich.
Bei der leichteren Form des Maulwehs genügt schon das mehrmals täglich wiederholte Ausspritzen des Maides mit kaltem oder mit durch Essig angesäuertem Wasser. Sind zahlreichere Exco-riationen oder Geschwüre im Maule zugegen, so können zu derlei Ausspritzungen adstringirende Abkochungen wie von Heidekraut, Salbei u. dgl., oder eine schwache 1- bis 20/oige Lösung von Carbol-säure oder von chlorsaurem Kali oder von Borax benützt werden. Bei der schweren Form des Maulwehs der Pferde empfiehlt sich nebst den genannten Ausspritzungen auch das Touchiren der Ge-
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Maul-Klauentieuulie. Impfuug. Veterinärpolizei.
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schwüre mit Höllenstein in Substanz oder mit einer 5- bis 100/oigen wässerigen Lösung desselben. Bei der Behandlung des Klauenwehs ist Reinhaltung der Klauen, welche durch öfteres Waschen und darauffolgendes trockenes Verbinden derselben zu erzielen ist, die Hauptsache. Die sieh bildenden Erosionen und Geschwüre können mit Blei- oder Kalkwasser, Alaunlösung oder mit sehwacher Carbolsäurelösung gewaschen und verbunden werden. Ansammlungen von Eiter innerhalb des Klauenschuhes sind nach den Regeln der Chirurgie zu behandeln.
Stellen sieh Aphthen auf dem Euter oder auf den äusseren Geschlechtstheilen ein, so genügt unter Einhaltung der Reinlichkeit ein indifferentes Verhalten; excoriirte Stellen oder Geschwüre an den Zitzen können das Bestreichen mit Bleisalbe oder Collodium und manchmal das Einlegen von Milchröhrchen nothwendig machen.
Im Beginne der Krankheit kann in Fällen, bei welchen heftigeres Fieber vorhanden ist, von den antiphlogistischen Salzen Gebrauch gemacht werden. Dasselbe kann bei andauernder Verstopfung geschehen.
Impfung. Zum Zwecke der Abkürzung der Seuchendauer und der verhängten Sperrmassregeln kann in grösseren Viehbeständen, in welchen eine Separation der gesunden von den kranken Thieren nicht durchgeführt werden kann und daher eine allmälige Verbreitung der Krankheit von Thier auf Thier in sicherer Aussicht steht, die Impfung der noch gesund erscheinenden Stücke vorgenommen werden. Hiezu kann der Geifer des Maules, oder der Inhalt der Bläschen benützt werden; um eine Infection zu bewirken, genügt es schon, den Geifer kranker Thiere in die Maulschleimhaut der anzusteckenden Thiere einzureiben oder den letzteren Futter vorzulegen, welches mit solchem Geifer benässt ist.
Veterinärpolizei. Das österreichische und das deutsche Thiersouchengesetz treffen nur gegen die Maul- und Klauenseuche der Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine Bestimmungen. Bei einem etwaigen seuchenartigen Auftreten der Krankheit unter den Pferden könnten diesen ähnliche Massregeln verhängt werden. Bezüglich der Hintanhaltung der Einschleppung der Seuche aus dem Auslande gelten die allgemeinen Bestimmungen, in Betreff der tbunlichsten Beschränkung der in dem Inlande zum Ausbruche gekommenen Krankheit insbesondere die rücksichtlich der Beaufsichtigung der Viehmärkte und der Viehtriebe, sowie der Desinfection der zum Viehtransporte benützten Eieenbahnwaggons and Schiffe erlassenen Anordnungen.
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Manl-Klauensenche. Veterinärpolizei.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 205
Das österreichische Thierseuehengesetz und dleDarch-fuhrungsverordnung zu demselben enthalten (sect; 26) folgende, diese Krankheit betreffende specielle Bestimmungen.
Anzeige. Nach erfolgter amtlicher Constatirung hat die Gemeindebehörde bei neuen Seuchenausbmchen in bisher verschonten Stallungen die Sperrmassregeln anzuordnen, ohne dass es hiezu einer besonderen Erhebung durch den Amtsthierarzt bedarf.
Sperrmassregeln. Seuchekranke und verdächtige Thiere unterliegen der Absonderung und Stallsperre. Aus verseuchten Stallungen dürfen ausnahmsweise nur die zur sofortigen Schlachtung-bestimmten Thiere unter der Voraussetzung entfernt werden, dass der Abtrieb ohne Gefahr einer Verschleppung des Ansteckimgs. stoffes geschehen kann.
Unter Sperre stehende Thiere dürfen auf die Weide nicht gebracht werden, wenn hieraus die Gefahr einer Verschleppung zu besorgen ist. Bei dem Ausbruche der Seuche bei Vieh; welches ständig auf der Weide gehalten wird, ist der Weideplatz abzusperren und mit Warnungszeichen zu versehen.
Fremden Personen ist der Zutritt zu den Seuchenstaliungen nicht zu gestatten; in einem solchen Stalle oder bei kranken Thieren beschäftigte Personen dürfen den Seuchenstall nur nach erfolgter Reinigung der blossen Körpertheile, des Schuhwerks und der Kleider verlassen.
Wird die Seuche bei Thieren während des Triebes constatirt, so ist deren Weitertrieb einzustellen und deren Absperrung zu veranlassen.
Die Ausfuhr von Dünger aus Seuchenhöfen auf Wegen, welche von Wiederkäuern und Schweinen anderer Höfe begangen werden, ist, falls die Gefahr der Contagiumsverschleppung nicht durch geeignete Vorkehrungen beseitigt werden kann, zu verbieten; ebenso darf im Seuchenstalle gelegenes Rauhfutter nicht entfernt werden.
Bei grösserer Verbreitung der Seuche in einer Ortschaft ist daselbst, und nach Erfordernisraquo; auch in benachbarten Ortschaften, die Abhaltung von Viehmärkten, mit Ausnahme von Pferdemärkten, zu verbieten, die verseuchte Ortschaft ist durch Warnungstafeln kenntlich zu machen und nach Erforderniss gegen den Durchtrieb von Wiederkäuern nnd Schweinen abzusperren; auch kann der Austrieb gesunder Thiere, mit Ausnahme der zur sofortigen Schlachtung bestimmten, aus seuchefreien Stallungen in andere Orte verboten werden.
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Maul-Klauenseache. Veterinärpolizei,
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Die Absperrung kann in grösseren Orten auf einzelne Theile oder Strassen bescliränkt werden. Ist die Seuche über einen grösseren Landstrieb verbreitet, so kann die politische Landesbehörde den Verkehr mit Wiederkäuern und Schweinen innerhalb dieses, genau zu bezeichnenden und kundzumachenden Gebietes unter zu bestimmenden Vorsichten gestatten, wobei jedoch der Verkehr mit diesen Thiergattungen vop dem verseuchten Gebiete heraus vind in dasselbe hinein zu verbieten ist.
Desinfection. Die von kranken Thieren stammenden Häute sind zu desinficiren, die verseuchten Ställe, Käumlichkeiten und Geräthe gründlich zu reinigen.
Sanitätspolizei. Die Nutzanwendung und der Verkauf der Milch kranker Thiere in ungekochtem Zustande ist verboten. Auf die gesundheitsschädliche Beschaffenheit solcher Milch hat die Seucheneoimnission aufmerksam zu machen und vor dem Genuss zu warnen.
Die Zulässigkeit der Schlachtung kranker Thiere zum Zwecke des Flcischgcnusses hängt von dem Gutachten des Thierarztes ab. Von solchen zur Schlachtung zugelassenen Thieren sind die krankhaft veränderten Theile jedenfalls zu entfernen und zu vernichten.
Erlöschen der Seuche. Die Seuche ist in den einzelnen Seuchenorten als erloschen zu erklären, wenn kranke Thiere nicht mehr vorhanden sind, während 14 Tagen nach dem letzten Gcne-sungs- oder Todesfalle keine Erkrankung weiter vorgekommen und die vorschriftsmässige Reinigung vollzogen ist.
Ein als verseucht erklärter und unter Sperre nach aussen gestellter Landstrich ist nach Massgabe des Erlöschens der Seuche in den inbegriffenen Ortschaften einzuschränken.
Das deutsche Viehser.chengesetz bestimmt für den Fall, als der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche durch das Gutachten des beamteten Thierarztes festgestellt ist, dass die Polizeibehörde auf die Anzeige neuer Senchenausbrüche in dem Seuchenorte selbst oder in dessen Umgegend sofort die erforderlichen jiolizei-lichen Schutzmassregeln anordnen könne, ohne dass es einer nochmaligen Zuziehung des beamteten Thierarztes bedarf (sect; 15).
Das Schweizer Thierseuchengesetz vom Jahre 1872 verhängt über Jene eine Strafe von 10 bis 500 Francs, welche im Besitze von Thieren betroffen werden, die an Maul- und Klauenseuche leiden, ohne hievon den Behörden Kennt-niss gegeben zu haben, und verordnet Sperrmassregeln für verseuchte Ställe und Weiden, welche erst zwei bis drei Wochen nach erwiesenem Verschwinden der Krankheit und vollzogener Desinfection aufgehoben werden dürfen, und Verkehrs-beschränknngen für Ställe und Weiden, welche sich in unmittelbarer Nähe der inficirton Localitiiten befinden, oder Thiere enthalten, die mit den erkrankten in Bertthmng gekommen sind.
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Rotz-Wurmkrankh^it.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;207
Das grossbritannische Thierseuch engesetz vom Jahre 1878 verordnet identische Verkehrsbeschränkungen der von der Apbthenseuche befallenen Orte und Districte, wie bei Lungenseucbe und bestimmt, dass die Seuche frühestens nicht vor Ablauf von vierzehn Tagen und nicht später als acbtundzwanzig Tage nach dem Aufhören der Krankheit als erloschen erklärt werden darf.
Die königl. belgische Entschliessung vom 31. December 1867 führt die Maul- und Klauenseuche der Rinder, Schafe und Schweine als eine jener ansteckenden Krankheiten an, bei welchen die Unterlassung der Anzeige und die Uebor-tretung der, die Absperrung betreffenden Anordnungen zu einer Strafamtshandlung Anlass gibt.
Das dänische Gesetz vom 29. December 1857 verpflichtet zur Anzeige und zur Einleitung von Sperr- und Desinfectionsmassregeln.
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Rotz-Wurmkrankheit, Malleus humidus et farcimi-nosus, Malleasmus.
Synon. Rotz, ßotzigkeit; Morve/mnz.; Moceio, Morvo, Cimurro ital.\ Glanders engl., Wurm, Hautwurm, Hautrotz; Farcin franz.\ Fareino ital.\ Farcy engl.
Der Rotz ist eine speeifische ansteckende Krankheit des Pferdegesclileclites, welche von diesem aus auf andere Thiere und auf den Menschen übertragbar ist.
Als eine von dem Rotze verschiedene Krankheit wurde früher der Wurm angesehen. Abilgaard und Viborg dürften die Ersten gewesen sein, welche sich für die Identität beider Krankheitsformen aussprachen. Gegenwärtig besteht über letztere wohl keine Verschiedenheit der Ansichten mehr; da sichergestellt ist, dass durch die natürliche und absichtliche Uebertragung des Rotzgiftes der Wurm und durch Infection mittelst des Virus des Wurmes der Rotz hervorgerufen werden könne, ausserdem aber auch die histologische Gleichartigkeit der Rotz- und der Wurmneubildung ausser Zweifel steht. Entsprechend dem früheren Sprachgebrauche bezeichnet man den Process als Rotz, wenn er vorerst .auf der Schleimhaut der Nase und der Luftwege überhaupt und in den nahegelegenen Lymphdrüsen, als Wurm (besser Hautrotz), wenn er auf der Haut, in dem Unterhautbindegewebe und seeundär in den benachbarten Lymphgefässen und Lymphdrüsen auftritt; jede dieser Locali-sationsformen kann (wenigstens einige Zeit hindurch) für sich bestehen, oder aber nahezu gleichzeitig oder eine im Gefolge der anderen auftreten.
Die Eotzkrankheit scheint schon im Altertluimc bekannt gewesen zu sein; ausdrücklich erwähnt wird sie zuerst von Apsyrtns im vierten und von Vcgetius, der sie mit dem Namen „Malleus humidusquot; bezeichnet, im fünffen Jahrhunderte.
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Rotzkrankbeit. Historisches.
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Im Jahre 1618 beschreibt sie Ruini und 1669 Solleysel; van Helmont (1682) suchte von ihr die Syphilis des Menschen abzuleiten. Während bis dabin der Rotz für eine Allgemeinkrankheit angesehen wurde, hielten im siebenzebnten Jahrhunderte die beiden Lafosse in Frankreich die Ansicht aufrecht, der Eotz sei ein blosses Localleiden der Schleimhaut der Nasenhöhle, welches auch durch locale Mittel behandelt und geheilt werden könne, und die in anderen Organen vorfind-lichen Veränderngen wären als solche nicht dem Rotze als solchem zugehörig.
Dieser Ansicht von der rein localen Natur der Rotzkrankheit traten Bour-gelat und später Chabert, Huzard, Coleman, Kersting, Abilgaard, Viborg, Waldinger u. A. entgegen, von welchen überdies Mehrere bereits für die Identität des Wurmes und Rotzes in die Schianken traten.
Obwohl die Meinung von der Contagiosität des Rotzes auf Grund der unter gewöhnlichen Verhältnissen gemachten Erfahrungen und des Ergebnisses vorgenommener Uebertragungsversuche ziemlich allgemein feststand, wurde sie doch gegen Ende des achtzehnten und im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts von Frankreich aus wieder in Zweifel gezogen und sogar unbedingt in Abrede gestellt. Dieser Ausspruch stützte sich einerseits auf die von den beiden Lafosse u. A. ausgesprochene Meinung von der rein localen Natur der Rotzkrankheit, andererseits auf die später aufgetauchte Ansicht, dass der chronische Rotz eine Tuberculose (Dupny) oder eine locale Phthise der Nasenschleimhaut (Godine, Vatel) sei, und wurde vor Allem von der Thierarzneischule zu Alfort vertheidigt und aufrecht erhalten. In Folge dieser Lehrmeinung, welche zahlreiche unbedingte Anhänger fand, wurden in Frankreich die gegen den Rotz erlassenen veterinärpolizeilichen Massregeln nicht weiter durcl ige führt und rotzige Pferde nicht nur zum freien Gebrauche, sondern auch zum Verkaufe zugelassen. Eine Folge davon war eine enorme Verbreitung dieser Krankheit unter den Pferden der Fuhrwerksunternehmer, der Posten und der Armee in Frankreich. Obwohl ausgezeichnete französische Veterinäre und unter ihnen voran die ganze Thierarzneischule zu Lyon, dann englische und deutsche Thierärzte dieser Meinung entgegentraten und die Contagiosität des Rotzes auf Grund von Thatsachen vertheidigten, brachten doch erst die Verhandlungen der Pariser Akademie der Medicin in den Jahren 1837 und 1838, welche Körperschaft die Uebertragbarkeit des Rotzes, in welcher Form er immer auftrete, vertheidigte, einen, wenn auch nur allmäligen Umschwung in der vorherrschenden Ansicht zu Wege, und erst im Jahre 1854 wurde durch einen an die Truppenkörper ergangenen Erlass des französischen Kriegsministeriums der Rotz, und zwar sowohl der acute als der chronische, als eine contagiöse Krankheit erklärt und demgemäss eine Reihe veterinärpolizeilicher Massregeln zur Tilgung derselben erlassen. Noch während der Jahre 1835 bis 1845 belief sich nach Renault die Mortalität der französischen Armeepferde in Folge von Rotz auf 61 von 1000, und 1845 bis 1850 auf 21 von 1000 im Durchschnitt.
Ueber das Wesen der Rotzkrankheit machten sich verschiedene Ansichten geltend; während eine Anzahl von Beobachtern sich nach dem Vorgange Dnpuy's für die tuberculose Natur aussprach, verglichen sie Andere, namentlich die acute Rotzform mit dem diphtheritischen Prooesse, oder erklärten sie, gastützt auf die vermeinten Resultate von Eiterinfnsionen in das Blut, für eine Form der Pyämie oder Septichämie. Hienach wurde die Möglichkeit einer SelbsteTitwicklung des Rotzes einerseits und das Hervorgehen desselben aus anderen Krar.kheitsprocessen andererseits nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern vielmehr aufrechterhalten und besonders betont.
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Nach dem gegenwärtigen Stande der Kenntnisse wird die originäre Entwicklung dieser Krankheit von der Mehrzahl der ßeohachter als nicht erwiesen in Abrede gestellt, und der Rotz als eine Infectionskrankbeit eigener Art angesehen, welche nur in Folge der Einführung specifischer Infectionserreger in den Thier-körper entsteht. Die genauere Keuntniss der specifischeu, dei; Rotz charakterisiren-den Neubildung ist besonders durch Virchow, Leisering und Gerlach gefördert worden.
Aetiologie. Der Pferderotz kommt in allen Klimaten, in heissen ebensowohl wie in kalten und gemässigten vor. Die Häufigkeit seines Vorkommens und der Grad seiner Verbreitung ist von den Verhältnissen des Verkehrs und der Art der DurcLfülirung der veterinärpolizeilichen Massregeln abhängig; deshalb sieht man ihn während und im Gefolge von Kriegen die grössten Verheerungen anrichten. Die Krankheit wird bei Pferden jeden Geschlechtes und Alters beobachtet; wenn sie bei erwachsenen Thieren häufiger vorkommt als bei Fohlen, so ist der Grund hievon wohl darin zu suchen, dass jene, vermöge der Art ihrer Verwendung, der Ansteckungsgefahr häufiger ausgesetzt sind als diese. Dass jedoch das Erkrankungsproeent bei jüngeren Thieren kein geringeres ist, als jenes der erwachsenen Pferde, zeigt sich ganz offenbar dann, wenn die Krankheit in Fohlenhöfen oder Gestüten zum Ausbruche kommt, wo sie dann bisweilen enorme Verheerungen anrichtet.
Manche Vertheidiger der Selbstentwicklung der Rotzkrankheit waren, selbst wenn sie die Contagiosität der einmal entstandenen Krankheit zugaben, der Ansicht, dass ungenügende Fütterung, verdorbene Nahrungsmittel, der Aufenthalt in den hygienischen Anforderungen nicht entsprechenden Stallungen, ungünstige Witterungs-verhältnisse, besonders Kälte und Nässe, übermässige Anstrengung im Dienste u. s. w., mithin Einflüsse, welche als Ursachen von Erkrankungen überhaupt beschuldigt werden, und zwar entweder jede Schädlichkeit für sich allein, oder bei dem Zusammenwirken mehrerer derselben den Rotz hervorrufen können. Eine vorurtheils-lose Beobachtung hat jedoch das Unbegründete dieser Annahme und die Thatsache nachgewiesen, dass die Krankheit auch bei Pferden auftritt, die unter den günstigsten Verhältnissen und bei Femhaltung aller erwähnten Schädlichkeiten gehalten werden.
Von anderer Seite wurde angenommen, dass der Rotz im Verlaufe anderer Krankheiten, besonders katarrhalischer Leiden der Schleimhäute der Respirationsorgane, bei welchen eine reichliche Schleimsecretion stattfindet, wie des acuten und besonders des chronischen Katarrhes der Nasen- und ihrer Nebenhöhlen, der sogenannten Drüse, sowie aus verschiedenartigen chronischen Leiden,
H.iU. Tliierscmlicn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 14
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wie Räude, Mauke u. dgl. sich entwickeln könne. Auch diese Annahmen erwiesen sich als irrig. Die Katarrhe, aus welchen der Rotz hervorgehen sollte, stellen sich als Begleiter des in den Respirationswegen bereits vorhandenen Rotzprocesses, mithin nicht als Ursache, sondern als Theilerscheinung dieser Krankheit heraus, und die Entwicklung aus Räude, Mauke und anderen chronischen Erkrankungen, besonders der Haut, ist rein hypothetisch und durch nichts erwiesen; abgesehen davon, dass in manchen Fällen der noch nicht deutlich ausgesprochene Hautrotz (Wurm), in dessen weiterem Verlaufe der Nasenrotz sich entwickelte, mit einem anderen chronischen Hautleiden verwechselt worden sein mag.
Aehnlich verhält es sich mit der Ansicht, dass die Aufnahme von Eiter oder Jauche in das Blut (beispielsweise im Verlaufe von Widerristfisteln, complicirten Knochenbrüchen, jauchenden Wunden u, dgl.) Rotz erzeugen könne (Renault, Bouley u. A.). Die Versuche, welche diese Art der Entwicklung nachweisen sollten, stammen aus einer Zeit, wo die Diagnose der Rotzneubildung und die Pro-ducte pyämischer und septichämischer Proeesse noch nicht feststand, während die in neuerer Zeit an Pferden häufig wiederholten Versuche der Injection von Eiter und Jauche in Rücksicht auf die Hervorrufung des Rotzes stets nur negative Resultate ergaben. Die Annahme also, dass der Rotz sich spontan oder im Verlaufe und als Folgeleiden anderer Krankheitsproeesse entwickeln könne, hat auf Grund vorurtheilsloser und eingehender Beobachtungen nach dem dermaligen Stande unserer Kenntnisse und insbesondere noch im Hinblicke auf die über die primäre Localisation des Rotzprocesses in den Lungen gewonnenen Thatsachen gegenwärtig ihre Grundlage verloren und zählt, obwohl noch jedes Jahr vereinzelte Fälle einer spontanen, d. h. ohne nachweisbare Infection von einem rotzkranken Thiere aus stattgefundenen Entwicklung der Krankheit publicirt werden, nur mehr wenige Anhänger.
Die schon in alter Zeit anerkannte, später aber wieder vielseitig und beharrlich in Abrede gestellte Contagiosität der Rotzkrankheit, und zwar sowohl in ihrer chronischen als in ihrer acuten Form wird heutzutage wohl von keiner Seite mehr in Zweifel gezogen. Jedoch hat die, in Deutschland besonders von Gerlach vertretene Ansicht, dass der Rotz immer und allein nur in Folge einer vorausgegangenen Ansteckung sich entwickle, mithin eine rein contagiöse Krankheit sei, erst in der jüngsten Zeit die Zustimmung der vorurtheils-losen Beobachter sich errungen. Sie ist gegenwärtig die herrschende und musste auch in der Gesetzgebung ihren Ausdruck finden.
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Zur Anerkennung dieser Ansicht hat vor Allem die sichergestellte Thatsache beigetragen, dass die Ansteckung viel öfter als früher zugegeben wurde, durch das in der Luft suspendirte, von rotzkranken Thieren ausgehende Contagium erfolgt, und dass der Rotzprocess häufig in den oberen Theilen der Nasenhöhle, im Kehlkopfe und besonders in den Lungen schon zu einer Zeit zugegen ist, wo die der unmittelbaren Untersuchung zugänglichen, seit Langem als Localisationsstätten des Rotzes bekannten Körpertheile (Haut und unterer Abschnitt der Nasenhöhle) noch vollkommen intact sind. Hiedurch wird es begreiflich, dass anscheinend gesunde, d. i. die Erscheinungen des Nasen- oder Hautrotzes nicht darbietende Pferde, gleichwohl an dem sogenannten Lungenrotz leiden und andere Pferde anzustecken vermögen. Bei den letzteren konnte dann, insolange die Quelle der Infection unbekannt bleibt, eine originäre Entwicklung der Krankheit ganz wohl supponirt werden.
Der Infectionsstoff des Rotzes kann sich mittelst der Luft verbreiten und wirksam erweisen und hat mithin die Eigenschaft eines sogenannten flüchtigen Contagiums; er ist aber auch in dem Nasen-ausflusse, in den Bestandtheilen der Rotzneubildungen, in dem Secrete der speeifischen Geschwüre, ferner, wie schon vonViborg und nach ihm von Bouley, Hering, Gerlach u. A. nachgewiesen worden ist, in dem Blute, in den aus ihm abgeschiedenen Secreten (Schweiss, Milch, Harn, Speichel u. s. w.) und in dem Fleische enthalten und besitzt daher auch die Eigenschaften eines sogenannten fixen Contagiums.
Um zu constatiren, zu welcher Zeit nach der Infection mit Eotzgift das Blut eine infectiöse Eigenschaft annimmt, wurden in Dorpat („Oesterreichische Monatsschrift für Thierheilkundequot; 1877) vier Kaninchen mit dem Blute der Drosselvene eines fünf Tage vorher mit Kotzgift geimpften Pferdes geimpft. Aus dem Umstände, dass sämmtliche Impflinge eingingen, ohne eine Spur von Rotz zu zeigen, wird geschlossen, dass das Blut des inficirten Pferdes, welches drei Wochen nach der Impfung an Rotz starb, am vierten Tage nach der Impfung noch keine virulenten Eigenschaften erlangt habe. Nach Semmer („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot; I.) hatte die zweimal wiederholte Injection defibrinirten Blutes eines rotzigen in die Jugularvene eines gesunden Pferdes den Ausbruch der Rotzkrankheit neunundneunzig Tage nach der ersten Injection zur Folge.
Der Ausbruch der Rotzkrankheit bei Löwen in Folge der Verfütternng des Fleisches rotzkrank gewesener Pferde wurde wiederholt beobachtet (Hertwig, Bassi, de Silvestri, Gerlach u. A.) und die Diagnose durch das positive Resultat der Impfung des Nasenausflusses solcher erkrankter Löwen auf Pferde, Esel und Maulthiere sichergestellt.
Die Einführung der Infectionserreger, welche den entogenen beizuzählen wären, erfolgt am häufigsten mittelst der Athemluft in
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die Respirationsorgane, dann mittelst der Secrete rotziger Pferde auf die Schleimhaut der Nasenhöhle und auf die allgemeine Decke, besonders wenn diese letzteren verletzt sind. Die Infection von Pferden von der Magen- und Darmschleimhaut aus nach der Aufnahme von Futterstoffen welche mit Auswurfstoffen rotzkranker Thiere verunreinigt sind, gehört zu den seltenen Vorkommnissen.
Die Distanz, auf welche hin durch Vermittlung der Luft eine Infection vermittelt werden kann, scheint nicht bedeutend zu sein; Fälle jedoch, wo Pferde, welche durch den Zwischenraum mehrerer Stände von einem rotzigen getrennt waren, durch das letztere angesteckt wurden, ohne dass eine directe oder indirecte Berührung zwischen ihnen stattgefunden hätte, sind wiederholt beobachtet worden.
Die Uebertragung des Rotzgiftes geschieht entweder durch unmittelbare Aufnahme des Infectionsstoffes in Folge gemeinsamen Aufenthaltes, gemeinschaftlicher Verwendung, directer Berührung u. s. w. mit rotzkranken Pferden, oder durch Zwischenträger, wozu Personen, die mit rotzigen Pferden sich irgendwie zu beschäftigen haben, Arbeits-, Reinigungs-, Stallgeräthe u. dgl., welche mit Sound Excreten oder sonstigen Theilen derart kranker Thiere oder ihrer Cadaver verunreinigt sind, gehören. Ob der Rotz durch den Begattungsact an und für sich übertragen werden könne, wie angegeben wird, erscheint zweifelhaft; ebenso ist die Frage, ob der Rotz vererblich sei, d. i. ob von rotzigen Elternthieren stammende Fohlen schon mit angebornem Rotze zur Welt kommen, nicht entschieden.
Durch Impfung des Rotzgiftes lässt sich mit ziemlicher Sicherheit der Rotz bei Pferden hervorrufen; am zuverlässigsten werden bei Verwendung der Producte des acuten Rotzes positive Resultate erhalten. Die infectiöse Eigenschaft des Virus wird durch fortgesetzte Impfungen nicht geschwächt, wie dies die von Renault durch zehn Generationen durchgeführten Inoculationen mit dem Virus des acuten Rotzes nachgewiesen haben. Ebenso wird durch die Injection minimaler Quantitäten des von acutem Rotz stammenden Eiters in das Blut der Ausbruch des Rotzes erzielt.
Nach der Ansicht Bollinger's („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot; 11.) veranlasst das Eindringen des Infectionsstoffes mittelst der Athomluft in die Eespi-rationsorgaue, welchem die grosse Mehrzahl der Kotzfälle ihre Entstehung verdankt, entweder eine primäre Blutvergiftung mit secundären Producten (Metastasen) in verschiedenen Organen, oder aber eine primäre Localisation in dem Athmungsapparate mit darauffolgender allgemeiner Infection. Er widerspricht mit Grund der Annahme, dass die Nasenhöhle die gewöhnliche Eintritts- und erste Localisationstelle des Rotzgiftes sei und die Botzerkrankimg der Lunge erst das
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Rotzkrankheit. Tenacität dep Contagiums. Infectionägefahr.
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Ende der Kranklieit bilde und bezieht sich in dieser Hinsicht auf die Thatsache, dass bei Seetionen die durch Eotz gesetzten Veränderungen in der Lunge häufig älteren Datums angetroffen werden, als jene in der Nase; eine Angabe, welche ich aus eigener vieljähriger Beobachtung bestätigen kann.
Dass übrigens das Eotzgift mit Vorliebe auf der Nasenschleimhaut die charakteristischen Veränderungen des Rotzes hervorrufe, geht aus den von Bol-linger vorgenommenen Impfungen verschiedener, für die Kotzinfection empfänglicher Thiere hervor, bei welchen das Virus zuletzt immer auch auf der Nasenschleimhaut seine Localisationen machte; gleichgiltjg von wo aus es in den Körper gebracht worden war.
Die weitere Verbreitung- des in den Körper gelangten Rotzgiftes erfolgt durch die Athemluft und durch die Säftebahnen des kranken Thieres.
Die eigentliche Natur des Eotzgiftes ist noch nicht sichergestellt. In dem Blute, besonders in dessen farblosen Körperchen, und in den Secreten der Geschwüre wurden Mikrococcen von Hallier, Zürn, Christot, Kiener, Rindfleisch, oder kleine Zellenhäufchen von Chauveau angetroffen und als pathogene Organismen in Anspruch genommen. Nach den wiederholt erwähnten Versuchen Chauveau's laquo;ind die organisirten Körperchen das eigentliche Krankheitsgift, da virulente, von rotzigen Thieren stammende Flüssigkeiten, aus welchen jene ausgeschieden werden, ihre infectiöse Eigenschaften verlieren.
Franck hat die katalytische Wirkung des Nasenschleimes und Blutes rotzkranker Pferde, das Wasserstoffhyperoxyd in Sauerstoff und Wasser lebhaft zu zerlegen, nachgewiesen.
Tenacität. Das Rotzgift besitzt eine ziemlich starke Resistenz gegen äussere Einwirkungen. Durch vollständiges Eintrocknen scheint es in der Regel seine Wirksamkeit zu verlieren; obwohl auch Fälle bekannt geworden sind, dass eingetrocknete Secrete nach erfolgter Befeuchtung mit Wasser wieder zu inficiren vermochten. In nicht desinficirten feuchten Stallungen kann es sich lange Zeit — viele Monate, selbst über ein Jahr hindurch — wirksam erhalten. Durch die Siedhitze des Wassers wird es so wie durch gewisse chemische Agentien, besonders Carbolsäure7 frisches Chlorwasser zerstört, dagegen soll es nach Grerlach durch die Fäulniss des Trägers die infectiöse Eigenschaft nicht verlieren.
Infectionsgefahr. Nicht alle einer natürlichen Ansteckung oder Impfung mit Rotzgift unterzogene Pferde werden von der Krankheit befallen, eine unbestimmte Zahl derselben bleibt, wenigstens zu einer gegebenen Zeit, von ihr verschont.
Die Angaben über das Zahlenverhältniss der in Folge angestellter Ansteckungsversuche erkrankenden zu den gesund bleibenden Pferden weichen weit von einander ab. Nach Zündel ergab sich in Unter-Elsass ein Procentsatz von fünf, bei den im Meierhofe zu Ladmirault auf Anordnung des französischen Kriegsministeriums
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Rotzkrankheit. Incubationsdauer, Uebertragbavkeit.
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seinerzeit vorgenommenen Versuchen ein solches von 7 an kranken Thieren. Nach Hering und Bagge erkrankten von 100 der Ansteckung ausgesetzt gewesenen Pferden ungefähr 30, nach Lydtin („Thierärztliohe Mittheilungenquot; 1875) durchschnittlich 40 bis 50 Stück.
Incubationsdauer. Die Dauer des Incubationsstadiums ist nicht constant; sie ist kürzer, wenn das Rotzgift durch Impfung eingeführt wird, in welchem Falle die ersten Localerscheinungen an der Impfstelle meistens schon zwischen dem dritten und achten Tage, und nur ausnahmsweise später auftreten, während bei der natürlichen Art der Uebertragung je nach der Oertlichkeit, an welcher der Process zuerst auftritt, Wochen und Monate verfliessen können, bis die Erscheinungen der Krankheit deutlich hervortreten.
Nach Lydtin (1. c.) erfolgt nach zufälliger Ansteckung die Mehrzahl der Erkrankungen im ersten Vierteljahre; es kann jedoch der Zeitraum, in welchem eine sichere Diagnose gestellt werden kann, zwischen vierzehn Tagen und einem Jahre nach geschehener Infection schwanken. Adam („Wochenschrift für Thier-heilkundequot; 1873) erwähnt eines Falles von Rotz, in welchem die Incuhationszeit über siebenzig Tage betrug, während welcher Zeit das Thier nicht die mindesten Symptome von Rotz zeigte.
Auf Grund eigener Erfahrung muss der Ansicht Bouley's und Bellinger's beigestimmt werden, dass die Fälle sehr langer Incubationsdauer auf die ursprüngliche Localisation des Rotzprocesses in inneren Organen zu beziehen seien, die sich während langer Zeit durch Symptome nicht zu erkennen gibt.
Uebertragbarkeit auf andere Thiergattungen, Der Rotz kommt ausser bei dem Pferde auch bei anderen Einhufern, wie beim Esel, Maulthiere und Maulesel, bei welchen er meist in der acuten Form abläuft, vor und ist auf verschiedene andere Thiergattungen, sowie auf den Menschen übertragbar.
Rinder scheinen nach den Ergebnissen der von Renault, Lafosse, Ger lach und Her twig angestellten Impfversuche keine Empfänglichkeit für das Rotzgift zu besitzen.
Hertwig („Magazin für Thierheilkundequot;, 40. Jalirgang) machte fünf Rotzimpfungen auf Rinder; nur in einem Falle entstand ein bohuengrosses Geschwür axif der Nasenschleimhaut und eine knotige Anschwellung der Lymphdrüsen im Kehlgange; das Geschwür heilte jedoch ab und bei der Tödtung des Thieres nach acht Monaten fanden sicli in keinem inneren Organe Erscheinungen der Rotzkrankheit. Er sah ausserdem wiederholt Rinder mit rotzigen oder rotzverdächtigen Pferden monatelang in Ställen in uhmittelbarer Berührung stehen, ohne dass je eine Ansteckung erfolgte.
Schafe und Ziegen sind, nach den Erfahrungen Wirth's, Gerlach's, Falke's, Ercolani's, Bollinger's, Hertwig's, Tras-
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Rotzkraukbcit. Uebertragbarkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;215
bot's u. A. sehr empfänglieh für das Rotzgift, und zwar sowohl im Wege der Impfung, als der natürlichen Ansteckung.
Gerlach raachta Impfungen mit Eotzeiter an drei Schafen mit positivem Erfolge; die in einem Falle vorgenommene Eiickimpfung des Secretes der Nasengeschwüre eines Schafes auf ein Pferd hatte bei diesem die Entwicklung des Rotzes nach neun Tagen zur Folge.
Ercolani sah bei einer Ziege die Rotzkrankheit sich entwickeln und tödtlich ablaufen, welche in einem Stalle sich befunden hatte, in welchem innerhalb fünf-ssehn Monaten fünf Pferde rotzig geworden waren. Eine von quot;Wirth veranlasste Impfung einer Ziege mit rotzigem Nasenausfluss hatte den Ausbruch des Rotzes bei dieser mit tödtlichem Ausgang zur Folge.
C. Harms („Siebenter Jahresbericht der Thierarzneischule in Hannoverquot;) fand bei einer Ziege, welche während eines Vierteljahres mit einem rotzkrauken Pferde in demselben Stalle gestanden und das Futter aus demselben Gefässe mit diesem aufgenommen hatte, deutliche Rotzgeschwüre auf der Naseusclileimhaut und Rotzknötchen in den Lungen. Trasbot (Archives vetör. 1876) beobachtete und secirte eine Ziege, welche seit zwei Jahren in einem Pferdestalle untergebracht war, aus welchem einige Monate vor ihrer Erkrankung mehrere Pferde als rotzig getödtet wurden. Die Ziege nährte sich von dem von den Pferden zurückgelassenen Futter. Krankheitserscheiuungen sowohl als Section Hessen keinen Zweifel über die Gegenwart des Rotzprocesses in den Athraungsorganen. Nach der Impfung des Secretes der Geschwüre der Nasenschleimhaut auf einen Hengst und eine Ziege entwickelte sich bei beiden Thieren der Rotz mit tödtlichem Ausgange.
Bezüglich der Impfungen des Rotzgiftes auf Schweine werden verschiedene Resultate angeführt; Renault erhielt nur negative Erfolge, Spinola beobachtete einen, dem chronischen Rotze ähnhchen Process, der aber spontan zur Heilung kam. Gerlach eine Rotzneubildung an der Impfstelle, jedoch keine allgemeine Infection.
Hunde zeigen im Ganzen eine geringe Empfänglichkeit für das Rotzgift.
Nach deren Impfung entsteht meist nur ein Geschwür an der Impfstelle mit Schwellung der nächstgelegenen Lymphdrüsen, das nach einiger Zeit zur Heilung kommt. Impfungen mit dem Secrete eines solchen anscheinend gutartigen Geschwüres können jedoch, wie die Versuche Kenault's und St. Cyr's nachgewiesen haben, bei Pferden und Eseln den acuten, tödtlich ablaufenden Rotz zur Folge haben.
Auch bei den von Gerlach vorgenommenen Impfungen entstanden bei Hunden nur locale, nie allgemeine Infectionen; nach zwei bis drei Wochen waren alle Erscheinungen wieder verschwunden.
Pütz dagegen („Zeitschrift für praktische quot;Veterinärwissenschaftquot; IV.) berichtet, dass drei mit Rotzeiter geimpfte Hunde zwischen dem neunten und achtzehnten Tage nach der Impfung an Hautrotz zu Grunde gegangen seien. Drei andere, mit diesen geimpften in demselben Stalle belassene Hunde wurden spontan inficirt und starben gleichfalls an Hautrotz. Die von Her twig („Magazin fill Thierheilkundequot;, 40. Jahrgang) vorgenommene Impfung von sechs Hunden mit
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Rotzgift ergab aber durchaus ein negatives Resultat. Einen Fall von tödtlich endender Erkrankung eines Hundes an Rotz in Folge gemeinschaftlichen Aufenthaltes mit zwei rotzigen Pferden erwähnt Lafosse (,,Revue veterinairequot; 1876); die Impfung eines Pferdes mit dem Eiter eines Lungenabscesses dieses Hundes hatte einen positiven Erfolg. Infectioneu von Hunden in Folge des Genusses des Fleisches rotziger Pferde wurden wiederholt beobachtet (Hamont, Nordström); die Versuche Hertwig's (1. c.) und Semmer's („Deutsche Zeitschrift für Thier-medicinquot; H.) duich Fütterung ungekoehten rotzigen Fleisches Hunde anzustecken, hatten dagegen keinen Erfolg.
Auf Katzen ist der Rotz durch Impfung und durch den Genuss rotzigen Fleisches (Hartwig, 1. c.) leichter übertragbar, als auf Hunde. Dass Löwen auf dem letztgenannten Wege angesteckt werden und in die Rotzkrankheit verfallen können, wurde bereits früher erwähnt. Ausserflem hat Leisering Rotzinfection bei einem Eisbären und zwei Prairiehunden beobachtet.
Kaninchen, welche Gerlach stets ohne Resultat geimpft hat, werden nach den Angaben anderer zahlreicher Beobachter sowohl durch Impfung, als durch den Aufenthalt in inficirten Stallungen mit Rotz leicht inficirt. Rivolta führt einen Fall von spontaner Infection eines Kaninchens in Folge längeren Zusammenlebens mit durch Rotzgift künstlich angesteckten Kaninchen an. Ebenso sind Meerschweinchen und Mäuse für den Impfrotz empfänglich.
Mit Rücksicht auf die leichte Infectionsfähigkeit des Kaninchens, des Schafes und der Ziege für das Rotzgift schlägt Bollinger („Thierärztliche Wochenschriftquot; 1875) in zweifelhaften Fällen des Pferderotzes die Impfung solcher Thiere als eines der sichersten diagnostischen Hilfsmittel vor. Jedoch nur ein positives, nicht aber ein negatives Impfresultat kann für die Diagnose verwerthet werden, da, namentlich beim chronischen Rotze, zufälligerweise nur ein gutartiges, nicht virulentes Nasensecret zur Verwendung kommen kann und dann erfolglos geimpft wird. Bollinger hält es daher für zweckmässig, das verdächtige Secret zu verschiedenen Zeiten zu sammeln und auf mehrere Impfthiere zu übertragen. Dagegen bezweifelt Siedamgrotzki („Bericht über das Veterinärwesen im Königreich Sachsenquot; 1876) auf Grund der an der Dresdener Thier-arzneischule erhaltenen Impfresultate die besondere Eignung der Kaninchen für Impfungen zu dem angeführten diagnostischen Zwecke.
Die Rotzkrankheit ist auch auf Menschen übertragbar und stellt bei ihnen eine gefährliche, in vielen, namentlich acut ablaufenden Fällen tödtliche Krankheit dar. Die Infection kann in Folge des Eindringens des Rotzgiftes in die verletzte oder unverletzte Haut, besonders jene der Hände, in die Schleimhäute, besonders der
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Nase, der Lippen, der Bindehaut der Augen oder in Folge der Aufnahme der in der Luft suspendirten specifischen Infectionserreger, mithin durch dieselben Vorkommnisse eintreten, welche auch bei Pferden eine Ansteckung veranlassen. Infectionen von Menschen in Folge des Genusses des Fleisches rotziger Pferde dürften kaum vorkommen, da das Fleisch wohl immer nur in gekochtem oder gebratenem Zustande verzehrt wird.
Die Rotzkrankheit kommt vorzugsweise bei Pferdewärtern, Fuhrleuten, Pferdebesitzern,Thierärzten, Abdeckern,Soldaten u. s.w., kurz bei Personen vor, in deren Beruf es liegt, sich mit Pferden zu beschäftigen. Obwohl die Disposition des Menschen für eine Infection durch das Rotzgift keine bedeutende ist, so ist gleichwohl die Einhaltung der grössten Vorsicht und minutiösesten Reinlichkeit bei der Untersuchung, Wartung und Section rotzverdächtiger und rotziger Pferde geboten.
Nach den Beobachtungen Renault's sind die vinilenten Substanzen rotzkranker Menschen auf Pferde impfbar und veranlassen bei diesen die acuteste und schwerste Form des Rotzes.
Pathologische Anatomie. Die Rotzneubildungen werden in den Schleimhäuten der Athmungsorgane (der Nasenhöhle, des Kehlkopfes, der Luftröhre und der Bronchien), in den Lungen, in der Haut und dem Unterhautbindegewebe (als sogenannter Wurm), dann, obwohl seltener, in anderen Organen angetroffen und kommen •bald in Knötchen- oder Knotenform, bald diffus oder infiltrirt vor.
a) Knötchenrotz. Die Rotzknötchen der Nasenschleimhaut werden besonders an der Scheidewand und an den Muscheln, jedoch, auch, wenngleich seltener, in den Nebenhöhlen und, wenigstens im Beginne des Processes, häufiger auf einer als auf beiden Seiten der Nase zugleich angetroffen. Sie stellen anfangs hirsekorn-, später hanfkorn- und erbsengrosse flache, graue Knötchen dar, welche bald einzeln, bald zu Gruppen vereinigt, auf einem gerötheten Grunde sitzen und auf dem Durchschnitte ein gallertartiges, gelblich-weisses oder röthlichgraues Ansehen zeigen. Indem in der Mitte dieser Knötchen körniger und fettiger Zerfall eintritt und die bedeckende Schleimhaut eiterig einschmilzt, entstehen Rotzgeschwüre, welche anfangs klein, scharf umschrieben, mit einem aufgeworfenen callösen Schleimhautrande umgeben sind und eine unreine, speckige, wie angenagte Basis zeigen. Durch die fortan stattfindende Entwicklung neuer Knötchen an den Rändern und der Basis der Geschwüre und durch den auch in diesen eintretenden Zerfall ver-grössern sich die Geschwüre, sie fliessen mit nahestehenden, in
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I #9632; #9632;
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Küt/kruukluiii. Pathologische Auatomie.
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welchen derselbe Process vorgeht, zusammen und zeigen dann eine unregelmässige, buchtige Form, bedeckt mit einem eiterähnlichen, bisweilen blutgestriemten Secrete. Bei längerem Bestände greifen die Geschwüre bis zur völligen Zerstörung der Schleimhaut in die Tiefe und selbst auf Knorpel und Knochen über, so dass es zur geschwürigen Zerstörung des Scheidewandknorpels und zu Geschwüren mit Osteophytbildung in den Nasenmuscheln und in den die Highmorshöhle zusammensetzenden Knochen kommen kann. Das Kotzgeschwür als solches kann zur Heilung kommen; es finden sich dann schwielige strahlige Narben als Reste früher bestandener abgeheilter Geschwüre vor; dabei sind jedoch in deren Umgebung meist frische Knoten und Geschwüre zugegen.
Mikroskopisch bestehen die jungen Rotzknötchen aus dicht aneinander gelagerten verschieden grossen Rundzellen, Spindelzellen und feinen Kernen und einer zarten Intercellularsubstanz; durch körnigen und fettigen Zerfall der Zellen und eiterige Einschmelzung der Schleimhaut kommt es zur Bildung der Rotzgeschwüre.
Die Schleimhaut der betroffenen Nasenhöhle zeigt immer den Befund eines mehr oder weniger intensiven Katarrhes; bei dem Vorhandensein zahlreicher Geschwüre ist das Secret missfärbig, grünlich oder gelbgrünlich, bisweilen blutgestriemt. Der Katarrh erstreckt sich nicht selten auch auf die Schleimhaut der Muschelwindungen, zwischen welchen, so wie auch in den Stirn- und Kieferhöhlen, dann eingedickter Eiter angesammelt ist, während deren Wände gewöhnlich durch Knochenwucherungen beträchtlich verdickt erscheinen. In nicht seltenen Fällen findet sich die Schleimhaut einer oder der anderen Kieferhöhle mit diehtstehenden Granulationen, in welchen Rotzknoten eingelagert sind, besetzt, bisweilen auch die Höhle durch solche Wucherungen nahezu ausgefüllt. Die Venen und Lymphgefässe der Nasenseheidewand sind bei vorgeschrittenem Rotze in der Regel thrombosirt.
Die im Kehlkopfe und in der Luftröhre häufig vorkommenden Rotzknoten und Geschwüre sind von derselben Beschaffenheit, wie jene der Nase; ebenso wird in diesem Falle deren Schleimhaut stets im Zustande des Katarrhes angetroffen.
Die Rotzknoten der Lunge sind in das Lungengewebe zerstreut eingebettet und haben anfangs die Grosse eines Hirsekornes; sie zeigen sich auf dem Durchschnitte alsquot;' durchscheinende graue Körperchen mit einem trüben, weisslichgelben Centrum, die von einem stark hyperämischen Hofe infiltrirten Lungenparenchyms umgeben sind. Nach den Untersuchungen Leisering's enthalten sie in
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jungem Zustande eigene Gefässe und grenzen unmittelbar an das sie einschliessende Gewebe, von welchem aus bisweilen eine Binde-gewebshülle um den Knoten gebildet wird. Sie können bis zur Grosse einer kleinen Erbse heranwaelisen und unterliegen, nachdem die Hyperämie in der Umgebung zurückgetreten und die in den Knoten eindringenden Gefässe verödet sind, dem fettigen Zerfall, der Verkäsung und Verkalkung. Die Knötchen bestehen aus einer zarten, gefässhältigen Intercellularsubstanz und aneinandergedrängten Rundzellen von dem Ansehen der Granulationszellen.
Nach Eenaut („Comptes rendusquot; LXXXI. 9) bestehen die frischen Eotz-knötchen der Lunge aus embryonalen Zellen, welche die Lungenalveolen vollkommen ausfüllen und sich ähnlich wie wuchernde Lymphzellen verhalten. Die Knoten werden aus einer Anzahl kleiner Herde zusammengesetzt, die häufig um einen kleinen Bronchus gruppirt sind, und ähneln den lobulären Aifectionen bei Pyämie. In ihrem Umkreise finden sich ältere und jüngere bämorrhagische Infiltrate. In älteren Rotzknoten tritt centrale fettige Entartung und endlich Verkäsung ein; während in deren Umgebung sich chronische interstitielle Entzündung der Lunge entwickelt.
Bollinger („Wochenschrift für Thierheilkundequot; 1878) macht mit Recht auf die Möglichkeit einer Verwechslung der Rotzknoten in den Lungen mit anderen Befunden aufmerksam, und zwar mit Miliartuberculose, deren thatsächliches Vorkommen beim Pferde aber noch bestritten ist, mit herdförmiger Lobulärpneumonie und mit kalkigen oder kalkig-käsigen Knötchen, wie sie bei älteren Pferden, jedoch mit normalem Befunde der Bronehialdrüsen angetroffen werden und mit embolischen Herden bei Pyämie. Die letzteren werden am häufigsten angetroffen, kommen namentlich bei Pferden mit langwierigen Eiterungs- und Jauchungsprocessen vor und sind jedem einigermassen klinisch erfahrenen Thierarzt bekannt. Auf die Möglichkeit ihrer Verwechslung mit Rotzknoten hat Csokor („Oester-reichische Vierteljahrsschrift für Veterinärkundequot;, 54. Band) neuerlich hingewiesen.
Diekerhoff („Wochenschrift für Thierheilkundequot;, 1879) hebt hervor, dass die nach Ablauf chronischer Peribronchitis in den Lungen alter Pferde anzutreffenden miliaren Knötchen von den Rotzknoten sich dadurch unterscheiden, dass letztere gewöhnlich ein verschiedenes Alter, und jene jungen Datums ein blutiges Ansehen auf dem Durchschnitte zeigen, sowie, dass in dem Falle, wenn in der Lunge nur Rotzknötchen von grauer oder kalkiger Beschaffenheit vorhanden sind, doch auf der Respirationsschleimhaut oder in anderen Organen der dem Rotze zukommende Befund zugegen ist.
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Aussei* diesen kleinen Knötchen werden aber bisweilen in den Lungen rotziger Pferde, und zwar bald in deren inneren Abschnitten, bald zunäclist der Oberfläche, besonders längs des unteren Randes unter der Pleura tauben- bis hühnerei- und darüber grosse, graue, oder gclblichgraue, auf dem Durchschnitte ein speckiges oder iibromähnliches Ansehen bietende Knoten (Rotzgewächse Ger-lach's) angetroffen, welche aus dem Heranwachsen und Verschmelzen kleinerer Knoten, zwischen welchen das Lungengewebe endlieh verschwindet, hervorgehen. In der Umgebung solcher frischer Knoten ist das Lungenparenchym hyperämisch und selbst entzündlich verändert, nach längerem Bestehen bildet sich eine vollständige oder wenigstens stellenweise deutliche Begrenzung heraus. Auch in diesen Knoten wird, obwohl seltener, herd weise Verfettung und Verkäsung beobachtet; meistens zeigen sie ein den Fibromen ähnliches Verhalten.
Beim Hautrotz, Wurme, finden sieh in der Lederhaut, in dem Unterhaut-, bisweilen auch im intermusculären Bindegewebe und in den Muskeln selbst verschieden grosse Knoten — Beulen — welche aus denselben Elementen, wie die Knoten in den Schleimhäuten der Athmungsorgane besteben, jedoch wegen der in der Umgebung vorhandenen Entzündung eine grössere Menge flüssigen Exsudates enthalten, aus welchem Grande auch rascher Zerfall derselben und Geschwürsbildung eintritt. Die grösseren Knoten enthalten meist eine zähe, gelbliche oder gelbröthliche, lymphähnliebe Flüssigkeit, welche sich ähnlich wie Eiter verhält, doch auch Bindegewebs-elemente und freie Kerne enthält; bisweilen erscheinen solche Knoten durch Bindegewebe von der Umgebung aus eingekapselt und ihr Inhalt käsig eingedickt. Die durch Hautrotz veranlassten Geschwüre zeigen aufgeworfene infiltrirte, wie zerfressene Ränder, eine unreine, wie speckige Grundfläche und sind gewöhnlich mit einem fettig glänzenden, missfärbigem, bisweilen blutigen Secrete bedeckt. Zunächst der Beulen und Geschwüre sind die Lymphgefässe zu mehr oder weniger dicken Strängen angeschwollen, in deren Verlaufe nicht selten Beulen und Geschwüre jüngeren Datums angetroffen werden, wober wohl der Name „Wurmquot; rühren dürfte. In Folge dessen kommt es zur Schwellung und rotzigen Erkrankung der nächsten Lymphdrüsen, zur Entwicklung von Oedem und Sclerose der betroffenen Partien der Haut umb-des Unterhautbindegewebes. Die Hautsclerose wird besonders häufig und bisweilen zu einem hohen Grade gediehen an den hinteren Gliedmassen beobachtet, welche hiedurch ein völlig unförmliches Ansehen erlangen können.
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Auf dem Durchschnitte solcher Hautpartien finden sich dann Rotzknoten von verschiedener Grosse und verschiedenem Alter oberflächlich, selbst dem Durchbruche nahe, oder tiefer eingebettet.
h) Diffuser Rotz, infiltrirter Rotz Leisering's. Auf der Nasenschleimhaut finden sich bei dieser Form des Rotzes die Erscheinungen einer intensiven, gewöhnlich zu Blutungen führenden Hyperämie mit gallertiger oder wulstiger flächenhafter Schwellung derselben in Folge diffuser Einlagerung von Rundzellen verschiedener Grosse in das Schleimhaut- und submucöse Gewebe und bindegewebiger Wucherung in denselben. An jenen Stellen, an welchen eine reichliche Einlagerung der Rotzzellen stattfindet, bilden sich in Folge deren Zerfalles und der Necrose des Schleimhautgewebes ausgebreitete, über das Niveau der angrenzenden Schleimhaut hervorragende, unregelmässige, unreine weisse oder graue Geschwüre, welche früher als diphtheritische bezeichnet wurden. Neben dieser sogenannten Rotzinfiltration werden manchmal auch Rotzknötchen angetroffen. Wo vorwaltend eine Bindegewebswuche-rung stattfindet, entwickelt sich, wie zuerst Leise ring nachgewiesen hat, eine förmlich fibroide, strahlige Neubildung, in welcher stellenweise dichte Ablagerungen von Rundzellen stattfinden, welche fettig zerfallen und durch Narbengewebe ersetzt werden. Auch bei dieser Form des Rotzes sind die Venen und Lymphgefässe, besonders an der Scheidewand, gewöhnlich erweitert und stellenweise thrombosirt; die Schleimhaut der Nebenhöhlen ist häufig in eine höckerige schwielige Masse verändert, in welcher ebenfalls Erweichung und Zerfall eintreten kann, während in den anliegenden Knochen die Bildung von Osteophyten stattfindet und der Rest der Holde selbst mit schleimig eiterigem Secret angefüllt ist.
Rotzinfiltrationen und daraus hervorgehende Geschwüre werden häufig auch auf der Schleimhaut des Kehlkopfes angetroffen.
In der Lunge wird der diffuse Rotz an verschieden grossen umschriebenen Stellen bald in der Tiefe, bald an der Oberfläche angetroffen; in dem letzteren Falle ist die überziehende Pleura gewöhnlich getrübt und nicht selten mit einer faserstoffigen Exsudatschichte belegt. Im Beginne erscheinen die befallenen Lungenstücke gallertig infiltrirt, luftleer, von hyperämischem Gewebe umgeben; später werden sie gelblichweiss, härter und trocken; sie unterliegen der Verkäsimg, Verkalkung, seltener der eiterigen Schmelzung (rotzige Lungenentzündung) und, worauf Leisering hingewiesen hat, einer indurativen Bindegewebsneubildung, in Folge welcher harte, schwartige Massen oder schwielige Stränge entstehen.
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Sowohl bei der diffusen als bei der Knötchenform des Rotzes in der Lunge wird die Schleimhaut der Bronchien im Zustande des Katarrhes angetroffen; die Bronchien indurirter Lungenpartien sind häufig gleichförmig oder sackig erweitert; bei der Gegenwart von Rotzknoten oder indurirter Rotzinfiltrate ist in den angrenzenden Lungenpartien nicht selten chronische interstitielle Entzündung zugegen.
Beim diffusen Rotz der Haut, des Unterhautbindegewebes und der Muskeln (Wurm) finden sich bedeutende Anschwellungen der Haut und der betreffenden Lymphgefasse, mit stellenweisem Zerfall und ausgebreiteter Greschwürsbildung.
Ein constanter Befund beim Rotz ist die Schwellung der, der Localisationsstelle des Processes entsprechenden Lymphdrüsen und als eine Folge der Reizung derselben durch das Rotzgift eine auffällige Vermehrung der farblosen Blutkörper in dem Blute, wodurch dieses bisweilen ein dem leukämischen ähnliches Aussehen erlangt. Diese Leukocythose wird von Colin für das am meisten charakteristische Merkmal des Rotzes angesehen.
Beim Nasenrotz sind stets die der kranken Nasenhöhle entsprechenden Lymphdrüsen des Kehlganges, beim Hautrotz jene Lymphdrüsen angeschwollen, welche die Lymphe von den kranken Hautpartien aufnehmen; bei Lungenrotz betrifft die Schwellung, und zwar oft in enormem Grade die Bronchialdrüsen. Bei fortschreitender Verbreitung des Processes erkranken allmälig auch andere, und zwar jene Lymphdrüsen, welche dem befallenen Organe oder Körpertheile entsprechen. Die Grosse dieser Gesehwülste ist sehr verschieden; stets ist in denselben eine Hypertrophie des Bindegewebsgerüstes und der bindegewebigen Hülle neben Einlagerung miliarer und grösserer, anfangs trübe durchscheinender, weisser oder grauer, später käsig degenerirender Knötchen nachweisbar.
In chronischen, schweren Fällen finden sich auch metastatische Rotzherde von verschiedener Grosse in den Nieren, der Milz, der Leber, den Hoden, manchmal in der Mitte erweicht, oder wie es besonders in der Leber vorkommt, verkalkt; ebenso werden bisweilen secundäre rotzige Erkrankungen der Knochen angetroffen.
Eggeling („Archiv für wissenschaftliche und praktische Thierheilkundequot; I.) und Werner (ebendaselbst IV.) fanden derartige Veränderungen in den Knochen, und zwar der Erstere an dem zweiten Halswirbel, in dem sich in Folge einer rotzigen Osteomyelitis eine haselnussgrosse Höhle gebildet hatte, die in das umliegende Bindegewebe durchgebrochen war und dort einen Abscess veranlasst hatte;
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der Letztere an mehreren Rippen, wobei der Process von der rotzigen Lunge sich auf das Brustfell und von diesem auf die Rippen fortgepflanzt hatte, in welchen zuerst Periostitis entstand, welche zur Entwicklung von Hyperostosen führte.
Colin fand einmal auch Rotzgeschwüre in der Scheide. In den „thierarzt-lichen Mittheilungenquot; (8. Jahrgang) wird eines Falles erwähnt, wo bei einem rotzigen Pferde eine auffallende Verdickung der Schleimhaut der rechten Magenhälfte, ein groschengrosses Geschwür in der Nähe des Pförtners und in der Umgebung dieses Geschwüres fünf steoknadelkopfgrosse, harte, weisse Knötchen sich vorfanden. (Möglicherweise Selbstinfection durch verschlucktes Secret der NasenschleimhantV)
Krankheitserscheinungen. Die Rotzkrankheit kann chronisch oder acut ablaufen. Die erstere Art des Verlaufes ist die beiweitem häufigere und kann sich über viele Monate, selbst über ein Jahr hinaus erstrecken; während der acute Rotz, wenn er gleich ursprünglich als solcher auftritt, oder aus dem chronischen sich entwickelt, innerhalb kürzester Zeit zum Tode des Thieres führt. Die Verschiedenartigkeit des Verlaufes ist jedoch nicht von einer Verschiedenheit in dem Wesen des Processes abhängig; denn in Folge der Ansteckung durch dasselbe Virus kann ein Pferd an acutem, ein zweites an chronischem Rotz erkranken. Es scheinen vielmehr individuelle Verhältnisse der Thiere auf die Art des Verlaufes von Einfluss zu sein.
Gerlach spricht die Ansicht aus, dass der ursprünglich schon acute Verlauf des Rotzes durch eine Complication mit Entzündung und Fieber bedingt (z. B. durch die Verwundung bei der Impfung, durch eine grosse Menge des eingeführten Virus, durch die Localität, in welche das Rotzgift eingebracht wurde), der im Verlaufe des chronischen Rotzes sich einstellende acute Rotz von dem Hinzutreten irgend einer acuten fieberhaften Krankheit, von einer über-mässigen Anstrengung rotziger Thiere, oder von einer bereits sehr weit vorgeschrittenen allgemeinen Infection abhängig sei.
a) Chronischer Rotz. Auf der Sehleimhaut der Nasenhöhle beginnt derRotzprocess — Nasenrotz genannt — gewöhnlich mit den Erscheinungen eines Katarrhes, welcher sich in vielen Fällen nur auf eine Nasenhöhle beschränkt, jedoch auch in beiden Nasenhälften zugegen sein kann. Der Ausfiuss ist anfangs hell und wässerig, wird später trübe, zähe, endlich eiterähnlich und verschmiert sich an den Rändern der Nasenöfihungen, er wird beim Husten oder Ausbrausen in Klumpen weggeschleudert.
Gerlach hält als besonders charakteristisch das zeitweilige Abfliessen klarer grünlicher oder gelblicher Tropfen aus der Nasenhöhle von Pferden, bei . welchen die Gegenwart des Rotzes noch nicht entschieden ist, und es muss zugegeben werden, dass das Hervorfliessen einer gelblichen, zähen, lymphähnlichen
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Flüssigkeit aus dem hinteren Nasengange auch bei ausgesprochen rotzigen Thieren häufig wahrzunehmen sei.
Die Nasenschleimhaut erscheint bei längerem Bestände des Katarrhes ungleieli gefärbt, von erweiterten Venen durchzogen, besonders an der Scheidewand und an den zu den Muscheln ziehenden Schleimhautfalten geschwellt. Hat die Infection die oberen, der unmittelbaren Untersuchung nicht zugänglichen Partien der Nase betroffen, dann kann es längere Zeit dauern, bis die für den Rotz-process charakteristischen Knötchen und Geschwüre auch in den unteren Abschnitten der Nasenschleimhaut nachgewiesen werden können. In solchen Fällen sind es, neben dem andauernden, meist einseitigen Nasenausflusse, die Anschwellungen der Lymphdrüsen im Kehlgange, welche die damit behafteten Pferde des Rotzes in hohem Grade verdächtig machen. Die genannten Drüsen schwellen nämlich, entsprechend der Seite der erkrankten Nasenschleimhaut, allinälig und, ohne besondere Erscheinungen einer Entzündung zu zeigen, bis zur Grosse einer Kastanie, eines Hühnereies und darüber an; die Geschwulst ist hart, unschmerzhaft, an der Oberfläche meist höckerig oder knollig, gewöhnlich mit der bedeckenden Haut verwachsen und an den entsprechenden Ast des Unterkiefers angeheftet. Dieses Stadium der Krankheit, in welchem Knoten und Geschwüre noch nicht nachweisbar sind, hat man als verdächtige Drüse bezeichnet, ein Ausdruck, welcher auch in den Währschafts-gesetzen noch immer in Gebrauch steht.
Gerlach sprach die Ansicht aus, dass auch eine rotzige Erkrankung der Oberfläche der Schleimhaut der Nase zu einer Zeit bestellen könne, wo Knoten und Geschwüre noch nicht zugegen sind, wenn die Wucherung von Eotzzellen auf dem epithelbildenden Stratum der Schleimhaut stattfindet. Für solche Fälle, wo ohne weitere Veränderungen der Nasenschleimhaut der Rotzkatarrh selbstständig durch Monate fortbesteht, und nur von der angeführten Veränderung der Kehlgangsdrüsen begleitet ist, will er die Bezeichnung „verdächtige Drüsequot; angewendet wissen. Da derlei Fälle jedoch nur selten zur Obdnction kommen, bleibt es immerhin zweifelhaft, ob bei ihnen nicht gleichwohl ßotzgeschwüre in den oberen Nasenpartien bereits entwickelt sein mögen.
Früher oder später werden bei der Untersuchung der Nasenhöhle mit dem Auge, unter Umständen mit Zuhilfenahme eines Beleuchtungsspiegels (Hering, Gerlach), sicherer aber noch bei der Untersuchung mit einem eingeführten Finger die früher beschriebenen Knötchen, Knoten und Geschwüre ausgemittelt.
Das Allgemeinbefinden derart kranker Pferde ist anfangs gewöhnlich ungestört und kann sich in diesem Stande selbst viele Monate hindurch erhalten; die Tliiere sind munter, bei guter Fress-
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lust und bei ungeändertem Kräftezustande; ihr Haar ist glatt und glänzend, evidentes Fieber nicht zugegen.
Lustig bemerkt dagegen („Jahresbericht der Thierarzneischule zu Hannoverquot;, 1878), dass die Eotzkrankheit in der Kegel überhaupt fiebe/haft verlaufe, und dass die Höhe oes Fiebers in geradem Verhältnisse zur Ausbreitung und Intensität der localen Eotzprooesse stehe.
Bei längerer Dauer des Processes und wenn derselbe auf Kehlkopf, Luftröhre und Lunge übergegriffen hat, stellen sich Athmungsbeschwerden, schnaufendes Athmen, Husten, Abmagerung, ein kachektisches Aussehen und ein mehr oder weniger hohes Fieber ein. Der Ausfluss wird fortan reichlicher, bisweilen blutig; bei dem Vorhandensein von Rotzvegetationen in den Highmorshöhlen kann es zur Hervortreibung der äusseren Knochenwand kommen; in einem solchen Falle, sowie bei Ansammlung grösserer Mengen von Secret in den Nebenhöhlen ergibt die Percussion einen gedämpften, selbst leeren Schall.
Nicht selten kommt es im weiteren Verlaufe auch zur Entwicklung von Hautrotz, zur Bildung von Wurmbeulen und Geschwüren, von ödematösen Anschwellungen an den Extremitäten, an der unteren Brust- und Bauchgegend, zur Anschwellung einzelner Gelenke, der Hoden (Rotzmetastasen). Nach einer verschieden langen Krankheitsdauer gehen die Thiere schliesslich an Abzehrung und Erschöpfung oder in Folge acuter Rotznachschübe, die unter heftigem Fieber erfolgen, zu Grunde.
Während des Verlattfes der Krankheit gibt sich öfter Gelegenheit, die Abheilung von Rotzgesehwüren auf der Nasenschleimhaut und die Bildung strahliger Narben an der Stelle, welche jene ein
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enommen haben, mit dem Auge zu verfolgen. In solchen Fällen
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lässt der Ausfluss aus der Nase nach oder hört selbst für einige Zeit vollständig auf. Hiedurch kann die trügerische Hoffnung einer erfolgenden Heilung besonders dann rege wei'den, wenn irgend ein Arzneimittel zur Anwendung kam. Bald jedoch stellt sich neuerdings Nasenausfluss ein, Knötchen und Geschwüre werden abermals nachweisbar und die Krankheit nimmt unaufhaltsam ihren weiteren Verlauf. Werden derlei anscheinend reeonvalescirende Pferde getödtet, so finden sich neben Narben frische Knötchen auf der Schleimhaut der Nase oder des weiteren Respirationstractes oder in den Lungen.
Der Rotzprocess in der Lunge, der Lungenrotz, auch verborgener oder latenter Rotz genannt, kann sich zu jeder anderen Localisation des Rotzes während des weiteren Verlaufes hinzugesellen; er kommt jedoch häufig auch primär vor und kann, ehe
RUII. Tbtenenchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 15
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Localisationen an Körperstellea, welche der directen Untersuchung-zugänglich sind, wahrnehmbar werden, durch längere Zeit fortbestehen. Derart kranke Pferde sind um so gefährlicher, da sie, ohne die bekannten Erscheinungen des Nasen- und Hautrotzes zu zu zeigen, gleichwohl andere Pferde anzustecken vermögen.
Es kann angenommen werden, dass reichlich bei zwei Dritteln der zur Section kommenden Rotzfälle auch Eotzknoten in den Lungen angetroffen werden. Bellinger fand unter 52 Rotz- und Wurmfällen die Lunge nur viermal, dagegen die Nasenschleimhaut fünfmal frei. Unter 216 während einer Reihe von Jahren secirten rotzigen Pferden fehlten Rotzaffectionen in den Lungen nur zehnmal und waren in der Lunge allein viermal vorhanden, während sie in der Nase 33mal nicht zugegen waren. Unter 173 in Wien während der zehniährigen Periode von 1869 bis 1878 secirten rotzigen Pferden waren Eotzaffectionen in der Lunge in 145 Fällen (84%) nac'lweisl)ar- Unter 158 Fällen, welche im Jahre 1878 in Niedor-österreich, Krain, Böhmen und Mähren eingehender secirt wurden, war („Veterinärbericht für das Jahr 1878quot;) in 8 Fällen die Lunge allein, in 47 Nasenschleimhaut und Lunge, in je 1 Nase und Lunge und Haut und Lunge vom Rotzprocesse befallen; in 75 Fällen war die Krankheit auf die Nasensehleimhaut, in 17 auf die Haut und in 9 auf Haut und Nase beschränkt.
Der im Gefolge des schon vorhandenen Nasen- oder Hautrotzes sieh entwickelnde Lungenrotz kann aus der sich einstellenden und stetig zunehmenden Athembeschwerde, dem Eintritte eines dumpfen, kurzen Hustens, dem Auswurfe geballter, schleimigeiteriger Massen vermuthet werden.
Die Percussion der Brust ergibt keine auffallende Veränderung. Die Auscultation kann stellenweise unbestimmtes oder verschärftes Athmen, sowie Rasselgeräusche vernehmen lassen.
Bei dem primären Auftreten des Rotzprocesses in den Lungen, auf dessen Bedeutung aufmerksam gemacht zu haben ein bleibendes Verdienst Grerlach's ist, zeigen die Pferde durch eine verschieden lange Zeit nur die Erscheinungen einer allmälig zunehmenden Athmungsbeschwerde, einen trockenen, dumpfen, kurzen Husten und fortschreitende Abmagerung, ohne dass ein Nasenausfluss, Schwellung der Kehlgangsdrüsen oder ein Rotzknoten in der Nase oder auf der Haut nachweisbar wäre.
Es können Monate ablaufen, bevor bei solchen Pferden endlieh die Symptome des Nasen- oder Hautrotzes zum Vorschein kommen. In grösseren Pferdebeständen kommt es öfter vor, dass Pferde, welche neben solchen Kränklern, die gewöhnlich für einfach dämpfig gehalten werden, stehen, evident rotzig werden, und dass sich dies bei neu hinzugestellten Pferden so lange wiederholt, bis endlich bei den an den Infectionen schuldtragenden, aber nicht beargwöhnten
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Pferden der Rotz evident zum Vorschein kommt. Bouley führt ein derartiges Vorkommniss bei einer Fuhrwerksunternehmung in Paris an, wo erst eine wiederholte Untersuchung in einem Depot unter einem Stande von 1200 Pferden ungefähr 30 Pferde nachwies, welche mit Lungenrotz behaftet waren und nach deren Tödtung erst die in beunruhigendem Grade um sich greifende Rotzkrankheit keine weitere Verbreitung mehr gewann. Mir selbst sind mehrere förmliche Rotzseuchen unter Pferdebeständen des Civils und Militärs bekannt geworden, welche durch Pferde, die an primärem Lungenrotz leidend waren, veranlasst und unterhaltet; wurden.
Nach den Bemerkungen Ger lach's, welchen ich auf Grund eigener, seit einer Reihe von Jahren gemachter Erfahrungen unbedingt beistimme, muss eine, bei einem Pferde vorhandene chronische Athembeschwerde, sogenannte Dämpfigkeit, den dringenden Verdacht auf das Vorhandensein des Lungenrotzes erregen, wenn bei demselben ein trockener, dumpfer, keuchender Husten bei oft nur geringer Athembeschwerde zugegen ist, das Aussehen des Thieres immer elender, das Haar schlechter wird und der Nährzustand zurückgeht; wenn ein solches Pferd früher mit rotzkranken oder rotzverdächtigeu in Berührung gekommen ist, wenn neben einem solchen anscheinend dämpfigen Pferde ein anderes rotzkrank geworden ist; wenn vor dieser Dämpfigkeit ein verdächtiger Nasen-ausfluss bestanden hat, endlich wenn im Verlaufe der Dämpfigkeit schliesslich die Erscheinungen einer sogenannten verdächtigen Drüse sich entwickeln. Schon das Vorkommen eines der angeführten Umstände macht ein dämpfiges Pferd des Lungenrotzes in hohem Grade verdächtig; bei dem gleichzeitigen Vorkommen mehrerer derselben kann der Lungenrotz als constatirt angesehen werden.
Findet eine Localisation des Rotzprocesses in der Haut und in dem Unterhautbindegewebe primär oder im Verlaufe des Rotzes der Respirationsorgane statt, so wird die Krankheit als Hautrotz, Wurm, Hautwurm bezeichnet. In einem solchen Falle entwickeln sich an verschiedenen Körperstellen, besonders an der Seite des Halses, an den Schultern, an den Brust- und Bauchwandungen kleine, derbe, unschmerzhafte, bis zur Grosse einer Hasel- und Wallnuss heranwachsende, flache, in die Umgebung ver-fliessende Geschwülste — Wurmbeulen — welche meistens in dem Unterhautbindegewebe, seltener in der Haut selbst ihren Sitz haben. Nach einigen Tagen ihres Bestehens zeigt sich an ihnen Fluctuation; die sie bedeckende Haut bricht an einer kleinen Stelle durch, worauf sich eine gelbliche lymph- oder eiterähnliche Flüssigkeit, bisweilen
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eine kriimliche Masse entleert und kraterähnliche Geschwüre mit verdickten, aufgeworfenen; wie zerfressenen Eändern und einem unebenen, schmutzigrötMiclien oder grauen, speckigen Grunde entstehen, welche eine zähe, missfärbige, klebrige oder blutig eiterige Flüssigkeit absondern und nach der Tiefe und Breite sich vergrössern. Von den Beulen und Geschwüren aus verlaufen gewöhnlich strangartige Anschwellungen der Lymphgefässe nach der Richtung der nächsten Lymphdrüsenpackete, in welchen sich gleichfalls Anschwellungen entwickeln, welche anfangs etwas schmerzhaft sind, bald aber hart, höckerig und unschmerzhaft werden und sich ganz wie die Drüsengeschwülste im Kehlgang verhalten. Längs der Lymph-gefässstränge treten gewöhnlich neue Knoten und Geschwüre auf, welche dann wie die Perlen eines Rosenkranzes in linearer Richtung den Strängen aufsitzen. An manchem Wurmgeschwür kann ein Heilungsvorgang wahrgenommen werden; sie werden dann reiner, verkleinern sich durch die Bildung von Granulationen von den Rändern und der Basis aus, und heilen schliesslich mit einer verdickten, schwieligen Narbe.
In manchen Fällen entwickelt sich an einer oder der anderen, selten an beiden hinteren Extremitäten eine umfangreiche Anschwellung und Sclerosirung der Haut und des Unterhautbindegewebes, an welcher nach und nach stellenweise Erweichung und Durehbruch mit der Bildung grösserer, zusammenfliessender Geschwüre von dem oben erwähnten Verhalten eintritt.
Bei dem Vorhandensein von Anschwellungen der Lymphdrüsen in der Achsel- und Leistengegend, sowie an den Extremitäten wird ein gespannter Gang, selbst Hinken der Thiere beobachtet.
Bei längerem Bestehen des Leidens stellen sieh gewöhnlich ödematöse Anschwellungen verschiedener Körperstellen, und, wenn der Wurm primär aufgetreten war, schliesslich die Erscheinungen des Rotzes der Respirationsorgane ein.
h) Acuter Rotz. Der acute Rotz tritt entweder ursprünglich als solcher auf, oder er entwickelt sich als Schlussscene aus dem chronischen, sei dieser wo immer localisirt; besonders bei Eseln und Maulthieren ist das primäre Auftreten dieser Form das gewöhnliche.
Unter meist heftigen Fiebererscheinungen stellt sich eine hochgradige Hyperämie und Schwellung der Naseuschleimhaut, ein gelblicher, zäher, lymphähnlicher, nicht selten blutig gestriemter reichlicher Ausfluss aus der Nase ein. Wenige Tage später können auf der betroffenen Schleimhaut zahlreiche, dichx aneinander-
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Rotzkvankbeit. Erscheiuuugen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 229
gedrängte Rotzknoten und diffuse, über das Niveau der Umgebung hervorragende gelbliche oder gelbröthliehe Infiltrate nachgewiesen werden, in welchen rasch Zerfall eintritt, durch welchen zahlreiche, unregebnässige, rasch der Fläche und Tiefe nach sich ausbreitende, zusammenfliessende und bisweilen den Scheidewandknorpel und die Muscheln arrodirende Geschwüre entstehen, welche meist auch rasch auf den Kehlkopf und die Luftröhre übergreifen. Die Lymphgefässe zur Seite der Nase und Backen sehwellen zu Strängen an, welche zu den gleichfalls entzündeten und bedeutend geschwollenen Kehlgangsdrüsen hinziehen und längs deren Verlaufes Wurmbeulen und Geschwüre auftreten; nicht selten entwickelt sich Oedem der Umgebung der Nasenflügel und des ganzen Vorkopfes. Das Athmen ist dann hoch beschleunigt und erschwert, wegen der Verschwellung der Nasengänge schnaufend, häufig tritt ein heiserer, kurzer, krächzender Husten ein; bei reichlichen Nachschüben von Rotzknoten oder Infiltraten in der Lunge können auch die Erscheinungen einer Pneu-monie— rotzige Lungenentzündung — deutlich hervortreten. In einem solchen Falle kann der Percussionsschall stellenweise matt, gedämpft oder vollkommen leer, unbestimmtes, selbst bronchiales Athmen und Rasseln verschiedener Art vernehmbar werden.
Gewöhnlich treten im weiteren Verlaufe an verschiedenen Stellen der Haut Wurmbeulen auf, welche anfangs heiss und schmerzhaft und meist von einem bedeutenden Oedem umgeben sind, rasch durchbrechen und Geschwüre bilden, die sich schnell vergrössern und mit den nächststehenden zusammenfliessende, grosse, übel aussehende, leicht blutende und reichlich absondernde Geschwürflächen bilden, von welchen aus Stränge entzündeter Lymphgefässe zu den bezüglichen geschwollenen Lymphdrüsen hinziehen. Während des Verlaufes erreicht das Fieber eine bedeutende Höhe, die Körpertemperatur steigt über 40deg; C. (Trasbot erwähnt einer solchen von 42-80 im Mastdarm gemessen), die Thiere magern rapid ab und zeigen sich im höchsten Grade matt und hinfällig. An der Unterbrust, dem Unterbauche, dem Schlauche oder Euter treten Oedeme auf, das Athmen wird auf 40 bis 50 beschleunigt, sehr beschwerlich, die Nasenschleimhaut beschlägt sich mit einem gallertigen, gelblichgrünen Exsudate, unter welchem sie nach den verschiedensten Richtungen hin zerstört, wie zerfressen erscheint, der Nasenausfluss wird immer reichlicher, missfärbiger, übelriechend und schliesslich gehen die Thiere, nachdem sich gewöhnlich noch heftiger Durchfall eingestellt, meistens um den siebenten bis zwölften Tag des acuten Krankheitsverlaufes, selten früher, zu Grunde.
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Rotzkrankheit. Verlauf.
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Verlauf und Ausgang. Der chronische Rotz zeigt nach der Verschiedenheit des primären Sitzes eine verschiedene Dauer. Bei der Localisation in der Nase und ihren Nebenhöhlen kann er sich über ein Jahr hinaus und darüber erstrecken, ohne auf den Emäh-rungs- und Kräftezustand wesentlichen Einfluss zu äussern. Wie bereits erwähnt, zeigen sich bei dieser Form zeitweilige Nachlässe, welche selbst eine erfolgte Heilung vortäuschen können, wechselnd mit Perioden der Verschlimmerung, bis endlich in Folge der Ausbreitung des Processes und des Hinzutrittes des acuten Eotzes der tödtliche Ausgang erfolgt. Auch die Localisation in der Haut, der Wurm, hat einen langsamen Verlauf; die Krankheit kann lange auf einer gewissen Stufe der Entwicklung verharren, bis neue Knoten und Geschwüre folgen. Es können sogar vorhandene Geschwüre abheilen und das betreffende Thier geheilt erscheinen, bis nach kürzerer oder längerer Zeit neue Knoten in der Haut oder die Erscheinungen des Nasenrotzes auftreten. Bei der primären Localisation des Rotzes in den Lungen leidet bald das Athmen und die Ernährung; die Thiei'e magern bei fortbestehender Fresslust ab und verlieren an Kraft und Leistungsfähigkeit; gleichwohl können sie sich viele Monate, selbst ein Jahr und länger am Leben erhalten, bis sie endlich in Folge allgemeiner Infection unterliegen.
Der acute Rotz, gleiehgiltig, ob er gleich ursprünglich in dieser Form auftritt oder den Schlussact des chronischen bildet, fuhrt stets innerhalb kürzester Zeit zum Tode.
Von manchen Beobachtern wird noch ein subacuter Verlauf des Rotzes angenommen, bei welchem in Folge verschiedener Veranlassungen plötzlich eine auffallende Steigeimng der Erscheinungen der chronischen Rotzkrankheit bemerkbar wird. Diese Form dürfte nur schwer von der acuten und vielleicht nur dann zu unterscheiden sein, wenn nach solchen evidenten Verschlimmerungen wieder ein Nachlass der Symptome und nicht das unaufhaltbare Fortschreiten des Processes zu constatiren ist.
Ob eine Heilung des Rotzes stattfinden könne, erscheint höchst zweifelhaft. Es werden wohl alljährlich noch Fälle spontaner sowohl, als durch ärztliche Behandlung herbeigeführter Heilung der Krankheit angeführt, welche jedoch meist auf irriger Diagnose oder auf Selbsttäuschung zu beruhen scheinen. Oft genug kann man wohl, wie erwähnt, bei dem Nasen- und Hautrotze eine zeitweilige Besserung, ja sogar nahezu ein völliges Verschwinden der Krankheitserscheinungen beobachten; bleiben jedoch solche Thiere unter fortgesetzter Beobachtung, so sieht man nach kürzerer oder längerer
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RoUkrankhcit. Prognose. Diagnose.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2*5 t
Zeit ein neues Aufflackern des Processes. Werden solche anscheinend genesene Thiere getödtet, so lässt sich in einem oder dem anderen Organe der charakteristische Befund des noch thätigen Rotz-processes nachweisen; eine Thatsache, welche ich auf Grund meiner langjährigen Erfahrung bekräftigen kann. Solehe angeblich geheilte und zum freien Verkehr zugelassene rotzige Pferde werden jedenfalls zur weiteren Verbreitung der Krankheit den besten Anlass geben können. In veterinärpolizeilieher Hinsicht muss der Rotz als eine unheilbare Krankheit angesehen werden, welche wegen ihrer Contagiosität die unverweilte Tödtung der von ihr befallenen Thiere unerlässlich macht.
Prognose. Die Prognose muss, dem Angeführten nach, auch für die anscheinend frischesten und leichten Fälle als unbedingt ungünstig gestellt werden.
Diagnose. Die Diagnose des Rotzes ist dann nicht schwer zu stellen, wenn der Process schon weit vorgeschritten ist und Rotzknoten und Geschwüre in der Nase, reichlicher Nasenausfluss und harte, festsitzende, höckerige Geschwülste der Kehlgangslymphdrüsen oder Rotzknoten und Geschwüre in der Haut zugegen sind. Im Beginne der Krankheit jedoch und insolange die Symptome der ausgesprochenen Krankheit fehlen, zu welcher Zeit es zum Zwecke der Verhinderung einer Verschleppung des Contagiums von grösster Wichtigkeit wäre, eine annähernd sichere Diagnose zu stellen, stösst diese auf viele Schwierigkeiten und es kann dann leicht geschehen, dass ein nicht rotziges Pferd für rotzverdächtig, dagegen ein mit beginnendem Rotze behaftetes für nicht rotzig erklärt wird. Die genaueste Untersuchung der Nasenhöhle und der Lymphdrüsen im Kehlgange ist in jedem solchen Falle unbedingt nothwendig und sollte überhaupt bei keinem der Untersuchung zugeftlhrten Pferde übergangen werden. Findet sich bei einer solchen auch nur ein Rotzknoten, ein wenn auch noch so kleines, deutliches Rotzgeschwür oder eine aus einem solchen hervorgegangene strahlige Narbe, so muss der Rotz als constatirt angesehen werden. Eine Verwechslung der Rotzgeschwüre mit Erosionsgeschwüren, wie sie im Verlaufe chronischer Nasenkatarrhe öfter vorkommen, wird nicht leicht stattfinden können, da die letzteren kleine, kreisrunde, oberflächliche flache Substanzverluste mit glatten, nicht infil-trirten Rändern, die ersteren dagegen kraterförmige Geschwüre mit wallartig aufgeworfenen Rändern und unreiner Basis, von bald regelmässiger kreisrunder, bald sinuöser Form darstellen. Die Gegenwart eines puriformen Ausflusses aus der Nase, auch wenn derselbe
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Rotzkrankbeit, Diagnose.
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einseitig ist, kann für sich allein ebensowenig als charakteristisch für den Nasenrotz angesehen werden, wie an und für sich das Vorhandensein harter, unschmerzhafter Drüsengeschwülste im Kehlgange. Treffen dagegen beide Befunde zusammen, so ist der Verdacht auf Nasenrotz wohl schon mehr gerechtfertigt, die Diagnose jedoch noch keineswegs sichergestellt, da ein ähnlicher Befund auch bei anderen Processen in der Nasenhöhle und ihrer Umgebung vorkommen kann. Zu diesen Processen gehören der chronische Katarrh, namentlich wenn er gleichzeitig die Schleimhaut der Stirn- und Highmorshöhle befallen hat, die Anfüllung der Luftsäcke mit eiterigschleimigem Secrete, Polypen, und andere, besonders carcinomatöse Neubildungen in den oberen Abschnitten der Nasen- und in der Eachenhöhle, Caries der Wurzeln der Backenzähne im Oberkiefer, wenn sie zur Caries des Zahnfaehes, zum Durchbruche in die Kieferhöhle und zur chronischen Entzündung der Schleimhaut dieser letzteren geführt hat. Eine eingehende Untersuchung, und erforderlichenfalls eine längere Beobachtung, wird die letztgenannten Veränderungen mit Bestimmtheit feststellen lassen. Anders verhält es sich jedoch mit dem chronischen Katarrh der Nasen- und Kieferhöhle, bei dessen Gegenwart die Diagnose namentlich dann längere Zeit zweifelhaft bleiben kann, wenn er einseitig und zugleich eine chronische Anschwellung der Kehlgangsdrüsen zugegen ist. Um in solchen Fällen rascher zur Entscheidung zu kommen, könnte die probeweise Impfung eines gesunden Pferdes oder eines Kaninchens, Schafes oder einer Ziege mit dem Secrete der Nasenschleimhaut des verdächtigen Thieres versucht werden, welche jedoch, wie bereits erwähnt, nur bei einem positiven Resultate für die Diagnose verwerthbar wäre. Der gleichfalls zu diagnostischem Zwecke vorgeschlagene Versuch einer Selbstimpfung (Autoinoculation) des rotzverdächtigen Pferdes mit dem Secrete seiner eigenen Nasenschleimhaut nach vorausgegangener Schürfung oder Verwundung dieser letzteren oder die Einimpfung eines solchen eigenen Secretes in die Haut des verdächtigen Pferdes liefert nur ganz inconstante Ergebnisse und hat mich selbst in dem Falle, wo die Autoinoculation bei entschieden rotzigen Pferden vorgenommen wurde, im Stiche gelassen.
Bellinger empfiehlt als ein verlässliehes Mittel zur Feststellung der Diagnose des Rotzes das Ausschneiden der geschwollenen Kehlgangslymphdrüsen, welche im Falle des Rotzes die charakteristischen hirsekorngrossen, trübgelblichen Knötchen und Abscesse enthalten. Haubner die Trepanation der Kieferhöhle der
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Rotzkrankbeit. Diagnose.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;233
erkrankten Seite. Wird nach einer solchen Trepanation eine Verdickung der die Höhle auskleidenden Schleimhaut angetroffen und ein Stückchen derselben ausgeschnitten, so finden sich, wenn Kotz zugegen ist, in dem entnommenen Stücke in der Regel auch die fur den Rotz charakteristischen Knötchen; letztere stellen sich gewöhnlich auch bald nach der Trepanation auf der Schleimhaut der Höhle, sowie auf den Hautlappen und den Rändern der Wunde ein.
Da nach mehrseitigen Beobachtungen die Rotzsymptome deutlicher und schneller hervortreten, wenn die verdächtigen Pferde zu anstrengenden Arbeiten benützt werden, während im Gegentheile das ruhige Stehenlassen derselben, wie es bei der Contumazirung der Fall ist, eher ein Zurücktreten der charakteristischen Symptome begünstigt, so empfiehlt Lustig („Jahresbericht der königlichen Thierarzneischule Hannoverquot; 1878) eine tägliche angestrengte Benützung solcher Pferde zum Zwecke einer schnelleren Sieb er Stellung der Diagnose.
Eine Verwechslung des Nasenrotzes mit Folliculargeschwüren und Croup der Nasenschleimhaut wird bei einer einigermassen eingehenden Untersuchung und nach einer während mehrerer Tage fortgesetzten Beobachtung kaum stattfinden können.
Der Hautrotz wurde häufig mit Entzündung der Lymphgefässe, welche sich in der Umgebung eiternder und jauchender Wunden, dann bisweilen im Gefolge der Drüse, der Follicularentzündung der Nasenschloimhaut am Vorkopfe einstellt und stellenweise zur Bildung von Abscessen führen kann, verwechselt. Der Abgang der charakteristischen Merkmale der Wurmbeulen und Geschwüre, ferner das mit der Besserung des der Entwicklung der Lymphgefässentzün-dung zu Grunde liegenden Processes gleichen Schritt haltende Zurückgehen der strangförmigen Anschwellungen, endlich die bald und normal eintretende Heilung der Abscesse werden den Hautrotz ausschliessen. Ebenso haben einfache Sclcrosen der Haut, besonders an den Endtheilen der Gliedmassen, wie sie sich im Gefolge veralteter Strahlfäule und Mauke, des sogeuannten Hufkrebses u. dgl. entwickelt, verschiedene chronische Hautausschläge zur Verwechslung mit Wurm Anlass gegeben.
Die Diagnose des in den Lungen primär localisirten Rotzes wird in vielen Fällen, namentlich dann, wenn die Möglichkeit einer vorausgegangenen Infection nicht nachgewiesen werden kann, auf manche Schwierigkeiten stossen. Bei Berücksichtigung der früher (S. 227) erwähnten Anhaltspunkte wird es aber meistens gelingen, rechtzeitig zu einer Entscheidung zu kommen.
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Behandlung. Ungeachtet die Therapie gegen Rotz eine sehr reichhaltige ist und es nahezu keine einzige Kategorie von Arzneistoffen gibt, welche nicht zur Heilung dieser Krankheit angerühmt und versucht worden wäre, so haben doch die verschiedensten Behandlungsmethoden bisher zu keinem auch nur annäherungsweise befriedigenden Resultate geführt. Der Verlauf der Krankheit, unter welcher Behandlung immer, unterschied sich schliess-lich kaum von jenem, welchen die sich selbst überlassene Krankheit nimmt; nach zeitweilig eingetretenen Besserungen, welche freilich nicht selten als Heilungen angesehen und ausgegeben wurden, stellten sich Verschlimmerungen und endlich der tödtliehe Ausgang ein.
Auffallen muss es, dass noch immer über Heilungen der Kotzkrankheit und manchmal sogar mit einem, erfahrene Beobachter nahezu verblüffenden procentischen Verhältnisse berichtet wird. Nach Bouley kommen in Frankreich auf 100 rotzige Pferde 15 bis 20 Heilungen, Decroix will während einer vierjährigen Thätigkelt in Algier unter 129 rotzigen Pferden 109 (84n/n durch Cauterisation), Bonzom ebendaselbst unter 174 Pferden 162 (91% durch Exstirpation der Wurmknoten) geheilt haben, wobei freilich zugegeben wird, dass bisweilen auch einfache Lymph-gefässentzündungen für Rotz gehalten worden sind. Brusasco gibt an, dass von 25 mit Nasen- und frischem Lungenrotz behafteten und einer Behandlung unterzogenen Pferden 9 (über 350/o')) von 24 rotzverdächtigen (?) Pferden 12 (50%), von 10 behandelten wurmigen Mauleseln fi ('fiO0/l)) geheilt worden seien. Während einer 30jährigen Spitalpraxis, in welcher ich Hunderte rotziger Pferde durch längere Zeit und nicht selten monatelang zu beobachten Gelegenheit hatte, war ich nicht so glücklich, auch nur einen Fall, sei es spontaner oder unter irgend einer Behandlung eingetretener Heilung constatiren zu können; im Gegentheile konnte ich mich durch comparative Versuche überzeugen, dass die Krankheit, unter welcher der gerühmten Behandlungsweisen immer, denselben ungünstigen Verlauf nahm, wie dann, wenn sie sieh selbst überlassen wurde.
Einige Aussicht auf Erfolg könnte eine Behandlung nur dann haben, wenn unmittelbar nach einer localen Infection das Virus durch tiefe Cauterisation der Inoculationsstelle zerstört, oder durch Ausschneiden derselben unschädlich gemacht würde. Hiezu ergibt sich aber, ausser bei absichtlich vorgenommenen Impfungen, kaum je Gelegenheit. Später aber, wenn einmal das Rotzgift mit dem Saftstrome weiter geführt worden ist, bleibt auch die locale Zerstörung ohne Erfolg; indem nach kürzerer oder längerer Zeit der Rotz an anderen Stellen als dort, wo die Infection stattgefunden hat, zum Ausbruch kommt.
Von Cauterisationen wurde beim Hautrotz (Wurm), in der Voraussetzung, dass die locale Zerstörung der Beulen und Geschwüre die Krankheit zum Stillstande und zur Heilung bringen könne,
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Rotzkrankheit. BeliandhiDg. Veterinärpolizei.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;235
ein häufiger Gebrauch gemacht. Zu diesem Zwecke wurden die Beulen und Geschwüre mit dem Glüheisen gebrannt, oder die Beulen ausgeschnitten oder gespalten und ebenso wie die bereits offenen Geschwüre mit verschiedenen Aetzmitteln, wie rothem Prä-cipitat, Sublimat, Aetzkalk u. dgl. bestreut, oder mit concentrirter Sublimatlösung, Jodtinctur, Chlorzinklösung u. s. w. bestrichen und die Eiterung daselbst unterhalten. Es kann nicht in Abrede gestellt werden, dass unter dieser localen Behandlung, zu welcher auch noch Einreibungen der entzündeten Lymphgefässe und der Drüsengeschwülste mit grauer Quecksilbersalbe zu rechnen sind, häufig eine Heilung und Vernarbung der Wurmgeschwüre wahrgenommen werden kann. Hiermit ist jedoch die Rotzkrankheit noch nicht beseitigt; denn nach kürzerer oder längerer Zeit treten in der Regel an anderen Stellen neuerdings Wurmknoten und Geschwüre oder die Erscheinungen des in anderen Theilen localisirten Rotzprocesses auf und die Krankheit macht unaufhaltbar ihre weiteren Fortschritte. Auch die vielseitig gerühmte gleichzeitige innerliche Anwendung der Fowler'schcn Lösung, des Sublimats, der Spiessglanz-, Kupfer-und Jodpräparate, der Kanthariden, der Krähenaugen, der Carbol-säure u. s. w. macht hierbei keinen Unterschied.
Noch unzuverlässiger ist selbstverständlich die innerliche Verabreichung von Arzneistoffen bei dem in den Respirationsorganen localisirten Rotzprocesse. Abgesehen von den in früherer Zeit empfohlenen bitteren Mitteln, Eisenpräparaten, Antimonialien und Mittelsalzen, haben auch die in neuerer Zeit in Gebrauch gezogenen Mercurialien, Arsenikpräparate, darunter auch das von Ercolani und Bassi besonders berühmte arsenigsaure Strychnin, die Chlor-, Jod-, Brompräparate im Stiche gelassen. Auch die von Waldinger empfohlenen Einblasungen von Kohlenpulver in die Nase, das Ein-athmen von Chlorgas, von Theerdämpfen, Einspritzungen von wässerigen Lösungen von Carbolsäure in die Nasenhöhle konnten den gewünschten Erfolg nicht herbeiführen.
Veterinärpolizei. In Würdigung der über die Unheilbarkeit des Rotzes gewonnenen Erfahrungen und der Gefahren, welche von rotzigen Thieren her dem Pferdestande nicht nur, sondern auch der Gesundheit der mit deren Wartung beschäftigten Menschen drohen, hat sich die Gesetzgebung Oesterreichs und des Deutsehen Reiches bestimmt gefunden, die unverweilte Tödtung rotzkranker Thiere anzuordnen und selbst eine längere Beobachtung und Behandlung der dieser Krankheit blos verdächtigen Thiere nur unter gewissen Bedingungen und Vorsichten zu gestatten, dagegen unter
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Rotzkrankheit. Veterinärpolizei.
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bestimmten Voraussetzungen atich die Tödtung solcher verdächtiger Thiere vorzuschreiben.
Die Gesetze der beiden Reiche weichen jedoch insofern von einander ab, als das österreichische Gesetz für die über behördliche Anordnung getödteten evident rotzkranken Thiere keine, und (sect;sect; 37, 38, 39) fur die wegen des Rotzverdachtes über behördliche Anordnung getödteten Thiere nur in dem Falle eine Entschädigung, und zwar in der Höhe des Schätzungswerthes aus dem Staatsschatze leistet, wenn sie sich bei der vorgenommenen Section als frei von der Rotzkrankheit erweisen. Das deutsche Viehseuchengesetz normirt dagegen (sect; 59) eine Entschädigung für die auf polizeiliche Anordnung getödteten rotzkranken und verdächtigen und bei der Section als rotzig befundenen Thiere in der Höhe von drei Viertel des gemeinen Werthes und für die getödteten verdächtigen, bei der Section jedoch als nicht rotzkrank befundenen Thiere eine Entschädigung in der vollen Höhe des gemeinen Werthes.
Bezüglich der Rotz-(Wurm-)krankheit der Pferde, Esel und Maulthiere (selbstverständlich auch Maulesel) enthält das österreichische Thierseuchengesetz und die zur Durchführung desselben erlassene Verordnung im sect; 29 folgende Bestimmungen.
Sperr- und Tilgungsmassregeln. Rotz-(wurm-)kranke Thiere sind ohne Verzug zu tödten. Als rotz-(wurm-)krank sind nicht nur jene Thiere anzusehen, bei welchen Rotzknoten oder Geschwüre auf der Nasenschleimhaut oder auf der Haut zugegen sind, sondern auch jene, welche Erscheinungen zeigen, die einen Sachverständigen auf die beginnende Krankheit hinweisen.
Die dem Thierarzte auf Grund der vorhandenen Krankheitserscheinungen des Rotzes (Wurmes) nur verdächtig erscheinenden Thiere sind abzusondern, unter Stallsperre und behördliche Beaufsichtigung zu stellen, durch eigene Wärter zu besorgen und mit besonderen Stallgeräthen zu versehen.
Eine Behandlung rotzverdächtiger Thiere darf nur durch einen approbirten Thierarzt stattfinden. Bei derlei Thieren ist mindestens alle vierzehn Tage eine Nachschau durch den Amtsthierarzt vorzunehmen; sie dürfen während der Observationszeit ohne behördliche Genehmigung nicht in andere, als in die ihnen angewiesenen Ställe, Unterstände oder Gehöfte gebracht werden. Werden solche rotzverdächtige Thiere in verbotwidriger Benützung oder ausserhalb der ihnen angewiesenen Räumlichkeit oder an Orten, zu welchen der Zutritt für sie verboten ist, betroffen, so kann die Ortsbehörde deren sofortige Tödtung veranlassen.
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Dauert der rotzverdächtig'e Zustand dor Thiere über sechs Wochen, so hat der Eigenthümer die weiteren Kosten der behördlichen Ueberwachung- zu tragen, kann oder will sich derselbe hiezu nicht herbeilassen, so sind die Thiere zu tödten.
Die Tödtung solcher Thiere hat auch zu erfolgen, sobald sich die Erscheinungen der Rotz-(Wurm-)Krankheit deutlicher aussprechen.
Von Seite der politischen Bezirksbehörde kann ausserdem die Tödtung rotzverdächtiger Thiere angeordnet werden, wenn das Vorhandensein der Rotzkrankheit von dem beamteten Thierarzte für wahrscheinlich erklärt wird, oder wenn nach MasSgabe der Umstände durch anderweitige, im Gesetze begründete Massregeln ein wirksamer Schutz gegen die Weiterverbreitung der Krankheit nicht erreicht werden kann. In diesem Falle ist der Werth des Thieres vor der Tödtung durch Schätzung festzustellen (sect; 38 des Gesetzes) und nach erfolgter Tödtung die Section durch den Amtsthierarzt vorzunehmen (sect; 39 des Gesetzes). Im Falle sich herausstellt, dass das Thier mit der Rotzkrankheit nicht behaftet war, wird für dasselbe durch Vergütung des gemeinen Werthes aus dem Staatsschatze Entschädigung geleistet (sect; 37 des Gesetzes), im gegeuthei-ligen Falle entfällt der Anspruch auf Entschädigung.
Werden mit der Rotz-(Wurm-)Krankheit behaftete oder derselben verdächtige Thiere ausserhalb ihres gewöhnlichen Standortes betroffen, so ist die Amtshandlung rücksiehtlich derselben an dem Betretungsorte einzuleiten und die betreffende politische Bezirksbehörde hievon zu verständigen.
Thiere, welche mit rotzkranken oder verdächtigen Thieren in derselben Räumlichkeit untergebracht oder in solcher Berührung waren, dass hiedurch eine Ansteckung erfolgt sein konnte, sind durch zwei Monate in besonderen Räumen unter thierärztlicher Beobachtung zu halten und dürfen erst nach Ablauf dieser Zeit, falls sie sich dann als vollkommen unverdächtig erweisen, zum freien Verkehr zugelassen werden.
Die politische Bezirksbehörde kann die Benützung solcher Thiere innerhalb der Ortsgemarkung, jedoch nur unter der Bedingung gestatten, dass die Thiere nicht in fremden Stallungen, wenn auch nur vorübergehend, eingestellt und dass sie von anderen Pferden ferngehalten werden. Im Falle diesen Anordnungen nicht genau entsprochen wird, sind die Thiere der Stallsperre zu unterwerfen.
Die Vorschriften über das Pferdewesen des k. k. Heeres enthalten bezüglich der sofortigen Tödtung rotz-(wurm-)kranker und der gesonderten Auf-
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Stellung und Beobachtung der mit ihnen in Berührung gestandenen Dienstpferde gleichartige Bestimmungen; sie ordnen aber überdies die unvenveilte Tödtung jener Dienstpferde an, bei welchen sich auch nur Erscheinungen zeigen, welche sie des Rotzes verdächtig erscheinen lassen.
Sind in einer Ortschaft mehrere Rotz-(Wiirm-)fälle vorgekommen, oder lassen Umstände eine stattgefandene weitere Verschleppung1 des Ansteckungsstoffes befürchten, so ist eine Revision des gesammteu Pferdestandes der betreffenden Ortschaften oder einzelner Theile derselben durch den Amtsthierarzt über Anordnung der Bezirks-behörde vorzunehmen.
Desinfection. Die Desinfection der verseuchten Stallungen, Geräthe, Arbeitsgesehirre ist auf das eingehendste durchzuführen; schadhafte oder werthlose hölzerne Geräthe, Halftern, Anbindstricke, Gurten, Decken, Geschirre werden am besten verbrannt. Die Desinfection hat sich auch auf die Deichseln, an welche rotz-(wurm-) kranke Pferde gespannt waren, auf Stränge und Ketten, auf die zum Ausführen der Cadaver benützten Wagen und auf die hierbei, sowie mit der Wartung der als rotz-(wurm-)krank befundenen Thiere beschäftigten Personen zu erstrecken.
Die Vorschriften über das Pferdewesen des k. k. Heeres ordnen an, dass die hölzerne Stalleinrichtung, sowie Bürsten, Kardätschen, Decken, Halftern, Stricke, alle Stücke der Montur, der Eüstung, der Feldgeräthe und des Reitzeuges, der Zuggeschirre und Stallrequisiten, welche sich zur Zeit der Erkrankung eines Dienstpferdes an Rotz (Wurm) bei dem Pferde und bei dem Reiter oder Wärter desselben in Gebrauch befunden haben, gleich den Putzrequisiten des betreffenden Mannes zu verbrennen, beziehungsweise zu vernichten seien.
Ist in einem zur Einstellung einer grösseren Anzahl von Pferden bestimmten Stalle nur ein Thier mit Rotz (Wurm) behaftet gewesen und hat dieses seinen Standort nicht gewechselt, so kann sich mit der Desinfection dieses Standes und der beiderseits an-stossenden Stände begnügt werden. Trifft diese Voraussetzung nicht ein, so sind grosse Ställe ebenso, wie die kleinen überhaupt, in allen Theilen zu desinficiren.
Die Cadaver rotz-(wurm-)kranker Thiere sind ohne Hinwegnahme irgend eines Theiles, mit kreuzweise durchschnittener Haut auf thermischem oder chemischem Wege unschädlich zu machen oder in tiefangelegte Gruben nach vorhergegangener Beschüttung mit Aetzkalk oder in dessen Ermanglung mit Asche, Theer oder Jauche zu verscharren.
Sanitätspolizei. Personen, welche mit der Wartung rotz-(wurm-)verdächtiger Thiere zu thun haben, sind über die Üeber-tragbarkeit der Krankheit auf den Menschen und über die hieraus
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hervorgehende (ietahr zu belehren. Mit Hautverletzung-en irgend einer Art, besonders an den Händen und im Gresichte behaftete Personen, dürfen zur Wartung solcher Thiere nicht verwendet werden. Die Wärter haben eine Besudlung ihrer unbedeckten Körper-theile mit den Absonderungsstoffen kranker Thiere, das Einathmen der Exspirationsluft derselben, einen längeren Aufenthalt und das Schlafen in dem Krankenstalle, sowie die Benützung der Decken derart kranker Thiere für den eigenen (gebrauch zu vermeiden; sie sollen nach jeder Dienstleistung bei rotzverdäehtigen Thieren sich und ihre Kleider reinigen und hierauf ihre Hände mit einer in dem Stalle vorräthig zu haltenden Carbolsäurelösung waschen. Beendigung der Seuche. Die Seuche ist als erloschen zu erklären, wenn sämmtliche rotz-(wurm-)verdächtige Thiere ge-tödtet oder genesen, bei den unter Beobachtung gestellten Thieren während der Observationsdauer keine des Kotzes verdächtigende Erscheinungen aufgetreten und die Desinfectiousmassregeln durchgeführt sind.
Das deutsche Viehseuchengesetz verordnet die unverzügliche Tödtung der Thiere bei festgestelltem Rotze (Wurme) (sect; 40), die Absonderung und polizeiliche Beobachtung verdächtiger Thiere mit den nach Lage des Falles erforderlichen Verkehrs- und Nutzungsbeschränkungen oder der Sperre (sect; 41); die Tödtung verdächtiger Thiere in dem Falle, wenn von dem beamteten Thierarzte der Ausbruch der Kotzkrankheit für wahrscheinlich erklärt wird, oder wenn durch anderweitige Massregeln ein wirksamer Schutz gegen die Verbreitung der Seuche nicht erzielt werden kann, oder wenn der Besitzer die Tödtung beantragt und die rasche Unterdrückung der Seuche im öffentlichen Interesse erforderlich ist (sect; 42); die sofortige unschädliche Beseitigung der nicht abgehäuteten Cadaver gefallener oder getödteter rotzkranker Thiere (sect; 43); die sofortige schriftliche Mittheilung von Seite der Polizeibehörde von jedem ersten Seuchenverdachte oder Seuchenausbruche in einer Ortschaft, sowie von dem Verlaufe und dem Erlöschen der Seuche an die betreffende Militärbehörde (sect; 44).
Die Bestimmungen über die Entschädigung der auf polizeiliche Anordnung getödteten Thiere enthalten die sect;sect; 57, 59, 61, 62 und 63.
Das Schweizer Bundesgesetz vom Jahre 1872 verordnet die Absperrung und Tödtung der kranken Thiere; die Besitzer der der Tödtung unterzogenen Thiere haben Anspruch auf einen angemessenen Beitrag für den ihnen dadurch nachweisbar zugefügten Schaden. Mit kranken in Berührung gestandene Thiere sind einer zeitweisen thierärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Die verseuchten Ställe u. s. w. sind zu desinficiren.
Das grossbritannische Thierseuchengesetz vom Jahre 1878 enthält keine besonderen Vorschriften bezüglich der Kotz-(quot;Wurm-)Krankheit, ermächtigt aber den geheimen Kath (Art. 32) zur Anwendung der Bestimmungen des Gesetzes auf Pferde, Esel, Maulthiere in Betreff des Rotzes, Wurmes und anderer Krankheiten.
Nach den belgischen Verordnungen verpflichtet das Auftreten der Rotz-(Wnrm-)Krankheit zur Anzeige; Unterlassung derselben und üebertretungen der
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Bescbälkrankheit. Historisches.
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angeordneten Sperrmassregeln sind mit Strafen belegt. Für die über behördliche Anordnung im allgemeinen Interesse getödteten rotz-(wurm-)kranken Pferde, Esel, Maulthiere und Maulesel wird, wenn sie zu Zwecken der Landwirthschaft verwendet wurden, ein Drittel, in keinem Falle jedoch mehr als 150 Francs, für die zu jedem anderen Gebrauche dienenden ein Fünftel des Schätzungswerthes, in keinem Falle aber mehr als 100 Francs als Entschädigung geleistet.
Das dänische Gesetz vom Jahre 1857 ordnet die Tödtung jedes an Rotz oder Wurm leidenden Pferdes und dessen Section an. Findet sich bei der letzteren keine Spur der Krankheit, so wird der volle Schätzungswerth, im gegentheiligen Falle die Hälfte desselben entschädigt.
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Beschälkrankheit der Zuchtpferde, Lues venerea Ecjui.
Syn. Beselialseuche, Chankerseuche, Lälimungskranklieit der Zuchtpferde. Maladie du co'it, Maladie v^nerienne du clieval, Maladie paralytique des reproducteurs franz.; Sifilide equina, Morbo coitale maligno ital.
Man versteht unter diesen Bezeiclinungen eine, nur bei den zur Zucbt verwendeten Hengsten und Stuten vorkommende Infec-tionskrankbeit, welche sich durch den Belegact weiter verbreitet.
Der Krankheit geschieht erst am Ende des achtzehnten Jahrhunderts Erwähnung, zu welcher Zeit (1796) sie Ammon in Trakehnen beobachtete, wo sie sich bis zum Jahre 1801 erhielt und 1807 neuerdings auftauchte. Im laufenden Jahrhunderte trat sie in verschiedenen Ländern auf, so 1817 bis 1S20 in Hannover, 1817 und 1818 in Preussen, 1821 in Steiermark, 1827 bis 1830 im südöstlichen Böhmen, 1830 in der Schweiz und Frankreich, 1833 im Babo'lnaer Gestüte in Ungarn, 1836 bis 1838 in Preussisch-Schlesien (von Haxthausen beschrieben), 1836 im Venetianischen, 1837 im Gestüte Eadautz, 1838 in der Lombardie, 1840 in Böhmen, 1859 im Gestüte von Mezöhegyes, seit den Fünfziger-Jahren wiederholt in grösserer oder geringerer Verbreitung in Böhmen, namentlich in dessen südwestlichen Theilen. Aus Russland datiren die ersten Nachrichten über die Beschälseuche vom Jahre 1843; die Krankheit soll daselbst häufig und mit besonderer Heftigkeit namentlich in den südlichen Theilen des Reiches auftreten; im südlichen Frankreich und Algerien soll sie öfter vorkommen, nach dem Süden Frankreichs wurde sie wiederholt durch in Spanien angekaufte Deckhengste eingeschleppt. Im nördlichen Frankreich, in Belgien, und England ist die Beschälseuche noch unbekannt.
Die Ansichten über die Natur dieser Krankheit, welche man vielfach mit der Syphilis des Mensehen verglichen hat, gehen noch weit auseinander. Manche Beobachter fassen die im Verlaufe derselben sich einstellenden Lähmungserscheinungen als Folgen einer, von der Affection der Geschlechtsorgane unabhängigen Erkrankung des Rückenmarkes auf, welche sich bei Zuchtthieren, namentlich
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Beschftlkrankheit. Aetiologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 241
Zuchthengsten einstelle, welche zu häufig zum Belegen verwendet werden und bezeichnen das Leiden speciell als Lähmungskrankheit der Zuchtpferde oder Zuchtlätme. Andere dagegen sind der Ansicht, dass die Lähmungserscheinungen der Chankerseuche in ihrem vorgerückten Stadium zukommen, dass ihrem Eintritte stets die speci-iische Affection der Geschlechtstheile vorhergehe, dass sie jedoch nicht in jedem Falle nothwendig eintreten müssen.
Eingehende Beobachtungen aus neuerer Zeit über die Aufein-anderfplge und den Zusammenhang der Erscheinungen fehlen gänzlich und es herrscht in wesentlichen Punkten noch vollständiges Dunkel. Zu dieser Unklarheit hat vor Allem auch der Umstand beigetragen, dass ein an den Geschlechtstheilen der Zuchtpferde vorkommender, gutartig und rasch ablaufender Bläschenausschlag, welcher durch den Belegact weiter übertragen werden kann, oft genug mit der Beschälseuche verwechselt und zusammengeworfen und hiedurch eine wahre Verwirrung in der Schilderung der Symptome und des Verlaufes der Krankheit angerichtet wurde.
Aetiologie. Die Beschälkrankheit kommt nur bei zur Zucht verwendeten Hengsten und Stuten vor und pflanzt sich allein durch den Belegact weiter fort. Bezüglich der Frage, ob die Krankheit bei dem Hengste oder bei der Stute allein oder bei beiden originär entstehe, oder ob sie nur nach einer erfolgten Infection sich entwickeln könne, besteht keine Uebereinstimmung der Ansichten. Früher wurde, wie beinahe für alle Infectionskrankheiten, angenommen, dass Witterungseinflüsse und die sogenannte Jahrescon-stitution einen entschiedenen Einfluss auf die Entstehung der Krankheit ausüben; von anderer Seite wurde vermuthet, dass durch das Bedecken von Stuten, welche mit chronischer Blennorrhöe der Scheide, mit Ausflüssen aus derselben nach nicht beseitigter Nachgeburt behaftet sind, die Beschälseuche bei Hengsten, und durch das Springen von Hengsten, welche an abnormen Absonderungen des Penis und der Harnröhre leiden, durch Uebertragung beim Belegacte die Beschälseuche bei Stuten entstehen könne. Wären diese Annahmen begründet, so müsste die Krankheit beiweitem häufiger und in verschiedeneren Localitäten vorkommen, als dies bis jetzt beobachtet wurde.
Im Gegentheile lässt sich aber in Gregenden, in welchen die Seuche zum Ausbruche kommt, besonders dort, wo genaue Deckregister geführt werden, die Ansteckung der Stuten fast jedesmal mit Sicherheit auf einen oder mehrere bestimmte Deckhengste zurückfuhren, sowie auch nachzuweisen ist, dass die Krankheit in manche
Bull. Thicrseuchcn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 16
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242nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Beschälkrankkeit. Aetiologie.
Länder erwiesenermassen durcli neu eingebrachte Hengste eingeschleppt worden ist. Von den angesteckten und chankerkrank gewordenen Stuten konnte dann das Krankheitsgift durch den Belegact selbstverständlich auf andere Hengste weiter übertragen werden.
Auf Grund der bisherigen Wahrnehmungen darf angenommen werden, dass eine selbstständige Entwicklung der Krankheit in Folge supponirter äusserer Einflüsse oder vorhandener anderweitiger krankhafter Processe der Genitalien nicht stattfinde, sondern dass sich die Krankheit gleich gewissen anderen virulenten Affectionen nur durch fortgesetzte Ansteckung erhalte und verbreite; dass mithin die In-fectionserreger entogener Natur seien.
Die Krankheit gewinnt in der Regel mit dem Anfange der Deckperiode eine grössere Verbreitung und kann in Folge fortgesetzten Belegens der Stuten durch einen kranken Hengst und der Ansteckung anderer Hengste durch bereits krank gewordene Stuten manchmal eine seuchenartige Ausbreitung unter den Zuchtpferden einer Gegend erlangen. Die Dauer einer solchen Seuche kann sich, wenn nicht strenge Massregeln zur Durchführung kommen, über Jahre hinaus erstrecken, da scheinbar reconvalescirte Thiere bei dem Belegen im nächsten Jahre wieder anstecken. Durch die Abgabe kranker Zuchtpferde in andere Gegenden und durch herumziehende kranke Deckhengste (Gaureiter) finden dann weitere Verschleppungen der Seuche in bisher verschonte Landstriche statt.
Das Krankheitsgift, dessen Natur bisher noch ganz unbekannt ist, wirkt nach Ai't eines sogenannten fixen Ansteckungsstoffes; Vehikel desselben sind bei dem Hengste die Secrete der Harnröhre, bei der Stute jene der Scheide, speciell der in diesen Theilen sitzenden specifischen Geschwüre, durch deren Impfung in die Geschlechtstheile gesunder Pferde die Krankheit absichtlich, wenn auch nicht in jedem Falle, hervorgerufen werden kann. Impfungen mit dem Blute chankerkranker Thiere haben bis jetzt immer ein negatives Resultat ei'geben.
Aussei- dem Belegacte kann auch eine innige Berührung mit den Genitalien und den Secreten der Scheidenschleimhaut bisweilen die Krankheit hervorrufen, wie dies die Erkrankungen von Fohlen nachgewiesen haben, welche mit ihren chankerkranken Müttern in einem und demselben Stande untergebracht waren. Diese Art der Uebertragung gehört jedoch zu den Seltenheiten.
Die von mehreren Beobachtern ausgesprochene Ansicht, dass selbst genesene Thiere noch durch längere Zeit anzustecken vermögen, dürfte dahin richtigzustellen sein, dass in diesen Fällen
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Beschttlkrankheit. Aetiologin.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;243
nur eine Besserung, aber nicht eine vollständige Heilung eingetreten war; da es ausserordentlieh schwierig, ja nahezu unmöglich ist festzustellen, ob die in der Harnröhre der Deckhengste und in der Scheide der Stuten vorhandenen Geschwüre auch vollständig zur Heilung gekommen sind. Diese Vermuthung wird durch die von mehreren Beobachtern, namentlich von Marcs constatirte Erfahrung bekräftigt, welcher zufolge die Krankheit nach dem Aufhören der Deckperiode und während der Zeit der Ruhe des Geschlechtstriebes meistens einen Stillstand macht, um während der folgenden Beschälzeit sich wieder zu verschlimmern und neue Fortschritte zu machen.
Das Krankheitsgift ist durch Zwischenträger verschleppbar; am häufigsten geschieht die Verschleppung durch Schwämme, welche zum Reinigen der Geschlechtstheile der kranken Zuchtpferde verwendet wurden und in nicht gereinigtem Zustande bei gesunden. Pferden zu demselben Zwecke in Gebrauch kommen.
Die Krankheit ist nur auf Pferde und Esel übertragbar; bei Personen, welchen die Wartung chankerkranker Pferde obliegt, sollen bisweilen papulose oder vesiculöse Eruptionen an den Händen, die jedoch spontan und bald abheilten, beobachtet worden sein. Es bleibt jedoch zweifelhaft, ob es sich in solchen Fällen nicht blos um eine Infection durch das Secret des sogenannten Bläscbenaus-schlages der Genitalien gehandelt hat.
Von den einer Ansteckung durch den Belegact ausgesetzten Stuten verfallen ungefähr zwei Drittel, manchmal auch noch mehr in die Krankheit. Die Dauer der Incubationsperiode ist eine verschiedene; sie schwankt nach den Beobachtungen von Marcs zwischen acht Tagen und zwei Monaten. Selbstverständlich unterliegt die Bestimmung des thatsächlichen Krankheitsausbruches und mithin der Incubationsdauer in einem gegebenen Falle wegen des verborgenen Sitzes der localen Affectionen grossen Schwierigkeiten, und es mögen daher manche Thiere thatsächlich schon lange von der Krankheit befallen sein, obwohl sich diese durch Symptome noch nicht zu erkennen gibt. Dies wird besonders bei Deckhengsten auffallend, deren Krankheit oft erst durch die Wahrnehmung constatirt werden kann, dass die von ihnen bedeckten Stuten in die Chankerkrankheit verfallen.
Ueber die Tenacität des Krankheitsgiftes liegen keine Erfahrungen vor. Die zu Gunsten einer bedeutenden Widerstandsfähigkeit desselben angeführte Wahrnehmung, dass durch genesene Thiere die Krankheit gleichwohl weiter verbreitet ward, wurde schon früher gewürdigt.
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244nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Beschälkrankheit. Erftchßinungen bei Stuten.
Krankheitserscheinungen. Die Symptome sind uacli dem Gesehlechte der befallenen Thiere etwas verschieden.
a) Bei Stuten. Der Beginn der Krankheit macht sich durch die Erscheinungen eines Katarrhes der Scheide, insbesondere durch die reichliche Absonderung eines anfangs dünnen, klaren, später dicken, trüben, weisslich- oder röthlichgelben Schleimes bemerkbar. Die Stuten benehmen sich als wären sie rossig; sie zeigen eine gewisse Unruhe, trippeln hin und her, wedeln mit dem Schwänze, öffnen die Scham und stellen sich öfter zum Harnen an. Bei näherer Untersuchung erscheint der Wurf entweder ödematös geschwollen, teigig weich, oder derb' infiltrirt, hart; die Schleimhaut der Scheide ist stark injicirt, stellenweise fleckig geröthet und geschwollen, jene der Schamlippen ödematös. Im Verlaufe verliert sich gewöhnlich das Oedem des Wurfes; die Haut desselben wird schlaff, faltig und bisweilen durch Verlust des Pigmentes getigert oder gleichmässig bleich. Später treten auf der Schleimhaut des Scheideneinganges, besonders um den Kitzler herum verschieden grosse, eine gelbliche zähe Flüssigkeit enthaltende Bläschen auf, nach deren Bersten seichte, mit einem gelblichen Beschläge belegte Geschwürchen zurückbleiben, welche sich allmälig reinigen und schliesslich abheilen. Bei manchen Seucheninvasionen werden an Stelle solcher Bläschen hirsekorngrosse, weisse, in Gruppen beisammenstehende Knötchen angetroffen (Marcs), welche als durch Zellenwucherung geschwellte Follikel zu deuten sein dürften. In anderen Fällen endlich finden sich auf der bleichen, missfärbigen Schleimhaut der Schamlippen und der Scheide, und zwar nicht nur am Scheideneingange, tiefer greifende, nnreine Geschwüre mit stark geschwollenen und gerötheten Rändern, welche nur langsam heilen und wulstige, strahlige Narben hinterlassen. Wie Sectionen nachgewiesen haben, erstreckt sich diese Gesclrwürbildung bisweilen bis in die Gebärmutter hinein. Bei dem Vorhandensein zahlreicher Geschwüre wird der Ausfluss aus der Scheide sehr reichlich, missfärbig, jaucheähnlich, besudelt die Hintevschenkel und den Schweif und verursacht Excoriationen an den Theilen, mit welchen er in Berührung kommt. Das Allgemeinbefinden der Thiere ist bis dahin gewöhnlich ungestört; bei kräftigen, früher gesund gewesenen Stuten kann die Krankheit rein örtlich bleiben und namentlich dann, wenn sogleich beim Beginne eine entsprechende Behandlung eingeleitet wurde, nach einem mehrere Wochen oder Monate dauernden Verlaufe, wenn auch nur selten mit Genesung, enden.
In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle macht jedoch die Krankheit weitere Portschritte; der jaucheähnliche Ausfluss aus der
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Be.schälki-ankheit. Ki-sclioinuiigen bt'j Stuten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2 I trgt;
Scheide wird immer reichlicher, die Schamlippen werden hart, die Schleimhaut der Seheide missfarbig1; bei schlaffen Thieren entwickeln sich Oedeme am Unterbauche, am Mittelfleische und an den Beinen; bisweilen kommt es auch zur Entzündung und Abscedirung im Euter, sowie in der Haut und dem Bindegewebe in der Umgebung des Afters, zur Schwellung der Lymphdrüsen in der Leistengegend. Bei ungestörter Fresslust wird eine fortan zunehmende Abmagerung bemerkbar. Bei Stuten, welche aufgenommen haben, tritt gewöhnlich Verwerfen ein.
Bei längerer Dauer der Krankheit treten an verschiedenen Stellen der Haut, namentlich am Halse, an der Schulter, an der Brust, dem Bauche und der Croupe runde, scharf begrenzte, quaddelförmige Hautanschwellungen im Durchmesser von 4 bis 8 cm auf .— die sogenannten Thalerflecke — weiche nach einem verschieden langen Bestehen von der Mitte aus allmälig wieder zurücktreten, wobei der kreisförmige Begrenzungsrand am längsten zurückbleibt und ähnliche neue Geschwülste an anderen Hautstelien zum Vorschein kommen.
Bei Stuten, namentlich solchen edlerer und feinerer Racen, stellen sich, wenn sie nicht schon früher unterlegen sind, schliesslich paretische und paralytische Erscheinungen ein. Als erstes Symptom der bevorstehenden Lähmung wird eine Schwäche der Nachhand bemerkbar; die Thiere wechseln beim Stehen mit den Hinterbeinen, ziehen beim Gehen das eine oder das andere derselben nach, heben es nur mit Anstrengung nach vorn und setzen es langsam wieder auf den Boden auf, oder sie knicken in den Sprunggelenken und Fesseln ein, und strecken die Hinterbeine schleudernd und mit Anstrengung, stürzen bisweilen zusammen und sind erst nach einiger Zeit wieder im Stande, sich zu erheben. In manchen Fällen tritt zeitweilig ein Nachlass der paretischen Erscheinungen ein; gewöhnlich aber steigern sich diese bis zur völligen Lähmung des Hintertheiles, welche es den kranken Thieren unmöglich macht, sich vom Boden zu erheben. Nicht selten erfolgt auch Lähmung eines oder des anderen Ohres und einseitige Lähmung der Vorder-und Hinterlippe.
Während die Krankheit bis zu diesem Grade vorschreitet, nimmt die Abmagerung reissend zu; die Flanken und Weichen sinken ein, der Hinterleib wird aufgezogen, Schulter und Hinterbacken werden fettlos, die Rippen treten deutlich hervor; der miss-färbige, bisweilen blutig gestriemte Ausfluss aus der Scheide wird fortan reichlicher; es tritt Decubitus an den beim Liegen gedrückten
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Beschälkrankheit. Eracheimmgen bei Hengsten.
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Körperstellen aiif und die Thiere gehen schliesslicli in Folge von Erschöpfung oder hypostatischer oder metastatischer Pneumonic zu Grunde.
Mit dem Auftreten der Lähmungserscheinungen scheint der locale Krankheitsprocess bisweilen einen Stillstand zu machen. Marcs bemerkt mit Recht, dass derart kranke Stuten, wenn sie während der Periode der scheinbaren Besserung zum erstenmale untersucht wurden, zu der Annahme Anlass gegeben haben mögen, dass sie an selbstständiger Lähmungshrankheit leiden, und dass das, vielleicht später wieder hervortretende Chankergeschwür als eine Folge der Lähmungskrankheit anzusehen sei.
b) Bei Deckhengsten. DieDiagnose der beginnenden Beschälkrankheit ist bei Hengsten viel schwieriger festzustellen als bei Stuten, da der Process gewöhnlich auf die Schleimhaut der Harnröhre localisirt ist, Bläschen oder Geschwüre auf der Eichel, ßuthe und am Hodensacke seltener vorkommen und selbst wenn dies der Fall ist, meistens in kurzer Zeit mit Zurücklassung seichter, nicht pigmentirter Narben abheilen. Die nachweisbare Affection der Harnröhre beschränkt sich auf eine höhere Röthung und Schwellung der Schleimhaut an der Mündung der Harnröhre und massigen Aus-liuss von Schleim aus derselben: Erscheinungen, die bei einem tieferen Sitze des Chankers in der Harnröhre meist bald wieder zurücktreten.
Derart kranke Hengste können daher als gänzlich unverdächtig erscheinen und werden häufig genug zum Decken verwendet. Erst die Thatsache, dass die von ihnen gedeckten Stuten in die Beschälseuche verfallen, führt zur Erkenntniss, dass sie selbst chankerkrank seien. Solche thatsächlich kranke, dem Anscheine nach aber gesunde Deckhengste, bei welchen sich später Lähmungserscheinungen einstellen, konnten leicht die Vermuthung reg:e machen, dass die Lähmungskrankheit der Zuchthengste als eine besondere Krankheitsform anzusehen sei, welche ohne vorausgegangene locale Affection der Genitalien sich einstellt.
Bei manchen kranken Hengsten kann eine ödematöse Schwellung oder eine Sclerose des Randes oder eines mehr oder weniger beträchtlichen Theiles der Vorhaut, der sogenannte Fett schlauch, zugegen sein. Die Hengste stellen sich wegen des Reizungszustandes in der Harnröhre öfter zum Harnen, wobei unter Schmerzäusserungen und Nachpressen jedesmal nur eine geringe Menge Harnes abgesetzt wird. Ihr Geschlechtstrieb ist manchmal auffallend gesteigert; das Bespringen von Stuten geschieht jedoch mit weniger Feuer
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Heächälkrankheit. Erscheinungen bei üengsteu. Verlauf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;24 7
und nicht selten erfolgt die Samenentleerung erst nach wiederholten Sprüngen. Die Hengste erscheinen zu dieser Zeit in ihrem Aeusseren nicht verändert; Fresslust, Athmen und Puls sind normal.
Die Krankheit kann sich, namentlich bei jungen, gut gehaltenen, phlegmatischen Pferden, lange in diesem Stande erhalten; nach Ablauf der Beschälperiode scheint sogar ein Stillstand im Pro-cesse eintreten zu können; dagegen aber stellt sich in der nächsten Deckzeit wieder eine evidente Verschlimmerung ein. Im weiteren Verlaufe treten dann ebenso wie bei Stuten die Erscheinungen des Allgemeinleidens deutlich hervor, und zwar am ' raschesten bei Hengsten edler und sensibler Racen.
Grerade so wie bei Stuten stellen sich die thalerförmigen Quaddeln an verschiedenen Stellen der Haut, die paretischen und paralytischen Erscheinungen an den hinteren Extremitäten, später nicht selten halbseitige Gesichtslähmung mit rasch zunehmender Abmagerung ein, der Hinterleib wird aufgezogen, die Lendengegend, besonders an ihrem Uebergange in das Kreuz, schmerzhaft und oft in dem Grade, dass die Thiere bei einem dort angebrachten Drucke in Gefahr kommen, zusammenzustürzen. Später entwickeln sich Oedeme am Schlauch und Hodensack, bisweilen auch schmerzhafte Anschwellungen der Hoden; die Lähmung schreitet auch auf die vorderen Extremitäten fort, die Hengste sind dann nicht im Stande, sich vom Boden zu erheben, sie liegen sich auf und gehen schliess-lich, nachdem sich bisweilen noch erschöpfende Durchfälle eingestellt haben, in Folge von Abzehrung, Lähmung oder hypostatischer Pneumonic zu Grunde.
Bei manchen, namentlich verzärtelten, veredelten Hengsten wird im Verlaufe der Krankheit ein auffallender Juckreiz an verschiedenen Hautstellen wahi'nehmbar, in Folge dessen durch andauerndes Reiben die Epidermis daselbst abgescheuert wird und unreine, blutrünstige Geschwüre auf der verdickten und infiltrirten Haut entstehen, die nach und nach zahlreicher werden und, in Folge fortgesetzten mechanischen Insultes, nicht selten ein gangränöses Ansehen annehmen. Strauss hat diese Art des Verlaufes als eine besondere Krankheitsform aufgefasst und als Juckkrankheit beschrieben.
Verlauf. Der Verlauf der Krankheit ist stets ein schleppender und bei Hengsten langwieriger als bei Stuten. Während sie bei Stuten, sei der Ausgang ein günstiger oder lethaler, innerhalb einiger Monate abläuft und selten über sechs oder acht Monate andauert, kann sie bei Hengsten sich über Jahre erstrecken.
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248nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Beschälkrankheit. Verlauf. Diagnose.
Der Eintritt von Genesung ist im Ganzen selten; sie ist häufiger bei Stuten als bei Hengsten und wird in der Regel nur bei Thieren beobachtet, bei welchen die Krankheit auf die Geschlechtstheile allein beschränkt bleibt, selten dann, wenn bereits Erscheinungen der beginnenden Lähmung eingetreten sind. Die Zeichen einer eintretenden Besserung sind häufig trügerisch, da gewöhnlich nach einiger Zeit Verschlimmerungen sich einstellen und die Krankheit dann unaufgehalten ihren weiteren Gang macht. Bei vorgeschrittener Krankheit ist stets ein tödtlicher Ausgang zu erwarten. Eine Entwicklung des Rotzes aus der Beschälkrankheit, die früher angenommen wurde, findet niemals statt. Herrscht die Beschälseuche in grösserer Verbreitung, so kann stets ein Verlust von 50 bis 70% der Erkrankten in Aussicht genommen werden.
Die Prognose bleibt immer eine zweifelhafte; sie ist ungünstiger bei Hengsten als bei Stuten, da bei den ersteren die Krankheit in der Regel viel später als bei den letzteren und meist erst dann constatirt wird, wenn entweder zahlreiche Stuten durch sie bereits angesteckt worden sind, oder die secundären Zufälle bei ihnen sich schon eingestellt haben. Uebrigens erfolgt bei manchen Thieren, bei welchen die Krankheit bereits weit fortgeschritten ist, unerwartet dennoch Besserung und manchmal selbst, wenigstens scheinbare, Genesung, während andere, anscheinend leichter erkrankte Thiere unaufhaltsam einem lethalen Ausgange entgegengehen.
Diagnose. Die Beschälseuche kann manchmal mit anderen Krankheiten verwechselt werden. Dazu gehört vor Allem der Bläschenausschlag an den Genitalien, eine innerhalb weniger Wochen ablaufende, stets mit Genesung endende Eruption, bei welcher das Auftreten nervöser und auf ein Allgemeinleiden hinweisender Symptome nie beobachtet wird. Eine Verwechslung mit Hautrotz (Wurm) wäre nur möglich, wenn die sogenannten Thalerflecke für Wurmbeulen angesehen würden.
In dem Stadium, in welchem bereits paralytische Erscheinungen aufgetreten sind, könnte die Vermuthung auf die Gegenwart einer selbstständigen Lähmung im Bereiche des Facialis, der Lendenoder Kreuznerven entstehen. In allen diesen Fällen wird die Beobachtung des Verlaufes und der Aufeinanderfolge der Erscheinungen Irrthümer vermeiden oder berichtigen lassen.
Pathologische Anatomie. Bei Stuten erscheint die Schleimhaut der Scheide verdickt, düster geröthet, mit eiterigem oder jauchigem, missfärbigem Secrete bedeckt, stellenweise mit mehr oder weniger tiefgreifenden, manchmal zusammenfliessenden Ge-
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Boscliälkranklieit. Anatomischer Befnnci. Therapie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;249
schwüren diphtheritischen Ansehens oder, besonders um den Kitzler herum, mit condylomatösen Excrescenzen besetzt; bisweilen wird ein ähnlicher Befund auf der Schleimhaut der Grebärmutter angetroffen, deren erweiterte Höhle dann meist mit jauchigem, miss-farbigem Secrete angefüllt ist.
Bei Hengsten ist gewöhnlich die Haut und das Bindegewebe des Schlauches und Hodensackes serös infiltrirt, bisweilen auch sclerosirt; die Hoden sind manchmal stellenweise von metastatischen Abscessen durchsetzt; die Schleimhaut der Harnröhre ist geschwellt, hie und da geröthet und mit kleinen, kraterförmigen, unreinen Geschwürehen besetzt. An den gelähmten Extremitäten findet sich stets eine bedeutende Infiltration der Scheiden der Hauptnerven-stämme, sowie des Bindegewebes der Umgebung, oft tief zwischen die Muskeln hinein, mit gelblichem, sulzigem Exsudate.
In manchen Fällen ist eine seröse Durehfeuchtung, selbst Erweichung des Grehirnes und Rückenmarkes, Trübung der Meningen und Ansammlung seröser Flüssigkeit im Arachnoidealsaeke bemerk-bar. v. Thanhoffer („Untersuchungen über das Wesen der Zuchtlähmequot; 1876) hat bei einem an dieser Krankheit leidend gewesenen Zuchthengste siebförmige Durchlöcherung (6tat crible) in der weissen und grauen Substanz des Lendenrückenmarkes, abhängig von einer hochgradigen Erweiterung der perivasculären und peri-neuralen Räume, deutlich ausgesprochene Entzündung und davon abhängigen beginnenden Schwund dieses Abschnittes des Rückenmarkes, fettige Entartung und stellenweises Zugrundegehen der Nervenfasern, grossen Grefässreichthum, entzündliehe Schwellung und stellenweise Verwachsung der Häute des Rückenmarkes mit dem letzteren beobachtet.
Ausserdem werden allgemeine Abmagerung und Anämie, in manchen Fällen Schwellung der Lymphdrüsen bestimmter Körperpartien, metastatische Abscesse in den Lungen oder hypostatische Pneumonic angetroffen.
Therapie. Die Resultate der ärztlichen Behandlung der Beschälkrankheit lassen noch sehr Vieles zu wünschen übrig. Bei Stuten kommen im Beginne der Krankheit, so lange noch die Erscheinungen eines acuten Katarrhes der Scheide zugegen sind, gewöhnlich schleimige, später adstringirende Einspritzungen von Alaun-, Zink-, oder Garbolsäurelösung oder Aetzungen der zugänglichen Greschwüre mit Silbersalpeter, Kupfervitriol, Sublimatlösung zur Anwendung. Bei Hengsten, bei welchen eine örtliche Behandlung schwerer durchführbar ist, muss sich grösstentheils auf eine öftere
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250nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Beaeiialkrankheit. Therapiu. Vtsterinäi-poliaei.
Reinigung der Vorhaut und des Gliedes beschränkt werden; nur selten werden Einspritzungen in die Harnröhre möglich sein.
Für die innerliche Verabreichung wurde Terpentinöl, Theer-oder Creosotwasser, Siiblimat, arsenige Säure, Brechnuss empfohlen; jedoch hat die Erfahrung keine Ergebnisse geliefert, welche zu Gunsten eines oder des anderen Mittels besonders sprechen würden. Dasselbe gilt von der innerlichen Verwendung tonischer Arzneistoffe.
Bei dem Eintritte von Lähmungserscheinungen wurden flüchtige und scharfe Einreibungen in der Kreuzgegend, an der Austrittsstelle und längs des Verlaufes der Hüftnerven, des Facialis, kalte Douchen auf die Lenden- und Kreuzgegend versucht, ohne dass jedoch die Resultate befriedigend gewesen wären. Bei Deckhengsten, bei welchen sich bereits paretisehe Erscheinungen einzustellen anfingen, erwies sich in manchen Fällen die Vornahme der Castration von gutem Erfolge, insofern als die Parese nicht nur nicht fortschritt, sondern bisweilen sogar so weit zurückging, dass die castrirten Hengste als gute Gebrauchspferde Verwendung finden konnten. Bei fortgeschrittener Lähmung lässt freilich auch dieses Verfahren im Stiche.
Im Verlaufe der Krankheit sich einstellende Entzündung des Euters oder der Hoden, sowie Decubitus, wären nach den Regeln der Chirurgie zu behandeln.
Veterinärpolizei. Da die Beschälkrankheit, die wenigen bekanntgewordenen Fälle einer Uebertragung von Mutterstuten auf Fohlen durch Berührung ausgenommen, sich ausschliesslich mittelst des Belegactes fortpflanzt, durch diesen aber eine selbst seuchenartige Verbreitung erlangen kann, so können die veterinärpolizeilichen Vorschriften nur gegen diese Art der Verschleppung des Ansteckungsstoffes gerichtet sein.
Das österreichische und das deutsche Thierseuchen-gesetz differiren bezüglich der veterinärpolizeilichen Massregeln in einem wesentlichen Punkte. Während das erstere von dem Gesichtspunkte ausgeht, dass die Chankerkrankheit in der Regel unheilbar, eine Genesung meist nur scheinbar und mit Sicherheit nicht zu constatiren sei, und demnach die Castration der evident kranken und der verdächtigen Deckhengste, sowie die Ausschliessung der chankerkrank gewesenen, wenn auch anscheinend genesenen Stuten von den ferneren Belegen vorschreibt, macht das letztere die weitere Zulassung von beschälkranken Pferden, mithin Hengsten und Stuten zur Begattung von der thierärztlich festgestellten vollständigen Heilung und Unverdächtigkeit derselben abhängig. Im
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Beschälkranklioit. Veterinärpolizfli.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;•nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 251
Hinblicke auf die Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit der Constatirung einer vollständigen Heilung des Processes und auf die Gefahren, welche aus der Benützung nicht vollständig genesener Zuchtpferde zum Decken dem Pferdestande ganzer Landstriche drohen, muss den strengeren Massregeln des österreichischen Gesetzes, welche in bereits verseuchten Bezirken erfahrungsgemäss allein zum Ziele führen können, unbedingt beigestimmt werden.
Das österreichische Thierseuchengesetz und die zu demselben erlassene Durchführungs -Verordnung schreibt (im sect; 31) folgende Massregeln gegen diese Krankheit vor.
Pferde, welche an der Beschälseuche leiden, dürfen zum Belegen nicht zugelassen werden.
Stuten, welche mit der Krankheit behaftet sind, sind abzusondern und dürfen ohne Zustimmung der politischen Behörde ihren Standort nicht wechseln; sie sind selbst dann, wenn sie wieder hergestellt scheinen, bleibend von der Nachzucht auszuschliessen und zur Kenntlichmachung auf der linken Halsseite mit den Buchstaben B. K. zu brennen.
Beschälhengste, von welchen erwiesenermassen Stuten angesteckt wurden, oder bei welchen sich die Chankerkrankheit bestimmt nachweisen lässt, oder welche chankerkranke Stuten bedeckt haben, sind zu castriren.
Bei dem verbreiteten Auftreten der Beschälseuche ist von der politischen Landesbehörde das Belegen nach Massgabe der Verhältnisse entweder vollkommen einzustellen, oder die Zulassung der Pferde zum Belegen von einer vorausgegangenen Untersuchung derselben durch den Amtsthierarzt abhängig zu machen.
In den verseuchten Bezirken sind sämmtliche Zuchtpferde bezüglich ihres Gesundheitszustandes durch den Amtsthierarzt zu untersuchen.
Stallungen, in welchen chankerkranke Pferde eingestellt waren, sind, ebenso wie die bei ihnen benützten Gegenstände und Geräthe, zu reinigen, die von solchen Pferden stammenden Häute zu desinficiren und zu trocknen.
In Bezirken, in welchen die Beschälseuche herrschend war, ist vor Beginn der Belegzeit des folgenden Jahres eine thierärztliche Revision des Gesundheitszustandes sämmtlicher Zuchtpferde zu veranlassen und dürfen nur jene Pferde zum Decken zugelassen werden, welche hiebei vollkommen gesund befunden worden sind.
Als erloschen ist die Seuche zu erklären: bei geringer Verbreitung, wenn kranke Stuten nicht mehr vorhanden, kranke und
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252nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Blälaquo;chenansKchIag an Geschlcrhtstlioilen. Aetiologie.
verdächtige Hengste castrirt und die Reinigungsmassregeln durch-gefulirt sind; bei grösserer Verbreitung dann, wenn bei der im nächstfolgenden Jahre vor Beginn der Deckzeit vorgenommenen thierärztlichen Revision sämmtliehe Zuchtpferde gesund befanden worden sind.
Das deutsche Viehseuchengesetz verordnet (im sect; 50), dass Pferde, welche an der Beschälseuche leiden, von dem Besitzer so lange nicht zur Begattung zugelassen werden dürfen, als nicht von dem beamteten Thierarzte die vollständige Heilung und Unverdächtigkeit der Thiere festgestellt ist und bestimmt weiter (im sect; 51), dass im Falle, als die Beschälseuche in einem Bezirke in grösserer Ausdehnung auftritt, die Zulassung der Pferde zur Begattung für die Dauer der Gefahr allgemein von einer vorgängigen Untersuchung derselben durch den beamteten Thierarzt abhängig gemacht werden könne.
Da die Beschälseuche bisweilen mit dem einfachen Bläschenausschlage an den Greschlechtstheilen zusammengeworfen oder verwechselt wird, so möge dieser letztere sogleich hier im Anschlüsse seinen Platz finden, wenngleich über die Natur seiner Infectionserreger nahezu gar nichts bekannt ist.
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Bläschenausschlag an den Geschlechtstheilen der Pferde und Rinder.
/Syn. Beschälausschlag, Aphthen- oder Phlyktänenausschlag. Exantheme coital, Maladie aphtheuse des organes gamp;iitaux/mnz.; Esantema coitale, Morbo coitale benigno ital. Die für diese Krankheit gleichfalls gebräuchlichen Bezeichnungen Pseudosyphilis, gutartige Beschälseuche, venerische Krankheit scheinen nur geeignet Irrungen zu veranlassen.
Mit den angeführten Namen bezeichnet man einen bläschenartigen oder auch pustulösen Ausschlag auf der Scham und der Scheide, sowie an der Ruthe, welcher am häufigsten bei Rindern
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und Pferden, seltener bei Schafen und Schweinen vorkommt, durch den Begattungsact übertragbar ist und gutartig und schnell abläuft.
Aetiologie. Die Krankheit kommt bei den genannten Thier-gattungen und unter ihnen auch bei Individuen vor, welche noch nie bedeckt worden sind.
Die Ursache ihrer Entstehung ist noch nicht bekannt, sie scheint jedoch specifischer Natur zu'-sein. Die Annahme, dass sie durch übermässige Ausübung des Begattungsactes oder durch das Bespringen von Stuten, welche mit chronischem Scheidenkatarrh behaftet sind, entstehe, ist durch nichts begründet; ebensowenig
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Bläschenausschlag au Geschleohtstheilen. Erscheinungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 253
lässt sich, wie angeuommen wurde, ein Zusainmenliang der Ea-auk-heit mit der Maul- und Klaueuseuehe nachweisen. Bisweilen tritt die Krankheit in einer Gegend epizootiseh auf, ohue dass die weite Verbreitung derselben auf das Beleggesehäft allein zurückgeführt werden könnte.
Während des Verlaufes entwickelt sich ein fixes Contagium, welches an dem Inhalte der Bläschen und dem Secrete der Geschwüre haftet und durch den Belegact von kranken weiblichen Thieren auf männliche und umgekehrt übertragen werden kann; auch in Folge naher Berührung mit kranken weiblichen Thieren wurde eine Uebertragung der Krankheit beobachtet, die sich auch durch Impfung auf Thiere derselben Art übertragen lässt. Nur wenige der Ansteckungsgefahr durch den Belegact ausgesetzte Thiere entgehen der Infection. Die Incubationszeit wechselt zwischen drei bis zehn Tagen.
Bei Personen, welche mit der Wartung derart kranker Thiere beschäftigt sind, entstehen bisweilen Bläscheneruptionen und oberflächliche Geschwüre an den Händen, welche jedoch bald abheilen.
Krankheitserscheinungen. In gewöhnlichen Fällen stellt die Eruption an den erwähnten Körpertheilen Bläschen von der Grosse eines Hirsekornes bis zu jener einer Erbse dar, welche bald platzen, eine seröse oder lymphatische Flüssigkeit ergiessen und sich dann mit einer gelblichen oder bräunlichen Kruste bedecken, nach deren Abfallen eine kleine, durch einige Zeit pigmentlos bleibende Narbe zurückbleibt. Wird eine solche Kruste abgehoben oder sonst wie entfernt, so erscheint die unterliegende Haut oder Schleimhaut exeoriirt, hyperämiseh und bedeckt sich in Kurzem wieder mit einer Kruste. In anderen Fällen stellen sich verschieden grosse Knötchen ein, welche sich bald in Pusteln umändern, einige Tropfen Eiter austreten lassen und dann unreine Geschwürchen darstellen, die schliesslich mit Hinterlassung kleiner pigmentloser Narben heilen.
Bei Stuten und Kühen kommen diese Eruptionen auf dem Wurfe, besonders auf der inneren Fläche der Schamlefzen und in der Umgebung des Kitzlers, jedoch auch in den tieferen Theilen der Scheide vor; bisweilen werden sie auch auf dem Mittelfleische, um den After und auf dem Euter angetroffen. Die Scham ist dabei ödematös geschwollen, die Scheidenschleimhaut geröthet und gewöhnlich ein mehr oder weniger intensiver Scheidenkatarrh mit schleimigem oder schleimigeiterigem Ausflusse, bisweilen auch hef-
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Bläschenausschlag. Therapie. Veterinärpolizei.
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tiger Juckreiz zugegen. Schwerere Fälle werden meist von einem leichten Fieber und von Anscliwellung der benachbarten Lymphdrüsen begleitet.
Bei männlichen Thieren stellen sich die Eruptionen an verschiedenen Stellen der geschwollenen und gerötheten Haut der ßuthe, bei Pferden besonders an der Eichel ein; in manchen Fällen bilden sich im Verlaufe zahlreiche grössere kraterförmige Geschwüre mit aufgeworfenen Rändern und unreinem Grunde, neben Oedem der Vorhaut aus, bisweilen verbreitet sich der Ausschlag auch auf die Vorhaut und den Hodensack.
Verlauf. Die Krankheit endigt meistens innerhalb drei bis vier Wochen mit Genesung; in schwereren Fällen, namentlich dann, wenn sich zahlreichere und grössere Geschwüre gebildet haben, kann sich aber der Verlauf auch auf sechs bis acht Wochen erstrecken. Mit der eingetretenen Eeconvalescenz erlischt selbstverständlich auch die Reproduction des Ansteckungsstoffes und die weitere Infectionsfähigkeit.
Therapie. Auch ohne Kunsthilfe erfolgt die Genesung in der Regel schnell; Reinhaltung der Thiere, Ausspritzungen oder Waschungen mit leicht adstringirenden Flüssigkeiten, wie mit Alaun-oder Eisenchloridlösung, verdünntem Weingeist reichen in den meisten Fällen aus. Bei dem Vorhandensein tieferer oder ausgebreiteter Geschwüre kann das Touchiren derselben mit Silbernitrat oder Kupfervitriol nöthig werden.
Veterinärpolizei. Die veterinärpolizeilichen Vorschriften beschränken sich nur darauf, die Verwendung derart kranker Thiere zum Belegen für die Dauer der Krankheit zu verbieten.
Das österreichische Thierseuchengesetz (sect; 32) bestimmt, dass mit dem Bläschenausschlage behaftete Pferde und Rinder für die Dauer der Krankheit von dem Belogen auszuschliessen seien und die Durchführungsverordnung zu diesem Paragraphe verfügt ausserdem, dass in dem Falle, wenn der Bläschenausschlag an den Genitalien der Zuchtpferde in grösserer Verbreitung auftritt, von der politischen Behörde eine thierärztliche Untersuchung der sämmtlichen Zuchtpferde des verseuchten Gebietes angeordnet werden könne.
Aehnliches verordnet der sect; 50 des de'utschen Gesetzes, wornach Pferde oder Eindviehstiicke, welche an dem Bläschenausschlage der Geschleclitstheile leiden, so lange nicht zur Begattung zugelassen werden dürfen, als nicht durch den beamteten Thierarzt die vollständige Heilung und Unverdiichtigkeit der Thiere festgestellt ist.
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Wuthkrankbeit. Historisches.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 255
Wuthkrankheit, Rabies, Lyssa.
Syn. Tollwutli, Hundswuth, Wasserscheue. Rage, Hydrophobie franz.; Rabbia, Idrofobia ital.; Hydrophobia, Canine madness engl.
Die Wuthkrankheit kommt hauptsächlich blaquo;i den Thieren des Hundegeschlechtes: Hund, Wolf, Fuchs vor, kann aber von diesen aus auf alle Hausthiere und auf den Menschen übertragen werden. Sie ist eine schnell verlaufende und, so weit verlässliche Beobachtungen in Betracht kommen, stets tödtlich endende Infectionskrank-heit, welche sich durch die vorwaltenden Störungen des Bewusst-seins, durch zahlreiche nervöse Erscheinungen und durch den Mangel constanter, grob anatomischer Veränderungen als eine functionelle Erkrankung der Centraltheile des Nervensystems ausspricht.
Die Krankheit scheint schon im Alterthume bei den Egyptern, Juden, Griechen und Römern bekannt gewesen zu sein. Aristoteles wusste von ihrer Uebertragbarkeit vom Hunde auf andere Thiere mittelst des Bisses, scheint jedoch deren Uebergang auf den Menschen nicht gekannt zu haben; ebenso erwähnen ihrer Demokrit, Xenophon und später eine Reihe griechischer und römischer Geschichtsschreiber und Dichter. Gels us (50 Jahre v. Chr.) war es bekannt, dass die Wuth auf den Menschen übergehen und dass der Ausbruch der Krankheit, von ihm Wasserscheu genannt, durch eine entsprechende Behandlung der Bisswundsn hintangehalten werden könne. Später beschäftigten sich Dioscorides, Plinius, Galen, Caelius Aurelianus mit der Wuth; namentlich der Letztere lieferte eine erschöpfende Beschreibung der Krankheit. Von da an blieb, wenn von einigen arabischen Aerzten abgesehen wird, die Kenntniss über die Wuth durch Jahrhunderte hindurch auf demselben Standpunkte und die Mittheilungen aus jener Zeit beschränken sich nur auf die Empfehlung angeblicher speeifischer Heilmittel und auf die Verbreitung irrthümlicher und abergläubischer Ansichten. Erst seit dem Ende des vorigen und im Laufe des gegenwärtigen Jahrhunderts haben zahlreiche Forscher, unter welchen vor Allen Hertwig zu nennen ist, das vorur-theilslose Studium dieser Krankheit sich zur Aufgabe gemacht und ist es gelungen, dem Wesen derselben wenigstens etwas näher zu treten.
Nachdem Ramazzini zu Ende des siebenzehnten Jahrhunderts ein seuchenartiges Vorkommen der Wuth unter den Hunden erwähnt hatte, wurde im achtzehnten, besonders aber im laufenden Jahrhunderte wiederholt das Auftreten von Wuthseuchen, darunter auch in aussereuropäischen Ländern (wie in Nordamerika 1779, 1785, 1799, in Peru 1803, 1804, 1807) beobachtet. Im Jahre 1803 wurde in der Schweiz die Wuthseuche unter den Füchsen constatirt, welche viele Jahre hindurch andauerte und sich allmälig über Baden, Württemberg, Bayern, Hessen und Thüringen verbreitete. Im Jahre 1814 trat die Wuth in Wien, im Jahre 1815 in Kopenhagen, im Jahre 1822 in Holland, in den Jahren 1823 und 1824 in Berlin seuchenartig unter den Hunden auf; im Jahre 1824 herrschte sie in Schweden auch unter den Füchsen und Wölfen, dann in Norwegen, England und Russland, im Jahre 1829 in Dresden. In den Jahren 1831 und 1832 erlangte sie eine grosse Verbreitung in Posen, 1834 und 1835 in Pommern. Während der Jahre 1838 bis Anfangs 1843 war eine bedeutende Wuthseuche in Wien und dessen Umgebung;
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die Zahl der beobachtetea vviitLenden Hunde belief sich daselbst im Jahre 1838 auf 17, 1838 auf 69, 1840 auf 42, 1841 auf 141, 1842 auf 42, um im Jahre 1843 auf 2 herabzusinken. In den Jahren 1840 bis 1842 erlangte die Wuth auch eine grössere Verbreitung in Lyon, 1851 und 1862 in Norddeutschland, wo in Hamburg allein 267 Fälle bei Hunden vorkamen; vom Ende des Jahres 1863 bis 1871 herrschte sie in Württemberg seuchenartig; während dieses Zeitraumes wurde daselbst die Krankheit bei 597 Thieren (587 Hunden, 9 Katzen und einem Fuchse) constatirt; gebissen wurden 44!) Menschen, von welchen 23 der Hydrophobie unterlagen. In den Jahren 1862 und 1867 herrschte eine solche Seuche in Wien, 1865 und 1866 in Sachsen, 1866 in Belgien, in England und in Griechenland (Athen), von 1866 bis 1872 unter den Füchsen in Kärnten. In Sachsen und Bayern und namentlich in Preussen war die Krankheit während der Jahre 1871 bis 1876 sehr verbreitet.
In Wien und Umgebung trat die Hundswuth während der Jahre 1873 bis 1876 abermals seuchenartig auf und kamen während dieses Zeitraumes daselbst 437 Fälle (15, 180, 173, 69) zur Beobachtung.
Aetiologie. Die Wuthkrankheit kommt in allen Ländern und in allen Klimaten vor und kann sicli, einmal dahin eingeschleppt, fortan erhalten. Ihre Verbreitung über einzelne Gegenden und ganze Länder erfolgt um so öfter und rascher, je grosser und ausgebreiteter der Verkehr in und zwischen denselben ist.
Das Vorkommen der Wuth wurde ausseiquot; beim Hunde auch bei der Katze, beim Fuchse, Wolfe, Schakal, der Hyäne, beim Marder und Dachse, dann bei den Pflanzenfressern aus der Reihe der Hausthiere, beim Rehe, der Antilope, beim Schweine, bei Kaninchen und Meerschweinchen beobachtet.
Die Möglichkeit einer spontanen Entstehung oder Selbstentwicklung der Wuth, welche früher ziemlich allgemein angenommen wurde, wird gegenwärtig nahezu übereinstimmend in Abrede gestellt. Eine Kenntnissnahme der ätiologischen Momente, welche beschuldigt wurden, die spontane oder originäre Wuth bei Hunden hervorzurufen, hat heutzutage kaum mehr als ein historisches Interesse.
Bezüglich der Disposition wollte man gefunden haben, dass gewisse Racen der Hunde, z. B. die kleinen englischen, die Pintscher, Pudel, Spitze, die Wolfs- und Tigerhunde, sowie überhaupt solche, welche von erregbarem Temperamente sind und schon von Jugend auf sich böse und bissig gezeigt haben, dann junge, verzärtelte, üppig und unzweckmässig genährte, bastardirte, nur wenig Bewegung machende Hunde eine besondere Geneigtheit zur Selbstentwicklung der Krankheit zeigen. Dies'e Annahmen haben sich jedoch nicht bestätigt; denn bei dem Herrschen der Wuthseuche in Städten, wo eine grosse Anzahl derart kranker Hunde zur Beobachtung kommt, hat sich herausgestellt, dass die Race demselben ebenso
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ohne Einfluss auf das häufigere oder seltenere Vorkommen der Krankheitsfälle sei, wie die Art der Haltung der Hunde, der Grad ihrer Verzärtelung u. dgl. Der Ausbruch der Wuthkrankheit konnte nämlich ebenso häufig bei Luxushunden jeder Art, als bei Jagd-, Ketten-, Zughunden u. dgl. constatirt werden. Im Oriente, wo die Hunde sich selbst überlassen, ein vollkommen freies Leben führen, herrscht, nach verlässlichen Angaben, die Wuth bisweilen in ebenso grosser Verbreitung wie im Abendlande. Dass junge Hunde ver-hältnissmässig häufiger an der Wuth erkranken als ältere, wird durch den Umstand erklärlich, dass namentlich in Städten mit Vorliebe jüngere Hunde gehalten, ältere aber, wenn sie nicht früher abieben, abgeschafft werden.
Von 131 wüthenden Hunden, bei welchen in Wien während der Jahre 1862 und 18fi7 das Alter bestimmt wurde, waren sieben im Alter bis zu einem Jahre, nennunddreissig waren zwei-, vierzig drei-, dreizehn vier-, siebenzehn fünf-, acht sechs-, einer sieben-, zwei acht-, je einer neun- und zehn-, zwei zwölfjäbrig.
Wenn bösartige und bissige Hunde wirklich öfter an der Wuth erkranken sollten, als solche von sanftem und ruhigem Temperamente, so lässt sich dies eben ganz gut dadurch erklären, dass sie sich häufiger mit anderen, also auch mit wüthenden Hunden herumraufen und daher von diesen auch eher und öfter gebissen werden mögen.
Ebenso wollte man in dem Geschlechte ein disponirendes Moment für die Epigenese der Wuth finden; thatsächlich kommt auch die Krankheit beiweitem häufiger bei männlichen, als bei weiblichen Hunden vor.
Schrader fand während der Wuthseuche der Jahre 1852 und 1853 in Hamburg unter 267 Fällen wüthender Hunde 256 männliche, 10 weibliche Hunde und 1 castrirtes Thier, Simon („Eecueil de med. veter.quot; 50. Bd.) unter 158 Fällen von Wuth die Krankheit 144mal bei männlichen und 14mal bei weiblichen Hunden, Leblanc („Recueil de mamp;l. vdter.quot; 50. Bd.) unter 188 Wuthfällen in Paris 149 männliche und 39 weibliche Hunde. In Wien wurde die Wuth im Jahre 1862 unter 32 Fällen 29mal bei Männchen, 3mal bei Weibchen, im Jahre 1867 unter 100 Fällen 88mal bei Männchen und 12mal bei Weibchen constatirt. Während der Wuthepizootie der Jahre 1873 bis 1876, während welcher 437 Fälle von Wtith vorkamen, waren 332 männliche, 44 weibliche Hunde und 1 castrirter Hund von der Krankheit befallen worden.
Diese Thatsache verliert jedoch ihre ätiologische Bedeutung, wenn berücksichtigt wird, dass die betreffenden Beobachtungen durchaus in Städten gemacht wurden, und dass in diesen die männlichen Hunde in einer beiweitem grösseren Anzahl gehalten werden
Rlill. ndeneuehen,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 17
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als die weiblielien; es kann daher auch nicht auffallen, dass die Zahl der bei männlichen Hunden vorkommenden WuthMle jene weit übertrifft, welche bei weiblichen constatirt wird.
Als G el eg enheits Ursachen der Wuth wurden die verschiedensten Momente beschuldigt. Ein besonderer Einfluss auf die Entstehung der Krankheit wurde der grossen Sonnenhitze einerseits und der bedeutenden Winterkälte andererseits zugesehrieben und behauptet, dass die meisten Wuthfälle während der heissesten Sommermonate, Juli und August, vorkämen. Genaue Beobachtungen ergaben jedoch, dass die Krankheit zu allen Jahreszeiten und im Friihlinge und Herbste sogar häufiger constatirt wurde als im Sommer, so dass den Jahreszeiten und der Lufttemperatur kein Einfluss auf das Entstehen der Hundswuth zuerkannt werden kann.
Nach den Mittheilungen Leblanc's („Recueil de med. veter.quot; 50. Bd.) entfallen von 797 zu Paris und Lyon vorgekommenen WuthfRUen auf den Frühling 224, auf den Sommer 195, auf den Herbst 201 und auf den Winter 177.
Nach Simon („Recueil de med. veter.quot; 51. Bd.) fielen von 158 Wuthfällen auf den August 19, November 16, März 15, Juni und Juli je 14, December 13, Februar, Mai und October je 12, April und September je 11, Januar 9 Fälle.
Von 569 während der Seucheninvasionen der Jahre 1862, 1867 und 1878 bis 1876 in Wien vorgekommenen Wuthfällen entfielen auf den Winter (December, Janaar, Februar) 129, auf den Frühling (März, April, Mai) 181, auf den Sommer (Juni, Juli, August) 131, auf den Herbst (September, October, November) 128 Fälle.
Bouley hat berechnet, dass von 3096 Ilundswuthfällen 755 laquo;auf den Winter, 857 auf den Frühling, 788 auf den Sommer und 696 auf den Herbst entfielen.
Eine andere Ursache der Wuth sollte der Mangel an gutem, frischem und hinreichendem Trinkwasser sein; ein Moment, welches an und für sich zur Erzeugung der Wuth erwiesenermassen nichts beiträgt, wenn es auch der Gesundheit der Hunde überhaupt nicht zuträglich sein mag.
Vielseitig wurde ein heftig aufgeregter und nicht befriedigter Geschlechtstrieb, welcher dort, wo eine zur Menge der männlichen Hunde unverhältnissmässig geringe Zahl weiblicher Hunde gehalten wird, sich nahezu bis zur Raserei steigern kann, als eine wesentliche Ursache des Ausbruches der Wuthkrankheit angesehen, wobei hauptsächlich die psychische Aufregung und die Erbitterung, mit welcher sich die männlichen Hunde lierumbeissen, in Anschlag gebracht wurde. Zur Unterstützung dieser Ansicht wurde gleichfalls auf das beiweitem häufigere Vorkommen der Wuth bei den männlichen Hunden gegenüber den weiblichen hingewiesen.
Abgesehen davon, dass, wie bereits früher bemerkt, wegen der überwiegenden Zahl der namentlich in Städten gehaltenen mann-
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lieLen Hunde die Wutlifälle aucli bei diesen häufiger als bei weibliehen vorkommen müssen, verliert diese Ansicht auch ihre Bedeutung dadurch, dass die Krankheit ebenso bei eastrirten Hunden, dann im Oriente, wo die Hunde in der Befriedigung ihres Geschlechtstriebes gar nicht beschränkt sind, endlich auch bei Füchsen und Wölfen vorkommt, welche frei leben und bei welchen ein natur-gemässes numerisches Verhältniss zwischen männlichen und weiblichen Thieren vorauszusetzen ist.
Eine vorzügliche Stütze fand die Ansicht von einer selbst-stündigen Entwicklung der Wuthkrankheit in dem zeitweiligen Auftauchen und Herrschen der Wuthseuchen, zu deren Erklärung die Einwirkungeines, seiner Natur nach unbekannten Miasma angenommen wurde. Gerade diese Invasionen von Wuthseuchen, zu deren Beobachtung insbesondere grössere Städte, in welchen eine geordnete polizeiliche Ueberwachung der Hunde besteht und durchgefühlt wird, die beste Gelegenheit bieten, haben jedoch gelehrt, dass die Verbreitung der Krankheit stets von gewissen Infectionscentren aus erfolgt, und dass der Gang der Wuthseuche sich ebenso genau verfolgen lasse, wie der einer anderen rein contagiösen Krankheit, Die während einer Reihe solcher Invasionen gewonnenen Erfahrungen mussten jeden Zweifel beseitigen, dass die Wuth eine Infections-krankheit sei, die nur durch Inoculation von Thier auf Thier sich verbreitet. Der bei wüthenden Hunden vorhandene hohe Grad von Beisssucht und ihr Drang zum Herumschweifen ermöglicht die Verletzung, Infection und spätere Erkrankung einer grösseren Zahl von Hunden in verschiedenen und selbst von einander entfernten Localitäten.
Die in Wien während der letzten Decv ~nien wiederholt herrschend gewesenen Wuthseuchen hahen stets nachgewiesen, dass im Beginne der Invasion einzelne Erkrankungen in gewissen Stadttheilen vorkommen, dass die Verbreitung der Krankheit von diesen Punkten aus auf die benachbarten Stadttheile sich genau verfolgen lasse, und dass erst später, wenn in Folge des Umsichgreifens der Krankheit die Gelegenheiten zu Infectionen sich vervielfältigt hatten, der zweifellose und strenge Nachweis einer stattgefnndenen Ansteckung von einer bestimmten Quelle aus erschwert oder unmöglich werde. Fr. Müller hat („Oesterreichische Vierteljahrsschrift für Veterinärkundequot;, Bd. 44 und 49) für die Invasion der Jahre 1873 bis 1876 diese Art der Verbreitung genau verfolgt.
Der Umstand, dass nicht bei jedem wüthenden Hunde Bissverletzungen nachweisbar sind, kann nicht zu Gunsten einer Epigenese der Wuth in Anspruch genommen werden. Abgesehen davon, dass stattgefundene Verletzungen der Hunde durch Biss selbst deren Eigenthümern in den meisten Fällen unbekannt bleiben, sind derlei
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Wunden bei der oft langen Dauer des Incubationsstadiums zur Zeit des Wuthausbruches in der Regel schon vollständig abgeheilt und, wenn sie nicht sebr bedeutend waren, völlig unkenntlich geworden. Der Mangel an Bisswunden oder Narben an einem an der Wuth eingefangenen Hunde kann daher nicht als Beweis dafür angesehen werden, dass er nicht früher gebissen worden ist.
Ausserdem aber muss der günstige Erfolg, welchen eine strenge Durchfuhrimg entsprechender veteriuärpolizeilicher Massregeln auf die Begrenzung und Tilgung der Wuthseuchen äussert, jeden vor-urtheilsfreien Beobachter überzeugen, dass die Wuth immer durch Inoculation des Wuthgiftes entstehe und verbreitet werde, und dass eine sogenannte spontane Entwicklung derselben nicht begründet werden könne.
Auch das öfter beobachtete seuchenartige Auftreten der Wuth unter Füchsen und Wölfen kann nur von fortgesetzten Ansteckungen von Thier zu Thier abgeleitet werden; die erste Infection solcher Thiere mag wohl durch Bisse wüthender Hunde erfolgen.
Die Uebertragbarkeit der Wuth wird wohl gegenwäi-tig kaum mehr ernsthaft in Abrede gestellt, wenigstens von Jenen nicht, welche die Krankheit thatsächlich zu beobachten und zu studiren Gelegenheit hatten.
Der Infectionsstoff — das Wutbgift — ist in dem kranken Thiere schon im ersten Beginne der Krankheit, möglicherweise schon während des Incubationsstadiums, in wirkungsfähigem Zustande zugegen; er entwickelt sich bis zum tödtlichen Ende der Krankheit fort und reproducirt sich, so weit die gegenwärtigen Erfahrungen reichen, wohl nur ausschliesslich innerhalb des kranken Thierkörpers, ist daher entogener Natur und haftet vor Allem an dem Speichel und Maulgeifer, an den Speicheldrüsen, an dem Blute, möglicherweise auch an anderen Theilen des kranken Thierkörpers, muss daher den sogenannten fixen Contagien beigezählt werden.
Impfungen mit dem Speichel und Geifer wüthender Hunde veranlassen bei für die Krankheit disponirten Thieren den Ausbruch der Wuth; P. Bert konnte auch mittelst des aus den Luftwegen wüthender Hunde stammenden Schleimes Infection bewirken. Weniger zuverlässig sind die Impfungen mit Blut, obwohl auch diese positive Resultate ergaben; die Einführung ausgeschnittener blutloser Nervensubstanz in Hautwunden brachte dagegen keine Infection zu Stande. Harn, seröse Flüssigkeit, Schleim wüthender Thiere wurde von Renault stets mit negativem Resultate geimpft. Auf die unverletzten Schleimhäute der Verdauungsorgane gebracht, zeigt sich das Wuth-
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Wathkrankhoit. Tonacität des Contagiums, Empfänglichkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;261
gift unwirksam (Hertwig), woraus sich die beobachtete Unschädlichkeit des Genusses des Fleisches und der Milch wüthender Thiere erklärt.
Ueber die Natur des Wuthgiftes ist bisher nichts Sicheres bekannt. Hallier gibt an, in dem Blute wuthkranker Hunde und Pferde zahlreiche Mikrococcen gefunden, und aus jenem des Hundeblutes einen eigenthümlichen Brandpilz (Lysso-phyton suspectum) gezogen zu haben. Semmer fand im Biute, im Speichel und Mundschleim wüthender Hunde und in den rothen Blutkörperchen wuthkranker Hunde feinkörnige Mikrococcen, im Blute von Kindern, welche in Folge der Wuth eingegangen waren, Bacterien mit rundem Kopfe iHelobacterien), während Zürn, Bollinger u. A. solche Mikroorganismen nicht auffinden konnten.
Tenacltät. Die Tenacität des Wuthcontagiums ist keine bedeutende; seine Wirksamkeit erlischt bald nach dem Tode und dem Erkalten des wüthenden Thieres. Gleichwohl sind vereinzelte Infec-tionen durch Verletzungen bei Sectionen constatirt. Impfungen mit Speichel und Blut, den Cadavern wüthender Hunde vierundzwanzig Stunden nach dem Tode entnommen, ergaben nach Hertwig negative Resultate. Nach Galtier („Annales de m^d. vötörinairequot; 1879) erwies sich der von einem lebenden Hunde gesammelte und im Wasser aufbewahrte Speichel nach fünf, vierzehn und vierundzwanzig Stunden noch wirksam. In Dorpat vorgenommene Impfungen mit dem Speichel verendeter Thiere ergaben positive Resultate.
Empfänglichkeit. Unter den gewöhnlichen Verhältnissen wirrt das Wuthgift durch den Biss wüthender Hunde und anderer Fleischfresser, darunter bei uns besonders der Katzen, Wölfe und Füchse, in wärmeren Gegenden auch durch den der Schakale und Hyänen übertragen. Ebenso werden Infectionen durch den Biss wüthender Dachse und Marder erwähnt. Dass der Speichel und Geifer wuthkranker Pflanzenfresser und Schweine gleichfalls, wenn auch nicht so häufig, wie jener der Fleischfresser, Infectionen zu veranlassen vermöge, ist durch Impfversuche vielfach bestätigt worden. Wenn gleichwohl Uebertragungen der Wuth von Pflanzenfressern aus um Vieles seltener erfolgen, so liegt der Grund hievon darin, dass diese Thiere selbst während der Wuthparoxysmen durch Bisse für gewöhnlich nicht verletzen.
Probstmayr impfte vier Hunde mit dem Speichel, zwei mit dem Blute wuthkranker Pferde ohne Erfolg, Semraer von einer wüthenden Kuh auf ein Kalb, welches siebenunddreissig Tage nachher erkrankte und drei Tage später starb. Nach Gutmann war die Impfung mit dem Maulschleim eines an der Wuth gefallenen Rindes auf ein Kalb von Erfolg; dieses erkrankte am sechsunddreissig-sten Tage nach der Impfung und ging unter den Erscheinungen der Wuth zu Grunde.
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Wutlikranklieit. Empfänglichkeit
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Ebenso lässt sich die Wutli vom Mensclien auf Thiere durch Impfung zurückübertragen, wie zahlreiche Versuche nachgewiesen haben. Am gefährlichsten stellen sich die nur wenig oder gar nicht blutenden Bissverletzungen heraus; bei stärker blutenden Wunden scheint das Wuthgift durch die Blutung weggespült und dessen Aufsaugung verhindert zu werden. Auch leichte Erosionen der Haut, wenn sie mit Trägern des Ansteckungsstoffes in Berührung kommen, ermöglichen die Infection.
Nicht jedes Thier jedoch, in welches Wuthgift eingeführt worden ist, erkrankt an der Lyssa. Abgesehen davon, dass die Disposition für diese Krankheit überhaupt keine sehr bedeutende zu sein scheint — bei Infectionsversuchen mittelst Biss und Impfung erhielt Hertwig bei 37%? Renault bei nahezu 67% der Ver-suchsthiere ein positives Resultat — scheinen auch andere Umstände, wie die mehr oder weniger dichte Bedeckung der gebissenen Körperstelle mit Haaren, Wolle, Kleidern, an welchen bei dem Bisse der Geifer abgestreift wird, die mehr oder weniger bedeutende Blutung, vielleicht auch die Körperstelle, an welcher der Biss stattfindet, das Eindringen und die Aufnahme des Virus bald zu erleichtern, bald zu erschweren.
Manche Wahrnehmungen lassen überdies auf eine, wenigstens temporäre individuelle Verschiedenheit in der Empfänglichkeit der Thiere für eine Ansteckung durch das Wuthgift schliessen. So kommt es vor, dass bisweilen der selbst in eine Wunde gelangende Geifer eines wüthenden Hundes eine Ansteckung nicht veranlasst, während in anderen Fällen die unbedeutendste Hautverletzung zur Aufnahme des Virus hinreicht und den Ausbruch der Krankheit begünstigt. So widex-standen mehrere Hunde durch Jahre wiederholten Ansteckungsversuchen mittelst Impfung oder Biss, während andere, gleichzeitig mit demselben Gifte geimpfte Hunde von der Krankheit befallen wurden; andere Hunde unterliegen erst, nachdem sie sich gegen mehrfache Ansteckungsversuche unempfänglich erwiesen, einer später wiederholten Infection. Ob eine Verschiedenheit in der Intensität des von wuthkranken Hunden producirten Contagiums thatsächlich bestehe, ist nicht sichergestellt. Pill wax war der Ansicht, dass jene Hunde, bei deren späterer Section ein dem Anthrax ähnlicher mikroskopischer Befund angetroffen wurde, sich bezüglich der Uebertragung der Wuth durch Biss als besonders gefährlich ergeben; eine Annahme, welche ebensowenig stichhältig bewiesen ist, wie die, dass das Contagium der sogenannten stillen Wuth weniger leicht eine Ansteckung veranlasse
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#9632; Wntlikianklieit. Biupfänglichkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;26H
als das der Tollwuth, oder jene7 dass das Wuthgift während der Paroxysmen kräftiger wirke als zur Zeit der Eemissioncn.
Das proeentisclie Verhältniss der nach Bissen wüthender Hunde erkrankenden Thiere wird sehr verschieden angegeben, eine genaue Feststellung desselben, wenigstens in Betreff der Hunde, ist aus dem Grunde kaum möglich, weil die von wüthenden Hunden gebissenen Hunde den veterinärpolizeilichen Vorschriften entsprechend getödtet werden müssen. Nach Her twig wurden von 137 von wüthenden Hunden gebissenen, während ilinf Jahren an der Berliner Thier-arzneischule beobachteten Hunden nur sechs von der Lyssa befallen, während die übrigen gesund blieben. Es würde dies einem Erkrankungsprocent von 4-4 entsprechen. Zundel berechnet aus einer Zusammenstellung verschiedener Beobachtungsreihen ein Erkrankungsprocent von 25; die Alforter Schule nimmt ein solches von 33, die Lyoner Schule von 20, Haubner ein Mittel von 40 bis 50 und wechselnd zwischen 20 bis 70 an. Noch schwieriger ist es, die procentischen Verhältnisse der Erkrankungen an Wuth nach Bissen bei den anderen Thiergattungen festzustellen,, da nur selten die Zahl solcher gebissener Thiere, besonders wenn sie in Heerden gehalten werden, bekannt wird. In Betreff der Pferde kann wegen Abgang eines grösseren Materiales ein solches Verhältniss nicht angegeben werden; Haubner hält das Pferd überhaupt für am wenigsten gefährdet; ich selbst sah einmal vier von einem wüthenden Hunde gebissene Pferde sämmtlich an der Wuth erkranken. Aus einer freilich nicht bedeutenden Zahl bekannt gewordener Fälle berechnet Zündel das Erkrankungsprocent bei Rindern mit 25, bei Schafen mit 20; bei Sehweinen soll es sich zwischen jenem der Fleisch- und Pflanzenfresser halten.
Das proeentisclie Verhältniss der nach dem Bisse wüthender Fleischfresser an Lyssa erkrankenden Menschen wird sehr vorschieden angegeben, je nachdem hiebei allein die Bissvcrletzungen durch ausgesprochen wüthende, oder auch durch wuthverdächtige Hunde in Betracht gezogen werden. Im ersteren Falle beläuft sich die Zahl der in Lyssa verfallenden Menschen auf ungefähr 35%, im letzteren auf circa 8% der Grebissenen. Nach entsprechender Aetzung der Bisswunde kann das Procent der Erkrankenden mit etwa 30, ohne dieselbe ungefähr mit 80 von 100 Gebissenen angenommen werden. Am häufigsten scheinen Verletzungen im Gesichte den Ausbruch der Wuth im Gefolge zu haben.
Die durch den Biss wüthender Thiere gesetzten Verletzungen heilen wie gleichartige nicht inficirte Wunden und die gebissenen
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Wutbkrankbeit. Incubalionsdauer.
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Thiere und Menschen zeigen sich dann durch eine verschieden lange Zeit gesund. Dem evidenten Ausbruch der Krankheit geht bisweilen ein Aufbruch oder eine höhere Empfindlichkeit der Narbe voraus, welche letztere die Thiere durch Lecken, Kratzen oder Reiben derselben zu erkennen geben.
Incubation. Die Dauer des Incubationsstadiums ist sehr verschieden; sie wechselt von wenigen Tagen bis zu vielen Monaten.
Bei Hunden beläuft sich die Incubationsperiode gewöhnlich auf drei bis sechs, seltener auf sieben bis zehn Wochen; obwohl auch Fälle eonstatirt sind, in welchen die Wuth einerseits schon nach fünf bis zehn Tagen, andererseits aber erst nach fünf bis sieben Monaten (Youatt) zum Ausbruche gekommen ist.
Nach einer Zusammenstellung Bouley's über 144 Fälle von Wuth bei Hunden, brach die Wuth zwischen dem 5. und 30. Tage bei 62, zwischen dem 30. bis zum 60. Tage bei 57, zwischen diesem und dem 90. Tage bei 20, zwischen 90 und 120 Tagen bei 4 Hunden, erst nach 365 Tagen bei 1 Hunde aus; die zahlreichsten Erkrankungen fielen in die dritte und fünfte Woche nach dem Bisse. Zündel berechnet, dass unter 264 wüthend gewordenen Hunden l0/0 innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Bisse, 11% zwischen dem 2. und 15., 33ü/n zwischen dem 15. und 30., 19% zwischen dem 30. und 45., 10% zwischen dem 45. und 60., 16% zwischen dem 16. und 90. Tage und 10% später als 3 Monate nach dem Bisse an der Wuth erkrankten.
Nach Haubner erfolgte unter nahezu 200 Fällen von Wuth bei Hunden der Ausbruch der Krankheit bei 83quot;/,, innerhalb 2 Monaten, bei 16n/0 im 3., bei 1% im 4. Monate; ausserdem seien noch einige Fälle verzeichnet, wo erst im 7. bis 8., ja sogar erst im 24. Monate die Wuth ausgebrochen sein soll.
Aus einer Zusammenstellung Gerlach's über 92 Fälle von Hundsvvuth kann entnommen werden, dass die Incubationsperiode in 42 Fällen sich zwischen 9 und 30 Tagen, in 14 zwischen 30 und 40, in 15 zwischen 40 und 50, in je 5 zwischen 50 und 60 und 60 und 70, in 7 zwischen 70 und 80, in 2 zwischen 80 und 90, in 2 zwischen 100 und 120 Tagen gehalten habe.
Leblanc („Recueil de med. veter.quot; 1873) gelang es, in 44 Fällen die Incubationsdauer der Wuth bei Hunden festzustellen; sie fiel bei 20 Hunden in die 3., bei 5 in die 4., bei 12 in die 5. Woche; bei 6 betrug sie 36 bis 90, bei einem 364 Tage.
Nach den „Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis in Preussenquot; (21. Jahrgang) betrug unter 81 Wuthfällen bei Hunden die Incubationsdauer in 59 Fällen zwischen 3 Tagen bis 6 Wochen, in 22 Fällen über 6 Wochen bis 143 Tage. Fr. Müller („Oesterreichische Vierteljahresschrift für Veterinärkundequot;, 44. und 49. Bd.) sah die Wuth einmal 8 Tage, zweimal 14 Tage, einmal 4 Wochen, zweimal 6 Wochen, je einmal 50, 60 und 84 Tage nach dem Bisse ausbrechen; in einem Falle scheint die Incubationszeit sich auf 126 bis 130 Tage erstreckt zu haben.
Bei Katzen soll sich die Incubationsdauer auf zwei bis vier Wochen belaufen.
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Bei Pferden ist die mittlere Dauer der Tncubationsperiode gewöhnlieh eine etwas längere; die von mir beobachteten Ausbrüche der Wuth bei Pferden, bei welchen das Datum der Verletzung genau constatirt werden konnte, fielen durchgehends in das Ende des zweiten und in den dritten Monat nach dem Bisse.
Bouley stellte die Incubationszeit der Wuth bei 23 Pferden zusammen; nach ihm erfolgte der Ausbrach der Krankheit viermal im 1., elfmal im 2., fünfmal im 3. Monate und dreimal nach 100 Tagen. Nach Zündel betrug bei 121 Pferden die Incubationsperiode in 34 Fällen weniger als 30 Tage, in 56 lief sie im 2., in 12 im 3. Monate, in 19 nach dem 3. Monate ab. In den „Miiiheilungen aus der thierärztliehen Praxis in Preussenquot; (für 1874/75) wird eine Incr.bationsdauer der Wuth in einem Falle von 10 Monaten und in einem zweiten von 1 Jahre und 7 Monaten angeführt.
Nach einer Zusammenstellung Gerlach's von 32 Wuthfällen bei Pferden erfolgte der Ausbruch der Wuth bei 1 Pferde am 11., bei 6 Pferden zwischen dem 15. und 20., bei 8 zwischen dem 20. und 30., bei G zwischen dem 20. und 40., bei 4 zwischen dem 50. und 60., bei 1 am 63., bei 2 am 70., bei je 1 am 91., 102. und 282. Tage, bei einem 15 Monate nach dem Bisse.
Bei Rindern erstreckt sich die Incubationsperiode der Wuth bis zu mehreren Monaten, selbst bis zu einem Jahre und darüber. Nach der Ansicht Spinola's, welcher auch andere Beobachter beistimmen, scheint die Dauer der Incubationsperiode durch die Trächtigkeit der Kühe verlängert zu werden. Die von ihm beobachteten Fälle eines sehr späten Ausbruches der Wuth betrafen durchaus trächtige Kühe, bei welchen sich die Krankheit gewöhnlich auch erst nach dem Abkalben einstellte.
Nach Bouley fiel unter 20 Wuthfällen bei Rindern der Krankeitsausbruch in 6 Fällen in den 1., in 12 Fällen in den 2., in 2 Fällen in den 3. Monat.
Nach einer Zusammenstellung Zttndel's brach unter 579 Fällen die Wuth bei Rindern in 28 Fällen (5%) vor Ablauf von 15 Tagen, in 135 (23%) zwischen dem 15. und 30., in 223 (39%) zwischen dem 30. lind 45., in 74 (13%) zwischen dem 45. und 60. Tage, in 51 {$quot;/„) in dein 3., in 13 (2%,) in dem 4., in 28 (5%) in dem 5., in 8 (1%) in dem 6. Monate, in 19 Fällen (3%) noch später nach dem Bisse aus. Unter den nach dem 6. Monate vorgekommenen Fällen sind Incubations-perioden von 42 bis zu 95 Wochen inbegriffen.
Von 180 in die Wuth verfallenen Rindern erkrankten nach Gerlach 6 Thiere zwischen dem 10. und 20., 90 zwischen dem 20. und 40., 49 zwischen dem 40. und 60., 14 zwischen dem 60deg; und 80., 9 zwischen dem 80. und 100. Tage, 9 zwischen 100 und 200 Tagen, je 1 am 203., 268. und 285. Tage nach dem Bisse.
Nach den „Mittheilungen aus der thierärztliehen Praxis in Preussenquot; (1870/71) schwankte die Incubationsperiode bei 31 Rindern zwischen 3 Wochen und 4 Monaten; Haubner bemerkt, dass von 234 Stück Rindvieh nach 3 Monaten noch 10% und nach 4 bis zu 9 Monaten noch 8% erkrankten.
Leipert („Oesterreichische Vierteljahrsschrift für Veterinärkundequot;, 42. Bd.) beobachtete bei einer von einem wüthenden Hunde gebissenen Kuh eine Incuba-
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tionsdaaer von 19 Monaten und 21 Tagen; während dieser Zeit war sie belegt worden und hatte ein kräftiges Kalb geboren.
Bei Schafen und Ziegen läuft die Incubationszeit in der Mehrzahl der Fälle innerhalb des ersten Monates ab, kann sich aber auch bis zu drei Monaten erstrecken.
Nach den „Mittheilnngen aus der thierärztlichen Praxis in Preussenquot; (1871/72) land der Ausbruch der Wuth bei 21 Schafen zwischen 9 Tagen und 7 Wochen nach dem Bisse statt.
Bouley stellte 61 Fälle der Wuth bei Schafen und Ziegen zusammen; unter diesen fand der Ausbruch der Krankheit zehnmal zwischen 14 und 20, drei-zohnmal zwischen 20 und 25, fünfzehnmal zwischen 25 und 30, zwanzigmal zwischen 30 und 40, zweimal zwischen 40 und 50, keinmal zwischen 50 und 80, einmal zwischen 80 und 85 Tagen statt.
Zündel führt an, dass unter 188 Schafen die Wuth dreizehnmal (B'Yo) vor 15 Tagen, neunundsiehenzigmal (41%) zwischen dem 15. und 21., sechsunddreissig-mal (W/o) zwischen dem 21. und 30., fünfzigmal (26%) zwischen dem 30. und 45., fünfmal (2%) zwischen dem 45. und 60. Tage, dreimal (1%) in und zwölfmal (6%) nach dorn 3. Monate, ferner dass unter 20 Ziegen die Wuth dreimal (150/0) vor 20 Tagen, siebenmal (35%) zwischen dein 20. und 30. Tage, viermal (20%) zwischen dem 30. und 45. Tage, einmal (5%) zwischen dem 45. und 60. Tage, fünfmal (25%) nach 2 Monaten zum Ausbruche gekommen sei.
Nach einer Angabe Haubner's erkrankten von 180 Schafen im ersten Monate bereits 80%) im zweiten Monate 18% und bis zum 68. Tage noch 2%.
Aus einer Zusammenstellung Gerlach's ist zu entnehmen, dass unter 110 erkrankten Schafen die Wuth bei 88 zwischen dem 16. und 30., bei 22 zwischen dem 30. und 60. Tage, unter 4 Ziegen die Wuth zweimal am 19., einmal am 21. und einmal am 22. Tage nach dem Bisse zum Ausbruche gekommen ist.
Bei Schweinen hält sich die Incubationsdauer zwischen mehreren Tagen und wenigen Wochen oder Monaten.
Hartmann („Oesterreichische Vierteljahrsschrift für Veterinärkundequot;, 41.Bd ) beobachtete bei vier gebissenen Schweinen den Ausbruch der Wuthkrankheit 21, 26, 35 und 53 Tage nach dem Bisse eines wüthenden Hundes. Zündel fand bei 123 von ihm gesammelten Fällen den Ausbruch der Wuth bei Schweinen viermal (3%) vor dem 8. Tage, eilfmal (8%) zwischen dem 8. und 15., zweiundsechszigmal (51%) zwischen dem 15. und 30., sechsundzwanzigmal (22%) zwischen dem 30. und 45., sechsmal (5%) zwischen dem 45. und 60., ebenso oft zwischen dem 60. und 90. Tage, achtmal (6%) nach 3 Monaten.
Nach Haubner erfolgte bei 25 Schweinen quot;der Krankheitsausbruch innerhalb 2 Monaten; nach Gerlach stellte sich die Wuth unter 23 Schweinen in 7 Fällen zwischen dem 12. und 17., in 9 zwischen dem 20. und 30., in 2 zwischen dem 30. und 40. und in 5 zwischen dem 40. und 50. Tage nach dem Bisse ein.
Ebenso verschieden ist die Incubationszeit bei Menschen. Eine Dauer derselben unter zwei Wochen ist selten; am häufigsten ist jene zwischen zwei Wochen und drei Monaten; seltener erstreckt
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Wiitlikrankbeit. Tncubationsdauer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 267
sie sich über diese Zeit liinaus. Unter 170 Fällen entwickelte sich diese Krankheit achtmal vor dem 15. Tage, dreissigmal zwischen diesem und dem 30. Tage, vierundsiebenzigmal zwischen dem 30. und 60., flinfunddreissigmal zwischen dem 60. und 90. Tage, eilfmal im 4., sechsmal im 5., viermal im 6., zweimal im 8. Monate.
Bei jungen Individuen ist die Incubationsperiode, sowohl bei Thieren als bei Menschen im Allgemeinen kürzer, als bei erwachsenen und älteren.
Eine Uebertragung der Wuth auf andere Weise als durch den Biss kommt unter gewöhnlichen Verhältnissen kaum vor.
Von angeborner Wuth sind zwei Fälle verzeichnet, der eine von Spinola, welcher anführt, dass das von einer, im vorgerückten Stadium der Trächtigkeit, von einem wüthenden Hunde gebissenen Kuh geborne Kalb vierzehn Tage nach der Geburt an Wuth starb, während die Mutter gesund blieb, der andere von Canillac, nach welchem eine von einem wüthenden Hunde gebissene Kuh, nachdem die Krankheit zum Ausbruche gekommen, ein Kalb zur Welt brachte, welches am dritten Tage nach der Geburt gleichfalls an der Wuth erkrankt sein soll.
Thatsachen, welche eine Verschleppbarkeit des Wuthgiftes durch Zwischenträger nachweisen könnten, sind bis jetzt nicht bekannt. Die Ursache hievon mag in der geringen Tenacität des Wuthgiftes liegen, dessen Wirksamkeit, wie erwähnt, meistens schon mit dem Erkalten und Starrwerden des Cadavers erlischt.
Ueber die Wirkungsweise des Wuthgiftes und über die Ursache der langen Dauer des Incubationsstadiums bestehen bis jetzt nur Vermuthungen. Faber („Die Wuthkrankheit der Thiere und des Menschenquot;, 1846) sprach die Ansicht aus, das Wuthgift bleibe durch einige Zeit an der Inoculationsstelle liegen, werde daselbst encystirt und gelange unter günstigen Umständen (nach Entzündung und Zerstörung der Cyste) erst in den Säftestrom. Virchov („Handbuch der speciellen Pathologie und Therapiequot; II.) vergleicht die Wirkung des Contagiums mit der eines Fermentkörpers. Von der Impfstelle aus, wo sich das Gift fortwährend reproducirt, würden dem Blute beständig neue Bestandtheile zugeführt, welche, während der Periode der Latenz der Krankheit, durch die Regulatoren des Stoffwechsels wieder entfernt würden, bei übermässiger Ansammlung im Blute jedoch, wie sie möglicherweise bei einer Entzündung der Bissnarbe unter Vervielfältigimg des Fermentes erfolgt, aber den Ausbrach der Wuth anregen. Er ist aber auch nicht abgeneigt anzunehmen, dass, ähnlich wie bei der Alkoholvergiftung, durch die
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268nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; quot;WutUkrankheil. Bradieiuangen bei Hunden.
fortwährende Einwirkung des Giftes sich Veränderungen im Nervenapparate ausbilden, welche bei dem Eintritte gewisser Einflüsse durch die Erscheinungen der Wuth sich aussprechen.
Auf ähnliche Weise wird sich die nicht selten so lange Latenz und der günstige Erfolg einer localen Zerstörung des Infections-herdes für die Hintanhaltung des Ausbruches der Wuthkrank-heit erklären lassen, wenn Spaltpilze als Krankheitserreger angenommen werden; da auch von diesen, jedenfalls nur in minimaler Menge in den Körper eingedrungenen Mikroorganismen vorerst eine Vermehning an der Stelle ihrer Einführung und die Bildung eines Infectionsherdes daselbst angenommen werden muss, von wo aus erst die Ueberführung der Infectionserreger in den Säftestrom erfolgen und hiedurch die allgemeine Erkrankung angeregt werden kann.
Von Belang wäre es jedenfalls, durch Impfversuche sicherzustellen, ob, wie dies wahrscheinlich ist, in dem Blute oder Speichel der mit Wuthgift geimpften oder von wüthenden Hunden gebissenen Thiere das Wuthgift sich schon zu einer Zeit vorfindet, wo Erscheinungen der ausgesprochenen Krankheit noch nicht nachweisbar sind, zu welcher mithin die Thiere sich noch im Incubationsstadium befinden. Durch ein positives Resultat solcher Versuche würden auch jene Fälle ihre Aufklärung finden, wo Menschen nach dem Bisse anscheinend gesunder Hunde angeblich lyssakrank geworden sein sollen.
In welchem Verhältnisse die Krankheitserreger zu den Speicheldrüsen stehen, und welches der Grund ist, dass da.s Wuthgift hauptsächlich durch diese Drüsen ausgeschieden und dem Speichel die infectiöse Eigenschaft mitgetheilt wird, ist nicht aufgeklärt.
Krankheitserscheinungen und Verlauf. 1. Bei Hunden. Die Wuthkrankheit der Hunde tritt in zwei Formen auf, welche jedoch nur Varietäten in den Erscheinungen einer und derselben Krankheit darstellen, die vielleicht nur vom Alter, Naturell, Er-nährungs- und früheren Gesundheitszustande der befallenen Thiere, vielleicht auch von der Menge des eingeführten und reproducirten Virus abhängig sein mögen. Man unterscheidet nämlich die rasende oder tolle und die stille oder paralytische Wuth.
Die Tollwuth kommt im Ganzen öfter vor als die stille Wuth. Nach Leblanc („Recueil de möd. vet£r.quot;, 50. Bd.) waren von 188 wüthenden Hunden 136 mit der Toll- und 52 mit der stillen Wuth behaftet. Simon (ebendort, 51. Bd.) constatirte unter 158 im Verlaufe von sechs Jahren von ihm beobachteten Wuthfällen 80 von
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Wutbkrankbeit. Erscheinungeu bei Hunden.
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rasender, 78 von stiller Wuth; nach Pill wax („Oesterreichische Vierteljahrsschrift für Veterinärkundequot;, Bd. 30) kamen unter 88 im Jatre 1867 von ihm in lebendem Zustande beobachteten Fällen 46 von rasender und 42 von stiller Wuth vor. Diesen Zahlen zufolge entfielen von 100 Wuthfällen 60 auf rasende und 40 auf stille Wuth.
Im Verlaufe der Hundswuth werden drei Stadien unterschieden, und zwar das Initial-, das Irritations- und das paralytische Stadium.
a) Tollwuth. Während des Initialstadiums, welches bisweilen nur zwölf Stunden, häufiger zwei bis drei Tage dauert, gibt sich vor Allem eine auffallende Aenderung in dem Benehmen der Hunde kund. Die Thiere zeigen sich bald besonders traurig, träge, mürrisch und unfreundlich, verkriechen sieh in Ecken, unter Einrichtungsstücke oder in ihre Hütten, bald sind sie scheinbar munterer, freundlicher und zutraulicher als gewöhnlich, oder reizbar und leicht zum Zorn geneigt; bisweilen wechseln die Gemüthsstimraungen, so dass die Thiere launenhaft erscheinen. Gewöhnlich werden sie auffallend unruhig; suchen eine Lagerstätte, legen sich daselbst wie zum Schlafen nieder, springen plötzlich wieder auf, schnappen bisweilen in die Luft, als ob sie Fliegen fangen wollten, suchen sich wieder eine andere Ruhestätte auf und verlassen sie ebenso plötzlich wieder. Bei den geringsten äusseren Veranlassungen fahren die Hunde wie erschreckt zusammen; Stubenhunde erkennen gleichwohl noch ihre Herren, folgen, wenn auch nicht so eifrig wie gewöhnlich, dessen Befehlen, sind jedoch gegen fremde Personen raisstrauisch und bisweilen schon bissig; bei Hof- und bei anderen im Freien gehalteneu Hunden wird meist Widerspenstigkeit und ein aufgeregtes Benehmen bemerkbar. Vor oder bei dem Beginne der Krankheit stellt sich bisweilen eine Empfindlichkeit der Bissnarbe ein, welche die Hunde durch häufiges Lecken, Nagen oder Kratzen derselben zu erkennen geben.
Im Anfange der Krankheit nehmen die Thiere wohl noch ihre Lieblingsspeisen, und zwar manchmal sogar mit Gefrässigkeit zu sich, während sie das gewöhnliche Futter entweder ganz unberührt lassen oder nur bissenweise in das Maul nehmen und wieder fallen lassen. In Kurzem hört jedoch die Fresslust vollständig auf, dagegen tritt die Neigung, unverdauliche Gegenstände jeder Art: Holz, Stroh, Heu, Federn, Lederstücke, Fetzen, Steine u. dgl., den eigenen oder fremden Koth zu beissen und zu verschlingen, an kalten Gegenständen, wie an Steinen, Eisen, am eigenen Harne zu lecken, deutlich hervor.
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270nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Wuthkrankheit. Erscheinuugea bei Hunden.
Bei manchen Hunden selieint der Geschlechtstrieb gesteigert zu sein; sie beriechen und belecken ihre eigenen Geschlechtstheile, sowie jene anderer Hunde öfter und anhaltend.
Das äussere Ansehen der Thiere ist zu dieser Zeit noch wenig verändert; bei manchen zeigt sich eine massige Injection der Bindehaut der Augen und Erweiterung der Pupille, eine leichte Steigerung der Secretion der Nasenschleimhaut oder geringes Geifern, bisweilen eine massige Beschleunigung des Athmens. In manchen Fällen wird eine geringe Beschwerde beim Schlingen, Würgen und eine Neigung zum Erbrechen bemerkbar. Nach Fr. Müller zeigen manche Hunde ein fortwährendes Recken, als ob sie einen fremden Körper verschluckt hätten, bei anderen tritt Erbrechen einer schwärzlichen, blutig gefärbten Flüssigkeit ein. Bei den meisten Hunden ist eine gewisse Mattigkeit und Schwerfälligkeit beim Gehen, bei manchen Schwäche und Zittern des Hintertheiles bemerkbar.
Während des zweiten, des Irritationsstadiums, oder des Zeitraumes der ausgesprochenen Wuth', welches nicht leicht über drei bis vier Tage dauert und entweder unmerklich in das folgende übergeht oder in Folge rasch eintretender Lähmung unmittelbar zum Tode führt, gesellt sich zu der schon vorhandenen und fortan zunehmenden Veränderung des Benehmens und der Fresslust noch eine Reihe charakteristischer Symptome. Zu diesen gehört besonders der Drang zum Entweichen und Herumschweifen, die auffallende Beisssucht und eine eigenthümliche Veränderung der Stimme. Die eben genannten Symptome sind jedoch nicht in gleicher Stärke zugegen, sie treten anfallsweise mit grösserer Intensität hervor, worauf wieder Remissionen erfolgen. Meistens sind die ersten Paroxysmen die heftigsten und am längsten dauernden.
Der Paroxysmus nimmt gewöhnlich mit einer Steigerung der Unruhe seinen Anfang; die Hunde laufen hin und her oder wechseln wenigstens öfter ihren Platz und suchen in's Freie zu entweichen. Stubenhunde drängen sich zur Thür, angebundene oder eingesperrte Hunde machen mit aller Kraft Anstrengungen, um ihre Ketten oder Stricke zu zerreissen, die Bretter ihres Behältnisses zu durch-beissen oder zu durchbrechen, um in's Freie zu gelangen. Der Hindernisse entledigt, schweifen sie planlos herum und durchlaufen nicht selten innerhalb einer verhältnissmässig kurzen Zeit grosse
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trecken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;lt;
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Voigtländer („Bericht über das Veterinärwesen in Sacnsen für 1875quot;) erwähnt eines Falles, wo' ein wnthkranker Hund in der Zeit von 5 Uhr Abends bis 7 Uhr Morgens eine Wegstrecke von vierzehn Stunden zurückgelegt und dabei
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WiUhkrankheit. Erscheinungen bei Hunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 271
zahlreiche Hunde gehissen hatte; am folgenden Tage legte er abermals fünf Wegstunden zurück, bis er endlich erlegt wurde.
In dem Gange wüthender Hunde ist während der ersten Paro-xysmen nichts Auffallendes zu bemerken; die Thiere bewegen sich kräftig und schnell; unbegründet ist die Annahme, dass sie den Schweif herabhängen lassen oder selbst zwischen die Hinterschenkel einklemmen, und dass sie stets geradeaus laufen. Das erstere stellt sich erst mit zunehmender Schwäche des Hintertheiles ein, wo die Hunde dann schwankend, mit hängendem Schweife und gesenktem Kopfe sich bewegen, das letztere geschieht meist dann, wenn die Hunde verfolgt werden, während sie sonst oft genug nach verschiedenen Richtungen hin laufen. Während des Herumschweifens tritt die Beisssucht am heftigsten hervor. Nach Ablauf des Paro-xysmus und bei Wiederkehr ihres Bewusstseins bleiben die Hunde entweder an der Stelle, an welcher sie sich eben befinden, erschöpft bis zur Wiederkehr eines neuen Anfalles liegen, oder sie kehren, wie namentlich Stuben- und dressirte Hunde, erschöpft, beschmutzt und bisweilen von anderen Hunden zerbissen nach Hause zurück und sind dann nicht selten ungewöhnlich freundlich und zuthunlich oder furchtsam; dann aber ist ein solcher Hund besonders gefährlich, indem er die ihm zu Theil werdenden Liebkosungen nicht selten sogar seinem Herrn mit Bissen erwidert.
Die während der Paroxysmen im höchsten Grade hervortretende Beisssucht ist bezüglich der Intensität verschieden nach dem Naturell und der Dressur der Hunde. Während manche derselben nur schnappen oder leicht beissen, verbeissen sich andere mit Wuth und Ingrimm. Frei herumlaufende wüthende Hunde fahren auf ihnen begegnende Hunde ohne Veranlassung los und beissen sie, gewöhnlich ohne einen Laut dabei von sich zugeben; am stärksten scheint ihre Beisssucht durch Hunde, Katzen, andere kleine Haus-thiere und Geflügel, weniger durch grössere Thiere, am wenigsten durch Menschen, wenn sie nicht von diesen gereizt werden, angeregt zu werden. Sind tolle Hunde eingesperrt, so fahren sie während des Paroxysmus auf, beissen in die Stäbe ihres Käfigs, nagen an hölzernen Wänden, wühlen in dem Streustroh und schütteln dasselbe oft bis zur Erschöpfung. In einen vorgehaltenen Stock beissen sie sich ein, halten und zerren denselben hartnäckig und ohne einen Laut zu geben oft so heftig, dass sie sich die Zähne ausbrechen und die Lippen blutig verletzen. Die Dauer solcher Anfälle ist verschieden; sie kann sich anfangs auf Stunden erstrecken, nimmt aber im weiteren Verlaufe der Krankheit ab; sie ist meistens kürzer
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272nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Wnthkrankheit. Erscheinungen bei Runden.
bei Stuben- und dressirten Hunden als bei den an ein freies Leben gewöhnten Thieren. Durch äussere Veranlassungen, wie starkes Geräusch, grell einfallendes Licht, Vorhalten eines Stockes, das Erblicken von Hunden und Katzen u. dgl. wird gewöhnlich ein Paroxysmus hervorgerufen.
Während eines Anfalles befinden sich die Hunde im Zustande eines wahren Deliriums; auch während der Remissionen scheinen sie zeitweilig an Hallucinationen zu leiden; sie stieren nach einer bestimmten Stelle, schnappen in die Luft wie nach Fliegen oder sie fahren aus einem soporösen Hinbrüten auf und springen so weit als es ihnen der Raum des Käfigs oder die Länge der Kette gestattet.
Nur in sehr seltenen Fällen bleibt die Stimme wüthender Hunde unverändert; in der Regel erleidet sie eine so charakteristische Veränderung, dass Jemand, der mit ihr vertraut ist, schon bei dem Hören des eigenthümlichen Gebelles die Diagnose auf die Anwesenheit eines wüthenden Hundes zu stellen im Stande ist. Während bei gesunden Hunden das Bellen in kurzen Anschlägen erfolgt, schlagen wüthende Hunde mit einem heiseren Laute an und ziehen denselben in ein um mehrere Töne höheres Geheul fort, so, dass die Stimme zwischen Bellen und Heulen schwankt (Bellgeheul). Manche Hunde stossen diese klagenden Laute oft, andere nur dann aus, wenn sie gereizt werden.
Eine eigentliche Wasserscheue, wie sie auch gegenwärtig noch von Laien als ein Symptom der Hundswuth angenommen wird, besteht nicht. Im Gegentheile beobachtet man, dass wüthende Hunde ihren Harn lecken, mit der Zunge im Wasser plätschern und selbst mit Begierde trinken. In manchen Fällen ist jedoch Schlingki'ampf zugegen, so dass das aufgenommene Wasser nicht hinabgeschluckt werden kann, sondern zurückgestossen wird. Ebenso vertragen wüthende Hunde den Anblick des Wassers, ohne aufgeregt zu werden, und es liegen sogar Beispiele vor, dass derart kranke Hunde, wenn sie verfolgt wurden, fliessendes Wasser ohne Anstand durchschwömmen haben. Dagegen werden sie durch Begiessen oder Anspritzen mit kaltem Wasser ebenso aufgeregt, wie durch andere Sinnesreize.
Die Alienation des Appetites nimmt während des zweiten Stadiums zu; gewöhnliche Nahrung wird meist vollkommen verschmäht, dagegen steigert sich die Lust zum- Genüsse unverdaulicher und ekelhafter Substanzen, welche gewöhnlich in Menge verschlungen werden. Die Entleerung der Excremente und des Harnes ist verzögert und gering, bisweilen ist Verstopfung zugegen.
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Wutbkrankheit. Erscheinnngen bei Hunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;273
Wüthende Hunde magern i'aseh und auffallend ab; die Schleimhaut ihres Maiiles ist gewöhnlich ti-ocken, bisweilen selbst rissig; ein Geifern oder Schäumen aus dem Maule ist nur in jenen Fällen bemerkbar, wo heftiger Schlingkrampf zugegen ist; Anschwellung der Zunge, der Nase oder des Kopfes kommt nur ausnahmsweise vor.
Der Blick ist stier, glotzend, bisweilen lauernd, die Bindehaut der Augen stärker geröthet, die Pupille erweitert, die Haut über den Augen und an der Stirne gefaltet, wodurch die Hunde ein mürrisches und heimtückisches Aussehen erlangen; bigweilen zeigen sie eine grössere Empfindlichkeit gegen das Licht. Während der Paroxysmen wird der Blick wild, drohend, die Augen zeigen einen stärkeren Glanz, nach einigen Beobachtern ein förmliches Leuchten.
Das Athmen ist während der Anfälle meistens beschleunigt, während der Intervalle ruhig, der Puls, dessen Untersuchung nur selten möglich sein wird, nach Blaine, beschleunigt und hart.
Hertwig („Magazin für die gesammte Thierheilkundequot;, Bd. 40), fand, dass die Temperatur ira Mastdarme wiithender Thiere um 1-50 bis 3deg; C. erhöht, nach dem Eintritt der LHhmungserscheinungen aber um 4deg; bis 5deg; C. unter die normale Temperatur erniedrigt sei. Monin („Petersburger Archiv für Veterinärmedicinquot; 1878) kam zu ähnlichen Resultaten; nach ihm steigt die Temperatur bei der Hunris-wuth bis 40deg; C. und sinkt vor dem Tode gleichmässig bis selbst auf 26deg;.
Manche wüthende Hunde sind gegen Schläge völlig abgestumpft, andere dagegen gegen die leisesten Einwirkungen, wie Berührung ihres Körpers, Luftzug, in hohem Grade empfindlich; manche äussern ein heftiges Juckgefühl, besonders an den Beinen, das zu einem förmlichen Benagen der Haut Anlass geben kann.
Das dritte oder paralytische Stadium geht unmerkbar und allmälig aus dem zweiten hervor, indem die Paroxysmen immer kürzer und schwächer, die freien Zwischenräume zwischen denselben, während welcher die Hunde wie soporös dahin liegen, länger werden. Es stellt sich Schwäche und schliesslich ein paralytischer Zustand des Hintertheiles ein; die Thiere gehen schwankend mit nachgezogenem Hintertheile und hängendem Schwänze, sie taumeln hin und her; aus der ruhenden Lage aufgeschreckt, können sie sich nur mit dem Vordertheile erheben und wie kriechend den Platz wechseln. Die Abmagerung nimmt fortan zu, die Augen sind in die Höhlen zurückgesunken, die Hornhaut trocken, trübe, die Pupille weit, der Blick matt, wie schläfrig; das Maul steht wegen der meist vorhandenen Parese des Unterkiefers offen, und aus demselben hängt dann die trockene, bleifarbige Zunge hervor. Während der Paroxysmen sind die Thiere gleichwohl noch im Stande, den Unterkiefer zu
RUH. Tliiers elaquo; eben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1 8
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274nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wuthkrankheit. Erscheinungen boi Hunden.
bewegen und zu beissen. Die Hunde lassen nur selten mehr ihr Geheul vernehmen; wenn es der Fall ist, so ist die Stimme schwach und heiser. Die Flanken sind eingefallen, das Haar struppig, verwirrt, das Athmen beschleunigt und angestrengt, der Puls schnell und unregelmässig. Bisweilen treten Convulsionen ein, welche bald nur die Muskeln einzelner Theile, bald den ganzen Körper befallen und sich bisweilen zu tetanischen Krämpfen steigern. Der Tod erfolgt gewöhnlieh während eines soporösen Zustandes der Thiere. Die Dauer dieses Stadiums kann zwischen einem bis einigen Tagen sehwanken.
h) Stille Wuth. Bei dieser Form der Wuth sind die Erscheinungen der Hirnreizung': die Aufregung, Unruhe, Neigung zum Herumsehweifen, weniger ausgesprochen, die maniakalischen Anfälle weniger prägnant; die kranken Thiere benehmen sich mehr still und traurig. Gewöhnlich stellt sich schon frähzeitig ein lähmungsartiger Zustand oder vollständige Lähmung des Unterkiefers ein, in Folge welcher der letztere mehr oder weniger schlaff herabhängt. Hiedurch werden die Thiere an dem Schliessen des Maules und an dem Beissen, wozu die Neigung bei dieser Form der Wuth an und für sich geringerist, sowie an der Aufnahme des Futters gehindert. Bei stärkerer Reizung sind die Thiere gleichwohl noch im Stande, zeitweilig die Kiefer zu schliessen, weshalb es immerhin gefährlich bleibt, sich mit solchen Hunden unvorsichtig zu beschäftigen oder ihnen sogar in das Maul zu greifen. In Folge des Offenstehens des Maules fliesst gewöhnlich Speichel oder Geifer aus demselben aus, es ist wirkliches Geifern zugegen, und die Zunge hängt mehr oder weniger weit aus der Maulspalte hervor.
Die charakteristischen Erscheinungen der Wuthkrankheit, wie die Alienation der Fresslust, die Veränderung der Stimme, welche derart kranke Hunde jedoch seltener hören lassen als tollwüthige, die Störung des Bewusstseins, die schnell eintretende Abmagerung und die schliesslich sich einstellende Lähmung des Hintertheiles verhalten sieh wie bei der rasenden Wuth.
Der Verlauf der Wuthkrankheit ist stets ein acuter; er ist bei der stillen Wuth in der Regel rascher als bei der rasenden und endet stets mit dem Tode. Angaben über Fälle eingetretener Genesung kommen nur vereinzelt vor und lassen begründete Zweifel bezüglich der Richtigkeit der Diagnose zu. Die längste Dauer der Krankheit erstreckt sich nicht übeigt;- zehn Tage; in der Mehrzahl der Fälle tritt der tödtliche Ausgang zwischen dem dritten und sechsten Tage nach, dem Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen, bisweilen, jedoch selten, auch noch früher ein.
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Wuthkrankheit. Erscheinungen bei Händen, Katzen und Pferden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 275
Nach den Angaben Leblanc's („Eecueil de medecine vötermairequot;, Bd. 50) erfolgte unter 188 Fällen der Tod bei 5 wüthenden Hunden nach einem Tage, bei 78 nach zwei, bei 58 nach drei, bei 28 nach vier, bei 11 nach fünf, bei 6 nach sechs, bei 2 nach sieben Tagen. In den von Fr. Müller („Oesterreichische Vierteljahrsschrift für Veterinärkundequot;, Bd. 44) beobachteten Fällen betrug die kürzeste Krankheitsdauer 18 und 24 Stunden: gewöhnlich währte sie zwei, drei oder vier Tage; er bemerkt jedoch, dass viele Thiere schon mehrere Tage voider Ueberbringung krank gewesen sein sollen und erwähnt (1. c. Bd. 49) auch einer acht- bis zehntägigen Krankheitsdauer.
Fleming („Veterinarianquot; 1875) berichtet über eine der Wuth ähnliche Hundekrankheit, welche seit einer Reihe von Jahren in Grönland herrscht. Die Hunde zeigen einen plötzlichen Wuthanfall, heulen beständig, beissen andere Hunde und Menschen, können Nahrung nicht aufnehmen und verenden gewöhnlich innerhalb eines Tages. Die Krankheit ist durch den Biss auf andere Hunde übertragbar, soll jedoch auf den Menschen nicht übergehen. In Kamtschatka soll eine ähnliche, die Hunde decimirende Krankheit vorkommen.
2.nbsp; Bei Katzen. Die Erscheinungen der Wuth sind bei den Katzen, wegen des scheuen Benehmens dieser Thiere bei dem Ausbruche der Krankheit und weil sie, falls ihnen die Möglichkeit geboten ist, bald entweichen ohne wieder zurückzukehren, nur bei eingeschlossenen Thieren zu verfolgen.
Die ersten Anzeichen sind auch bei ihnen eine Veränderung des Benehmens, Traurigkeit, grosse Unruhe, ungewöhnliches Herumspringen oder Verkriechen, der Trieb zum Entweichen und Herumschweifen. Bald stellt sich heftige Beisssucht und die Neigung zum Kratzen mit den Ki-allen ein. Die Bisse wüthender Katzen, welche vorzugsweise auf das Gesicht ihres Opfers gerichtet werden, sind wegen der durch die spitzen Zähne gesetzten eindringendereu Verletzungen in der Eegel gefährlicher als jene der Hunde. Auffallend ist auch bei diesen Thieren die Veränderung der Stimme, welche zu einem eigenartigen Schreien ausartet; die Thiere magern rasch ab, und nachdem sich Lähmung des Hintertheiles entwickelt, erfolgt bald, meist schon zwischen dem zweiten und vierten Tage, der tödtliche Ausgang der Krankheit.
3.nbsp; nbsp;Bei Pferden. Vor dem Ausbruche der Krankheit wird häufig ein intensiver Juckreiz oder eine schmerzhafte Empfindung an der Bissnarbe, gegen welche die Pferde durch Kneipen mit den Zähnen oder Scheuern reagiren, wahrnehmbar. Die Thiere zeigen sich traurig, unruhig, trippeln hin und her, scharren den Boden, fahren bisweilen wie erschreckt zusammen und sind gegen Anruf, Geräusch, grell einfallendes Licht u. dgl. in hohem Grade empfindlich. Ihr Blick ist stier, die Pupille erweitert, der Geschlechtstrieb meistens aufgeregt; Stuten geberden sich wie rossig, Hengste
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276nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wuthkrankheit. Erscheinungen bei Pferden.
schachten öfter ans und wiehern mit heiserer, veränderter Stimme. Meist ist schon im Beginne der Krankheit Beschwerde beim Schlingen bemerkbar, so dass aufgenommenes Wasser durch die Nase zurückkommt, bisweilen ist auch eine leichte Empfindlichkeit der Gegend des Schlundkopfes nachweisbar. Die Fresslust wird geringer und hört später völlig auf; Siedamgrotzki beobachtete bei einem wuthkranken Pferde das Aufzehren der eigenen Excre-mente; Wasserscheue ist nicht zugegen, im Gregentheile spielen die kranken Pferde häufig mit den Lippen in dem vorgesetzten Wasser. Gegen die ihnen bekannten Wärter sind sie zu dieser Zeit noch nicht widersetzlich, sie lassen sich von ihnen berühren, putzen und selbst anschirren.
Allmälig nimmt die Unruhe und Aufregung zu und es stellen sich die eigentlichen Wuthparoxysmen ein, während welcher die Pferde mit den Füssen hauen und schlagen, in die Futterbarren, in Streitbäume und andere Geräthe ihrer Stände mit solcher Wuth beissen, dass bisweilen Zähne oder selbst der Unterkiefer brechen, die nebenstehenden Pferde angreifen und zu beissen suchen, nicht selten auch verschiedene Stellen ihres eigenen Körpers bis zur blutigen Verletzung und zum Herausreissen ganzer Hautstücke kneipen und beissen. Dabei sind die Augen glänzend, die Pupillen erweitert, das Athmen sehr beschleunigt, die Lippen bis zur Ent-blössung der Zähne zurückgezogen, während aus dem Maule blutiger Schaum und Geifer hervortritt; zeitweilig stossen die Pferde einen heiseren, scharfen Schrei aus. Obwohl die Thiere selbst während der Paroxysmen die ihnen bekannten Personen zu erkennen scheinen, ist es doch selbst für diese, noch mehr aber für Fremde nicht gerathen, sich den Kranken zu nähern, indem diese nicht nur durcli ihren Biss, sondern auch durch Schlagen und Hauen mit ihren Beinen gefährlich verletzen können. Die Dauer der Anfälle ist verschieden; die späteren sind um Vieles schwächer als die ersten; während der Intervalle kommen die Thiere wieder mehr oder weniger zum Be-wusstsein, sind aber matt und hinfällig, liegen dann meist und werden zeitweilig von Zuckungen und Convulsionen befallen. Schon durch geringe äussere Einwirkungen kann ein neuer Anfall hervorgerufen werden. Die Pferde verfallen rasch; es stellt sich Schwäche und endlich Lähmung des Hintertheiles ein, so. dass sie sich nicht mehr erheben können; dabei besteht jedoch die Beisssucht unge-schwäeht fort. Gewöhnlich unter Convulsionen tritt der tödtliclie Ausgang nach einem kurzen Krankheitsverlaufe von vier bis sechs Tagen ein.
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Wiuiikrankheit. Brachahiungen bei lliuderu, Scliafeu, Ziegen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;277
4.nbsp; nbsp;Bei Rindern. Mit Ausnahme der Beisssucht, welche nur in selteneren Fällen deutlieh wird7 sind die Erscheinungen der Wuth bei Rindern ähnlich jenen der Pferde. Aeusserungen unangenehmer Empfindungen an den Bissnarben, Traurigkeit, heftige Unruhe, grosse Erregbarkeit, Schäumen aus dem Maule, Schlingbeschwerden und Schmerzhaftigkeit der Rachengegend gegen Berührung und Druck, Verringerung der Fresslust und des Wiederkauens, Aufregung des Geschlechtstriebes vorzüglich bei Stieren massige Verringex-ung der Milchabsonderung bei Kühen sind die ersten Symptome der Krankheit. Bald stellen sich Paroxysmen ein, während welcher die Augen geröthet, glänzend, die Pupillen weit, der Blick glotzend und drohend erscheint; die Thiere stampfen mit den Füssen, gehen mit den Hörnern auf Gegenstände, Personen und Thiere los und stossen gegen erstere oft mit solcher Kraft und Wuth los, dass die Hörner brechen und die Stirne blutrünstig geschlagen wird. Im Freien befindliche Rinder wühlen mit den Füssen und den Hörnern den Boden, und greifen mit Wuth die Thiere der Heerde, Hunde und Personen mit den Hörnern an. Die ersten Anfälle sind die heftigsten und am längsten (lauernden; durch Geräusch, grelles Licht, das Hinzutreten von Personen kann ein Paroxysmus hervorgerufen werden. Nach jedem derselben zeigen sich die Thiere matt und erschöpft; sie legen sich gewöhnlich nieder, springen plötzlich wieder auf und werden oft von Convulsionen befallen. Die Fresslust, sowie das Wiederkauen hören gänzlich auf, die Excremente werden anfangs selten, sparsam und trocken abgesetzt, im Verlaufe werden sie dünnflüssig, bisweilen blutig; Wasserscheue ist ebensowenig wie bei Pferden zugegen. Es stellt sich rasch Abmagerung und Verfall der Thiere, schliesslich Lähmung des Hintertheiles ein und meist nach dem Eintritte eines soporösen Zustandes erfolgt das tödtliehe Ende nach einer Krankheitsdauer von vier, fünf bis höchstens sieben Tagen.
5.nbsp; Bei Schafen und Ziegen. Bei diesen Thieren äussert sich der Beginn der Wuthkrankheit, welchem öfter eine schmerzhafte Empfindlichkeit der Bissstelle vorangeht, durch eine auffallende
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Aenderung in dem Benehmen, indem, was namentlich bei Schafennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i hervortritt, an Stelle ihres furchtsamen Gebarens eine grosse Aufregung und selbst aggressive Bewegungen treten, wobei die Schafe den Kopf senken, die Hörner gegen den vermutheten Feind, sogar gegen Hunde richten, mit den Füssen den Boden stampfen oder aufwühlen, hin und her springen, mit den Zähnen knirschen und mitunter selbst in Gegenstände verschiedener Art beissen. Bei
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278nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Wnthkranklieit. Erscheinungen bei Schweinen, beim Geflügel.
Ziegen tritt die Beisssuclit constant stärker hervor. Dabei ist der Blick der Thiere starr, die Pupille erweitert, die Bindehaut stark injicirt, das Maul schäumend, die Absonderung der Nasenschleimhaut vermehrt. Solchen Paroxysmen folgen Intervalle der Ruhe. Fresslust und Wiederkauen hören auf, der Geschlechtstrieb ist gewölmlich aufgeregt, was die Kranken durch Aufspringen auf andere Thiere der Heerdo zu erkennen geben, die Stimme verändert. Nach einigen Anfällen stellt sich Hinfälligkeit, Schwäche und endlich Lähmung des Hintertheiles ein; die Thiere liegen schliesslich unter beständigem Geifern aus dem Maule und gehen nach einem Krankheits-verlaufe weniger Tage meist unter Convulsionen zu Grunde.
6.nbsp; Bei Schweinen. Nahezu constant wird bei diesen Thieren vor dem Ausbruche der Krankheit ein heftiges Scheuern und Beissen der Bissstelle bis zum Aufbruche derselben beobachtet. Die Schweine zeigen sich unruhig, wild und schreckhaft, sie fahren im Stalle herum und stossen ein heiseres Geschrei aus. Die gewöhnliche Nahrung wird verschmäht, dagegen werden der eigene Koth und fremdartige Substanzen bisweilen mit Gier verschlungen; Wasserscheue ist nicht zugegen, im Gegentheile versuchen die Thiere zu trinken, was jedoch wegen des vorhandenen Sehlingkrampfes gewöhnlich nicht gelingt. Während der Anfälle ist der Blick stier, drohend, die Pupille erweitert, das Geifern aiis dem Maule reichlich, die Beisssucht heftig und sowohl gegen leblose Objects als auch gegen Thiere, die eigenen Jungen und Menschen gerichtet; die Kranken wühlen in der Streu oder verkriechen sich auch in dieselbe. Nach solchen Anfällen, von welchen die ersten die heftigsten sind, tritt eine deutliche Remission ein, während welcher Mutterschweine ihre Jungen sogar wieder zum Saugen zulassen; die geringste äussere Einwh-kung, das Berühren mit einem Stocke, Geräusch XL dgl. ist aber im Stande, einen neuen Anfall hervorzurufen. Im Verlaufe werden Maul und Rüssel trocken, es tritt rasch Lähmung des Hintertheiles ein und die Thiere gehen meist schon am zweiten oder dritten Tage der Krankheit zu Grunde. In den von Hartmann („Oesterreichischc Vierteljahrsschrift für Veterinärkundequot;, Bd. 41) beobachteten Fällen überstieg die Dauer der Krankheit selten einen Tag und währte in einem Falle sogar nur neun Stunden.
7.nbsp; nbsp;Bei dem Hausgeflügel. Obwohl das von wüthenden Hunden gebissene Hausgeflügel wegen der Schwere der gesetzten Verletzungen in der Regel früher zu Grunde geht, als es zur Entwicklung der Krankheit kommt, so wurde doch die Wuth auch bei
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Wutliki auklicit. Eiäeüeiuungeu bui Kaubthiereu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 279
diesen Thieren beobachtet. Von dieser Krankheit befallenes Hausgeflügel zeigt grosse Unruhe, springt wie toll herum, macht angreifende Bewegungen mit dem Schnabel und den Krallen gegen andere Thiere, selbst gegen den Menschen, und stösst ein rauhes, heiseres Geschrei aus. Bald tritt jedoch Ermattung ein, die Thiere schwanken im Gange, verkriechen sich in dunkle Winkel und sterben, nachdem sich vollständige Lähmung eingestellt hat.
Halot („Echo v^terinairequot;, 1878) führt als Symptome der Wuth bei einer Henne, bei welcher die Krankheit 42 Tage nach dem Bisse zum Ausbruche kam, Aufsträuben der Federn, ängstlichen Blick, rauhe, heisere Stimme, Schreckhaftigkeit, Herumschlagen mit dem Schnabel au. Während der Intervalle zwischen den schnell nach einander folgenden Anfällen Hess das Thier die Flügel hängen und ging taumelnd und schwankeud herum. Eine Section war wegen der durch den Eigenthümer veranlassten Verstümmelung und Vergrabung der Henne undurchführbar.
8. Bei Raubthieren. Wölfe und Füchse verlieren, wenn sie von der Wuth befallen werden, ihre gewöhnliche Scheu; sie verlassen ihre Aufenthaltsorte, dringen kühn in bewohnte Ortschaften oin, äussern keine Furcht vor Hunden, anderen Thieren und Men
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schen, fallen sie sogar, wenn sie sich ihnen entgegenstellen, mit
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Wuth an, verletzen sie durch Bisse und laufen dann schwankend und wie bewusstlos weiter. Die durch wüthende Wölfe gesetzten Bissverletzungen sind meistens bedeutend; oft werden ganze Haut-und Muskelfetzen herausgerissen. Unter Wölfen und Füchsen erlangt die Wuthkrankheit, wie bereits Eingangs erwähnt, bisweilen eine seuchenartige, durch fortgesetzte Ansteckung mittelst der Bisse unterhaltene Verbreitung.
Oertl („Oesterreichische Vierteljahrsschrift für Veterinärkundequot;, 38. Bd.) beschreibt eine während sieben Jahren unter den Füchsen in Kärnten herrschend gewesene Wuthseuche. Die kranken Thiere zeigten Mattigkeit, geringe Scheu vor Menschen, so dass sie leicht erlegt werden konnten; sie benahmen sich ungewöhnlich, inten wie sinnlos umher, waren bissig, fielen Menschen und Thiere, besonders Hunde, an und waren in hohem Grade abgemagert. Die im Laufe der Zeit gebissenen Hausthiere starben zum grössten Theile unter den Erscheinungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i
der Lyssa, ebenso zwei der verletzten Personen.
Nach Delafond wurden in Frankreich im Laufe von 60 Jahren 437 Personen von wüthenden Wölfen gebissen, von welchen 244 (über 55 Procent) der Wuth zum Opfer fielen.
Aehnlich werden die Erscheinungen der Wuth beim Schakal, der Hyäne, dem Dachs und Marder geschildert; bei Mardern soll die Beisssucht gegen Menschen, Hunde und andere Thiere besonders ausgesprochen sein.
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280nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wuthkrauklieit. Pathologische Anatomie.
i Hering fülnt („Repertorium für Thierheilkundequot; 1878) einen Beriebt
Hovey's über (angeblich spontane) Wuth beim Stinkthier (Mepbitis mesomelas Licht.) an, welches in Nordamerika nicht selten ist. Hovey hat 41 Fälle gesammelt, in welchen Menschen gebissen wurden, welche, mit einer einzigen Ausnahme, alle starben; die Incubationsperiode dauerte 14, 17, 21 Tage, einmal fünf Monate. Auch ein gebissener Hund verfiel in Lyssa. Die Krankheit soll eine neue sein und in gewissen Einzelheiten von der Hundswuth abweichen.
Zu bemerken wäre noch, dass es Graltier („Annales de med. veter.quot; 1879) gelungen ist, die Wuth des Hundes durch Biss und Impfung auf Kaninchen zu übertragen. Die bei diesen Thieren hervortretenden Erscheinungen waren Krämpfe und Lähmung; die Krankheitsdauer bis zum tödtlichen Ende belief sich auf einen bis vier Tage. Die Incubationsperiode schwankte zwischen vier und dreiundvierzig Tagen und belief sich im Durchschnitte von fünfundzwanzig Fällen auf achtzehn Tage. Galtier hält das Kaninchen für ein bequemes und ungefährliches Object für die Bestimmung der Virulenz oder Nichtvirulenz der verschiedenen von wüthenden Thieren stammenden Flüssigkeiten auch im Hinblick auf die ver-hältnissmässig kurze Dauer der Incubationsperiode. Raynaud beobachtete auch nach der Impfung eines Kaninchens mit dem Speichel eines wuthkranken Menschen den Eintritt heftiger Wuthanfälle mit schnell darauffolgendem Tode, während eine Impfung mit Blut desselben Menschen ohne Erfolg blieb. Stückchen der Unterkieferdrüse, sechsunddreissig Stunden nach dem Tode des ersterwähnten Kaninchens zweien anderen Kaninchen unter die Haut eingeführt, veranlassten nach fünf bis sechs Tagen gleichfalls den Tod unter den Erscheinungen der Paraplegic, jedoch ohne vorausgehende Wuthanfälle.
Pathologische Anatomie. Die Section wuthkränker Hunde liefert nur wenig prägnante Daten, so dass es meistens schwer fällt, aus den Sectionsergebnissen allein und ohne vorausgegangene klinische Beobachtung des kranken Thieres die Diagnose auf Lyssa mit Sicherheit zu stellen. Bei todt überbrachten Hunden wird sich aus dem Vorhandensein der Mehrzahl der anzuführenden Sections-ergebnisse und aus dem Abgange bestimmter localer Processe meistens nur der Verdacht auf Wuth aussprechen lassen. Im Ganzen zeigt, der anatomische Befund bei Lyssa einige Aelmlichkeit mit jenem, welchen man bei Hunden nach acuten Vergiftungen mit narkotischen Substanzen, wie Blausäure, Strychnin, Nicotin und bei anthraxkranken Thieren antrifft.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;lt;
Die Cadaver der an Lyssa gefallenen Hunde sind meisx in hohem Grade abgemagert, die Haare verworren, struppig, die Um-
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Wuthkraukheit. Pathologischo Anatoiuiü.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 281
gebung des Maules und der Nasenöffnungen mit Selileim beschmutzt, die Cornea trübe, bisweilen mit Erosionen besetzt, die Pupillen erweitert, die sichtlichen Schleimhäute bleifarbig und mit eiterigem Schleime bedeckt. Die Musculatur und die Hautvenen sind liyper-ämisch, das dunkle, bisweilen kirschrothe, zähflüssige Blut zeigt meist nur lockere Gerinnsel. Die Schleimhaut des Maules, der Nasen-und ßachenhöhle ist hyperämisch, katarrhalisch geschwellt, hie und da ekchymosirt, mit zähem Schleime belegt; in Maul- und Rachenhöhle sind bisweilen Reste von Fremdkörpern, Stroh, Haaren u. dgl. vorfindlich; die Zunge erscheint trocken, an ihren Rändern nicht selten excoriirt oder durch Bisse verletzt.
Die sogenannten Marochetti'schen Bläschen oder Pusteln, welche zu beiden Seiten des Zungenbändchens bisweilen vorkommen, sind ein nicht häufiger Befund, welcher, wenn er angetroffen wird, durchaus nicht als charakteristisch für die Wuth, wie früher angenommen wurde, angesehen werden kann, da er sich (nach Prinz) auch bei gesunden und nach Spinola auch bei anthraxkranken (?) Hunden vorfindet. Die Mandeln sind meist leicht geschwellt, die Speicheldrüsen blutreich, sonst aber anscheinend unverändert; in der Speiseröhre sind bisweilen Theile von Fremdkörpern anzutreffen; ihre Schleimhaut ist mit zähem Schleime bedeckt. Der stark zusammengezogene Magen enthält keine Futterreste und keinen Chymus, dagegen in den meisten Fällen fremde und unverdauliche Substanzen, wie Stroh, Heu, Haare zu wurst- oder zopfartigen Massen verfilzt, oder, nebst Stücken von Fetzen, Leder, Holz, Koth u. dgl., zu Ballen vereinigt; seine Schleimhaut, besonders an den Falten, erscheint geschwellt, stark geröthet, hie und da von Extravasaten durchzogen und von hämorrhagischen Erosionen besetzt, ihre Oberfläche von einem gallig oder blutig gefärbten Schleim überzogen. Die Schleimhaut des Dünndarmes, besonders im Zwölffingerdarme, ist düster geröthet, stellenweise ekchymosirt, in seiner Höhle eine dem Mageninhalte ähnliche Flüssigkeit, jedoch kein Chylus, und im Duodenum nicht selten Fremdkörper enthalten; im Dickdarm wenig Fäcalien, dagegen öfters Massen von fremden Körpern angesammelt. Die Gekrösdrüsen sind meistens geschwellt, blutreich, die Leber von dunklem, zähflüssigem Blut überfüllt, welches über die Schnittfläche hervorquillt; die Milz häufiger normal, seltener in ihrer Totalität oder theilweise vergrössert, blutreich, weich, hie und da von Extravasaten durchsetzt.
Die Schleimhaut des Kehlkopfes ist besonders am Eingange gewöhnlich höher geröthet, bisweilen ekchymosirt und so wie jene
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282nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wutbkrankheit. Pathologische Anatomitj.
der Luftröhre mit eiterigem Schleime belegt, die Lungen von dunklem, zähflüssigem Blute überfüllt, nach Bollinger stellenweise von lobulären pneamonischen Herden (Fremdkörper-Pneumonie) durchsetzt, das Herz mit Ausnahme von Ekchymosen unter dem Endo-cordium anscheinend normal, in seinen Höhlen dunkles, flüssiges oder schlaff geronnenes Blut enthaltend.
Die Nieren sind meistens hyperämisch, die Harnblase leer oder nur wenig Harn einschlicssend, der nach Monin Eiweiss und Gallenfarbstoff enthalten soll.
Rudnew („Centralblatt für die mediciuisuheu Wissenschaftenquot;, 1871) leitet die Eiseheiuuugen der Hundswuth von einer parenchymatöaen Entzündung der Niereu und einer davon bedingten Uramie ab. Abgesehen davon, dass der Befund der Niereu wüthender Thiere sehr liäutig ein ganz normaler ist, macht Bollinger darauf aufmerksam, dass die von Eudn ew angeführten Veränderungen der Nieren — fettige Infiltration und Degeneration der Epithelieu der Harn-canälclien — auch bei ganz gesunden Hunden vorkommen und daher für Lyssa nicht charakteristisch sein können.
Die Hirnhäute sind häufig blutreich, der Sichelblutleiter manchmal mit dunklem flüssigen Blute erfüllt; das Gehirn bald von normalem Blutgehalte, bald anscheinend hyperämisch, bisweilen serös durclifeuclitet, selbst ödematös weich, in anderen Fällen ohne nachweisbare makroskopische Veränderung. Derselbe Befund wird im verlängerten Marke und im Rückenmarke angetroffen. Wie inconstant der anatomische Befund des Gehirnes bei Lyssa ist, ergibt sich aus den Beobachtungen Bruckmüller's, welcher unter 375 von ihm secirten wüthenden Hunden nur in 140 Fällen, mithin nur bei 37%, Veränderungen des Gehirns (die nicht von mechanischen Einwirkungen auf die Schädeldecke abhängig waren) angetroffen hat, darunter dreimal Blutung in das Gehirn, sechsundzwanzigmal Hyperämie. des Gehirnes, vierundsiebenzigmal Hirnödem, fünfmal acuten Hydro-cephalus mit Meningitis, zehnmal chronischen Hydrocephalus.
Die von einzelnen Beobachtern erwähnte Hyperämie des Vagus, Hypoglossus, der Hals- und Brustganglien des sympathischen Nerven ist als höchst inconstant nachgewiesen worden.
Im Hinblicke auf das prägnante nud charakteristische Hervortreten der nervösen Erscheinungen im Verlaufe der Hundswuth wurden in neuester Zeit den pathologischen Veränderungen im Centraluervensysteme bei Lyssa eingehende Untersuchungen zugewendet, welche jedoch, bis jetzt wenigstens, entscheidende Ergebnisse noch nicht geliefert haben.
Benedikt („Virchow's Archivquot;, Bd. 64) hat bei wüthenden Hunden im Stirnlappen, speciell an der Kiechwindung in einer ampullenartig erweiterten Furche an der äusseren Gehirnoberfläche, miliare Krankheitsherde (von ihm Gra-
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Wuthkrankbeit. Pathologische Aiiatomie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;283
nular - Desintegration genannt) gefunden, die er als lichte Stellen mit einigen Ganglienzellen und einzelnen in Bezug auf Ursprung und Wesen unbekannten Kernen in einer feingranulirten Masse beschreibt. Die letztere erklärt er für das moleculare Grundgewebe der Hirnsubstanz, aus dem die Formelemente durch Entzündung ausgelaugt sind. Der elementare Befund sei eine Art miliaren Abscesses; die lichteren Stellen entstünden durch das Aufblähen der bestehenden Gewebs-elemente und des aus dem Blute stammenden Exsudates. Ausserdem seiei; au den Gefässen der Stränge des Kleinhirns zur Brücke Extravasate zugegen und die kleinen Gefässe in der Gegend des motorischen Trigeminuskernes und im Verlaufe des Trigeminus hochgradig ausgedehnt. Die Wuth wäre nach ihm eine Blutvergiftung,' die sich zuerst in bestimmten Bezirken des Gehirnes als eine durch Blutgerinnung in den kleinen Venen veranlasste Drucksteigerung und leichte Entzündung ausspricht. Er folgert hieraus, dass die Wuth eine Blutvergiftxmg sei, welche nach einem kürzeren oder längeren Bestände im Gehirne zum Ausbruch kommt.
Einen ähnlichen Befund gibt Kolessnikow („Centralblatt für die medicinischen Wissenschaftenquot;, 1873) an; er fand aber überdies eine Anhäufung runder Zellen um die Ganglienzellen, welche allmälig in diese eindringen und sie schliesslich so vollständig ausfüllen, dass an deren Stelle sich nur ein Haufen lymphoider Körper vorfindet.
O. Well er („Inaugural-Dissertationquot;, 1879) fand in dem Gehirne wuth-kranker Hunde makroskopisch einen enormen Blutreichthum des Hirns und seiner Häute, besonders in der grauen Substanz mikroskopisch eine Hyperämie einzelner Gefässbezirke, besonders im verlängerten Marke und im oberen Theile des Hals-markes; in den perivaseulären Räumen der hyperämischeu Partien eine Anhäufung lymphoider Elemente, welche eine Art breiter Hülle um die Gefässe bilden, hie und da capilläre Blutungen von verschiedener Ausdehnung und entzündliche Herde Jungen Datums in den grauen Substanzen des Halsmarkes und der Medulla um den Kern des Vagus, Glossopharyngeus und Accessorius Willisii, endlich Anhäufungen von angeblich eigenthümlichen, als pathognomonisch für Lyssa betrachteten Fettkörpern in und um die Gefässe des Centralnervensystems.
A. Forel („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot;, 1877) konnte den Befund Benedikts nicht bestätigen. Er unterzog die gehärteten tingirten Gehirne von zwei Hunden, zwei Pferden, einem Rinde und einem Menschen, die an Lyssa gestorben waren, der Untersuchung, fand jedoch keine Veränderungen. Die am häufigsten vorkommende Erscheinung war eine Lymphzellenanhänfuug im sub-adventitiellen Kaume der kleinen und mittleren Räume des Gehirnes, welche sich aber, wie die daselbst selten angetroffenen Blutungen aus den Circulationsstörungen während des Wuthanfalles selbst erklären lassen. Da ein solcher Befund jedoch auch bei Typhus, Epilepsie, Paralyse angetroffen wird, so könne er nicht als charakteristisch für die Wuth angesehen werden. Von dem Vorhandensein von Abscessen, Pigmentschollen u, dgl. wurde keine Spur angetroffen.
F. Schnitze („Deutsches Archiv für klinische Medicinquot;, 1.877) konnte im gesammten Centralnervensystem nichts vorfinden, was für die Lyssa charakteristisch wäre, auch keine Entzündung.
Csokor („Oesterreichische Vierteljahrsschrift für Veterinärkundequot;, 54. Bd.) ist auf Grund eigener Untersuchungen der Centralorgane des Nervensystems wüthender Hunde zu folgenden Resultaten gekommen: Die makroskopischen Befunde im Gehirn und in den Hirnhäuten bei wüthenden Hunden sind nicht constant;
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284nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Wutlikranklieit. Pathülogische Anatomie.
eine immer vorzutiudeude Hyperämie dieser Theile wird entschieden in Abrede nestellt. Anders verhält es sich bei der mikroskopischen Untersuchung der grauen Substanzen des Rückenmarkes und des verlängerten Markes; an Querschnitten des letzteren in der Höhe der Nervenkerne, besonders jenes des Vagus und ähnlich in der grauen Substanz des Halsmarkes sind die Gefässe in wechselnder Menge und in verschiedenem Grade erweitert und entsprechend der Höhe der Hyperämie auch kleine, mikroskopische Hämorrhagien zugegen. Dieser Befund ist auffälliger bei Hunden, die von der stillen Wuth befallen waren, als bei jenen, welche an der Tollwuth litten. Die Ansammlung lymphoider Elemente längs der Gefässe, für welche der Name: „beginnende Entzündungquot; beibehalten werden könne, findet sich in allen Theilen des centralen Nervensystems witthender Hunde, und zwar in drei Graden vor, nämlich a) in den grauen Substanzen des Rückenmarkes und der Medulla als Infiltration der Gefässwandungen allein; h) in denselben Localitäten, jedoch auch in die weisse Substanz übergreifend, als Anhäufung lymphoider Elemente nicht nur in den Gefässhäuten, sondern auch ausser-halb derselben in den perivasculären Räumen oder auch in der umgebenden grauen Substanz selbst, endlich e) als eine Anhäufung zelliger Elemente in der grauen Substanz selbst, vorzüglich jener des Halsmarkes, jedoch abseits von den Gefässen. Die erste Form, der geringste Grad der beginnenden Entzündung, findet sich bei Hunden mit rasender Wuth, während die beiden anderen Formen, die höheren Grade der beginnenden Entzündung, bei Thieren mit stiller Wuth angetroffen werden. Von diesen, auch bei anderen mit Hirnreizung verlaufenden Krankheiten anzutreffenden Veränderungen kann keinesfalls angenommen werden, dass sie schon vor dem Ausbruche der Lyssa zugegen gewesen seien, sie sind vielmehr erst während des Verlaufes derselben zur Entwicklung gekommen und würden erst den Charakter eines encephalitischen Processes annehmen können, wenn die lyssakranken Thiere nicht so rasch zu Grunde gehen würden.
Die an den Gefässen der Organe des Centralnervensystems vorkommenden, von einzelnen Beobachtern als pathognomonisch für die Wuthkrankheit erklärten Gebilde, die sogenannten „eigenthümlichen Pettkörperquot; erklärt Csokor für einen normalen Ii-volutionsvorgang an den Gefässwandungen, welcher mit Pigmentbildung abschliesst.
Bei Katzen und Raubthieren, welche an der Wuth zu Grande fingen, findet sich ein analoger Befund wie bei der Wuth der Hunde. Aehnlich sind auch die Veränderungen bei lyssakranken Schweinen und Pflanzenfressern, nur fehlt bei letzteren in der Regel der fremdartige Inhalt in den Mägen und Gedärmen.
Friedberger („Zeitschrift für praktische Veterinärwissenschaftenquot;, 1876) fand an gefärbten Schnitten des Gehirnes vom Boden der vierten Gehirnkammer und dem Halstheile des Rückenmarkes eines an der stillen Wuth gefallenen Pferdes im Innern einzelner Gefässdurchschnitte eine stark durchscheinende Masse ohne Blutkörperchen, die er für Faserstoffgerinnsel anspricht. In den meisten Querschnitten war das ganze Gefässlumen mit gleich grossen hellen Körperchen von der Grosso der Kerne der weissen Blutkörperchen dicht angepfropft.
Diagnose. Die Diagnose der Wuthkrankheit während des Lebens der Thiere lässt sich nicht aus einzelnen, für pathognomonisch angegebenen Symptomen, sondern nur aus der Aufeinanderfolge gewisser Reihen Jvon^ Erscheinungen und Störungen
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Wutbkrankheit. Diagnose.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;285
stellen. Schwierig ist es in vielen Fällen, aus den Seetionsergebnissen allein sieh mit Bestimmtheit für das Vorhandensein oder für die Abwesenheit der Wuth auszusprechen. Eine eingehende, thunlichst lange fortgesetzte klinische Beobachtung und eine genaue Section werden sich häufig ergänzen müssen; die Ergebnisse beider, mit Ueberlegung zusammengehalten, werden eine irrige Diagnose in den meisten Fällen ausschliessen.
Die Feststellung der Diagnose auf das Vorhandensein oder den Abgang der Wuth ist von grösster Wichtigkeit in jenen Fällen, in welchen Menschen von wuthverdächtigen Thieren gebissen worden sind, und macht dem Sachverständigen die grosste Gewissenhaftigkeit und Umsicht zur Pflicht.
Dass auch die anamnestischen Momente in Betreff des verdächtigen Thieres genau zu erheben sind, bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung.
Als die bezeichnendsten Erscheinungen finden sich bei der Wuth die Veränderung im Benehmen, die grosse Unruhe, der Drang zum Entweichen und Herumschweifen, die hochgradige Erregbarkeit, die Alienation des Appetites, die eigenthümliche Veränderung der Stimme, das erschwerte Schlingvermögen, die rasche Abmagerung, die schliesslich eintretende Lähmung und das paroxysmenweise Auftreten heftiger Wuthanfälle, endlich der stets lethale Verlauf; bei tollwüthenden Hunden, Raubthieren und bei lyssakranken Schweinen und Pferden: überdies die Beiss-sucht, bei wuthkranken Wiederkäuern: das aggressive Benehmen, wobei sie sich ihrer gewohnten natürlichen Waffen bedienen.
Als die wichtigsten anatomischen Veränderungen müssen angesehen werden: die dunkle Färbung und die zähflüssige Beschaffenheit des Blutes, die Hyperämie und stellenweise Ekchymosirung der Schleimhäute, insbesondere jener des Rachens, Kehlkopfes, Magens und Zwölffingerdarmes, der Mangel von Futterstoffen im Magen, dagegen bei Hunden, Katzen, Schweinen und Raubthieren die Anwesenheit von Fremdkörpern daselbst und im Dünndarme, endlich der Abgang eines localen Krankheitsherdes. In zweifelhaften Fällen kann bei Sectionen der Verdacht auf Wuth bei todt überbrachten Hunden ausgeschlossen werden, wenn, wie Bruckmüller mit Recht bemerkt,'in deren Magen gewöhnliche Futterreste und im Dünndarme Chylus angetroffen wird.
Manche Krankheiten und abnorme Zustände der Hunde sind im Stande wuthähnliche Erscheinungen hervorzurufen, welche zur Verwechslung mit der Lyssa Anlass geben können.
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Wuthkrankhpit. Diagnose. Prognose.
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Hieher gehört die Staupe der jungen Hunde, welclie wegen der zeitweilig vorhandenen Aufregung, der Sinnestäuschungen und der bisweilen eintretenden Convulsionen, Laien für Wuth imponiren kann. Ebenso die Epilepsie, welche wegen der Krampfanfälle, des Geiferns und Schäumens aus dem Maule, besonders wenn sie Hunde auf der Strasse befällt, von den passirenden Personen lutuiig für Wuth angesehen wird und zur Tödtung der Thiere Anlass gibt.
Die Halsentzündung kann wegen der Schlingbeschwerden und der grösseren Empfindlichkeit der Schlundkopfgegend, die Gegenwart fremder Körper im Rachen oder Schlünde, wegen des Speicheins und Geiferns, des Unvermögens zu schlingen und der beständigen Unruhe, den Verdacht der Wuth erregen.
Magen- und Darmentzündung, veranlasst durch Vergiftung, durch das Einkeilen fremder Körper, Darmentzündung, verursacht durch Bandwürmer, besonders durch die Taenia Echinococcus, Darmstenose von Krebs, Invagination u. dgl. abhängig, die Gegenwart des bandwurmähnUchen Fünfloehes (Pentastomum taeniodes) in den Stirnhöhlen, fremder Köi'per in den Ohren können ebenso, wie psychische Erregungen der verschiedensten Art und anatomische Veränderungen des Gehirnes wuthähnliche Erscheinungen bei
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Hunden veranlassen, sehe Untersuchung
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über deren Natur nur die fortgesetzte klini-und Beobachtung, der Verlauf und Aus-
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gang der Krankheit und eventuell der Sectionsbefund Aufschluss geben kann.
Die Taenia Echinococcus veranlagst, wenn sie, wie es öfter vorkommt, in unzählbarer Menge mit ihren Haken und Saugnäpfen fest an die Dünndarmscnleim-haut der Hunde sich anheftet, eine höchst intensive Entzündung dieser Schleimhaut, welche zu heftigen Schmerzäusserungen, grosser Unruhe und Beisssucht der Hunde, Erscheinungen, welche die Wuth vortäuschen können, führt. Die zuerst von Pill-wax ausgesprochene Ansicht, dass dieser Parasit eine wirkliche Ursache zur Entwicklung der wahren Hundswuth abgeben könne, erscheint durch nichts gerechtfertigt.
Prognose. Wie bereits erwähnt, verläuft die Wuthkrankheit bei sämmtlichen Thieren und ebenso beim Menschen stets lethal; die Prognose ist daher bei der ausgebrochenen Krankheit absolut ungünstig. Günstiger gestaltet sie sich, wenn bei von wüthenden Thieren Gebissenen eine locale Behandlung der Bisswunde eingeleitet werden kann, und zwar um so günstiger, je schneller eine solche nach erfolgtem Bisse stattfindet.
Therapie. Eine Behandlung der wirklich ausgebrochenen Wuthkrankheit hat, obwohl ein ganzes Heer von Arzneimitteln
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Wuthkrankheit. Therapie.
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gegen sie zu Felde geführt wm-de, nach den bisher bei Thicren gewonnenen Erfahrungen kein befriedigendes Resultat geliefert. Ebensowenig als die durch lange Zeit besonders in Gebrauch gestandenen spanischen Fliegen, Maikäfer und die Belladonna, haben sich Calomel, Brechweinstein, Zink- und Kupfervitriol (von Herbst empfohlen), die Carbolsäure und das Chloralhydrat bewährt.
Es möge erwähnt werden, dass Offenberg („Archiv für experimentelle Pathologiequot; XI) einen Fall von Heilung der Lyssa bei einem eilf Wochen vor dem Ausbruche der Krankheit durch einen notorisch wuthkranken Hund gebissenen Menschen beschreibt, welche durch subcutano Injection von Curare (O-lfl in 50/ii Lösung in sieben Injectionen innerhalb vier Stunden, und später dreissig Stünden abermals 0-03 Curare) erzielt wurde.
Den Werth der innerlichen Anwendung prophylaktischer, angeblich als unfehlbar wirkend gepriesener Mittel zu beurtheilen ist kaum möglich; da eben nicht jedes von einem wüthenden Thiere gebissene Individuum auch in die Lyssa verfällt und eine nicht geringe Zahl der letzteren auch ohne jede innerliche Prophylaxis von der Krankheit verschont bleibt. Da aber gewöhnlich neben und vor dem innerlichen Gebrauche solcher Substanzen eine örtliche Behandlung der Bissverletzung eingeleitet wird, so wird es erklärlich, dass häufig genug die Präservation dem innerlich genommenen Medicamente zugeschrieben wird, während sie doch auf Rechnung der Zerstörung des Wuthgiftes an der Bissstelle zu setzen wäre.
Zum Zwecke der örtlichen Behandlung müssen vorerst sämmt-liche Bissstellen aufgesucht werden, was bei Thieren mit starker Behaarung oft sehr schwierig ist. Häufig mag die Prophylaxis aus dem Grunde nicht das erwünschte Resultat herbeiführen, weil einzelne Verletzungen übersehen und nicht desinficirt werden. Die locale Behandlung soll möglichst bald nach erfolgtem Bisse eingeleitet werden. Dort, wo es thunlich ist, den verletzten Körpertheil gänzlich zu entfernen, wie bei Bissen in die Ohren oder in den Schweif, soll dies ungesäumt veranlasst werden. An anderen Körperstellen, wo dies, wie an den Extremitäten, möglich ist, empfiehlt es sich vorerst oberhalb der Wunde (zwischen dieser und dem Herzen) eine Binde fest anzulegen, hierauf, und in jedem anderen Falle sogleich, die Wunde nach abwärts gut auszudrücken und mit lauem Wasser, Carbolsäurelösung oder schwacher Kalilösung zu waschen, worauf sogleich eine eingreifende Zerstörung der Bisswunde einzuleiten ist. Eine solche kann durch zerfliessende, auch in die Umgebung der Bisswunde eindringende Aetzmittel, wie Aetzkali, Wiener Aetzpasta, Antimonbutter, Salzsäure, Salpeter- oder Schwefelsäure, weniger
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Wntbkrankheit. Therapie. Veterinärpolizei.
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gut durch das Glüheisen bewirkt werden. Das Searificiren der Biss-wuude kann eine Weiterimpfung des Wuthgiftes veranlassen und ist aus diesem Grunde unbedingt zu verwerfen. Von Manchen wird die Unterhaltung der Eiterung in der geätzten Wunde durch mehrere Wochen empfohlen; ein Verfahren, dessen Werth für den Fall problematisch erscheint, wenn die Aetzung der Wunde bald und energisch genug vorgenommen worden ist, welches aber der Beruhigung wegen immerhin durchgeführt werden mag.
Auch wenn der Biss schon einige Zeit vor der Einleitung einer Behandlung erfolgt ist, und selbst nach bereits erfolgter Vemarbung der AVunde, mithin während des latenten Stadiums der Krankheit könnte noch das Ausschneiden der Bisswunde oder der Narbe mit nachfolgender Aetzung vorgenommen werden.
Wenn auch die locale Behandlung der Bisswunde keinen absoluten Schutz gegen einen späteren Ausbruch der Wuthkrankheit gibt, so ist doch auf Grund von Daten, welche über gebissene Menschen gesammelt wurden, sichergestellt, dass die Lyssa bei Personen, deren Verletzungen entsprechend geätzt wurden, bedeutend seltener zum Ausbruch kommt, als bei jenen, bei welchen eine solche Behandlung gar nicht stattfand oder nicht sorgfältig genug durchgeführt wurde.
Nach der Angabe Bon ley's, basirt auf Daten des französischen Coraites für Hygiene, belief sich bei entsprechend canterisirten Personen das Erkrankungsprocent auf 31*34, bei nicht geätzten auf 84-84; während nach Brouardel das Krkranknngsprocent bei nicht genügend oder zu spät Geätzten jenem der nicht Geätzten gleichkommen soll.
Veterinärpolizeiliche Massregeln, a) Prophylaktische Massregeln. Da die, wie bekannt, auch auf den Menschen übertragbare Wuthkrankheit sich nur im Wege der contagiösen Infection und vor Allem durch den Biss wüthender Hunde verbreitet, so muss es als Aufgabe der Sanitätspolizei betrachtet werden, der Verbreitung dieser Krankheit unter den Hunden zu steuern und zu diesem Zwecke geeignete Massregeln vorzuschreiben, welche auch zu Zeiten, wo die Hundswuth entweder gar nicht oder wenigstens nicht seuchenartig herrscht, zur Durchführung zu kommen hätten.
Leider sind in dieser Hinsicht noch keine durchgreifenden und übereinstimmenden Anordnungen erflossen und es wird meistens erst dann gegen diese Krankheit angekämpft, wenn sie bereits eine grössere und besorgnisserregende Ausbreitung erlangt hat und ihr schon Menschen zum Opfer gefallen sind.
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Wuthkraukheit. Veterinärpolizei.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 289
Vor Allem wäre eine Verminderung der Hunde überhaupt, namentlich aber der Luxushunde anzustreben. Je geringer die Zahl der vorhandenen Hunde ist, desto geringer wird selbstverständlich die Zahl der Wuthfälle und die Gefahr, angesteckt zu werden, sein. Dieser Zweck wird am sichersten durch eine möglichst hohe Besteuerung aller Hunde, ohne Eücksicht auf Greschlecht und Gebrauch und mit aufsteigender Progression für die Besitzer mehrerer Hunde, die sich jedoch nicht auf einzelne Städte oder Orte beschränken dürfte, sondern auf sämmtliche Ortschaften des Landes erstrecken müsste, erreicht. Insolange die Hundesteuer nur als, eine Einnahmsquelle für einzelne Communen angesehen wird, kann sie einen sanitären Vortheil für das Allgemeine nicht leisten. Mit der Erhebung der Steuer müsste in jeder Gemeinde eine genaue Conscription der Hunde nach Race, Farbe, Geschlecht, Alter, Gebrauch vorgenommen und in halbjährigen Terminen einer Revision unterzogen werden. Für jeden versteuerten Hund wäre eine am Halsbande zu tragende, in jedem Jahre in veränderter Form anzufertigende Marke auszufolgen, auf welcher der Name der Gemeinde, die Nummer, unter welcher der Hund in dem Register verzeichnet, und das Jahr, für welches sie Giltigkeit hat, eingeprägt ist. Durch diese Marke wäre es möglich, die Provenienz eines als wüthend irgendwo erkannten Hundes zu erkennen und die erforderlichen Massregeln einzuleiten. Alle ohne oder mit einer nicht mehr giltigen Steuermarke frei herumlaufenden Hunde wären einzufangen und entweder sogleich oder doch längstens nach Ablauf von zwei Tagen, wenn sie während dieses Zeitraumes von ihrem Besitzer nicht zurückgefordert werden, zu tödten. Die Ausfolgung eines solchen eingefangenen Hundes dürfte nur bei vollkommener Gesundheit desselben und gegen Erlag eines möglichst hoch gegriffenen Strafbetrages stattfinden.
In Bayern sind periodische Hundevisitationen eingeführt, bei welchen der Thierarzt berechtigt ist, bissige, kränkelnde, mit einer unheilbaren Krankheit behaftete Hunde zur Tödtung zu bestimmen; eine Massregel, welche nicht unwesentlich zur Verringerung der Zahl der Hunde beitragen mag.
Der Hundefang wäre, namentlich in Städten, das ganze Jahr hindurch und in möglichst kurzen Zwischenräumen vorzunehmen.
Welchen Einfluss die Höhe der Hundesteuer auf die Zu- und Abnahme der Zahl der Hunde ausübt, geht aus Folgendem hervor. Im Grossherzogthume Baden existirten im Jahre 1832 bei einer Steuer von 3 fl. 26.000 Hunde; bei einer Herabsetzung derselben auf 1 0. 30 kr. stieg die Zahl der Hunde bis zum Jahre 1844 auf 45.000 und ging erst wieder auf 26.000 herab bei einer Steuer von 4 fl. lir.ll. Thierseitchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; jy
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(Haubner). Nachdem daselbst im Jahre 1876 die erhöhte Hundesteuer (16 Mark für einen Hund in Gemeinden mit über 4000 Einwohnern, 8 Mark in allen übrigen Gemeinden) zum erstenmale zur Durchführung gekommen war, verminderte sich die Zahl der im Jahre 1875 conscribirten 38.032 Hunde auf 32.629, und im Jahre 1877 auf 28.824. Die Verminderung der vorher bestandenen Zahl der Hunde betrug daher 240/o- („Thierärztliche Mittheilungenquot; XI.)
Der Erfolg der Hundesteuer trat auch in Bayern unverkennbar hervor und fand in der Verminderung der Zahl der Wuthfälle seinen Ausdruck. Während im Jahre 1875: 458 Wuthfälle bei Hunden vorkamen, verringerte sich die Zahl derselben im Jahre 1876 auf 241 Fälle und im Jahre 1877 auf 140 Fälle.
Um das Herumbeissen und Raufen der Hunde untereinander und Verletzungen der Menschen durch Bisse hintanzuhalten, wurde das beständige Tragen von Maulkörben empfohlen. So zweckmässig diese Massregel an und für sich und so wenig nachtheilig für die Gesundheit der Hunde sie auch ist, so führt sie doch schliesslich dahin, dass die Hunde-Eigenthümer, durch falsch verstandenes Mitleid für ihre Thiere verführt, nur Maulkörbe verwenden, welche dem Zwecke, Bisse zu verhindern, offenbar Hohn sprechen und die Anordnung thatsächlieh illusorisch machen. Belege hiefür konnten in Wien zur Zeit, als der permanente Maulkorbzwang bestand, tagtäglich geliefert werden. Es erscheint daher zweckmässiger, das obligatorische Tragen der Maulkörbe auf notorisch bissige Hunde-racen und Hunde-Individuen, sowie auf Zeiten zu beschränken, zu welchen Fälle von Wuth unter den Hunden in einer Ortschaft bereits vorgekommen sind. Ist jedoch der Maulkorbzwang als permanente oder temporäre Massregel irgendwo verhängt, so ist als nothwendige Consequenz das unnachsichtliche Einfangen aller nicht mit einem Maulkorb versehenen, im Freien betroffenen Hunde auszusprechen.
Unbedingt und für beständig wäre das Mitnehmen von Hunden in öffentliche Localitäten (Gast-, Kaffeehäuser u. dgl.), in Fuhrwerke, welche zu gemeinsamer Benützung bestimmt sind, wie Eisenbahnwaggons, Omnibuse u. s. w. zu verbieten.
Sehr zweckmässig erscheint es, den Hundebesitzeru zur Zeit der Hundeconseription und der Erlegung der Steuer eine gedruckte Belehrung über die wesentlichen Erscheinungen der beginnenden Wuth, sowie über die Verpflichtungen, welche ihnen bezüglich der Anzeige und der vorläufigen Verwahrung wuth verdächtiger Thiere obliegen, und über die auf Uebertretungen der gesetzlichen Anordnungen verhängten Strafen mitzutheilen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;*
Die zweite internationale Versammlung von Thierärzten zu Wien im Jahre 1865 hat in Betreff der Prophylaxis der Hnndswuth folgende Beschlüsse gefasst:
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Wuthkrankbeit. Veterinärpolizei.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 291
Es wäre in sämmtlichen Städten und Landgemeinden eines Landes eine Hundeconscription einzuführen, und zu diesem Behufe in allen Gemeinden des ganzen Landes in gleichlautenden Fonnularien ein Hunde-Kataster anzulegen.
Jeder Huud soll mittelst einer Marke kenntlich gemacht werden.
Es soll die Verminderung der Zahl der Hunde möglichst angestrebt werden, zu welchem Zwecke die Einführung einer möglichst hohen Hundesteuer für eines der vorzüglichsten Mittel erkannt wird. Diese Steuer soll für alle Hunde ohne Unterschied des Geschlechtes gleich sein; alle Hunde hätten ihr zu unterliegen, eine etwaige Ermässigung der Steuer oder Befreiung von derselben für Hunde, die zu gewissen Beschäftigungen benutzt werden, sollte möglichst beschränkt werden.
Es soll dafür gesorgt werden, dass das freie Herumtreiben der Hunde möglichst hintangehalten werde.
Unter gewöhnlichen Verhältnissen wäre von dem Tragen der Maulkörbe als Regel Umgang zu nehmen.
Damit diese Massregeln den beabsichtigten Zweck möglichst erreichen, wäre es nothwendig, dass selbe unter Mitwirkung sachkundiger Veterinäre durchgeführt, und dass jedem Hundehalter bei Gelegenheit der Conscription seines Hundes eine gedruckte gemeinfassliche Belehrung über die Gesunderhaltung der Hunde, sowie über die Kennzeichen der Wuth und über die zu ihrer Vorbauung und Tilgung nothwendigen veterinärpolizeilichen Massregeln übergeben werde.
Der von Bourrell gemachte Vorschlag, die Schneide- und Eckzähne der Hunde mittelst Zange und Feile abzustumpfen, um hiedurch blutige Verletzungen durch Bisse und die Einimpfung des Wuthgiftes unmöglich zu machen, stellt sich als allgemeine Massregel wohl als undurchführbar heraus.
h) Schutz- und Tilgungsmassregeln. Rücksichtlich dieser Massregeln stimmen die Anordnungen des österreichischen und des deutschen Thierseuchengesetzes der Wesenheit nach überein. Das österreichische Gesetz und die Durchführungsverordnung zu demselben setzen (in dem sect; 35) folgende Massregeln fest.
Anzeigepflicht. Jedermann ist verpflichtet, ein ihm gehöriges oder anvertrautes Thier, an welchem Kennzeichen der ausgebrochenen Wuth oder auch nur solche wahrzunehmen sind, welche den Wuthausbruch besorgen lassen, sofort durch Tödtung oder Absonderung unschädlich zu machen und zugleich einem approbirten Thierarzte oder der Ortsbehörde, in Orten aber, wo sich eine landesfimtliche Polizeibehörde befindet, dieser die Anzeige zu erstatten.
Sperre und Tödtung. Thiere mit Erscheinungen, welche ver-muthen lassen, dass die Wuth ausbrechen könne, sind für den Fall, als sie vollkommen sicher verwahrt werden können und der Eigen-thümer deren Tödtung nicht vorzieht, thierärztlich zu beobachten.
Im Falle, als Menschen oder Thiere von einem der Wuth verdächtigen Thiere gebissen worden oder mit ihm in eine derartige
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Wnthkraukheit. Veterinärpolizei.
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Berührung- gekommen sind, dass daraus eine Ansteckung erfolgen konnte, soll dieses verdächtige Thier, wenn nur immer möglich, eingefangen, in sicheren Gewahrsam gebracht und behufs Feststellung der Diagnose einer sachkundigen Beobachtung unterzogen werden. Sind solche verdächtige Thiere getödtet worden, oder während der Observationszeit gefallen, so sind sie jedenfalls einer sachverständigen Obducdon zu unterziehen.
Herumschweifende oder nicht vollkommen sicher verwahrbare wuthverdächtige Thiere sind zu tödten.
Ohne Ausnahme zu tödten sind alle Thiere, bei welchen die Wuth ausgebrochen ist, ebenso alle Hunde und Katzen, die mit wuthkranken Thieren in Berührung gekommen sind.
Andere von einem wüthenden Thiere gebissene Hausthiere sind, wenn der Eigenthümer nicht die sofortige Tödtung vorzieht, abzusondern, unter Aufsicht zu halten und sobald sich an ihnen Erscheinungen der Wuth zeigen, sogleich zu tödten.
Gebissene Rinder und Pferde müssen vier, Schafe, Ziegen und Schweine drei Monate nach dem Bisse der Absonderung und Beaufsichtigung unterzogen bleiben. Ein Wechsel des Standortes solcher Thiere während der Beobachtungsperiode ist verboten.
So lange die Thiere gesund sich zeigen, dürfen sie innerhalb der Ortsgemarkung verwendet werden; treten jedoch Veränderungen ein, welche den Verdacht der Wuthkrankheit begründen, so sind sie, wofern nicht der Eigenthümer deren Tödtung sogleich zu veranlassen findet, abzusondern und abzusperren, bei festgestellter Wuthkrankheit jedoch sofort zu tödten.
Die Vorschriften über das Pferdewesen des k. k. Heeres ordnen die sofortige Tödtung jener Pferde an, welche von wüthenden Thieren gebissen wurden.
Wenn die Ortsbehörde von dem Herumschweifen eines wüthenden oder wuthverdächtigen Thieres Kenntniss erlangt, hat sie sogleich die Tödtung oder das Einfangen desselben zu veranlassen und die benachbarten Ortsbehörden, sowie die politische Bezirks-, beziehungsweise Polizeibehörde, hievon zu verständigen. In diesem FaHe, sowie in Gegenden, in welchen die Wuthkrankheit verbreitet vorkommt, kann angeordnet werden, dass die Hunde an die Kette gelegt, oder mit einem sicheren Maulkorbe versehen, oder an der Leine geführt und dass bei Nichtbeachtung dieser Anordnungen herumlaufende Hunde getödtet werden.
Diese Massregeln können auf alle Ortschaften, in welchen der wuthkranke Hund herumgeschweift ist, und auf Ortschaften bis auf
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Wutlikrankbcit. Veteriuäipullzei.
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eine Entf'erIlUIlg• von 4 km erstreckt werden und haben während eines Zeitraumes von wenigstens drei Monaten fortzubestehen. Ausnahmen hievon können nur bezüglich der Hirten- und Jagdhunde, jedoch nur für die Zeit, während welcher und für die Localität, in welcher sie ihrer Bestimmung entsprechend verwendet werden, von der poHtisehen Bezirksbehörde zugestanden werden.
Zur Vertilgung von Hunden, Füchsen, Wölfen und dergleichen Thieren, unter welchen die Wuthkrankheit herrscht, können von der politischen Bezirksbehörde Jagden und Streifungen angeordnet werden.
Desinfection. Die Desinfection der Localitäten, in welchen wüthende Thiere untergebracht waren, ist auf das genaueste vorzunehmen. Die bei wüthenden Hunden und Katzen während der Dauer ihrer Krankheit in Gebrauch gewesenen hölzernen Gegenstände und das Lagerstroh sind zu verbrennen, eiserne Geräthe aber auszuglühen.
Die Cadaver wuthkranker und wuthverdächtiger Thiere dürfen nicht abgehäutet werden und sind mit Haut und Haaren unschädlich zu beseitigen; bis dahin sind sie durch Bedecken vor der Berührung durch andere Thiere zu schützen. Im Falle des Vergrabens müssen die Aeser mit kreuzweise durchschnittener Haut in tiefe Gruben gebracht und mit Aetzkalk, Asche, Theer oder Jauche beschüttet werden.
Die Oeffnung der Cadaver darf nur von approbirten Thier-ärzten oder in Ermanglung derselben von Aerzteu vorgenommen werden.
Sanitätspolizei. Das Schlachten wuthkranker Thiere, jeder Verbrauch oder Verkauf einzelner Theile derselben oder ihrer Pro-ducte ist verboten.
Das deutsche Viehseuchengesetz verordnet Folgendes; Der Tollvvuth verdächtige Hunde und sonstige Hausthiere müssen von dem Besitzer oder Demjenigen, unter dessen Aufsicht sie stehen, sofort getödtet oder bis zum polizeilichen Einschreiten sicher eingesperrt werden (sect; 34). Vor dem polizeilichen Einschreiten bei wuthkranken oder wuthverdächtigen Thieren dürfen keinerlei Heilversuche angestellt werden (sect; 35); das Schlachten wuthkranker und wuthverdächtiger Thiere und jeder Verkauf oder Verbrauch einzelner Theile, der Milch oder sonstiger Erzeugnisse ist verboten (sect; 36). Bei festgestellter Tollwuth an einem Hunde oder anderem Hausthiere ist die sofortige Tödtung des wuthkranken Thieres und aller jener Hunde und Katzen anzuordnen, rüeksichtlich welcher der Verdacht vorliegt, dass sie von dem wuthkranken Thiere gebissen sind. Andere Hausthiere, bezüglich welcher der gleiche Verdacht vorliegt, müssen sofort der polizeilichen Beobachtung unterworfen werden; zeigen sich an ihnen Spuren der Tollwuth, so ist deren sofortige Tödtung anzuordnen. Ausnahmsweise kann die
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LuDgenseuchc des Rindeä.
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mindestens dreimonatliche Absperrung eines der Tollwuth verdächtigen Hundes gestattet werden, sofern dieselbe nach dem Ermessen der Polizeibehörde mit genügender Sicherheit durchzuführen ist und der Besitzer des Hundes die daraus und aus der polizeilichen Ueberwachung erwachsenden Lasten trägt (sect; 37).
Ist ein wuthkranker oder wuthverdächtiger Hund frei herumgelaufen, so ist für die Dauer der Gefahr die Festlegung aller in dem gefährdeten Bezirke anwesenden Hunde polizeilich anzuordnen. Der Festlegung ist das Führen der mit einem sicheren Maulkorbe versehenen Hunde an der Leine gleich zu erachten. Werden dieser Vorschrift zuwider Hunde frei umherlaufend betroffen, so kann deren sofortige Tödtung polizeilich angeordnet werden (sect; 38).
Die Cadaver der gefallenen oder getödteten wuthkranken und der Wuth verdächtigen Thiere sind sofort unschädlich zu beseitigen. Das Abhäuten derselben ist verboten (sect; 39).
Das Schweizer Bundesgesetz vom Jahre 1872 verordnet die sogleiche Tödtung wuthkranker Thiere und solcher Hunde und Katzen, welche von einem wüthenden Thiere gebissen worden sind. Hunde und Katzen, welche mit einem wuthkranken Thiere in Berührung gekommen sind, ohne dass eine Verletzung durch letzteres nachgewiesen werden kann, sind entweder zu tödten oder während mindestens drei Monaten unter Aufsicht abgesperrt und in sicherer Verwahrung zu halten. Dasselbe gilt von grösseren Hausthieren, welche von einem wuthkranken Thiere gebissen wurden.
Die belgische königliche Entschliessung vom 1. December 1868 bestimmt, dass alle der Wuth verdächtigen, d. i. von einem wuthkranken Thiere gebissenen Thiere unverweilt getödtet werden. Die Entschädigung wird mit einem Drittel des Schätzungswerthes für Rinder, Schafe, Schweine und für zu landwirthschaft-lichem Zwecke verwendete Pferde, mit einem Fünftel für Pferde, die einem anderen Gebrauche bestimmt sind, geleistet.
Nach dem dänischen Gesetze vom Jahre 1857 ist jeder Hund, bei welchem die Wuth constatirt wurde, zu tödten; jedes von einem wüthenden Hunde gebissene Thier, dessen Biss die Wuth weiter verbreiten könnte, ist entweder zu tödten, oder in solcher Weise und insolange eingeschlossen zu halten, als es die Behörde nothwendig findet.
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Lungenseuche des Rindes. Pleuro-pneumonia boum contagiosa.
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Synon. Lungenfäule. Peripneumonie contagieuse, Pleüro-pheu-monie epizootique franz.] Pleuro-pneumonia epizootica, essudativa, Polmonera ital.\ Pleuro-pneumonia mgl., Longziekte holländ.
Mit dem Namen Lungenseuche bezeichnet man eine dem Rinde eigenthümliche contagiöse, speeifische Entzündung der Lungen, welche meist in grösserer Verbreitung auftritt und die Thiere in der Regel nur einmal während ihres Lebens befällt. Sie ist eine der schwersten und gefürchtetsten Krankheiten des quot;Rindviehes, welche in Ländern und Gegenden, in denen sie sich einmal eingebürgsrt hat, nicht geringere Niederlagen anrichtet als die Rinderpest.
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LungeuseucUe. Hiätui-itjulms.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;295
Wenn die Krankheit auch in älteren Zeiten schon bekannt gewesen sein mag, so hat sie doch erst im achtzehnten, noch mehr aber im laufenden Jahrhunderte, in welchem sie eine immer zunehmende Verbreitung erlangte, die Aufmerksamkeit der Landwirthe, Thierärzte und Regierungen auf sich gezogen, um Mittel und Wege zu finden, ihren Verheerungen Schranken zu setzen.
In der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts stellte sich die Seuche wiederholt in der Schweiz ein, später drang sie nach Württemberg, Baden und in den Elsass. Im Jahre 1765 trat sie in der Champagne und gleichzeitig in der Schweiz und in Tirol, in den Siebsnziger- und Achtziger-Jahren in der Umgebung von Paris und im nöi-dlichen Deutschland auf; sie erlangte vom Jahre 1790 an im Gefolge der Kriege eine Verbreitung über einen Theil von Frankreich, Italien, der Schweiz und Deutschland und herrschte daselbst in wechselnder Ausdehnung bis in das erste Decennium des neunzehnten Jahrhunderts. In den Jahren 1816 bis 1818 stellte sie sich mit ungewohnter Heftigkeit in Süddeutschland, 1820 bis 1822 in der Schweiz, Piemont und im südlichen Frankreich ein; im letzteren Jahre erschien sie auch im nördlichen Frankreich und in Flandern und erhielt sich dort bis gegen das Jahr 1830, um welche Zeit sie sich über ganz Belgien und Holland ausbreitete und daselbst nahezu stationär wurde. Im Jahre 1840 verheerte sie den Eindviehstand der Schweiz, des südlichen Deutschlands und des westlichen Theiles von Frankreich. Durch holländisches Vieh wurde die Seuche im Jahre 1841 nach England gebracht, wo sie bis dahin unbekannt, oder wenn früher überhaupt vorgekommen, doch dem Gedächtnisse entschwunden war; sie wurde daher hier auch als „die neue Krankheitquot; (the new disease) bezeichnet und hat sich seither daselbst förmlich eingebürgert. Von England wurde sie im Jahre 1847 nach Schweden eingeschleppt und gelangte von da 1848 nach Dänemark.
Von Europa aus wurde die Lungenseuche in die Vereinigten Staaten Nordamerikas (1843, 1847, 1859), nach Südamerika, in die Capcolonie (1854, wo die Krankheit innerhalb eines Jahres 100.000 Rinder hinwegraffte), und selbst nach Australien (1858 in die Colonie Victoria und von da aus durch Zugochsen in die Colonien Südaustralien, Neu-Südwales und Queensland) eingeschleppt. In Australien gewann die Seuche vom Jahre 1860 an eine solche Verbreitung, dass bis 1872 die durch sie veranlassten Verluste auf 1,404.000 Stück Rindvieh berechnet wurden, was, das Stück nur zu 60 Gulden angeschlagen, einen Verlust von S1^ Millionen Gulden bedeutet.
Gegenwärtig, wo in vielen Ländern zur Bekämpfung der Lungenseuohe nahezu ähnliche Massregeln wie gegen die Rinderpest zur Durchführung kommen, sind ihre Verheerungen beiweitem geringer als in früheren Jahren geworden, und es ist sogar, freilich mit sehr grossem Kostenaufwande, gelungen, sie in Ländern, welche früher als die eigentlichen Seuchenherde gegolten haben, wie in der Schweiz und in Holland, nahezu völlig auszurotten. Auch in Grossbritannien, wo im Jahre 1874 noch 7740 an der Lungenseuche erkrankte Rinder ausgewiesen wurden, hat sich in Folge strenger Tilgungsmassregeln die Zahl der Erkrankungen, ausser einer geringen Steigerung im Jahre 1877, stetig vermindert und belief sich im Jahre 1878 auf 4593.
Wie aus der kurzen Schilderung der Seucheninvasionen zu entnehmen ist, trat die Lungenseuche vorzugsweise in den westeuropäischen Ländern auf und verbreitete sich von da aus erst nach dem Osten. Es wird daher begreiflich, dass die östlichen Länder Europas, insoweit sie westeuropäisches Rindvieh nicht bezogen, von der Seuche frei blieben.
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[mngenseiiclie, Aetiulogie.
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So ist die Krankheit in Russlaud, vielleicht mit Ausnahme der Seehäfen, in Polen sowie in Ungarn wenig bekannt; dasselbe war früher in Galizien der Fall, Seitdem jedoch nach Westgalizien holländisches und deutsches Vieh zur Verbesserung der Landracen eingeführt wurde, trat auch dort die Lungenseuche auf und erlangte durch den Verkauf angesteckten und kranken Viehes auf Märkten eine grössere Verbreitung. Von den Ländern der österreichisch-ungarischen Monarchie sind Böhmen, Mähren und Schlesien diejenigen, in welchen die Krankheit am häufigsten vorkommt; m Preussen erscheinen die Provinzen Sachsen, Brandenburg, Posen und Hessen-Nassau am stärksten befallen; jedoch sind daselbst durch strenge Massregeln der Verbreitung der Seuche bereits enge Grenzen gesetzt worden.
Aetiologie. Ueber die Ursachen, welche der Entstehung der Lungenseuche zu Grunde liegen sollen, herrschten bis vor Kurzem noch die verschiedensten Ansichten.
Zahlreiche Beobachter sprachen sich nämlich für die Möglichkeit einer Selbstentwicklung der Krankheit aus, und beschuldigten bald die geologische Beschaffenheit des Bodens, die Höhe seiner Lage über der Meeresfläche, bald die klimatischen Verhältnisse einer Gegend, bald den Einfluss der verschiedenen Jahreszeiten als bedingende Momente der Krankheit. Alle diese Annahmen erweisen sich jedoch als nicht stichhältig, da das Auftreten der Lungenseuche ganz unabhängig von diesen Voraussetzungen und unter geradezu einander entgegengesetzten Verhältnissen beobachtet wird.
Ebensowenig bewährte sich die Ansicht, dass ein plötzlicher Wechsel der Temperatur, der namentlich auf Thiere, die in warmen, dunstigen Stallungen eingestellt sind, besonders nachtheilig wirke, die Lungenseuche hervorrufen könne, da unter solchen Verhältnissen wohl das Auftreten sogenannter Erkältungskrankheiten verschiedener Art, nicht aber jenes der Lungenseuehe constatirt wurde.
Von anderer Seite wurde bald eine zu reichliche Fütterung der Thiere, bald die Verabreichung verdorbenen, verschlemmten Futters, bald ein rascher Uebergang von trockener zu grüner Fütterung beschuldigt; jedoch, wie directe Versuche nachgewiesen haben, gleichfalls mit Unrecht.
Da die Lungenseuche sehr häufig in Maststallungen auftritt, so lag es nahe, die Ursache derselben in dem Vorgange der Mästung, in der Fütterung der Thiere mit den Abfällen der land wir th schaftlichen Industrie, der Brennereien und Zuckerfabriken zu suchen. Versuche aber, die mit der Verfütterung solcher Substanzen vorgenommen wurden, haben gezeigt, dass hieraus, sowie in Folge der höheren Temperatur der Mastställe, der Verunreinigung des Stallbodens u. s. w. wohl Erkrankungen der Thiere verschiedener Art, jedoch nie die Litngenseuche entstehe.
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IjiingenrieiK'he. Aetiologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 297
Es hat sich dagegen herausgestellt, dass das häufige Vorkommen der Krankheit in solchen Mastanstalten vielmehr dem durch die Art des Betriebes bedingten häufigen Wechsel des Viehes und dem Bezüge desselben aus verschiedenen, bezüglich ihrer Seuchenireiheit gar nicht controlirten Gegenden zugeschrieben werden müsse. Die lange Incubationsperiode der Krankheit und die Schwierigkeit für Laien, sie in ihrem ersten Beginne zu erkennen, trugen wesentlich dazu bei, die Annahme einer Selbstentwicklung der Krankheit bei neu eingebrachten Thieren aufrecht zu erhalten; wobei aussei* Acht gelassen wurde, dass diese zur Zeit ihrer Auf-stallung bereits angesteckt oder sogar schon krank gewesen sein konnten.
Eine Selbstentwieklung der Krankheit konnte niemals bestimmt nachgewiesen werden; ebensowenig gelang es, die Lungenseuche dadurch zur Entstehung zu bringen, dass Rinder solchen Verhältnissen selbst durch längere Zeit ausgesetzt wurden, welche als veranlassende Ursachen der Krankheit beschuldigt wurden. In dieser Hinsicht sind namentlich die während zehn Jahren fortgesetzten Versuche der landwirthschaftlichen Akademie Möglin, durch Fütte-rung von Substanzen, welche diese Krankheit angeblich veranlassen sollen, sehr belehrend; Versuche, welche sämmtlich ein negatives Resultat ergaben.
Die Thatsache, dass die Seuche in Gegenden und selbst in entfernte Welttheile, die bisher von ihr verschont waren, durch eingeführtes fremdländisches Vieh eingeschleppt und daselbst stationär wurde, dass der Gang der Seuche überall verfolgt, sowie, dass sie durch ein entsprechendos energisches veterinärpolizeiliches Verfahren daselbst wieder vollständig getilgt werden kann, ohne dass in den Verhältnissen der Haltung der Thiere irgend eine Aenderung eintritt, spricht entschieden für die rein contagiöse Natur der Krankheit.
Selbst jene Beobachter, welche gegenwärtig noch einer selbstständigen Entwicklung der Lungenseuche das Wort reden, geben gleichwohl zu, dass die Ansteckung die häufigste Ursache der Entstehung und die alleinige einer weiteren Verbreitung der Krankheit sei, und dass zu deren Bekämpfung solche veterinärpolizeiliche Massregeln jedenfalls zur Durchführung kommen müssen, wie sie gegen rein contagiöse Krankheiten angezeigt sind..
Der Infectionsstoff scheint der Kategorie derjenigen anzugehören, welche sich nur in dem kranken Organismus (entogen) reproduciren; eine ektogene Herstammung ist den gegenwärtigen Erfahrungen nach mindestens sehr zweifelhaft.
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Die Fälligkeit anzustecken, kommt den kranken Thieren schon im Beginne der Krankheit, wo deren Erkenntniss häufig noch sehr schwierig ist, zu; sie dauert während des ganzen Krankheitsverlaufes und selbst noch mehrere (acht bis zehn) Wochen nach der Durchseuchung an; sie ist jedoch am intensivsten auf der Höhe der Krankheit. Anscheinend reconvalescirte Thiere, bei welchen jedoch häufig genug chronische Veränderungen, namentlich nekrotische Herde in den Lungen zurückgeblieben sind, vermögen noch durch eine lange Zeit hindurch zu inficiren.
Die in den kranken Thieren reproducirten Infectionserreger (das Contagium) können durch die Luft auf eine, wenn auch nicht bedeutende Entfernung verbreitet werden; am leichtesten erfolgt auf diesem Wege (durch sogenanntes flüchtiges Contagium) die Infection in der unmittelbaren Nähe lungenseuchekranker Rinder. Die Infectionserreger haften ausserdem an den Exsudaten und zelligen Neubildungen der erkrankten Lunge, an dem Blute, dem Fleische, den Se- und Excreten, besonders der Respirationsschleimhaut, der kranken Thiere.
Das Contagium kann überdiess durch verschiedene, namentlich poröse Gegenstände, wie durch Kleider von Personen, welche mit kranken Thieren beschäftigt, durch Decken, welche bei diesen in Verwendung waren, durch Stallgeräthe verschiedener Art, durch Thiere, welche in Krankenställen untergebracht waren, durch Stroh, Heu u. dgl., welches in oder über Seuchenställen gelagert war und verschiedene andere Zwischenträger verschleppt werden.
Die Tenacität des Lungenseuchecontagiums ist eine bedeutende, unter günstigen Verhältnissen kann es sich, wie Beobachtungen nachgewiesen haben, selbst durch mehrere Monate hindurch wirksam erhalten. Lydtin („Thierärztliche Mittheilungenquot; XI) führt einen Fall der Einschleppung des Infectionsstoffes durch erkaltetes Fleisch und Lungentheile eines lungenseuchekrank gewesenen Rindes an, welches drei bis vier Tage vorher geschlachtet worden war; 25 Tage nach der Einbringung dieser Theile in den Stall erkrankte eine Kuh, deren Schlachtung die Diagnose der Lungenseuche bestätigte; einige Tage später erkrankte eine zweite und bald darauf eine dritte Kuh. Becker bemerkt, dass die Emanationen einer Aasgrube, in welche die Cadaver lungenseuchekranker Rinder drei Monate vorher vergraben worden waren, eine Ansteckung bei Rindvieh veranlassten. Wiederholt wurde constatirt, dass Vieh, welches in nicht gereinigte Stallungen, in welchen vor Monaten lungenseuchekranke Rinder sich befunden hatten, eingestellt
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Ijungenscuebe. Aetiologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;299
wurde, von der Seuche befallen wurde. Fälle, dass durcli Heu und Stroh, welches durch die Ausdünstung oder durch Secrete lungen-seuehekranker Rinder verunreinigt war, sowie durch Dünger die Krankheit selbst nach Monaten noch hervorgerufen wurde, sind vielfach verzeichnet.
Am gewöhnlichsten erfolgt die Ein- und Verschleppung der Krankheit durch inäcirtes oder krankes Vieh, welches mit ansteckungsfähigen Rindern in Stallungen, auf Weiden, Strassen, während des Eisenbahntransportes u. s. w. zusammenkommt; seltener wird die Ansteckung durch die Vermittlung von Personen herbeigeführt.
Die specifischen Krankheitserreger der Lungenseuche sind bis nun mit voller Bestimmtheit nicht nachgewiesen worden. Mit grösster Wahrscheinlichkeit können als solche jene kleinsten zelligen Organismen angenommen werden, welche sich in dem Exsudate der kranken Lungen und in anderen Organen und Flüssigkeiten der kranken Thiere vorfinden.
Willems machte schon im Jahre 1851 auf das Vorkommen eigenthümlicher beweglicher kleinster Körperchen in dem Exsudate der Lungen lungenseuchekranker Rinder und in den durch die Impfung der Lungenseuche hervorgerufenen Geschwülsten aufmerksam. Nach Willems' neuen Untersuchungen („Nouvelles recher-ches sur la pleuropneumonie exsudative de l'espece bovine etc.quot;, Bruxelles 1880) kommen diese Körperchen nahezu in allen Geweben und Flüssigkeiten des kranken Thierkörpers vor, wie in den Lungen, der Pleuraflüssigkeit, in den pathologischen Producten des Darmes, der Leber u. s. w., ferner in geringerer Anzahl in dem Blute und den Muskeln, in den letzteren aber doch in hinlänglicher Menge, um das von einem lungenseuchekranken Thiere kommende Fleisch als solches zu erkennen. Willems hat Culturen dieser Körperchen, die er für die Krankheitserreger der Lungenseuche hält, deren genaue Beschreibung er jedoch nicht liefert, veranlasst.
Bruylants und Verriest in Löwen haben (nach einer am 31. Juli 1880 der belgischen Akademie der Medicin erstatteten Mittheilung) diesen Mikrococcus in Abkochungen von Rindfleisch, von Lunge, und in aufgelöstem Fleischextracte bis zur achten Generation eultivirt und mit den Culturen eine grosse Anzahl von Rindern mit demselben Erfolge geimpft, wie mit dem aus der Lunge seuchekranker Rinder durch Einschnitte erhaltenen Serum.
Auch Weiss in Stuttgart fand schon vor Jahren in dein Exsudate der Lungen lungenseuchekranker Rinder paternosterförmig aneinandergereihte Zellen, und Zürn und Hallier ebendaselbst zahlreiche Mikrococcen und Micothrixketten, aus welchen Letzterer als Endform Mucor mucedo gezogen zu haben angibt. Sussdorf konnte in den erweiterten Blut- tind Lymphgefässen und in den Thromben der kranken Lungen bewegungslose Bacterien nachweisen.
Von den der Infectionsgefahr ausgesetzten Rindern erweist sich eine gewisse Anzahl zu einer gegebenen Zeit für die Ansteckung unempfänglich. Nach dem Berichte einer französischen Commission
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Lungenseuehe. Aetiologilaquo;?.
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mirden von 20 der Ansteckung ausgesetzten Rindern zehn evident lungenseucliokrank, sechs zeigten einen massigen Grad von Unwohlsein, die übrigen vier widerstanden der Ansteckung; das Erkrankungsprocent belief sich daher in diesem Falle auf 80. Unter gewöhnlichen Verhältnissen kann im Durchschnitt angenommen werden, dass bei dem Zusammenstehen gesunder mit lungenseuchekranken Rindern ungefähr 200/0 der ersteren sich für die Infection unempfänglich erweisen. Es gibt jedoch auch Fälle, wo die Zahl der widerstandsfähigen Thiere eine bedeutendere Höhe, selbst bis zu 50% erreicht, wobei jedoch zu bemerken ist, dass leichtere Erkrankungsfalle von Laien nicht selten übersehen werden.
Alter, Geschlecht, Race der Rinder bedingt keinen wesentlichen Unterschied rücksichtlich der Empfänglichkeit für das Lungen-seuchecontagium.
Die einmal überstandene Krankheit schützt in der Regel die Rinder für deren verhältnissmässig kurze Lebensdauer vor einer wiederholten Infection.
Das Incubationsstadium ist von sehr verschiedener Dauer; es beträgt durchschnittlich vier bis sechs Wochen, kann sich jedoch auch bis zu drei Monaten und selbst darüber erstrecken; seltener beläuft es sich nur auf acht bis vierzehn Tage. Die auffallend lange Dauer des Incnbationsstadmms mag wohl in vielen Fällen nur eine scheinbare sein, da die Krankheit in ihrem Anfange und bei ihrem schleichenden Verlaufe nur schwer erkennbar ist und manche Thiere dem Laien zu einer Zeit noch gesund erscheinen, wo der Process in den Lungen bereits zugegen ist.
Ob die Lungenseuche aussei- beim Rinde auch bei anderen Wiederkäuern vorkomme, ist nicht entschieden. So wie früher Spinola, führt auch Koppitz („Oesterreiehische Vierteljahresschrift für Veterinärkundequot;, 33. Bd.) Fälle von der Uebertragbarkeit der Lungenseuche auf Ziegen an; ebenso beobachtete Duguyot in Algier eine der Lungenseuche ähnliche Krankheit der Ziegen.
Nach den Veröffentlichungen des k. deutschen Gesundheitsamtes (1878) sind in dem zoologischen Garten in Brüssel im Jahre 1877 zwei Yaks, drei Bisons und ein Büffel unter pneumonischen Erscheinungen erkrankt; die fünf ersteren Thiere sind gefallen, das letztere wurde getödtet. Die Section wies bei allen die charakteristischen Erscheinungen der Lungenseuche nach.
Die Angaben von einer Uebertragbarkeft der Lungenseuohe auf Pferde (Am-Pach) und auf Schweine (Delwart) dürften wohl auf einem diagnostischen Irrthume beruhen.
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Lungenseuche. Afitiologie. Pathologische Anatomie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 301
Willems behauptet, dass die Lungenseuehe weder durct natüi-liche Ansteckung, noch durch Impfung auf andere Thiere übergehe, und beruft sich auf die negativen Resultate seiner an Schweinen, Schafen, Ziegen, Pferden und Kaninchen vorgenommenen Versuche. Auf den Menschen ist die Lungenseuche nicht übertragbar.
Wird die Lungenseuche in einen Viehbestand eingeschleppt, so ergreift sie im Anfange gewöhnlich einzelne Stücke, worauf nach Ablauf mehrerer Wochen die Erkrankung einiger anderer, und schliesslieh in immer kürzeren Zwischenräumen und in steigender Progression jene zahlreicher weiterer Thiere erfolgt. In Folge der meistens langen Incubationsperiode kann sich die Dauer der Luugen-seuche in einem grösseren Viehbestande über viele Monate hinaus erstrecken, ja die Seuche kann in Wirthschaften, in welchen fortan ein Wechsel und Zukauf von Vieh stattfindet, selbst stationär werden.
Die Verbreitung der Lungenseuche im Grossenfolgt denRich-tungen des Verkehrs mit Rindvieh; sie hat in Folge des leichteren und schnelleren Transportes und des lebhafteren Handels mit Vieh gegenwärtig auch nach Ländern hin stattgefunden, wo sie früher ganz unbekannt war. Die hiedurch veranlasste Vermehrung der Seuchenherde hat zweifellos zur Vergrösserung der Seuchengebiete wesentlich beigetragen.
Nicht selten herrscht die Lungenseuche in einer Gegend durch mehrere Jahre hindurch in grosser Verbreitung, während dann durch einige Zeit wieder ein Nachlass in der Verbreitung wahrnehmbar wird. Der grössere oder geringere Verkehr mit Vieh, die zu- oder abnehmende Zahl der dort vorhandenen infectionsfähigen Thiere und, vielleicht zu einem nicht geringen Theile, der Grad der Energie, mit welcher die veterinärpolizeilichen Massregeln zur Durchführung kommen, mag hiezu wohl das Wesentlichste beitragen.
Pathologische Anatomie, Der Sitz des Processes ist die Lunge, das interlobuläre Bindegewebe derselben und secundär auch die Pleura. Wie bekannt, ist das interlobuläre Bindegewebe in der Rindslunge sehr stark entwickelt und umgibt in lockeren, breiten Streifen die einzelnen Lungenläppchen, die an und für sich ziemlich gross sind.
Bei Rindern, welche im Beginne der Krankheit getödtct worden sind, erscheint an umschriebenen Stellen, meistens in der Mitte einer und dann gewöhnlich der linken, seltener beider Lungen, das interlobuläre Bindegewebe der Lungen hyperämisch, serös infiltrirt, hie und da von capillären Extravasaten durchzogen und hiedurch auf einige Millimeter verbreitert. Die von diesen Säumen
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#9632;
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302nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ijungenseuche. Pathologische Anatomie.
umg-ebenen Lungenläppchen sind geröthet und von einer lymplia-tischen oder serösen Flüssigkeit iniiltrirt, in welcher, bei sehr namhafter Vergrösseruug, kleinste, das Licht stark brechende zellige Gebilde (die vermutheten specifischen Infectionserreger) angetroffen werden. Bei oberflächlicher Lagerung der erkrankten Lungenpartien erscheint schon zu dieser Zeit der entsprechende Abschnitt der Lungenpleura getrübt und mit faserstoffigen Gerinnseln beschlagen oder mit einer fibrinöscn Membran überzogen.
In einem vorgerückteren Stadium der Krankheit stellt sich das interlobuläre Bindegewebe grösserer Lungenabschnitte durch neugebildetes Bindegewebe verdichtet, von fas er stoff hältigem Exsudate infiltrirt dar, es ist nicht selten zu 6 bis 8 mm breiten Streifen verbreitert, welche die erkrankten hyperämischen, theilweise compri-mirton, theilweise wie bei der croupösen Pneumonie hepatisirten Lungenläppchen umschliessen. Eine derart erkrankte Lunge erreicht bisweilen ein Gewicht bis zu 25 kg und darüber; sie fühlt sich fest und derb an, knistert an den erkrankten Stellen nicht und zeigt aaf einem Durchschnitte ein eigenthümliches marmorirtes Ansehen, indem die dunkelgerötheten, theils hepatisirten, theils comprimirten Lungenläppchen und Lappen von schmäleren und breiteren gelblich-oder weissgrauen Säumen des hypertrophirten und infiltrirten inter-lobulären Bindegewebes umgeben sind. Nicht selten werden in einem derart veränderten Lungenstücke doch einzelne Läppchen oder Gruppen von Läppchen unverändert angetroffen. In der Mehrzahl der Fälle bleiben die angegebenen Veränderungen nur auf eine Lunge beschränkt.
Die längs der Bronchien der kranken Lunge verlaufenden Lymphgefässe sind mit Lymphe überfüllt, stellenweise thrombosirt und für das freie Auge leicht sichtbar; die Bronchialdrüsen geschwellt und injicirt.
In den grosseren Bronchien ist gewöhnlich schaumiges Serum angesammelt, stellenweise sind die feineren Bronchien der erkrankten Lungenabschnitte mit einem fibrinösen, grosse Mengen weisser Blutkörper einschliessenden Beschläge belegt und deren feinste Verzweigungen mit derlei Gerinnseln vollkommen ausgefüllt, die in dem erkrankten Lungenstücke verlaufenden Bronchialgefässe hie und da thrombosirt.
Bei einigermassen ausgebreitetem Processe wird in der Brusthöhle der betreffenden Seite eine verschieden' grosse, meistens beträchtliche Menge bald klarer, bald trüber Exsudatflüssigkeit angetroffen, in welcher fadige und klumpenartige Gerinnsel von Faser-
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stoff liegen; der seröse Ueberzug der erkrankten Lunge ist gewöhnlich von membranösen oder warzigen Bindegewebamp;wucherungen bedeckt und mit faserstoffigen, hautartigen Gerinnseln von namhafter Dicke beschlagen.
Im weiteren Verlaufe sehreiten die Veränderungen in dem inter-lobulären Bindegewebe fort; es wird trockener, verdichtet sich zu einer fibrösen, derben, unter dem Messer knirschenden Masse und bringt in Folge des zunehmenden Druckes die erkrankten Lungenläppchen zum Schwunde; stellenweise kann in diesen Neubildungen fettiger und käsiger Zerfall und sehliesslich Verkalkung eintreten. In nicht seltenen Fällen stellt sich um einzelne derart veränderte Lungenpartien Entzündung und Eiterung ein, in Folge welcher grössere oder kleinere Lungenstücke aus ihrer Verbindung ganz oder tLeil-weise gelöst, und sehliesslich von Eiter umspült in einer, von festen, aus neugebildetem Bindegewebe gebildeten Wandungen umschlossenen Höhle eingekapselt (sequestrirt) angetroffen werden. In manchen Fällen erweichen solche sequestrirte Lungenstücke in Folge der Einwirkung des Eiters von der Peripherie aus allmälig gegen das Centrum und werden sehliesslich zu einem gelblichgrauen Brei umgewandelt, so dass solche Räume dann Aehnlichkeit mit einem abgesackten Abscesse zeigen. Bisweilen erfolgt der Durchbruch solcher Herde in einen Bronchus, in welchem Falle dann, in Folge des Luftzutrittes, faulige Zersetzung in der abgekapselten Masse und bisweilen Gangrän der Umgebung eintritt.
Selten tritt in den hepatisirten Läppchen selbst Eiterung ein; in diesem Falle können durch das Zusammenfliessen der einzelnen Eiterpünktchen kleine, allmälig grosser werdende Eiterhöhlen entstehen, so dass sehliesslich verschieden grosse, durch das fibrös verdickte interlobuläre Bindegewebe von einander geschiedene, mit flüssigem oder eingedicktem Eiter erfüllte Abscesse angetroffen werden. Manchmal kommt es, in Folge der Compression und Ver-schliessung der Bronchialarterien der entzündeten Lungenpartien, durch den Druck des schwartig degenerirten interlobulären Bindegewebes oder in Folge von Thrombenbildung in diesen Gefässen zur Nekrose umschriebener infiltrirter Lungenstücke, welche dann, von der Umgebung losgelöst, in dem Lungenparenchyme steckend angetroffen werden. Bei sehr reichlicher Bindegewebswucherung in dem interlobulären Gewebe kann es auch zur Obsoleseenz und fibrösen Entartung ganzer Lungenabschnitte kommen.
Bisweilen finden sich derbe, faserstoffige Auflagerungen auf der äusseren Oberfläche des Herzbeutels, sowie auch Verklebungen
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304nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lungenseticho. Patbologisclie Anatomie. Krankheitserscheinungen.
und Anheftungen des letzteren an die Lunge oder an die Brust-wandung.
Das Blut erscheint im Beginne der Krankheit unverändert und gerinnt leicht; hei vorgerückter Krankheit ist es dunkel, flüssig und scheidet keine oder nur geringe Gerinnsel aus.
Häufig finden sich mehr oder weniger derbe, serös-faserstoffige Infiltrate in dem Unterhautbindegewebe verschiedener Körper-theile, besonders an der Unterbrust und am Triel.
Der in dem Darmcanale lungenseuchekranker Rinder bisweilen anzutreffende Katarrh, sowie eine Areolirung der Peyer'schen Plexus (Spengler) hat nichts Charakteristisches für diese Krankheit. Ebensowenig constant ist der Befund der übrigen Organe.
Zündel bemerkt, dass in manchen Fällen das Bindegewebe der Leber, besonders in der Umgebung der Gefässe und namentlich der Pfortader hypertrophirt, von einem faserstoffigen Exsudate infiltrirt und in Folge dessen stellenweise Atrophie der Leberläppchen angetroffen werde; ein Befund, welcher Aehnlichkeit mit der Lebercirrhose zeige und den er für eine Localisation des Px'ocesses der Lungenseuche in der Leber hält. Aehnliches wird auch von Bouley und Willems angeführt.
Eine vollständige Herstellung des normalen Zustandes der Lunge scheint nur insolange möglich zu sein, als es nicht zu tiefgreifenderen Veränderungen in dem interstitiellen Bindegewebe und im Lungenparenchyme gekommen ist; also in leichteren Fällen und im Beginne der Erkrankung. Im entgegengesetzten Falle werden, wenn nicht ein tödtlicher Ausgang eintritt, in Folge der Obsolescenz oder der Zerstörung einzelner Lungenabschnitte, der schwartigen Einkapselung eines Lungenstückes, der Anheftung oder Verwachsung der Lunge mit der Brustwandung, mehr oder weniger bedeutende Störungen der Respiration und der Ernährung nach Ablauf des Processes und nach scheinbar eingetretener Reconvalescenz zurückbleiben müssen.
Krankheitserscheinungen. Von dem Augenblicke der erfolgten Ansteckung bis zum Auftreten deutlicher Krankheitserscheinungen verfliesst ein verschieden langer Zeitraum, der sich, wie bereits angeführt, über viele Wochen hinaus erstrecken kann. Bei dem schleichenden Verlaufe der Krankheit in ihren Anfängen und bei der Geringfügigkeit der zuerst auftretenden Krankheits-erscheinungen mag es jedoch oft genug geschehen, dass bereits kranke Thiere, namentlich von Laien, als noch gesund angesehen werden, dass daher das Datum des Krankheitsanfanges auf einen
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späteren Zeitpunkt verlegt wird, als dies thatsäclilicli der Fall ist, und dass mithin die Dauer des Incubationsstadiums ungebührlich lange angesetzt wird. Die Feststellung der Diagnose wird im Beginne der Krankheit und in den ersten Fällen ihres Auftretens in einer Localität besonders dann auf Schwierigkeiten stossen, wenn eine vorausgegangene Einschleppung des Contagiums nicht nachzuweisen ist.
Man hat in dem Verlaufe der LungenseucLe gewöhnlich ein fieberloses und ein fieberhaftes Stadium angenommen. Eine solche Unterscheidung ist jedoch nicht gut mehr aufrecht zu erhalten, da genaue Untersuchungen festgestellt haben, dass Steigerungen der Temperatur bei Rindern, welche einer Infection ausgesetzt waren, schon zu einer Zeit nachweisbar sind, wo anderweitige Krankbeits-erscheinungen bei ihnen noch vollständig fehlen.
Nach Lydtin (Versammhing deutscher Naturforscher und Aerzte 1879) ergab die Schlachtung von Rindern, welche mit lungenseuchekranken in demselben Stalle gestanden waren und eine Temperatur von 39deg; bis 40deg; C. zeigten, aber noch keine Abnormitäten der Lunge nachweisen Hessen, dass diese Thiere bereits von der Lungenseuche ergriffen waren; dass dagegen solche Rinder mit einer Temperatur unter 39deg; C. sich frei von ihr erwiesen. Ebenso geben Brown und Fleming an, dass jedes Stück Rindvieh, das sich in einem von Lungenseuohe inficirten Stalle befindet und 39•5(, C. zeigt, als lungenseuchekrank angesehen werden müsse.
Auch Dele („Annales de med. veter.quot;, 1879) spricht sich dahin aus, dass ein Rind, das mit lungenseuchekranken Thieren gemeinsam gehalten oder auch nur kurze Zeit mit solchen in nähere Berührung gekommen war, als in hohem Grade seucheverdächtig dann angesehen werden müsse, sobald dasselbe eine Körpertemperatur von 40deg; C. nachweist, selbst wenn es noch gute Fresslust und keine Milchabnahme zeigt und noch keine Veränderungen in den Lungen nachweisen lässt.
Die im ersten Beginne der Krankheit vorhandenen Erscheinungen, wie: langsameres Fressen, selteneres Wiederkauen, massige Steigerung der Trinklust, leichter eintretende Ermüdung, zeitweiliges Frösteln, sind selbstverständlich nicht bezeichnend für Lungenseuclie und deuten nur ein Unwohlsein der betreffenden Thiere überhaupt an. Bedenklicher wird dagegen ein kurzer, trockener, abgebrochener, schmerzhafter, den Thieren Anstrengung verursachender Husten, der im Anfange selten, und gewöhnlich nur Morgens beim Trinken, beim Aufstehen von der Streu, während der Bewegung sich einstellt, im weiteren Verlaufe aber immer häufiger wird und unter Vorstrecken des Halses und Kopfes und Aufkrümmen des Rückens erfolgt; meistens ist zugleich eine grössere Empfindlichkeit der Zwischenrippenräume gegen einen angebrachten Druck zugegen.
Hüll. Thierseucben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;20
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306nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lungenseuche. Krankheitseracheinvmgcn.
Eine zu dieser Zeit vorgenommene Untersucliung der Brust ergibt meistens noch keinen bestimmten Befund, gewöhnlich wird nur stellenweise verschärftes Respirationsgeräusch und Rasseln vernehmbar. Im weiteren Verlaufe wird das Athmen beschleunigt und auffallend durch stärkere Bewegung der Flanken und Aufsperren der Nasenflügel, der Husten häufiger und schmerzhafter; die Fresslust und die Milchabsonderung lassen nach, das Wiederkauen ei^folgt seltener und unregelmässig, der Durst ist vermehrt. Aus der Nase stellt sich meistens, ein schleimiger, in seltenen Fällen blutgestriemter Ausfluss ein, die Augen thränen; die Empfindlichkeit an den Brustwandungen nimmt zu und verbreitet sich auch über die Wirbelsäule; das Haar wird glanzlos, hie und da gesträubt. Es stellt sich Beschleunigung des Pulses ein; die Temperatur an den Hörnern und Extremitäten wechselt öfter, die innere Temperatur erreicht eine Höhe von 40deg; bis 41deg;. Die physikalische Untersuchung der Brust gibt nunmehr schon Aufschluss über die in den Lungen fortschreitenden Veränderungen, es findet sich, entsprechend dem betroffenen Lungenabschnitte, gedämpfter, selbst leerer, unter Umständen tympanitischer Percussionsschall, bronchiales Athmen, consonirendes und anderartiges Rasselgeräusch.
Mit dem Fortschreiten der Krankheit steigert sich das Fieber; Ohren, Hörner und Extremitäten fühlen sich bald heiss, bald kalt aa, das Flotzmaul wird trocken, die Körpertemperatur erreicht selbst die Höhe von 42 0 C, der Puls wird auf 80 und darüber beschleunigt, klein und schwach. Fresslust, Wiederkauen und Milchabsonderung hören nach und nach vollständig auf, die Excremente werden diarrhoisch, das Trinken geschieht absatzweise und wird durch öfteren Husten unterbrochen; der Harn ist dunkel gefäi'bt, in der Regel stark eiweisshältig. Die Thiere magern bedeutend ab, ihr Haar wird zusehends matt, glanzlos, struppig, die Haut trocken, lederbündig; an dem Triel, in der Gegend des Kehlkopfes und Rachens, an der Unterbrust, sowie an den Gliedmassen stellt sich häufig Oedem ein.
Dieses bisweilen derbe Oedem am Triel und oberen Theile des Halses soll bisweilen bei Rindern eines Bestandes, in welchem die Lungenseuche herrscht, ohne nachweisbare Veränderung in den Lungen und nur von Husten begleitet vorkommen, gleichwohl aber die derart erkrankten Thiere gegen eine spätere Ansteckung durch Lungenseuche unempfänglich machen (Willems). Zweifelhaft bleibt es, ob nicht in solchen Fällen dennoch Localisationsherde zugegen wären, welche sich vermöge ihrer Lage in der Tiefe der Lunge der Ausmittlung entzogen.
Die Athembeschwerde erreicht schliesslich einen sehr hohen Grad; die kranken Thiere stehen mit weit auseinandergestellten
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Lungen sen ehe. Krankbeitserscheinungen. Verlauf.
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Vorderbeinen, mit nach aussen gerollten Ellbogenliöckei-n; sie legen sich entweder gar nicht, oder nur für kurze Zeit mit unterschlagenen oder nach vorn gestreckten Beinen auf das Brustbein; das AthmeE wird sehr beschleunigt, mühsam und wird mit vorgestrecktem Kopfe, Aufsperren der Nasenflügel, heftigem Flankenschlage, meist unter Stöhnen und Aeehzen vollzogen; der Husten wird dumpf und schmerzhaft. Die Auscultation und Percussion ergibt den Befund wie bei Lungen- und Brustfellentzündung. Bei trächtigen Kühen tritt auf der Höhe der Krankheit meistens Verwerfen ein; bei den auf diese Weise zur Welt gebrachten Jungen wurde bisweilen derselbe Process in den Lungen angetroffen wie bei den Müttern.
In den tödtlich endenden Fällen wird das Athmen fortan angestrengter, der Husten häufiger, die ausgeathmete Luft manchmal übelriechend; der Ausfluss aus der Nase eiterig; der Puls sehr beschleunigt, schwach, der Herzschlag pochend. Die Thiere können sich endlich nur mit Mühe stehend erhalten; sie liegen dann meist auf dem Brustbeine mit ausgestrecktem Halse und offenem, geiferndem Maule, stöhnend und mit den Zähnen knirschend und gehen sehliesslich an Asphyxie zu Grunde.
Die Dauer der Krankheit bis zum Eintritte der auffallenden und bezeichnenden Erscheinungen (das früher sogenannte fieberlose Stadium) erstreckt sich gewöhnlich über mehrere (zwei bis sechs) Wochen, von da an bis zum tödtlichen Ende meistens über zwei bis drei Wochen. In Fällen, in welchen die Krankheit nicht zum Tode führt, kann die Reconvalescenz noch mehrere Wochen in Anspruch nehmen, so dass dann die Daiier der Krankheit einige Monate betragen kann. In Ausnahmsfällen tritt aber der Tod schon einige Tage, nachdem sich die heftigen Fiebersymptome eingestellt haben, ein.
Die Lungenseuche kann während ihres Initialstadiums mit einer von chronischen Veränderungen der Lungen abhängigen Athmungsbeschwerde, während ihres späteren Verlaufes mit einer gewöhnlichen Lungen- oder Lungenbrustfell-Entzündung verwechselt werden. In zweifelhaften Fällen wird die Vornahme der Section eines gefallenen oder krank getödteten Thieros die Diagnose feststellen. Sind in einer Localität bereits Fälle der Krankheit vorgekommen, dann wird auch die Art der Verbreitung der Seuche (der Seuchengang) ein wesentliches Moment für die Diagnose abgeben.
Verlauf, Bei jungen, gutgenährten, kräftigen Thieren ist der Verlauf gewöhnlich rascher und stürmischer als bei alten oder
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scliwäcMiclieii; er ist in der Regel ungünstiger, wenn die Thiere in überfüllten, heissen, dunstigen, schlecht ventilirten Stallungen gehalten werden und früher unter reichlicher und kräftiger Fütterung standen. In Gegenden, in welche die Lungenseuche frisch eingebracht worden ist, tritt sie meistens mörderischer auf, als dort, wo sie sich bereits eingebürgert hat; manche Seucheninvasionen zeichnen sich durch eine besondere Bösax-tigkeit gegenüber anderen aus.
Der Ausgang der Krankheit in vollkommene Genesung ist ver-bältnissmässig selten. Er erfolgt noch am häufigsten bei massiger Entwicklung des Processes und dann, wenn es zu einem intensiven Fieber und zu eingreifenden Veränderungen in der Textur der Lunge nicht kommt. In solchen Fällen bleiben die kranken Thiere bei guter Fresslust und in unverändertem Nährzustande, die Athem-beschwerde wird nur wenig auffallend und ist der Husten die her-vortretendste Erscheinung, welche aber nach einem kürzeren oder längeren Bestände sich wieder verliert. Häufiger jedoch bleiben nach einer scheinbaren Reconvalesccnz dauernde Veränderungen in den Athmungsorganen zurück, wie Obsolescenz einzelner Abschnitte des Liingenparenchyms, Substanzverlust der Lunge in Folge von Absce-dirung oder Nekrose, Verwachsungen der kranken Lunge mit der Brustwandung, schwartige Einkapsclung derselben u. s. w. Bei geringerem Grade dieser Störungen können sich die Thiere erholen, :1m Nährzustande zunehmen, selbst wieder mastfähig und milchergiebig werden; bei höherem Grade jedoch bleibt ein gewisser Grad von Athembesehwerde, ein zeitweilig sich verschlimmernder Husten und eine mehr oder weniger bedeutende Beeinträchtigung der Ernährung zurück. Bei solchen scheinbar reconvalescirten Thieren lässt die physikalische Untersuchung der Brust den Mangel an Luftgohalt eines grösseren oder kleineren Lungenabschnittes deutlich erkennen. Derlei anscheinend genesene Thiere vermögen jedoch, wie eine reichliche Erfahrung nachgewiesen hat, selbst noch nach vielen Monaten infectionsfähige Rinder, mit welchen sie in Berührung kommen, anzustecken.
Die Untersuchung solcher scheinbar reconvalescirter Thiere nach vorgenommener Schlachtung weist die genannten Veränderungen, und zwar häufig in sehr bedeutender Ausdehnung und Höhe nach. Am häufigsten werden Ansteckungen durch solche Rinder veranlasst, bei deren späterer Obduetion 'sieh theilweise eingekapselte, mittelst eines Bronchus nach aussen communicirende nekro-tische Herde vorfinden.
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Lungenseuche. Verlauf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 309
Nicht selten verfallen durchseuchte Thiere in Folge der andauernd behinderten Respiration nach und nach in einen cachek-tischen Zustand, dem sie schliesslich unterliegen.
Der unmittelbar mit dem Tode endende Ausgang der Lungenseuche ist ein häufiger. Es werden wohl manche Invasionen aufgeführt, bei welchen nur 15 bis 20% der Kranken unterliegen; diese gehören jedoch zu den Ausnahmen. Im Allgemeinen kann ein Mortalitätsprocent von 30 bis 50 angenommen werden, welches sich jedoch auch noch namhaft erhöhen kann. Nach Pacuta belauft sich der Verlust an Vieh in den von der Lungenseuche befallenen Mcierhöfen Westgaliziens durchschnittlich sogar auf 80% der erkrankten Thiere. Selbst bei der Annahme einer durchschnittlichen Mortalität von nur einigen 30%, wird mit Hinzurechnung der wegen Unhoilbarkeit des Leidens und zunehmenden Siechthums getödteten Thiere angenommen werden können, dass wenigstens 60 von 100 erkrankten Thieren als verloren anzusehen sind.
Hienacli wird es begreiflich, dass in Ländern, in welchen die Lungenseuche öfter herrscht oder sicli bereits eingebürgert hat, die Verluste, welche sie verursacht, wahrhaft enorme sind. So soll, um nur Weniges anzuführen, der Verlust, welchen das Departement du Nord (Frankreich) während 19 Jahren durch diese Seuche erlitten hat, sich auf 218.800 Rinder im Werthe von ungefähr 52 Millionen Francs belaufen haben. Während des Zeitraumes von 1830 bis 1840 soll Holland jährlich nicht weniger als 64.000, Eheinpreussen von 1835 bis 1845 bei 100.000 Kinder verloren haben. Nach der Schätzung Gamgee's sind allein während des Jahres 1860 in Grossbritannien 187.000 Rinder im Werthe von 19 Millionen Gulden dieser Seuche erlegen und soll dieses Reich während sechs ^hren einen Verlust von einer Million Rindern im Werthe von 120 Millionen Gulden erlitten haben.
Aus dem Angeführten kann entnommen werden, dass die Lungenseuche für den Westen Europas eine nicht weniger mörderische Krankheit sei, wie die Kinderpest für den Osten, und dass sie in Gregenden, wo sie sich eingenistet hat, selbst grössere Verluste und schwerere ökonomische Naehtheile im Gefolge hat, als die Rinderpest, welche nur zeitweilig in den Westen einbricht und durch eine strenge Durchführung geeigneter Massregeln bald und sicher getilgt werden kann; während die Lungenseuche bei ihrem langsamen und schleichenden Verlaufe, bei der Schwierigkeit der Diagnose in ihrem Beginne häufig der Aufmerksamkeit entgeht und gewöhnlich dann erst und oft genug mit unzureichenden Mitteln bekämpft wird, wenn sie bereits irgendwo stationär geworden ist.
Die Prognose ergibt sich aus dem Obigen von selbst; in Beziehung auf den einzelnen Fall richtet sie sich nach der Schwere
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Lungenseuche. Therapie. Impfung.
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der Erscheinungen. Selbst in leichteren Fällen ist jedoch immer in Berücksichtigung zu ziehen, dass eine vollständige Heilung zu den Seltenheiten gehört, dass selbst bei anscheinend reconvalescirten Thieren in der Eegel Veränderungen in den Lungen zurückbleiben und dass solche Thiere durch lange Zeit, wenn nicht für immer, Träger und Verbreiter des Ansteckungsstoffes sein können.
Therapie. Die ärztliche Behandlung der Lung-enseuche lieferte, wie dies das angeführte Mortalitätsprocent nachweist und ungeachtet die verschiedensten Heilmethoden und Heilmittel versucht wurden, bisher keine anderen Resultate, als sich bei einer rein expectativen Beobachtung der Krankheitsfälle ergaben. Die früher gebräuchliche antiphlogistische Behandlung mittelst Aderlässen und dem Marterapparate der Derivantien, wie scharfen Einreibungen in die Brustwandung, Ziehen von Eiterbändern durch den Triel oder durch die Haut der Vorderbrust, Stecken der Nieswurzel in den Triel, mittelst der innerlichen Verabreichung von Brechweinstein, Potasche und anderen Alkalien mit Zusatz von Digitalis oder Aconit hat ebensowenig Erfolg gehabt, wie die später empfohlene Anwendung des Theer-wassers (ein Theil Theer auf vier Theile Wasser), zu einem halben Liter Morgens und Abends gegeben, des Terpentinöls, des Creosots, des Tannins, des Eisenvitriols (zu 8-00 bis 10-00 in Wasser gelöst drei- bis viermal des Tages), der Kupfersalze und der arsenigen Säure.
Auch die im Hinblick auf die parasitäre Natur der Krankheit versuchte Carbol- und Salicylsäure hat bisher nicht zu dem gewünschten Erfolge geführt.
Bei der geringen Aussicht auf ein günstiges Resultat einer ärztlichen Behandlung empfiehlt es sich dort, wo die Tödtung lungen-seuchekranker Rinder nicht an und für sich durch das Gesetz angeordnet ist, die bereits kranken und die der Ansteckung avisgesetzt gewesenen Thiere baldigst der Schlachtung zuzuführen, und zwar umsomehr, als hiedurch nicht nur die Tilgung der Seuche in der betroffenen Localität am schnellsten herbeigeführt, sondern auch neue Infectionen, welche von den kranken Thieren zu besorgen sind, hintangehalten werden. Ausserdem wird durch einen solchen Vorgang auch die Gefahr, welche aus dem späteren Verkehr mit anscheinend reconvalescirten Thieren droht, beseitigt.
Impfung der Lungenseuche. Die in früheren Jahren von Sick, Dietrichs, Wagenfeld u. A. mit Secreten lungenseuche-kranker Rinder vorgenommenen Impfungen lieferten den Nachweis, dass hiedurch der specifische Krankheitsprocess in der Lunge des Impflings nicht hervorgerufen werden könne, dass jedoch nach der
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Lungenseache, Impfung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 311
Einführung des Impfstoffes in das Unterhautbindegewebe an der Impfstelle eine Greschwulst entsteht, die auf einem Durchschnitte Aehnlichkeit mit einer durch die Lungenseuche veränderten Lunge zeigt. An der Thierarzneischule zu Hannover wurden in den Zwanziger-Jahren derartige Impfungen zu dem Zwecke angestellt, um zu erfahren, ob die Impflinge eine Immunität gegen die natürliche Ansteckung erlangen, jedoch führten diese, sowie die später an anderen Orten vorgenommenen Versuche zu keinen entscheidenden Resultaten.
Im Jahre 1851 empfahl Dr. Willems zu Hasselt in Belgien, auf Grund zahlreicher, in Maststallungen vorgenommener Versuche, die Impfung der einer Ansteckungsgefahr ausgesetzten, jedoch anscheinend noch gesunden Rinder zum Zwecke einer Abkürzung der Seuchendauer, einer Beseitigung der Gefahr des Ausbruches der Krankheit in Folge natürlicher Ansteckung und endlich der Herbeiführung eines Schutzes der Impflinge vor einer künftigen Infection. Die an der Impfstelle sich einstellende Geschwulst wurde zur Zeit, als Willems seine Beobachtungen zuerst veröffentlichte, von Vielen für die Folge der Einführung pyrogener oder putrider Substanzen erklärt und wohl insolange mit einigem Rechte, als er und seine Nachfolger sich der aus den kranken Lungen umgestandener Rinder aixsgedrückten Flüssigkeit als Impfstoff bedienten. Der häufig beobachtete Eintritt eines putriden Fiebers und die von der Impfstelle aus, besonders wenn hiezu der Triel gewählt wurde, fortschreitende gangränöse Zerstörung sprachen zu Gunsten dieser Ansicht. Als man später die Impfung nur mehr mit der aus der eingeschnittenen Lunge eines im Beginne der Krankheit geschlachteten Rindes an geeigneten Körperstellen und mit aller gebotenen Vorsicht vorzunehmen gelernt hatte, wurden die im Gefolge derselben sich einstellenden üblen Ereignisse und die durch sie verursachten Verluste immer seltener, so dass dieselbe gegenwärtig nahezu als gefahrlos für das Leben der Impflinge anerkannt werden muss.
In Betreff des Schutzes, welchen die Impfung gegen eine natürliche Infection durch das Contagium der Lungenseuche gewährt, waren die Ansichten lange Zeit getheilt. Die seinerzeit von Frankreich, Holland, Belgien, Italien und anderen Staaten zum Zwecke der Prüfung der Resultate der Lungenseuche-Impfung niedergesetzten Commissionen sprachen sich schliesslich nahezu übereinstimmend zu Gunsten derselben aus, indem die Impfung, rechtzeitig vorgenommen, einen der Hauptsache nach nur localen, von massigem Fieber begleiteten Process an der Impfstelle
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hervorrufe, gleicliwohl aber die Impflinge vor einer natürliclien Ansteckung sichere. Auch andere Beobachter, welche in Gegenden leben, in welchen die Seuche häufig zum Ausbruche kommt, oder bereits eingebürgert ist, führen an, dass nach der Einfuhrung der Impfung die Seuche aus Ortschaften und Ställen, in welchen sie früher beständig sich forterhielt, völlig verschwunden sei, dass die in einem Stalle zum Ausbruch gekommene Seuche durch die Vornahme der Impfung an den noch gesund erscheinenden Stücken in viel kürzerer Zeit und mit beiweitem geringeren Verlusten getilgt wurde als früher, und dass eine nachfolgende Erkrankung eines mit Erfolg geimpften Stückes zu den Seltenheiten gehöre.
Crocq, der Berichterstatter der belgischen Commission, bemerkt, dass, während von nicht geimpften, der Ansteckungsgefahr ausgesetzten Kindern 25% an der Lungenseuche erkrankten, von den mit Erfolg geimpften Thieren nur 1 bis 20/o befallen wurden.
Nach Bouley, dem Berichterstatter der französischen Commission, ist von 4() mit Erfolg geimpften Thieren ein einziges (2%) an der Lungenseuche erkrankt, während von 24 nicht geimpften, der Ansteckung ausgesetzten Rindern 14, d. i. 58%, von der Seuche befallen wurden.
Der dritte holländische Bericht erwähnt, dass von 51 geimpften Rindern 3 Stück, mithin etwas über 5%, von 10 nicht geimpften 9, d. i. 90%, lungen-seuchekrank wurden.
Nach Bruce veranlassten die in Australien mit der Impfung der Lungenseuche gemachten Erfabrungen die Mehrzahl der dortigen Viehbesitzer, sich zu Gunsten der Impfung auszusprechen. Im Jahre 1801 fing man dort an zu impfen; da Heilversuche erfolglos blieben, und der Versuch, die Seuche durch Tödtung der inficirten Heerden zu beseitigen, sich im Grossen als undurchführbar erwies. Gegenwärtig wird dort die Impfung allgemein durchgeführt. Von 1861 bis 1874 wurden in Australien mehr als anderthalb Millionen Rinder mit unbestrittenem Erfolge geimpft; nach gut ausgeführter Impfung hörte die Seuche, je nach der Grosse der Heerde, nach kürzerer oder längerer Zeit, in jedem Falle aber innerhalb dreier Monate auf, während sie in nicht geimpften Heerden durch Jahre hindurch sich fortschleppte. Gut geimpftes Vieh wurde ungeachtet vielfacher Berührung mit kranken und gefallenen Thieren nicht von der Seuche ergriffen.
Bei gehöriger Wahl des Impfstoffes, gut ausgeführter Operation und nicht zu heisser Witterung überstiegen die Verluste selten mebr als 1, niemals aber £%.
Nach einer Zusammenstellung Zündel's wurden von 22.348 geimpften Rindern, von welchen das Resultat bekannt ist, 2214, d. i. 9%, von der Lungenseuche befallen.
Willems (1. c.) führt an, dass in den grossen Mastanstalten in Hasselt im Durchschnitte jährlich 8802, mithin seit 1852 bis jetzt ungefähr 184.275, also nahezu 200.000 Rinder geimpft worden sind, dass die durch die Impfung selbst veranlassten Verluste nicht über 1% und jene, welche bei. derlei geimpften Stücken durch die Lungenseuche verursacht wurden, nicht über 1 bis 2% betragen haben, sowie, dass alle dortigen Mäster ohne Ausnahme der Impfung eine sichere prophylaktische Wirkung gegen die Verheerungen der Lungenseuche zuschreiben.
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LungeBseuche. Impfung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 313
In Holland, wo die Esgierung enorme Beträge als Entschädigung für die wegen Lungenseuche getödteten kranken und verdächtigen Thiere zu bezahlen hatte (wie beispielsweise im Jahre 1877 1,400.000 Francs, im Jahre 1878 1,000.000 Francs), wurde durch das Gesetz vom 8. August 1878 die obligatorische Impfung und Mar-kirung des Rindviehes in bestimmten verseuchten, von der Regierung zu bezeichnenden Bezirken angeordnet und für das an den Folgen der Impfung gefallene Vieh dem Eigenthümer die Entschädigung in dem vollen Werthe zugesichert. In Durchführung dieses Gesetzes wurden in dem siebenzehn Gemeinden umfassenden Bren-nereidistricte nächst Schiedam bis Mitte Jänner 1880 62.374 Kinder geimpft; die Zahl der Krankheitsfälle nahm in Folge dessen auffallend ab; im Jabre 1878 wurden 1206, im Jahre 1879 nur mehr 475 Rinder wegen Lungenseuche getödtet.
Haubner erklärt die Impfung als das schnellste, sicherste und wohlfeilste Tilgungsmittel; die Seuche wäre, nach Durchführung der Impfung, innerhalb vier bis sechs Wochen getilgt und der Verlust, der in Aussicht steht, schwanke nur zwischen 1 bis höchstens lO0^.
Mit diesen im Grossen gewonnenen Erfahrungen stimmen auch jene der Mehrzahl der übrigen Beobachter überein. Pacula impfte in den Jahren 1874 und 1875 in fünf verseuchten Höfen Westgaliziens 143 Kinder; die geimpften Thiere blieben mit Ausnahme von sechs, kurz nach der Impfung erkrankten, von der Seuche verschont.
Gegenüber diesen zahlreichen Stimmen, welchen noch viele andere angereiht werden könnten, verschwinden nahezu jene, welche sich gegen deu Nutzen der Lungenseuche-Impfung gegenwärtig noch unbedingt aussprechen.
Ist bei den geimpften Thieren eines verseuchten Stalles die Impfung von Erfolg begleitet, so liören in der Regel die weiteren Erkrankungen an Lungenseuche auf. Tliiere, bei welchen ungeachtet der Vornahme der Impfung die Lungenseuelie dennoch zum Ausbruche kommt, dürften schon vor der Vornahme der Operation angesteckt gewesen sein oder im Stadium der beginnenden, aber noch nicht erkannten Krankheit sich befunden haben.
Die mit Erfolg vorgenommene Impfung scheint, den gewonnenen Erfahrungen zu Folge, die Empfänglichkeit für eine wiederholte Erkrankung an der Lungenseuche ebenso zu tilgen, wie die überstandene natürliche Krankheit.
Nach den Beobachtungen Willems', Gramgee's u. A. ist die geimpfte Krankheit nicht im Stande, bei nicht geimpften, in demselben Stalle befindlichen Thieren die Lungenseuche hervorzurufen. Dagegen lassen die Beobachtungen Voigtländer's („Bericht über das Veterinärwesen in Sachsenquot;, 1860) und Lenhart's („Oester-reichische Viertel]ahrsschrift für Veterinärkundequot;, 30. Bd.) immerhin die Annahme zu, dass eine derartige Infection durch Vermittlung der Luft nicht ausgeschlossen sei. Das in der nach der Impfung entstandenen Geschwulst enthaltene Exsudat kann durch mehrere Generationen mit Erfolg fortgeimpft werden.
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Die Impfung der Lungenseuche hat nur als Nothimpfung, d. h. dann eine Berechtigung, wenn die Krankheit unter einem Viehbestande bereits zum Ausbruche gekommen ist. Nur in dem Falle, wenn in einer Ortschaft die Lungenseuche ausgebreiteter herrscht, könnte in den zunächst bedrohten und durch Sperrmassregeln vor der Invasionsgefahr nicht zu schützenden Gehöften die Präcautions-impfung als zulässig angesehen werden. Dasselbe wäre der Fall, wenn in einem verseuchten Bezirke bereits zahlreiche Infections-herde sich gebildet haben, wie dies oben von Holland angeführt wurde. Als Schutzimpfung in einem von der Krankheit verschont gebliebenen Kinderstande oder in einer noch nicht verseuchten Gegend ist dagegen ihre Vornahme wegen der aus der Ein- und Verschleppung des Ansteckungsstoffes drohenden Gefahren verwerflich.
Durch das österreichische Gesetz ist nur die Nothimpfung der Lungenseuche, und zwar nur über Verlangen des Vieh-eigenthümers und auf seine Gefahr gestattet; sie darf daher nie imperativ eingeleitet werden, da ein Ersatz für aus der Impfung etwa entstehende Viehverluste nicht geleistet wird. Selbstverständlich müssen in Stallungen, in welchen die Impfung der Lungenseuche durchgeführt wird, die zur Hintanhaltung einer Verbreitung der Krankheit angeordneten Sperrmassregeln strenge gehandhabt werden. Das deutsche Gesetz macht von der Impfung der Lungenseuche keine Erwähnung.
Obwohl die Impfung mit verschiedenen Flüssigkeiten lungen-seuchekranker Rinder (Blutserum, Nasenflüssigkeit, Speichel, selbst Milch) mit Erfolg vorgenommen wurde, so bedient man sich doch nach dem Vorgange Willems' allgemein der Exsudatflüssigkeit der kranken Lungen. Man gewinnt dieselbe am besten aus der in Stücke geschnittenen Lunge eines im Beginne der Lungenseuche geschlachteten Rindes, und benützt nur die nach Einschnitten spontan ausfliessende Flüssigkeit, welche überdies noch durch reine Leinwand filtrirt werden kann. Der Impfstoff soll in möglichst frischem Zustande zur Verwendung kommen; ein zwei bis drei Tage alter zeigt, nach Willems, eine grössere Virulenz. Die Impfung wurde an verschiedenen Körperstellen, am Triel, an den Ohren, an der Brust vorgenommen, gegenwärtig wird sie nach dem Rathe Willems' am Schweife, und zwar an einer oder der anderen Seitenfläche, 8 bis 10 cm von der Schweifspitze entfernt,quot;- nachdem daselbst die Haare vorher abgeschoren oder abrasirt worden, mittelst zweier, zwei bis drei Fingerbreiten von einander entfernter Einstiche voll-
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zogen. Die Impfung an dem oberen Theile des Schweifes ist ebenso wie jene am Triel wegen der sieh gewöhnlich entwickelnden starken, nicht selten gangränescirenden Anschwellungen, zu vermeiden, welche im ersteren Falle zum Verluste eines Theiles des Schweifes und zum Uebergreifen der Entzündung und brandigen Zerstörung auf den After, Mastdarm und auf die Organe der Beckenhöhle, im letzteren Falle zur Verbreitung der Gangrän durch die vordere Brustapertur in die Brusthöhle mit tödtlichem Ausgange führen kann.
Als Instrument bedient man sich entweder einer grösseren gerinnten Impfnadel, einer schmalen Lanzette oder der Sticker-schen Impfnadel. Manche ziehen es vor, einige mit dem Impfstoffe imprägnirte Baumwollfäden mittelst einer Wundnadel in die angegebenen Stellen der Haut des Schweifes einzuziehen.
Bei Thieren, bei welchen die Impfung gehaftet hat, entwickelt sich nach einem Zeiträume, welcher zwischen sieben bis einundzwanzig Tagen schwankt, sich jedoch in Ausnahmsfällen selbst bis zu vier Wochen erstrecken kann, eine warme, schmerzhafte, bisweilen bis zur Grosse einer Kastanie und selbst eines Hühnereies heranwachsende Geschwulst, deren Entwicklung von einem mehr oder weniger heftigen Fieber und meistens, besonders bei Impfungen am Triel, von einem öfter sich einstellenden Husten begleitet wird.
Die Geschwulst geht in den meisten Fällen allmälig wieder zurück; in manchen wird sie brandig und kann dann zum Verluste eines Theiles des Schweifes führen; nur höchst selten wird bei dem gegenwärtig gebräuchlichen Impiverfahren eine Verbreitung der Entzündung und des Brandes auf die Organe der Beckenhöhle mit tödtlichem Ausgange beobachtet.
Wie erwähnt, ist es Willems, Bruylants und Verriest gelungen, mit ihren Culturen des Mikrococcus der Lungenseuche ebenso erfolgreich zu impfen, wie mit dem Exsudate aus den Lungen. Die Impfungen mit Culturen sollen überdies nie jene heftigen Entzündungserscheinungen im Gefolge haben, welche sich bei der directen Impfung von Exsudatflüssigkeit häufig einstellen und der Beimischung septischer Stoffe zugeschrieben werden.
Nach vorgenommener Impfung soll den Thieren weniger Futter verabreicht, für leichte Entleerung des Darminhaltes, fur Reinlichkeit und fleissige Luftemeuerung im Stalle gesorgt und zur Sommerszeit das Abwehren der Fliegen mittelst des Schwanzes, wenn an diesem geimpft wurde, verhindert werden. Erreicht die Geschwulst eine bedeutende Grosse und stellen sich Anzeichen des drohenden
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316nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Lungenseuehe. Impfung.
Brandes in ihr ein, so empfiehlt sich die locale Anwendung- der Kälte, das Scarificiren derselben, nötliigenfalls die Amputation des Schweifes.
Willems empfiehlt in solchen Fällen überdies die Verabreichung eines Abführmittels von 300-00 bis 400-00 Bittersalz.
Wird die Impfung bei den Thieren eines verseuchten Stalles vorgenommen, so sind die gesund scheinenden, der Impfung zu unterziehenden Thiere jedenfalls von den kranken zu separiren, um deren Infection auf natürlichem Wege hintanzuhalten.
Von verschiedener Seite wurde die durch Einschnitte aus regelmässigen Impfgeschwülsten erhaltene Exsudatflüssigkeit zu weiteren -— secundären — Impfungen, und wie angegeben wird, mit Vortheil verwendet, indem dieser Impfstoff bei gleicher Sehutz-kraft nur kleine, rothlaufähnliche Anschwellungen an der Impfstelle hervorrufen soll.
Die Impfung haftet nicht an allen Thieren; bei ungefähr 10 0/0 zeigt sie-sich resultatlos; sei es, dass die Thiere überhaupt zur Zeit nicht empfänglich sind, oder dass sie sich bereits im Anfangsstadium der Krankheit befinden. Es empfiehlt sich, bei jenen Thieren, bei welchen längstens drei Wochen nach der Impfung keine Entzündung an der Impfstelle eingetreten ist, die Impfung zu wiederholen, welche dann bei einem oder dem anderen Stücke bisweilen noch von Erfolg begleitet ist.
Die unangenehmen Ereignisse, welche als unmittelbare Folgen der Impfung beobachtet wurden, kommen gegenwärtig, wo die Verwendung jauchiger, brandiger oder durch Gewebsdetritus verunreinigter Flüssigkeit grundsätzlich vermieden wird, weit seltener vor als zu Anfang der Fünfziger-Jahre.
Nach dem Berichte einer französischen Commission, welche kurz nach der Publication des Willoms'schen Verfahrens Impfungen vornahm, entfiel ein milder Verlauf des localen Processes auf GO, eine Complication mit Brand und mit dem Verluste eines grösseren oder kleineren Schweifstückes auf 27, ein tödtlicher Ausgang auf 11% der Impflinge. Nach einer Zusammenstellung Zündel's jener in Belgien, Frankreich, Holland, Deutschland, Oesterrcich und Italien gemachten 22.348 Impfungen, deren Eosultat constatirt wurde, entfielen 7ö-50/0 auf positive und 24-50/0 auf negative Erfolge; Todesfälle kamen nur bei 2-9n/o) Verlust des Schweifes bei T'S0/,, der Impflinge vor.
Nach einem Referate Hcrtwig's („Mag. für Thierheilkundequot;, Bd. 38) ist von 35 geimpften Kindern keines gefallen. Bei zwölf Stücken trat eine bemerkbare Reaction auf, die bei neun gelinde, bei drei sehr heftig verlief; Schweifverlust fand bei einem Stücke statt; bei 23 Rindern trat selbst nach dreimal wiederholter Impfung keine Reaction ein. In der belgischen Provinz Hennegau wurden im Jahre 1872 von drei Thierärzten 3058 Rinder geimpft; der Gesammtverlust betrug nur 1'/(,.
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Koppitz („Oesterreicliische Vierteljalirsschrift für Veteriniirkundequot;, 41. Bd.) impfte im Jahre 1872 298 Rinder; bei 37 trat eine stärkere Anschwellung des Schweifes ein, 13 verloren ein Viertel des Schweifes, eines musste geschlachtet werden.
Nach Haubner's reichlicher Erfahrung beläuft sich im grossen Durchschnitte bei der Schwanzimpfung der Verlust auf 1 bis 20/0 der Impflinge; der Verlust an Endstücken des Schweifes auf 5 bis lO0/,); während bei der Impfung am Triel der Verlust an Thieren auf 4 bis 8nj0 ansteigt.
Veterinärpolizei. Wie frülier angeführt, ist der Verlauf der Lungenseuche in der Regel ein langsamer, die Mortalität eine hohe und der. Eintritt einer vollkommenen Genesung verhältnissmässig selten. Während des ganzen Verlaufes regenerirt sich der Ansteckungsstoff, und selbst anscheinend durchgeseuchte Thiere vermögen andere zu inficiren und geben zum Ständigwerden und, bei Wechsel ihres Standortes, zu Verschleppungen der Seuche Anlass. Die Tilgung der in einer Gegend ausgebrochenen oder daselbst schon einheimisch gewordenen Lungenseuche wird, insolange nicht die Nothimpfung der einer Ansteckungsgefahr ausgesetzten Rinder obligatorisch angeordnet sein wird, nur dann mit Aussicht auf Erfolg in Angriff genommen werden können, wenn durch die Gesetzgebung die unver-weilte Tödtung wenigstens der evident kranken Thiere ermöglicht sein wird, da nur durch einen solchen Vorgang den erwähnten üblen Folgen vorgebeugt werden kann. Dieses Princip, verbunden mit einer Entschädigung für das getödtete lungenseuchenkranke Vieh bis zu vier Fünftel des gemeinen Werthes fand schon in dem preussischen Viehseuchengesetze vom Jahre 1875 seinen Ausdruck und wurde auch in das deutsche Gesetz vom 23. Juni 1880 mit der Erweiterung aufgenommen, dass von der Polizeibehörde auch die Tödtung der der Lungenseuche verdächtigen Thiere angeordnet werden könne.
Das österreichische Thierseuchengesetz hat das Princip der obligatorischen Tödtung der lungenseuchekranken Thiere und der Entschädigung nicht aufgenommen; dagegen wird in der Durchführungsverordnung auf die Einwirkung der Seuehencommission gedrungen, dass kranke und verdächtige Thiere baldigst geschlachtet werden.
Die in diesem Gesetze und in der Vollzugsvorsehrift (sect; 28) gegen die Lungenseuche vorgeschriebenen Massregeln sind die nachfolgenden :
Erhebung. Im Falle der Unmöglichkeit der zweifellosen Con-statirung der Lungenseuche an lebenden, dieser Krankheit verdächtigen Rindern und bei dem Abgange eines Cadavers, ist die
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Tödtung eines verdächtigen Rindes nach vorausgegangener Schätzung seines Werthes, welcher aus dem Staatsschatze vergütet wird, gestattet.
Wird auch durch die vorgenommene Section der Sachverhalt nicht klargestellt, jedoch der Verdacht der Lungenseuche nicht behoben, so sind die verdächtigen Tliiere abzusondern und der Stall unter Sperre zu setzen, insolange, bis die Diagnose festgestellt ist.
Mittheilung des Seuchenausbruches. Bei constatirter Lungenseuche ist zu erheben, ob, und im bejahenden Falle woher das kranke Vieh angekauft worden, ob es mit anderem Rindvieh in Berührung gekommen und ob Vieh aus dem Seuchenhofe und wohin abverkauft oder ob solches geschlachtet wurde. Entsprechend dem Resultate dieser Erhebungen sind behördlicherseits die weiteren Massnahmen sofort zu veranlassen.
Sperrmassregeln. Der verseuchte Stall, beziehungsweise Weideplatz eines ständig auf der Weide sich befindenden Viehbestandes ist abzusperren und als gesperrt zu bezeichnen. Die Ausfuhr von Rauhfutter und Streumateriale aus dem Stalle und aus den mit ihm in unmittelbarer Verbindung stehenden Räumlichkeiten ist verboten. Die kranken Thiere sind von den gesunden zu trennen und durch besondere Wärter zu besorgen, welche nur nach gründlicher Reinigung ihres Körpers und nach Wechsel ihrer Kleider mit gesunden Rindern in Berührung treten dürfen.
Bei grösserer Verbreitung der Seuche in einer Ortschaft ist der Seuchenort und dessen Gemarkung gegen die Ausfuhr von Rindvieh und gegen dessen Durchtrieb abzusperren und die Abhaltung von Rindviehmärkten daselbst verboten.
Der Abtrieb noch vollkommen gesunder Rinder aus gesperrten Ställen und Ortschaften in andere Orte behufs der sofort.gen Schlachtung kann auf Grundlage eines Gutachtens des Amtsthier-arztes von der politischen Bezirksbehörde gestattet werden. Der Abtrieb hat unter verlässlicher Aufsicht zu geschehen und ist die Schlachtung an dem Bestimmungsorte thierärztlich zu überwachen.
Die Verwendung des Arbeitsviehes aus seuchenfreien Ställen eines gesperrten Ortes ist innerhalb der Ortsgemarkung zulässig.
Wird die Krankheit in Triebheerden oder bei Rindern während ihres Transportes constatirt, so hat der Gemeindevorsteher den Weitertrieb einzustellen und die Absperrung der kranken und verdächtigen Thiere zu veranlassen.
Werden der Lungenseuche verdächtige Thiere in verbotwicriger Verwendung oder ausserhalb der ihnen angewiesenen Räumlichkeiten,
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oder an Orten, zu welchen ihnen der Zutritt verboten ist, betroffen, so kann die sofortige Tödtung- derselben angeordnet werden.
Tilgung. Zum Zwecke der Abkürzung der Seuchendauer ist in Seuchenorten von Seite der Seuchencommission, bei abgesperrten Triebheerden von Seite der politischen Bezirksbehörde, thunlichst dahin zu wirken, dass kranke und verdächtige Thiere baldigst geschlachtet werden. Die Schlachtung, welche, falls sie wegen zu besorgender Gefahr der Ansteckung in der Schlachtlocalität der Ortschaft nicht gestattet werden kann, in dem Hofe des Viehbesitzers vorzunehmen ist, hat unter Aufsicht des Thierarztes zu geschehen, welchem auf Grund des Augenscheines die Entscheidung bezüglich der zulässigen Verwendbarkeit des Fleisches der geschlachteten #9632; Thiere zum Genüsse zusteht. Das Fleisch der geschlachteten kranken Einder darf nur allein im Seuchenorte selbst zum Genüsse verwendet werden, deren Lungen sind, sowie die Cadaver der geschlachteten kranken, zum Genüsse nicht geeigneten Thiere unschädlich zu beseitigen.
Das Fleisch der wegen des Verdachtes der Lungenseuche geschlachteten und gesund befundenen Rinder darf in Orte grösseren Verbrauches verführt werden; dem Fleischtransporte ist ein Cer-tificat beizugeben und ist die Localbehörde des Consumortes von dem Eintreffen eines solchen Transportes rechtzeitig zu verständigen.
Die Impfung der Lungenseuche darf nur in bereits verseuchten Ställen über Verlangen und auf die Gefahr des Vieheigenthümers und nur von dem Amtsthierarzte, unter Aufrechthaltung der Sperrmassregeln, vorgenommen werden.
Desinfection. Die verseuchten Stallungen, Räumlichkeiten, Einrichtungsstücke und Geräthe sind einer Desinfection, die Ställe überdies einer starken Räucherung mit Schwefel- oder Chlordämpfen zu unterziehen.
Die Cadaver der gefallenen und der krank geschlachteten, zum Genüsse nicht geeignet erklärten Thiere und Theile derselben sowie der Stalldünger sind mit der Vermeidung von Eindergespannen auszuführen; erstere sind unschädlich zu beseitigen; der Dünger ist auf entlegene Grundstücke zu bringen und vor dem Unterackern mit Erde hinreichend zu bedecken.
Die Häute gefallener oder geschlachteter kranker Thiere sind zu desinfieiren.
Futter und Stroh, welches dem Dunstkreise kranker Thiere ausgesetzt war, darf nur für zum Rindergeschlechte nicht gehörige Thiere und erst nach dem Erlöschen der Seuche verwendet werden.
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Beendigung der Seuche. Von Rindvieli vollkommen entleerte Ställe dürfen vierzehn Tage nach vollendeter Desinfection wieder mit Rindern besetzt werden. Dagegen dürfen in Höfen, in welclien naeli Ablauf der Seuche Rindvieh übrig geblieben ist, die Sperrmassregeln erst drei Monate nach dem Erlöschen der Krankheit und nach bewirkter Reinigung und Desinfection der Stallungen^ Standorte und Geräthe ausser Wirksamkeit gesetzt werden. Rinder, welche mit lungenseuchekranken in Berührung gewesen, aber gesund geblieben sind, dürfen, den Fall der Schlachtung ausgenommen, erst nach Ablauf von weiteren zwei Monaten in Verkehr gebracht werden.
Das deutsche Viehseuchengesetz bestimmt (im sect;45), dass die Polizeibehörde die Tödtung der nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes an der Lungenseuche erkrankten Thiere anzuordnen habe und auch die Tödtung verdächtiger Thiere anordnen könne.
Nach den Bestimmungen des Schweizer Thierseuchongesetzes vom Jahre 1872 darf Kindvieh, welches an der Lungenseuche gelitten hat, nicht mehr in den Verkehr kommen. Bei dem Vorkommen der Krankheit müssen die erkrankten oder die in dem gleichen Stalle oder auf derselben Weide gestandenen Thiere getödtet werden. Heilversuche dürfen nur mit Bewilligung der Medieinal-behörde des Cantons und unter Einhaltung genügender veterinärpolizeilicher Massregeln gemacht werden; geheilte Thiere dürfen aber nicht in Verkehr kommen. Die Besitzer der über behördliche Anordnung getödteten Thiere haben Anspruch auf einen angemessenen Beitrag an dem nachweisbar zugefügten Schaden. Die Entschädigungen sind von den betreffenden Cantonen zu tragen; bei grösserer Ausbreitung der Seuche, oder wenn durch ausserordentliche Verhältnisse unver-hältnissmässig grosso Opfer gefordert werden, leistet der Bund einen Beitrag an die Cantone. Ställe, in welchen die Seuche geherrscht hat, müssen vier bis zwölf Wochen gesperrt bleiben; Thiere in zunächst angrenzenden Ställen, welche möglicherweise der Ansteckungsgefahr ausgesetzt waren, sind während zwölf Wochen unter sanitätspolizeiliche Aufsicht zu stellen.
Das grossbritannische Gesetz vom Jahre 1878 ordnet strenge Sperrmassregeln gegen verseuchte Localitäten und Bezirke an und ermächtigt die Localbehörde, die Tödtung aller lungenseuchekranken Rinder innerhalb zwei Tagen nach Bekanntwerden der Seuche gegen Entschädigung von drei Vierteln ihres Werthes vor der Erkrankung, jedoch höchstens bis zu 30 Pfand, und nach Umständen auch die Tödtung jedes einer erfolgten Ansteckung verdächtigen Rindes gegen Entschädigung des vollen Werthes, aber nicht höher als bis zu 40 Pfund, zu veranlassen. Eine verseuchte Localität darf frühestens nach dem Ablaufe von 50 Tagen, vom Tage des Aufhörens der Krankheit gerechnet, als seuchenfrei erklärt werden.
Die königlich belgische Entschliessung vom 1. December 1868 genehmigt eine Entschädigung für die wegen Lungenseuche über behördliche Anordnung getödteten Rinder in der Höhe eines Drittels des Schätzungswerthes, jedoch höchstens bis zu einem Betrage von 100 Francs.
In Prankreich besteht keine Entschädigung für lungenseuchekranke Thiere und es scheint auch (so viel aus den Verhandlungen der „Soci^tÄ centrale
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Wild- und Rintlerseuehe (Bollmgei-'.s).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;321
de mddecine veterinairequot;, XXIV, S. 207, 1879 zu entnehmen ist) keine besondere Geneigtheit zu bestehen, eine solche in das im Senate in Verhandlung stehende Thierseuchengesetz aufzunehmen.
In Holland wurde seit dem Erlasse des Gesetzes vom 20. Juli 1870, welches eine Entschädigung für alle wegen ansteckender Krankheiten über behördliche Anordnung getödteten, mithin auch der lungenseuchekranken Thiere, und zwar mit dem vollen Schätzungswerthe für verdächtige, mit der Hälfte für kranke Thiere und zugleich eine Entschädigung für vernichtete Gegenstände zugestand und die Tödtung lungenseuchekranker Einder unbedingt anordnete, eine auffallende Abnahme der daselbst in grösster Verbreitung herrschenden Lungenseuche von Jahr zu Jahr constatirt. Während im Jahre 1871 6079, im Jahre 1872 4000, im Jahre 1873 2479, im Jahre 1874 2414, im Jahre 1875 2227, im Jahre 1876 1723 Fälle von Lungenseuche constatirt wurden, kamen im Jahre 1877 nur 951 und im Jahre 1878 nur mehr 698 Fälle zur Anzeige.
Durch das Gesetz vom 17. August 1878 wurden die Sperrmassregeln für verseuchte Bezirke und durchseuchte Eiuder noch verschärft und ausgesprochen, dass die Impfung der Lungenseuche in verseuchten Bezirken für alle dort befindlichen und dahin eingebrachten Einder behördlich angeordnet werden könric. Schon das Gesetz vom 20. Juli 1870 gewährte für die über Anordnung geimpften und in Folge der Impfung verendeten Thiere eine Entschädigung im vollen Schätzungswerthe.
Das schwedische Thierseuchengesetz vom 27. Februar 1866 gesteht gleichfalls eine Entschädigung für die aus Anlass der Lungenseuche getödteten Rinder zu, und zwar im vollen Schätzungswerthe bei gesunden, in der Höhe von zwei Dritteln bei solchen Thieren, bei welchen die Section die Erscheinungen der Lungenseuche nachweist.
Das dänische Gesetz vom Jahre 1857 ermächtigt bei constatirtcr Seuche die Behörde, beziehungsweise den Minister des Innern, in derselben Weise bezüglich der Tödtung der lungenseuchekranken und der einer Ansteckung verdächtigen Einder vorzugehen, wie bei der Rinderpest, und die bei der Section erkrankt befundenen Thiere mit zwei Dritteln, jene, bei welchen sich Merkmale der Krankheit nicht vorfinden, mit dem vollen Betrage des Schätzungswerthes zu entschädigen.
Bolllnger's Wild- und Rinderseuche. Bellinger („Ueber eine neue Wild- und Rinderseuchequot;, München 1878) beschreibt eine eigenthümliche neue, oder wenigstens der gegenwärtigen Grcncration unbekannte Infectionskrankheit, welche im Sommer 1878 in der Umgebung von München herrschte, zuerst unter Hirschen und Wildschweinen mehrerer Parkreviere namhafte Verheerungen anrichtete, und sich dann auf Rinder und in einzelnen Fällen auch auf Pferde verbreitete. Die Krankheit zeigte Aehnlichkeit mit Lungenseuche, mit infectiösem Rothlauf und mit Anthrax, welchem letzteren sie wahrscheinlich früher beigezählt worden sein mag, ist jödoch mit keinem dieser Processe identisch. Der Localisation nach unterscheidet Bellinger bei den derart erkrankten Rindern eine exanthematische oder erysipelatöse Form, bei welcher sich rapid ein entzündliches
RiV 11. Thierscuclicn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 21
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Oedem in sämmtlichen Weichtlieilen des Kopfes bis zu kolossalem Umfang entwickelte, wobei die Thiere sehr rasch durch Erstickung zu Grunde gingen, und eine pectorale Form, bei welcher sich croupöse Lungen-Brustfellentzündung und Herzbeutelentzündung in mannigfaclier Abstufung und Combination vorfand. Die pectorale Form scheint bei dem erkrankten Wilde die vorherrschende gewesen zu sein. Bei beiden Formen war als gemeinsames Merkmal in der Regel eine hämorrhagische Darmentzündung zugegen; beide Hessen sich im Wege der Impfung in einander überführen und sich auf Schafe, Ziegen, Pferde und Kaninchen übertragen. Dagegen ist die üeber-tragbarkeit auf den Menschen zweifelhaft, wenigstens wurde das Fleisch der an der Seuche erkrankten und geschlachteten Thiere, des Wildes sowohl als der Rinder, in einer Reihe von Fällen ohne nachweisbaren Schaden für die menschliche Gesundheit in verschiedenen Zubereitungen genossen. Auch gegen äussere Infection ist deren Disposition keine grosse, indem Menschen mit Wunden an den Händen, die sich bei Sectionon mit Blut besudelten, keinen Schaden davontrugen. Nur in einem Falle entwickelte sich bei einem in der Nähe eines gefallenen Wildstückes beschäftigten Arbeiter in Folge eines Insectenstiches eine bedeutende Schwellung des betroffenen Fusses und Blasenbildung an der Impfstelle, angeblich mit Fieber und Schmerzhaftigkeit im Verlaufe der Lymphgefässe der Extremität; nach acht Tagen war jedoch vollständige Genesung eingetreten.
Das Infectionsgift besteht wahrscheinlich aus einem, besonders im Blute, aber auch in den specifischen Krankheitsproducten, im Darminhalte und in allen Theilen des kranken Thierkörpers haftenden pflanzlichen Mikroparasiten, Spaltpilze, der jedoch mit den Bacillen des Anthrax keine Aehnlichkeit hat. Es ist, wie die Verbreitung der Krankheit durch Fleisch verkauf von einer verseuchten Ortschaft in benachbarte constatirt hat, verschleppbar und, wie die Resultate der Impfungen ergeben haben, impfbar; es vermehrt sich auf ento-genem Wege; ob auch auf ektogenem, ist nicht festgestellt.
Bollinger schlug im Hinblicke auf die Verheerungen unter dem Wilde (während des Juni und Juli 1878 sind nahezu 40ü Stück Wild der Krankheit unterlegen) nnd auf die damals noch fortdauernden Erkrankungen unter den Rindern die denkbar strengsten Massregeln gegen die Weiterverbreitung dieser Seuche vor.
Aus einer Bemerkung in dem „Jahresbericht über die Fortschritte der Medieinquot; pro 1879, I, S. 616, ist zu ersehen, dass die Seuche im Sommer 1879 wiederkehrte, jedoch das Wild vollständig
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Milzbrand, Historlscbes.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 323
verschonte und nur eine massige Zahl von Rindern in demselben Bezirke (Brück) in der Nähe Münchens befiel.
Milzbrand, Anthrax, Febris carbunculosa.
8ynon. Milzfieber, Milzseuche, Sommerseuche, Sumpffieber, Pestfieber, Beulenseuche, Brandbeulenseuche, brandiges, wildes Blut, gelbes Wasser, gelber Schelm, nebst vielen anderen, besonders für bestimmte Localisationsformen gebräuchliclien Bezeichnungen. Char-bon, Sang de rate/rcroz.; Carbonchio, Febbre carbonchiosa ital.; Splenic fever. Anthrax engl.
Der Milzbrand oder Anthrax ist eine bei Pflanzenfressern, seltener bei Schweinen, meist epi- oder enzootisch vorkommende acute Tnfectionskrankheit, welche auch auf andere Thiergattungen und auf den Menschen übertragbar ist, unter verschiedenen Localisationsformen auftritt und abläuft und durch das Vorkommen feinster stäbchenförmiger Körperchen —#9632; Anthraxbacillen — im Blute, durch die nahezu constante Gegenwart acuter Milzgeschwülste, die Neigung zum Auftritte von Exsudaten, Extravasaten und brandigen Zerstörungen, sowie durch den stürmischen und gewöhnlich lethalen Verlauf charakterisirt ist.
Schon in den ältesten geschichtlichen Zeiten war der Anthrax bekannt; in der Bibel und bei griechischen nnd römischen Schriftstellern geschieht der Milzbrandseuche Erwähnung. Von einzelnen Dichtern und Historikern des Alterthums (Homer, Dionys von Halikarnassos, Lucretius, Livius und Virgil) wurden zutreffende Beschreibungen der Krankheit geliefert und auch den griechischen und römischen Aerzten und Thierärzten war sie nicht unbekannt. Im Mittelalter scheint der Anthrax häufig geherrscht zu haben; seine verschiedenen Formen wurden als besondere Krankheiten benannt, häufig auch mit anderen Processen zusammengeworfen.
Erst zu Ende des siebenzehnten und zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts lieferte Ramazzini eine genaue Darstellung und Beschreibung der Anthraxseuche, welche in den Jahren 1690 und 1691, dann 1709, 1711 und 1712 in Italien, Deutschland und Frankreich, und zwar in den letzteren Jahren mit der Rinderpest zugleich herrschte, von welcher Krankheit sie jedoch Ramazzini wohl unterschied. Im Jahre 1726 war der Anthrax über einen grossen Theil Deutschlands, im Jahre 1731 in Frankreich verbreitet, wo ihn Sauvages als Zungenanthrax beschrieb. Gegen Ende der Fünfziger- und Anfangs der Sechsziger-Jahre des] achtzehnten Jahrhunderts herrschte die Krankheit in Deutschland, Russland, Schweden und Frankreich, im Jahre 1774 auf der Insel Guadeloupe. Wiederholt wurde während dieser Invasionen der Uebergang der Krankheit auf Menschen beobachtet. In den Achtziger-Jahren war die Seuche über einen grossen Theil Frankreichs verbreitet; im Jahre 1793 trat sie in Deutschland auf und erhielt sich daselbst bis 1805, indem sie während dieser Zeit wiederholt auch nach Frankreich übergriff.
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Im gegenwärtigen Jahrhunderte waren besonders die Jahre 1807, 1810, 1811, 1819, 1822 xmd 1827 durch eine grosse Verbreitung des Milzbrandes beinahe über ganz Europa ausgezeichnet; im Jahre 1834 herrschte er in Bussland, Deutschland, Holland und England seuchenartig. Gegenwärtig scheinen den Verheerungen des Anthrax in Folge der Verbesserung der Bodenverhältnisse, der Fortschritte der Agricultur überhaupt und einer strengen Durchführung entsprechenderer veterinär-polizeilicher Massregeln engere Grenzen gesteckt zu sein, obwohl es auch heute noch Gegenden gibt, in welchen der Milzbrand als eine enzootische Krankheit nahezu alljährlich oder doch häufig genug sich einstellt.
Aetiologie. Der Anthrax tritt meistens als epi- oder enzootische Krankheit seuchenartig, seltener sporadisch auf, und bleibt in dem letzteren Falle auf einzelne oder wenige Thiere eines Stalles oder einer Ortschaft beschränkt.
Empfänglichkeit. Die grösste Disposition für die Krankheit kommt unter den Hausthieren den Pflanzenfressern zu; geringer ist sie bei Schweinen, am geringsten bei Fleischfressern. Durch neuere Untersuchungen und Beobachtungen wurde festgestellt, dass der unter Schweinen oft verheerend auftretende Rotlilauf, welcher früher gewöhnlich den Anthraxformen beigezählt wurde, der Kategorie dieser Krankheit nicht angehöre, sondern eine Infectionskrank-heit eigener Art darstelle.
Unter den Pflanzenfressern werden am häufigsten Schafe und Rinder (Büffel), seltener Ziegen, Pferde und Esel ergriffen, ebenso richtet der Anthrax unter Renthieren, Rehen, Hirschen und Damwild bisweilen sehr bedeutende Verheerungen an.
Alter und Geschlecht begründen keinen Unterschied in der Disposition für den Milzbrand. Gutgenährte und mastige Thiere werden bei dem seuchenartigen Auftreten der Krankheit gewöhnlich zuerst und von den acutesten Formen befallen; während im späteren Verlaufe der Seuche auch Thiere, die sich in weniger gutem Ernährungszustände befinden, ergriffen werden. In Localitäten, in welchen der Milzbrand als enzootische Krankheit herrscht, erkranken neu eingebrachte Thiere in der Regel leichter und zahlreicher alsi einheimische und an die localen Verhältnisse aeclimatisirte.
Manche Thierindividuen bleiben selbst bei wiederholtem Auftreten von Anthraxepizootien verschont, können aber, später gleichwohl noch von der Krankheit befallen werden und ihr unterliegen. Dasselbe konnte Feser („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot;, VI, 1880) bei Impfungen constatiren, indem er fand, dass einzelne Individuen sonst sehr empfänglicher Thiergättungen (Schafe, Kaninchen^ Mäuse) geringe Quantitäten wirksamen Anthraxgiftes ^beson: ders in Form von Authraxsporen) gut vertrugen, aber vor einer
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später tödtlicli verlaufenden Erkrankung nach Einverleibung grösserer Mengen desselben Infeetionsstoffes nicht gesichert waren. Einzelne solche Individuen erwiesen sich dagegen für das Anthraxgift völlig immun.
Ob es gewisse Eigenthümliehkeiten gibt, welche bestimmte Racen von Thiergattungen, die im Allgemeinen für das Anthraxgift empfänglich sind, für die Entwicklung dieser Krankheit weniger geeignet machen, bedarf noch weiterer Forschung. In dieser Hinsicht ist die Beobachtung Chauveau's („Comptes rendus de l'Acadamp;nie des Sciencesquot;; stance du 8. Septembre 1879) von grosser Bedeutung, welcher gefunden hat, dass Schafe algierischer Abkunft (Berber-schafe) sich durchgehends für den Impfanthrax unempfänglich erwiesen, während alle mit derselben Anthraxmaterie geimpften Kaninchen und einheimischen (französichen) Schafe nach der ersten Impfung schon der Krankheit unterlagen. Diese Immunität der Berberschafe hat sich jedoch bei späteren, iu Algier selbst, vorgenommenen Versuchen nicht als eine absolute herausgestellt. Denn, obwohl relativ starke Dosen von Anthraxblut, welche französische Schafe tödteten, bei jenen wohl schwere Erkrankungen (mit Temperaturen von 39deg; bis 40deg; C), aber nicht den Tod herbeiführten, zeigte es sich, dass bei einer Verstärkung der Dosis in hohem Grade auch die Berberschafe der tödtlichen Wirkung des Anthraxgiftes nicht zu widerstehen vermochten. Die relative Immunität der Berberschafe sucht Chauveau darin, dass sie Stoffe besitzen, welche dem Wachs-thum der Bacterien schädlich sind, während sie nach der Ansicht Pasteur's auf deren Constitution und Widerstandsfähigkeit beruht.
In Rücksicht auf die grössere oder geringere Empfänglichkeit der verschiedenen Thiergattungen für das Anthraxgift hat Oemier („Archiv für wissenschaftliche und praktische Thierheilkundequot;, 3. Bd.) sehr zahlreiche Impfversuche vorgenommen. Was die Säugethiere betrifft, so ergab sich, dass Schafe, Ziegen, Kaninchen, Hasen und Mäuse eine sehr grosse Empfänglichkeit für den Impfanthrax zeigen, dass diese Disposition bei Pferden geringer, bei Rindern, Schweinen, Hunden und Füchsen sehr gering, bei Katzen grosser als bei Hunden sei. Unter den, den Versuchen unterzogenen Vögeln zeigten die kleineren eine grössere Empfänglichkeit für den Impfanthrax als die grösseren, wie: Tauben, Enten, Hühner, Truthühner, Gänse; während die Raubvögel, sowie Dohlen und Staare, eine vollkommene Immunität bewahrten. Unter den Amphibien vcrhielteu sich (wie auch R. Koch angibt) Frösche gegen das Anthraxgift sehr widerstandsfähig. Aus den an Karpfen und Goldfischen vorgenommenen Impfungen ergab sich, dass der Milzbrand auch Fischen mitgetheilt werden könne, dass dieselben aber im Ganzen für denselben wenig empfänglich seien.
Ausserdem zeigte sich, dass die Disposition durch individuelle Zustände der Impflinge, besonders wenn dies Pferdte waren, gesteigert werde; während dies
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bei anderen Thiergattuugen, wie bei Rindern, wieder nicht der Fall war. Von Interesse ist ferner die Thatsache, dass das Virus sowohl des primären als des Impfanthrax bestimmter Thierarten nicht auf jede andere Thierart sich übertragen Hess und dass die zahlreichen Impfungen von Thieren, welche, wie Schafe, Ziegen, Kaninchen, für das Anthraxgift sehr empfänglich sind, mit dem frischen Blute aller dem Impfanthrax erlegenen Vögel ein negatives Resultat ergaben.
ChauVeau („Journal de m6d. vet^r.quot;, 1880) nahm bei Berberschafen, welche eine Impfung mit Anthraxblut überstanden hatten, eine zweite, dritte, vierte und fünfte Impfung vor und fand, dass sich nach jeder Impfung, vorausgesetzt, dass dieselben nicht zu rasch auf einander folgten, die Wirkung abschwächte, bis ein Moment eintrat, in welchem die Thiere die vollständige Immunität gegen Anthrax besassen. Bei schnell aufeinander folgenden Impfungen summirten sich jedoch die Wirkungen der Impfungen und die Erscheinungen des Anthrax traten in vollster Intensität auf. Wurden Mutterschafe zu Ende der Trächtigkeit geimpft und ebenso das Lamm sofort nach der Geburt, so zeigte das letztere eine grössere Immunität gegen Anthrax, als ein von einer nicht geimpften Mutter stammendes Lamm; woraus Chauveau schliesst, dass eine directs Berührung des thierischen Organismus mit den Anthraxbacterien nicht nöthig sei, um denselben gegen diese immun zu machen und dass die Präventivimpfungen die Säfte sterilisiren, indem sie ihnen die zur bacteriellen Reproduction nöthigen Nährsubstanzen entziehen oder ihr schädliche Stoffe hineinbringen (s. S. 23). Chauveau hat, ebenso wie Pasteur con-statirt, dass auch Rinder nach überstandener Anthraximpfung sich einer neuen Impfung gegenüber als widerstandsfähig erwiesen. Jedoch auch durch präventive Impfungen gegen den Milzbrand mehr oder weniger widerstandsfähig gemachte Schafe erwiesen sich nicht durch-gehends immun gegen massenhafte Transfusionen von Milzbrandblut.
Toussaint („Recueil de möd. v^tamp;r.quot;, 1880) ist es gelungen, durch ein- oder zweimalige Injection von 3 Cubcm Anthraxblut, aus welchem die Bacterien durch wiederholtes Filtriren entfernt, oder in welchem die Bacterien durch Erwärmen auf 55deg; C. während 18 Minuten getödtet worden waren, bei jungen Hunden und bei Schafen Immunität gegen den Milzbrand herbeizuführen, ohne dass die Thiere in Folge der Präventivimpfung erheblich erkrankten.
Vorkommen. Der Anthrax kommt in allen Welttheilen und unter allen Himmelsstrichen, in den Polar- wie in den tropischen Gegenden und unter mittleren BreitegradenVor; vorausgesetzt, dass die Bedingungen für seine Entwicklung vorhanden sind. In manchen Ländern und Gegenden herrscht er als enzootische Krankheit.
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Infectionserreger. Soweit die Beobachtungen gegenwärtig reichen, scheint der Milzbrand vorzugsweise durch contagiöse Infection zu entstehen. Obwohl die Contagiosität desselben schon im achtzehnten Jahrhundert durch zahlreiche, namentlich französische Beobachter nachgewiesen worden war, wurde sie doch später wiederholt noch in Abrede gestellt. Selbst von vielen Autoren, welche die Contagiosität der einmal entwickelten Krankheit zugaben, wurde doch auch eine spontane Entstehung der Krankheit angesprochen. Besonders fand die, auch von Heusinger vertretene Ansicht, dass der Milzbrand der Kategorie der Malariakrankheiten angehöre, zahlreiche Anhänger; eine Ansicht, welche durch die Verhältnisse der Ortlichkeiten, in welchen der Milzbrand als enzootische Krankheit vorkommt, wesentlich unterstützt wurde.
Durch die Entdeckung Pollender's (1849, publicirt 1855) und Brauell's („Virchow's Archiv XI, 1857, XIV, 1858), sowie durch die auf Grund derselben angestellten weiteren Forschungen wurde jedoch ein ganz neues Licht über die Natur des Anthraxgiftes verbreitet. Pollender fand nämlich (1855) in dem Blute milzbrandkranker Rinder eine zahllose Menge feinster, stäbchenförmiger, den Vibrionen ähnlicher Körperchen, welche er für pflanzlicher Natur hielt.
Unabhängig von ihm traf Brauell (1857) diese Körper, welche er für Vibrionen erklärte, in dem Blute von Schafen, Pferden und Menschen, die an Anthrax gestorben waren sowohl, als auch in dem Blute noch lebender milzbrandkranker Thiere wenige Stunden vor ihrem Tode, während sie in dem Blute genesender Thiere fehlten. Er war der Erste, welcher einen Zusammenhang dieser Stäbchen mit dem Anthraxprocesse feststellte und ihnen eine wesentliche Bedeutung für die Diagnose und Prognose der Krankheit zuerkannte. Als die eigentlichen Erreger des Anthrax Hess er sie jedoch nicht gelten, da er die Krankheit auch durch Impfungen mit Blut, in welchem diese Stäbchen fehlten, hervorrufen konnte. Der Ansicht Brauell's trat Delafond („Recueil de med. v^t6r.quot;, 1860) bei und hielt diese Stäbchen für eine, der Gattung Leptothrix angehörige Alge.
Nachdem über die Natur dieser Körperchen verschiedene Ansichten geäussert und vertheidigt worden waren (Faserstoffgerinnsel, Blutkrystalle u. s. w.) sprach sich Davaine („Comptes rendus de lAcadamp;nie de sciencesquot;, LVII, 1863) für die bacterielle Natur derselben aus und nannte sie später zur Unterscheidung von den bewegungsfähigen Fäulnissbacterien: Bacteridien. Er erklärte, gestützt auf seine Versuche, diese Körperchen, welche in enormer Menge in dem Blute milzbrandkranker Thiere vorkommen (acht bis zehn
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Millionen in einem Tropfen Anthraxblut), für das eigentliche Krank-heitsgift, da Blut ohne Bacteridien unfähig sei, den Milzbrand fortzupflanzen, und hob hervor, dass für eine Ansteckung' schon die Einführung- minimalster Mengen des Krankheitsgiftes genüge, so dass bei Meerschweinchen das Einbringen des millionsten Theiles eines Tropfens Anthraxblutes noch von Erfolg begleitet ist. :
Diese von Davaine den Bacteridien zugespi'ochene pathogene Eigenschaft wurde von verschiedenen Forschern, darunter von Braue 11 selbst („Oesterrciehische Viertoljahrsschrift für Veterinärkundequot;, XXIV, 1865) in Abrede gestellt,'welchem es gelungen war, durch Impfung mit Anthraxblut, in dem Bacteridien nicht nachweisbar waren. Anthrax zu erzeugen, während in dem Blute der Impflinge selbst solche Stäbchen sich wieder vorfanden. Die Erklärung dieser Thatsache ist durch die, seit jener Zeit über das Leben der Bacteridien gewonnenen Erfahrungen gegeben worden, welche herausstellten, dass in dem bacterienfreien Anthraxblute die Keime (Dauersporen) der Bacteridien enthalten sind, welche sich in dem Blute der geimpften, beziehungsweise angesteckten Thiere wieder zu Bacteridien entwickeln.
Zur Klärung und Lösung der Frage, ob die stäbchenformigen Körpereben thatsächlich das Krankheitsgift des Anthrax darstellen, sind während der beiden letzten Decennien die umfassendsten Versuche, namentlich von französischen und deutschen Forschern, vorgenommen worden, deren Ergebnisse die pathogene Eigenschaft dieser kleinsten Wesen aussei* Zweifel stellten. Die Frage, ob die Bacteridien allein und an und für sich genügen, den Anthrax hervorzurufen, oder ob die Erscheinungen dieser Krankheit von der Mitwirkung eines diese Parasiten begleitenden oder an ihnen haftenden fermentartigen Stoffes abhängig seien, ist, wie bereits erwähnt (S. 11), ohne besondere Bedeutung, da solche Fermente eben durch die Lebensthätigkeit der Bacterien entstanden, von diesen kaum vollständig zu trennen sein werden. Dass nicht anhängende Krankheitsstoffe die Erreger des Anthrax sein können, wurde durch Buchner's Züchtung von Anthraxbacterien aus. Heubacterien erwiesen (s. S. 10 und 17).
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Pasteur und Joubert („Comptes rendusquot;, LXXXIV, Nr. 18) säten eine unendlich kleine Menge von Milzbrandblut in neutralen oder schwach alkalisch gemachten Harn und in künstliche Nährflüssigkeiten, in welchen sich die Bacteridien enorm vermehrten. Aus dieser ersten Flüssigkeit nahm Pasteur einen Tropfen für eine abermalige Aussaat in eine neue Quantität der Flüssigkeit und wiederholte diesen Vorgang in zahlreichen neuen Culturen. Er impfte schliesslieh nach
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einem Monate mit Bacteridien der letzten Cultur, welche die ganze todtliehe Wirksamkeit des Milzbrandblutes selbst zeigten, dessen Virulenz daher weder an die rothen, noch an , die weissen Blutkörperchen, von denen in den letzten Culturen absolut keine Spur mehr zugegen war, gebunden sein konnte.
Dass nicht ein lösliches diastatisches Ferment die Ursache des Anthrax sei, wies Pasteur mittelst der Filtration bacterienreicher Culturflüssigkeit oder bacteiienreiehen Milzbrandblutes (durch Gipsfilter) nach, deren Impfung ohne Erfolg blieb, während die Impfung mit denselben Flüssigkeiten ohne Filtration eine rasch zum Tode führende Erkrankung veranlasste. Zu denselben Resultaten gelangte Klebs nach der Filtration solcher Flüssigkeiten durch Thonzellen.
Auch die Ansicht, dass in den Culturen sich möglicherweise ein etwa au mikroskopischen Körperchen haftendes Virus gleichzeitig mit den neuen Generationen der Bacteridien erzeugen könne, hält Pasteur durch die Thatsache widerlegt, dass die Nährflüssigkeit, in welcher die Stäbchen sieh zu verfilzten und flockigen Massen vermehren, sich gleichwohl nicht im Geringsten trübt und dass das Mikroskop aussei' den Bacteridienfädeu auch nicht das geringste organische oder unorganische Körperchen in ihr auffinden kaun (s. auch S. 11).
Als weiterer Beweis für die patliogene Eigenschaft der Bacteridien für die Entstehung des Anthrax ist die zuerst von Bratiell, dann von Davaiue und später von Bollinger nachgewiesene Thatsache anzusehen, dass diese Stäbchen in dem Blute und den Organen, sowie in dem Fruchtwasser der Fötus der an Anthrax gestorbenen Mutterthiere, in deren Blute und Organen zahllose Mengen von Milzbrandstäbchen angetroffen werden, vollständig fehlen und dass Impfungen mit den dem Körper solcher Fötus entnommenen Flüssigkeiten durchaus ein negatives Kesultat ergeben, während die mit dem stäbchenhältigen Blute der Mutter geimpften Thiere der Anthraxinfection verfallen.
Nach dem Ausdrucke Bollinger's stellt die Placenta einen physiologischen Filtrirapparat dar, welcher die stäbchenartigen Körper in den fötalen Kreislauf nicht gelangen lässt.
Ebenso beweist die Thatsache, dass keines der von A. Frisch („Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaftenquot;, III. Abtheilung, 1876) mit Milzbrandblut in die Hornbaut geimpften Thiere an Impfmilzbrand zu Grunde ging, obwohl in der Hornhaut ausgebreitete Vegetationen von Milzbrandstäbchen sich entwickelt hatten, class die Bacteridien selbst den Ansteckungsstoff darstellen und dass sie nicht einen löslichen Infectionsstoff an sich tragen; da ein solcher von der Cornea aus in die Säfte der Impfthiere hätte eindringen und eine allgemeine Infection bewirken müssen.
Nicht weniger spricht das von Davaine und Feser erhaltene positive Kesultat der Impfung mit millionenfach verdünntem Blute auf Meerschweinchen, beziehungsweise Kaninchen für die pathogene Eigenschaft der Anthraxstäbchen, da jedes chemische oder andere Gift durch eine so enorme Verdünnung unwirksam werden müsste.
Toussaint („Comptes rendusquot;, LXXXVI, 18), welchem es gleichfalls gelang, dem milzbrandigen Blute die contagiösen Elemente durch Filtration zu entziehen, erkennt ebenfalls den Bacteridien die pathogene Eigenschaft zu, sucht jedoch durch verschiedene Versuche zu beweisen, dass neben ihnen eine von ihnen abgesonderte Substanz, eine Art Diastase sich vorfinde, welche intensive entzündungserregende Eigenschaften besitze und für die Erklärung der krankhaften Veränderungen beim Milzbrand von Bedeutung 'sei; eine Ansicht, welche Bollinger bereits früher ausgesprochen hat.
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330nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbrand. Aetiologie. Anthraxbacillen.
Vereinzelt steht gegenwärtig die Meinung Coliu's, welcher das Milzbraod-gift nicht iu den Bacteridieu, sondern allein in einem fermentartigen Körper sucht, der sich gelöst im Blute vorfinden soll.
Die Milzbrandbacteridien Davaine's gehören der wohl-charakterisirten Gattung Bacillus der Naegeli'schen Gruppe der Spaltpilze, Schizomyceten, an und werden gegenwärtig ziemlich allgemein als Bacillus Anthracis bezeichnet.
Die Anthraxbacillen sind feine, platte, von vollkommen geraden Contouren begrenzte, bisweilen stumpfwinkelig geknickte, ziemlich stark lichtbrechende stäbchenförmige Körperchen, ohne selbstständige Bewegung, von einer mittleren Länge von 0quot;007mm bis 0-012 mm, bei einer nahezu unmessbar geringen Breite; Eberth gibt ihre Länge zu fünf (x. an.
Nach A. Frisch („Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaftenquot;, III. Abtheilung, 1876) zeigen die Anthraxbacillen sehr zarte Querstreifen, als Ausdruck einer Gliederung, und zwar in der Mehrzahl drei solcher Streifen, durch welche dieselben als aus vier gleich grossen Stücken gebildet erscheinen. Neben solchen viergliederigen, theils gerade gestreckten, theils in der Mitte geknickt erscheinenden Stäbchen, finden sich nach ihm auch zweigliederige, welche halb so lang als die vorigen sind, die Frisch als die kleinsten, normalerweise vorkommenden selbstständigen Elemente ansieht und Diplobacterien nennt. Die viel häufigeren viergliederigen Formen bilden nach ihm durch Aneinanderreihung zu zwei, drei, zehn und mehr viergliederigen Elementen Ketten, welche zuweilen als gestreckte, sehr lange Fäden erscheinen, zuweilen vielfach geknickte und gewundene Formen darstellen. Entgegen fast allen übrigen Forschern, welche die Anthraxbacillen für ruhende, sich nicht bewegende Stäbchen erklären, hat Frisch Bewegungen an denselben in der Art wahrgenommen, dass die Stäbchen das Gesichtsfeld durchwandern, indem sie sich mit ihrer Längsachse abwechselnd nach rechts und links wenden, während die Kettenformen eine aalartig schlängelnde Bewegung zeigen. Alle Bewegungen seien jedoch sehr langsam und Hessen sich in keiner Weise mit jenen der Fäulnissbacterien vergleichen.
R. Koch („Beiträge zur Biologie der Pflanzenquot;, II., 2) kommt auf Grund von Impfversuchen, welche er durch viele Generationen hinter einander an Mäusen vornahm, zu der' Annahme, dass die Anthraxbacillen sich in dem Blute und den Gewebssäften der lebenden Thiere durch Verlängerung und fortwährende Quertheilung ausser-ordentlich schnell vermehren. Eine zweite Art der Vermehrung con-statirte er durch directe Beobachtung. Es gelang ihm nämlich, durch Einlegen kleiner Stückchen frischer bacillenhältiger Milzsubstanz in eine geeignete Nährflüssigkeit unter Einhaltung einer Temperatur von 350 bis 37,, vielfach gewundene und Schliesslich die hundert-und mehrfache Länge der ursprünglichen Bacillen erreichende Fäden, in welchen die Bildung von Sporen stattfand, zu ziehen.
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welche Fäden schliessiich der Auflösung unterliegen, worauf freie (Dauer-) Sporen zurückbleiben. Ebenso wurde von ihm die weitere Entwicklung dieser Sporen zu Bacillen nachgewiesen und er war oft im Stande, in demselben Präparate aus Bacillen die Sporen und aus diesen abermals Bacillen und sporenhaltige Fäden zu ziehen.
Soll jedoch die Bildung von Sporen stattfinden, so muss der Zutritt von Sauerstoff gestattet sein und darf die Temperatur nicht dauernd unter 13deg; herabsinken, ausserdem muss die Nährflüssigkeit eine gewisse Menge von Salzen und Eiweiss enthalten.
Nach J. Szpilman's („Zeitschrift für physiologische Chemiequot;, IV, 6, 1880) Versuchen sind atmosphärische Luft, Sauerstoff und Ozon, welches letutere die Fäulnissbacterien in sehr kurzer Zeit tödtet, dem Leben und der Vermehrung der Anthraxbacillen günstig; Kohlensäure vernichtet bei einer fünf bis acht Stunden währenden Einwirkung die Infectionsfähigkeit der Bacillen nicht, erst nach vier-undzwanzigstündigem Verweilen in einer in Glasröhren eingeschlossenen Kohlensäure-Atmosphäre gehen die Milzhraudstäbchen zu Grunde. Aus dem differenten Verhalten der Fäulniss- und Anthraxbacterien gegen Ozon, unter dessen Einfluss die Oxydationsvorgänge im Thierkörper geschehen, schliesst Szpilman, dass nur solche Spaltpilze, welche durch Ozon nicht verändert werden, in den Geweben und im Blute sich entwickeln und durch ihren Lebensprocess Infeotionskrankheiten bewirken können.
An den vor dem Tode des milzbrandkranken Thieres entnommenen Bacillen konnte er stets nur eine Vermehrung durch Queitheilung, nie ein Auswachsen zu Fäden beobachten, während das Gegentheil immer bei den' nach dem Tode des Thieres aus dem Cadaver entnommenen Bacillen stattfand, in deren Fäden nach zehn bis zwölf Stunden die Sporenbildung eintrat.
Zu ähnlichen Resultaten wie E. Koch kam bezüglich der Vermehrung der Anthraxbacillen A. Frisch (1. c.) durch Impfung von Milzbrandblut in die lebende Hornhaut. Nach ihm sind die Stäbchen einer zweifachen Metamorphose fähig; es bilden sich entweder aus denselben Schläuche heraus, gefüllt mit Mikroeoccen, die einer weiteren Entwicklung unfähig sind, oder es entwickeln sich in ihnen Dauersporen, aus welchen unter geeigneten Verhältnissen wieder Bacillen hervorgehen, die sich von der ersten Generation durch nichts unterscheiden.
Die Anthraxbacterien reproduciren sich sowohl innerhalb des kranken Thierkörpers als ausserhalb desselben, im Boden, sie sind daher sowohl entogener als ektogener Natur.
Tenaeität des Anthraxgiftes. Wie erwähnt, ist die Entwicklung der Anthraxbacillen von dem Vorhandensein von Sauerstoff abhängig, olme denselben gehen sie zu Grunde; durch die Einwirkung einer Temperatur von 50 bis 600 C. werden sie ihrer Entwicklungsfähigkeit beraubt. Nach R. Koch (1. c.) erfolgt das
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Milzbrand. Aetioloyiti. Tenacität des Coutagmms.
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Waclisthum der Fäden am schnellsten bei einer Temperatur von 25deg;; unter 12deg; fand ein solches überhaupt nicht mehr statt; über 40,l wird die Entwicklung kümmerlich und scheint bei 45deg; aufzuhören.
Pasteur hat („Bulletin de TAcademie de m6d.quot;7 Nr. 12 und 24, 1878) nachgewiesen, dass die Anthraxstäbchen sich nur bis zu einer gewissen Maximalgrenze der Bluttemperatur im Blute fortpflanzen, und dass auch ihr Vermögen, krank zu machen mit einer höheren Bluttemperatur erlischt. Er hat gefunden, dass der Grund, warum die Vögel, namentlich Hühnerarten, deren Temperatur nahe an 42 bis 43deg; C. ist, eine gewisse Immunität gegen den Milzbrand besitzen, in dieser hohen Bluttemperatur zu suchen sei, während die Temperatur des Blutes derjenigen Thiere, welche leicht den Milzbrand aufnehmen, 35 bis 39deg; C. beträgt.
Dagegen werden die Anthraxbacillen selbst durch sehr niedere Temperaturen nicht getödtet.
A. Frisch („Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaftenquot;, 80. Bd., 1879, und „Ocsterreieliische medicinische Jahrbücherquot; 1879) hat, in Ergänzung früherer über die Widerstandsfähigkeit von Bacterien überhaupt gegen Kälte angestellter Versuche, Milzbrandblut, welches Anthraxbacillen enthielt und andere von Milzbrand herstammende sporenhältige Substanzen einer Kliltemischuug aus fester Kohlensäure und Aether im luftverdünnten Kaurae ausgesetzt, wobei die Temperatur ein Minimum von — 111deg; C. erreichte. Nachdem die Verauchs-flüssigkeiten im Ganzen durch 5 Stunden 25 Minuten auf eine Temperatur unter — 2'2-5quot; gebracht, darunter eine ganze Stunde lang unter — 100quot; und 15 Minuten auf —111deg; C. abgekühlt worden waren, zeigten die Stäbchen dasselbe homogene glashelle Aussehen wie früher und hatten die Fähigkeit, zu Fäden auszuwachsen und Sporen zu bilden nicht verloren. In dem Blute der mit gefrorenen Milzbrandsubstanzen geimpften Thiere fanden sich, obwohl sie alle der Impfung unterlagen, nnmittelbar nach dem Tode keine Bacillen, jedoch entwickelten sich solche in den Blutproben zweier solcher Thiere, nachdem sie in der feuchten Kammer durch zwölf Stunden einer Temperatur von -}- 38deg; C. ausgesetzt worden waren, zum Beweise, dass in dem Blute wenigstens Sporen der Bacillen vorhanden gewesen sein mussten. In der mit gefroren gewesenen bacillenbältigen Flüssigkeit geimpften lebenden Hornhaut kam es nur ausnahmsweise zur Bacillenvegetation, dagegen bei der Impfung sporenhältiger Flüssigkeit in die lebende Cornea zur Entwicklung der aus Bacterien gebildeten sternförmigen Netzwerke; woraus zu schliessen ist, dass die Bacillussporen sich gegen die Kälte widerstandsfähiger verhalten als die Stäbchen.
Auch Feser („Archiv für wissenschaftliche und praktische Thierheilkundequot; 1877) constatirte, dass eine ein- bis dreitägige andauernd einwirkende Winterkälte bis zu — 10deg; C. die Virulenz frischer Milzbrandobjecte nicht verringerte. Die festgefrornen Tlieile enthielten immer noch entwickluugs- und vermehrungsfähige Bacillen und erzeugten nach der Impfung Milzbrand. •-
Durch Fäulniss werden die Anthraxbacillen rasch zerstört; mit deren Eintritt und dem Auftreten von Fäulnissbacterien verliert das
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Milzbraud. Aotiologie. Tenacitiit des Contaginms.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;333
Milzbrandblut seine Virulenz. Nach Fes er hatte faules Anthraxblüt seine infectiöse Eigenschaft verloren. Ebenso gibt Colin („Extrait du Bulletin de l'Acadamp;oie de mdd. de Parisquot;, 1880) auf Grund zahlreicher von ihm angestellter Versuche an, dass das Erlöschen der Virulenz der Milzbrandobjecte von dem Eintritte der putriden Zersetzung abhänge, und dass alle Umstände, welche die Fäulniss zu beschleunigen oder zu erleichtern geeignet sind — darunter eine starke Verdünnung des Blutes — auch den Moment des Erlöschens der infectiösen Eigenschaft rascher herbeiführen.
Dagegen scheinen nach R. Koch Bacillussporen in faulenden Flüssigkeiten sich ebenso gut, wie in nicht faulenden durch sehr lange Zeit keimfähig zu erhalten. Es dürfte daher wesentlich von der An- oder Abwesenheit von Bacillussporen abhängen, ob faulende Milzbrandobjecte überhaupt noch virulente Eigenschaften besitzen oder nicht.
Nach dem Eintrocknen erhalten sich die Anthraxbacillen unter Umständen durch lange Zeit lebens- und entwicklungsfähig. Davaine konnte mit eingetrocknetem Milzbrandblute noch nach 22 Monaten Impfanthrax hervorrufen; Feser fand getrocknetes Anthraxblüt nach zwei- bis sechsundzwanzigtägiger Conservirung noch virulent, später aber nicht mehr. In sehr dünnen Lagen eingetrocknete Bacillusmassen verloren nach R. Koch nach 20 bis 30 Stunden je nach ihrer Dicke ihre Ueberimpfbarkeit und die Eigene schaft, im Brutappai^ate zu langen Fäden heranzuwachsen; dickere getrocknete Stücke erhielten sich dagegen zwei bis drei Wochen impf- und entwicklungsfähig. Es kommt hiebei wesentlich darauf an, ob in den getrockneten Milzbrandsubstanzen sich bereits Sporen gebildet haben oder nicht; denn die Zeit, durch welche hindurch die getrockneten Sporen der Anthraxbacillen keimfähig bleiben, ist eine beiweitem längere und R. .Koch ist auf Qrund seiner Impfversuche geneigt anzunehmen, dass dieser .Zeitraum: eine Reihe von Jahren umfasse, und dass selbst wiederholtes Eintrocknen und Anfeuchten nicht im Stande sei, ihre Keimfähigkeit zu zerstören. Feser,: welcher (1. c.). bei Impfversuchen mit getrockneten Milzbrandsubstanzen früher negative Resultate erhielt und auch durch Culturen derselben im Brutapparate ein Wachsthum der Bacillen. nicht erzielen konnte, spricht, sich nunmehr auf Grund späterer Versuche, ^welche er mit in künstlicher Nährstofflösung bei unausgesetztem reichlichen Luftzutritt gezüchteten Anthraxbacillen und deren Sporen anstellte, dahin aus, dass das Anthraxgift in Form von Sporen auch nach längerem Trockenzustande (nach 13 Monaten) und selbst nach langer
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Milzbrand. Aetiologie. En/ootlscbus Auftreten,
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Einwirkung strenger Winterkälte (bis — 20deg; C.) seine Virulenz in hohem Grade erhalte. („Deutsehe Zeitschrift für Thiermedicinquot;, VI, 1880).
Durch Lösungen von Carbolsäure werden die Anthraxbacillen getödtet, dagegen widerstehen sie der Einwirkung concentrirter Mineralsäuren und Alkalien ziemlich energisch. Nach P. Bert dagegen bleiben die Bacillusspoien monatelang lebensfähig in Alkohol und phenylsaurem Alkohol, durch welchen letzteren die ausgewachsenen Bacillen augenblicklieh getödtet werden.
Nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse kann kein Zweifel weiter darüber bestehen, dass die entwicklungsfähigen Stäbchen und Sporen des Bacillus Anthracis das eigentliche Contagium des Anthrax darstellen, und dass die Zeitdauer, während welcher sie sich lebensfähig erhalten und infectiös wirken können, von den Verhältnissen abhängig sei, in welche sie gebracht werden.
Enzootisches Auftreten. Wie bereits erwähnt, kommt der Milzbrand in manchen Gegenden, die gewöhnlich als Milzbrandbezirke bezeichnet werden, als enzootische Krankheit vor. Dahin gehören unter Anderem manche tiefgelegene und öfteren Ueber-schwemmungen ausgesetzte Landstriche Niederungarns und der unteren Donauländer, die moorigen Gegenden einiger Landstriche Frankreichs^ die Meeresküsten von Catalonien, Moorstriche in den baltischen Provinzen, gewisse Gegenden im europäischen Russland und Sibirien, die sogenannten Milzbranddistricte in der preussischen Provinz Sachsen und im Regierungsbezirke Potsdam, manche bayerische, Tiroler und Vorarlberger Alpen u. a.
In Eussland gingen im Jahre 1864 an Milzbrand (dort sibirische Benlen-seuche genannt), allein 72.000, im Gouvernement Nowgorod während der Jahre 1867 bis 1870 über 56.000 Pferde, Kühe und Schafe zu Grunde; ausserdem starben daselbst 528 Menschen an Anthrax. Nach Bellinger („Deutsches Archiv für klinische Medicinquot;, XIV) herrscht der Milzbrand auf gewissen Alpenweiden Oberbayerns, von welchen schon seit Anfang dieses Jahrhunderts über diese Krankheit berichtet wird, seit dem Jahre 1808 fast in jedem Jahre, hat sich jedoch von dem Sommer 1874 an zu einer förmlichen Epizootie gesteigert; innerhalb dreier Jahre sind daselbst 834 Stück Vieh an Anthrax gefallen. Nach den Mittheilungen Zeilinger's („Thierärztliches Wochenblattquot;, 1875) trat der Anthrax im Jahre 1874 in den genannten Localitäten auf 80 Weiden und in 22 Stallungen auf und tödtete 618 Rinder und 40 Pferde, ausserdem wurden 15 Stück Wild an der Seuche verendet gefunden. Fes er, welcher eine bedeutungsvolle ^Arbeit über den Milzbrand auf den oberbayerischen Alpen (München 1875) veröffentlichte, berechnet den Geldwerth des Gesammtverlustes an Vieh daselbst während der Milzbrandepizootie der Jahre 1872 bis 1875 auf mehr als 300.000 Mark.
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Milzbrand. Aetiologle. Enzootisches Auftreten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;335
Der Milzbrand kommt als enzootisclie Krankheit liauptsächlicli in Gegenden mit humusreichem, durchfeuchtetem Boden, auf Torfgründen, in Localitäten mit austrocknenden Sümpfen oder Gewässern, dann in solchen vor, welche öfteren Ueberschwemmungen ausgesetzt sind, und von welchen das Wasser nur allmälig abfliessen oder abdunsten kann.
In manchen Gegenden sind sogar gewisse gefährliche Plätze bekannt, deren Betreten oder Beweiden bei dem Viehe Erkrankungen an Milzbrand veranlasst und dadurch zur Entstehung einer Epizootic bei ganzen Heerden führen kann.
Diese Verhältnisse des Bodens und seines Wassergehaltes wurden früher als günstig für die Erzeugung einer Milzbrandmalaria angesehen, während man sie heutzutage als vorzugsweise geeignet betrachtet, das Milzbrandgift — die Anthraxbacillen, besonders aber deren Sporen — lebens- und infectionsfähig zu erhalten. Nach Bellinger's Ansicht bietet das sumpfige nasse Terrain der oberbayerischen Alpen und Thäler günstige Bedingungen für die Con-servirung und Vermehrung des Anthraxgiftes.
Mit der Veränderung solcher loealer Verhältnisse, der Trockenlegung des Bodens und der Herbeiführung eines tieferen Standes des Grundwassers nimmt in der Regel der in einer solchen Gegend als enzootische Krankheit herrsehende Milzbrand an Häufigkeit ab oder hört auch vollständig auf, wie dies Wald bezüglich mehrerer Milzbranddistricte des Regierungsbezirkes Potsdam, Buhl bezüglich des Gestütes Neuhof bei Donauwörth, Reinelt in Betreif des Biharer Comitates und andere Beobachter (siehe „Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis in Preussenquot; für 1875/6) bestätigen.
Für das Auftreten des Milzbrandes sind Luft- und Bodentemperatur und die von letzterer abhängige Bewegung der Bodengase von wesentlichem Einflüsse. In den heissen Sommermonaten, während welcher aus feuchtem Boden die grössten Wassermengen verdampfen und die Bodenwärme ihr Maximum erreicht, kommen, wie in heissen Jahrgängen überhaupt, die zahlreichsten Milzbrandfälle vor. Durch die, besonders während der Nachtzeit, aus dem erwärmten und trocken gewordenen Boden aufsteigenden Gase können die daselbst befindlichen Anthraxkeime in die Atmosphäre geführt, durch Luftströmungen weiterhin verschleppt und die Bedingungen für eine Ansteckung vervielfältigt werden; Verhältnisse, welche in nassen Sommern und zur kühleren Jahreszeit nicht vorkommen.
Nach Toussaint wäre der Sommer für das Auftreten des Anthrax ansserdem aus dem Grunde besonders günstig, weil durch
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dessen Hitze die Pflanzen trockener und deshalb geeigneter werden, die Sclileimlüiute der Mund- und Raclienhöhle der Pflanzenfresser zu verletzen, wodurch den Anthraxkeimen der Weg in den Organismus gebahnt wird. Nach seiner Ansicht wären regenreiche Jahre dem Auftreten des Milzbrandes auch deshalb weniger förderlich, weil Regenfälle die Pflanzen abwaschen und die Anthraxkeime in die Tiefe des Bodens abführen; ausserdom begünstigen feuchte Jahre die Entwicklung der leichter zerstörbaren Bacillen aus den, eine viel grössere Lebensfähigkeit besitzenden Sporen und erleichtern demnach die Vernichtung des Anthraxgiftes.
In Betreff der Frage, auf welche Art die Anthraxkeime in den Boden gelangen, sprach Bellinger die Ansicht aus, dass dies der Hauptsache nach durch die Cadaver, Cadavertheile und Abfälle antliraxkranker Thiere geschehe und führt zur Unterstützung die Thatsache an, einerseits, dass das enzootische Auftreten der Krankheit in Gegenden beobachtet werde j wo die genannten Objecte entweder gar nicht oder doch nur unvollkommen beseitigt werden, andererseits, dass die Verheerungen des Anthrax dort aufgehört haben, wo die Cadaver und Dejecte milzbrandkranker Thiere auf eine entsprechende Weise unschädlich gemacht wurden.
Diese Ansieht hat mittlerweile auch anderweitige Bestätigung gefunden. So erwähnt Zeilingcr, dass auf den oberbayerischen Alpen, auf welchen der Milzbrand enzootiseh herrseht, die Cadaver der gefallenen Thiere schlecht vergraben oder in Bergbäche geworfen und frei liegen gelassen werden; so erkannte eine zum Zwecke der Erforschung der Ursachen der Anthraxepizootien in Russland niedergesetzte Commission, dass eine der hauptsächlichen Quellen dieser Seuche in der mangelhaften oder gänzlich unterlassenen Beseitigung der an Anthrax massenhaft fallenden, zum Schleppen der Kähne verwendeten Pferde an der Schecksna zu suchen sei.
Pasteur, welcher vermuthete, dass an jenen Plätzen, nach deren Betreten das , Vieh an Anthrax erkrankt (places maudites), Anthraxcadaver verscharrt seien, gelang es in der Beauee aus Cul-turen mit Erde, welche einem Boden entnommen war, in welchem zwei Jahre vorher an Anthrax gefallene Schafe 1 bis 2 m tief ver: scharrt worden waren, durch Impfung und Verfütterung von Luzerne, welche mit der baeterienhältigen Culturflüssigkeit übergössen worden war, den Milzbrand hervorzurufen.
R. Koch (1. c.) bemerkt, dass in den- meisten Cadavern der an Anthrax gefallenen Thiere, welche im Sommer massig tief eingescharrt werden oder längere Zeit auf dem Eelde, im Stalle oder.
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in Abdeckereien liegen, sowie in den baeillenhältigen Abgängen der kranken Thiere, welche in feuchten Boden gelangen, mindestens dieselben günstigen Bedingungen (Zutritt von Sauerstoff, entsprechende Temperatur und Nährfltlssigkeit) für die Entwicklung der Sporen des Bacillus Anthracis gegeben seien, wie bei den von ihm vorgenommenen Culturversuchen, und dass daher mit Grund angenommen werden könne, dass diese Stäbchen in jedem Sommer in einem Boden, dessen Feuchtigkeit das Austrocknen der aus den Höhlungen des Anthraxthieres ausfliessenden Nährflüssigkeit verhindert, ihre Sporen in enormer Menge ablagern. Von einem einzigen unzweckmässig behandelten Cadaver können unzählige Sporen geliefert werden, von welchen ein Theil nach langer Lagerung im Boden oder im Grundwasser oder angetrocknet an Zwischenträger als Staub oder mit dem Wasser in den Thierkörper eingeführt werden kann.
Feser („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot;, IV.) erhielt dagegen bei Impfungen von Schafen, Ziegen, Kälbern, Kaninchen u. s. w. mit Theilen anthraxkrank und durch eine verschieden lange Zeit (4 Tage bis 1 Jahr 22 Tage) begraben gewesener Thiere nur negative Resultate, mit Ausnahme eines einzigen Falles, in welchem das Cadaver seit 14 Tagen während strenger Winterkälte verscharrt war. Die Ergebnisse waren dieselben, gleichgiltig ob seinerzeit in den frischen Milzbrandleichen blos Anthraxstäbchen oder neben diesen auch freie Sporen und sporentragende Stäbchen nachgewiesen werden konnten. Seiner Ansicht nach geht mit der eingetretenen intensiven Fäulniss das vorher, wenn selbst massenhaft in den Cadavern vorhandene Contagium zu Grunde und nur strenge Winterkälte vermöge dasselbe durch zeitweilige Abhaltung der Fäulniss in den Cadavern zu erhalten, seine Virulenz gehe aber verloren, sobald mit Nachlass der kalten Witterung die Fäulniss des Cadavers sich fortsetzt.
Fes er selbst hält jedoch diese seine Versuche zur völligen Entscheidung der Frage über die Haltbarkeit der Virulenz in vergrabenen Milzbrandleichen noch nicht für ausreichend und ist der Meinung, dass solche Versuche an verschiedenen Orten und unter den verschiedensten Bedingungen fortgesetzt werden müssten.
Zur endgiltigen Entscheidung der Frage erscheint dies auch unbedingt nothwendig; denn Zutritt oder Ausschluss von Sauerstoff, Temperaturverhältnisse, Tiefe der Verscharrungsgruben, Feuchtigkeit oder Trockenheit des Bodens, der Stand des Grundwassers u. s. w., sowie der Umstand, ob in den Milzbrandobjeeten nur Bacillen oder aber die Dauersporen derselben zugegen waren,
RBH. Tliicrsraplien.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 22
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werden hiebei eine wesentliche Rolle spielen. Nicht ohne Bedeutung' ist in dieser Hinsicht die Bemerkung E. Koch's (1. c), dass die Anthraxbacillen in nicht geöffneten Cadavern anthraxkranker Thiere, selbst dann, wenn diese längere Zeit bei einer Temperatur von 18deg; bis 20deg; belassen werden, sich nur sehr wenig oder gar nicht verlängern (und daher keine Sporen bilden), wegen des raschen Verbrauches des Sauerstoffes des Blutes in Folge der im Cadaver stattfindenden Oxydationsvorgänge.
In Beziehung auf die Haltbarkeit der Anthraxkeime im Erdboden sind die von Pasteur in dem Departement Eure et Loir (1879) angestellten Versuche von Interesse. („Revue vöter.quot;, 1879).
Wurde Anthraxblut der Erde beigemengt und diese mit Harn und Düngerjauche befeuchtet, so vermehrten sich die Bacillen und bildeten in kurzer Zeit Sporen, die nach mehreren Monaten Aufenthaltes in der Erde und nach abwechselnder Feuchtigkeit und Trockenheit ihre virulente Eigenschaft nicht verloren hatten und bei der Impfung auf indische Schweine positive Resultate lieferten. Ebenso wurden in den oberflächlichen und tieferen Schichten des Bodens, in welchem zehn Monate vorher ein an Anthrax gefallener Hammel verscharrt worden war, Anthraxbacterien gefunden, deren Impfung auf indische Schweine gleichfalls von Erfolg begleitet war.
Nach Gerlach hat Erdstreu, welche von Plätzen entnommen wurde, wo milzbrandkrank gewesene Thiere drei Jahre vorher verscharrt worden waren, bei Schafen die Blutseuche veranlasst.
Dieselbe Rolle, wie ganze Cadaver anthraxkrank gewesener Thiere, spielen die Se- und Excrete, sowie das Blut derart kranker Thiere, sobald sie während deren Leben oder bei der Section, Zerlegung und Verscharrung in den Erd- oder Stallboden gelangen, welcher letztere wegen des daselbst angesammelten Harnes an und für sich schon günstige Bedingungen für die Entwicklung der Sporen bietet. Bellinger hält dafür, dass die Bodenvergiftung der oberbayerischen Alpen vorzugsweise durch Koth, Blut und andere Abfälle der kranken und gefallenen anthraxkränken Thiere veranlasst werde.
Von dem Wiederauftreten des Anthrax in Ställen, in welchen früher milzbrandkranke Thiere untergebracht waren, liegen viele Thatsachen vor.
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So führt Garrean („Recneil de med. veter.quot;, 1872) einen Fall an, wo in einem Stalle ein Pferd erkrankte, nachdem daselbstquot;'zwei an Anthrax gefallene Thiere durch einige Zeit gelegen waren; ßassi („medico veter.quot;, 1872) erwähnt des Auftretens von Anthrax unter Ziegen, die in einem Stalle untergebracht
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wurden, in welchem ein halbes Jahr vorher mehrere Ziegen und Schafe an höt-hst acutem Anthrax eingegangen waren, und welcher wohl gereinigt, ans dem dagegen ein Theil der Bodenschichte nicht entfernt worden war; nach Pinter's Beobachtung kam in einem Stalle eines Gutes in Württemberg, in dem drei Jahre vorher sieben Rinder an Anthrax gefallen waren, abermals ein Milzbraudfall vor. Nach Entfernung der Thiere aus dem Stalle und gründlicher Reinigung des letzteren traten Erkrankungen nicht weiter ein.
Infection. Die Anthraxbacillen und ihre Sporen kennen auf verschiedene Weise in den Körper eingeführt werden. Die in dem Boden befindlichen Stäbchen, noch mehr aber die daselbst entwickelten und mit grosser Lebenszähigkeit begabten Sporen können rtiit den aufsteigenden Bodengasen in die Luft und mit dieser möglicherweise selbst auf weitere Entfernungen hin verschleppt, in die Eespi-rationsorgane oder auf wunde Hautstellen von Thieren gelangen. Dass Milzbrandsporen, durch Inhalation in die Luftwege eingeführt. Anthrax zu veranlassen vermögen, haben die von Lemke ''Inaugural-Dissertationquot;, 1879) an Schafen und Ziegen und von H. Buchner („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot;, VI) bei weissen Mäusen angestellten Versuche zweifellos nachgewiesen.
Ebenso können die Milzbrandbacillen und Sporen mit dem Trinkwasser, welches entweder mit Milzbrandobjecten verunreinigt oder durch einen von Anthraxkeimen inficirten Boden gesickert ist, oder mit den Futterstoffen dem Körper einverleibt werden. Das letztere wird besonders in Gregenden, in welchen der Milzbrand einheimisch geworden ist und wo sich daher Sporen des Bacillus Anthracis auf vielen Punkten und in zahlloser Menge vorfinden müssen, sehr häufig möglich sein. Eine Infection durch die Aufnahme bacillenhältiger Futterstoffe wird um so leichter erfolgen, wenn, wie dies Toussaint („Kecueil de möd. vet6r.quot;, 1879) nachgewiesen hat, die Thiere entweder bereits Verletzungen im Maule haben, oder wenn das Futter rauhe, stechende oder kratzende Pflanzen oder solche fremde Substanzen enthält, welche eine Verletzung der Maulschleimhaut veranlassen können.
Oemier („Archiv für wissenschaftliche und praktische Thier-heilkundequot;, V) hat durch zahlreiche Versuche nachgewiesen, dass das vollkommen unverletzte Epithel der Schleimhaut das Eindringen der Anthraxbacterien nicht gestatte, dass jedoch schon die geringste, makroskopisch kaum wahrnehmbare Störung seiner Continuität eine Infection ermögliche. Auch er fand, dass bei den in Folge der Verfutterung von Milzbrandobjecten verendeten Thieren die hauptsächlichen Veränderungen am Halse und Kopfe vorkamen, zum
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Beweise, dass das Antliraxgift von der Maul- und Rachenhöhle eingedrungen ist.
Die in Folge eines derartigen Importes von Krankheitskeimen entstehende Erkrankung, für welche sich die Art und Weise, auf welche, eine Ansteckung stattgefunden hat, oft entweder gar nicht oder doch nicht mit voller Bestimmtheit nachweisen lässt, wurde gewöhnlich als „originärer oder spontaner Anthraxquot; bezeichnet.
Ob und unter welchen Verhältnissen eine Umwandlung der auf dem Wiesenheu vorkommenden Bactcrien in Anthraxbacterien, sei es ausserhalb oder innerhalb des Thierkörpers, möglich sei, ähnlich wie es H. Büchner gelang, die letzteren aus den ersteren und umgekehrt in geeigneten Culturflüssigkeiten zu züchten, muss weiteren Forschungen vorläufig überlassen bleiben.
Ist einmal der Milzbrand zum Ausbruch gekommen, dann kann auch die Ansteckung unmittelbar von den kranken, gefallenen oder getüdteten Thieren und ihren Theilen ausgehen, sowie durch die Vermittlung von Zwischenträgern erfolgen.
Eine Infection durch Vermittlung der die kranken Thiere umgebenden Luft, durch die gasigen Emanationen der Cadaver, des Blutes, der Dejecte u. s. w. wird selten mit Sicherheit zu consta-tiren sein. Unter den gewöhnlichen Verhältnissen erfolgt die Infection am häufigsten durch Besudluug mit Blut, Exsudaten, Se- und Excreten, Abfällen, Koth, durch die Manipulation mit kranken Thieren, deren Cadavern und Theilen derselben, durch den Genuss des von anthraxkranken Thieren stammenden Fleisches und der Milch, deren Virulenz durch Bollinger und Feser nachgewiesen wurde; besonders dann, wenn derlei Substanzen mit wunden Hautoder Schleimhautstellen in Berührung kommen. Durch die völlig unverletzte Haut scheint die Ansteckung selten zu erfolgen. Oemler („Archiv für wissenschaftliche und praktische Thierheilkunde:', IV) brachte auf unverletzte Hautstellen von 146 verschiedenen Säuge-thieren Milzbrandblut; von allen diesen starben nur vier an Anthrax, bei welchen Oemler kleine Defecte der Epidermis vermuthet. Dagegen ermöglicht schon die geringste, makroskopisch gar nicht sichtbare Continuitätsstörung der Epidermis das Zustandekommen einer Infection.
Die von kranken Thieren stammenden Rohproducte, besonders Häute, dann Haare, Borsten u. s. w.,-.wenn sie mit Blut oder anderen Theilen besudelt waren, bewahren auch nach dem Trocknen und langer Lagerung die infeetiöse Eigenschaft; selbst Kochen und
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Braten scheint die g-esuudlieitsschäclliche Bescliaffenheit des Fleisches nicht zuverlässig zerstören zu können.
Als Zwischenträger und Verschlepper des Ansteckungs-stoffes sind Menschen, die sich mit anthraxkranken Thieren oder deren Cadavern beschäftigt haben, Thiere, die mit milzbrandkranken oder derartigen todten Thieren in Berührung gekommen sind, darunter nebst Hunden, besonders Fliegen und Bremsen anzusehen. Pasteur („Bulletin de l'Acadömie de Mödecinequot;, 1880, Nr. 28) beschuldigt vor Allem die Regenwürmer als Verschlepper der Krankheitskeime aus der Tiefe eines Bodens, in welchem Cadaver milzbrandkrank gewesener Thiere oder deren Theile vergraben wurden, auf dessen Oberfläche. In den erdigen, den Darmcanal der aus solchem Boden hervorkommenden Regenwürmer ausfüllenden Cylindern konnte er Milzbrandsporen in grosser Menge nachweisen. Durch das Zerfallen dieser abgesetzten Erdcylinder sollen diese Sporen auf die auf solchem Boden wachsenden Pflanzen gelangen, welche, wenn sie als Futter benützt werden, zur Infection Anlass geben können. Die bei kranken Thieren benützten oder mit Blut, Exsudat, Koth u. s. w. derselben verunreinigten Stallgeräthe, Geschirre, Streumaterialien u. dgl., die zur Beseitigung der Cadaver verwendeten Wagen, Schleifen u. dgl. können die Verschleppung der Krankheitskeime vermitteln.
Die Verschleppung des Anthraxgiftes durch Fliegen scheint eine sehr häufige zu sein. Nach Zeilin ger („Wochenschrift für Thierheil kündequot;, 1875) konnte während der Milzbrandseuche des Jahres 1874 auf den oberbayerischen Alpen die Uebertragung durch Fliegenstiche bei zehn Pferden unzweifelhaft nachgewiesen werden. Davaine konnte durch Impfungen mit den Rüsseln und Fuss-enden von Fliegen, welche Anthraxblnt aufgenommen hatten, Milzbrand erzeugen; ßollinger hat constatirt, dass das Magen- und Darmcontentum von Bremsen, die von dem frischen Cadaver eines an Anthrax gefallenen Rindes gesammelt worden waren, Anthraxbacillen enthielt, mit welchen er durch Impfung auf Kaninchen Anthrax hervorrief.
Für die Ansteckung genügt die Einführung minimaler Mengen des Ansteckungsstoffes. An der Stelle der örtlichen Infection bildet sich ein localer Anthraxherd, in welchem die Vermehrung der Bacillen stattfindet und von wo aus dann die Infection des ganzen Körpers durch Vermittlung des Blut- und Lymphstromes vor sich geht.
Toussaint hat durch Versuche erwiesen, dass, wenn ein Tropfen von Milzbrandflüssigkeit in einen beliebigen Theil des Körpers geimpft wird, die Bacillen sich an Ort und Stelle rasch vermehren, in die Lympbgefässe dringen,
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Milzbrand. Incubationsstadium. Wirkung ilür Antbraxbacillen.
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hierauf zu den Lymphdrüsen der betreffeudeu Partie gelaugeu, dieselben entzünden und dann durchwandern, um scliliessllch in das Blut zu kommen. In jenen Fällen des sogenannten spontanen Anthrax, in welchen eine Infection mittelst Futters durch das Maul angenommen werden musste, fand sich die specifische Veränderung ausschliesslich in jenen Lymphdrüsen, welche die Lymphgefässe der Zunge und des Schlundkopfes aufnehmen; bei einem Schafe, bei welchem die Einführung des Krankheitsgiftes in den rechten Fuss vorgenommen wurde, zeigten sich blos die Lymphdrüsen der rechten Kniekehle ergriffen. Wurden an Versuchs-thiere mit bacterielleu Cnlturen versetzte Nahrungsstoffe mit Zusatz von Substanzen verfüttert, welche geeignet waren, die Maulschleimhaut zu verletzen, wie Disteln oder Gerstenähren, so fanden sich bei den hienach von Anthrax befallenen Stücken Inoculationswundeu im Maule und die oben angeführten Veränderungen in den correspondireudeu Lymphdrüsen.
Auch Colin („Kevuo v^terinairequot;, 1878) zieht aus seinen Versuchen den Schluss, dass die Lymphdrüsen die ersten Organe sind, die in Folge des Eindringens von Authraxgift erkranken, dass sie nach der Keihenfolge ihrer Lagerung von der Impfstelle aus, entsprechend dem Verlaufe der Lymphgefässe, die Virulenz erwerben und, indem sich in ihnen die ßacillen vermehren, zu Infectiousherdeu werden, während, zu derselben Zeit noch, weder dem Blute noch den Eingeweiden irgendwie virulente Eigenschaften zukommen. Auch nach ihm sind daher die Lymphdrüsen die Sammler und die Brutstätten der Anthraxkeime und, mit Ein-schluss der Impfstelle und ihrer peripherischen Infiltrate, die Heide, von wo aus die allgemeine Infection des Thierkörpers ausgeht.
Incubation. Das Incubationsstadiam des Milzbrandes ist von verscliiedener Dauer; es ist nach Impfungen bisweilen auf nur wenige Stunden beschränkt und erstreckt sich auch bei der natürlichen Infection oft nur auf 12 bis 24 Stunden oder doch nur auf wenige Tage; selten währt es länger als vier bis sechs Tage. Nach den Ergebnissen der Lnpfversuche R. Koch's (1. c.) mit Flüssigkeiten, welche eine bald grössere, bald geringere Menge von Ba-cillensporen enthielten, scheint die kürzere oder längere Incubations-dauer grossontheils von der grösseren oder geringeren Menge der in den Organismus eingeführten Krankheitskeime abhängig zu sein.
Wirkung der Anthraxbacillen. In welcher Weise die Antbraxbacillen die Erscheinungen des Milzbrandes bei einem Thiere hervorrufen, ist noch nicht zweifellos entschieden. Pasteur nimmt an, dass die toxische Wirkung der Anthraxbacillen vorzugsweise auf Sauerstoffentziehung beruhe. Bollinger spricht dieselbe Ansicht in Betreff der acutesten Formen des Milzbrandes aus und erklärt die in solchen acut ablaufenden Fällen wahrnehmbaren Krankheitserscheinungen, wie Athemnoth, ungleiche Vertheilung der Körpertemperatur, Cyanose, klonische Krämpfe und Erstickung, dann dei\bei Sectionen anzutreffenden Befund eines dunklen, theerälinlichen Blutes, einer cyanotischen Färbung der Parenehyme, venöser Hyperämien, kleiner Blutungen
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in verschiedenen Orgauen, aus einer Ueberladung des Blutes mit Kohlensäure, veranlasst durch rasche Absorption grosser Quantitäten von Sauerstoff aus den rothen Blutkörpern von Seite der im Blute in enormer Menge vorhandenen Anthraxbacillen. Er stellt die fulminante Wirkung der Bacterien in derlei acuten Fällen auf dieselbe Linie mit der Blausäurevergiftung. Für die langsamer verlaufenden Fälle des Anthrax nimmt Bellinger die seeundäre Bildung chemischer Gifte in Anspruch. Die dem Anthrax eigenthümliehe abnorme Blutbeschaffenheit bedinge eine namhafte Steigerung des Blutdruckes, die Entwicklung von Transsud aten und Extravasaten, deren Entstehung durch die gleichzeitig eintretende Störung in der Ernährung der Gefasswände erleichtert wird, und welche rückwirkend eine zunehmende Eindickung des Blutes zur Folge habe. Die nie fehlende bedeutende Vermehrung der farblosen Blutkörper im Anthraxblute ist nach ihm von der durch die Bacillen und deren Keime gesetzten Reizung der Milz und Lymphdrüsen abhängig.
Die Anhäufung von Anthraxstäbchen und Sporen in zahlreichen Capillargebieten, welche Weigert durch Anilinfärbungen nachgewiesen hat, kann überdies zur Thrombosirung derselben und zur Entwicklung von Embolien in anderen Gefässbezirken und deren Folgen Anlass geben, und es darf daher die mechanische Wirkung der Bacillen keinesfalls gering angeschlagen werden. Toussaint („Comptes rendusquot;, LXXXVI, 11) hält die bei Kaninchen, welche mit Milzbrandgift geimpft worden waren, anzutreffende Verstopfung der Capillaren der lebenswichtigen Organe, namentlich des Gehirnes und der Lungen durch die sich in's Ungemessene vermehrenden Anthraxkeime geradezu für die Todesursache bei Anthrax.
Späteren Forschungen bleibt es vorbehalten sicherzustellen, ob eine von den in dem inficirten Thiere in's Ungemessene sich vermehrenden Bacillen gebildete oder ausgeschiedene diffusionsfähige, fermentartig wirkende Substanz nicht auch wesentlich zur Entstehung der allgemeinen Erkrankung beitrage und welcher Natur diese Substanz sei. Die Ergebnisse der Versuche Toussaint's (s. S. 326) durch defibrinirtes, von den Bacillen befreites Anthraxblut bei den Impflingen Immunität gegen den Anthrax zu erzeugen, würden zu Gunsten einer solchen Annahme sprechen.
Pathologische Anatomie. Die Cadaver anthraxkrank gewesener Thiere gehen in der Regel rasch in Fäulniss über; die Todtenstarre tritt bald regelmässig, bald nur in geringem Grade ein. Bei der Abnahme der allgemeinen Decke erscheinen die Hautvenen von dunklem Blute erfüllt, das subeutane Bindegewebe von Blutextra-
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vasaten und geAVöhnlich auch von sulzigen oder derben, gelb oder orange gefärbten Exsudaten iniiltrirt, welche sich hie und da auch in das intermusculäre Bindegewebe fortsetzen. Diese von Extra-vasaten durchzogenen, ein eigenthümliches Ansehen bietenden Exsudate nehmen nicht selten grössere Körperpartien ein und veranlassen dann umfangreiche Geschwülste, welche entweder allmälig in der Umgebung sich verlieren oder dort, wo sie von stärkeren Fascien begrenzt werden, scharf abgesetzt enden; sie stellen dann während des Lebens die sogenannten Milzbrandrothlauf-Geschwülste dar. In anderen Fällen bilden sie scharf abgegrenzte, mehr oder weniger grosse Tumoren, die hie und da in nekrotischem oder jauchigem Zerfall angetroffen werden; sie werden als Milzbrand-carbunkcl bezeichnet.
Die Musculatur erscheint mürbe, leicht zerreisslich, meist dunkelbraunroth oder schwärzlich gefärbt und von Extravasateu durchzogen. Eine ähnliche Beschaffenheit zeigt auch das Herzfleisch, unter dessen Endo- und Pericardium gewöhnlich Blutergüsse nachweisbar sind.
Aehnlich wie in dem subcutanen Bindegewebe werden Exsudate von der erwähnten Beschaffenheit in dem subserösen Bindegewebe des Brust- und Bauchfelles, besonders am Mittelfelle (die sogenannte Anticardia oder Avant-coeur), zwischen den Ge-krösplatten und um die Nieren herum angetroffen, wo sie mehr oder weniger umfangreiche, safran- oder orangegelbe, schlotternde Wülste oder Geschwülste bilden; ebenso finden sieh bei manchen Formen des Anthrax carbunculöse Geschwülste in der Schleimhaut des Maules, Rachens und Darmeanales. Brust- und Bauchhöhle enthalten nicht selten eine blutig tingirte Serosität, bisweilen auch extravasirtes, flüssiges Blut.
Die grossen venösen Gefässe, dann jene des Unterhautbindegewebes, der Schleim- und serösen Häute, sowie die Herzhöhlen sind mit Blut erfüllt. Dieses ist stets dunkelschwarzroth, zähflüssig, theerähnlich, röthet sich an der Luft nur wenig oder gar nicht und bildet in der Regel nur schlaffe oder gar keine Gerinnsel. Bei der mikroskopischen Untersuchung erscheinen die rothen Blutkörperchen unregelmässig gestaltet, wie im Zerfall, in Haufen aneinander-klebend, die Zahl der farblosen Blutkörperchen ist bedeutend vermehrt (Leücocythose), das Blutserum in Folge der Aufnahme des Blutfarbestoffes der zerfallenden rothen Blutkörper röthlich gefärbt. Charakteristisch ist der Befund der Anthraxbacillen im Blute, die oft in einem Tropfen des letzteren in enormer Menge angetroffen
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werden. Die Bacillen rinden sich auch häufig in der Milz, in manchen Lymphdrüsen und erfüllen bisweilen einzelne Capillargebiete so dicht, dass diese hiedurch vollständig- thrombosirt werden. Durch Anilinfärbungen (Weigert) lässt sieh ein soicher Befund leicht und deutlich nachweisen.
Die Milz ist in der Regel acut und häufig enorm, und zwar entweder im Ganzen oder in einzelnen Abschnitten geschwellt; in letzterem Falle treten beulenartige Prominenzen über die Oberfläche des Organes hervor; das Milzparenchym ist erweicht, leicht abstreifbar oder zu einem violetten oder schwärzlichen Breie zerflossen. In manchen Fällen erreicht die Schwellung der Milz einen solchen Grad, dass deren Kapsel gerissen und ein Theil der Milzpulpe in die Bauchhöhle ausgetreten angetroffen wird.
Die Lymphdrüsen des Gekröses und, entsprechend den primären Localisationsherdon, auch jene anderer Körperpartien sind blutreicher und in verschiedenem Grade acut geschwellt.
Die Lungen sind meist mit Blut überfüllt, stellenweise auch ekehymosirt, ebenso Leber und Nieren, die zugleich mürbe und im Zustande der trüben Schwellung angetroffen werden. In der Darmhöhle finden sich gewöhnlich hämorrhagische Ergüsse; deren Schleimhaut ist bald serös blutig infiltrirt und von Ekchymosen durchzogen, bald, und zwar besonders bei Pferden, mit Carbunkeln besetzt.
Bei dem Alpenmilzbrande sollen nach Bellinger Hämorrhagien im Darmcanale constant und Milztumoren öfter fehlen; was nach ihm entweder von der Blutarmuth der befallenen Thiere oder von den massenhaft vorfindlichen blutig-sulzigen Ergüssen in das Bindegewebe abhängig sein mag.
Krankheitserscheinungen. Ein unter allen Umständen zutreffendes Bild des Anthrax nach den Erscheinungen im Leben ist bei der Verschiedenartigkeit der Formen, unter welchen er abläuft, schwer zu geben. Allen Formen jedoch ist der acute, in der Regel tödtlich endende Verlauf, die hochgradige Störung der Circulation und Respiration, die Tendenz zur Bildung von Extravasaten und Exsudaten und eine mehr oder weniger deutlieh hervortretende Mitleidenschaft der Centralorgane des Nervensystems gemein.
Mit Rücksicht auf die Raschheit des Verlaufes können als Formen des Anthrax unterschieden werden: der höchst acute oder apoplektiforme Anthrax mit einer Dauer von wenigen Minuten bis zu wenigen Stunden, der acute Anthrax, das Milzbrandfieber mit einer Dauer bis zu einigen Tagen und die sub a cu ten Formen, zu welchen die länger dauernden Fälle und namentlich
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die Mehrzahl jener zu rechnen sind, bei welchen auch während des Lebens schon Localisationen in den sichtlichen Schleimhäuten oder in der Haut nachweisbar sind.
a) Die acuteste Form des Anthrax wird als fulminirender oder apoplektiformer Anthrax, Milzbrandblutschlag (Erdsturz, Teufelsschuss, Blutseuche, Blutstaupe, Blutkrankheit u. s. w. (Anthrax apoplecticus, Anthrax acutissimus lat.; Charbon apoplectique franz.) bezeichnet. Bis dahin ganz gesund erscheinende, und zwar meist wohlgenährte und kräftige Thiere stürzen im Stalle, auf der Weide, während der Arbeit plötzlich, wie vom Blitze getroffen (foudroyanter Anthrax), zusammen und gehen unter Convulsionen und dem Austritte eines blutigen Schaumes aus Maul und Nase innerhalb weniger Minuten zu Grunde. Nicht selten werden Thiere, welche Abends anscheinend noch ganz gesund waren, Morgens todt im Stalle gefunden, deren spätere Section den Befund des Anthrax unzweifelhaft nachweisen lässt. In anderen Fällen scheinen die Thiere, nachdem sie zusammengestürzt und einige Zeit dahingelegen waren, sich wieder zu erholen; sie sind im Stande, sich zu erheben, stehen aber, wie betäubt, mit glotzenden Augen da, taiimeln hin und her und schäumen aus dem Maule oder sie sind in hohem Grade aufgeregt und unruhig — furibunder Anthrax. — Das Athmen ist beschleunigt und auffallend erschwert, der Puls klein, schwer zu fühlen, schnell, der Herzschlag bald unfühlbar, bald pochend, die Körpertemperatur oft über 40deg; C. erhöht, dabei in der Haut ungleich vertheilt; Kopf und Extremitäten sind meist auffallend kühl, die sichtlichen Schleimhäute in hohem Grade cyanotisch, die Pupillen erweitert. Pferde äussern gewöhnlich Unruhe, wie bei Kolikanfällen. Der Krankheitsverlauf erstreckt sich auch in diesen Fällen nicht leicht über vier bis sechs Stunden und endet mit dem Tode, der gewöhnlich unter Streckkrämpfen, Zähneknirsehen, unter Hervortreten eines blutigen Schaumes aus dem Maule und blutig gefärbter Excremente aus dem Mastdarme eintritt.
Genesungen gehören bei dieser Form des Anthrax zu den grössten Seltenheiten. Die angeführten Erscheinungen sind von den Veränderungen abzuleiten, welche das Blut durch das Eindringen und die Vermehrung der Krankheitskeime, durch die von deren Lebensprocess abhängige Entziehung des Sauerstoffes und wahrscheinlich auch durch die Einwirkung der sich bildenden giftigen fermentartigen Substanzen erleidet.
Selbst in den plötzlich und blitzähnlich tödtenden Fällen werden, ausser der eigenthtimlichen Beschaffenheit des Blutes und
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Milzbrand. Krankheitsersclieinuugen.
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der mehr oder weniger bedeutenden acuten Schwellung der Milz, Blutextravasate in dem subcutanen und subserösen Bindegewebe, gelbsulzige Exsudate in dem letzteren und blutiger Inhalt der Darmhöhle angetroffen.
b) Die acute Form des Anthrax wird gewöhnlich Milzbrandfieber (Fievre charbonneuse/remz.) genannt und kommt besonders bei Rindern, Schafen und Pferden vor.
Die befallenen Thiere zeigen in der Regel einen hohen Grad von Stumpfsinn und Betäubung, Mattigkeit, schwankenden Gang und Neigung sich zu legen; bisweilen aber namhafte Aufregung, wie bei einem Wuthanfalle — furibunder Anthrax. Die Hauttemperatur ist anfangs verringert; die Thiere zittern oder äussern sogar Schüttelfrost, dagegen ist die Mastdarmtemperatur bei Rindern auf 41deg; bis nahezu 42deg; C. erhöht. Dieses Kältestadium macht gewöhnlich einer brennenden Hauthitze Platz. Die Fresslust hört auf, der Dunst ist vermehrt, bei Kühen wird ein Naehlass oder vollkommenes Aufhören der Milchabsonderung bemerkbar. Die Milch, insolange sie überhaupt noch seeemirt wird, erscheint selten unverändert; meist ist sie zähe, gelblich, bisweilen blutig gefärbt, von fadem Geschmack und geht leicht in Fäulniss über. Das Athmen wird beschleunigt, unregelmässig, bisweilen schnaufend, der Puls ist schnell, undeutlich zu fühlen, die Pupille erweitert. Die sichtlichen Schleimhäute sind heiss, gelblichroth gefärbt, bisweilen cyanotisch und nicht selten ekehymosirt, die abgesetzten Excremente meist flüssig, mit Blut gemengt oder völlig blutig; bei Pferden wird öfter der Eintritt von Kolik beobachtet. Der Harn ist stets gesättigt gefärbt, häufig blutig. Nicht selten kommen heftige Muskelzuckungen besonders an den Extremitäten vor. Die acutest ablaufenden Fälle fuhren gewöhnlich schon innerhalb 12 bis 36 Stunden zum Tode, welchem meist ein rasch eintretendes bedeutendes Sinken der Mastdarmtemperatur (bis 37deg; C. bei Pferden und Rindern), Erkalten der Extremitäten, die höchste Athemnoth und ein soporöser Zustand vorhergeht.
In den weniger rasch ablaufenden Fällen steigern sich die Symptome meist allmälig und es kann sogar zeitweise eine Remission der Krankheitserscheinungen, eine scheinbare Besserung eintreten, während welcher die Thiere wohl matt und hinfällig, aber etwas munterer werden, sogar Fresslust zeigen und das Thermometer ein Sinken der Mastdarmtemperatur um 1deg; bis 2deg; anzeigt. Bald aber tritt wieder eine Verschlimmerung ein. Puls und Athmen werden höher, letzteres erschwert und schnaufend, es stellt sich
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Scliweiss, bisweilen Hautemphysem an verschiedenen Stellen des Rumpfes, besonders am Eücken, an der Croupe, an den Brust- und Bauchwandungen, ein blutiger Ausfluss aus Nase und Maul und blutiger Durchfall ein; Ohren und Extremitäten erkalten und die Thiere verenden nach einer Krankheitsdauer von mehreren Tagen unter Erscheinungen der Asphyxie und meist unter heftigen Con-vulsionen. Die Remissionen treten bisweilen bei einem und demselben Thiere mehrmals ein.
Bei Kindern wurde bei dieser Form des Anthrax nach den Mittheilungen verlässlicher Autoren (darunter auch Bollinger) selbst ein derart vollständiges Zurücktreten der Krankheitserscheinungen mit darauffolgendem neuen Paroxysmus beobachtet, dass die Thiere in den Intervallen vollkommenes Wohlbefinden zeigten, eine Art des Verlaufes, die von ihnen als intermittirender Anthrax bezeichnet wird.
In den wenigen mit Grenesung endenden Fällen treten die Krankheitserscheinungen, nachdem sie eine gewisse Höhe erreicht haben, ebenso rasch wieder zurück, wie sie sich eingestellt haben und die Reconvalescenz tritt in der kürzesten Zeit wieder ein.
Bei der Section findet sich der exquisite Befund des Anthrax; bisweilen werden auch, besonders bei Pferden, carbuneulöse Infiltrate der Darmschleimhaut, bei Rindern Blutergüsse in die Darmhöhle und gelbsulzige und hämorrhagische Exsudate um den Ursprung der grossen Grefässe aus dem Herzen und um den Brusttheil der Luftröhre, die sogenannte Anticardia, Avant-coeur, angetroffen.
c) Die subacuten Formen des Milzbrandes zeigen entweder das Bild des Anthraxfiebers mit einem weniger stürmischen Verlaufe oder sie sind durch das Auftreten von Geschwülsten in der Haut oder in den sichtlichen Schleimhäuten schon während des Lebens charakterisirt. Diese Gesehwülste stellen sich entweder erst im Verlaufe des Anthraxfiebers ein, oder sie bilden sich ursprünglich an der Stelle der localen Infection und führen erst von da aus zur allgemeinen Erkrankung und zu den das Anthraxfieber charakteri-sirenden Erscheinungen.
Die Anthraxgeschwülste stellen sich bald in Form umschriebener Beulen, der sogenannten Carbunkel, bald in Form ausgebreiteter rothlaufähnlicher Infiltrate, des sogenannten Milzbrandrothlaufes, dar (Charbon tubereux et örysipelateux/mnz.). Sie entwickeln sich in der Haut und in den Schleimhäuten, in dem subeutanen, submueösen, subserösen und intermusculären Bindegewebe als sulzig-hämorrhagische Infiltrate, welche eine grosse Neigung zur
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Milzbrand. Krankheitserscheinungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 349
Nekrose und zum jauchigen Zerfall besitzen. Sie kommen an verschiedenen Körperstellen vor, bei Rindern in der Form von Car-bunkeln am Triel, am oberen Theile des Halses, an der Vorderbrust, an den Seiten der Brust und des Bauches, in der Leistengegend; als Rothlaufgeschwülste besonders an der unteren Brust-und Bauchgegend, auf der Schleimhaut der Zunge, des Maules, des Mastdarmes; bei Pferden in der Form ausgebreiteter Geschwülste am Kopfe, Halse, an den Extremitäten, an der unteren Brust- und Bauchgegend, auf der Schleimhaut des Maules und der Nase. Die Geschwülste sind anfangs heiss, wachsen rasch heran, nehmen dann die Temperatur der Umgebung an, sind nicht schmerzhaft und häufig von einer ödematösen Infiltration begrenzt. Dort wo Hautgeschwülste im Verlaufe des Anthraxfiebers sich entwickeln, ist ihr Hervortreten und Wachsen manchmal von einem deutlichen Nachlass des Allgemeinleidens begleitet. Der weitere Verlauf der Anthrax-geschwülste ist ein verschiedener. Auf Carbunkeln der Haut und der Schleimhäute erheben sicli bisweilen verschieden grosse, mit jauchiger Flüssigkeit erfüllte Blasen, nach deren Aufbrechen sich gangränöse, in die. Tiefe greifende Geschwüre bilden. In anderen Fällen zerfällt die Geschwulst im Ganzen oder stellenweise brandig, die sich bildenden Geschwüre ergiessen eine blutig-jauchige, übelriechende Flüssigkeit; in anderen Fällen bildet sich ein trockener Brandschorf, welcher durch die in der Umgebung später eintretende Entzündung und Eiterung abgestossen wird; manche beulenartigen Anschwellungen endlich lassen beim Berühren mit der Hand ein knisterndes Geräusch wahrnehmen — Milzbrandemphysem. Bisweilen verschwinden die Anthraxgeschwülste ebenso rasch, als sie sich entwickelt haben, worauf die Symptome des Anthraxfiebers meist in erneuerter Stärke sich einstellen.
Nach der Localität, in welcher die Anthraxgeschwülste auftreten, veranlassen sie Functionsstörungen verschiedener Art: Behinderung des Lufteintrittes in den Kehlkopf, Beschwerden beim Absätze des Harnes und der Excremente u. s. w.
Sowie in der Haut und in den sichtlichen Schleimhäuten, werden sie auch im Innern der Schleimhauttracte: Rachen, Kehlkopf, Darm-canal, angetroffen, entgehen jedoch während des Lebens der directen Wahrnehmung. Bei der Section lassen sich in den Milzbrandgeschwülsten neben einer bedeutenden Vermehrung der farblosen Blutkörper meist Anhäufungen von Anthraxbacillen nachweisen. Mit Rücksicht auf die Localität, an welcher die Anthraxgeschwülste während des Lebens angetroffen werden, sind einige besondere
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Formen der Krankheit unterschieden und aufgestellt worden, von welchen die häufigst vorkommenden eine Erwähnung finden mögen.
Der Zungenanthrax, Zungencarbunkel (Zungenbrand, Zungenfäule, Pestblatter, Glossanthrax; Charbon de la langue/j-cmz,) scheint in früherer Zeit häufiger vorgekommen zu sein, als gegenwärtig. An verschiedenen Stellen der Schleimhaut des Maules, darunter auch auf der Zunge, bilden sich knotenartige Gesehwülste, auf deren Oberfläche sieh Bläsehen erheben, welche anfangs grau oder gelblich gefärbt und durchscheinend sind, rasch aber an Grosse zunehmen, missfärbig werden, platzen, eine jaucheartige Flüssigkeit ergiessen, die mit dem Speichel abfliesst und gangränöse, um sich greifende Geschwüre hinterlassen. Kurze Zeit nach dem Auftreten der Beulen und Blasen stellen sich die Erscheinungen des heftigen Anthraxfiebers ein; die brandige Zerstörung greift auf die Umgebung, auf die Rachen- und Kehlkopfschleimhaut über, die Lippen und Backen schwellen unförmlich an, ein mit blutiger Brandjauche gemengter Schleim fliesst in grosser Menge aus dem Maule, und die Thiere gehen, falls sie nicht früher schon in Folge des Allgemeinleidens unterliegen, an Asphyxie zu Grunde.
Bei dem Umstände, als bei dem sogenannten Zungenanthrax sich vorerst ein Infectionsherd ausbildet, während die Symptome des Anthraxfiebers erst im Verlaufe der Krankheit sich entwickeln, kann es wohl kaum einem Zweifel unterliegen, dass diese Form einer localen Infection der verletzten Maulschleimhaut durch die Aufnahme von Futterstoffen, welche Anthraxbacillen oder deren Sporen enthalten, ihre Entstehung verdanke.
Auf die gleiche Veranlassung scheint das Auftreten der Anthrax-bräunc (Angina, charbonneuse/iranz.) zurückzuführen zu sein. Bei den befallenen Thiereu wird erschwertes Schlingen, Anschwellung der Zunge, dunkle Färbung der Maulschleimhaut, beschwerliches keuchendes Athmen, heisere Stimme, gewöhnlich auch die Entwicklung einer mehr oder weniger bedeutenden heissen und schmerzhaften Geschwulst am oberen Theile des Halses um den Kehlkopf und Rachen herum, die sich bisweilen längs der Luftröhre bis zur Vorderbrust und weiter ausbreitet, wahrgenommen. Bald nach dem Auftreten der localen Symptome stellen sich die Erscheinungen des Anthraxfiebers ein und die Kranken gehen in der Regel durch Erstickung oder in Folge des Allgemeinleidens zu Grunde.
Der Mastdarmcarbunkel, auch Rück'en- oder Lendenblut genannt (Anthrax haemorrhoidalis lat.; Charbon hemorrhoidal franz.), ist durch das Auftreten von Carbunkeln auf der Mastdarm-
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Milzbrand. Formen bei Pferden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 351
Schleimhaut eharakterisirt. Neben den aligemeinen Erscheinungen des Anthrax ist der unter Zwang und Drängen erfolgende Absatz schwarzen, zähen, theerähnlichen Blutes mit den gewöhnlich harten und trockenen Excrementen nachzuweisen. Bei der Untersuchung des Mastdarmes mit der eingeführten Hand findet sich die Schleimhaut heiss, geschwollen, hie und da wund, die Mastdarmhöhle mit lockeren Blutgerinnseln, gelblichen Exsudatmassen und gangränösen Sehleimhautfetzen erfüllt. Der Verlauf ist ein sehr rascher; die Thiere gehen innerhalb weniger Stunden oder doch nach wenigen Tagen zu Grunde. Bei der Section finden sich neben dem dem Anthrax überhaupt zukommenden Befunde Carbunkel und brandige Zerstörungen der Schleimhaut des Mastdarmes.
Die früher als eine besondere Form des Anthrax aufgestellte und Rauschbrand oder Milzbrandemphysem genannte, stets tödtlich endende Krankheit der Rinder, bei welcher sich Emphyseme des subcutanen und intermusculären Bindegewebes entwickeln, hat sich als eine Infectionskrankheit eigener Art herausgestellt.
Obwohl die Erscheinungen des Anthrax und noch mehr dessen anatomischer Befund der Hauptsache nach überall dieselben sind, so differiren die ersteren doch einigermassen je nach den Thier-gattungen, die von der Krankheit befallen werden, weshalb diese Unterschiede noch eine Erwähnung finden müssen.
a) Bei Pferden. Die apoplektische Form und das Milzbrandfieber kommen nicht sehr selten vor. Bei dem letzteren ist das Auftreten von Kolikerscheinungen während des Verlaufes gewöhnlich und bei den Sectionen werden in der Regel mehr oder weniger umfangreiche Carbunkel in der Schleimhaut des Pförtner-theiles des Magens, im Zwölffingerdarme und in dem vorderen Abschnitte des Leerdarmes angetroffen.
Beiweitem häufiger kommt bei dieser Thiergattung der Anthrax mit Localisationen in der Haut vor. Unter den Erscheinungen des Anthraxfiebers treten bald genau umschriebene wall-nuss- bis faustgrosse, anfangs heisse Carbunkel, vorzugsweise am Kopfe, längs des Halses, am Rücken, an den Seitentheilen der Brust- und Bauchwandungen, an der äusseren Seite der Hinterbacken auf, bald entwickeln sich umfassende heisse Anschwellungen der Extremitäten, welche, von der Krone der Hufe beginnend, nach aufwärts fortschreitend, von den Ellenbogen und Hinterknien aus auf die Brust- und Bauchwand übergreifen und bisweilen einen enormen Umfang erreichen. Aehnliche ausgebreitete und derbe Geschwülste stellen sich häufig an dem Vorkopfe, von den Augen-
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352nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbrand. Formen bei Pferden.
lidern beginnend bis zu den Nasenöffnungen und Lippen sieb erstreckend, ein, wodurch das Atbmen und die Aufnahme von Nahrung und Getränk sehr erschwert wird.
Die Schleimhaut der Nase und des Maules ist intensiv ge-röthet, erstere, sowie die Innenfläche der Lippen von Extravasaten durchzogen oder mit carbuneulösen Geschwülsten besetzt. Häufig zeigen die Thiere schon im Beginne der Krankheit mehr oder weniger heftige Kolikerscheinungen.
In manchen Fällen verschwinden die Geschwülste sehr rasch wieder, so dass die Thiere, welche kurz vorher ein völlig unförmliches Ansehen gezeigt hatten, wieder ihr früheres Aussehen erlangen; zugleich aber steigern sich die Symptome des Allgemeinleidens und es tritt meistens heftige Kolik auf, unter deren Erscheinungen und unter Absatz flüssiger, meist blutig gefärbter Excre-mente, die Thiere gewöhnlich innerhalb weniger Stunden sterben. Seltener stellen sich die kurz vorher verschwundenen Hautgeschwülste unter Nachlass der drohendsten Symptome abermals ein. In anderen Fällen nekrotisirt die Haut an verschiedenen Stellen der Geschwülste und es bilden sich später jauchende, bisweilen tief greifende Geschwüre.
Die Geschwülste am Vorkopfe und am oberen Theile des Halses, sowie die carbuneulösen Infiltrationen der Schleimhaut der Nasen- und Rachenhöhle werden oft so bedeutend, dass hiedurch und durch das seeundär sich entwickelnde Glottisödem der Erstickungstod veranlasst wird.
Bei der Section finden sich ausser dem gewöhnlichen Befunde des Anthrax und den gelbsulzigen carbuneulösen Infiltrationen in der Haut und dem Unterliautbindegewebe gewöhnlich zahlreiche, bisweilen zusammenfliessende beulenartige Carbunkel in der Schleimhaut des Pförtnertheiles des Magens, des Zwölffinger-, des Blind-und Grimmdarmes, welche bisweilen bis in die Muskelhaut übergreifen. In manchen Fällen erscheinen sie noch in ganz frischem, unverändertem Zustande, häufig aber theilweise zu gesättigt roth-gelbgefärbten Schorfen nekrotisirt, welche stellenweise noch fest aufsitzen, stellenweise von der geschwürigen, gewulsteten und grau pigmentirten Basis losgelöst in der Darmhöhle flottiren. In langsamer verlaufenden Fällen werden hie und da unregelmässige, buchtige, grau pigmentirte Geschwüre angetroffen. Blutige und sulzige Infiltrate der Schleimhaut der Nasenhöhle,^ des Kehlkopfes, der Luftröhre, des Rachens, sowie brandige Geschwüre dieser Partien gehören dem gewöhnlichen Befunde an. Auch Zerstörung eines oder
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Milzbrand. Formen bei Rindern und Schafen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 353
beider Augen durch Blutextravasate in den Bulbus werden öfter angetroffen.
h) Bei Kindern. Bei dieser Thiergattung kommt der Anthrax ziemlich häufig vor. Der apoplektiforme Milzbrand macht gewöhnlich den Anfang einer Anthraxinvasion in einem Stalle oder in einer Gegend und befällt meist die bestgenährten Thiere eines Bestandes; ebenso ist das Milzbrandfieber bei Rindern gewöhnlicher als bei Pferden. Ausserdem tritt der Anthrax bei diesen Thieren als sogenannte Carbunkelkrankheit oder Milzbrandcarbunkel auf, bei welcher meist im Verlaufe des Anthraxfiebers, seltener vor dessen Eintritt carbunculöse Geschwülste an verschiedenen Körperpartien sich einstellen. Seltener und gewöhnlich nur vereinzelt kommt gegenwärtig der Zungenanthrax zur Beobachtung. Oefter kann während Anthraxepizootien das Auftreten von Fällen des Mastdarmcarbunkels constatirt werden.
c) Bei Schafen. Der Anthrax tritt bei dieser Thiergattung am gewöhnlichsten in der acutesten Form als sogenannte Blutseuche (Blutstaupe, Blutkrankheit, Hitze; Sang de rate/ranz.) auf, welche der apoplektischen Form und dem Anthraxfieber entspricht. Die Krankheit richtet in manchen Gegenden, in welchen sie enzootisch vorkommt, bisweilen enorme Verheerungen unter den Schafbeständen an. Anscheinend ganz gesunde Thiere stürzen, ohne dass Vorläufer der Krankheit bemerkbar geworden wären, plötzlich zusammen und gehen unter Zuckungen innerhalb weniger Minuten zu Grunde oder sie verenden nach einer Krankheitsdauer von wenigen Stunden, nachdem sie wie gelähmt gelegen und mit heftiger Athemnoth gekämpft haben.
Bei der Section gefallener Thiere wird, neben dem bekannten Befunde des Anthrax, gewöhnlich noch eine bedeutende Hyperämie, bisweilen auch das Vorhandensein hämorrhagischer Herde in den Lungen angetroffen.
Wahrscheinlich gehört dieser Anthraxform eine von H. Krabbe („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot;, I) beschriebene, auf Island und den Färöern seit langer Zeit vorkommende, sehr schnell verlaufende seuchenartige Krankheit an, welche fast ausschliesslich die bestgenährten Schafe im ersten und zweiten Lebensjahre, sowohl auf der Weide, als im Stalle befällt und mit dem Namen „Bradsotquot; bezeichnet wird. Die Thiere versagen plötzlich das Futter, legen sich nieder, kauern sich zusammen, schäumen ans dem Maule, stöhnen und verenden oft schon nach wenigen Minuten, höchstens nach einer Krankheifsdauer von einigen Stunden. Die durch die Krankheit veranlassten Verlmste sind sehr bedeutend; in den Jahren 1849 bis 1854 gingen an ihr jährlich im Durchschnitte 6000 Schafe zu Grunde; im Winter 1870/71 allein erlagen ihr 11.317 Schafe, d. i. S-S0/,, des ganzen Schaf-
Böll, Tliicrscnrlion.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;23
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viehstandes. In den Cad ivern stellt sich rasch Fäulniss ein; werden die Thiere im Anfange der Krankheit getödtet, so findet sich im Labmagen ein tief bläulich-rother Fleck (?). Ueber die Ursachen der Krankheit ist nichts bekannt; die Verbreitung derselben durch Ansteckung ist zweifelhaft; ein Uebergang auf andere Haus-tbiere findet nicht statt; Impfversuche wurden nicht vorgenommen. Alle prophylaktischen und hygienischen Massregeln erwiesen sich als fruchtlos. Die erkrankten Schafe werden dort schnellstens geschlachtet und gleich den gefallenen vielfach ohne Nachtheil genossen. E. Viborg hält den Bradsot für eine enzootische, dem Anthrax verwandte, nicht ansteckende Krankheit.
Der Milzbrandcarbunkel wird bei Schafen sehr selten, häufiger das Vorkommen der sogenannten erysipelatösen Anschwellungen beobachtet. Bei dieser Anthraxform, auch brandiger Rothlauf, fliegender Brand, Rose, heiliges Feuer genannt, bildet sich, wahrscheinlich in Folge einer localen Infection durch Milzbrandsubstanzen, an einer oder der anderen Extremität eine dunkel-rothe oder violette, ödematöse Geschwulst, welche sich rasch ausbreitet und nekrotisirt. Die Thiere fiebern heftig, der Hinterleib wird aufgetrieben und der Tod erfolgt innerhalb weniger Stunden, seltener erst nach einem bis zwei Tagen; der Eintritt von Genesung gehört zu den Seltenheiten.
d)nbsp; Bei Ziegen tritt der Milzbrand unter der Form des An-thraxfiebers auf; er verläuft gewöhnlich etwas weniger rasch als bei Schafen.
e)nbsp; Bei Schweinen. Wie bereits erwähnt, ist die Disposition der Schweine, an Anthrax zu erkranken, überhaupt eine höchst geringe. Beobachtet wurde das Vorkommen der apoplektischen Foi-m, des Zungenanthrax, bei Schweinen auch Rank, Rankkorn, Gaumenanthrax genannt und der Anthraxbräune, auch als Halsanthrax, Kehlbrand, wildes Feuer, Esquinancie maligne franz., bezeichnet. Die als brandiger Rothlauf oder Antoniusfeuer angeführte Krankheit, welche früher als die am häufigsten vorkommende Anthraxform der Schweine angesehen wurde, gehört neueren Untersuchungen zu Folge nicht der Kategorie des Milzbrandes an; sie stellt im Gegentheile eine Infectionskrankheit eigener Art, den sogenannten Rothlauf der Schweine dar. Das Auftreten von Anthraxcarbunkeln bei Schweinen wird in Abrede gestellt.
Eine bei anthraxkranken Schweinen häufig zu beobachtende Erscheinung ist der Eintritt von Erbrechen oder wenigstens Brechneigung.
Als Milzbrandcarbunkel des Schweines wurde früher auch die sogenannte weisse Borste oder Kropfbrandbeule angesehen, mit welchen Namen man eine am Halse, in der Nähe des Kehlkopfes und der Ohrspeicheldrüse auftretende
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Milzbrand. Pormon bei Ilnmlen, Katzen und dem Geflügel.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 355
bohnengrosse Geschwulst bezeichnete, auf welcher die erbleichten, harten und spröden Borsten in Bäscheln zu 10 bis 20 sich aufsträuben.
Zündel („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot;, 1875) hat nachgewiesen, dass dieser Zustand durch eine Fistel an einer Seite des oberen Theiles des Halses zunächst der Ohrspeicheldrüse dargestellt wird, durch welche öfter ein Büschel zusammengeklebter Borsten mehr oder weniger tief eindringt. Die Fistel geht aus dem theilweisen Offenbleiben einer Eiemenspalte hervor, ist mithin eine Halskiemenfistel. Zündel bezweifelt, dass die in die Fistel eindringenden Borsten eine zum Brande führende Bräune veranlassen können und spricht die Ansicht aus, dass es sich in Fällen, wo die weisse Borste als Anlass oder Ausdruck einer Krankheit angesehen wird, nur um ein zufälliges Zusammentreffen dieses ange-bornen Znstandes mit einer anderweitigen Krankheit , mithin auch des Hals-anthrax, handle.
Heusinger („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot;, 1876) hat in einer umfassenden Arbeit die aus einer unvollkommenen Verschliessung der bei Säuge-thier-Embryonen vorhandenen vier Halsspalten hervorgehenden Missbildungen bei Menschen, Schweinen, Schafen, Ziegen, Kindern und Pferden ausführlich geschildert.
f)nbsp; Bei Hunden und Katzen ist das Vorkommen des Milzbrandes ein höchst seltenes. Am gewöhnlichsten wird bei ihnen noch der Anthraxcarbunkel am Kopfe, Halse und im Maule, mithin an Körperstellen beobachtet, an welchen eine directe Infection bei dem Herumzerren und Verzehren des von anthraxkranken Thieren stammenden Fleisches oder Blutes am leichtesten erfolgen kann.
g)nbsp; Bei dem Geflügel. Schon früher wurde hervorgehoben, dass Vögel nur eine geringe Empfänglichkeit für das Anthraxgift besitzen^ und dass Pasteur den Grund hiefür, wenigstens für die Hühnerarten, in der höheren Bluttemperatur derselben suche.
Pasteur („Bulletin de l'Academie de mÄdecinequot;, 1878, Nr. 12 und 24) impfte einem von drei Hühnern fünf Tropfen Nahrflüssigkeit, welche Keime (Sporen) von Anthraxbacterien enthielt, ein und tauchte dessen untere Körperhälfte (etwa ein Drittel des ganzen Körpers) in ein Wasserbad von 25deg; C, um dessen Körpertemperatur herabzusetzen. Nach 29 Stunden war das Huhn todt und zeigte sich im Blute, in der Leber, Milz u. s. w. ganz erfüllt von Milzbrand-bacterien. Das zweite mit zehn Tropfen derselben Flüssigkeit geimpfte und ohne Wasserbad belassene und das dritte, nicht geimpfte, aber in ein Wasserbad von der angeführten Temperatur gesetzte Huhn blieben gesund.
Weitere Versuche („Comptes rendusquot;, LXXXII, Nr. 2, 1878) haben ergeben, dass abgekühlte, mit Anthraxgift inficirte Hühner wieder zur Genesung gebracht werden können, wenn man sie sogleich wieder erwärmt, wobei die Bacillen verschwinden; dass eine Heilung jedoch in den letzten Lebensstunden, wo das Blut schon zu stark von Bacillen erfüllt ist, nicht mehr erzielt werden könne.
Dem entgegen führte Colin an, dass bei den mit Anthraxgift geimpften Hühnern, welche in ein kaltes Bad von 7 bis 8deg; O. gebracht wurden, sowie bei Hühnern, welche in der eine niedrigere Temperatur zeigenden Schädelgegend
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356nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbrand. Beim Gefldgel and Wilde.
geimpft worden waren, der Anthrax sich ebensowenig entwickelte, wie bei geimpften Tauben, deren Temperatur auf jene der für Anthrax sehr empfänglichen Kaninchen und Meerschweinchen herabgesetzt wurde. Hieraus zieht Colin den Schlnss, dass die Unempfänglichkeit der Hühnervögel gegen den Impfanthrax bei einer Temperatur, bei welcher andere Tbiere dem Milzbrandgifte unterliegen, nicht in deren relativer Körperwärme liegen könne und dass eine Beziehung zwischen der normalen Temperatur der Thiere und ihrer Disposition oder Nichtdisposition für Anthrax nicht bestehe.
Eine von der Pariser Akademie der Mcdicin zusammengesetzte Commission, welcher auch Colin angehörte, hat sich jedoch von der Richtigkeit der Angaben Pasteur's überzeugt, der im Stande war, nach seiner Methode echten Milzbrand mit Bacillen im Blute bei Hühnern zu erzeugen. („Bull, de TAcadöm. de med.quot;, 1878, Nr. 30).
Feser („Wochenschrift für Tliierheiükundequot;, 1879), welcher durch Verfutterung von Milzbrandsubstanzen bei dem Hausgeflügel Anthrax hervorzurufen nicht im Stande war, dagegen durch subcutane Impfung bei Enten und Gänsen die Krankheit erzeugte, spricht die Ansicht aus, dass die kalten Bäder bei den für don Anthrax nahezu unempfänglichen Hühnern die Immunität nicht aufheben und dass die durch Abkühlung dieser Thiere entstandenen Todesfälle als Folge starker Erkältung anzusehen seien; eine Ansicht, welche sich gegenüber dem von Pasteur gelieferten Nachweise der Bacillen im Blute inficirter Hühner wohl nicht aufrecht erhalten lässt.
Gleicliwohl liegen Mittlieilungen über das Auftreten des Milzbrandes bei dem Hausgeflügel zur Zeit des Herrsebens der Krankheit unter den Haussäugetbieren vor. Die Infection mag in den meisten Fällen durch Verunreinigung des Körpers mit Blut oder Abfällen anthraxkranker Thiere oder durch den Genuss von Anthraxsub-stanzen erfolgen. Das Geflügel stirbt entweder plötzlich, ohne Anzeichen eines vorausgegangenen Krankseins dahin, oder es zeigt vorerst Schwäche, Mattigkeit, Zittern und Taumeln und Aufsträuben des Gefieders, worauf Kamm nnd Kehllappen bei Hühnern und Truthühnern bläulich werden, rothe Flecke oder bläulichgraue Beulen auf dem Körper (bei Hühnern auch auf dem Kamme, um die Augen und auf der Zunge) sich entwickeln, worauf nach wenigen Stunden der Tod eintritt. Als Sectionsbefund werden dunkles, theer-ähnliches Blut, Hyperämie der Musculatur, der Lungen, Leber, Milz, Extravasate in der Schleimbaut des Darmes und in den Eileitern, bisweilen auch sulzige Exsudate in dem subcutanen und submueösen Bindegewebe angeführt.
h) Beim Wilde. Unter den wildlebenden Thieren sind es besonders die Wiederkäuer: Rehe, Hirsche, das Damwild, Ren-thiere, unter welchen der Anthrax nicht selten in seuchenartiger Verbreitung und bisweilen als eine enzootische Krankheit auftritt. Meist seheinen es die acutesten Anthraxformen zu sein, welche den
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Milzbrand. Uebertragbarkeit auf Menschen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3o7
Wildstand befallen. In Lappland und in den Tundren Sibiriens decimirt der Milzbrand in manchen Jahren die Renthiere auf eine furchtbare Weise, und zwar meist in der Form des Anthraxblut-schlages; jedoch soll bisweilen auch der Carbunkel vorkommen.
Von den Verheerungen, welche der Milzbrand bisweilen unter den Wildbeständen anrichtet, mögen nur einige Beispiele Zeugnisraquo; geben. Im Sommer 1846 und in den Jahren 1861 und 1873 war der Milzbrand unter dem Roth- und Damwild mancher Localitäten des Regierungsbezirkes Potsdam herrschend; im Jahre 1874 veranlasste er (nach einer Mittheilung der ,,Jagdzeitung:', 17. Jahrgang) in mehreren Revieren daselbst furchtbare Verluste. Die Gesammtzahl des todt gefundenen und vergrabenen Wildes bezifferte sich auf 1895 Stück Dam-, 57 Stück Rothwild, 6 Rehe und 4 Hasen; viele eingegangene Stücke mögen bei der grossen Ausdehnung der verseuchten Reviere gar nicht aufgefunden worden sein. Die Mortalität belief sich in einzelnen Revieren bis an 890/0 des Wildbestandes. In der Umgebung der stärker verseuchten Reviere und bei den Forstbediensteten ist überdies eine Anzahl von Pferden, Rindern und Schweinen an Milzbrand eingegangen, ebenso erkrankten einige Menschen an Anthrax in Folge einer Uebertragung des Giftes durch Fliegen. Einige Stunden vor dem Eintritte des Todes sollen die erkrankten Wildstücke struppige Haare und matten Gang gezeigt haben und der Tod anscheinend durch Erstickung, bisweilen unter Con-vulsionen erfolgt sein.
Im Jahre 1876 fielen (nach den „Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis im preussischen Staatequot;, Neue Folge, III) im Primkenauer Parke des Kreises Sprottau von 600 Stück, grösstentheils Damwild, 269 Stück an sehr acut ablaufendem Anthrax.
In der zweiten Hälfte Juni 1877 wurde nach den Mittheilungen von H. Reuss fast gleichzeitig in allen wildhesetzten Revieren der Herrschaft Dobfis (in Böhmen) eine durch Milzbrand veranlasste Sterblichkeit unter dem Roth- und Damwild constatirt, welche in den ersten Tagen des Juli verheerende Dimensionen annahm, in den ersten acht bis zehn Tagen des Auftretens der Seuche die meisten Opfer forderte und innerhalb der nächsten Wochen mit dem Eintritte der kühlen Witterung und wiederholter Niederschläge wieder verschwand. Das Wild soll plötzlich zusammengebrochen und unter Zittern und Zuckungen verendet sein. Der Gesatnmtverlust an Wild betrug 23 Stück Roth- und 60 Stück Damwild; Altthiere waren in grösserer Zahl befallen als Jungwild.
Uebertragbarkeit auf Menschen. Wie Eingangs erwähnt, ist der Milzbrand auch auf den Menschen übertragbar. Eine Infection kann auf verschiedene Weise stattfinden; am häufigsten erfolgt sie durch das Eindringen des Krankheitsgiftes in excoriirte oder sonstwie verletzte Hautstellen. Dieser Art von Uebertragung sind vor Allem Personen ausgesetzt, welche sich mit anthraxkranken Thieren, ihren Cadavem, mit frischen und selbst vollkommen trockenen tkierischen Rohproducten und Abfällen zu beschäftigen haben, daher besonders Viehwärter, Thierärzte, Abdecker, Fleischer, Gerber, Häutehändler, Personen, die in Fabriken beschäftigt sind.
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358nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbrand. Beim Menecheli. Verlauf. Progao.se.
in welchen thierische Kohproducte und Abfalle verai'beitet werden. An der Stelle der Impfung entwickelt sich eine locale Affection: der Anthraxcarbunkel (Pustula maligna) oder das Anthraxödem, die entweder örtlich ablaufen oder aber zu einem schweren, selbst tödtlich endenden Allgemeinleiden führen können.
Nicht selten findet die Uebertragung des Milzbrandgiftes sowie auf Hausthiere auch auf den Menschen durch Insecten statt, welche mit anthraxkranken Thieren oder deren Theilen in Berührung kamen. Ueber Fälle derartiger Infectionen wird fast alljährlich aus Gegenden berichtet, in welchen der Milzbrand unter den Hausthieren herrschend ist.
Die Möglichkeit einer Infection durch den Genuss des Fleisches, der Milch und Butter anthraxkranker Thiere ist unzweifelhaft nachgewiesen und sichergestellt, dass die Virulenz solchen Fleisches nicht einmal durch Kochen und Braten in jedem Falle zerstört werde. In Folge einer derartigen Infection stellen sich gastrische Erscheinungen: Erbrechen, Durchfall, Athemnoth, rascher Verfall, bisweilen auch Carbunkel auf der Haut und den Schleimhäuten ein.
In neuerer Zeit sind auch schwere und tödtlich endende Erkrankungen von Menschen in Folge des Eindringens von Anthrax-keimen in die Athmungsorgane mittelst der Respirationsluft nachgewiesen worden, von welchen besonders Arbeiterinen in Papierfabriken, die mit dem Sortiren von Hadern beschäftigt werden, und Personen, welche die Reinigung und Verai'beitung von Schafwolle und Rosshaaren vornehmen, befallen werden. Ebenso können Anthraxkeime mit der Nahrung eingeführt werden und eine schwere Erkrankung, Mykosis intestinalis, veranlassen.
In dem Blute, in den hämorrhagischen Herden und Carbunkeln, in Lymphdrüsen, in den befallenen Schleimhäuten u. s. w. anthraxkranker Menschen finden sich Anthraxbacillen, welche sich jenen der Hausthiere gleichartig verhalten und, wie Versuche nachgewiesen haben, auf Thiere mit positivem Erfolge übergeimpft werden können.
Verlauf und Prognose. Der Verlauf des Anthrax ist immer ein sehr acuter, von wenigen Minuten und Stunden bis zu mehreren Tagen und einer Woche sich erstreckend. Am ungünstigsten verlaufen der apoplektische Milzbrand und das Anthraxfieber; bei dem ersteren gehören Genesungsfälle zu den seltensten Ausnahmen; jedoch auch bei dem letzteren beläuft sich die Mortalität auf mindestens drei Viertel der Erkrankten. Weniger ungünstig stellt sich die Prognose bei Anthraxfällen mit Localaffectionen der Haut, falls die
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Milzbraud Diaguose. Vorbauung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '-559
Schleimhäute verhältnissmässig frei bleiben und die Carbunkel nicht an Stellen sitzen, wo sie lebenswichtige Functionen hemmen, heraus; jedoch auch in diesen Fällen ist die Sterblichkeit immer noch eine sehr bedeutende. Ein rasches Verschwinden der Anthraxgeschwülste von der Haut mit Steigerung des Allgemeinleidens, sowie der Eintritt von Kolikerscheinungen bei anthraxkranken Pferden begründet jedenfalls eine höchst ungünstige Prognose. Grutgenährte und mastige Thiere unterliegen in der Regel der Krankheit. Thiere, bei welchen Brand der Hautgesehwülste und Verjauchung des subcutanenund inter-musculären Bindegewebes eintritt, bedürfen bei günstigem Ablauf des Allgemeinleidens oft einer langen Zeit zur völligen Reconva.lescenz.
Am ungünstigsten verläuft der Anthrax bei Schafen; bei Rindern erfolgen verhältnissmässig mehr Grenesungen als bei Pferden_ Sehr ungünstig scheint sich der Verlauf bei wild lebenden Wiederkäuern zu gestalten.
Diagnose. Bei dem bereits constatirten Herrschen des Anthrax sowie in Localitäten, wo derselbe enzootisch auftritt, unterliegt die Diagnose bei neu zuwachsenden Krankheitsfällen keinen Schwierigkeiten. Bei dem ersten Auftreten in bisher verschonten Gegenden jedoch, sowie in einem sporadischen Falle kann die Feststellung der Diagnose am lebenden Thiere schwierig werden und nur das, jedoch selten gelingende, Auffinden der Anthraxbacillen in dem probeweise entnommenen Blute und ein positives Resultat einer mit solchem Blute vorgenommenen Impfung eines Nagers oder Schafes könnte jeden Zweifel beseitigen.
Die Section des gefallenen oder getödteten kranken Thieres, das Auffinden von Anthi-axbacillen in demselben, erforderlichenfalles die Impfung eines der genannten Thiere wird jedenfalls bestimmten Aufschluss geben.
Yorbauung. Aus Allem, was früher über die Entstehung des Anthrax, die Erhaltung und Vermehrung seiner Keime in dem Boden und über die Verschleppbarkeit der letzteren angeführt wurde, ergibt sich eigentlich die Prophylaxis von selbst. Ihre Hauptaufgabe bleibt unter allen Verhältnissen die Verhütung einer Imprägnation des Bodens mit Anthraxgift; worauf auch in der That alle neueren veterinärpolizeilichen Anordnungen gerichtet sind. Mittel zu diesem Zwecke sind: die gründliche Beseitigung, besser noch die Vernichtung der Anthraxcadaver, ihrer Dejecte und Abfälle, sowie die Vernichtung, beziehungsweise eingreifendste Desinfection aller Objecte, an welchen Blut, Koth oder andere Theile der kranken Thiere haften können. .
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In Antliraxdistrictcn, in deren Boden von frülierher Anthrax-keime abgelagert sind, enveist sieh Leim Auftreten der ersten Fälle der Krankheit eine Entfernung des bedrohten Vichstandes in eine entferntere Localität für die Hintanhaltung weiterer Erkrankungen ebenso von Vortheil, wie das Fernhalten der Thiere von als besonders gefahrlich bekannten Weideplätzen und Tränken.
Wenn sieh die Ansicht Pasteur's bestätigt, dass die Anthrax-keime vorzugsweise durch Eegenwürmer aus der Tiefe des Bodens auf dessen Oberfläche verschleppt werden, so wäre auch nach Mitteln zu suchen, diese Würmer unschädlich zu machen.
Auf Grund seiner Erfahrungen über die Entstehung des Anthrax durch die Aufnahme von Futterstoffen, welche durch Anthrax-keime verunreinigt sind, empfiehlt Toussaint für Gegenden, in welchen der Milzbrand euzootisch vorkommt, die den Thieren in den Ställen gereichte Nahrung genau zu untersuchen und aus derselben alle stechenden und kratzenden Körper zu entfernen, ausser-dem Affectionen der Maulschlcimhaut bei den Thieren zu tiberwachen und baldigst zur Heilung zu bringen, endlich Tränken zu vermeiden, welche entweder durch thierische Abfälle oder Infiltrationen verunreinigt sein können.
Verbesserungen solcher Bodenverhältnisse, welche der Erhaltung und Vermehrung des Anthraxgiftes günstig scheinen, durch Entsumpfung, Drainage u. dgl. können, wo sie durchführbar sind, in vielen Fällen von Vortheil sein.
Bei dem Auftreten des Milzbrandes in einer Localität könnte die Verabreichung von Carbolsäure oder anderen antiparasitären Stoffen bei den noch verschonten Thieren als prophylaktisches Mittel neben sonstigem entsprechenden hygienischen Verhalten versucht werden.
Gestützt auf die Resultate seiner an Ratten vorgenommenen Infectionsversuche, bei welchen sich diese Thiere, wenn mit Fleischkost gefüttert, für das Milzbrandgift unempfänglich, dagegen bei Brotkost sehr empfänglich erwiesen, kommt Feser („Wochenschrift für Thierheilkundequot; 1879) zu der Annahme, dass eine an Protein-stoffen reiche Nahrung den besten und dauerndsten Schutz gegen Milzbrand verleihe.
Therapie, Der Erfolg der therapeutischen Behandlung des Anthrax lässt bis jetzt noch nahezu Alles zu wünschen übrig. Früher wurde für den Beginn der Krankheit eui ausgiebiger Aderlass, besonders bei kräftigen, wohlgenährten Thieren, bei Schweinen überdies die Verabreichung eines Brechmittels empfohlen;.beide schwächen
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Milzbrand. Therapie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;361
jedocli die Kranken auffallend und scheinen mehr schädlich als nützlich zu sein. Ebensowenig leistet in der Regel die Verabreichung der Mittelsalze für sich allein oder in Verbindung mit Salpeter oder Weinstein, das essigsaure Ammoniak, eine ammoniakalische Lösung der Cochenille und das Ziehen von Eiterbändern oder das Stecken der Nieswurzel.
In neuerer Zeit wurde die Carbolsäure innerlieh (zu 30.00 bis 40.00 bei grossen Hausthieren) und in wässeriger Lösung subcutan, und zwar in manchen Fällen mit anscheinend nicht ungünstigem Erfolge in Verwendung gezogen. Die als Heil- und prophylaktisches Mittel empfohlene Salieylsäure hat sich ebensowenig wie der Borax bewährt. Bei der Blutstaupe der Schafe könnte das Chlorwasser, das in manchen Fällen anscheinend gute Dienste geleistet zu haben scheint, versucht werden. Von Zürn wird die Fowler'sche Arseniklösung gelobt. Bei Sehwächezustand werden Wein und Weingeist als Zusatz zu aromatischen Aufgüssen, Kampher, Phosphoröl empfohlen.
Abreibungen des Körpers der kranken Thiere mit kaltem Wasser oder Bespritzen desselben mit Kamphergeist oder Terpentinöl mit darauffolgendem tüchtigen Frottiren, in kurzen Zwischenräumen wiederholt, sollten bei grossen Hausthieren nicht verabsäumt werden; besonders dann nicht, wenn in der Haut aufgetretene Geschwülste rasch zurücktreten.
Anthraxcarbunkel werden am zweckmässigsten tief gespalten, ihr Inhalt ausgedrückt oder ausgelöffelt und hierauf mit Aetzkali oder concentrirten Säuren (Schwefelsäxu-e oder Salpetersäure) tüchtig geätzt oder mit dem Glüheisen gebrannt. Solche tiefe Incisionen werden besonders bei jenen Carbunkeln nothwendig, welche in Folge ihres Sitzes am oberen Theile des Halses die Respiration erschweren oder völlig aufzuheben drohen. Das Durchziehen von Eiterbändern durch die Carbunkel ist wegen der langsam und spät eintretenden Wirkung nicht zu empfehlen. Das Auslöffeln und darauffolgende Aetzen ist auch bei jenen Carbunkeln angezeigt, welche, wie bei dem Zungenanthrax der Rinder und dem Rankkorn der Schweine, in der Schleimhaut des Maules sitzen, wobei darauf Bedacht zu nehmen ist, dass das Hinabfliessen der Brandjauche in den Rachen und in die Luftröhre thunlichst hintangehalten werde.
Bei derartigen Manipulationen soll die Besudlung der Hände, des Gesichtes und anderer blosser Körpertheile der dabei beschäftigten Personen und das Einathmen der Exspirationsluft der kranken Thiere thunlichst vermieden werden.
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Bei dem Auftreten verbreiteter, sogenannter rothlaufartiger Anschwellungen empfiehlt sich das öftere Frottiren oder Abreiben mit Wasser oder verdünntem Essig. Die Vornahme von Incisionen ist wegen des in Folge derselben nicht selten in grosser Ausbreitung eintretenden Brandes thunlichst zu vermeiden. Bei dem spontanen Aufbruche solcher Geschwülste wären die blossgelegten brandigen Flächen mit einer 2 bis 30/oigen wässerigen Lösung von Carbolsäure, einer Lösung von übermangansaurem Kali oder eines sonstigen Des-infectionsmittels zu verbinden oder mit Gypstheer zu bestreuen.
Die in Folge der Nekrose entstandenen, nicht selten umfangreichen jauchenden Flächen und Hohllegungen erfordern nach Ablauf des Anthrax oft noch eine längere Zeit zur Heilung und sind nach den Kegeln der Chirurgie zu behandeln.
Besonders drohende Erscheinungen machen überdies ein symptomatisches Verfahren nothwendig. So erfordert die durch Anthrax-geschwülste in der Nase, im und um den Rachen und Kehlkopf veranlasste Athemnoth die imgesäumte Vornahme der Tracheotomie, die durch Carbunkel im Mastdarme behinderte Defäcation die vorsichtige Ausräumung des Mastdarmes und das Setzen kalter Klystiere, der Eintritt von Darmblutung die Verabreichung adstringirender Mittel innerlich und in Klystierform.
Anthraxkranke Thiere sollen möglichst in reinen, kühlen, luftigen Räumen untergebracht werden; als Getränke empfiehlt sich frisches, reines oder auch leicht angesäuertes oder mit Carbolsäure versetztes Wasser; als Nahrung, falls die Thiere solche zu sich nehmen, unverdorbene, leicht verdauliche, mit Kochsalzwasser befeuchtete Futterstoffe.
Veterinärpolizei. Bezüglich der Massregeln, welche zur Tilgung des Milzbrandes einzuleiten sind, besteht eine vollkommene Uebereinstimmung zwischen dem österreichischen und dem deutschen Thierseuch engesetze.
Das österreichische Gesetz und die zur Durchführung desselben erlassene Verordnung enthält in dieser Hinsicht folgende Bestimmungen (sect; 27).
Constatirung. Bei vereinzelt bleibenden Fällen des Milzbrandes genügt die Entsendung des Amtsthierarztes zur Constatirung der Krankheit und zur Leitung des schliesslichen Desinfections-verfahrens.
Nach erfolgter amtlicher Constatirung hat die Gemeindebehörde bei dem Auftreten neuer Seuchenfälle in dem Orte die vorgeschriebenen veterinärpolizeilichen Massregeln einzuleiten, ohne dass
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Milzbrand. Veteriuärpolizei.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;363
es einer besonderen Erhebung durch den Amtsthierarzt bedarf. Tritt der Milzbrand als Seuche auf, so ist der Amtsthierarzt, wenn er nicht in dem Seuchenorte exponirt ist, zur Nachschau in Zwischenräumen von vier zu vier Tagen anzuweisen.
Sperrmassregeln. Milzbrandkranke Thiere sind von den gesunden abzusondern und die verseuchten Ställe und Standorte gegen den Zutritt von Thieren jeder Art, sowie von unberufenen Personen abzusperren. Bei dem Auftreten des Milzbrandes unter Thieren, welche sich ständig auf der Weide belinden, hat, nach Absonderung der Kranken, die Absperrung des Weideplatzes einzutreten. Die Krankenställe sind zur Hintanhaltung von Fliegen möglichst dunkel zu halten, und täglich mit Chlorgas schwach zu durchräuchern.
Für die kranken Thiere sind eigene Wärter, welche mit gesundem Vieh nicht in Berührung kommen dürfen, zu bestellen und besondere Futter- und Tränkgeschirre und Geräthschaften zu verwenden, welche ohne vorausgegangene Desinfection, die in dem Krankenstalle oder in dessen nächster Nähe vorzunehmen ist, ander-wärtig nicht benützt werden dürfen.
Erlangt der Milzbrand in einem Orte eine seuchenartige Verbreitung, so kann die Sperre der Ortschaft oder einzelner Theile derselben angeordnet werden.
Desinfection. Die verseuchten Stallungen, Standorte und Geräthe sind auf das eingreifendste zu desinficiren.
Die Cadaver milzbrandkrank gewesener Thiere dürfen nicht abgeledert werden und sind auf eine möglichst schnelle Weise unschädlich zu beseitigen. Bis dahin müssen sie (durch Bedeckung mit Stroh, Erde, Decken u. dgl.) so verwahrt werden, dass eine Berührung derselben durch andere Thiere — auch Fliegen — möglichst hintangehalten wird.
Findet die unschädliche Beseitigung der Aeser nicht auf thermischem oder chemischem Wege, sondern durch Vergraben statt, so ist vorher die Haut kreuzweise in kleine Stücke zu zerschneiden. Die Gruben müssen tief angelegt und die hineingelegten Cadaver mit Aetzkalk, oder mit Asche, Theer oder Jauche beschüttet werden.
Auf gleiche Weise ist mit den aufgefundenen Cadavern des an Milzbrand eingegangenen Wildes vorzugehen.
Die Aasgruben sind entsprechend zu verwahren; die Plätze, auf welchen sie sich befinden, dürfen mindestens durch drei Jahre als Gras- oder Ackerland nicht benützt werden.
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B64nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Milzbrand. Veterinärpolizei.
Von milzbrandkranken Thieren stammende Abfälle jeder Art, sowie Stalldünger und Streu, müssen verbrannt oder nach vorausgegangener Ueberscliüttung mit Aetzkalk oder Asche tief vergraben werden.
Sanitätspolizei. Tliiere, welche nach dem Gutachten des abgeordneten Thierarztes als krank oder der Seuche verdächtig anzusehen sind, dürfen zum Zwecke des Fleischgenusses und der Verwerthung sonstiger Bestandtheile nicht geschlachtet werden.
Ebenso ist die Nutzverwertbung und der Verkauf einzelner Theile, der Milch und sonstiger Producte von milzbrandkranken oder verdächtigen Thieren verboten. Als verdächtig sind jene Thiere anzusehen, welche innerhalb der letzten vier Tage mit anthrax-kranken Thieren in unmittelbare Berührung gekommen sind.
Die Schlachtung noch gesund erscheinender unverdächtiger Thiere eines verseuchten Hofes zum Zwecke des Fleischgenusses darf nur mit Zustimmung und unter der Aufsicht eines approbirten Thierarztes und nur in dem Seuchenorte stattlinden.
Die Besitzer der an Milzbrand erkrankten Tliiere, sowie jene Personen, welche sich mit den kranken Thieren oder ihren Cadavern beschäftigen, sind über die leichte Uebertragbarkeit der Krankheit auf den Menschen, die daraus entstehende Gefahr und über die zu beobachtenden Vorsichten entsprechend zu belehren.
Personen, welche Verletzungen an den Händen oder an anderen biossgetragenen Körpertheilen haben, dürfen zur Wartung kranker Thiere, sowie bei Sectionen nicht verwendet werden.
In den Krankenställen sind Mittel zur Reinigung, sowie solche zur Desinfection (30/oige wässerige Lösung reiner Carbolsäure oder 6n/uige wässerige Mischung von roher Carbolsäure) vorräthig zuhalten.
Blutige Operationen an milzbrandkranken Thieren, sowie die Oeffnung 'ihrer Cadaver dürfen nur von approbirten Thierärzten vorgenommen werden.
Beendigung der Seuche. Die eingeleiteten veterinärpolizeilichen Massregeln haben aussei- Wirksamkeit zu kommen a) bei vereinzelten Krankheitsfällen: wenn keine kranken Thiere mehr vorhanden sind; h) bei seuchenartigem Auftreten des Milzbrandes: wenn innerhalb vierzehn Tagen nach dem letzten Genesungs- oder Todesfalle eine neue Erkrankung an Milzbrand nicht mehr vorgekommen, und wenn in beiden Fällen die vorschriftsmässige Desinfection der Stallungen, Standorte und Göräthe vollendet ist.
Durch das deutsche Viehseuchengesetz wird angeordaet, dass in Bezirken, in welchen sich der Milzbrand ständig zeigt, die Zuziehung des beamteten
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Milzbrand. VeteriuärpoUzei. Texasfieber.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 365
Thierarztes nicht in jedem Falle dieser Seuche erforderlich ist (sect; 15); ferner wird bestimmt, dass Thiere, welche am Milzbrand erkrankt oder dieser Seuche verdächtig sind, nicht geschlachtet werden dürfen (sect; 31); dass die Vornahme blutiger Operationen an solchen Thieren und die Oeffnung ihrer Cadaver nur approbirten Thierärzten gestattet ist (sect; 32); dass die Cadaver gefallener oder getödteter milzbrandkranker oder verdächtiger Thiere, ohne vorausgehende Abhäutung unschädlich zu beseitigen sind, und dass die gleichen Vorschriften rücksichtlich der Cadaver des in Folge von Milzbrand gefallenen laquo;der getödteten Wildes Anwendung zu finden haben (sect; 33). Das Schweizer und das grossbritannische Thierseuchengetetz geben keine speciellen Normen zur Hintanhaltung und Tilgung des Milzbrandes; die belgische königliche EntSchliessung vom 31. December 1867 nennt den Milzbrand unter jenen Krankheiten, welche zur Anzeige und zur Einhaltung der angeordneten Sperrmassregeln unter Strafandrohung verpflichten; das dänische Seucher.gesetz führt den Anthrax sämmtlicher Hausthiere unter jenen Krankheiten an, deren Ausbruch zur Kenntniss der Behörde gebracht werden muss, und gegen welche die letztere Sperr- und Desinfectionsmassregeln einzuleiten berechtigt ist.
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Dem Milzbrande dürfte wohl jene verheerende Rinderseuche beizuzählen sein, welche in Nordamerika unter dem Namen Texasfieber, Texasseuche (Texas-fever, Splenic-feyer) bekannt ist. Die Krankheit soll in der Umgegend des mexicanischen Golfes ihre Heimat haben und wird durch Viehtriebe zeitweilig über einen grossen Theil der Staaten Nordamerikas verbreitet. Als hervortretende Symptome werden Beschleunigung des Athmens und Pulses, Mangel an Fresslust, grosse Hinfälligkeit, Aufhören der Milch-secretion, Entleerung weicher, bisweilen mit Blut gemischter Excre-mente, Absatz eines gewöhnlich bluthältigen Harnes und Speichel-fluss angeführt. Der Verlauf der Krankheit ist sehr rasch, innerhalb zwei bis vier Tagen erfolgt bei ungefähr 90% der erkrankten Thiere ein tödtlicher Ausgang. Ob eine spontane Entwicklung der Krankheit stattfindet, ist nicht nachgewiesen; die Seuche verbreitet sich im Wege der contagiösen Infection. Die Incubation soll zwei bis drei Tage, aber auch drei bis fünf Wochen (?) betragen.
Bei der Section finden sich Ekchymosen im Magen, Darm-kanale, an dem Herzbeutel, am Herzen und in den Nieren, Schwellung und grösserer Blutreichthum der Leber und Milz, Hyperämie der Lungen, seröse Durchfeuchtung des Gehirnes, Welkheit der Musculatur. Das Blut ist missfärbig braunroth, im Harne sind rothe Blutkörperchen nachzuweisen. Ueber die Gegenwart von Mikro-parasiten in den Körperflüssigkeiten und Organen fehlen noch nähere Angaben.
Dem Anthrax schliessen sich am geeignetsten zwei Infections-kranhheiten, der Rauschbrand des Rindviehes und der Rothlauf
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366nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rauncbbrand der Rinder, Vorkommen.
der Schweine an; einerseits, weil sie noch hie und da als blosse Formen des Milzbrandes angesehen werden, andererseits, weil sie im Falle ihres verbreitetem Vorkommens die Einleitung veterinärpolizeilicher Massregeln nothwendig machen können, welche in vielen Punkten mit jenen werden übereinstimmen müssen, welche gegen den Anthrax verordnet sind.
Rauschbrand der Rinder. Emphysema infectiosum.
Synon. Flug, Flugkrankheit, Geräusch, Plage u. s. w. Mit diesen Namen bezeichnet man eine bei Rindern enzootisch vorkommende, höchst acut und fast ausnahmslos tödtlich ablaufende Infectionskrankheit, welche durch das rasche Auftreten eines schnell umsichgreifenden Haut- und Muskelemphysems, sulziger und blutiger Infiltrationen in das Bindegewebe und in die Musculatm-, sowie durch Schwellung der Lymphdrüsen der betroffenen Körperpartien charakterisirt ist.
Der Rauschbrand wird auch gegenwärtig noch hie und da, und zwar selbst von Thierärzten, welche in Gregenden leben, in welchen die Krankheit einheimisch ist, für eine Form des Anthrax (Milzbrandemphysem) angesehen und beschrieben. Die Resultate der in jüngster Zeit, namentlich von Feser und Bollinger vorgenommenen eingehenden Studien lassen es dagegen nicht mehr bezweifeln, dass die Krankheit der Kategorie des Milzbrandes nicht angehöre. Bezüglich der eigentlichen Natur des Processes besteht jedoch noch keine Uebereinstimmung. Während Feser, welchem sich Sommer anschliesst, den Rauschbrand für einen septischen oder putriden Infectionsprocess ansieht, erklärt ihn Bollinger für eine specifische, durch einen beweglichen Spaltpilz hervorgerufene Infectionskrankheit, als eine Mykose der gefährlichsten Art.
Der Rausclibrand ist eine seit langem bekannte Krankheit, welche in Gegenden, in welchen sie einheimisch ist, nahezu alljährlich während der Sommerszeit bedeutende Verluste verursacht. Feser hält ihn sogar für gefährlicher als selbst den Milzbrand; da er unausgesetzt seine Opfer fordert und in manchen Orten ein bedeutendes enzootisches Auftreten zeigt. Die Krankheit wurde in Franken, in Baden, auf gewissen bayerischen, Vorarlberger, Tiroler und Schweizer Alpen beobachtet; in den bayerischen Alpen sollen ihr jährlich ungefähr 100 Rinder, auf manchen Weiden sogar regelmässig 1 bis ö0/,, des gesammten Viehstandes zum Opfer fallen.
Auf den Alpen dreier Bezirke Vorarlbergs gingen im Jahre 1876 293 (20/0 der aufgetriebenen Kälber) und im Jahre 1877 auf 14 sogenannten Galtalpen
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Ranschbrancl. Aettologte.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3G7
102 Thiere (T-ßi/o der Kälber und 2gt;9n/o des Jungviehes) an der Krankheit ein; in Tirol raffte der Eauschbrand im Jahre 1878 unter dem Alpenviehe 221, in Vorarlberg 101 Rinder hin.
Aetiologie. Die Krankheit kommt nur bei Rindern und hauptsächlich beim Jungvieh im Alter bis zu drei Jahren vor; sie befällt unter diesem gewöhnlich die schönsten und bestentwickelten Stücke; nur ausnahmsweise wird sie bei älteren Thieren beobachtet.
Da selbst in grossen Jungviehheerden nur vereinzelte Fälle von Rauschbrand sich einstellen, kann eine individuelle Disposition für die Erkrankung mit Grund angenommen werden. Sommer sucht wohl mit Unrecht in einem durch die Haltung der Thiere in dunstigen, überfüllten Ställen während des Winters hervorgerufenen abnormen Ernährungszustande unter Zutritt von Witterungswechsel während des Aufenthaltes auf den Alpen die alleinige Ursache der Krankheit. Ihr Auftreten ist an gewisse Localitäten gebunden; sie stellt sich auf einzelnen Weiden und Alpen nahezu alljährlich und vorzugsweise in den Sommer- und Herbstmonaten ein, während andere Plätze vollständig von ihr verschont bleiben; die Ursache muss daher in den Verhältnissen der Localität selbst, und zwar wesentlich des Bodens gesucht werden. Eine Uebertragung der Krankheit von einem kranken Thiere auf andere, sowie eine Verschleppung durch Zwischenträger konnte bisher nicht nachgewiesen wei'den. Dagegen gelang es Bellinger durch subcutane Impfung mit 2 bis 25 Tropfen Blutes eines rauschbrandkranken Rindes bei Rindern, Schafen und Ziegen und durch die Impfung minimaler Blutmengen bei je einer Ratte und Maus die Krankheit hervorzurufen. Die Fütterung eines Kalbes mit dem Blute eines an Impf-Rauschbrand gefallenen Rindes hatte wohl den Tod des Thieres, jedoch ohne dass demselben die Erscheinungen dieser Krankheit vorausgegangen wären, zur Folge; hingegen verfielen ein Schaf und eine Ziege, welche mit dem Blute dieses Kalbes geimpft wurden, der Krankheit. Fes er schreibt das Gelingen dieser Uebertragungs-versuche zum Theile dem Umstände zu, dass die zu den Impfungen benützten Mengen virulenter Flüssigkeit in der Regel grosse waren; denn seine zahlreichen Infectionsversuche mit den, bei Impfungen mit der Nadel, gewöhnlichen Mengen von Blut, Dünndarminhalt und Fleischsaft von Rindern, die an Rauschbrand gefallen waren, auf Rind, Schaf, Ziege, Kaninchen und Hund blieben in der Regel erfolglos, während nach Injectionen grösserer Mengen solcher Substanzen bei zur Erkrankung disponirten, besonders jungen und schlechtgenährten Thieren tödtliche Erkrankungen unter den Er-
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868nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rauschbrand. Actiologie. KrankbcitserRclieinungen.
scheinungen der septischen Blutvergiftung sich einstellten. Das Fleisch scheint keine infectiösen Eigenschaften zu besitzen; die Fütterungsversuche Bollinger's an Mäuse ergaben durchwegs ein negatives Resultat und der Genuss des Fleisches der an Rauschbrand erkrankten, ja sogar der in Folge desselben umgestandenen Thiere soll bei Menschen nie nachtheilige Folgen veranlassen.
Als eigentlichen Infectionsstoff bezeichnet Bellinger im Blute und in den speeifischen Loealisationen vorfindliche stäbchenförmige Spaltpilze, Bacillen, von etwa 0-005 mm Länge, die eine eigenthüm-licho rotirende Bewegung um ihre Längsachse zeigen; Feser ebenfalls zarte, feine, 0-005 bis 0-001 mm lange, gleichmässig dicke, sehr bewegliche, im Blute, in der Milz, den blutig-gelatinösen Infiltraten, dem blutigen Darminhalte und in den krankhaft veränderten Muskeln vorfindliche eigenthümliche Stäbchen nebst Mikx'ococcen in Zoogloeaform. Fes er betont die Aehnlichkeit dieser Spaltpilze mit den Fäulnissbacterien und die Thatsache des Vorhandenseins gleichartiger Pilzelemente in der Umgebung der Thiere, in dem Stallboden, in dem sumpfigen Grunde der Alpen, im Schlamm und Unrath der Rauschbrandlocalitäten. Es ist ihm auch gelungen, durch innerlich verabreichten oder subeutan injicirten Sumpfschlamm solcher Alpengegenden, in welchen der Rauschbrand unter den weidenden Rindern stationär ist, sowohl beim Rinde als bei Schafen und Kaninchen auch an Orten, die bisher von der Krankheit verschont geblieben sind, die den Rauschbrand charakterisirenden Krankheitserscheinungen hervorzurufen, welche je nach der Art der Einverleibung bald mehr in den Mägen und im Darme, bald mehr äusser-lich unter verbreiteter Emphysementwicklung auftraten.
Wiederholte Beobachtungen und Untersuchungen, welche Feser („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot;, VI) im Jahre 1879 vorzunehmen Gelegenheit hatte, bestätigten die früher von ihm gemachten Wahrnehmungen.
Mit Rücksicht auf das enzootische Vorkommen des Rauschbrandes auf bestimmten Weiden und Alpen muss angenommen werden, dass der Infectionsstoff sich im Boden erhält und repro-ducirt, mithin der Gruppe der ektogenen Infectionserreger angehört. Dass er sich nach dem Eindringen in den Thierkörper auch daselbst vermehren werde, ist, wie im allgemeinen Theile bezüglich der ektogenen InfectionsstofFe überhaupt erörtert wurde, mit Grund anzunehmen.
Erscheinungen. Mit dem Beginne der Krankheit hören die Thiere auf zu fressen und wiederzukäuen; sie stöhnen und zeigen
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Rauschbrand. Krankheitserscheinungea.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 369
eine gewisse Unruhe, ihre Ohren und Extremitäten fühlen sich kühl an; der Gang wird steif und gespannt, die kranken Thiere schonen eine oder mehrere Extremitäten und heben dieselben im Stande der Ruhe öfter in die Höhe. In Kurzem stellt sich an der betreffenden Gliedmasse eine flache, derbe, heisse, schmerzhafte Geschwulst ein, die rasch zunimmt und von einer Anschwellung der betreffenden Lymphdrüsen gefolgt wird. Puls und Athmen werden beschleunigt, die Thiere zeigen einen hohen Grad von Abstumpfung; sie liegen meist, können sich wohl noch erheben, aber nur schwer vom Platze bewegen und legen sich bald wieder nieder. Die Geschwülste nehmen rasch an Umfang und Ausbreitung zu, fühlen sich nunmehr teigig und kühl an, knistern und rauschen beim Darüberstreifen mit der Hand und zeigen sich gegen gemachte Einschnitte ganz unempfindlich. Die Kranken werden unfähig sich vom Platze zu erheben, ihr Athmen wird stöhnend, bis 50, der Puls bis 130 in der Minute beschleunigt, der Herzschlag pochend, der Hinterleib etwas aufgetrieben. Die Kranken verfallen rasch und gehen meist schon nach einer Krankheitsdauer von sechs bis zwölf Stunden, seltener erst nach zwei bis drei Tagen zu Grunde.
Bei der Section derart krank gewesener Thiere finden sich an den betroffenen Körperpartien umfangreiche, beim Ueberstreichen mit der Hand stark knisternde Geschwülste. Auf dem Durchschnitte derselben erscheinen Unterhautbindegewebe und Muskelscheiden gelbsulzig infiltrirt und von Gasblasen durchzogen, die Muskelpartien sehr blutreich, tief hinein dunkelschwarz gefärbt, erweicht, blasig aufgetrieben, beim Darüberstreiehen rauschend und sind von einem eigenthümlich unangenehmen, faden Gerüche; das aus denselben ausfliessende Blut ist lackfarbig und von Gasblasen schaumig. Die entsprechenden Lymphdrüsen sind geschwellt, erweicht, von Blutextravasaten durchzogen, das umgebende Bindegewebe von einer blutig serösen Flüssigkeit infiltrirt; die zuführenden Lymphgefässe enthalten Gasbläschen. Das Körperblut ist dunkel, schwarz gefärbt, schmierig und bildet kurz nach dem Tode feste Gerinnsel; die Milz ist in der Regel nicht, ausnahmsweise aber auch auf das Doppelte und darüber vergrössert; die Gekrösdrtisen sind häufig geschwellt, von blutiger Flüssigkeit infiltrirt; das Bauchfell ist glatt, glänzend; in den Mägen sind keine wesentlichen Veränderungen, im Labmagen bisweilen Schwellung, Röthung und Ekchymosirung der Schleimhaut zugegen, die Mueosa des Dünndarmes ist manchmal stellenweise geröthet und von Extravasaten durchzogen, der Darminhalt gelbröthlich und schaumig; im Mastdarme sind feste Fäcalien an-
Röll. Tliierqeuchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 24
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gesammelt. Leber und Nieren erscheinen blutreich, manchmal emphysematisch. Das Brustfell ist bisweilen stellenweise injicirt und ekchymosirt, in der Brusthöhle manchmal seröse Flüssigkeit in geringer Menge angesammelt; die Lungen sind blutreich, stellenweise von Extravasaten durchzogen; am Grunde des Kehldeckels und an den Schleimhautfalten am Eingange zum Kehlkopf sind bisweilen gelbsulzige Infiltrate zugegen. Peri- und Endocardium sind häufig ekchymosirt; das Herzfleisch mürbe, von schwarzen Streifen durchzogen, in den Kammern dunkles, zum Theile geronnenes Blut enthaltend. Nach den Angaben Sommer's sollen die Häute jener Abschnitte des Rückenmarkes, von welchen die erkrankten Haut-und Muskelpartien mit ihren Nerven versehen werden, sowie die Scheiden des Ursprunges der betreffenden Nerven von einer roth-lichen gallertigen Flüssigkeit infiltrirt, das Rückenmark selbst aber unverändert sein. In dem Blute und in den Localisationsherden finden sich constant die früher erwähnten Bacillen und Mikrococcen.
Bei Thieren, welche im Beginne der Krankheit geschlachtet werden, beschränken sich die Veränderungen vorzugsweise auf jene Theile, in welchen die Geschwülste aufgetreten sind.
Das Fleisch der nicht befallenen Körpertheile erscheint normal; es wird jedoch von Feser die Thatsache der alkalischen Reaction des Fleischsaftes der an Rauschbrand erkrankten Thiere und der rasch eintretenden Fäulniss des Fleisches der selbst im Beginne der Krankheit nothgeschlachteten Rinder hervorgehoben. Das in den Haut- und Muskelemphysemen enthaltene Gas erwies sich, nach den Angaben Bellinger's, als geruchlos, brannte mit bläulicher Flamme und dürfte wahrscheinlich Sumpfgas sein.
Die Prognose ist eine absolut ungünstige; die Krankheit endet bei jungen Thieren fast ausnahmslos mit dem Tode.
Bei älteren Rindern beobachtete Feser wohl gleichfalls das Auftreten localisirter ödematöser Geschwülste rothlaufartiger Natur an verschiedenen Körperstellen und von Schwellungen der entsprechenden Lymphdrüsen, insoweit sie fühlbar waren, begleitet von Appetitlosigkeit, geringem Fieber, Abnahme der Milchsecretion und häufigen gährenden, diarrhoischen Darmentleerungen; jedoch kommen solche Erkrankungen in allen Fällen innerhalb mehrerer Tage, manchmal innerhalb 24 Stunden zur Heilung. Er lässt es jedoch unentschieden, ob diese Vorkommnisse der Kategorie des Rauschbrandes auch thatsächlich angehören.
Die local beginnende Erkrankung, die Beschaffenheit der Geschwülste, die Antheilnahme der Lymphdrüsen, die Einwirkung der
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RauRchbrand. Therapie. Veterinilrpolizei.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;371
gleichen diätetischen Uebelstände würden fljr, das Fehlen der Emphyseme jedoch, sowie die örtliche Beschränkung des Processes und der gutartige Verlauf der Krankheit gegen die Identität mit Rauschbrand sprechen.
Vielleicht ist die Verschiedenartigkeit des Verlaufes in der grösseren Widerstandsfähigkeit und in der grösseren Dichtigkeit der Gewebe älterer Thiere begründet.
Behandlung. Eine therapeutische Behandlung der Krankheit war bisher stets erfolglos; ob durch die Anwendung der Carbolsäure günstigere Resultate zu erzielen wären, müssen weitere Versuche lehren.
Da die Krankheit an gewisse Localitäten gebunden ist, in deren Boden Organismen angetroffen werden, welche jenen, die in den kranken Thieren sich vorfinden, gleichartig sind (Feser), so empfiehlt sich in prophylaktischer Hinsicht die Erhaltung oder Herbeiführung der möglichsten Reinlichkeit in den Ställen, die Fernhaltung des Viehes von sumpfigen Weidestellen, sowie die Beseitigung dieser letzteren und aller Fäulnissherde.
Veterinärpolizei. In Veterinär- und sanitätspolizeilichei-Hinsicht wird bis jetzt der Rauschbrand dem Anthrax gleichgehalten. Mit Rücksicht auf den Umstand, dass die Krankheit nicht im eigentlichen Sinne contagiös ist und der Grenuss des Fleisches der noth-gesehlachteten Thiere, nach Entfernung der veränderten Partien, den bisher bekannt gewordenen Erfahrungen zufolge keine nachtheiligen Folgen für den Menschen herbeizuführen scheint, wurde wiederholt schon in Anregung gebracht, auszusprechen, dass die gegen den Anthrax geltenden Massregeln auf den Rauschbrand keine Anwendung zu finden hätten. Gegen eine solche Bestimmung aber sprechen, wenigstens vorläufig noch, mehrfache Bedenken.
Das Fleisch der an Rauschbrand erkrankten, selbst der sogleich im Beginne des Leidens geschlachteten Thiere geht rasch in Fäul-niss über und sein Saft reagirt anhaltend alkalisch; es ist daher unbedingt dem Fleische gesunder geschlachteter Rinder nicht gleichzusetzen. Selbst Feser, welcher die Zulässigkeit des Fleischgenusses derart kranker Thiere, mit Ausschluss der kranken Stellen, zugibt, macht den Vorbehalt, dass dasselbe möglichst frisch, und kurze Zeit in Kochsalz oder besser in Essig gelegt, und dann nur gekocht in Verwendung kommen solle. Mag nun die Krankheit mit Fes er als eine septische oder putride Infection oder mit Bollinger als eine specifische Mykose der gefährlichsten Art angesehen werden, so kann es nicht gleichgiltig sein, die Zulässigkeit des Genusses oder sogar den Verkauf eines derart kranken und in keinem Falle bank-
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372nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rauschbrand. Rothlauf der Schweine.
massigen Fleisches gleichsam von Staatswegen zu autorisiren, und zwar um so weniger, als die Krankheit meist nur auf Alpen und darunter auch auf solchen (wie bei Lenggries) vorkommt, auf denen auch der Anthrax enzootisch auftritt und wo selbstverständlich eine geordnete Fleischbeschau gar nicht stattfinden kann. quot;Was die Gestattung einer Verwendung der Häute der an Rauschbrand erkrankten Thiere anbelangt, so können solche Häute wegen der Veränderungen, welche sie durch den pathologischen Process erleiden, an und für sich von keinem besonderen Werthe sein und wird die Vernichtung derselben keinen grossen ökonomischen Verlust verursachen. Da endlich die in den Cadavern enthaltenen Infectionserreger sich in dem Erdboden (ektogen) vermehren, so ist die unschädliche Beseitigung der Aeser und eine Desinfection der Ställe und Standorte rauschbrandkranker Thiere wohl ebenso geboten, wie beim Anthrax.
Vorläufig empfiehlt es sich daher, diese Krankheit in veterinär-und sanitätspolizeilicher Hinsicht von dem Anthrax noch nicht zu trennen.
Rothlauf der Schweine. Erysipelas malignum.
Syn. Bösartiger Rothlauf, Schweineseuche, Petechialfieber, Antoniusfeuer, heiliges Feuer. Erysipele epizootique du porc, Ery-sipele gangr^neux oder contagieux. Mal rouge. Feu sacre franz.; Antrace eresipelatoso, Fuoco sacro itat; Malignant Erysipelas, Red soldier, Blue and red disease, Pig-typhus, Hog-plague, Typhoid fever of swine. Infectious pneumo-enteritis of the pig (Dr. Klein) engl. u. s. w.
Die Krankheit wurde früher ziemlich übereinstimmend dem Anthrax beigezählt. Die Untersuchungen jener neueren Forscher, welche sie wiederholt zu beobachten Gelegenheit hatten, haben sie als eine Infectionskrankheit eigener Art kennen gelehrt, die weder mit dem Anthrax, noch mit dem Abdominaltyphus des Menschen, mit welchem letzteren sie besonders von einigen englischen Schriftstellern in Beziehung gebracht wurde, in irgend welcher Analogie steht. Insbesondere ist es das Verdienst C. Harms' („Der Rothlauf des Schweinesquot;, 1869) und Dr. Klein's („Report on Infectious Pneumo-Enteritis of the Pigquot; im „Report of the Medical-Officer of the Privy-Council and Local-Government-Boardquot;, 1877—1878) zur näheren Kenntniss dieser Krankheit wesentlich beigetragen zu haben.
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Rothlanf der Schweine. Aetiologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 373
Die Krankheit tritt bisweilen als Seuche über grössere Landstriche verbreitet auf und veranlasst bedeutende Verluste. In Preussen herrschte sie vom Ende der Sechsziger-Jahre au in ziemlich allgemeiner Verbreitung, und zwar auch in Gegenden, in welchen der Anthrax nicht vorkommt; ebenso zeitweilig in Bayern, Württemberg und Sachsen. In Baden, wo sie iu weiter Ausdehnung aufgetreten war, ist seit dem Jahre 1874 eine Abnahme der Erkrankungen eingetreten; während im Jahre 1873 die Zahl der vom Eothlauf befallenen Schweine sich daselbst auf 9928 Stück belief, betrug sie im Jahre 1876 nur mehr 3928, ohne dass eine Ursache dieser Abnahme mit Bestimmtheit auszumitteln gewesen wäre. In Dänemark hat sich die Krankheit von Schleswig aus allmälig, besonders im südlichen und westlichen Theile von Jutland, verbreitet. In diesen Landestheilen betrug im Jahre 1873 die Mortalität 82 bis 87%, in den übrigen Landestheilen 2-t bis 72n/0. Seit 1874 kommt sie daselbst weniger häufig vor. In Holland und Ostflandern herrscht sie seit dem Ende der Vierziger-Jahre in grosser Verbreitung.
Aetiologie. Der Rotlilauf der Schweine kommt vorzugsweise in den warinen Jahreszeiten vor; sein Auftreten während des Winters wurde vielfach in Abrede gestellt. Dagegen bemerkt Klein (1. c.), dass er unzweifelhaft auch im Winter herrsche und bezieht sich auf das Jahr 1877, wo die Krankheit zu dieser Jahreszeit in mehreren Bezirken Londons beobachtet wurde. Auch in Württemberg („RePei't. der Thierheilkundequot;, 36. Bd.) wurde das Vorkommen der Krankheit zu Anfang des Winters, bei einer Temperatur von — 5deg; bis — 8deg; C. beobachtet. Als Ursachen der Krankheit wurden aussei* dem ungünstigen Einflüsse heisser und schwüler Witterung gewisse miasmatische Einflüsse problematischer Natur, der Aufenthalt der Thiere in unreinen, dunstigen Stallungen, der Genuss verdorbenen, Zersetzungsprocesse enthaltenden Trinkwassers, fauler oder pilz-hältiger Nahrungsmittel beschuldigt. Nur die letztere Annahme erscheint im Hinblicke, dass die Krankheit unter den verschiedensten Verhältnissen der Localitäten auftritt, begründet. C. Harms nimmt als die nächste Ursache der Krankheit Pilze (Mikrococcen und Bacterien besonderer Art) an, welche, mit dem Futter aufgenommen, von dem Darmcanale aus in die Blut- und Lymphbahnen gelangen. Er gründet seine Annahme auf die Thatsache, dass er bei rothlauf-kranken Schweinen jedesmal derlei Pilzbildungen im Blute und in verschiedenen Organen, wie in der Epidermis und in den Borken der Haut, in den Epithelien und Schleimhäuten, im Darminhalte, im Parenchym der grossen Drüsen, in Lymphdrüsen u. s. w. in sehr bedeutender Anzahl vorgefunden habe, dass es ihm stets gegelungen sei, in dem Futter, welches an rothlaufkranke Thiere verfüttert wurde, Pilze nachzuweisen und dass er den Verdauungscanal stets zuerst ergriffen angetroffen habe. Fischer („Thierärztliche Mittheilungenquot;, 1875) hält die Krankheit gleichfalls für eine durch
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374nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rothlauf der Schweiue. Aetiologie.
Pilze, die mit der Luft oder dem Futter in den Körper eindringen, veraulasste Blutvergiftung, wofür ihm das zeitlich und räumlich beschränkte Auftreten der Krankheit, der stürmische Verlauf und die rasche Art der Verbreitung, endlich das vorherrschende Vorkommen während der warmen Jahreszeit sprechen. Diesen Beobachtungen zufolge wären die Infectionserreger den ektogenen beizuzählen.
Bollinger fand in dem Blute derart krank gewesener Thiere kurze Cylinderbacterien und Mikrococcen; er hält dagegen, ungeachtet er von der parasitären Natur der Krankheit überzeugt ist, diese Frage insolange nicht für spruchreif, als nicht diese Organismen im Blute des lebenden Thieres oder unmittelbar nach dem Tode nachgewiesen sein werden. Klein (1. c.) gelang es, in verschiedenen Organen und Flüssigkeiten einen beweglichen Bacillus nachzuweisen, welcher nach ihm als der eigentliche Krankheitserreger anzusehen ist. Er fand ihn in dem frischen Blute nur ausnahmsweise in einem Falle, in der Milz gar nicht, dagegen in der aus den kranken Lungen gepressten Flüssigkeit, in dem blutigen schaumigen Inhalte der Luftröhre, in dem frischen peritonealen Exsudate, in den ulcerirten Theilen des Darmes, sowie in dem Eiter von Abscessen, die sich an Impfstellen gebildet hatten. Durch Culturversuche brachte Klein die Bacillen zur Sporenbildung und Vermehrung und bewirkte durch Impfung von Culturen der dritten, vierten und achten Generation Erkrankungen der geimpften Schweine an Rothlauf.
Die Länge der kürzesten dieser Bacillen, Bacillus minimus genannt, schwankt zwischen 0001 bis 0-003 mm; sie wachsen jedoch im Culturapparate zu langen Fäden aus, in welchen sich in linearer Anordnung ovale Sporen entwickeln, deren Längendurchmesser ungefähr 00005 mm, deren Breitedurchraesser nur die Hälfte oder zwei Drittel der Länge beträgt. Die Dicke der Fäden, in welchen sich bereits Sporen entwickelt haben, ist stets etwas grosser, als jener, in welchen dieser Vorgang noch nicht erfolgt ist.
Die Contagiosität des Rothlaufes der Schweine wird vielseitig und insbesondere basirt auf die negativen Resultate angestellter Impfversuche in Abrede gestellt. Dieser Ansicht stehen die Erfahrungen anderer Beobachter und insbesondere die Ergebnisse von Versuchen der jüngsten Zeit entgegen.
Infectionen von Schweinen, vermittelt durch den Genuss des Abwaschwassers des Fleisches rothlaufkrank gewesener Sehweine und die Uebertragung des Rothlaufes von dem Mutterschweine mittelst der Muttermilch auf Ferkel waren bei-eits bekannt. Fischer (1. c.) gelang es, ein .gesundes Schwein durch Zusammensperren
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Kothlaul' der Schweine. Äetiologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;375
mit einem kranken und einem an Eothlauf gefallenen unter den Erscheinungen des Rothlaufes krank werden und sterben zu sehen. In dem „Berichte über das Veterinärwesen in Sachsenquot; (17. Jahrgang) wird der Fall erwähnt, dass eine an Schweine verfütterte Buttex*milch, in welche eine ziemlich grosse Quantität des Fleisches eines wegen Rothlauf geschlachteten Schweines der Con-servirung wegen eingelegt gewesen war, die Erkrankung der Thiere an Eothlauf veranlasste. J. W. Axe („Veterinarianquot;, 1875), welcher die Krankheit dem Typhus des Menschen gleichstellt, spricht die Ueberzeugung von der grossen Contagiosität des Rotldaufes der Schweine aus; er ist der Ansicht, dass der Ansteckungsstoff am gewöhnlichsten mittelst der Nahrung und dem Trinkwasser, aber auch mittelst der Luft in den Körper gelange und konnte durch Impfung des Inhaltes der auf der Haut ki'anker Schweine aufgetretenen Bläschen bei gesunden die Krankheit hervorrufen. Insbesondere aber hat Klein (1. c.) durch zahlreiche directe Versuche die Contagiosität der Krankheit nachgewiesen. Es gelang ihm nicht nur durch Zusammenstellen eines kranken Schweines mit einem gesunden, durch Einstellen von Schweinen in einen Stall, jedoch entfernt von dem Platze, wo zwei Tage vorher ein krankes Schwein sich befunden hatte, mithin blos durch Vermittlung der Luft des Stallraumes und durch Verfütterung von Theilen (Darmstücken, Milz, Lungenstücken) rothlaufkranker Thiere bei gesunden Schweinen die Krankheit hervorzurufen, sondern er erhielt auch durch die subcutane Injection minimaler Mengen in 3/4%iger Kochsalzlösung suspendirter Theile krank gewesener Schweine (blutig-schaumiger Inhalt des Kehlkopfes, der Luftröhre und der Bronchien, kranke frische und getrocknete Lungenpartikel, Darmgeschwüre, perito-neales Exsudat, Milz) positive Resultate. Frisches Blut brachte nur bei einem von vier geimpften Schweinen die Krankheit zum deutlichen Ausbruche; es erwies sich aber infectiös, nachdem es drei Monate gut verschlossen aufbewahrt worden war. Die durch die Impfung hervorgerufene Krankheit hatte jedoch in den meisten Fällen einen milden Charakter.
Eickert („Magazin fttr die gesammte Thierheilkundequot;, 39. Bd.) spricht sich ausserdem für die Verschleppbarkeit des Infections-stoffes durch Gesinde, Viehhändler, Fleischer u. s. w. aus.
Die Krankheit ist durch die Luft und wahrscheinlich auch durch Inoculation auf den Menschen nicht übertragbar. In letzterer Beziehung bemerkt Klein, dass er und sein Assistent mit verwundeten Händen mit allen infectiösen Theilen gefallener Thiere
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376nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Rotblauf der Schweine. Krankheitserscheinungen,
sich beschäftigt haben, ohne irgend einen Nachtheil davon zu erfahren. Auch ist es bekannt, dass der Genuas des Fleisches der vom Rothlauf befallenen Schweine für den Menschen unschädlich ist; selbstverständlich kann jedoch ein solches Fleisch für den Verkauf nicht zugelassen werden. Dagegen gelang es Klein, jedoch nicht in jedem Falle, Meerschweinchen, weisse Mäuse und Kaninchen durch Impfung anzustecken; jedoch zeigte die hiedurch hervorgerufene Krankheit einige Abweichungen bezüglich der Localisa-tionen von dem Rothlaufe der Seh weine und führte nicht in jedem Falle zum Tode.
Erscheinungen. Die Incubationsperiode dauert nach Klein's Beobachtungen zwei bis sechs Tage. In der milden Form der Krankheit ist es schwer, den eigentlichen Beginn des Leidens festzustellen; da die Symptome sehr wenig hervortreten und während des Lebens für den Beobachter kaum wahrnehmbar sich darstellen können, wenngleich in diesem Zeiträume die kranken Thiere andere schon zu infieiren im Stande sind. Bei dieser leichten Form fehlt nach Klein jede Aifection der Haut, ausser dass in seltenen Fällen einige rothe Flecke sich auf ihr vorfinden; die Leistendrüsen lassen sich mehr oder weniger deutlich vergrössert fühlen, die Schweine zeigen einen leichten, kurzen Husten. Werden solche Thiere getödtet, so finden sich gleichwohl schon Veränderungen in den Athmungs- und Verdauungsorganen, in den serösen Häuten und Lymphdrüsen.
Die schwere Form beginnt mit Fieber; die Thiere sind matt, traurig; sie zeigen geringe Fresslust und massigen Durst, bisweilen Greifern, Würgen, selbst Erbi-echen; sie verkriechen sich in die Streu; ihre Hauttemperatur ist, besonders an den Ohren und Extremitäten, wechselnd, die Mastdarmtemperatur bedeutend (bisweilen selbst bis 43deg; C. nach Harms) erhöht, das Athmen beschleunigt und erschwert; oft ist ein heiserer Husten zugegen. Diese Erscheinungen steigern sich mit der Zunahme der Krankheit; die Fresslust verliert sich vollkommen, der Hinterleib wird gegen Druck empfindlich, in manchen Fällen ist Verstopfung, häufiger aber Durchfall zugegen; je intensiver der letztere ist, desto mehr und rascher verfallen die Thiere. Die sichtlichen Schleimhäute erscheinen dunkel geröthet, in vielen Fällen ist die allgemeine Decke an umschriebenen oder diffusen Stellen, besonders am Bauche, in der Leistengegend, am Mittelfleische, an der Innenfläche der Schenkel, am Nacken, am Rüssel und den Ohren geröthet und ödematös.
Manchmal erheben sich an solchen Stellen Bläschen, welche platzen und entweder, Schorfe oder Geschwüre zurücklassen, in
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Rotblauf dur Schweine. Verlauf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 377
anderen Fällen verändert sich die rothe Farbe der Flecke in das Bläuliche; manchmal lösen sich Epidermis und Borsten beim Anfühlen besondei's von den Ohren ab, oder es werden kleinere oder grössere Hautstücke sogar nekrotisch. Bisweilen soll es zur Mumi-iication einzelner Körpertheile, des Schwanzes, der Fussenden, selbst (wie Zürn angibt) einzelner oder mehrerer Gliedmassen kommen. Fischer („Thierärztliche Mittheilungenquot;, 1876) fand bei einer von ihm beobachteten Invasion eine eigenthümliche Hautröthung in Form grosser, abgegrenzter, dunkelrother, fast schwarzer Flecke, bedingt durch blutige Infiltration des Papillarkörpers, sowie der ganzen Haut, des Unterhautbindegewebes und der obersten Fettlage. Nach Klein aber sind die Veränderungen in der Haut beiweitem nicht so gewöhnlich, als angenommen wird; er fand sie nur bei schweren Fällen und da bisweilen nur als eine vorübergehende Erscheinung, oder kurz vor dem Tode; in leichteren Fällen werden sie oft vermisst, oder erst nach der Wegnahme der Borsten wahrgenommen; dagegen fand er bei allen kranken Thieren Anschwellungen der Leistendrüsen. Auch Fischer vermisste in mehreren Fällen die Hautröthe.
Ausserdem werden nervöse Erscheinungen, grosse Aufregung oder im Gregentheile Depression, Krämpfe, dann Schwäche, selbst Lähmung des Hintertheiles beobachtet; Erscheinungen, welche nach Klein zu den Seltenheiten gehören.
Verlauf. Die leichte Form der Krankheit endet meistens in Genesung; eine solche kann nach Harms in Aussicht genommen werden, wenn der Puls und die Körpertemperatur nicht zu hoch steigen und eine etwaige Hautröthung nur in Form umschriebener Flecke auftritt. In vielen Fällen ist die Heilung nur eine unvollständige, indem in Folge eines chronischen Darmleidens Störungen in der Verdauung und Ernährung zurückbleiben. In den schweren Fällen dagegen ist der tödtliche Ausgang gewöhnlich; er erfolgt entweder nach einer anscheinend sehr kurzen Dauer unter cyanoti-schen Erscheinungen oder nach einem drei- bis fünftägigen Krankheitsverlaufe, bisweilen nachdem Hautbrand oder Lähmung des Hinter-theils eingetreten ist. Dem Tode geht manchmal ein rasches Sinken der sehr hoch (über 43deg; C.) gestiegenen Körpertemperatur voraus.
Das Mortalitätsprocent beläuft sich in manchen Invasionen bis zu 90 der Erkrankten, kann im Mittel zu 50 angenommen werden, und sinkt kaum jemals unter 20.
Pathologische Anatomie. Die eingehendste Schilderung des anatomischen Befundes hat Klein (1. c.) geliefert. Das Blut
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Rothlauf der Schweine. Pathologische Anatomie.
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zeigt nach ihm keine wahrnehmbare Veränderung; in einigen der schweren Fälle fand er gleichwohl eine Vermehrung der weissen Blutkörper und eine Vergrösserung vieler derselben auf das Drei-bis Vierfache ihrer normalen Grosse. Mit Ausnahme eines Falles fand er in demselben nie die Bacillen. Von Harms dagegen wird das Blut als hellroth, an der Luft sich noch mehr röthend, bald gerinnend und Pilze enthaltend, von Bollinger als dunkel, nur schwache oder gar keine Gerinnungen ausscheidend und Bacterien führend, geschildert; während Bugnion dasselbe als lackfärbig und bacterienfrei angibt.
Die Haut an den erkrankten Stellen ist hyperämisch, ödema-tös, stellenweise von braunen Krusten und Schorfen besetzt, oberflächlich nekrotisch; Brustfell und Herzbeutel in den schweren Fällen der Krankheit entzündet, in ihren Höhlen serös-blutige Flüssigkeit angesammelt, bisweilen die parietalen und visceralen Blätter durch Exsudat verklebt; die Lungen blutreich, an der Oberfläche von Extravasaten durchzogen, in grösseren oder kleineren Abschnitten hepatisirt; in der Luftröhre und den Bronchien schleimig-eiteriges, von Blut leicht tingirtes schaumiges Secret; unter dem Endocardium des linken Ventrikels bisweilen Blutextra-vasate.
Die Zunge, die Schleimhaut des Maules und der Epiglottis sind bisweilen mit hämorrhagischen Flecken oder Geschwüren besetzt. Das Bauchfell wird fast ausnahmslos entzündet, ekchymosirt, mit faserstoffigen Gerinnseln beschlagen angetroffen; in der Bauchhöhle ist klares oder leicht getrübtes, an der Luft coagulirendes Exsudat ergossen. Der Magen erscheint gewöhnlich normal, seine Schleimhaut in manchen Fällen, sowie jene des Zwölffingerdarmes in der Regel hyperämisch und ekchymosirt; die übrigen Theile des Dünndarmes sind mit Ausnahme des hinteren Abschnittes des Krummdarmes nur selten hyperämisch, die Schleimhaut des letzteren zunächst der Ileocoecalklappe dagegen hyperämisch und mfiltrirt, die Peyer'schen Plaeques deutlich geschwellt. Auf der Ileocoecalklappe und im Grimmdarm finden sich die solitären Follikel geschwollen, daneben auf der Schleimhaut runde oder längliche Geschwüre, welche, im Grimmdarme häufig zusammenfliessend, einen Durchmesser von mehreren Centimetern haben können und sich aus nekrotischen Processen der Schleimhaut hervorgegangen erweisen. Die Leber ist blutreich, mehr oder weniger vergrössert, manchmal unter der Kapsel ekchymosirt; die Milz nur bisweilen grosser, dunkel gefärbt und von kleinen Extravasaten durchsetzt. Die Nieren
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Rothlauf der Sehweine. Vorbauung. Therapie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 379
normal; in einzelnen Fällen blutreicher, in der Rindensubstanz von Blutungen durchzogen. Sämmtliche Lymphdrüsen des Körpers sind vergrössert, blutig infiltrirt. Die Muskelsubstanz des Rumpfes und der Extremitäten erscheint in schweren Fällen blass und feucht und befindet sich, wie auch C. Harms nachgewiesen hat, im Zustande der körnigen Entartung der Muskelfasern.
Die Mehrzahl der angeführten Veränderungen, wenn auch geringeren Grades, findet sich nach Klein auch in der leichteren Form der Krankheit, wenn die betreffenden Thiere getödtet werden.
Ganz ähnlich wird der Befund von Bugnion („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot;, 1876) beschrieben.
Diagnose. Den Erscheinungen am Leben und den Ergebnissen der Section zu Folge hält Klein die Benennung der Krankheit als Rothlauf für nicht zutreffend und zieht die Bezeichnung: ansteckende Lungen-Darmentzündung vor. Auch Fürstenberg betrachtet die Krankheit weder als Rothlauf noch als Typhus, sondern als seuchenartige Bauchfell- und Darmentzündung.
Von dem Anthrax unterscheidet sich der Rothlauf der Schweine durch die Abwesenheit der gelbsulzigen Exsudate und der bei ersteren constanten acuten Milzschwellung, sowie durch die Gegenwart der pneumonischen Herde. Auch wird beim Rothlauf das dunkle, theerähnliche, wenig gerinnfähige Blut und die Anwesenheit der Anthraxbacillen in dem Blute, in der Milz und in anderen Theilen vermisst. Klein macht überdies auf die leichte Uebertrag-barkcit des Impfanthrax auf Nagethiere und auf den stets tödtlichen Ausgang der Krankheit bei diesen Thieren aufmerksam, während der Rothlauf nur in einem gewissen Procentsatze auf Nager übertragbar ist und nur in wenigen Fällen bei ihnen tödtlich endet.
Vorbauung. Die Vorbauung hätte in der Sorge für gutes, von Pilzvegetationen freies Futter und Getränke und für die Einhaltung der grössten Reinlichkeit der Schweinställe und der zur Fütterung und Tränkung benützten Geräthe zu bestehen. Bei dem Ausbruche der Krankheit in einer Gegend kann das tägliche Waschen der gesunden Schweine mit kaltem Wasser oder das Baden derselben, die Verabreichung säuerlicher Getränke oder eines Carbol- oder salicylsäure-hältigen Trinkwassers von Vortheil sein.
Therapie. Leicht erkrankte Thiere genesen nicht selten ohne irgend eine eigentliche therapeutische Behandlung. Kalte Begiessungen und Klystiere, die Einwicklung der kranken Thiere in nasse, kalte Tücher, die Verabreichung von Eispillen leisten gute Dienste. C. Harms empfiehlt für den innerlichen Gebrauch den Bleizucker
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380nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rothlauf der Schweine. Polizeiliche Massregeln.
oder das scliwefelsaure Kupfer (für ein Schwein von circa 50 Kg Gewicht zu 1.00 für die Gabe im ersten und zu 0-50 im zweiten Tage mit Mehl und Wasser zur Latwerge gemacht, alle sechs Stunden zu geben); ausserdem soll zur Erzielung von Erbrechen ein 4.00 schweres, keilförmiges Stück weisser Nieswurzel in das Unterhautbindegewebe eingelegt werden. Statt der letzteren Appli-cationsmethode erscheint es Zürn zweckmässiger, die weisse Nieswurzel innerlich zu 0-30 bis 1.00 zu geben. Zürn lobt ausserdem die innerliche Verwendung der Fowler'schen Arseniklösung (stündlich 10 bis 15 Tropfen sechsmal während des ersten Tages) neben kalten Begicssungen. Auch subeutane Injectionen einer zweiprocentigen wässerigen Carbolsäurelösung wurden mit gutem Erfolge angewendet („Wochenschrift für Thierheilkundequot;, 1878, Nr. 20); dagegen konnte Fischer mit der innerlichen und äusserliehen Verwendung der Carbolsäure günstige Resultate nicht herbeiführen. Von Purganzen wäre bei bestehender Verstopfung, mit Rücksicht auf die im Darme vorhandenen Veränderungen, nur ein sehr vorsichtiger Gebrauch zu machen.
Polizeiliche Massregeln. Bei der mindestens sehr wahrscheinlichen Contagiosität der Krankheit erscheint es nothwendig, die kranken Thiere von den gesunden abzusondera und die von den ersteren eingenommenen Ställe einer sorgfältigen Desinfection zu unterziehen. Das Fleisch der im Beginne der Krankheit geschlachteten Thiere wäre, insofern sich bei der Beschau nicht schon bedeutendere pathologische Veränderungen vorfinden, höchstens für die Verwendung im Hause zuzulassen, von dem öffentlichen Verkehre aber unbedingt ebenso auszuschliesson, wie von Schweinen aus Beständen, in welchen die Seuche herrscht; glcichgiltig, ob dieselben evident krank oder einer geschehenen Ansteckung nur verdächtig sind. Die Cadaver der gefallenen, und die zum Genüsse als ungeeignet erkannten Theile der geschlachteten Thiere hätten auf eine entsprechende Weise unschädlich gemacht zu werden.
In Dänemark wurde durch eine Verordnung vom Jänner 1873 der Rothlauf unter die bösartigen ansteckenden Krankheiten aufgenommen, und dem entsprechend das veterinärpolizeiliche Vorgehen gegen denselben angeordnet.
Nach einer Verordnung des grossbritannischen Geheimen Käthes vom 17. December 1878 werden gewisse Bestimmungen des Thiersenchengesetzes vom 16. August 1878 auch auf diese Seuche ausgedehnt. Es sollen nämlich die Localbehörden die Tödtung aller mit dieser Krankheit behafteten Schweine anordnen und aus den Mitteln der Localbehörden eine Entschädigung in der Hälfte des Werthes, jedoch nicht über 40 Shillings, bezahlen. Aus Beständen, in welchen die Seuche herrscht, oder während der letzten sechs Tage geherrscht hat, dürfen
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Amerikanische Schweineseache.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;381
Schweine nur zum Zwecke der unverweilten Schlachtung und nur mit besonderer Bewilligung der Localbehörde entfernt werden.
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Mit der als ßotlilauf bezeichneten Krankheit dürfte der Wesenheit nach jene Seuche übereinstimmen, welche in den meisten Staaten Nordamerikas enorme Verluste unter den Schweinen ver-anlasst und dort Schweineseuche (Swine-plague, Hog-fever, Hog-Cholera) genannt wird.
Die Krankheit tritt im Spätsommer weit heftiger als zu anderen Jahreszeiten auf, mit beginnendem Winter stellt sich eine Abnahme in der Ausbreitung der Krankheit auf neue Bestände ein. Dr. Detmers in Chicago hat in dem Blute, Harne, Schleime, in Exsudaten und in den Excrementen, sowie in den schwerer erkrankten Geweben ausserordentlich kleine bewegliche Bacterien und Sporen (vielleicht identisch mit Bacillus minimus Klein?), vonihmBaeillus suis genannt, angetroffen, welche er für die eigentlichen Infectionserreger ansieht, da Impfungen nicht gelingen, wenn sie durch Filtration oder auf eine andere Weise aus der Impfflüssigkeit entfernt worden sind. Durch Fäulniss der Substanzen, in welchen sie vorhanden sind, gehen sie in verhältnissmässig kurzer Zeit, durch Alkohol, Carbolsäure, Thymol und Jod augenblicklieh zu Grunde; durch Eintrocknen und Frieren werden sie nicht getödtet. Obwohl die Möglichkeit einer Verbreitung der Bacillen durch die Luft als wahrscheinlich angenommen wird, konnte doch eine Infection auf diesem Wege nur in einigen Fällen sichergestellt werden. Die Aufnahme der Infectionserreger scheint am häufigsten durch den Nahrungscanal und insbesondere durch das Wasser stattzufinden, da die Seuche am häufigsten in der Nähe fliessenden Wassers aufgetreten ist.
Die Krankheit ist, wie die Versuche Detmer's und Dr. Law's ergeben, contagiös; denn durch Impfung, Fütterung und Zusammensperren gesunder riiit kranken Thieren konnte eine Infection der gesunden Schweine hervorgerufen werden. Nach Law betrug die Incubationszeit bei Impfungen drei bis sieben Tage. Derselbe impfte auch Thiere andei'er Gattungen, einen Widder, Kaninchen, einen Hund mit positivem Erfolge; die Krankheit trat bei ihnen jedoch in einer milderen Form auf, konnte aber von ihnen aus wieder mit ihrem bösartigsten Charakter auf Schweine übertragen werden. Auch Ratten, Mäuse und Meerschweinchen erwiesen sich für die Impfung empfänglich.
Der Krankheitsprocess kann, wie Detmers angibt, nahezu jedes Organ und Organsystem ergreifen, bald sind die Respirations-,
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bald die Verdauungs-, bald die Kreislaufsorgane vorwaltend erkrankt; Lungen und Lymphdrüsen werden jedoch nie frei angetroffen.
Die Krankheit beginnt nahezu constant mit einer Steigerung der Körpertemperatur, welche dem Auftreten der charakteristischen Symptome bisweilen sogar mehrere Wochen vorangehen soll. Die Thiere lassen Kopf und Ohren hängen, suchen sieh zu verkriechen, ihr Leib ist aufgezogen, der Rücken gekrümmt, die Augen trübe; die kranken Schweine zeigen vermehrten Durst, Beschleunigung des Athmens und Pulses, Verringerung oder vollständiges Aufhören der Fresslust, bisweilen Brechneigung oder wirkliches Erbrechen, massigen oder heftigen Husten, gewöhnlich andauernde Verstopfung, seltener Durchfall. Auf der Haut, besonders der Ohren, des Bauches, der inneren Fläche der Schenkel, treten manchmal rosenrothe Flecke oder Quaddeln, bisweilen auch Petechien auf, in einzelnen Fällen löst sich an grösseren Hautflächen die Epidermis los.
Im weiteren Verlaufe tritt Schwäche oder partielle Lähmung des Hintertheiles, bei vorwaltendem Leiden der Respirationsorgane erschwertes Athmen, schwache und heisere Stimme ein; kurz vor dem Tode wird ein eigenthümlicher unangenehmer Geruch wahrnehmbar, welcher bei verseuchten Heerden sich auf eine grössere Entfernung hin bemerkbar macht.
In schweren Fällen und bei dem Ergriffensein eines wichtigen Organs endigt die Krankheit innerhalb weniger Tage, manchmal schon innerhalb 24 Stunden tödtlich. In weniger schweren Fällen und bei Thieren von guter Constitution kann sich der Verlauf bis zu dem tödtliehen Ausgange auf eine bis zwei Wochen erstrecken; im Falle einer Genesung, welche jedoch selten eine vollständige ist, bedarf es längerer Zeit, bis die Thiere sich wieder erholen.
Ungünstig gestaltet sich der Verlauf bei Schweinen, welche in unreinen, schlecht ventilirten Localitäten enge zusammengedrängt untergebracht sind.
Die Krankheit hat in den verseuchten Bezirken im Jahre 1877 mehr als 58%, im Jahre 1878 mehr als 52% des Bestandes an Schweinen dahingerafft.
Die constantesten Veränderungen wurden in den Lungen angetroffen, nämlich Hepatisation grösserer oder kleinerer Lungenabschnitte, stellenweise auch embolische Herde, ausserdem mehr oder weniger ausgebreitete Pleuritis, Pericarditis und Peritonitis, Anfüllung der Bronchien mit zähem Schleim, Schwellung der Mesen-terial- und übrigen Lymphdrüsen und Geschwüre auf der Schleimhaut der Gedärme, besonders auf jener des Blind- und Grimm-
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Influenza der Pferde.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 383
darraes. Die Leber zeigte sich zunächst der Oberfläche häufig leiclit ekchymosirt, bisweilen hyperämisch, die Galle eingedickt.
In prophylaktischer Hinsicht wurde es als rathsam erachtet, der Nahrung und dem Getränke etwas Carbolsäure beizusetzen und dort, wo die Seuche heiTscht, jeden operativen Eingriff bei Schweinen zu vermeiden.
Die therapeutische Behandlung Hess meistens im Stiche. Zeitweilig kamen nebst Brechmitteln, den Mittelsalzen und Klystieren die Salicylsäure und doppeltehromsaures Kalium in minimalen Dosen zur Anwendung.
In veterinärpolizeilicber Hinsieht wurde eine Absonderung der kranken Thiere und reinliche Haltung der Schweine überhaupt, dann die Uritersagung des Transportes kranker, verdächtiger und todter Thiere, sowie die tiefe Verscharrung der Cadaver empfohlen.
Influenza der Pferde.
Syn. Brustseuche, seuchenartiges Katarrhalfieber, epizootisches Nervenfieber, Pferdeseuche, Blitzkatarrh u. s. w. Influenza, Grippe, Gastro-Entörite (Girard) franz.; Influenza ital.
Mit dem Namen Influenza belegt man eine mit Localisationen in den Athmungs- und Digestionsorganen ablaufende acute Infections-krankheit der Pferde, welche in der Regel epizootisch auftritt, jedoch auch, abhängig von localen Schädlichkeiten, auf gewisse Oertlich-keiten beschränkt, enzootisch vorkommen kann.
Die Benennung „Influenzaquot; dient nicht zur Bezeichnung eines bestimmten pathologischen Processes; sie soll vielmehr nur dem Gedanken Ausdruck geben, dass den zahlreichen, gleichzeitig oder kurz hintereinander vorkommenden, wenngleich verschiedengestal-tigen Erkrankungen eine und dieselbe gemeinsame, wenn auch ihrem Wesen nach nicht genau erkannte Ursache zu Grunde liege.
Die Krankheit hat schon im achtzehnten Jahrhunderte wegen der grossen Verhreitung, welche sie zeitweilig erlangte, und wegen der bedeutenden Verluste, welche sie bisweilen unter den Pferden veranlasste, die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Genauere Beobachtungen und zutreffende Beschreibungen liegen jedoch erst seit dem Ende des vorigen und dem Anfange des laufenden Jahrhunderts vor.
Möglich, aber nicht erwiesen ist es, dass die im Jahre 1714 in England ausgebrochene, angeblich von dem Continente eingeschleppte bösartige Pferde-Epi-zootie, deren Spooner gedenkt, sowie die von Kanold (Heusinger, „Recherches de pathologie compareequot;) erwähnte, im Jahre 1714 in Russland, Lithauen, Preussen, in der Moldau und Walachei herrschend gewesene, dann die von Gibeon beschriebene im Jahre 1732 und eine in den Jahren 1758, 1760 und 17G7 in Grossbritannien verbreitet gewesene Pferdeseuche thatsächlich die Influenza gewesen
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sei; es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass verschiedenartige gleichzeitig herrschend gewesene Pferdekrankheiten untereinandergemengt worden sein mögen.
Im Jahre 1786 trat die Krankheit in Holstein auf, verbreitete sich von da aus über Hannover und einen grossen Theil von Deutschland und wurde von Havemann beschrieben. Sie wiederholte einen ähnlichen Seuchengang vom Jahre 1805 an, wo sie sich von Holstein und Hamburg aus über Hannover, Hessen, Sachsen, Preussen und einen Theil von Süddentschland ausbreitete und von Naumann, Wollstein, Pilger, Viborg u. A. geschildert wurde.
In den Jahren 1821 und 1822 stellte sie sich in einigen Gestüten, 1824 in mehreren Depots Preussens, dann in Süddeutschland und Schweden ein.
Im Jahre 1824 scheint sie zuerst in Frankreich aufgetreten oder wenigstens genauer beobachtet worden zu sein (Girard, Huzard); sie verbreitete sich von Norden aus fast über alle Departements. In der Schweiz wurde sie 1825 (von Anker) beobachtet, 1825 bis 1828 herrschte sie in grosser Ausbreitung in Oester-reich, 1829 in dem damaligen Militärgestüte Mezöhegyes in Ungarn; 183;} trat sie in mehreren Theilen Frankreichs, 1840 ebendaselbst und in den Kheingegenden Deutschlands auf. Seit dieser Zeit wurde sie wiederholt in Gestüten, Militär-Stallungen und unter den Landpferden verschiedener Länder, darunter auch Oester-reichs, beobachtet und eingehender studirt. Eine der grössten Invasionen war jene, welche im Jahre 1872 unter den Pferden der Vereinigten Staaten Nordamerikas auftrat. Die Seuche begann Ende September in Canada, zeigte sich am 10. October in Toronto und am 21. October, dem Laufe des Hudson folgend, in New-York; sie verbreitete sich von Norden nach Süden fortschreitend, und consequent den Verkehrswegen folgend im Verlaufe von zwei bis drei Monaten über den grössten Theil der Vereinigten Staaten; zu Ende Februar 1873 jedoch war die Krankheit überall erloschen. In der Stadt New-York waren innerhalb zehn Tagen nach dem ersten Auftreten 40.000 Pferde (etwa 90% des dortigen Pferdestandes) erkrankt; in der Stadt Washington blieb kein einziges Pferd verschont. Die Krankheit erreichte meist binnen acht bis zehn Tagen nach den ersten Erkrankungsfällen ihre Höhe, um dann allmälig nach vier bis sechs Wochen zu erlöschen.
Aetiologie. Alter, Gesclileclit, Race, Haarfarbe der Pferde haben dem Anscheine nach keinen auffallenden Einfluss auf die Häufigkeit des Erkrankens an Influenza; junge, sowie edle und veredelte Pferde werden jedoch in der Regel heftiger als ältere und jene der gemeinen Landschläge befallen. Dass junge Thiere bei dem Auftreten der Krankheit in einer Localität gewöhnlich zuerst befallen werden, kann auf eine geringere Widerstandsfähigkeit derselben gegen schädliche Einflüsse überhaupt zurückgeführt werden.
Als veranlassende Ursachen wurden atmosphärische Einflüsse, greller Witterungswechsel, nasskalte sowohl als feuchtwarme Luft, trockene, kalte Winde, Zugluft, starker Ozongehalt der Luft u. s. w., angestrengte sowohl, als im Gegentheil zu geringe Dienstleistung, mithin Schädlichkeiten beschuldigt, welche der Mehrzahl nach wohl eine Geneigtheit zu Erkrankungen überhaupt, aber nicht eine speci-fische Krankheit als solche zu veranlassen im Stande sind.
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Inflaenza. Aetiologie.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 385
Bei dem Auftreten der Influenza in bestimmten Oertlichkeiten geben jedenfalls Schädlichkeiten, welche au die Localität selbst, vor Allem an die Stallungen, in welchen die Pferde sich aufhalten müssen, gebunden sind, die Hauptursache für die Entstehung der Krankheit ab. Die fortschreitende Ausbreitung der Krankheit über einen grösseren Pferdestand eines bestimmten Stalles, selbst in dem Falle, wenn die zuerst erkrankten Thiere aus demselben schnell entfernt werden, mitbin der Verdacht einer möglichen Ansteckung durch diese entfällt, das Aufhören neuer Erkrankungen unter Pferden, welche aus derart verseuchten Stallungen entfernt und in günstigere Verhältnisse gebracht werden, sowie die Thatsache, dass in einem und demselben Gebäude oft nur die Pferde eines bestimmten Stalles oder nur gewisser Stallungen ungeachtet einer sonst ganz gleichartigen Haltung, Fütterung und Tränkung von der Influenza befallen werden, endlich die Beobachtung, dass die Influenza in ständig verseuchten Ställen aufhört, sobald gewisse, in denselben vorhandene Uebelstände abgestellt und entsprechende hygienische Einrichtungen getroffen worden sind, rechtfertigt die Annahme, dass eine bestimmte, an gewisse Localitäten gebundene Schädlichkeit die wesentliche Ursache dieser Krankheit abgebe.
Welcher Natur dieses krankmachende Agens — der Infec-tionserreger — sei, ist bisher nicht bekannt; aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte es, ähnlich wie bei anderen Infectionskrankheiten, ein Mikrophyt, ein parasitärer Pilz, sein.
Die Erhebungen, welche in österreichischen Militärstallungen, in welchen die Influenza nahezu alljährlich, besonders während der Winterszeit auftrat, in jüngster Zeit vorgenommen wurden, ergaben, dass vor Allem die Ansammlung faulender Stoffe auf und in dem Boden und in den Abzugscanälen der Stallungen, wozu eine nicht entsprechend gelegte sogenannte permanente Streu wesentlich beitragen mag, das Eindringen von Fäulnissgasen aus Cloaken, Latrinen, Dungstätten u. s. w. in die Stallräume, das Stagnireu der Luft in denselben in Folge mangelnder oder ungenügender Ventilation oder zu starker Besetzung derselben mit Pferden in einem nachweisbaren Zusammenhange mit der Entwicklung der Krankheit stehe. Eine Durchnässung des Bodens mit zersetzungsfähigen organischen Stoffen scheint die günstigen Bedingungen für die Erhaltung und Vermehrung der Infectionserreger zu bieten, welche dann mit den Bodengasen in den Luftraum der Stallungen gelangen können. Die Krankheit trat in den genannten Stallungen besonders während des Spätherbstes und Winters auf, wo die Dienstpferde den grössten Theil
BBll. Thierseuchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;25
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des Tages in den übel beschaffenen und nicht genügend ventilirten Stallräumen sich aufhalten, die dort stagnirende verdorbene Luft einathraen mussten und nur wenig im Freien bewegt werden konnten. Pferde dagegen, welche einen grossen Theil des Tages im Freien zubrachten (Trainpferde), blieben, obwohl deren Ställe gleichfalls nicht allen Anforderungen der Hygiene entsprachen, von der Krankheit vollkommen verschont. Aehnliche Beobachtungen wurden auch während Mobilisirungen gemacht, wenn die neu zugebrachten Pferde durch längere Zeit in enge Ställe zusammengedrängt aufgestellt blieben.
Die Annahme, dass gewisse Uebelstände der Stallungen mit dem localen Auftreten der Influenza in einem ursächlichen Verhältnisse stehen, hat sich auch durch vielfache, in verschiedenen Ländern gemachte Beobachtungen als begründet erwiesen.
Da ungeachtet des ständigen Vorhandenseins gewisser Uebelstände in den betreffenden Localitäten doch die Influenza daselbst nicht beständig herrscht, sondern nur zeitweilig auftritt, um nach einer verschieden langen Dauer des Bestehens wieder zu erlöschen, so muss angenommen werden, dass noch andere Momente erforderlich sind, um die in einer Oertlichkeit vorhandenen Infections-erreger wirksam zu machen. Der wechselnde Stand des Grundwassers, die Wittorungs- und Temperaturverhältnisse mögen in dieser Hinsicht von Einfluss sein, gleichwie auch die in übelbeschaffeuen Ställen angesammelten Fäulnissgase, indem sie die Pferde für die Wirkung der in dem Boden reproducirten (ektogenen) Infections-erreger erst empfänglich machen, eine Rolle zu spielen scheinen.
Die Krankheit kann in bisher verschonten Localitäten zum Ausbruche kommen, wenn Infectionserreger dahin irgendwie eingebracht werden und daselbst die geeigneten Bedingungen für ihre Vermehrung finden.
Das seuchenartige Auftreten der Influenza, die oft sehr rapid erfolgende Verbreitung der Krankheit über weite Landstriche kann nur durch aus dem Boden in die Luft gelangte und durch diese fortgeführte Mikroorganismen, miasmatische Infectionspilze, veran-lasst werden, da sich auf eine andere Weise das fast gleichzeitige Befallenwerden zahlreicher Pferde grösserer Bestände oder ganzer Städte (wie in Nordamerika) kaum erklären Hesse.
Die Ansichten über die Frage, ob die Influenza von Thier auf Thier übertragbar sei, stimmen nicKt überein. Während eine Zahl von Beobachtern, gestützt auf die negativen Ergebnisse vorgenommener Impfversuche sie vollkommen in Abrede stellt, halten
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Andere sie nur unter gewissen Verhältnissen, Andere endlich unbedingt für ansteckend.
Wenn eine derartige Art der Uebertragung überhaupt möglich ist, wie dies früher von Haveman, Sander, Viborg u. A. und später von Spinola behauptet wurde, so seheint sie doch höchstens ausnahmsweise vorzukommen. Die Beobachtungen der neueren Zeit sprechen nicht au Gunsten einer solchen Annahme. So erwähnt Bagge („Repertorium der Thierheilkundequot;, 34. Bd.), dass in der Thierarzneischule zu Kopenhagen während fünf Vierteljahren neben 215 daselbst behandelten influenzakranken Pferden wegen Raummangels 700 sonstig kranke Pferde in den Stallungen durcheinander aufgestellt wurden, und dass von diesen letzteren nur drei,, und zwar in einer Stallabtheilung, in der keine influenzakranken Pferde eingestellt waren, von der Seuche ergriffen wurden. Aehnliehes konnte wiederholt am Wiener Thierarznei-Institute beobachtet werden.
Die Krankheitserreger gelangen am gewöhnlichsten mit der Athemluft in die Respirationsorgane und von da in den Blutstrom • ihre Einführung in den Organismus mittelst Nahrungsmitteln und Getränken dürfte zu den Ausnahmen gehören. Die Möglichkeit einer Verschleppung derselben durch kranke Pferde, durch Dünger, Stallgeräthe, Geschirre u. dgl. kann nicht in Abrede gestellt werden, weniger leicht mag sie durch Menschen, welche mit influenzakranken Pferden zu thun hatten, stattfinden. Ueber die Tenacität des Infectionsstoffes fehlen die Erfahrungen.
Die Dauer des Incubationsstadiums schwankt zwischen drei und vierzehn Tagen und darüber, sie beträgt im Durchschnitte fünf bis acht Tage. Nach den Angaben Spinola's und Haubner's unterliegen auch Esel der Ansteckung.
Immunität. Pferde, welche die Influenza überstanden haben, scheinen wenigstens' für einige Zeit eine. Immunität gegen eine abermalige Erkrankung zu besitzen; ob eine solche für die ganze Lebensdauer fortbesteht, ist nicht nachgewiesen. Selbstverständlich liesse sich eine solche Frage nur in stabilen Pferdebeständen, wie in Gestüten, bei Truppenkörpern u. dgl., in welchen die Influenza entweder enzootiseh oder doch öfter auftritt, zur Entscheidung bringen. In solchen Anstalten hat sich bisher gezeigt, dass Pferde, welche die Influenza durchgemacht hatten, während der Invasionen der nächsten Jahre von der Krankheit gewöhnlich verschont blieben.
Erscheinungen. Vor dem Ausbruche der Krankheit zeigen die Thiere meistens während einiger Tage einen gewissen Grad von Mattigkeit und Unbehagen, und geringere Fresslust; Erscheinungen,
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welche auf das in Folg-e der Aufnahme der Infectionserreger entstandene Fieber zu beziehen sind. Bei genauer Untersuchung kann schon zu dieser Zeit eine Steigerung der Körpertemperatur bis zu 40deg; C. nachgewiesen werden. In anderen, selteneren Fällen tritt die Krankheit plötzlich und sogleich mit grosser Heftigkeit auf.
Der evidente Krankheitsausbruch gibt sich durch heftiges Fieber, manehmfol mit einem deutlichen Schütteli'oste, ungleicher Vertheilung der Hautwärme, worauf nach einer oder einigen Stunden ein Hitzestadium folgt, zu erkennen. Die Körpertemperatur erreicht eine Höhe bis 41deg; C. und kann nach Adam selbst bis 43deg; C steigen; dagegen ist der Puls weniger auffällig, auf 60 bis 70, das Athmen meist nur massig beschleunigt. Die sichtlichen Schleimhäute erscheinen, sobald das Froststadium abgelaufen ist, höher geröthet, die Bindehaut der Augenlider geschwellt; die anfangs nur etwas matten und unlustigen Thiere zeigen bald einen hohen Grad von Hinfälligkeit, Abstumpfung und Betäubung, manchmal in einem solchen Grade, dass sie sich ähnlich wie dummkollerische Pferde benehmen, den Kopf zur Erde senken oder gegen den Barren stützen, unregelmässige Stellungen annehmen und gegen äussere Sinnesreizungen sehr abgestumpft sind. Diese Depressionserscheinungen mögen Folgen der Einwirkung des durch die Aufnahme des InfectionsstofFes, möglicherweise auch durch den Uebertritt der Gallensäuren inficirten Blutes auf die Centralorgane des Nervensystems sein.
In der Mehrzahl der Fälle wird bald eine icterisehe Färbung der sichtlichen Schleimhäute, wie der Bindehaut der Augen, der Maul- und Nasenschleimhaut, sowie der Sclera bemerkbar; das Maul ist gewöhnlich trocken, die Zunge weiss oder gelblich, pappig-belegt; die Fresslust gering oder vollständig fehlend; die Excre-mente sind anfangs trocken, mit einer zähen Schleimschichte belegt und gehen verzögert ab. Der abgesetzte Harn ist specifisch schwer, bisweilen von Gallenfarbstoffen dunkel gefärbt, setzt beim längeren Stehen ein reichliches, aus Salzen bestehendes Sediment ab und zeigt sich in den meisten Fällen eiweisshältig; bei der mikroskopischen Untersuchung desselben finden sich neben den kry-stallinischen Bestandtheilen häufig Harn- und Colloidcylinder.
In keinem Falle werden, wenn auch schwerere Erkrankungen der Lunge nicht eintreten, die Erscheinungen eines Katarrhes der Luftwege vermisst. Das Athmen wird 'quot;beschleunigt (aufquot; 30 und darüber in der Minute)'; die Thiere zeigen einen trockenen, rauhen, heiseren Husten, der selbst durch einen geringen, an den Kehlkopf
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Influenza. Erächeinuugeo.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;;gt;81*
angebrachten Druck hervorgerufen wird. Im weiteren Verlaufe stellt sich ein eiterig-schleimiger, reichlicher Ausfluss aus der Nase ein, während der Husten feucht wird und durch denselben Schleim ausgeworfen wird. Die Percussion der Brust ergibt in solchen Fällen keine Anomalien, beim Auscultiren ist anfangs verschärftes vesicu-läres Athmcn, später grossblasigcs Rasseln hörbar.
Wie aus dem angeführten Symptomencomplex zu ersehen, fehlen bei der Influenza Erscheinungen eines Magen- und Darmleidens wohl niemals; jedoch tritt nicht selten die infectiöse Erkrankung der Schleimhaut dieser Theile besonders hervor, so dass ihr gegenüber die Affection der Respiratiousorgane weniger auffallend wird. In solchen Fällen fehlt die Frcsslnst vollkommen, die icterische Färbung (Stauungsicterus in Folge des hochentwickelten Dünndarmkatarrhes) wird sehr intensiv; der aufgezogene Hinterleib wird zeitweilig aufgetrieben, die Excremente werden feucht, blass. (lehmfärbig), endlich diarrhoisch; manchmal wechselt Durchfall mit Verstopfung ab, während zeitweilig Anfälle massiger Kolik sich einstellen.
In manchen Fällen tritt starker Katarrh der Augenlidbindehaut mit reichlicher Schleimsecrction, wobei die Pferde die Augen vollkommen geschlossen halten, bisweilen auch entzündliche Trübung der Cornea ein; seltener werden ödematöse Anschwollungen an der unteren Brust- und Bauchgegend, an den Beinen, am Vorkopfe beobachtet.
Die angeführten Erscheinungen erreichen gewöhnlich mit Ende der ersten Woche der Krankheit ihre Höhe und nehmen von da an wieder ab. Körpertemperatur, Puls und Athmcn sinken, die Thiere werden nach und nach munterer, der Ausfluss aus der Nase, sowie der Auswurf werden massig, die Fresslust wird allmälig lebhafter, die Harnseeretion sehr reichlich, die icterische Färbung der Schleimhäute macht allmälig der normalen Platz, die Excremente erlangen ihr gewöhnliches Ansehen und nach Ablauf der dritten Woche sind die Krankheitserscheinungen, mit Ausnahme der etwa vorhandenen ödematösen Anschwellungen der Beine, grösstentheils wieder verschwunden. Bemerkenswerth ist die nicht selten zu beobachtende lange Dauer der ßeconvalescenz, in Folge welcher manche Pferde noch monatelang für den Dienst untauglich bleiben; eine Wahrnehmung, welche bei Cavalleriepferden wiederholt gemacht wurde. Diese Form der Influenza endet meistens mit Genesung.
Bei anderen Pferden eines und desselben Bestandes kommt es aber häufig genug zur schweren infectiösen Entzündung der Lunge
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Influenza. Erscheinungen. Sectionsergebnisse.
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und des Brustfelles. In solchen Fällen tritt das Fieber gewöhnlicli sclion im Anfange der Krankheit intensiv auf; das Athmen wird hoch beschleunigt und die physikalische Untersuchung der Brust ergibt nach und nach den Befund einer hochgradigen Lungen-Brustfellentzündung, in deren Verlaufe es meistens zu massenhaften Ergüssen in die Pleurahöhlen, nicht selten auch zur Nekrose einzelner Lungenabschnitte und zur Bildung brandiger Cavernen in denselben kommt. Gewöhnlich sind bei derart kranken Thieren auch die Erscheinungen des Grastro-Intestinalkatarrhes stark entwickelt und es stellen sich in Folge der namhaften Circulationsstörungen ödematöse Geschwülste an den oben erwähnten Körpertheilen ein.
Der tödtliche Ausgang kommt bei dieser pneumonischen Form der Influenza um Vieles öfter vor als bei der intestinalen; er tritt in Folge der hohen Fiebergrade, der durch den pneumonischen Process und das massenhafte pleuritische Exsudat veranlassten Circulationsstörungen und septichämischen Vorgänge ein.
In nicht tödtlich endenden Fällen bleiben bisweilen dauernde Athembeschwerden, Störungen in der Ernährung und Verwendbarkeit der Thiere zurück.
Sectionsergebnisse. Der anatomische Befund der Influenza ist von jenem, welcher bei intensiven Katarrhen der Respirationsund Digestionsorgane, dann bei Lungen- und Brustfellentzündung angetroffen wird, nicht wesentlich verschieden.
Nach der Schwere. des Falles und der Verschiedenheit der vorzugsweise ergriffenen Organe wird derselbe ein verschiedenartiges Bild ergeben. Die Schleimhaut der Nasenhöhle, des Kehlkopfes, der Luftröhre und Bronchien wird nahezu jedesmal im Zustande des intensiven acuten Katarrhes angetroffen; in den Bronchien ist schleimig-eiteriges, bisweilen blutig gefärbtes Secret angesammelt; in schwereren Fällen erstreckt sich der Katarrh bis in die capillaren Bronchien und Alveolen einzelner Lungenabschnitte, welche dann von einer eiterigen Flüssigkeit erfüllt sind.
Ebenso verhält sich die Schleimhaut des Rachens, der Pförtner-lüilfte des Magens, des Dünn- und meistens auch des Dickdarmes, welche in verschieden hohem Grade im Zustande des acuten Katarrhes angetroffen werden; die solitären Follikel, sowie die Peyer'schen Plexus sind gewöhnlich geschwollen und prominirend. In Folge der Schwellung der Schleimhaut des Zwölffingerdarmes und Fortpflanzung derselben auf den Lebergallengang und von da auf die grösseren Gallengänge der Leber, sind die kleineren Gallengänge mit Galle überfüllt, die Leber selbst erscheint braungelb
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Influenza. Sectionsergebnisse. Verlauf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;391
und ergiesst beim Durchschnitte eine reichliche Menge Galle. Von dieser Veränderung ist die während des Lebens wahrnehmbare gelbe Färbung der Schleimhäute und der Sclera abhängig. In manchen Fällen wird die Leber entweder vollständig oder theilweise im Zustande fettiger Entartung angetroffen. Die Milz ist bisweilen im Ganzen, bisweilen stellenweise acut geschwollen und erweicht; die Nieren sind bald unverändert, bald von parenehymatöser Entzündung in verschiedener Intensität und Ausdehnung belallen, die Nierenbecken gewöhnlich katarrhalisch.
Einzelne oder zahlreiche Lymphdrüsen der Respirations- oder der Digestionsorgane oder beider zugleich sind vergrössertr hyper-ämisch, auf dem Durchschnitte hirmnarkähnlich weich.
In jenen Fällen, in welchen die Lungen und das Brustfell in den Kraukheitsproccss gezogen wurden, finden sich in den ersteren umschriebene lobuläre, seltener lobärc Entzündungsherde in verschiedenen Stadien des Processes; bisweilen auch kleine Brandherde oder Cavernen.
Friedberger fand in den Entzündungsherden der Lunge neben einer enormen Menge von Eiterkörperchen und in regressiver Metamorphose begrift'eneu Epithelien, Mikroorganismen, und zwar hauptsächlich Mikrococcen, seltener Diplo-bacterien und perlschnurähnliche Kettchen.
In der Mehrzahl der tödtlich endenden Fälle der Influenza ist ausgebreitete Entzündung des Brustfelles mit massenhafter Ansammlung flüssigen, bisweilen hämorrhagischen Exsudates in der Brusthöhle zugegen, in welchen Friedberger gleichfalls die erwähnten Mikroorganismen vorgefunden hat.
Die Hirnhäute erscheinen in manchen Fällen blutreich, die Spinnwebenhaut bisweilen entzündet, in den Seitenkammern des Grosshirnes manchmal seröse Flüssigkeit in grösserer Menge angesammelt.
Das Blut zeigt keine besonderen Veränderungen. Einzelne Muskel und Muskelgruppen, besonders jene an den Lenden und Hinterbacken, erscheinen oft auffallend bleich, mürbe, wie gekocht und befinden sich stellenweise im Zustande der fettigen Entartung.
Verlauf. Der Verlauf der Influenza ist, wie erwähnt, ein verschiedener. Die leichteren Formen enden in der Regel in Genesung, während die schwereren, zu welchen unter allen Umständen jene gerechnet werden müssen, bei welchen eine bedeutendere Entzündung der Lunge und des Brustfell es zugegen ist, meistens zum Tode führen, oder doch sogenannte Naehkrankheiten hinterlassen. Zu den letzteren gehören Schwerathmigkeit, veranlasst durch die nach Ablauf des
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acuten Processes zurückbleibenden Veränderungen in der Lunge und Pleura, Störungen in der Verdauung, abhängig von der Entwicklung chronischer Magen- und Darmkatarrhe, ein dummkoller-ähnlicher Zustand, lähmungsartige Schwäche einer oder der anderen, namentlich hinteren Grliedmasse.
Bei von früher her kränkelnden, dann bei solchen Pferden, welche in dunstigen, überfüllten, schlecht ventilirten Stallungen untergebracht sind und überhaupt unter ungünstigen hygienischen Verhältnissen leben, tritt die Influenza häufiger in den schweren Formen auf und veranlasst als Seuche eine beiweitem grössere Sterblichkeit als unter den entgegengesetzten Verhältnissen.
Dem entsprechend lässt sich auch ein ungefähres Mortalitätsprocent für diese Krankheit nicht aufstellen. Nach einer Zusammenstellung Friedberger's kam die Influenza innerhalb siebenzehn Jahren in der bayerischen Armee bei 4229 Pferden vor, von welchen 327 starben; die Mortalität betrug daher 7*7%. In Dänemark belief sie sich in den Jahren 1874, 1876 und 1877 auf 11-5, 10-3 und 9-9 %; es gibt jedoch Invasionen, namentlich von localer Beschränkung, bei welchen das Sterblichkeitsproeent sich über diese Ziffer noch namhaft erhöht.
Prophylaxis. Kommt die Influenza unter den Pferden einer Stallung zum Ausbruche, so empfiehlt sich vor Allem die Entfernung sämmtlicher Pferde aus der inficirten Localität. Stehen entsprechende Stallräume nicht zu Gebote, so können die Thiere ohne Nachtheil in Schuppen oder luftigen Unterständen, in Ermangelung dieser, bei günstiger Witterung, selbst im Freien aufgestellt werden.
Nicht selten genügt schon diese Massregel zur Verhütung des Aiiftretens neuer Erkrankungen und zur Herbeiführung eines günstigeren Verlaufes der Krankheit bei den bereits befallenen Thieren.
Ist eine solche Evacuation unmöglich, so soll wenigstens für eine ausgiebige Ventilation der Ställe bei Tag und Nacht, für die Herbeiführung entsprechender hygienischer Verhältnisse und unter allen Umständen für eine tägliche Bewegung der noch gesunden Pferde im Freien Sorge getragen werden. Während der Zeit als die gesunden Pferde bewegt werden, wären die freien Ställe sorgfältig zu reinigen und gut zu durchlüften. Das Ausräumen der die Ställe durchziehenden Canäle, die Entfernung etwa in der Nähe der Stallungen angehäuften Düngers, die tägliche Desinficirung der Canäle und der Abzugsrinnen hinter den Pferdeständen mittelst roher Carbolsäure oder Eisenvitriollösung sind empfehlenswerth.
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Influenza. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;393
Behandlung. Die leichteren Fälle der Influenza heilen ohne irgend eine eigentliche medicamentöse Behandlung unter Einhaltung entsprechender diätetischer Verhältnisse, unter welchen der Aufenthalt in einem gut ventilirten, reinlichen Räume die wesentlichste Rolle spielt. Nicht selten lässt sich beobachten, dass hochgradig betäubte influenzakranke Pferde, nachdem sie einen oder wenige Tage in einem luftigen Stalle eingestellt waren, sich munterer zeigen, zu iressen anfangen und in verhältnissmässig kurzer Zeit reconvalesciren.
Bei den schweren Formen erfordert das Fieber eine besondere Berücksichtigung, besonders wenn die Temperatur gegen 40deg; C. und darüber ansteigt. Mittelsalze mit Zusatz von Digitalistinctur oder Extract und dort, wo die Höhe des Preises nicht entgegensteht, die Chinapräparate finden diesfalls entsprechende Verwendung. Bei nachweisbarem Bronchial- oder Gastro-Intestinalkatarrhe kommt das gegen diese Processe überhaupt angezeigte Verfahren zur Durchführung; bei beginnender Lungen- und Brustfellentzündung empfehler; sich Einwicklungen des Rumpfes in kalte, nasse, beim Wannwerden zu erneuernde Tücher, wobei jedoch die Thiere vor Erkältung zu schützen sind; ausserdem die Behandlung wie bei Pneumonie oder Pleuritis. Bei dem Vorhandensein pleuritischcr Exsudate ist die, nach Erforderniss selbst wiederholte, Paracentese der Brust angezeigt.
Aderlässe haben sich bei der Influenza unbedingt nachtheilig, die Anwendung sogenannter ableitender Hautreize, mir wenigstens, wenn nicht geradezu schädlich, doch ganz ohne Nutzen erwiesen. In einigen Fällen schien die innerliche und subeutane Verwendung einer ein- bis zweiprocentigen wässerigen Carbolsäurelösung von Erfolg gewesen zu sein.
Ausserdem erfordern die besonders hervortretenden oder Gefahr drohenden Symptome Berücksichtigung. Bei grosser Betäubung sind kalte Ueberschläge über den Schädel, bei intensiver Bindehautentzündung und entzündlicher Trübung der Hornhaut Ueberschläge von kaltem Wasser über die Augen, nach Erforderniss adstringirende Augenwässer (Lösung von Zinkvitriol mit Opium-tinetur), bei Verstopfung lauwarme aromatische Klystiere, bei Durchfall schleimige Decocte, Tannin, roher Alaun, bei grosser Schwäche im Kreuze oder in der Nachhand, bei dem Vorhandensein ödema-töser Anschwellungen das Bespritzen der betreffenden Theile mit Kamphergeist oder Terpentinöl mit nachherigem Frottiren u. s. w. am Platze.
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Während der Eeconvalescenz sollen die Thiere mit Vorsicht und in getlieilten Rationen gefüttert und täglich massig an der Hand bewegt werden. Ihre Verwendung zu dem gewohnten Dienste darf erst nach vollständig erfolgter Kräftigung, welche nach schweren Erkrankungen oft lange auf sich warten lässt, stattfinden.
Veterinärpolizei. In veterinärpolizeilicher Beziehung wäre der Vorsicht halber, wenn thunlich, die Separation der kranken Pferde von den in denselben Stallräumen untergebrachten gesunden und nach Ablauf der Seuche eine eingehende Reinigung und Desinfeetion der verseuchten Localitäten und der bei den kranken Pferden in Gebrauch gewesenen Stallgeräthe und sonstigen Utensilien durch-zuführen. In Stallungen, in welchen die Influenza enzootisch geworden ist und nahezu alljährlich ausbricht, genügt eine einfache Desinfeetion in der Regel nicht, um die Infectionserreger zu vernichten und ihnen die Bedingungen für ihre Existenz und Vermehrung zu entziehen. Es wird sich unter solchen Verhältnissen die Entfernung des Erdbodens des Stalles bis auf eine bedeutendere Tiefe und die Ersetzung desselben durch ein, das Eindringen der Bodenluft in den Stallraum abschliesscndes Pflaster, Lehmbeschlag, in Cement gelegte Klinker u. dgl., die Beseitigung vorhandener Mängel in der Canalisation oder in der Art der Entfernung der Auswurfstoffe, in der Ventilation, in der Anlage der Dungstätten, Brunnen u. s. w., mit einem Worte die Beseitigung der hygienischen Uebelstände der Stallhaltung als nothwendig erweisen, um künftigen Ausbrüchen der Krankheit wirksam vorzubeugen.
Krätze, Scabies.
Srjn. Räude, Schabe. Gale franz. Seabbie, Rogna ital.
Die Krätze ist eine bei allen Hausthieren und auch beim Menschen vorkommende Erkrankung der Haut, welche durch parasitäre Milben, die Krätzmilben, veranlasst wird.
Die Krätze, namentlich jene der Schafe, war schon im Alterthnme bekannt. Moses schon verbot das Opfern krätziger Thiere; römische Schriftsteller kannten sie als eine ansteckende und verderbliche Krankheit. Columella insbesondere spricht von der Schafräude und ihrer Behandlung mittelst äusserlich anzuwendender Mittel, wie Schwefel, Theer, Nieswurzel, während sie Vegetius als aus einer Verderbniss der Säfte hervorgehend ansah; Livius erwähnt einer grossen Invasion der Krätzkrankheit unter Menschen und Thier^n, welche im fünften Jahrhunderte v. Chr. grosse Verheerungen anrichtete. Auch in Schriften des Mittelalters wird die Krätze der Hausthiere, besonders der Schafe besprochen, und im sechszehntenraquo; aiebenzehnten und achtzehnten Jahrhundert erscheint die Schafräudj in versehie-
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Krätze. Historisches.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 395
denen Währschaftsverordnungen, zum Beweise, dass diese Krankheit damals ebenso verbreitet als gefflrchtet war.
Dass bei der Krätze ein Parasit in der Haut vorkomme, ist schon seit Langem bekannt. Fürstenberg glaubt annehmen zu dürfen, dass schon Aristoteles die Krätzmilben gekannt habe. Avenzoar, im zwölften Jahrhundert, schreibt von einem kleinen, kaum sichtbaren Thierchen, welches aus der Haut hervorkommt, sobald man die Epidermis loshebt. Im vierzehnten Jahrhunderte bespricht Guy de Chauliac ausführlich diese Thierchen, ihre Lebensweise und ihren Wohnsitz. Verschiedene Aerzte des sechszehnten Jahrhunderts, darunter Paracelsus, Rabelais, Fallopius, A. Parö u. A. erwähnen der Milben (Syrones), welche bei der Krätze vorkommen. Nach der Erfindung des Mikroskopes im siebenzehnten Jahrhunderte wurden von verschiedenen Naturforschern die Syronen aufgefunden und beschrieben, im achtzehnten Jahrhundert wurden sie von Linne, GoezeJ Fabri-cius u. A. eingehender studirt.
Die Mehrzahl der Beobachter war jedoch Anhänger der Urzeugung und der Ansicht, dass die Milben das Product und nicht die Ursache der Krätzkrar;kheit seien, während Andere, Gegner der Urzeugung, der Meinung huldigten, dass Keime von aussen in den Körper dringen und sich in ihm weiterentwickeln, wenn er die für ihre Entwicklung günstige saure oder salzige Beschaffenheit der Säfte besitze. Erst in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts fand die auch schon früher von einzelnen Forschern, darunter auch von Linne ausgesprochene Ansicht, dass die Krätze nur durch parasitische Thiere hervorgerufen werde, Ver-theidiger auch unter einzelnen Aerzten (Morgagni, de Geer und besonders Wichmann u. A.), während die Mehrzahl der Praktiker der Ansicht anhing, dass die Krätze auf einer Verderbniss der Säfte beruhe und mittelst innerlich gegebener Arzneien zu behandeln sei, sowie dass eine schnelle Unterdrückung der Krätze mittelst äusserlicher Mittel von schweren inneren Leiden gefolgt sei.
Im Jahre 1786 erklärte Wichmann, dass nicht nur die Krätze des Menschen, sondern auch jene des Schafes durch eine Milbe bedingt sei; 1789 fand Kersting bei krätzigen Pferden kleine Thierchen, ohne jedoch zuzugeben, dass sie die Ursache der Krätze seien. Im Jahre 1809 veröifentlichte Walz in Stuttgart eine Arbeit („Natur und Behandlung der Schafräudequot;), in welcher er die parasitäre Natur der Schafräude nachwies, die Milbe des Schafes genau beschrieb und abbildete; er fand eine Milbe auch beim Fuchse. Im Jahre 1812 beschrieb Gohier die Milbe des Pferdes und machte auch Erwähnung von Milben bei Schafen, Hunden und Katzen. Ungefähr aus derselben Zeit stammen Arbeiten von Huzard, E. Geoffroy Saint-Hilaire u. A., welche die Gegenwart kleiner Thierchen bei der Krätze des Menschen und der Thiere anführen.
Im ersten Drittel des laufenden Jahrhunderts waren die Aerzte in zwei Lager getheüt, in Anhänger der Meinung von einer parasitären Natur der Krätze und in solche, welche die Entstehung derselben von einer Verderbniss der Säfte ableiteten; während einzelne einen vermittelnden Standpunkt einnahmen und die Ansicht aussprachen, dass die auf krätzigen Thieren als Schmarotzer lebenden Milben das dieser Krankheit eigenthümliche Virus aufnehmen und es auf andere Thiere verschleppen.
Die während der Dreissiger- und Vierziger-Jahre vorgenommenen eingehenden Arbeiten ausgezeichneter Forscher, wie Raspail, Hertwig, Rayer, Hering, Dujardin, Hebra, Delafond u. A. haben endlich zu allgemeiner Anerkennung der parasitären Natur der Krankheit geführt.
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KräUu. EQstoriscbes. Aetiologiu.
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Wenn auch von da an allgemein anerkannt wurde, dass die Krätze durch eine Milbe hervorgebracht werde, so bestand doch noch längere Zeit hindurch die Meinung, dass die Krankheit bei allen Thiergattimgen durch eine und dieselbe Milbenart, den Sarcoptes scabiei Latr. veranlasst werde und dass höchstens Grössen-unterschiede der Milben, je nach der von ihnen bewohnten Thiergattuug, bestünden.
Erst die Arbeiten vouDelafond, Gerlach, Fürstenberg, Megnin u. A. haben gezeigt, dass es verschiedene Gattungen und Arten der Krätzmilbe gebe, von welchen mehrere nur bei bestimmten Thiergattimgen vorkommen und auch verschiedene Formen der Krätzkrankheit veranlassen.
Schon die ältesten Schriftsteller sprechen von den Verheerungen, welche die Räude unter Schat'heerden anrichtet und auch aus dem Mittelalter und späterer Zeit wurden ähnliche Klagen laut; verschiedenartige diese Krankheit betreffende AVährschaftsvorschriften datireil schon aus dem sechszehnten und siebenzehnten Jahrhunderte. In neuerer Zeit wurde die Krankheit in engeren Schranken verhalten; gleichwohl erlangt sie auch hie und da noch eine grosse Verbreitung. Nach Uourguignon und Delafond befällt in Frankreich die Krätze im Jahre wenigstens eine Million Schafe, was, den Entgang an Wolle, Fleisch und Mästung nur zu 5 Francs für das Stück gerechnet, einen jährlichen Verlust von 5 Millionen Francs bedeutet. Auch die Pferdekrätze ist nicht selten und erlangt im Gefolge von Kriegen gewöhnlich eine seuchenartige Verbreitung.
Aetiologie. Die Krätzkrankheit kommt bei allen Hausthieren, darunter am liäutig-sten bei Schafen, Pferden und Hunden, und in Alpengcg'cnden, wo die Zieg-en zur Sommerszeit zu Hcerden vereinigt weiden, auch bei diesen Thieren vor. Jedoch auch die übrigen Haus-thiergattuDgen, wie Kinder, Schweine, Katzen, Kaninchen, Kameele, der Elephant, das Hausgeflügel, bleiben nicht verschont und auch bei wild lebenden Thieren, Füchsen, Wölfen, Hyänen, Gemsen, Affen, wurde die Krankheit beobachtet.
Die alleinige Ursache der Krätze ist in den Krätzmilben und in ihrer, durch geschlechtliche Fortpflanzung erfolgenden Vermehrung atxf der Haut eines Wohnthieres, wodurch eine heftige Reizung des Hautorgans mit ihren Folgen: Entzündung, Exsudation u. s. w. veranlasst wird, zu suchen; ohne Milben gibt es keine Krätze. Von einer spontanen Entwicklung der Milben auf einem krätzigen Thicre, wonach die Milben die Folge und nicht die Ursache der Krätze wären, kann gegenwärtig ebensowenig mehr die Rede sein, wie davon, dass die Milben nur zufällige Vorkommnisse bei der Krätzkrankheit seien. Durch die Uebertragung männlicher und weiblicher Milben oder befruchteter Milbenweibchen auf die Haut einer ihrer Art entsprechenden Thiergattung kann bei dieser die Krätze beliebig hervorgerufen werdetn.
Gewisse Gattungen und Arten von Krätzmilben finden nämlich nur auf der Haut bestimmter Thiergattungen und Arten die für
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Krätze. Aetiologie — Krätzmilben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 397
ihre Existenz geeigneten Bedingungen, unter welchen sie gedeihen und sich vermehren, während sie, auf andere, ihnen nicht zusagende Thiere übertragen, entweder gar keine oder nur eine vorübergehende Erkrankung des Hautorgans veranlassen und bald zu Grunde gehen. Unreinlichkeit, schlechte Haltung und Ernährang, mit einem Worte ungünstige hygienische Verhältnisse der Hausthiere, scheinen der Vermehrung derauf die Haut gelangten Krätzmilben günstig und der Ausbreitung der durch sie erzeugten Krätzkrankheit förderlich zu sein.
Eine Infection kommt entweder unmittelbar durch krätzkranke Thiere oder mittelbar durch Zwischenträger, an welchen Krätzmilben oder ihre Eier haften, zu Stande. Auf dem erstereü Wege erfolgt sie durch das Zusammenkommen und durch die Berührung räudekranker Thiere mit gesunden derselben, oder einer solchen Gattung, welche für die betreffende Milbenart empfänglich ist, in Ställen, auf Weideplätzen, Strassen, Märkten u. s. w. Bei der letzteren Art der Uebertragung kommen am gewöhnlichsten Ställe und Weiden, in und auf welchen krätzige Thiere sich aufgehalten haben, Stallgeräthe, Decken, Putzzeug, Arbeitsgeschirre, Streu, Dünger, Wolle und Felle räudiger Thiere, die Kleider von Personen, welche mit räudekranken Thieren sich beschäftigt haben u. dgl. in Betracht.
Die Krätzmilben gehören der Classe der Acarina, Ordnung Milben, Familie Lausmilben an.
Die Krätzmilben des Menschen und der Hausthiere werden in verschiedene Gattungen und diese wieder in verschiedene Arten unterschieden.
Fürstenberg unterscheidet (in seinem classischen Werke: „Die Krätzmilbe der Menschen und Thierequot;, 18G1) die Gattungen Sareoptes, Dermotophagus und Dermatocoptes, welche den Gattungen Sarcoptes, Symbiotes und Dermatodectes Gerlach's („Krätze und Räudequot;, 1857) und den von Megnin aufgestellten Gattungen Sarcoptes, Chorioptes und Psoroptes entsprechen.
Die Krätzmilben sind kleine, 0*1 bis 0-5mm grosse, weiche, schmutzigweiss oder gelblich gefärbte, rund oder elliptisch geformte Thierchen mit vier Fusspaaren, einem mit Fresswerkzeugen versehenen Kopfe, welcher mit dem Thorax, der von dem Hinterleibe höchstens nur durch eine leichte Einkerbung geschieden, verwachsen ist, mit vollkommenem Verdauungscanale und getrennten Geschlechtern.
Das Hautskelet der Krätzmilben 1st ans Chitinstüeken gebildet, welche an verschiedenen bestimmten Stellen des Milbenkörpers, am Kopfe, an der Bauchseite
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Krätze. Aetiologie — Krätzmilben.
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des Rumpfes, als Epimeren, Schulterblätter, das erste Glied jedes Fnsses umfassend, dann die Geschlechtstheile deckend, an den Beinen in Form von Streifen, Kingen, Gelenkköpfen u. s. vv. gelagert sind, und theils zur Anheftung von Muskeln, theils zur Bildung von Gelenkfortsätzen und Flächen an den Beinen, theils zur Darstellung der Fresswerkzeuge, theils zur Verstärkung gewisser Stellen der Epidermis dienen.
Die Haut besteht aus einer dünnen, feinen Cutis und aus der sie bedecken den, durch Chitinlagen stellenweise verdickten Epidermis, welche sich während der Häutungen ablöst und schliesslich abgestreift wird. Sie ist bei manchen Gattungen und Arten mit sehr zierlichen, verschieden angeordneten concentrischen Streifen versehen. Als Anhänge der Haut kommen vor: Härchen an den Fussenden und Palpen, Haare an der Rücken- und Bauchseite des Rumpfes, grössere Tasthaare am Kopfe, dem Rumpfe und den Beinen, Borsten an den Hinterbeinen und am hinteren Rande des Körpers, ausserdem bei der Gattung Sarcoptes Dornen, Stacheln, Schuppen und schuppenähnUche Verlängerungen der Haut auf der Rückenseite des Rumpfes.
Von den vier Fusspaaren liegen zwei Paare nach vorn zunächst dem vorderen Leibesrande und dem Kopfe, zwei nach rückwärts, welche entsprechend der Gattung entweder auf der Bauchfläche oder zunächst dem hinteren Körperende eingelenkt sind. Jeder Fuss besteht aus fünf Gliedern, welche mit Gelenken articuliren, die nur ein Strecken und Beugen zulassen; die drehende Bewegung der Füsse wird nur durch das zwischen dem ersten Fussgliede und dem Schulterblatte befindliche Gelenk vermittelt. Das Endglied der beiden vorderen Fusspaare endet in eine starke, spitzige, nach der Beugeseite gebogene Kralle; an dem Endgliede der hinteren Fusspaare sitzen bei Sarcoptes zwei Krallen, bei den beiden anderen Gattungen der Krätzmilben ist die Anordnung der Krallen an diesen Fussenden nach dem Geschlechte verschieden. An den Fussenden der vollständig entwickelten Krätzmilben finden sich überdies Haftorgane, und zwar bei allen Gattungen an den beiden Paaren der Vorderbeine, während sie an den Hinterbeinen je nach Gattung und Geschlecht bald vorhanden sind, bald fehlen. Sie bestehen aus einer hohlen, cylinderförmigen Haftscheihe, welche mittelst eines dünnwandigen häutigen Canales zu einem von einer dünnen, musculösen Membran gebildeten Säckchen führt, welches von der Mitte des vierten bis zum Ende des fünften Fussgliedes reicht und über welches der an einem Fortsatz der Kralle sich ansetzende Beugemuskel verläuft. Durch die Contraction des Säckchens und des Beugemuskels wird ein Theil der enthaltenen Luft ausgedrückt und hiednreh ein festes Anhaften der Scheibe an jene Theile, auf welche sie aufgesetzt wird, ermöglicht.
Die zur willkürlichen Bewegung dienenden Muskeln sind quergestreift und an gewissen Partien stark entwickelt.
Die Fresswerkzeuge liegen am unteren Theile des Kopfes; sie sind bei den einzelnen Gattungen, entsprechend der Art der Nahrungsaufnahme, verschieden gebaut und von einer dünnen, durchsichtigen Membran umgeben, an welcher sich nach vorn die Mundspalte befindet, aus welcher die Kiefer hervortreten.
Die durch die kegelförmig gestalteten Fresswerkzeuge und die umgebenden Weichtheile gebildete Rachenhöhle führt in die aus Chitin gebildete Schlnudröhre, welche in eine sackähnliche Erweiterung des häutigen Schlundes (Fnrstenherg's Hypopharynx) mündet und von da aus bis zur Cardia des aus einer dünnen con-tractdlen Membran bestehenden Magens verläuft, von wo aus blindsackälmliche Verlängerungen (die Stelle des Circulationsapparates vertretend) zu verschiedenen
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Theilen des Körpers ziehen. An der oberen Wand des Magens, links von der Medianlinie, tritt der Darmcanal hervor, welcher hinten in die Cloake mündet.
Die Athmungsorgane liegen in dem Brust- und Bauchraume; sie bestehen aus zwei dünnhäutigen, gewundenen Säcken, welche nach vorn zu in der Nähe des zweiten Fusspaares mit zwei, von einem Chitinringe umgebenen Oeffnungen, Stigmen, nach aussen münden. Megnin hat nur bei Dermatophagen Andeutungen eines Respirationsapparates gefunden und nimmt an, dass die Athmung der Krätzmilben durch die Haut geschehe.
Das Nervensystem besteht nach Fürstenberg aus zwei Knoten, deren einer an der Speiseröhre, der andere an der Cardia des Magens gelegen ist und welche Nervenäste zu den verschiedenen Körpertheilen und Organen abgeben. Megnin bestreitet die Existenz eines Nervensystems bei diesen Thieren.
Die Geschlechtstheile der männlichen Krätzmilbe liegen, von einem' Chitin-gerüste geschützt, in der vereinigten Brust- und Bauchhöhle und bestehen aus vier rundlichen, zu jeder Seite paarweise gelegenen Hoden, ausweichen die Samenleiter hervorgehen, welche nach hinten laufend sich zu dem von einem häutigen Cfinale umgebenen Penis vereinigen, dessen Oeffnung dicht vor der Cloakenöffnung gelagert ist. Zunächst dem hinteren Ende des Hinterleibes der männlichen Dermato-coptes- und Dermatodectes-Milben befindet sich zu jeder Seite des Afters ein cylinder- oder glockenförmiges Haftorgan, welches sich bei der Begattung über je einen kurzen cylindrischen, am hinteren Körperende der weiblichen Milben befindlichen Fortsatz anlegt und zum Festhalten der Weibchen dient. ,
Die Geschlechtsorgane der weiblichen Krätzmilben bestehen aus einem unregel-mässig gestalteten Eierstocke, aus welchem ein Eileiter hervorgeht, der nach rückwärts in die Cloake mündet.
Mehrere Tage nach der Begattung, welche bei dem Sarcoptes auf eine andere Weise stattzufinden scheint als bei den anderen Gattungen der Krätzmilbe, legen die trächtigen Weibchen Eier, deren Zahl bei Sarcoptes 20 bis 25 betragen kann und in welchen sich innerhalb sechs bis sieben Tagen die Milbenlarven entwickeln und aus der Eihülle hervortreten. Die Milbenlarven, welchen noch das vierte Fnsspaar fehlt, nehmen rasch an Grosse zu, häuten sich nach drei bis vier Tagen zum erstenmale, erlangen hiebei das vierte Fnsspaar und erreichen mit dem vierzehnten oder fünfzehnten Tage nach dem Auskriechen aus dem Ei die Geschlechtsreife. Wegen der kurzen Zeit, welche die Larven zur Erreichung der Geschlechtsreife benöthigen, findet, ungeachtet der beschränkten Zahl der von einem Weibchen abgesetzten Eier, die Vermehrung der Milben ausserordentlich rasch statt. Gerlach, welcher, um nicht zu hoch zu greifen, die Zahl der von einem Weibchen stammenden Milben nur mit fünfzehn, und zwar mit zehn weiblichen und fünf männlichen Milben und die Erlangung der Geschlechtsreife mit fünfzehn Tagen ansetzt, hat berechnet, dass die Zahl der von einem einzigen Männchen und Weibchen in sechs Generationen und nach neunzig Tagen abstammenden Milben sich schon auf eine Million Weibchen und eine halbe Million Männchen, mithin im Ganzen auf IYj Millionen Milben belaufen werde. Hieraus wird die schnelle Entwicklung und Verbreitung der durch die Milben veranlassten Bände bei einem Thiere, auf welches selbst nur einzelne oder wenige männliche und weibliche Krätzmilben übertragen worden sind, erklärlich.
Gattung Sarcoptes Latr.; Grabmilbe (von cotfi? Fleisch und Ttr^ffstv sich verbergen). Körper schildhrötenartig, länglichrund
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Krätze. Aetiologie — Sarcoptesmilben.
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mit Einbuchtungen an den Seitenrändern nach Verschiedenheit der Art 0-20 mm bis 0*50mm lang, 0-33 mm bis O^Omm breit. Haut mit Rillen, Rückenseite mit genagelten schuppenförmigen Hautverlängerungen oder mit Schuppen oder Dornen versehen. Kopf vom Rumpfe abgesetzt und mit vier Kieferhälftenpaaren und zwei starken, neben diesen gelegenen und ihnen gleich langen dreigliederigen Palpen versehen. Acht kurze, dicke, kegelförmige Beine, fünf-gliederig, das erste und zweite Paar mit gestielten Haftscheiben, das dritte und vierte an der Bauchseite gelagerte Paar bei dem Weibchen mit langen Borsten, das dritte Paar bei Männehen mit einer Borste, das vierte, mit einer Haftscheibe endend. Larve mit sechs Beinen, das erste und zweite Fusspaar mit Haftscheiben, das dritte mit einer langen Borste endend.
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Die MHnnchen von Sarcoptes sind um Vieles kleiner als die Weibchen und deshalb schwerer aufzufinden; die ersteren sind beiweitem weniger zahlreich als die letzteren; Megnin rechnet nur ein Männehen auf zehn Weibchen.
Die Fresswerkzeuge bestehen aus vier kegelförmigen Körpern, von welchen zwei oben und zwei unten liegen und von denen jeder eine Ober- xind eine Unter-kieferhälfte trägt.
Die Sarcopten benutzen die Kiefer zum Nagen der Gänge, in welchen sie wohnen und zum Renagen der Haut, indem sie eine Hälfte derselben aus der Maulhöhle hervor- und die Spitze der Unterkieferhälfte in die Epidermis einschieben, dann durch Schliessen der gezahnten Kiefer das Gefasste lostrennen, in die Maulhöhle führen und durch Kaubewegungen verkleinert in die Rachenhöhle bringen.
Die Begattung geschieht in den Gängen, in welchen die weiblichen Sarcoptes leben. Nach Fürstenberg liegt hiebei das Männchen unter dem Weibchen, so dass die Bauchflächen beider einander zugekehrt sind; der Coitus scheint nur kurze Zeit zu dauern.
Die Eier werden in den von der weiblichen Sarcoptesmilbe gegrabenen Gängen abgesetzt; sie haben eine glatte, trockene Hülle. Innerhalb weniger Stunden trübt sich ihr Inhalt, später werden Anhäufungen von Dotterzollen bemerkbar, im Laufe des vierten Tages treten die Umrisse des Kopfes, der beiden vorderen Fusspaare und des dritten Fusspaares hervor; am sechsten bis siebenten Tage bohren sich die Larven aus der Eihülle hervor und nagen sich in dem Gange eine Oetfnung, durch welche sie ihn verlassen, um Nahrung zu suchen. Drei bis vier Tage später beginnt die erste Häutung, während welcher die Larven in einen Erstarrungszustand verfallen und das vierte Fusspaar erlangen. Nach derselben richten sich die Sarcoptosweibchen ihren Gang her, in welchem sie das Männchen zur Begattung erwarten, worauf bald der zweite Häutungsprocess beginnt, der vier bis fünf Tage dauert, worauf sie sich einen neuen Gang anlegen und die dritte Häutung vollziehen. Hierauf bohren sie sich an der Stelle, wo sie gelegen, eine Oeffnnng in den Gang, verlassen denselben, richten einen neuen Gang her, in welchem sie die Eier absetzen, um bald darnaefr zu sterben. Besonders kräftige Individuen sollen auch noch eine vierte Häutung durchmachen, aber nur höchst selten noch Eier legen.
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Krätze. Aetiologie — Sarcoptcsmilbo.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;401
Die Sarcoptesmilben wohnen in Gängen, welche sie sich in der Epidermis des Wohnthieres anlegen. Bei dem Einbohren in die Epidermis heben diese Milben ihr Hintertheil mittelst der Borsten des dritten und vierten an der Bauchseite eingelenkten Fusspaares stark in die Höhe, während sie gleichzeitig die Vorderbeine mittelst der Krallen feststellen und die Haftscheiben flach auf die Haut setzen. Hierauf senken sie die Spitze des Unterkiefers in die Epidermis, schliessen die Kiefer, trennen und entfernen hiedurch das Erfasste und bilden einen schiefen Gang, welchen sie, auf die jüngere Epidermisschichte gelangt, in horizontaler Richtung fortsetzen, wobei sie die Vorderbeine beugen, deren Haftscheiben zur Seite legen, die Krallen gegen die Cutis drücken, die Hinterbeine gegen den Leib ziehen und deren letzte Glieder gegen die Cutis stemmen, während sie ihren mit Dornen oder Schuppen bewaffneten Rücken, um das Zurückgleiten zu verhindern, gegen die Decke des Ganges stemmen. Die Milbenlarven legen ihren Gang gewöhnlich nur in solcher Grosse an, dass sie ganz von Epidermis bedeckt werden; die folgenden Gänge, in welchen sie die zweite und dritte Häutung vollziehen, sind grosser; der längste und breiteste ist jener, in welchen die Weibchen noch der dritten Häutung die Eier absetzen; in der Decke dieses Ganges finden sich Oefinungen dort, wo die Larven sich einen Weg nach aussea gebahnt haben.
Die Gänge der Männchen sind gewöhnlich nur so lang, dass sie deren Körper vollständig bedecken; sie werden von ihnen wiederholt verlassen, um Weibchen zur Begattung aufzusuchen.
Durch das Einbohren der Milben in die Haut entsteht ein stechender Schmerz; in Folge des gesetzten Reizes entwickelt sich am Anfange des Ganges eine unscheinbare Entzündung, welche zur Bildung eines Knötchens, Bläschens oder einer Pustel führt. In Folge des weiteren Vordringens der Milben in die, die sehr empfindliche Cutis deckenden jungen Epidermisschichten und möglicherweise auch in Folge des festen Einsetzens der Krallen in diese Theile wird ein heftiger Juckreiz veranlasst, welcher die Thiere zu fortgesetztem Scheuern, Kneipen und Beissen der befallenen Hautpartien veranlasst. Durch diese mechanischen Einwirkungen wird die Bildung von vesiculösen, papulösen und pustulösen Efflorescenzen, von blutigen Verletzungen und Infiltrationen der Haut, von Krusten und Schrunden auf derselben bedingt — Veränderungen, welche man zusammen als Sarcopteskrätze bezeichnet. In einem vorgeschrittenen Stadium dieser Hauterkrankung wird es schwierig oder unmöglich sein, Milbengänge überhaupt noch aufzufinden; dagegen können die
UÖU. Thicrscucheu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;26
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402nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krätze. Aetiologie — Sarcoptesmtlbe.
Milben in den der Haut zunächst anliegenden Theilen der zahlreich vorhandenen Krusten in lebendem, in den inneren Partien derselben in todtem Zustande neben Milbenexcrementen angetroffen werden. Der Nachweis des Vorhandenseins von Milben ist zur Feststellung der Diagnose der Krätze erforderlich. Zu diesem Zwecke können die von dem Körper des betreffenden Thieres gesammelten Krusten entweder auf schwarzes Papier gelegt, an einen warmen Ort gebracht und dann die Milben mit einer Loupe aufgesucht werden, oder es werden die Krusten (am besten in mit Wasser versetztem Glycerin) aufgeweicht, zerzupft und mit dem Mikroskope untersucht, oder man kann Krusten auf den Arm eines Menschen aufbinden; vorhandene Milben bohren sich in die Haut ein und können nach zwölf Stunden als weisse Punkte, in Knötchen sitzend, wahrgenommen und mittelst einer Nadel hervorgeholt werden.
In Betreff der Feststellung der bei den verschiedenen Haus-thieren vorkommenden Arten der Sarcoptesmilbe besteht keine Uebereinstimmung, da die Charaktere der Arten nur schwer zu bestimmen sind.
Gerlach („Archiv für wissenschaftliche und praktische Thier-heilkundequot;, 1877) nimmt auf Grund seiner Untersuchungen nur zwei anatomisch unterscheidbare Abtheilungen der Grabmilben an, und zwar die grosse, welche am längsten bekannt und sehr weit verbreitet ist, bei Menschen und den verschiedensten Thiergattungen vorkommt und für welche er den Namen Sarcoptes scabiei communis vorschlägt, und die kleine, Sarcoptes minor Fürst., von welcher er zwei Arten aufstellt, jene des Katzengeschlechtes Sarcoptes Felis und jene des Kaninchens Sarcoptes Cuniculi. Da bis jetzt noch auf keiner Thiergattung zwei anatomisch unterscheidbare Arten von Sarcoptes angetroffen worden sind, so hält er es vorläufig für ausreichend, dem Gattungsnamen Sarcoptes nur den Namen jener Thiergattung beizusetzen, auf welcher die Milbe gefunden wurde.
Fürstenberg (1. c.) dagegen unterscheidet die bei den Haus-thieren vorkommenden Sarcoptes in folgende Arten:
Sarcoptes scabiei Latr.
Länge des ausgebildeten Weibchens 0-45 mm, des Männchens 0-23 mm, Breite des Weibchens 0'35 mm, des Männchens 0'19 mm. Körper länglichrund, der Rücken mit in Reihen stehenden genagelten schuppenälmlichen Hautverlängemngen, mit sechs Brust- und vierzehn geraden Rückendornen besetzt.
Wohnt in der Epidermis des Menschen, des Pferdes, Esels, Maulthieres und wurde auch beim Löwen, Lama, Affen und nach
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Krätze. Aetiologte — Sarcoptosmilbe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 403
Grerlaeh („Ai'chiv füiquot; wissenschaftliche und praktische Thierheil-kundequot;, 1877) auch auf den nicht bewollten Körpertheilen der Schafe angetroffen.
Ein dem Sarcoptes scabiei sehr ähnlicher Sarcoptes wurde von M6gnin („Recueil de m6d. vamp;t6r.quot;, 1875) in den Krusten einer krätzigen, von Leblanc beobachteten Giraffe gefunden.
Sarcoptes Caprae Fürstenb., Ziegenkrätzmilbe.
Länge des ausgebildeten Weibchens 0-34_mm, des Männchens 0-24 mm, grösste Breite des Weibchens 034 mm, des Männchens O-lSmm; Körper rundlich, der Rücken mit kurzen schuppenförmigen Hautverlängerungen. Die sechs Brustdornen länglichrund, die vierzehn Rückendornen massig lang, spitz zulaufend.
Kommt bei Ziegen vor und wurde zuerst von Fr. Müller bei afrikanischen Zwergziegen nachgewiesen, ßoloff („Archiv für wissenschaftliche und praktische Thierheilkundequot;, 1877) findet keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem Sarcoptes Caprae und dem bei dem Schweine und dem Hunde vorkommenden Sarcoptes squamiferus, nur wären die Schuppen bei ersterem im Allgemeinen kleiner als bei letzterem. Jedoch wären die bei diesen drei Thiergattungen vorkommenden Sarcoptes nicht identisch, wie die Resultate der Ueber-tragungsversuche ergeben.
Sarcoptes squamiferus Fürstenb. Schuppentragender Sarcoptes. S. Suis und S. Canis Gerl.
Länge des Weibchens 0-46 mm, des Männchens 0*32 mm. Breite des Weibchens O'äö mm, des Männchens 0-29 mm. Rücken mit aus Chitin gebildeten, dreieckigen, in Reihen stehenden Schuppen, sechs länglichrunden Brust- und vierzehn Rückendornen besetzt.
Lebt in Gängen der Epidermis des Hundes und Schweines.
S. Caprae und squamiferus werden von Megnin für blosse Varietäten des S. scabiei gehalten.
Sarcoptes minor Fürstönb. Kleiner Sarcoptes. S. Cati Hering und Gerlach, S. Cuniculi Gerlach, S. notoedres M6gnin.
Länge des Weibchens 0-25mm, des Männchens 0-18mm, Breite des Weibchens 020 mm, des Männchens 0-14mm. Rücken mit reihenweise stehenden Hautverlängerungen besetzt, keine Brust-, zwölf Rückendornen.
Lebt in Gängen der Epidermis der Katze und des Kaninchens.
Sarcoptes mutans Robin, grosser als die übrigen Sarcoptes-Arten, kommt auf Hühnern vor.
2. Gattung: Dermatophagus Fürstenb. Symbiotes Gerlach, Chorioptes Gervais und Mdgnin. Schuppenfressende Milbe. (Von öspi^a Haut und cpaysiv essen). Körper länglichrund mit Ein-
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Krätze. Aetiologie — Dermatopbagusmilbe.
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buchtungen an den Seitenrändern, Haut mit feinen Riffen versehen; Rücken mit zwei langen Sehulterborsten und mehreren Haaren besetzt, Kopf vom Rumpf deutlich abgegrenzt, kurz, kegelförmig, Ober- und Unterkiefer kurz, abgerundet, Palpen dreigliederig; acht Beine, fünfgliederig, das erste und zweite Fasspaar am vorderen Rande des Körpers hervortretend, mit starken Borsten und an dem Endgliede mit einer grossen glockenförmigen Haftscheibe und einer Kralle besetzt, das dritte und vierte Fusspaar am Seitenrande des Hinterleibes gelegen, beim Weibchen das dritte Paar kurz, mit zwei langen Borsten besetzt, das vierte lang, ersteres ohne, letzteres mit einer Haftscheibe und Kralle, beim Männchen das dritte Paar dem ersten und zweiten an Länge gleich, das vierte verkümmert, beide mit Haftscheiben, das dritte überdies mit zwei Krallen. Das Männchen durch zwei am hinteren Körperrande hervortretende Fortsätze kenntlich, vor welchen zwei Oeffnungen mit Haftscheiben.
Auch beim Dermatopliagus ist das Männchen kleiner als das Weibchen. Die Fresswerkzetige bestehen aus zwei flachen, kegelförmigen Körpern, deren jeder ein halbes Ober- und Unterkiefer darstellt, welche Hälften miteinander articuliren und mit zahnartigen Reibeflächen versehen sind. Die Fresswerkzeuge werden von den Dermatophagen auf ähnliche Weise wie von den Sarcoptes zum Benagen der Epidermis benützt. Fürstenberg ist der Ansicht, dass die Dermatophagen sich von den abgenagten Epiderraisschuppen ernähren, während Megnin meint, dass sie sich ihrer Fresswerkzeuge nur zum Losreissen der Epidermis und Biossiegen der Cutis bedienen und sich von dem in Folge dieses Reizes und der Einwirkung ihres giftigen Speichels gesetzten Exsudate der Haut nähren.
Die Begattung der Dermatophagusmilben geschieht auf der Hantoberfläche des Wohnthieres in der Art, dass Männchen und Weibchen ihre hinteren Körperenden einander zukehren und ersteres seine Haftscheiben über die cylindrischen Fortsätze des letzteren anlegt, sein Hintertheil mit Hilfe des dritten Fusspaares in die Höhe hebt und den Penis in die Scheide einführt. Während dieses Vorganges verfällt das Weibchen in Erstarrung und wird von dem Männchen hintar sich nachgeschleift. Während dieser Erstarrung häutet sich das Weibchen und erst dann löst sich die Vereinigung. Auch die Weibchen dieser Milbengattung machen drei, bisweilen auch vier Häutungen durch. Die nach der dritten Häutung abgesetzten Eier, welche mit einer klebrigen Flüssigkeit überzogen sind, werden an verschiedenen, namentlich dichter behaarten Stellen der Körperoherfläche des Wohnthieres abgesetzt, haften an den Haaren, an Krusten u. s. w. und setzen dort ihre weitere Entwicklung zu Milbenlarven fort. Die Zahl der von einem Weibchen producirten Eier lässt sich nicht bestimmen, da sie nicht in Gängen abgesetzt werden.
Die Dermatophagen legen keine Gänge an, sie leben aus-schliesslich auf beschränkten Stellen der Oberfläche der Haut ihres Wohnthieres, vor dem Abstreifen geschützt durch dessen Haare, durch Epidermissehuppen, dünne Krusten u. s. w. Sie veranlassen
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Krätze. Aetiologie — Dermatocoptesmilbe,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 405
keine bedeutenden Veränderungen in der Haut, dagegen aber an den von ihnen befallenen Partien eine reichliche Bildung und Anhäufung von kleienartigen Schuppen. Werden letztere gesammelt, in schwarzes Papier eingeschlossen und an einen warmen Ort gelegt, so können binnen kurzer Zeit die Milben in kleinen Gruppen an-einandergedrängt aufgefunden werden.
M^gnin unterscheidet drei Arten dieser, von ihm Chorioptes genannten Gattung, nämlich Ch. spatiferus auf Pferd und Rind, Ch. setiferus auf Hyäne und Fuchs und Ch. ecaudatus auf Nagern. Auf den Hausthieren kommt nur eine Art vor, nämlich:
Dermatophagus Bovis Fürstenberg, Sarcoptes Bovis Hering, Symbiotes Equi und Bovis Gerlach, Chorioptes spatiferus Mögnin.
Länge des Weibchens 0-42 mm, des Männchens 0-34 mm; Breite des Weibchens O'ST mm, des Männchens 0-29 mm.
Lebt unter Epidermisschuppen verborgen aut der Haut des Pferdes und Rindes. Zürn fand Dermatophagusmilben auch in den gelben Borken eines mit sogenanntem Salzfluss behafteten Schafbockes, ebenso in dem äusseren Gehörgange von Hunden und Kaninchen, welche an Otitis externa litten.
3. Gattung: Dermatocoptes Fürstenberg, (von Sspjxa Haut und/.oTrrstvhaken), Saugmilbe. Dermatodectes Gerlaeh, Psoroptes Gervais.
Körper bei dem Weibchen länglichrund, bei dem Männchen rundlich. Haut mit feinen Riffen, Eücken mit zwei grossen Schulterborsten und mehreren Haaren besetzt; Kopf vom Rumpf abgesetzt, kegelförmig; Ober- und Unterkiefer lang gestreckt, an jeder Seite des Kopfes zwei dreigliederige Palpen. Beine acht, funfgliederig, das erste und zweite Fusspaar am vorderen Körperrande hervortretend, an den Endgliedern mit gestielter trompetenförmiger Haftseheibe, das dritte und vierte Fusspaar an den Seitenrändern des Körpers gelegen, die Füsse des dritten Paares beim Weibchen kurz, mit zwei starken Borsten, beim Männchen sehr lang, mit einer Haftscheibe, jene des vierten Paares beim Weibchen lang, mit Haftscheibe und Krallenrudiment, beim Männchen verkümmert. Am hinteren Ende der Bauchfläche der Männchen zwei Oeffnungen, aus welchen beim brünstigen Thiere Haftscheiben hervortreten.
Die Fresswerkzeuge bestehen aus zwei länglichen, kegelförmigen Körpern, an deren unteren freien Enden die Ober- und Unterkieferpaare liegen; am freien Ende der letzteren sitzen drei gekrümmte, spitze Fortsätze, welche bei geschlossenen
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Krätze. Aetiologie — Dermatocoptesmilblaquo;.
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Kiefern von dem Oberkiefer gedeckt sind. Die Milben senken, wenn sie Nahrung aufnehmen wollen, ihre Kiefer, fest geschlossen, so tief in die Haut ein, dass die Mundöffnung sich fest an die Cutis anlegen kann, öffnen dann die Kiefer, heften sich mittelst der an dem Unterkiefer sitzenden Häkchen in die Weichtheile fest und saugen Flüssigkeit aus der Haut. Gesättigt, machen sie sich durch Schliessen der Kiefer wieder los. Die Begattung dieser Milbengattung findet auf dieselbe Art statt, wie bei Dermatophagus.
Die Dermatoeoptesmilben leben nur auf der Oberfläche der Haut ihres Wohnthieres, vorzüglich an Stellen, welche von einem dichten Haarkleide bedeckt sind. In Folge der Stiche und vielleicht auch des in diese Verletzungen eindringenden Speichels entwickelt sich an der Stelle der Verletzung eine umsclmebene Entzündung der Haut, reichlichere Bildung von Epidermis und Krusten, welche Veränderungen den Milben das Einstechen erschweren. Sie suchen daher bald unveränderte, noch gesunde Hautstellen auf und dies ist der Grund der fortschreitenden Ausbreitung der Krankheit. Man findet die Milben nur selten unter alten Krusten, sondern meistens in der Umgebung derselben und kann sie als weisse, runde Körperchen auch mit freiem Auge auf und zwischen den Haaren herumkriechen sehen. Werden feuchte Krusten und der grobe Epidermis-staub krätziger Thiere gesammelt und auf Papier an einen warmen Ort gebracht, so kriechen die Milben bald heraus und können gesammelt werden.
Megnin führt vier Varietäten der Gattung Psoroptes an, die beim Pferde, Rinde, Kaninchen und Schafe vorkommen.
Fürstenberg nimmt nur eine Art der Gattung Dermato-coptes an, nämlich:
Dermatocoptes communis Fürstenberg, Dermatodectes Equi, Bovis und Ovis Gerlach.
Länge des Weibchens 0-62mm, des Männchens 0-52 mm; Breite des Weibchens O^e mm, des Männchens 0-39 mm.
Lebt auf der Haut des Pferdes, Rindes und Schafes, bei dem letzteren die Schafräude veranlassend.
Zürn („Deutsche Zeitschrift für Thiermedicinquot;, I) fand Dermatoeoptesmilben auch in dem äusseren Gehörgange von Kaninchen als Erreger einer äusseren Ohrentzündung, einmal auch in der Paukenhöhle und einmal über den ganzen Körper verbreitet, ebenso Möller bei einer grösseren Anzahl von Kaninchen, die an Ohrentzündung litten, wobei, in Folge der Fortpflanzung der Entzündung auf das innere Ohr, durch Caries des Felsenbeines und Ent-
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Krätze. Aetiologie. Uebertragbarkeit.
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zündung des Gehirnes und seiner Häute bisweilen ein tödtlicher Ausgang eintrat.
Nur in Folge der Verletzungen, welche die Krätzmilben in der Haut der Wohnthiere veranlassen, entsteht die Krätze. Damit also die Krankheit auftreten könne, ist die Uebertragung der Milben oder ibrer entwicklungsfähigen Eier auf die Haut eines geeigneten Wohnthieres erforderlich; die Uebertragung des Secretes der Haut oder der Krusten räudekranker Thiere bringt, deren Reinheit von Milben vorausgesetzt, niemals die Krätze hervor.
Uebertragbarkeit. Die einzelnen Arten der Krätzmilben finden auf bestimmten Gattungen von Wohnthieren die geeigneten -Bedingungen für ihre Existenz und Vermehrung und veranlassen auf ihnen den Krätzeausschlag; auf andere, ihren Lebensbedingungen nicht zusagende Thiergattungen übertragen, können sie entweder gar nicht, oder doch nur für eine kurze Zeit bestehen und erzeugen daher keinen oder nur einen vorübergehenden und beschränkten Krätzeausschlag.
Die Sarcoptesmilbe des Pferdes geht, wie dies wiederholt nachgewiesen wurde, leicht auf Menschen über und ruft bei diesen die gewöhnliche Krätze hervor; ebenso ist sie auf Rinder übertragbar; bei Hunden und Katzen verursacht sie einen innerhalb weniger Tage wieder verschwindenden Juckreiz und papulösen Ausschlag.
Die Sarcoptesmilbe der Ziege ist auf Menschen gleichfalls übertragbar, sie veranlasst bei ihnen Papeln und heftiges Jucken; der Ausschlag verschwindet jedoch nach einiger Zeit von selbst wieder. Sie ist auch auf Rinder, dann, nach Roloff („Archiv flir wissenschaftliche und praktische Thierheilkundequot;, 1877), auf Schafe mit kurzem Haar (Somali) oder mit schlichter, schweissarmer Wolle und kurzem Haar an den Extremitäten (Fettsteissschafe), dagegen nicht auf merinosartige Schafe mit schweissreicher quot;Wolle, auf Schweine, Hunde, Esel (wahrscheinlich auch nicht auf Pferde) und Kaninchen übertragbar.
Die Sarcoptesmilbe des Schweines veranlasst, auf den Menschen übertragen, ein nach einigen Wochen wieder von selbst verschwindendes, jedoch sehr belästigendes Exanthem; sie geht auch auf Hunde, dagegen nicht auf Pferde und Wiederkäuer über.
Der Hundesarcoptes geht leicht auf Menschen über und ruft bei ihnen die Krätze hervor, welche bisweilen innerhalb mehrerer Wochen von selbst heilt, in anderen Fällen aber sich auch sehr hartnäckig erweisen kann. Gerlach's Versuche der Infection änderer Hausthiergattungen durch diesen Sarcoptes ergaben nur negative
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Krätze. Aetiologie — Uebertragbarkeit.
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Resultate, dagegen filhrt Chabert Fälle der Ansteckung von Pferden und Schafen durch krätzige Hunde an.
Eine Ansteckung von Menschen, besonders Kindern, durch krätzige Katzen kommt oft vor; der hiedurch veranlasste Krätzeausschlag soll sich bisweilen ziemlich hartnäckig herausstellen; ebenso wurde der Uebergang der Krätze von Katzen auf Pferde, Rinder und Hunde beobachtet, dagegen nicht auf Schafe.
Der Kaninchensarcoptes geht auf den Menschen über; Ansteckungsversuche bei den übrigen Hausthieren ergaben kein Resultat.
Die Krätzmilbe der Hühner veranlasst bei der Uebertragung auf Menschen und Pferde einen der Krätze ähnlichen Ausschlag.
Ebenso wurde der Uebergang der Krätze vom Kameele und Affen auf Menschen und vom Fuchse auf Pferde und Hunde beobachtet.
Der Sarcoptes des Menschen soll bei keinem Hausthiere, mit Ausnahme des Hundes und Affen, haften.
Die Dermatophagus- und Dermatocoptesmilben der Pferde sind weder auf andere Hausthiere, selbst nicht auf das Rind, noch auf den Menschen übertragbar. Bei dem letzteren rufen sie höchstens ein durch einen bis zwei Tage andauerndes intensives Hautjucken, hie und da ein Knötchen, nie aber die Krätze hervor. Dasselbe gilt von den gleichnamigen Milben der Rinder und von der Dermatocoptesmilbe der Schafe.
Die Incubationsperiode, d. i. die Zeit, welche von dem Momente der Uebertragung der Milben bis zum Auftreten deutlicher Erscheinungen der Krätze bei einem Thiere verläuft, beträgt zum mindesten 14 Tage, d. h. jenen Zeitraum, welcher zur Erzeugung einer neuen geschlechtsreifen Generation von Milben erforderlich ist. Jedoch nur nach einer Uebertragung zahlreicher Milben werden um diese Zeit schon die Symptome der Krätze deutlich hervortreten; im entgegengesetzten Falle erst dann, wenn schon zwei oder drei Generationen zur Entwicklung gekommen sind.
Die Uebertragung der Krätze unter Hausthieren gleicher Gattung findet sehr leicht statt; besonders gilt dies von der durch Dematocoptes veranlassten Form, da diese Milben, weil sie nicht in Gängen wohnen, leicht abgestreift und verschleppt werden können. Verhältnissmässig seltener findet die Ansteckung durch Dermato-phagusmilben statt, da diese nur an bestimmten Stellen, welche mit anderen Thieren nicht leicht in Berührung kommen, sich aufaalten. Kommt die Krätze auch nur bei einem Thiere eines Viehbestandes
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KräUe. Actiologie. Tenaeität der Milbcu — Sareopteäkjratze.
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oder einer Heerde vor, so verbreitet sie sich bald über die übrigen Tliiere und erlangt in kürzerer oder längerer Zeit unter ihnen eine seuchenartige Verbreitung.
Tenaeität. Unter den Krätzmilben haben die Sarcoptes die geringste Lebenszähigkeit; unter der Einwirkung trockener Luft sterben sie in wenigen Tagen, eine Temperatur von 50deg; C. tödtet sie innerhalb einer Stunde; in feuchter Luft und an feuchten Zwischenträgern haftend erhalten sie sich bis 14 Tage beim Leben. Die Dermatophagen besitzen eine grössere Widerstandsfähigkeit; bei kühler Temperatur bleiben sie bis 40 Tage, in einem feuchten Stalle bis 50 Tage am Leben. In einem warmen Locale mit den Krusten, in welchen sie sitzen, aufbewahrt, fallen sie nach zehn bis zwölf Tagen in einen Zustand von Scheintod, aus dem sie noch einige Zeit später durch die Einwirkung von Feuchtigkeit erwachen können. Sommerhitze scheinen sie nicht gut zu vertragen; man bemerkt, dass der Ausschlag bei Thieren, welche an Dermatophagus-krätze leiden, während der warmen Jahreszeit auffallend geringer wird oder selbst verschwindet, um im darauffolgenden Winter in erneuerter Heftigkeit wiederzukehren. Die Dermatocoptesmilben erhalten sich von ihren Wohnthieren entfernt vier bis sechs Wochen lebendig, manche der nach Ablauf dieser Zeit todt scheinenden Individuen können unter dem Einflüsse von Wärme und Feuchtigkeit wieder aufleben; insbesondere zeigen trächtige Weibchen eine grosse Lebenszähigkeit. Hertwig sah sie bei einer Kälte von 7deg; R. noch zwei Stunden, in kaltem Wasser sechs, in warmem Wasser zehn Tage, Krogmann bei einer zwischen 1 bis 12deg; R. Kälte wechselnden Temperatur bis zum 28. Tage leben. Feuchtigkeit ist ihrer Erhaltung günstig, in nicht oder schlecht desinficirten Ställen sieht man nicht selten nach Monaten die Krätze neuerdings ausbrechen. In trockener Luft sterben sie nach 10 bis 14 Tagen; eine höhere Temperatur (50deg; C. und darüber) tödtet sie in wenigen Stunden.
Auch die Milbeneier haben eine bedeutende Widerstandskraft und erhalten sich, wie Gerlach durch Bebrütungsversuche nachgewiesen hat, viele Wochen lang entwicklungsfähig; sehr angebrütete Eier, bei welchen die Bebrütung unterbrochen wurde, bewahren diese Eigenschaft noch wochenlang.
Krankheitserscheinungen und Verlauf. 1. Sarcoptes-krätze. Die erste Erscheinung, durch welche der Verdacht auf das Vorhandenseiu der Krätze bei einem Thiere erregt wird, ist ein durch Unruhe und durch den beständigen Drang, sich an ge-
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Krätze. Erscheinungen hei Sareopteskrätze,
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wissen KörperstelleD zu kratzen, zu reiben oder zu beissen, sieh aussprecbendes Juckgefühl, welches durch Stallwärme und Erhitzung des Körpers gesteigert wird. Kratzt oder bürstet man solche Thiere, so äussern sie ein auffallendes Wohlbehagen. Dieses Juckgefühl wird von manchen Beobachtern nicht allein von den durch die Milben gesetzten Verletzungen abgeleitet, sondern auch der reizenden Einwirkung des Speichels der Milben zugeschrieben. An den mit Vorliebe geriebenen Körperstellen treten kleine Knötchen oder Bläschen auf, um welche die Haare nach und nach ausfallen; die haarlosen Fleckchen bedecken sich mit einer dünnen hautartigen Kruste, nach deren Hinwegnahme die Haut feucht und glänzend erscheint. In Folge des fortgesetzten und wiederholten Nagens und Einbohrens der Milben entstehen in der Umgebung neue Knötchen und Bläschen, die kahlen Stellen werden grosser und bedecken sich mit braunen Krusten, während die befallenen, nun schon umfangreicheren kranken Hautpartien infiltrirt und stellenweise wund erscheinen. Diese secundären Veränderungen sind von der, durch die mechanische Reizung und Verletzung der Haut während des beständigen Eeibens und Scheuerns bedingten Entzündung abhängig.
Im weiteren Verlaufe kann es stellenweise zur Bildung von Pusteln, zum Ausfallen der Haare an grössercn Partien, zu blutenden und eiternden Rissen u. dgl. und in veralteten Fällen zur Verbreitung der Krätze über den ganzen Körper kommen.
Das Auffinden der Milbengänge ist bei den Hausthieren wegen ihrer dichten Bedeckung mit Haaren sehr schwierig und in den meisten Fällen unmöglich; man trifft jedoch die Milben unter den Krusten und Schuppen, wenn diese zugleich mit der Epidermis mittelst eines Messers von der Cutis losgehoben werden.
Bei Pferden beginnen die Veränderungen der Haut gewöhnlich zuerst am Kopfe, am Halse und an den Schultern, mithin an jenen Stollen, auf welche die Milben von einem Pferde auf ein anderes am leichtesten gelangen oder durch Geschirre übertragen werden können; bei Reitpferden kommt hiezu auch noch der Rücken. Ausser dem Jucken ist im Beginne der Krankheit das Dünnwerden der Haare an den befallenen Stellen, Knötchenbildung, Kahlwerden, die Bildung von zahlreichen Hautfalten am Halse charakteristisch; später stellen sich die weiteren Veränderungen in der Haut ein. Die mit Langhaaren bekleideten Körpertheile, Schopf-, Mähnen-, Schweifgegend, bleiben in der Regel verschont.
Bei Rindern, bei welchen die Sarcopteskrätze bis jetzt sehr selten und der Mehrzahl nach nur in Folge der Uebertragung der
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Krätze. Erscheinungen bei Sarcopteskrätze.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;411
Milben von krätzigen Ziegen aus beobachtet wurde, sollen besonders der Kopf und Hals befallen werden.
Bei Schafen kommt bisweilen diese Form der Krätze in Folge einer Uebertragung durch krätzige Ziegen vor. Sie befallt jedoch, wie auch Gerlach („Archiv für wissenschaftliche und praktische Thierheilkundequot;, 1877) bemerkte, nur die nicht bewollten Körper-theile, hat ihren Lieblingssitz an den glattbehaarten Kopftheilen, beginnt gewöhnlich an den Lippen und erstreckt sich erst dann über die übrigen Theile des Kopfes und über die Ohren, wenn Lippen und Nase bereits mit dicken Krusten bedeckt sind; bisweilen werden auch die wollelosen und wenig bewollten Theile der Extremitäten befallen. Die Art der Localisation unterscheidet diese Form der Räude auffallend von der gewöhnlichen, durch Dermato-coptes verursachten Schafräude.
Die Ziegenkrätze kommt besonders in Alpengegenden, in welchen die Ziegen während der Alpzeit in Heerden beisammen-gehalten werden, bisweilen in seuchenartiger Verbreitung vor. Wallraff beobachtete dieselbe in den Jahren 1851 bis 1853 im Canton Graubündten, Klingan und Hable („Oesterreichische Vierteljahresschrift für Veterinärkundequot;, 47. Bd.) seit der zweiten Hälfte der Siebenziger-Jahre in Obersteiermark, wo sie schon seit Jahrzehnten herrschend gewesen sein soll. Die Haut der kranken Thiere wird verdickt, rissig, mit kleienartigen und grösseren Schuppen und Krusten bedeckt, stellenweise ganz kahl, dabei ist der Juckreiz sehr heftig.
Ganz ähnlich verhält sich die Krätze bei der Antilope, auf welcher dieselbe Milbe vorkommt.
Bei Schweinen kommt der Krätzeausschlag mit Bildxxng dicker Schuppen und Krusten auf der etwas verdickten und faltigen Haut, vorzüglich in den Augengruben, auf den Ohren, auf dem oberen Theile des Halses und auf der inneren Fläche der Sehenkel vor. Auch bei dem wilden Schweine wurde die Sarcopteskrätze nachgewiesen.
Bei Hunden beginnt die Krätze gewöhnlich am Kopfe oder am Bauehe mit der Bildung von Knötchen oder Bläschen und heftigem Juckreiz. Bei Hunden mit zarter, nicht pigmentirter Haut stellt sich um die rothen Knötchen bald eine diffuse Hautröthe ein, (rothe Räude), bei dickhäutigen Hunden treten gewöhnlich grössere Knötchen und Bläschen, in beiden Fällen aber im weiteren Verlaufe dicke Schuppenlager auf. Bei manchen Hunden kommt es zur Bildung dicker, brauner, glänzender Krusten (Fetträude), bei anderen
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412nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krätze. Kr.scheiuungeD bei SarcoiJtüiikratüü.
in Folge des durch die Bohrarbeit zahlreicher Milben und des beständigen Kratzens gesetzten Hautreizes zur Entwicklung eines stark nässenden Ekzems (nasse Räude). Nebenbei wird zunehmendes Kalilwerden beobachtet.
Die Krätze der Katzen macht ihren Anfang auf der Haut des Kopfes, namentlich jener der Ohren; im weiteren Verlaufe verbreitet sich der Ausschlag auf die unteren Theile der Extremitäten und auf den Hals, wobei sich dicke, brüchige, gelbe oder graue, fest aufsitzende Krusten bilden. Die Krankheit endet bei diesen Thieren häufig tödtlich.
Bei Kaninchen beginnt die Krätze gewöhnlich auf der Nase und verbreitet sich von da über Lippen und Stirn.
Bei Kameelen kommt die Sarcopteskrätze nicht selten vor; in den von mir beobachteten Fällen waren die Milben und der durch sie veranlasste Ausschlag über den ganzen Körper verbreitet, die Haut mit Krusten- und Sehuppenlagen bedeckt und grösstentheils haarlos; dort wo Haare noch zugegen waren, Hessen sie sich durch einen geringen Zug zugleich mit den sie umgebenden Krusten entfernen.
Die Hühnerkrätze beginnt am Kopfe oder an den Füssen. Im ersteren Falle werden zuerst am Kamine weisse, mit feinen Epidermisschuppen bedeckte Flecken oder Linien bemerkbar, unter welchen die Haut braun und verdickt erscheint; im Verlaufe einiger Wochen werden die Schuppenlagen dichter, nach Entfernung derselben zeigen sich dunkle Knötchen; die Basis des Kammes wird dicker; später verlieren die Federn um Schnabel und Kamm ihren Glanz, ihr freies Ende krümmt sich ein, sie rollen sich schliesslich auf und werden von dicken Schuppenlagen bedeckt, so dass der Kopf solcher Hühner federlos erscheint; der Kamm erscheint schliesslich geschrumpft, höckerig und an der Basis mit weissem kleienartigcn Anfluge bedeckt. Beginnt die Krankheit an den Füssen, so bedecken sich die Partien an der Theilungsstelle der Zehen mit kleienartigen, allmälig dichter und gelblich werdenden Schuppen. Nach Ablauf mehi'erer Wochen werden die die Beine deckenden Schuppen durch die an ihrer inneren Fläche sich ablagernden Krusten nach und nach bis zur horizontalen Lage emporgehoben, während die Federn der Umgebung ausfallen oder unter den immer mächtiger werdenden Krusten, unter und in welchen Sarcoptes mutans angetroffen wird, verschwinden. Vom Kopfe und von den Beinen aus verbreitet sich die Krankheit bisweilen einerseits nach dem oberen Theile des Halses, andererseits gegen die Brust hin;
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Krätze. EcficheinnngeB bei Dermatopliagnskrätze.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;413
das Aufsträuben und Ausfallen von Federn ist das erste Anzeiclien des Fortsehreitens der Krankheit.
Die Sarcopteskrätze verbreitet sich von der Hautpartie, auf welche die Invasion der Milben stattgefunden hat, entsprechend der Lebensweise dieser Parasiten in Gängen, allmälig auf die Umgebung; die Schnelligkeit der Verbreitung über grössere Körperabschnitte hängt von der Menge der gleich anfangs übertragenen Milben und davon ab, ob dieselben blos an eine oder gleichzeitig an mehrere verschiedene Stellen abgesetzt wurden. Bei monatelanger Dauer und grosser Vernachlässigung der Thiere kann schliesslich die Haut des ganzen Körpers von der Krätze ergriffen werden.
Spontane Heilungen der Sarcopteskrätze gehören zu den grössten Seltenheiten. Durch Reinlichkeit und sonstiges entsprechendes Regime lässt sich bei einem Thiere die Krankheit durch längere Zeit in engeren Grenzen halten; unter entgegengesetzten Verhältnissen, bei langer Dauer und sich selbst überlassen, führt sie zur Abmagerung und Kachexie und selbst zum Tode des Thieres.
2. Dermatophaguskrätze. Diese Form der Krätze äussert sieh zuerst durch ein die Thiere besonders zur Nachtzeit belästigendes Jucken jener Hautstellen, auf welchen die Milben nisten und gegen welches die Thiere, je nach dem Sitze der Milben, durch Reiben, Beissen, Stampfen mit den Füssen reagiren. An den betroffenen Hautpartien stellt sich eine reichliche Abschuppung der Epidermis, Ausfallen der Deckhaare und bei längerem Bestände des Leidens eine Verdickung und ein Rissigwerden der Haut mit Ausschwitzung und Krustenbildung und schliesslich mit papillären Wucherungen ein. Ob es in dem gewöhnlich übersehenen oder nicht beachteten Beginnne des Leidens zur Entwicklung von Knötchen oder Bläschen kommt, wie Megnin annimmt, ist nicht entschieden.
Diese Form der Krätze ist bis jetzt nur beim Pferde und Rinde beobachtet worden.
Bei Pferden sind die Fessel der gewöhnlichste Wohnsitz dieser Milben; von den Fesseln aus wandern sie langsam und allmälig nach aufwärts, überschreiten aber nur höchst selten das Vorderknie und das Sprunggelenk; die Verbreitung von einem Beine auf das gleichnamige der anderen Seite wird häufig, jene von einem Vorderbeine auf ein Hinterbein und umgekehrt nur selten beobachtet.
A. Schwarz („Wochenschrift für Thierheilkundequot;, 1878) spricht die Ueher-zeugung aus, dass wenigstens die Hälfte der Pferde, welche wegen Fesselwunden in Behandlung kommen, mit Dermatophagusmilhen an den Hinterbeinen behaftet
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Krätze. ErRcheinungen bei Dermatocopteskrätze.
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soi, und dass der durch die Milben verursachte Juckreiz sie veranlasse, sich mit den Zähnen an den Fesseln und Schienbeinen der Hinterfüsse zu scheuern. In Folge von Ungeschicklichkeit oder Erschrecken kämen solche Pferde leicht in die Kette oder den Anbindestrick, suchen sich durch Zerren loszumachen und verletzen sich dabei am Fessel. Während neun Monaten hat Schwarz unter vierzehn wegen Fesselwunden in Behandlung gekommenen Pferden bei acht Milben nachgewiesen.
Bei Rindern beginnt der Krätzeausschlag an der Schweifwurzel und den Gruben zur Seite des Afters (Steissraude Gerlach's) und verbreitet sich von da bei langem Bestände und vernachlässigtem Reinigen über den Rücken bis zum Halse, dann nach abwärts auf das Euter und über die innere Fläche der Hinterschenkel.
C. Rabe („Fühling's landwirthschaftliche Zeitungquot;, XXIV) sieht die Derma-tophagu.smilbe auch als Ursache des Schlämpeausschlages bei Rindern an; eine Ansicht, gegen welche sich Johne („Bericht über das Veterinärwesen in Sachsen für 1876quot;; auf Grund vielfacher Beobachtungen aussprach.
Der Verlauf dieser Form der Krätze ist ein sehr langsamer; Monate können vergehen, bis die Bildung von Schnppenlagern und das Ausfallen der Haare an den betroffenen Hautstellen auffallend wird und erst nach jahrelangem Bestände kommt es zu Verdickungen und papillären Wucherungen der Haut. Während des Sommers tritt gewöhnlich eine auffallende Besserung, selbst anscheinend Heilung ein, welche im darauffolgendeu Winter einer abermaligen Verschlimmerung Platz macht. Ansteckungen nebenstehender Thiere erfolgen nicht so leicht, wie bei den übrigen Krätzformen.
Auch bei Schafen soll nach Zürn („Wochenschrift für Thier-heilkundequot;, 1874) Dermatophaguskrätze vorkommen, ebenso wie bei Pferden von den Fussenden beginnen und von da aus weiter nacb aufwärts fortschreiten.
3. Dermatocopteskrätze. Auch bei dieser Form der Krätze ist die Aeusserung von Juckgefuhl das erste Symptom. In Folge der bis auf die Cutis eindringenden Verletzungen der Milben entstehen verschieden grosse Knötchen in der Haut, die sich mit Epidermisschüppehen bedecken und nach ungefähr acht Tagen wieder verschwinden. Bei anderen Knötchen entwickelt sich an deren Spitze ein Bläschen, welches platzt und eine zähe Flüssigkeit ergiesst, welche zu Krusten vertrocknet. Da die Dermatoeoptes-milben auf einer und derselben Hautpartie meist in grösserer Zahl neben einander leben, so stehen auch die Knötchen gewöhnlich gehäufter beisammen; es bilden sich reichliche Schuppenlager, mit welchen sich die gelockerten Haare oder Wollflocken von der unterliegenden fettig glänzenden Haut losheben, ausfallen und haarlose
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Krätze. Krschtiiaungen bei Dermatocopteskrätze.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 415
Flecke zurücklassen. Indem die Milben von den zuerst erkrankten Hautpartien auf die nächste Umgebung auswandern, bilden sich zunächst der anfänglich scharf abgegrenzten Räudeflecke neue Knötchen, die zu einer Vergrösserung der Flecke führen. In Folge der andauernden und zunehmenden Hyperämie und Entzündung der Haut, welche durch das beständige Reiben und Kratzen wesentlich gesteigert wird, bilden sich Schwellungen, Verdiekungen und Faltungen der Haut, hie und da auch Pusteln und blutrünstige und eiternde Flächen, Furunkel, und mehr oder weniger dicke Lagen von Krusten, unter und in welchen zahlreiche Milben angetroffen werden. Die letzteren können, namentlich bei Thieren mit dunklem Haarkleide, auf der Haut und zwischen den Haaren sich bewegend, auch mit blossem Auge wahrgenommen werden.
Bei dem Pferde wählen die Milben besonders die Gegend des Haarschopfes, die Mähnen, die Schweifwurzel und Scliweifrübe, den Kehlgang, die innere Fläche der Schenkel, die Umgebung des Schlauches und Euters, mithin Hautstellen zum Wohnsitz, von welchen sie beim Putzen oder Reiben nicht leicht abgestreift werden können; diese Partien sind es daher, an welchen sich zuerst diese Form der Krätze einstellt und von welchen aus sie erst auf die Umgebung und von da aus schrittweise weiter um sich greift. Die kranken Hautstellen sind von den noch gesunden deutlich abgegrenzt; durch fleissiges Putzen der Thiere, mittelst dessen die freiliegenden Milben entfernt werden, lässt sich das Fortschreiten der Krankheit wesentlich aufhalten.
Bei Rindern beginnt diese Form der Krätze an der Schweifwurzel, in der Genickgrube, um die Hörner und an der Seite des Halses; sie verbreitet sich von da aus auf den Kopf, auf die Haut längs der Wirbelsäule, an der Schulter und den Brustwandungen; bei sehr langer Dauer der Krankheit kann endlich die Haut des ganzen Körpers, mit Ausnahme der Beine, befallen werden. Die Schuppen- und Krustenlagen erreichen hiebei oft eine bedeutende Mächtigkeit, die Haut wird spröde, pergamentartig, die Haare der kranken Stellen fallen aus und in Folge des heftigen Reibens wird die Haut bisweilen stellenweise blutrünstig.
Ein ganz gleicher Krätzeausschlag kommt auch bei Büffeln vor.
Bei den Schafen tritt die Dormatocopteskrätze (Schafräude) gewöhnlich als Heerdekrankheit auf und erlangt als solche für den Landwirth die grösste Bedeutung.
Der häufigste Sitz der Milben und demgemäss auch der durch sie veranlassten Hautkrankheit ist der Rücken, vom Halse angefangen
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Krätze. Erscheinungen bei Dermntocopteskrätze der Schafe.
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bis zum Schweife, und die Schultergegend, an welchen meist dicht bewollten Stellen ein Abstreifen der Milbenbrut am wenigsten leicht stattfinden kann; selten nisten sie an der unteren Brust- und Bauchgegend. Je nachdem die Uebertragung von Milben nur auf eine einzelne oder auf mehrere Haxitpartien zugleich oder zu wiederholten-malen erfolgt ist, findet auch die Ausbreitung des Räudeausschlages über den Körper langsamer oder schneller statt.
Der Beginn der Räude gibt sich auch bei Schafen durch heftigen Juckreiz zu erkennen, gegen welchen die Thiere durch Kratzen mit den Beinen, Reiben und Scheuern reagiren, wobei sie ein eigen-thümliches Wohlbehagen durch zitterndes Erheben der Oberlippe (Bebbern) und Wenden des Kopfes zu erkennen geben; der Drang zum Kratzen ist in warmen Stallungen und nach erhitzender Bewegung der Thiere besonders lebhaft.
An der Stelle der Verletzungen durch die Milben entstehen blassgelbliche Knötchen, die sich bald mit Epidermisschuppen bedecken; in Folge zahlreicher, neben einander stehender Verletzungen kommt es zur Bildung von verdickten Hautstellen, auf welchen Knötchen, Bläschen und Pusteln aufsitzen; diese Räudeflecke bedecken sich mit dicken Schuppen- und Krustenlagen, welche sich schliesslich mit den gelockerten Wollbüscheln losheben und von der verdickten und gerunzelten trockenen Haut abstossen. In Folge der durch das andauerde Reiben gesetzten mechanischen Insulte entstehen stellenweise Quetschung und Entzündung der Haut. Das Vliess räudiger Schafe ist nicht geschlossen, zottig, die Wolle, stellenweise verklebt und leicht ausziehbar, fehlt auf grösseren oder kleineren Strecken völlig; auf dem Triebe lassen solche Schafe Flocken ihrer Wolle, an Zäunen, Gesträuchen u. dgl. hängen bleibend, längs der Strasse zurück. Mit der Zunahme der Milben hält die Ausbreitung des Räudeauschlages über den Körper und die tiefer greifende Veränderung der Haut gleichen Schritt.
Die Dermatocopteskrätze verbreitet sich im Allgemeinen langsam über den Körper; nur bei Schafen, welche in Heerden gehalten werden und bei denen mithin die Gelegenheit zu neuen Uebertragungen der Milben von einem Thiere auf das andere beständig gegeben ist, macht sie raschere Fortschritte. Bisweilen verlassen die Milben stärker degenerirte Hautstellen, um noch gesunde aufzusuchen; an den ersteren kann dann unter wiedei'holter Abschuppung Heilung zu Stande kommen. Diese Form der Räude ist in ihrem Beginne durch eine entsprechende Behandlung leicht zu heilen; die vorgeschrittene Krankheit führt jedoch schliesslich zur
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Krätze. Erscheinungen. Diagnose.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 417
Kachexie und kann namentlich bei Seliafen auch tödtlich enden. Von früher her schwächliche und schlecht gehaltene Schafe unterliegen bisweilen schon nach einer Dauer der Krankheit von mehreren Monaten, während kräftige und gut genährte den nachtheiligen Folgen länger widerstehen. Bei einzeln gehaltenen und sorgfältig gepflegten Thieren wurde manchmal, aber ausnahmsweise, auch vollständige Selbstheilung beobachtet; bei Thieren, die in Heerden beisammen leben, ist die Heilung meist nur scheinbar; die Krankheit taucht, nachdem sie für einige Zeit verschwunden zu sein schien, von neuem wieder auf.
Man beobachtet nämlich auch bei der Dematocoptesräude, dass die Krankheit während des Sommers, wenn die Thiere sich mehr im Freien aufhalten, die Weide besuchen, wenn die Schafe geschoren und gewaschen werden, Rückschritte macht oder sogar völlig zu verschwinden scheint, um während des Winters, wenn die Thiere in warmen, dunstigen Stallungen gehalten werden, die Schafe ein dichtes Wollvliess besitzen, von neuem und in verstärktem Masse wieder aufzutreten. Es hängt diese Thatsache einerseits mit dem Haarwechsel, der Wollschur und Wollwäsche, wodurch Mengen von Milben und ihrer Eier entfernt, mit der Verstreuung der Milben auf Weideplätzen und Wegen, der grösseren Hautpflege überhaupt, andererseits mit dem besseren Gedeihen der Milben in warmen Aufenthaltsorten, der leichteren Conservirung derselben in den Ställen und in der Streu und ihrer leichteren Ueb er tragbarkeit bei nahem Nebeneinanderstehen der Thiere zusammen. C. Müller hat nachgewiesen, dass die Milben bei Rindern auch zur Sommerszeit, wo sie von der Räude geheilt schienen, in grosser Menge in der Genickgrube und um die Hörner zugegen waren.
Die Uebertragung dieser Milben von einem räudigen Thiere auf ein anderes durch nahes Nebeneinanderstehen, gegenseitige Berührung und durch Vermittlung von Zwischenträgem, an welchen solche Milben und ihre Eier haften, erfolgt leicht, und zwar umso leichter, je zahlreicher die Milben auf dem ersteren vorhanden sind; bei Schafen insbesondere rascher, wenn geschorene räudige unter langwollige gesunde gebracht werden.
Diagnose. Da die bei der Räude vorkommenden Efflorescensen, wie: Knötchen-, Bläschen-, Pustelbildung, die Abschilferung der Epidermis, die Schuppen- und Krustenbildung, die Infiltration und Verdickung der Haut keine dieser Krankheit eigenthümlich zukommenden Veränderungen darstellen, so können Verwechslungen mit anderen Krankheiten der Haut leicht unterlaufen. Die Diagnose der
Itr.ll, ThierBeuchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 27
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Krätze. Diagnose. Prognose.
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Krätze kann nur durch den Nachweis der Krätzmilben zweifellos sichergestellt werden; da aber das Auffinden derselben, namentlich der Sarcoptes, im Beginne der Krankheit oder dann, wenn bereits eine Behandlung der Thiere mittelst Salben eingeleitet worden war, oft sehr schwierig ist, so kann die Diagnose bisweilen, wenigstens für einige Zeit und dann, wenn es sich nur um einzelne kranke Thiere handelt, zweifelhaft bleiben.
Das Aufeinanderfolgen der bei den einzelnen Formen der Krätze angeführten Veränderungen in der Haut, das allmälige Fortschreiten derselben von einzelnen Erkrankungsherden aus auf die Umgebung, der heftige, besonders zur Nachtzeit, bei höherer äusserer Wärme, wie in warmen Ställen und unter warmer Bedeckung sich steigernde Juckreiz, die Aeusserungen angenehmer Empfindung, wenn die Thiere gekratzt werden, das Ausfallen der ganzen Haare mit den sie umschliessenden Schuppenlagern und Krusten werden jedenfalls den gegründeten Verdacht auf das Vorhandensein der Räude erregen, die, auch ohne Auffindung von Milben, nahezu zur Gewissheit wird, wenn die gleichartige Erkrankung unter den Thieren einer Heerde vorkommt.
Ein heftiges Hautjucken kann auch durch Läuse, ein beschränkter, der Krätze ähnlicher Ausschlag durch andere auf die Haut der Pferde und anderer Haussäugethiere gelangende Milben, besonders die Hühnermilbe, Dermanyssus gallinae, veranlasst werden Trasbot („Recueil de möd. v^ter.quot; 1875) führt an, dass bei Pferden in Folge der Uebertragung dieser Milben unregelmässige kahle Flecke an verschiedenen Körperstellen mit starkem Juckreiz sich entwickelten. Da diese Schmarotzer sich bei Tage zwischen den Haaren verkriechen, sind sie nicht leicht aufzufinden.
Prognose. Die Prognose ist im Beginne der Krankheit sowie bei festgestellter Diagnose und bei der Möglichkeit, eine fortgesetzte Uebertragung der Milben hintanzuhalten, eine günstige in Beziehung auf die Herbeiführung einer baldigen und sicheren Heilung. Bei vorgeschrittener Krankheit, bei Verbreitung der Krankheit über grössere Heerden oder Viehbestände, bei Lauheit und Nachlässigkeit der Vieheigenthümer oder des quot;Wartpersonals ist der gewünschte Erfolg einer Behandlung nur schwer und unsicher zu erzielen. Unter solchen ungünstigen Verhältnissen kann sich die Krankheit über Jahre hinaus verziehen und fortan zu neuen Verschleppungen Anlass geben. Bei krätzigen Thieren, bei welchen sich in Folge der behinderten Hautfunction und der beständigen Unruhe bereits ein kachek-tischer Zustand eingestellt hat, kann die Krankheit einen tödtlichen
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Krätze. Prognose. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;419
Ausgang nehmen; namentlich tritt ein solcher nicht selten in vernachlässigten Schafheerden ein. Der procentische Verlust kann bei jahrelanger Dauer der Krankheit in einer Heerde ein sehr bedeutender werden; wie eine Angabe May's nachweist, nach welcher von 400 Schafen innerhalb dreier Jahren 3O0 Stück zu Grunde gingen. In Schafheerden, in welchen die Räude herrscht, hat überdies der Entgang an Wolle und die Verminderung ihres Werthes bedeutende ökonomische Verluste im Gefolge.
Am leichtesten heilbar ist die Dermatophagus- und Dermato-copteskrätze, da die betreffenden Milben auf der Oberfläche der Haut leben und der Einwirkung der milbentödtenden Substanzen leicht zugänglich sind; Recidive sind daher bei diesen Formen, vorausgesetzt, dass neue Einwanderungen der Parasiten hintangehalten werden, verhältnissmässig selten. Dagegen ist die Heilung der Sarcopteskrätze schwieriger, da die Milben in den Gängen der Epidermis, verbreitet über die ganze Haut, wohnen und dort ihre Eier absetzen. Leicht können daher einzelne Milben oder ihre entwicklungsfähigen Eier der Einwirkung der zu ihrer Tödtung verwendeten Droguen entgehen und nach einiger Zeit abermals den Krätzeausschlag veranlassen.
Die Krätze ist auch insofern eine bedeutungsvolle Krankheit, als die Milben leicht auf andere Hausthiere und nicht allein jener Gattung, welcher die räudigen Thiere angehören, übertragen werden und zu einer seuchenartigen Verbreitung der Krankheit Anlass geben können. Die Sarcopteskrätze kann überdies die gleichartige Erkrankung bei Menschen veranlassen.
Behandlung.. Die Behandlung der Krätze kann nur auf die Beseitigung der die Krankheit veranlassenden und unterhaltenden Ursache, d. h. der Krätzmilben gerichtet sein und nur in der Anwendung solcher Substanzen bestehen, welche die Milben und deren Eier zu tödten vermögen, ohne die Gesundheit und das Leben der Wohnthiere zu bedrohen oder eine zu heftige Reizung der Haut zu veranlassen oder bei Schafen den Werth der Wolle zu sehr herabzusetzen.
Um zur Kenntniss der milbentödtenden Substanzen überhaupt und der Zeit, innerhalb welcher der Tod der Parasiten nach der Einwirkung einer und der anderen Substanz erfolgt, zu gelangen, wurden Krätzmilben unter. dem Mikroskope mit verschiedenen Droguen und Präparaten in Berührung gebracht. Solche Versuche wurden vielfach und in ausgedehntem Umfange besonders von Gerlach durchgeführt.
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Diesem zufolge werden Milben durch Creosot, Benzin, Carbolsäure schon innerhalb einer Minute, durch Jodtinctur, ooncentrirte Essigsäure nach 1 bis 2, durch Aetzkalilösung (1 : 24) nach 2 bis 2ljt, durch Petroleum und Terpentinöl nach 5 bis 9, durch mit 24 Theilen Wasser verdünnte concentrirte Schwefelsäure nach 7 bis 8, durch Theer nach 8 bis 13, durch Tessier'sche Arseniklösung nach 7 bis 25, durch Tabakabkochung (1:5) nach 10 bis 20, durch Lösung von Kalischwefelleber (1 : 10) nach 15 bis 30, von Sublimat (1 :50) nach 15 bis 45, durch Mathieu-sche Arseniköüssigkeit nach 16 bis 65, von Schmierseife nach 30 bis 60 Minuten getödtet; während der Tod nach der Einwirkung von wässeriger Arseniklösung (1 : 16) erst nach 2 bis 3, von verdünnter Tabakabkochung (1 : 10) nach 2 bis 5, von grauer Quecksilbersalbe nach 4, von Walz'scher Lauge nach 6 bis 48 Stunden erfolgte. Abkochungen der Nieswurzel, des Bilsenkrautes, der Tollkirsche führen erst nach vielen Stunden zu einem tödtlichen Erfolge.
Die Wirkung der milbentödtenden Mittel ist jedoch bei der praktischen Anwendung meistens keine ebenso i'asche, wie sie sich bei dem Versuche herausgestellt hat, da die Einwirkung derselben auf die Milben krätziger Thiere keine so unmittelbare ist, wie auf die auf dem Objectträger sich befindenden Parasiten. Manche Substanzen, welche die Milben sicher und in kurzer Zeit tödten, empfehlen sich gleichwohl nicht für die Anwendung, da sie die Gesundheit der die Milben beherbergenden Wohnthiere gefährden, wie concentrirte Säuren und Alkalien, die Arsenikzubereitungen, concentrirte Abkochungen von Tabak, während andere, wie die Lösungen der Alkalien, der Schwefelleber, auch in nicht concen-trirtem Zustande für die Wolle nachtheilig werden.
Der Erfolg der Anwendung eines oder des anderen Räudemittels kann durch passende Zusätze, welche das Eindringen des ersteren in und unter die Epidermis erleichtern, unterstützt werden.
Bei der Sarcoptes- und der fortgeschrittenen Dermatocoptes-krätze muss die ganze Hautfläche der Behandlung unterzogen werden, da es unmöglich ist, jene Stellen auszumitteln, wo Milben oder Milbeneier bestimmt nicht zugegen sind, und ein Uebersehen auch nur weniger Stücke derselben unausweichlich einen Rückfall zur Folge hätte. Bei noch nicht weit gediehener Dermatocoptes- und Dermatophaguskrätze könnte wohl die Behandlung auf die nachweisbar befallenen Hautpartien beschränkt werden; aus dem angeführten Grunde wird es jedoch auch hier sicherer sein, das Krätzemittel über den ganzen Körper anwenden zu lassen.
Unter allen Verhältnissen ist es zur Sicherung eines günstigen Erfolges der Behandlung gerathen, die krätzigen Thiere vor der Anwendung des eigentlichen Krätzmittels von den Schuppen- und
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Erätze. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 421
Krustenlagen, mit welchen ihre Haut stellenweise bedeckt ist, zu befreien. Dies geschieht durch Waschungen mit Seifenwasser, nach oder ohne vorausgegangenes Bestreichen der stärker mit Krusten belegten Stellen mit Oel, Fett oder Glycerin, oder durch Einstreichen mit Schmierseife, die nach 12 bis 24 Stunden mittelst warmem Wasser und Bürste abgerieben wird. Bei Schafen muss der Anwendung der Radicalcur unter allen Verhältnissen das Scheren vorangehen; dasselbe empfiehlt sich auch bei Thieren anderer Gattung, welche mit einem dichten und langen Haarwuchse bedeckt sind.
In Fällen sehr fortgeschrittener, namentlich der durch Sar-coptesmilben veranlassten Krätze, sowie bei dem verbreiteten Herrschen der Krankheit in einer Heerde kann die ein- oder mehrmalige Wiederholung der Cur in Zwischenräumen von acht Tagen nothwendig werden.
Die Räudemittel kommen gewöhnlich als Linimente oder in flüssiger Form als Waschungen, weniger passend als consistentere Salben in Anwendung.
Die Art der Behandlung richtet sich nach den Thiergattungen und ist mit Rücksicht auf diese in etwas verschieden.
Bei Pferden und Rindern empfiehlt sich die vorläufige Reinigung der Haut und Entfernung der Krusten auf die früher angeführte Weise.
Bei Pferden können hierauf verschiedene Krätzmittel zur Anwendung kommen. In Wien bediente ich mich durch viele Jahre hindurch mit gutem Erfolge des modificirten Wilkinson'schen Linimentes, bestehend aus Schwefelblumen, Holztheer ää 280.00, Schmierseife und Alkohol (oder Schweinfett) ää 560.00, feingepulverter Kreide 140.00, welche Mischung mittelst Bürsten über den ganzen Körper gut eingerieben wird. Das Pferd bleibt dann sechs bis acht Tage lang gut bedeckt in der Salbe stehen und wird hierauf mit Seife und Wasser gereinigt. Nur ausnahmsweise ergab sich die Notwendigkeit einer Wiederholung der Einreibung.
In einzelnen Fällen wurde der Styrax (mit acht Theilen eines fetten milden Oeles) mit Erfolg angewendet. Zündel empfiehlt als sehr wirksam selbst bei sehr veralteten Fällen der Sarcopteskrätze Waschungen des ganzen Körpers mit einer Mischung von einem Theil Carbolsäure und je fünfzehn Theilen Glycerin und Wasser; von welcher Mischung 1 i/2 Liter für ein Pferd hinreichen sollen. Die Waschung muss sehr rasch geschehen, das Thier dann gut bedeckt gehalten und nach 24 Stunden mit etwas alkalischem Kleienwasser abgewaschen werden.
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Krätze. Behandlung,
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Die früher in dem k. k. Heere gegen Pferdekrätze in Gebrauch gestandene Salbe besteht aus Schwefelblumen, grauer Quecksilbersalbe ää 140.00, Hirschhornöl 80.00 und Hanföl 840.00, welche Mischung auf einmal über den ganzen Körper eingerieben wird, worauf das Thier warm bedeckt wird. Nach zwei Tagen soll die zwischen den Haaren befindliche Salbe mit Strohwischen neuerdings verrieben und so bis zum zehnten Tage fortgefahren werden, worauf das Pferd mic Lauge und Seife gewaschen wird.
Die Helmerich'sehe Salbe, bestehend aus 100 Theilen Schwefel, 80 Theilen Potasche und 500 Theilen Schweinefett, wird von Megnin empfohlen, welcher auch von Einreibungen einer Abkochung von (100.00) Tabak in (einem Liter) Oel guten Erfolg gesehen hat. Einreibungen mit Creosotöl (1 auf 25 bis 40 Theile fetten Oeles) empfehlen Grerlach und Zürn.
Waschungen mit der Vleminkx'schen Solution (l-6kgCalcium-Oxysulfuret mit 11 kg Wasser auf 6-5 kg eingekocht) haben nicht die erwünschten Resultate ergeben; da nach deren Anwendung gewöhnlich bedeutendes Ekzem auftrat, dessen Heilung Wochen in Anspruch nahm.
Waschungen mit concentrirten alkalischen Lösungen reizen ebenso wie Einreibungen von Terpentinöl oder Petroleum die Haut stark und können auch feuergefährlich werden.
Nach der Heilung der Krätze bedecken sich gewöhnlich die kahlen Hautstellen rasch mit neuem Haarwuchse; die Haare haben aber meistens eine von jener der Umgebung etwas abweichende Färbung.
Zur Heilung der Krätze der Rinder kann eine der eben erwähnten Behandlungsarten zur Durchführung kommen. C.Müller Hess die vorher geputzte und gewaschene Haut an den räudigen Stellen mit einem Linimente aus einem Theile Creosot und fünfzehn Theilen Rüböl tüchtig einreiben und dieses Verfahren nach zehn und vierzehn Tagen wiederholen.
Bei Schafen, bei welcher Thiergattung die Krätze (Räude) gewöhnlich als Heerdekrankheit vorkommt, wurde früher häufig die Behandlung der evident kranken Thiere mit Salben: die sogenannte Schmiercur, und zwar meistens mit der grauen Quecksilbersalbe, durchgeführt. Eine vollständige Beseitigung der Krankheit konnte jedoch dadurch nicht erzielt werden, da leichter erkrankte Stücke der Heerde leicht übersehen werden und..von diesen aus Verschleppungen der Milben fortan stattfinden können. Solche Schmierschäfereien, in welchen sich die Krankheit stationär erhält, geben
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Krätze. Behandlung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 423
auch eine beständige Gelegenheit zur Weiterverbreitung der Seuche auf Schafe der Umgebung; ausserdem ist auch die Anwendung der grauen Quecksilbersalbe nicht ohne Gefahr für die Thiere der verseuchten Heerde selbst.
So gingen („Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis in Preussenquot;, 1874/5) von den Schafen einer Heerde, in welcher nach vorausgegangener Schur die Quecksilbersalbe mit Terpentin zur Anwendung kam, 50 Stück in Folge vok Quecksilbervergiftung ein; in dem Fleische eines derselben wurde Quecksilber in geringer Menge nachgewiesen. Roloff („Archiv für wissenschaftliche und praktische Thier-heilkundequot;, II.) bemerkt, dass Lungenentzündung bei Lämmern zuweilen seuchenartig und sehr heftig in Folge des Einathmens von Quecksilberdämpfen eintrete, wenn bei den Mutterschafen Quecksilbersalbe zur Schmiercur verwendet wird', und die mit diesem Mittel behandelten Schafe längere Zeit in dicht geschlossenen Stallungen gehalten werden.
Die Schmiercur könnte höchstens dann eine Berechtigung haben, wenn die Krätze in einer Scbafheerde zur Winterszeit constatirt wird und die Schur der Schafe sich unbedingt als nicht ausführbar herausstellt, und zwar zu dem Zwecke, um die Krankheit bis zum Eintritt einer für die Vornahme der Kadicalcur günstigeren Jahreszeit innerhalb gewisser Schranken zu erhalten. Wo es aber überhaupt thunlich ist, sollte auch im Winter die Schur und die Badecur räudiger Schafe durchgeführt werden.
Die Radicalcur besteht in der Anwendung von Bädern und Waschungen bei den vorher geschorenen Schafen; die Durchführung derselben bei ungeschorenen Thieren führt, da'die Räudemittel nicht bis auf die Haut eindringen, nicht nur nicht zu dem erwünschten Resultate, sondern setzt die gewaschenen Schafe auch der Gefahr und den Folgen heftiger Erkältungen aus. Die Behandlung darf sich nicht auf die evident erkrankten Stücke beschränken; sie muss sich im Gegentheile auf alle Thiere der Heerde erstrecken, da in keinem Falle festzustellen ist, ob und welche Stücke überhaupt noch frei von Milben sind.
Die von Walz angegebene und früher häufig angewendete Badeflüssigkeit: die Walz'sehe Lauge, besteht aus vier Gewichts-theilen Aetzkalk, welcher mit Wasser nach und nach zu einem Breie abgelöscht wird, dem fünf Theile Potasche (oder 60 Theile Buchenasche) und so viel Rinderharn zugesetzt werden, dass das Ganze die Consistenz eines Breies erlangt, worauf sechs Theile stinkendes Hirschhornöl und acht Theile Theer beigemischt werden und das Ganze mit 200 Theilen Rinderharn und 800 Theilen Wasser zusammengerührt wird. Auf je ein Schaf wird ungefähr 1 kg Flüssig-
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Krätze, Behandlung.
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keit gerechnet. Diese complieirte und in ihrer Wirkung nicht ganz zuverlässige, überdies nicht billige und nicht überall zu beschaffende Zusammensetzung wird passend durch die wohlfeile und wirksame Zündel'sche Badeflüssigkeit ersetzt. Dieselbe besteht, für 100 Schafe berechnet, aus 1*5 kg roher Carbolsäure, 1 kg ungelöschtem Kalk und je 3 kg kohlensaurem Natron und Schmierseife, welche zu einem dicken Teige verarbeitet werden, der vor dem Gebrauche mit 260 Liter heissen Wassers verrührt wird.
Gerlach empfiehlt als Vorbereitung ein Bad aus zwei Theilen Potasche und einem Theil Kalk auf 50 Theile Wasser, und als eigentliches, 24 Stunden später anzuwendendes Räudebad eine Abkochung von Tabak in Wasser (1:20); bei der Waschung einer Heerde rechnet er durchschnittlich 1 Liter für ein geschorenes und die doppelte Menge für ein nicht geschorenes Schaf.
In Frankreich, Belgien und einem Theile Deutschlands wird häufig von Waschungen mit Arsenikpräparaten Gebrauch gemacht, welcher jedoch wegen der für die behandelten Schafe und für die bei deren Anwendung beschäftigten Personen zu besorgenden Gefahren nicht das Wort gesprochen werden könnte. Die Tessier'sche Mischung besteht aus 1 kg arseniger Säure, 10 kg Eisenvitriol welche mit 100 Liter Wasser auf zwei Drittel eingekocht und nach Ersatz des verdampften Wassers noch einmal aufgekocht werden; die Mathieu'sche Flüssigkeit wird aus 1 kg arseniger Säure, 10 kg Alaun und 100 Liter siedenden Wassers; die von Kehm modifieirte Scheuerle'sche Flüssigkeit aus 1 kg arseniger Säure, 12 kg. Alaun und 200 Liter siedenden Wassers dargestellt.
Die Badeflüssigkeit wird in einer der Zahl der zu waschenden Schafe entsprechenden Quantität in einen Bottich oder eine Wanne gegossen und ein Schaf nach dem anderen von zwei Personen mit der Vorsicht untergetaucht, dass das Eindringen der Flüssigkeit in Augen, Nase und Maul verhütet wird. Sobald Wolle und Haut vollkommen nass geworden, wird das Schaf in einen anderen leeren Bottich gestellt, von den noch vorhandenen Krusten befreit und dessen Haut mittelst einer Bürste mit der Flüssigkeit gut eingerieben; die von den gewaschenen Thieren ablaufende Flüssigkeit kann dem Bade wieder zugesetzt werden. Die gebadeten Schafe sind von jeder Berührung mit den noch nicht gebadeten krätzigen Schafen fernzuhalten; sie können bei schöner warmer Witterung im Freien bleiben, müssen jedoch vor Erkältung behütet und dürfen in keinem Falle in den verseuchten Stall, bevor dieser vollständig gereinigt und desinficirt worden ist, zurückgebracht
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Krätze. Behandlang. VeterinSrpolizei.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;425
werden. Es empfiehlt sict, nach fünf bis sechs Tagen das Bad zu wiederholen und in der Zwischenzeit in die Haut jener Thiere, bei welchen die Krätze am stärksten zugegen war, die gewählte Badeflüssigkeit mittelst Bürsten einigemal einzureiben.
Gegen die Krätze der Ziegen kann dieselbe Bebandlungs-weise in Anwendung kommen, wie bei Schafen.
Bei Schweinen wird eines oder das andere der angeführten Krätzmittel benutzt. Gerlach empfiehlt die wiederholte Anwendung von Laugenbädem (ein Theil Potasche oder Soda, zwei Theile Aetzkali, 25 Theile Wasser) und eine Einreibung von Creosotöl oder Creosotsalbe (ein Theil Creosot auf 25 bis 40 Theile eines fetten Oeles oder Fettes) in die besonders erkrankten Hautstellen in den Zeiträumen zwischen den Bädern.
Bei Hunden empfehlen sich Einreibungen mit Carbolseife (1:20) mit darauffolgendem Bade, mit Benzin in Verbindung mit Glycerin, mit Perubalsam in Weingeist (1:30), ein Liniment von Styrax und Gel (1:10); auch Laugen- und Seifenbäder, Waschungen mit Tabakabkochung sind in Gebrauch.
Da Katzen sich ungern baden oder waschen lassen, so empfiehlt es sich bei derlei krätzigen Thieren vorerst die Krusten mit fettem Gele aufzuweichen und zum Abfallen zu bringen und hierauf die erkrankten Hautstellen mit Creosotöl, Perubalsam, Carbol-oder Benzinglycerin zu bestreichen.
Gegen die Hühnerkrätze wird von Reynal und Lanquetin die Helmerich'sehe Salbe, die graue Quecksilbersalbe, eine Lösung von Sublimat in Alkohol (1:20), das Benzin empfohlen.
• Die innerliche Verabreichung von Arzneimitteln ist bei der Behandlung der Krätze vollkommen überflüssig; höchstens könnte bei Schafen, bei welchen sich bereits ein kachektischer Zustand eingestellt hat, der Gebrauch von Eisenpräparaten von Nutzen sein. Eine gute kräftige Nahrung, warme Temperatur des Aufenthaltsortes, die sorgfältigste Reinlichkeit im Stalle werden die Cur wesentlich unterstützen.
Veterinärpolizei. Das österreichische Thierseuchen-gesetz und die hiezu erflossene Durchführungsverordnung ordnet (in den sect;sect; 33 und 34), das deutsche Viehseuchengesetz (in dem sect; 52) nur gegen die Räude der Pferde, Esel, Maulthiere, Maulesel und der Schafe veterinärpolizeiliche Massregeln an. Diese hätten zugleich als Anhaltspunkte für den Fall zu dienen, wenn die Krankheit unier anderen Thiergattungen auftreten und eine derartige Verbreitung gewinnen sollte, dass sie ein behördliches Einschreiten nothwendig machen würde.
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426nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Krgtze. Veterinärpolizel.
Die zum Zwecke der Hintanhaltung einer Weiterverbreitung und der Tilgung der bereits zum Ausbruche gekommenen Räude (Krätze) von dem österreichischen Seuchengesetze und der Durchführungsverordnung vorgeschriebenen Massregeln sind folgende:
a) Bei der Räude der Pferde (sect; 33),
Sperrmassregeln. Räudige Pferde sind abzusondern, für dieselben sind besondere Stall- und Putzgeräthe zu verwenden. In grösseren Städten sind sie der Stallsperre zu unterwerfen, in kleineren Orten dürfen sie innerhalb der Feldmark zur Arbeit verwendet, jedoch weder mit gesunden Pferden in unmittelbare Berührung gebracht, noch in fremde Ställe eingestellt, noch gemeinschaftlich mit gesunden Pferden oder Schafen auf Weideplätze gelassen werden.
Pferde, welche mit räudigen Pferden in solcher Berührung gestanden sind, dass hiedurch eine Uebertragung der Krankheit erfolgt sein kann, sind durch vier Wochen in thierärztlicher Beobachtung zu halten; sie dürfen erst nach Ablauf dieser Zeit, falls sie sich dann als vollkommen unverdächtig erweisen, zum freien Verkehr zugelassen werden. Die Verwendung solcher unter Beobachtung stehender Pferde innerhalb der Ortsgemarkung ist, insolange sie gesund sind, zulässig.
Tilgung. Mit der Räude behaftete Pferde sind sofort nach der Constatirung der Krankheit einer thierärztlichen Behandlung zu unterziehen, welche durch den Amtsthierarzt zu überwachen ist.
In hohem Grade räudige, vom Thierarzt als unheilbar erklärte, d. i. mit hochgradigen Veränderungen der Haut und Abzehrung behaftete Pferde sind zu tödten.
Desinfection. Gleichzeitig mit der thierärztlichen Behandlung und sofort nach der Tödtung oder Schlachtung räudiger Pferde ist die Desinfection des inficirten Stalles oder Standortes, der Stall-und Putzgeräthe, der Decken und Greschirre und aller jener Gre-räthe und Gegenstände, mit welchen solche kranke Pferde in Berührung gekommen waren, durchzuführen.
Die Häute gefallener, getödteter oder geschlachteter räudekranker Pferde sind, wenn sie nicht unmittelbar in Gerbereien abgegeben werden können, zu desinficiren und dürfen nur in vollkommen getrocknetem Zustande ausgeführt werden. Die Vorschriften über das Pferdewesen des k. k. Heeres verordnen, dass die Häute gefallener oder getödteter räudekranker Pferde, wenn sie nicht unmittelbar an Gerbereien abgegeben werden können,
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Krätze. Veterinärpolizei.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 427
zu durchschneiden und zu verscharren, deren Mähnen und Schweifhaare aber zu verbrennen sind.
Die abgehäuteten Cadaver gefallener und getödteter, sowie jener geschlachteten räudekranken Pferde, deren Fleisch zum Genüsse nicht zugelassen wird, sind unschädlich zu beseitigen.
Sanitätspolizei. Die Erlaubniss zur Schlachtung räudiger Pferde zum Zwecke des Fleischgenusses ist von dem Grutachten des Amtsthierarztes abhängig. Wurden bei solchen Pferden Heilmittel angewendet, durch welche das Fleisch eine gesundheitsschädliche Beschaffenheit annehmen kann, so ist die Schlachtung zu verbieten.
Beendigung der Seuche. Die Seuche wird als erloschen erklärt, wenn sechs Wochen nach erfolgter Heilung der kranken Pferde* keine neuen Erkrankungen mehr erfolgen und die Desin-fection durchgeführt ist.
b) Bei der Räude der Schafe (sect; 34).
Sperrmassregeln. Wird die Räude unter Schafen festgestellt, so ist die Stall-, beziehungsweise Weidesperre über sie zu verhängen; Triebheerden, unter welchen die Krankheit constatirt wird, sind, falls nicht der Besitzer das Schlachten der Thiere vorzieht, bis zu erfolgter Heilung abzusperren.
Schafheerden, bei welchen zur Heilung der Räude die Schmier-cur durchgeführt wird, sind unter Sperre zu halten, als wären sie einer Behandlung nicht unterzogen worden.
Eine Ausfuhr räudekranker Schafe aus der Gemarkung des Seuchenortes darf nur von der politischen Bezirksbehörde unter Einhaltung der entsprechenden Vorsichten und allein zum Zwecke der Schlachtung stattfinden.
Tilgung. Mit der Räude behaftete Schafe sind, wenn der Eigenthümer nicht deren Tödtung vorzieht, welche übrigens bei hohem und unheilbarem Grade der Krankheit auch angeordnet werden kann, sofort nach Feststellung der Krankheit einer thier-ärztlichen Behandlung (Badecur), die von dem Amtsthierarzte zu überwachen ist, zu unterziehen.
Desinfection. Zugleich mit der thierärztlichen Behandlung der kranken Schafe und sofort nach der Tödtung oder Schlachtung solcher Thiere ist die Desinfection der inficirten Ställe, Standorte und Geräthe durchzuführen.
Das Scheren räudekranker Schafe ist gestattet; die Wolle darf nur in feste Säcke verpackt ausgeführt werden; die bei der Schur solcher Schafe beschäftigten Personen haben sich und ihre Kleider zu desinficiren, bevor sie die Schur gesunder Schafe vornehmen.
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Die Häute gefallener, getödteter oder geschlachteter räudekranker Schafe sind, wenn sie nicht unmittelbar in Gerbereien abgegeben werden können, zu desinficiren und dürfen nur vollkommen getrocknet ausgeführt werden. Die abgehäuteten Cadaver sind unschädlich zu beseitigen.
Sanitätspolizei. Die Erlaubniss zur Schlachtung räudekranker Schafe zum Zwecke des Genusses ihres Fleisches ist von dem Gutachten des Amtsthierarztes abhängig; die Schlachtung ist zu verbieten, wenn bei solchen Schafen Heilmittel angewendet wurden, welche dem Fleische eine gesundheitsschädliche Beschaffenheit verleihen können.
Beendigung der Seuche. Die Sperrmassregeln sind aufzuheben, wenn die einer Badecur unterworfenen Schafe vier Wochen nach dem letzten Bade von dem Amtsthierarzte als rein erklärt werden und die Desinfection der Ställe und Geräthe vollzogen ist.
Diese Bestimmungen haben auf die Räude der Ziegen analoge Anwendung zu finden.
Das deutsche Viehseucliengesetz verordnet (sect; 52'), dass im Falle, als die Eäudekrankheit bei Pferden, Eseln, Maulthieren, Mauleseln (Sarcoptes- oder Derraatocoptesräude) oder bei Schafen (Dermatocoptesräude) festgestellt wird, der Besitzer, wenn er nicht die Tödtung der räudekranken Thiere vorzieht, angehalten werden kann, dieselben sofort dem Heilverfahren eines approbirten Thier-arztes zu unterwerfen.
Das Schweizer Bundesgesetz vom Jahre 1872 enthält betreffs der Räude der Hausthiero keine Normen.
Das grossbritannische Thierseuchengesetz vom Jahre 1878 ermächtigt den Geheimen Rath zur Anwendung der Bestimmungen des Gesetzes auf Krankheiten der Pferde (Art. 32); die belgische Verordnung vom 31. December 1867 statuirt die Anzeigepflicht bei Schafräude und die Einhaltung der zur Anordnung kommenden Sporrmassregeln unter Strafandrohung; das dänische Gesetz vom Jahre 1857 führt gleichfalls die Schafräude unter jenen Thierkrankheiten auf bei deren Auftreten die Anzeige an die Behörden zu erstatten und die letztere berechtigt ist. Sperr- und Desinfectionsmassregeln einzuleiten.
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SACHREGIISTER.
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Aasgruben, Entnahme von Knochen aus denselben 79.
—nbsp; Eröffnung derselben 79.
—nbsp; Tiefe derselben 79.
—nbsp; Wlederbenützung derselben 79. Aasplätze, Ausmittlung bei Rinderpest 145. Aaspocke 165.
Abdecker, deren Zulassung in Ställe 47. Absperrung von Landes th eilen bei Rinderpest 144. Absonderung kranker und verdächtiger Thiere 52. Aeser pestkranker Thiere, deren Transport 145. Amphigene Infectionserreger 31. Anafomie der Pocken 157. Anatomischer Befund bei Beschälkrankheit 248.
—nbsp; bei Influenza 390.
—nbsp; nbsp; „ Lungenseuche 301.
—nbsp; nbsp; „ Milzbrand 343.
—nbsp; nbsp; „ Rauschbrand 369.
—nbsp; nbsp; „ Rinderpest 113.
—nbsp; nbsp; „ Bothlauf der Schweine 377.
—nbsp; nbsp; „ Rotz 217. Ansieckende Krankheiten 4. Ansteckung 19. Ansieckungsstoffe 4. Anthrax s. Milzbrand 323.
—nbsp; apoplektiformer 345, 34G.
—nbsp; fulminirender 346.
—nbsp; furibunder 346, 347.
—nbsp; intermittirender 348.
—nbsp; orginärer oder spontaner 340. Anthraxbacillen 330.
—nbsp; ans Heubacillen gezüchtet 16.
—nbsp; Wirkung derselben 342. AnthraxbrSune 350, 354. Anthraxcarbunkel 348. Anticardia 344, 348. Anzeigeverpfiichtung 48.
—nbsp; bei Rinderpest 138. Avant-coeur 314, 348. Bacillus Änthracis 330.
—nbsp; minimus 374.
—nbsp; suis 381.
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| Bacterien 13.
Bacteridien des Anthrax 327.
Behandlung, ärztliche, kranker Thiere 27.
Belohnungen für Anzeigen von Rinderpestausbrüchen 138.
Berberschafe, Widerstandsfähigkeit gegen Anthrax 325.
Beschälausschlag 252 — Aetiologie 252 — Erscheinungen 253 — Therapie 254 — Verlauf 254 — Veterinärpolizei 254,
Beschälkrankheit der Zuchtpferde 240—Aetiologie 241 — Diagnose 248 — Erscheinungen bei Hengsten 246 — bei Stuten 244 — Pathologische Anatomie 248 — Therapie 249 — Verlauf 247 — Veterinärpolizei 250.
Beschau des Sclilacht- und Stechviehes 47.
Bezeichnung der Seuchenhöfe 53.
—nbsp; der Seuchenorte 54.
Bläschenausschlag an den Geschlechtstheilen 252. Blattern 155.
Blutseuche 353.
Blutstaupe 353.
Boden als Krankheitsursache 31.
Bodenpilze als Infectionserreger 30,
Borste, weisse 354.
Bradsot 353.
Brand, fliegender 354.
Brandpocken 165.
Cadaver, unschädliche Beseitigung derselben 77.
—nbsp; unschädl. Beseit. bei Krätze 426, 428.
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;laquo;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; t) Lungenseuche 319..
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n Milzbrand 363.
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;rnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n Rinderpest 145.
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; raquo;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;n Rotz 238-
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;raquo; laquo; Schafpocken 174,
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ttnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; rgt; Wuthkrankheit 293. Chankerseuche 240.
Certificate für Fleischtransporte bei Lungcn-seuche 319.
—nbsp; für Fleischtransporte bei Rinderpest 147. Contagienpllze 26.
Contagionslauf der Rinderpest 106. Contagiöse Krankheiten 26.
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Sachregister.
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Contagium 26.
ContumazanttaHen gegenüber Rassland und
Rumänien 42. Dartnatocoptesmilbe 405. Dermatocoptetkrätze IM. Dermatophagulaquo; 403.
—nbsp; Arten desselben 405. Dermatophaguskrätze 413. Desinfecüon 63.
—nbsp; der Eisenbahnwagen nach Viehtransporten 47, 73.
—nbsp; der Schiffe nach Viehtransporten 74.
—nbsp; nach Beschälseuche 351.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Krätze 426.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Lungenseuehe 319.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Maul- und Klauenseuche 206.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Milzbrand 363.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Rinderpest 150.
—nbsp; nbsp; nbsp; w Rotz 238.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Schafpocken 174.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Wuth 293.
—nbsp; nbsp;von Borsten, Haaren 72, Häuten 71.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Hörnern, Klauen, Wolle 72.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Fett, Fleisch 72.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Geräthen, eisernen 70.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Lederzeug 70.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Personen 71, 75.
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Stallungen 69,
—nbsp; nbsp; nbsp; „ Weideplätzen 71. Detinfectionsmittel 66. Drüse, verdächtige 224.
Einfuhrbeschränkungen gegenüber dem Auslande 43.
—nbsp; bei Rinderpest 132.
Einschleppung ansteckender Krankheiten, deren Hintanhaltung 41.
—nbsp; der Rinderpest, deren Hintanhaltung 131. Eisenbahnen, Viehbeförderung auf denselben 46. Eisenbahnslaiionen, bestimmt zur Vornahme
der Desinfection 76. Eisenbahnverwaltungen, deren Verpflichtung
zur Desinfection 75. Eisenbahnwagen, deren Desinfection 47. Ektogene Infectionserreger 29. Eniogenenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;29,
Entschädigung für polizeilichgetödtete Thiere59.
—nbsp; aus Anlass der Rinderpest 154.
—nbsp; Verlust einer solchen 154. Enzootische Krankheiten 24. Epizootie 24.
Equine 176.
Erhebung der Seuchenausbrüche 50.
—nbsp; der Seuchenausbrüche bei Rinderpest 139. Erlöschen einer Seuche SO.
—nbsp; der Rinderpest 152. Erscheinungen der Beschälkrankheit 241.
—nbsp; nbsp; des Bläschenausschlages au den Genitalien 253.
—nbsp; der Influenza 387.
—nbsp; nbsp; „ Krätze 409.
—nbsp; nbsp; „ Kubpocke 183.
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Erscheinungen der Lungenseache 304.
—nbsp; der Maul- und Klauenseuche 199.
—nbsp; des Milzbrandes 345.
—nbsp; der Pferdepoeke 177.
—nbsp; nbsp; „ Pocke des Geflügels 192.
—nbsp; nbsp; „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ der Hunde 192.
—nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ der Schweine 191.
—nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ der Ziegen 190.
—nbsp; nbsp;des Rauschbrandes der Rinder 369.
—nbsp; nbsp;der Rinderpest 106.
—nbsp; nbsp;des Rothlaufes der Schweine 376.
—nbsp; der Rotz-Wurmkrankheit 223.
—nbsp; nbsp; „ Schafpest 122.
—nbsp; nbsp; „ Schafpocken 162.
—nbsp; nbsp; nbsp;„ Wuthkrankheit beim Geflügel 278.
—nbsp; nbsp; nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;raquo;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; bei Hunden 269.
—nbsp; nbsp; nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;j,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ Katzen 275.
—nbsp; nbsp; nbsp;nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ Pferden 275,
—nbsp; nbsp; bnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;raquo;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n Raubthieren 279.
—nbsp; nbsp; nbsp;nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Rindern 277.
—nbsp; nbsp; nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Schafen u. Ziegen 277.
—nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Schweinen 278. Evidenzhaltung des Viehstandes in den Grenzbezirken 44.
Fäulnissgase, prädisponirend für Infection 15, 32. Feitschlauch 246. Feuer, wildes 354.
Fleisch lungenseuchekranker und verdächtiger Thiere, Vorgehen mit demselben 319.
—nbsp; pestverdächtiger Thiere, Vorgehen mit demselben 146.
—nbsp; pest verdächtiger Thiere, Versendung 147.
—nbsp; pockenkranker Schafe, Vorgehen mit demselben 174.
—nbsp; räudiger Pferde 427.
—nbsp; räudiger Schafe 428-
—nbsp; wuthkranker Thiere 293.
—nbsp; Desinfection der zum Transporte desselben benützten Wagen 74.
Fleischbeschau, Anordnungen hierüber 47.
Fleischhauer, deren Ueberwachung 47.
Flugkrankheii 366.
Flursperre als veterinärpolizeiliche Massregel 53.
Futter und Streu, deren Behandlung bei Rinderpest 151.
Gaumenanthrax 354.
GeflUgeipocke 192.
Gehöftsperre als Massregel bei Rinderpest 140.
Gemeindevorstand, dessen Verpflichtung zur Anzeige 49.
—nbsp; dessen Verpflichtung zur vorläufigen Einleitung von Massregeln bei Rinderpest 138.
Geräusch 366.
Grabmilbe 399.
Grenzsperre als Schutzmassregel 42.
—nbsp; bei Rinderpest 133, 134. Halsanthrax^ 354,
Handhabung der Seuchenvorschriften, wem sie
obliegt 40. Haulrotz 220, 227.
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Sachregister.
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431
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Hautwurm 237.
Häute, Behandlung ders. bei Riuderpest 145, 14S.
—nbsp; Desinfection der zu ihrem Transporte be-nfitzten Wagen und Schiffe 74.
Heilmittel gegen Rinderpest, deren Ankündigung und Verkauf verboten 127, 139.
Heilung seuchekranker Thiere, von wem zu veranlassen 56.
Houbacterien, Züchtung aus Anthraxbacillen 11, 16.
HUhnerkräfze 412.
Hunde, Katzen und andere kleine Hausthiere, deren Behandlung bei Rinderpest 141.
Hundekrätze 411.
Hundepocke 192.
Hundesteuer 289.
Hundswuth 255, 268.
Impfstoff bei Lungenseuche 314.
—nbsp; bei Schafpocke 170, Impfung 33.
—nbsp; als Schutz- und Tilgungsmassregel 55.
—nbsp; der Kuhpocke 179, 186.
—nbsp; nbsp; „ Lungenseuche 310.
—nbsp; nbsp; „ Maulseuche 204.
—nbsp; nbsp; „ Rinderpest 128.
—nbsp; nbsp; „ Schafpocke 167. Immunität nach Durchseuchung 23.
—nbsp; der Gattung 30.
—nbsp; individuelle 21. Incubation 19. Incubationsstadrum 7, 19. Infection 19.
Infectionserreger 4 — amphigene 31 — ektogene 4, 29 — entogene 4, 29 — körperliche Beschaffenheit derselben 5 — Natur derselben 4.
—nbsp; sind Spaltpilze 17.
—nbsp; der Beschälseuche 242 — der Influenza 385, 391 — der Kuhpocke 182 — der Lungen-senche 299 — der Manlseuche 197 — des Milzbrandes 326 — der Pferdepocke 176 — des Rauschbrandea 368 — der Rinderpest 94 — des Rothlaufs 374 — des Rotzes 213 — der Schafpocke 159, 162.
Infectlonsgang der Rinderpest 106. Infectionskrankheiten 4.
—nbsp; Eintheilung derselben 34.
—nbsp; Localisation derselben 21. Infeciionssiotfe 4.
Influenza der Pferde 383 — Aetiologie 384 — Erscheinungen 387 — Prophylaxis 392 — Sectionsergebnisse 390 — Verlauf 391 — Veterinärpolizei 394.
Invasionskrankheiten 34.
Juckkrankheit 247.
Kaninchenkrätze 412.
Kataster des Rindviehstandes in den Grcnz-bezirken 135.
Katzenkrätze 411.
Kehlbrand 354.
Klauenseuche 293.
Knochen, deren Entnahme aus Aasgruben 79.
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KnStchenrotz 227.
Kosten der Vorkehrungen gegen Thierseuchen 81.
—nbsp; der Vorkehrungen gegen Rinderpest 154. Krankheifspilze 30.
Krätze 394 — Aetiologie 396 — Behandlung 419 — Diagnose 417 — Erscheinungen und Verlauf 409 — Historisches 394— Prognose 418 — Uebertragbarkeit 407 — Veterinärpolizei 425.
—nbsp; der Hühner 412.
—nbsp; nbsp; „ Hunde 411.
—nbsp; nbsp; „ Kameele 413.
—nbsp; nbsp; „ Kaninchen 412.
—nbsp; nbsp; „ Pferde 410, 413, 415.
—nbsp; nbsp; „ Rinder 410, 414, 415.
—nbsp; nbsp; „ Schafe 411, 414, 415.
—nbsp; nbsp; „ Schweine 411.
—nbsp; nbsp; „ Ziegen 411.
Krätzmilben 396 — Dermatocoptes 405 — Der-matophagus 403 — Sarcoptes 399 — Tenacität derselben 409.
Kuhpocke 179 — Aetiologie 180 — ErseheiLungen 183 — Therapie 186 — Veterinärpolizei 186.
—nbsp; falsche 185.
Kundmachuug des Ausbruches der Rinderpest 140.
—nbsp; des Ausbruches einer Seuche 51. Lähmungskrankheit der Zuchtpferde 240. Lendenblut 350. Lungenentzündung rotzige 229. Lungenrotz 318, 331, 225.
Lungenseuche 294 — Aetiologie 296 — Historisches 295 — Incubationsdauer 300 — Impfung 310 — Krankheitserscheiuungen 304 — Pathologische Anatomie 301 — Prognose 308 — Tenacität des Gontagiums 298 — Therapie 310 — Uebertragbarkeit 300 — Verbreitung 301 — Verlauf 307 — Veterinärpolizei 317.
Massregeln zur Abwehr der Einschleppung von Seuchen 41.
—nbsp; gegen Einscbleppung der Rinderpest 131.
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ Weiterverbreitung der Rinderpest 137.
—nbsp; zur Tilgung der Riuderpest 144.
—nbsp; vorläufige bei Rinderpestverdacht 138.
—nbsp; bei Riuderpestverdacht 139,
—nbsp; in grösseren Städten bei Rinderpest 141.
—nbsp; in isolirten Höfen bei Rinderpest 142. Mastdarmcarbunkel 350.
Maul- u. Klauenseuche 193 —Aetiologie 196 —Behandlung 203 — Erscheinungen 199 — Historisches 194 — Impfung 204 — Verlauf 199 — Veterinärpolizei 204 — Vorkommen bei verschiedenen Thiergattnngen 197, 199.
Maulkorbzwang 290.
Miasma 35.
Miasmatisch-contagiöse Krankheiten 38.
Miasmatische Krankheiten 25.
Miasmenpilze 25, 30.
Mikroorganismen als Infectionserreger 6.
—nbsp; Züchtung derselben 9.
Milch maulseuchekranker Thiere, Schädlichkeit derselben 196, 197.
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432
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Sachregister.
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Milch manlsenchekranker Thiere, Nichtverwen-dnng derselben 206.
Mililärbahorden, deren Wirksamkeit hei dem Verfahren gegen Seuchen 40.
Militjfrcordon gegen Verbreitnng der Rinderpest 141, 144.
MHiiärmanntchafl, eventuelle Verwendung zur Hintanhaltung des Schmuggels 135.
Milzbrand 383 — Aetiologie 324 — Diagnose 359 — Disposition 324 — Enzootisches Auftreten 334 — Historisches 325 — Incuba-tionsdauer 342 — Infection 339 — Infections-erreger 327 — Krankheitserscheinungen 345
—nbsp; Pathologischer Befund 343 — Prognose 368
—nbsp; Tenacitüt des Giftes 331 — Uebertragbar-keit auf Menschen 358 — Verlauf 358 — Veterinärpolizei 362 — Vorbanung 359-
Milzbrandbacillen 330.
Milzbrandbacieridian 327.
Milzbrandbluitchlag 346.
Milzbrandemphysem 349, 351.
Milzbrandlieber 347.
Milzbrandformen 345 — heim Geflügel 355 — bei Hunden 355 — bei Katzen 355 — bei Pferden 351 — bei Rindern 353 — bei Schafen 353 — bei Schweinen 354 — beim Wilde 365
—nbsp; bei Ziegen 354.
Nachschau, periodische, in Seuchenorten 79.
—nbsp; des Amtsthierarztes bei Milzbrand 363.
—nbsp; nbsp; „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Rinderpest 79.
—nbsp; nbsp; „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Rotz 236. Nasenrofz 217, 223.
Nothimpfung bei Lungenseucbe 314, 319.
—nbsp; bei Schafpocken 169. Ortssperre als Schntzmassregel 53.
—nbsp; bei Lungenseucbe 318.
—nbsp; nbsp; „ Milzbrand 363.
—nbsp; nbsp; „ Rinderpest 141. Panzooiie 24.
Personen, deren Reinigung eventuell Desinfec-tion 75, 133, 141, 151, 152.
Pesl bei Schafen und Ziegen 100, 122.
Pferdekrülza 410, 413, 415.
Pferdapocke 175 — Aetiologie 175 — Erscheinungen und Verlauf 177 — Uebertragbar-keit 176.
Plage 366.
Pocke 155 — hämorrhagsche 165 — solitäre 164
—nbsp; zusammenfliessende 164.
—nbsp; des Affen 193.
—nbsp; nbsp; „ Hasen 193.
—nbsp; nbsp; , Hansgeflttgels 192.
—nbsp; nbsp; „ Hundes 192.
—nbsp; *„ Kameeies 193.
—nbsp; der Kuh 179.
—nbsp; des Pferdes 175.
—nbsp; nbsp; „ Schafes 158.
—nbsp; nbsp; „ Schweines 191.
—nbsp; der Ziege 190. Präcauiiontimpfung 55.
—nbsp; bei Schafpocke 170.
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Propagaiionswsite der Rinderpest 106. Prophylaktische Massregeln gegen Thierseu-chen 41.
—nbsp; gegenüber dem Anslande 41.
—nbsp; gegen Rinderpest 131.
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ Wuth 288. Provenienzcertlficafe 44. Puslula maligna 358. Rank, Rankkorn 354.
Rauhfutter, Behandlung nach Rinderpest 151.
Rauschbrand 351, 366 — Aetiologie 367 — Behandlung 371 — Erscheinungen 369 — Veterinärpolizei 371.
Räude s. Krätze.
Reizungstheoria für Infectionskrankheiten 23.
Revision des Viehstandes in den Grenzbezirken 44.
—nbsp; thierärztliche bei Seuchen 79. Revisoren in den Grenzbezirken 135. Rinderkrälze 410, 414, 415.
Rinderpest 86 — Anatomischer Befund 113 — Contagium derselben 93 — Diagnose 119, 121
—nbsp; Desinfectionsmassregeln 150 — Ein- und Verschleppung 104, 131 — Empfänglichkeit für dieselbe 100 — Entstehung und Verbreitung 90 — Erscheinungen bei Rindern 106 — bei Schafen und Ziegen 123 — Historisches 86 — Incubationsdauer 102 —Infection, directe 95 — durch Zwischenträger 96 — Impfung 128 — Krankheitaverlauf 111 — Massregoln gegen deren Einschleppung 131 — Massregeln zur Verhinderung der Verbreitung und zur Tilgung 137 — Natur der Krankheit 123 — Tenacität des Contagiums 98 — Therapie 126 —#9632; Tödtung kranker und verdächtiger Thiere 144 — Uebergang auf Schafe und Ziegen 100, 122 — auf andere Wiederkäuer 101 — Veterinärpolizei 131.
Rinderpestverdacht, Massregeln bei demselben 139.
Rohproducte, Beschränkung ihrer Einfuhr aus Anlass der Rinderpest 132, 134.
—nbsp; Desinfectton der zu deren Transport benützten Eisenbahnwagen und Schiffe 74.
Rose 354.
Rothlauf der Schweine 372 — Aetiologie 373 — Erscheinungen 376 — Pathologische Anatomie 377 — Prophylaxis 379 — Therapie 379 — Verlauf 377 — Veterinärpolizei 380.
Rothlauf, brandiger 354.
Rotz acuter 228 — chronischer 223 — diffuser 221 — infiltrirter 221 — Knötohen- 217.
Rotzgift 210 -- Tenacität desselben 213.
Rotzkrankheit 207 — Aetiologie 209 — Behandlung 234 — Diagnose 231 — Historisches 207
—nbsp; nbsp;Krankheitserscheiuungen 224 — Pathologische Anatomie 217 — Prognose 231 — üebertragbarkeit 214 — Verlauf 2S0 — Veterinärpolizei 235.
RUckenblut 350.
Sammler thierischer Abfälle, deren Ueberwa-wachung 47.
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Sachregister.
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ftarcftpiet 899 — Arten derselben 402.
Sarcopieskräfze 409.
Schafe und Ziegen in verseuchten Rinderställeu, deren Behandlung 148.
Schafpest 100, 122, 148.
Schafpocke 158 — Aetiologie 159 — Empfänglichkeit 160 — Erscheinungen 162 — Historisches 158 — Impfung 167 — Prognose 165 — Therapie 166 — Verlauf 164 — VeterinUr-polizei 173.
Schafräude 411, 414, 415.
Schafschur bei Räude 427.
Schätzung za tödtendtr Thiere im Falle der Entschädigung 50, 63.
Schatzungsprotokoll und Schätzungsliste 63.
Schiffe, Transport von Vieh und Rohproducten auf denselben 46 — deren Desinfection 48.
Schizomyzeien, deren Natur und Wirkung 12.
Schlachthäuser an der Grenze 43.
—nbsp; besondere Vorschriften für dieselben 80, 149. Schlachtung krätziger Pferde und Schafe 427,428, -*- lungenseuchekranker und verdächtiger Rinder 319.
—nbsp; maulseuchekranker TMere 206.
—nbsp; pockenkranker Schafe 174.
—nbsp; pestverdächtiger Rinder 146.
—nbsp; verdächtiger Thiere als Tilgungsmassregel 57. Schlachtviehmärkte, besondere Vorschriften für
dieselben 88, 149.
Schmiercur bei Schafräude 422.
Schmuggel mit Rindvieh, Hintanhaltung desselben 135.
Schutzimpfung 55.
—nbsp; bei Schafpocke 168. Schutzmassregeln bei Seuchen 52. Schweinekrätze 111. Schweinepocke 191. Schweineseuche, amerikanische 381. Sectionsbefund bei Rotzverdacht als Basis für
Entschädigung 237. Seeprovenienzen 135. Seuchen 3.
—nbsp; Eintheilung derselben 34,
—nbsp; Erlöschen derselben 80. Seuchenausbruch, dessen Bekanntmachung 51.
—nbsp; dessen Bekanntmachung bei Rinderpest 140. Seuchenbezirk bei Rinderpest 134, 143.
—nbsp; gemeinschaftlicher 143.
Seuchencommission, deren Zusammensetzung 50. -------bei Rinderpest 139.
—nbsp; bei Rinderpest, deren Befugnisse 139. Seuchengebiet, dessen Abtheilung und Bezirke
143. Seuchenverdacht, Vorkehrungen bei 50. Solitare Pocken 164. Spaltpilze als Infectionserreger 17.
—nbsp; Natur und Wirkung derselben 12. Sperrmassregeln bei Seuchen überhaupt 53.
—nbsp; bei Rinderpest 140.
—nbsp; bei anderen Seuchen s. veterinärpolizeiliche Ma ssregeln.
Roll. Tliiersctichen.
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Spitzpocken 185.
StaatsgestUfa und Staatsliengsten-Depots, deren Ingerenz bei Thierseuchen 40.
Städte, Sperrmassregeln in denselben bei Rinderpest 141.
Stallsperre als Schutzmassregel 53.
Stallungen, deren Desinfection 69.
—nbsp; deren Desinfection bei Rinderpest 150. Stechvieh, dessen Beschau 47. Strafbestimmungen für Uebertrctung der Seu-
chenvorsebriften 82.
—nbsp; für Uebertrctung der Rinderpestvorscbrifteu 155.
Streu, Behandlung nach Rinderpest 151.
Tenacität der Infectionserreger Cet Beschälseuche 243 — der Lungenseuche 298 — der Maulseuche 197 — des Milzbrahdes 331 — der Rinderpest 98 — des Rotzes 213 — der Schafpocke 162 — der Vaccine 1S9 — der Wuthkranklieit 261 — der Krätzmilben 409.
Texasfieber 365.
Thalerflecke 245.
Thierärzte, deren Mitwirkung bei Seuchen 40.
—nbsp; deren Verpflichtung zur Anzeige von Seuchen und Seuchenverdacht 49.
Thierauctionen, Thierschanen, Beaufsichtigung derselben 46.
—nbsp; Verbot der Abhaltung derselben 55. Thierkrankheiten, welche in die Seuchengesetze
aufgenommen sind 39. Thierseuchengesetze 37. Tilgungsmassregeln überhaupt 52.
—nbsp; bei den einzelnen Seuchen s. Veterinärpolizei bei diesen.
Tödtung kranker und verdächtiger Thiere als veterinärpolizeiliche Massregel 50, 70.
—nbsp; Ermächtigung hiozu 58.
—nbsp; kranker und verdächtiger Thiere bei Rinderpest 144.
Tollwuth 268.
Transport von Thieren auf Eisenbahnen und Schiffen 46.
—nbsp; pestkranker Thiere und Cadaver auf den Aasplatz 145.
Triebheerden, deren Ueberwachung 46. Vaccination der Schafe 172. Vaccine 183 — Cnltur derselben 186. Verbot der Abhaltung von Thierauctionen, Thiersebauen und Viehmärkten 55.
—nbsp; des Herumlaufens kleiner Hausthiere 53.
—nbsp; der gemeinschaftlicben Benützung von Brunnen, Tränken nnd dergleichen 53.
Verfall von Thieren und Rohproducten 44. Verkehrsbeschränkungen zur Hintanhaltung der Einscbleppung von Seuchen 43.
—nbsp; im Inlande 45.
—nbsp; als Schutzmassregel 53.
Verkehrserleichterungen bei bestehender Grenzsperre 133.
Verkehrsverbot für seuebekranke und verdächtige Thiere 45.
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Sachregister.
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Verlust des* Rechtes auf Eutschädigung 154. Veröffentlichung der SenchenansbrUche 51.
Vorscharrungspiatze, deren Auswahl 78.
—nbsp; deren Ueberwachmig 47.
Versendung des Fleisches der Lnngenseuche verdächtiger Rinder 319.
—nbsp; des Fleisches der Rinderpest verdächtiger Thiere 247.
Veterinärpolizei 37 — bei Beschälkrankheit 250
—nbsp; Bläschenausschlag 254 —Inflnenza 394 — • Krätze 425 — Knhpocke 186 — Lungenseuche
317 — Maul- u. Klaueuseucfae204— Milzbrand 3G2 — Rauschbrand 371 — Rinderpest 131
—nbsp; nbsp;Rothlauf 380 — Rotz 235 — Schafpocke 173 — Wuthkrankheit 288.
Viehbeförderung auf Eisenbahnen u. Schiffen 4G.
Vieh- und Fleischbeschau, Anordnungen betreffs derselben 47.
Viehbeschauer zur Anzeige von Seuchen verpflichtet 49.
Viehcontumazanstalfen 42.
Viehhändler, deren Uebervpaehung 47.
Viehhirten, Beaufsichtigung derselben 45.
Viehkatasier, Anlegung und Evidenzhaltung desselben 135.
Viehmärkte, deren Beaufsichtigung 45.
—nbsp; Verbot ihrer Abhaltung 55.
—nbsp; besondere Vorschriften für dieselben 80, 249. Viehpässe 43, 45.
—nbsp; Ausstellung derselben 45.
—nbsp; deren G-iltigkeitsdauer 40. Viehquarantainen 42.
Viehrevisoren in den Grenzbezirken 135. Viehtransporte, Vorsichten bei Rinderpest 133. Vo rkehrungen vorläufige, bei Seuchonansbrü-
chen 50. Wagen, Eisenbahn-, deren Desinfoction 47, 72.
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Warnungstafeln, deren Anfstellnng in Seuchen-
orten 53, 54, 140, 141. Warzenpocken 1G4, 185. Wasentneisfer, deren Ueberwachnng 47.
—nbsp; deren Verpflichtung zur Anzeige von Seuchen 49.
Wasserpocken 185.
Wasserscheue 255.
Weideplätze, deren Desiufictrung 71.
Weidesperre als Schutzmassregel 53.
Weiteririeb von Heerden, dessen Einstellung 53.
Wild- und Rinderseuche 321.
Windpocken 185.
Wurm 220, 227.
Wurmbdulen 227.
Wuth bei Geflügel 278 — Hunden 269 — Kanin-chen 280 — Katzen 275 — Pferden 275 — Raubthieren 279 — Rindern 277 — Schafen 277 — Schtveineu 278 — Ziegen 277.
—nbsp; paralytische 274 — rasende 269 — stille 274
—nbsp; tolle 269. Wuthgift 260.
Wuthkrankheit 255 — Aetiologie 256 — Diagnose 284 — Empfänglichkeit für dieselbe 261
—nbsp; Historisches 255 — Incubationsdauer 264 Krankheitserscheinungen und Verlauf 268 — Pathologische Anatomie 280 — Prognose 286
—nbsp; Therapie 286 — Veterinärpolizei 288. Wuthseuchen 255, 259.
Ziegenkrätze 411. Ziegenpesf 100, 122, 148. Ziegenpocke 190. Züchtung der Infectionspilze 9. Zungenanthrax 350, 354. Zungencarbunkel 350. Zwangsheilung 56. Zymotische Krankheiten 4.
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Errata,
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u. statt: worden, lies: werden.
statt: endemische, lies: enzootische. 15 v. o. statt: endemischen, lies: enzootischon. ein, lies: an. Vorfall, lies: Verfall. auszusprechen, lies: auszusprechen (sect; 6] der wie, lies: wie der. Vorschriften, lies: Vorsichten einigen, lies: einige. Ländern, lies: Länder. Spanien, Ues; Syrien. mikroskopischer, lies: makroskopischer.
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